Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 06. Mai 2019 - 14 B 17.1926

bei uns veröffentlicht am06.05.2019

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, ein 1952 geborener ehemaliger Bundespolizist, begehrt mit seiner Klage die Aufhebung der Rücknahme der Anerkennung von Dienstunfallfolgen aufgrund eines als Dienstunfall anerkannten Zeckenbisses, die Aufhebung der zugleich erfolgten Rücknahme der Gewährung von Unfallausgleich und Unfallruhegehalt sowie die Erstattung von Heilbehandlungskosten.

Der Kläger meldete am 19. Dezember 2008, am 11. September 2008 einen Dienstunfall erlitten zu haben. Er sei auf dem Sportplatz der Bundespolizeischule Bad Endorf im Bereich der linken Kniekehle von einer Zecke gebissen worden, die ihm am Morgen des 12. September 2008 von einem Sanitätsbeamten der Bundespolizei teils entfernt worden sei. Die Entfernung eines kleinen Rests des Kopfes der Zecke sei durch den Sanitätsdienst am 15. September 2008 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sei bereits eine massive Schwellung des linken Knies, Unterschenkels und Oberschenkels eingetreten.

In der privatärztlichen Stellungnahme des Herrn H. vom 17. September 2008 wurde insbesondere festgehalten, beim Kläger sei am gestrigen Tag bereits eine Antibiose mit Isocilin Mega eingeleitet worden.

Laut medizinischem End-Befund des Labors Prof. Dr. R. u.a. vom 23. September 2008 ergab sich beim Kläger serologisch damals kein Hinweis auf eine Lyme-Borreliose.

Aus den Aufzeichnungen des Polizeiarztes Dr. F. in O. ergibt sich, dass dem Kläger jedenfalls von 6. bis 27. Oktober 2008 das Antibiotikum Cefuroxim verabreicht wurde.

Nach vorläufigem, privatärztlichem Bericht der C. Klinik vom 20. November 2008 wurde dort beim Kläger insbesondere eine Monarthritis (DD reaktive-aktivierte Arthrose) diagnostiziert. Nach einer vorübergehend wirksamen Antibiose sei es etwa am 8. November 2008 zu einem Wiederauftreten der Schwellung des linken Kniegelenks beim Kläger gekommen, wobei in diesem Bereich eine Punktion durchgeführt worden sei. Bei den Befunden des Punktats zeige sich die Borrelien-DNA negativ. In der Titerbestimmung der Borrelienserologie zeige sich keinerlei Auslenkung im Sinne einer möglichen Narbenbildung, sodass von keinerlei Infektion oder einer dermaßen raschen Antibiose und Deaktivierung auszugehen sei, sodass hier keinerlei Narbenbildung erfolgt sei. So ergebe sich nun die Möglichkeit einer aktivierten Arthrose. Eine weitere Möglichkeit sei eine reaktive Arthritis im Rahmen des Zeckenstichs. Differenzialdiagnostisch sei auch noch an eine Gicht zu denken.

Nach den Aufzeichnungen des Polizeiarztes Dr. F. in O. wurde der Kläger von diesem wegen reaktiver Polyarthritis am 9. Februar 2009 in die Ambulanz des Universitätsklinikums E. überwiesen. Aus diesen Aufzeichnungen ergibt sich auch, dass dieser Polizeiarzt dem Kläger am 25. Februar 2009 das Medikament Methotrexat (kurz MTX) verschrieb.

Laut privatärztlicher Stellungnahme des Prof. Dr. Sch. (Universitätsklinikum E.) vom 26. Februar 2009 ist beim Kläger über vier Wochen eine Doxycyclin-Therapie durchgeführt worden, wobei es zur Besserung der Schwellung des gesamten linken Beins gekommen, jedoch eine Restschwellung im Bereich des linken Kniegelenks verblieben sei. Im Oktober 2008 sei es zusätzlich zu einer Schwellung des rechten Kniegelenks mit Schmerzen und Ergussbildung gekommen. Im November 2008 seien Beschwerden im Bereich der Hüftgelenke, Schultergelenks- und Ellenbogengelenksbeschwerden dazugekommen. Eine Bronchitis im Jahre 2007 sei zu erwähnen. Die klinische Untersuchung zeige eine ausgeprägte Synovitis beider Kniegelenke und beider Ellenbogengelenke. Die Entzündungsparameter seien deutlich erhöht, die Autoantikörperdiagnostik sei negativ, ebenso die Borreliendiagnostik für IgM und IgG. In Zusammenschau der Befunde ergebe sich das Bild einer Polyarthritis, wobei es sich durchaus um eine rheumatoide Arthritis mit atypischem Befallsmuster handeln könne.

Durch Bescheid vom 19. Januar 2010 erkannte die Bundespolizeiakademie den vom Kläger am 19. Dezember 2008 gemeldeten Unfall vom 11. September 2008 als Dienstunfall an und stellte als Dienstunfallfolgen fest: Zustand nach Zeckenbiss Kniegelenk links, Oligoarthritis, DD reaktive Arthritis.

Im privaten Arztbrief vom 19. August 2010 führte Dr. M. insbesondere aus, aufgrund der suffizienten Antibiose habe der Körper des Klägers keine Antikörper bilden können, sodass die Borrelienserologie durchwegs negativ geblieben sei. Aktuell lasse sich auch ein Zustand nach Yersinieninfektion nachweisen, sodass hypothetisch auch noch ein Zweitinfekt infrage käme. Es bestehe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100%.

Im sozialmedizinischen Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes der Bundespolizei Oerlenbach vom 27. September 2010, das insbesondere die gesundheitliche Eignung des Klägers für den allgemeinen Verwaltungsdienst verneinte, wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei diesem liege eine chronische Erkrankung des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes vor. Hinsichtlich einer Oligoarthritis sei weder die haftungsbegründende noch die haftungsausfüllende Kausalität gegeben, sodass die Anerkennung des gemeldeten Unfalls vom 11. September 2008 als Dienstunfall zum momentanen Zeitpunkt der Diagnostik nicht nachvollzogen werden könne.

Durch Bescheid vom 18. Oktober 2010 stellte die Bundespolizeiakademie nach gutachterlicher Stellungnahme des Polizeiärztlichen Dienstes Oerlenbach vom 15. September 2010 als Folgen des Dienstunfalls vom 11. September 2008 fest: Belastungsabhängige und schmerzhafte Entzündungen in beiden Kniegelenken, beiden Hüften, beiden Schultergelenken und im rechten oberen Sprunggelenk. Kniegelenkserguss rechts. Deutliche Beeinträchtigung im Alltagsleben. Bewegungseinschränkungen, vor allem in beiden Schultern, bei der Elevation, Abduktion und Außenrotation beidseits. Die eingetretene Minderung der Erwerbsfähigkeit wurde insbesondere auf damals 100% festgesetzt.

Durch Bescheid vom 11. Dezember 2010 versetzte die Bundespolizeiakademie den Kläger mit Ablauf des 31. Dezember 2010 wegen Polizeidienstunfähigkeit und allgemeiner Beamtendienstunfähigkeit in den Ruhestand. Nach dem Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes vom 27. September 2010 sei der Kläger dienstunfähig. Es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang der zur oben genannten Beurteilung führenden Leiden mit einem von der Bundespolizeiakademie unter dem 19. Januar 2010 anerkannten Dienstunfall.

Durch Bescheid vom 20. Dezember 2010 hob die Bundespolizeiakademie ihren Bescheid vom 18. Oktober 2010 auf und stellte nach gutachterlicher Stellungnahme des Polizeiärztlichen Dienstes Oerlenbach vom 18. November 2010 als Folgen des Dienstunfalls vom 11. September 2008 erneut diejenigen Folgen, die bereits durch Bescheid vom 18. Oktober 2010 anerkannt waren, fest, sowie darüber hinaus: Epicondylitis medialis beidseits. Die eingetretene Minderung der Erwerbsfähigkeit wurde insbesondere auf damals 100% festgesetzt.

Durch Bescheid vom 24. Februar 2011 setzte die Bundesfinanzdirektion Mitte die dem Kläger ab 1. Januar 2011 zustehenden Versorgungsbezüge fest und regelte dabei auch die Festsetzung des Unfallruhegehalts.

In der privatärztlichen Stellungnahme vom 23. Mai 2011 führte Prof. Dr. Sch. insbesondere aus, beim Kläger bestehe eine insbesondere mit MTX behandelte, seronegative rheumatoide Arthritis mit derzeit niedriger Krankheitsaktivität. In seiner privatärztlichen Bescheinigung zur Vorlage bei der Krankenkasse vom 2. November 2011 hielt derselbe Arzt insbesondere fest, beim Kläger bestehe eine rheumatoide Arthritis, die im Zusammenhang mit dem Unfallereignis stehe. In seiner privatärztlichen Stellungnahme vom 23. November 2011 berichtete Prof. Dr. Sch. insbesondere, beim Kläger bestehe eine weiterhin aktive rheumatoide Arthritis. Es fänden sich neun druckschmerzhafte und fünf geschwollene Gelenke. In Zusammenschau der Befunde liege eine insuffiziente Einstellung der rheumatoiden Arthritis mit MTX vor. Daher werde eine Kombination mit einem zusätzlichen Antirheumatikum empfohlen.

Am 5. März 2012 ging die Unfallakte des Klägers bei der Bundesfinanzdirektion Mitte ein (Bl. 189 ff. der Unfallakte).

Durch Bescheid vom 20. Juni 2012 nahm die Bundesfinanzdirektion Mitte den Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 19. Januar 2010 hinsichtlich der anerkannten Folgen „Oligoarthritis, DD reaktive Arthritis“ mit Wirkung für die Zukunft zurück (Ziffer 1), entschied, dass der Bescheid vom 19. Januar 2010 im Übrigen bestehen bleibt (Ziffer 2), stellte fest, dass der Zeckenbiss keine - mithin auch keine erwerbsmindernden - Folgen hinterlassen hat und dass ein Anspruch auf Unfallausgleich nicht besteht (Ziffer 3), nahm den Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 18. Oktober 2010 mit Wirkung für die Zukunft zurück (Ziffer 4), stellte fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf Unfallruhegehalt nach § 36 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) hat (Ziffer 5) und ordnete den Sofortvollzug an (Ziffer 6). Die rechtlich allein wesentliche Ursache der festgestellten Oligoarthritis DD und reaktiven Arthritis sei in einer dienstunabhängigen, degenerativen Vorschädigung der betroffenen Gelenke bzw. in einem anlagebedingten Leiden zu sehen. Ein Zusammenhang der diagnostizierten Arthritis mit dem erlittenen Zeckenstich sei nach Aktenlage nicht nachvollziehbar. Da keine erwerbsmindernden Folgen im Zusammenhang mit dem erlittenen Dienstunfall bestünden, habe auch kein Anspruch auf Zahlung eines Unfallausgleichs bestanden. Die Bescheide der Bundespolizeiakademie vom 19. Januar 2010 und vom 18. Oktober 2010 seien daher rechtswidrig ergangen. Die entsprechenden Tatsachen seien im März 2012 mit Eingang der vollständigen Unfallunterlagen bekannt geworden. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG sei daher gewahrt. Vertrauensschutzgründe stünden der teilweisen Rücknahme nicht entgegen. Das überwiegende öffentliche Interesse an der teilweisen Rücknahme bestehe insbesondere in der künftigen Vermeidung ungerechtfertigter Unfallfürsorgeleistungen. § 48 Abs. 2 Sätze 1 und 2 VwVfG stünden daher einer Rücknahme für die Zukunft nicht entgegen. Folglich seien auch die Unfallausgleichszahlungen für die Zukunft einzustellen. Mangels Zusammenhangs zwischen Zurruhesetzung und Dienstunfall bestehe auch kein Anspruch auf Unfallruhegehalt. Die Unfallruhegehaltszahlungen seien einzustellen.

Durch Bescheid vom 13. August 2012 lehnte die Bundesfinanzdirektion Mitte den auf den durch Bescheid vom 19. Januar 2010 anerkannten Dienstunfall bezogenen Antrag des Klägers vom 7. August 2012 auf Erstattung von Heilbehandlungskosten in Höhe von 3.218,47 € ab und verwies zur Begründung auf ihren Bescheid vom 20. Juni 2012.

Gegen die Bescheide vom 20. Juni 2012 um vom 13. August 2012 ließ der Kläger Widerspruch erheben und der Beklagten als Anlage zur im Schriftsatz vom 26. Oktober 2012 enthaltenen, auf den Bescheid vom 13. August 2012 bezogenen Widerspruchsbegründung eine privatärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. Sch. vom 31. August 2012 vorlegen. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Kausalität des Zeckenbisses für die arthritischen Beschwerden des Klägers sei nie mit letzter Sicherheit zu beweisen. Tatsache sei, dass diese Beschwerden im Anschluss an einen Zeckenbiss begonnen hätten und dass keine relevante Vorerkrankung bestanden habe. Bei den Beschwerden handle es sich nicht um eine klassische Borrelienarthritis, die sich üblicherweise einige Zeit nach der Borrelienexposition in einer Monarthritis, meist großer Gelenke abspiele, sondern um eine seronegative rheumatoide Arthritis. Dabei handele es sich um eine Autoimmunerkrankung, die sich durch das Zusammenspiel von Umweltfaktoren und einer genetischen Bereitschaft entwickle. Der Beginn der klinischen Erkrankung mit Schmerzen, Steifigkeit und Gelenksschwellungen sei oft durch eine Infektion getriggert und daher sei es nicht auszuschließen, dass der Zeckenbiss tatsächlich die rheumatoide Arthritis des Klägers getriggert habe. Ob tatsächlich Kausalität vorliege, sei nicht mit letzter Sicherheit zu beantworten, aber auch nicht auszuschließen. Auch zu Beginn des Verfahrens sei nie von einer Borrelienarthritis die Rede gewesen.

Durch Widerspruchsbescheid vom 5. April 2013 wies die Bundesfinanzdirektion Mitte die Widersprüche des Klägers gegen deren Bescheide vom 20. Juni 2012 und vom 13. August 2012 zurück. An der Auffassung, dass beim Kläger eine dienstunabhängige degenerative Vorschädigung der betroffenen Gelenke vorliege, werde nicht mehr festgehalten. Vielmehr sei nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen, dass die Körperschäden oder Beschwerden durch den Zeckenstich verursacht worden seien.

Den auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner dort am 13. Mai 2013 gegen den Bescheid vom 20. Juni 2012 - und vom 13. August 2012 - in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2013 erhobenen Anfechtungsklage gerichteten Eilantrag des Klägers lehnte das Verwaltungsgericht Bayreuth durch Beschluss vom 7. August 2013 ab.

Unter Abänderung dieses Beschlusses stellte der Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung dieser Klage des Klägers durch Beschluss vom 13. Januar 2014 - 14 CS 13.1790 - (BayVBl 2015, 172) wieder her. Auf Basis der bisherigen Ermittlungen sei offen, ob die seit dem Zeckenbiss bestehenden Erkrankungen und die im Jahr 2010 festgestellte Dienstunfähigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch den Zeckenbiss verursacht worden seien. Die Interessenabwägung ergebe, dass die Interessen des Klägers überwiegen. Bereits im Verwaltungsverfahren hätte sich der Beklagten die Hinzuziehung eines Sachverständigen aufdrängen müssen. Der angegriffene Bescheid sei nicht im Hinblick auf die Nichteinhaltung der Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG rechtswidrig.

Infolge dieser Entscheidung beschloss das Verwaltungsgericht am 21. Oktober 2014, insbesondere zur Frage der Kausalität zwischen verschiedenen, im Einzelnen benannten gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers und dem als Dienstunfall anerkannten Zeckenstich vom 11. September 2008 Beweis zu erheben durch Einholung eines rheumatologischen/internistischen Sachverständigengutachtens und beauftragte Prof. Dr. T. - Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie - mit der Erstattung des Gutachtens, wobei diesem laut diesbezüglichem Begleitschreiben des Verwaltungsgerichts vom 21. Oktober 2014 nebst Beweisbeschluss insbesondere die Gerichtsakten des dortigen Klage- und Eilverfahrens sowie die Behördenakten zugeleitet wurden. In diesem Begleitschreiben bat das Verwaltungsgericht auch insbesondere, die übersandten Unterlagen zu prüfen.

Im daraufhin nach Aktenlage erstellten, schriftlichen Gutachten vom 11. Dezember 2014, welches außer von Prof. Dr. T. auch von dem Assistenzarzt Dr. G. und vom Direktor der Klinik, Prof. Dr. E., unterzeichnet wurde, wurde im Wesentlichen ausgeführt, es bestehe ein klarer zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Zeckenbiss und den beklagten Beschwerden. Als Argument gegen einen kausalen Zusammenhang sei anzumerken, dass ein derart kurzes Intervall zwischen Zeckenbiss und Arthritis für eine Lyme-Arthritis sehr ungewöhnlich sei. Zwar würden gelegentlich Gelenkschmerzen bereits einen Tag nach einem Zeckenbiss observiert, diese gingen dann jedoch nicht mit einer manifesten, objektivierbaren Gelenkerkrankung einher. Angesichts des fehlenden Erythema migrans und der im Verlauf immer negativen Borrelien-Titer (kein Nachweis Borrelienspezifischer Antikörper im Blut) sei kein objektivierbarer Befund vorhanden, der für eine Borreliose spreche. Alle publizierten Daten deuteten darauf hin, dass bei gesicherter Lyme-Arthritis immer eine Serokonversion (Auftreten Borrelienspezifischer Antikörper im Blut) nachgewiesen werden könne. Der dokumentierte klinische Befund sei für eine Borrelien-Arthritis ungewöhnlich, da der Befall von mehr als fünf Gelenken als ungewöhnlich gelte. Die Ursache der Beschwerden sei letztendlich unklar. Prinzipiell sei eine atypische rheumatoide Arthritis möglich. Ferner sei eine reaktive Arthritis, etwa im Rahmen der stattgehabten Yersinien-Infektion denkbar. Theoretisch sei es zwar möglich, dass eine reaktive Arthritis durch den Zeckenbiss ausgelöst worden sei, in all diesen Fällen sei jedoch von einer krankhaften Veranlagung bzw. einem anlagebedingten Leiden zu sprechen, bei dem die Auslösung durch den Zeckenbiss keine besondere, in ihrer Eigenart unersetzliche Wirkung gehabt habe. Somit sei der Kausalitätszusammenhang im juristischen Sinn auch in diesem Fall nicht erfüllt.

Im vom Kläger im Klageverfahren in Auftrag gegebenen Gutachten vom 18. März 2015 führte Dr. L. - Facharzt für Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Sozialmedizin und Chirotherapie - nach ambulanter Untersuchung des Klägers insbesondere aus, dieser nehme einmal pro Woche 20 mg MTX ein und erhalte alle zwei Wochen Cimzia Injektionen. Im Gutachten vom 11. Dezember 2014, welches durch den Assistenzarzt Dr. G. erstattet worden sei, fänden sich mehrfache sachliche Fehlbeurteilungen. Die Aussage, es würden zwar gelegentlich Gelenkschmerzen bereits einen Tag nach einem Zeckenstich observiert, diese gingen dann nicht mit einer manifesten objektivierbaren Gelenkerkrankung einher, beziehe sich auf eine Veröffentlichung aus dem Jahr 1987 und sei inzwischen durch vielfache Untersuchungen in der Literatur widerlegt. Durch die sofort eingesetzte Antibiotika-Behandlung habe der Entzündungsprozess relativ gut unter Kontrolle gebracht werden können, was vermutlich bei einer Autoimmunerkrankung nicht der Fall gewesen wäre. Der Feststellung, es sei kein objektiver Befund für eine Borreliose vorhanden, sei zwar zuzustimmen, sie spreche aber nicht gegen das Vorhandensein einer Borreliose-Infektion. Es sei bekannt, dass eine sehr früh einsetzende Antibiotika-Behandlung eine Serokonversion verhindern könne. Der Angabe, alle publizierten Daten wiesen darauf hin, dass bei einer gesicherten Lyme-Arthritis immer eine Serokonversion nachgewiesen werden könne, müsse widersprochen werden. Es gebe zahlreiche Gründe für eine fehlende Serokonversion. Nicht korrekt sei auch die Anmerkung, dass bei der klinischen Darstellung des Patienten von mehreren Gelenken diese für eine Borrelien-Arthritis ungewöhnlich sei. Es sei durchaus denkbar, dass eine reaktive Arthritis durch einen Zeckenstich getriggert worden sei, was auch der Gutachter einräume. Dieser sei allerdings der Meinung, dass die Triggerfunktion im Sinne einer auslösenden Ingangsetzung einer Arthritis keine besondere, in ihrer Eigenart unersetzliche Wirkung besessen habe. Dem sei zu widersprechen, zumal diese Behauptung nicht begründet worden sei. Das Ergebnis der zusammenfassenden Beurteilung sei, dass der Dienstunfall am 11. September 2008 nicht nur den zeitlichen, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch den ursächlichen Zusammenhang mit der Entwicklung der jetzigen polyarthritischen Erkrankung dargestellt habe. Andere denkbare Ursachen, insbesondere feststellbare Vorerkrankungen im Sinne von konkurrierenden Ursachen könnten ausgeschlossen werden.

Nachdem ihm das Verwaltungsgericht zur Vorbereitung mit Schreiben vom 14. April 2015 nochmals die Gerichts- und Behördenakten sowie das vom Kläger vorgelegte Gutachten des Dr. L. vom 18. März 2015 übersandte, erläuterte Prof. Dr. T. in der dortigen mündlichen Verhandlung am 16. Juni 2015 das Gutachten vom 11. Dezember 2014. Sowohl für die rheumatoide Arthritis als auch für die Spondarthritis, von welcher die reaktive Arthritis eine Unterfallgestaltung sei, könnten genetische Merkmale vorliegen. Die reaktive Arthritis werde im Regelfall durch Keime ausgelöst, etwa durch Chlamydien, Streptokokken oder eine Darminfektion in Gestalt von Yersinien. Abzugrenzen hiervon sei eine durch Borrelien hervorgerufene Arthritis, weil es sich hierbei um eine Infektionskrankheit handle. Durch Borrelien werde im Regelfall keine Weichteilinfektion hervorgerufen. Eine Lyme-Arthritis scheide aufgrund des zeitlichen Ablaufs aus. Der zeitliche Ablauf habe auch im Hinblick auf die beklagten Beschwerden für eine reaktive Arthritis gesprochen. Der fehlende Nachweis von Borrelien bedeute nicht zwingend, dass keine Borrelieninfektion vorliege. Bei der angesprochenen Yersinieninfektion könne es sich um einen möglichen Auslöser für eine reaktive Arthritis handeln. Yersinienantikörper persistierten lebenslang, sodass der konkrete Zeitpunkt des Befalls im Nachhinein nicht mehr feststellbar sei. Da sich die Beschwerden des Klägers nicht im Magen-Darmbereich, sondern im Beinbereich manifestiert hätten, sei davon auszugehen, dass hierin nicht die Ursache für die Beschwerden zu finden sei. Die massive Schwellung des gesamten linken Beins unmittelbar nach dem Stichereignis weise eher auf eine Belastung mit anderen Keimen hin. Durch den Stich bzw. durch die Entfernung der Zecke könne es dazu gekommen sein, dass Hautkeime, etwa Streptokokken, in die Wunde gelangt seien. Das damals verabreichte Antibiotikum sei bei einer Borrelieninfektion nicht das erste Mittel der Wahl, sondern werde vor allem etwa bei Streptokokkeninfektionen eingesetzt. Eine frühzeitige Antibiose verhindere nicht nur das Entstehen von Antikörpern im Blut, sondern auch das Entstehen arthritischer Beschwerden in Form der späteren Manifestation einer Lyme-Arthritis. Es sei nachvollziehbar, dass die zunächst behandelnden Ärzte aufgrund der Symptomatik von einer reaktiven Arthritis ausgegangen seien. Bei einer Gesamtbetrachtung sei aber eher eine seronegative rheumatoide Arthritis anzunehmen. Es sei richtig, dass Zecken auch andere Keime als Borrelien übertragen könnten. Bei diesen Keimen sei es aber eher unwahrscheinlich, dass sie eine so großflächige Hautentzündung wie beim Kläger hervorrufen könnten. Streptokokken ließen sich etwa durch einen Abstrich nachweisen. Das sei allerdings im Regelfall nicht üblich, weil bei Befundbildern wie dem vorliegenden mit einer schnellen Gabe von Penicillin im Regelfall kurzfristig eine Heilung herbeigeführt werden könne. Die Träger, die zur Auslösung des Krankheitsbildes führen könnten, seien sehr vielfältig. Es könne ein bloßer Schnupfen sein, aber auch eine Weichteilinfektion. Eine kausale Verknüpfung zwischen dem Zeckenstich und den Beschwerden könne nicht hergestellt werden. Der über die massive Hautentzündung hinaus diagnostizierte Krankheitsverlauf hänge mit der Prädisposition des Klägers zusammen.

Durch Urteil vom 16. Juni 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage, welche der Kläger in der dortigen mündlichen Verhandlung um den Verpflichtungsantrag, ihm im Rahmen der Dienstunfallfürsorge aufgrund seines Antrags vom 7. August 2012 Heilbehandlungskosten in Höhe von 3.218,47 € zu erstatten, ergänzte, als unbegründet ab, weil nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sei, dass die vom Kläger geklagten Beschwerden auf den am 12. (richtig: 11.) September 2008 erlittenen Zeckenstich zurückzuführen seien.

Gegen das Urteil vom 16. Juni 2015 hat der Senat auf Antrag des Klägers die Berufung zugelassen. Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Bescheide der Beklagten vom 20. Juni 2012 und vom 13. August 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger im Rahmen der Dienstunfallfürsorge aufgrund seines Antrags vom 7. August 2012 Heilbehandlungskosten in Höhe von 3.218,47 € zu erstatten.

Zur Begründung der Berufung wird im Wesentlichen vorgetragen, Ziffer 4 des Bescheids vom 20. Juni 2012 entfalte keine Rechtswirkung. Der Bescheid vom 18. Oktober 2010 sei bereits mit Bescheid vom 20. Dezember 2010 aufgehoben worden und könne daher nicht mehr aufgehoben werden. Der Bescheid vom 20. Dezember 2010 sei nach wie vor wirksam. Deswegen fehle es auch an einem Rechtsgrund für die Ziffern 3 und 5 des Bescheids vom 20. Juni 2012. Bereits die Beauftragung des Sachverständigen durch das Verwaltungsgericht sei fehlerhaft gewesen. Der Sachverhalt sei diesem unvollständig und unzutreffend übermittelt worden. Daneben sei dem Sachverständigen auch eine unvollständige rechtliche Definition der Kausalität des Unfallereignisses übermittelt worden. Die Verwertung des schriftlichen Gutachtens vom 11. Dezember 2014 sei aus mehreren Gründen unzulässig. Auftragswidrig habe das Gutachten ausweislich der entsprechenden Unterschriftsvermerke der Assistenzarzt Dr. G. erstattet, an dessen Sachkunde erhebliche Zweifel bestünden. Eine umfassende Einbeziehung sämtlicher bisheriger Befunde und Stellungnahmen lasse sich dem Gutachten vom 11. Dezember 2014 nicht entnehmen. Dr. L. verfüge über neuere bzw. überlegenere Forschungsmittel und über größere Erfahrung als der Assistenzarzt Dr. G. Der erforderliche Kausalitätsnachweis verlange keine letzte Sicherheit, sondern eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Eine solche werde sowohl von Dr. L. als auch von Prof. Dr. S.ch . bestätigt. Dem Kläger komme auch der Beweis des ersten Anscheins zugute. Nach den Bekundungen des Prof. Dr. S.ch . handle es sich bei einer durch einen Zeckenbiss ausgelösten rheumatoiden Arthritis um einen typischen Geschehensablauf. Beim Kläger liege eine Lyme-Arthritis vor, für die alleinige Ursache der Zeckenbiss gewesen sei. Die Zeitspanne von 24 Stunden zwischen Stich und Entfernung sei nach Expertenmeinung ausreichend, bei einer mit Borrelien infizierten Zecke Borrelien in den Wirt einzuschleusen. Ob die sachgerecht entfernte Zecke durch den Arzt eine Infektion mit Streptokokken hervorgerufen habe, sei reine Spekulation. Die Ausbildung mehrerer Arthritiden sei geradezu typisch für die Borrelieninfektion. Auch im Falle der rheumatoiden Arthritis wäre der Zeckenbiss der infektiöse Auslöser der Erkrankung. Die Behauptung des Verwaltungsgerichts, der Krankheitsausbruch und -verlauf beim Kläger hänge ausschließlich mit dessen genetischer Veranlagung zusammen, sei eine bloße Vermutung. Auch wenn bei einer rheumatoiden Arthritis ein anlagebedingtes Leiden als Mitursache anzusehen sei, sei dieses beim Kläger keinesfalls schon so weit fortgeschritten gewesen, dass der Zeckenbiss das „Fass zum Überlaufen gebracht hätte“. Es sei unwiderlegte Tatsache, dass der Kläger bis zum Ereignis des Zeckenstichs gesund und beschwerdefrei gewesen sei. Die Aussage des gerichtlichen Gutachters, die im Körper vorhandene autoimmune Prägung müsse bereits so weit fortgeschritten gewesen sein, dass der Erreger quasi das letzte Tröpfchen gewesen wäre, sei weder in sich schlüssig noch nachvollziehbar. Die Autoimmunerkrankung sei in ihrer Ausprägung nicht erwiesen. Auch unter Zugrundelegung der nach Einvernahme des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichtshofs erwiesenen Tatsachen müsse die Kausalität bejaht werden. Die Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 VwVfG sei längst abgelaufen gewesen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, wie sich aus dem Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 21. Oktober 2014 ergebe, seien dem Universitätsklinikum W. sämtliche Behörden- und Gerichtsakten übersandt worden. Die Behauptung des Klägers, als Auslöser für die bei ihm bestehenden Beschwerden komme ausschließlich der Zeckenstich in Betracht, werde durch das gerichtliche Gutachten sowie durch die Ausführungen des Prof. Dr. T. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht widerlegt. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die beim Kläger bestehenden Beschwerden ihre Ursache im Wesentlichen in seiner Prädisposition für den Ausbruch einer rheumatoiden Arthritis hätten. Der Beweis des ersten Anscheins sei hier nicht anwendbar, da der Befall von mehr als fünf Gelenken für eine Borrelien-Arthritis als ungewöhnlich gelte. Der Kläger trage die materielle Beweislast für den Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen seinen Gesundheitsbeeinträchtigungen und dem Unfallereignis. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG sei gewahrt worden.

In der mündlichen Verhandlung am 9. April 2019 hat der Verwaltungsgerichtshof Prof. Dr. T. zur Erläuterung seines für das Verwaltungsgericht erstellten Gutachtens vom 11. Dezember 2014 (ergänzt durch Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung vom 16.6.2015) als Sachverständigen vernommen. Auf die entsprechenden Erläuterungen des Prof. Dr. T. (Niederschrift S. 3 bis 7) wird vollumfänglich Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich in der mündlichen Verhandlung mit einer Frist von vier Wochen zur Niederlegung des Tenors einverstanden erklärt. Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 30. April 2019 hat der Kläger zu den Erläuterungen des Prof. Dr. T. Stellung genommen und - allerdings außerhalb der eingeräumten Schriftsatzfrist - eine weitere Stellungnahme des Dr. L. vom 14. April 2019 vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage sowohl in ihrem Anfechtungsteil (1.) als auch in ihrem Verpflichtungsteil (2.) zu Recht als unbegründet abgewiesen, weil der Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2013 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und weil er keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Erstattung von Heilbehandlungskosten in Höhe von 3.218,47 € im Rahmen der Unfallfürsorge hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt die Auslegung des Bescheids vom 20. Juni 2012 (§§ 133, 157 BGB analog), dass die Beklagte durch diesen Bescheid nicht nur - wie insoweit ausdrücklich tenoriert - ihre Bescheide vom 19. Januar 2010 (hinsichtlich zweier Dienstunfallfolgen) und vom 18. Oktober 2010, sondern auch jeweils konkludent ihren Bescheid vom 20. Dezember 2010 sowie ihre Entscheidungen zur Gewährung von Unfallausgleich und zur Festsetzung des Unfallruhegehalts für die Zukunft zurück genommen hat.

Es kann offen bleiben, ob - wie die Beklagte in ihrem späteren, an die Klägerbevollmächtigten gerichteten Schreiben vom 14. November 2012 unter Berufung auf eine Stimme der Kommentarliteratur meint - von einer konkludenten Aufhebung immer schon dann auszugehen ist, wenn der neue Verwaltungsakt in Widerspruch zu einem früheren rechtswidrigen Verwaltungsakt ergeht und insoweit eine andere Regelung trifft, ohne den früheren Verwaltungsakt ausdrücklich abzuändern (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2012 - 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 39).

Denn dass hier auch eine konkludente Rücknahme des Bescheids vom 20. Dezember 2010 sowie der Entscheidungen der Beklagten zur Gewährung von Unfallausgleich und zur Festsetzung des Unfallruhegehalts jeweils für die Zukunft durch den Bescheid vom 20. Juni 2012 erfolgt ist, ergibt die Auslegung dieses letztgenannten Bescheids, in welchem diese Rücknahmen auch in ihrem Umfang nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen (vgl. BVerwG, U.v. 26.7.2006 - 6 C 20.05 - BVerwGE 126, 254 Rn. 100 m.w.N.; U.v. 9.5.2012 - 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 39).

aa) Zu dieser Auslegung führt schon für sich genommen der Tenor des Bescheids vom 20. Juni 2012.

Die Ziffern 1 und 2 dieses Tenors verdeutlichen zunächst, dass die Beklagte es fortan für die Zukunft nur bei der in ihrem Bescheid vom 19. Januar 2010 geregelten Anerkennung des gemeldeten Unfalls vom 11. September 2008 als Dienstunfall mit der Folge „Zustand nach Zeckenbiss Kniegelenk links“ belassen wollte. Denn in Ziffer 1 des Tenors nahm sie den Bescheid vom 19. Januar 2010 ausdrücklich hinsichtlich der anerkannten Folgen „Oligoarthritis, DD reaktive Arthritis“ mit Wirkung für die Zukunft zurück und entschied in Ziffer 2, dass der Bescheid vom 19. Januar 2010 im Übrigen bestehen bleibt.

Dementsprechend hat die Beklagte dann in Satz 1 der Ziffer 3 des Tenors ihres Bescheids vom 20. Juni 2012 - ihre eine weitergehende Anerkennung von Unfallfolgen verneinende Regelungsabsicht erkennbar bekräftigend - festgestellt, dass der Zeckenbiss keine, mithin auch keine erwerbsmindernden Folgen hinterlassen hat. Angesichts dieser Feststellung der Beklagten ist in Ziffer 3 Satz 2 des Tenors des Bescheids vom 20. Juni 2012, in welcher ein Anspruch des Klägers auf Unfallausgleich verneint wurde, auch hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen, dass die Beklagte für die Zukunft nicht mehr an der Gewährung von Unfallausgleich für den Kläger festhalten will, welcher ihm zuvor auf Basis der Bescheide vom 18. Oktober 2010 und vom 20. Dezember 2010, welche jeweils beim Kläger eine qualifizierte Minderung der Erwerbsfähigkeit (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BeamtVG) festgesetzt hatten, gewährt wurde.

Objektiv unnötig, aber auch die dargelegte Regelungsabsicht der Beklagten bekräftigend, hat diese in Ziffer 4 des Tenors des Bescheids vom 20. Juni 2012 entschieden, den Bescheid vom 18. Oktober 2010 mit Wirkung für die Zukunft zurück zu nehmen. Diese Vorgehensweise war insofern objektiv unnötig, als der Bescheid vom 18. Oktober 2010 bereits durch den (bestandskräftigen) Bescheid vom 20. Dezember 2010 aufgehoben worden war. Insofern ist die Regelungswirkung der Ziffer 4 des Tenors des Bescheids vom 20. Juni 2012 ins Leere gegangen. Selbst wenn aber die Beklagte dabei den Bescheid vom 20. Dezember 2010 übersehen hätte, wäre eine solche Fehleinschätzung ihrerseits für die Annahme einer konkludenten Rücknahme des Bescheids vom 20. Dezember 2010 unschädlich (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2012 - 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 40).

Nichts anderes gilt, falls die Beklagte bei Erlass des Bescheids vom 20. Juni 2012 außerdem ihren Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 24. Februar 2011, mit welchem sie auch das Unfallruhegehalt für den Kläger geregelt hatte, übersehen haben sollte. Denn dass es die Beklagte für die Zukunft auch bei dieser Entscheidung nicht belassen wollte, ergibt sich hinreichend deutlich aus Ziffer 5 ihres Bescheids vom 20. Juni 2012, in welcher geregelt wurde, dass der Kläger keinen Anspruch auf Unfallruhegehalt nach § 36 BeamtVG hat.

bb) Unabhängig vom Tenor des Bescheids vom 20. Juni 2012 kommt der dargelegte Umfang der Rücknahmen nach dem objektiven Empfängerhorizont auch in dessen Gründen hinreichend deutlich zum Ausdruck.

Denn dort (vgl. S. 7 ff.) wurde zunächst wegen - damals seitens der Beklagten noch angenommener, später im Widerspruchsbescheid vom 5. April 2013 insoweit aufgegebener (vgl. dort S. 10 Mitte) - Annahme der Vorschädigung der betroffenen Gelenke bzw. wegen eines anlagebedingten Leidens des Klägers erkennbar die für den gesamten vorliegenden Streitgegenstand entscheidungserhebliche Kausalität des Zeckenbisses für über den „Zustand nach Zeckenbiss Kniegelenk links“ hinausgehende Unfallfolgen verneint. Die vorherige Annahme dieser Kausalität war erkennbar die entscheidende Grundlage insbesondere des Bescheids vom 20. Dezember 2010 („…nachstehend genannte Folgen hinterlassen…“), aufgrund dessen dem Kläger zuletzt auch Unfallausgleich gewährt wurde, indem er eine qualifizierte Minderung der Erwerbsfähigkeit festsetzte. Dasselbe gilt für den Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 24. Februar 2011, der in seiner Anlage 1 auf Seite 1 unter der Überschrift „Festsetzung der Versorgungsbezüge“ ausdrücklich auch auf ein „Unfallruhegehalt gem. § 36 BeamtVG“ bezogen war und der im Rahmen der unter Buchstabe B desselben Dokuments eingetragenen Allgemeinen Berechnungsmerkmale ausdrücklich auf die Ruhestandsversetzung des Klägers mit Ablauf des Monats Dezember 2010 wegen Dienstunfähigkeit (§ 44 Abs. 1 BBG) Bezug genommen hat, bei welcher ausweislich der Gründe des entsprechenden Bescheids vom 11. Dezember 2010 erkennbar von einem Kausalzusammenhang zwischen den zur Annahme der Dienstunfähigkeit führenden Leiden und dem durch Bescheid vom 19. Januar 2010 anerkannten Dienstunfall ausgegangen worden war (dort S. 2 oben).

Des Weiteren wurden in den Gründen des Bescheids vom 20. Juni 2012 auch explizit erwerbsmindernde Folgen im Zusammenhang mit dem erlittenen Dienstunfall verneint und es wurde deswegen für die Zukunft ein Anspruch auf Zahlung eines Unfallausgleichs nach § 35 BeamtVG abgelehnt (vgl. S. 11 f.). Ebenso verneint wurde in den Gründen dieses Bescheids ein Zusammenhang zwischen Zurruhesetzung und Dienstunfall, weshalb ein Anspruch auf Unfallruhegehalt negiert und die Aussage getroffen wurde, dass die entsprechenden Zahlungen einzustellen seien (vgl. S. 12 f.).

b) Im dargelegten Umfang der Rücknahmen ist der Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2013 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht seinen Rechten, weil die Bescheide vom 19. Januar 2010 (hinsichtlich zweier Dienstunfallfolgen), vom 18. Oktober 2010, vom 20. Dezember 2010 sowie die besagten Entscheidungen der Beklagten zur Gewährung von Unfallausgleich und zur Festsetzung des Unfallruhegehalts rechtswidrig waren (aa) und weil die Beklagte ihre Rücknahmeentscheidungen auch bei Würdigung des Aspekts des Vertrauensschutzes ermessensfehlerfrei (bb) sowie innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG (cc) getroffen hat.

aa) Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Das somit maßgebliche Tatbestandsmerkmal der Rechtswidrigkeit ist erfüllt, weil die die Bescheide vom 19. Januar 2010 (hinsichtlich zweier Dienstunfallfolgen), vom 18. Oktober 2010, vom 20. Dezember 2010 sowie die Entscheidungen der Beklagten zur Gewährung von Unfallausgleich und zur Festsetzung des Unfallruhegehalts rechtswidrig waren.

(1) Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, insbesondere neben dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich (§ 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Ist der Beamte infolge des Dienstunfalls dienstunfähig geworden und deswegen in den Ruhestand versetzt worden, so erhält er nach § 36 Abs. 1 BeamtVG Unfallruhegehalt.

(2) Die Bescheide vom 19. Januar 2010 (hinsichtlich zweier Dienstunfallfolgen), vom 18. Oktober 2010, vom 20. Dezember 2010 sowie die Entscheidungen der Beklagten zur Gewährung von Unfallausgleich und zur Festsetzung des Unfallruhegehalts waren rechtswidrig, weil eine Kausalität zwischen dem Zeckenbiss und den Erkrankungen des Klägers damals nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen war. Ein solcher Kausalzusammenhang ist auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichtshofs offen geblieben. Im Einzelnen:

(2.1) Der Senat ist an der vorgenannten Kausalitätsprüfung nicht aufgrund einer entgegenstehenden Tatbestandswirkung des bestandskräftigen Bescheids über die Ruhestandsversetzung des Klägers wegen Dienstunfähigkeit vom 11. Dezember 2010 gehindert.

Auch im Recht der Beamtenversorgung bezieht sich die Bindungswirkung von Bescheiden grundsätzlich auf ihren Tenor, nicht dagegen auf ihre Gründe. Eine Tatbestandswirkung eines vorgängigen Bescheids der Ernennungsbehörde über die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit, der sich zur Kausalität zwischen Dienstunfall und Dienstunfallfolgen äußert, kommt demnach für die spätere Feststellung von Dienstunfallfolgen durch Festsetzungsbehörde und Verwaltungsgerichte nur dann und insoweit in Frage, als der Tenor des vorgängigen Bescheids der Ernennungsbehörde eine Kausalitätsfeststellung zu einer Unfallfolge enthält, wohingegen eine solche Bindungswirkung ausscheidet, wenn eine entsprechende Feststellung nur in den Gründen des Bescheids der Ernennungsbehörde enthalten ist (vgl. BayVGH, B.v. 30.4.2010 - 3 B 09.1665 - juris Rn. 27 m.w.N; B.v. 22.10.2015 - 3 ZB 13.1258 - juris Rn. 14 m.w.N; U.v. 13.9.2016 - 14 B 15.1196 - juris Rn. 34 m.w.N.).

Somit besteht aufgrund des bestandskräftigen Bescheids über die Ruhestandsversetzung des Klägers wegen Dienstunfähigkeit vom 11. Dezember 2010 keine Tatbestandswirkung hinsichtlich der Kausalität zwischen Dienstunfall und Unfallfolgen, weil nicht der Tenor des Bescheids vom 11. Dezember 2010, sondern dessen Gründe eine diesbezügliche Aussage enthalten.

(2.2) Als Ursache im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung sind nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen ist eine als alleinige Ursache im Rechtssinne anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überragend zum Erfolg mitgewirkt hat, während jede von ihnen als wesentliche (Mit-)Ursache im Rechtssinne anzusehen ist, wenn sie nur annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolgs hatte. Alle übrigen Bedingungen scheiden als Ursachen im Rechtssinne aus. Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann demnach auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (nur) beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im Verhältnis zu anderen Bedingungen - zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene Veranlagung gehört - eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen sind. Nicht Ursachen im Rechtssinne sind demnach sogenannte Gelegenheitsursachen, d.h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. Eine solche untergeordnete Bedeutung ist insbesondere auch dann anzunehmen, wenn das Ereignis gleichsam „der letzte Tropfen“ war, „der das Maß zum Überlaufen brachte bei einer Krankheit, die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen war“ (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, U.v. 30.6.1988 - 2 C 77.86 - DÖD 1988, 295 m.w.N.; BayVGH, B.v. 13.1.2014 - 14 CS 13.1790 - BayVBl 2015, 172 Rn. 11).

Mit anderen Worten ist demnach ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Dienstunfall und dem eingetretenen körperlichen Schaden nicht schon dann ausgeschlossen, wenn außer dem Unfall auch andere Umstände (namentlich eine anlage- oder schicksalsbedingte Krankheit) als Ursachen in Betracht kommen. In derartigen Fällen ist der Dienstunfall vielmehr dann als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) hingewirkt hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt (BVerwG, B.v. 20.2.1998 - 2 B 81.97 - juris Rn. 2 m.w.N.; BayVGH, B.v. 13.1.2014 - 14 CS 13.1790 - BayVBl 2015, 172 Rn. 12).

(2.3) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, gelten im Dienstunfallrecht die allgemeinen Beweisgrundsätze (vgl. u.a. BVerwG, U.v. 30.6.1988 - 2 C 77.86 - DÖD 1988, 295; B.v. 11.3.1997 - 2 B 127.96 - juris Rn. 5 jeweils m.w.N.; BayVGH, U.v. 3.8.2005 - 3 B 00.3426 - juris Rn. 43; U.v. 12.11.2009 - 3 B 05.633 - juris Rn. 48; U.v. 21.9.2011 - 3 B 09.3140 - juris Rn. 35; B.v. 13.1.2014 - 14 CS 13.1790 - BayVBl 2015, 172 Rn. 13).

Die nach Beweislast zu entscheidende Frage, ob ein Körperschaden nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - auf einem als Dienstunfall anerkannten Ereignis beruht, stellt sich nur, wenn die zu beweisende Tatsache nicht aufklärbar ist, also eine non-liquet-Situation vorliegt. Bleibt nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen der Amtsermittlungspflicht offen, ob eine Kausalität zwischen dem erlittenen Dienstunfall und dem vorhandenen Körperschaden besteht, so trifft die materielle Beweislast den Kläger (vgl. BayVGH, B.v. 13.1.2014 - 14 CS 13.1790 - BayVBl 2015, 172 Rn. 16 m.w.N.). Das gilt auch dann, wenn es nicht um die ursprüngliche Anerkennung eines Dienstunfalls oder weiterer diesbezüglicher Folgen geht, sondern wenn - wie hier - die Situation der späteren Rücknahme zuvor anerkannter Dienstunfallfolgen bzw. die Situation der Rücknahme an diese anerkannten Dienstunfallfolgen anknüpfender Unfallfürsorgeleistungen vorliegt (vgl. BayVGH, U.v. 12.11.2009 - 3 B 05.633 - juris Rn. 49; U.v. 21.9.2011 - 3 B 09.3140 - juris Rn. 36; B.v. 13.1.2014 - 14 CS 13.1790 - BayVBl 2015, 172 Rn. 14). Auch in einem solchen Zusammenhang kann eine Rolle spielen, dass bei typischen Geschehensabläufen grundsätzlich auch im Dienstunfallrecht der Anscheinsbeweis gilt (stRspr des BVerwG, vgl. U.v. 23.5.1962 - VI C 39.60 - BVerwGE 14, 181 m.w.N.; BayVGH, B.v. 4.12.2014 - 14 ZB 12.2449 - juris Rn. 5). Ist jedoch kein typischer, in ähnlicher Weise immer wieder vorkommender Geschehensablauf erwiesen, der nach allgemeiner Erfahrung des täglichen Lebens auf erste Sicht auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einem bestimmten Ereignis und einem Schaden, schließen lässt, fällt die Beurteilung des Falles auf eine Beurteilung nach materieller Beweislast zurück.

(2.4) Auf Basis der bis zum Eilbeschluss des Senats vom 13. Januar 2014 vorliegenden Stellungnahmen zum Gesundheitszustand des Klägers war offen geblieben, ob die zurückgenommenen Bescheide von Anfang an rechtswidrig waren, weil die Regelungen über die materielle Beweislastverteilung in Bezug auf den Nachweis zwischen Dienstunfall und Körperschaden erst herangezogen werden können, wenn alle Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft sind (vgl. BayVGH, B.v. 13.1.2014 - 14 CS 13.1790 - BayVBl 2015, 172 Rn. 22). Doch selbst nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten ist für den Senat als Ergebnis des vorliegenden Verfahrens offen geblieben, ob eine Kausalität zwischen dem erlittenen Zeckenbiss und den vorhandenen Körperschäden besteht. Mangels erwiesener Kausalität und dem Umstand, dass der Nachweis der Kausalität mittels Anscheinsbeweises verwehrt bleibt, weil auch kein typischer Geschehensablauf erwiesen ist, steht zum einen fest, dass die zurückgenommenen Bescheide rechtswidrig waren und zum anderen trifft den Kläger für die Unaufklärbarkeit dieser Tatsache die materielle Beweislast.

(2.4.1) Die formalen Einwände des Klägers gegen das schriftliche Sachverständigengutachten vom 11. Dezember 2014 greifen nicht durch.

Die Rüge des Klägers, der Sachverhalt sei dem gerichtlich bestellten Gutachter unvollständig und unzutreffend übermittelt worden, ist unbegründet.

Nach § 98 VwGO i.V.m. § 404a ZPO ist es Aufgabe des Gerichts, die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten. Bei einem medizinischen Gutachten muss das Gericht dem Gutachter daher sämtliche Anknüpfungstatsachen, insbesondere Krankenunterlagen oder Stellungnahmen der behandelnden Ärzte, übermitteln und ihn anhalten, sich mit diesen fachkundigen Stellungnahmen auseinanderzusetzen (vgl. BVerwG, B.v. 22.7.2010 - 2 B 128.09 - juris Rn. 9 m.w.N.). Diesen Erfordernissen ist das Verwaltungsgericht gerecht geworden. Schon ausweislich seines Begleitschreibens vom 21. Oktober 2014 hatte es Prof. Dr. T. nebst dem Beweisbeschluss vom selben Tag insbesondere die Gerichtsakten des dortigen Klage- und Eilverfahrens sowie die Behördenakten zur Erstellung des schriftlichen Gutachtens zugeleitet und ihn insbesondere gebeten, die übersandten Unterlagen zu prüfen. Zur Vorbereitung der dortigen mündlichen Verhandlung am 16. Juni 2015 hat ihm das Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 14. April 2015 nochmals diese Gerichts- und Behördenakten sowie das vom Kläger vorgelegte Gutachten des Dr. L. vom 18. März 2015 übermittelt. Dementsprechend hat Prof. Dr. T. auch in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof - vor der ihm zur Vorbereitung nochmals sämtliche Akten zugeleitet worden sind - angegeben, die ihm vom Verwaltungsgericht zugeleiteten Akten vor der Gutachtenerstellung durchgesehen zu haben.

Auch die Rüge des Klägers, dem Sachverständigen sei durch das Verwaltungsgericht eine unvollständige rechtliche Definition der Kausalität des Unfallereignisses übermittelt worden, greift nicht durch.

Nach der zum Begriff der Berufsunfähigkeit ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Gericht es nicht einem Sachverständigen, der juristischer Laie ist, überlassen, ob es ihm gelingt, sich im Zuge seiner Gutachtenerstattung zu juristisch bedeutsamen Begriffen hinreichend sachkundig zu machen. Soweit für eine sachgerechte Gutachtenerstattung notwendig ist er vielmehr mit juristischen Begriffen und einschlägigen Tatbeständen ebenso vertraut zu machen wie mit allen sonstigen Umständen, von denen er bei seiner Begutachtung auszugehen hat (vgl. BGH, U.v. 30.9.1992 - IV ZR 227/91 - BGHZ 119, 263/265).

Selbst wenn man im Fall des Klägers davon ausgeht, dass es für eine sachgerechte Gutachtenerstattung notwendig war, Prof. Dr. T. mit dem Begriff der Ursache im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung vertraut zu machen, so ist das Verwaltungsgericht diesem Erfordernis gerecht geworden. Es hat in seinem Begleitschreiben zum Beweisbeschluss vom 21. Oktober 2014 insbesondere formuliert, als nicht kausal im Sinne der Theorie der wesentlichen Verursachung bzw. der zumindest wesentlich mitwirkenden Teilursache würden grundsätzlich anlagebedingte Leiden und sogenannte Gelegenheitsursachen gesehen, d.h. Ereignisse, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine nur rein zufällige Beziehung bestehe. Dies sei etwa der Fall, wenn eine krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar gewesen sei, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Wirkung bedürfe, sondern auch jedes andere, alltäglich vorkommende Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte (vgl. dort S. 2 Mitte). Der erste Satz dieser Erläuterungen ist zwar missverständlich, weil anlagebedingte Leiden im Rahmen der wertungsgeprägten Prüfung eines dienstunfallversorgungsrechtlichen Kausalzusammenhangs durchaus unter Umständen eine Rolle spielen können und weil Gelegenheitsursachen nur wertungsbedingt aus dem dienstunfallversorgungsrechtlichen Begriff der Ursache im Rechtssinn ausgeklammert werden (s.o. 1.b aa 3.2). Dieser erste Satz des Verwaltungsgerichts wird aber durch den zweiten Satz seiner Erläuterungen hinreichend klargestellt, weil angesichts dessen hinreichend deutlich wird, dass anlagebedingte Leiden nicht von vornherein keine Rolle im dienstunfallversorgungsrechtlichen Kausalzusammenhang spielen und weil der Begriff der Gelegenheitsursache hier in der Sache letztlich zutreffend erläutert wird.

Zudem ist die Rüge des Klägers, auftragswidrig habe das Gutachten vom 11. Dezember 2014 ausweislich der entsprechenden Unterschriftsvermerke der Assistenzarzt Dr. G. erstattet, unbegründet.

Nach der Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts darf der gerichtlich bestellte Sachverständige bei der Vorbereitung und Abfassung seines schriftlichen Gutachtens wissenschaftliche Mitarbeiter und sonstige geeignete Hilfskräfte insoweit zu seiner Unterstützung heranziehen, als seine persönliche Verantwortung für das Gutachten insgesamt uneingeschränkt gewahrt bleibt (vgl. BVerwG, U.v. 9.3.1984 - 8 C 97.83 - BVerwGE 69, 70 Leitsatz 1). Die Mitwirkung von geeigneten Hilfspersonen findet ihre Grenzen darin, dass die volle persönliche Verantwortung des vom Gericht ausgewählten Sachverständigen gewahrt bleiben muss. Denn verantwortlich für das Gutachten ist der gerichtlich bestellte Sachverständige; er muss diese ihm selbst auferlegte Verantwortung auch nach außen hin erkennbar übernehmen; Hilfspersonen dürfen lediglich im „Innenverhältnis" unter der Verantwortung des Sachverständigen tätig werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.3.1984 - 8 C 97.83 - BVerwGE 69, 70/76 m.w.N.).

Daran gemessen ist das Sachverständigengutachten vom 11. Dezember 2014 als Gutachten des Prof. Dr. T. anzusehen. Dieser hat das Sachverständigengutachten links unten als erster von insgesamt drei Personen ohne jede Einschränkung unterschrieben, woran die von ihm übernommene Verantwortung für das Gutachten bereits hinreichend deutlich wird (vgl. § 98 VwGO, § 411 Abs. 1 ZPO). Unabhängig davon hat Prof. Dr. T. in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof auch überzeugend dargelegt, dass er Dr. G. bei der Vorbereitung und Abfassung des schriftlichen Gutachtens nur - wie nach seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung üblich - im Rahmen der Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie als weiterzubildenden Assistenzarzt in der Funktion einer Hilfskraft herangezogen hat. Prof. Dr. T. hat in der mündlichen Verhandlung zudem bekräftigt, dass er mit dem Gutachten nach eigener Durchsicht der vom Verwaltungsgericht zugeleiteten Akten nach verschiedenen Änderungsanregungen seinerseits einverstanden war, er es deshalb unterschrieben hat und es daher als sein eigenes Gutachten ansieht.

Vor diesem Hintergrund geht auch die Rüge des Klägers, Dr. L. verfüge über neuere bzw. überlegenere Forschungsmittel und über größere Erfahrung als der Assistenzarzt Dr. G., ins Leere. Angesichts des Umstands, dass Prof. Dr. T. Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie ist, wohingegen Dr. L. als Facharzt für Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Sozialmedizin und Chirotherapie qualifiziert ist, ist auch keine bessere Qualifikation des Dr. L. für die Beantwortung der entscheidungserheblichen Begutachtungsfragen ersichtlich.

(2.4.2) Unter Berücksichtigung sämtlicher zum Gesundheitszustand des Klägers vorliegenden Stellungnahmen bleibt aufgrund der insgesamt schlüssigen sachverständigen Aussagen des Prof. Dr. T., die für den Senat aus dem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 11. Dezember 2014 und aus den Erläuterungen hierzu in der mündlichen Verhandlung sowohl beim Verwaltungsgericht als auch beim Verwaltungsgerichtshof bestehen, offen, ob eine Kausalität zwischen dem erlittenen Zeckenbiss und den vorhandenen Körperschäden des Klägers besteht (2.4.2.1). Mit seinen inhaltlichen Einwänden gegen die sachverständigen Aussagen des Prof. Dr. T. dringt der Kläger nicht durch (2.4.2.2). Mangels erwiesener Kausalität und dem Umstand, dass der Nachweis der Kausalität mittels Anscheinsbeweises verwehrt bleibt, weil auch kein typischer Geschehensablauf erwiesen ist, steht zum einen fest, dass die zurückgenommenen Bescheide rechtswidrig waren und zum anderen trifft den Kläger für die Unaufklärbarkeit dieser Tatsache die materielle Beweislast (2.4.2.3).

(2.4.2.1) Die sachverständigen Aussagen des Prof. Dr. T. sind insgesamt in sich schlüssig, stimmen hinsichtlich der Diagnose und im Punkt der Beurteilung der Kausalität als offen insbesondere mit den privat-sachverständigen Aussagen des Prof. Dr. Sch. überein und sind für den Senat nachvollziehbar und überzeugend.

Prof. Dr. T. hat den Senat davon überzeugt, dass eine Lyme-Arthritis beim Kläger eher unwahrscheinlich ist.

In der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof hat Prof. Dr. T. insbesondere nachvollziehbar darauf abgestellt, dass eine Infektion mit Borrelien bzw. eine nachfolgende Arthritis sehr häufig bei unbehandelten Zeckenbissen auftritt, wohingegen die Zecke beim Kläger sehr früh entdeckt und entfernt worden sei, wobei außerdem sehr früh eine geeignete Antibiose mit Isocilin Mega und später Cefuroxim eingeleitet worden sei. Außerdem spricht nach den überzeugenden Erläuterungen des Prof. Dr. T. der klinische Verlauf der Erkrankung des Klägers gegen eine Lyme-Arthritis. In der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof hat der Sachverständige hervorgehoben, dass eine Lyme-Arthritis in der Regel eine Spätmanifestation ist, wogegen beim Kläger ein sehr frühzeitiger Auftritt von Arthritis vorliege. Abgesehen davon, dass eine Lyme-Arthritis in der Regel keine so starken Schmerzen wie hier verursache, spreche auch gegen eine solche Arthritis, dass der Kläger in vielen anderen Gelenken Gelenkentzündungen ohne starke Ergussbildungen gehabt habe. Zudem könne im weiteren Verlauf einer Lyme-Arthritis ein positiver Antikörpernachweis bzw. jedenfalls ein Borrelienbefall (durch Punktion) nachgewiesen werden, was beim Kläger beides nicht der Fall gewesen sei. Die beim Kläger nach Zeckenentfernung aufgetretene schwere Hautinfektion werde in der Regel nicht durch Borrelien verursacht, sondern dafür könnten auf der Haut sitzende und in die Wunde gelangte Streptokokken eine Ursache sein.

Inhaltlich sind diese nachvollziehbaren Erläuterungen mit den sachverständigen Aussagen vereinbar, die Prof. Dr. T. in seinem schriftlichen Gutachten vom 11. Dezember 2014 und in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht getroffen hatte. In seinem schriftlichen Gutachten und auch in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht hatte Prof. Dr. T. bereits das kurze Intervall zwischen Zeckenbiss und Arthritis als Argument gegen einen Kausalzusammenhang des anerkannten Dienstunfalls mit einer Lyme-Arthritis angeführt. Ebenso ist er bei diesen beiden Gelegenheiten inhaltsgleich darauf eingegangen, dass beim Kläger kein objektivierbarer Befund vorhanden war, der für eine Borreliose gesprochen hätte. Dabei hatte Prof. Dr. T. auch bereits darauf abgestellt, dass bei gesicherter Lyme-Arthritis immer eine Serokonversion, also ein Auftreten Borrelienspezifischer Antikörper im Blut, nachgewiesen werden kann, wobei er in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht darauf hingewiesen hatte, dass der fehlende Nachweis von Borrelien nicht zwingend bedeutet, dass keine Borrelieninfektion vorliegt. Zur denkbaren Verursachung der aufgetretenen, schweren Hautinfektion durch eine Streptokokkeninfektion hatte Prof. Dr. T. damals ebenfalls bereits ausgeführt.

In der Schlussfolgerung, dass eine Lyme-Arthritis beim Kläger eher unwahrscheinlich ist, stimmt Prof. Dr. T. insbesondere mit Prof. Dr. Sch. überein. Dieser hatte in seiner Stellungnahme vom 31. August 2012 ausgeführt, dass es sich bei den Beschwerden des Klägers nicht um eine klassische Borrelien-Arthritis, die sich üblicherweise erst einige Zeit nach der Borrelienexposition in einer Monarthritis, meist großer Gelenke abspielt, sondern um eine seronegative rheumatoide Arthritis handelt, wobei er festgehalten hat, dass auch zu Beginn des Verfahrens nie von einer Borrelienarthritis die Rede gewesen sei.

Prof. Dr. T. hat den Senat davon überzeugt, dass beim Kläger am ehesten eine rheumatoide Arthritis vorliegt, deren kausale Rückführbarkeit auf den anerkannten Dienstunfall allerdings nicht mit der erforderlichen Gewissheit nachweisbar ist.

Diesbezüglich hat Prof. Dr. T. in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof insbesondere erläutert, dass eine rheumatoide Arthritis eine Autoimmunerkrankung ist, bei der relativ unbekannt ist, aufgrund welcher multifaktorieller Auslöser sie ausgelöst wird. Exogene Faktoren spielten eine Rolle, etwa Rauchen oder ganz bestimmte Bakterien. Diskutiert würden auch Infektionen, wobei aber die Datenlage sehr unbestimmt sei. Bezüglich der reaktiven Arthritis sei unklar, welche Gewebs- und Regulationsmerkmale im Körper die Autoimmunreaktion auslösten. Bestimmte Erreger seien hier bekannt. Theoretisch könnten auch Streptokokken die Auslöser sein (rheumatisches Fieber), wogegen hier allerdings die frühzeitige Behandlung mit Antibiotika spreche. Nachdem die Anlagen für beide Formen der Arthritis so vielfältig seien, scheide auch eine Testung aus. Man könne (bei der reaktiven Arthritis) nur auf etwa HLA-B27 bzw. (bei der rheumatoiden Form) auf Anti-CCP-Antikörper testen. Bei der rheumatoiden Form seien diese Antikörper bei ca. 70% der Patienten vorhanden. Die Polyarthritis sowie der Verlauf der Krankheit (schnelle und starke Chronifizierung im Gegensatz zu einem milderen Verlauf einer reaktiven Arthritis) ließen die Einschätzung von Prof. Dr. Sch. als nachvollziehbar erscheinen. Auch der Umstand, dass der Kläger über eine sehr lange Zeit mit sehr starken Medikamenten (Kombination aus MTX und Cimzia) habe behandelt werden müssen und dies immer noch andauere, spreche für eine rheumatoide Form, welche etwa durch Übergewicht sowie Rauchen und Kohlestaub in der Umwelt getriggert werden könne. Daneben würden Infektionen diskutiert und Zusammenhänge mit starken Infektionen hergestellt. Es sei nicht bekannt, dass durch die Erreger, die (abgesehen von Borrelien) durch einen Zeckenstich übertragen werden könnten, eine rheumatoide Arthritis ausgelöst werden könne. Es sei eine These, die diskutiert werden könne, dass eine durch einen Zeckenstich verursachte Infektion eine rheumatoide Arthritis mittriggern könne, dies sei allerdings durch Daten nicht wirklich belegt und setzte jedenfalls voraus, dass im Körper bereits autoimmune Zellen vermehrt vorhanden und in einem Zustand seien, dass sie durch solche Infektionen stärker aktiviert werden können. Dass die durch den Zeckenbiss übertragenen Erreger vorliegend kausal die rheumatoide Arthritis mitverursacht haben, könne er - Prof. Dr. T. - nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen. Seines Erachtens hätte die im Körper vorhandene autoimmune Prägung bereits so weit fortgeschritten sein müssen, dass diese Erreger quasi das letzte Tröpfchen gewesen wären, um die Erkrankung auszulösen. Denn eine Autoimmunität müsse reifen, dies dauere Monate bis Jahre. Bezüglich der Frage, ob eine Streptokokkeninfektion der Auslöser für die rheumatoide Arthritis gewesen sein könnte, gelte das zur Auslösung der Erkrankung durch Infektionen Gesagte.

Auch diese schlüssigen Erläuterungen sind mit den zuvor von diesem Gutachter getroffenen Aussagen vereinbar, die sich in punkto Diagnose und offenem Kausalitätsverlauf insbesondere mit denjenigen des Prof. Dr. Sch. decken. Bereits in seinem schriftlichen Gutachten hatte Prof. Dr. T. ausgeführt, dass die Ursache der Beschwerden letztlich unklar und eine atypische rheumatoide Arthritis beim Kläger prinzipiell möglich ist. Auch in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht hat Prof. Dr. T. keine kausale Verknüpfung zwischen dem Zeckenstich und den Beschwerden herstellen können. In der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof hat Prof. Dr. T. zudem die Bedeutung individueller Anlagen für die Entwicklung bei arthritischen Erkrankungen überzeugend dargelegt. Die Möglichkeit einer Streptokokkeninfektion hatte Prof. Dr. T. - wie bereits ausgeführt - in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht angesprochen und ist dabei auf das Problem schon des Nachweises einer solchen Infektion durch einen Abstrich eingegangen, auf den hier - wie nach den Erläuterungen des Prof. Dr. T. gegenüber dem Verwaltungsgericht in solchen Konstellationen üblich - offenbar zugunsten der schnellen Gabe eines Antibiotikums verzichtet worden ist. Die in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichtshofs ergänzend dazu erfolgte Erläuterung, dass gegen Streptokokken als Auslöser die frühzeitige Behandlung mit Antibiotika spricht, ist für den Senat unmittelbar einsichtig.

Insbesondere Prof. Dr. Sch. (vgl. in diesem Sinne auch das Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes der Bundespolizei Oerlenbach vom 27.9.2010) hat letztlich ebenfalls keine (hinreichend) kausale Verknüpfung zwischen dem Zeckenstich und den Beschwerden des Klägers herstellen können, wobei es im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf ankommt, ob Prof. Dr. Sch. dabei eine zutreffende Vorstellung vom erforderlichen Beweismaß gehabt hat. Etwa in seiner bereits erwähnten Stellungnahme vom 31. August 2012 hat er festgehalten, dass die Kausalität des Zeckenbisses für die arthritischen Beschwerden des Klägers nie mit letzter Sicherheit zu beweisen ist. Dabei hat auch dieser Arzt (wiederholt) die Diagnose einer (seronegativen) rheumatoiden Arthritis gestellt und ausgeführt, dass es sich hierbei um eine Autoimmunerkrankung handelt, die sich durch das Zusammenspiel von Umweltfaktoren und einer genetischen Bereitschaft entwickelt.

(2.4.2.2) Mit seinen inhaltlichen Einwänden gegen die sachverständigen Aussagen des Prof. Dr. T. dringt der Kläger nicht durch. Insbesondere die Kritik und die anderslautenden privat-gutachterlichen Aussagen des Dr. L. überzeugen nicht.

Soweit Dr. L. in seinem Gutachten vom 18. März 2015 die im Gutachten des Prof. Dr. T. vom 11. Dezember 2014 enthaltene Aussage, es würden zwar gelegentlich Gelenkschmerzen bereits einen Tag nach einem Zeckenstich observiert, diese gingen dann aber nicht mit einer manifesten objektivierbaren Gelenkerkrankung einher, mit dem Hinweis darauf kritisiert, dass sich diese Aussage auf eine Veröffentlichung aus dem Jahr 1987 beziehe und inzwischen durch vielfache Untersuchungen in der Literatur widerlegt sei, überzeugt diese Kritik schon deshalb nicht, weil sie selbst diese angeblich widerlegende Literatur nicht nennt.

Soweit die Klägerbevollmächtigte Prof. Dr. T. in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof - entsprechend dem im Gutachten des Dr. L. vom 18. März 2015 angelegten Einwand - vorgehalten hat, Prof. Dr. T. habe die in seinem schriftlichen Gutachten auf Seite 3 unteres Drittel enthaltene Aussage „dass bei gesicherter Lyme-Arthritis immer eine Serokonversion (Auftreten Borrelienspezifischer Antikörper im Blut) nachgewiesen werden kann“ durch seine Aussage in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht (dortige Niederschrift S. 3 fünftletzte Zeile) „der fehlende Nachweis von Borrelien bedeutet nicht zwingend, dass keine Borrelieninfektion vorliegt“, relativiert, trägt auch dieser Einwand nicht. Prof. Dr. T. hat ihn in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof durch die überzeugende Erläuterung entkräftet, dass sich seine Aussage in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht auf eine Borrelieninfektion bezieht, die Aussage im schriftlichen Gutachten dagegen auf eine Lyme-Arthritis, wobei es seiner weiteren Erläuterung nach bei der Aussage in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht um den Nachweis von Borrelien und nicht - wie im schriftlichen Gutachten ausgeführt - um den Nachweis von Antikörpern von Borrelien gegangen ist.

Auch die Kritik, die der Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 30. April 2019 und die mit ihm vorgelegte, unter dem 14. April 2019 erstellte Stellungnahme des Dr. L. zu den Erläuterungen des Prof. Dr. T. in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof enthalten, überzeugt nicht.

Soweit in der Stellungnahme des Dr. L. vom 19. April 2019 ausgeführt wird („Fakt 1“), eine möglicherweise bestehende Schadensanlage oder eine konstitutionelle Schwäche habe beim Kläger nicht bestanden, bleibt es bei einer bloßen Behauptung, die sich nicht ansatzweise mit den von Prof. Dr. T. in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof getroffenen Aussagen zur möglichen autoimmunen Prägung und der Erforderlichkeit von deren längerer Reifung auseinandersetzt. Die Behauptung, „nach Expertenmeinung“ sei eine Zeitspanne von 24 Stunden vom Stich bis zur Zeckenentfernung ausreichend, bei einer mit Borrelien infizierten Zecke Borrelien in den „Wirt“ einzuschleusen („Fakt 3“), legt schon weder offen, um wessen Expertenmeinung es sich handeln soll, und geht im Übrigen nicht auf den Umstand ein, dass beim Kläger kein objektivierbarer Befund vorhanden war, der für eine Borreliose gesprochen hätte. Inwiefern die Ausbildung mehrerer Arthritiden geradezu typisch für die Borrelieninfektion sein und für diese sprechen soll, wird von Dr. L. auch nicht näher ausgeführt geschweige denn belegt („Fakt 7“), was aber auch angesichts der diesbezüglichen Aussagen der Stellungnahme des Prof. Dr. Sch. vom 31. August 2012 erforderlich gewesen wäre.

Im Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 30. April 2019 (vgl. S. 1-2) wird zunächst der - soeben bewertete - Inhalt der Stellungnahme des Dr. L. vom 19. April 2019 referiert. Darüber hinaus enthält dieser Schriftsatz hinsichtlich der Erläuterungen des Prof. Dr. T. in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof insbesondere eigene Bewertungen der Klägerbevollmächtigten, die schon deshalb nicht weiter führen, weil keine medizinische Sachkunde der Klägerbevollmächtigten dargelegt oder sonst ersichtlich ist.

Die zusammenfassende Beurteilung, die das Gutachten des Dr. L. vom 18. März 2015 enthält, der zufolge der Dienstunfall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch den ursächlichen Zusammenhang mit der Entwicklung der jetzigen polyarthritischen Erkrankung dargestellt habe und andere denkbare Ursachen ausgeschlossen werden könnten, überzeugt nicht, weil sie durch die sachverständigen Aussagen des Prof. Dr. T. widerlegt ist.

(2.4.2.3) Vor dem Hintergrund der somit nicht nachgewiesenen, sondern offenen Kausalität und der erheblichen Diagnoseschwierigkeiten, die den Fall des Klägers durchziehen, kann nicht von einem typischen Geschehensablauf die Rede sein, so dass dem Kläger der Nachweis der Kausalität zwischen Dienstunfall und Beschwerden mittels Anscheinsbeweises verwehrt bleibt und ihn insoweit daher die materielle Beweislast trifft. Somit waren die Bescheide vom 19. Januar 2010 (hinsichtlich zweier Dienstunfallfolgen), vom 18. Oktober 2010, vom 20. Dezember 2010 sowie die Entscheidungen der Beklagten zur Gewährung von Unfallausgleich und zur Festsetzung des Unfallruhegehalts rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG).

bb) Die Beklagte hat die im Bescheid vom 20. Juni 2012 enthaltenen Rücknahmeentscheidungen auch bei Würdigung des Aspekts des Vertrauensschutzes ermessensfehlerfrei getroffen (§ 48 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 bis 3 VwVfG, § 114 Satz 1 VwGO).

Den Gründen des Bescheids vom 20. Juni 2012 (S. 12 oben) lassen sich - was rechtlich auch grundsätzlich erforderlich ist (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2012 - 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 49) - Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Behörde ihr Ermessen erkannt, die maßgeblichen Tatsachen und sonstigen Gesichtspunkte ermittelt und die einzelnen Belange gewichtet und abgewogen hat. Denn dort ist der Aspekt des Vertrauensschutzes aus Seiten des Klägers abwägend dem öffentlichen, fiskalischen Interesse an der Vermeidung nicht gerechtfertigter öffentlicher Ausgaben gegenüber gestellt und dem öffentlichen Interesse dann der Vorzug gegeben worden.

Diese zu Rücknahmen für die Zukunft führenden Ermessenserwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden (§ 114 Satz 1 VwGO). Denn mit der Bekanntgabe des Bescheids vom 20. Juni 2012 hat der Kläger Kenntnis von der Rechtswidrigkeit jeglicher Anerkennung von Unfallfolgen und der sich an diese Anerkennung anschließenden Entscheidungen der Beklagten zu Leistungen der Unfallfürsorge erhalten. Ab diesem Zeitpunkt liegt somit eine mit § 48 Abs. 2 Satz 3 und 4 VwVfG vergleichbare Fallkonstellation vor (vgl. BayVGH, U.v. 26.11.2018 - 14 B 15.910 - juris Rn. 44 ff. m.w.N.). Unabhängig davon könnten aus den besagten Umständen und in Anbetracht des Umstands, dass die zurück genommenen Verwaltungsakte den regelmäßigen Bezug von Leistungen aus öffentlichen Mitteln zur Folge haben, sogar die Grundsätze des sog. intendierten Ermessens auf die zukunftsbezogenen Rücknahmen im Fall des Klägers zur Anwendung gebracht werden (vgl. BayVGH, U.v. 26.11.2018 a.a.O.). In Anwendung dieser Grundsätze wäre eine Ermessensbetätigung und -begründung seitens der Beklagten vorliegend im Ergebnis nicht erforderlich, weil keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich sind, dass beim Kläger von einem atypischen, vom Regelfall der Rückforderung für die Zukunft abweichenden Fall auszugehen sein könnte.

cc) Die Beklagte hat die im Bescheid vom 20. Juni 2012 enthaltenen Rücknahmeentscheidungen auch innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG getroffen, weil der nach Versetzung des Klägers in den Ruhestand zuständigen Bundesfinanzdirektion Mitte die maßgeblichen Tatsachen frühestens mit Erhalt der Dienstunfallakte am 5. März 2012 bekannt waren (vgl. BayVGH, B.v. 13.1.2014 - 14 CS 13.1790 - BayVBl 2015, 172 Rn. 23).

2. Nach den vorstehenden Ausführungen hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Erstattung von Heilbehandlungskosten in Höhe von 3.218,47 € im Rahmen der Unfallfürsorge (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weil es auch insoweit tatbestandlich an der Verletzung durch einen Dienstunfall fehlt (§ 30 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 33 BeamtVG).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

4. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die in § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG hierfür vorgesehenen Voraussetzungen nicht vorliegen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 98


Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 31 Dienstunfall


(1) Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören auch 1. Dienstreisen und die die

Beamtenrechtsrahmengesetz - BRRG | § 127


Für die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis gilt folgendes: 1. Die Revision ist außer in den Fällen des § 132 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, wenn das Urteil von der Ents

Zivilprozessordnung - ZPO | § 411 Schriftliches Gutachten


(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat. (2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverst

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 44 Dienstunfähigkeit


(1) Die Beamtin auf Lebenszeit oder der Beamte auf Lebenszeit ist in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 35 Unfallausgleich


(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt ei

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 36 Unfallruhegehalt


(1) Ist der Beamte infolge des Dienstunfalles dienstunfähig geworden und deswegen in den Ruhestand versetzt worden, so erhält er Unfallruhegehalt. (2) Für die Berechnung des Unfallruhegehalts eines vor Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhes

Zivilprozessordnung - ZPO | § 404a Leitung der Tätigkeit des Sachverständigen


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Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 30 Allgemeines


(1) Wird ein Beamter durch einen Dienstunfall verletzt, so wird ihm und seinen Hinterbliebenen Unfallfürsorge gewährt. Unfallfürsorge wird auch dem Kind einer Beamtin gewährt, das durch deren Dienstunfall während der Schwangerschaft unmittelbar gesch

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 33 Heilverfahren


(1) Das Heilverfahren umfasst 1. die notwendigen ärztlichen, zahnärztlichen und psychotherapeutischen Maßnahmen,2. die notwendige Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, mit Geräten zur Selbstbehandlung und zur Selbstkontrolle sowie

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(1) Ist der Beamte infolge des Dienstunfalles dienstunfähig geworden und deswegen in den Ruhestand versetzt worden, so erhält er Unfallruhegehalt.

(2) Für die Berechnung des Unfallruhegehalts eines vor Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand versetzten Beamten wird der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nur die Hälfte der Zurechnungszeit nach § 13 Abs. 1 hinzugerechnet; § 13 Absatz 4 gilt entsprechend.

(3) Der Ruhegehaltssatz nach § 14 Abs. 1 erhöht sich um 20 Prozent. Das Unfallruhegehalt beträgt mindestens 66,67 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und darf 75 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge nicht übersteigen. Es darf nicht hinter 75 Prozent der jeweils ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 4 zurückbleiben; § 14 Abs. 4 Satz 3 gilt entsprechend.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

I.

Unter Abänderung von Nr. 1 und 2 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth wird die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2013 wiederhergestellt.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 16.286,84 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die angeordnete sofortige Vollziehung des Bescheids der Bundesfinanzdirektion Mitte - Service-Center Süd-Ost - (im Folgenden: BFD) vom 20. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der BFD vom 5. April 2013.

Der Antragsteller, ein am 18. April 1952 geborener Polizeihauptkommissar, der bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand zum 1. Januar 2011 bei der Bundespolizei im Dienst der Antragsgegnerin gestanden hatte, erlitt am 11. September 2008 beim Dienstsport einen Zeckenbiss, den die Bundespolizeiakademie mit Bescheid vom 19. Januar 2010 als Dienstunfall anerkannte. Gleichzeitig stellte die Behörde einen „Zustand nach Zeckenbiss Kniegelenk links, Oligoarthritis, DD (Anmerkung: Differentialdiagnose) reaktive Arthritis“ als durch den Dienstunfall verursachten Körperschaden fest. Weitere Unfallfolgen stellte die Bundespolizeiakademie mit Bescheid vom 18. Oktober 2010 fest und verwies dabei auf die abgeschlossene Heilbehandlung und die gutachterliche Stellungnahme vom 15. September 2010. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall wurde zeitlich gestaffelt, jedenfalls ab dem 1. September 2009 auf 100% festgesetzt. Mit weiterem Bescheid vom 20. Dezember 2010 hob die Bundespolizeiakademie ihren Bescheid vom 18. Oktober 2010 mit der Begründung auf, nach neuerlicher Untersuchung des Antragstellers und gutachterlicher Stellungnahme vom 18. November 2010 habe der Dienstunfall nachstehende Folgen hinterlassen: „Belastungsabhängig und schmerzhafte Entzündungen in beiden Kniegelenken, beiden Hüften, beiden Schultergelenken und im rechten oberen Sprunggelenk, Kniegelenkerguss rechts, deutliche Beeinträchtigungen im Alltagsleben, Bewegungseinschränkungen, vor allem in beiden Schultern, bei der Elevation, Abduktion und Außenrotation beidseits, Epicondylitis medialis beidseits“. Dem Antragsteller wurde in der Folgezeit Unfallfürsorge gewährt. Mit Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 11. Dezember 2010 wurde der Antragsteller mit Ablauf des 31. Dezember 2010 wegen Polizeidienstunfähigkeit und allgemeiner Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Er erhielt Unfallruhegehalt.

Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 20. Juni 2012 nahm die BFD den Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 19. Januar 2010 hinsichtlich der anerkannten Folgen „Oligoarthritis, DD reaktive Arthritis“ mit Wirkung für die Zukunft zurück (Nr. 1 des Bescheids), stellte fest, dass der Bescheid im Übrigen bestehen bleibe (Nr. 2 des Bescheids), „der Zeckenbiss keine - mithin auch keine erwerbsmindernden - Folgen hinterlassen“ habe und ein Anspruch auf Unfallausgleich nicht bestehe (Nr. 3 des Bescheids). Zudem nahm die BFD den Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 18. Oktober 2010 mit Wirkung für die Zukunft zurück (Nr. 4 des Bescheids) und stellte fest, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Unfallruhegehalt habe (Nr. 5 des Bescheids). Die Zahlung des Unfallruhegehalts wurde nach Erlass des Bescheids eingestellt.

Einen am 10. Juli 2012 fristgerecht erhobenen Widerspruch des Antragstellers wies die BFD mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 2013 zurück. Am 13. Mai 2013 erhob der Antragsteller Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth.

Bereits am 4. Februar 2013 hatte der Antragsteller einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt, den das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 7. August 2013 ablehnte.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Antragstellers im Wesentlichen mit der Begründung, der streitgegenständliche Bescheid sei bereits formell rechtswidrig, da die Antragsgegnerin gegen die ihr obliegende Amtsermittlungspflicht verstoßen habe. Unter Berücksichtigung aller Umstände habe die Ausgangsbehörde die Kausalität zwischen Unfall und Körperschaden für erwiesen erachten dürfen. Im Verfahren habe sich nicht herausgestellt, dass der Nachweis der Kausalität zwischen Unfall und Körperschaden für den Zeitpunkt dieser Feststellung nicht zu führen gewesen sei. Die Nichterweislichkeit des Vorliegens anderer Ursachen für die Körperschäden des Antragstellers gehe zulasten der Behörde, die die Beweislast für die Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheids trage. Im Übrigen sei die Jahresfrist zum Zeitpunkt der Rücknahme abgelaufen gewesen.

Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg. Die auf die fristgerecht dargelegten Gründe beschränkte Prüfung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt, dass die Erfolgsaussichten der im Hauptsacheverfahren erhobenen Anfechtungsklage nach der im Eilverfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Bewertung der Erfolgsaussichten der Klage (BVerwG, B. v. 25.3.1993 - 1 ER 301.92 - NJW 1993, 3213) als offen einzuschätzen sind. Die Rechtmäßigkeit des Bescheids der BFD vom 20. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2013 lässt sich anhand der gegenwärtig bekannten Tatsachen nicht beurteilen. Auf der Basis der bisherigen Ermittlungen ist offen, ob die seit dem Zeckenbiss bestehenden Erkrankungen und die im Jahre 2010 festgestellte Dienstunfähigkeit des Antragstellers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch den Zeckenbiss verursacht worden sind. Die Interessenabwägung führt zu dem Ergebnis, dass die Interessen des Antragstellers überwiegen.

1. In erster Linie streitig zwischen den Beteiligten ist die Frage, ob die von der Antragsgegnerin ausdrücklich bzw. konkludent nach § 48 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 3 VwVfG für die Zukunft zurückgenommenen Bescheidsteile bzw. Bescheide der Bundespolizeiakademie bereits bei ihrem Erlass rechtswidrig waren, weil die beim Antragsteller festgestellten Körperschäden nicht auf dem Dienstunfall beruhten und daher die in § 30 Abs. 1 Satz 1, § 31 Abs. 1 BeamtVG genannten Voraussetzungen seinerzeit nicht erfüllt waren, sowie die diesbezüglich bestehende Beweislastverteilung zwischen den Beteiligten.

a) Als Ursache im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung sind nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen ist eine als alleinige Ursache im Rechtssinne anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überragend zum Erfolg mitgewirkt hat, während jede von ihnen als wesentliche (Mit-)Ursache im Rechtssinne anzusehen ist, wenn sie nur annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolgs hatte. Alle übrigen Bedingungen im natürlich-logischen Sinne scheiden als Ursachen im Rechtssinne aus. Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann demnach auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (nur) beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im Verhältnis zu anderen Bedingungen - zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene Veranlagung gehört - eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen sind. Nicht Ursachen im Rechtssinne sind demnach sogenannte Gelegenheitsursachen, d. h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. Eine solche untergeordnete Bedeutung ist insbesondere auch dann anzunehmen, wenn das Ereignis gleichsam „der letzte Tropfen“ war, „der das Maß zum Überlaufen brachte bei einer Krankheit, die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen war“ (st. Rspr., BVerwG, U. v. 30.6.1988 - 2 C 77.86 - DÖD 1988, 295 m. w. N.).

Mit anderen Worten ist demnach ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Dienstunfall und dem eingetretenen körperlichen Schaden nicht schon dann ausgeschlossen, wenn außer dem Unfall auch andere Umstände (namentlich eine anlage- oder schicksalsbedingte Krankheit) als Ursachen in Betracht kommen. In derartigen Fällen ist der Dienstunfall vielmehr dann als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) hingewirkt hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt (BVerwG, B. v. 20.2.1998 - 2 B 81.97 - juris Rn. 2 m. w. N.).

b) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, gelten im Dienstunfallrecht die allgemeinen Beweisgrundsätze (vgl. u. a. BVerwG, U. v. 30.6.1988 - 2 C 77.86 - DÖD 1988, 295; B. v. 11.3.1997 - 2 B 127.96 - juris Rn. 5 jeweils m. w. N.; BayVGH, U. v. 3.8.2005 - 3 B 00.3426 - juris Rn. 43; U. v. 12.11.2009 - 3 B 05.633 - juris Rn. 48; U. v. 21.9.2011 - 3 B 09.3140 - juris Rn. 35).

Grundsätzlich trägt danach der Beamte die materielle Beweislast für den Nachweis, dass ein eingetretener Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf einem Dienstunfall beruht (st. Rspr., u. a. BVerwG, U. v. 22.10.1981 - 2 C 17.81 - NJW 1982, 1893 m. w. N.). Wird - wie vorliegend - ein Bescheid, mit dem Körperschäden als Folge eines Dienstunfalls anerkannt wurden, zurückgenommen, ändert dies diese Beweislastverteilung nicht, denn aus der Rücknahme der den Antragsteller begünstigenden Bescheide folgt keine Beweislastumkehr (vgl. BayVGH, U. v. 21.9.2011 - 3 B 09.3140 - juris Rn. 36). Zwar liegt bei der Rücknahme von Bescheiden nach § 48 VwVfG grundsätzlich die materielle Beweislast für die Rechtswidrigkeit der vorausgegangenen, jetzt zurückgenommenen Bescheide bei der Behörde, weil diese die Beweislast hinsichtlich der für sie günstigen Tatbestandsvoraussetzungen trägt (BayVGH, U. v. 3.8.2005 - 3 B 00.3426 - juris Rn. 43; U. v. 12.11.2009 - 3 B 05.633 - juris Rn. 48; U. v. 21.9.2011 - 3 B 09.3140 - juris Rn. 36). Jedoch genügt die Behörde ihrer materiellen Beweislast bei der Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts, dessen Voraussetzungen - wie vorliegend - der Beamte zu beweisen hatte, schon dadurch, dass sie nachweist, dass bei Erlass des Verwaltungsakts dessen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben (BayVGH, U. v. 12.11.2009 - 3 B 05.633 - juris Rn. 49; B. v. 5.12.2012 - 14 ZB 10.3116 - juris Rn. 7).

Dies bedeutet auf den vorliegenden Fall bezogen, dass die Antragsgegnerin ihrer materiellen Beweislast im Rahmen des § 48 VwVfG dadurch genügt, dass sie nachweist, dass bei Erlass der Bescheide vom 19. Januar und 18. Oktober bzw. 20. Dezember 2010, mit denen die Bundespolizeiakademie die Körperschäden des Antragstellers zu einem Großteil als Folge seines Dienstunfalls anerkannt hat, die Voraussetzungen für diese Anerkennungen der Körperschäden nicht vorgelegen haben.

Die Beweisfrage, ob die Körperschäden des Antragstellers nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - auf dem als Dienstunfall anerkannten Zeckenbiss beruhen, stellt sich allerdings nur, wenn die zu beweisende Tatsache nicht aufklärbar ist, also eine non-liquet-Situation vorliegen würde (BayVGH, U. v. 3.8.2005 - 3 B 00.3426 - juris Rn. 43). Bleibt nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen der Amtsermittlungspflicht offen, ob eine Kausalität zwischen dem erlittenen Zeckenbiss und den vorhandenen Körperschäden besteht, so trifft die materielle Beweislast den Antragsteller.

c) Nach § 24 Abs. 1 VwVfG hat die Behörde, die ein Verwaltungsverfahren durchführt, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Art und Umfang der Ermittlungen bestimmt die Behörde zwar gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 VwVfG nach pflichtgemäßem Ermessen. Sie hat - basierend auf allgemeinen Erfahrungssätzen - allen Umständen nachzugehen, die an sie herangetragen werden oder die sich ihr aufdrängen. Dritte hat sie zwingend dann einzuschalten, wenn es ihr an der notwendigen Sachkunde fehlt (Ziekow, VwVfG, 3. Aufl. 2013, § 24 Rn. 6; Heßhaus in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 1. Aufl. 2010, § 24 Rn. 7; Knack-Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 24 Rn. 14; BVerwG, B. v. 5.10.1990 - 4 B 249.89 - NVwZ-RR 1991, 118). Unterlässt die Behörde die gebotene Sachaufklärung liegt ein Verfahrensfehler vor (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 24 Rn. 58; Ziekow, a. a. O., Rn. 19; Heßhaus in Bader/Ronellenfitsch, a. a. O., Rn. 27; Knack-Henneke, a. a. O., Rn. 26).

d) Hiervon ausgehend hätte sich der Antragsgegnerin - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Kausalität und zur Beweislastverteilung im Dienstunfallrecht - bereits im Verwaltungsverfahren die Hinzuziehung eines Sachverständigen zur Frage aufdrängen müssen, ob - zum Zeitpunkt des Erlasses der nun zurückgenommenen Bescheide der Bundespolizeiakademie - die Voraussetzungen für die Anerkennung der Körperschäden des Antragstellers deshalb nicht vorlagen, weil nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen war, dass die im zeitlichen Anschluss an den als Dienstunfall festgestellten Zeckenbiss beim Antragsteller aufgetretenen Erkrankungen (und die mit den Erkrankungen zusammenhängende Erwerbsminderung) durch den Zeckenbiss - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - verursacht worden sind.

Fest steht, dass die Beschwerden des Antragstellers erstmals nach dem Zeckenbiss im September 2008 begonnen haben und beim Antragsteller danach über einen langen Zeitraum erhöhte Entzündungswerte festgestellt wurden. Fest steht auch, dass der Antragsteller bereits wenige Tage nach dem Zeckenbiss mit Doxycyclin behandelt wurde und es zu einer vorübergehenden Besserung seiner Beschwerden kam. Da die BFD ausweislich ihrer Ausführungen im Widerspruchsbescheid nicht mehr davon ausgeht, dass beim Antragsteller eine dienstunabhängige degenerative Vorschädigung der betroffenen Gelenke vorgelegen hat, ist somit nicht schon deshalb zweifelhaft, ob die Erkrankungen des Antragstellers und der Zeckenbiss - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - im Zusammenhang stehen können. Zwar hatte der Polizeiärztliche Dienst des Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrums OEB bereits mit Stellungnahmen von 22. und 23. Oktober 2009 Zweifel daran geäußert, ob der Befall der Zecke während der Dienstzeit stattgefunden habe und inwieweit der „angegebene Körperschaden“ eine Folge des Unfalls sei. Die erstgenannten Zweifel waren aber dadurch ausgeräumt worden, dass der Antragsteller weitere Angaben zum Ort seiner sportlichen Betätigung machte. Auch der Sozialmedizinische Dienst der Bundespolizei hatte in einem sozialmedizinischen Gutachten vom 27. September 2010 angemerkt, dass sowohl die haftungsbegründende als auch die haftungsausfüllende Kausalität nicht gegeben sei. Der Internist und Rheumatologe Dr. M. vom „Ambulanten Behandlungszentrum Obermain“ führte in seinem Arztbrief vom 19. August 2010 aus, dass der Antragsteller „aufgrund des frühen Behandlungsbeginns (mit Doxycyclin) keine Antikörper bilden konnte, so dass die Borrelienserologie durchweg negativ blieb!“ und verwies darauf, dass sich aktuell ein „Zustand nach Yersenieninfektion im IgA-Immunoblot nachweisen“ lasse, so dass „hypothetisch auch noch ein Zweitinfekt aetiologisch in Frage käme“. Dennoch ging er in seiner als „Gutachterliche Stellungnahme zur Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Dienstunfallfolgen nach Abschluss der ärztlichen Behandlung“ überschriebenen Äußerung vom 19. August 2010 mit Bezugnahme auf seinen Arztbrief von einer „auf dem Dienstunfall beruhenden Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100%“ aus. Medizinaldirektor Dr. F. vom Polizeiärztlichen Dienst diagnostizierte im Rahmen einer ebenfalls als „Gutachterliche Stellungnahme zur Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Dienstunfallfolgen nach Abschluss der ärztlichen Behandlung“ bezeichneten schriftlichen Äußerung am 15. September 2010 unter Bezugnahme auf eine Untersuchung des Antragstellers die später bescheidsmäßig festgestellten Unfallfolgen als nach dem Dienstunfall zurückgebliebene Folgen und schätzte die auf dem Dienstunfall beruhende Minderung der Erwerbsfähigkeit mit Bezug auf § 35 Abs. 2 BeamtVG jedenfalls ab dem 1. Oktober 2010 auf 100% ein. Infolge seiner weiteren Begutachtung vom 28. November 2010 wurden die festgestellten Unfallfolgen um eine „Epicondylitis medialis beidseits“ erweitert. Auf Grundlage dieser Stellungnahmen ergingen die Bescheide der Bundespolizeiakademie vom 18. Oktober und 20. Dezember 2010. Demnach ist die Antragsgegnerin im Jahre 2010 auf der Grundlage der „Gutachten“ eines in ihrem Dienst stehenden Arztes von einem hinreichenden Kausalzusammenhang zwischen Zeckenbiss und Körperschäden ausgegangen.

Inwieweit dies - auch unter Berücksichtigung der späteren, vom Antragsteller selbst vorgelegten Arztbriefe - rechtswidrig war, weil von Anfang an die erforderliche Kausalität zwischen dem Zeckenbiss und den Erkrankungen des Antragstellers nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen worden war, hätte durch eine weitere - sachverständige - Begutachtung des Antragstellers unter Einbeziehung sämtlicher bisherigen Befunde und Stellungnahmen abgeklärt werden müssen. Dies musste sich der BFD - spätestens im Widerspruchsverfahren - deshalb aufdrängen, da die Diagnose für die Erkrankungen des Antragstellers offensichtlich von Anfang an schwierig war. So benennt beispielsweise Dr. M. eine Differentialdiagnose, um zeitgleich die Kausalität zwischen Dienstunfall (d. h. Zeckenbiss) und Erkrankungen zu bestätigen. Auch den Arztbriefen des Universitätsklinikums Erlangen, Medizinische Klinik 3 - Rheumatologie, Immunologie -, ist zu entnehmen, dass man sich bei der Benennung der Ursache für die Erkrankungen des Antragstellers unsicher war. So sind beispielsweise dem Arztbrief vom 30. März 2009 die Diagnosen „Oligoarthritis, DD reaktive Arthritis“ zu entnehmen, wohingegen der Arztbrief vom 8. Juli 2009 diese beiden Diagnosen ebenfalls nennt und für das linke Knie u. a. einen Zustand nach „lokalem Zeckenbiss mit konsekutiver Synovitis 10/08 (Besserung unter Doxycyclin, Borrelienserologie negativ)“ beschreibt. Beide Arztbriefe waren jeweils von anderen Ärzten der Medizinischen Klinik 3 unterschrieben worden. Weiteren medizinischen Sachverstand einzuholen hätte sich der BFD nicht zuletzt aufgrund der vom Antragsteller im Widerspruchsverfahren vorgelegten Leitlinien der Deutschen-Borreliose-Gesellschaft zu „Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose“ aufdrängen müssen, wonach etwa eine frühzeitige antibiotische Behandlung die Entwicklung von Antikörpern verhindern könne, so dass daher Seronegativität die Lyme-Borreliose keinesfalls ausschließe. Daran ändert auch die ebenfalls vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme des medizinischen Direktors der Medizinischen Klinik 3 des Universitätsklinikums Erlangen, Prof. Dr. S., vom 31. August 2012 nichts. Auch wenn dieser davon ausgeht, dass es sich bei der Erkrankung des Antragstellers nicht um eine „klassische Borrelienarthritis“, sondern um eine „seronegative rheumatoide Arthritis“ handelt, weist er ausdrücklich darauf hin, dass nicht auszuschließen sei, dass der Zeckenbiss die rheumatoide Arthritis des Antragstellers „getriggert“ habe und es einen klaren zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Beschwerden und dem Zeckenbiss gebe. Ob tatsächlich Kausalität vorliege, sei „natürlich nicht mit letzter Sicherheit zu beantworten“, sei „aber auch nicht auszuschließen“. Da unklar ist, was Prof. Dr. S. mit seiner Formulierung „nicht mit letzter Sicherheit“ gemeint hat und inwieweit ihm - bei Abfassen seiner Stellungnahme vom 31. August 2012 - der im Dienstunfallrecht geltende Maßstab für die Beurteilung der Kausalität bekannt war, konnte die BFD ihre Einschätzung nicht hinreichend sicher auf seine Stellungnahme stützen.

Dass die BFD zu einer medizinischen Begutachtung des Antragstellers verpflichtet war, führt im jetzigen Verfahrensstadium nicht dazu, dass der streitgegenständliche Bescheid allein aus diesem Grund als rechtwidrig zu beurteilen wäre. Der bloße Umstand, dass die BFD ohne weiteres von einer Tatsache ausgegangen ist, zu deren Feststellung sie einen Sachverständigen hätte hinzuziehen müssen, führt nicht zur Rechtswidrigkeit und Aufhebung der Rücknahmeentscheidung. Das Gericht kann die Rücknahmeentscheidung hinsichtlich der Tatsachengrundlage vielmehr nur dann beanstanden, wenn es seinerseits deren Unrichtigkeit festgestellt hat (vgl. BVerwG, B. v. 16.9.1986 - 1 B 143.86 - NVwZ 1987, 144; U. v. 3.3.1987 - 1 C 39.84 - NJW 1987, 1431; U. v. 1.12.1987 - 1 C 29.85 - BVerwGE 78, 285; Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 24 Rn. 58; Ziekow, VwVfG, § 24 Rn. 19; Heßhaus in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 24 Rn. 29; Knack-Henneke, VwVfG, § 24 Rn. 26).

e) Ob die Voraussetzungen für die Rücknahmeentscheidung nach § 48 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 3 VwVfG vorgelegen haben, wird im Rahmen des Klageverfahrens aufzuklären sein. Der Ansicht der Antragsgegnerin, der Nachweis dafür, dass die aufgehobenen Bescheide der Bundespolizeiakademie von Anfang an rechtswidrig waren, sei erbracht, kann derzeit nicht gefolgt werden. Denn wie oben unter b) ausgeführt, können erst dann die Regelungen über die materielle Beweislastverteilung in Bezug auf den Nachweis zwischen Dienstunfall und Körperschaden herangezogen werden, wenn alle Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft sind. Das Verwaltungsgericht wird daher der Frage nachzugehen haben, ob auf der Grundlage sämtlicher Untersuchungsergebnisse, Befunde und Stellungnahmen der vom Kläger erlittene Zeckenbiss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine wesentliche Ursache, zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache für seine Körperschäden war, oder ob es sich bei dem Zeckenbiss lediglich um eine Gelegenheitsursache gehandelt hat.

f) Der angegriffene Bescheid ist nicht im Hinblick auf die Nichteinhaltung der Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG rechtswidrig. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. B. v. 19.12.1984 - GrSen 1.84 u. a. - BVerwGE 70, 356) war die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG entgegen der Ansicht des Antragstellers noch nicht abgelaufen. § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG findet danach Anwendung, wenn die Behörde nachträglich erkennt, dass sie den beim Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts vollständig bekannten Sachverhalt unzureichend berücksichtigt oder unrichtig gewürdigt und deswegen rechtswidrig entschieden hat. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG beginnt zu laufen, wenn die Behörde positive Kenntnis von den Tatsachen, die die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigen, erhalten hat. Die Behörde erlangt diese positive Kenntnis, wenn der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Rücknahme des Verwaltungsakts berufene Amtswalter oder ein sonst innerbehördlich zur rechtlichen Überprüfung des Verwaltungsakts berufener Amtswalter die die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigenden Tatsachen feststellt. Die Feststellung ist getroffen, sobald diese Tatsachen vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt sind. Zwar ist die Zuständigkeit der BFD - als der für die Rücknahmeentscheidung innerbehördlich zuständigen Stelle der Antragsgegnerin - mit der Versetzung des Antragstellers in den Ruhestand zum 1. Januar 2011 begründet worden. Kenntnis von den maßgeblichen Tatsachen hatte die BFD aber frühestens mit Erhalt der Dienstunfallakte am 5. März 2012. Unabhängig, ob die maßgebenden Tatsachen zwischenzeitlich vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt werden konnten - wovon jedenfalls auch der Antragsteller nicht ausgehen kann, da er die mangelhafte Amtsermittlung durch die BFD rügt -, hat die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG frühestens am 6. März 2012 zu laufen begonnen. Zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung am 20. Juni 2012 war sie jedenfalls noch nicht abgelaufen.

2. Ist demnach offen, ob die Erkrankungen des Antragstellers durch den Dienstunfall verursacht wurden, ist offen, ob die Regelung in Nr. 1 des streitbefangenen Bescheids rechtmäßig ist. Damit ist auch offen, ob die sich daraus ergebenden weiteren Feststellungen der BFD in Nr. 3 und 5 des angefochtenen Bescheids zu der auf dem Dienstunfall beruhenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 35 Abs. 2 BeamtVG) und zu zukünftigen Unfallfürsorgeleistungen, insbesondere der Gewährung von Unfallausgleich (§ 35 Abs. 1 BeamtVG) und Unfallruhegehalt (§ 36 BeamtVG), rechtmäßig waren.

3. Sind die Erfolgsaussichten der Klage insgesamt offen, hat der Senat eine von der Einschätzung der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens unabhängige Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. BVerwG, B. v. 17.5.2004 - 1 VR 1.04 u. a. - InfAuslR 2005, 103). Diese ergibt unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, dass das öffentliche Interesse, für die Zeit des Klageverfahrens von weiteren Kosten durch Maßnahmen der Unfallfürsorge, insbesondere der Weitergewährung von Unfallausgleich und -ruhegehalt, verschont zu bleiben, hinter den Interessen des Antragstellers an der Gewährung dieser Leistungen zurücktreten muss.

Im Rahmen der Interessenabwägung ist zunächst entscheidend, dass die BFD es in der Hand gehabt hätte, durch sachverständige Begutachtung des Antragstellers bzw. seiner Krankengeschichte die Interessenabwägung im Eilverfahren zu ihren Gunsten zu entscheiden. Zudem stehen sich letztlich gleichgewichtige, nämlich finanzielle, Interessen gegenüber. Die gesetzlichen Entscheidungen in § 80 Abs. 1 VwGO, der grundsätzlich die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage vorsieht, sowie in § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, wonach davon nur ausnahmsweise im öffentlichen oder überwiegenden Interesse eines Beteiligten - durch ausdrückliche Anordnung - abgewichen werden kann, sind bei der Bewertung gleichgewichtiger Interessen zu berücksichtigen. Bei gleichgewichtigen Interessen hat sich die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO an der gesetzlichen Bewertung des § 80 Abs. 1 VwGO zu orientieren, so dass es bei der in § 80 Abs. 1 VwGO angeordneten Regel der aufschiebenden Wirkung der Klage bleibt (OVG Hamburg, B. v. 28.5.2010 - 1 Bs 87/19 - IÖD 2010, 178). Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller nicht in geregelten finanziellen Verhältnissen lebt, so dass zu befürchten ist, dass die Antragsgegnerin gegebenenfalls einen Rückforderungsanspruch nicht realisieren könnte, wenn sich im Hauptsacheverfahren - auf der Grundlage sachverständiger Bewertung - herausstellen sollte, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist, bestehen nicht. Ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Durchsetzung des Rücknahmebescheids und der Nichtgewährung möglicherweise unberechtigter Unfallfürsorge kann bei dieser Sachlage nicht festgestellt werden.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, §§ 39 und 71 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (i. d. F. v. 18.7.2013; Downloadmöglichkeit über die Homepage des BVerwG). Dabei wurde für den Teilgegenstand Rücknahme der Anerkennung von Dienstunfallfolgen - in Anlehnung an Nr. 1.5 und 10.8 des Streitwertkatalogs - ein Betrag von je 2.500 Euro, für den Teilgegenstand Unfallausgleich - in Anlehnung an Nr. 1.5 und 10.4 des Streitwertkatalogs - die Hälfte des zweifachen Jahresbetrags (24 Monate) der angestrebten maßgeblichen Grundrente, die hier 666 Euro im Monat betragen würde, demnach 7.992 Euro (st. Rspr., u. a. BayVGH, U. v. 24.10.2012 - 3 B 08.2648 - juris Rn. 40; B. v. 5.12.2012 - 14 ZB 10.3116 - juris Rn. 21) und für den Teilgegenstand Unfallruhegehalt - ebenfalls in Anlehnung an Nr. 1.5 und 10.4 des Streitwertkatalogs - die Hälfte des zweifachen Jahresbetrags (24 Monate) des Unterschiedsbetrags zwischen gezahlter und begehrter Versorgung, der hier im Monat 274,57 Euro betragen würde, demnach 3.294,84 Euro, angesetzt.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich. Dieser wird in Höhe der Grundrente nach § 31 Absatz 1 bis 3 in Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz des Bundesversorgungsgesetzes gewährt. Wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Feststellung gestaffelt eingeschätzt, ist der Unfallausgleich in Höhe desjenigen Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu zahlen, der wenigstens sechs Monate Bestand hat.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im Allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Hat bei Eintritt des Dienstunfalles eine abschätzbare Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bestanden, so ist für die Berechnung des Unfallausgleichs von der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten, die unmittelbar vor dem Eintritt des Dienstunfalles bestand, auszugehen und zu ermitteln, welcher Teil dieser individuellen Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall gemindert wurde. Beruht die frühere Erwerbsminderung auf einem Dienstunfall, so kann ein einheitlicher Unfallausgleich festgesetzt werden.

(3) Der Unfallausgleich wird neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Zu diesem Zweck ist der Beamte verpflichtet, sich auf Anordnung der obersten Dienstbehörde durch einen von ihr bestimmten Arzt untersuchen zu lassen; die oberste Dienstbehörde kann diese Befugnis auf andere Stellen übertragen.

(4) Der Unfallausgleich wird auch während einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge gewährt.

(1) Ist der Beamte infolge des Dienstunfalles dienstunfähig geworden und deswegen in den Ruhestand versetzt worden, so erhält er Unfallruhegehalt.

(2) Für die Berechnung des Unfallruhegehalts eines vor Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand versetzten Beamten wird der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nur die Hälfte der Zurechnungszeit nach § 13 Abs. 1 hinzugerechnet; § 13 Absatz 4 gilt entsprechend.

(3) Der Ruhegehaltssatz nach § 14 Abs. 1 erhöht sich um 20 Prozent. Das Unfallruhegehalt beträgt mindestens 66,67 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und darf 75 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge nicht übersteigen. Es darf nicht hinter 75 Prozent der jeweils ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 4 zurückbleiben; § 14 Abs. 4 Satz 3 gilt entsprechend.

(1) Die Beamtin auf Lebenszeit oder der Beamte auf Lebenszeit ist in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist.

(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn ein anderes Amt, auch einer anderen Laufbahn, übertragen werden kann. Die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung ist zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass die Beamtin oder der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügt.

(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann einer Beamtin oder einem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.

(4) Zur Vermeidung einer Versetzung in den Ruhestand kann die Beamtin oder der Beamte nach dem Erwerb der Befähigung für eine neue Laufbahn auch ohne Zustimmung in ein Amt dieser Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt versetzt werden, wenn eine dem bisherigen Amt entsprechende Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist. Das neue Amt muss derselben Laufbahngruppe zugeordnet sein wie das derzeitige Amt. Für die Übertragung bedarf es keiner Ernennung.

(5) Die Beamtin oder der Beamte, die oder der nicht die Befähigung für eine andere Laufbahn besitzt, ist verpflichtet, an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.

(6) Bestehen Zweifel über die Dienstunfähigkeit, besteht die Verpflichtung, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen und, falls dies aus amtsärztlicher Sicht für erforderlich gehalten wird, auch beobachten zu lassen.

(7) Gesetzliche Vorschriften, die für einzelne Gruppen von Beamtinnen und Beamten andere Voraussetzungen für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit bestimmen, bleiben unberührt.

(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich. Dieser wird in Höhe der Grundrente nach § 31 Absatz 1 bis 3 in Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz des Bundesversorgungsgesetzes gewährt. Wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Feststellung gestaffelt eingeschätzt, ist der Unfallausgleich in Höhe desjenigen Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu zahlen, der wenigstens sechs Monate Bestand hat.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im Allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Hat bei Eintritt des Dienstunfalles eine abschätzbare Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bestanden, so ist für die Berechnung des Unfallausgleichs von der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten, die unmittelbar vor dem Eintritt des Dienstunfalles bestand, auszugehen und zu ermitteln, welcher Teil dieser individuellen Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall gemindert wurde. Beruht die frühere Erwerbsminderung auf einem Dienstunfall, so kann ein einheitlicher Unfallausgleich festgesetzt werden.

(3) Der Unfallausgleich wird neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Zu diesem Zweck ist der Beamte verpflichtet, sich auf Anordnung der obersten Dienstbehörde durch einen von ihr bestimmten Arzt untersuchen zu lassen; die oberste Dienstbehörde kann diese Befugnis auf andere Stellen übertragen.

(4) Der Unfallausgleich wird auch während einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge gewährt.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören auch

1.
Dienstreisen und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort,
2.
die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen und
3.
Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in dem ihm gleichstehenden Dienst, zu deren Übernahme der Beamte gemäß § 98 des Bundesbeamtengesetzes verpflichtet ist, oder Nebentätigkeiten, deren Wahrnehmung von ihm im Zusammenhang mit den Dienstgeschäften erwartet wird, sofern der Beamte hierbei nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist (§ 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch).

(2) Als Dienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges zu und von der Dienststelle. Hat der Beamte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, so gilt Satz 1 auch für den Weg zwischen der Familienwohnung und der Dienststelle. Der Zusammenhang mit dem Dienst gilt als nicht unterbrochen, wenn der Beamte

1.
von dem unmittelbaren Weg zwischen der Wohnung und der Dienststelle in vertretbarem Umfang abweicht,
a)
um ein eigenes Kind, für das ihm dem Grunde nach Kindergeld zusteht, wegen seiner eigenen Berufstätigkeit oder der Berufstätigkeit seines Ehegatten in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen oder
b)
weil er mit anderen berufstätigen oder in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gemeinsam ein Fahrzeug für den Weg zu und von der Dienststelle benutzt, oder
2.
in seiner Wohnung Dienst leistet und Wege zurücklegt, um ein Kind im Sinne des Satzes 3 Nummer 1 Buchstabe a in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen.
Ein Unfall, den der Verletzte bei Durchführung des Heilverfahrens (§ 33) oder auf einem hierzu notwendigen Wege erleidet, gilt als Folge eines Dienstunfalles.

(3) Erkrankt ein Beamter, der wegen der Art seiner dienstlichen Verrichtungen der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt ist, an dieser Krankheit, so gilt die Erkrankung als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Die Erkrankung gilt jedoch stets als Dienstunfall, wenn sie durch gesundheitsschädigende Verhältnisse verursacht worden ist, denen der Beamte am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthalts im Ausland besonders ausgesetzt war. Als Krankheiten im Sinne des Satzes 1 kommen die in Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort bezeichneten Maßgaben in Betracht. Für die Feststellung einer Krankheit als Dienstunfall sind auch den Versicherungsschutz nach § 2, § 3 oder § 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründende Tätigkeiten zu berücksichtigen, wenn sie ihrer Art nach geeignet waren, die Krankheit zu verursachen, und die schädigende Einwirkung überwiegend durch dienstliche Verrichtungen nach Satz 1 verursacht worden ist.

(4) Dem durch Dienstunfall verursachten Körperschaden ist ein Körperschaden gleichzusetzen, den ein Beamter außerhalb seines Dienstes erleidet, wenn er im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten oder wegen seiner Eigenschaft als Beamter angegriffen wird. Gleichzuachten ist ferner ein Körperschaden, den ein Beamter im Ausland erleidet, wenn er bei Kriegshandlungen, Aufruhr oder Unruhen, denen er am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthaltes im Ausland besonders ausgesetzt war, angegriffen wird.

(5) Unfallfürsorge wie bei einem Dienstunfall kann auch gewährt werden, wenn ein Beamter, der zur Wahrnehmung einer Tätigkeit, die öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen dient, beurlaubt worden ist und in Ausübung dieser Tätigkeit einen Körperschaden erleidet.

(6) (weggefallen)

(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich. Dieser wird in Höhe der Grundrente nach § 31 Absatz 1 bis 3 in Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz des Bundesversorgungsgesetzes gewährt. Wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Feststellung gestaffelt eingeschätzt, ist der Unfallausgleich in Höhe desjenigen Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu zahlen, der wenigstens sechs Monate Bestand hat.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im Allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Hat bei Eintritt des Dienstunfalles eine abschätzbare Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bestanden, so ist für die Berechnung des Unfallausgleichs von der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten, die unmittelbar vor dem Eintritt des Dienstunfalles bestand, auszugehen und zu ermitteln, welcher Teil dieser individuellen Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall gemindert wurde. Beruht die frühere Erwerbsminderung auf einem Dienstunfall, so kann ein einheitlicher Unfallausgleich festgesetzt werden.

(3) Der Unfallausgleich wird neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Zu diesem Zweck ist der Beamte verpflichtet, sich auf Anordnung der obersten Dienstbehörde durch einen von ihr bestimmten Arzt untersuchen zu lassen; die oberste Dienstbehörde kann diese Befugnis auf andere Stellen übertragen.

(4) Der Unfallausgleich wird auch während einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge gewährt.

(1) Ist der Beamte infolge des Dienstunfalles dienstunfähig geworden und deswegen in den Ruhestand versetzt worden, so erhält er Unfallruhegehalt.

(2) Für die Berechnung des Unfallruhegehalts eines vor Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand versetzten Beamten wird der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nur die Hälfte der Zurechnungszeit nach § 13 Abs. 1 hinzugerechnet; § 13 Absatz 4 gilt entsprechend.

(3) Der Ruhegehaltssatz nach § 14 Abs. 1 erhöht sich um 20 Prozent. Das Unfallruhegehalt beträgt mindestens 66,67 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und darf 75 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge nicht übersteigen. Es darf nicht hinter 75 Prozent der jeweils ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 4 zurückbleiben; § 14 Abs. 4 Satz 3 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 23.786,88 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere rechtliche Schwierigkeiten) und des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide den Beklagten zur Gewährung eines erhöhten Ruhegehalts in gesetzlicher Höhe gem. Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG verpflichtet.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546 - juris) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - DVBl. 2004, 838 - juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

1.1. Der Kläger hat Anspruch auf die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts gemäß Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG (Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz vom 5. August 2010 - GVBl. S. 410, S. 528, berichtigt S. 764 - zuletzt geändert durch Art. 11 Haushaltsgesetz 2015/2016 vom 17.12.2014 - GVBl. S. 511).

Gemäß Art. 100 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG steht für die am 31. Dezember 2010 vorhandenen Unfallfürsorgeberechtigten ein vor dem 1. Januar 2011 erlittener Dienstunfall im Sinn des Beamtenversorgungsgesetzes in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung dem Dienstunfall im Sinne dieses Gesetzes gleich. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der am 12. Mai 2007 erlittene Dienstunfall des Klägers mit Bescheid des Beklagten vom 14. November 2007 gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG anerkannt wurde.

Gemäß Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG sind bei der Bemessung des Unfallruhegehalts nach Art. 53 BayBeamtVG 80 v. H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der übernächsten Besoldungsgruppe zugrunde zu legen, wenn ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung, mit der eine besondere Lebensgefahr verbunden ist, infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall erleidet und wenn er infolge dieses Dienstunfalls dauernd dienstunfähig ist und bei Versetzung in den Ruhestand infolge des Dienstunfalls in der Erwerbstätigkeit um mindestens 50 v. H. beschränkt ist. Dies gilt auch, wenn der Beamte in Ausübung des Dienstes durch einen tätlichen rechtswidrigen Angriff einen Dienstunfall mit den genannten Folgen erleidet.

Voraussetzung für die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts gem. Art. 54 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG ist ein Grad von mindestens 50 Prozent Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bei Eintritt in den Ruhestand. Maßgeblich sind hierbei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu dem Zeitpunkt, zu dem der Beamte in den Ruhestand versetzt werden soll (Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, § 37 Rn. 53/Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 37 Rn. 70).

Soweit das Verwaltungsgericht aufgrund der in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Sachverständigen zu der Überzeugung gelangt ist, dass beim Kläger infolge des Dienstunfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Gesamt-MdE von mindestens 50 v. H. bestanden hat, da sich die Funktionsbeeinträchtigungen auf verschiedenen medizinischen Gebieten nicht überschnitten, sondern gegenseitig verstärkten, ist das rechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht ging das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Beurteilung für die Beeinträchtigung auf neurochirurgischem Fachgebiet von einer Einzel-MdE von 25 v. H. ab 12. Mai 2008 aus. Unstreitig zwischen den Parteien war auch die Feststellung einer Einzel-MdE von 40 v. H. auf psychiatrischem Fachgebiet wegen der als weitere Dienstunfallfolge mit Bescheid vom 22. November 2011 zwischenzeitlich anerkannten posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Da sich die beim Kläger gutachterlich festgestellten Grade der Einzel-MdE auf Beeinträchtigungen verschiedener medizinischer Fachgebiete bezogen, war ein Grad der Gesamt-MdE zu bestimmen. Danach war im vorliegenden Fall von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-MdE-Grad bedingt (hier: 40 v. H. auf psychiatrischem Fachgebiet) und dann zu prüfen, inwieweit sich diese im Hinblick auf die weitere Funktionsbeeinträchtigung (hier: 25 v. H. auf neurochirurgischem Fachgebiet) erhöht (vgl. Teil A Ziffer 3 c der versorgungsmedizinischen Grundsätze - VmG - nach der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 - Anlage zum BGBl. I Nr. 57 v. 15.12.2008 - Anlage zum BGBl. I Nr. 57 v. 15.12.2008; BayVGH, U.v.11.1.2000 - 3 B 96.707 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 19.1.2011 - OVG - 4 B 32.10 - juris).

Im Rahmen seiner Entscheidung hat sich das Gericht ausführlich und nachvollziehbar mit den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. W., Dr. B. und Dr. S. in der mündlichen Verhandlung auseinander gesetzt, die auf der Grundlage der jeweils gefertigten Gutachten erfolgten. Es schloss sich insofern den schlüssigen Erläuterungen des Sachverständigen Prof. Dr. W. an, der ausgeführt hatte, dass sich die unmittelbaren Funktionsbeeinträchtigungen nicht überlappen würden, sondern klar unterschieden werden könnten. Der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen sei beim Kläger eher auf einer kausalen Ebene angesiedelt, da dieser durch seine körperlichen Beschwerden ständig an das Unfallereignis erinnert werde, was wiederum die psychische Komponente verstärke. Auf dieser Grundlage kam der Sachverständige Prof. Dr. W. zu einer Einschätzung der Gesamt-MdE von knapp über 50 v. H. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das Gericht auch dargelegt, warum bei genauerer Betrachtungsweise ein Widerspruch zu den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. gerade nicht besteht. Eine Schnittfläche bzw. Schnittmenge der Funktionsbeeinträchtigungen auf den verschiedenen medizinischen Fachgebieten - wie von Dr. S. festgestellt - sei insofern nicht zu verneinen, als sich körperliche Beschwerden, zumal wenn sie dauerhafter Natur sind, selbstverständlich auf das seelische Wohlbefinden auswirken und in diesem Sinne eine vorhandene psychische Erkrankung oder Störung verstärken könnten. Umgekehrt sei auch nachvollziehbar, dass eine psychische Erkrankung dazu führen könne, dass körperliche Beschwerden je nach der psychischen Konstitution des Betroffenen stärker empfunden würden. Das Gericht folgte insoweit zwar den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. W. und Dr. B., wonach sich die Funktionsbeeinträchtigungen beim Kläger nicht überschnitten, sondern gegenseitig verstärkten, es legte seiner Einschätzung aber keine reine Addition der Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde, wie sie letztlich vom Sachverständigen Dr. B. vorgenommen wurde. Dieser ging nämlich von einer Gesamt-MdE von 65 v. H. aus.

Das Verwaltungsgericht stellte - der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. W. folgend - eine Gesamt MdE von knapp über 50 v. H. zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung fest. Insofern kann auch der Einwand des Beklagten, das Gericht würde mit seiner Schlussfolgerung gegen sozialmedizinische Grundsätze verstoßen, nicht durchgreifen. Ziff. 3 a Anlage zu § 2 VersMedV verbietet zwar im Rahmen der Gesamtbildung des Grads der Schädigungsfolgen eine reine Addition der Einzelgrade, stellt aber in Ziff. 3 d ausdrücklich klar, dass die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander unterschiedlich sein können. Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können sowohl voneinander unabhängig sein (Ziff. 3 d aa) als auch sich überschneiden (Ziff. 3 d cc). Die konkrete Bewertung muss dabei stets auf die Besonderheiten der MdE des betroffenen Beamten abstellen (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2013 - 3 ZB 11.1166 - juris Rn. 13). Der Grad der MdE ist aufgrund eines ärztlichen Gutachtens festzustellen (vgl. Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG Erl. 7.1. zu § 35). Dabei bilden allgemeine Erfahrungssätze, in Tabellen und Empfehlungen enthaltene Richtwerte, also antizipierte Sachverständigengutachten, in der Regel die Basis für die Bewertung der MdE durch den Sachverständigen. Bei allen Richtwerten handelt es sich um Orientierungshilfen (vgl. Plog/Wiedow, BeamtVG, Rn. 10 c und 10 d zu § 35). Der Sachverständige kann bei der Einschätzung der MdE die Anlage zu § 2 der VersMedV zur Orientierung oder als Richtwert heranziehen, er muss es aber schon deshalb nicht, weil der Katalog der VersMedV nicht die MdE des BeamtVG als Maßstab zugrunde legt (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2013 a. a. O. Rn. 15).

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, in derer Einschätzung der Gesamt-MdE grundsätzlich den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. W. und Dr. B. zu folgen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte ist diesen Ausführungen auch nicht substantiiert entgegengetreten. Unstreitig gehen beide Parteien vom Vorliegen einer Einzel-MdE von 25 v. H. auf neurochirurgischem Fachgebiet aus. Diese hatte der Sachverständige Dr. S. selbst im Gutachten des Klinikums I. vom 4. Dezember 2009 bestätigt. Auf den Einwand des Beklagten, bei der Verletzung des Klägers (Teilläsur der Ligamenta alaria dentis) handele es sich - wie vom Sachverständigen Dr. S. in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - um eine einer Verstauchung vergleichbaren Verletzung, die sich innerhalb von drei Wochen bis sechs Monaten bei entsprechender Therapie wieder normalisiere, kann es deshalb im Hinblick auf die Bildung einer Gesamt-MdE nicht ankommen. Auch dem Vortrag des Sachverständigen Dr. S., dass sich nach der Fachliteratur die Beschwerden verlängerten, je länger das Entschädigungsverfahren dauere, es komme in der Regel auf die Motivation des Betroffenen an, musste sich das Verwaltungsgericht nicht anschließen. Der Sachverständigen Prof. Dr. W. erläuterte ausführlich im Rahmen der mündlichen Verhandlung (S. 4, 5 der Sitzungsniederschrift), welche verschiedenen Verfahren bei der Gutachtenerstellung durch verschiedene Personen angewandt würden, wobei sich die Plausibilität durch die Übereinstimmung der Symptomatik ergebe. Er kam insofern nachvollziehbar zu dem Schluss, dass es abwegig sei, dass der Kläger zur Erlangung sozialrechtlicher Vorteile derartige Symptome vorspiegle.

1.2. Der Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von erhöhtem Unfallruhegehalt steht auch nicht der Bescheid des Beklagten vom 2. Juli 2010 über die Gewährung von Unfallausgleich entgegen. Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht verneint, dass von der dort in den Gründen enthaltenen Feststellung eines Gesamt-MdE von 30 v. H. eine Bindungswirkung für die streitgegenständliche Entscheidung über die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts ausgeht. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen auf dieser Grundlage nicht.

1.2.1 Soweit der Beklagte auf die Bindungswirkung verweist, die sich aus der zwischenzeitlich eingetretenen rechtskräftigen Feststellung der Unanfechtbarkeit des Bescheids vom 2. Juli 2010 gem. § 121 Nr. 1 VwGO im erstinstanzlichen Urteil ergibt, so verkennt er, dass rechtskräftige Urteile nach dem Wortlaut der Vorschrift nur insoweit binden, als auch über den Streitgegenstand in der Sache entschieden worden ist. Dies ist nur dann der Fall, soweit das getroffene Urteil über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der behaupteten Anspruchsnorm reicht (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 121 Rn. 31 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Ob dem Kläger unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheids vom 2. Juli 2010 auf der Grundlage einer höheren Gesamt-MdE ein weiterer Unfallausgleich gemäß Art. 52 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG zugestanden hätte, wurde jedoch im vorliegenden erstinstanzlichen Urteil nicht entschieden. Die diesbezügliche Klage wurde als unzulässig abgewiesen, da der Bescheid vom 2. Juli 2010 bereits mangels Einhaltung der Klagefrist unanfechtbar war. Bei einem Prozessurteil erwächst nur die Entscheidung, dass dem prozessualen Anspruch das für die Klageabweisung maßgebliche prozessuale Hindernis (Nichteinhaltung der Klagefrist) entgegensteht, in Rechtskraft (vgl. Kopp, VwGO, 21. Auflage 2015, § 121 Rn. 19). Dies hat zur Folge, dass der Bescheid vom 2. Juli 2010 formell bestandskräftig geworden ist.

1.2.2 Im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass der bestandskräftige Bescheid vom 2. Juli 2010, der für die Festsetzung des Unfallausgleichs eine Gesamt - MdE von 30 v. H. zugrunde legt, dem Anspruch des Klägers auf erhöhtes Ruhegehalt gem. Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG, der eine Gesamt - MdE von mindestens 50 v. H. voraussetzt, nicht entgegensteht.

Mit Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 2. Juli 2010 wurde festgestellt, dass dem Kläger Unfallausgleich gemäß § 35 BeamtVG (ab 1.1.2011: Art. 52 BayBeamtVG) gewährt wird und zwar ab 12. Mai 2007 in Höhe von monatlich 118,- Euro, ab 1. Juli 2007 in Höhe von 119,- Euro, ab 1. Juli 2008 in Höhe von 120,- Euro und ab 1. Juli 2009 in Höhe von 123,- Euro. Die Gesamt-MdE wurde lediglich in den Gründen unter Bezugnahme der gutachterlichen Stellungnahme des Klinikums I. vom 30.6.2010 dargelegt. Als Grundlage hierfür waren die zu diesem Zeitpunkt festgestellten dienstunfallbedingten Körperschäden genannt, welche auch eine Anpassungsstörung des Klägers mit längerer depressiver Reaktion umfassten. Die Dienstunfallfolge der Anpassungsstörung, festgestellt mit Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 17. Oktober 2008, wurde mit Bescheid vom 22. November 2011 in die Dienstunfallfolge der posttraumatischen Belastungsstörung geändert und anerkannt, nachdem der Kläger gegen die ursprüngliche Festsetzung lediglich einer Anpassungsstörung Klage erhoben hatte. Der ursprüngliche Bescheid vom 17. Oktober 2008 wurde in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 12. März 2010 aufgehoben und als weitere Folge des Dienstunfalls eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt. Damit beruht der Bescheid vom 2. Juli 2010 noch auf der aufgehobenen Feststellung einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion mit einem Einzelgrad der MdE von 20 v. H. Im bestandskräftigen Bescheid vom 2. Juli 2010 erfolgte keine konkrete Festsetzung der Gesamt-MdE im Entscheidungssatz, so dass von einer entsprechenden Bindungswirkung auch nicht auszugehen ist. Die Bindung bezieht sich grundsätzlich nur auf den Entscheidungssatz, nicht auf die wesentlichen Gründe des VA, ebenso wenig auf Vorfragen und präjudizielle Rechtsverhältnisse, sofern diese nicht ausnahmsweise von einer gesetzlich angeordneten Feststellungswirkung erfasst werden (vgl. OVG NRW, U.v. 24.1.2011 - 1 A 2316/08 - juris Rn. 39). Die Feststellungswirkung tritt nur dann und nur insoweit ein, als dies durch die besonderen Rechtsvorschriften bestimmt ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2014, § 43 Rn. 31 und 26, 27). Eine solche gesetzliche Regelung (wie z. B in § 69 Abs. 2 SGB IX, wonach Feststellungen über den Grad der Behinderung nicht zu treffen sind, wenn eine Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung und den Grad einer auf ihr beruhenden Erwerbsminderung schon in einem Rentenbescheid, einer entsprechenden Verwaltungs- und Gerichtsentscheidung oder der für diese Entscheidungen zuständigen Dienststellen getroffen worden ist) findet sich jedoch in Art. 54 BayBeamtVG nicht. Vielmehr kam es für die Frage der Gesamt-MdE vorliegend auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung an. Hiervon geht auch der Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 13. Juli 2010 aus, der zwar feststellt, dass zum Zeitpunkt der Ruhestandversetzung lediglich eine MdE von 30 v. H. vorliegt, im Hinblick auf diese Feststellung aber nicht auf den Bescheid vom 2. Juli 2010 verweist. Das Verwaltungsgericht ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 2. Juli 2010 im Hinblick auf den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit für den Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung keine Bindungswirkung entfaltet.

1.3 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich auch nicht daraus, dass das Gericht lediglich eine Gesamt-MdE von mindestens 50 v. H. zugrunde gelegt hat ohne sich auf einen genauen Wert der Minderung der Erwerbsfähigkeit festzulegen. Für den verbliebenen Streitgegenstand (Anspruch auf erhöhtes Unfallruhegehalt gem. Art. 54 Abs. 1 BayBeamtVG) reicht die Feststellung des Vorliegens einer Gesamt-MdE von mind. 50 v. H. aus. Eine solche Feststellung entspricht auch dem Wortlaut des Gesetzes. Eine einmalige Unfallentschädigung nach Art. 62 BayBeamtVG, bei der es im Hinblick auf die Staffelung in Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG auf die genaue MdE ankommt, ist nicht Gegenstand des Verfahrens.

2. Besondere rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegen nicht vor. Soweit der Kläger hier auf seine Begründung zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung verweist, liegen diese aufgrund der Ausführungen unter Nr. 1 nicht vor.

3. Es besteht auch keine Divergenz gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Oktober 2012 (Az. 2 C 41/11 - juris) und zum Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. September 2008 (Az. 3 ZB 07.3125 - juris). Im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wurde zwar ausdrücklich klargestellt, dass die Rechtskraft des Urteils gem. § 121 Nr. 1 VwGO auch bindet, wenn und soweit sich die im Urteil entschiedene Frage (Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen des Unfallausgleichs) in einem späteren Verfahren mit anderem Streitgegenstand als Vorfrage stellt (Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen des erhöhten Unfallruhegehalts), vorliegend ist jedoch gerade nicht in der Sache (Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt) entschieden worden, vielmehr wurde die Klage auf höheren Unfallausgleich als unzulässig abgewiesen, worauf sich die Bindungswirkung gemäß § 121 Nr. 1 VwGO beschränkt. Gleiches gilt für den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. September 2008, in dem festgestellt wurde, dass die bereits rechtskräftig entschiedene Frage, ob ein Anspruch auf erhöhtes Unfallruhegehalt gem. § 37 BeamtVG vorliegt, Bindungswirkung für ein Verfahren auf Festsetzung der Versorgungsbezüge entfaltet. Auch dort war bereits in der Sache entschieden worden, während eine solche rechtskräftige Entscheidung im vorliegenden Verfahren gerade fehlt.

4. Der Zulassungsantrag war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Soweit der Kläger seine Klage (Anerkennung eines Anrisses an Quadrizeps- und Patellasehne als weitere Dienstunfallfolge) zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Insoweit ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. Oktober 2013 unwirksam geworden.

II.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach und unter Abänderung des Bescheids der Unfallkasse Post und Telekom vom 6. Juni 2012 in der Fassung der Bescheide vom 31. Oktober 2012 und 30. Januar 2013 wird die Beklagte verpflichtet, als weitere Folge des Dienstunfalls vom 30. Januar 2012 eine „Innenmeniskusläsion am rechten Knie“ anzuerkennen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Kläger drei Viertel, die Beklagte ein Viertel. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der im Jahre 1969 geborene Kläger, der als Postbetriebsassistent (BesGr. A 5) im Dienst der Deutschen Post AG stand und sich seit 1. November 2014 im vorzeitigen Ruhestand befindet, begehrt die Anerkennung einer weiteren Dienstunfallfolge sowie die Gewährung von Unfallausgleich.

Nach seinen Angaben in der Unfallanzeige vom 9. Februar 2012 ist der Kläger am 30. Januar 2012 bei der Ausübung seiner Tätigkeit als Briefzusteller in R. mit dem Fahrrad auf einer glatten Straße gefahren. Er habe die Post eingeworfen, ein Fuß sei auf dem Pedal gewesen. Als er mit dem anderen Fuß wieder angeschoben habe, sei ihm das Fahrrad weggerutscht, er sei gefallen und habe sich dabei das rechte Knie verdreht.

Am 31. Januar 2012 suchte er den Arzt für Sportmedizin und Allgemeinmedizin Dr. T. auf, der folgende Diagnosen stellte: „Knieprellung, Kniedistorsion rechts, Verdacht auf Bursitis praepatellaris rechts“. Am 9. Februar 2012 wurde er von der orthopädischchirurgischen Gemeinschaftspraxis Dr. K. u. a. wegen Verdachts auf Anriss distale Patellasehne rechts und Innenmeniskusläsion rechts sowie Kniedistorsion vom 30. Januar 2012 zur Durchführung einer Kernspintomografie an das Röntgeninstitut Campus N... überwiesen. Die dort am 13. Februar 2012 durchgeführte Kernspintomografie ergab folgende Diagnose: Verdacht auf fokalen Längsriss des Vorderhorns des Innenmeniskus (Grad-III Läsion); Teilruptur, medial und Patella-Ansatztendinopathie der Quadrizepssehne; Patellaschiefstand: Patellatyp Wiberg III mit subpatellarem Reizerguss. Mit Schreiben vom 17. Februar 2012 erbat die orthopädischchirurgische Gemeinschaftspraxis bei der Beklagten eine Kostenzusage für eine geplante Arthroskopie. Als Diagnose war Folgendes angegeben: Knieprellung und -distorsion rechts mit Schürfwunde mittlerer Unterschenkel rechts; Anriss distale Patellasehne rechts; traumatische Innenmeniskusvorderhornläsion Grad III rechts, Teilruptur der Quadrizepssehne rechts, jeweils vom 30. Januar 2012.

Mit Datum 28. Februar 2012 machte der Kläger anhand eines Formblatts der Beklagten „Ergänzende Angaben bei einem Ereignis mit einer Knieverletzung“ weitere Angaben zum Unfallhergang und der erlittenen Knieverletzung.

Am 21. März 2012 fand die arthroskopische Operation des rechten Knies durch Herrn Dr. K., orthopädischchirurgische Gemeinschaftspraxis, statt. Im Bericht über die Operation vom 21. März 2012 ist unter dem Punkt „Diagnostik“ Folgendes ausgeführt: Chondromalazie 1°-2° med. Tibia; Z.n. subtotaler Resektion IM-VH und Mittelstück; einzelner großer freier Gelenkkörper; Chondromalazie 3° Patella; Auffaserung Innenmeniskusrest; Synovitis Knie: Unter dem Punkt „Therapie“ ist vermerkt: Partielle IM-Nachresektion; partielle Synovektomie; Entfernung des freien Gelenkkörpers; Chondroplastik Patella. Zudem wurde eine pathohistologische Begutachtung des bei der Operation entnommenen Materials durchgeführt (Bericht des Pathologen Dr. H.).

Unter dem Datum 23. Mai 2012 wurden dem fachärztlichen Berater der Beklagten, Herrn Dr. V., Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie, spezielle Unfallchirurgie und Orthopädie, die Unfallakten sowie eine CD-Rom (MRT/CT) vorgelegt mit der Fragestellung, ob das Unfallereignis die wesentliche Ursache für die bei der Arthroskopie festgestellten Gesundheitsschäden gewesen sei. Mit Datum 4. Juni 2012 erstattete Herr Dr. V. seine Beurteilung. Zusammenfassend kam er zum Ergebnis, dass es beim Kläger durch das Ereignis vom 30. Januar 2012 zu einer leichten Prellung des rechten Unterschenkels und einer leichten Distorsion des rechten Kniegelenks bei bereits zuvor erfolgter Teilresektion gekommen sei. Die in der MRT-Untersuchung festgestellten und arthroskopisch bestätigten Auffälligkeiten ließen sich sämtlich dem Ereignis nicht wesentlich ursächlich zuordnen, es handele sich um vorbestehende degenerative Veränderungen bei bereits erfolgter Teilresektion des Innenmeniskus sowie anlagebedingter Patelladysplasie. Es empfehle sich, die wesentlich unfallbedingte Behandlung und Dienstunfähigkeit mit der am 13. Februar 2012 erfolgten MRT-Untersuchung, bei der keine mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als Unfallfolge zu wertenden Verletzungen festgestellt worden seien, für abgeschlossen zu erachten.

Mit Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2012 wurde das Ereignis vom 30. Januar 2012 als Dienstunfall im Sinne des § 31 BeamtVG mit der Dienstunfallfolge „leichte Prellung des rechten Unterschenkels und leichte Distorsion des rechten Kniegelenks“ anerkannt. Die in der MRT-Untersuchung festgestellten und arthroskopisch bestätigten Auffälligkeiten ließen sich sämtlich dem Ereignis nicht wesentlich ursächlich zuordnen, es handele sich um vorbestehende degenerative Veränderungen bei bereits erfolgter Teilresektion des Innenmeniskus sowie anlagebedingter Patelladysplasie. Die wesentliche unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Dienstunfähigkeit werde mit der am 13. Februar 2012 erfolgten MRT-Untersuchung, bei der keine mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als Unfallfolge zu wertenden Verletzungen festgestellt worden seien, für abgeschlossen erachtet. Hieraus ergäben sich Behandlungsbedürftigkeit und Dienstunfähigkeit bis 13. Februar 2012. Nach der Art der Unfallverletzungen und dem Verlauf des Heilverfahrens könne angenommen werden, dass etwa noch bestehende Folgen dieses Dienstunfalls die Erwerbsfähigkeit um weniger als 25 v. H. beeinträchtigen. Die Gewährung von Unfallausgleich nach § 35 BeamtVG sei daher nicht möglich.

Unter dem Datum 21. Juni 2012 legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2012 ein. Er trug vor, sämtliche Verletzungen, die bei der MRT-Untersuchung am 13. Februar 2012 und der Arthroskopie am 21. März 2012 festgestellt worden seien, seien unfallbedingt. Insbesondere lägen weder degenerative Veränderungen seines Knies vor, noch sei jemals eine Teilresektion des Innenmeniskus durchgeführt worden.

Auf entsprechende Nachfrage der Beklagten teilte die chirurgischorthopädische Gemeinschaftspraxis Dr. K. u. a., Herr Dr. S., mit Schreiben vom 20. August 2012 mit, bei dem Bericht über die Operation am 21. März 2012 sei versehentlich ein falscher Baustein verwendet worden. Aus dem gleichzeitig übersandten korrigierten Bericht über die arthroskopische Operation des rechten Knies des Klägers ergab sich unter dem Punkt „Diagnostik“ nunmehr Folgendes: „Intraartikulär 1. minimale Lockerung des vorderen Kreuzbandes, 2. Längsriss des IM-Vorderhornes; 3. Ausschluss Knorpelschaden; Extraartikulär: Anriss der Quadrizepssehne am Ansatz. Unter dem Punkt „Therapie“ fand sich „1. IM-Teilresektion (Vorderhorn)“.

Unter dem 1. Oktober 2012 nahm der fachärztliche Berater der Beklagten erneut Stellung. Unterstelle man die Richtigkeit des korrigierten OP-Berichts, könne nicht von einer Vorschädigung des Innenmeniskus ausgegangen werden. Jedenfalls aber sei der geschilderte Unfallhergang nicht zur Entstehung eines Meniskusrisses geeignet. Ein isolierter Meniskusriss ohne Begleitverletzung der umgebenden schützenden Bandstrukturen könne aus biomechanischen Gründen allenfalls bei einem sog. Drehsturz (forcierte Überstreckung des Kniegelenks aus der Beugestellung heraus bei fixiertem Unterschenkel mit nicht möglicher Schlussrotation) diskutiert werden. Diese Voraussetzung sei aber nicht gegeben.

Mit Bescheid der Beklagten vom 31. Oktober 2012 wurde der Bescheid vom 6. Juni 2012 dahingehend abgeändert, dass eine Vorschädigung des Innenmeniskus am rechten Kniegelenk nicht vorgelegen habe (Nr. 1 des Tenors). Als Unfallfolgen wurden - in Übereinstimmung mit dem Ausgangsbescheid - eine leichte Prellung des rechten Unterschenkels und eine leichte Distorsion des rechten Kniegelenks anerkannt (Nr. 2 des Tenors). Der Begründung ist zu entnehmen, dass nach den korrigierten Arztbefunden, in denen ein Längsriss des Innenmeniskusvorderhorns dokumentiert sei, nicht von einer Vorschädigung des Innenmeniskus ausgegangen werden könne. Der im Wesentlichen übereinstimmend beschriebene Unfallhergang sei jedoch zur Entstehung eines Meniskusrisses nicht geeignet. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2013 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.

Die vom Kläger erhobene Verpflichtungsklage auf Anerkennung weiterer Folgen des Dienstunfalls vom 30. Januar 2012 „ Innenmeniskusläsion (Vorderhornriss) und Anriss der Quadrizeps- und Patellasehne“ sowie auf Gewährung von Unfallausgleich auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mehr als 30 v. H. wies das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 23. Oktober 2013 ab. Es werde auf die Ausführungen der angefochtenen Bescheide verwiesen, mit denen zu Recht die Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen und die Gewährung von Unfallausgleich abgelehnt worden seien. Die vom Kläger geltend gemachten weiteren Schäden am rechten Knie ließen sich nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit auf den Dienstunfall vom 30. Januar 2012 zurückführen. Dies ergebe sich aus der Stellungnahme des fachärztlichen Beraters der Beklagten vom 1. Oktober 2013, der diese Einschätzung in der mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2013 wiederholt, vertieft und begründet habe. Nach der Befundlage seien die zwingend zu erwartenden Begleitschäden an Kapsel, Band oder Knochen des Knies nicht nachweisbar. Entscheidend sei daher, ob der vom Kläger geschilderte Unfallhergang überhaupt geeignet gewesen sei, die diagnostizierten Schäden herbeizuführen. Nach herrschender Meinung in Medizin und Rechtsprechung sei geklärt, dass die Annahme eines isolierten, also keine typischen Begleitverletzungen aufweisenden Meniskusschadens einen bestimmten Unfallmechanismus im Sinne eines Drehsturzes voraussetze. Dieser sei dadurch gekennzeichnet, dass das gebeugte und rotierte Kniegelenk bei fixiertem Fuß/Unterschenkel passiv in eine Streckstellung gezwungen werde, wobei für die Fixierung die durch das Körpergewicht und die Schuhsohle bedingte Anhaftung am Boden nicht ausreiche. Einen in diesem Sinne fixierten Fuß/Unterschenkel habe es jedoch nach der Unfallschilderung des Klägers nicht gegeben. Es sei deshalb davon auszugehen, dass andere Ursachen wie Abnutzungserscheinungen und degenerative Veränderungen und zusätzlich ein anlagebedingtes Leiden (Patelladysplasie) entscheidend für die Körperschäden gewesen seien. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Gewährung von Unfallausgleich. Zum einen seien die vom Kläger geltend gemachten Körperschäden nicht unfallbedingt, zum anderen würde auch bei Unterstellung der Kausalität nach den Ausführungen des ärztlichen Beraters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von unter 10 v. H. vorliegen.

Der Kläger hat gegen das Urteil die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung eingelegt und zuletzt beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. Oktober 2013 und unter Abänderung des Bescheids der Unfallkasse Post und Telekom vom 6. Juni 2012 in der Fassung der Bescheide vom 31. Oktober 2012 und vom 30. Januar 2013 zu verpflichten, die Innenmeniskusläsion als weitere Folge des Dienstunfalls vom 30. Januar 2012 anzuerkennen sowie dem Kläger Unfallausgleich aufgrund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mehr als 30 v. H. zu gewähren.

Zur Begründung wird ausgeführt, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht und ohne einen entsprechenden Sachverständigen für biomechanische Vorgänge einzuschalten angenommen, dass der vom Kläger geschilderte Unfallhergang nicht geeignet gewesen sei, die von ihm geltend gemachten Schäden am rechten Knie herbeizuführen.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach der herrschenden medizinischen Lehrmeinung sei der Unfallhergang nicht geeignet gewesen, einen isolierten Meniskusriss rechtlich wesentlich zu verursachen. Da die den Meniskus umgebenden schützenden Kapselbandstrukturen nicht verletzt worden seien, könne ein isolierter Meniskusriss allenfalls bei einem sog. Drehsturz mit fixiertem Unterschenkel entstanden sein. Derartiges habe nach den Angaben des Klägers nicht stattgefunden. Auch schließe sich eine Fixierung auf glattem Untergrund schon denklogisch aus.

Mit Beschluss vom 12. Oktober 2015 hat der Senat Beweis erhoben unter anderem über die Frage, ob beim Kläger am rechten Knie eine Innenmeniskusläsion vorliegt und ob diese durch den Dienstunfall vom 30. Januar 2012 zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache verursacht worden ist, sowie ferner, wie hoch im Zeitraum ab 30. Januar 2012 bzw. aktuell die Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die beim Kläger bestehenden dienstunfallbedingten Körperschäden anzusetzen ist.

Unter dem 30. November 2015 legte der Sachverständige Privatdozent Dr. B..., Oberarzt, Leiter der Gutachtenstelle, Facharzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Klinikum N..., sein orthopädisches Fachgutachten vor. Nach Anhörung der Beteiligten folgten ergänzende Stellungnahmen des Sachverständigen unter dem 6. März und dem 10. April 2016. Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2016 übersandte der Kläger eine CD der orthopädischchirurgischen Gemeinschaftspraxis Dr. K. u. a. mit Bildern der Operation vom 21. März 2012. Unter dem 27. August 2016 nahm der Sachverständige auch zu diesen Aufnahmen ergänzend Stellung.

In der mündlichen Verhandlung am 6. September 2016 erläuterte und vertiefte der Sachverständige sein Gutachten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat, soweit sie noch anhängig ist, nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

Der Senat konnte trotz der am Ende der mündlichen Verhandlung am 6. September 2016 vom Vertreter der Beklagten erhobenen Rüge, der gerichtlich bestellte Sachverständige habe Unterlagen beigezogen, die ihm - dem Vertreter - noch nicht zur Kenntnis gebracht worden seien, abschließend entscheiden. Die Voraussetzungen für eine Vertagung der Verhandlung von Amts wegen - der Vertreter der Beklagten hat keinen entsprechenden Antrag gestellt - lagen nicht vor. Eine Verhandlung kann aus erheblichen Gründen vertagt werden (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Nach Satz 2 Nr. 2 letzterer Vorschrift ist mangelnde Vorbereitung einer Partei kein erheblicher Grund, soweit dies nicht genügend entschuldigt wird.

Vorliegend wurde das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen vom 30. November 2015 der Beklagten mit Schreiben des Senats vom 7. Dezember 2015 zur Kenntnisnahme und mit der Bitte übersandt, eine mögliche Abhilfe zu überprüfen. In diesem Gutachten waren die vom Sachverständigen beschafften und bewerteten Unterlagen im Einzelnen nach Gegenstand und Datum aufgeführt. Zudem hatte der Sachverständige darauf hingewiesen, dass er diese Unterlagen der Gerichtsakte beigefügt hat.

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), dessen Gewährleistung § 227 ZPO dient, verpflichtete den Senat vorliegend nicht zu einer Vertagung der Verhandlung. Die Beklagte hatte seit Dezember 2015 ausreichend Gelegenheit, sich zu den vom Sachverständigen beigezogenen Unterlagen zu äußern. Sie hat wiederholt - mit Schreiben vom 29. Januar 2016 unter Beifügung einer Stellungnahme ihres ärztlichen Beraters sowie mit Schreiben vom 18. April 2016 - zum Gutachten des Sachverständigen einschließlich der Ergänzungen Stellung genommen. Zu keinem Zeitpunkt hielt es die Beklagte für erforderlich, Akteneinsicht zu beantragen oder um die Zusendung der vom Gutachter beigezogenen Unterlagen zu bitten. Entsprechendes gilt für den zweimonatigen Zeitraum zwischen Erhalt der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2016 und der mündlichen Verhandlung am 6. September 2016. Soweit ihr die Notwendigkeit der Einsicht in die ärztlichen Unterlagen erst in der mündlichen Verhandlung aufgefallen sein sollte, ist dies als prozessuale Nachlässigkeit zu werten, die keinen erheblichen Grund für eine Vertagung darstellt (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl. 2016, § 227 Rn. 17). Die vom Beklagtenvertreter vorgetragenen Unzulänglichkeiten beim Übergang der Zuständigkeiten von der Unfallkasse Post und Telekom auf die BG Verkehr (zum 1. Januar 2016) konnten angesichts des verstrichenen Zeitraums keine Auswirkungen mehr haben und sind als Entschuldigungsgrund nicht geeignet.

II.

Hinsichtlich der vom Kläger zunächst begehrten Anerkennung eines Anrisses an Quadrizeps- und Patellasehne als weitere Folge des Dienstunfalls vom 30. Januar 2012 hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 6. September 2016 die Klage mit Einwilligung der Beklagten zurückgenommen (§ 92 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO). Diesbezüglich war das Verfahren einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2013 für unwirksam zu erklären, § 92 Abs. 3, § 173 VwGO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

III.

Soweit die Berufung noch anhängig ist, ist sie zulässig, aber nur teilweise begründet. Hinsichtlich der vom Kläger begehrten Anerkennung der Innenmeniskusläsion am rechten Knie als weitere Folge des Dienstunfalls vom 30. Januar 2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat einen Anspruch auf Anerkennung einer „Innenmeniskusläsion am rechten Knie“ als weitere Folge des Dienstunfalls vom 30. Januar 2012 (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts war entsprechend abzuändern (hierzu unter 1.). Soweit der Kläger die Gewährung von Unfallausgleich begehrt, hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung war deshalb zurückzuweisen (hierzu unter 2.).

1. Der Dienstunfall vom 30. Januar 2012 hat eine „Innenmeniskusläsion am rechten Knie“ als Körperschaden verursacht, der als (weitere) Folge des Dienstunfalls anzuerkennen ist (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG).

a) Der Fahrradunfall des Klägers wurde mit Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2012 als Dienstunfall mit den Unfallfolgen „leichte Prellung des rechten Unterschenkels und leichte Distorsion des rechten Kniegelenks“ anerkannt. Für die Frage der kausalen Verknüpfung zwischen Unfallereignis und (weiterem) Körperschaden (hier: Innenmeniskusläsion am rechten Knie) ist die von der Rechtsprechung entwickelte Theorie der wesentlichen Verursachung bzw. der zumindest wesentlich mitwirkenden Teilursache maßgeblich. Hiernach sind (mit-) ursächlich für einen eingetretenen Körperschaden nur solche Bedingungen im natürlichlogischen Sinn, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.2010 - 2 C 81.08 - ZBR 2011, 35 Rn. 9; U.v. 1.3.2007 - 2 A 9.04 - Schütz BeamtR ES/C II 3.5 Nr. 16 Rn. 8). Als wesentliche Ursache kann auch ein Ereignis in Betracht kommen, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder beschleunigt, wenn ihm im Verhältnis zu den anderen denkbaren Ursachen nach natürlicher Betrachtungsweise eine überragende oder zumindest annähernd gleichwertige Bedeutung für den Eintritt des Schadens zukommt (vgl. BVerwG, B.v. 7.5.1999 - 2 B 117.98 - juris Rn. 4). Umgekehrt ist das Unfallereignis dann nicht wesentliche Ursache für den Körperschaden, wenn das Ereignis von untergeordneter Bedeutung gewissermaßen der „letzte Tropfen“ war, der das „Fass zum Überlaufen“ brachte. Das Unfallereignis tritt dann im Verhältnis zu der schon gegebenen Bedingung (dem vorhandenen Leiden oder der Vorschädigung) derart zurück, dass die bereits gegebene Bedingung als allein maßgeblich anzusehen ist (st. Rspr., vgl. bereits BVerwG, U.v. 20.4.1967 - II C 118.64 - BVerwGE 26, 332/339 f.; vgl. weiter BayVGH, B.v. 4.12.2014 - 14 ZB 12.2449 - juris Rn. 6 m. w. N.).

Nicht ursächlich im Sinn des Gesetzes sind demnach die sogenannten Gelegenheitsursachen, d. h. solche Bedingungen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht. Letzteres ist beispielsweise dann der Fall, wenn die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte (vgl. BVerwG, B.v. 8.3.2004 - 2 B 54.03 - juris Rn. 7). Der im Dienstunfallrecht maßgebliche Ursachenbegriff soll zu einer dem Schutzbereich der Dienstunfallfürsorge entsprechenden sachgerechten Risikoverteilung führen. Der Dienstherr soll nur die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit tragen und mit den auf sie zurückzuführenden Unfallursachen belastet werden. Dem Beamten sollen dagegen diejenigen Risiken verbleiben, die sich aus anderen als dienstlichen Gründen, insbesondere aus persönlichen Anlagen, Gesundheitsschäden und Abnutzungserscheinungen ergeben (BVerwG, B.v. 23.10.2013 - 2 B 34.12 - juris Rn. 8).

Alle Tatbestandsvoraussetzungen für die geltend gemachten Unfallfolgen müssen zur Überzeugung der Behörde und des Gerichts vorliegen. Der Beamte trägt das Feststellungsrisiko bzw. die materielle Beweislast, dass die behauptete Schädigungsfolge wesentlich auf den Dienstunfall und nicht etwa auf eine anlagebedingte Konstitution zurückzuführen ist. Ein Anspruch ist nur dann anzuerkennen, wenn der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist (st. Rspr., vgl. BVerwG, B.v. 4.4.2011 - 2 B 7.10 - juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 4.12.2014 - 14 ZB 12.2449 - juris Rn. 7).

b) Dies zugrunde gelegt steht für den Senat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Dienstunfall vom 30. Januar 2012 im oben genannten Sinn kausal war für den vom Kläger erlittenen Körperschaden, die Innenmeniskusläsion am rechten Knie. Der Senat schließt sich insoweit den nachvollziehbaren und überzeugenden Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen sowie seinen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung an. Hinsichtlich der Frage, ob ggf. degenerative Vorschädigungen zum Entstehen des Körperschadens beigetragen haben, ist der Senat schon an die im Bescheid der Beklagten vom 31. Oktober 2012 in Nr. 1 des Tenors getroffene Feststellung, eine Vorschädigung des Innenmeniskus am rechten Kniegelenk habe nicht vorgelegen, gebunden. Abgesehen davon waren nach den Ausführungen des Sachverständigen auch keine degenerativen Vorschädigungen ersichtlich, ebenso wenig wie Anhaltspunkte für die von der Beklagten eingewandte mögliche Schädigung des Meniskus durch einen anderweitigen Unfall (vgl. hierzu unter aa). Zur Überzeugung des Senats steht auch fest, dass der vom Kläger geschilderte Bewegungsablauf bei dem Unfall mit dem Dienstfahrrad geeignet war, die isolierte Meniskusläsion herbeizuführen (bb).

aa) Die Beklagte hat nach dem Erhalt eines korrigierten zweiten Berichts über die Operation vom 21. März 2012, in dem im Gegensatz zum ersten Bericht über die Operation keine Anhaltspunkte für Vorschädigungen am Knie enthalten waren, den Bescheid vom 6. Juni 2012 dahingehend abgeändert, dass eine Vorschädigung des Innenmeniskus am rechten Kniegelenk nicht vorgelegen habe. Diese in Nr. 1 des Tenors des Bescheids vom 31. Oktober 2012 enthaltene Aussage hat den Rechtscharakter einer feststellenden Regelung (§ 35 VwVfG), der Tatbestandswirkung zukommt (vgl. zur Tatbestandswirkung BVerwG, U.v. 30.1. 2003 - 4 CN 14.01 - BVerwGE 117, 351). Mit diesem im Tenor enthaltenen Ausspruch, der in der Begründung auf den korrigierten Arztbericht gestützt wird, hat die Beklagte verbindlich festgestellt, dass eine Vorschädigung des Innenmeniskus am rechten Knie nicht vorgelegen hat. Dieser Feststellung kommt Bindungswirkung dahingehend zu, dass weder das Vorliegen einer degenerativen Veränderung noch ein von der Beklagten thematisierter möglicher weiterer Unfall zeitlich vor dem Dienstunfall vom 30. Januar 2012 als mögliche (Mit-)Ursache der Innenmeniskusläsion am rechten Knie zu prüfen sind. Die der im Bescheid vom 31. Oktober 2012 enthaltenen Feststellung innewohnende Bindungswirkung haben die Behörde und auch der Senat zu beachten. Ungeachtet seiner Unabhängigkeit ist ein Gericht an Akte der Exekutive gebunden, soweit diese eine rechtliche Regelung enthalten und nicht selbst Gegenstand seiner gerichtlichen Überprüfung sind. Dies folgt aus Art. 20 Abs. 3 GG und § 43 VwVfG. Ein (rechtswirksamer) Verwaltungsakt ist daher grundsätzlich von allen Staatsorganen zu beachten und ihren Entscheidungen als gegeben zugrunde zu legen.

Abgesehen davon und ohne dass es noch darauf ankäme, liegen nach Überzeugung des Senats auch keine Anhaltspunkte für anderweitige Schädigungen des Innenmeniskus vor, etwa aufgrund degenerativer Prozesse oder anderer Unfälle. Nach den überzeugenden, schlüssigen und widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen ergeben sich nämlich - unabhängig von den beiden Versionen des OP-Berichts - weder aus dem Befund zur Kernspintomographie vom 13. Februar 2012 noch aus dem Bericht über die Arthroskopie vom 17. Dezember 2013 (anlässlich einer erneuten Knieoperation wegen Verwachsungen des Narbengewebes) Hinweise auf Knorpelschäden oder Meniskusvorschädigungen, die die Beurteilung des Dienstunfalls als wesentliche Ursache des vom Kläger erlittenen Körperschadens in Frage stellen könnten.

Der Sachverständige hat unter Auswertung der beim Kläger erhobenen ärztlichen Befunde und unter Darlegung des wissenschaftlichen Meinungsstands zu geeigneten Unfallereignissen ausgeführt, dass die Innenmeniskusläsion mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch das Unfallgeschehen am 30. Januar 2012 verursacht worden ist (S. 4 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung). Durch den vom Kläger beschriebenen Unfallhergang könne genau ein Schaden im Bereich des Vorderhorns des Meniskus entstehen, während degenerative Schäden typischerweise am Hinterhorn auftreten würden (S. 3 und 4 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung). Das Vorliegen einer Innenmeniskusläsion lasse sich aufgrund der Kernspintomografie des rechten Kniegelenks vom 13. Februar 2012 nachweisen, die einen kleinen Längsriss des Innenmeniskusvorderhorns beschreibe (S. 11 und 19 des Sachverständigengutachtens vom 30.11.2015, im Folgenden: Gutachten). Die Kernspintomographie zeige keine konkurrierenden Ursachen für die Meniskusschädigung, insbesondere kein Knochenödem (Hinweis auf Quetschung), keine Kreuzbandruptur (gehe mit instabilitätsbedingten Meniskusläsionen einher), keine ältere Innenmeniskusläsion (insbesondere des Hinterhorns) und keine Knorpelschäden (insbesondere innenseitig). Auch die im Klinikum N... am 17. Dezember 2013 durchgeführte Arthroskopie spreche gegen Vorschädigungen, da auch hier - von milden Knorpelveränderungen an der Kniescheibenrückseite abgesehen - keine Knorpelschäden gefunden worden seien (S. 20 des Gutachtens). Meniskusschäden hätten sich ebenfalls nicht gezeigt. Der Tatsache, dass der Kläger nach dem Dienstunfall nicht sofort den Dienst beendet hätte, sondern erst im Laufe des Nachmittags nach Rückfahrt nach R., kommt kein Erkenntnisgewinn zu. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei die Verletzung zwar schwerwiegend und verursache unmittelbar nach ihrer Entstehung Schmerzen, sie sei jedoch nicht unmittelbar immobilisierend (S. 13 des Gutachtens).

Die von der Beklagten alternativ thematisierte (Vor-)Schädigung durch einen anderweitigen Unfall wurde nicht näher substantiiert und stellt eine reine Spekulation dar. Der Sachverständige konnte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit lediglich ausschließen, dass anderweitige traumatische Schäden im Zeitraum zwischen der Kernspintomographie vom 13. Februar 2012 und der Operation am 21. März 2012 stattgefunden haben, weil die entsprechenden Befunde in Übereinstimmung zu bringen sind (S. 3 und 4 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung). Traumatische Schäden Wochen vor dem Dienstunfall konnte er zwar nicht ausschließen, als lediglich theoretische Möglichkeit liegen diese aber außerhalb der zu berücksichtigenden Wahrscheinlichkeit. Anderenfalls könnte ein Kläger kaum je der ihm obliegenden Beweis- und Feststellungslast genügen. Laut Aussage des Sachverständigen könne das Vorliegen eines traumatischen Vorschadens nur durch ein kurz vor dem Dienstunfall gefertigtes MRT ausgeschlossen werden (S. 4 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung). Gerade wenn kein entsprechendes Ereignis stattgefunden hat, dürfte aber in der Regel kein Anlass bestehen, ein MRT durchführen zu lassen.

bb) Für den Senat steht auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass der vom Kläger geschilderte Unfallhergang entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Beklagten geeignet war, die Innenmeniskusläsion am rechten Knie herbeizuführen. Der Senat folgt den überzeugenden, schlüssigen und widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen im Gutachten vom 30. November 2015, der Ergänzung vom 6. März 2016 sowie seinen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung.

Der Sachverständige hat unter Darlegung der einschlägigen medizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 618 ff.) ausgeführt, dass ein sog. isolierter Meniskusriss - ein Meniskusriss ohne begleitende Fraktur oder Innenbandläsion - durch die Verwindung des gebeugten Kniegelenks entstehen kann (Drehsturz, Verdrehen des Knies). Ursächlich dafür sind die passive Rotation des gebeugten Kniegelenks oder die plötzliche passive Streckung des gebeugten und rotierten Unterschenkels bei gleichzeitiger Verhinderung der physiologischen Schlussrotation (vgl. S. 15 ff. des Gutachtens sowie Ergänzung vom 6. März 2016). In Frage kommen hierbei (unter anderem) fluchtartige Ausweichbewegungen unter Drehung des Oberkörpers bei fixiertem Fuß oder ein Sturz bei fixiertem Fuß des Standbeins. Der Verletzungsmechanismus wird bei gebeugtem Kniegelenk durch - mit Kraft ausgeführten - Rotationen (Drehungen) zwischen Unterschenkel und Oberschenkel bewirkt. Dies tritt ein, wenn bei feststehendem Fuß der Unterschenkel dem Drehschwung des Körpers nicht folgen kann oder bei fixiertem Oberschenkel der Unterschenkel gewaltsam, vom Muskelbandapparat unkontrolliert, übermäßig gedreht wird. Die passive Rotation des gebeugten Kniegelenks verursacht den Meniskusriss. Auch eine Kombination dieses Mechanismus mit einer plötzlichen Streckung des gebeugten und rotierten Unterschenkels kommt in Frage (Drehsturz). Auch hier ist vom Mechanismus her ein fixierter Unterschenkel erforderlich, der verhindert, dass das Knie bei der Streckung seine physiologische Rotation (sog. Schlussrotation) ausführen kann. Erforderlich für die Verletzung ist, dass die maximalen Streckungen plötzlich, sehr schnell, reflektorisch aus gewissen Rotationsstellungen des Unter- zum Oberschenkel heraus erfolgen. Als beispielhafter Mechanismus würden in der Literatur ein festgestellter Fuß in einer tiefen Wagenfurche und starke Drehung des Oberkörpers genannt. Die Unfallbeschreibungen des Klägers ergäben ein recht klares Bild vom Unfallgeschehen: Der Kläger habe mit dem Fahrrad losfahren wollen. Er habe dabei den linken Fuß auf dem Pedal gehabt, um anzutreten. Das rechte Bein sei auf dem Boden gewesen, um anzuschieben. Daraus ergebe sich, dass das rechte Bein zu dem Zeitpunkt das Standbein gewesen sei. Das rechte Bein müsse dabei etwas gebeugt gewesen sein, da erst durch die aktive Streckung im Kniegelenk das Abstoßen/Anschieben erfolgen könne. Dabei sei offenbar aufgrund des glatten Untergrunds das Vorderrad nach links weggerutscht, das Fahrrad sei damit in eine nach rechts geneigte Schräglage gekommen bzw. habe gedroht, nach rechts umzustürzen. Bei einem derartigen Sturz nach rechts komme es darüber hinaus unwillkürlich zu einer Oberkörperdrehung nach rechts, da nur so ein Abfangen des drohenden Sturzes mit den Händen möglich sei. Diese Unfallschilderung sei mit dem Mechanismus der passiven Rotation des Kniegelenks und die dadurch verursachte Meniskusläsion gut in Einklang zu bringen. Dieser Befund werde auch durch die Tatsache gestützt, dass die Verletzung des Klägers im Vorderhornbereich des Innenmeniskus angesiedelt und dies typisch für die bei einer durch eine passive Rotation entstehende Verletzung sei.

Die Argumentation des Beklagten, nach der gutachtlichen Literatur sei ein isolierter Meniskusriss infolge eines traumatischen Ereignisses nur dann möglich, wenn ein Drehsturz mit fixiertem Unterschenkel stattgefunden habe und an einer solchen Fixierung habe es bei einem glatten Untergrund oder jedenfalls deshalb gefehlt, weil der Fuß nach den Angaben des Klägers in der Unfallanzeige nicht fixiert bzw. eingeklemmt gewesen sei, überzeugt nicht. Nach der anschaulichen und schlüssigen Darstellung des Sachverständigen, sowohl verbal als auch durch beigefügte Bewegungsbilder (s. S. 17 des Gutachtens), lastete bei der vom Kläger geschilderten Unfallsituation das Körpergewicht im Wesentlichen auf dem rechten Bein und damit auch auf dem rechten Fuß, der deshalb die durch das Fallen entstehende Drehbewegung nicht habe nachvollziehen können (S. 2 f. der Ergänzung vom 6. März 2016). Der Fuß war dadurch in dem Sinne fixiert, dass er sich aufgrund der Belastung durch das Körpergewicht nicht von der Stelle bewegen konnte. Die dem Begriff „Fixierung“ von der Beklagten beigemessene Bedeutung im Sinne eines „eingeklemmt sein“ des Fußes ist nicht zwingend oder ausschließlich, zumal es nach Angaben des Sachverständigen (seines Wissens) in der medizinischen Fachliteratur keine Definition des Begriffs gibt (S. 2 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung). Naheliegend ist auch, dass der Kläger durch die Fragestellung im Formular „Ergänzende Angaben bei einem Ereignis mit einer Knieverletzung“, ob der betroffene Fuß oder Unterschenkel fixiert oder festgeklemmt gewesen wäre, den Begriff der Fixierung mit einem Feststecken des Fußes im Fahrrad oder in einem Bodenspalt oder ähnliches gleichgesetzt und deshalb verneint hat. Nicht überzeugend ist auch der Einwand der Beklagten, der Kläger sei nach seinen Angaben wegen Straßenglätte gestürzt und Straßenglätte stehe einer Fixierung des Fußes entgegen. Die Straße muss nicht zwangsläufig durchgehend glatt gewesen sein. Hierfür spricht, dass der Kläger in seiner Unfallschilderung angab, dass ihm das Vorderrad des Fahrrads - und nicht der rechte Fuß - weggerutscht sei.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Unfallausgleich nach § 35 Abs. 1 BeamtVG.

Voraussetzung für die Gewährung des Unfallausgleichs ist eine länger als sechs Monate dauernde wesentliche Beschränkung seiner Erwerbsfähigkeit infolge der Dienstunfallfolgen. Als wesentlich ist eine Minderung der Erwerbsfähigkeit jedoch nur dann anzusehen, wenn sie wenigstens 25 v. H. beträgt (st. Rspr., vgl. statt aller BayVGH, U.v. 14.12.2015 - 3 B 13.920 u. a. - juris Rn. 59; BVerwG, U.v. 30.6.1965 - VI C 38.63 - BVerwGE 21, 282).

Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Der Sachverständige hat hierzu überzeugend ausgeführt, dass unter Berücksichtigung des Meniskusschadens als Folge des Dienstunfalls und den dem Eingriff vom 21. März 2012 zuzurechnenden Komplikationen (Verschlechterung der Beweglichkeit des Knies; Entstehung einer Arthrofibrose) die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schwankend ausgeprägt war, sich jedoch in Anlehnung an die versorgungsmedizinischen Grundsätze durchgängig zwischen 5 v. H. und 15 v. H. bewegt hat. Selbst bei einer verstärkt gewichteten Berücksichtigung von mit der Arthrofibrose verbundenen Schmerzen sei eine MdE über 20 v. H. zu keinem Zeitpunkt gegeben gewesen. Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung durch den Sachverständigen am 19. November 2015 sei die unfallbedingte MdE mit 15 v. H. anzunehmen. Dabei seien insbesondere auch die reduzierte Beweglichkeit und der Schmerz bei Arthrofibrose, der Innenmeniskusvorderhornschaden mit erhöhter Gefahr des Fortschreitens einer posttraumatischen Arthrose, die bestehende einseitige Muskelverschmächtigung und die neurologisch diagnostizierte Läsion des N. cutaneus surae lateralis rechts als wahrscheinlich mittelbare Unfallfolge im Rahmen einer der beiden Knieoperationen als Unfallfolge berücksichtigt. Der Senat schließt sich diesen Einschätzungen an. Der Kläger hat hierzu weder vorgetragen noch die Einschätzungen des Sachverständigen substantiiert in Frage gestellt.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des anderen Oberverwaltungsgerichts (Verwaltungsgerichtshofs), des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die angefochtene Entscheidung abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.176 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 2 und 1 i. V. m. Nr. 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (wie Vorinstanz).

Tenor

I.

Unter Abänderung von Nr. 1 und 2 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth wird die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2013 wiederhergestellt.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 16.286,84 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die angeordnete sofortige Vollziehung des Bescheids der Bundesfinanzdirektion Mitte - Service-Center Süd-Ost - (im Folgenden: BFD) vom 20. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der BFD vom 5. April 2013.

Der Antragsteller, ein am 18. April 1952 geborener Polizeihauptkommissar, der bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand zum 1. Januar 2011 bei der Bundespolizei im Dienst der Antragsgegnerin gestanden hatte, erlitt am 11. September 2008 beim Dienstsport einen Zeckenbiss, den die Bundespolizeiakademie mit Bescheid vom 19. Januar 2010 als Dienstunfall anerkannte. Gleichzeitig stellte die Behörde einen „Zustand nach Zeckenbiss Kniegelenk links, Oligoarthritis, DD (Anmerkung: Differentialdiagnose) reaktive Arthritis“ als durch den Dienstunfall verursachten Körperschaden fest. Weitere Unfallfolgen stellte die Bundespolizeiakademie mit Bescheid vom 18. Oktober 2010 fest und verwies dabei auf die abgeschlossene Heilbehandlung und die gutachterliche Stellungnahme vom 15. September 2010. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall wurde zeitlich gestaffelt, jedenfalls ab dem 1. September 2009 auf 100% festgesetzt. Mit weiterem Bescheid vom 20. Dezember 2010 hob die Bundespolizeiakademie ihren Bescheid vom 18. Oktober 2010 mit der Begründung auf, nach neuerlicher Untersuchung des Antragstellers und gutachterlicher Stellungnahme vom 18. November 2010 habe der Dienstunfall nachstehende Folgen hinterlassen: „Belastungsabhängig und schmerzhafte Entzündungen in beiden Kniegelenken, beiden Hüften, beiden Schultergelenken und im rechten oberen Sprunggelenk, Kniegelenkerguss rechts, deutliche Beeinträchtigungen im Alltagsleben, Bewegungseinschränkungen, vor allem in beiden Schultern, bei der Elevation, Abduktion und Außenrotation beidseits, Epicondylitis medialis beidseits“. Dem Antragsteller wurde in der Folgezeit Unfallfürsorge gewährt. Mit Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 11. Dezember 2010 wurde der Antragsteller mit Ablauf des 31. Dezember 2010 wegen Polizeidienstunfähigkeit und allgemeiner Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Er erhielt Unfallruhegehalt.

Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 20. Juni 2012 nahm die BFD den Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 19. Januar 2010 hinsichtlich der anerkannten Folgen „Oligoarthritis, DD reaktive Arthritis“ mit Wirkung für die Zukunft zurück (Nr. 1 des Bescheids), stellte fest, dass der Bescheid im Übrigen bestehen bleibe (Nr. 2 des Bescheids), „der Zeckenbiss keine - mithin auch keine erwerbsmindernden - Folgen hinterlassen“ habe und ein Anspruch auf Unfallausgleich nicht bestehe (Nr. 3 des Bescheids). Zudem nahm die BFD den Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 18. Oktober 2010 mit Wirkung für die Zukunft zurück (Nr. 4 des Bescheids) und stellte fest, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Unfallruhegehalt habe (Nr. 5 des Bescheids). Die Zahlung des Unfallruhegehalts wurde nach Erlass des Bescheids eingestellt.

Einen am 10. Juli 2012 fristgerecht erhobenen Widerspruch des Antragstellers wies die BFD mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 2013 zurück. Am 13. Mai 2013 erhob der Antragsteller Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth.

Bereits am 4. Februar 2013 hatte der Antragsteller einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt, den das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 7. August 2013 ablehnte.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Antragstellers im Wesentlichen mit der Begründung, der streitgegenständliche Bescheid sei bereits formell rechtswidrig, da die Antragsgegnerin gegen die ihr obliegende Amtsermittlungspflicht verstoßen habe. Unter Berücksichtigung aller Umstände habe die Ausgangsbehörde die Kausalität zwischen Unfall und Körperschaden für erwiesen erachten dürfen. Im Verfahren habe sich nicht herausgestellt, dass der Nachweis der Kausalität zwischen Unfall und Körperschaden für den Zeitpunkt dieser Feststellung nicht zu führen gewesen sei. Die Nichterweislichkeit des Vorliegens anderer Ursachen für die Körperschäden des Antragstellers gehe zulasten der Behörde, die die Beweislast für die Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheids trage. Im Übrigen sei die Jahresfrist zum Zeitpunkt der Rücknahme abgelaufen gewesen.

Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg. Die auf die fristgerecht dargelegten Gründe beschränkte Prüfung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt, dass die Erfolgsaussichten der im Hauptsacheverfahren erhobenen Anfechtungsklage nach der im Eilverfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Bewertung der Erfolgsaussichten der Klage (BVerwG, B. v. 25.3.1993 - 1 ER 301.92 - NJW 1993, 3213) als offen einzuschätzen sind. Die Rechtmäßigkeit des Bescheids der BFD vom 20. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2013 lässt sich anhand der gegenwärtig bekannten Tatsachen nicht beurteilen. Auf der Basis der bisherigen Ermittlungen ist offen, ob die seit dem Zeckenbiss bestehenden Erkrankungen und die im Jahre 2010 festgestellte Dienstunfähigkeit des Antragstellers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch den Zeckenbiss verursacht worden sind. Die Interessenabwägung führt zu dem Ergebnis, dass die Interessen des Antragstellers überwiegen.

1. In erster Linie streitig zwischen den Beteiligten ist die Frage, ob die von der Antragsgegnerin ausdrücklich bzw. konkludent nach § 48 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 3 VwVfG für die Zukunft zurückgenommenen Bescheidsteile bzw. Bescheide der Bundespolizeiakademie bereits bei ihrem Erlass rechtswidrig waren, weil die beim Antragsteller festgestellten Körperschäden nicht auf dem Dienstunfall beruhten und daher die in § 30 Abs. 1 Satz 1, § 31 Abs. 1 BeamtVG genannten Voraussetzungen seinerzeit nicht erfüllt waren, sowie die diesbezüglich bestehende Beweislastverteilung zwischen den Beteiligten.

a) Als Ursache im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung sind nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen ist eine als alleinige Ursache im Rechtssinne anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überragend zum Erfolg mitgewirkt hat, während jede von ihnen als wesentliche (Mit-)Ursache im Rechtssinne anzusehen ist, wenn sie nur annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolgs hatte. Alle übrigen Bedingungen im natürlich-logischen Sinne scheiden als Ursachen im Rechtssinne aus. Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann demnach auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (nur) beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im Verhältnis zu anderen Bedingungen - zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene Veranlagung gehört - eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen sind. Nicht Ursachen im Rechtssinne sind demnach sogenannte Gelegenheitsursachen, d. h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. Eine solche untergeordnete Bedeutung ist insbesondere auch dann anzunehmen, wenn das Ereignis gleichsam „der letzte Tropfen“ war, „der das Maß zum Überlaufen brachte bei einer Krankheit, die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen war“ (st. Rspr., BVerwG, U. v. 30.6.1988 - 2 C 77.86 - DÖD 1988, 295 m. w. N.).

Mit anderen Worten ist demnach ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Dienstunfall und dem eingetretenen körperlichen Schaden nicht schon dann ausgeschlossen, wenn außer dem Unfall auch andere Umstände (namentlich eine anlage- oder schicksalsbedingte Krankheit) als Ursachen in Betracht kommen. In derartigen Fällen ist der Dienstunfall vielmehr dann als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) hingewirkt hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt (BVerwG, B. v. 20.2.1998 - 2 B 81.97 - juris Rn. 2 m. w. N.).

b) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, gelten im Dienstunfallrecht die allgemeinen Beweisgrundsätze (vgl. u. a. BVerwG, U. v. 30.6.1988 - 2 C 77.86 - DÖD 1988, 295; B. v. 11.3.1997 - 2 B 127.96 - juris Rn. 5 jeweils m. w. N.; BayVGH, U. v. 3.8.2005 - 3 B 00.3426 - juris Rn. 43; U. v. 12.11.2009 - 3 B 05.633 - juris Rn. 48; U. v. 21.9.2011 - 3 B 09.3140 - juris Rn. 35).

Grundsätzlich trägt danach der Beamte die materielle Beweislast für den Nachweis, dass ein eingetretener Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf einem Dienstunfall beruht (st. Rspr., u. a. BVerwG, U. v. 22.10.1981 - 2 C 17.81 - NJW 1982, 1893 m. w. N.). Wird - wie vorliegend - ein Bescheid, mit dem Körperschäden als Folge eines Dienstunfalls anerkannt wurden, zurückgenommen, ändert dies diese Beweislastverteilung nicht, denn aus der Rücknahme der den Antragsteller begünstigenden Bescheide folgt keine Beweislastumkehr (vgl. BayVGH, U. v. 21.9.2011 - 3 B 09.3140 - juris Rn. 36). Zwar liegt bei der Rücknahme von Bescheiden nach § 48 VwVfG grundsätzlich die materielle Beweislast für die Rechtswidrigkeit der vorausgegangenen, jetzt zurückgenommenen Bescheide bei der Behörde, weil diese die Beweislast hinsichtlich der für sie günstigen Tatbestandsvoraussetzungen trägt (BayVGH, U. v. 3.8.2005 - 3 B 00.3426 - juris Rn. 43; U. v. 12.11.2009 - 3 B 05.633 - juris Rn. 48; U. v. 21.9.2011 - 3 B 09.3140 - juris Rn. 36). Jedoch genügt die Behörde ihrer materiellen Beweislast bei der Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts, dessen Voraussetzungen - wie vorliegend - der Beamte zu beweisen hatte, schon dadurch, dass sie nachweist, dass bei Erlass des Verwaltungsakts dessen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben (BayVGH, U. v. 12.11.2009 - 3 B 05.633 - juris Rn. 49; B. v. 5.12.2012 - 14 ZB 10.3116 - juris Rn. 7).

Dies bedeutet auf den vorliegenden Fall bezogen, dass die Antragsgegnerin ihrer materiellen Beweislast im Rahmen des § 48 VwVfG dadurch genügt, dass sie nachweist, dass bei Erlass der Bescheide vom 19. Januar und 18. Oktober bzw. 20. Dezember 2010, mit denen die Bundespolizeiakademie die Körperschäden des Antragstellers zu einem Großteil als Folge seines Dienstunfalls anerkannt hat, die Voraussetzungen für diese Anerkennungen der Körperschäden nicht vorgelegen haben.

Die Beweisfrage, ob die Körperschäden des Antragstellers nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - auf dem als Dienstunfall anerkannten Zeckenbiss beruhen, stellt sich allerdings nur, wenn die zu beweisende Tatsache nicht aufklärbar ist, also eine non-liquet-Situation vorliegen würde (BayVGH, U. v. 3.8.2005 - 3 B 00.3426 - juris Rn. 43). Bleibt nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen der Amtsermittlungspflicht offen, ob eine Kausalität zwischen dem erlittenen Zeckenbiss und den vorhandenen Körperschäden besteht, so trifft die materielle Beweislast den Antragsteller.

c) Nach § 24 Abs. 1 VwVfG hat die Behörde, die ein Verwaltungsverfahren durchführt, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Art und Umfang der Ermittlungen bestimmt die Behörde zwar gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 VwVfG nach pflichtgemäßem Ermessen. Sie hat - basierend auf allgemeinen Erfahrungssätzen - allen Umständen nachzugehen, die an sie herangetragen werden oder die sich ihr aufdrängen. Dritte hat sie zwingend dann einzuschalten, wenn es ihr an der notwendigen Sachkunde fehlt (Ziekow, VwVfG, 3. Aufl. 2013, § 24 Rn. 6; Heßhaus in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 1. Aufl. 2010, § 24 Rn. 7; Knack-Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 24 Rn. 14; BVerwG, B. v. 5.10.1990 - 4 B 249.89 - NVwZ-RR 1991, 118). Unterlässt die Behörde die gebotene Sachaufklärung liegt ein Verfahrensfehler vor (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 24 Rn. 58; Ziekow, a. a. O., Rn. 19; Heßhaus in Bader/Ronellenfitsch, a. a. O., Rn. 27; Knack-Henneke, a. a. O., Rn. 26).

d) Hiervon ausgehend hätte sich der Antragsgegnerin - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Kausalität und zur Beweislastverteilung im Dienstunfallrecht - bereits im Verwaltungsverfahren die Hinzuziehung eines Sachverständigen zur Frage aufdrängen müssen, ob - zum Zeitpunkt des Erlasses der nun zurückgenommenen Bescheide der Bundespolizeiakademie - die Voraussetzungen für die Anerkennung der Körperschäden des Antragstellers deshalb nicht vorlagen, weil nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen war, dass die im zeitlichen Anschluss an den als Dienstunfall festgestellten Zeckenbiss beim Antragsteller aufgetretenen Erkrankungen (und die mit den Erkrankungen zusammenhängende Erwerbsminderung) durch den Zeckenbiss - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - verursacht worden sind.

Fest steht, dass die Beschwerden des Antragstellers erstmals nach dem Zeckenbiss im September 2008 begonnen haben und beim Antragsteller danach über einen langen Zeitraum erhöhte Entzündungswerte festgestellt wurden. Fest steht auch, dass der Antragsteller bereits wenige Tage nach dem Zeckenbiss mit Doxycyclin behandelt wurde und es zu einer vorübergehenden Besserung seiner Beschwerden kam. Da die BFD ausweislich ihrer Ausführungen im Widerspruchsbescheid nicht mehr davon ausgeht, dass beim Antragsteller eine dienstunabhängige degenerative Vorschädigung der betroffenen Gelenke vorgelegen hat, ist somit nicht schon deshalb zweifelhaft, ob die Erkrankungen des Antragstellers und der Zeckenbiss - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - im Zusammenhang stehen können. Zwar hatte der Polizeiärztliche Dienst des Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrums OEB bereits mit Stellungnahmen von 22. und 23. Oktober 2009 Zweifel daran geäußert, ob der Befall der Zecke während der Dienstzeit stattgefunden habe und inwieweit der „angegebene Körperschaden“ eine Folge des Unfalls sei. Die erstgenannten Zweifel waren aber dadurch ausgeräumt worden, dass der Antragsteller weitere Angaben zum Ort seiner sportlichen Betätigung machte. Auch der Sozialmedizinische Dienst der Bundespolizei hatte in einem sozialmedizinischen Gutachten vom 27. September 2010 angemerkt, dass sowohl die haftungsbegründende als auch die haftungsausfüllende Kausalität nicht gegeben sei. Der Internist und Rheumatologe Dr. M. vom „Ambulanten Behandlungszentrum Obermain“ führte in seinem Arztbrief vom 19. August 2010 aus, dass der Antragsteller „aufgrund des frühen Behandlungsbeginns (mit Doxycyclin) keine Antikörper bilden konnte, so dass die Borrelienserologie durchweg negativ blieb!“ und verwies darauf, dass sich aktuell ein „Zustand nach Yersenieninfektion im IgA-Immunoblot nachweisen“ lasse, so dass „hypothetisch auch noch ein Zweitinfekt aetiologisch in Frage käme“. Dennoch ging er in seiner als „Gutachterliche Stellungnahme zur Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Dienstunfallfolgen nach Abschluss der ärztlichen Behandlung“ überschriebenen Äußerung vom 19. August 2010 mit Bezugnahme auf seinen Arztbrief von einer „auf dem Dienstunfall beruhenden Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100%“ aus. Medizinaldirektor Dr. F. vom Polizeiärztlichen Dienst diagnostizierte im Rahmen einer ebenfalls als „Gutachterliche Stellungnahme zur Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Dienstunfallfolgen nach Abschluss der ärztlichen Behandlung“ bezeichneten schriftlichen Äußerung am 15. September 2010 unter Bezugnahme auf eine Untersuchung des Antragstellers die später bescheidsmäßig festgestellten Unfallfolgen als nach dem Dienstunfall zurückgebliebene Folgen und schätzte die auf dem Dienstunfall beruhende Minderung der Erwerbsfähigkeit mit Bezug auf § 35 Abs. 2 BeamtVG jedenfalls ab dem 1. Oktober 2010 auf 100% ein. Infolge seiner weiteren Begutachtung vom 28. November 2010 wurden die festgestellten Unfallfolgen um eine „Epicondylitis medialis beidseits“ erweitert. Auf Grundlage dieser Stellungnahmen ergingen die Bescheide der Bundespolizeiakademie vom 18. Oktober und 20. Dezember 2010. Demnach ist die Antragsgegnerin im Jahre 2010 auf der Grundlage der „Gutachten“ eines in ihrem Dienst stehenden Arztes von einem hinreichenden Kausalzusammenhang zwischen Zeckenbiss und Körperschäden ausgegangen.

Inwieweit dies - auch unter Berücksichtigung der späteren, vom Antragsteller selbst vorgelegten Arztbriefe - rechtswidrig war, weil von Anfang an die erforderliche Kausalität zwischen dem Zeckenbiss und den Erkrankungen des Antragstellers nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen worden war, hätte durch eine weitere - sachverständige - Begutachtung des Antragstellers unter Einbeziehung sämtlicher bisherigen Befunde und Stellungnahmen abgeklärt werden müssen. Dies musste sich der BFD - spätestens im Widerspruchsverfahren - deshalb aufdrängen, da die Diagnose für die Erkrankungen des Antragstellers offensichtlich von Anfang an schwierig war. So benennt beispielsweise Dr. M. eine Differentialdiagnose, um zeitgleich die Kausalität zwischen Dienstunfall (d. h. Zeckenbiss) und Erkrankungen zu bestätigen. Auch den Arztbriefen des Universitätsklinikums Erlangen, Medizinische Klinik 3 - Rheumatologie, Immunologie -, ist zu entnehmen, dass man sich bei der Benennung der Ursache für die Erkrankungen des Antragstellers unsicher war. So sind beispielsweise dem Arztbrief vom 30. März 2009 die Diagnosen „Oligoarthritis, DD reaktive Arthritis“ zu entnehmen, wohingegen der Arztbrief vom 8. Juli 2009 diese beiden Diagnosen ebenfalls nennt und für das linke Knie u. a. einen Zustand nach „lokalem Zeckenbiss mit konsekutiver Synovitis 10/08 (Besserung unter Doxycyclin, Borrelienserologie negativ)“ beschreibt. Beide Arztbriefe waren jeweils von anderen Ärzten der Medizinischen Klinik 3 unterschrieben worden. Weiteren medizinischen Sachverstand einzuholen hätte sich der BFD nicht zuletzt aufgrund der vom Antragsteller im Widerspruchsverfahren vorgelegten Leitlinien der Deutschen-Borreliose-Gesellschaft zu „Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose“ aufdrängen müssen, wonach etwa eine frühzeitige antibiotische Behandlung die Entwicklung von Antikörpern verhindern könne, so dass daher Seronegativität die Lyme-Borreliose keinesfalls ausschließe. Daran ändert auch die ebenfalls vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme des medizinischen Direktors der Medizinischen Klinik 3 des Universitätsklinikums Erlangen, Prof. Dr. S., vom 31. August 2012 nichts. Auch wenn dieser davon ausgeht, dass es sich bei der Erkrankung des Antragstellers nicht um eine „klassische Borrelienarthritis“, sondern um eine „seronegative rheumatoide Arthritis“ handelt, weist er ausdrücklich darauf hin, dass nicht auszuschließen sei, dass der Zeckenbiss die rheumatoide Arthritis des Antragstellers „getriggert“ habe und es einen klaren zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Beschwerden und dem Zeckenbiss gebe. Ob tatsächlich Kausalität vorliege, sei „natürlich nicht mit letzter Sicherheit zu beantworten“, sei „aber auch nicht auszuschließen“. Da unklar ist, was Prof. Dr. S. mit seiner Formulierung „nicht mit letzter Sicherheit“ gemeint hat und inwieweit ihm - bei Abfassen seiner Stellungnahme vom 31. August 2012 - der im Dienstunfallrecht geltende Maßstab für die Beurteilung der Kausalität bekannt war, konnte die BFD ihre Einschätzung nicht hinreichend sicher auf seine Stellungnahme stützen.

Dass die BFD zu einer medizinischen Begutachtung des Antragstellers verpflichtet war, führt im jetzigen Verfahrensstadium nicht dazu, dass der streitgegenständliche Bescheid allein aus diesem Grund als rechtwidrig zu beurteilen wäre. Der bloße Umstand, dass die BFD ohne weiteres von einer Tatsache ausgegangen ist, zu deren Feststellung sie einen Sachverständigen hätte hinzuziehen müssen, führt nicht zur Rechtswidrigkeit und Aufhebung der Rücknahmeentscheidung. Das Gericht kann die Rücknahmeentscheidung hinsichtlich der Tatsachengrundlage vielmehr nur dann beanstanden, wenn es seinerseits deren Unrichtigkeit festgestellt hat (vgl. BVerwG, B. v. 16.9.1986 - 1 B 143.86 - NVwZ 1987, 144; U. v. 3.3.1987 - 1 C 39.84 - NJW 1987, 1431; U. v. 1.12.1987 - 1 C 29.85 - BVerwGE 78, 285; Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 24 Rn. 58; Ziekow, VwVfG, § 24 Rn. 19; Heßhaus in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 24 Rn. 29; Knack-Henneke, VwVfG, § 24 Rn. 26).

e) Ob die Voraussetzungen für die Rücknahmeentscheidung nach § 48 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 3 VwVfG vorgelegen haben, wird im Rahmen des Klageverfahrens aufzuklären sein. Der Ansicht der Antragsgegnerin, der Nachweis dafür, dass die aufgehobenen Bescheide der Bundespolizeiakademie von Anfang an rechtswidrig waren, sei erbracht, kann derzeit nicht gefolgt werden. Denn wie oben unter b) ausgeführt, können erst dann die Regelungen über die materielle Beweislastverteilung in Bezug auf den Nachweis zwischen Dienstunfall und Körperschaden herangezogen werden, wenn alle Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft sind. Das Verwaltungsgericht wird daher der Frage nachzugehen haben, ob auf der Grundlage sämtlicher Untersuchungsergebnisse, Befunde und Stellungnahmen der vom Kläger erlittene Zeckenbiss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine wesentliche Ursache, zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache für seine Körperschäden war, oder ob es sich bei dem Zeckenbiss lediglich um eine Gelegenheitsursache gehandelt hat.

f) Der angegriffene Bescheid ist nicht im Hinblick auf die Nichteinhaltung der Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG rechtswidrig. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. B. v. 19.12.1984 - GrSen 1.84 u. a. - BVerwGE 70, 356) war die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG entgegen der Ansicht des Antragstellers noch nicht abgelaufen. § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG findet danach Anwendung, wenn die Behörde nachträglich erkennt, dass sie den beim Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts vollständig bekannten Sachverhalt unzureichend berücksichtigt oder unrichtig gewürdigt und deswegen rechtswidrig entschieden hat. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG beginnt zu laufen, wenn die Behörde positive Kenntnis von den Tatsachen, die die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigen, erhalten hat. Die Behörde erlangt diese positive Kenntnis, wenn der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Rücknahme des Verwaltungsakts berufene Amtswalter oder ein sonst innerbehördlich zur rechtlichen Überprüfung des Verwaltungsakts berufener Amtswalter die die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigenden Tatsachen feststellt. Die Feststellung ist getroffen, sobald diese Tatsachen vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt sind. Zwar ist die Zuständigkeit der BFD - als der für die Rücknahmeentscheidung innerbehördlich zuständigen Stelle der Antragsgegnerin - mit der Versetzung des Antragstellers in den Ruhestand zum 1. Januar 2011 begründet worden. Kenntnis von den maßgeblichen Tatsachen hatte die BFD aber frühestens mit Erhalt der Dienstunfallakte am 5. März 2012. Unabhängig, ob die maßgebenden Tatsachen zwischenzeitlich vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt werden konnten - wovon jedenfalls auch der Antragsteller nicht ausgehen kann, da er die mangelhafte Amtsermittlung durch die BFD rügt -, hat die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG frühestens am 6. März 2012 zu laufen begonnen. Zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung am 20. Juni 2012 war sie jedenfalls noch nicht abgelaufen.

2. Ist demnach offen, ob die Erkrankungen des Antragstellers durch den Dienstunfall verursacht wurden, ist offen, ob die Regelung in Nr. 1 des streitbefangenen Bescheids rechtmäßig ist. Damit ist auch offen, ob die sich daraus ergebenden weiteren Feststellungen der BFD in Nr. 3 und 5 des angefochtenen Bescheids zu der auf dem Dienstunfall beruhenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 35 Abs. 2 BeamtVG) und zu zukünftigen Unfallfürsorgeleistungen, insbesondere der Gewährung von Unfallausgleich (§ 35 Abs. 1 BeamtVG) und Unfallruhegehalt (§ 36 BeamtVG), rechtmäßig waren.

3. Sind die Erfolgsaussichten der Klage insgesamt offen, hat der Senat eine von der Einschätzung der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens unabhängige Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. BVerwG, B. v. 17.5.2004 - 1 VR 1.04 u. a. - InfAuslR 2005, 103). Diese ergibt unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, dass das öffentliche Interesse, für die Zeit des Klageverfahrens von weiteren Kosten durch Maßnahmen der Unfallfürsorge, insbesondere der Weitergewährung von Unfallausgleich und -ruhegehalt, verschont zu bleiben, hinter den Interessen des Antragstellers an der Gewährung dieser Leistungen zurücktreten muss.

Im Rahmen der Interessenabwägung ist zunächst entscheidend, dass die BFD es in der Hand gehabt hätte, durch sachverständige Begutachtung des Antragstellers bzw. seiner Krankengeschichte die Interessenabwägung im Eilverfahren zu ihren Gunsten zu entscheiden. Zudem stehen sich letztlich gleichgewichtige, nämlich finanzielle, Interessen gegenüber. Die gesetzlichen Entscheidungen in § 80 Abs. 1 VwGO, der grundsätzlich die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage vorsieht, sowie in § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, wonach davon nur ausnahmsweise im öffentlichen oder überwiegenden Interesse eines Beteiligten - durch ausdrückliche Anordnung - abgewichen werden kann, sind bei der Bewertung gleichgewichtiger Interessen zu berücksichtigen. Bei gleichgewichtigen Interessen hat sich die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO an der gesetzlichen Bewertung des § 80 Abs. 1 VwGO zu orientieren, so dass es bei der in § 80 Abs. 1 VwGO angeordneten Regel der aufschiebenden Wirkung der Klage bleibt (OVG Hamburg, B. v. 28.5.2010 - 1 Bs 87/19 - IÖD 2010, 178). Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller nicht in geregelten finanziellen Verhältnissen lebt, so dass zu befürchten ist, dass die Antragsgegnerin gegebenenfalls einen Rückforderungsanspruch nicht realisieren könnte, wenn sich im Hauptsacheverfahren - auf der Grundlage sachverständiger Bewertung - herausstellen sollte, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist, bestehen nicht. Ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Durchsetzung des Rücknahmebescheids und der Nichtgewährung möglicherweise unberechtigter Unfallfürsorge kann bei dieser Sachlage nicht festgestellt werden.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, §§ 39 und 71 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (i. d. F. v. 18.7.2013; Downloadmöglichkeit über die Homepage des BVerwG). Dabei wurde für den Teilgegenstand Rücknahme der Anerkennung von Dienstunfallfolgen - in Anlehnung an Nr. 1.5 und 10.8 des Streitwertkatalogs - ein Betrag von je 2.500 Euro, für den Teilgegenstand Unfallausgleich - in Anlehnung an Nr. 1.5 und 10.4 des Streitwertkatalogs - die Hälfte des zweifachen Jahresbetrags (24 Monate) der angestrebten maßgeblichen Grundrente, die hier 666 Euro im Monat betragen würde, demnach 7.992 Euro (st. Rspr., u. a. BayVGH, U. v. 24.10.2012 - 3 B 08.2648 - juris Rn. 40; B. v. 5.12.2012 - 14 ZB 10.3116 - juris Rn. 21) und für den Teilgegenstand Unfallruhegehalt - ebenfalls in Anlehnung an Nr. 1.5 und 10.4 des Streitwertkatalogs - die Hälfte des zweifachen Jahresbetrags (24 Monate) des Unterschiedsbetrags zwischen gezahlter und begehrter Versorgung, der hier im Monat 274,57 Euro betragen würde, demnach 3.294,84 Euro, angesetzt.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 29.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der ausschließlich geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegt jedenfalls nicht vor.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 64 m. w. N.). Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe hinreichend dargelegt werden (vgl. Happ a. a. O. Rn. 61).

Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage des Klägers auf Anerkennung verschiedener weiterer gesundheitlicher Beeinträchtigungen als Folge eines am 15. Juni 2009 während einer Dienstfahrt erlittenen und mit streitgegenständlichem Bescheid der Beklagten vom 15. April 2011 als Dienstunfall anerkannten Autounfalls des Klägers sowie auf Gewährung von weiterer Heilfürsorge und eines höheren Unfallausgleichs unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Begründung des - insoweit - ablehnenden streitgegenständlichen Bescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 11. Oktober 2011 abgewiesen. Ergänzend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, nach Auswertung der im Verwaltungsverfahren umfangreich eingeholten und für die gerichtliche Sachentscheidung ausreichenden ärztlichen Befunde und Stellungnahmen sei vorliegend nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Kausalität zwischen dem Dienstunfall und den vom Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen - zumindest nicht im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilverursachung - auszugehen. Ausweislich der von der Beklagten eingeholten Gutachten seien die zusätzlich geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers nicht Folgen des Dienstunfalls, sondern auf seine Vorerkrankung bzw. Vorschädigung, insbesondere auf seine seit langem bestehende Multiple-Sklerose-Erkrankung, zurückzuführen. Daher sei die Klage auch hinsichtlich der anderen mit der begehrten Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen zusammenhängenden Streitgegenstände abzuweisen gewesen.

Durch das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren werden diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften. Der Kläger hat die Bewertung des Verwaltungsgerichts, er habe den ihm obliegenden Beweis nicht erbringen können, dass die von ihm reklamierten weiteren Körperschäden kausal durch den Dienstunfall verursacht worden seien, nicht erschüttert.

Nicht durchdringen kann der Kläger mit seinem Einwand, er sei ungeachtet seiner Grunderkrankung bis zu seinem Verkehrsunfall vollzeitbeschäftigt gewesen, habe seinen beruflichen Pflichten nachkommen können und sei allen körperlichen sowie geistigen Anforderungen gewachsen gewesen, als Folge des Dienstunfalls sei er nun dauerhaft erkrankt, zu 100% erwerbsunfähig und wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden. Zwar gilt bei typischen Geschehensabläufen grundsätzlich auch im Dienstunfallrecht der Anscheinsbeweis. Danach besteht auf erste Sicht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem bestimmten Ereignis und einem Schaden, wie es bei typischen, in ähnlicher Weise immer wieder vorkommenden Geschehensabläufen nach allgemeiner Erfahrung des täglichen Lebens der Fall ist; sind keine Tatsachen erwiesen, welche die Möglichkeit eines von dem typischen Geschehensablauf abweichenden Geschehens dartun, so bedarf es für den Ursachenzusammenhang keines weiteren Nachweises (st. Rspr. des BVerwG, vgl. U. v. 23.5.1962 - VI C 39.60 - BVerwGE 14, 181 m. w. N.). Auch wenn es durchaus nachvollziehbar ist, dass der Kläger nach dem ersten Anschein davon ausgeht, der Dienstunfall sei kausal für seine Beeinträchtigungen, liegen hier im Hinblick auf seine Vorerkrankung und seine Vorschädigung Tatsachen vor, die ihm den Nachweis der Kausalität mittels Anscheinsbeweises verwehren.

Treffen Vorschädigungen, anlagebedingte Leiden, oder Vorerkrankungen - wie im Fall des Klägers seine Multiple-Sklerose-Erkrankung - mit einem Dienstunfall zusammen, sind geltend gemachte Körperschäden nur dann im Rechtssinn kausal durch den Dienstunfall verursacht, wenn der Dienstunfall im Verhältnis zu diesen Vorschädigungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine wesentlich mitwirkende Teilursache für diese Körperschäden ist. Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann zwar auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (nur) beschleunigt. Dies setzt aber voraus, dass diesem Ereignis im Verhältnis zu anderen Bedingungen - zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene Veranlagung oder Vorschädigung gehört - keine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich für die Körperschäden anzusehen sind. Keine Ursachen im Rechtssinn sind demnach sogenannte Gelegenheitsursachen, d. h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. Eine solch untergeordnete Bedeutung ist insbesondere auch dann anzunehmen, wenn das Ereignis gleichsam „der letzte Tropfen“ war, „der das Maß zum Überlaufen brachte bei einer Krankheit, die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen war“ (st. Rspr., BVerwG, U. v. 30.6.1988 - 2 C 77.86 - DÖD 1988, 295 m.w.N; BayVGH, B. v. 21.3.2014 - 14 ZB 12.1024 - juris Rn. 10 m. w. N.).

Nach den auch im Dienstunfallrecht geltenden Regeln über die materielle Beweislast (vgl. BayVGH, B. v. 13.1.2014 - 14 CS 13.1790 - juris Rn. 13 m. w. N.) hat der Kläger den vollen Beweis dafür zu erbringen, dass jede einzelne von ihm geltend gemachte körperliche Beeinträchtigung tatsächlich besteht und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - auf dem als Dienstunfall anerkannten Verkehrsunfall beruht (vgl. BVerwG, B. v. 12.10.1972 - 6 B 22.72 - Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 50). Nur dann kann der Kläger eine Anerkennung der geltend gemachten Körperschäden als Dienstunfallfolgen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG beanspruchen. Lassen sich wie hier die anspruchsbegründenden Voraussetzungen nicht klären, geht dies zulasten des Klägers.

Dies zugrunde gelegt hätte der Kläger in der Zulassungsbegründung darlegen müssen, durch welche der vorhandenen Gutachten er den notwendigen Beweis geführt sieht, zumal er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausdrücklich auf die Stellung eines Beweisantrags verzichtet hat. Unabhängig davon, dass der Kläger insoweit seinen Darlegungspflichten nicht nachgekommen ist und ungeachtet der diesbezüglichen Einschätzungen des fachärztlichen Beraters der Beklagten, der die im Verwaltungsverfahren eingeholten unfallchirurgischen, neurologischen, psychiatrischen und psychologischen Zusammenhangs- bzw. Zusatzgutachten ausgewertet hat, lässt sich dem neurologischen Gutachten des Klinikums Nürnberg vom 4. Juni 2010 und dem Ergänzungsgutachten vom 17. Januar 2011 nicht entnehmen, dass die Verschlechterung der Multiplen Sklerose kausal durch den Dienstunfall verursacht wurde. Zwar wird im neurologischen Ergänzungsgutachten ausgeführt, es bleibe festzuhalten, dass sowohl eine Posttraumatische Belastungsstörung als auch eine depressive Symptomatik zu verminderten Kortisolspiegeln im Serum führen und aufgrund der bei Multipler Sklerose verminderten Lymphozytenaffinität für Kortisol Entzündungsprozesse im zentralen Nervensystem in Gang induziert oder perpetuiert werden könnten. Allerdings wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „im Rahmen des vorliegenden Gutachtens selbstverständlich kein genauer Mechanismus definiert werden“ könne, „der beim Kläger zur vorliegenden Verschlechterung - seiner Erkrankung - geführt“ habe, „da die genaue Pathophysiologie der Multiplen Sklerose trotz intensiver weltweiter Forschung bislang nur teilweise aufgeklärt“ sei. Mit einer derartigen gutachterlichen Aussage ist der Beweis für die Kausalität zwischen Dienstunfall und des geltend gemachten Körperschadens eines schubförmig remittierenden Verlaufs einer Multiplen-Sklerose-Erkrankung nicht geführt. Unsicherheiten, die auf den wissenschaftlich noch nicht vollständig geklärten Krankheitsmechanismen der Multiplen Sklerose beruhen, gehen zulasten des Klägers. Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht wiederholt entschieden, dass auch im Beamtenrecht entstehende Beweisschwierigkeiten keine von den allgemeinen Beweisgrundsätzen abweichende mildere Beurteilung der Beweisanforderungen rechtfertigen (vgl. BVerwG, U. v. 22.10.1981 - 2 C 17.81 - NJW 1982, 1893 m. w. N.).

Da es somit im Hinblick auf die Verschlechterung der Multiplen-Sklerose-Erkrankung auf die Bewertung des fachärztlichen Beraters der Beklagten nicht allein ankommt und sich das Verwaltungsgericht insoweit lediglich ergänzend geäußert hat, kann der Kläger diesbezüglich auch nicht mit seiner Rüge durchdringen, das Verwaltungsgericht folge fast ausschließlich dessen Auswertung, obwohl der fachliche Berater seine Begutachtung lediglich nach Aktenlage ausgeführt und ihn noch nicht einmal persönlich untersucht habe. Soweit der Kläger die Bewertungen des Fachberaters hinsichtlich der als Unfallfolge geltend gemachten Entwicklung einer schweren depressiven Symptomatik mit kognitiven Störungen in Zweifel ziehen möchte, ist er ebenfalls seinen Darlegungspflichten nicht nachgekommen. Denn die Auswertung eines ärztlichen Gutachtens ist nicht schon deshalb fehlerhaft und unbrauchbar, weil sie nach Aktenlage vorgenommen wurde. Der Kläger hätte insoweit substantiiert dartun müssen, in welchen Punkten die fachärztliche Auswertung fehlerhaft war und warum sich dies dem Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung hätte aufdrängen müssen.

Nach alledem war der Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Kostentragungspflicht aus § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und 3 GKG (wie Vorinstanz).

Tenor

I.

Unter Abänderung von Nr. 1 und 2 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth wird die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2013 wiederhergestellt.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 16.286,84 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die angeordnete sofortige Vollziehung des Bescheids der Bundesfinanzdirektion Mitte - Service-Center Süd-Ost - (im Folgenden: BFD) vom 20. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der BFD vom 5. April 2013.

Der Antragsteller, ein am 18. April 1952 geborener Polizeihauptkommissar, der bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand zum 1. Januar 2011 bei der Bundespolizei im Dienst der Antragsgegnerin gestanden hatte, erlitt am 11. September 2008 beim Dienstsport einen Zeckenbiss, den die Bundespolizeiakademie mit Bescheid vom 19. Januar 2010 als Dienstunfall anerkannte. Gleichzeitig stellte die Behörde einen „Zustand nach Zeckenbiss Kniegelenk links, Oligoarthritis, DD (Anmerkung: Differentialdiagnose) reaktive Arthritis“ als durch den Dienstunfall verursachten Körperschaden fest. Weitere Unfallfolgen stellte die Bundespolizeiakademie mit Bescheid vom 18. Oktober 2010 fest und verwies dabei auf die abgeschlossene Heilbehandlung und die gutachterliche Stellungnahme vom 15. September 2010. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall wurde zeitlich gestaffelt, jedenfalls ab dem 1. September 2009 auf 100% festgesetzt. Mit weiterem Bescheid vom 20. Dezember 2010 hob die Bundespolizeiakademie ihren Bescheid vom 18. Oktober 2010 mit der Begründung auf, nach neuerlicher Untersuchung des Antragstellers und gutachterlicher Stellungnahme vom 18. November 2010 habe der Dienstunfall nachstehende Folgen hinterlassen: „Belastungsabhängig und schmerzhafte Entzündungen in beiden Kniegelenken, beiden Hüften, beiden Schultergelenken und im rechten oberen Sprunggelenk, Kniegelenkerguss rechts, deutliche Beeinträchtigungen im Alltagsleben, Bewegungseinschränkungen, vor allem in beiden Schultern, bei der Elevation, Abduktion und Außenrotation beidseits, Epicondylitis medialis beidseits“. Dem Antragsteller wurde in der Folgezeit Unfallfürsorge gewährt. Mit Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 11. Dezember 2010 wurde der Antragsteller mit Ablauf des 31. Dezember 2010 wegen Polizeidienstunfähigkeit und allgemeiner Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Er erhielt Unfallruhegehalt.

Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 20. Juni 2012 nahm die BFD den Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 19. Januar 2010 hinsichtlich der anerkannten Folgen „Oligoarthritis, DD reaktive Arthritis“ mit Wirkung für die Zukunft zurück (Nr. 1 des Bescheids), stellte fest, dass der Bescheid im Übrigen bestehen bleibe (Nr. 2 des Bescheids), „der Zeckenbiss keine - mithin auch keine erwerbsmindernden - Folgen hinterlassen“ habe und ein Anspruch auf Unfallausgleich nicht bestehe (Nr. 3 des Bescheids). Zudem nahm die BFD den Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 18. Oktober 2010 mit Wirkung für die Zukunft zurück (Nr. 4 des Bescheids) und stellte fest, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Unfallruhegehalt habe (Nr. 5 des Bescheids). Die Zahlung des Unfallruhegehalts wurde nach Erlass des Bescheids eingestellt.

Einen am 10. Juli 2012 fristgerecht erhobenen Widerspruch des Antragstellers wies die BFD mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 2013 zurück. Am 13. Mai 2013 erhob der Antragsteller Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth.

Bereits am 4. Februar 2013 hatte der Antragsteller einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt, den das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 7. August 2013 ablehnte.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Antragstellers im Wesentlichen mit der Begründung, der streitgegenständliche Bescheid sei bereits formell rechtswidrig, da die Antragsgegnerin gegen die ihr obliegende Amtsermittlungspflicht verstoßen habe. Unter Berücksichtigung aller Umstände habe die Ausgangsbehörde die Kausalität zwischen Unfall und Körperschaden für erwiesen erachten dürfen. Im Verfahren habe sich nicht herausgestellt, dass der Nachweis der Kausalität zwischen Unfall und Körperschaden für den Zeitpunkt dieser Feststellung nicht zu führen gewesen sei. Die Nichterweislichkeit des Vorliegens anderer Ursachen für die Körperschäden des Antragstellers gehe zulasten der Behörde, die die Beweislast für die Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheids trage. Im Übrigen sei die Jahresfrist zum Zeitpunkt der Rücknahme abgelaufen gewesen.

Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg. Die auf die fristgerecht dargelegten Gründe beschränkte Prüfung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt, dass die Erfolgsaussichten der im Hauptsacheverfahren erhobenen Anfechtungsklage nach der im Eilverfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Bewertung der Erfolgsaussichten der Klage (BVerwG, B. v. 25.3.1993 - 1 ER 301.92 - NJW 1993, 3213) als offen einzuschätzen sind. Die Rechtmäßigkeit des Bescheids der BFD vom 20. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2013 lässt sich anhand der gegenwärtig bekannten Tatsachen nicht beurteilen. Auf der Basis der bisherigen Ermittlungen ist offen, ob die seit dem Zeckenbiss bestehenden Erkrankungen und die im Jahre 2010 festgestellte Dienstunfähigkeit des Antragstellers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch den Zeckenbiss verursacht worden sind. Die Interessenabwägung führt zu dem Ergebnis, dass die Interessen des Antragstellers überwiegen.

1. In erster Linie streitig zwischen den Beteiligten ist die Frage, ob die von der Antragsgegnerin ausdrücklich bzw. konkludent nach § 48 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 3 VwVfG für die Zukunft zurückgenommenen Bescheidsteile bzw. Bescheide der Bundespolizeiakademie bereits bei ihrem Erlass rechtswidrig waren, weil die beim Antragsteller festgestellten Körperschäden nicht auf dem Dienstunfall beruhten und daher die in § 30 Abs. 1 Satz 1, § 31 Abs. 1 BeamtVG genannten Voraussetzungen seinerzeit nicht erfüllt waren, sowie die diesbezüglich bestehende Beweislastverteilung zwischen den Beteiligten.

a) Als Ursache im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung sind nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen ist eine als alleinige Ursache im Rechtssinne anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überragend zum Erfolg mitgewirkt hat, während jede von ihnen als wesentliche (Mit-)Ursache im Rechtssinne anzusehen ist, wenn sie nur annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolgs hatte. Alle übrigen Bedingungen im natürlich-logischen Sinne scheiden als Ursachen im Rechtssinne aus. Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann demnach auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (nur) beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im Verhältnis zu anderen Bedingungen - zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene Veranlagung gehört - eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen sind. Nicht Ursachen im Rechtssinne sind demnach sogenannte Gelegenheitsursachen, d. h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. Eine solche untergeordnete Bedeutung ist insbesondere auch dann anzunehmen, wenn das Ereignis gleichsam „der letzte Tropfen“ war, „der das Maß zum Überlaufen brachte bei einer Krankheit, die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen war“ (st. Rspr., BVerwG, U. v. 30.6.1988 - 2 C 77.86 - DÖD 1988, 295 m. w. N.).

Mit anderen Worten ist demnach ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Dienstunfall und dem eingetretenen körperlichen Schaden nicht schon dann ausgeschlossen, wenn außer dem Unfall auch andere Umstände (namentlich eine anlage- oder schicksalsbedingte Krankheit) als Ursachen in Betracht kommen. In derartigen Fällen ist der Dienstunfall vielmehr dann als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) hingewirkt hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt (BVerwG, B. v. 20.2.1998 - 2 B 81.97 - juris Rn. 2 m. w. N.).

b) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, gelten im Dienstunfallrecht die allgemeinen Beweisgrundsätze (vgl. u. a. BVerwG, U. v. 30.6.1988 - 2 C 77.86 - DÖD 1988, 295; B. v. 11.3.1997 - 2 B 127.96 - juris Rn. 5 jeweils m. w. N.; BayVGH, U. v. 3.8.2005 - 3 B 00.3426 - juris Rn. 43; U. v. 12.11.2009 - 3 B 05.633 - juris Rn. 48; U. v. 21.9.2011 - 3 B 09.3140 - juris Rn. 35).

Grundsätzlich trägt danach der Beamte die materielle Beweislast für den Nachweis, dass ein eingetretener Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf einem Dienstunfall beruht (st. Rspr., u. a. BVerwG, U. v. 22.10.1981 - 2 C 17.81 - NJW 1982, 1893 m. w. N.). Wird - wie vorliegend - ein Bescheid, mit dem Körperschäden als Folge eines Dienstunfalls anerkannt wurden, zurückgenommen, ändert dies diese Beweislastverteilung nicht, denn aus der Rücknahme der den Antragsteller begünstigenden Bescheide folgt keine Beweislastumkehr (vgl. BayVGH, U. v. 21.9.2011 - 3 B 09.3140 - juris Rn. 36). Zwar liegt bei der Rücknahme von Bescheiden nach § 48 VwVfG grundsätzlich die materielle Beweislast für die Rechtswidrigkeit der vorausgegangenen, jetzt zurückgenommenen Bescheide bei der Behörde, weil diese die Beweislast hinsichtlich der für sie günstigen Tatbestandsvoraussetzungen trägt (BayVGH, U. v. 3.8.2005 - 3 B 00.3426 - juris Rn. 43; U. v. 12.11.2009 - 3 B 05.633 - juris Rn. 48; U. v. 21.9.2011 - 3 B 09.3140 - juris Rn. 36). Jedoch genügt die Behörde ihrer materiellen Beweislast bei der Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts, dessen Voraussetzungen - wie vorliegend - der Beamte zu beweisen hatte, schon dadurch, dass sie nachweist, dass bei Erlass des Verwaltungsakts dessen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben (BayVGH, U. v. 12.11.2009 - 3 B 05.633 - juris Rn. 49; B. v. 5.12.2012 - 14 ZB 10.3116 - juris Rn. 7).

Dies bedeutet auf den vorliegenden Fall bezogen, dass die Antragsgegnerin ihrer materiellen Beweislast im Rahmen des § 48 VwVfG dadurch genügt, dass sie nachweist, dass bei Erlass der Bescheide vom 19. Januar und 18. Oktober bzw. 20. Dezember 2010, mit denen die Bundespolizeiakademie die Körperschäden des Antragstellers zu einem Großteil als Folge seines Dienstunfalls anerkannt hat, die Voraussetzungen für diese Anerkennungen der Körperschäden nicht vorgelegen haben.

Die Beweisfrage, ob die Körperschäden des Antragstellers nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - auf dem als Dienstunfall anerkannten Zeckenbiss beruhen, stellt sich allerdings nur, wenn die zu beweisende Tatsache nicht aufklärbar ist, also eine non-liquet-Situation vorliegen würde (BayVGH, U. v. 3.8.2005 - 3 B 00.3426 - juris Rn. 43). Bleibt nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen der Amtsermittlungspflicht offen, ob eine Kausalität zwischen dem erlittenen Zeckenbiss und den vorhandenen Körperschäden besteht, so trifft die materielle Beweislast den Antragsteller.

c) Nach § 24 Abs. 1 VwVfG hat die Behörde, die ein Verwaltungsverfahren durchführt, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Art und Umfang der Ermittlungen bestimmt die Behörde zwar gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 VwVfG nach pflichtgemäßem Ermessen. Sie hat - basierend auf allgemeinen Erfahrungssätzen - allen Umständen nachzugehen, die an sie herangetragen werden oder die sich ihr aufdrängen. Dritte hat sie zwingend dann einzuschalten, wenn es ihr an der notwendigen Sachkunde fehlt (Ziekow, VwVfG, 3. Aufl. 2013, § 24 Rn. 6; Heßhaus in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 1. Aufl. 2010, § 24 Rn. 7; Knack-Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 24 Rn. 14; BVerwG, B. v. 5.10.1990 - 4 B 249.89 - NVwZ-RR 1991, 118). Unterlässt die Behörde die gebotene Sachaufklärung liegt ein Verfahrensfehler vor (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 24 Rn. 58; Ziekow, a. a. O., Rn. 19; Heßhaus in Bader/Ronellenfitsch, a. a. O., Rn. 27; Knack-Henneke, a. a. O., Rn. 26).

d) Hiervon ausgehend hätte sich der Antragsgegnerin - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Kausalität und zur Beweislastverteilung im Dienstunfallrecht - bereits im Verwaltungsverfahren die Hinzuziehung eines Sachverständigen zur Frage aufdrängen müssen, ob - zum Zeitpunkt des Erlasses der nun zurückgenommenen Bescheide der Bundespolizeiakademie - die Voraussetzungen für die Anerkennung der Körperschäden des Antragstellers deshalb nicht vorlagen, weil nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen war, dass die im zeitlichen Anschluss an den als Dienstunfall festgestellten Zeckenbiss beim Antragsteller aufgetretenen Erkrankungen (und die mit den Erkrankungen zusammenhängende Erwerbsminderung) durch den Zeckenbiss - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - verursacht worden sind.

Fest steht, dass die Beschwerden des Antragstellers erstmals nach dem Zeckenbiss im September 2008 begonnen haben und beim Antragsteller danach über einen langen Zeitraum erhöhte Entzündungswerte festgestellt wurden. Fest steht auch, dass der Antragsteller bereits wenige Tage nach dem Zeckenbiss mit Doxycyclin behandelt wurde und es zu einer vorübergehenden Besserung seiner Beschwerden kam. Da die BFD ausweislich ihrer Ausführungen im Widerspruchsbescheid nicht mehr davon ausgeht, dass beim Antragsteller eine dienstunabhängige degenerative Vorschädigung der betroffenen Gelenke vorgelegen hat, ist somit nicht schon deshalb zweifelhaft, ob die Erkrankungen des Antragstellers und der Zeckenbiss - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - im Zusammenhang stehen können. Zwar hatte der Polizeiärztliche Dienst des Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrums OEB bereits mit Stellungnahmen von 22. und 23. Oktober 2009 Zweifel daran geäußert, ob der Befall der Zecke während der Dienstzeit stattgefunden habe und inwieweit der „angegebene Körperschaden“ eine Folge des Unfalls sei. Die erstgenannten Zweifel waren aber dadurch ausgeräumt worden, dass der Antragsteller weitere Angaben zum Ort seiner sportlichen Betätigung machte. Auch der Sozialmedizinische Dienst der Bundespolizei hatte in einem sozialmedizinischen Gutachten vom 27. September 2010 angemerkt, dass sowohl die haftungsbegründende als auch die haftungsausfüllende Kausalität nicht gegeben sei. Der Internist und Rheumatologe Dr. M. vom „Ambulanten Behandlungszentrum Obermain“ führte in seinem Arztbrief vom 19. August 2010 aus, dass der Antragsteller „aufgrund des frühen Behandlungsbeginns (mit Doxycyclin) keine Antikörper bilden konnte, so dass die Borrelienserologie durchweg negativ blieb!“ und verwies darauf, dass sich aktuell ein „Zustand nach Yersenieninfektion im IgA-Immunoblot nachweisen“ lasse, so dass „hypothetisch auch noch ein Zweitinfekt aetiologisch in Frage käme“. Dennoch ging er in seiner als „Gutachterliche Stellungnahme zur Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Dienstunfallfolgen nach Abschluss der ärztlichen Behandlung“ überschriebenen Äußerung vom 19. August 2010 mit Bezugnahme auf seinen Arztbrief von einer „auf dem Dienstunfall beruhenden Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100%“ aus. Medizinaldirektor Dr. F. vom Polizeiärztlichen Dienst diagnostizierte im Rahmen einer ebenfalls als „Gutachterliche Stellungnahme zur Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Dienstunfallfolgen nach Abschluss der ärztlichen Behandlung“ bezeichneten schriftlichen Äußerung am 15. September 2010 unter Bezugnahme auf eine Untersuchung des Antragstellers die später bescheidsmäßig festgestellten Unfallfolgen als nach dem Dienstunfall zurückgebliebene Folgen und schätzte die auf dem Dienstunfall beruhende Minderung der Erwerbsfähigkeit mit Bezug auf § 35 Abs. 2 BeamtVG jedenfalls ab dem 1. Oktober 2010 auf 100% ein. Infolge seiner weiteren Begutachtung vom 28. November 2010 wurden die festgestellten Unfallfolgen um eine „Epicondylitis medialis beidseits“ erweitert. Auf Grundlage dieser Stellungnahmen ergingen die Bescheide der Bundespolizeiakademie vom 18. Oktober und 20. Dezember 2010. Demnach ist die Antragsgegnerin im Jahre 2010 auf der Grundlage der „Gutachten“ eines in ihrem Dienst stehenden Arztes von einem hinreichenden Kausalzusammenhang zwischen Zeckenbiss und Körperschäden ausgegangen.

Inwieweit dies - auch unter Berücksichtigung der späteren, vom Antragsteller selbst vorgelegten Arztbriefe - rechtswidrig war, weil von Anfang an die erforderliche Kausalität zwischen dem Zeckenbiss und den Erkrankungen des Antragstellers nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen worden war, hätte durch eine weitere - sachverständige - Begutachtung des Antragstellers unter Einbeziehung sämtlicher bisherigen Befunde und Stellungnahmen abgeklärt werden müssen. Dies musste sich der BFD - spätestens im Widerspruchsverfahren - deshalb aufdrängen, da die Diagnose für die Erkrankungen des Antragstellers offensichtlich von Anfang an schwierig war. So benennt beispielsweise Dr. M. eine Differentialdiagnose, um zeitgleich die Kausalität zwischen Dienstunfall (d. h. Zeckenbiss) und Erkrankungen zu bestätigen. Auch den Arztbriefen des Universitätsklinikums Erlangen, Medizinische Klinik 3 - Rheumatologie, Immunologie -, ist zu entnehmen, dass man sich bei der Benennung der Ursache für die Erkrankungen des Antragstellers unsicher war. So sind beispielsweise dem Arztbrief vom 30. März 2009 die Diagnosen „Oligoarthritis, DD reaktive Arthritis“ zu entnehmen, wohingegen der Arztbrief vom 8. Juli 2009 diese beiden Diagnosen ebenfalls nennt und für das linke Knie u. a. einen Zustand nach „lokalem Zeckenbiss mit konsekutiver Synovitis 10/08 (Besserung unter Doxycyclin, Borrelienserologie negativ)“ beschreibt. Beide Arztbriefe waren jeweils von anderen Ärzten der Medizinischen Klinik 3 unterschrieben worden. Weiteren medizinischen Sachverstand einzuholen hätte sich der BFD nicht zuletzt aufgrund der vom Antragsteller im Widerspruchsverfahren vorgelegten Leitlinien der Deutschen-Borreliose-Gesellschaft zu „Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose“ aufdrängen müssen, wonach etwa eine frühzeitige antibiotische Behandlung die Entwicklung von Antikörpern verhindern könne, so dass daher Seronegativität die Lyme-Borreliose keinesfalls ausschließe. Daran ändert auch die ebenfalls vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme des medizinischen Direktors der Medizinischen Klinik 3 des Universitätsklinikums Erlangen, Prof. Dr. S., vom 31. August 2012 nichts. Auch wenn dieser davon ausgeht, dass es sich bei der Erkrankung des Antragstellers nicht um eine „klassische Borrelienarthritis“, sondern um eine „seronegative rheumatoide Arthritis“ handelt, weist er ausdrücklich darauf hin, dass nicht auszuschließen sei, dass der Zeckenbiss die rheumatoide Arthritis des Antragstellers „getriggert“ habe und es einen klaren zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Beschwerden und dem Zeckenbiss gebe. Ob tatsächlich Kausalität vorliege, sei „natürlich nicht mit letzter Sicherheit zu beantworten“, sei „aber auch nicht auszuschließen“. Da unklar ist, was Prof. Dr. S. mit seiner Formulierung „nicht mit letzter Sicherheit“ gemeint hat und inwieweit ihm - bei Abfassen seiner Stellungnahme vom 31. August 2012 - der im Dienstunfallrecht geltende Maßstab für die Beurteilung der Kausalität bekannt war, konnte die BFD ihre Einschätzung nicht hinreichend sicher auf seine Stellungnahme stützen.

Dass die BFD zu einer medizinischen Begutachtung des Antragstellers verpflichtet war, führt im jetzigen Verfahrensstadium nicht dazu, dass der streitgegenständliche Bescheid allein aus diesem Grund als rechtwidrig zu beurteilen wäre. Der bloße Umstand, dass die BFD ohne weiteres von einer Tatsache ausgegangen ist, zu deren Feststellung sie einen Sachverständigen hätte hinzuziehen müssen, führt nicht zur Rechtswidrigkeit und Aufhebung der Rücknahmeentscheidung. Das Gericht kann die Rücknahmeentscheidung hinsichtlich der Tatsachengrundlage vielmehr nur dann beanstanden, wenn es seinerseits deren Unrichtigkeit festgestellt hat (vgl. BVerwG, B. v. 16.9.1986 - 1 B 143.86 - NVwZ 1987, 144; U. v. 3.3.1987 - 1 C 39.84 - NJW 1987, 1431; U. v. 1.12.1987 - 1 C 29.85 - BVerwGE 78, 285; Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 24 Rn. 58; Ziekow, VwVfG, § 24 Rn. 19; Heßhaus in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 24 Rn. 29; Knack-Henneke, VwVfG, § 24 Rn. 26).

e) Ob die Voraussetzungen für die Rücknahmeentscheidung nach § 48 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 3 VwVfG vorgelegen haben, wird im Rahmen des Klageverfahrens aufzuklären sein. Der Ansicht der Antragsgegnerin, der Nachweis dafür, dass die aufgehobenen Bescheide der Bundespolizeiakademie von Anfang an rechtswidrig waren, sei erbracht, kann derzeit nicht gefolgt werden. Denn wie oben unter b) ausgeführt, können erst dann die Regelungen über die materielle Beweislastverteilung in Bezug auf den Nachweis zwischen Dienstunfall und Körperschaden herangezogen werden, wenn alle Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft sind. Das Verwaltungsgericht wird daher der Frage nachzugehen haben, ob auf der Grundlage sämtlicher Untersuchungsergebnisse, Befunde und Stellungnahmen der vom Kläger erlittene Zeckenbiss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine wesentliche Ursache, zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache für seine Körperschäden war, oder ob es sich bei dem Zeckenbiss lediglich um eine Gelegenheitsursache gehandelt hat.

f) Der angegriffene Bescheid ist nicht im Hinblick auf die Nichteinhaltung der Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG rechtswidrig. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. B. v. 19.12.1984 - GrSen 1.84 u. a. - BVerwGE 70, 356) war die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG entgegen der Ansicht des Antragstellers noch nicht abgelaufen. § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG findet danach Anwendung, wenn die Behörde nachträglich erkennt, dass sie den beim Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts vollständig bekannten Sachverhalt unzureichend berücksichtigt oder unrichtig gewürdigt und deswegen rechtswidrig entschieden hat. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG beginnt zu laufen, wenn die Behörde positive Kenntnis von den Tatsachen, die die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigen, erhalten hat. Die Behörde erlangt diese positive Kenntnis, wenn der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Rücknahme des Verwaltungsakts berufene Amtswalter oder ein sonst innerbehördlich zur rechtlichen Überprüfung des Verwaltungsakts berufener Amtswalter die die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigenden Tatsachen feststellt. Die Feststellung ist getroffen, sobald diese Tatsachen vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt sind. Zwar ist die Zuständigkeit der BFD - als der für die Rücknahmeentscheidung innerbehördlich zuständigen Stelle der Antragsgegnerin - mit der Versetzung des Antragstellers in den Ruhestand zum 1. Januar 2011 begründet worden. Kenntnis von den maßgeblichen Tatsachen hatte die BFD aber frühestens mit Erhalt der Dienstunfallakte am 5. März 2012. Unabhängig, ob die maßgebenden Tatsachen zwischenzeitlich vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt werden konnten - wovon jedenfalls auch der Antragsteller nicht ausgehen kann, da er die mangelhafte Amtsermittlung durch die BFD rügt -, hat die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG frühestens am 6. März 2012 zu laufen begonnen. Zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung am 20. Juni 2012 war sie jedenfalls noch nicht abgelaufen.

2. Ist demnach offen, ob die Erkrankungen des Antragstellers durch den Dienstunfall verursacht wurden, ist offen, ob die Regelung in Nr. 1 des streitbefangenen Bescheids rechtmäßig ist. Damit ist auch offen, ob die sich daraus ergebenden weiteren Feststellungen der BFD in Nr. 3 und 5 des angefochtenen Bescheids zu der auf dem Dienstunfall beruhenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 35 Abs. 2 BeamtVG) und zu zukünftigen Unfallfürsorgeleistungen, insbesondere der Gewährung von Unfallausgleich (§ 35 Abs. 1 BeamtVG) und Unfallruhegehalt (§ 36 BeamtVG), rechtmäßig waren.

3. Sind die Erfolgsaussichten der Klage insgesamt offen, hat der Senat eine von der Einschätzung der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens unabhängige Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. BVerwG, B. v. 17.5.2004 - 1 VR 1.04 u. a. - InfAuslR 2005, 103). Diese ergibt unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, dass das öffentliche Interesse, für die Zeit des Klageverfahrens von weiteren Kosten durch Maßnahmen der Unfallfürsorge, insbesondere der Weitergewährung von Unfallausgleich und -ruhegehalt, verschont zu bleiben, hinter den Interessen des Antragstellers an der Gewährung dieser Leistungen zurücktreten muss.

Im Rahmen der Interessenabwägung ist zunächst entscheidend, dass die BFD es in der Hand gehabt hätte, durch sachverständige Begutachtung des Antragstellers bzw. seiner Krankengeschichte die Interessenabwägung im Eilverfahren zu ihren Gunsten zu entscheiden. Zudem stehen sich letztlich gleichgewichtige, nämlich finanzielle, Interessen gegenüber. Die gesetzlichen Entscheidungen in § 80 Abs. 1 VwGO, der grundsätzlich die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage vorsieht, sowie in § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, wonach davon nur ausnahmsweise im öffentlichen oder überwiegenden Interesse eines Beteiligten - durch ausdrückliche Anordnung - abgewichen werden kann, sind bei der Bewertung gleichgewichtiger Interessen zu berücksichtigen. Bei gleichgewichtigen Interessen hat sich die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO an der gesetzlichen Bewertung des § 80 Abs. 1 VwGO zu orientieren, so dass es bei der in § 80 Abs. 1 VwGO angeordneten Regel der aufschiebenden Wirkung der Klage bleibt (OVG Hamburg, B. v. 28.5.2010 - 1 Bs 87/19 - IÖD 2010, 178). Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller nicht in geregelten finanziellen Verhältnissen lebt, so dass zu befürchten ist, dass die Antragsgegnerin gegebenenfalls einen Rückforderungsanspruch nicht realisieren könnte, wenn sich im Hauptsacheverfahren - auf der Grundlage sachverständiger Bewertung - herausstellen sollte, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist, bestehen nicht. Ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Durchsetzung des Rücknahmebescheids und der Nichtgewährung möglicherweise unberechtigter Unfallfürsorge kann bei dieser Sachlage nicht festgestellt werden.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, §§ 39 und 71 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (i. d. F. v. 18.7.2013; Downloadmöglichkeit über die Homepage des BVerwG). Dabei wurde für den Teilgegenstand Rücknahme der Anerkennung von Dienstunfallfolgen - in Anlehnung an Nr. 1.5 und 10.8 des Streitwertkatalogs - ein Betrag von je 2.500 Euro, für den Teilgegenstand Unfallausgleich - in Anlehnung an Nr. 1.5 und 10.4 des Streitwertkatalogs - die Hälfte des zweifachen Jahresbetrags (24 Monate) der angestrebten maßgeblichen Grundrente, die hier 666 Euro im Monat betragen würde, demnach 7.992 Euro (st. Rspr., u. a. BayVGH, U. v. 24.10.2012 - 3 B 08.2648 - juris Rn. 40; B. v. 5.12.2012 - 14 ZB 10.3116 - juris Rn. 21) und für den Teilgegenstand Unfallruhegehalt - ebenfalls in Anlehnung an Nr. 1.5 und 10.4 des Streitwertkatalogs - die Hälfte des zweifachen Jahresbetrags (24 Monate) des Unterschiedsbetrags zwischen gezahlter und begehrter Versorgung, der hier im Monat 274,57 Euro betragen würde, demnach 3.294,84 Euro, angesetzt.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht hat die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und kann ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen.

(2) Soweit es die Besonderheit des Falles erfordert, soll das Gericht den Sachverständigen vor Abfassung der Beweisfrage hören, ihn in seine Aufgabe einweisen und ihm auf Verlangen den Auftrag erläutern.

(3) Bei streitigem Sachverhalt bestimmt das Gericht, welche Tatsachen der Sachverständige der Begutachtung zugrunde legen soll.

(4) Soweit es erforderlich ist, bestimmt das Gericht, in welchem Umfang der Sachverständige zur Aufklärung der Beweisfrage befugt ist, inwieweit er mit den Parteien in Verbindung treten darf und wann er ihnen die Teilnahme an seinen Ermittlungen zu gestatten hat.

(5) Weisungen an den Sachverständigen sind den Parteien mitzuteilen. Findet ein besonderer Termin zur Einweisung des Sachverständigen statt, so ist den Parteien die Teilnahme zu gestatten.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. Juli 2012 abgeändert:

Nr. I erhält folgende Fassung:

Der Änderungsbescheid der Beklagten vom 20. April 2018 wird insoweit aufgehoben, als mit ihm der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Vergangenheit (Zeitraum 1.7.2009 bis einschließlich April 2018) zurückgenommen wurde.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Kapitalbeträge („leaving allowances“), die der Kläger aufgrund einer sowohl im aktiven Dienst als auch im anschließenden Ruhestand ausgeübten Tätigkeit bei der ... and T..., Production & Logistics Management Agency (im Folgenden: ...) als Versorgungsleistung erhalten hat, auf seine deutschen Versorgungsbezüge anzurechnen sind.

Der im August 1946 geborene Kläger stand, bevor er mit Ablauf des 31. August 2004 wegen Überschreitens der besonderen Altersgrenze nach § 45 Abs. 2 Nr. 2 des Soldatengesetzes (i.d.F. vom 20.12.2001, SG a.F.) in den Ruhestand trat, als Oberstleutnant (Besoldungsgruppe A 15) im Dienst der Beklagten.

Er war in der Zeit vom 5. Oktober 1999 bis zu seinem Dienstzeitende ohne Dienstbezüge zur Wahrnehmung einer Tätigkeit bei der ... beurlaubt. Der der Tätigkeit bei der ... zugrundeliegende Vertrag wurde nach Eintritt des Klägers in den Ruhestand bis einschließlich 30. Juni 2007 verlängert. Im unmittelbaren Anschluss daran war der Kläger aufgrund eines weiteren Vertragsverhältnisses vom 1. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2009 für die ... tätig.

Mit Bescheid vom 30. August 2004 setzte die Beklagte die Versorgungsbezüge des Klägers unter Zugrundelegung eines Ruhegehaltssatzes von 75 v.H. fest und brachte sie mit Bescheid vom 1. September 2004 nach § 53 SVG wegen des von der... gezahlten Verwendungseinkommens vollständig zum Ruhen.

Nach Beendigung des ersten Vertragsverhältnisses zum 30. Juni 2007 wurde dem Kläger von der ... ein Kapitalbetrag in Höhe von 179.810,21 Euro ausgezahlt. Hiervon entfiel ein Betrag in Höhe von 100.936,16 Euro auf die Zeit seiner Beurlaubung. Nach Beendigung des zweiten Vertragsverhältnisses erhielt der Kläger von der ... zum 30. Juni 2009 einen weiteren Kapitalbetrag in Höhe von 42.421,82 Euro ausbezahlt.

Mit Bescheid vom 1. Februar 2008, der auf Widerspruch des Klägers nach Maßgabe eines Abhilfebescheids vom 11. Juli 2008 korrigiert wurde, erhöhte die Beklagte die ruhegehaltfähige Dienstzeit des Klägers wegen seiner im Ruhestand bei der ... absolvierten Dienstzeiten gemäß § 21 Satz 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1 Nr. 3 SVG und setzte wegen § 26 Abs. 1 Satz 1 SVG den Ruhegehaltssatz auf 75 v.H. fest. Mit weiterem Bescheid vom 21. Dezember 2009 wurde die ruhegehaltfähige Dienstzeit des Klägers wegen seiner Beschäftigung bei der ... bis 30. Juni 2009 erneut erhöht. Unter Einbeziehung aller Beschäftigungszeiten bei der ... ergab sich ein Ruhegehaltssatz von 90,0375 v.H., der wegen § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG auf den Höchstruhegehaltssatz von 75 v.H. gedeckelt wurde.

Mit Bescheid vom 6. Oktober 2008 brachte die Beklagte die Versorgungsbezüge des Klägers im Hinblick auf den zwischenzeitlich ausbezahlten Kapitalbetrag in Höhe von 179.810,21 Euro ab dem 1. Juli 2007 nach § 55b SVG in Höhe von monatlich 660,68 Euro zum Ruhen. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 2008 - 2 C 30.06 - mit einer gesetzlichen Neuregelung und damit mit einer Erhöhung des Ruhensbetrags gerechnet werden müsse. Da das deutsche Ruhegehalt des Klägers zu diesem Zeitpunkt noch vollständig im Hinblick auf das von der ... bezogene Verwendungseinkommen ruhte, hatte der Bescheid keine weiteren Auswirkungen auf die Versorgungsbezüge des Klägers. Einen mit der Begründung erhobenen Widerspruch, bei der Ruhensregelung müsse als Bezugsgröße der nach dem Bescheid vom 1. Februar 2008 gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SVG errechnete Ruhegehaltssatz von 86,2875 v.H. zugrunde gelegt werden, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2008 zurück. Der Bescheid vom 6. Oktober 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2008 wurde bestandskräftig.

Mit Änderungsbescheid vom 7. Juli 2009 brachte die Beklagte unter Änderung ihres Bescheids vom 6. Oktober 2008 die Versorgungsbezüge des Klägers ab 1. Juli 2009 nach § 55b SVG in Höhe von 769,36 Euro zum Ruhen. Die Berechnung des Ruhensbetrags erfolgte nach § 55b SVG in der Fassung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. September 2009, mit dem die Regelung des § 55b SVG rückwirkend zum 28. März 2008 geändert worden war.

Die nach Zurückweisung seines Widerspruchs durch Widerspruchsbescheid vom 15. September 2009 erhobene Klage, die auf Aufhebung des Bescheids vom 7. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2009 gerichtet war, wies das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 27. Juli 2012 als unbegründet ab.

Im Zuge des sich zeitlich anschließenden Zulassungsverfahrens vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof brachte die Beklagte die Versorgungsbezüge des Klägers „in entsprechender Anwendung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.09.2013 (BVerwG 2 C 47.11)“ mit Änderungsbescheid vom 2. März 2015 unter Berücksichtigung des aus dem zweiten Beschäftigungsverhältnis erhaltenen weiteren Kapitalbetrags nach § 55b SVG rückwirkend zum 1. Juli 2009 in Höhe von 869,66 Euro zum Ruhen. Zudem wurde im Tenor des Bescheids festgestellt, dass die Ruhensregelung mit Ablauf des 19. Dezember 2025 ende. In der Begründung des Bescheids verwies die Beklagte darauf, dass nach dem genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts für alle am 31. Dezember 2008 vorhandenen Ruhestandsbeamten bei der Verrentung von Kapitalbeträgen auf die Anlage 9 zum Bewertungsgesetz sowie die Sterbetafel 1986/88 abzustellen sei, wobei für die Verrentung lediglich der nicht dynamisierte Kapitalbetrag zugrunde zu legen sei. Als Endzeitpunkt sei laut dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts die statistische Lebenserwartung bei Eintritt in den Ruhestand laut der Sterbetafel 1986/88 zu bestimmen.

Mit Bescheid ohne Datum hob die Beklagte ihren Änderungsbescheid vom 2. März 2015 „aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23.5.2017 (2 BvL 10/11 und 2 BvL 28/14)“ ab 1. Juli 2009 nach § 48 VwVfG auf. Zudem legte sie fest, dass „die Berechnung nach § 55b SVG ab 1. Juli 2009 entsprechend den beigefügten Anlagen mit einem Ruhensbetrag in Höhe von derzeit 1.158,55 Euro ohne zeitliche Begrenzung“ erfolge. In der diesem Ausspruch folgenden „Begründung“ verwies die Beklagte darauf, dass sie den Bescheid vom 2. März 2015 aufhebe, da das Bundesverfassungsgericht mit seinem Beschluss vom 23. Mai 2017 die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 5. September 2013 zur Berechnung des Ruhensbetrags nach § 55b SVG und deren „Deckelung“ als unzutreffend gewertet habe. Die Berechnung des Ruhensbetrags erfolge ab 1. Juli 2009 entsprechend den beigefügten Anlagen, die Bestandteile des Bescheids seien, so dass „sich derzeit ein Ruhensbetrag nach § 55b SVG in Höhe von monatlich 1.158,55 Euro (brutto)“ ergebe. Dieser Betrag werde „erstmals ab 01.05.2018 bei der Zahlung der Versorgungsbezüge berücksichtigt.“ Laut der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei die Ruhensregelung nach § 55b SVG ohne zeitliche Begrenzung („Deckelung“) durchzuführen. Dem Schreiben der Beklagten vom 15. Mai 2018 ist zu entnehmen, dass es sich bei diesem Bescheid ohne Datum um einen Änderungsbescheid handelt, der auf den 20. April 2018 datiert.

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 25. April 2015 zugelassenen Berufung beantragt der Kläger,

den Ruhensbescheid vom 7. Juli 2009 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 2. März 2015 und 20. April 2018 sowie den Widerspruchsbescheid vom 15. September 2009 aufzuheben.

Zur Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, die Einbeziehung von Zeiten, die er im Ruhestand bei der ... zurückgelegt habe, in die Ruhensberechnung nach § 55b SVG sei verfassungswidrig. Der Tatbestand der Zahlung einer Doppelversorgung sei nur dann erfüllt, wenn für einen Zeitraum im internationalen Dienst der ... gleichzeitig dort und im nationalen Versorgungssystem zahlungswirksame Versorgungsansprüche erworben würden. Es entspreche der Rechtsauffassung der Bundesregierung, dass „erdiente“ Versorgung nur dann vorliege, wenn die doppelte Anrechnung von Zeiten sich auch auf die Höhe des tatsächlichen Ruhegehalts auswirke. Die Berücksichtigung der Dienstzeiten bei der ... stelle keine Doppelversorgung in diesem Sinne dar. Wegen der Kappung des Ruhegehaltssatzes nach § 26 SVG blieben die im Ruhestand absolvierten Dienstzeiten des Klägers bei der... unberücksichtigt. Die Anrechnung der Dienstzeiten des Klägers bei der ... im Ruhestand führe allenfalls zu einem höheren fiktiven, rein rechnerischen Versorgungsanspruch, der keinen Ab- oder Zufluss von Geldmitteln verursache. Den während seiner Tätigkeit im Ruhestand bei der ... erworbenen (weiteren) internationalen Versorgungsansprüchen stünden somit keine verfassungsrechtlich verpflichtenden nationalen Versorgungszahlungen gegenüber. Zudem sei der Kläger für den Zeitraum seiner Tätigkeit bei der ... ab dem 1. September 2004 der Beklagten gegenüber nicht mehr zum Dienst verpflichtet gewesen.

Die Aufhebung des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 sowie der Erlass des Änderungsbescheids vom 20. April 2018 rechtfertige die Beklagte mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 u.a. -, weil dieses die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 5. September 2013 - 2 C 47.11 - zur Berechnung des Ruhensbetrags nach § 55b SVG und dessen „Deckelung“ als unzutreffend gewertet habe. Diese Rechtfertigung sei substanzlos und in der Sache unzutreffend. In Bezug auf die Berechnung eines Ruhensbetrags enthielten die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts nicht den geringsten Hinweis darauf, dass sich das Gericht überhaupt mit Fragen der Berechnungsmethode von Ruhensbeträgen oder der Verrentungsmethode befasst habe. Die im Änderungsbescheid vom 20. April 2018 angewandte Verrentungsmethode sei verfassungsrechtlich fragwürdig. Insoweit werde auf die diesbezüglichen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 5. September 2013 verwiesen. Soweit Zeiten im Ruhestand der Berechnung zugrunde gelegt worden seien, erweise sich die Ruhensberechnung als verfassungswidrig. Zumindest eine zeitabhängige Ruhensberechnung dürfe systemkonform nur auf Zeiten angewendet werden, in denen es tatsächlich zur Zahlung einer Doppelversorgung gekommen sei. Die Berechnung und Festsetzung eines zeitabhängigen Ruhensbetrags, der neben der Beurlaubungsdauer auch Zeiträume im Ruhestand mitanrechne, ohne dass eine tatsächliche Doppelversorgung vorliegen könne, sei fehlerhaft. Unzutreffend sei zudem, dass kein Enddatum für die Abschmelzung des Kapitalbetrags ermittelt und im Änderungsbescheid vom 20. April 2018 festgesetzt worden sei.

Die Beklagte hat hierzu erwidert und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist zum Teil begründet.

Streitgegenstand des Verfahrens ist in erster Linie der zuletzt ergangene und vom Kläger in der mündlichen Verhandlung am 13. November 2018 in das Verfahren einbezogene Änderungsbescheid der Beklagten vom 20. April 2018. Mit diesem hat die Beklagte (1.) ihren Änderungsbescheid vom 2. März 2015, mit dem sie bereits ihren Änderungsbescheid vom 7. Juli 2009 abgeändert und ab 1. Juli 2009 einen Ruhensbetrag in Höhe von 869,66 Euro festgesetzt hatte, nach § 48 VwVfG rückwirkend zum 1. Juli 2009 aufgehoben, (2.) die Berechnung nach § 55b SVG rückwirkend ab 1. Juli 2009 entsprechend den beigefügten Anlagen festgelegt und (3.) ab 1. Mai 2018 einen Ruhensbetrag in Höhe von 1.158,55 Euro (brutto) ohne zeitliche Begrenzung festgesetzt.

Der Änderungsbescheid vom 20. April 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit die Beklagte hiermit ihren Änderungsbescheid vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Vergangenheit (Zeitraum 1.7.2009 bis einschließlich April 2018) zurückgenommen hat (nachfolgend A.). Insoweit war das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und der Änderungsbescheid vom 20. April 2018 aufzuheben. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen, weil das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Dass die Beklagte mit dem Änderungsbescheid vom 20. April 2018 ab 1. Mai 2018 einen Ruhensbetrag ohne zeitliche Begrenzung festgesetzt hat, ist nicht zu beanstanden. Im Übrigen ist zwar der Änderungsbescheid vom 20. April 2018 in Teilen ebenso rechtswidrig (nachfolgend B.) wie der im Zeitraum 1. Juli 2009 bis einschließlich April 2018 fortgeltende Änderungsbescheid vom 2. März 2015 (nachfolgend C.). Da der Kläger hierdurch jedoch nicht in seinen Rechten verletzt wird, kann er insoweit nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO keine Aufhebung dieser Änderungsbescheide verlangen.

A.

Der Änderungsbescheid vom 20. April 2018 ist rechtswidrig, soweit die Beklagte mit ihm den Änderungsbescheid vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Vergangenheit, d.h. für Ruhensberechnungen ab 1. Juli 2009 bis einschließlich April 2018 aufgehoben hat. Soweit mit ihm der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Zukunft, d.h. für den Zeitraum ab 1. Mai 2018, aufgehoben wird, ist er nicht zu beanstanden.

I. Obwohl der ebenfalls vom Kläger in das Verfahren einbezogene Änderungsbescheid vom 2. März 2015 zum Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheids vom 20. April 2018 noch nicht bestandskräftig war, hat die Beklagte mit dem Änderungsbescheid vom 20. April 2018 keine - im Rechtsbehelfsverfahren unabhängig von einem Korrekturtatbestand grundsätzlich mögliche (§ 50 VwVfG) - Abhilfeentscheidung getroffen. Insbesondere durch den Wegfall der zeitlichen Begrenzung der Ruhensregelung enthält der Änderungsbescheid vom 20. April 2018 eine im Verhältnis zum Änderungsbescheid vom 2. März 2015 weitergehende Belastung für den Kläger. Dem Begehren des Klägers, die ihm von der ... ausgezahlten Kapitalbeträge nicht oder jedenfalls nicht vollständig auf seine Versorgungsbezüge anzurechnen, ist die Beklagte mit ihrer Rücknahmeentscheidung nicht nachgekommen.

II. Für die somit lediglich anlässlich des laufenden Rechtsbehelfsverfahrens erfolgte Aufhebung des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 bedurfte es einer entsprechenden Aufhebungskompetenz der Beklagten (vgl. SächsOVG, U.v. 31.3.2014 - 5 A 124/13 - juris Rn. 38 zur Änderung eines Kommunalabgabenbescheids im Rechtsbehelfsverfahren). Hierfür kommt § 48 VwVfG in Betracht.

1. Die Beklagte war nicht bereits aufgrund des bei Ruhensberechnungen bestehenden gesetzlichen Vorbehalts der nachträglichen Änderung zur Aufhebung des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 befugt. Denn ein gesetzlicher Vorbehalt der nachträglichen Änderung besteht bei Ruhensberechnungen dann nicht, wenn die Verwaltungsbehörde - wie vorliegend (vgl. unten A. III.) - eine für die Berechnung der Versorgungsbezüge maßgebende Vorschrift nicht richtig angewendet oder übersehen hat. Denn in diesem Fall ist das für den gesetzesimmanenten Vorbehalt bei Ruhensberechnungen maßgebende Kriterium der Unsicherheit, in welchem Umfang die Versorgungsbezüge infolge eines Verwendungs-/oder Versorgungseinkommens ruhen, nicht gegeben. Soweit der Versorgungsbehörde die für die Ruhensberechnung erheblichen tatsächlichen Umstände bekannt sind und die Richtigkeit der Entscheidung allein von der Anwendung der einschlägigen Rechtsvorschriften abhängt, ist eine etwaige fehlerhafte Rechtsanwendung ausschließlich dem Verantwortungsbereich der Behörde zuzuordnen (vgl. BVerwG, U.v. 25.11.1985 - 6 C 37.83 - NVwZ 1986, 745; B.v. 2.4.1990 - 2 B 182.89 - Buchholz 239.1 § 57 BeamtVG Nr. 4).

2. Einen ausdrücklichen Vorbehalt der nachträglichen Änderung der Ruhensanordnung, der wegen der im Jahre 2015 - im Hinblick auf die Modalitäten der Verrentung sowie die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung der Ruhensregelung - nicht eindeutigen Rechtslage durchaus sinnvoll gewesen wäre, enthält der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 ebenfalls nicht (vgl. BVerwG, U.v. 25.11.1985 - 6 C 37.83 - NVwZ 1986, 745).

3. Der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 kann jedenfalls unter den Voraussetzungen des § 48 VwVfG aufgehoben werden.

III. Der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 ist materiell rechtswidrig im Sinne von § 48 VwVfG. Dies folgt allein daraus, dass der festgesetzte Ruhensbetrag schon deshalb nicht richtig sein kann, weil die Beklagte die Verrentung der 2007 und 2009 erhaltenen Kapitalbeträge nicht nach den Vorgaben des § 55b Abs. 4 Satz 3, § 55a Abs. 1 Satz 9 SVG durchgeführt hat. Deshalb kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob die Beklagte die dem Kläger von der ... gewährten Kapitalbeträge auch insoweit der Ruhensregelung des § 55b SVG unterwerfen durfte, als sie teilweise oder vollständig auf dortige Dienstzeiten des Klägers im Ruhestand entfallen bzw. ob die Beklagte im Änderungsbescheid vom 2. März 2015 zu Recht einen Endzeitpunkt für die Ruhensregelung festgelegt hat.

1. Welche Fassung des § 55b SVG Anwendung findet, richtet sich nach der zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung des Klägers mit Ablauf des 31. August 2004 geltenden Übergangsregelung des § 96 SVG in der Fassung vom 9. April 2002, die vom 1. Januar 2002 bis zum 27. März 2008 anwendbar war (SVG 2002). Da der Kläger nach dem 1. Januar 1999 für die ... tätig war, ist die Ruhensberechnung gemäß § 96 Abs. 5 Satz 1 SVG 2002 nach § 55b SVG in der Fassung vom 9. April 2001, die vom 1. Januar 2003 bis zum 27. März 2008 (SVG 2003) anwendbar war, vorzunehmen.

Gemäß § 55b Abs. 1 Satz 1 SVG 2003 ruht das deutsche Ruhegehalt eines Soldaten im Ruhestand in Höhe des Betrags, um den die Summe aus der genannten Versorgung und dem deutschen Ruhegehalt die in Absatz 3 genannte Höchstgrenze übersteigt, mindestens jedoch in Höhe des Betrags, der einer Minderung des Vomhundertsatzes von 1,79375 für jedes Jahr im zwischen- oder überstaatlichen Dienst entspricht. Besteht kein Anspruch auf laufende Versorgung, so ist nach § 55b Abs. 4 Satz 1 SVG 2003 der sich bei der Verrentung des Kapitalbetrags ergebende Betrag zugrunde zu legen. Auf Versorgungsfälle, die - wie im Fall des Klägers - nach dem 31. Dezember 2001 eingetreten sind, ist nach der Übergangsregelung des § 97 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SVG (i.d.F. vom 29.12.2003, anwendbar vom 1.1.2004 bis 11.2.2009 - SVG 2004) § 55b Abs. 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Zahl „1,79375“ die Zahl „1,875“ tritt.

Nach § 55b Abs. 4 Satz 3 SVG, der durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 5. Februar 2009 (SVG 2009) mit Rückwirkung ab dem 28. März 2008 eingeführt worden ist, richtet sich die Anrechnung des Kapitalbetrags nunmehr nach dem ebenfalls zu diesem Zeitpunkt eingeführten § 55a Abs. 1 Satz 8 und 9 SVG 2009. Damit hat der Gesetzgeber die erforderlichen Größen für die Dynamisierung (Verzinsung) des Kapitalbetrags und dessen anschließende Verrentung festgelegt (zum Gesetzesvorbehalt vgl. BVerwG, U.v. 27.3.2008 - 2 C 30.06 - BVerwGE 131, 29 Rn. 25). Die Dynamisierung des Kapitalbetrags - die vorliegend keine Rolle spielt (vgl. unten B. I. 2. a) - geschieht nach § 55a Abs. 1 Satz 8 SVG 2009, indem dieser um die Vomhundertsätze der allgemeinen Anpassungen nach § 89b SVG i.V.m. § 70 BeamtVG erhöht oder vermindert wird, die sich nach dem Entstehen des Anspruchs auf die Kapitalbeträge bis zur Gewährung von Versorgungsbezügen ergeben. Der Verrentungsbetrag berechnet sich bezogen auf den Monat aus dem Verhältnis zwischen dem nach Satz 8 dynamisierten Kapitalbetrag und dem Verrentungsdivisor, der sich aus dem zwölffachen Betrag des Kapitalwerts nach Anlage 9 zum Bewertungsgesetz ergibt. Nach Satz 1 dieser Anlage, die bis 31. Dezember 2008 galt (vgl. unten B. I. 2. b aa und cc), ist der Kapitalwert einer lebenslänglichen Leistung oder Nutzung nach der Sterbetafel für die Bundesrepublik 1986/88 unter Berücksichtigung von Zwischenzinsen und Zinseszinsen mit 5,5 v.H. zu errechnen.

Die durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz erfolgten Konkretisierungen der für die Ermittlung der fiktiven Rente erforderlichen Rechengrößen in § 55b Abs. 4 Satz 3 SVG 2009 sind auf den Kläger als am 28. März 2008 im Ruhestand befindlichen Soldaten anwendbar (vgl. BVerwG, U.v. 5.9.2013 - 2 C 47.11 - NVwZ-RR 2014, 394 Rn. 16). Das Vertrauen des Klägers ist insoweit nicht schützenswert. Dies ergibt sich vorliegend bereits daraus, dass der - nicht streitgegenständliche - Ruhensbescheid vom 6. Oktober 2008 den Hinweis enthielt, dass die dortige Regelung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 2008 nur solange gelte, wie gesetzlich nichts anderes geregelt sei. Mit Inkrafttreten einer vorgesehenen gesetzlichen Regelung zur Dynamisierung und Verrentung des gezahlten Kapitalbetrags müsse der Kläger damit rechnen, dass der Bescheid widerrufen und die Ruhensregelung entsprechend umgestellt werde.

2. Hiervon ausgehend ist der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 bereits deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte die Verrentung des Kapitalbetrags nicht nach den Vorgaben des § 55b Abs. 4 Satz 3, § 55a Abs. 1 Satz 9 SVG 2009 durchgeführt hat. Vielmehr hat sie - der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgend (vgl. BVerwG, U.v. 5.9.2013 - 2 C 47.11 - NVwZ-RR 2014, 394 Rn. 24 ff.) - als Ruhensbetrag rückwirkend zum 1. Juli 2009 den Betrag festgesetzt, der sich aus der Division der Summe der Kapitalbeträge in Höhe von 179.810,21 und 42.421,82 Euro durch die Monate ergibt, die sich aus der durchschnittlichen Lebenserwartung Männer/Frauen bei einer Versetzung in den Ruhestand mit dem 58. Lebensjahr laut Sterbetafel 1986/88 errechnen. Die für die Verrentung in § 55b Abs. 4 Satz 3, § 55a Abs. 1 Satz 9 SVG 2009 vorgeschriebene Anwendung des jeweils geltenden Verrentungsdivisors (zwölffacher Betrag des Kapitalwerts nach Anlage 9 zum Bewertungsgesetz) hat die Beklagte unberücksichtigt gelassen. Der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 ist daher rechtswidrig.

IV. Da die Beklagte jedoch das ihr nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt hat, erweist sich die Rücknahme des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Vergangenheit als rechtswidrig.

1. Der Änderungsbescheid vom 20. April 2018 lässt jegliche Ausübung von Ermessen vermissen. Es finden sich keinerlei Erwägungen, die den Schluss zuließen, dass die Beklagte das ihr in § 48 Abs. 1 VwVfG eingeräumte Ermessen („kann“) erkannt und ausgeübt hätte. Der Bescheid leidet damit an einem Ermessensausfall.

2. Soweit die Beklagte den Änderungsbescheid vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Vergangenheit, d.h. für den Zeitraum 1. Juli 2009 bis einschließlich April 2018 zurückgenommen hat, ist der Ermessensausfall rechtlich relevant - insoweit war eine Ermessensausübung der Beklagten nicht entbehrlich, insbesondere das Ermessen nicht „intendiert“.

a) Die Grundsätze des sog. intendierten Ermessens sind vorliegend auf die Rücknahme des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Vergangenheit nicht anwendbar.

aa) Von intendiertem Ermessen ist dann auszugehen, wenn eine Ermessensvorschrift dahingehend auszulegen ist, dass sie für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne ausgeht. Einer besonderen - das Selbstverständliche darstellende - Begründung der Ermessensentscheidung bedarf es in einem solchen Falle nicht, da die Ermessensbetätigung der Behörde bereits vom Gesetz vorgezeichnet ist. Liegt kein atypischer Fall vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst. Sind jedoch außergewöhnliche Umstände, die eine andere Entscheidung des konkreten Einzelfalls möglich erscheinen lassen, erkennbar oder der Behörde bekannt geworden, übt diese ihr Ermessen rechtsfehlerhaft aus, wenn sie die betreffenden Umstände nicht erwogen hat (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2017 - 5 C 4.16 - BVerwGE 158, 258 Rn. 40 m.w.N.).

bb) Intendiertes Ermessen ist im Fall des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG anzunehmen. Danach wird in den Fällen des Satzes 3 der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG ist das schutzwürdige Vertrauen eines Begünstigten u.a. dann ausgeschlossen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

(1) Es ist sachgerecht, auf den Änderungsbescheid vom 2. März 2015 die Regelungen des § 48 Abs. 2 VwVfG anzuwenden. Er wirkt sich bereits deshalb günstig für den Kläger aus, weil mit ihm - anders als im Änderungsbescheid vom 7. Juli 2009 - die Ruhensanordnung zeitlich begrenzt wird. Wie zuvor dargelegt (vgl. oben A. III. 2.) hat die Beklagte der Ruhensanordnung zudem rückwirkend zum 1. Juli 2009 eine gegenüber der geltenden Rechtslage günstigere Berechnung zugrunde gelegt, was sich ebenfalls zugunsten des Klägers auf die Auszahlung seiner Versorgungsbezüge ausgewirkt hat.

(2) Allerdings kann bis zum Erlass des Änderungsbescheids vom 20. April 2018 nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger die Rechtswidrigkeit des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

Nach dem ausdrücklichen Hinweis der Beklagten im Änderungsbescheid vom 2. März 2015 erfolgte die Neufestsetzung des monatlichen Ruhensbetrags zum 1. Juli 2009 in entsprechender Anwendung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 - 2 C 47.11 - (NVwZ-RR 2014, 394). Anders als im Bescheid vom 6. Oktober 2008 hat die Beklagte den Kläger nicht auf weiterhin bestehende Unklarheiten für die Auslegung und Anwendung des § 55b SVG aufmerksam gemacht. Auf die Aufnahme eines Änderungsvorbehalts, der sich nicht nur hinsichtlich der zeitlichen Begrenzung der Ruhensregelung angeboten hätte, hat sie ebenfalls verzichtet. Der Kläger musste daher vor diesem Hintergrund nicht damit rechnen, dass der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 fehlerhaft ist. Ihn trafen insoweit keine weitergehenden Überprüfungspflichten. Dass sich die Ruhensanordnung im Änderungsbescheid vom 2. März 2015 nachträglich als unrichtig erwiesen hat, geht daher zu Lasten der Beklagten.

b) Auch unter dem Gesichtspunkt einer Ermessensreduzierung „auf Null“ ergibt sich nicht, dass die Beklagte vorliegend auf eine Ausübung des Ermessens verzichten konnte. Es sind keinerlei Gesichtspunkte ersichtlich, die eine Reduzierung des Ermessens dahingehend rechtfertigen, dass die Rücknahme des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Vergangenheit als einzig rechtmäßige Entscheidung in Betracht kommen könnte.

3. Anders verhält es sich, soweit es um die Rücknahme des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 - auch hinsichtlich des dort festgesetzten Endzeitpunkts - mit Wirkung für die Zukunft, also für den Zeitraum ab dem 1. Mai 2018, geht. Insoweit führt der Ermessensausfall im Änderungsbescheid vom 20. April 2018 nicht zu dessen Aufhebung.

a) Mit Bekanntgabe des Änderungsbescheids vom 20. April 2018 hat der Kläger Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 erhalten. Ab diesem Zeitpunkt liegt somit eine mit § 48 Abs. 2 Satz 3 und 4 VwVfG vergleichbare Fallkonstellation vor. Es ist daher sachgerecht, die Grundsätze des sog. intendierten Ermessens anzuwenden, soweit die Beklagte den Änderungsbescheid vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen hat (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 26.10.2011 - OVG 6 B 8.09 - juris Rn. 45 ff.). Anhaltspunkte dafür, dass im Fall des Klägers von einem atypischen Fall auszugehen ist, der ausnahmsweise eine Abwägung der widerstreitenden Interessen erforderlich gemacht hätte, sind nicht ersichtlich. Damit bedurfte es hinsichtlich der Rücknahme des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Zukunft keiner Ermessensbetätigung durch die Beklagte. Eine Begründung im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG war ebenso entbehrlich.

b) Dieses Ergebnis steht wertungsmäßig im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Bereich des Beamtenversorgungsrechts zu Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten mit Wirkung für die Zukunft. Danach ist dem öffentlichen Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines mangelhaften oder mangelhaft gewordenen begünstigenden Verwaltungsakts mit Wirkung für die Zukunft in der Regel gegenüber dem Interesse des Begünstigten an der Aufrechterhaltung des mangelhaften Verwaltungsakts das Übergewicht beizumessen, wenn der Verwaltungsakt - wie es auch vorliegend der Fall ist, da die Ruhensanordnung die Höhe des dem Kläger auszuzahlenden Ruhegehalts zu seinen Gunsten beeinflusst - den dauernden regelmäßigen Bezug von Leistungen aus öffentlichen Mitteln zur Folge hat. Von dieser Regel sind Ausnahmen nur bei Vorliegen ganz besonderer Umstände zuzulassen (vgl. etwa BVerwG, U.v. 11.2.1982 - 2 C 18.81 - RiA 1982, 165).

B.

Die im Tenor des Änderungsbescheids vom 20. April 2018 durch Bezugnahme auf dessen Anlagen mit Wirkung ab dem 1. Mai 2018 verbindlich vorgegebene Ruhensberechnung ist zwar in Teilen fehlerhaft. Hierdurch wird der Kläger jedoch ebenso wenig im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in seinen Rechten verletzt wie durch den im Änderungsbescheid vom 20. April 2018 ab dem 1. Mai 2018 festgesetzten Ruhensbetrag. Nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte den von ihr errechneten Ruhensbetrag ohne zeitliche Begrenzung festgesetzt hat.

I. Die in Anlage 1 zum Änderungsbescheid vom 20. April 2018 zur Ermittlung des Ruhensbetrags durchgeführte Berechnung ist teilweise fehlerhaft. Soweit insbesondere die Verrentung der Kapitalbeträge nicht den Vorgaben des § 55b Abs. 4 Satz 1 Satz 3 i.V.m. § 55a Abs. 1 Satz 9 SVG 2009 entspricht, wirkt sich dies jedoch zugunsten des Klägers aus, so dass er nicht in seinen Rechten verletzt ist. Ob die Beklagte als Ruhensbetrag im Ergebnis zutreffend den sich aus § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 ergebenden Mindestruhensbetrag festgesetzt hat oder nach § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SVG 2003 einen höheren Ruhensbetrag hätte festsetzen müssen, kann im Ergebnis offen bleiben. Denn jedenfalls ist der Kläger durch die Festsetzung eines Ruhensbetrags in Höhe von monatlich 1.158,55 Euro nicht in seinen Rechten verletzt.

1. Richtigerweise hat die Beklagte den gesamten von der ... gezahlten Kapitalbetrag in Höhe von 222.232,03 Euro in die Ruhensberechnung nach § 55b SVG 2003/2009 einbezogen. Die beiden Kapitalbeträge in Höhe von 179.810,21 und 42.421,82 Euro unterliegen der Ruhensregelung auch insoweit, als der Kläger sie für Dienstzeiten bei der ... erhalten hat, während derer er sich bereits im Ruhestand befand.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. beispielsweise BVerfG, B.v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 zur Anrechnung von Renten nach § 55 BeamtVG) ist die angemessene Alimentation unabhängig davon zu leisten, ob und inwieweit der Versorgungsempfänger in der Lage ist, seinen Unterhalt aus eigenen Mitteln, wie insbesondere aufgrund privatrechtlicher Ansprüche oder aus privatem Vermögen, zu bestreiten. Der Dienstherr kann sich von seiner Alimentationspflicht indessen dadurch entlasten, dass er den Versorgungsberechtigten auf Einkünfte aus einer anderen öffentlichen Kasse verweist, sofern diese ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind. Unter dem Blickwinkel des Alimentationsprinzips handelt es sich bei von der ... als Einrichtung der NATO gewährten Versorgungsleistungen um derartige auf die Versorgungsbezüge anrechenbare Leistungen aus einer öffentlichen Kasse, weil die Beklagte laufend erhebliche Beträge aus ihrem Staatshaushalt an die NATO abführt (vgl. BVerwG, U.v. 27.3.2008 - 2 C 30.06 - BVerwGE 131, 29 Rn. 17). Die durch die Anrechnung der Kapitalbeträge nach § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 SVG 2003/2009 bewirkte Kürzung seiner Versorgungsbezüge ist mit Blick auf Art. 33 Abs. 5 GG auch insoweit nicht zu beanstanden, als der Kläger die entsprechenden Ansprüche gegenüber der... in Höhe von 121.295,97 Euro während seines Ruhestands erworben hat.

a) Die Kürzung der klägerischen Versorgungsbezüge ist im Hinblick auf die während seines Ruhestands erworbenen Kapitalbeträge sachgerecht, weil sie sich - jedenfalls für Berufssoldaten wie den Kläger - am Regelfall des Dienstes im Soldatenverhältnis als Lebensberuf orientiert. Der Einwand des Klägers, er sei gegenüber der Beklagten nach Eintritt in den Ruhestand nicht mehr zur Dienstleistung verpflichtet gewesen, greift zu kurz.

aa) Mit Anrechnungsregelungen wie in § 55b SVG geht es nicht allein um die Beseitigung unerwünschter Folgen von Doppelbemessungszeiten, also solcher Zeiten, die sowohl bei der Bemessung des deutschen Ruhegehalts als auch bei der ausländischen Versorgung berücksichtigt werden, sondern darum, eine nicht gerechtfertigte Überversorgung von Mischlaufbahn-Soldaten im Vergleich zu Nur-Soldaten zu verhindern (BVerfG, B.v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256/318 zur Anrechnung von Renten nach § 55 BeamtVG). Hat ein Versorgungsberechtigter einen weiteren Versorgungsanspruch gegen eine öffentliche Kasse, so dass die Summe beider Ansprüche 100 v.H. der als amtsangemessen festgesetzten Versorgung übersteigt, kann er grundsätzlich nur die Auszahlung von insgesamt 100% verlangen. Der Gesetzgeber kann u.a. durch Ruhensregelungen sicherstellen, dass diese Grenze eingehalten wird (vgl. BVerwG, U.v. 27.1.2011 - 2 C 25.09 - Buchholz 449.4 § 55b SVG Nr. 1 Rn. 25).

bb) Nach der Struktur des Soldatenverhältnisses sind die Pflicht des Soldaten zum Einsatz der ganzen Persönlichkeit für den Dienstherrn und dessen Pflicht zur Gewährung des angemessenen Lebensunterhalts gleich und gerecht miteinander ausgewogen (vgl. BVerfG, B.v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256/316). In den Fällen, in denen nach dem Soldatenverhältnis eine Beschäftigung ausgeübt werden kann, die eine weitere Versorgungsleistung aus einer öffentlichen Kasse zur Folge hat, bestand die Dienstleistungspflicht zu Lasten des Dienstherrn regelmäßig nur während eines Teils des Berufslebens - im Fall des Klägers bis zum Erreichen der besonderen Altersgrenze. Die Alimentationsverpflichtung bleibt jedoch, wenngleich unter Umständen proportional vermindert, als Pflicht zur amtsgemäßen Versorgung bestehen. Dadurch gerät das korrelativ ausgewogene, jedenfalls bei Berufssoldaten auf Lebenszeit angelegte Dienst- und Treueverhältnis in ein beachtliches Missverhältnis zwischen Rechten und Pflichten. Erst der vorliegend frühe Austritt aus dem Soldatenverhältnis hat dem Kläger die - einem vergleichbaren Nur-Soldaten verschlossene - Möglichkeit eröffnet, seine Arbeitskraft während eines Teils seines Berufslebens in einem anderen Beschäftigungsverhältnis und damit zur Begründung eines weiteren Versorgungsanspruchs einzusetzen. Der nach Beendigung des Soldatenverhältnisses erworbene Versorgungsanspruch besitzt dadurch eine besondere Beziehung zu den Versorgungsbezügen aus dem Soldatenverhältnis und zu der in diesem begründeten Alimentationspflicht des Dienstherrn. Dies rechtfertigt es, die Kosten der Alimentierung aus öffentlichen Kassen auch bei denjenigen (Berufs) Soldaten im Ruhestand zu senken, die wegen der - im Zeitpunkt des klägerischen Ruhestands geltenden besonderen Altersgrenze von 58 Jahren (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 2 SG in der vom 1.3.2002 bis 29.4.2005 geltenden Fassung - SG a.F.) - vor Erreichen der für Berufssoldaten geltenden allgemeinen Altersgrenze von damals 61 Jahren (vgl. § 45 Abs. 1 SVG a.F.) in den Ruhestand treten konnten (vgl. hierzu BVerfG, B.v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256/316 f.).

b) Zudem liegt entgegen der Auffassung des Klägers eine Doppelversorgung auch hinsichtlich solcher Kapitalbeträge vor, die er im Ruhestand erworben hat.

aa) Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SVG jeweils in der Fassung vom 9. April 2002, die vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2009 anwendbar war (SVG 2002), erhöht sich die ruhegehaltfähige Dienstzeit eines Soldaten im Ruhestand um die Zeit der Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung. Die Anrechnung von Zeiten einer Verwendung, zu deren Berücksichtigung der Dienstherr von Verfassungs wegen nicht verpflichtet ist, weil der Soldat insoweit dem Dienstherrn gegenüber keinen systemgerechten Versorgungsanspruch „erdient“ hat (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 - 2 BvL 10/11 u.a. - BVerfGE 145, 249 Rn. 91), beruht auf dem politischen Willen des Gesetzgebers, einen Anreiz für die im dienstlichen Interesse liegenden Tätigkeiten für derartige Einrichtungen zu schaffen (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 a.a.O. Rn. 30). Sie ist Ausdruck des weiten Spielraums politischen Ermessens, innerhalb dessen der Gesetzgeber die Versorgung der Soldaten den besonderen Gegebenheiten, den tatsächlichen Notwendigkeiten sowie der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen kann. Werden die Zeiten einer Verwendung des Soldaten im öffentlichen Dienst einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung bei der Bemessung seines deutschen Ruhegehalts berücksichtigt, weil sie in die Gesamtdienstzeit des Soldaten einfließen, ist die deutsche Versorgung auch insoweit „erdient“. Es ist daher nicht sachwidrig, diese im Hinblick auf die von einer derartigen Einrichtung gewährte Versorgung zu kürzen. Nur so kann eine unerwünschte Kumulation zweckidentischer Leistungen der Altersversorgung verhindert und eine Begünstigung dieser Soldaten im Vergleich zum Regelfall des Nur-Soldaten abgemildert werden.

bb) Dass die Berücksichtigung von Dienstzeiten bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung auch bei Soldaten im Ruhestand grundsätzlich eine Doppelversorgung zur Folge hat, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich vorliegend diese Dienstzeiten für den Kläger im Ergebnis faktisch nicht auf die Höhe seines deutschen Ruhegehalts auswirken. Denn ausweislich des Festsetzungsbescheids der Beklagten vom 30. August 2004 hatte der Kläger bereits zum 1. September 2004 unter Berücksichtigung der während seiner Beurlaubung bei der ... absolvierten Dienstzeiten den Höchstruhegehaltssatz nach § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG in der Fassung vom 9. April 2002, die vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2004 anwendbar war (SVG 2003), in Höhe von seinerzeit 75 v.H. erreicht. Mit den Festsetzungsbescheiden vom 1. Februar bzw. 11. Juli 2008 und 21. Dezember 2009 hatte die Beklagte zwar die vom Kläger im Ruhestand bei der ... durchlaufenen Dienstzeiten nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SVG 2002 berücksichtigt; wegen § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 hatte dies jedoch nicht mehr zu einer Erhöhung des Ruhegehaltssatzes geführt. Dies lässt eine Doppelversorgung des Klägers nicht entfallen.

Mit § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 hat der Gesetzgeber den allgemeinen Grundsatz verwirklicht, dass die Versorgungsleistungen in einem angemessenen Abstand hinter dem zugrunde zu legenden aktiven Arbeitseinkommen zurückbleiben müssen. Im Soldatenversorgungsrecht hat dies dazu geführt, dass der Soldat im Ruhestand ein Ruhegehalt von höchstens 75 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge erhält. Diese Regelung trifft nicht nur den Kläger, sondern auch alle diejenigen Soldaten, die mehr Dienstjahre absolvieren, als dies zur Erreichung des Versorgungshöchstsatzes von - seinerzeit - 75 v.H. erforderlich war. An diesem Versorgungsniveau ändert sich auch dann nichts, wenn der Betroffene noch (erheblich) mehr als die erforderlichen Dienstjahre absolviert hat (vgl. BVerfG, B.v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256/332 f.). Die durch § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SVG 2002 vorgegebene (Doppel) Anrechnung der im Ruhestand bei der... zurückgelegten Dienstzeiten lässt die in § 26 Abs. 1 Satz 1 SVG 2003 vorgeschriebene Kappung des Ruhegehaltssatzes unberührt. Die sachliche Rechtfertigung für die Anrechnung aller von der ... erhaltenen Kapitalbeträge nach § 55b SVG lässt § 26 Abs. 1 Satz 1 SVG 2003 daher nicht entfallen. Im Übrigen muss jede gesetzliche Regelung des Versorgungsrechts generalisieren und enthält daher auch unvermeidbare Härten; sie mag den Betroffenen insofern fragwürdig erscheinen. Daraus sich ergebende Unebenheiten, Friktionen und Mängel müssen in Kauf genommen werden, solange sich für die Gesamtregelung ein plausibler und sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (vgl. BVerfG, B.v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256/295).

c) Das gefundene Ergebnis ist auch vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 eine ausschließlich zeitbezogene Ruhensberechnung vorsieht.

aa) Wird - wie vorliegend - die ruhegehaltfähige Dienstzeit eines Soldaten auch um solche Dienstzeiten bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung erhöht, die er im Ruhestand zurückgelegt hat, und liegt aus diesem Grunde eine Doppelversorgung vor, wäre es systemwidrig und letztlich nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren, wenn diese Zeiten im Rahmen von § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG nicht berücksichtigt würden. Denn § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG (2003) betrifft genauso wie § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SVG (2003) die zeitlich nachrangige Frage, „wie“ das deutsche Ruhegehalt wegen einer von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährten Versorgung zu mindern ist.

bb) Im Übrigen hat der Senat keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG. Die Regelung entspricht § 55b Abs. 1 Satz 1 SVG in den Fassungen vom 5. März 1987 und 18. Dezember 1989 und damit den Gesetzesfassungen, die der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 u.a. - (BVerfGE 145, 249) zugrunde lagen. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts stehen dem Regelungsmodell des zeitbezogenen Ruhens weder das Alimentationsprinzip noch der Leistungsgrundsatz entgegen (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 a.a.O. Rn. 71 ff.).

Dass die Höhe der Ruhensbeträge nicht von der Höhe des im Auslandsdienst gewährten Kapitalbetrags, sondern in bestimmten Fällen von der Dauer des Dienstes in der über- oder zwischenstaatlichen Einrichtung abhängt, wirft zudem kein Gleichheitsproblem auf (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 a.a.O. Rn. 102). Die Dienstzeit bei der ... steht für die Betroffenen nicht unter dem Regime des deutschen Soldatenrechts. Die gesetzgeberische Entscheidung, das Ruhen mindestens an der Länge der nicht im deutschen Staatsdienst verbrachten Zeit (und der Höhe der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge) zu orientieren, ist daher systemkonform. Sie beruht darauf, dass die Zeit der Beurlaubung ohne Dienstbezüge bzw. die im Ruhestand absolvierte Dienstzeit, die den Betroffenen gleichwohl als ruhegehaltfähig angerechnet wird, derjenige Aspekt ist, unter dem alle Betroffenen aus Sicht des deutschen Dienstherrn verglichen werden können. Denn es geht nicht nur um die Abschöpfung erhaltener Vorteile - in diesem Falle wäre wie bei § 55 und § 55a SVG ausschließlich an die Höhe der Abfindung anzuknüpfen -, sondern darum, ein Besoldungsniveau zu gewährleisten, das in Ansehung der angerechneten ruhegehaltfähigen Dienstzeit einschließlich Auslandsverwendung und der am Ende der Karriere erreichten Besoldungsstufe amtsangemessen ist. Die Entwicklung der zustehenden deutschen Versorgung wird durch die Dauer der Unterbrechung oder die im Ruhestand zurückgelegten Zeiten beeinflusst, weil dies der für die Dauer der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und damit für den Ruhegehaltssatz wesentliche Faktor ist.

2. Unrichtig, aber im Ergebnis zugunsten des Klägers hat Beklagte die beiden Kapitalbeträge verrentet.

a) Zwar ist die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass beide Kapitalbeträge nicht nach § 55b Abs. 3 Satz 3, § 55a Abs. 1 Satz 8 SVG 2009 zu dynamisieren sind, weil sie dem Kläger erst zum 30. Juni 2007 (179.810,21 Euro) bzw. zum 30. Juni 2009 (42.421,82 Euro) und damit nach Eintritt in den Ruhestand ausgezahlt worden sind.

b) Allerdings hat sie im Änderungsbescheid vom 20. April 2018 den durch Addition der beiden Kapitalbeträge ermittelten Gesamtbetrag mittels des für Männer maßgeblichen Kapitalwerts nach der Sterbetafel 2005/2007 bei einem Alter des Klägers von 62 Jahren verrentet. Dies entspricht nicht den Vorgaben des § 55b Abs. 4 Satz 3, § 55a Abs. 1 Satz 9 SVG 2009.

aa) Da sich der Kläger am 28. März 2008 bereits im Ruhestand befand, hätte die Beklagte bei der Verrentung des zum 30. Juni 2007 ausbezahlten Kapitalbetrags in Höhe von 179.810,21 Euro nach § 55b Abs. 4 Satz 3, § 55a Abs. 1 Satz 9 SVG 2009 richtigerweise auf die Anlage 9 zum Bewertungsgesetz abstellen müssen (vgl. BVerwG, U.v. 5.9.2013 - 2 C 47.11 - NVwZ-RR 2014, 394 Rn. 16; vgl. oben A. III. 1.). Auch war der Kläger am 30. Juni 2007, also zu dem Zeitpunkt, als sich sein deutsches Ruhegehalt und dieser Kapitalbetrag zum ersten Mal gegenüber standen, 60 Jahre alt.

bb) Zudem spricht viel dafür, dass die nach Männern und Frauen getrennte Bestimmung der statistischen Lebenserwartung mit dem unionsrechtlichen Grundsatz der Entgeltgleichheit (Art. 157 AEUV) unvereinbar ist. Dem in diese Richtung weisenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 - 2 C 47.11 - (NVwZ-RR 2014, 394 Rn. 29 ff.) hat das Verwaltungsgericht München im Urteil vom 17. September 2018 - M 21 K 18.281 - (juris Rn. 50) im Wesentlichen unter Verweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28. September 1994 - C-200/91 - (Slg 1994, I-4389-4434 Rn. 79 ff.) entgegengehalten, dass die Verwendung von je nach Geschlecht unterschiedlichen versicherungsmathematischen Faktoren (insbesondere wegen der regelmäßig höheren Lebenserwartung von Frauen) im Rahmen der durch Kapitalansammlung erfolgenden Finanzierung von betrieblichen Versorgungssystemen mit feststehenden Leistungen nicht in den Anwendungsbereich von Art. 157 AEUV falle. Daher sei die Verwendung unterschiedlicher Sterbetafeln für Männer und Frauen zur Ermittlung der statistischen Lebenserwartung nicht unter dem Aspekt des Grundsatzes der Entgeltgleichheit unionsrechtswidrig. Inwieweit die vom Verwaltungsgericht München zitierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auf die vorliegend inmitten stehende Sachlage übertragbar ist, ist allerdings zweifelhaft und wird vom Verwaltungsgericht nicht näher untersucht. Bei den dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegten Fragen ging es jedenfalls nicht um die Verwendung unterschiedlicher Sterbetafeln für Männer und Frauen im Rahmen der der Ruhensberechnung zugrundeliegenden Verrentung eines Kapitalbetrags, sondern um die Verwendung versicherungsmathematischer Faktoren im Rahmen der durch Kapitalansammlung erfolgenden Finanzierung mit feststehenden Arbeitgeberbeiträgen, die dazu bestimmt sind und gewählt werden, die zur Deckung der Kosten der zugesagten Rente unerlässliche finanzielle Grundlage zu ergänzen, um regelmäßige Zahlungen der Rente gewährleisten zu können. Die Verrentung eines Kapitalbetrags unterscheidet sich auch von den weiteren vom Europäischen Gerichtshof in diesem Zusammenhang angesprochenen Fallkonstellationen, bei denen es um die Umwandlung eines Teils der Rente in einen Kapitalbetrag bzw. die Übertragung von Rentenansprüchen geht, deren Wert sich nur nach Maßgabe der gewählten Finanzierungsmodalitäten bestimmen lässt. Im Hinblick darauf, dass die Ruhensanordnung zeitlich nicht zu begrenzen ist (vgl. nachfolgend B. II.), erscheint es fraglich, ob eine Verrentung des Kapitalbetrags, die - abhängig vom Geschlecht des Begünstigten - zu einem in der Höhe unterschiedlichen Ergebnis führt und damit maßgebend die Höhe des lebenslang das Ruhegehalt mindernden Ruhenbetrags bestimmt, mit dem Grundsatz der Entgeltgleichheit zu vereinbaren ist.

cc) Letztlich bedarf die aufgeworfene Frage vorliegend keiner Entscheidung, obwohl sie Einfluss auf die Höhe des festzusetzenden Ruhensbetrags haben kann. Denn sie hat im Ergebnis für den Kläger ebenso wenig negative Auswirkungen wie die von der Beklagten vorgenommene Verrentung des Gesamtkapitalbetrags mittels des für Männer maßgeblichen Kapitalwerts nach der Sterbetafel 2005/2007. Selbst dann, wenn wegen der - unterschiedlich - verrenteten Kapitalbeträge ab 1. Mai 2018 ein höherer als der von der Beklagten festgesetzte (Mindestruhens) Betrag festzusetzen gewesen wäre, wäre der Kläger hierdurch im Ergebnis nicht in seinen Rechten verletzt.

Geht man davon aus, dass wegen Art. 157 AEUV die Verrentung für beide Geschlechter gleich zu erfolgen hat, ist es sachgerecht, der Verrentung den durchschnittlichen Kapitalwert für Männer und Frauen zugrunde zu legen. Demzufolge hätte sich nach Anlage 9 zum Bewertungsgesetz unter Berücksichtigung des für ein Alter von 60 Jahren maßgebenden Verrentungsdivisors von 134,892 ((10,448+12,034):2x12) bezogen auf den Kapitalbetrag in Höhe von 179.810,21 Euro richtigerweise ein verrenteter Kapitalbetrag in Höhe von monatlich 1.332,99 Euro ergeben; bezogen auf den Kapitalbetrag in Höhe von 42.421,82 Euro, den der Kläger erst 2009 erhalten hat, hätte sich nach der - zwischenzeitlich ab 1. Januar 2009 geltenden - Tabelle zu § 14 Abs. 1 Satz 4 BewG bei Anwendung des für ein Alter von 62 Jahren maßgebenden Verrentungsdivisors von 151,134 ((11,995+13,194):2x12) richtigerweise ein verrenteter Kapitalbetrag in Höhe von monatlich 280,69 Euro errechnet. Damit wäre statt von verrenteten Kapitalbeträgen in Höhe von monatlich 1.543,92 Euro von verrenteten Kapitalbeträgen in Höhe von monatlich 1.613,68 Euro (im Folgenden: verrenteter Kapitalbetrag 1) auszugehen gewesen.

Unterstellt, dass die Verrentung nach dem für Männer jeweils maßgeblichen Kapitalwert zu erfolgen hat, hätte sich nach Anlage 9 zum Bewertungsgesetz unter Berücksichtigung des für ein Alter von 60 Jahren maßgebenden Verrentungsdivisors von 125,376 (10,448x12) bezogen auf den Kapitalbetrag in Höhe von 179.810,21 Euro richtigerweise ein verrenteter Kapitalbetrag in Höhe von 1.434,16 Euro ergeben; bezogen auf den Kapitalbetrag in Höhe von 42.421,82 Euro hätte sich nach der Tabelle zu § 14 Abs. 1 Satz 4 BewG bei Anwendung des für ein Alter von 62 Jahren maßgebenden Verrentungsdivisors von 143,94 (11,995x12) richtigerweise ein verrenteter Kapitalbetrag in Höhe von 294,71 Euro errechnet. Damit wäre statt von verrenteten Kapitalbeträgen in Höhe von monatlich 1.543,92 Euro von verrenteten Kapitalbeträgen in Höhe von monatlich 1.728,87 Euro (im Folgenden: verrenteter Kapitalbetrag 2) auszugehen gewesen.

dd) In diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden ist, dass bei der Verrentung der Kapitalbeträge nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes ein Zinssatz von 5,5 v.H. zugrunde gelegt wird (hierzu kritisch BVerwG, U.v. 5.9.2013 - 2 C 47.11 - NVwZ-RR 2014, 394 Rn. 24 ff.). Es steht dem Gesetzgeber wegen seines weiten Gestaltungsermessens frei, den wirtschaftlichen Wert eines Kapitalbetrags höher zu bewerten und den wertprägenden Vorteil zu berücksichtigen, der in der Vielseitigkeit des Kapitalbetrags besteht. Der Kapitalbetrag ermöglicht eine dauerhafte Sicherung eigener Art und schließt auch die Möglichkeit ein, dass ein subjektiver Nutzen des Kapitalbetrags dem Empfänger so wichtig ist, dass er (spätere) wirtschaftliche Nachteile dafür in Kauf zu nehmen bereit ist (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 - 2 BvL 10/11 u.a. - BVerfGE 145, 249 Rn. 100). Dies zeigt sich gerade im Fall des Klägers. Obwohl er die Modalitäten einer Anrechnung des zum 30. Juni 2007 erhaltenen Kapitalbetrags durch den Änderungsbescheid vom 7. Juli 2009 vor Augen geführt bekommen hat, hat er sich entschieden, den zum 30. Juni 2009 ausgezahlten Kapitalbetrag in Höhe von 42.421,82 Euro nicht nach § 55b Abs. 4 Satz 2 SVG 2003 abzuführen. Dies lässt den Schluss zu, dass der tatsächliche Wert der Kapitalbeträge auch nach Einschätzung des Klägers dessen nominalen Wert übersteigt. Nachteile, die sich aus der Nichtabführung der Kapitalbeträge ergeben können, sind als Ausdruck der eigenverantwortlichen Entscheidung des Klägers hinzunehmen (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 - 2 BvL 10/11 u.a. - BVerfGE 145, 249 Rn. 94).

3. Offenbleiben kann, inwieweit die Beklagte die unter Nr. 2.1 und 2.2 der Anlage 1 des Änderungsbescheids vom 20. April 2018 durchgeführten Berechnungen entsprechend § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 i.V.m. § 55b Abs. 3, § 55 Abs. 2 SVG 2003/2009 durchgeführt hat.

a) Auf der Grundlage der zuvor errechneten Monatswerte (Kapitalbetrag 1 und 2) ergeben sich unter Zugrundelegung der von der Beklagten unter Nr. 2.1 der Anlage 1 des Bescheids errechneten Höchstgrenze in Höhe von 5.290,41 Euro jeweils unterschiedliche Ruhensbeträge: Geht man vom verrenteten Kapitalbetrag 1 aus, ergibt sich nach § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SVG 2003/2009 (Ruhegehalt zuzüglich verrenteter Kapitalbetrag abzüglich Höchstgrenze) ein monatlicher Ruhensbetrag in Höhe von 1.081,49 Euro. Dieser Ruhensbetrag ist geringer als der von der Beklagten festgesetzte (Mindest) Ruhensbetrag (1.158,55 Euro). Im Fall des verrenteten Kapitalbetrags 2 errechnet sich nach § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SVG 2003/2009 ein monatlicher Ruhensbetrag in Höhe von 1.196,68 Euro. Dass der unter Zugrundelegung des Kapitalbetrags 2 errechnete Ruhensbetrag höher ist als der von der Beklagten tatsächlich festgesetzte (Mindest) Ruhensbetrag, wirkt sich im Ergebnis zugunsten des Klägers aus.

b) Ebenfalls ohne Auswirkungen sind die vom Kläger gegen die Berechnung der Höchstgrenze erhobenen Einwendungen.

Nach § 55b Abs. 3 Halbs. 1 SVG 2003 gelten als Höchstgrenze die in § 55 Abs. 2 SVG bezeichneten Höchstgrenzen sinngemäß. Entgegen der Ansicht des Klägers ist dabei trotz der Bezugnahme auf § 55 Abs. 2 SVG nicht wie dort in Nummer 1 für Soldaten im Ruhestand geregelt, das Ruhegehalt unter Zugrundelegung der gesamten ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu berechnen. Denn das bei der Berechnung der Höchstgrenze zu berücksichtigende Ruhegehalt ist in § 55b Abs. 3 Halbs. 2 SVG 2003 selbst geregelt. Danach ist als Ruhegehalt dasjenige deutsche Ruhegehalt zugrunde zu legen, das sich unter Einbeziehung der Zeiten einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung als ruhegehaltfähige Dienstzeit und auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der nächsthöheren Besoldungsgruppe ergibt.

Inwieweit auf das sich danach ergebende Ruhegehalt die Kappungsgrenze des § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 zur Anwendung kommt, bedarf vorliegend im Ergebnis ebenso wenig einer Entscheidung, wie die Frage, welche Auswirkungen die sinngemäße Anwendung des § 55 Abs. 2 Satz 4 SVG auf die Berechnung der Höchstgrenze hat. Ließe man die Kappungsgrenze des § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 in der Fassung der Übergangsregelung des § 97 Abs. 2 Satz 3 SVG 2004 unberücksichtigt, würde sich die Höchstgrenze zugunsten des Klägers erhöhen, so dass sich der nach § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SVG 2003 zu errechnende Ruhensbetrag vermindern würde. Damit ist davon auszugehen, dass der nach § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SVG 2003 zu bestimmende Ruhensbetrag - auch unter Einbeziehung des Kapitalbetrags 2 - unter dem tatsächlich festgesetzten Mindestruhensbetrag des § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 läge. Die Berücksichtigung der Kappungsgrenze des § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 in der Fassung der Übergangsregelung des § 97 Abs. 2 Satz 3 SVG 2004 bei der Bestimmung der Höchstgrenze hat daher vorliegend auf die Höhe des tatsächlich festgesetzten Ruhensbetrags keine Auswirkungen.

4. Gegen die unter Nr. 4 der Anlage 1 des Änderungsbescheids vom 20. April 2018 nach § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 durchgeführte Berechnung des Mindestruhensbetrags bestehen im Grundsatz keine Einwände. Die Beklagte hat als Minderungssatz zutreffend den Wert 1,875 eingesetzt (vgl. § 97 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2004) und den sich ergebenden Prozentsatz mit 0,95667 multipliziert (vgl. § 97 Abs. 4 Satz 1 SVG 2004).

5. Im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden sind die unter Nr. 4 und 5 der Anlage 1 des Änderungsbescheids vom 20. April 2018 durchgeführten Vergleichsbetrachtungen.

II. Zutreffend hat die Beklagte den von ihr errechneten Ruhensbetrag ohne zeitliche Begrenzung festgesetzt. § 55b SVG 2003/2009 sieht dies weder ausdrücklich vor noch kann eine solche Verpflichtung aus § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG 2003 gefolgert werden. Auch wenn der Wortlaut des § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG 2003 nicht eindeutig gegen eine zeitliche Begrenzung der Ruhensanordnung spricht, ergibt sich dies durch Auslegung der Vorschrift nach ihrer Gesetzeshistorie unter Berücksichtigung von deren Sinn und Zweck sowie im systematischen Vergleich mit der Ruhensregelung des § 55a Abs. 1 Satz 3 und 4 SVG.

1. Dem Wortlaut des § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG 2003, wonach der Ruhensbetrag die von der zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährte Versorgung nicht übersteigen darf, kann eine Verpflichtung zur zeitlichen Begrenzung der Ruhensanordnung nicht ausdrücklich entnommen werden. Andererseits steht der Wortlaut einer entsprechenden Auslegung auch nicht entgegen. Durch die Verwendung der Begriffe „gewährte Versorgung“ ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber mit § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG 2003 zum Ausdruck bringen wollte, dass die Ruhensanordnung zeitlich so zu deckeln ist, dass sie nach vollständiger Kompensation des erhaltenen Kapitalbetrags entfällt und der Soldat sein deutsches Ruhegehalt wieder in ungekürzter Höhe erhält.

Soweit das Verwaltungsgericht München darauf verweist, einer derartigen Auslegung stünde bereits entgegen, dass mit der Wendung „Versorgung“ in § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG nicht auch ein (verrenteter) Kapitalbetrag gemeint sein könnte (VG München, U.v. 22.9.2017 - M 21 K 14.16 - juris Rn. 37), kann dem nicht gefolgt werden. In § 55b SVG findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber den Kapitalbetrag nicht als Versorgung im Sinne der Regelung wertet. Im Gegenteil lässt sich gerade aus der Formulierung „anstelle einer laufenden Versorgung“ in Absatz 4 Satz 1 Halbsatz 2 schließen, dass ein gezahlter Kapitalbetrag als Substitut einer laufenden Versorgung und damit als Versorgung anzusehen ist (vgl. auch BVerfG, B.v. 23.5.2017 - 2 BvL 10/11 u.a. - BVerfGE 145, 249 Rn. 2).

2. Eine Auslegung im vorbezeichneten Sinn ist jedoch nach der Gesetzeshistorie zu § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG (in der seit 1. Januar 1999 geltenden Fassung) unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Regelung ausgeschlossen.

§ 55b SVG sah (zuletzt in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes und sonstiger dienst- und versorgungsrechtlicher Vorschriften - BeamtVGÄndG - vom 18. Dezember 1989) bis zum 30. September 1994 vor, dass das deutsche Ruhegehalt eines Soldaten im Ruhestand unabhängig davon, ob eine laufende Versorgung oder an deren Stelle ein Kapitalbetrag gewährt wurde, ausschließlich zeitbezogen zu mindern war. Die Höhe der Versorgungsleistungen aus der Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung hatte auf die Höhe des Ruhensbetrags keinen Einfluss. Das bis 30. September 1994 geltende Regelungsmodell des § 55b SVG behandelte den Fall eines für eine Auslandsdienstzeit gezahlten Kapitalbetrags anders als denjenigen einer für dieselbe Auslandsdienstzeit vom Eintritt in den Ruhestand an gezahlten laufenden Versorgung. Im Falle der Gewährung laufender Versorgung durch die zwischen- oder überstaatliche Einrichtung konnte der zeitbezogen errechnete Ruhensbetrag den monatlichen Betrag der gewährten ausländischen Versorgung übersteigen. Durch die in § 55b Abs. 1 Satz 3 SVG vorgesehene Deckelung wurde sichergestellt, dass der Ruhensbetrag „auf die gewährte Versorgung“ beschränkt war und der Soldat insgesamt jedenfalls einen Betrag erhielt, der den ihm nach deutschem Soldatenversorgungsrecht unter Einbeziehung der Auslandsdienstzeiten zustehenden Versorgungsbezügen zu 100% entsprach. War hingegen eine Versorgung in Form eines Kapitalbetrags - ausgezahlt am Ende der Auslandsdienstzeit - auszugleichen, so wurden die laufenden deutschen Versorgungsbezüge des Soldaten in demselben Umfang zum Ruhen gebracht wie bei einer laufenden Versorgung (§ 55b Abs. 3 Satz 1 SVG i.d. bis 30.9.1994 geltenden Fassung mit Verweis auf Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift). Das Ruhen wurde in diesem Fall nach seiner Dauer und damit auch seinem betragsmäßigen Umfang nicht begrenzt, denn § 55b Abs. 3 Satz 1 SVG verwies nicht auf die „Deckelungsvorschrift“ des § 55b Abs. 1 Satz 3 SVG. Vielmehr erhielt der Soldat im Ruhestand dauerhaft nur die um den Ruhensbetrag reduzierten Versorgungsbezüge. Dies konnte dazu führen, dass der Ruhensbetrag im Laufe der Zeit die Höhe der erhaltenen Abfindung überstieg. Dem Empfänger eines Kapitalbetrags stand allerdings die Möglichkeit offen, die Abfindung an den Bund abzuführen und auf diese Weise das spätere Ruhen eines Teils seiner Versorgungsbezüge zu vermeiden (§ 55b Abs. 3 Satz 2 bis 4 SVG in der bis 30.9.1994 geltenden Fassung).

Mit dem Gesetz zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes, des Soldatenversorgungsgesetzes sowie sonstiger versorgungsrechtlicher Vorschriften (BeamtVGÄndG 1993) vom 20. September 1994 wurde § 55b SVG mit Wirkung vom 1. Oktober 1994 erweitert, um unangemessen hohe Gesamtversorgungen zu verhindern (vgl. BT-Drs. 12/5919 S. 20 mit Verweis auf die Begründung zur entsprechenden Änderung des § 56 BeamtVG in Art. 1 Nr. 17 BeamtVGÄndG 1993 S. 18). Der Ruhensbetrag sollte sich nunmehr an der Höhe des Kapitalbetrags orientieren. Daher wurde das System zur Ermittlung des Ruhensbetrags bei einer Versorgung aus der Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung in Anlehnung an die Ruhensregelungen in §§ 55, 55a SVG ausgestaltet. § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SVG sah grundsätzlich ein Ruhen des deutschen Ruhegehalts mit der in Absatz 3 neu eingeführten Höchstgrenze vor (vgl. BT-Drs. 12/5919 S. 20, 18). Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte hierdurch jedoch keine Verbesserung im Verhältnis zum bis 30. September 1994 geltenden Recht eintreten. Aus diesem Grunde wurde in § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG die zeitbezogene Minderung des Ruhegehaltssatzes als Mindestkürzung beibehalten. Diese Umstellung im System der Ruhensberechnung hatte auch Einfluss auf die Ermittlung des Ruhensbetrags bei Kapitalbeträgen. Diese sollten zukünftig „nach versicherungsmathematischen Grundsätzen für die Anwendung des Absatzes 1 verrentet werden“ (BT-Drs. 12/5919 S. 20, 18). Da das deutsche Ruhegehalt nun in entsprechender Anwendung des Absatzes 1 unter Berücksichtigung eines „verrenteten Kapitalbetrags“ ruhen sollte, wurde - wie bei der laufenden ausländischen Versorgung - ein Vergleich des nach Absatz 1 Satz 1 errechneten Ruhensbetrags mit dem verrenteten (monatlichen) Kapitalbetrag erforderlich. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Verweisung in § 55b Abs. 4 Satz 1 SVG auf Absatz 1 - somit auch auf Absatz 1 Satz 3 - darüber hinaus auch eine zeitliche Begrenzung der Ruhensanordnung festschreiben wollte, finden sich in der Gesetzesbegründung nicht. Der dortige Hinweis, dass eine Verbesserung zum bis dahin geltenden Recht nicht beabsichtigt sei, spricht im Gegenteil dafür, dass der Gesetzgeber die Bestimmung eines Endzeitpunkts nicht im Blick hatte.

Mit Art. 7 Nr. 26 des Gesetzes zur Umsetzung des Versorgungsberichts (Versorgungsreformgesetz 1998 - VReformG) vom 26. Juni 1998 wurde § 55b SVG zum 1. Januar 1999 erneut geändert. Absatz 1 Satz 3 wurde aufgehoben und als Satz 1 in einen neuen Absatz 7 verlagert. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollten in Absatz 7 die Mindestbelassungsvorschriften beim Zusammentreffen zwischen- oder überstaatlicher mit nationaler Verwendung systematisch zusammengefasst werden (vgl. BT-Drs. 13/9527 S. 45 mit Verweis auf die Begründung zu der entsprechenden Änderung in § 56 BeamtVG S. 41). Bereits die Verwendung der Formulierung „Mindestbelassungsvorschriften“ spricht gegen eine Absicht des Gesetzgebers, mit der Verlagerung des Absatzes 1 Satz 3 in den neuen Absatz 7 gleichzeitig die Festlegung eines Endzeitpunkts bei Kapitalbeträgen einführen zu wollen. Denn mit Mindestbelassung hat die Festlegung eines Endzeitpunkts nicht zu tun. Dass mit dieser Verlagerung inhaltliche Änderungen hin zu einer verpflichtenden Festlegung eines Endzeitpunkts beabsichtigt waren, ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen. Vielmehr lässt sich hinreichend deutlich feststellen, dass mit der Gesetzesänderung keine Besserstellung gegenüber dem vor dem 1. Oktober 1994 geltenden Recht erfolgen sollte.

3. Für diesen Befund spricht auch ein Vergleich des § 55b SVG 2003/2009 mit § 55a SVG.

Nach § 55a Abs. 1 Satz 1 SVG werden Versorgungsbezüge eines Soldaten im Ruhestand neben Renten nur bis zur Höhe der in Absatz 2 bezeichneten Höchstgrenze gezahlt. Wird dem Soldaten im Ruhestand anstelle einer Rente ein Kapitalbetrag oder eine andere in Absatz 1 Satz 4 genannte Versorgungsleistung gezahlt, ist der Ruhensberechnung nach Absatz 1 Satz 4 der sich bei einer Verrentung ergebende Betrag zugrunde zu legen. Die für die Verrentung maßgeblichen Regelungen, auf die auch § 55b Abs. 4 Satz 3 SVG 2009 verweist, wurden mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz ab 1. Juli 2009 rückwirkend zum 28. März 2008 in § 55a Abs. 1 Satz 8 und 9 SVG eingeführt. § 55a SVG unterwirft somit wie § 55b SVG 2003/2009 Kapitalbeträge einer Anrechnung auf das deutsche Ruhegehalt eines Soldaten im Ruhestand, die anstelle einer Rente geleistet werden. Auch im Falle eines anstelle einer Rente gezahlten Kapitalbetrags kann der Soldat im Ruhestand eine Minderung seines Ruhegehalts verhindern, indem er den Kapitalbetrag nach § 55a Abs. 1 Satz 3 SVG innerhalb von drei Monaten nach Zufluss an den Bund abgeführt. Trotz der insoweit vergleichbaren Rechts- und Interessenlage findet sich in § 55a SVG weder eine dem § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG entsprechende Regelung noch ist dort explizit vorgesehen, dass nach dem rechnerischen „Verbrauch“ eines erhaltenen Kapitalbetrags oder wegen Überschreitens der dem Kapitalbetrag zugrunde gelegten Lebenserwartung die erfolgte Ruhensanordnung entfallen muss. Im Hinblick auf deutsche Kapitalbeträge, die anstelle einer Rente gezahlt werden, geht der Gesetzgeber mithin nicht davon aus, dass ein Endzeitpunkt für die Ruhensanordnung zu bestimmen ist. Vielmehr ist in solchen Fällen der errechnete Ruhensbetrag lebenslang auf die Soldatenversorgung anzurechnen.

Daraus folgt, dass eine Auslegung von § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG hin zu einer verpflichtenden Festlegung einer zeitlichen Begrenzung der Ruhensanordnung eine Ungleichbehandlung von Soldaten im Ruhestand zur Folge hätte, die den Kapitalbetrag von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung erhalten haben. Einen sachlichen Grund für eine derartige Ungleichbehandlung hat der Kläger weder genannt noch ist ein solcher ersichtlich. Eine entsprechende Auslegung des § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG wäre somit mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren.

Da § 55a SVG keinen zeitbezogenen Mindestruhensbetrag vorsieht und mithin eine dem § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG 2003 entsprechende Vorschrift fehlt, zeigt der Vergleich der beiden Regelungen zudem, dass wegen § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG lediglich eine (monatliche) Vergleichsbetrachtung zwischen dem ermittelten Ruhensbetrag und der laufenden Versorgung bzw. dem verrenteten Kapitalbetrag durchzuführen ist.

4. Das gefundene Auslegungsergebnis verstößt nicht gegen Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 5 GG.

Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 u.a. - (BVerfGE 145, 249) ausführlich dargelegt hat, verstößt es trotz möglicherweise nachteiliger Konsequenzen nicht gegen Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 5 GG, dass eine auf § 55b SVG 1987/1989 gestützte Ruhensanordnung keine zeitliche Begrenzung („Deckelung“) enthält. Die zur Begründung vom Bundesverfassungsgericht angeführten Argumente lassen sich - trotz der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderungen - auf § 55b SVG 2003/2009 übertragen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der nunmehr geltende und hier festgesetzte Mindestruhensbetrag nach § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 - mit Ausnahme des fortgeschriebenen Faktors - der der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Rechtslage entspricht.

An der grundsätzlichen Wertung des Bundesverfassungsgerichts ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger die Kapitalbeträge erhalten hat, nachdem er sich knapp drei bzw. fünf Jahre im Ruhestand befunden hat. Auch in diesen Fällen wird der wirtschaftliche Wert des jeweiligen Kapitalbetrags nicht allein durch seinen Nennwert, sondern wesentlich durch das mit ihm verbundene Anlagebeziehungsweise Nutzungspotenzial bestimmt; dieses Potenzial ist umso gewichtiger, je länger der jeweilige Kapitalbetrag ohne Eingriff in seine Substanz genutzt werden kann. Dies gilt selbst bei Fallgestaltungen wie der Vorliegenden, bei denen die beiden Kapitalbeträge entsprechend ihrem Zweck, die Altersversorgung des Klägers zu vervollständigen, in der Verrentungsphase nach und nach aufgezehrt werden. Auch in diesen Fällen läge einer Beschränkung der Wertbestimmung auf den Nennwert die Annahme zugrunde, dass ein vereinnahmter Kapitalbetrag von seinem Empfänger bis zu dem Zeitpunkt, an dem er ihn nutzen muss, lediglich „aufbewahrt“, nicht aber zur Vermögensbildung genutzt werden wird; dies wäre sogar in einer Niedrigzinsphase als wirtschaftlich unvernünftig einzuschätzen und muss vom Gesetzgeber des Soldatenversorgungsrechts daher nicht zugrunde gelegt werden. Der Wert eines am Ende der Auslandsdienstzeit ausgezahlten Kapitalbetrags, der seinem Empfänger von diesem Zeitpunkt an über viele Jahre zur Verfügung steht, wird deshalb trotz einer Verrentung mit 5,5 v.H. und trotz des verminderten Ruhegehalts durch seinen Nennwert nicht zutreffend bestimmt. Denn ein derartiger Kapitalbetrag bietet eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten, die dienstrechtlich nicht eingeschränkt sind und allein von den Bedürfnissen und der Anlagestrategie ihres Empfängers abhängen (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 - 2 BvL 10/11 u.a. - BVerfGE 145, 249 Rn. 86 f.).

Auch bei einer Fallgestaltung wie der Vorliegenden kann der Betroffene der Gefahr, dass sich die mit der Vereinnahmung eines Kapitalbetrags verbundenen wirtschaftlichen Risiken zu seinen Lasten verwirklichen können, dadurch begegnen, dass er sein Wahlrecht nach § 55b Abs. 4 Satz 2 SVG 2003/2009 ausübt. Er kann den Betrag vereinnahmen und verwenden, wenn seine persönlichen Lebensumstände und die wirtschaftliche Lage zum Zeitpunkt der Auszahlung die Prognose rechtfertigen, dass die Verkürzung seiner Versorgungsbezüge durch eine Ruhensanordnung - trotz der monatlich vorgesehenen Abschmelzungen - hinter den mit dem Kapitalbetrag verbundenen Effekten zurückbleiben wird. Dass er damit auch wirtschaftliche Risiken übernimmt, liegt auf der Hand. Entscheidet sich der Empfänger des Kapitalbetrags hingegen für dessen Ablieferung an den Dienstherrn, verzichtet er damit auf die Ausschöpfung des mit dem Kapital verbundenen langfristigen Nutzungspotenzials, vermeidet allerdings zugleich jedes wirtschaftliche Risiko und kann vom Eintritt in den Ruhestand an mit der monatlichen Auszahlung der vollen Versorgung durch den deutschen Dienstherrn rechnen (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 - 2 BvL 10/11 u.a. - BVerfGE 145, 249 Rn. 88).

C.

Der im Zeitraum 1. Juli 2009 bis einschließlich April 2018 fortgeltende Änderungsbescheid vom 2. März 2015 ist zwar rechtswidrig (vgl. oben A.). Dass die Beklagte die Verrentung des Kapitalbetrags nicht nach den Vorgaben des § 55b Abs. 4 Satz 3, § 55a Abs. 1 Satz 9 SVG 2009 durchgeführt, sondern als Ruhensbetrag den Betrag rückwirkend zum 1. Juli 2009 festgesetzt hat, der sich aus der Division der Summe der Kapitalbeträge in Höhe von 179.810,21 und 42.421,82 Euro durch die Monate ergibt, die sich aus der durchschnittlichen Lebenserwartung Männer/Frauen bei einer Versetzung in den Ruhestand mit dem 58. Lebensjahr laut Sterbetafel 1986/88 errechnen, wirkt sich zugunsten des Klägers aus. Aufgrund dessen ist der Kläger durch die Festsetzung eines Ruhensbetrags in Höhe von 869,66 Euro für den Zeitraum 1. Juli 2009 bis einschließlich April 2018 ebenfalls nicht in seinen Rechten verletzt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

I.

Unter Abänderung von Nr. 1 und 2 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth wird die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2013 wiederhergestellt.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 16.286,84 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die angeordnete sofortige Vollziehung des Bescheids der Bundesfinanzdirektion Mitte - Service-Center Süd-Ost - (im Folgenden: BFD) vom 20. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der BFD vom 5. April 2013.

Der Antragsteller, ein am 18. April 1952 geborener Polizeihauptkommissar, der bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand zum 1. Januar 2011 bei der Bundespolizei im Dienst der Antragsgegnerin gestanden hatte, erlitt am 11. September 2008 beim Dienstsport einen Zeckenbiss, den die Bundespolizeiakademie mit Bescheid vom 19. Januar 2010 als Dienstunfall anerkannte. Gleichzeitig stellte die Behörde einen „Zustand nach Zeckenbiss Kniegelenk links, Oligoarthritis, DD (Anmerkung: Differentialdiagnose) reaktive Arthritis“ als durch den Dienstunfall verursachten Körperschaden fest. Weitere Unfallfolgen stellte die Bundespolizeiakademie mit Bescheid vom 18. Oktober 2010 fest und verwies dabei auf die abgeschlossene Heilbehandlung und die gutachterliche Stellungnahme vom 15. September 2010. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall wurde zeitlich gestaffelt, jedenfalls ab dem 1. September 2009 auf 100% festgesetzt. Mit weiterem Bescheid vom 20. Dezember 2010 hob die Bundespolizeiakademie ihren Bescheid vom 18. Oktober 2010 mit der Begründung auf, nach neuerlicher Untersuchung des Antragstellers und gutachterlicher Stellungnahme vom 18. November 2010 habe der Dienstunfall nachstehende Folgen hinterlassen: „Belastungsabhängig und schmerzhafte Entzündungen in beiden Kniegelenken, beiden Hüften, beiden Schultergelenken und im rechten oberen Sprunggelenk, Kniegelenkerguss rechts, deutliche Beeinträchtigungen im Alltagsleben, Bewegungseinschränkungen, vor allem in beiden Schultern, bei der Elevation, Abduktion und Außenrotation beidseits, Epicondylitis medialis beidseits“. Dem Antragsteller wurde in der Folgezeit Unfallfürsorge gewährt. Mit Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 11. Dezember 2010 wurde der Antragsteller mit Ablauf des 31. Dezember 2010 wegen Polizeidienstunfähigkeit und allgemeiner Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Er erhielt Unfallruhegehalt.

Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 20. Juni 2012 nahm die BFD den Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 19. Januar 2010 hinsichtlich der anerkannten Folgen „Oligoarthritis, DD reaktive Arthritis“ mit Wirkung für die Zukunft zurück (Nr. 1 des Bescheids), stellte fest, dass der Bescheid im Übrigen bestehen bleibe (Nr. 2 des Bescheids), „der Zeckenbiss keine - mithin auch keine erwerbsmindernden - Folgen hinterlassen“ habe und ein Anspruch auf Unfallausgleich nicht bestehe (Nr. 3 des Bescheids). Zudem nahm die BFD den Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 18. Oktober 2010 mit Wirkung für die Zukunft zurück (Nr. 4 des Bescheids) und stellte fest, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Unfallruhegehalt habe (Nr. 5 des Bescheids). Die Zahlung des Unfallruhegehalts wurde nach Erlass des Bescheids eingestellt.

Einen am 10. Juli 2012 fristgerecht erhobenen Widerspruch des Antragstellers wies die BFD mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 2013 zurück. Am 13. Mai 2013 erhob der Antragsteller Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth.

Bereits am 4. Februar 2013 hatte der Antragsteller einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt, den das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 7. August 2013 ablehnte.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Antragstellers im Wesentlichen mit der Begründung, der streitgegenständliche Bescheid sei bereits formell rechtswidrig, da die Antragsgegnerin gegen die ihr obliegende Amtsermittlungspflicht verstoßen habe. Unter Berücksichtigung aller Umstände habe die Ausgangsbehörde die Kausalität zwischen Unfall und Körperschaden für erwiesen erachten dürfen. Im Verfahren habe sich nicht herausgestellt, dass der Nachweis der Kausalität zwischen Unfall und Körperschaden für den Zeitpunkt dieser Feststellung nicht zu führen gewesen sei. Die Nichterweislichkeit des Vorliegens anderer Ursachen für die Körperschäden des Antragstellers gehe zulasten der Behörde, die die Beweislast für die Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheids trage. Im Übrigen sei die Jahresfrist zum Zeitpunkt der Rücknahme abgelaufen gewesen.

Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg. Die auf die fristgerecht dargelegten Gründe beschränkte Prüfung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt, dass die Erfolgsaussichten der im Hauptsacheverfahren erhobenen Anfechtungsklage nach der im Eilverfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Bewertung der Erfolgsaussichten der Klage (BVerwG, B. v. 25.3.1993 - 1 ER 301.92 - NJW 1993, 3213) als offen einzuschätzen sind. Die Rechtmäßigkeit des Bescheids der BFD vom 20. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2013 lässt sich anhand der gegenwärtig bekannten Tatsachen nicht beurteilen. Auf der Basis der bisherigen Ermittlungen ist offen, ob die seit dem Zeckenbiss bestehenden Erkrankungen und die im Jahre 2010 festgestellte Dienstunfähigkeit des Antragstellers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch den Zeckenbiss verursacht worden sind. Die Interessenabwägung führt zu dem Ergebnis, dass die Interessen des Antragstellers überwiegen.

1. In erster Linie streitig zwischen den Beteiligten ist die Frage, ob die von der Antragsgegnerin ausdrücklich bzw. konkludent nach § 48 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 3 VwVfG für die Zukunft zurückgenommenen Bescheidsteile bzw. Bescheide der Bundespolizeiakademie bereits bei ihrem Erlass rechtswidrig waren, weil die beim Antragsteller festgestellten Körperschäden nicht auf dem Dienstunfall beruhten und daher die in § 30 Abs. 1 Satz 1, § 31 Abs. 1 BeamtVG genannten Voraussetzungen seinerzeit nicht erfüllt waren, sowie die diesbezüglich bestehende Beweislastverteilung zwischen den Beteiligten.

a) Als Ursache im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung sind nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen ist eine als alleinige Ursache im Rechtssinne anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überragend zum Erfolg mitgewirkt hat, während jede von ihnen als wesentliche (Mit-)Ursache im Rechtssinne anzusehen ist, wenn sie nur annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolgs hatte. Alle übrigen Bedingungen im natürlich-logischen Sinne scheiden als Ursachen im Rechtssinne aus. Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann demnach auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (nur) beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im Verhältnis zu anderen Bedingungen - zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene Veranlagung gehört - eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen sind. Nicht Ursachen im Rechtssinne sind demnach sogenannte Gelegenheitsursachen, d. h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. Eine solche untergeordnete Bedeutung ist insbesondere auch dann anzunehmen, wenn das Ereignis gleichsam „der letzte Tropfen“ war, „der das Maß zum Überlaufen brachte bei einer Krankheit, die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen war“ (st. Rspr., BVerwG, U. v. 30.6.1988 - 2 C 77.86 - DÖD 1988, 295 m. w. N.).

Mit anderen Worten ist demnach ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Dienstunfall und dem eingetretenen körperlichen Schaden nicht schon dann ausgeschlossen, wenn außer dem Unfall auch andere Umstände (namentlich eine anlage- oder schicksalsbedingte Krankheit) als Ursachen in Betracht kommen. In derartigen Fällen ist der Dienstunfall vielmehr dann als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) hingewirkt hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt (BVerwG, B. v. 20.2.1998 - 2 B 81.97 - juris Rn. 2 m. w. N.).

b) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, gelten im Dienstunfallrecht die allgemeinen Beweisgrundsätze (vgl. u. a. BVerwG, U. v. 30.6.1988 - 2 C 77.86 - DÖD 1988, 295; B. v. 11.3.1997 - 2 B 127.96 - juris Rn. 5 jeweils m. w. N.; BayVGH, U. v. 3.8.2005 - 3 B 00.3426 - juris Rn. 43; U. v. 12.11.2009 - 3 B 05.633 - juris Rn. 48; U. v. 21.9.2011 - 3 B 09.3140 - juris Rn. 35).

Grundsätzlich trägt danach der Beamte die materielle Beweislast für den Nachweis, dass ein eingetretener Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf einem Dienstunfall beruht (st. Rspr., u. a. BVerwG, U. v. 22.10.1981 - 2 C 17.81 - NJW 1982, 1893 m. w. N.). Wird - wie vorliegend - ein Bescheid, mit dem Körperschäden als Folge eines Dienstunfalls anerkannt wurden, zurückgenommen, ändert dies diese Beweislastverteilung nicht, denn aus der Rücknahme der den Antragsteller begünstigenden Bescheide folgt keine Beweislastumkehr (vgl. BayVGH, U. v. 21.9.2011 - 3 B 09.3140 - juris Rn. 36). Zwar liegt bei der Rücknahme von Bescheiden nach § 48 VwVfG grundsätzlich die materielle Beweislast für die Rechtswidrigkeit der vorausgegangenen, jetzt zurückgenommenen Bescheide bei der Behörde, weil diese die Beweislast hinsichtlich der für sie günstigen Tatbestandsvoraussetzungen trägt (BayVGH, U. v. 3.8.2005 - 3 B 00.3426 - juris Rn. 43; U. v. 12.11.2009 - 3 B 05.633 - juris Rn. 48; U. v. 21.9.2011 - 3 B 09.3140 - juris Rn. 36). Jedoch genügt die Behörde ihrer materiellen Beweislast bei der Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts, dessen Voraussetzungen - wie vorliegend - der Beamte zu beweisen hatte, schon dadurch, dass sie nachweist, dass bei Erlass des Verwaltungsakts dessen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben (BayVGH, U. v. 12.11.2009 - 3 B 05.633 - juris Rn. 49; B. v. 5.12.2012 - 14 ZB 10.3116 - juris Rn. 7).

Dies bedeutet auf den vorliegenden Fall bezogen, dass die Antragsgegnerin ihrer materiellen Beweislast im Rahmen des § 48 VwVfG dadurch genügt, dass sie nachweist, dass bei Erlass der Bescheide vom 19. Januar und 18. Oktober bzw. 20. Dezember 2010, mit denen die Bundespolizeiakademie die Körperschäden des Antragstellers zu einem Großteil als Folge seines Dienstunfalls anerkannt hat, die Voraussetzungen für diese Anerkennungen der Körperschäden nicht vorgelegen haben.

Die Beweisfrage, ob die Körperschäden des Antragstellers nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - auf dem als Dienstunfall anerkannten Zeckenbiss beruhen, stellt sich allerdings nur, wenn die zu beweisende Tatsache nicht aufklärbar ist, also eine non-liquet-Situation vorliegen würde (BayVGH, U. v. 3.8.2005 - 3 B 00.3426 - juris Rn. 43). Bleibt nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen der Amtsermittlungspflicht offen, ob eine Kausalität zwischen dem erlittenen Zeckenbiss und den vorhandenen Körperschäden besteht, so trifft die materielle Beweislast den Antragsteller.

c) Nach § 24 Abs. 1 VwVfG hat die Behörde, die ein Verwaltungsverfahren durchführt, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Art und Umfang der Ermittlungen bestimmt die Behörde zwar gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 VwVfG nach pflichtgemäßem Ermessen. Sie hat - basierend auf allgemeinen Erfahrungssätzen - allen Umständen nachzugehen, die an sie herangetragen werden oder die sich ihr aufdrängen. Dritte hat sie zwingend dann einzuschalten, wenn es ihr an der notwendigen Sachkunde fehlt (Ziekow, VwVfG, 3. Aufl. 2013, § 24 Rn. 6; Heßhaus in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 1. Aufl. 2010, § 24 Rn. 7; Knack-Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 24 Rn. 14; BVerwG, B. v. 5.10.1990 - 4 B 249.89 - NVwZ-RR 1991, 118). Unterlässt die Behörde die gebotene Sachaufklärung liegt ein Verfahrensfehler vor (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 24 Rn. 58; Ziekow, a. a. O., Rn. 19; Heßhaus in Bader/Ronellenfitsch, a. a. O., Rn. 27; Knack-Henneke, a. a. O., Rn. 26).

d) Hiervon ausgehend hätte sich der Antragsgegnerin - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Kausalität und zur Beweislastverteilung im Dienstunfallrecht - bereits im Verwaltungsverfahren die Hinzuziehung eines Sachverständigen zur Frage aufdrängen müssen, ob - zum Zeitpunkt des Erlasses der nun zurückgenommenen Bescheide der Bundespolizeiakademie - die Voraussetzungen für die Anerkennung der Körperschäden des Antragstellers deshalb nicht vorlagen, weil nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen war, dass die im zeitlichen Anschluss an den als Dienstunfall festgestellten Zeckenbiss beim Antragsteller aufgetretenen Erkrankungen (und die mit den Erkrankungen zusammenhängende Erwerbsminderung) durch den Zeckenbiss - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - verursacht worden sind.

Fest steht, dass die Beschwerden des Antragstellers erstmals nach dem Zeckenbiss im September 2008 begonnen haben und beim Antragsteller danach über einen langen Zeitraum erhöhte Entzündungswerte festgestellt wurden. Fest steht auch, dass der Antragsteller bereits wenige Tage nach dem Zeckenbiss mit Doxycyclin behandelt wurde und es zu einer vorübergehenden Besserung seiner Beschwerden kam. Da die BFD ausweislich ihrer Ausführungen im Widerspruchsbescheid nicht mehr davon ausgeht, dass beim Antragsteller eine dienstunabhängige degenerative Vorschädigung der betroffenen Gelenke vorgelegen hat, ist somit nicht schon deshalb zweifelhaft, ob die Erkrankungen des Antragstellers und der Zeckenbiss - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - im Zusammenhang stehen können. Zwar hatte der Polizeiärztliche Dienst des Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrums OEB bereits mit Stellungnahmen von 22. und 23. Oktober 2009 Zweifel daran geäußert, ob der Befall der Zecke während der Dienstzeit stattgefunden habe und inwieweit der „angegebene Körperschaden“ eine Folge des Unfalls sei. Die erstgenannten Zweifel waren aber dadurch ausgeräumt worden, dass der Antragsteller weitere Angaben zum Ort seiner sportlichen Betätigung machte. Auch der Sozialmedizinische Dienst der Bundespolizei hatte in einem sozialmedizinischen Gutachten vom 27. September 2010 angemerkt, dass sowohl die haftungsbegründende als auch die haftungsausfüllende Kausalität nicht gegeben sei. Der Internist und Rheumatologe Dr. M. vom „Ambulanten Behandlungszentrum Obermain“ führte in seinem Arztbrief vom 19. August 2010 aus, dass der Antragsteller „aufgrund des frühen Behandlungsbeginns (mit Doxycyclin) keine Antikörper bilden konnte, so dass die Borrelienserologie durchweg negativ blieb!“ und verwies darauf, dass sich aktuell ein „Zustand nach Yersenieninfektion im IgA-Immunoblot nachweisen“ lasse, so dass „hypothetisch auch noch ein Zweitinfekt aetiologisch in Frage käme“. Dennoch ging er in seiner als „Gutachterliche Stellungnahme zur Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Dienstunfallfolgen nach Abschluss der ärztlichen Behandlung“ überschriebenen Äußerung vom 19. August 2010 mit Bezugnahme auf seinen Arztbrief von einer „auf dem Dienstunfall beruhenden Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100%“ aus. Medizinaldirektor Dr. F. vom Polizeiärztlichen Dienst diagnostizierte im Rahmen einer ebenfalls als „Gutachterliche Stellungnahme zur Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Dienstunfallfolgen nach Abschluss der ärztlichen Behandlung“ bezeichneten schriftlichen Äußerung am 15. September 2010 unter Bezugnahme auf eine Untersuchung des Antragstellers die später bescheidsmäßig festgestellten Unfallfolgen als nach dem Dienstunfall zurückgebliebene Folgen und schätzte die auf dem Dienstunfall beruhende Minderung der Erwerbsfähigkeit mit Bezug auf § 35 Abs. 2 BeamtVG jedenfalls ab dem 1. Oktober 2010 auf 100% ein. Infolge seiner weiteren Begutachtung vom 28. November 2010 wurden die festgestellten Unfallfolgen um eine „Epicondylitis medialis beidseits“ erweitert. Auf Grundlage dieser Stellungnahmen ergingen die Bescheide der Bundespolizeiakademie vom 18. Oktober und 20. Dezember 2010. Demnach ist die Antragsgegnerin im Jahre 2010 auf der Grundlage der „Gutachten“ eines in ihrem Dienst stehenden Arztes von einem hinreichenden Kausalzusammenhang zwischen Zeckenbiss und Körperschäden ausgegangen.

Inwieweit dies - auch unter Berücksichtigung der späteren, vom Antragsteller selbst vorgelegten Arztbriefe - rechtswidrig war, weil von Anfang an die erforderliche Kausalität zwischen dem Zeckenbiss und den Erkrankungen des Antragstellers nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen worden war, hätte durch eine weitere - sachverständige - Begutachtung des Antragstellers unter Einbeziehung sämtlicher bisherigen Befunde und Stellungnahmen abgeklärt werden müssen. Dies musste sich der BFD - spätestens im Widerspruchsverfahren - deshalb aufdrängen, da die Diagnose für die Erkrankungen des Antragstellers offensichtlich von Anfang an schwierig war. So benennt beispielsweise Dr. M. eine Differentialdiagnose, um zeitgleich die Kausalität zwischen Dienstunfall (d. h. Zeckenbiss) und Erkrankungen zu bestätigen. Auch den Arztbriefen des Universitätsklinikums Erlangen, Medizinische Klinik 3 - Rheumatologie, Immunologie -, ist zu entnehmen, dass man sich bei der Benennung der Ursache für die Erkrankungen des Antragstellers unsicher war. So sind beispielsweise dem Arztbrief vom 30. März 2009 die Diagnosen „Oligoarthritis, DD reaktive Arthritis“ zu entnehmen, wohingegen der Arztbrief vom 8. Juli 2009 diese beiden Diagnosen ebenfalls nennt und für das linke Knie u. a. einen Zustand nach „lokalem Zeckenbiss mit konsekutiver Synovitis 10/08 (Besserung unter Doxycyclin, Borrelienserologie negativ)“ beschreibt. Beide Arztbriefe waren jeweils von anderen Ärzten der Medizinischen Klinik 3 unterschrieben worden. Weiteren medizinischen Sachverstand einzuholen hätte sich der BFD nicht zuletzt aufgrund der vom Antragsteller im Widerspruchsverfahren vorgelegten Leitlinien der Deutschen-Borreliose-Gesellschaft zu „Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose“ aufdrängen müssen, wonach etwa eine frühzeitige antibiotische Behandlung die Entwicklung von Antikörpern verhindern könne, so dass daher Seronegativität die Lyme-Borreliose keinesfalls ausschließe. Daran ändert auch die ebenfalls vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme des medizinischen Direktors der Medizinischen Klinik 3 des Universitätsklinikums Erlangen, Prof. Dr. S., vom 31. August 2012 nichts. Auch wenn dieser davon ausgeht, dass es sich bei der Erkrankung des Antragstellers nicht um eine „klassische Borrelienarthritis“, sondern um eine „seronegative rheumatoide Arthritis“ handelt, weist er ausdrücklich darauf hin, dass nicht auszuschließen sei, dass der Zeckenbiss die rheumatoide Arthritis des Antragstellers „getriggert“ habe und es einen klaren zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Beschwerden und dem Zeckenbiss gebe. Ob tatsächlich Kausalität vorliege, sei „natürlich nicht mit letzter Sicherheit zu beantworten“, sei „aber auch nicht auszuschließen“. Da unklar ist, was Prof. Dr. S. mit seiner Formulierung „nicht mit letzter Sicherheit“ gemeint hat und inwieweit ihm - bei Abfassen seiner Stellungnahme vom 31. August 2012 - der im Dienstunfallrecht geltende Maßstab für die Beurteilung der Kausalität bekannt war, konnte die BFD ihre Einschätzung nicht hinreichend sicher auf seine Stellungnahme stützen.

Dass die BFD zu einer medizinischen Begutachtung des Antragstellers verpflichtet war, führt im jetzigen Verfahrensstadium nicht dazu, dass der streitgegenständliche Bescheid allein aus diesem Grund als rechtwidrig zu beurteilen wäre. Der bloße Umstand, dass die BFD ohne weiteres von einer Tatsache ausgegangen ist, zu deren Feststellung sie einen Sachverständigen hätte hinzuziehen müssen, führt nicht zur Rechtswidrigkeit und Aufhebung der Rücknahmeentscheidung. Das Gericht kann die Rücknahmeentscheidung hinsichtlich der Tatsachengrundlage vielmehr nur dann beanstanden, wenn es seinerseits deren Unrichtigkeit festgestellt hat (vgl. BVerwG, B. v. 16.9.1986 - 1 B 143.86 - NVwZ 1987, 144; U. v. 3.3.1987 - 1 C 39.84 - NJW 1987, 1431; U. v. 1.12.1987 - 1 C 29.85 - BVerwGE 78, 285; Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 24 Rn. 58; Ziekow, VwVfG, § 24 Rn. 19; Heßhaus in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 24 Rn. 29; Knack-Henneke, VwVfG, § 24 Rn. 26).

e) Ob die Voraussetzungen für die Rücknahmeentscheidung nach § 48 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 3 VwVfG vorgelegen haben, wird im Rahmen des Klageverfahrens aufzuklären sein. Der Ansicht der Antragsgegnerin, der Nachweis dafür, dass die aufgehobenen Bescheide der Bundespolizeiakademie von Anfang an rechtswidrig waren, sei erbracht, kann derzeit nicht gefolgt werden. Denn wie oben unter b) ausgeführt, können erst dann die Regelungen über die materielle Beweislastverteilung in Bezug auf den Nachweis zwischen Dienstunfall und Körperschaden herangezogen werden, wenn alle Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft sind. Das Verwaltungsgericht wird daher der Frage nachzugehen haben, ob auf der Grundlage sämtlicher Untersuchungsergebnisse, Befunde und Stellungnahmen der vom Kläger erlittene Zeckenbiss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine wesentliche Ursache, zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache für seine Körperschäden war, oder ob es sich bei dem Zeckenbiss lediglich um eine Gelegenheitsursache gehandelt hat.

f) Der angegriffene Bescheid ist nicht im Hinblick auf die Nichteinhaltung der Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG rechtswidrig. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. B. v. 19.12.1984 - GrSen 1.84 u. a. - BVerwGE 70, 356) war die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG entgegen der Ansicht des Antragstellers noch nicht abgelaufen. § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG findet danach Anwendung, wenn die Behörde nachträglich erkennt, dass sie den beim Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts vollständig bekannten Sachverhalt unzureichend berücksichtigt oder unrichtig gewürdigt und deswegen rechtswidrig entschieden hat. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG beginnt zu laufen, wenn die Behörde positive Kenntnis von den Tatsachen, die die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigen, erhalten hat. Die Behörde erlangt diese positive Kenntnis, wenn der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Rücknahme des Verwaltungsakts berufene Amtswalter oder ein sonst innerbehördlich zur rechtlichen Überprüfung des Verwaltungsakts berufener Amtswalter die die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigenden Tatsachen feststellt. Die Feststellung ist getroffen, sobald diese Tatsachen vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt sind. Zwar ist die Zuständigkeit der BFD - als der für die Rücknahmeentscheidung innerbehördlich zuständigen Stelle der Antragsgegnerin - mit der Versetzung des Antragstellers in den Ruhestand zum 1. Januar 2011 begründet worden. Kenntnis von den maßgeblichen Tatsachen hatte die BFD aber frühestens mit Erhalt der Dienstunfallakte am 5. März 2012. Unabhängig, ob die maßgebenden Tatsachen zwischenzeitlich vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt werden konnten - wovon jedenfalls auch der Antragsteller nicht ausgehen kann, da er die mangelhafte Amtsermittlung durch die BFD rügt -, hat die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG frühestens am 6. März 2012 zu laufen begonnen. Zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung am 20. Juni 2012 war sie jedenfalls noch nicht abgelaufen.

2. Ist demnach offen, ob die Erkrankungen des Antragstellers durch den Dienstunfall verursacht wurden, ist offen, ob die Regelung in Nr. 1 des streitbefangenen Bescheids rechtmäßig ist. Damit ist auch offen, ob die sich daraus ergebenden weiteren Feststellungen der BFD in Nr. 3 und 5 des angefochtenen Bescheids zu der auf dem Dienstunfall beruhenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 35 Abs. 2 BeamtVG) und zu zukünftigen Unfallfürsorgeleistungen, insbesondere der Gewährung von Unfallausgleich (§ 35 Abs. 1 BeamtVG) und Unfallruhegehalt (§ 36 BeamtVG), rechtmäßig waren.

3. Sind die Erfolgsaussichten der Klage insgesamt offen, hat der Senat eine von der Einschätzung der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens unabhängige Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. BVerwG, B. v. 17.5.2004 - 1 VR 1.04 u. a. - InfAuslR 2005, 103). Diese ergibt unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, dass das öffentliche Interesse, für die Zeit des Klageverfahrens von weiteren Kosten durch Maßnahmen der Unfallfürsorge, insbesondere der Weitergewährung von Unfallausgleich und -ruhegehalt, verschont zu bleiben, hinter den Interessen des Antragstellers an der Gewährung dieser Leistungen zurücktreten muss.

Im Rahmen der Interessenabwägung ist zunächst entscheidend, dass die BFD es in der Hand gehabt hätte, durch sachverständige Begutachtung des Antragstellers bzw. seiner Krankengeschichte die Interessenabwägung im Eilverfahren zu ihren Gunsten zu entscheiden. Zudem stehen sich letztlich gleichgewichtige, nämlich finanzielle, Interessen gegenüber. Die gesetzlichen Entscheidungen in § 80 Abs. 1 VwGO, der grundsätzlich die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage vorsieht, sowie in § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, wonach davon nur ausnahmsweise im öffentlichen oder überwiegenden Interesse eines Beteiligten - durch ausdrückliche Anordnung - abgewichen werden kann, sind bei der Bewertung gleichgewichtiger Interessen zu berücksichtigen. Bei gleichgewichtigen Interessen hat sich die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO an der gesetzlichen Bewertung des § 80 Abs. 1 VwGO zu orientieren, so dass es bei der in § 80 Abs. 1 VwGO angeordneten Regel der aufschiebenden Wirkung der Klage bleibt (OVG Hamburg, B. v. 28.5.2010 - 1 Bs 87/19 - IÖD 2010, 178). Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller nicht in geregelten finanziellen Verhältnissen lebt, so dass zu befürchten ist, dass die Antragsgegnerin gegebenenfalls einen Rückforderungsanspruch nicht realisieren könnte, wenn sich im Hauptsacheverfahren - auf der Grundlage sachverständiger Bewertung - herausstellen sollte, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist, bestehen nicht. Ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Durchsetzung des Rücknahmebescheids und der Nichtgewährung möglicherweise unberechtigter Unfallfürsorge kann bei dieser Sachlage nicht festgestellt werden.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, §§ 39 und 71 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (i. d. F. v. 18.7.2013; Downloadmöglichkeit über die Homepage des BVerwG). Dabei wurde für den Teilgegenstand Rücknahme der Anerkennung von Dienstunfallfolgen - in Anlehnung an Nr. 1.5 und 10.8 des Streitwertkatalogs - ein Betrag von je 2.500 Euro, für den Teilgegenstand Unfallausgleich - in Anlehnung an Nr. 1.5 und 10.4 des Streitwertkatalogs - die Hälfte des zweifachen Jahresbetrags (24 Monate) der angestrebten maßgeblichen Grundrente, die hier 666 Euro im Monat betragen würde, demnach 7.992 Euro (st. Rspr., u. a. BayVGH, U. v. 24.10.2012 - 3 B 08.2648 - juris Rn. 40; B. v. 5.12.2012 - 14 ZB 10.3116 - juris Rn. 21) und für den Teilgegenstand Unfallruhegehalt - ebenfalls in Anlehnung an Nr. 1.5 und 10.4 des Streitwertkatalogs - die Hälfte des zweifachen Jahresbetrags (24 Monate) des Unterschiedsbetrags zwischen gezahlter und begehrter Versorgung, der hier im Monat 274,57 Euro betragen würde, demnach 3.294,84 Euro, angesetzt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wird ein Beamter durch einen Dienstunfall verletzt, so wird ihm und seinen Hinterbliebenen Unfallfürsorge gewährt. Unfallfürsorge wird auch dem Kind einer Beamtin gewährt, das durch deren Dienstunfall während der Schwangerschaft unmittelbar geschädigt wurde. Satz 2 gilt auch, wenn die Schädigung durch besondere Einwirkungen verursacht worden ist, die generell geeignet sind, bei der Mutter einen Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 3 zu verursachen.

(2) Die Unfallfürsorge umfasst

1.
Erstattung von Sachschäden und besonderen Aufwendungen (§ 32),
2.
Heilverfahren (§§ 33, 34),
3.
Unfallausgleich (§ 35),
4.
Unfallruhegehalt oder Unterhaltsbeitrag (§§ 36 bis 38),
5.
Unfall-Hinterbliebenenversorgung (§§ 39 bis 42),
6.
einmalige Unfallentschädigung und einmalige Entschädigung (§ 43),
7.
Schadensausgleich in besonderen Fällen (§ 43a),
8.
Einsatzversorgung im Sinne des § 31a.
Im Fall von Absatz 1 Satz 2 und 3 erhält das Kind der Beamtin Leistungen nach den Nummern 2 und 3 sowie nach § 38a.

(3) Im Übrigen gelten die allgemeinen Vorschriften.

(1) Das Heilverfahren umfasst

1.
die notwendigen ärztlichen, zahnärztlichen und psychotherapeutischen Maßnahmen,
2.
die notwendige Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, mit Geräten zur Selbstbehandlung und zur Selbstkontrolle sowie mit Körperersatzstücken, die den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder die Unfallfolgen erleichtern sollen,
3.
die notwendigen Krankenhausleistungen,
4.
die notwendigen Rehabilitationsmaßnahmen,
5.
die notwendige Pflege (§ 34),
6.
die notwendige Haushaltshilfe und
7.
die notwendigen Fahrten.

(2) Der Verletzte ist verpflichtet, sich einer Krankenhausbehandlung zu unterziehen, wenn sie nach einer Stellungnahme eines durch die Dienstbehörde bestimmten Arztes zur Sicherung des Heilerfolges notwendig ist.

(3) Der Verletzte ist verpflichtet, sich einer ärztlichen Untersuchung und Behandlung zu unterziehen, es sei denn, dass sie mit einer erheblichen Gefahr für Leben oder Gesundheit des Verletzten verbunden ist. Das Gleiche gilt für eine Operation dann, wenn sie keinen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeutet. Die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann bestimmen, welcher Arzt die Untersuchung oder Behandlung nach Satz 1 durchführt.

(4) Verursachen die Folgen des Dienstunfalles außergewöhnliche Kosten für Kleider- und Wäscheverschleiß, so sind diese in angemessenem Umfang zu ersetzen. Kraftfahrzeughilfe wird gewährt, wenn der Verletzte infolge des Dienstunfalls nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist, um die zur Dienstausübung erforderlichen Wege zurückzulegen. Notwendige Aufwendungen für eine bedarfsgerechte Anpassung des Wohnumfelds werden erstattet, wenn infolge des Dienstunfalls nicht nur vorübergehend die Anpassung vorhandenen oder die Beschaffung bedarfsgerechten Wohnraums erforderlich ist. Ist der Verletzte an den Folgen des Dienstunfalles verstorben, so können auch die Kosten für die Überführung und die Bestattung in angemessener Höhe erstattet werden.

(5) Die Durchführung regelt das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Für die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis gilt folgendes:

1.
Die Revision ist außer in den Fällen des § 132 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, wenn das Urteil von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist.
2.
Die Revision kann außer auf die Verletzung von Bundesrecht darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruht.