Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 10. Juli 2018 - 10 B 17.1996

published on 10/07/2018 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 10. Juli 2018 - 10 B 17.1996
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Verwaltungsgericht München, M 13 K 16.2066, 25/04/2017

Gericht

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Tenor

I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 25. April 2017 wird festgestellt, dass (auch) die Beschränkung Nr. 1.6 im Bescheid des Beklagten vom 8. April 2016 bezüglich der Passage „… sind alle Äußerungen verboten, die das NS-Regime sowie dessen Organisationen … sowie verbotene Parteien und Vereine einschließlich deren Nachfolge- und Ersatzorganisationen billigen, verherrlichen, rechtfertigen oder verharmlosen … untersagt sind … die Parolen ‚Wir sind wieder da!‘“ rechtswidrig war.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich mit ihrer Fortsetzungsfeststellungsklage gegen eine versammlungsrechtliche Beschränkung.

Mit Bescheid vom 8. April 2016 erließ der Beklagte für die von der Klägerin zu 1, vertreten durch den Kläger zu 2, beim Landratsamt P. für den 9. April 2016, 13.45 Uhr bis 15.00 Uhr, angezeigte Versammlung mit dem Thema „Kapitalismus zerschlagen – für einen deutschen Sozialismus!“ am Hauptplatz der Stadt P. unter anderem folgende Beschränkung:

„1.6 Verbot von Parolen

In Reden, Sprechchören sowie auf Transparenten, Fahnen, Schildern und Flyern sind alle Äußerungen verboten, die das NS-Regime sowie dessen Organisationen und deren (auch selbsternannten) Folgeorganisationen sowie verbotene Parteien und Vereine einschließlich deren Nachfolge- und Ersatzorganisationen billigen, verherrlichen, rechtfertigen oder verharmlosen.

Untersagt sind insbesondere die Parolen „Wir sind wieder da“, „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“, „Wir kriegen euch (alle)“, „Zionisten – Mörder und Faschisten“, sowie das sog. Paulchen-Panther-Lied „Wer hat an der Uhr gedreht?“. …“

Die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit u.a. der Beschränkung 1.6 bezüglich der Passage „…sind alle Äußerungen verboten, die das NS-Regime sowie dessen Organisationen … sowie verbotene Parteien und Vereine einschließlich deren Nachfolge- und Ersatzorganisationen billigen, verherrlichen, rechtfertigen oder verharmlosen. Untersagt sind … die Parolen ´Wir sind wieder da´…“ gerichtete Klage der Kläger vom 4. Mai 2016 hat das Verwaltungsgericht – unter teilweiser Stattgabe der Klage im Übrigen – mit Urteil vom 25. April 2017 abgewiesen. Gesetzliche Grundlage dieser Beschränkung sei Art. 15 Abs. 1 BayVersG. Die Beklagte habe die Beschränkung darauf gestützt, dass das lautstarke Skandieren dieser Parolen einen paramilitärischen Eindruck erwecke. Beschränkende Verfügungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung seien mit Blick auf Art. 5 GG und Art. 8 GG verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn sich die in Art. 15 Abs. 1 BayVersG vorausgesetzte Gefahr nicht aus dem Inhalt der Äußerung, sondern aus der Art und Weise der Durchführung der Versammlung ergebe. Eine Gefahr für die öffentliche Ordnung infolge der Art und Weise der Durchführung der Versammlung könne bei einem aggressiven und provokativen, die Bürger einschüchternden Verhalten der Versammlungsteilnehmer bestehen. Dies gelte insbesondere dann, wenn ein Aufzug sich durch sein Gesamtgepräge mit den Riten und Symbolen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft identifiziere und durch das Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes andere Bürger einschüchtere. Bei den als solchen nicht strafbaren Äußerungen habe die Versammlungsbehörde auf die Art und Weise der Durchführung der Versammlung abstellen dürfen. Der Beklagte habe bei seiner danach erforderlichen Gefahrenprognose auch ohne Einbeziehung der Ereignisse bei den Versammlungen der Klägerin zu 1 am 1. Mai 2016 in Plauen und Saalfeld von einer hinreichenden Gefahr für die öffentliche Ordnung im dargelegten Sinn ausgehen dürfen. Laut Verfassungsschutzbericht 2014 (sowie 2015 und 2016) handle es sich bei der Partei „Der III. Weg“ um eine Partei, die einen stark neonazistisch geprägten Rechtsextremismus vertrete und deren ideologische Ziele wie das Programm der NSDAP auf einem biologischen Volksbegriff basierten. Unter Berücksichtigung des Versammlungsthemas, des Versammlungsortes, einem zentralen Platz der Stadt P., der Werbung für die Versammlung auf der Internetseite der Partei sowie der Kundgebungsmittel (Handmegaphon, Lautsprecherwagen mit Verstärker, offenes Mikrofon und Abspielen von Musik) habe die Behörde von der Gefahr ausgehen dürfen, dass sich die Versammlung durch ihr Gesamtgepräge mit den Riten und Symbolen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft identifiziere und durch Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes andere Bürger einschüchtere. Daran ändere auch die geringe Anzahl von 20 Teilnehmern der Versammlung nichts, da die genannten Wirkungen unter Berücksichtigung der technischen Möglichkeiten (z.B. Verstärker, Mikrofone) auch von einer geringen Anzahl von Teilnehmern ausgehen könnten. Auch ein lautes Skandieren der Parole „Wir sind wieder da!“ könne unter Berücksichtigung des Versammlungsthemas und der Ziele der Klägerin zu 1 zu der dargestellten Wirkung führen. Dies gelte unabhängig davon, ob dem Einzelnen bzw. der Öffentlichkeit die Herkunft dieser Parole zur Wiederzulassung der NSDAP in Deutschland geläufig sei. Soweit die Rechtsprechung diese Parole in Einzelfällen für zulässig gehalten habe, folge die Kammer dem nicht.

Rechtsfehler bei der Ausübung des Ermessens seien nicht ersichtlich. Die Behörde habe im Bescheid vom 8. April 2016 zum Ausdruck gebracht, dass sie gesehen habe, dass es sich um eine Ermessensentscheidung handle, und einzelne Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen. Gerichtlich überprüfbare Abwägungsfehler lägen nicht vor. Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig im engeren Sinn.

Mit ihrer mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Oktober 2017 zugelassenen Berufung machen die Kläger im Wesentlichen geltend, die Klage sei auch hinsichtlich der Beschränkung 1.6 im beantragten Umfang begründet. Auch insoweit sei § 15 Abs. 1 VersG (richtig: Art. 15 Abs. 1 BayVersG) keine tragfähige Grundlage, weil diesbezüglich eine unmittelbare, konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht vorgelegen habe. Die beanstandete Beschränkung sei zu unbestimmt und damit rechtswidrig, weil bereits unklar sei, was mit „NS-Regime“ gemeint sei und um welche verbotenen Parteien und Vereine es sich dabei handeln solle. Derzeit seien in Deutschland 16 rechtsextreme Organisationen auf Bundesebene und 73 Organisationen auf Landesebene verboten, darunter auch solche, die einen Bezug zum NS-Regime, zum Rechtsextremismus oder überhaupt zur Politik überhaupt nicht erkennen ließen (z.B. „Besseres Hannover“). Bei wörtlichem Verständnis würde jede Billigung einer dieser Vereinigungen einen Verstoß gegen die Auflage bedeuten und eine Auflösung der Versammlung rechtfertigen, obwohl kein Mensch heute diese Organisationen tatsächlich kenne. Dies zeige deutlich, dass die Beschränkung ausufernd, unbestimmt und unklar sei. Zudem stelle die Beschränkung im beanstandeten Umfang ein unzulässiges Verbot einer Meinung dar. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass damit der Inhalt, nicht aber die Art und Weise der Äußerung verboten werde. Rechtsirrig gehe das Verwaltungsgericht auch davon aus, dass sich die Versammlung ohne die angefochtene Beschränkung durch ihr Gesamtgepräge mit den Riten und Symbolen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft identifiziere und durch das Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes andere Bürger einschüchtere. Selbst bei Verwendung sämtlicher der im Übrigen bei Demonstrationen allgemein üblichen Hilfsmittel wie Handmegaphon, Lautsprecherwagen mit Verstärker, offene Mikrofone und Musik könne eine aus 20 Personen bestehende friedliche Versammlung nicht einschüchternd wirken. Auch die Folgerungen des Verwaltungsgerichts aus dem Landesverfassungsschutzbericht 2014 seien angesichts der dort aufgeführten Aktivitäten der Klägerin zu 1 nicht gerechtfertigt. Das Verbot der Parole „Wir sind wieder da!“ sei ebenfalls rechtswidrig. Damit werde ausgedrückt, dass die Klägerin zu 1 trotz Verboten, Beschränkungen und Behinderungen weiter demonstriere und sich von ihren Auftritten in der Öffentlichkeit nicht abhalten lasse. Selbst wenn damit eine Fortführung der NSDAP propagiert werden sollte, liege eine tatbestandsmäßige Gefährdung nicht vor, weil der breiten Öffentlichkeit die Bedeutung des Satzes weder bekannt sei und die Parole schon gar nicht dem Nationalsozialismus zugeordnet werde. Demgemäß hätten bereits mehrere Gerichte eine solche Beschränkung für rechtswidrig erklärt (SächsOVG, U.v. 28.7.2009 – 3 B 60/06 –; VG Aachen, U.v. 14.1.2009 – 6 K 374/08 –, bestätigt durch OVG NW, B.v. 13.10.2010 – 5 A 506/09 –).

Rechtsfehlerhaft gehe das Verwaltungsgericht schließlich davon aus, dass der Beklagte beim Erlass dieser Beschränkung sein Ermessen rechtmäßig ausgeübt habe. Unter Nr. II 2. des Bescheids finde sich zwar eine lediglich allgemeine und formelhafte Formulierung bezüglich einer Ermessensausübung, jedoch fehle eine wirkliche Begründung und Subsumtion sowie Abwägung der widerstreitenden Belange. Hinsichtlich der streitbefangenen Beschränkung komme im Bescheid das Wort „Ermessen“ nicht einmal vor.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 25. April 2017 wird (weiter) festgestellt, dass die Beschränkung 1.6 im Bescheid des Beklagten vom 8. April 2016 bezüglich der Passage „…sind alle Äußerungen verboten, die das NS-Regime sowie dessen Organisationen … sowie verbotene Parteien und Vereine einschließlich deren Nachfolge- und Ersatzorganisationen billigen, verherrlichen, rechtfertigen oder verharmlosen. Untersagt sind … die Parolen ´Wir sind wieder da!´…“ rechtswidrig ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufung sei unbegründet, weil die beanstandete Beschränkung in Nr. 1.6 des Bescheids vom 8. April 2016 rechtmäßig sei und die Kläger nicht in ihren Rechten verletze. Nach den zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses erkennbaren Umständen sei die vom Landratsamt P. vorgenommene Gefahrenprognose rechtlich nicht zu beanstanden. Nach dem damals aktuellen Verfassungsschutzbericht 2014 des Bundesministeriums des Innern sei die rechtsextreme Partei „Der III. Weg“ die derzeit prägende neonazistische Partei in Bayern, die ein völkisch-biologistisches Menschen- und Gesellschaftsbild vertrete, das mit dem individuellen Menschenrechtsverständnis des Grundgesetzes nicht vereinbar sei. Die Partei stehe nach dem Verfassungsschutzbericht dem demokratischen Rechtsstaat fundamental ablehnend gegenüber und habe unter anderem das Ziel, eine Atmosphäre der Angst und Einschüchterung durch aggressives und provokantes Auftreten zu fördern. Auch dem Verfassungsschutzbericht 2014 des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr seien entsprechende Feststellungen zu entnehmen. Die ideologischen Ziele der Partei ergäben sich aus ihrer Satzung sowie aus einem „Zehn-Punkte-Programm“, das auf Elemente des 25-Punkte-Programms der NSDAP zurückgreife. Auch Antisemitismus sei für die Ideologie der Partei prägend. Zudem sei die Versammlung auf der Internetseite der Klägerin zu 1 damit beworben worden, dass der Zorn und die Wut über das ausbeuterische und völkerfeindliche Unrechtssystem auf die Straße getragen werden sollen. Wie das Verwaltungsgericht überzeugend dargelegt habe, habe der Beklagte aus der Gesamtschau der erkennbaren Umstände von der Gefahr ausgehen dürfen, dass die Versammlung sich ohne entsprechende Auflage durch ihr Gesamtgepräge mit den Riten und Symbolen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft identifizieren und durch Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes andere Bürger einschüchtern würde. Zutreffend sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass auch bei 20 Teilnehmern ein aggressives und provokantes, die Bürger einschüchterndes Verhalten der Versammlungsteilnehmer zu befürchten sei.

Zusätzlich seien für die Gefahrenprognose nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG auch sonstige Umstände zu berücksichtigen, die bei Erlass des Bescheides bereits objektiv vorgelegen haben. Schließlich dürften auch Umstände, die erst nach dem Zeitpunkt des Bescheidserlasses eingetreten bzw. bekannt geworden seien, ergänzend herangezogen werden, soweit diese die getroffene Gefahrenprognose lediglich bestätigten bzw. untermauerten. Demgemäß werde die Begründung des Bescheids hinsichtlich der Gefahrenprognose ergänzt. Die Versammlung habe an einem historisch stark belasteten Ort stattgefunden, der während der Zeit des Nationalsozialismus Schauplatz mehrerer Kundgebungen gewesen sei, 1935 in „A. H. Platz“ umbenannt worden sei und in der Folgezeit zu Propagandazwecken gedient habe. Die Geschichte der Stadt P. sei zudem in besonderer Weise durch die Zeit des Nationalsozialismus belastet. Vor diesem Hintergrund sei die Wahl des Versammlungsortes durch die Kläger besonders problematisch. Hinzu komme, dass die Stadt P. ihre NS-Geschichte derzeit aktiv aufarbeite, sodass sie bei den Bürgern sehr präsent sei. Auch liege in unmittelbarer Nähe des Versammlungsortes das Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus. Das Skandieren von Parolen mit Bezug zum NS-Regime und der Parole „Wir sind wieder da“ durch rechtsextremistische Versammlungsteilnehmer an diesem historisch belasteten Ort sei im Zusammenhang mit dem Versammlungsthema ohne weiteres geeignet, Erinnerungen an die Schrecken der NS-Zeit wachzurufen und die Bürger einzuschüchtern.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts könnten auch die Geschehnisse bei Versammlungen der Klägerin zu 1 in Saalfeld und Plauen im Rahmen der Gefahrenprognose Berücksichtigung finden. Die Versammlung in Saalfeld, bei der es nach Feststellungen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz sowie des Thüringer Landeskriminalamts zu Gewalttätigkeiten durch Versammlungsteilnehmer und Gegendemonstranten gekommen sei, habe am 1. Mai 2015 und damit – entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts – zeitlich vor der hier streitgegenständlichen Versammlung stattgefunden. Die Versammlung in Plauen habe am 1. Mai 2016 und damit zeitlich nach der streitgegenständlichen Versammlung stattgefunden. Auch die dabei gewonnenen Erkenntnisse, nämlich gewalttätige Ausschreitungen auch gegen polizeiliche Einsatzkräfte, könnten jedoch Berücksichtigung finden, weil sie die bisherige Gefahrenprognose lediglich bestätigten und untermauerten.

Aus der Gesamtschau dieser Gesichtspunkte ergebe sich eine tatbestandsmäßige Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die Behauptung der Kläger, dass die Parole „Wir sind wieder da“ neutral zu verstehen sei, sei als Schutzbehauptung zurückzuweisen. Von einer Partei wie der Klägerin zu 1 könne diese Parole nur in dem Sinne verstanden werden, dass damit eine Assoziation zur Zeit des Nationalsozialismus hervorgerufen werden solle. Das streitbefangene Verbot richte sich auch nicht gegen den Inhalt der Meinung; vielmehr werde auf die Art und Weise der Äußerungen abgestellt. Die untersagten Parolen hätten selbst einen aggressiven, kämpferischen Duktus. Ihr Skandieren hätte der Versammlung ein militärisches Gepräge verliehen, das auf die überwiegend friedliche Bevölkerung einschüchternd wirke. Nicht überzeugend sei auch der Einwand, dass die Auflage mit Blick auf die Bezeichnung „NSRegime“ zu unbestimmt sei.

Schließlich lägen auch keine Rechtsfehler bei der Ausübung des Ermessens durch das Landratsamt vor. Das Landratsamt habe im angegriffenen Bescheid unter Nr. II. 2. auf Art. 15 Abs. 1 BayVersG Bezug genommen und zum Ausdruck gebracht, dass es von einer Ermessensentscheidung ausgegangen sei. Unter Nr. II. 3.6 des Bescheids habe das Landratsamt darüber hinaus begründet, warum es die streitbefangene Auflage für erforderlich halte. Unter Nr. II. 5. fänden sich Aussagen zur Verhältnismäßigkeit mit Blick auf die berührten Grundrechte. Weitergehende Ermessenserwägungen seien im Bescheid nicht veranlasst gewesen. Hilfsweise würden die Ermessenserwägungen gemäß § 114 Satz 2 VwGO ergänzt; auf die nachgeschobenen Ermessenserwägungen des Beklagten in der Berufungserwiderung vom 15. Januar 2018 (S. 8/9) wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Taugliche Rechtsgrundlage für die streitbefangene Beschränkung sei im Übrigen auch Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 BayVersG. Demgemäß habe das Gericht die beanstandete Auflage auch anhand dieser Rechtsgrundlage zu prüfen. Die Voraussetzungen dieser Befugnisnorm hätten (ebenfalls) vorgelegen. Denn nach den erkennbaren Umständen habe die Gefahr einer Billigung und Verherrlichung der NS-Gewalt- und Willkürherrschaft bestanden.

In der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichtshofs wurden mit den Parteien insbesondere die Fragen einer hinreichend tragfähigen Gefahrenprognose und Ermessensausübung erörtert; auf die Sitzungsniederschrift vom 9. Juli 2018 wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache Erfolg. Ihre auf Feststellung der Rechtswidrigkeit (auch) der Beschränkung 1.6 im Bescheid des Beklagten vom 8. April 2016 (bezüglich der noch streitbefangenen Passage) gerichtete Klage ist begründet, weil diese durch Zeitablauf erledigte versammlungsrechtliche Beschränkung rechtswidrig war und die Kläger dadurch in ihren Rechten verletzt wurden (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Demgemäß war das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 25. April 2017 insoweit abzuändern und die begehrte Feststellung zu treffen.

1. Maßgeblich für die gerichtliche Prüfung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsaktes (Art. 35 Satz 1 BayVwVfG) – hier der durch Zeitablauf erledigten (s. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) versammlungsrechtlichen Beschränkung gemäß Art. 15 BayVersG (zum Rechtscharakter derartiger Maßnahmen vgl. BayVGH, U.v. 22.9.2015 – 10 B 14.2246 – juris Rn. 33) – ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Erledigung des Verwaltungsakts und die zu diesem Zeitpunkt bestehende Sach- und Rechtslage (Decker in BeckOK VwGO, Posser/Wolff, Stand: 1.4.2018, § 113 Rn. 88; H. A. Wolff in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 299; Riese in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2017, § 113 Rn. 152 jeweils m.w.N.; BayVGH, U.v. 22.9.2015 – 10 B 14.2246 – juris Rn. 44).

2. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung war die streitbefangene Beschränkung der am 9. April 2016 in P. durchgeführten Versammlung der Kläger rechtswidrig. Bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen der im Bescheid des Beklagten vom 8. April 2016 herangezogenen Rechtsgrundlage des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG waren nicht erfüllt, weil nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen hinreichend konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine tragfähige Prognose hinsichtlich einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung nicht vorlagen (2.1.) und ein „Nachschieben“ von Gründen in einer verfahrensrechtlichen Konstellation wie der vorliegenden diesen Mangel nicht zu heilen vermag (2.2.). Zudem lag hinsichtlich der streitbefangenen Beschränkung jedenfalls ein der gerichtlichen Überprüfung gemäß § 114 Satz 1 VwGO unterliegender Ermessensfehlgebrauch der Versammlungsbehörde vor (2.3.), der durch die im Gerichtsverfahren nachträglich angestellten bzw. ergänzten Ermessenserwägungen nicht (mehr) beseitigt bzw. geheilt werden konnte (2.4.).

2.1. Die vom Beklagten für diese Beschränkung der Versammlung – Verbot bestimmter Parolen – im zugrunde liegenden Bescheid herangezogene Rechtsgrundlage des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG trägt die angegriffene Verfügung nicht.

Nach dieser Bestimmung kann die zuständige Behörde eine Versammlung beschränken oder verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) darf die Behörde allerdings auch bei dem Erlass von Auflagen (Beschränkungen) keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Gründen für ein Verbot oder eine Auflage liegt grundsätzlich bei der Behörde (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2012 – 1 BvR 2794/10 – juris Rn. 17; B.v. 12.5.2010 – 1 BvR 2636/04 – juris Rn. 17 jeweils m.w.N.; BayVGH, B.v. 19.12.2017 – 10 C 17.2156 – juris Rn. 16). Aufgabe der Gerichte ist es zu prüfen, ob die (von der Versammlungsbehörde) für die Beurteilung der Gefahrenlage herangezogenen Tatsachen unter Berücksichtigung des Schutzgehalts des Art. 8 GG in nachvollziehbarer Weise auf eine unmittelbare Gefahr hindeuten (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 7.11.2008 – 1 BvQ 43/08 – juris Rn. 20). Die Frage, ob bei der (allgemein) im Gefahrenabwehrrecht gebotenen ex-ante-Betrachtung im Zeitpunkt der Maßnahme konkrete Tatsachen vorlagen, die die Annahme einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung begründeten, unterliegt voller gerichtlicher Nachprüfung; die darin enthaltenen prognostischen Elemente rechtfertigen keine Kontrollbeschränkung der Gerichte (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 20.4.2017 – 2 BvR 1754/14 – juris Rn. 46).

Gemessen daran ergeben sich entgegen der Bewertung des Verwaltungsgerichts hinreichend tragfähige Gesichtspunkte und Erwägungen für die Gefahrenprognose bezüglich der streitbefangenen Beschränkung weder unmittelbar aus der Begründung des Bescheids des Beklagten vom 8. April 2016 noch (ergänzend) aus den vorgelegten Behördenakten oder sonstigen zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen bzw. zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten.

In den Gründen des Bescheids des Beklagten vom 8. April 2016 ist vorweg lediglich formelhaft ausgeführt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 BayVersG erfüllt seien; es liege eine Sachlage vor, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen der öffentlichen Sicherheit und/oder Ordnung führe. Unter Nr. 3.6 dieses Bescheids ist zur streitbefangenen Beschränkung ergänzend ausgeführt, das lautstarke Skandieren der in dieser Beschränkung aufgezählten Parolen erwecke einen paramilitärischen Eindruck, der Eindruck der Gewalt- und Kampfbereitschaft könne unbefangene Beobachter verängstigen, Versammlungen, die ein solches militantes Gepräge mit der damit verbundenen Gewaltmetaphorik aufwiesen, liefen dem Friedlichkeitsgebot von Art. 8 Abs. 1 GG und Art. 113 der (Bayerischen) Verfassung zuwider; „Wir sind wieder da!“ sei eine Parole der 1972 im Ausland gegründeten NSDAP/AO.

Konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine unmittelbare Gefährdung der Schutzgüter der angeführten Rechtsgrundlage bei Durchführung gerade der vorliegenden Versammlung ergeben sich daraus aber nicht. Vielmehr fehlt insoweit der erforderliche konkrete Fallbezug. Zum einen wird schon nicht deutlich, ob und gegebenenfalls welche Anhalts- oder Gesichtspunkte die Versammlungsbehörde für ihre Gefahreneinschätzung bzw. -prognose herangezogen hat, zum anderen fehlt aber vor allem jeder nachvollziehbare Bezug zu der konkret geplanten Versammlung. Beides ergibt sich auch nicht aus dem in der Behördenakte (Bl. 32 ff.) befindlichen Vermerk zur Gefahrenprognose bezüglich der streitbefangenen Versammlung der Kläger am 9. April 2016. Unabhängig davon, dass dieser Vermerk mit Datum 9. April 2016, also einem Tag nach der Erstellung des streitbefangenen Bescheids versehen ist, im ersten Absatz des Vermerks aber noch den nachträglich handschriftlich korrigierten ursprünglichen Termin des „stattgefundenen Kooperationsgesprächs“ (8.4.2016) enthält, was auf eine deutlich frühere Erstellung dieses Vermerks hindeutet, finden sich auch darin lediglich formelhafte Ausführungen: Im Rahmen des Kooperationsgesprächs sei deutlich geworden, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 BayVersG für die Festsetzung von Beschränkungen erfüllt seien; es liege eine Sachlage vor, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen der öffentlichen Sicherheit und/oder Ordnung führe. Nach den polizeilichen Erkenntnissen, insbesondere hinsichtlich der örtlichen und sachlichen Gegebenheiten am Tag der Kundgebung, seien die beschränkenden Verfügungen geeignet, erforderlich und verhältnismäßig, um einen störungsfreien Ablauf der Versammlung sicherzustellen. Bezüglich des Verbots von Parolen enthält dieser Vermerk unter Nr. 6. lediglich die Bewertung, wie sie praktisch wortgleich in den streitbefangenen Bescheid Eingang gefunden hat. Irgendwelche konkreten tatsächlichen Anhalts- oder Gesichtspunkte für die diesbezügliche Gefahreneinschätzung und der erforderliche nachvollziehbare Bezug zur konkreten Versammlung fehlen auch hier.

Auch die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof abgegebene Erklärung der Vertreter des Beklagten, die Erwägungen zur Gefahrenprognose seien vor allem mündlich im Kooperationsgespräch zur angemeldeten Versammlung am 7. April 2016 erörtert worden, und Anhaltspunkte und Erkenntnismittel seien zudem die Selbstaussage der Klägerin zu 1 über ihre Aktivitäten und Ziele sowie die konkrete Bewerbung dieser Veranstaltung im Internet gewesen, vermag letztlich nicht zu überzeugen. Weder der Vermerk über dieses Kooperationsgespräch in der Behördenakte (Bl. 27 ff.) noch etwa der ebenfalls bei den Akten befindliche Bericht der KPI Ingolstadt zu den Veranstaltungen der Klägerin zu 1 am Samstag, 9. April 2016, in Bayern enthalten diesbezüglich konkrete tatsächliche Anhaltspunkte oder wenigstens Hinweise darauf. Vielmehr liegt im vorliegenden Fall gerade auch mit Blick auf ein bei der Behördenakte befindliches E-Mail der Regierung von Oberbayern vom 21. April 2016 (Bl. 103) nahe, dass die Versammlungsbehörde eine Auflage aus einem Muster-Bescheid der Regierung in den streitbefangenen Bescheid ohne hinreichend tragfähige Gefährdungsprognose und ohne konkreten Bezug zu der von den Klägern geplanten Veranstaltung und deren Begleitumständen aufgenommen hat.

Für letzteres spricht im Übrigen auch, dass eine im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits durch die Versammlungsbehörde am 20. September 2016 per E-Mail erfolgte konkrete Anfrage, ob zum Zeitpunkt der Gefahreinschätzung vor der Versammlung am 9. April 2016 zu erwarten gewesen sei, dass durch die Art und Weise der Meinungsäußerungen (aggressives und provozierendes Skandieren von Parolen … etc.) eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entstehen könnte, und ob bei bisherigen anderen Kundgebungen der Klägerin zu 1 eine solche Art und Weise der Meinungsäußerung schon erfolgt sei, vom zuständigen Beamten der KPI Ingolstadt dahingehend beantwortet wurde, dass bezüglich beider Fragen im Vorfeld keine Erkenntnisse vorlagen, das Skandieren von provozierenden Parolen allerdings im Vorfeld „nie ausgeschlossen werden“ könne (vgl. beiliegende nicht paginierte Prozessakte des Landratsamts).

Auch wenn man – ohne dafür irgendwelche Anhaltspunkte in den Behördenakten zu finden – zu den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG die Erkenntnisse und Bewertungen der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und Bayerns über die Klägerin zu 1 in den jeweiligen Verfassungsschutzberichten 2014 zählt und demgemäß für die Gefahrenprognose heranzieht, reicht das allein aus der gebotenen ex-ante-Betrachtung für eine tragfähige Gefahrenprognose der Versammlungsbehörde nicht aus. Der Beklagte hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich nach diesen Erkenntnissen bei der Klägerin zu 1 um eine derzeit prägende neonazistische (Kleinst-)Partei mit völkisch-biologistischem Menschen- und Gesellschaftsbild handelt, deren Ziel unter anderem die Förderung einer Atmosphäre der Angst und Einschüchterung durch aggressives und provokantes Auftreten ist. Darüber hinausgehende tragfähige Anhaltspunkte mit hinreichend konkretem Bezug zur geplanten Veranstaltung der Kläger, woraus sich der von der Versammlungsbehörde angenommene bzw. unterstellte Eindruck der Gewalt- und Kampfbereitschaft, das militante Gepräge mit der damit verbundenen Gewaltmetaphorik und die paramilitärischen oder sonstigen einschüchternden Begleitumstände der geplanten Versammlung nachvollziehbar ableiten oder folgern ließen, fehlen hier jedoch.

2.2. Ein Nachschieben von Gründen im Verwaltungsprozess im Sinne einer Nachholung oder Ergänzung der materiell-rechtlich relevanten Begründung (zum Begriff vgl. z.B. Schemmer in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, Stand: 1.7.2018, § 45 Rn. 34) – hier der Gefahrenprognose gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG – ist entgegen der Auffassung des Beklagten in der vorliegenden Konstellation aus prozessualen Gründen und vor allem Gründen des materiellen Rechts nicht möglich.

In prozessualer Hinsicht spricht dagegen, dass bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog) Gegenstand der gerichtlichen Prüfung allein die Rechtswidrigkeit der durch Zeitablauf (hier: Durchführung der Versammlung am 9. April 2016) erledigten, d.h. unwirksam gewordenen, Beschränkung ist. Maßgeblich dabei ist – wie bereits oben ausgeführt – grundsätzlich der Zeitpunkt der Erledigung des Verwaltungsakts und die zu diesem Zeitpunkt bestehende Sach- und Rechtslage. Die (rückwirkende) Nachbesserung oder sogar Nachholung einer materiell-rechtlich relevanten Begründung nach diesem Zeitpunkt wäre insoweit geradezu systemwidrig, weil nach dem Ende der äußeren und inneren Wirksamkeit des Verwaltungsakts (vgl. dazu Schemmer in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, Stand: 1.7.2018, § 43 Rn. 46) Streitgegenstand und Sachlage durch die Behörde noch einseitig beeinflusst werden könnten. Ebenso wenig wie die Heilung eines Verfahrens- oder Formfehlers nach der Erledigung des Verwaltungsakts gemäß Art. 45 BayVwVfG in Betracht kommt, der einen wirksamen Verwaltungsakt voraussetzt, kann deshalb nach Auffassung des Senats ein Nachschieben von Gründen im oben genannten Sinn im Rahmen der vorliegenden Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog) zulässig sein.

Auch materiell-rechtliche Gründe sprechen für dieses Ergebnis. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG lässt mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) Beschränkungen (oder ein Verbot) einer Versammlung nur für den Fall zu, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist (vgl. z.B. BVerfG, B.v. 12.5.2010 – 1 BvR 2636/04 – juris Rn. 17 m.w.N.). Dadurch ist klargestellt, dass Grundlage der Gefahrenprognose und damit der Entscheidung der Versammlungsbehörde nur zum Zeitpunkt der behördlichen Verfügung erkennbare tatsächliche Anhaltspunkte sein können. Demgemäß kommt es für die Rechtmäßigkeit der Gefahrenprognose auf die zu diesem Zeitpunkt der Versammlungsbehörde zur Verfügung stehenden Erkenntnisse an (vgl. Dürig-Friedl in Dürig-Friedl/Enders, Versammlungsrecht, Kommentar, VersammlG § 15 Rn. 60; Hettich, Versammlungsrecht in der Praxis, 2. Aufl. 2018, Rn. 149; BayVGH, B.v. 26.11.1992 – 21 B 92.1672 – juris Rn. 34). Danach ist es aber auch mit Blick auf die nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG gebotene Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht zulässig, wenn die Versammlungsbehörde die von ihr diesbezüglich zu fordernden Bemühungen um Sachaufklärung (vgl. Dürig-Friedl, a.a.O.; zu den auch bei dem Erlass von Auflagen/Beschränkungen nicht zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose vgl. BVerfG, B.v. 12.5.2010 – 1 BvR 2636/04 – juris Rn. 17) nicht zum Zeitpunkt ihrer Verfügung, sondern erst nachträglich im Verwaltungsstreitverfahren unternimmt und mit den nachgeschobenen Gründen – selbst bei unveränderter Sachlage – die getroffene Entscheidung nach deren Unwirksamwerden zu rechtfertigen versucht. Dies würde zudem der Bedeutung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) nicht gerecht und dem Recht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) des Betroffenen zuwiderlaufen.

Selbst wenn man aber entsprechend den in der Rechtsprechung nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht gebildeten Grundsätzen neue Gründe für einen Verwaltungsakt – hier die erledigte streitbefangene Beschränkung – dann zuließe, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 46.12 – juris Rn. 32 m.w.N., allerdings ausdrücklich offen gelassen für den Fall einer rückwirkenden Änderung bei einem endgültig erledigten Dauerverwaltungsakt), würde das an der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Beschränkung nichts ändern. Denn ein Nachschieben in diesem Sinne könnte allenfalls eine Ergänzung, Präzisierung oder Vertiefung jedenfalls im Ansatz bereits vorhandener tragender Erwägungen zur Begründung einer unmittelbaren Gefährdung im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG, nicht aber die Nachholung einer (nahezu) vollständig fehlenden Gefahrenprognose bedeuten. Wird wie im vorliegenden Fall ursprünglich praktisch nur der Gesetzestext wiederholt und mit formelhaften Ausführungen ohne hinreichenden konkreten Fallbezug ergänzt, kommt ein Nachschieben von Gründen im Sinne der angeführten Rechtsprechung jedenfalls nicht (mehr) in Betracht (vgl. Riese in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2017, § 113 Rn. 35).

Aus den genannten Gründen ist es – ungeachtet der Frage des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen und der diesbezüglich erforderlichen Gefahrenprognose – dem Beklagten auch verwehrt, die streitbefangene Beschränkung nunmehr nachträglich (vgl. Nr. 7. der Berufungserwiderung vom 15.1.2018, Bl. 30 ff. der VGH-Akte) auf Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 BayVersG als Rechtsgrundlage zu stützen.

2.3. Hinsichtlich der streitbefangenen Beschränkung lag im maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung jedenfalls auch ein der gerichtlichen Überprüfung gemäß § 114 Satz 1 VwGO unterliegender Ermessensfehlgebrauch der Versammlungsbehörde vor.

Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG sieht auf der Rechtsfolgenseite Ermessen der Versammlungsbehörde vor, das heißt (auch) bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage steht die Anordnung von Beschränkungen der Versammlung im Ermessen der Behörde, das diese im Rahmen des Art. 40 BayVwVfG unter Berücksichtigung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) und Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszuüben hat. Insoweit ist die Ermessensausübung der Versammlungsbehörde durch die Gerichte nach § 114 Satz 1 VwGO überprüfbar.

Ein danach gerichtlich zu beanstandender Ermessensfehlgebrauch der Versammlungsbehörde lag im maßgeblichen Zeitpunkt schon deshalb vor, weil die entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung (s. Art. 40 BayVwVfG) anzustellende Prüfung bzw. Prognose, ob und in welchem Umfang bei der Durchführung der angemeldeten Versammlung eine unmittelbare Gefährdung der Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG zu erwarten ist, von der Behörde nicht in der gebotenen Weise durchgeführt bzw. angestellt worden ist; auf die Ausführungen unter 2.1. kann hier Bezug genommen werden.

In den Gründen des Bescheids des Beklagten vom 8. April 2016 (Nr. II. 2.) finden sich zum Ermessen lediglich die formelhaften Ausführungen, „Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 BayVersG entscheidet die zuständige Behörde über die Festsetzung von beschränkenden Verfügungen nach pflichtgemäßem Ermessen.“ und „Nach den polizeilichen Erkenntnissen, insbesondere hinsichtlich der örtlichen und sachlichen Gegebenheiten am Tag der Kundgebung sind die beschränkenden Verfügungen geeignet, erforderlich und verhältnismäßig, um einen störungsfreien Ablauf der Versammlung sicherzustellen.“. Unter II. 3.6 wird diesbezüglich lediglich ausgeführt, „Da auch in Musikstücken diese Parolen enthalten sein können, ist eine entsprechende Regelung auch für die ausgestrahlte Musik erforderlich.“

Soweit der Beklagte noch auf umfangreichere Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit unter II. 5. des Bescheids verweist, beziehen sich diese offensichtlich und eindeutig ausschließlich auf die unter Nr. 1.5 des Bescheids verfügte Beschränkung der Kundgebungsmittel; einen auch nur ansatzweisen Bezug zur streitbefangenen Verfügung bezüglich der Parolen vermag der Senat darin nicht zu erkennen. Demgemäß fehlt insoweit auch die im Hinblick auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit erforderliche Güterabwägung.

Nicht durchzugreifen vermag schließlich der Einwand des Beklagten, die Angabe weiterer Einzelheiten und Erwägungen sowohl bezüglich der Gefahrenprognose als auch der darauf beruhenden Ermessensausübung im Ausgangsbescheid sei schon deshalb entbehrlich, weil der beim Kooperationsgespräch anwesende Vertreter der Klägerin zu 1 nach kurzer Erläuterung der beabsichtigten Beschränkungen erklärt habe, „dies sei ihm bekannt, da dies nicht die erste Versammlung des III. Wegs sei“ (vgl. Vermerk über das Kooperationsgespräch am 7.4.2016, Bl. 30 der Behördenakte). Denn daraus konnte weder ein Einverständnis der Klägerin zu 1 mit der streitbefangenen Verfügung noch etwa ein Verzicht auf eine Begründung oder die pflichtgemäße Ermessensentscheidung abgeleitet werden.

2.4. Durch die im Gerichtsverfahren nachträglich angestellten bzw. ergänzten Ermessenserwägungen konnte der gerichtlich zu beanstandende Ermessensfehlgebrauch nicht (mehr) beseitigt bzw. geheilt werden.

Die Zulässigkeit eines Nachschiebens oder einer Ergänzung von Ermessenserwägungen bestimmt sich nach ganz herrschender Meinung nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht; § 114 Satz 2 VwGO ermöglicht dagegen allein keine Mängelheilung, sondern bestimmt lediglich, dass einem danach zulässigen Nachholen von Ermessenserwägungen prozessuale Hindernisse unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen nicht entgegenstehen (stRspr des BVerwG, vgl. z.B. U.v. 20.6.2013 – 8 C 46.12 – juris Rn. 31; Decker in BeckOK VwGO, Posser/Wolff, Stand: 1.4.2018, § 114 Rn. 38; Riese in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2017, § 113 Rn. 45; H. A. Wolff in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 114 Rn. 205; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 114 Rn. 85 f.; Schemmer in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, Stand: 1. 4. 2018, § 45 Rn. 35, 37 jeweils m.w.N.).

Nicht abschließend entschieden werden muss im vorliegenden Fall, ob nicht bereits aus prozessualen Gründen eine Ergänzung der Ermessenserwägungen der Versammlungsbehörde in der Situation einer Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog ausscheidet. Zwar geht – soweit ersichtlich – die herrschende Meinung und Rechtsprechung von der Anwendbarkeit des § 114 Satz 2 VwGO auch in den Fällen der Fortsetzungsfeststellungsklage aus (vgl. BVerwG, B.v. 15.3.2000 – 2 B 98.99 – NVwZ 2000, 1186; Decker in BeckOK VwGO, a.a.O., § 114 Rn. 1; Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 114 Rn. 12d; H. A. Wolff in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 114 Rn. 34; Rennert in Eyermann, a.a.O., § 114 Rn. 6). Das dafür angeführte Wortlautargument „hinsichtlich des Verwaltungsakts“ erscheint dem Senat allerdings aus den bereits oben unter 2.2. dargelegten Gründen gerade in der vorliegenden prozessualen Konstellation wenig überzeugend (im Ergebnis so auch OVG NW, B.v. 20.2.2001 – 18 A 1520/92 – NVwZ 2001,1424). Unabhängig davon stellt das im Berufungsverfahren mit Schriftsatz des Beklagten vom 15. Januar 2018 vorgenommene Nachschieben von Ermessenserwägungen auch keine bloße „Ergänzung“ im Sinne dieser prozessualen Bestimmung dar, sondern entspricht vielmehr einer erstmaligen Begründung der Ermessensentscheidung.

Einer Ergänzung der Ermessenserwägungen mit heilender Rückwirkung (ex tunc) nach Erledigung des versammlungsrechtlichen Verwaltungsakts (hier: der angefochtenen Beschränkung) stehen jedenfalls die bereits oben angeführten materiell-rechtlichen Gründe entgegen (im Ergebnis so auch OVG NW, a.a.O.; zweifelnd: Rennert in Eyermann, a.a.O., § 114 Rn. 88; offen gelassen: BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 46.12 – juris Rn. 32 im Fall eines für einen bereits abgelaufenen Zeitraum erledigten Dauerverwaltungsakts), auf die zur Vermeidung von Wiederholungen ebenfalls Bezug genommen wird.

Auf die weiteren im Verwaltungsstreitverfahren ausführlich erörterten materiellen Fragen insbesondere zur Bestimmtheit der streitbefangenen Beschränkung kommt es nach alledem nicht mehr entscheidungserheblich an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

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(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Gesetze, welche die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Ausgaben des Haushaltsplanes erhöhen oder neue Ausgaben in sich schließen oder für die Zukunft mit sich bringen, bedürfen der Zustimmung der Bundesregierung. Das gleiche gilt für Gesetze, die Einnahmeminderungen in sich schließen oder für die Zukunft mit sich bringen. Die Bundesregierung kann verlangen, daß der Bundestag die Beschlußfassung über solche Gesetze aussetzt. In diesem Fall hat die Bundesregierung innerhalb von sechs Wochen dem Bundestage eine Stellungnahme zuzuleiten.

(2) Die Bundesregierung kann innerhalb von vier Wochen, nachdem der Bundestag das Gesetz beschlossen hat, verlangen, daß der Bundestag erneut Beschluß faßt.

(3) Ist das Gesetz nach Artikel 78 zustande gekommen, kann die Bundesregierung ihre Zustimmung nur innerhalb von sechs Wochen und nur dann versagen, wenn sie vorher das Verfahren nach Absatz 1 Satz 3 und 4 oder nach Absatz 2 eingeleitet hat. Nach Ablauf dieser Frist gilt die Zustimmung als erteilt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.