Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 30. Juli 2018 - RO 10A DK 17.1923

bei uns veröffentlicht am30.07.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I. Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung des monatlichen Ruhegehalts um ein Zehntel auf die Dauer von fünf Jahren erkannt.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger beantragt die Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten.

Der am …1956 geborene Beklagte trat am 2. September 1975 als Polizeiwachtmeister in den Dienst des Klägers ein. Er wurde am 1. September 1976 zum Polizeioberwachtmeister, am 1. Februar 1979 zum Polizeihauptwachtmeister, am 1. August 1981 zum Polizeimeister, am 18. August 1987 zum Polizeiobermeister und am 29. März 1995 zum Polizeihauptmeister ernannt. Nach bestandener Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst wurde er am 1. Dezember 1998 zum Polizeikommissar, am 1. Dezember 2001 zum Polizeioberkommissar und am 1. November 2005 zum Polizeihauptkommissar ernannt. Der Beklagte war seit dem 1. Oktober 1999 als Dienstgruppenleiter bei der Polizeiinspektion 1… tätig.

Der Beklagte ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Er ist mit Ausnahme des gegenständlichen Verfahrens disziplinarrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten. In den letzten periodischen Beurteilungen erzielte er folgende Ergebnisse: 1999: sieben Punkte, 2000: acht Punkte, 2003: sechs Punkte, 2006: sechs Punkte, 2009: acht Punkte und 2012: elf Punkte.

Das Polizeipräsidium O. leitete mit Vermerk vom 7. Mai 2013 disziplinarrechtliche Ermittlungen gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Benutzung einer Tankkarte der PI 1… ein und verbot ihm am 18. Mai 2013 mündlich die Führung der Dienstgeschäfte. Dieses Verbot bestätigte es mit Bescheid vom 21. Mai 2013 und ordnete die sofortige Vollziehung an. Mit Schreiben des Polizeipräsidiums vom 21. Mai 2013 wurde der Beklagte über die Einleitung des Disziplinarverfahrens in Kenntnis gesetzt, gleichzeitig wurde das Disziplinarverfahren ausgedehnt und im Hinblick auf die laufenden strafrechtlichen Ermittlungen bis zum rechtskräftigen Abschluss dieser ausgesetzt. Mit Schreiben des Polizeipräsidiums vom 15. Juli 2013 wurde das Disziplinarverfahren nochmals ausgedehnt und weiterhin ausgesetzt. Das Polizeipräsidium M. übernahm das Disziplinarverfahren mit Schreiben vom 21. Oktober 2013.

Das Amtsgericht …, Zweigstelle …, verurteilte den Beklagten mit seit 29. November 2013 rechtskräftigem Strafbefehl vom 11. November 2013 (Az. 21 Cs 12 Js 7749/13) wegen Computerbetrugs in 31 Fällen und vorsätzlichem Besitz erlaubnispflichtiger Munition ohne Erlaubnis zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 80 € (7.200 €). Das Polizeipräsidium M. setzte das Disziplinarverfahren mit Schreiben vom 21 Februar 2014 fort. Mit Verfügung vom 12. März 2014 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und 40 v.H. seiner Dienstbezüge sowie die jährliche Sonderzuwendung wurden einbehalten. Das Polizeipräsidium erhob am 4. November 2015 Disziplinarklage.

Der Kläger wirft dem Beklagten folgende Sachverhalte vor:

„1.

Mit Strafbefehl des Amtsgerichts …, Zweigstelle …, vom 11.11.2013 (Az.: 21 Cs 12 Js 7749/13), rechtskräftig seit 29.11.2013 (s. Blatt 55 ff d.A. PP M), wurde gegen den Beklagten wegen Computerbetrugs in 31 Fällen und vorsätzlichem Besitz erlaubnispflichtiger Munition ohne Erlaubnis eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen à 80,00 € (7.200,00 €) verhängt.

Dem Strafbefehl ist Folgendes zu entnehmen:

„1. Aufgrund eines jeweils neu gefassten Tatentschlusses tankten Sie zwischen dem 23.4.2011 und dem 18.05.2013 insgesamt 31 mal an der Tankstelle,, …" in der …str. …, …, mittels Tankkarten, die Ihr Dienstherr, der Freistaat Bayern, zum Betanken dienstlicher Fahrzeuge überlassen hat, Ihren Privat-PKW mit Diesel, wobei Sie wussten, dass Sie zur Verwendung der Codekarte nicht berechtigt waren und keinen Anspruch auf Bezahlung des Diesels durch den Freistaat Bayern hatten. Die Tankvorgänge lösten Sie jeweils durch Benutzung eines Tankautomaten unter Verwendung der auf der Karte notierten PIN aus.

Durch die Betankung entstand dem Freistaat Bayern jeweils ein Schaden in Höhe des Tankbetrags. Im Einzelnen haben Sie folgende Tankvorgänge unberechtigt vorgenommen:

Nr.

Datum

Uhrzeit

Kraftstoff

Liter

Betrag

1 “

23.04.2011

06:26

Diesel

49,33

72,47 €

[2] “

18.06. 2011

06:22

Diesel

42,31

62,15 €

[3] “

16.07. 2011

06:23

Diesel

47,02

69,07 €

[4] “

01.08. 2011

06:24

Diesel

42,99

63,58 €

[5] “

13.08. 2011

06:19

Diesel

40,47

56,62 €

[6] “

25.08. 2011

06:20

Diesel

33,90

47,43 €

[7] “

01.11. 2011

06:22

Diesel

42,99

62,72 €

[8] “

13.11. 2011

06:18

Diesel

44,16

65,75 €

[9] “

24.01. 2012

06:20

Diesel

37,56

54,80 €

[10] “

21.02. 2012

06:15

Diesel

40,06

61,65 €

[11] “

04.03. 2012

06:19

Diesel

41,16

63,35 €

[12] “

24.03. 2012

06:22

Diesel

39,00

59,63 €

[13] “

09.04. 2012

06:17

Diesel

32,69

50,31 €

[14] “

11.05. 2012

06:20

Diesel

30,54

45,17 €

[15] “

27.05. 2012

06:18

Diesel

49,70

71,02 €

[16] “

28.06. 2012

06:23

Diesel

31,63

43,93 €

[17] “

22.07. 2012

06:20

Diesel

40,22

59,49 €

[18] “

03.08. 2012

06:23

Diesel

32,90

48,00 €

[19] “

31.08. 2012

06:27

Diesel

36,10

55,56 €

[20] “

08.09. 2012

06:23

Diesel

44,98

68,77 €

[21] “

14.10. 2012

06:21

Diesel

47,86

70,78 €

[22] “

11.11. 2012

06:23

Diesel

45,05

68,43 €

[23] “

01.12. 2012

06:16

Diesel

44,29

65,95 €

[24] “

29.12. 2012

06:22

Diesel

43,53

64,82 €

[25] “

06.01. 2013

06:19

Diesel

39,73

57,17 €

[26] “

03.02. 2013

06:24

Diesel

37,39

54,93 €

[27] “

03.03. 2013

06:26

Diesel

47,05

67,70 €

[28] “

23.03. 2013

06:18

Diesel

49,31

69,97 €

[29] “

31.03. 2013

06:19

Diesel

44,50

62,70 €

[30] “

28.04. 2013

06:16

Diesel

37,08

51,87 €

[31] “

18.05. 2013

06:20

Diesel

34,03

48,63 €

Hierdurch entstand ein Gesamtschaden in Höhe von 1.864,42 EUR.

2. Am 23.03.2013 hatten Sie im Dienstgebäude der PI 1…, …, …, in Ihrem Spind, wie Sie wussten, 24 (korrekt: 26) Patronen 9 mm Vollmantelgeschoss in Besitz.

Hierbei handelte es sich um erlaubnispflichtige Munition. Eine Erlaubnis hatten Sie, wie Sie wussten, nicht.“

2. Bei einer Öffnung des Spindes des Beklagten auf der PI 1… am 22.05.2013 wurden von dem Leiter der PI 1…, PHK …, neben der Schichtkasse mit 100,00 € Bargeld weiterhin

- eine Flasche Wein,

- 4 Glasflaschen Bier (Warsteiner),

- 14 Plastikflaschen Bier (Karlskrone) und

- 1 leere Plastikflasche Bier (Kaiserkrone) aufgefunden.

3. Der Beklagte nutzte während seines Dienstes auf der PI 1… ab ca. 2005 regelmäßig ein dienstliches Fahrzeug zu privaten Zwecken, wobei er jeweils die vorgeschriebene Arbeitszeit nicht einhielt.

Hierbei missbrauchte er seine Funktion als Dienstgruppenleiter und fuhr auf seine Veranlassung hin in Begleitung eines weiteren Beamten regelmäßig zum Ende der Nachtschicht (außer, wenn die Nachtschicht an einem Samstag oder Sonntag endete) mit einem Dienstfahrzeug VW T4 (uniformierter Unfallkombi) ca. 10 km in Richtung seines Wohnsitzes, wobei er sein Fahrrad in dem Dienstwagen mitführte.

Daraufhin setzte der Beklagte den restlichen Weg zu seinem ca. 23 km von der PI 1… entfernten Wohnsitz auf seinem Fahrrad fort.

Der ihn begleitende Beamte fuhr mit dem Dienstfahrzeug wieder zurück zur PI 1… Der Beklagte beendete vor diesen Fahrten seinen Dienst bereits zwischen 06:05 Uhr und 06:15 Uhr, obwohl der offizielle Schichtwechsel erst um 06:45 Uhr stattfindet. Während der Fahrt trug der Beklagte Zivilkleidung und trug seine Dienstwaffe nicht am Körper.“

Zur Begründung der Disziplinarklage wird ausgeführt, dass die im Strafbefehl festgestellten Tatsachen auch der Entscheidung im Disziplinarverfahren zugrunde gelegt werden könnten. Die tatsächlichen Feststellungen seien zwar nicht bindend, ihnen komme jedoch eine erhebliche Indizwirkung zu. Die Aufbewahrung der alkoholischen Getränke inkl. einer leeren Flasche Bier im Spind und der damit verbundene Verstoß gegen das Alkoholverbot im Bereich der Bayerischen Polizei sei durch die Spindöffnung am 22. Mai 2013 erwiesen. Der Sachverhalt unter 1.3. werde durch Aussagen mehrerer Beamter der PI 1… bestätigt. Gründe, die Glaubwürdigkeit der Zeugen oder die Glaubhaftigkeit der Aussagen anzuzweifeln, seien nicht ersichtlich. Auch räume der Beklagte die Fahrten in seiner abschließenden Äußerung vom 8. August 2014 in objektiver Hinsicht ein. Er habe erklärt, dass die Fahrten auf der Dienststelle allgemein bekannt gewesen seien. Dennoch seien sie nicht unterbunden worden. Er sei nicht einmal auf das nunmehr kritisierte Verhalten angesprochen worden. Er sei deshalb der Auffassung gewesen, dass dieses Verhalten zumindest geduldet werde und nicht als dienstrechtlicher Verstoß zu bewerten sei. Aus den vom Polizeipräsidium O. eingeholten Stellungnahmen gehe hervor, dass die Fahrten wohl tatsächlich bereits seit mehreren Jahren einem größeren Teil der Kollegen bekannt gewesen seien. Diese hätten überwiegend angenommen, dass auch die Dienststellenleitung darüber Bescheid wusste und die Fahrten so zumindest billige.

Der Beklagte habe ein sehr schwerwiegendes Dienstvergehen begangen. Durch sein Verhalten habe er gegen seine Pflichten zur Beachtung der Gesetze, zur uneigennützigen Amtsausübung, zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten sowie gegen seine Pflicht, die dienstlichen Anordnungen auszuführen und die allgemeinen Richtlinien seiner Vorgesetzten zu befolgen, gegen seine Dienstleistungspflicht, und gegen seine Pflicht, sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen, verstoßen. Von einem Beamten werde nicht erwartet, dass er sich als Mustermensch geriere, wohl aber, dass er nach seinem Verhalten so integer erscheine, dass von ihm eine ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben erwartet werden könne. Bei einem Polizeibeamten, dem der Schutz der Rechtsordnung obliege und der in dieser Funktion auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen werde, leide die Wertschätzung und das Ansehen, die er als Amtsträger nach außen wie auch gegenüber seinem Dienstherrn genieße, beträchtlich, wenn er Straftaten begeht.

Bei den unter Ziffer 1. dargestellten Sachverhalten handele es sich um äußerst schwerwiegende, auf den Kernbereich der Dienstpflichten zielende Verstöße, die tiefgreifende Persönlichkeitsmängel offenbaren und das Vertrauen des Dienstherrn und der Öffentlichkeit aber auch der Kollegen in eine pflichtgemäße Amtsführung restlos zerstört hätten. Das hierdurch verwirklichte Dienstvergehen wiege so schwer, dass die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu verhängen sei. Bei mehreren Dienstpflichtverletzungen bestimme sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung. Das sei vorliegend der mehrfache und über einen längeren Zeitraum andauernde Computerbetrug zu Lasten des Klägers. Ein Beamter, der seine Verwaltung betrügerisch schädige, zerstöre im Regelfall das in seine Zuverlässigkeit und Redlichkeit gesetzte Vertrauen des Dienstherrn und damit die Grundlagen der beiderseitigen beamtenrechtlichen Beziehungen.

Der Beklagte habe in einem Zeitraum von gut zwei Jahren insgesamt 31-mal dienstliche Tankkarten vorübergehend entwendet und seinen Privat-PKW unter Verwendung der auf der Karte notierten PIN betankt. Dem Freistaat Bayern sei durch dieses Verhalten ein Gesamtschaden in Höhe von 1.864,42 € entstanden. Durch den planmäßigen, zielgerichteten und über einen längeren Zeitraum währenden Zugriff auf dienstlich überlassene Tankkarten habe der Beklagte massiv gegen seine Dienstpflicht zur Uneigennützigkeit und zu einem achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes verstoßen und damit nicht nur ein schweres Dienstvergehen begangen, sondern sich zudem in ganz erheblichem Maße wegen Vermögensdelikten strafbar gemacht. Es sei weder der Öffentlichkeit noch dem Dienstherrn sowie den Bediensteten des Polizeidienstes zu vermitteln, dass ein Polizeibeamter, der sich gerade im Kernbereich seiner dienstlichen Verwendung nicht nur massiv dienstpflichtwidrig verhalten, sondern auch erheblich strafbar gemacht hat, im Beamtenverhältnis bleiben könne. Von der Möglichkeit, gegen den Strafbefehl Rechtsmittel einzulegen und dadurch den Vorwurf des strafbaren Verhaltens abzuwenden, habe der Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Dieser Umstand spreche dafür, dass er wegen der vorliegenden Beweise ein Rechtsmittel nicht für erfolgversprechend erachtete. Insbesondere durch die Intensität des Vertrauensbruchs sei die Tatsache, dass der finanzielle Schaden im Nachhinein beglichen wurde nicht geeignet, das Vertrauen in ihn wiederherzustellen.

Durch den unerlaubten Besitz von Munition sei die Dienstpflicht, rechtmäßig zu handeln und die Gesetze zu beachten, verletzt worden. Einem Polizeibeamten oblägen als Berufswaffenträger besondere Sorgfaltspflichten. Er habe die ihm anvertraute Schusswaffe vorschriftsgemäß aufzubewahren und sich an die geltenden Gesetze bezüglich des Umgangs mit Schusswaffen und Munition zu halten. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, der Beklagte habe die Munition vor längerer Zeit von einem pensionierten Kollegen erhalten und diese mangels einer konkreten Verwendungsmöglichkeit aus den Augen verloren. Der Umgang mit Waffen und Munition durch einen Berufswaffenträger setze ein erhebliches Verantwortungsbewusstsein und äußerste Zuverlässigkeit voraus. Ein Polizeibeamter habe daher derartige erlaubnispflichtige Munition nicht einmal anzunehmen.

Durch die unzulässige Nutzung des Dienst-Kfz habe der Beklagte im Rahmen seines dienstlichen Aufgabenbereichs unter Verletzung der Interessen des Dienstherrn über dessen Vermögen verfügt, um sich unmittelbar für sich selbst einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Die Schwarzfahrt eines Beamten mit dem ihm anvertrauten Dienstwagen sei eine schwere Verletzung einer Dienstpflicht und rechtfertige grundsätzlich eine erhebliche Disziplinarstrafe. Selbst wenn die Fahrten im Kollegenkreis teilweise bekannt waren, stelle dies keine Rechtfertigung dar. Durch die Aussage des ehemaligen Dienststellenleiters werde bestätigt, dass zumindest bei ihm keine positive Kenntnis von den Fahrten vorlag. Diese seien ihm nur als Begebenheit vom Hörensagen mitgeteilt worden. Für die disziplinarrechtliche Wertung komme sowohl dem Grund als auch der Häufigkeit und Dauer des Fernbleibens Bedeutung zu. Ein häufiges oder längere Zeit dauerndes schuldhaftes Fernbleiben ohne triftigen Grund mache den Beamten für den öffentlichen Dienst untragbar. Der Beklagte habe über Jahre hinweg regelmäßig zum Ende der Nachtschicht (außer, wenn die Nachtschicht an einem Samstag oder Sonntag endete) seinen Dienst mindestens 30 Minuten früher beendet. Bereits vor Verlassen der Dienststelle sei er in Zivil gekleidet und nicht mehr bewaffnet gewesen. Der Dienstherr sei auf eine pflichtgemäße Dienstverrichtung eines jeden Beamten angewiesen. Der Behauptung des Beklagten, er sei während dieser Fahrten jederzeit einsatzbereit gewesen, könne nicht gefolgt werden. Den Aussagen der Kollegen der PI 1… nach sei der Beklagte bereits in Zivil gekleidet gewesen, als er die Fahrten durchführte. Selbst wenn man unterstellen würde, er habe in seiner Satteltasche Uniform und Dienstwaffe mitgeführt, habe keine Einsatzbereitschaft vorgelegen. Es sei auch unerheblich, dass der Beklagte wohl bereits deutlich vor Schichtbeginn auf der Dienststelle anwesend war und dort ggf. auch dienstliche Arbeiten verrichtete. Ein Polizeibeamter habe sich grundsätzlich während der gesamten Schicht einsatzbereit zu halten, um einen reibungslosen Ablauf des Schichtbetriebes zu gewährleisten.

Abgerundet werde das pflichtwidrige Verhalten durch den Verstoß gegen das Alkoholverbot. Den Vorgaben zufolge sei es u.a. auch untersagt, in Diensträumen und den dazugehörigen Bereichen alkoholische Getränke und alkoholfreies Bier vorrätig zu halten. Zudem deute die aufgefundene leere Flasche Bier auf einen unzulässigen Alkoholkonsum während der Dienstzeit hin. Das Alkoholverbot umfasse bereits die Lagerung von alkoholischen Getränken und alkoholfreiem Bier. Die Behauptung, die Weinflasche und vier Glasflaschen Bier seien für einen dienstlichen Präsentkorb bestimmt gewesen, könne nicht nachvollzogen werden. Es handele sich um eine reine Schutzbehauptung.

Zu Lasten des Beklagten sei anzuführen, dass er über einen langjährigen Zeitraum insbesondere durch den mehrfachen Computerbetrug, die regelmäßigen Schwarzfahrten und die Dienstleistungspflichtverstöße massivste Kernpflichtverletzungen begangen habe. Weiterhin wirke sich dessen dienstliche Stellung zu seinen Lasten aus. Auch das von der PI 1… erstellte Persönlichkeitsbild vom 8. August 2013 trage wenig zu seinen Gunsten bei. Zu seinen Gunsten spreche, dass er straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet sei. Er habe in der letzten periodischen Beurteilung ein Prädikat von 11 Punkten erhalten. Die Schadenssumme habe er ausgeglichen. Dies sei jedoch erst nach Entdeckung der Taten erfolgt. Die Schadenswiedergutmachung nach der Entdeckung stelle keinen beachtlichen Milderungsgrund dar. Die von dem Beklagten angeführte krankhafte Störung könne ebenfalls nicht zu einer Milderung führen. Der Beklagte mache geltend, dass er unter einer schweren Depression mit Zukunftsängsten und zeitweisen Suizidphantasien leide. Der Beklagte habe sich ausweislich des Berichts der … Klinik vom 5. März 2014 glaubhaft von seiner Suizidalität distanziert. Die aktuelle psychische Verfassung mit aufgetretenen Depressionen und den beschriebenen (psychischen) Beeinträchtigungen stelle keinen Milderungsgrund dar. Dies sei im Wesentlichen durch die zu erwartenden Konsequenzen des delinquenten Verhaltens verursacht.

Auch der Annahme einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit aufgrund einer schleichenden Depression könne nicht gefolgt werden. Die Behauptung, die vier Beurteilungen mit jeweils sechs Punkten hätten den Ursprung für eine spätestens ab 2011 eintretende schleichende Depression gebildet, entbehre einer Tatsachengrundlage. Selbst nach dem Aufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst habe der Beklagte zunächst sieben und dann acht Punkte erhalten. Der Einbruch sei auf eigene abfallende Leistungen zurückzuführen. Obwohl die Beurteilungen 2009 mit acht Punkten und die von 2012 mit elf Punkten einen deutlichen Punkteanstieg zeigen, habe der Beklagte seine Unterschrift verweigert. Unterstellt, diese Beurteilungen hätten zu schlechteren Beförderungschancen und dem beschriebenen Krankheitsbild geführt, so wäre dies nicht dem Verschulden des Dienstherren oder der außergewöhnlichen Belastung durch die Situation zuzuschreiben, sondern dem Beklagten selbst. Die Entwicklung der Beurteilungen lege dar, dass er durchaus imstande war, aus eigener Kraft deutlich bessere Punktezahlen zu erreichen. Selbst die Annahme, er sei aufgrund der beschriebenen Verfassung vermindert schuldfähig gewesen, führe nicht zu einem Absehen von der Entfernung. Ebenso falle auf, dass die behauptete eingeschränkte Schuldfähigkeit nicht im Strafbefehlsverfahren geltend gemacht wurde, wo sie zumindest zu einer Strafmilderung hätte führen können. Ein Beleg für eine krankhafte seelische Störung sei nicht einmal ansatzweise vorhanden. Ausweislich der Personalakte seien beim Beklagten nahezu keine Krankheitszeiten zu verzeichnen. Auch eine entsprechende fachärztliche Betreuung sei offensichtlich nicht vorgelegen. Sich Jahre später auf eine derartige Minderung der Steuerungsfähigkeit zu berufen, habe keine Aussicht auf Erfolg, zumal die Darlegung der angeblichen Ursachen der angeführten seelischen Störung völlig haltlos sei.

Eine Milderung der Maßnahme könne auch nicht mit einem möglichen Mitverschulden des Dienstherrn begründet werden. Es sei für den Beklagten jederzeit erkennbar gewesen, dass die private Nutzung von Dienstfahrzeugen gegen seine Dienstpflichten verstoße. Anhand der ihm eröffneten Beurteilungen habe er erkennen können, an welchen Stellen seine Arbeitsweise Defizite aufweise und wo er sich verbessern müsse.

Auf die Klageerwiderungen des Beklagten nahm der Kläger dahingehend Stellung, dass die Personalvertretung ordnungsgemäß beteiligt worden sei und mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 der beabsichtigten Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zugestimmt habe.

Das Persönlichkeitsbild vom 7. August 2013 lasse keinen Schluss darauf zu, dass die Verhaltensweisen vor dem Aufdecken der Verfehlungen ein Wesen widergespiegelt hätten, wonach der Beklagte „überdeutlich krankhafte Züge“ zeige. Es bestehe kein Hinweis darauf, dass er an einer „Erkrankung“ gelitten habe, aufgrund derer er nicht oder nur zum Teil in der Lage war, sein Fehlverhalten zu steuern. Der Gesundheitszustand vor dem 18. Mai 2013 könne rückwirkend weder festgestellt noch bewertet werden. Von weit mehr als 10 Jahre zurückliegenden Feststellungen abgesehen sei der Beklagte weder durch häufige Erkrankungen aufgefallen, noch habe er sich an Vorgesetzte oder Kollegen gewandt, um auf eine physische oder psychische Sondersituation hinzuweisen. Somit habe keine Veranlassung bestanden, ihm diesbezüglich erhöhte Fürsorge zu gewähren. Die offen gezeigte Frustration und Unzufriedenheit im Zusammenhang mit seiner Beurteilungs- und Beförderungssituation stelle kein besonderes Problem oder Persönlichkeitsmerkmal dar. Viele andere Beamte seien über ihre Beurteilungen verärgert und haderten mit der Beförderungssituation, würden aber dennoch ihre Dienstaufgaben engagiert erledigen und keine Verfehlungen begehen. Er habe in der letzten periodischen Beurteilung ein Gesamtprädikat von elf Punkten erhalten. Dies zeige, dass er bei allen Defiziten Leistungen erbrachte, die als durchschnittlich bis leicht überdurchschnittlich zu bezeichnen seien. Ohne seine Verfehlungen wäre er mit dieser Beurteilung drei Jahre vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Genuss der „Altersbeförderung“ in ein Amt der Besoldungsgruppe A 12 gekommen.

Soweit die Einvernahme des Dr. … als Zeugen zur gesundheitlichen Situation und die Einholung eines Gutachtens für erforderlich gehalten werde, kenne dieser den Beklagten zwar zwischenzeitlich wohl drei Jahre, sei jedoch zu den vor dieser Zeit liegenden Tatzeitpunkten nicht behandelnder Arzt gewesen und könne daher aus dieser Zeit keine eigenen Wahrnehmungen wiedergeben. Er würde nur basierend auf Darlegungen des Beklagten Bewertungen zu dessen damaligen Gesundheitszustand abgeben können, was jedoch nicht der Zielrichtung einer Zeugeneinvernahme entspreche. Auch die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch Erstellung eines gerichtlich beauftragten Gutachtens erscheine weder erfolgversprechend noch könne sich das Ergebnis mildernd auswirken. Der Beklagte habe sich vor Aufdeckung des Dienstvergehens in keiner fachspezifischen Behandlung befunden. Eine eventuelle beweiserhebliche Feststellung psychischer Beeinträchtigungen in die weitere Vergangenheit ohne jegliche medizinische Unterlagen erscheine mehr als fragwürdig. Selbst wenn es gutachterlich möglich sein sollte, ohne jegliche (fach-)ärztliche Unterlagen aus der fraglichen Zeit eine bereits zu einem frühen Zeitpunkt vorliegende psychische Störung feststellen zu können, würde sich dies nicht entlastend auswirken. Eine derartige Feststellung würde die erforderlichen Kriterien für einen anerkannten disziplinarrechtlichen Milderungsgrund, insbesondere eine schockartige psychische Zwangssituation oder eine einmalige und persönlichkeitsfremde Augenblickstat nicht erfüllen, da bei der hier vorliegenden großen Zahl begangener Pflichtverstöße über einen mehrjährigen Zeitraum immer wieder neue Tatentschlüsse getroffen wurden und es sich um keine schockartige psychische Ausnahmesituation oder einmalige Tathandlung handelte.

Die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls würden auch die (immanente) Feststellung der Schuldfähigkeit beinhalten, da sich im Strafverfahren sogar eine verminderte Schuldfähigkeit strafmildernd ausgewirkt hätte. Die Schuldunfähigkeit könne körperlich oder seelisch bedingt sein. Eine Legaldefinition des Begriffs der Schuldunfähigkeit enthalte § 20 StGB. Diese sei nicht rein strafrechtlicher Art und lasse sich auch auf das Disziplinarrecht übertragen. Dass ein externes Gutachten zum Ergebnis völliger Schuldunfähigkeit kommen würde, sei auf Grundlage des geschilderten Krankheitsbildes ausgeschlossen und werde auch nicht geltend gemacht. Die Begehung von Dienstvergehen aus einer wie vorgebracht dienstlichen Frustration heraus, aus der sich möglicherweise psychologische Folgen entwickelt haben, stelle kein Handeln im Zustand der Schuldunfähigkeit dar. Es könnte sich somit lediglich eine verminderte Schuldfähigkeit ergeben, welche sich jedoch im Gegensatz zum Strafverfahren im Disziplinarverfahren nicht mildernd, sondern eventuell sogar belastend auswirken würde. Eine verminderte Schuldfähigkeit des Beamten, die vor allem in einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit des Handelnden liegen könne, beseitige im Disziplinarrecht genauso wenig wie im Strafrecht die Verantwortlichkeit. Im Disziplinarrecht wirke sich die verminderte Schuldfähigkeit grundsätzlich nicht als Milderungsgrund bei der Maßnahmezumessung aus. Ein Beamter, der auf Grund seines achtungs- und vertrauensunwürdigen Verhaltens dienstlich untragbar erscheine, sei auch bei verminderter Zurechnungsfähigkeit aus dem Dienst zu entfernen. Bei Disziplinarmaßnahmen mit erzieherischer Funktion könne die verminderte Schuldfähigkeit nur dann mildernd berücksichtigt werden, wenn sich die Pflichtwidrigkeit infolge der verminderten Schuldfähigkeit unter Berücksichtigung der Gesamtpersönlichkeit des Beamten als weniger schwerwiegend darstelle und ein künftig pflichtgemäßes Verhalten des Beamten auch ohne Verhängung einer Disziplinarmaßnahme oder bei einer vergleichsweise leichten Disziplinarmaßnahme zu erwarten sei. Diese Voraussetzungen würden in der Regel nur bei einer temporär eingeschränkten Schuldfähigkeit z.B. infolge besonderer äußerer Einwirkungen anzunehmen sein. Bei einem ständig verringerten Hemmungsvermögen müsse dagegen mit weiterem Fehlverhalten gerechnet werden, so dass die erzieherische Funktion einer Disziplinarmaßnahme in Frage gestellt sein könne. Eine zu einer verminderten Schuldfähigkeit führende Beeinträchtigung des Hemmungsvermögens könne daher wegen einer fehlenden Erziehbarkeit eines Beamten sogar dann eine reinigende Disziplinarmaßnahme erforderlich machen, wenn bei einer objektiv gleichartigen Pflichtverletzung eines voll schuldfähigen Beamten eine erzieherische Maßnahme noch ausreichen würde. Ein Beamter, der sich derart pflichtwidrig verhalte und über Jahre hinweg gegen die einfachsten Kernpflichten verstoße, zeige anhaltend ein völliges Fehlen des erforderlichen Unrechtsbewusstseins und sei (auch bei einer eventuell erheblich verminderten Zurechnungsfähigkeit) dienstlich untragbar und aus dem Dienst zu entfernen bzw. seien ihm die Ruhegehaltsbezüge abzuerkennen.

Der Kläger beantragt,

dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Disziplinarklage abzuweisen.

Der Kläger weise in der Disziplinarklage darauf hin, dass die Personalvertretung ordnungsgemäß beteiligt worden sei und mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 der beabsichtigten Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zugestimmt habe. Dieser Vortrag werde ausdrücklich bestritten. Unterlagen insoweit seien seitens des Klägers nicht zur Verfügung gestellt geworden. Der Dienstvorgesetzte habe nämlich dem Personalrat die Angelegenheit einschließlich der beabsichtigten Maßnahme so umfassend und vollständig mitzuteilen, dass dieser in der Lage sei, ohne eigene weitere Ermittlungen in der Sache zu beraten und Beschluss zu fassen. Die beabsichtigte Maßnahme dürfe der Dienstvorgesetzte erst dann ergreifen, wenn das personalvertretungsrechtliche Mitwirkungsverfahren beendet sei.

Es sei ein Verstoß gegen Art. 26 Abs. 3 BayDG gegeben. Der Beklagte habe in der abschließenden Stellungnahme vom 8. August 2014 die Erholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass er auf Grund der geschilderten Erkrankung nicht, oder nur zum Teil, in der Lage war, sein Fehlverhalten zu steuern, beantragt. Die Ablehnung dieses Beweisantrags sei ermessensfehlerhaft. Der Kläger habe von Amts wegen alle erforderlichen Ermittlungen durchzuführen und die erforderlichen Beweise zu erheben. Art. 26 Abs. 3 Satz 2 BayDG enthalte eine wichtige Ermessensschranke zu Gunsten des Beamten. Danach sei einem Beweisantrag statt zu geben, soweit er für die Tat- oder Schuldfrage oder die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein könne. Dies sei der Fall.

Sicherlich habe der Beklagte ein Dienstvergehen begangen. Auf Grund der besonderen Merkmale des Einzelfalls sei über das Erfordernis der Höchstmaßnahme ganz konkret zu entscheiden. Vorliegend sei von Milderungsgründen von solchem Gewicht auszugehen, dass der Schluss nicht gerechtfertigt, der Beklagte habe das Vertrauen endgültig verloren. Er habe sich bis dato tadellos geführt. Er habe gesundheitliche Probleme. Suizidgedanken seien ihm nicht fremd. Es träte bei Verhängen der Höchstmaßnahme eine Existenzgefährdung ein. Das Persönlichkeitsbild vom 8. August 2013 könne nicht zu seinen Ungunsten herangezogen werden. Es werde kein konkretes Zeitfenster genannt. Allerdings gelte festzustellen, dass das Persönlichkeitsbild Symptome der erheblichen krankhaften Steuerungen ab 2011 wiederspiegele. Offensichtlich sei jedoch das festgestellte Verhalten weder für den Dienststellenleiter noch für die Kollegen Anlass gewesen, den Beklagten darauf anzusprechen, ihn zur Änderung seines Verhaltens aufzufordern, oder ihm möglicher Weise sogar Hilfe anzubieten, der er mit Sicherheit bedurft hätte. Die im Persönlichkeitsbild geschilderten Verhaltensweisen spiegelten ein Wesen wieder, das überdeutlich krankhafte Züge zeige. Aus diesem Grund sei die Hemmschwelle der Taten derart stark herabgesetzt gewesen, dass der Beklagte den Tatanreizen unterlegen sei. Die durchgängige Persönlichkeitszerrüttung mit Realitäts- und Kontrollverlust habe sich persönlichkeitsbestimmend ausgewirkt. Die Steuerungsfähigkeit sei erheblich vermindert gewesen. Eine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit durch die Psychosewertigkeit der Erkrankung habe vorgelegen.

Vor diesem Hintergrund werde nochmals die Erholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache beantragt, dass der Beklagte auf Grund der geschilderten Erkrankung nicht oder nur zum Teil in der Lage war, sein Fehlverhalten zu steuern. Bis heute sei die schwere Depression nicht abgeklungen. Noch immer sei von einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome und von einer narzisstisch akzentuierten Persönlichkeit auszugehen. Dies habe zu massivem Kränkungserleben und in deren Folge zu starken inneren Anspannungen, Verzweiflung, Wut und erheblicher Verletzung des Selbstwertgefühls geführt. Es bestehe Anhalt für eine schleichende depressive Entwicklung ab 2011 mit in dessen Rahmen der Beklagten die Konsequenzen seiner straf- und dienstrechtlich relevanten Verfehlungen nicht erkannte/erkennen konnte. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei erheblich reduziert bei insgesamt angespannter, verzweifelter und trauriger Affektlage. Unter Würdigung der Gesamtumstände sei die Verhängung der Höchstmaßnahme nicht erforderlich, im Übrigen unverhältnismäßig.

Im Klageverfahren legte der Beklagtenvertreter einen Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 2. September 2014 vor. Danach wurde dem Beklagten ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 zuerkannt (Az. 16/36/1 682 237/2). Das Gericht regte mit Schreiben vom 7. März 2016 die nachträgliche Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung an. Diese äußerte sich mit Schreiben vom 6. April 2016. Der Beklagte wurde mit Urkunde vom 24. August 2016 auf seinen Antrag nach Vollendung des 60. Lebensjahres mit Ablauf des Oktober 2016 in den Ruhestand versetzt.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Behördenunterlagen und die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Disziplinarklage führt zu einer Kürzung des monatlichen Ruhegehalts um ein Zehntel auf die Dauer von fünf Jahren, vgl. Art 12 Satz 1 BayDG.

Gegen die Ordnungsgemäßheit der Klageschrift bestehen keine Bedenken. Sie entspricht den Anforderungen des Art. 50 Abs. 1 BayDG und gibt in ausreichender Weise den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beklagten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens sowie die für die Entscheidung bedeutsamen Tatsachen und Beweismittel in geordneter Darstellung wieder. Mängel der Klageschrift wurden nicht - innerhalb der Frist des Art. 53 Abs. 1 BayDG - geltend gemacht.

I.

Das Disziplinarverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt:

1. Antragsgemäß wurde der Personalrat des Polizeipräsidiums O. mit Schreiben vom 18. September 2015 beteiligt. Dem Schreiben lagen ein Vorentwurf der Disziplinarklage, der Disziplinarvorgang und die Ermittlungsakte der KPI A. in Kopie ein. Nach dem Schreiben des Personalrats des PP O. vom 15. Oktober 2015 befasste sich dieser in seiner Sitzung an diesem Tag mit dem Vorgang und stimmte der beabsichtigten Maßnahme zu. Von einer nicht ordnungsgemäßen Beteiligung des Personalrat kann daher nicht die Rede sein. Da die Schwerbehinderung des Beklagten erst im Klageverfahren mitgeteilt wurde, wurde die Schwerbehindertenvertretung nachträglich beteiligt. Die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen beim PP O. äußerte sich mit Schreiben vom 6. April 2014.

2. Es liegen keine Mängel des behördlichen Ermittlungsverfahrens vor. Ein solcher liegt nicht darin, dass kein Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache, dass der Beklagte nicht oder nur zum Teil in der Lage war, sein Fehlverhalten zu steuern, erstellt wurde. Darin liegt kein Verstoß gegen Art. 26 Abs. 3 BayDG. Nach dieser Vorschrift ist über einen Beweisantrag des Beamten nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden, wobei dem Beweisantrag stattzugeben ist, soweit er für die Tat oder Schuldfrage oder für die Bemessung einer Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein kann. Daraus folgt, dass über einen solchen Antrag des Beamten grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden ist, allerdings eine wichtige Ermessensschranke zugunsten des Beamten dann besteht, wenn der Beweisantrag von Bedeutung sein kann. Einem vom Beamten gestellten Beweisantrag kommt unter anderem dann keine Bedeutung zu, wenn die Ermittlungsbehörde durch die vorhandenen Beweise bereits das Gegenteil von dem als bewiesen betrachtet, was der Beamte mit seinem Beweisantrag anstrebt, und der Beweisantrag des Beamten nicht geeignet ist, die bestehende Beweislage zu erschüttern (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Art. 26, Rdnr. 68). Der Kläger durfte die Erstellung eines Sachverständigengutachtens ermessensfehlerfrei ablehnen, da am 28. August 2014 (Eingang der Stellungnahme des Beklagtenvertreters vom 8. August 2014) keine hinreichenden tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass dem Beklagten der Milderungsgrund der erheblich verminderten Schuldfähigkeit i.S.d. §§ 20, 21 des Strafgesetzbuches (StGB) zur Seite stand. Dies gilt auch für den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. In dem hier für das Disziplinarverfahren besonders relevanten Zeitraum vom 23. April 2011 bis 18. Mai 2013 (Tankvorgänge) befand sich der Beklagte nicht einmal in (fach-)ärztlicher Behandlung, so dass es auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ nicht nachvollziehbar ist, dass er diese Handlungen im Zustand einer verminderten Schuldfähigkeit beging. Solche tatsächlichen Anhaltspunkte ergeben sich auch nicht aus den im Disziplinarverfahren vorgelegten Unterlagen.

Dem nach den obigen Ereignissen erstellten vorläufigen Arztbrief der medizinischen Einrichtungen des Bezirks O. GmbH vom 17. Juni 2013 lässt sich nur entnehmen, dass der Beklagte sich vom 27. Mai bis 17. Juni 2013 - also nach Einleitung des Disziplinarverfahrens - wegen einer Anpassungsstörung in stationärer Behandlung im Bezirkskrankenhaus … befand. Der vorläufige Arztbrief vom 20. September 2013 führt nur eine stationäre Behandlung vom 5. August bis 20. September 2013 auf und enthält eine Diagnose. Dem Bericht der …-Klinik vom 5. März 2014 lassen sich ebenfalls keine konkreten ärztlich untermauerten Aussagen dahin gehend entnehmen, dass der Beklagte in den hier maßgeblichen Zeitpunkten in einem Zustand handelte, in dem seine Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war.

Wie sich der „gutachtlichen ärztlichen Äußerung“ des Dr. … vom 17. Januar 2016 entnehmen lässt, befand sich der Beklagte erst ab 20. März 2014 und damit nach den Dienstpflichtverletzungen und der Einleitung des Disziplinarverfahrens in seiner ärztlich-psychotherapeutischen Behandlung. Die Aussagen des Dr. … in dieser ärztlichen Äußerung hinsichtlich des Grunds für das Fehlverhalten beruhen auf Vermutungen, die er wohl aus Schilderungen des Beklagten schloss und nicht näher untermauerte. Nachvollziehbare und substantiierte Belege für eine verminderte oder aufgehobene Steuerungsfähigkeit des Beklagten - zum Beispiel Berichte anderer fachkundiger Ärzte - wurden von Dr. … nicht erkennbar herangezogen. Die Vermutung, dass Grund für die Verfehlungen die „schlechten Beurteilungen“ des Beklagten waren, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar, da er zwar in den Jahren 2003 und 2006 nur mit sechs Punkten beurteilt wurde, in den Jahren 2009 und 2012 jedoch acht und elf Punkte erhielt. In dem Zeitraum ab 2011 kann daher von schlechten Beurteilungen nicht die Rede sein. Vergleichbar gibt der „Entlassbericht“ der …-Klinik vom 22. April 2015 auf Seite 2 in der aktuellen Anamnese im Wesentlichen die Schilderung des Beklagten wieder. Soweit im letzten Absatz teilweise eigene Bewertungen einfließen, beruhen diese wiederum nur auf den Schilderungen des Beklagten.

Nicht nachvollziehbar ist, dass ein Polizeibeamter, der ansonsten seinen Dienst ohne wesentliche Beeinträchtigungen und Fehlzeiten versah, über einen längeren Zeitraum jeweils im Zustand der Schuldfähigkeit gehandelt haben soll. Im Übrigen hat sich der Beklagte im strafrechtlichen Verfahren nicht mit einem Hinweis hierauf verteidigt, obwohl dies nahe gelegen hätte. Schließlich hängt die im Disziplinarrecht - auch von den Verwaltungsgerichten - vorzunehmende Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab. Aufgrund dessen kann sie bei Zugriffsdelikten nur in Ausnahmefällen erreicht werden (vgl. BayVGH vom 29.7.2015 Az. 16b D 14.1328 m.w.N.). Hier ist ein solcher Ausnahmefall weder erkennbar noch substantiiert dargelegt. Dem Beklagten musste als Polizeibeamten klar sein, dass er insbesondere ihm anvertraute dienstliche Tankkarten nicht zu privaten Zwecken nutzen darf.

Daher geht das Gericht - wie die Beklagte - davon aus, dass die gesundheitlichen Reaktionen des Beklagten im Wesentlichen auf die Entdeckung seines Fehlverhaltens, die Einleitung des Disziplinarverfahrens und das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte zurückzuführen sind. Hierfür spricht insbesondere der zeitliche Ablauf des Geschehens, da die erste Einweisung wenige Tage nach diesem Verbot erfolgte. Angesichts der leichten Erkennbarkeit der Dienstpflichten und der Vielzahl der Taten insbesondere im Hinblick auf die Tankvorgänge war selbst bei einer Verärgerung über die Beurteilungen die Einsichtsfähigkeit des Beklagten nicht im Sinne des § 21 StGB gemildert. Der Kläger durfte daher von der Einholung eines Sachverständigengutachtens absehen.

II.

Das Gericht legt seiner disziplinarrechtlichen Würdigung folgende Sachverhalte zugrunde:

1. Der Beklagte nutzte vom 23. April 2011 bis 18. Mai 2013 in 31 in der Klageschrift aufgeführten Fällen ihm dienstlich überlassene Tankkarten zum Betanken seines privaten Kraftfahrzeugs, obwohl er hierzu nicht berechtigt war. Ferner verwahrte er in seinem Spind Patronen 9mm Vollmantelgeschoss, obwohl er hierfür keine Erlaubnis hatte. Der Beklagte hat sich insoweit des Computerbetrugs in 31 Fällen und des vorsätzlichem Besitzes erlaubnispflichtiger Munition ohne Erlaubnis strafbar gemacht.

Die tatsächlichen Feststellungen eines Strafbefehls sind zwar nicht gemäß Art. 55 BayDG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 BayDG für ein Disziplinar(-klage) verfahren bindend. Das Gericht kann sie jedoch gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG seiner Entscheidung ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen, zumal der Beklagte keine durchgreifenden Einwände gegen diese Feststellungen vorbrachte und diese in der mündlichen Verhandlung bestätigte. Hinzu kommt, dass den in einem rechtskräftigen Strafbefehl getroffenen tatsächlichen Feststellungen eine erhebliche Indizwirkung zukommt (vgl. z.B. BayVGH vom 1.6.2005 Az. 16a D 04.3502).

2. Ferner wurde bei einer Öffnung des Spinds des Beklagten am 22. Mai 2013 festgestellt, dass er dort eine Flasche Wein, 18 volle und eine leere Flasche Bier verwahrte.

3. Schließlich ließ sich der Beklagte seit dem Jahr 2005 von Beamten seiner Dienststelle unter Mitnahme seines Fahrrads zum Ende der Nachtschicht in Richtung seines Wohnsitzes bringen und setzte die restliche Strecke nach Hause mit seinem Fahrrad fort. Dabei begann und beendete er seinen Dienst vor dem offiziellen Dienstwechsel. Auch insoweit hat der Beklagte den wesentlichen Sachverhalt eingeräumt.

III. Der Beklagte hat durch sein Verhalten bezüglich der Tankkarten und der Aufbewahrung erlaubnispflichtiger Munition insbesondere vorsätzlich und schuldhaft gegen die Pflicht verstoßen, die Gesetze zu beachten. Ferner liegt hierin ein Verstoß gegen seine Pflicht, die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen (§ 34 Satz 2 BeamtStG), sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 BeamtStG) und sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG). Ferner hat er im Hinblick auf die Aufbewahrung von Alkohol in seinem Spind gegen die ihm aus § 35 Satz 2 BeamtStG obliegende Pflicht dienstliche Anordnungen seiner Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen, verstoßen.

Dagegen ist im Hinblick auf die dem Beklagten zu Last gelegten „Arbeitszeitverstöße“ (I.3.) nicht auszuschließen, dass diese mit Wissen und - zumindest stillschweigender - Billigung von Vorgesetzten erfolgten. Insoweit geht das Gericht unter Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ davon aus, dass ihm diese nicht vorgeworfen werden können.

Wie sich dem Schreiben des EPHK a.d. A. vom 7. Oktober 2014 entnehmen lässt, gestand dieser ein, im Jahr 2006 oder 2007 von PHK R. auf „private Fahrten des PHK M. angesprochen“ worden zu sein. Herr A. brachte ferner vor, dass er zunächst „keine übermäßigen Reaktionen“ zeigte und aufgrund des Gesundheitszustandes des Beklagten „ein bewusst pflegliches Verhältnis aufzubauen“ versuchte. Weiter führte er aus, dass der Beklagte regelmäßig ab 12.15 Uhr einsatzbereit war und sein Dienst offiziell um 12.45 Uhr begann. Die Einlassung des Beklagten zum Erscheinen zur Nachtschicht hielt Herr A. für glaubhaft. POK R. gab in seiner Stellungnahme vom 3. November 2014 an, dass es sich bei den beschriebenen Fahrten um Streifenfahrten gehandelt habe. Er sei sich sicher, dass die gesamte Dienststelle und somit auch die Dienststellenleitung von den Fahrten gewusst habe. Er sei davon ausgegangen, dass alles korrekt war. Auch weiteren Stellungnahmen lässt sich entnehmen, dass die Fahrten zumindest Teilen der Dienststelle bekannt waren (PHK H.) und diese Personen teilweise auch davon ausgingen, dass sie von der Dienststellenleitung auch so gebilligt wurden (vgl. PKK P., PHK E., PHK T., POK S.). Andere gaben dagegen an, dass die Fahrten nicht bekannt gewesen seien (PHK D., POK K.).

Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass der Beklagte an den fraglichen Tagen mit dem Fahrrad erschien und ca. 30 Minuten vor dem Dienstbeginn einsatzbereit war. Er beendete seinen Dienst ca. 30 Minuten vor Dienstende und ließ sich und sein Fahrrad ca. zehn Kilometer in Richtung seines Wohnorts bringen. Nach dem oben dargestellten Aussagen der Zeugen lässt sich nicht ausschließen, dass dies in der Dienststelle sowie bei den Vorgesetzten allgemein bekannt war und auch gebilligt wurde. Ob der Beklagte bei der Rückfahrt einsatzbereit war oder nicht, kann dahingestellt bleiben, da er aufgrund der - vermeintlichen und widerspruchslosen - Hinnahme dieser langjährigen Praxis davon ausgehen konnte, den Dienst 30 Minuten früher beginnen und 30 Minuten früher beenden zu dürfen. Daher sind die unter I.3. der Klageschrift geschilderten Vorgänge nicht zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf die Vorwürfe unter I.1. und I.2. des Klageschriftsatzes handelt sich um ein einheitliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 BeamtStG. Der Beklagte hat die Handlungen nicht zu Lasten eines außen stehenden Dritten begangen, sondern zu Lasten des Dienstherrn selbst, weshalb das Dienstvergehen als innerdienstlich zu qualifizieren ist (vgl. BVerwG vom 5.5.1993 Az. 1 D 49/92).

IV.

Die Schwere des Dienstvergehens gebietet noch keine Aberkennung des Ruhegehalts.

1. Die disziplinarische „Höchstmaßnahme“ bei einem Ruhestandsbeamten ist gemäß Art. 6 Abs. 2 Nr. 2 BayDG die Aberkennung des Ruhegehalts gemäß Art. 13 BayDG. Dies richtet sich danach, ob der Beklagte, wenn er noch im Dienst wäre, aufgrund seines Fehlverhaltens gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Dies ist hier noch nicht der Fall.

Beamte sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn sie durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben. Die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme ist gemäß Art. 14 Abs. 1 BayDG nach pflichtgemäßen Ermessen, insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 Az. 2 C 6/14). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (vgl. BVerfG vom 8.12.2004 Az. 2 BvR 52/02). Eine Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG vom 20.10.2005 Az. 2 C 12.04). Bei der Ausübung des den Gerichten nach Art. 14 Abs. 1 BayDG eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind, ist jede Schematisierung zu vermeiden.

Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (vgl. z.B. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er aus dem Beamtenverhältnis entfernt bzw. ihm das Ruhegehalt aberkannt werden. Dabei bewirken schwerwiegende Vorsatzstraftaten generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zur Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Höhe der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen. Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (vgl. z.B. BVerfG vom 8.12.2004 a.a.O.). Da die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der in Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung und besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG vom 20.10.2005 a.a.O.).

2. Das Dienstvergehen des Beklagten wiegt schwer. Es wiegt jedoch noch nicht so schwer, dass er das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, griff das Bundesverwaltungsgericht zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurück. Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 BayDG am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist jedoch auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet dies eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von Dienstvergehen. Es wird verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

Am schwersten wirkt hier der Computerbetrug zu Lasten des Freistaats Bayern. Der letztlich abgeurteilte Tatvorwurf gegen den Kläger beinhaltet 31 Fälle des Computerbetrugs und den vorsätzlichem Besitz erlaubnispflichtiger Munition. Das Amtsgericht 2… - Zweigstelle 1… - verhängte deshalb eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 80 €. § 263a Abs. 1 StGB sieht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Bei einem solchen Strafrahmen ist auf der ersten Prüfungsstufe die Ahndung der innerdienstlichen verübten Straftat bis hin zur disziplinaren Höchstmaßnahme eröffnet (vgl. hierzu BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Dem gegenüber fällt der Verstoß gegen das Alkoholverbot hier weniger ins Gewicht.

Die Ausschöpfung des Orientierungsrahmens kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des Dienstvergehens entspricht. Delikte, die angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und die Ausschöpfung des Orientierungsrahmens unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (vgl. z. B. BVerwG vom 23.7.2013 Az. 2 C 63.11). Zur Bestimmung der Schwere des begangenen Dienstvergehens kann bei (außergerichtlichen) Dienstvergehen auf einer zweiten Stufe zunächst indiziell auf die von den Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Dies folgt zunächst aus § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar regelmäßig keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu. Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden. Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O. m.w.N.).

Diese Grundsätze bezüglich der „zweiten Stufe“ finden jedoch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei innerdienstlichen Dienstvergehen keine Anwendung. Bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen ist, komme dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme keine „indizielle“ oder „präjudizielle“ Bedeutung zu (vgl. BVerwG vom 5.7.2016 Az. 2 B 24/16). Vielmehr habe das Verwaltungsgericht in der originär dienstrechtlichen Bemessungsentscheidung in Ausübung der ihm übertragenen Disziplinarbefugnis eigenständig und ohne präjudizielle Bindung an strafrechtliche Bemessungserwägungen zu entscheiden, ob der betroffene Beamte durch das innerdienstlich begangene Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat und deshalb aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist.

In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall war der Beamte im Strafurteil wegen Geheimnisverrats gemäß § 353b StGB in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen verurteilt worden. Sei von den Strafgerichten bei einem außerdienstlich begangenen Dienstvergehen lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden, komme die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht (vgl. BVerwG vom 5.7.2016 a.a.O. m.w.N.). In obigem Fall erachtete das Bundesverwaltungsgericht die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis jedoch für zulässig. Bei innerdienstlichen Dienstvergehen kann damit selbst die Verhängung einer Geldstrafe - anders als bei außerdienstlichen Dienstvergehen - zu einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen.

Nach der Auffassung des Gerichts mag eine Verurteilung bei innerdienstlichen Dienstvergehen zwar keine „präjudizielle“ Bedeutung entfalten. Allerdings kann sie im Rahmen der Beurteilung des Schweregehalts dieses Dienstvergehens durchaus Berücksichtigung finden. Die Verurteilung des Beklagten zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen liegt hier erheblich unter dem Bereich, der zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat.

3. Bei innerdienstlichen Pflichtverletzungen wirkt sich die Stellung als Polizeibeamter erschwerend aus, wenn sie unter Ausnutzung der dienstlichen Stellung begangen werden, da Dienstherr, Öffentlichkeit und betroffene Bürger sich auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue von Polizeibeamten im Einsatz unbedingt verlassen können müssen (vgl. BVerwG vom 2.5.2017 Az. 2 B 21/16 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Beamte in Fällen des innerdienstlichen Betrugs zum Nachteil des Dienstherrn in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren (vgl. BVerwG vom 2.5.2017 a.a.O. m.w.N.). Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssten die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zu dem Beamten vorhanden ist. Erschwerungsgründe könnten sich z.B. aus Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlung im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, z.B. mit Urkundenfälschungen, stehe (vgl. BVerwG vom 2.5.2017 a.a.O. m.w.N.).

Erschwerend wirkt sich hier aus, dass der Beklagte über einen Zeitraum von über zwei Jahren 31-mal getankt und damit das Vertrauen seines Dienstherrn missbraucht hat, das ihm als Polizeibeamten entgegengebracht wurde. Hinzu kommt, dass der Beklagte die Dienstpflichtverletzungen unter der missbräuchlichen Ausnutzung seiner dienstlichen Möglichkeiten beging. Zu Gunsten des Beklagten wirkt sich der nicht übermäßig hohe Schaden in Höhe von 1.864,42 € nach dem Urteil des Amtsgerichts … aus. Der Schaden liegt damit um einiges unter der Wertgrenze von 5.000 €, die früher von der Rechtsprechung als maßgeblich angesehen wurde (vgl. z.B. BayVGH vom 21.1.2012 Az. 16a D 13.1889). Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts konnte nämlich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei einem Gesamtschaden von über 5.000 Euro ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein (vgl. hierzu BVerwG vom 6.5.2015 Az. 2 B 19.14). Auch wenn diese Wertgrenze wohl nicht mehr maßgeblich sein dürfte, liegt die hier relevante Schadenshöhe noch in einem Bereich, der keine (automatische) Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nahelegt.

Nachvollziehbare Beweggründe für sein Handeln hat der Beklagte nicht dargelegt. Die Enttäuschung über seine Beurteilungen und die von ihm angenommene Nichtberücksichtigung bei der „Altersbeförderung“ nach A12 können sein Verhalten nicht entschuldigen. Auch von einem Beamten, der nicht entsprechend seiner Erwartungen beurteilt wird, kann erwartet werden, dass er seinen Dienst nach Recht und Gesetz versieht. Dies gilt auch hinsichtlich des Besitzes erlaubnispflichtiger Munition. Insoweit kann verlangt werden, dass die relevanten Rechtsvorschriften bekannt sind und beachtet werden. Bei seinem Wechsel von … nach … hätte ihm sein Fehlverhalten im Übrigen erneut auffallen können. Allerdings entfaltet diese Pflichtverletzung kein „erhebliches“ disziplinarisches Eigengewicht.

Zugunsten des Beklagten ist zu berücksichtigen, dass er straf- und disziplinarrechtlich bisher nicht einschlägig in Erscheinung getreten ist. Seine Beurteilungen in den Jahren 2003 und 2006 sind mit sechs Punkten eher schlecht ausgefallen. Allerdings weisen die Beurteilungen des Jahres 2009 mit acht Punkten und 2012 mit elf Punkte erhebliche Steigerungen auf.

Das Persönlichkeitsbild vom 8. August 2013 ist eher negativ ausgefallen. Zwar habe seine Dienstgruppe Zusammenhalt, jedoch insgesamt wenig Leistungsstärke gezeigt. Im allgemeinen habe er frustriert, unzufrieden, gestresst, manchmal nervös und doch unsicher gewirkt, obwohl er in seinem Auftreten immer wieder eine gesteigerte Sicherheit vermittelt habe. Er konnte sehr emotional reagieren und sehr autoritär auftreten und den Eindruck erwecken, seine Rolle und Auftreten wenig zu reflektieren etc.

V.

Anerkannte (klassische) Milderungsgründe, die typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen erfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, sind nicht erkennbar. Das Verhalten des Antragstellers stellt sich nicht als unbedachte persönlichkeitsfremde Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation dar (vgl. hierzu BVerwG vom 24.2.1999 Az. 1 D 31.98).

Anhaltspunkte für das Vorliegen sonstiger Milderungsgründe sind ebenfalls nicht ersichtlich. Die spätere Einräumung des Fehlverhaltens und die Wiedergutmachung des Schadens nach Entdeckung der Tat können nicht zu einer milderen Disziplinarmaßnahme führen. Ein Absehen von der Höchstmaßnahme käme allenfalls dann in Betracht, wenn der Beklagte durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung von seinen Taten abgerückt wäre (vgl. BVerwG vom 28.8.2007 Az. 2 B 26/07). Dies war hier jedoch nicht der Fall (s.o.).

Von einer an sich verwirkten Höchstmaßnahme ist ausnahmsweise zugunsten einer milderen Disziplinarmaßnahme abzusehen, wenn ein anerkannter Milderungsgrund von einem solchen Gewicht vorliegt, der geeignet ist, das schwere Dienstvergehen des Beklagten als weniger gravierend erscheinen zu lassen (vgl. BayVGH vom 22.11.2017 Az. 16b D 15.1182). Es bestehen hier jedoch keine hinreichenden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen aufgrund einer krankhaften seelischen Störung in einem Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB begangen hat (s.o.). Daher war auch der Beweisanregung auf Vernehmung des Arztes Dr. … und Erstellung eines Sachverständigengutachtens nicht nachzukommen.

Dem Beklagten ist darin beizupflichten, dass das am 7. Mai 2013 eingeleitete Disziplinarverfahren bis zur gerichtlichen Entscheidung - nicht nur wegen seines Verhaltens - lang dauerte. Im Disziplinarrecht kann eine lange Verfahrensdauer nur unterhalb der Maßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, also der Höchstmaßnahme, berücksichtigt werden (vgl. BayVGH vom 24.5.2017 Az. 16a D 15.2267 m.w.N), auf die hier nicht zu erkennen war (s.u.). Allerdings rechtfertigt es die Verfahrensdauer nicht, hier gänzlich von einer Disziplinarmaßnahme abzusehen.

VI.

Als Disziplinarmaßnahme ist nach einer prognostischen Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände auf die Kürzung des monatlichen Ruhegehalts um ein Zehntel auf die Dauer von fünf Jahren zu erkennen.

1. Das Maßnahmeverbot des Art. 15 Abs. 1 BayDG steht der Kürzung der Dienstbezüge nicht entgegen. Gemäß Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDG darf, wenn gegen einen Beamten oder eine Beamtin im Straf- oder Bußgeldverfahren unter anderem unanfechtbar eine Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme verhängt worden ist, wegen desselben Sachverhalts eine Kürzung der Dienstbezüge nur ausgesprochen werden, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten oder die Beamtin zur Pflichterfüllung anzuhalten oder das Ansehen des Berufsbeamtentums zu wahren.

Ob und in welchem Umfang durch ein Dienstvergehen das Ansehen des Berufsbeamtentums beeinträchtigt wird, richtet sich nach objektiven Kriterien (vgl. Zängl, a.a.O., Art. 15, Rdnr. 47). Es ist darauf abzustellen, wie ein Fehlverhalten aus der Sicht der Öffentlichkeit zu beurteilen ist. Dabei ist auch die dienstliche Stellung als Polizeivollzugsbeamter zu berücksichtigen (vgl. BayVGH vom 28.11.2012 Az. 16a D 11.958). Es ist der Öffentlichkeit kaum zu vermitteln, dass ein Polizeibeamter, der seinen privaten PKW mit dienstlichen Tankkarten betankt, nicht disziplinarrechtlich zur Verantwortung gezogen wird.

2. Nach einer prognostischen Gesamtwürdigung ist das Gericht der Auffassung, dass unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung des Ruhegehalts um ein Zehntel auf die Dauer von fünf Jahren zu erkennen ist. Gemäß Art. 12 Satz 1 BayDG ist die Kürzung des Ruhegehalts die bruchteilsmäßige Verminderung des monatlichen Ruhegehalts um höchstens ein Fünftel auf längstens fünf Jahre.

Der Kläger hat ein schweres Dienstvergehen begangen, das ein solches Gewicht aufweist, dass eine deutliche Pflichtenmahnung durch eine Kürzung des Ruhegehalts geboten ist. Angesichts der Schwere des Dienstvergehens ist außerdem die vollständige Ausschöpfung des zeitlichen Rahmens von fünf Jahren angebracht und verhältnismäßig.

Der Kürzungsbruchteil ist bei Beamten des einfachen Dienstes regelmäßig auf ein Fünfundzwanzigstel, bei Beamten des mittleren Dienstes auf ein Zwanzigstel und bei Beamten des gehobenen und höheren Dienstes bis Besoldungsgruppe A 16 regelmäßig auf ein Zehntel festzusetzen (vgl. BVerwG vom 21.03.2001 Az. 1 D 29/00). Der Kürzungsbruchteil beträgt bei einem Beamten der 3. Qualifikationsebene also regelmäßig ein Zehntel. Hiervon abzuweichen, erscheint dem Gericht nicht als erforderlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben, Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 30. Juli 2018 - RO 10A DK 17.1923

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 30. Juli 2018 - RO 10A DK 17.1923

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 30. Juli 2018 - RO 10A DK 17.1923 zitiert 10 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 34 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 47 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 35 Folgepflicht


(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach b

Strafgesetzbuch - StGB | § 263a Computerbetrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs durch unrichtige Gestaltung des Programms, durch

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 24 Verlust der Beamtenrechte


(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts 1. wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder2. wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vor

Strafgesetzbuch - StGB | § 353b Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht


(1) Wer ein Geheimnis, das ihm als 1. Amtsträger,2. für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,3. Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt oder4. Europäischer Amtsträger,anvertraut worden oder sonst b

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 30. Juli 2018 - RO 10A DK 17.1923 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 30. Juli 2018 - RO 10A DK 17.1923 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 21. Jan. 2015 - 16a D 13.1889

bei uns veröffentlicht am 21.01.2015

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Tatbestand I. Die 19... geborene Beklagte beendete 1993 ihre Schullaufbahn mit der Mittleren R

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 29. Juli 2015 - 16b D 14.1328

bei uns veröffentlicht am 29.07.2015

Tenor I. In Abänderung der Ziff. I des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Mai 2014 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt. II. Der Beklagte träg

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2017 - 16b D 15.1182

bei uns veröffentlicht am 22.11.2017

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 30. März 2015 wird abgeändert. Der Beklagte wird in das Amt eines Zollobersekretärs (BesGr A 7 BBesO) versetzt. II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden gege

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 02. Mai 2017 - 2 B 21/16

bei uns veröffentlicht am 02.05.2017

Gründe 1 1. Die Beklagte ist Polizeiobermeisterin (Besoldungsgruppe A 8) im Dienst des Klägers. Das wegen Betrugsverdachts gegen die Beklagte eingeleitete Strafverfahren

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 05. Juli 2016 - 2 B 24/16

bei uns veröffentlicht am 05.07.2016

Gründe 1 Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf einen Verfahrensfehler (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerd

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 10. Dez. 2015 - 2 C 6/14

bei uns veröffentlicht am 10.12.2015

Tatbestand 1 Das Verfahren betrifft die disziplinarrechtliche Ahndung eines von einem Feuerwehrbeamten innerdienstlich begangenen Diebstahls.

Referenzen

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Tenor

I.

In Abänderung der Ziff. I des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Mai 2014 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Der 1956 geborene Beklagte wurde 1971 als Postjungbote bei der damaligen Deutschen Bundespost eingestellt. Zum 1. März 1974 wurde er zum Postschaffner zur Anstellung ernannt, am 14. Dezember 1995 zum Postbetriebsassistenten (BesGr. A 5) befördert und zum 1. Juli 2008 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 6 vz eingewiesen. Zuletzt war der Beklagte als Paketzusteller in der Zustellbasis L. eingesetzt.

Der Beamte ist verheiratet und hat zwei Kinder, geb. 1980 und 1984. Zuletzt verfügte er über Nettodienstbezüge in Höhe von ca. 2.300 €. Der Beamte ist - mit Ausnahme des vorliegend vorgeworfenen Sachverhalts - weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten. Bei der letzten Leistungsbeurteilung im Jahr 2010 erhielt der Beklagte 9 Punkte (übertrifft die Anforderungen). Im Jahr 2009 erhielt er eine Gütezulage und seit Einführung der Leistungszulagen in den Jahren 2010, 2011 und 2012 jeweils eine Leistungszulage.

II.

Mit seit 12. Februar 2013 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts L. vom 24. Januar 2013 (Az. 2 Cs 4 Js 35719/12) wurde gegen den Beklagten wegen des Vorwurfs, er habe als Paketzusteller bei der Zustellbasis L. am 23. November 2012 widerrechtlich ein Postpäckchen geöffnet, den darin enthaltenen Briefumschlag entwendet und eine Glückwunschkarte sowie Bargeld in Höhe von 50 € an sich genommen, wegen versuchten Diebstahls gemäß §§ 242 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23 Abs. 1 StGB eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 50 € verhängt.

Grundlage des Strafbefehls sowie des streitgegenständlichen Disziplinarverfahrens ist folgender Sachverhalt:

Aufgrund einer Reklamation eines Kunden wegen Inhaltsschmälerung eines Päckchens wurden von der Konzernsicherheit der Klägerin Ermittlungen aufgenommen. Um den Täter zu überführen, wurde ein Fangpäckchen gefertigt und in den Sendungsstrom eingeschleust. Am 22. November 2012 präparierte die Security einen Geldschein zu 20 € und drei Geldscheine zu 10 € mit einem Fangstoffmittel und protokollierte die Seriennummern der Geldscheine. Diese wurden in eine Glückwunschkarte und diese in einem pinkfarbenen Briefumschlag eingelegt. Anschließend wurde der Briefumschlag zusammen mit einem in Geschenkpapier eingewickelten Buch in ein Päckchen gelegt. Am Tag vor dem Dienstantritt des Beklagten am 23. November 2012 wurde das Fangpäckchen gegen 5.15 Uhr in einen Rollbehälter eingelegt, in dem sich die Sendungen für einen den Beklagten zustehenden Zustellbezirk befanden. Aus diesem Rollbehälter entnehmen die Zusteller die jeweils für ihren Bereich bestimmten Sendungen. Die Fangbriefsendung wurde um 6.40 Uhr aus dem Zustellfahrzeug des Beklagten entnommen und anschließend vom Securitymitarbeiter überprüft. Hierbei wurde festgestellt, dass das Päckchen auf der rechten Seite geöffnet war und der Briefumschlag mit der Glückwunschkarte und den innenliegenden Gelscheinen fehlte. Bei der Vernehmung durch Polizeibeamte gab der Beklagte die Inhaltsschmälerung des Päckchens sofort zu und entnahm aus seinem privaten Rucksack den aufgerissenen Briefumschlag sowie vier Geldscheine im Wert von 50 €. Auch zeigten sich bei der Überprüfung der Hände des Beklagten die für den verwendeten Fangstoff typischen Spuren an dessen Daumen und Finger. Gegenüber der Konzernsicherheit sowie auch in den strafrechtlichen Ermittlungen bestritt der Beklagte, dass er in weiteren Fällen Bargeld aus von ihm geöffneten Sendungen entwendet habe.

III.

Am 5. Dezember 2012 wurde gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Der Beamte wurde mit Bescheid vom 23. Januar 2013 vorläufig des Dienstes enthoben. Von seinen Dienstbezügen werden 20% einbehalten.

Der Beklagte ließ sich im Rahmen des Disziplinarverfahrens dahingehend ein, dass er sich sein Verhalten selbst nicht erklären könne. Er habe sich während seiner Dienstzeit von 41 Jahren bisher nichts zu Schulden kommen lassen. In den vergangenen Jahren habe er jeweils eine Leistungszulage der zweitbesten Stufe erhalten. Außerdem sei gegen ihn nur wegen versuchten Diebstahls eine Geldstrafe verhängt worden. Dabei habe es sich um eine einmalige, kurzschlussartige und persönlichkeitsfremde Tat gehandelt. Es seien lediglich 50 € entzogen worden. Der Beklagte habe seine alleinerziehende Tochter finanziell, psychisch und physisch unterstützt, auch sei er durch das erhöhte Sendungsaufkommen vor Weihnachten stark belastet gewesen. Am Morgen des Tattages habe er vergessen, seine sämtlichen Medikamente einzunehmen. Er habe sich schwindlig gefühlt.

Am 19. Dezember 2013 erhob die Niederlassung Brief F... Klage beim Verwaltungsgericht, mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 9. Mai 2014 wurde der Beklagte in ein Amt der Besoldungsgruppe A 5 zurückgestuft. Das Gericht halte die dem Beklagten zur Last gelegten Vorfälle für erwiesen. Diese würden die verhängte Disziplinarmaßnahme im tenorierten Umfang rechtfertigen. Grundsätzlich sei bei den Zugriffsdelikten aufgrund der Schwere dieser Dienstvergehen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, Ausnahmen könnten nur in engen Grenzen zugelassen werden. Der entwendete Betrag in Höhe von 50 € bewege sich im Bereich der „Bagatellgrenze“ und übersteige die Grenze der Geringwertigkeit nicht. Bei der Auslegung und Überführung eines Täters durch einen Fangbrief sei die Bestimmung einer Bagatellgrenze schwierig, weil die Höhe des entwendeten Betrags letztlich vom Inhalt des Fangbriefs abhänge und somit vom Dienstherrn bzw. des von ihm beauftragten Sicherheitsdienstes vorgegeben werde. Andererseits spiele bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens auch der angerichtete Schaden eine maßgebliche Rolle. Maßgeblich sei das Ergebnis einer Gesamtwürdigung. Gegen den Beklagten sprächen die Umstände der Tat. Der Beklagte sei planvoll vorgegangen und habe mit der Öffnung des Päckchens und des Briefs das Postgeheimnis verletzt. Von einer unverschuldeten, ausweglosen Notlage könne nicht ausgegangen werden. Auch eine unbedachte einmalige Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation könne nicht bejaht werden. Der Beklagte habe bewusst auf eine Sendung zugegriffen, bei der durch die Adressierung „an das Geburtstagskind“ die Wahrscheinlichkeit von Bargeld als Inhalt hoch gewesen sei. Der Beklagte habe erst nach der Überführung ein Geständnis abgelegt und das entwendete Bargeld zurückgegeben. Dass die Schuldfähigkeit des Beamten ausgeschlossen oder eingeschränkt gewesen sei, sei nicht ersichtlich. Gleichwohl sprächen überwiegende Milderungsgründe zugunsten des Beklagten: Er habe sich in den 41 Jahren seines Dienstverhältnisses weder inner- noch außerdienstlich irgendetwas zu Schulden kommen lassen. Für ihn spreche seine gute Führung und Dienstauffassung, welche ihm im Dienstzeugnis der Niederlassung F... vom 26. Februar 2013 bescheinigt worden sei. Danach habe der Beklagte seine Aufgaben zur vollen Zufriedenheit seines Dienstherrn erledigt. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen sei vorbildlich gewesen. Gegenüber den Kunden sei er stets zuvorkommend aufgetreten. Nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten habe er sich auch gezielt für die wirtschaftlichen Interessen seines Dienstherrn eingesetzt und bei größeren Firmen dafür geworben, dass diese ihre Pakete nicht mehr über die Konkurrenz, sondern bei der Deutschen Post AG anlieferten. Die besonderen Leistungen des Beklagten hätten sich auch darin niedergeschlagen, dass er im Jahr 2009 eine Gütezulage und seit Einführung der Leistungszulagen in den Jahren 2010, 2011 und 2012 für das Vorjahr jeweils die Leistungszulage der zweitbesten Stufe erhalten habe. Diese Umstände wiesen den Beklagten als einen über die Jahre engagierten Postbeamten aus, der seinen Beruf mit großem Pflichtgefühl und Einsatz ausgeübt habe. Angesichts der geringen Höhe des Schadens und des lediglich einmaligen Zugriffs auf fremdes Geld halte die Kammer die Maßnahme der Zurückstufung des Beklagten in ein Amt der BesGr. A 5 für erforderlich, aber auch ausreichend.

Die Klägerin hat hiergegen am 10. Juni 2014 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 9. Mai 2014 aufzuheben und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens komme nur die mit der Disziplinarklage beantragte Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Disziplinarmaß in Betracht. Der Beklagte habe ein vorsätzliches Dienstvergehen in Form des Zugriffsdelikts begangen. Wer als Zusteller ihm anvertraute oder dienstlich zugängliche Sendungen unberechtigt öffne und aus eigennützigen Gründen das darin enthaltene Bargeld entwende, störe das ihn mit dem Dienstherrn verbindende Vertrauensverhältnis nachhaltig. Die Klägerin sei auf die Zuverlässigkeit ihrer Mitarbeiter im Umgang mit anvertrauten Postsendungen in vollem Maße angewiesen, weil eine lückenlose Kontrolle eines jeden Bediensteten nicht möglich sei. Wer sich als Postzusteller über die leicht verständliche Pflicht der gewissenhaften Behandlung und Weiterleitung der Postsendungen hinwegsetze, versage im Kernbereich seiner Tätigkeit. Durch das Öffnen der Frachtsendung habe der Beklagte zusätzlich das Postgeheimnis verletzt, was auch für sich alleine gesehen eine Kernpflichtverletzung darstelle und eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertige. Die Beachtung des Postgeheimnisses zähle zu den unabdingbaren Voraussetzungen eines ordnungsgemäßen Betriebs. Mit seiner Handlungsweise habe er einen vorsätzlichen Treuebruch im Kernbereich seiner Dienstpflichten begangen. Dies erfordere im Interesse der Reinhaltung des Berufsbeamtentums grundsätzlich die Verhängung der Höchstmaßnahme. Bei Zugriff auf die dienstlich anvertrauten Gelder sei auch nach der neueren Rechtsprechung die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessen Disziplinarmaßnahme. Diese von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung könne allerdings entfallen, wenn gewichtige und im Einzelfall durchgreifende Entlastungsgründe vorlägen. Die Voraussetzungen für die in der Rechtsprechung entwickelten „klassischen Milderungsgründe“ lägen hier nicht vor. Das Verwaltungsgericht meine, die Tat des Beklagten bewege sich jedenfalls im weiteren Bereich der Bagatellgrenze und führe nicht zwangsläufig zur Entfernung aus dem Dienst. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne sich der Beklagte nicht auf den geringen Wert des entwendeten Bargelds als rechtfertigenden Grund für das Absehen von der Höchstmaßnahme berufen. Zwar überschreite der aus der Postsendung entwendete Betrag den von der Rechtsprechung als Bagatellgrenze angesehen Betrag von 50 € nicht. Gerade wenn die Überführung eines Täters Probleme bereite und nur mit einer Videoüberwachung oder der Einschleusung von Fangbriefen möglich sei, hätte es sonst auch die Betriebssicherung in der Hand, durch Einschleusen großer oder kleiner Geldscheine die Wertgrenze zu über- oder unterschreiten. Die Höhe des veruntreuten Geldes könne in derartigen Fällen nicht entscheidend sein. Weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Milderungsgrundes sei jedoch, dass der Beklagte durch sein Dienstvergehen nicht weitere wichtige öffentliche oder private Schutzgüter verletze. Hier habe der Beklagte durch das Öffnen und die Beraubung einer Postsendung das grundrechtlich geschützte Rechtsgut des Post- und Fernmeldegeheimnisses verletzt und sich damit zusätzlich erheblich belastet. Unter diesen Umständen könne nicht davon ausgegangen werden, dass er in unmittelbarer Nähe eines anerkannten Milderungsgrundes gehandelt hätte. Es seien keine so gewichtigen Umstände zu erkennen, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass der Beklagte noch als Postbeamter tragbar sei. Dass der Beklagte bisher weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten sei, werde von einem Beamten erwartet. Auch eine gute Beurteilung seiner dienstlichen Leistungen sei für sich genommen kein Milderungsgrund. Die vom Verwaltungsgericht genannten überwiegenden Milderungsgründe hätten nicht das Gewicht, dass eine positive Prognoseentscheidung zugunsten des Beklagten getroffen werden müsste oder könnte. Das Dienstvergehen habe zu einer völligen Zerstörung des Vertrauens des Klägerin und der Allgemeinheit in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit des Beklagten geführt.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Zu den Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verfahrensakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg und führt dazu, dass unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 9. Mai 2014 gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß § 10 BDG erkannt wird.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts erwiesen. Die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts L. vom 24. Januar 2013 (Az.: 2 Cs 4 Js 35719/12) sind zwar nicht bindend, der Senat kann sie dennoch gemäß § 65 Abs. 1, § 57 Abs. 2 BDG seinem Urteil ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen. Der Beklagte hat den Sachverhalt, wie nachfolgend dargestellt, eingeräumt, so dass weitere Ermittlungen nicht veranlasst waren.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beklagte am 22. November 2012 widerrechtlich ein Postpäckchen geöffnet hat, den darin enthaltenen Briefumschlag entwendet und eine Glückwunschkarte sowie Bargeld in Höhe von 50 € an sich genommen hat, um das Geld für sich zu behalten.

III.

Das Dienstvergehen, das sich der Beklagte hat zuschulden kommen lassen, ist als schweres innerdienstliches Dienstvergehen einzustufen, weil der Beamte schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG). Durch das festgestellte und von dem Beklagten eingeräumte Verhalten hat er vorsätzlich gegen die Dienstpflichten verstoßen, sein Amt uneigennützig zu verwalten und innerhalb des Dienstes dem Vertrauen gerecht zu werden, den sein Beruf erfordert, § 61 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BBG.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch angemessen und erforderlich.

1. Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (§ 13 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr. BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 -; BayVGH, U.v. 12.3.2014 - 16a D 11.2657 jeweils juris).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße, sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris Rn. 15).

Bei der Anwendung des Bemessungskriteriums „Schwere des Dienstvergehens“ ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris Rn. 20).

2. Durch den Diebstahl hat der Beklagte ein Zugriffsdelikt verwirklicht, das regelmäßig die disziplinare Höchstmaßnahme als Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung zur Folge hat. Das Schwergewicht des dem Beklagten zur Last fallenden Dienstvergehens ist aber nicht allein in der Briefberaubung (Zugriffsdelikt) zu sehen, sondern mindestens gleichgewichtig in der darin mitenthaltenen Verletzung des Postgeheimnisses (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2007 - 2 C 25/06 - juris Rn. 34).

a. Ein Zugriffsdelikt wird dadurch charakterisiert, dass ein Beamter auf dienstlich seinem Gewahrsam unterliegendes Geld oder unterliegenden Waren (hier Pakete) zugreift. Die disziplinare Einstufung als Zugriffsdelikt hängt dabei nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt auch nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist vielmehr entscheidend, dass einem Beamten Güter des Dienstherrn dienstlich anvertraut oder dienstlich zugänglich sind (vgl. BVerwG, U.v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris Rn. 16; B.v. 20.12.2011 - 2 B 64.11 - juris Rn. 11).

Ein Beamter, der ihm amtlich anvertraute oder dienstlich zugängliche Postsendungen öffnet und daraus Geld entwendet, die seinem Gewahrsam unterliegen, versagt im Kernbereich seiner Dienstpflichten und zerstört in der Regel das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in seine Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit (BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris Rn. 12), denn die öffentliche Verwaltung ist auf die Redlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten beim Umgang mit solchen Gütern in hohem Maße angewiesen. Eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Mitarbeiters ist unmöglich und muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für das Funktionieren des öffentlichen Dienstes unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss deshalb grundsätzlich mit der Auflösung des Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, B.v. 20.12.2011 - 2 B 64.11 - juris Rn. 11; U.v. 3.5.2007 - 2 C 9.06 - juris; U.v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris).

Dies gilt auch für sog. Fang- und Prüfbriefe, die vom betrieblichen Sicherheitsdienst in den Postverlauf eingeschleust worden sind (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.1981 - 1 D 23/80 - juris).

Allerdings ist der Diebstahl trotz der Mitnahme des fremden Geldes nicht vollendet, da es sich um eine Diebsfalle handelte. Wegnahme im Sinn des § 242 StGB setzt den Bruch fremden Gewahrsams, d. h. die gegen den Willen des Berechtigten erfolgende Aufhebung des Gewahrsams voraus. Bei einer Diebesfalle, d. h. dem Bereitstellen einer Sache in der Absicht, eine Person zur Wegnahme zu veranlassen, um sie zu überführen, liegt kein vollendeter, sondern nur ein versuchter Diebstahl vor, weil der Berechtigte in die Wegnahme einwilligt (vgl. Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 29. Auflage 2014, § 242 Rn. 41). Auch die versuchte Straftat stellt eine vollendete Dienstpflichtverletzung dar. Denn die Pflicht zur Loyalität zur Rechtsordnung untersagt die Begehung von Straftaten jeder Art und nicht nur die Begehung von vollendeten Straftaten, so dass schon der Versuch einer Straftat sämtliche Merkmale der Dienstpflichtverletzung verwirklicht (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2013 - 2 WD 29.11 - juris Rn. 49; BayVGH, U.v. 3.2.2009 - 16a D 07.1304 - juris).

b. Mit dem Öffnen des Postpäckchens und der Ansichnahme des Briefumschlags mit dem Geld hat der Beklagte jedoch nicht nur einen versuchten Diebstahl, sondern zusätzlich auch das Postgeheimnis verletzt. Die Verletzung des Postgeheimnisses stellt als solches, d. h. auch ohne Brief- bzw. Paketberaubung, ein schweres Dienstvergehen dar, da von einem Postbeamten erwartet werden muss, dass er dieses grundrechtlich durch Art. 10 GG und einfachrechtlich durch § 39 PostG und § 206 StGB geschützte Rechtsgut achtet und mit besonderer Sorgfalt respektiert (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2007 - 2 C 25.06 - juris Rn. 34). In der schuldhaften Verletzung des Postgeheimnisses durch Postbedienstete liegt deshalb ein Dienstvergehen, das für sich allein schon geeignet ist, die Grundlage des Beamtenverhältnisses zu zerstören. Dies gilt verstärkt dann, wenn das Postgeheimnis - wie hier - mit dem Ziel verletzt wird, Zugang zu aneignungsfähigen Inhalten, z. B. Bargeld, zu erlangen.

Ausgangspunkt der Erwägungen für die Zumessung der Disziplinarmaßnahme ist damit die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG).

3. Die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfällt, wenn zugunsten des Beklagten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beklagte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Dabei sind auch die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung) in den Blick zu nehmen. Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen.

Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Tathandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BayVGH, U.v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 41; U.v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 90).

Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung der durch den Beklagten verübten Dienstpflichtverletzung.

a. Dem Gesichtspunkt der Geringwertigkeit des entwendeten Betrags kommt im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu. Zwar enthielt der vom Beamten geöffnete Fangbrief lediglich 50 €. Auch kann davon ausgegangen werden, dass der Beklagte in dem Postpäckchen, gerichtet „an das Geburtstagskind“, nur einen Betrag in allenfalls dieser Größenordnung erwartete. Der Wert lag damit unter der Grenze der Geringwertigkeit, die in der Regel bei 50 € oder bei einem einmaligen Fehlverhalten mit 200 € auch höher anzusetzen ist. Voraussetzung für die Anwendung des Milderungsgrundes ist jedoch, dass der Beamte nicht durch sein sonstiges Verhalten oder die konkrete Tatausführung zusätzlich belastet ist und dass durch das Dienstvergehen keine weiteren wichtigen öffentlichen oder privaten Schutzgüter verletzt werden (BVerwG U.v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris Rn. 21; BayVGH, U.v. 4.6.2014 - 16a D 10.2005 - juris Rn. 69). Damit wird der Milderungsgrund der Geringwertigkeit des entwendeten Gutes entkräftet, weil gleichzeitig das Postgeheimnis verletzt wurde und der Beklagte sich nicht nur über fremde Eigentumsrechte, sondern auch über die Vertraulichkeit des Inhalts von Postsendungen hinwegsetzte (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2007 - 2 C 25/06 - juris Rn. 34; U.v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris 21).

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Berücksichtigung der Geringwertigkeit bei der Einschleusung eines „Fangbriefes oder -paktes“ in den Postverlauf zur Folge hätte, dass die Behörde es bei der Planung eines solchen „Diebesfalle“, der zumeist bereits festgestellte Verluste von Postsendungen und ein vager Tatverdacht vorausgehen, in der Hand hätte, je nach Höhe des eingelegten Geldbetrags die Wertgrenze zur Geringwertigkeit zu über- oder unterschreiten (vgl. BVerwG, U.v. 8.4.2003 - 1 D 27/02 - juris Rn. 21). Soweit das Bundesverwaltungsgericht bei der Entnahme von Geld aus Briefen die Höhe des entwendeten Geldes in den Blick nahm, stand das im Zusammenhang mit der vom damaligen Beklagten als rechtsgrundsätzlich bedeutsam angesehenen Frage, ob eine schwere depressive Erkrankung unterhalb der Schwelle einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit nicht zumindest bei Zugriffsdelikten unterhalb eines Schadensbetrags von 200 € einen einem anerkannten Milderungsgrund vergleichbaren Umstand bilden kann (vgl. BVerwG, B.v. 6.6.2013 - 2 B 50/12 - ZBR 2013, 351 - juris Rn. 4), was jedoch verneint wurde.

b. Auch die Würdigung des Persönlichkeitsbilds und die dienstlichen Leistungen des Beklagten ändern nichts daran, von der Höchstmaßnahme abzusehen. Der Beamte ist disziplinarrechtlich nicht vorbelastet. Zu seinen Gunsten spricht seine langjährige und beanstandungsfreie Dienstausübung als Postbeamter, sowie der Umstand, dass er in der Vergangenheit Leistungszulagen erhalten hatte und seinen dienstlichen Pflichten beanstandungsfrei nachgekommen ist. Besondere Milderungsgründe können daraus angesichts der Schwere des Dienstvergehens nicht entnommen werden. Angesichts der Schwere des von ihm begangenen Dienstvergehens, aufgrund dessen sich der Beklagte als Paketzusteller untragbar gemacht hat, können weder die guten dienstlichen Leistungen des Beklagten noch sein überdurchschnittliches berufliches Engagement und die Tatsache, dass der Beklagte straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist, zur Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme führen. Diese Umstände stellen das normale Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar und sind nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens derart abzumildern, dass bei einem Beamten, der das in ihn gesetzte Vertrauen von Grund auf erschüttert hat, von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könnte (BayVGH, U.v. 12.7.2006 - 16a D 05.981 - juris Rn. 25). Die langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist - selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, derart gravierende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BVerwG, B.v. 5.4.2013 - 2 B 79/11 - juris Rn. 27).

c. Auch der weitere bei Zugriffsdelikten anerkannte Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden und einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen des Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, kann nicht herangezogen werden. Dieser Milderungsgrund liegt vor, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen, besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt und dabei ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität gezeigt hat (z. B. BVerwG, U.v. 4.7.2000 - 1 D 33/99 - juris.; U.v. 15.3.1994 - 1 D 19.93 - juris). Er kommt nur in Betracht, wenn der Beamte unter dem Einfluss eines von außen auf die Willensbildung einwirkenden Ereignisses in Versuchung geraten wäre, sich in der vorgeworfenen Weise eigennützig zu verhalten (BVerwG, U.v. 11.6.2002 - 1 D 31/01 - juris Rn. 19). Hiergegen spricht, dass der Umgang mit Paketen, die gelegentlich auch Bargeld enthalten, zu den täglichen dienstlichen Obliegenheiten des Beklagten gehörte und gerade nicht geeignet war, für ihn eine plötzliche Versuchssituation darzustellen. Darüber hinaus musste der Beklagte das Paket zunächst öffnen, um dann nach Geld zu suchen (BayVGH, U.v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 58).

d. Aber auch die Voraussetzungen für die Annahme des Milderungsgrundes einer besonderen psychischen Ausnahmesituation, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten des Beamten nicht mehr erwartet werden kann, liegen hier nicht vor. Die starke Belastung durch das erhöhte Sendungsaufkommen vor Weihnachten bzw. durch die Unterstützung seiner Tochter kann als richtig unterstellt werden. Diese vom Beklagten vorgetragenen Beschwernisse sind auch von der Klägerin nicht bestritten worden. Dafür, dass diese Situation derart außerordentlich belastend für den Beklagten gewesen wäre, dass von ihm ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden könnte, ist jedoch nicht Konkretes vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich.

e. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB gehandelt hätte, liegen nicht vor. Der bloße Hinweis, der Beklagte habe vergessen, seine Medikamente einzunehmen und ihm sei schwindlig gewesen, bietet keine Anhaltspunkte, dass der Beklagte bei der Tatbegehung schuldunfähig wegen seelischer Störungen im Sinne des § 20 StGB gewesen wäre bzw. für die Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB. Der Beklagte hat auch nicht ausdrücklich behauptet, er habe die Zugriffshandlung im Zustand der Schuldunfähigkeit oder erheblich verminderten Schuldfähigkeit begangen. Ärztliche Stellungnahmen, die dazu verwertbare Aussagen enthalten, wurden nicht beigebracht. Damit bestehen keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldfähigkeit des Beamten bei Begehung der Tat erheblich gemindert gewesen wäre, so dass der Senat dem nicht im Rahmen der Amtsermittlung nachgehen musste (vgl. BVerwG, B.v. 7.11.2014 - 2 B 45/14 - BayVBl 2015, 423 - juris Rn. 16). Auch bleibt festzuhalten, dass im Disziplinarrecht die von den Verwaltungsgerichten vorzunehmende Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten abhängt. Aufgrund dessen kann sie bei Zugriffsdelikten nur in Ausnahmefällen erreicht werden (BVerwG, U.v. 3.5.2007 - 2 C 9.06 - NVwZ-RR 2007, 695 ff. - juris; BayVGH, U.v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 55). Dafür spricht hier nichts.

f. Das Geständnis des Beklagten führt nicht zu einer milderen Beurteilung, da es nicht freiwillig vor drohender Entdeckung, sondern erst nach Aufdeckung der Paketberaubung durch die Betriebssicherheit der Klägerin und im anschließenden Strafverfahren erfolgte.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats deshalb die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.

4. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist unter Abwägung des Gewichts des Dienstvergehens sowie des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens und der mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung auch nicht unverhältnismäßig. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinarische Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung die Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde seinen Dienstaufgaben künftig pflichtgemäß erfüllen, ist die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften schwerwiegenden Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U.v. 14.10.2003 - 1 D 2.03 - ZBR 2004, 256 - juris Rn. 49).

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen (§ 69 BDG, § 132 VwGO, § 191 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG).

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

Tatbestand

1

Das Verfahren betrifft die disziplinarrechtliche Ahndung eines von einem Feuerwehrbeamten innerdienstlich begangenen Diebstahls.

2

Der 1962 geborene Beklagte steht als Brandmeister im Dienst der Klägerin und wurde von der Klägerin wegen seiner Ausbildung zum Rettungsassistenten auch im Rettungsdienst eingesetzt. Der Beklagte ist 2003 wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug sowie 2005 wegen Entziehung elektrischer Energie zu Geldstrafen verurteilt worden.

3

Wegen des Vorfalls, der den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet, wurde der Beklagte wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Beklagte hatte im Jahr 2006 einem stark alkoholisierten und bewusstlosen Patienten während der Fahrt im Rettungswagen einen 50 €-Schein entwendet, um diesen für sich zu behalten. Vom Fahrer des Rettungswagens, der ihn bei der Tat be-obachtet hatte, zur Rede gestellt, schlug der Beklagte zunächst vor, den Geldschein als Trinkgeld in die Gemeinschaftskasse zu geben. Der Fahrer bestand jedoch auf der Rückgabe des Geldes an den Patienten. Bei der Aushändigung des Geldscheins an einen Pfleger des Krankenhauses gab der Beklagte an, der Patient habe das Geld im Rettungswagen verloren. Noch während der Bewährungszeit dieser strafgerichtlichen Verurteilung und des laufenden Disziplinarverfahrens wurde der Beklagte wegen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer weiteren Freiheitsstrafe verurteilt, die auch vollstreckt wurde.

4

Im Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Dienst entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

5

Bei Gesamtwürdigung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit unwiederbringlich verloren habe. Mit dem Diebstahl im Rettungswagen habe der Beklagte ein einem Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn gleichzustellendes Dienstvergehen begangen. Das dem Patienten entwendete Geld sei dem Beklagten im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich gewesen. Auf den Milderungsgrund der Geringwertigkeit der entwendeten Sache könne sich der Beklagte nicht berufen, weil durch das Dienstvergehen weitere wichtige Interessen verletzt seien und die konkreten Umstände der Tatbegehung ihn zusätzlich belasteten. Andere anerkannte Milderungsgründe kämen ebenfalls nicht in Betracht. Es habe sich nicht um eine unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation gehandelt. Die sonstigen Verurteilungen des Beklagten zeigten, dass ihm der Zugriff auf fremdes Vermögen und Eigentum keineswegs persönlichkeitsfremd sei.

6

Hiergegen wendet sich die Revision des Beklagten, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. März 2013 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 2. September 2009 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen,

hilfsweise auf eine unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis liegende Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, §§ 13, 59, 65 und 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Wertung, der Beklagte sei bei Gesamtwürdigung aller für und gegen ihn sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch den innerdienstlich begangenen Diebstahl das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit im Sinne von § 13 Abs. 3 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2004 (- LDG NW -, GV. NRW S. 624), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW S. 622), endgültig verloren habe, ist nicht zu beanstanden. Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 144 Abs. 2 VwGO).

9

Der Beklagte hat ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.). Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens nach seiner Schwere zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 LDG NW richtet sich nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen (2.a). Da der Beklagte die ausweglose Lage des Patienten ausgenutzt hat, ist hier die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens geboten (2.b). Die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe kommen dem Beklagten nicht zugute (2.c und d). Die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände ergibt, dass der Beklagte wegen des endgültigen Verlusts des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (2.e).

10

1. Nach den gemäß § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat sich der Beklagte eines Diebstahls schuldig gemacht. Der Beklagte hat dadurch schuldhaft seine Pflichten verletzt und damit ein Dienstvergehen begangen (§ 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NW in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981, GV. NRW S. 234 - LBG NW a.F. -). Er hat gegen die ihm obliegende Dienstpflicht verstoßen, sein Amt uneigennützig nach bestem Wissen zu verwalten (§ 57 Satz 2 LBG NW a.F.). Zugleich hat er die ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten vorsätzlich und schuldhaft verletzt (§ 57 Satz 3 LBG NW a.F.).

11

Dieses Dienstvergehen hat der Beklagte innerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten in sein Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden war (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 9 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 10).

12

2. Nach § 13 Abs. 2 LDG NW und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelungen der Disziplinargesetze des Bundes und der anderen Länder ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257>). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.>).

13

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1973 - 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>, vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21 und vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 16 f.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

14

Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

15

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Intensität der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen (vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 37). Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208 <209 f.> und vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257 f.>).

16

a) Da die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 LDG NW aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <259>).

17

aa) Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, hat der Senat zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurückgegriffen. Mit der Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22, - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 31). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

18

Hiervon ausgehend hat der Senat für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften aus dem von April 2004 bis Januar 2015 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist. Weist ein Dienstvergehen indes, wie bei einem Lehrer oder einem Polizeibeamten, hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 24 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 33; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 ff. und vom 23. Januar 2014 - 2 B 52.13 - juris Rn. 8).

19

bb) Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NW am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen. Auf die bisher in der Praxis des Senats maßgebliche Einstufung eines Dienstvergehens als Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn oder einem diesem gleichgestellten Delikt, für das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung sein soll, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen, kommt es nicht an. Diese Rechtsprechung (z.B. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260 ff.>, vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 f., vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 12 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63. 11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15) gibt der Senat auf.

20

Die Strafgerichte haben den Beklagten wegen des zum Nachteil des bewusstlosen Patienten begangenen besonders schweren Falls des Diebstahls nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StGB bestraft, weil der Beklagte beim Diebstahl die Hilflosigkeit des Patienten ausgenutzt hat. Nach § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB reicht der Strafrahmen von drei Monaten Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - hier sind es bis zu zehn Jahre - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

21

b) Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des § 13 LDG NW führt zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Die vom Oberverwaltungsgericht getroffene Entscheidung ist deshalb nicht zu beanstanden.

22

Gemäß § 13 Abs. 1 und 2 LDG NW ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> sowie zuletzt vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 35). Bei der Ausübung des den Gerichten nach § 13 Abs. 1 LDG NW eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind (§ 59 Abs. 2 Satz 2 LDG NW), ist jede Schematisierung zu vermeiden (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261> und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 36).

23

Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Der Beklagte hat die schutzlose Lage des verletzten und bewusstlosen Opfers, das ihm im Inneren des Rettungswagens ausgeliefert und dessen Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war, zum Diebstahl ausgenutzt. Da eine vollständige Kontrolle der Bediensteten aufgrund der Einsatzumstände ausgeschlossen ist, verlangt die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, deren Schutz Aufgabe der Disziplinarbefugnis ist, gerade im Bereich des Feuerwehr- und Rettungsdienstes, dass sich der Dienstherr und die Öffentlichkeit auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue der dort eingesetzten Beamten unbedingt verlassen können. Die Allgemeinheit muss darauf vertrauen können, dass Beamte im Feuerwehr- und Rettungsdienst das Eigentum sowie die sonstigen Rechte der Opfer achten und schützen und nicht deren Hilflosigkeit und die eigene Zugriffsmöglichkeit zu Eigentumsdelikten ausnutzen.

24

Bei der Einordnung des Dienstvergehens des Beklagten in den bis hin zur Dienstentfernung eröffneten Orientierungsrahmen ist auch die von den Strafgerichten ausgesprochene, erhebliche Freiheitsstrafe von neun Monaten zu berücksichtigen. Ungeachtet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kann bei der disziplinarrechtlichen Ahndung eines Dienstvergehens indiziell auch an die von den Strafgerichten ausgesprochenen Sanktionen angeknüpft werden (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 38 f. m.w.N.).

25

c) Der in der Rechtsprechung entwickelte, "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache kommt dem Beklagten nicht zugute.

26

Ausgehend von der Rechtsprechung der Strafgerichte zu § 248a StGB ist die Grenze zur Geringwertigkeit bei etwa 50 € anzusetzen (BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2012 - 2 WD 29.11 - BVerwGE 145, 269 Rn. 82 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 16).

27

Der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache ist hier aber ausgeschlossen, weil der Beklagte durch die konkrete Tatausführung und sein sonstiges Verhalten zusätzlich belastet wird (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

28

Tragend für diesen Milderungsgrund ist die Erwägung, bei einem Zugriff auf geringere Werte bestünden noch Persönlichkeitselemente, die den betroffenen Beamten noch tragbar und die Fortführung des Beamtenverhältnisses noch möglich erscheinen lassen. Dies ist insbesondere die Annahme, beim Beamten bestehe beim Zugriff auf höhere Werte noch eine Hemmschwelle und beim Zugriff auf lediglich geringwertige Sachen sei sein Unrechtsbewusstsein vermindert (BVerwG, Urteil vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318>).

29

Im Streitfall wird das Unrechtsbewusstsein des Beklagten jedoch nicht durch den Wert der entwendeten Sache bestimmt, sondern durch die äußeren Umstände der Tatbegehung. Der Beklagte hat eine Person bestohlen, deren Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war. Er hat den Umstand, dass der geschädigte Patient ihm wegen seiner Verletzung und seiner Bewusstlosigkeit ausgeliefert war, zum Diebstahl ausgenutzt.

30

Zudem liegt hier ein erschwerender Umstand vor, der die weitere Vertrauenswürdigkeit des Beklagten trotz der objektiven Geringwertigkeit der entwendeten Sache ausschließt (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>). Der Beklagte ist im Vorfeld des Dienstvergehens bereits zweimal wegen Eigentums- und Vermögensdelikten nachteilig in Erscheinung getreten und hat sich diese Verurteilungen nicht zur Warnung dienen lassen. Im November 2010 ist der Beklagte zudem noch wegen eines während seiner Bewährungszeit begangenen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, die auch vollstreckt wurde.

31

d) Auch andere in der Rechtsprechung "anerkannte" (klassische) Milderungsgründe, die typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des betroffenen Beamten erfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, greifen nicht zu Gunsten des Beklagten ein.

32

Die Annahme, das Verhalten des Beklagten stelle sich als unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation dar (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999 - 1 D 31.98 - juris Rn. 19 m.w.N.), ist hier ausgeschlossen. Das Verhalten des Beklagten kann nicht als spontan, kopflos oder unüberlegt bewertet werden. Die Kontrolle der Wertgegenstände eines durch Rettungskräfte versorgten Patienten gehört zu deren Routine. Das Rettungspersonal muss regelmäßig die zu versorgende Person durchsuchen, etwa um die Krankenversicherungskarte zu finden. Auch bei der Rückgabe des Geldes hat der Beklagte durch die Behauptung, das Opfer habe den Geldschein im Rettungswagen verloren, seine Straftat zu verschleiern versucht.

33

Der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens oder der Wiedergutmachung des Schadens vor Tatentdeckung durch einen bisher unbescholtenen Beamten (BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2001 - 1 D 69.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 25 S. 14 m.w.N.) scheidet ebenfalls aus. Zum einen ist der Beklagte wegen seiner vorangegangenen Eigentums- und Vermögensdelikte nicht unbescholten. Zum anderen erweist sich die Übergabe des gestohlenen 50 €-Scheins an den Pfleger im Krankenhaus allein als Folge der hartnäckigen Vorhaltungen und Ermahnungen des Fahrers des Rettungswagens.

34

Der Milderungsgrund der unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage kommt nicht zur Anwendung, weil der Beklagte den Diebstahl nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht aus Armutsgründen begangen hat. Dieser "anerkannte" Milderungsgrund setzt aber voraus, dass der Beamte Gelder oder Güter zur Minderung oder Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage verwendet hat (BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 74).

35

Die Annahme der erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB ist aufgrund der das Revisionsgericht nach § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ausgeschlossen.

36

Schließlich kommt auch der "anerkannte" Milderungsgrund der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase" dem Beklagten nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht zugute. Dieser setzt außergewöhnlich belastende Umstände voraus, die für die Begehung der konkreten Tat ursächlich geworden, inzwischen aber überwunden sind (BVerwG, Urteile vom 18. April 1979 - 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219 <220> und vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 230.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 36). Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht "vorübergehend aus der Bahn geworfen". Seine Arbeitsleistung war nicht eingeschränkt, er nahm keine Medikamente ein und konnte seine dienstlichen Pflichten im Rettungsdienst uneingeschränkt erfüllen. Nach der eigenen Einschätzung des Beklagten handelte es sich bei dem konkreten Einsatz um einen Routinefall. Auch die Debatte des Beklagten mit dem Fahrer des Rettungswagens, wie mit dem gestohlenen Geld zu verfahren sei, belegt, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat mit Bedacht handeln konnte. Auch litt der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat nicht unter einem akuten finanziellen Engpass, den er durch den Diebstahl hätte überwinden können. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht alkoholabhängig und hatte den Dienst auch nicht alkoholisiert angetreten.

37

e) § 13 Abs. 2 LDG NW sowie das im Disziplinarverfahren geltende Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen, dass - über die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe hinaus - bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sämtliche be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und vom Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden (stRspr, BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261 ff.>, vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 14 ff. und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 25).

38

Die Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände ergibt, dass der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er durch das Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW).

39

Die Strafgerichte haben die Tat mit einer Freiheitsstrafe geahndet, die sich der Beendigung des Beamtenverhältnisses allein wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung annähert (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG). Feuerwehrbeamte, die zur Brandbekämpfung oder im Rettungsdienst eingesetzt werden, genießen wegen der von ihnen bekämpften Gefahren und Schäden sowie der häufigen Selbstlosigkeit ihres Einsatzes eine besondere Vertrauensstellung. Diese wird durch einen Diebstahl zerstört, bei dem der Beamte die Eigenarten des Einsatzes, hier die alleinige Betreuung des Patienten während der Fahrt zum Krankenhaus, sowie dessen Hilflosigkeit ausnutzt. Die Rückgabe des Geldes beruhte nicht auf der eigenen Einsicht des Beklagten, Unrecht begangen zu haben, sondern auf dem Druck des Kollegen, der den Beklagten beim Diebstahl beobachtet und zur Rückgabe des Geldes gedrängt hatte. Bei der Rückgabe des Geldscheins versuchte der Beklagte noch seine Straftat zu verschleiern. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte für seinen verantwortlichen Dienst als Rettungsassistent voll einsatzfähig. Er war auch in der Lage, seinen Alkoholkonsum zu steuern. Die vorhergehenden strafgerichtlichen Verurteilungen wegen Eigentums- und Vermögensdelikten hat sich der Beklagte nicht zur Warnung gereichen lassen. Die Disziplinarklage mit dem Ziel, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, hat die Klägerin bereits im März 2007 erhoben. Ungeachtet dieser drohenden Folge des Disziplinarverfahrens hat der Beklagte im Juli 2010 einen weiteren Diebstahl begangen. Damit hat er dokumentiert, dass er fremdes Eigentum nicht zu respektieren bereit ist. Als Feuerwehrmann wäre der Beklagte beim Einsatz im Bereich der Brandbekämpfung oder des Rettungsdienstes aber immer wieder mit dem Eigentum Dritter befasst, die sich regelmäßig in einer hilflosen Lage befinden und deshalb den Rettungskräften faktisch ausgeliefert sind.

40

3. Der Senat weist darauf hin, dass der Beklagte durch die Aufgabe der Regeleinstufung bei einem innerdienstlich begangenen Dienstvergehen (oben Rn. 19) nicht benachteiligt wird. Denn auch auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung wäre die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Bemessungsentscheidung gewesen und wäre der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache nicht zur Anwendung gekommen:

41

Der Beklagte hat nicht auf finanzielle Mittel des Dienstherrn, sondern auf Vermögenswerte eines Dritten zugegriffen, die ihm aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich waren. Dieses Dienstvergehen wäre nach der bisherigen gerichtlichen Praxis einem Zugriffsdelikt zum Nachteil des Dienstherrn gleichzustellen gewesen, weil der Beklagte im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt hat (BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 16 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15 m.w.N.).

42

Der Umstand, dass der Beklagte durch den Diebstahl auf das Eigentum einer hilflosen Person zugegriffen hat, die zu schützen ihm dienstlich oblag, wäre nach Maßgabe des § 13 LDG NW auch bei der Prüfung des anerkannte Milderungsgrundes der Geringwertigkeit der Sache zu berücksichtigen gewesen. Der Beklagte hat die hilflose Lage einer ihm anvertrauten Person ausgenutzt. Durch diese konkrete Tatausführung wird der Beklagte zusätzlich belastet, so dass der Umstand, dass er nur eine geringwertige Sache gestohlen hat, zurücktritt. Zudem ist der Beklagte mehrfach wegen Eigentums- und Vermögensdelikten verurteilt worden und hat sich diese nicht zur Warnung gereichen lassen (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

43

4. Anlass, die gesetzliche Laufzeit des Unterhaltsbeitrages (§ 10 Abs. 3 Satz 1 LDG NW) abzuändern, besteht nicht.

44

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NW i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts

1.
wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder
2.
wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Hauptamt bezieht, Bestechlichkeit, strafbar ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten
verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils. Entsprechendes gilt, wenn die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt wird oder wenn die Beamtin oder der Beamte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Artikel 18 des Grundgesetzes ein Grundrecht verwirkt hat.

(2) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat, in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs durch unrichtige Gestaltung des Programms, durch Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten, durch unbefugte Verwendung von Daten oder sonst durch unbefugte Einwirkung auf den Ablauf beeinflußt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 263 Abs. 2 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Wer eine Straftat nach Absatz 1 vorbereitet, indem er

1.
Computerprogramme, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, feilhält, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
2.
Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die zur Begehung einer solchen Tat geeignet sind, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, feilhält, verwahrt oder einem anderen überlässt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 gilt § 149 Abs. 2 und 3 entsprechend.

(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts

1.
wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder
2.
wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Hauptamt bezieht, Bestechlichkeit, strafbar ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten
verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils. Entsprechendes gilt, wenn die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt wird oder wenn die Beamtin oder der Beamte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Artikel 18 des Grundgesetzes ein Grundrecht verwirkt hat.

(2) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat, in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen.

Gründe

1

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf einen Verfahrensfehler (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.

2

1. Der 1967 geborene, ledige Beklagte steht als Justizvollzugshauptsekretär im Dienst des Klägers. Wegen des Sachverhalts, der den Gegenstand des gerichtlichen Disziplinarverfahrens bildet, wurde der Beklagte wegen Geheimnisverrats (§ 353b StGB) in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen verurteilt. In zwei Fällen hatte der Beklagte einem ihm bekannten Mitglied eines Motorradclubs Informationen über ein in der Justizvollzugsanstalt inhaftiertes Mitglied dieses Motorradclubs, der wegen des Vorwurfs des Mordes an einem Mitglied eines konkurrierenden Motorradclubs vor Gericht stand, übermittelt. Der Beklagte hatte angegeben, auf welche Weise der Transport des inhaftierten Mitglieds zum Strafgericht gesichert und wie dieser Untersuchungshäftling in der Justizvollzugsanstalt untergebracht war. Gegenstand des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ist neben dem strafgerichtlich abgeurteilten Geheimnisverrat noch der Umstand, dass sich der Beklagte bereit erklärt hatte, für zwei inhaftierte Mitglieder des Motorradclubs bestimmte Gegenstände in die Justizvollzugsanstalt zu schmuggeln und den Mitgliedern zu übergeben. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

3

Der Beklagte habe die ihm obliegenden Dienstpflichten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten, zur Amtsverschwiegenheit und zum Befolgen der allgemeinen Richtlinien seines Vorgesetzten verletzt. Bei Würdigung sämtlicher zu berücksichtigenden Umstände sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch das Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Die schwerste Verfehlung, die strafbare Verletzung der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, wiege so schwer, dass die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis indiziert sei. Zu den beiden Fällen der unbefugten Offenbarung von Dienstgeheimnissen kämen weitere vorsätzliche Pflichtverletzungen hinzu. Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beklagten und zum Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens fielen nicht derart ins Gewicht, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten sei.

4

2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde des Beklagten beimisst.

5

Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.

6

a) Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zunächst in der Frage,

"ob der Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit als vom Oberverwaltungsgericht angenommene schwerste Verfehlung des Beamten, ohne weitere Wertung insbesondere für die Zukunft für sich allein schon die Annahme zu rechtfertigen vermag, dass einzig die Entfernung aus dem Dienst als schwerste Disziplinarmaßnahme geeignet und angemessen ist, um das Vergehen des Beamten zu ahnden".

7

Die so formulierte Frage vermag die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu rechtfertigen, weil sie sich im angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würde und deshalb nicht beantwortet werden könnte.

8

Der Frage liegt die Vorstellung zugrunde, das Oberverwaltungsgericht sei davon ausgegangen, der Verstoß des Beklagten gegen die ihm obliegende Pflicht zur Amtsverschwiegenheit als der schwersten Verfehlung vermöge ohne weitere Wertung insbesondere für die Zukunft für sich allein schon die Annahme zu rechtfertigen, einzig seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sei als schwerste Disziplinarmaßnahme zur Ahndung des Vergehens des Beamten geeignet und angemessen.

9

Diese Vorstellung entspricht tatsächlich weder der Systematik der Vorschrift des § 13 LDG NW (entspricht § 13 BDG) noch der Vorgehensweise des Oberverwaltungsgerichts im konkreten Fall, das sich an der ständigen Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.> und vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 S. 3 f.) zum Bedeutungsgehalt der Bestimmung des § 13 LDG NW orientiert hat. Die wörtlich verstandene Fragestellung unterscheidet nicht zwischen der Indizwirkung der Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW und der eigentlichen Bemessung der Disziplinarmaßnahme unter Würdigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls.

10

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist. Dementsprechend hat die Schwere des Dienstvergehens lediglich eine Indizwirkung, sie bestimmt aber nicht "ohne weitere Wertung" die für die Ahndung des Dienstvergehens angemessene Disziplinarmaßnahme.

11

Sollte sich die Frage - entsprechend den einleitenden Ausführungen in der Beschwerdebegründung - tatsächlich nicht auf die endgültige Bemessung der Disziplinarmaßnahme, sondern lediglich auf die Einstufung der Schwere des Dienstvergehens i.S.v. § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW und der grundsätzlichen Zuordnung zu einer bestimmten Disziplinarmaßnahme als Ausgangspunkt für die weiteren Erwägungen nach Maßgabe des § 13 Abs. 2 und 3 LDG NW beziehen, so könnte sie ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache führen. Denn die so verstandene Frage beträfe die Würdigung des konkreten Einzelfalls, die einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist.

12

b) Auch die weitere Frage,

"ob von einer vorsätzlichen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung schon allein dann die Rede sein kann, wenn eine Person, mit welcher der Beamte seit der Kindheit und Jugend persönlich verbunden ist, etwas als persönlichen Gefallen vom Beamten erbittet, die ihrerseits einer kriminellen Vereinigung angehört",

führt nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Denn auch sie betrifft lediglich die Würdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls und wirft keine grundsätzliche Rechtsfrage auf.

13

c) Schließlich begründet auch die Frage,

"ob die Erwägungen des Strafgerichts zum Strafmaß - wie vom Oberverwaltungsgericht angenommen - für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme tatsächlich unerheblich sind",

nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Oberverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung die Rechtsprechung des Senats zur Bedeutung der Bewertung des Dienstvergehens durch die Strafgerichte für die disziplinarrechtliche Würdigung zugrunde gelegt (UA S. 25 f.). Insbesondere geht der Senat unverändert im Grundsatz davon aus, dass Straf- und Disziplinarrecht unterschiedliche Zwecke verfolgen (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 37). Das Strafrecht ist vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt. Demgegenüber ist es ausschließlich Zweck des Disziplinarverfahrens, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sicherzustellen. Bei einer außerdienstlich begangenen Straftat kann zur Festlegung der Schwere des begangenen Dienstvergehens, die gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, indiziell auf die vom Strafgericht konkret ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteile vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 21 und 26 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 37). Ist von den Strafgerichten bei einem außerdienstlich begangenen Dienstvergehen lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden, kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 38).

14

Dies gilt aber nur für außerdienstlich begangene Dienstvergehen, nicht aber für ein innerdienstliches Dienstvergehen, bei dem - wie hier - das pflichtwidrige Verhalten in das Amt des Beamten und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war. Bei diesem hat sich die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NW zunächst ebenfalls am gesetzlich bestimmten Strafrahmen auszurichten, um durch die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes an dieser Vorgabe des Gesetzgebers eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen zu gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - NVwZ 2016, 772 Rn. 19). Ein über die bisherige Rechtsprechung des Senats hinausgehender Klärungsbedarf wird in der Beschwerdebegründung nicht entsprechend § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt.

15

Bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen ist, kommt dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme dagegen keine "indizielle" oder "präjudizielle" Bedeutung zu (stRspr, BVerwG, Urteil vom 8. März 2005 - 1 D 15.04 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 24 S. 16).

16

Zu Recht weist die Beschwerde darauf hin, dass bei Straftaten im Amt das Strafgericht das sachnähere Gericht ist, um umfassende Erwägungen zur Strafzumessung zu treffen. Wie dargelegt, dient aber die disziplinarrechtliche Ahndung insbesondere eines innerdienstlichen Dienstvergehens nicht der strafrechtlichen Sanktionierung des Pflichtenverstoßes, sondern der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Für diese muss sich das Disziplinargericht nicht an der - im Streitfall ohnehin nicht unerheblichen - Geldstrafe orientieren, sondern hat in der originär dienstrechtlichen Bemessungsentscheidung in Ausübung der ihm übertragenen Disziplinarbefugnis eigenständig und ohne präjudizielle Bindung an strafrechtliche Bemessungserwägungen zu entscheiden, ob der betroffene Beamte durch das innerdienstlich begangene Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat und deshalb aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist.

17

3. Der vom Beklagten in der Beschwerdebegründung behauptete Verfahrensmangel (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.

18

Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es ihm in der mündlichen Verhandlung verschiedene Zeitungsberichte zur öffentlichen Wahrnehmung der Gruppe der "..." zur Kenntnis gebracht habe, ohne deren Relevanz für das Verfahren deutlich zu machen und ohne hierzu Fragen an den Beklagten zu richten. Dies trifft nicht zu.

19

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass ein Verfahrensbeteiligter Einfluss auf den Gang des gerichtlichen Verfahrens und dessen Ausgang nehmen kann. Zu diesem Zweck muss er Gelegenheit erhalten, sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern, die entscheidungserheblich sein können. Zwar korrespondiert mit diesem Äußerungsrecht keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts. Vielmehr kann regelmäßig erwartet werden, dass die Beteiligten von sich aus erkennen, welche Gesichtspunkte Bedeutung für den Fortgang des Verfahrens und die abschließende Sachentscheidung des Gerichts erlangen können, und entsprechend vortragen. Das Gericht verstößt aber dann gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es ohne vorherigen Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch gewissenhafte und kundige Prozessbeteiligten nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchten (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.> sowie Kammerbeschluss vom 15. Februar 2011 - 1 BvR 980/10 - NVwZ-RR 2011, 460 Rn. 13 m.w.N.).

20

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht auf einen im vorstehenden Sinne überraschenden rechtlichen Gesichtspunkt abgehoben. Die Einordnung des Motorradclubs "..." als eine rechtsfeindliche und gewaltbereite Gruppierung war bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens des Beklagten ausgeführt, es handele sich bei den "..." um eine Vereinigung, die außerhalb der Gesellschaft und deren Regeln und Gesetze stehe. Immer wieder würden einzelnen Mitgliedern oder ganzen Untergruppierungen Kontakte zur organisierten Kriminalität nachgewiesen, insbesondere hinsichtlich der Verstöße gegen das Betäubungsmittel- und das Waffengesetz. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht sind dem Beklagten vor der Erörterung der Sach- und Rechtslage Berichte über die Gewaltbereitschaft und die Nähe zur Kriminalität von Mitgliedern des Motorradclubs "..." ausgehändigt worden und ist ihm Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben worden. Zudem hat der Beklagte in der Berufungsverhandlung eingeräumt, von der langjährigen Mitgliedschaft seines Freundes bei den "..." gewusst zu haben. Angesichts dessen hätte ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter Anlass gehabt, von sich aus auf den Gesichtspunkt der Gefährlichkeit der Gruppierung "..." und ihrer Unterstützung durch den zweifachen Geheimnisverrat des Beklagten nach § 353b StGB, bei dem der Strafrahmen immerhin bis zu einer Freistrafe von fünf Jahren reicht, einzugehen und hierzu umfassend vorzutragen.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NW und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 LDG NW erhoben werden.

(1) Wer ein Geheimnis, das ihm als

1.
Amtsträger,
2.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,
3.
Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt oder
4.
Europäischer Amtsträger,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Hat der Täter durch die Tat fahrlässig wichtige öffentliche Interessen gefährdet, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer, abgesehen von den Fällen des Absatzes 1, unbefugt einen Gegenstand oder eine Nachricht, zu deren Geheimhaltung er

1.
auf Grund des Beschlusses eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes oder eines seiner Ausschüsse verpflichtet ist oder
2.
von einer anderen amtlichen Stelle unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Verletzung der Geheimhaltungspflicht förmlich verpflichtet worden ist,
an einen anderen gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(3a) Beihilfehandlungen einer in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 der Strafprozessordnung genannten Person sind nicht rechtswidrig, wenn sie sich auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung des Geheimnisses oder des Gegenstandes oder der Nachricht, zu deren Geheimhaltung eine besondere Verpflichtung besteht, beschränken.

(4) Die Tat wird nur mit Ermächtigung verfolgt. Die Ermächtigung wird erteilt

1.
von dem Präsidenten des Gesetzgebungsorgans
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einem oder für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1;
2.
von der obersten Bundesbehörde
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit sonst bei einer oder für eine Behörde oder bei einer anderen amtlichen Stelle des Bundes oder für eine solche Stelle bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2, wenn der Täter von einer amtlichen Stelle des Bundes verpflichtet worden ist;
3.
von der Bundesregierung in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einer Dienststelle der Europäischen Union bekannt geworden ist;
4.
von der obersten Landesbehörde in allen übrigen Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 2.
In den Fällen des Satzes 2 Nummer 3 wird die Tat nur verfolgt, wenn zudem ein Strafverlangen der Dienststelle vorliegt.

Gründe

1

1. Die Beklagte ist Polizeiobermeisterin (Besoldungsgruppe A 8) im Dienst des Klägers. Das wegen Betrugsverdachts gegen die Beklagte eingeleitete Strafverfahren wurde vom Landgericht M. im Jahre 2007 gemäß § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 1 500 € eingestellt. Im sachgleichen und um den Vorwurf der Einkommensteuerhinterziehung erweiterten Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht auf die im Jahre 2012 erhobene Disziplinarklage hin die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Die Berufung der Beklagten beim Oberverwaltungsgericht ist erfolglos geblieben.

2

Nach den vom Oberverwaltungsgericht als bindend zugrunde gelegten Feststellungen des Landgerichts war eine Kollegin der Beklagten wegen ihrer Akne über mehrere Jahre in Behandlung. Da die Behandlungskosten zwar zur Hälfte von ihrer Beihilfestelle übernommen wurden, ihre private Krankenversicherung aber keine Behandlungskosten erstattete, ließ sich die Kollegin darauf ein, dass Rechnungen mit dem doppelten Rechnungsbetrag über zum Teil nicht stattgefundene Behandlungen erstellt wurden, deren hälftige Erstattung dann kostendeckend für die tatsächlich durchgeführten Behandlungen war. Die Kollegin ließ sich außerdem darauf ein, zwei Personen zu benennen, an die fingierte Rechnungen gestellt wurden, darunter ihre beste Freundin, die Beklagte. Diese erklärte sich aus freundschaftlicher Verbundenheit dazu bereit und reichte in den Jahren 2002 bis 2004 mit 16 Beihilfeanträgen 51 fingierte Rechnungen bei ihrer Beihilfestelle ein, die zur Erstattung in Höhe von über 11 000 € führten. Das Oberverwaltungsgericht wertete dies und die zu Unrecht bewirkte Erstattung von Einkommensteuer wegen eines angeblich gezahlten Eigenanteils bei den Aknebehandlungen als schwerwiegendes einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen durch Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten. Bei einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Gesichtspunkte habe die Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren und sei aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

3

2. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

4

Die von der Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Fragen,

"wie die erforderliche und damit gebotene Disziplinarmaßnahme nach einem Dienstvergehen zu bestimmen ist, insbesondere welche Maßnahme bei einem Betrug des Beamten zu Lasten seines Dienstherrn geboten ist und in welchem Umfange Milderungsgesichtspunkte dem entgegenzustellen sind",

"ob eine 'Wertgrenze' im Falle des Betruges eines Beamten zu Lasten seines Dienstherrn von 5 000 € weiterhin angemessen ist, um ohne Hinzutreten von weiteren Erschwernisgründen eine solche Beeinträchtigung des erforderlichen Vertrauens in den Beamten anzunehmen, dass dieser aus dem Dienst entfernt werden muss",

"ab welcher Zahl von Einzeltaten in solchen Fällen von einem im disziplinarrechtlichen Sinne schwerwiegenden Betrug ausgegangen werden muss, dies unter Beachtung der 'üblichen' Anzahl von Einzeltaten in vergleichbaren Fällen",

"in welchem Maße die Stellung als Polizeivollzugsbeamter ohne weiteres als Erschwernisgrund angenommen werden kann"

und

"ob die - anstandslose und überobligatorische - Schadenswiedergutmachung als 'bloße Erfüllung der Rechtspflicht zum Schadensausgleich' als Milderungsgrund außen vor bleiben kann",

sind - soweit sie in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortet werden können und im vorliegenden Fall entscheidungserheblich sind - in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt und bedürfen keiner erneuten Prüfung in einem Revisionsverfahren.

5

Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - NVwZ 2014, 1174 Rn. 9).

6

a) Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 und 2 LDG NRW, § 13 Abs. 1 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Danach müssen die sich aus diesen Normen ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dabei ist die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahme zuzuordnen ist. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beamten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten ist. Deshalb dürfen die nach der Schwere des Dienstvergehens angezeigten Regeleinstufungen nicht schematisch angewandt werden. Je schwerwiegender das Dienstvergehen oder die mit ihm einhergehende Vertrauensbeeinträchtigung ist, umso gewichtiger müssen die sich aus dem Persönlichkeitsbild ergebenden mildernden Umstände sein, um gleichwohl eine andere Maßnahme zu rechtfertigen. Umgekehrt können Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes oder eine besondere Vertrauensbeeinträchtigung die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen, obwohl diese Maßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens für sich genommen nicht indiziert ist. Maßstab ist hierbei, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen könnte, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der be- und entlastenden Umstände bekannt würde (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 13 ff. m.w.N.).

7

Betrügerisches Verhalten zum Nachteil des Dienstherrn kann in vielfältigen Erscheinungsformen auftreten. Die Variationsbreite, in der Pflichtverletzungen dieser Art denkbar sind, erfordert die Würdigung der jeweiligen besonderen Einzelfallumstände.

8

In Fällen des innerdienstlichen Betrugs zum Nachteil des Dienstherrn ist der Beamte in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zu dem Beamten vorhanden ist. Erschwerungsgründe können sich z.B. aus Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlung im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, z.B. mit Urkundenfälschungen, stehen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteile vom 28. November 2000 - 1 D 56.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 23 S. 7, vom 26. September 2001 - 1 D 32.00 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 18 S. 9 und Beschluss vom 10. September 2010 - 2 B 97.09 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 14 Rn. 8). Auch aus der jüngeren Senatsrechtsprechung lässt sich der Grundsatz ableiten, dass bei einem Gesamtschaden von über 5 000 € die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein kann (BVerwG, Beschlüsse vom 10. September 2010 - 2 B 97.09 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 14 Rn. 8, vom 20. Dezember 2011 - 2 B 64.11 - juris Rn. 12 und vom 6. Mai 2015 - 2 B 19.14 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 31 Rn. 11). Die Höhe des Gesamtschadens ist danach ein Erschwerungsgrund neben anderen.

9

Die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe führen regelmäßig zu einer Disziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme, es sei denn, es liegen gegenläufige belastende Umstände vor (BVerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 37 ff. und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 26 für den Milderungsgrund der tätigen Reue durch Offenbarung des Fehlverhaltens oder durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens vor Entdeckung). Ein Aspekt des Persönlichkeitsbildes ist die tätige Reue, wie sie durch die Offenbarung des Fehlverhaltens oder die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens jeweils noch vor der drohenden Entdeckung zum Ausdruck kommt. Eine erst nach Entdeckung erfolgte Schadenswiedergutmachung ist im Rahmen der Bemessungsentscheidung - wie hier geschehen (vgl. das Berufungsurteil, S. 18) - darauf zu überprüfen, ob sie in einer Gesamtschau - d.h. zusammen mit weiteren für den Beamten sprechenden Aspekten - zu einer Milderung der Maßnahme führen kann.

10

Bei einem außerdienstlichen Verhalten eines Beamten hängt die Frage, ob das für das Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, maßgeblich von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung und davon ab, ob der Pflichtenverstoß des Beamten einen Bezug zu seinem (Status-)Amt hat. In diesem Sinne haben außerdienstlich begangene Straftaten einen hinreichenden Bezug zum Amt eines Polizeibeamten. Polizeibeamte haben Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen daher in der Öffentlichkeit - insbesondere auch für schutzbedürftige Personen - eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung (vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 22 und vom 10. Dezember 2015 - 2 C 50.13 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 39 Rn. 35; BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Januar 2008 - 2 BvR 313/07 - BVerfGK 13, 205 <209> für Staatsanwälte). Bei innerdienstlichen Pflichtverletzungen wirkt sich die Stellung als Polizeibeamter erschwerend aus, wenn sie unter Ausnutzung der dienstlichen Stellung begangen werden. Denn Dienstherr, Öffentlichkeit und betroffene Bürger müssen sich auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue von Polizeibeamten im Einsatz unbedingt verlassen können (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 16, vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 36 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 20).

11

b) Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen sind - soweit sie in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortet werden können und entscheidungserheblich sind - geklärt. Die Beschwerde hat nicht aufgezeigt, inwieweit weiterer Klärungsbedarf zu dieser Rechtsprechung besteht. Mit dem Beschwerdevorbringen wird der Sache nach nur die Bemessungsentscheidung angegriffen, d.h. die Entscheidung, ob angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalls ein endgültiger Verlust des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit i.S.v. § 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW gegeben ist. Angriffspunkt ist also die Richtigkeit der Bemessungsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts im konkreten Einzelfall. Die Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach Maßgabe des § 13 LDG NRW bzw. § 13 BDG unter Berücksichtigung aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte ist einer rechtsgrundsätzlichen Klärung aber nicht zugänglich und kann deshalb nicht Gegenstand einer Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sein (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Beschlüsse vom 15. Juni 2016 - 2 B 49.15 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 36 Rn. 13 und vom 28. Dezember 2016 - 2 B 67.16 - juris Rn. 7).

12

Im Übrigen ist das Berufungsgericht auf der Grundlage der höchstrichterlich geklärten Rechtsprechung insbesondere zutreffend davon ausgegangen, dass auch die Motivlage, die den Beamten zu den nachgewiesenen Pflichtverstößen veranlasst hat, ein bemessungsrelevanter Umstand ist. Ursache und Motiv für das Dienstvergehen müssen aufgeklärt und bei der Bemessungsentscheidung berücksichtigt werden (BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 18 und vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 39).

13

Hiervon ausgehend hat auch das Berufungsgericht im Streitfall erkannt, dass ein fremdnütziges Verhalten oder das Fehlen materiell-egoistischer Motive durchaus ein Gesichtspunkt ist, der bei der Bemessung einer Disziplinarmaßnahme zu Gunsten des Beamten zu berücksichtigen ist und ggf. zu einer milderen Maßnahme führen kann (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteile vom 23. September 1987 - 1 D 16.87 - BVerwGE 83, 327 <330> und vom 24. November 1999 - 1 D 68.98 - Buchholz 235 § 18 BDO Nr. 1 S. 3, jeweils m.w.N.). Dies entspricht auch der strafgerichtlichen Rechtsprechung zur Bemessung einer Kriminalstrafe (vgl. BGH, Urteile vom 12. September 1995 - 1 StR 437/95 - juris Rn. 6 und vom 23. Mai 2002 - 1 StR 372/01 - BGHSt 47, 295 <305> = juris Rn. 39 f.).

14

Die Beschwerde meint in diesem Zusammenhang, das Berufungsgericht habe im Rahmen seiner Bemessungserwägungen unter dem Gesichtspunkt einer fremdnützigen Motivlage eine "unzulässige Vermutung" angestellt, weil es einen Eigennutz der Beklagten darin gesehen habe, dass es ihr zumindest auch um den Erhalt ihrer freundschaftlichen Verbindung zu ihrer Kollegin gegangen sei. Dieser Vorwurf ist unberechtigt. Das Berufungsurteil führt die Freundschaft der beiden Kolleginnen und das Motiv ihres Fortbestands lediglich als "schlüssige" und "nicht fernliegende" Erklärung dafür an, warum sich die Beklagte überhaupt auf den Abrechnungsbetrug eingelassen habe, und erklärt ausdrücklich, dass dem Aspekt, dass die Beklagte sich die Freundschaft ihrer Kollegin habe erhalten wollen, gerade keine maßgebliche Bedeutung für die Maßnahmebemessung zukomme. Daher kann in dieser Passage auch kein Verstoß gegen den richterlichen Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) als Pflicht zur vollständigen Würdigung eines zutreffend festgestellten Sachverhalts gesehen werden (wenn man das Beschwerdevorbringen bei rechtsschutzfreundlicher Auslegung als dahingehende Rüge wohlwollend wertet).

15

Im Übrigen geht das Berufungsgericht ebenso ausdrücklich davon aus, dass die Beklagte schon deshalb nicht ohne jeden Eigennutz gehandelt habe, weil sie einen nicht unerheblichen Betrag von 700 € für eigene Zwecke verwendet habe.

16

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NRW und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren streitwertunabhängig Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 LDG NRW erhoben werden.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I.

Die 19... geborene Beklagte beendete 1993 ihre Schullaufbahn mit der Mittleren Reife. Zum 1. September 1993 wurde sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Polizeimeisteranwärterin ernannt. Zum 1. September 1994 folgte die Ernennung zur Polizeioberwachtmeisterin unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe und zum 1. Mai 1996 die Ernennung zur Polizeimeisterin. Mit Wirkung zum 1. Februar 1999 wurde die Beklagte zur Polizeiobermeisterin befördert und mit Wirkung zum 3. August 2003 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Zum 1. September 2004 wurde sie in den Bereich des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz versetzt.

Am 1. Juli 2005 wurde sie zur Polizeihauptmeisterin ernannt. Ab 2009 war sie bis zu ihrer Suspendierung der Verkehrspolizeiinspektion R. zugewiesen. Sie bezieht Dienstbezüge aus der Besoldungsgruppe A 9, zuletzt gekürzt um 20 v. H..

Die Beklagte ist ledig und hat keine Kinder. In der letzten dienstlichen Beurteilung erhielt sie 9 Punkte.

Die Beklagte war seit dem 28. Oktober 2008 dauerhaft dienstunfähig erkrankt.

II.

Die disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit seit 15.10.2011 rechtskräftigem Urteil des Landgerichts L. vom 7. Juni 2011 (Az. 5 Ns 4 Is 29488/00) wurde die Beklagte im Berufungsverfahren wegen Betrugs in sechs Fällen sowie wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen à je 40,- Euro verurteilt. Das Urteil des Amtsgerichts F. vom 16. August 2010 wegen Betrugs in 11 Fällen, zwei davon versucht, mit dem die Beklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung verurteilt worden war, wurde insoweit abgeändert.

Im Rahmen des Berufungsurteils wurden folgende Feststellungen getroffen:

„Anfang 2009 kam die Angeklagte E. auf die Idee, Einkünfte durch den Umtausch von Kaffeemaschinen bei K. - Filialen zu erzielen. Die Angeklagte wusste, dass die Firma K. aus Kulanzgründen auch ohne nähere Prüfung einer Gewährleistung des tatsächlichen Kaufs eines Gerätes einen Umtausch von Waren, welche im jeweiligen Sortiment vorhanden sind, vornimmt. Zu diesem Zweck kaufte die Angeklagte entweder günstige Kaffeemaschinen bei K., um sie später für einen höheren Preis umzutauschen oder kaufte defekte oder alte Kaffeemaschinen über das Internet-Auktionsportal ebay, um sie nachher für den Preis einer neuwertigen Kaffeemaschine umzutauschen. In den nachfolgend aufgeführten Fällen tauschte die Angeklagte E. die jeweils aufgeführten Kaffeemaschinen mit Hilfe eines Kassenbons des K., welcher z. T. mit dem Kopf diverser anderer K. -Filialen versehen wurde, in den jeweils aufgeführten Filialen oder auch anderen Filialen um. Dabei erhielt sie Bargeld in der jeweils aufgeführten Höhe, ohne dass ihr dieser Betrag zustand. Hätten die Verantwortlichen der jeweiligen K. - Filiale gewusst, dass die Kaffeemaschine entweder überhaupt nicht im K. gekauft bzw. nicht zu diesem Preis gekauft wurde, hätte ein Umtausch nicht stattgefunden. Die Angeklagte erzielte dadurch einen Erlös in der jeweils genannten Höhe, wobei dem K. ein jeweiliger Schaden unter Berücksichtigung des objektiven Werts der jeweils „umgetauschten“ Kaffeemaschine dadurch entstand. Die K. - Filialen legten lediglich Wert darauf, dass die umgetauschten Kaffeemaschinen bei K. gekauft wurden. Dagegen war es unterschiedlich, ob ein Defekt einer Kaffeemaschine geltend gemacht wurde, um den Umtausch zu erreichen. In einigen Filialen wäre der Umtausch auch bei einer nicht defekten Maschine erfolgt. Kontrollen der K. - Filialen hinsichtlich des Umstands, ob die jeweils umgetauschte Kaffeemaschine tatsächlich bei K. gekauft wurde, fanden nicht in ausreichender Weise statt. Es reichte aus, dass die Angeklagte jeweils eine Kopie eines Kassenbons vorlegte, auf der im „Kopf“ eine K. - Filiale ersichtlich war. Auch wurde nicht kontrolliert, ob tatsächlich Mängel bei den umgetauschten Kaffeemaschinen vorhanden waren...

Die Angeklagte legte in den meisten Fällen kopierte Belege, welche sie selbst angefertigt hatte und auf denen verschiedene K. - Filialen im Kopf aufgeführt waren, als „Beweis“ dafür vor, dass die Kaffeemaschinen auch bei K. gekauft wurden. Teilweise waren die Belege aber auch geschwärzt. Ebenfalls spielte es offenbar keine Rolle, ob hier ein Originalbeleg oder eine Kopie vorgelegt wurde.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fälle:

1. Zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt im März 2009 tauschte die Angeklagte nach dem oben erwähnten Muster zwei Kaffeemaschinen der Marke „Dolce Gusto“ in der K. - D. um. Sie erhielt dafür 258,- Euro Bargeld.

Dabei wurde jeweils ein Beleg über 188,90 Euro vorgelegt, welcher geschwärzt war und den Kauf einer Kaffeemaschine von 129,- Euro aufwies. Der Beleg betraf die K.-Filiale V. In Wirklichkeit waren die beiden Kaffemaschinen nicht bei der K. Filiale V., sondern zu einem Preis von jeweils 109,- Euro bei der K. -Filiale in W. gekauft worden. Der K. -Filiale entstand durch die Auszahlung pro Maschine ein Schaden von 20,- Euro ...

2. Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt im März oder April 2009 versuchte die Angeklagte in der K. - Filiale in P. eine Kaffeemaschine der Marke „Dolce Gusto“ zum angeblichen Kaufpreis von 129,- Euro umzutauschen. Die Verantwortlichen des K. in P. lehnten einen Umtausch jedoch ab, da ein auf dem Gerät angebrachtes Etikett einer anderen Firma zeigte, dass das Gerät nicht bei K. gekauft wurde...

3. Am 02.06.2009 tauschte die Angeklagte zwei Kaffeemaschinen der Marke „Dolce Gusto“ in der K. - Filiale in D. um und erhielt einen Bargeldbetrag in Höhe von 258,- Euro ausbezahlt. Bei diesem Umtausch legte die Angeklagte jeweils eine Kopie des Kassenzettels der K. - Filiale V. über einen Betrag von 188,90 Euro vor, aus dem auch der Kauf einer Kaffeemaschine zu 129,- Euro ersichtlich war. In Wirklichkeit jedoch waren beide Kaffeemaschinen für je 109,- Euro gekauft worden und zwar in der Filiale V. so dass insgesamt ein Schaden von 40,- Euro vorliegt.

4. Am 17.10.2009 ...tauschte die Angeklagte im K. U. in der B. Straße eine Kaffeemaschine der Marke „Dolce Gusto“ um und erhielt hierfür 129,- Euro Bargeld. Auch hier legte die Angeklagte die Kopie eines Beleges einer K. - Filiale vom 12.2.2008 über einen Betrag von 188,90 Euro vor, wobei auch der Kauf einer Kaffeepad-Maschine im Wert von 129,- Euro ersichtlich war. Die Kaffeemaschine wurde jedoch tatsächlich im K. für 100,- Euro gekauft...Der Gewinn der Angeklagten betrug deshalb 29,- Euro.

5. Am 30.10.2009 ... tauschte die Angeklagte eine Kaffeemaschine der Marke Bosch Tassimo im K. L. um und erhielt hierfür Bargeld in Höhe von 129,- Euro. Dabei legte die Angeklagte wiederum einen kopierten Kaufbeleg der K. - Filiale R. über den Kauf einer Kaffeemaschine im Wert von 129,- Euro vor. In Wirklichkeit war jedoch diese Maschine von der Angeklagten über ebay für 50,- Euro erworben worden...Durch die Auszahlung von 129,- Euro erlangte die Angeklagte einen Vermögensvorteil von 79,- Euro, welcher auch dem Schaden der K. - Filiale entsprach.

6. Am 30.10.2009 ... tauschte die Angeklagte im K. N.-..., „M. - Center“, zwei Kaffeemaschinen der Marke „Dolce Gusto“ und „Petra“ zum Preis von insgesamt 258,- Euro um...und erhielt Bargeld in entsprechender Höhe...Die Kaffeemaschine „Dolce Gusto“ wurde bei „Dolce Gusto“ von der Angeklagten gekauft. Der objektive Wert dieser Kaffeemaschine entsprach 69,- Euro. Dadurch entstand der Firma K. ein Schaden von 60,- Euro.

Die Kaffeemaschine „Petra“ wurde dagegen von der Angeklagten bei ebay für 50,-Euro gekauft. Der objektive Wert dieser Kaffeemaschine entsprach ebenfalls 69,- Euro, so dass der Differenzbetrag zu 129,- Euro als Schaden anzusehen ist und somit ebenfalls 60,- Euro beträgt...

7. Am 30.10.2009 gegen 15:30 Uhr tauschte die Angeklagte im K. N.-..., M. Straße, eine Kaffeemaschine der Marke „Bosch Tassimo“ um, wofür sie Bargeld in Höhe von 129,- Euro erhielt. Auch hier hatte die Angeklagte einen kopierten Beleg vorgelegt, aus dem ersichtlich war, dass die Kaffeemaschine für 129,- Euro bei K. gekauft wurde. In Wirklichkeit wurde die Kaffeemaschine jedoch bei ebay für 50,- Euro erworben...

8. Am 30.10.2009 gegen 16.00 Uhr versuchte die Angeklagte im K. N.-..., B. Straße, eine Kaffeemaschine der Marke „Dolce Gusto“ umzutauschen. Auch hier wollte sie Bargeld in Höhe von 129,- Euro erhalten. Nur die vorläufige Festnahme der Angeklagten durch die Polizei...verhinderte die Auszahlung des Betrags. Auch hier wurde ein kopierter Beleg vorgelegt, welcher vortäuschen sollte, dass die Maschine bei K. erworben wurde ...für 129,- Euro. In Wirklichkeit wurde die Maschine jedoch bei ebay für 50,- Euro gekauft.

Die Angeklagte handelte in allen Fällen in der Absicht, sich eine nicht nur vorübergehende und nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen. Ihr Handeln war auf wiederholte Tatbegehung ausgerichtet. Sie handelte eigennützig und wollte durch die Tat unmittelbare Vermögensvorteile erreichen.“

III.

Mit sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 24. November 2008 ordnete das Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz gegenüber der Beklagten ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte und die Herausgabe sämtlicher dienstlicher Gegenstände an, nachdem gegen die Beklagte bei der Kriminalpolizeiinspektion (KPI) W. zunächst ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Erwerbs, Besitzes und Konsums von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Betäubungsmittelgesetz eingeleitet worden war.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz vom 25.11.2008 wurde im Hinblick auf diesen Vorwurf gegen die Beklagte ein Disziplinarverfahren gemäß Art. 19 BayDG eingeleitet und aufgrund der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt.

Das Disziplinarverfahren wurde mit Schreiben des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz vom 12. März 2009 und 21. Dezember 2009 gemäß Art. 21 BayDG auf folgende Vorwürfe ausgedehnt:

1. Die Beklagte soll am 6. August 2008 gegen 19.42 Uhr ihren Pkw BMW X5 mit dem amtlichen Kennzeichen ...-... in ... P., G. Straße ..., an einer Tankstelle mit 87,41 Liter Diesel im Wert von 126,66 Euro betankt haben und ohne zu zahlen weiter gefahren sein.

2. Die Beklagte soll zumindest seit November 2006 Tu.-ware vertrieben haben, ohne sich diese Nebentätigkeit vorher vom Polizeipräsidium Oberpfalz/Niederbayern genehmigen zu lassen bzw. diesem angezeigt zu haben.

3. Anlässlich Ihrer Versetzung von der PI E. i. d. OPf. zur VPI R. zum 1. April 2009 wurden bei der bisherigen Dienststelle der Kleiderschrank der Beklagten und ihr Arbeitsfach geleert, wobei ein pyrotechnischer Knallkörper ohne BAM-Zulassung vorgefunden und sichergestellt worden sei. Strafrechtliche Ermittlungen wegen eines Vergehens nach dem Sprengstoffgesetzes seien eingeleitet.

4. Bei der PI F. würden auch strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts des Betrugs und der Urkundenfälschung im Hinblick auf die Rückgabe von Kaffeemaschinen in verschiedenen Filialen der Kaufhauskette „K.“ durch Vorlage verfälschter Kopien von Kassenbons geführt. Bei der Durchsuchung ihrer Wohnung und ihres Klinikzimmers in der Privatklinik S. in O., wo sie sich zum Tatzeitpunkt in stationärer Behandlung befunden habe, seien insgesamt 14 Kaffeemaschinen sichergestellt worden. Ferner seien in ihrem Privat-Pkw weitere 7 Geräte aufgefunden und sichergestellt worden. Insgesamt hätte sie 42 Kaffeemaschinen bei ebay ersteigert.

Aufgrund dieser Vorwürfe wurde mit Verfügung des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz vom 6. November 2009 der Beklagten gegenüber erneut ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen.

Die wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz geführten strafrechtlichen Ermittlungen (Az. 23 Js 8490/08) wurden von der Staatsanwaltschaft W. i. d. OPf. mit Verfügung vom 7. August 2009 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Hinsichtlich der Vorwürfe unter III. 1 und III. 3 wurden die strafrechtlichen Ermittlungen (Az. 21 Js 1544/09 und 21 Js 9353/09) mit Verfügung der Staatsanwalt-schaft W. i. d. OPf. vom 23. Februar 2012 gem. § 154 StPO endgültig ein-gestellt.

Mit Schreiben vom 29. April 2010 wurde das Disziplinarverfahren vom Polizeipräsidium M. - Disziplinarbehörde - übernommen.

Mit Bescheid vom 8. Dezember 2010 wurde die Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und 20 Prozent ihrer Dienstbezüge einbehalten. Den dagegen gerichteten Eilantrag hat das Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 21. Juni 2012 (RN 10 DS 12.499) abgelehnt.

Nach Abschluss des Strafverfahrens wurde das Disziplinarverfahren mit Schreiben vom 12. März 2012 fortgesetzt und der Beklagten die Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Die Beteiligung des Personalrats wurde nicht beantragt.

IV.

Am 23. November 2012 erhob das Polizeipräsidium M. Klage beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Der Beklagten wurde neben der rechtskräftigen Verurteilung wegen Betrugs in sechs Fällen sowie wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 40,- Euro (Urteil des Landgerichts L. vom 7. Juni 2011) auch der Tankvorgang ohne Bezahlen am 6. August 2008 (s.o. Abschnitt III Ziff. 1), die ungenehmigte Nebentätigkeit seit 2006 (s.o. Abschnitt III Ziff. 2) und die Aufbewahrung eines pyrotechnischen Sprengkörpers ohne BAM-Zulassung in ihrem dienstlichen Arbeitsfach (s.o. Abschnitt III Ziff. 3) zur Last gelegt.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 25. Juli 2013 wurde die Beklagte um zwei Stufen in das Amt einer Polizeimeisterin (Besoldungsgruppe A 7) zurückgestuft. Das Gericht halte es für erwiesen, dass die Beklagte in den vorgeworfenen Fällen bei ebay oder einer K. - Filiale erworbene und geringwertige Kaffeemaschinen unter Vorlage gefälschter Belege umgetauscht und dafür jeweils den Neupreis entgegengenommen und sich dadurch in sechs Fällen wegen vollendeten und in zwei Fällen wegen versuchten Betrugs strafbar gemacht habe. Zudem sei das Gericht davon überzeugt, dass die Beklagte im Zeitraum seit 2006 einer ungenehmigten Nebentätigkeit nachgegangen sei, indem sie zusammen mit ihrer Mutter Tu.-ware vertrieben habe. Dies ergebe sich aus den Einlassungen der Beklagten und aus den vorliegenden Kontoauszügen. Maßgeblich sei die tatsächliche, dauerhafte und auf Gewinnerzielung orientierte Tätigkeit der Beklagten. Glaubwürdig sei die Einlassung der Beklagten hinsichtlich des angeblichen Tankbetrugs vom 6. August 2008, als sie an einer Tankstelle in P. mit frischgetanktem Diesel im Wert von 126,66 Euro losgefahren sei, ohne gezahlt zu haben. Angesichts der Gesamtumstände erscheine ihre Behauptung, sie sei lediglich aus Zerstreutheit losgefahren, einleuchtend. Im Hinblick auf die strafrechtlich abgeurteilten Betrugshandlungen wiege das festgestellte Dienstvergehen schwer, führe jedoch noch nicht zu einem endgültigen Vertrauensverlust. Die in die Zumessungserwägungen einzustellenden Entlastungsgründe hätten insgesamt ein Gewicht, das den erheblichen Vertrauensverlust aufwiege. Angesichts des Strafrahmens des Betrugs gem. § 263 Abs. 1 StGB mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe sei als Ausgangspunkt für die Maßnahmebemessung die Entfernung aus dem Dienst zugrunde zu legen gewesen. Zwar sei der vorliegende materielle Schaden im dreistelligen Bereich nicht hoch und auch die vor der Begehung des Dienstvergehens erbrachten Leistungen sprächen für die Beklagte, die ihre Taten sichtlich zu bereuen scheine. Schwer wiege jedoch, dass die Beklagte - noch dazu als Polizeibeamtin, deren Hauptaufgabe darin bestehe, Straftaten aufzuklären und zu verhindern - Betrugshandlungen über einen längeren Zeitraum gewerbsmäßig organisiert und durchgeführt habe. Die Umsetzung der Pläne erfordere eine gewisse kriminelle Energie, da sie ohne Fälschung der Belege nicht möglich gewesen sei. Zudem habe sie ihr strafbares Handeln nicht selbst beendet, sondern sei aufgeflogen. Bei ihrer Festnahme habe sie noch mehrere Maschinen in ihrem Wagen gehabt. Allerdings lägen erhebliche Milderungsgründe bei der Beklagten vor, die im Rahmen der Gesamtschau dazu führten, dass von einem endgültigen Vertrauensverlust noch nicht ausgegangen werden könne. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Schwelle, die für die Begehung der Betrugstaten überschritten werden musste, aufgrund des entgegenkommenden Verhaltens der K. - Filialen nicht besonders hoch gewesen sei. Nach Auffassung des Gerichts liege der besondere Milderungsgrund einer überwundenen negativen Lebensphase vor, die das Verbleiben im Amt - wenn auch mit deutlich verringertem Status - noch als tragbar erscheinen lasse. Das Gericht gehe unter Zugrundelegung der landgerichtsärztlichen gutachterlichen Stellungnahme vom 21. April 2009 und des in den Akten befindlichen dokumentierten Krankheitsverlaufs davon aus, dass die Beklagte im maßgeblichen Zeitraum (2009) unter ausgeprägt vorhandenen depressiv-schwermütigen Affektveränderungen gelitten habe, welche ihr Denken, ihre Kognitionen, ihre Wahrnehmung und ihre Handlungsmöglichkeiten stark überlagert hätten. Auch das Berufungsurteil des Landgerichts L. sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beklagte bei den Taten vermindert schuldfähig gewesen sei, wenngleich die Grenze des § 21 StGB bezüglich einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit nicht erreicht worden sei. Eine in der Folge durchgeführte ambulante Psychotherapie und weitere stationäre Behandlungen im psychosomatischen Bereich hätten letztendlich zu einer Verbesserung der gesundheitlichen Verfassung der Beklagten geführt, die zwischenzeitlich aufgrund eines schweren komplexen psychischen Störungsbildes als polizeidienstunfähig eingestuft worden sei. Um der Schwere des Dienstvergehens gerecht zu werden, sei allerdings eine Zurückstufung um zwei Stufen angemessen und erforderlich.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 12. August 2013, am 3. September 2013 Berufung eingelegt und beantragt,

in Abänderung der Ziffer I des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 25. Juli 2013 die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Im Rahmen der Berufungsbegründung wurde vorgetragen, dass keine Bedenken tatsächlicher Art gegen das erstinstanzliche Urteil bestünden. Insofern werde im Berufungsverfahren allein an den unter den Ziffern I.1. (Vertreiben von Tu.-ware ohne Nebentätigkeitsgenehmigung) und I. 4. (außerdienstliche Betrugshandlungen) der Disziplinarklage vom 20. November 2012 dargelegten Vorwürfen fest gehalten. Das Gericht habe jedoch das Ermessen im Hinblick auf die zu verhängende Disziplinarmaßname fehlerhaft ausgeübt. Insbesondere habe das Verwaltungsgericht die strafrechtlich festgestellte Gewerbsmäßigkeit des Handelns der Beklagten, vor allem die darin zum Ausdruck kommende stark sozialschädliche Gesinnung und das planvolle, systematische und bewusste Vorgehen, nicht in angemessenem Maße berücksichtigt. Die Beklagte habe weitere Betrugshandlungen geplant und vorbereitet, bei ihrer Festnahme habe sie im Auto noch sieben weitere Kaffeemaschinen mit sich geführt, ebenfalls sieben Kaffeemaschinen hätten sich noch in ihrem Krankenzimmer befunden. Die Art und Weise der Tathandlungen (Vorlage von mehrfach kopierten und aus Originalrechnungen zusammengestellten Rechnungen) zeige ein stark erhöhtes Maß an krimineller Energie. Die Beklagte habe sich über vier Standorte der geschädigten Firma „abgearbeitet“, sie habe mehrmals die gleichen und verschiedene Filialen eines Ortes besucht, im Krankenzimmer seien Wegbeschreibungen von neun Filialen der Firma K. gefunden worden. Zudem habe die Beklagte während einer laufenden stationären Therapie und trotz der Kenntnis eines bereits eingeleiteten Disziplinarverfahrens die vorgeworfenen Verfehlungen begangen. Aufgrund dieser Umstände sei jede Vertrauensbasis für eine weitere Zusammenarbeit zerstört. Insofern könne es auch keine Rolle spielen, dass die Firma K. der Beklagten die Tatbegehung leicht gemacht habe. Der Dienstherr könne auch nicht mehr in Zukunft darauf vertrauen, dass die Beklagte dienstlich erlangtes Wissen (z. B. wie man sich finanzielle Vorteile verschaffen könne) nicht zu ihrem Vorteil ausnütze. Das Gericht habe die Umtauschpraxis der Firma K. sachwidrig und ermessensfehlerhaft zugunsten der Beklagten gewertet - anders als im Verfahren zur vorläufigen Dienstenthebung. Für eine geänderte Rechtsansicht seien jedoch keine Gründe ersichtlich.

Die Beklagte habe ein schweres Dienstvergehen begangen, indem sie gewerbsmäßig wiederholt Betrugshandlungen vorgenommen habe. Aufgrund des Umfangs, der Art und Weise der Handlungen und der von der Beklagten selbst vorgebrachten Einwendung des Mitverschuldens der Firma K. werde deutlich, dass die Fortführung des Dienstverhältnisses unzumutbar geworden sei. Sowohl der innerdienstliche Friede als auch das Vertrauen der Allgemeinheit bedinge die Entfernung der Beklagten. Besondere Milderungsgründe seien entgegen dem erstinstanzlichen Urteil nicht ersichtlich, insbesondere habe eine negative Lebensphase der Beklagten zum Zeitpunkt der Betrugsstraftaten nicht vorgelegen und sei auch nicht vom Gericht ordnungsgemäß festgestellt worden. Die landgerichtsärztlichen Feststellungen vom 21. April 2009 könnten eine solche nicht begründen, die Begutachtung sei allein zur Frage der Vernehmungsfähigkeit der Beklagten erfolgt. Eine das Unrechtsbewusstsein einschränkende Lebensphase der Beklagten, die diese außergewöhnlich belastete, sei nicht untersucht und nicht festgestellt worden. Ebenso sei nicht ersichtlich und auch vom Gericht nicht näher ausgeführt, inwiefern sich aus den Akten ergebe, dass die Beklagte eine ganz außergewöhnlich belastende, negative Lebensphase überwunden habe, da sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht selbst angegeben habe, noch Medikamente einnehmen zu müssen, um schlafen zu können. Es sei im Übrigen auch nicht ersichtlich, dass eine solche überhaupt kausal für die Betrugstaten gewesen sei. Dies sei vor dem Landgericht L. von Seiten des Gutachters im Rahmen der strafrechtlichen Hauptverhandlung verneint worden. In einer schweren depressiven Verfassung, die Auswirkungen auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit habe, werde von einem Betroffenen kein betrügerisches Han-deln durchgeführt, das mit diversen Vorbereitungshandlungen, Aktivitäten oder umfangreichen Verfälschungen von Belegen einhergehe. Ein Kausalitätsnachweis sei daher aus medizinischer Sicht nicht gegeben und habe auch vom Verwaltungsgericht nicht dargelegt werden können. Trotz einer verminderten Schuldfähigkeit habe von der Beklagten ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten erwartet werden können, weil die verletzte Dienstpflicht leicht einzusehen und zu befolgen gewesen sei. Etwaige psychosomatische Leiden könnten die Beklagte im konkreten Einzelfall auch nicht entlasten. Auch andere besondere Milderungsgründe seien nicht ersichtlich. Zugunsten der Beklagten spreche das positive Persönlichkeitsbild vom 2. April 2012. Dies reiche - ebenfalls wie die letzte periodische Beurteilung mit 9 Punkten - jedoch nicht aus, die Verfehlungen der Beklagten aufzuwiegen. Herausragende Leistungen, die sie unter den übrigen Beamten hervorstechen lasse, seien nicht ersichtlich, ebenso wenig wie ein vom Bevollmächtigten geltend gemachtes Reueverhalten im Rahmen des Disziplinarverfahrens. Eine persönliche Aufarbeitung der Geschehnisse und eine Auseinandersetzung mit den Ursachen des Fehlverhaltens hätten bei der Beklagten offensichtlich nicht stattgefunden, ein Rückfallrisiko sei deshalb keineswegs ausgeschlossen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2013,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 21. Januar 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft L., die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M. sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung um zwei Stufen gemäß Art. 10 BayDG erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - keine Mängel auf.

II.

Der der Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts L. vom 7. Juni 2011 (Az. 5 Ns 4 Is 29488/00) zugrunde liegt, steht gemäß Art. 25 Abs. 1, 55 Hs. 1 und 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest.

Nach diesen Vorschriften sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend. Zudem hat die Beklagte die Vorwürfe auch eingeräumt.

Danach steht fest, dass die Beklagte in sechs Fällen einen vollendeten und in zwei Fällen einen versuchten Betrug begangen hat, als sie entweder zuvor bei K. zu einem günstigeren Preis erworbene oder im Internet ersteigerte Kaffeemaschinen zu einem höheren Preis in einer K.-Filiale unter Vorlage eines kopierten Kassenbons umtauschte oder umzutauschen versuchte. Dabei erhielt sie jeweils Bargeld in Höhe von 129,- pro Kaffeemaschine, obwohl ihr dieser Betrag nicht (oder nur zum Teil) zustand.

Fest steht ebenfalls, dass die Beklagte mindestens ab November 2006 (bis 2008) eine Nebentätigkeit als Tu.-ware-Verkäuferin ausübte, ohne sich diese Nebentätigkeit vorher vom Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz genehmigen zu lassen bzw. diese dort angezeigt zu haben. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen.

Soweit der Beklagten vorgeworfen wurde, sie hätte am 6. August 2008 ihren Pkw an einer Tankstelle in P. mit 87,41 Liter Diesel im Wert von 126,66 Euro betankt und sei ohne zu zahlen weiter gefahren, wurde diese Handlung und das der Beklagten damit vorgehaltene Verhalten ebenso wie das Aufbewahren eines pyrotechnischen Knallkörper ohne BAM- Zulassung im dienstlichen Arbeitsfach durch Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2015 gem. Art. 54 Satz 1 BayDG aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden.

III.

Die Beklagte hat durch ihr Handeln ein einheitliches schweres Dienstvergehen i. S. d. Art. 84 Abs. 1 BayBG a. F. (seit 1.4.2009: § 47 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - vom 17. Juni 2008, BGBl. I S. 1010) begangen, indem sie schuldhaft die ihr obliegenden Pflichten verletzt hat.

1. Bei den Betrugshandlungen bzw. versuchten Betrugshandlungen handelt es sich um ein außerdienstliches Dienstvergehen gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Das wesentliche Unterscheidungsmoment zu einer Qualifizierung als innerdienstlich ist funktionaler Natur. Entscheidend für die Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliche Pflichtverletzung ist dessen kausale und logische Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit. Ist eine solche Einordnung nicht möglich - insbesondere wenn sich das Handeln - wie hier - als das Verhalten einer Privatperson darstellt - ist es als außerdienstlich zu qualifizieren (vgl. BVerwG, U. v. 25.8.2009 - 1 D 1/08 - juris Rn. 54; BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 115).

Das außerdienstliche Verhalten des Beamten erfüllt die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Die danach erforderliche besondere Eignung des Fehlverhaltens zur Beeinträchtigung des Vertrauens in die Amtsführung des Beamten oder des Ansehens des öffentlichen Dienstes setzt voraus, dass die befürchteten nachteiligen Rückschlüsse der Ausübung auf die Dienstausübung oder die Ansehensschädigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Nachteile des Fehlverhaltens sind bedeutsam i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., wenn seine disziplinarrechtliche Relevanz das jeder außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß deutlich überschreitet (BVerwG, U. v. 28.7.2011 - 2 C 16/10 - juris Rn. 23).

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese gesetzlichen Vorgaben dahingehend konkretisiert, dass ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Berufsbeamtentums in einer Weise beeinträchtigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann (BVerwG, U. v. 28.7.2011, a. a. O., Rn. 24; BayVGH, U. v. 6.12.2013 - 16a D 12.1815 - und U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - jeweils in juris).

Das Verhalten der Beklagten außerhalb des Dienstes ist nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maß geeignet, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Berufsbeamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Die Betrugshandlungen, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren belegt sind, führten zu einem erheblichen Ansehensschaden für die eigene Person der Beklagten, aber auch für das der Beamtenschaft an sich. Zudem verlieren die Bemühungen der Polizei um die Verhütung und Aufklärung von Straftaten an Glaubwürdigkeit, wenn Polizeivollzugsbeamte selbst Straftaten begehen. Ein gewisser dienstlicher Bezug ist vorliegend nicht von der Hand zu weisen, auch wenn die Beklagte zum Tatzeitpunkt bereits vom Dienst suspendiert war.

Durch ihr Verhalten hat die Beklagte gegen ihre Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F., § 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.

2. Durch die ungenehmigte Ausübung einer Nebentätigkeit als Tu.-ware-Verkäuferin hat die Beklagte zudem vorsätzlich schuldhaft gegen die Pflicht zur vollen Hingabe an ihren Beruf (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 a. F., § 34 Satz 1 BeamtStG) sowie gegen die Verpflichtung, die Gesetze zu beachten (Art. 62 Abs. 1 Satz 2, 73 Abs. 2 BayBG a. F. i.V. m. § 6 Abs. 2 BayNVO, § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG, Art. 81 BayBG i. V. m. § 6 Abs. 2 BayNVO) verstoßen (vgl. BVerwG U. v. 11.1.2007 - 1 D 16/05 - juris; B. v. 17.7.2013 - 2 B 27/12 - juris). Der festgestellte Verstoß gegen Nebentätigkeitsbestimmungen ist als innerdienstliche Pflichtverletzung i. S. v. Art. 84 Abs. 1 Satz 1 BayBG a. F., § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG zu bewerten, weil er mit dem Amt der Beklagten zusammenhängt und Auswirkungen auf die Erfüllung der Dienstleistungspflicht haben kann (vgl. BVerwG U. v. 11.12.1990 - 1 D 63/89 - juris Rn. 25).

Aufgrund von früheren Nebentätigkeitsgenehmigungen seit 1996 war die Beklagte auch mit den Bestimmungen zum Nebentätigkeitsrecht (Art. 73 Abs. 2 BayBG a. F. i. V. m. § 6 Abs. 2 BayNVO) vertraut. So erhielt sie unter anderem am 6. Dezember 2002 vom Polizeipräsidium M. eine Genehmigung für die Nebentätigkeit als Tu.-ware-Verkäuferin. Die ursprünglich auf ein Jahr befristete Genehmigung wurde mit Bescheid vom 13. Mai 2003 bis 31. Mai 2006 verlängert, längstens jedoch für die Dauer ihrer Zugehörigkeit zum Polizeipräsidium M. Nach ihrer Versetzung zum 1. September 2004 versäumte die Beklagte jedoch die Einholung einer weiteren Genehmigung beim nun zuständigen Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung räumte die Beklagte dieses Versäumnis auch ein. Soweit sie vorträgt, ab Oktober 2006 sei der Vertrag zwischen der Firma Tu. mit ihrer Mutter geschlossen worden, so dass sie davon ausgegangen sei, keiner Nebentätigkeitsgenehmigung mehr zu bedürfen, kann sie sich damit nicht entlasten. Die Beklagte hätte sich bewusst sein müssen, dass es für die Notwendigkeit einer Genehmigung auf die Ausübung der Nebentätigkeit an sich und nicht auf die rechtliche Konstruktion ankommt. Zudem endete die ursprüngliche Nebentätigkeitsgenehmigung für die Verkaufstätigkeit bei der Firma Tu. mit ihrer Versetzung zum 1. September 2004. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte bezüglich der Verkaufstätigkeit für die Firma Tu. beim Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz eine neue Genehmigung beantragt werden müssen, so wie die Beklagte dies korrekterweise auch für die Aufnahme einer weiteren Nebentätigkeit bei einer Marketingagentur am 28. Oktober 2004 vornahm.

IV.

Die festgestellten Dienstpflichtverletzungen sind nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens, der sich nach Art. 84 Abs. 1 BayBG a. F., § 47 Abs. 1 BeamtStG ergibt, einheitlich zu würdigen.

Das einheitliche Dienstvergehen führt zur Zurückstufung der Beklagten gemäß Art. 10 BayDG um zwei Stufen in das Amt einer Polizeimeisterin (BesGr. A 7). Der Ausspruch dieser Maßnahme ist im Hinblick auf die Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkungen und das Maß der Schuld unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit der Beamtin zur Überzeugung des Senats zur Ahndung des Dienstvergehens noch ausreichend, aber auch erforderlich.

1. Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH, U. v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; U. v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974 - jeweils in juris).

Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach Art. 14 BayDG. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten. Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Pflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Bemessungskriterium „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. Die Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds ist Ausdruck des Schuldprinzips und für die Bewertung bedeutsam, ob der Beamte trotz des Dienstvergehens weiterhin im Beamtenverhältnis tragbar ist (BVerwG, U. v. 19.8.2010 a. a. O. Rn. 21, U. v. 28.4.2010 a. a. O. Rn. 50).

2. Für den vorliegenden Fall ergibt sich danach Folgendes:

Setzt sich das Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung, hier aus den vollendeten und versuchten Betrugshandlungen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B. v. 10.9.2010 - 2 B 97/09 - juris) ist bei einem außerdienstlich begangenen Betrug die Variationsbreite, in der gegen fremdes Vermögen gerichtete Verfehlungen denkbar sind, zu groß, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und ihre Auswirkungen auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden können. Stets sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. In schweren Fällen außerdienstlich begangenen Betrugs erkennt die Rechtsprechung in der Regel auf die Höchstmaßnahme, während in minderschweren Fällen eine geringere Disziplinarmaßnahme indiziert ist (BVerwG, U. v. 8.2.2005 - 1 D 15/04 - juris). Nach der Rechtsprechung des Senats zum inner- oder außerdienstlichen Betrug ist der Beamte dann in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwernisgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, die eine Gesamtbetrachtung zulassen, der Beamte habe das Vertrauen nicht endgültig verloren. Je gravierender die Erschwernisgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zum Beamten vorhanden ist. Erschwernisgründe können sich z. B. aus der Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlungen im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischem Eigengewicht stehen. Aus der Rechtsprechung lässt sich zudem der Grundsatz ableiten, dass bei einem Gesamtschaden von über 5000,- Euro die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwernisgründe gerechtfertigt sein kann. Derartige Bemessungsgrundsätze gelten auch für außerdienstliche Betrugsfälle (BVerwG, U. v. 24.11.1998 - 1 D 36.97- juris; B. v. 3.7.2007 - 2 B 18.07 - juris, BayVGH, U. v. 27.9.2012 - 16a D 11.406 - und U. v. 23.7.2014 - 16a D 12.2519 - jeweils in juris).

Der Senat sieht als Orientierungsrahmen für die Maßnahmebemessung die Zurückstufung an. Ausgangspunkt für diese Überlegungen ist der relativ geringe Schaden im dreistelligen Bereich (ca. 400,- Euro), den die Beklagte mit ihren Betrugshandlungen verwirklicht hat und der weit unterhalb der Wertgrenze von 5.000,- Euro liegt, bei dem ohne Hinzutreten weiterer Erschwernisgründe eine Entfernung aus dem Dienst gerechtfertigt ist. Die Anzahl der Betrugstaten mit sechs vollendeten und zwei versuchten Handlungen, die sich in ihrem disziplinarrechtlichen Unrechtsvorwurf grundsätzlich nicht unterscheiden (BVerwG, U. v. 29.3.2012 - 2 B 96/11; BayVGH, U. v. 15.12.2010 - 16a 09.2858 - jeweils in juris) sowie die hierfür notwendigen Planungen und Vorbereitungshandlungen wie z. B. das Ersteigern einer großen Anzahl von gebrauchten Kaffeemaschinen vorab im Internet, das Kopieren der im Rahmen der Betrugshandlungen vorgelegten Kaufbelege, die gezielte Suche nach Filialen der betroffenen Warenhauskette auf entsprechendem, bei ihr vorgefundenen Kartenmaterial sowie der Umstand, dass sowohl im Auto als auch im Krankenzimmer der Beklagten noch weitere Kaffeemaschinen entdeckt wurden, die auf die Absicht der Verwirklichung weiterer Straftaten schließen ließen (s. hierzu die Feststellungen im Urteil des Landgerichts L. vom 7. Juni 2011, S. 16 u. 30) sind als gewichtige Erschwernisgründe zu werten. Hierbei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass im Zusammenhang mit den Betrugshandlungen keine weiteren Straftaten verübt wurden. Die in den einzelnen Filialen vorgelegten Kassenbelege wurden von der Beklagten lediglich kopiert und nicht verfälscht, so dass mangels Urkundenfälschungen das Berufungsgericht im Strafverfahren die kriminelle Energie als eher gering einstufte und trotz der Anzahl der Betrugshandlungen der Verurteilung keinen besonders schweren Fall des Betrugs zugrunde gelegt hat. Insgesamt geht der Senat deshalb davon aus, dass im Hinblick auf die von der Beklagten begangenen Betrugshandlungen durchaus gewichtige Erschwernisgründe vorliegen, diese jedoch noch nicht die Höchstmaßnahme als Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung indizieren. Im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens bleibt als Ausgangspunkt die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung, aufgrund der dargestellten Erschwernisgründe jedoch um zwei Stufen.

3. Die zulasten der Beklagten heranzuziehenden Gesichtspunkte haben in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass insgesamt die Verhängung der Höchstmaßnahme gerechtfertigt wäre.

Vorliegend ist zulasten der Beklagten zu berücksichtigen, dass die Betrugshandlungen während eines bereits eingeleiteten Disziplinarverfahrens begangen wurden, vier Handlungen allein am 30. Oktober 2009, also zu einer Zeit, zu der sich die Beklagte in klinisch-stationärer Behandlung in einer Privatklinik in O. aufgehalten hat. Unabhängig davon, dass sich der disziplinare Vorwurf, der für die Einleitung des Disziplinarverfahrens am 25. November 2008 maßgeblich war, im Nachhinein als nicht haltbar erwiesen hat und die diesbezüglichen strafrechtlichen Ermittlungen mit Verfügung der Staatsanwaltschaft W. vom 7. August 2009 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden, hätte die Beklagte in dieser Situation im Hinblick auf die Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen sensibilisiert sein müssen.

Zu ihren Lasten wiegt zudem, dass die Beklagte als Polizeibeamtin grundsätzlich für die Verhinderung, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten zuständig ist (s. BayVGH, U. v. 15.12.2010 - 16a D 09.2858 - juris) und hier durch die Begehung vorsätzlicher Straftaten das für die Ausübung ihres Berufes erforderliche Vertrauen ihres Dienstherrn und der Allgemeinheit schwer beeinträchtigt hat. Hinzu kommt eine Nebentätigkeit als Tu.-ware-Verkäuferin, die sie seit mindestens Oktober 2006 - nach eigenen Angaben bis 2008 - ohne erforderliche Genehmigung betrieben hat. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung angibt, Vertragspartnerin von Tu.-ware sei seit Oktober 2006 nicht sie, sondern ihre Mutter gewesen, so dass sie die Einholung einer Nebentätigkeitsgenehmigung durch ihre Person nicht für erforderlich gehalten habe, so ist dies nicht geeignet, die Beklagte zu entlasten (s. o. Abschnitt III 2.). Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beklagten aufgrund der Vielzahl der bereits beantragten Nebentätigkeitsgenehmigungen in der Vergangenheit das Erfordernis der Genehmigungseinholung bewusst war. Ihre diesbezügliche Einlassung ist vielmehr zulasten der Beklagten im Hinblick auf ihre mangelnde Einsicht zu werten. Allerdings ist vorliegend auch zu berücksichtigen, dass es sich lediglich um einen formalen Verstoß gegen Nebentätigkeitsvorschriften handelte und die materielle Genehmigungsfähigkeit der Nebentätigkeit auch vom Kläger nicht bestritten wurde.

Nach Auffassung des Senats liegen anerkannte Milderungsgründe nicht vor, auch nicht der Milderungsgrund einer überwundenen negativen Lebensphase. Nach Auffassung des Senats sind die von der Beklagten - auch in der mündlichen Verhandlung - dargelegten Lebensumstände nicht von solchem Gewicht, dass sie die über einen längeren Zeitraum begangenen schweren Verfehlungen in einem deutlich milderen Licht erscheinen ließen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur für außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben und die inzwischen überwunden sind (s. BVerwG, U. v. 20.12.2013 - 2 B35/13 - juris).

Der Senat verkennt nicht, dass sich die Beklagte nach Einleitung des Disziplinarverfahrens wegen des Vorwurfes des Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetzes und den damit einhergehenden strafrechtlichen Ermittlungen, der Suspendierung und der Trennung von ihrem Freund bzw. den Kollegen, die sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung als „ihre Familie“ bezeichnete, durchaus in einer sehr schwierigen Lebensphase befunden hat. Diese führte - wie im Gutachten vom 21. April 2009 auch bestätigt - zu einer ausgeprägt vorhandenen depressiv-schwermütigen Affektveränderung, welche das Denken, die Kognitionen, die Wahrnehmung und die Handlungsmöglichkeiten der Beklagten stark überlagerten. Laut Gutachten war die Beklagte in psychischer Hinsicht im Denken in starkem Maße auf ein depressives Erleben mit Existenz- und Zukunftsängsten, Gefühl der Perspektivlosigkeit sowie lebensüberdrüssigen Gedanken eingeengt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht liegt die Berücksichtigung einer schwierigen, inzwischen überwundenen Lebensphase vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge der Lebensumstände darstellt (BVerwG, U. v.27.1.2011 - 2 A 5.09; U. v. 28.2.2013 - 2 C 3/12; U. v. 9.10.2014 - 2 B 60/14 - jeweils in juris). Abgesehen davon, dass sich nach Aussage des Gutachters Dr. N. das vorgeworfene Verhalten der Beklagten gerade nicht als Folge dieser Lebensumstände erklären läßt (s. Urteil des Landgerichts L. vom 7. Juni 2011, S. 31 u.) und die Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung weder die Gründe für ihr Handeln erläutern noch einen Bezug zu ihrer depressiven Phase herzustellen vermochte, sieht der Senat vorliegend keine so außergewöhnlichen Verhältnisse wie im Rahmen des anerkannten Milderungsgrundes „negative Lebensphase“ gefordert. Die dargelegten Lebensumstände sind nicht von solchem Gewicht, dass sie die über einen längeren Zeitraum begangenen schweren Verfehlungen in einem deutlich milderen Licht erscheinen ließen (BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71- juris). Insoweit kommt es auch auf die Frage, ob die Beklagte eine solche inzwischen überwunden hat, nicht an. Hierfür spräche allerdings, dass die Beklagte mittlerweile - nach eigener Aussage - keine Medikamente (in Bezug auf die psychische Verfassung) mehr einnimmt und Therapiesitzungen eher im weitem zeitlichen Abstand (6 - 8 Wochen) stattfinden (s. BVerwG, U. v. 9.10.2014 - 2 B 60/14 - juris Rn. 45, wonach eine weiterhin zur „Rückfallprophylaxe“ durchgeführte psychotherapeutische Behandlung nicht den Schluss trage, die Beklagte sei nach wie vor „aus der Bahn geworfen“).

Der Senat berücksichtigt allerdings zugunsten der Beklagten, dass sie sich während der Tatzeit in einer schwierigen Lebensphase befunden hat (BVerwG, U. v. 28.2.2013 - 2 C 3/12 - juris Rn. 41). Gleiches gilt für die im Gutachten vom 21. April 2009 festgestellte verminderte Schuldfähigkeit (BayVGH, U. v. 22.10.2013 - 16b D 10.2314 - juris Rn.101ff), auch wenn der im Strafprozess als Sachverständige geladene Gutachter Dr. N. zum Ergebnis kam, dass die depressive Symptomatik, die bei der Beklagten zur Tatzeit unweigerlich vorlag, nicht den Schweregrad eines Schuldausschließungs- oder Schuldmilderungsgrundes im Sinne von §§ 20, 21 StGB erreichte.

Zugunsten der Beklagten wurde auch gewertet, dass sie disziplinarisch nicht vorbelastet ist und sich die dienstlichen Leistungen zeitweilig als überdurchschnittlich erwiesen (Beurteilung 2005: 12 Punkte). Entgegen der Auffassung des Erstgerichts sah der Senat allerdings keine Gründe, die recht laxe Umtauschpraxis der Firma K. zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände wirken sich die außerdienstlichen Straftaten der Beklagten ebenso wie der Verstoß gegen Nebentätigkeitsvorschriften erheblich auf das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Beklagte aus. Allerdings ist der Senat der Auffassung, dass die Beklagte dieses Vertrauen noch nicht endgültig verloren hat. Im Rahmen der Gesamtabwägung halten sich Milderungs- und Erschwernisgründe in etwa die Waage. Der Senat geht insoweit davon aus, dass momentan ein Mindestmaß an Vertrauen in die Beklagte noch gerechtfertigt ist und diese künftig ihre Dienstaufgaben pflichtgemäß erfüllen wird.

Die Maßnahme der Zurückstufung um zwei Stufen verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Entsprechend dem Sinn des Disziplinarrechts, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu wahren, ist es notwendig, die disziplinare Maßnahme zu wählen, die dem Gewicht des Dienstvergehens und dem dadurch eingetretenen Vertrauensschaden entspricht. Ins Verhältnis zu setzen sind die Schwere des Fehlverhaltens und der durch den Beamten veranlasste Vertrauensschaden. Hat beides, wie im vorliegenden Fall, erhebliches Gewicht, so ist der Nachteil, der für den Beamten durch die Disziplinarmaßnahme eintritt, nicht unverhältnismäßig. Er liegt in seinem persönlichen Verantwortungsbereich und ist seinem schuldhaften pflichtwidrigen Verhalten zuzurechnen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 30. März 2015 wird abgeändert. Der Beklagte wird in das Amt eines Zollobersekretärs (BesGr A 7 BBesO) versetzt.

II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1. Der 1957 geborene Beklagte schloss im Juli 1974 die Realschule mit der mittleren Reife ab. Am 1. November 1974 trat er in den mittleren Dienst der Bundesfinanzverwaltung ein und wurde unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Zollanwärter ernannt. Sein dienstlicher Werdegang verlief wie folgt:

01.05.1976 Ernennung zum Zollassistenten z.A. unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe

01.05.1978 Ernennung zum Zollassistenten

13.06.1980 Ernennung zum Zollsekretär (BesGr A 6)

22.12.1982 Ernennung zum Zollobersekretär (BesGr A 7)

26.09.1984 Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit

23.03.1993 Ernennung zum Zollhauptsekretär (BesGr A 8)

26.11.1999 Ernennung zum Zollbetriebsinspektor (BesGr A 9)

27.09.2007 Zuerkennung eine Amtszulage

Der Beklagte war seit 1976 am früheren Zollamt M …- … und seit 1998 an der Zollabfertigungsstelle M …- … (Messe) im Bereich der Abfertigung von Messewaren tätig. In der letzten dienstlichen Beurteilung 2005 erhielt er das Prädikat „tritt erheblich hervor“. 2005 wurde ihm eine Leistungsprämie von 400,- € zuerkannt. Er ist ledig sowie kinderlos und lebt in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen; derzeit erhält er um 25% gekürzte Bezüge aus BesGr A 9m BBesO mit Amtszulage.“

2. Der Beklagte wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts M … (Az.: …) vom 23. September 2009, rechtskräftig seit 14. Oktober 2009, wegen Amtsanmaßung in 29.933 Fällen gemäß §§ 132, 53 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Ihm wurde darin zur Last gelegt, in seiner Eigenschaft als Abfertigungsbeamter der Zollabfertigungsstelle M …- … (Messe) im Zeitraum von Oktober 2002 bis Juli 2008 in 29.933 Fällen Ausfuhranmeldungen für Speditionen von der Firma P … abgefertigt und abgestempelt zu haben, obwohl die betreffenden Waren nicht gemäß § 9 AWV a.F. gestellt worden waren und eine sachliche Zuständigkeit des Beklagten hierfür mangels eines Zusammenhangs mit Messewaren nicht gegeben war. Der Beklagte handelte hierbei auf Geheiß seiner damaligen Kollegin, der anderweitig verurteilten früheren Zollhauptsekretärin A, die aufgrund einer Übereinkunft mit der Firma P … für jede Ausfuhrerklärung 5,- DM/2,50 € als Gegenleistung erhielt. Von dieser Vereinbarung hatte der Beklagte weder Kenntnis noch einen unmittelbaren oder mittelbaren Vorteil, sondern handelte aus Gefälligkeit gegenüber der Firma P … bzw. gegenüber Frau A.

3. Der Beklagte führte nach den Ermittlungen der Klägerin im Zeitraum von Juli 2005 bis Juli 2008 in insgesamt 180 Fällen unrechtmäßige Buchungen am elektronischen Zeiterfassungsgerät in der Zollabfertigungsstelle M …- … (Messe) zugunsten von Frau A durch und verschaffte ihr dadurch ein nicht zustehendes Zeitguthaben von 90 Stunden, indem er Frau A mit deren Chipkarte als anwesend ein buchte, obwohl sie zum jeweiligen Zeitpunkt (noch) nicht anwesend war. Hierbei handelte der Beklagte auf Geheiß von Frau A aus Gefälligkeit gegenüber dieser.

4. Die Klägerin leitete am 9. Juli 2008 aufgrund der gegen den Beklagten erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe ein Disziplinarverfahren gegen diesen ein und setzte dieses wegen des sachgleichen Strafverfahrens vorläufig aus. Mit Verfügung vom 11. Juli 2008 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und mit Verfügung vom 11. August 2008 ab 1. September 2008 25% seiner Dienstbezüge einbehalten. Nach Abschluss des Strafverfahrens wurde das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 29. März 2010 fortgesetzt und auf den Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs zugunsten von Frau A ausgedehnt. Der Beklagte wurde am 30. Januar 2013 angehört und erhielt Gelegenheit, sich zum Ergebnis der Ermittlungen vom 5. Februar 2014 zu äußern. Auf Antrag des Beklagten wurde der Bezirkspersonalrat beteiligt.

Zur Beurteilung der Schuldfähigkeit des Beklagten gab die Klägerin im Januar 2012 eine psychiatrische Begutachtung durch Prof. Dr. N … und Dr. L …, LMU M …, in Auftrag. Laut Gutachten vom 25. März 2012 leidet der Beklagte an einer Persönlichkeitsstörung mit vermeidend-selbstunsicheren und dependenten Zügen, die die Eingangsmerkmale des § 20 StGB erfüllt. Aufgrund dieser Erkrankung sowie der spezifischen Abhängigkeitsbeziehung zu Frau A sei beim Beklagten von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit i.S.d. § 21 StGB im Tatzeitpunkt auszugehen.

Am 13. Oktober 2014 hat die Klägerin Disziplinarklage erhoben, um den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Darin legt sie ihm neben den unter 2. und 3. genannten Vorwürfen weiter zur Last, schon seit 1999/2000 in einer Vielzahl von Fällen pflichtwidrig Ausfuhranmeldungen für die Firma P … abgefertigt zu haben.

5. Mit Urteil vom 30. März 2015 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Der Beklagte habe die Vorwürfe, in 29.933 Fällen gegen § 9 AWV a.F. verstoßen und in 180 Fällen falsche Arbeitszeitbuchungen zugunsten von Frau A getätigt zu haben, eingeräumt. Das Fehlverhalten wiege sehr schwer und habe zum endgültigen Vertrauensverlust geführt. Der Beklagte habe vorsätzlich gegen seine Dienstpflichten verstoßen, die Gesetze zu beachten und sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten. Die schwerste Dienstpflichtverletzung stelle der innerdienstliche Verstoß gegen § 9 AWV a.F. dar, der zugleich den Tatbestand der Amtsanmaßung nach § 132 StGB erfülle. Schon dieses Fehlverhalten erfordere die Verhängung der Höchstmaßnahme, da der Beklagte dadurch im Kernbereich seiner Dienstpflichten versagt habe. Zudem habe er durch die unrechtmäßigen Buchungen einen Arbeitszeitbetrug begangen und das Vertrauen des Dienstherrn missbraucht. Zu seinen Lasten falle ins Gewicht, dass er vorsätzlich gehandelt habe, sich die Pflichtverletzungen über mehrere Jahre erstreckt hätten und er seiner Vorbildfunktion als Leiter der Zollstelle nicht gerecht geworden sei. Die ihm attestierte Persönlichkeitsstörung führe nicht zur Annahme einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit, da er hinsichtlich der Verstöße gegen § 9 AWV a.F. eine leicht zu befolgende Dienstpflicht verletzt habe, wobei ihm die Verwerflichkeit seines Verhaltens einsichtig gewesen sei. Es liege keine persönlichkeitsfremde Augenblickstat vor, da er bereits seit 1999/2000 pflichtwidrig Ausfuhranmeldungen für die Firma P … abgefertigt habe. Eine günstige Zukunftsprognose sei zu verneinen. Die Entfernung aus dem Dienst sei aufgrund des endgültig zerstörten Vertrauens nicht unverhältnismäßig.

6. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.

Der Sachverhalt werde vom Beklagten vollumfänglich eingeräumt und die Berufung daher auf das Disziplinarmaß beschränkt. Das Verwaltungsgericht habe die auf die Maßnahmebemessung anzuwendenden Maßstäbe falsch angelegt und automatisch die Höchstmaßnahme verhängt, ohne eine mildere Disziplinarmaßnahme wie eine Dienstgradherabsetzung auch nur in Erwägung zu ziehen. Es sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Fehlverhalten des Beklagten zwingend die Verhängung der Höchstmaßnahme zur Folge habe. Auch habe es nicht geprüft, ob das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig zerstört sei, sondern dies nur behauptet, ohne dies zu begründen. Weiter habe es eine positive Prognose ohne Begründung verneint, obwohl vorliegend von einer günstigen Prognose auszugehen sei, weil der Beklagte sich inzwischen erfolgreich in Therapie begeben habe. Fehlerhaft habe das Verwaltungsgericht dem Beklagten erschwerend zur Last gelegt, dass er vorsätzlich gehandelt habe, obwohl Amtsanmaßung nur vorsätzlich begangen werden könne. Unzutreffend habe es eine Erheblichkeit der vom Sachverständigen festgestellten verminderten Schuldfähigkeit verneint, ohne sich mit dem eingeholten Gutachten auseinanderzusetzen. Diese sei vorliegend als durchgreifender Milderungsgrund zu berücksichtigen. Der Beklagte habe mit seinem Verhalten auch erst begonnen, als er mit Frau A zusammengearbeitet habe. Er habe dadurch ihr Wohlwollen und ihre Aufmerksamkeit erlangen wollen. Er sei in sie „vernarrt“ und emotional völlig von ihr abhängig gewesen, was diese schamlos ausgenutzt habe. Er habe für sein Verhalten keinen Cent erhalten oder verlangt. Vielmehr habe er Frau A aufgrund einer Art „Verliebtheitswahn“ finanziell unterstützt. Das Verwaltungsgericht habe auch nicht berücksichtigt, dass der Beklagte seine Dienstaufgaben vorbildlich erfüllt und eine Leistungsprämie sowie gute Beurteilungen erhalten habe und dass er weder strafnoch disziplinarrechtlich vorbelastet sei. Er habe die Taten auch eingeräumt und bereut. Er habe keine ausfuhrgenehmigungspflichtigen Waren abgefertigt oder den Export von Waren bestätigt. Durch sein Verhalten sei weder der Zollverwaltung noch Dritten ein Schaden entstanden. Aufgrund der Sachverhaltsidentität mit dem Strafverfahren sei eine zusätzliche disziplinarische Ahndung vorliegend nicht erforderlich.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Das Verwaltungsgericht habe aufgrund des festgestellten Dienstvergehens, das zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt habe, zu Recht auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt. Die vom Beklagten vorgebrachten Milderungsgründe seien nicht von einem solchen Gewicht, um ausnahmsweise eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme zu verhängen und den Beklagten weiter im Dienst zu belassen. Auch die dem Beklagten attestierte Persönlichkeitsstörung, die zu einer Verminderung der Schuldfähigkeit geführt habe, stelle im vorliegenden Fall keinen durchgreifenden Milderungsgrund dar, um von der Höchstmaßnahme abzusehen. Sei – wie vorliegend - die Frage der Schuldunfähigkeit verneint worden, habe das Gericht zu prüfen, ob bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzungen des § 20 StGB ein Fall erheblich verminderter Schuldfähigkeit i.S.d. § 21 StGB vorliege. Die Frage der Erheblichkeit sei eine Rechtsfrage, die ohne Bindung an die Einschätzungen des Sachverständigen in eigener Verantwortung des Gerichts zu beantworten sei. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht aufgrund der Bedeutung und der leichten Einsehbarkeit der durch den Beklagten über einen langen Zeitraum in einer Vielzahl von Fällen in eklatanter Weise vorsätzlich verletzten Kernpflichten zu der Annahme gelangt sei, dass die Erheblichkeitsschwelle hier nicht erreicht sei. Der Beklagte habe auch nicht erst unter dem Einfluss von Frau A, sondern unabhängig hiervon bereits ab 1999/2000 pflichtwidrig Ausfuhren für die Firma P … abgewickelt. Das Vertrauensverhältnis sei durch das Fehlverhalten des Beklagten endgültig zerstört worden. Da der eingetretene endgültige Vertrauensverlust selbst bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht wieder gutzumachen wäre, müsse dieses im Interesse der Leistungsfähigkeit der Zollverwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums beendet werden. Es bedürfe deshalb auch keiner Einholung eines Ergänzungsgutachtens hinsichtlich der Frage der Zukunftsprognose.

Der Senat hat am 22. November 2017 öffentlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Zu den Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten, die trotz der ausdrücklich erklärten Beschränkung auf das Disziplinarmaß als uneingeschränkt eingelegt gilt (vgl. BVerwG, U.v. 28.7.2011 – 2 C 16.10 – juris Rn. 13), ist zulässig und hat in der Sache auch teilweise Erfolg. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts wird der Beklagte nach § 9 BDG in das Amt eines Zollobersekretärs (BesGr A 7 BBesO) versetzt.

1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

2. Folgender Sachverhalt steht zur Überzeugung des Senats fest:

2.1 Der Beklagte hat als an der Zollabfertigungsstelle M …- … (Messe) tätiger Zollbeamter im Zeitraum von Oktober 2002 bis Juli 2008 wissentlich und willentlich in 29.933 Fällen Ausfuhranmeldungen der Firma P … abgefertigt und abgestempelt, obwohl die betreffenden Waren - wie der Beklagte wusste - nicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes - Außenwirtschaftsverordnung (AWV) vom 18. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2671) = AWV a.F. gestellt (körperlich vorgeführt) worden waren und er mangels eines Zusammenhangs mit Messewaren hierfür sachlich auch nicht zuständig war. Der Beklagte handelte dabei auf Bitten seiner damaligen Kollegin an der Zollabfertigungsstelle Messe, der früheren Zollhauptsekretärin A, die aufgrund einer Vereinbarung mit der Firma P … für jede auf diese Weise abgefertigte Ausfuhranmeldung 5,- DM bzw. 2,50 € als Gegenleistung erhielt. Davon hatte der Beklagte aber weder Kenntnis noch einen Vorteil, sondern er handelte aus Gefälligkeit gegenüber der Firma P … bzw. Frau A. Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts M … vom 23. September 2009. Diese entfalten zwar keine Bindungswirkung gemäß § 57 Abs. 1 BDG, können nach § 65 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 57 Abs. 2 BDG der Entscheidung des Senats aber ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden, da der Beklagte keine Einwendungen hiergegen erhoben hat. Darüber hinaus hat er diesen Sachverhalt auch im Straf- und Disziplinarverfahren vollumfänglich eingeräumt (vgl. Vernehmung vom 8.7.2008 Strafakte Bl. 1080; Vernehmung vom 5.11.2008 Strafakte Bl. 1088; Anhörung vom 30.1.2013 Disziplinarakte Bl. 295; Berufungsschriftsatz vom 8.7.2015).

Dagegen steht nicht mit der erforderlichen Gewissheit fest, ob der Beklagte bereits vor Oktober 2002 Ausfuhranmeldungen der Firma P … für Waren bearbeitet hat, die nicht gestellt worden waren. Auch wenn die Klägerin zutreffend darauf hinweist, dass der Beklagte in seiner Vernehmung vom 5. November 2008 (Strafakte Bl. 1088) angegeben hat, dass es so um 1999/2000 gewesen sein dürfte, als F … P … ihn darauf angesprochen habe, Ausfuhrbelege ohne vorherige Gestellung abzustempeln, hat der Beklagte in diesem Zusammenhang erklärt, er wisse nicht mehr genau, wann dies gewesen sei. Deshalb kann auch nicht unterstellt werden, der Beklagte habe eingeräumt, damit bereits 1999/2000 begonnen zu haben. Auch finden sich weder in den Strafnoch in den Disziplinarakten Anhaltspunkte, die belegen würden, dass der Beklagte bereits vor Oktober 2002 pflichtwidrig Ausfuhranmeldungen für die Firma P … bearbeitet hätte. Derartige Fälle waren weder Gegenstand des Straf- bzw. des Disziplinarverfahrens, noch sind sie von der Disziplinarklage umfasst, in der nur von einer „Vielzahl von Fällen“ in den Jahren von 2000 bis 2008 die Rede ist. Dies genügt nicht den Anforderungen an eine Disziplinarklageschrift, aus der hervorgehen muss, welche konkreten Sachverhalte dem Beamten als Dienstvergehen zur Last gelegt werden. Die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, müssen aus sich heraus verständlich geschildert werden. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben, die jeweiligen Geschehensabläufe müssen nachvollziehbar beschrieben werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich der Beamte gegen die disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann. Auch dürfen nur Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden (vgl. BVerwG, B.v. 26.10.2011 – 2 B 69.10 – juris Rn. 6).

2.2 Der Beklagte hat weiter im Zeitraum von Juli 2005 bis Juli 2008 wissentlich und willentlich in 180 Fällen - wie der Beklagte wusste - unrechtmäßige Buchungen am elektronischen Zeiterfassungsgerät in der Zollabfertigungsstelle M …- … (Messe) zugunsten von Frau A durchführt und ihr dadurch ein nicht zustehendes Zeitguthaben von 90 Stunden verschafft, indem er diese mittels deren Chipkarte als anwesend einbuchte, obwohl sie nicht anwesend war. Der Beklagte handelte dabei auf Geheiß von Frau A aus Gefälligkeit gegenüber dieser. Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Einlassungen des Beklagten im Straf- und Disziplinarverfahren, wo er die Falschbuchungen vollumfänglich eingeräumt hat (vgl. Vernehmung vom 5.11.2008 Strafakte Bl. 1090; Schriftsatz vom 7.5.2010 Disziplinarakte Bl. 111).

3. Der Beklagte hat durch den unter 2. festgestellten Sachverhalt vorsätzlich und schuldhaft gegen die ihm obliegenden Dienstpflichten verstoßen und dadurch ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen i.S.d. § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. begangen, da sowohl die Bearbeitung der Ausfuhranmeldungen der Firma P … als auch die Buchungen zugunsten seiner ehemaligen Kollegin A in sein Amt als Zollbeamter eingebunden waren (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 11).

3.1 Der Beklagte hat durch die Bearbeitung der von der Firma P … vorgelegten Ausfuhranmeldungen, obwohl die betreffenden Waren nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 AWV a.F. gestellt wurden, vorsätzlich gegen die Pflicht, die Gesetze zu beachten, sowie gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 54 Satz 3 BBG a.F., § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG n.F.) und zur Befolgung dienstlicher Weisungen und allgemeiner Richtlinien in Form zollrechtlicher Dienstvorschriften (§ 55 Satz 2 BBG a.F., § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG n.F.) verstoßen (vgl. BVerwG, U.v. 23.8.1979 – 1 D 64.78 – juris Rn. 36). Er hat dadurch zugleich eine Amtsanmaßung i.S.d. § 132 StGB begangen, weil er hierfür mangels eines Zusammenhangs mit Messewaren sachlich auch nicht zuständig war (vgl. Fischer, StGB, 66. Auflage 2017, § 132 Rn. 8). Da er hierbei aus Gefälligkeit gegenüber der Firma P … bzw. gegenüber Frau A handelte, liegt darin zudem ein vorsätzlicher Verstoß gegen das Gebot der Unparteilichkeit (§ 52 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F., § 60 Abs. 1 Satz 2 BBG n.F.) bzw. Uneigennützigkeit (§ 54 Satz 2 BBG a.F., § 61 Abs. 1 Satz 2 BBG n.F.).

3.2 Der Beklagte hat durch die unzutreffende Buchung von Frau A als anwesend vorsätzlich gegen die Wahrheitspflicht sowie gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 54 Satz 3 BBG a.F., § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG n.F.) und zur Befolgung dienstlicher Weisungen und allgemeiner Richtlinien in Form der Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit vom 12. Oktober 2005 (§ 55 Satz 2 BBG a.F., § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG n.F.) verstoßen (vgl. BayVGH, U.v. 25.3.2009 – 16a D 07.1479 – juris Rn. 95). Er hat dadurch zugleich Beihilfe zur Verletzung der Dienstleistungspflicht (§ 54 Satz 2 BBG a.F., § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG n.F.) durch Frau A geleistet (sog. „Arbeitszeitbetrug“, vgl. BayVGH a.a.O. Rn. 91). Da er hierbei aus Gefälligkeit gegenüber Frau A handelte, liegt darin zudem ein vorsätzlicher Verstoß gegen das Gebot der Uneigennützigkeit (§ 54 Satz 2 BBG a.F., § 61 Abs. 1 Satz 2 BBG n.F.).

3.3 Diese Dienstpflichtverletzungen sind dem Beklagten auch subjektiv vorwerfbar, weil er schuldhaft handelte.

Laut psychiatrischem Sachverständigengutachten vom 25. März 2012 war eine Schuldunfähigkeit i.S.d. § 20 StGB beim Beklagten im Tatzeitpunkt auszuschließen (S. 35 f.). Dieser war danach sowohl hinsichtlich der pflichtwidrigen Ausfertigung und Abstempelung der Ausfuhranmeldungen der Firma P … als auch hinsichtlich der unrechtmäßigen Buchungen zugunsten von Frau A fähig, die Unrechtmäßigkeit seines Tuns einzusehen (ebda. S. 36). Der Beklagte hat auch selbst erklärt, dass ihm schon bewusst gewesen sei, dass die Bearbeitung von Ausfuhranmeldungen ohne Gestellung der Ware nicht rechtens (verboten) gewesen sei (vgl. Vernehmung vom 8.7.2008 Strafakte Bl. 1080; Gutachten S. 21), und angegeben, unrechtmäßige Buchungen für Frau A vorgenommen zu haben (vgl. Vernehmung vom 5.11.2008 Strafakte Bl. 1090; Schriftsatz vom 7.5.2010 Disziplinarakte Bl. 111).

Im Gutachten wird allerdings auch festgestellt, dass beim Beklagten eine schwere Persönlichkeitsstörung mit vermeidend-selbstunsicheren sowie dependenten Zügen vorliege, die als schwere seelische Abartigkeit i.S.d. § 20 StGB zu werten sei und die - vor allem in Bezug auf das besondere Abhängigkeitsverhältnis des Beklagten zu Frau A, in die der Beklagte intensiv verliebt gewesen sei, ohne dass dies von ihr erwidert worden wäre, vielmehr habe diese den Beklagten nur ausgenutzt (so habe dieser ihr nicht nur eine Mietwohnung und einen teuren PKW finanziert, sondern auch Urlaubsreisen bezahlt und andere, kostspielige Geschenke gemacht, ihr auf deren Anruf Geld in den Urlaub überwiesen, ihren Hund in der Mittagspause Gassi geführt oder ihr Auto aus der Werkstatt abgeholt, um dadurch ihr Wohlwollen und ihre Aufmerksamkeit zu erlangen, ohne hierfür jemals eine Gegenleistung erhalten zu haben) - dazu geführt habe, dass er in ambivalenten Situationen nicht mehr fähig gewesen sei, selbständig zu entscheiden (a.a.O. S. 34 f.). Aufgrund der konstatierten Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend selbstunsicheren sowie abhängigen Zügen und infolge der spezifischen Abhängigkeitsbeziehung zu Frau A habe der Beklagte vielmehr deren Wünschen weit weniger Widerstand entgegensetzen können, als dies einer gesunden Person möglich gewesen wäre, so dass aus medizinischer Sicht von einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit i.S.d. § 21 StGB zum jeweiligen Tatzeitpunkt auszugehen sei (a.a.O. S. 36). Der Senat geht demgemäß im Hinblick auf beide Vorwürfe von einer verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten aus.

4. Das festgestellte Dienstvergehen wiegt schwer i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BDG. Gleichwohl ist nach Überzeugung des Senats noch nicht von einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit auszugehen, der eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gebieten würde. Die besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls erlauben vielmehr eine mildere Bewertung des Dienstvergehens und führen zur Zurückstufung des Beklagten um zwei Stufen.

4.1 Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 Abs. 1 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist danach insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme anhand einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss deshalb in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 12).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist dabei die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Das festgestellte Dienstvergehen muss nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten sowie der Dauer und Häufigkeit der Pflichtverstöße und nach den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach der Form und dem Gewicht des Verschuldens und nach den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte wie insbesondere dem eingetretenen Schaden (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 16).

Setzt sich das Dienstvergehen - wie hier - aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung. Das ist hier der Verstoß gegen § 9 Abs. 1 AWV a.F. und die damit einhergehende Amtsanmaßung nach § 132 StGB.

Der frühere 1. Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts hat die Verhängung der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme bei vorsätzlichen Verstößen gegen zollrechtliche Vorschriften, die dazu führen, dass Waren unter Verletzung von Einbzw. Ausfuhrverboten oder -beschränkungen über die Grenze verbracht werden, i.d.R. als indiziert angesehen (vgl. BVerwG, U.v. 23.8.1979 – 1 D 64.78 – juris Rn. 37; U.v. 24.11.1998 – 1 D 16.97 – juris Rn. 16). Ein Zollbeamter, der daran mitwirkt, Waren unter Verletzung zollrechtlicher Bestimmungen ein- oder auszuführen, versagt im Kernbereich seines Amtes und macht sich dadurch für eine weitere Belassung in diesem Amt untragbar. Es gehört gerade zu den dienstlichen Kernpflichten eines Zollbeamten, der Verletzung von Zoll- und Steuervorschriften entgegenzuwirken. Für die Maßnahmebemessung ist dabei der enge dienstliche Bezug zum Fehlverhalten des Beamten entscheidend (vgl. BVerwG, B.v. 23.7.1998 – 1 DB 15.98 – juris Rn. 7).

Nach Ansicht des 2. Revisionssenats des Bundesverwaltungsgerichts ist hingegen bei innerwie bei außerdienstlich von einem Beamten begangenen Straftaten die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung des Dienstvergehens zu einer gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahme am jeweils gesetzlich bestimmten Strafrahmen geboten. Mit der jeweiligen Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet dabei die nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung innerwie außerdienstlich begangener Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 17, 19). Dagegen kommt bei einem - wie vorliegend - innerdienstlichen Dienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung betroffen ist, dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme keine indizielle oder präjudizielle Bedeutung zu (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 2 B 24.16 – juris Rn. 15).

Das Strafgericht hat gegen den Beklagten wegen des ihm im Disziplinarverfahren zur Last gelegten Vorwurfs der Amtsanmaßung in 29.933 Fällen eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung verhängt. Die dabei zur Anwendung gekommene Strafvorschrift des § 132 StGB sieht einen Strafrahmen von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe vor. Begeht ein Beamter eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme grundsätzlich bis zur Zurückstufung. Weist ein Dienstvergehen indessen - wie hier aufgrund des gleichzeitig verwirklichten Verstoßes gegen zollrechtliche Bestimmungen gemäß § 9 Abs. 1 AWV a.F. - hinreichenden Bezug zum Amt des betreffenden Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen auch bei mittelschweren Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 18).

Danach bildet vorliegend die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach § 10 BDG den Ausgangspunkt der disziplinarrechtlichen Ahndung des durch den Beklagten begangenen Dienstvergehens.

Die Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt allerdings nur in Betracht, wenn dies unter Würdigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls dem Schweregehalt des konkret begangenen Dienstvergehens entspricht. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarische Höchstmaßnahme ist deshalb nur zulässig, wenn der Beamte wegen schuldhafter Verletzung einer ihm obliegenden Dienstpflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 BDG). Die Verhängung der Höchstmaßnahme ist nur gerechtfertigt, wenn die Abwägung aller Umstände der Tat und der Persönlichkeit des Beamten ergibt, dass es dem Dienstherrn nicht mehr zuzumuten ist, das Dienstverhältnis mit dem Beamten fortzusetzen. Neben der Schwere des Dienstvergehens sind hierfür die persönlichen Verhältnisse und das Verhalten des Beamten vor, bei und nach der Tat zu berücksichtigen. Ergibt die vorzunehmende Gesamtabwägung, dass aufgrund des Fehlverhaltens des Beamten ein endgültiger Vertrauensverlust in die ordnungsgemäße Diensterfüllung eingetreten ist, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 13).

4.2 Vorliegend ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass das Fehlverhalten des Beklagten zwar schwer i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG wiegt, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit jedoch noch nicht endgültig verloren hat und deshalb die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens wegen der besonderen Umstände des Dienstvergehens nicht geboten ist.

4.2.1 Zwar ist zu Lasten des Beklagten zu gewichten, dass er von Oktober 2002 bis Juli 2008 und damit über einen Zeitraum von fast sechs Jahren in 29.933 Fällen pflichtwidrig Ausfuhranmeldungen der Firma P … bearbeitet hat, so dass es sich nicht um eine persönlichkeitsfremde Augensblickstat handelt. Er hat sich dadurch auch nicht nur einer - lediglich vorsätzlich begehbaren - Amtsanmaßung i.S.d. § 132 StGB schuldig gemacht, sondern zudem vorsätzlich gegen § 9 AWV a.F. verstoßen, so dass Waren unter Verletzung zollrechtlicher Vorschriften ausgeführt wurden. Die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 AWV a.F. grundsätzlich vorgeschriebene Gestellung (d.h. körperliche Vorführung) der Waren beim zuständigen Zollamt soll die Zollbeamten in die Lage versetzen, sich durch Sichtkontrolle davon zu überzeugen, dass die Ware mit den in der Ausfuhrerklärung gemachten Angaben übereinstimmt, da andernfalls dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet wird. Dies hat der Beklagte sehenden Auges vereitelt, auch wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass hierdurch Abgaben hinterzogen oder einem Ausfuhrverbot unterliegende Waren exportiert worden wären bzw. der Klägerin oder Dritten (finanzielle) Schäden entstanden wären. Damit hat der Beklagte im Kernbereich seines Amtes versagt, da es gerade zu den Dienstpflichten eines Zollbeamten gehört, der Verletzung von Zollvorschriften entgegenzuwirken. Durch sein Verhalten hat der Beklagte zudem das in ihn mit der Übertragung der Tätigkeit an der Zollabfertigungsstelle gesetzte Vertrauen des Dienstherrn in eine pflichtgemäße selbständige Diensterfüllung enttäuscht, auf das dieser angewiesen ist, da dort keine ständige und lückenlose Überwachung möglich ist. Der Beklagte handelte hierbei auch aus eigennützigen Motiven, weil er Frau A einen Gefallen erweisen wollte, um ihre Zuneigung zu gewinnen. Er hat auch versucht, seine Taten zu verschleiern, indem er Ausfuhrunterlagen vernichtet und diese nicht in Gegenwart Dritter bearbeitet hat. Hinzu kommt, dass der Beklagte daneben mit seiner Beihilfe zum Arbeitszeitbetrug durch Frau A aus eigennützigen Gründen einen weiteren schweren Vertrauensbruch mit erheblichem disziplinarem Eigengewicht begangen hat (vgl. BayVGH, U.v. 25.3.2009 – 16a D 07.1479 – juris Rn. 89).

4.2.2 Von der danach an sich verwirkten Höchstmaßnahme ist aber ausnahmsweise zugunsten einer milderen Disziplinarmaßnahme abzusehen, weil ein anerkannter Milderungsgrund von einem solchen Gewicht vorliegt, der geeignet ist, das schwere Dienstvergehen des Beklagten als weniger gravierend erscheinen zu lassen. Nach Überzeugung des Senats bestehen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen aufgrund einer krankhaften seelischen Störung in einem Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit i.S.d. §§ 20, 21 StGB begangen hat, so dass die Höchstmaßnahme nicht verhängt werden kann.

Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldfähigkeit des Beamten bei Begehung der Tat erheblich gemindert war, darf das Gericht im Rahmen seiner Zumessungsentscheidung diesen Aspekt nicht offen lassen bzw. ihn zugunsten des Betroffenen unterstellen und lediglich auf die Einsehbarkeit der betreffenden Pflicht abstellen. Vielmehr muss es die Frage einer etwaigen Minderung der Schuldfähigkeit des Beamten aufklären. Dabei kann auch das Vorliegen einer krankhaften Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit unterhalb der Schwelle einer seelischen Abartigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB für die Gesamtwürdigung von Bedeutung sein (vgl. BVerwG, B.v. 29.8.2017 – 2 B 76.16 – juris Rn. 13).

Hat der Beamte zum Tatzeitpunkt an einer krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB gelitten oder kann eine solche Störung nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ nicht ausgeschlossen werden und ist die Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten erheblich, so ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen. In diesem Fall kann die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht ausgesprochen werden (vgl. BVerwG, B.v. 29.8.2017 – 2 B 76.16 – juris Rn. 14).

Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung i.S.v. § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Beamte den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte (vgl. BVerwG, U.v. 25.3.2010 – 2 C 83.08 – juris Rn. 29).

Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Schuldfähigkeit aufgrund der krankhaften seelischen Störung erheblich i.S.d. § 21 StGB war, ist zwar eine Rechtsfrage. Als Vorfrage muss jedoch geklärt werden, ob der Beamte im Tatzeitraum an einer Krankheit gelitten hat, die seine Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, vermindert hat. Erst wenn die seelische Störung und ihr Schweregrad feststehen oder nicht ausgeschlossen werden können, kann beurteilt werden, ob die Voraussetzungen für eine erheblich geminderte Schuldfähigkeit vorliegen. Hierzu bedarf es i.d.R. besonderer ärztlicher Sachkunde (vgl. BVerwG, B.v. 29.8.2017 – 2 B 76.16 – juris Rn. 15).

Die im Rahmen des Disziplinarverfahrens von der Klägerin beauftragten beiden Sachverständigen Prof. Dr. N … und Dr. L … haben in ihrem psychiatrischen Fachgutachten vom 25. März 2012 ausdrücklich festgestellt, dass der Beklagte an einer schweren Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend vermeidend-selbstunsicheren und dependenten (d.h. abhängigen) Zügen leidet, die die Eingangsmerkmale des § 20 StGB (schwere seelische Abartigkeit) erfüllt (S. 35). Der Beklagte hatte danach zwar insoweit Einsicht in die Unrechtmäßigkeit seines Tuns (ebda. S. 36). Aufgrund der beschriebenen Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend selbstunsicheren sowie abhängigen Zügen und aufgrund der spezifischen Abhängigkeitsbeziehung zu Frau A konnte der Beklagte deren Wünschen und Vorschlägen jedoch sowohl hinsichtlich der Bearbeitung der Ausfuhranmeldungen der Firma P … als auch hinsichtlich des „Arbeitszeitbetrugs“ weitaus weniger Widerstand entgegensetzen, als dies einem Gesunden möglich wäre, so dass aus medizinischer Sicht von erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Taten auszugehen ist (a.a.O.).

Der Senat legt diese medizinische Einschätzung seiner Beurteilung zugrunde, ob die festgestellte Verminderung der Schuldfähigkeit des Beklagten rechtlich erheblich i.S.d. § 21 StGB war. Er verkennt hierbei nicht, dass die Frage der Erheblichkeit eine Rechtsfrage darstellt, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung medizinischer Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Die Erheblichkeitsschwelle liegt dabei auch umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit i.S.v. § 21 StGB maßgeblich von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (vgl. BVerwG, B.v. 27.10.2008 – 2 B 48.08 – juris Rn. 7).

An der Erheblichkeit der festgestellten verminderten Schuldfähigkeit i.S.v. § 21 StGB bestehen für den Senat jedoch keine Zweifel. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass es sich bei den vom Beklagten verletzten Dienstpflichten jeweils um leicht einsehbare und erfüllbare Kernpflichten handelt, deren Einsichtsfähigkeit für den Beklagten auch durch das Gutachten nicht in Frage gestellt wird. Es greift allerdings zu kurz, deshalb die Erheblichkeit i.S.v. § 21 StGB zu verneinen, obwohl das Gutachten aufgrund der von ihm festgestellten abhängigen Persönlichkeitsstörung eine erhebliche Minderung der Steuerungsfähigkeit im Tatzeitpunkt bejaht hat. Der Senat geht aufgrund der im Gutachten nachvollziehbar dargelegten Einschränkungen der Steuerungsfähigkeit beim Beklagten (a.a.O. S. 32-35) trotz Verletzung leicht einsehbarer Kernpflichten vielmehr von erheblich verminderter Schuldfähigkeit i.S.v. § 21 StGB im Tatzeitpunkt aus, durch die die Erschwerungsgründe aufgewogen werden. Dies hat zur Folge, dass vorliegend die Verhängung der Höchstmaßnahme nicht mehr in Betracht kommt (vgl. BayVGH, U.v. 3.5.2017 – 16a D 15.1777 – juris Rn. 41).

Die Klägerin kann diesbezüglich auch nicht einwenden, dass sich die aufgrund des spezifischen Abhängigkeitsverhältnisses zu Frau A festgestellte Einschränkung der Steuerungsfähigkeit des Beklagten nicht auf die seit Oktober 2002 vorgenommenen Abfertigungen der Ausfuhranmeldungen der Firma P … ausgewirkt haben könne, weil der Beklagte nicht erst unter dem Einfluss von Frau A, sondern unabhängig hiervon bereits ab etwa 1999/2000 begonnen habe, auf diese Weise pflichtwidrig Ausfuhren für die Firma P … abzuwickeln. Der Beklagte hat zwar angegeben (vgl. Vernehmung vom 8.7.2008 Strafakte Bl. 1080; Vernehmung vom 5.11.2008 Strafakte Bl. 1088), bereits wohl seit etwa 1999/2000 - wenn auch nur in Ausnahmefällen - Ausfuhranmeldungen für die Firma P … in der vorgeworfenen Weise bearbeitet zu haben, nachdem er von F … P … darauf angesprochen worden sei. Doch hat er laut Gutachten (S. 21) erklärt, dass er erst 2002 damit angefangen habe, und zudem ausgeführt (Vernehmung vom 8.7.2008 Strafakte Bl. 1080), dass ihn erst Frau A beschwichtigt und letztlich überredet habe, dass man das schon so machen könne. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22. November 2017 (vgl. Protokoll S. 3) hat er erklärt, dass erst Frau A mit der Bitte auf ihn zugekommen sei, ob nicht zugunsten der Firma P … auf die Gestellung verzichtet werden könne. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, der Beklagte habe bereits seit 1999/2000 auf Ansinnen von F … P … damit begonnen, die Ausfuhranmeldungen auf diese Weise abzufertigen.

Darüber hinaus ist auch davon auszugehen, dass der Beklagte und Frau A bereits seit 1998 in der Abfertigungsstelle zusammen arbeiteten (vgl. Vernehmung Beklagter vom 8.7.2008 Strafakte Bl. 1079; Vernehmung F … P … vom 9.7.2008 Strafakte Bl. 1137) und dass sie sich schon vorher kannten (vgl. Vernehmung Beklagter vom 8.7.2008 Strafakte Bl. 1079), so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass - selbst für den Fall, dass der Beklagte bereits vor Oktober 2002 Ausfuhranmeldungen für die Firma P … ohne Gestellung abgefertigt haben sollte - der Beklagte erst auf deren Drängen so verfahren ist. Im Übrigen geht das Gutachten auch davon aus (S. 33), dass der Beklagte aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung auch gegenüber der Firma P … nicht dazu in der Lage war, Forderungen nach einer Abfertigung ohne Gestellung abzulehnen.

Unabhängig hiervon ist der Klägerin eine Berufung darauf, dass der Beklagte bereits ca. 1999/2000 auch ohne eine Einflussnahme von Frau A damit begonnen habe, Ausfuhranmeldungen für die Firma P … ohne Gestellung abzufertigen, schon deshalb verwehrt, weil die angeblichen Dienstpflichtverletzungen ab 1999/2000 nach dem unter 2.1 Ausgeführten nicht wirksam zum Gegenstand der Disziplinarklage gemacht wurden und aus diesem Grund dem Beklagten nicht entgegengehalten werden können.

Das Gutachten ist von der Klägerin auch nicht substantiiert angegriffen worden. Die Exploration und der erhobene Befund sind nachvollziehbar. Anhaltspunkte, dass das Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Grundlagen ausgehen, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweisen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter geben würde, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Das im Disziplinarverfahren eingeholte Gutachten kann auch im Gerichtsverfahren verwertet werden (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2016 – 2 B 40.16 – juris Rn. 10).

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass sowohl hinsichtlich der Schwere des begangenen Dienstvergehens als auch im Hinblick auf das Persönlichkeitsbild des Beklagten noch kein endgültiger Vertrauensverlust i.S.v. § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG eingetreten ist. Laut Gutachten (S. 36) kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Persönlichkeitsstörung außerhalb einer spezifischen Abhängigkeitssituation wie zu Frau A zu einem kriminellen Rückfall führen dürfte.

4.2.3 Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung sämtlicher den Beklagten be- und entlastenden Umstände ist unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beklagten zwar nicht die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, aber dennoch eine deutliche Pflichtenmahnung in Form der Zurückstufung des Beamten um zwei Stufen in das Amt eines Zollobersekretärs (BesGr A 7 BBesO) geboten.

Diese Disziplinarmaßnahme ist im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens sowie den damit einhergehenden erheblichen Vertrauensschaden des Dienstherrn und der Allgemeinheit schuldangemessen und erforderlich. Dabei berücksichtigt der Senat, dass der Beklagte durch die Disziplinarmaßnahme nicht nur in eine um zwei Stufen niedrigere Besoldungsstufe versetzt wird, sondern dass dadurch zugleich die an das bisher innegehabte Amt in BesGr A 9 BBesO gebundene Amtszulage entfällt. Die damit verbundenen finanziellen Folgen für den Beklagten sind aus der Sicht des Senats erforderlich und geeignet, den Beklagten zu einem künftigen pflichtgemäßen Verhalten im Dienst anzuhalten. Die für den Beklagten sprechenden Umstände (gute dienstliche Leistungen; Einräumung der Taten nach Entdeckung; keine straf- und disziplinarrechtliche Vorbelastung; lange Dauer der Disziplinarverfahrens) sind dabei zwar durchaus mildernd zu berücksichtigen und rechtfertigen es, von einer Zurückstufung um drei Stufen in das Eingangsamt eines Zollsekretärs (BesGr A 6 BBesO) abzusehen. Sie führen angesichts der erheblichen Schwere des Dienstvergehens jedoch weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtheit dazu, dass der Beklagte nur um eine Stufe in das Amt eines Zollhauptsekretärs (BesGr A 8 BBesO) zurückgestuft bzw. dass nur eine Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 BDG) verhängt werden könnte. Zum Absehen von der gebotenen Zurückstufung um zwei Stufen führt auch nicht die Tatsache, dass der inzwischen 60jährige Beklagte vor seinem Eintritt in den Ruhestand aller Voraussicht nicht mehr in sein bisheriges Amt bzw. in ein Amt der BesGr A 8 befördert werden wird, da er diesen Nachteil durch eigenes vorwerfbares und schwerwiegendes Fehlverhalten herbeigeführt hat. Da kein Rechtsanspruch auf Beförderung besteht, geht das Gesetz bei der gebotenen Degradierung grundsätzlich davon aus, dass der Beamte den durch die Disziplinarmaßnahme erlangten Status auch endgültig beibehält (vgl. BVerwG, U.v. 9.11.1994 – 1 D 57.93 – juris Rn. 22). Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens erscheint es trotz der langen Dauer des Disziplinarverfahrens auch nicht angezeigt, den Zeitraum von fünf Jahren, in dem der Beklagte nicht befördert werden darf (§ 9 Abs. 3 Satz 1 BDG), nach § 9 Abs. 3 Satz 2 BDG abzukürzen.

Diese Maßnahme verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Entsprechend dem Sinn des Disziplinarrechts, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu wahren, ist es notwendig, die disziplinare Maßnahme zu wählen, die dem Gewicht des Dienstvergehens und dem dadurch eingetretenen Vertrauensschaden entspricht. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt bei Disziplinarvergehen mit wirtschaftlichen Auswirkungen deshalb nicht, den durch das Dienstvergehen erstrebten Vorteil und den durch die Disziplinarmaßnahme eintretenden Nachteil miteinander abzuwägen. Ins Verhältnis zu setzen sind vielmehr die Schwere des Fehlverhaltens und der durch den Beamten veranlasste Vertrauensschaden. Hat beides, wie im vorliegenden Fall, erhebliches Gewicht, so ist der Nachteil, der für den Beamten durch die Disziplinarmaßnahme eintritt, nicht unverhältnismäßig. Er liegt in seinem persönlichen Verantwortungsbereich und ist seinem schuldhaften und pflichtwidrigen Verhalten zuzurechnen (vgl. BVerwG, U.v. 9.11.1994 – 1 D 57.93 – juris Rn. 22).

Ein Absehen von der gebotenen Disziplinarmaßnahme aufgrund der Identität des disziplinarrechtlichen Vorwurfs hinsichtlich des Verstoßes gegen zollrechtliche Vorschriften mit dem im sachgleichen Strafverfahren geahndeten Strafvorwurf der Amtsanmaßung kommt bei einer Zurückstufung nicht in Betracht (vgl. § 14 Abs. 1 BDG).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 155 Abs. 1 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen (§ 69 BDG, § 132 VwGO).

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.