Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Dez. 2017 - 8 ZB 17.1189

bei uns veröffentlicht am21.12.2017

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III. In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 20. Januar 2017 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf 1021,24 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung T., für das im Bestandsverzeichnis der Gemeinde T. eine Baulastverpflichtung für den öffentlichen Feld- und Wald Weg „H-gasse“ eingetragen ist. Mit ihrer Klage wendet sie sich gegen den Bescheid des Landratsamts K. vom 23. März 2015, mit dem sie als Baulastverpflichtete für die Wiederherstellung einer über den Weißen Main führenden Brücke in Anspruch genommen wird.

Im Bestandsverzeichnis für öffentliche Feld- und Waldwege der Gemeinde T. ist auf Blatt-Nr. … der hier streitgegenständliche Weg unter der Bezeichnung „H-gasse“ eingetragen. Der Gemeinderat T. beschloss am 7. März 1988, das Bestandsverzeichnis für öffentliche Feld- und Waldwege und beschränkt öffentliche Wege neu anzulegen und dieses gemäß Art. 67 Abs. 3 BayStrWG sechs Monate in der Gemeinde zur öffentlichen Einsicht auszulegen. Zur Begründung des Gemeinderatsbeschlusses wurde ausgeführt, dass das bisherige Bestandsverzeichnis für diese Wege nicht vollständig gewesen sei. So habe etwa für den Ortsteil L. die erstmalige Anlage nicht festgestellt werden können. Darüber hinaus wurde allgemein auf Zweifel an der Rechtswirksamkeit der erstmaligen Anlegung im Jahr 1961 verwiesen. Bei der Neuanlegung sollten eingetretene Veränderungen erfasst werden. In diesem Bestandsverzeichnis wird die H-gasse wie folgt beschrieben:

„FlNr. … Gemarkung T.

Beginnt an der S.straße in T. bei der FlNr. …

Endet an der Orts Straße in F. bei der FlNr. …“

Unerwähnt bleiben dagegen die Grundstücksflächen zwischen dem Ende der FlNr. … und der streitgegenständlichen Mainbrücke sowie die FlNr. …, auf der sich der Weiße Main erstreckt. In den Bemerkungen wird nicht nur auf die gleichlautende Eintragungsverfügung vom 13. November 1987, sondern auch auf die Eintragungsverfügung vom 6. Juli 1961 verwiesen, die folgenden Beschrieb enthält: „Inhalt der Eintragung: ‚H-gasse … (W.Weg!) von M.brücke bis F.“. Laut Bestandsverzeichnis sind die Anlieger Baulastträger. Die jeweiligen Flurnummern sind aufgeführt. Neben dem klägerischen Grundstück werden unter anderem die Eigentümer der FlNr. … und … (alle Gemarkung T., auch im Folgenden) genannt. Die S.straße ist im Bestandsverzeichnis (Blatt-Nr. ) als Orts Straße mit der Flurnummer … sowie dem Anfangspunkt Staats Straße … und dem Endpunkt „am westlichen Ufer des Weißen Mains beim Grundstück FlNr. …“ eingetragen.

Das Wegegrundstück FlNr. … erstreckt sich vom beschriebenen Endpunkt des öffentliche Feld- und Waldwegs (Orts Straße in F.) nach Süden. Es endet in etwa 60 m Entfernung von der streitgegenständlichen Brücke, die über den Weißen Main führt und an die sich im Süd-Westen unmittelbar die S.straße (FlNr. ...) anschließt. Auf in den Akten befindlichen Karten und Bildern ist ein durchgängiger Wegeverlauf über die zwischen FlNr. … und der Mainbrücke liegenden Grundstücksflächen erkennbar.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2015 hörte das Landratsamt K. die Klägerin sowie weitere baulastpflichtige Anlieger, darunter auch die Gemeinde T., zur beabsichtigten Brückensanierung an. Es wies darauf hin, dass die Gemeinde erfolglos versucht habe, eine Einigung über Art und Umfang der Baulastverpflichtungen herbeizuführen und kündigte eine Entscheidung (gemäß Art. 54 Abs. 4 Satz 2 BayStrWG) als zuständige Straßenaufsichtsbehörde an. Während mehrere Beteiligte daraufhin erklärten, die Gemeinde habe die Brücke mittlerweile ohne Zustimmung abgerissen und sie könnten ihre Grundstücke seither nicht mehr bewirtschaften, teilten andere Anlieger mit, dass sie die Brücke nicht mehr benötigten. In mehreren Stellungnahmen wurde die Gemeinde zur alleinigen Kostentragung aufgefordert, wozu sich diese allerdings nicht bereit erklärte.

Mit gleichlautenden Bescheiden vom 23. März 2015 stellte das Landratsamt K. Art und Umfang der Baulastverpflichtung für die Brücke über den Weißen Main fest, auch gegenüber der Klägerin. Die Kostenbeteiligung richtete sich nach der Größe der jeweiligen Anliegergrundstücke.

Die gegen diesen Bescheid erhobenen Anfechtungsklagen hat das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Urteil vom 20. Januar 2017 im Wesentlichen abgewiesen, unter Aufhebung der Kostenentscheidungen in den angefochtenen Bescheiden. Die Klägerin wendet sich mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung gegen diese Entscheidung. Sie trägt hauptsächlich vor, dass das erforderliche Einigungsverfahren zwischen den Unterhaltsverpflichteten fehlerhaft gewesen sei und dass die Brücke nicht Bestandteil des öffentlichen Feld- und Waldwegs „H-gasse“ sei.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe wurden nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16; B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.2017 – 2 BvR 2615/14 – IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19; B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 14 ZB 16.280 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2).

Nach diesem Maßstab bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Landratsamt nicht nur gemäß Art. 54 Abs. 4 Satz 2 BayStrWG berufen war, über Art und Umfang der Verpflichtung der Baulastträger zu entscheiden, sondern dass es auch verfahrensfehlerfrei entschieden hat (vgl. dazu unten Nr. 1.1) und dass die Baulast für den öffentlichen Feld- und Wald Weg „H-gasse“ die streitgegenständliche Brücke über den Weißen Main erfasst (vgl. dazu unten Nr. 1.2). Die Klägerin kann mit ihren dagegen erhobenen Einwendungen nicht durchdringen.

1.1 Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Landratsamts gemäß Art. 54 Abs. 4 Satz 2 BayStrWG vorlagen, weil keine Einigung zwischen den Beteiligten zustande kam, und dass der Bescheid formell rechtmäßig ist.

Beim streitgegenständlichen Weg handelt es sich um einen nicht ausgebauten öffentlichen Feld- und Wald Weg. Träger der Straßenbaulast sind gemäß Art. 54 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG diejenigen, deren Grundstücke über den Weg bewirtschaftet werden (Beteiligte). Nach Art. 54 Abs. 4 Satz 1 BayStrWG haben diese eine Einigung über die Art und den Umfang ihrer Verpflichtungen anzustreben. Aus den Gesetzesmaterialien (Entwurf der Staatsregierung eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des BayStrWG, LT-Beil. 6/447, S. 19) ergibt sich, dass dadurch zum Ausdruck gebracht werden soll, dass in erster Linie eine Einigung der Beteiligten anzustreben ist. Verfahrensregelungen dazu trifft das Gesetz nicht. Ein solcher Einigungsprozess stellt vor allem kein Verwaltungsverfahren im Sinn des Art. 9 BayVwVfG dar, selbst wenn – wie vorliegend – eine Gemeinde oder ein anderer Hoheitsträger daran beteiligt sein sollten. Es handelt sich vielmehr um Einigungsbestrebungen zwischen im Grundsatz gleichberechtigten Baulastverpflichteten. Der Gesetzgeber überlässt die Entscheidungen, ob und gegebenenfalls wie die sich aus der Straßenbaulast ergebenden Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen durchzuführen sind und wie der Aufwand untereinander aufzuteilen ist, zunächst allein dem freien Übereinkommen der Beteiligten (vgl. BayVGH, U.v. 30.8.2011 – 8 B 11.172 – BayVBl 2012, 468 = juris Rn. 21; Schmid in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Stand Mai 2017, Art. 54 Rn. 38), worauf auch die Klägerseite zu Recht hinweist. Kommt allerdings keine Einigung zustande, entscheidet die Gemeinde oder – wenn sie selbst beteiligt ist – gemäß Art. 54 Abs. 4 Satz 2 BayStrWG die Straßenaufsichtsbehörde. Die Regelung geht auf den Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Straßen- und Wegegesetz aus dem Jahr 1957 zurück. Ziel war es, den Betroffenen einen langwierigen Rechtsstreit über Art und Weise sowie Umfang der Unterhaltsverpflichtungen zu ersparen, indem die Unterhaltspflichten durch belastenden Verwaltungsakt geregelt werden (LT-Beil. 3/2832, S. 45).

Diese Zusammenhänge verkennt die Klägerin. Sie räumt zwar ein, dass hier ein Einigungsverfahren vorausgegangen ist, was auch erforderlich war (vgl. BayVGH, B.v. 8.10.2007 – 8 CE 07.2006 – juris Rn. 13), macht aber geltend, es sei fehlerhaft gewesen und der Bescheid sei daher aufzuheben. Es wird nicht klar, woraus sie die Verfahrensanforderungen ableiten will, auf deren Verletzung sie sich beruft. Entgegen der klägerischen Einwendungen war das Landratsamt als Straßenbaubehörde nicht für die Durchführung eines im Vorfeld stattfindenden Einigungsverfahrens zuständig. Für eine solche Zuständigkeit finden sich in Art. 54 Abs. 4 Satz 1 BayStrWG keine Anhaltspunkte. Die Gemeinde T. wurde insofern auch nicht als Straßenbehörde, sondern als beteiligte Grundstückseigentümerin tätig. Andere Beteiligte wären nicht gehindert gewesen, ebenfalls Einigungsbestrebungen zu initiieren. Die Zuständigkeit des Landratsamts war gemäß Art. 54 Abs. 4 Satz 2 BayStrWG erst eröffnet, als keine Einigung zustande gekommen war. Mangels Regelungslücke kommt keine analoge Anwendung dieser Zuständigkeitsnorm für die Einigungsbestrebungen im Vorfeld in Betracht. Hiergegen spricht der klare Wortlaut des Art. 54 Abs. 4 Satz 1 und 2 BayStrWG sowie die bereits dargelegte Systematik dieser Bestimmungen.

Entgegen der klägerischen Ansicht greifen auch keine Befangenheitsregelungen in Bezug auf die Einigungsbestrebungen der Gemeinde T. Sie gehörte zum Kreis der Beteiligten, sodass sie eine Einigung über die Art und den Umfang ihrer Verpflichtungen anzustreben hatte, wobei sie aber eigene Interessen verfolgen durfte. Soweit die Klägerseite Befangenheitsvorschriften (etwa Art. 21 BayVwVfG) entsprechend heranziehen will, was zu einem Ausschluss der Gemeinde führen soll, ist dies widersprüchlich. Die Interessen der Gemeinde als Beteiligte könnten dann von ihr nicht mehr wahrgenommen werden. Im Übrigen wurde sie gerade nicht in der Funktion einer ein Verwaltungsverfahren durchführenden Behörde tätig (vgl. oben), sodass auch aus diesem Grund Art. 21 BayVwVfG nicht einschlägig ist. Selbst wenn der Auffassung der Klägerseite gefolgt würde, vermag diese nicht schlüssig zu begründen, warum sich ein derartiger Verfahrensfehler auf das sich anschließende Verwaltungsverfahren hätte auswirken sollen.

Ausweislich der Stellungnahmen der Betroffenen, die diese im Rahmen der Anhörung gegenüber dem Landratsamt abgegeben haben, war hier keine Einigung zustande gekommen, was die Klägerin zu Unrecht in Frage stellt. Sie vermag weder darzulegen, dass eine Übereinkunft erzielt worden sei, noch, dass die völlig unterschiedlichen Vorstellungen der Beteiligten nicht deutlich hervorgetreten seien. Zwar lehnten einige Beteiligte eine Wiedererrichtung mangels eigenen Bedürfnisses für eine Brücke ab. Mehrere Beteiligte forderten die Gemeinde jedoch auf, die Brücke auf deren Kosten zu sanieren (wozu diese nicht bereit war) und machten geltend, ihre Grundstücke könnten ohne Brücke seit längerem nicht mehr bewirtschaftet werden (vgl. S. 71 ff. der Behördenakte des Landratsamts). Es trifft daher – entgegen dem klägerischen Vorbringen – nicht zu, dass aus allen Antworten hervorgehe, die Brücke werde nicht mehr benötigt. Selbst wenn den klägerischen Einwendungen gefolgt würde, spielte es angesichts dieser widerstreitenden Erklärungen auch keine Rolle, ob im Vorfeld alle Beteiligten in jeder Diskussionsphase einbezogen worden waren. Aus dem Ergebnis der Anhörung wird nicht ersichtlich, dass eine Einigung daran gescheitert wäre, dass Betroffene nicht Gehör gefunden hätten. Im Übrigen war die ursprünglich von der Gemeinde bevorzugte Variante (vgl. Gemeinderatsbeschluss vom 10.3.2014, S. 152 der Behördenakte der Gemeinde T.) einer Abstufung der Brücke zu einem beschränkt-öffentlichen Weg (Geh- und Radweg) und einer Neuerrichtung auf ihre Kosten zuvor ebenfalls von Anliegern abgelehnt worden. Dies belegen – entgegen den klägerischen Einwendungen – die Akten der Gemeinde T. (vgl. S. 108, 120 der Behördenakte der Gemeinde T.). Dieser Vorschlag hat auch später unter den Beteiligten offensichtlich keinen Konsens gefunden. Sie wären nicht gehindert gewesen, sich gegenüber dem Landratsamt in dieser Weise zu äußern und selbst konsensfähige Einigungsvorschläge zu unterbreiten.

1.2 Die Baulastverpflichtung erstreckt sich – entgegen der klägerischen Einwände – auch auf die streitgegenständliche Brücke, was sich aus der Auslegung des Bestandsverzeichnisses aus dem Jahr 1988 ergibt (vgl. dazu unten Nr. 1.2.1). Die darin getroffenen Regelungen sind nach Eintritt der Bestandskraft gegenüber der Klägerin wirksam; es liegen keine Nichtigkeitsgründe vor (vgl. dazu unten Nr. 1.2.2).

1.2.1 Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Mainbrücke Teil des öffentlichen Feld- und Waldwegs „H-gasse“ ist. Dies ergibt die Auslegung des zu Recht herangezogenen Bestandsverzeichnisses der Gemeinde T. aus dem Jahr 1988, das als solches den maßgeblichen Verwaltungsakt darstellt (vgl. dazu BayVGH, B.v. 22.2.2006 – 8 ZB 05.2284 – BayVBl 2007, 339 f. = juris Rn. 9; B.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – BayVBl 2013, 84 = juris Rn. 35 f.).

Zwar ist regelmäßig erforderlich, dass dort alle von einem öffentlichen Weg betroffenen Flurnummern aufgeführt werden, weil von einer Eintragung grundsätzlich nur diejenigen Grundstücke erfasst werden, die ausdrücklich benannt werden. Eine faktische oder konkludente Widmung gibt es nach Bayerischem Straßen- und Wegerecht nicht (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2016 – 8 B 15.129 – juris Rn. 21, m.w.N.). Es sind aber in der Rechtsprechung des Senats Ausnahmen anerkannt, wenn Wegeverlauf und –umfang eindeutig festliegen, etwa aufgrund eines genauen Beschriebs (BayVGH, B.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – BayVBl 2013, 84 = juris Rn. 47; B.v. 15.3.2017 – 8 ZB 15.1610 – juris Rn. 11 f. m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben, die das Verwaltungsgericht im Ergebnis ebenfalls zutreffend zugrunde gelegt hat, ist es unschädlich, dass als Wegegrundstück im Bestandsverzeichnis lediglich die Flurnummer … bezeichnet wird und nicht das Flussgrundstück (FlNr. …) sowie die Grundstücksflächen, auf denen der Weg zwischen der Brücke und diesem Wegegrundstück tatsächlich in der Natur verläuft. Die Klägerseite, die der Auffassung ist, die „H-gasse“ werde allein durch FlNr. … umschrieben, hat selbst eingeräumt, dass sich bei Zugrundelegung der verbalen Beschreibung des Anfangspunkts „die H-gasse auch auf die Brücke erstrecken“ würde (Schriftsatz vom 6.7.2017, Gerichtsakte, S. 27). Laut Bestandsverzeichnis (Blatt Nr. ...) beginnt dieser Weg an der S.straße in T. bei FlNr. … Das Grundstück liegt am linken, westlichen Mainufer, während der Weg im Übrigen ausschließlich östlich des Weißen Mains verläuft. Denknotwendig erfasst daher der unmissverständliche Beschrieb die an dieser Stelle in der Natur befindliche (streitgegenständliche) Brücke. Soweit in den Bemerkungen auf die Eintragungsverfügung aus dem Jahr 1961 verwiesen wird, ist darin – entgegen der klägerischen Einwände – kein Widerspruch zu sehen. Dort wurde die „H-gasse“ mit den Worten „von M.brücke bis F.“ beschrieben, was die Einbeziehung des Brückenbauwerks keineswegs ausschließt. Bestätigt wird diese Auslegung durch die im Bestandsverzeichnis geführte Karteikarte für die S.straße (Blatt Nr. ), die auch im Wegenetz (ausweislich der in den Akten befindlichen Pläne und Fotos) die Fortsetzung der H-gasse bildet. Als Endpunkt dieser Orts Straße wird im Bestandsverzeichnis das westliche Ufer des Weißen Mains „beim Grundstück FlNr. …“ genannt. Die sich im Osten anschließende Brücke kann somit nicht Bestandteil der S.straße sein. Angesichts dieser eindeutigen und schlüssigen Beschreibungen sowohl der sich im Westen anschließenden S.straße als auch des Anfangspunkts der streitgegenständlichen „H-gasse“ sind keine ernsthaften Zweifel daran veranlasst, dass die Brücke von der Baulast für diesen öffentlichen Feld- und Wald Weg umfasst wird.

Für die Zugehörigkeit der Mainbrücke zur „H-gasse“ spricht auch, dass die Grundstücke FlNr. … und … im Bestandsverzeichnis von 1988 als baulastpflichtige Anliegergrundstücke bezeichnet werden, wie im Urteil zutreffend dargelegt wird. Diese Flurnummern liegen (beidseits der S.straße) westlich des Weißen Mains, an den sie grenzen. Das Grundstück FlNr. … endet, vom Fluss getrennt, östlich davon in einer Entfernung von mehr als 60 m Luftlinie. Bei Zugrundelegung der klägerischen Auffassung, wonach die „H-gasse“ nur durch dieses Wegegrundstück umschrieben sein soll, wäre es nicht zu erklären, dass als Anliegergrundstücke die FlNr. … und … aufgeführt wurden. Geht man dagegen von einer Einbeziehung der Brücke aus, erscheint es jedenfalls nachvollziehbar, dass beide Grundstücke als Anlieger angesehen werden können. Die Frage, ob dies zu Recht erfolgte (die FlNr. … berührt die Brücke nur punktuell, die FlNr. … endet wenige Meter vor dieser, da sich das Grundstück FlNr. …, auf dem der Main fließt, an dieser Stelle über das Ufer hinaus erstreckt), bedarf in diesem Zusammenhang keiner abschließenden Beurteilung.

Im Übrigen wäre hier durch die von der Klägerseite geforderte Nennung des Flussgrundstücks (FlNr. …), das den gesamten Weißen Main im Gebiet der Gemarkung T. umfasst, wenig Rechtsklarheit gewonnen. Es ist offensichtlich und unterliegt keinem Zweifel, dass die streitgegenständliche Brücke über den Weißen Main führt, der auf der genannten Flurnummer fließt. Die Grundstücksbetroffenheit ist daher auch ohne eine Bezeichnung im Bestandsverzeichnis klar und unmissverständlich erkennbar (vgl. dazu BayVGH, U.v. 1.8.1991 – 8 B 99.1929 – BayVBl 1992, 562 f.). Über den Brückenstandort würde eine Nennung angesichts des Grundstücksverlaufs der FlNr. … ohnehin wenig aussagen. Dieser ergibt sich vielmehr aus der Anknüpfung des Beginns der „H-gasse“ an das Ende der S.straße, das durch FlNr. … klar definiert wird. Nach den von der Beklagtenseite vorgelegten Luftbildern (Landesluftbildarchiv Bayern vom 2.4.1959, S. 100 der Akte des Verwaltungsgerichts) und Karten (Schriftsatz der Landesanwaltschaft vom 23.8.2017 mit Verweis auf die topographische Karte Bayern, Ausgabe 1939, S. 65 der Gerichtsakte) befand sich die Brücke im Übrigen bereits vor 1961 und damit erst Recht vor 1988 an dieser Stelle (vgl. dazu auch die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 20.1.2017, S. 107 der Akte des Verwaltungsgerichts). Dies wird durch die Akte der Gemeinde T. bestätigt, die ein Katasterblatt des ehemaligen Messungsamts K. aus dem Jahr 1932 enthält, auf dem die Brücke und Teile der heutigen S.straße eingezeichnet sind, mit der Bemerkung „nunmehriger Verlauf des Weges“ (vgl. die E-Mail des Amts für Digitalisierung, Breitband und Vermessung K. vom 25.2.2016, S. 5 f. der Akte der Gemeinde T.). Dass möglicherweise eine katasternmäßige Erfassung erst später stattgefunden haben mag, worauf die Klägerseite hinweist, spielt demgegenüber keine Rolle und kann dahinstehen.

Der genaue Wegeverlauf zwischen der Brücke und dem als Wegegrundstück ausdrücklich genannten Grundstück FlNr. … bedarf keiner näheren Prüfung. Der Kläger verweist in diesem Zusammenhang lediglich auf das Flurstück … Es handelt sich dabei aber offensichtlich um eine Fläche, die erst nach 1988 von der Gemeinde T. erworben (vgl. notarieller Vertrag vom 30.4.2014, S. 41 ff. der Gerichtsakte) und vom Grundstück FlNr. … abgetrennt wurde. Sie spielt daher für die Frage der Auslegung des Bestandsverzeichnisses keine Rolle. Darüber hinaus wurden von der Klägerseite keine weiteren Unklarheiten gerügt. Der weitere Wegeverlauf berührt im Übrigen die Frage, ob die Mainbrücke Bestandteil der „H-gasse“ ist, auch nicht unmittelbar.

Schließlich kann die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, dass die Gemeinde T. im notariellen Vertrag vom 30.4.2014 (S. 41 ff. der Gerichtsakte) dem Eigentümer des Grundstücks FlNr. … eine Dienstbarkeit zur Benutzung der Brücke eingeräumt habe und dass dies gegen eine Einbeziehung der Brücke in die „H-gasse“ spreche. Grundlage war, ausweislich der Ziffer XIV. des Vertrags, dass die Gemeinde eine neue Brücke erstellen wollte. Laut Vertrag war eine Nutzungsbeschränkung auf Fußgänger- und Radfahrverkehr beabsichtigt, bei einer Traglast von etwa drei Tonnen. Im Gegenzug für die Bewilligung der Grunddienstbarkeit erwarb die Gemeinde einen Grundstücksteil aus dem Flurstück … (nunmehr FlNr. …, vgl. oben). Grundlage des Vertrags war daher die ursprünglich beabsichtigte Umstufung zu einem beschränkt-öffentlichen Weg, bei dem die Straßenbaulast bei der Gemeinde gelegen hätte (Art. 54a Abs. 1 BayStrWG), und die Errichtung einer solchen Brücke auf Kosten der Gemeinde, die dann jedoch am Widerstand von Anliegern scheiterte (vgl. oben und Gemeinderatsbeschluss vom 10.3.2014, S. 152 der Behördenakte der Gemeinde T.). Aus dem Vertragsschluss lassen sich im Übrigen auch deshalb keine Erkenntnisse für die Auslegung des Bestandsverzeichnisses gewinnen, weil nicht erkennbar ist, warum die Einräumung von derartigen Dienstbarkeiten straßenrechtliche Auswirkungen für bestehende öffentliche Feld- und Waldwege haben soll. Nach Art. 54 Abs. 7 Satz 1 BayStrWG ist Art. 13 BayStrWG für öffentliche Feld- und Waldwege in der Baulast der Beteiligten nicht anzuwenden. Hinzu kommt, dass dem Eigentümer der Flurnummer … die Benutzung des nicht umgestuften öffentlichen Feld- und Waldwegs H-gasse (einschließlich der Brücke) sowie die Stellung eines Beteiligten ohnehin aufgrund seiner Anliegerstellung eröffnet sein dürfte.

1.2.2 Soweit das Bestandsverzeichnis aus dem Jahr 1988 die oben dargelegten Regelungen zum öffentlichen Feld- und Wald Weg „H-gasse“ trifft, stellt es einen Verwaltungsakt dar, der – entgegen der klägerischen Einwendungen – wirksam ist.

Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar dargelegt, dass das Bestandsverzeichnis aus dem Jahr 1988 nicht nur deklaratorisch wirkt, sondern dass es nach dem nach außen erkennbaren Willen der Gemeinde T. eigene Rechtswirkungen entfalten sollte. Laut Gemeinderatsbeschluss vom 7. März 1988, war es nicht nur Ziel, ein Bestandsverzeichnis für bestimmte Gemeindeteile erstmalig anzulegen, sondern auch, bestimmte Zweifel an der Rechtswirksamkeit der erstmaligen Anlage des vorhandenen Bestandsverzeichnisses auszuräumen, wobei nachträgliche Veränderungen erfasst werden sollten. Es war daher auf eine umfassende Regelungswirkung gerichtet. Das Bestandsverzeichnis von 1961 sollte im Umfang der Neuanlegung beseitigt werden, sei es deklaratorisch, für den Fall dass es ohnehin unwirksam gewesen sein sollte, sei es konstitutiv, unter Aufhebung des früheren Aktes. Es war beabsichtigt, divergierende Inhalte zu vermeiden und Rechtssicherheit zu schaffen. Die Klägerseite hat mit ihren Einwendungen nicht ernsthaft in Abrede gestellt, dass es sich dabei um einen ihr gegenüber wirksam und bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakt handelt.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen verneint. Die dagegen erhobenen Einwände der Klägerin führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange kein Fall des Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG eintritt, wofür keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, und solange keine Nichtigkeit vorliegt (Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG). Nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG, der auch auf Eintragungen eines Wegs in ein Bestandsverzeichnis nach Art. 67 BayStrWG Anwendung findet (vgl. BayVGH, U.v. 12.12.2000 – 8 B 99.3111 – BayVBl 2001, 468 = juris Rn. 45), ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offensichtlich ist. Ein Fehler ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B.v. 19.10.2015 – 5 P 11.14 – NZA-RR 2016, 166 = juris Rn. 21) besonders schwerwiegend im Sinn des dieser Regelung zugrunde liegenden allgemeinen Grundsatzes,

„wenn er ein Handeln als schlechterdings unerträglich, d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lässt. Die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen müssen in so erheblichem Maße verletzt sein, dass von niemandem erwartet werden kann, das Handeln als verbindlich anzuerkennen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1997 - 8 C 1.96 - Buchholz 401.0 § 125 AO Nr. 1 S. 3 f. sowie Beschlüsse vom 11. Mai 2000 - 11 B 26.00 - Buchholz 316 § 44 VwVfG Nr. 12 S. 4 und 5. April 2011 - 6 B 41.10 - Buchholz 316 § 44 VwVfG Nr. 102 Rn. 4).“

Offenkundig oder offensichtlich ist die schwere Fehlerhaftigkeit nur dann, wenn sie für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne Weiteres ersichtlich ist (vgl. BVerwG, B.v. 19.10.2015 – 5 P 11.14 – NZA-RR 2016, 166 = juris Rn. 23; B.v. 13.10.1986 - 6 P 14.84 - BVerwGE 75, 62/65). Mängel, die ohne vertiefte Auseinandersetzung mit der Materie überhaupt nicht erkennbar werden, erfüllen diese Voraussetzung nicht (vgl. BayVGH, U.v. 19.11.1997 – 8 B 96.2966 – BayVBl 1997, 367/369 = VGH n.F. 50, 175/179). Bei der Rechtsmaterie der Rechtsbereinigung nach Art. 67 Abs. 3 und 4 BayStrWG ist zudem zu berücksichtigen, dass diese außerordentlich komplexe juristische Fragen aufwirft, die auch für den Fachmann nicht leicht zu überschauen sind. Der Senat hat dazu ausgeführt (BayVGH, B.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – BayVBl 2013, 84 = juris Rn. 45):

„Vor allem kleinere Gemeinden, die der Gesetzgeber des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes vom 11. Juli 1958 (GVBl S. 147) ebenfalls mit der erstmaligen Anlegungen der Bestandsverzeichnisse betraut hatte, waren beim Vollzug dieser Aufgaben erkennbar überfordert. Die Folge waren massenhaft auftretende Mängel im Vollzug, besonders hinsichtlich der Beachtung des komplizierten Verfahrens – mit einer Anlegungsfrist, einer Frist für die öffentliche Bekanntmachung und einer Rechtsbehelfsfrist. Aber auch die Beurteilung der komplizierten sachenrechtlichen Verhältnisse bereitete Schwierigkeiten. Dies alles war der Grund dafür, dass die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die verschiedenen Anforderungen beim Vollzug des Art. 67 Abs. 3, 4 BayStrWG wiederholt abgesenkt und auch einzelne Regelungen nur als Ordnungsvorschriften angesehen hat (vgl. etwa BayVGH vom 30.4.1985 BayVBl 1985, 532; vom 15.5.1990 BayVBl 1990, 627; vom 1.8.1991 BayVBl 1992, 562; vom 21.11.1991 FStBay 1992 Rn. 262). Die dargestellten Fehlleistungen des Gesetzgebers dürfen bei der Beurteilung der Evidenz nicht außer Betracht gelassen werden. Wenn Fachleute mit einschlägiger öffentlich-rechtlicher Vorbildung Schwierigkeiten beim Vollzug der Vorschriften über die wegerechtliche Rechtsbereinigung haben, muss dies auch bei der Beurteilung der Anforderungen an die Offensichtlichkeit im Sinn des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG Berücksichtigung finden. Hinsichtlich der Annahme einer Nichtigkeit einer Eintragung nach Art. 67 Abs. 3 BayStrWG ist daher in der Regel Zurückhaltung geboten.“

Nach diesen Maßstäben leidet die Eintragung der „H-gasse“ in dem im Jahr 1988 neu gefassten Bestandsverzeichnis an keinem besonders schwerwiegenden Fehler, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht einen solchen Fehler in Bezug auf die Neuanlegung an sich verneint. Selbst wenn die „zweite“ Erstanlegung rechtswidrig gewesen sein sollte, wovon die Klägerseite ausgeht, liegt in einem solchen Fall kein schwerwiegender und offenkundiger Fehler vor (vgl. BayVGH, U.v. 15.5.1990 – 8 B 86.558 – BayVBl. 1990, 627 = juris Rn. 19 m.w.N.; Häußler, in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 67 Rn. 37). Entgegen des klägerischen Einwands sind Bestandsverzeichnisse nicht indisponibel, sondern können geändert werden (Häußler, in Zeitler, a.a.O., Art. 67 Rn. 37; vgl. auch BayVGH, U.v. 15.5.1990 – 8 B 86.558 – BayVBl. 1990, 627 = juris Rn. 18), auch durch Widmung oder Einziehung von Straßen. Dem steht auch die zitierte Rechtsprechung zum Ausschluss des Art. 48 BayVwVfG durch Art. 67 Abs. 4 BayStrWG (BayVGH, U.v. 19.11.1997 – 8 B 96.2966 – BayVBl 1998, 367/370) nicht entgegen, die nur die Art und Weise einer solchen Änderung zum Gegenstand hat. Die Frage, wann und in welchem Umfang eine derartige Neuanlegung zulässig ist, ist noch nicht abschließend geklärt (vgl. BayVGH, U.v. 15.5.1990 – 8 B 86.558 – BayVBl. 1990, 627 = juris Rn. 19). Ihre Beantwortung bedürfte einer vertieften Auseinandersetzung mit der Materie. Für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter wäre daher die (behauptete) Fehlehrhaftigkeit der Änderungen im Jahr 1988 nicht ohne Weiteres erkennbar, sodass es bereits aus diesem Grund an der Offensichtlichkeit fehlt. Hinzu kommt, dass nach der Rechtsprechung des Senats jedenfalls beim Scheitern eines Anlegungsverfahrens, das weder zu einem Bestandsverzeichnis im Rechtssinn geführt hat noch zu einer negativen Fiktionswirkung im Sinn des Art. 67 Abs. 5 BayStrWG, eine erneute Anlegung als (grundsätzlich zulässige) Erstanlegung anzusehen ist (BayVGH, U.v. 12.12.2000 – 8 B 99.3111 – BayVBl 2001, 468 = juris Rn. 52). Die Klägerin behauptet zwar die Wirksamkeit der Erstanlegung, ohne dies näher darzulegen, angesichts der offensichtlich bestehenden Zweifel der Gemeinde T. an der Rechtswirksamkeit, die im Gemeinderatsbeschluss vom 7. März 1988 deutlich zum Ausdruck gekommen sind, bedürfte dies aber ebenfalls einer vertieften Auseinandersetzung mit der Materie. Zwar mag es zutreffen, dass die Gemeinde die Mängel nicht näher substanziiert hat, Voraussetzung für die Annahme der Nichtigkeit ist aber ein offenkundiger Fehler, der vorliegend überhaupt nur dann bejaht werden könnte, wenn die Erstanlegung im Jahr 1961 offensichtlich einwandfrei abgelaufen wäre (vgl. dazu auch VG Würzburg, U.v. 18.2.2003 – W 4 K 02.80 – juris Rn. 41). Dies zu ermitteln würde wiederum eine umfassende rechtliche Bewertung der damaligen Aufstellungsvorgänge voraussetzen. Auch aus diesem Grund fehlt es an der Offenkundigkeit eines vermeintlichen Fehlers.

Gleiches gilt hinsichtlich des klägerischen Einwands, die Zweitanlegung hätte nach dem Stand des Jahres 1958 vorgenommen werden müssen und Veränderungen des Wegs hätten nicht berücksichtigt werden dürfen. Auch die Beantwortung dieser Fragestellung setzt eine nähere Befassung mit der Materie voraus (vgl. BayVGH, U.v. 10.12.1991 – 8 B 89.3546 – n.V.). Es liegt daher auch insofern jedenfalls kein offensichtlicher Fehler vor. Im Übrigen wird nicht ersichtlich, auf welche wesentlichen Änderungen die Klägerseite insofern abstellen will. Wie bereits dargelegt wurde (vgl. oben), stand die Brücke bereits im Jahr 1958 an der jetzigen Stelle, auch wenn dies grundbuchrechtlich und katastertechnisch erst 1973 nachvollzogen worden sein mag. Die Eintragungsverfügung aus dem Jahr 1961 weist, soweit dies ohne Weiteres ersichtlich ist, keinen anderen Inhalt als die Eintragung aus dem Jahr 1988 auf.

Schließlich wäre selbst dann, wenn eine Zweitanlegung gemäß Art. 67 BayStrWG an einem schwerwiegenden und offenkundigen Mangel leiden würde, zu prüfen, ob das Bestandsverzeichnis im Jahr 1988 nicht im Wege einer Widmung in zulässiger und wirksamer Weise geändert wurde. Für eine solche Auslegung oder Umdeutung der vorliegenden Verwaltungsakte finden sich Hinweise in der Eintragungsverfügung, in der, wie von der Klägerseite erkannt wurde, auf eine Widmungsverfügung vom 19. November 1987 verwiesen wird. Auch insofern wäre die (vermeintliche) Fehlerhaftigkeit für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter nicht ohne Weiteres ersichtlich, sodass eine Nichtigkeit ausscheidet.

In Bezug auf die Bestimmtheit der Eintragung im Bestandsverzeichnis hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen ebenfalls zutreffend verneint. Eine Nichtigkeit wegen Unbestimmtheit scheidet aus, wenn eine Auslegung etwaige Bestimmtheitszweifel ausräumen kann (BVerwG, B.v. 14.8.2012 – 9 B 18.12 – juris Rn. 5). Im Hinblick auf die Mainbrücke ist dies – entgegen der klägerischen Einwände – der Fall (vgl. oben). Hinsichtlich des weiteren Wegeverlaufs wurden klägerseits ebenfalls keine Unklarheiten dargelegt, die eine schwere und offenkundige Fehlerhaftigkeit begründen könnten. So überzeugt es nicht, wenn die Klägerin die Nichtigkeit mit dem Argument begründen will, die S.straße und die „H-gasse“ seien nicht ordnungsgemäß abgegrenzt, was aus der Nennung der FlNr. … und … als Anliegergrundstücke für die „H-gasse“ folgen soll. Dem steht der eindeutige Beschrieb der jeweiligen Anfangs- und Endpunkte im Bestandsverzeichnis entgegen (vgl. dazu oben). Diese lassen keinen Raum für Überschneidungen oder Unklarheiten. Es mag sein, dass beide Flurstücke zu Unrecht als Anliegergrundstücke benannt wurden. Dies spielt aber keine Rolle für die hier allein maßgebliche Wirksamkeit der Widmung an sich. Hinzu kommt, dass mehrere Straßenzüge auf einer gewissen Strecke zusammentreffen können (vgl. § 7 Abs. 1 der Verordnung über die Straßen- und Bestandsverzeichnisse). Schwerwiegende Bestimmtheitsmängel, die zur Nichtigkeit führen könnten, sind von der Klägerseite im Zulassungsverfahren auch sonst nicht dargelegt worden.

2. Ein Berufungszulassungsgrund gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht ersichtlich. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinn dieser Bestimmung weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sich diese also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – BayVBl 2012, 147/149 = juris Rn. 28; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 jeweils m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Die auftretenden Rechtsfragen (vgl. oben Nr. 1.) lassen sich bei Heranziehung der gängigen Auslegungsmethoden ohne Weiteres aus dem Gesetz lösen. Es handelt sich auch nicht um einen besonders unübersichtlichen oder kontroversen Sachverhalt, bei dem noch nicht abzusehen ist, zu welchem Ergebnis ein künftiges Berufungsverfahren führen wird.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Die Klägerseite hat zwar Fragen aufgeworfen, diese lassen sich jedoch ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten. Zudem weisen sie keine über den zu entscheidenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung auf (Frage nach der Baulastverpflichtung für die streitgegenständlichen Brücke) oder sind, wie die Frage nach den Rechtsfolgen vermeintlicher Verfahrensmängel bei Einigungsbestrebungen nach Art. 54 Abs. 4 Satz 1 BayStrWG, nicht entscheidungserheblich.

4. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten Abweichung von einer Entscheidung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte zuzulassen.

Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das verwal-tungsgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Im Zulassungsantrag muss daher ein abstrakter, inhaltlich bestimmter, die Entscheidung tragender Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenüber gestellt werden. Die bloße Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die die betreffenden Gerichte in ihrer Rechtsprechung aufgestellt haben, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (vgl. BVerwG, B.v. 22.10.2014 – 8 B 2.14 – juris Rn. 21 ff.; B.v. 27.10.2014 – 2 B 52.14 – juris Rn. 5; B.v. 31.5.2017 – 5 PB 12.16 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 3.3.2016 – 15 ZB 14.1542 – juris Rn. 24).

So liegt es hier. Es fehlt bereits an der Darlegung, von welcher konkreten Entscheidung das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll. Es wird auch kein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet und einem Rechtssatz eines anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenüber gestellt.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Zulassungsverfahrens folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an den Gesamtkosten für die Herstellung der neuen Brücke in Höhe von rund 25.341,- Euro (vgl. S. 64 der Behördenakte der Gemeinde T.) und an dem laut Bescheid vom 23. März 2015 auf die Klägerin entfallenden Anteil von 4,03%. Das Verwaltungsgericht hat bei der Streitwertfestsetzung übersehen, dass nicht alle Beteiligten Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erhoben hatten, so dass nicht die Gesamtsumme der voraussichtlichen Kosten zugrunde gelegt werden konnte.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Dez. 2017 - 8 ZB 17.1189 zitiert 9 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 44 Nichtigkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. (2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen d

Abgabenordnung - AO 1977 | § 125 Nichtigkeit des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. (2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des

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Tenor Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. September 2014 - 5 LA 92/14 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundg

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Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Jan. 2018 - M 2 K 17.600, M 2 K 17.624

bei uns veröffentlicht am 17.01.2018

Tenor I. Es wird festgestellt, dass die Kläger berechtigt sind, ihre Grundstücke FlNr. ... (Kläger zu 1) und FlNr. ... (Kläger zu 2), jeweils der Gemarkung ..., ab dem 1. Januar 2018 für den öffentlichen Verkehr zu sperren sowie den S

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 - 13 LA 81/11 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde beanstanden die Beschwerdeführer insbesondere, dass das Oberverwaltungsgericht ihren Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil über ihre Klage gegen einen deichrechtlichen Planfeststellungsbeschluss abgelehnt hat.

A.

I.

2

1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der an der Alten Aller gelegenen Flurstücke X, Y und Z, von denen eines mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut ist.

3

2. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz stellte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 auf Antrag eines Deichverbands einen Plan für die Verbesserung der Deichsicherheit auf einem Streckenabschnitt von ungefähr 4 km fest. Der festgestellte Plan übernimmt auch einen Änderungsantrag des Deichverbands vom 7. Juli 2008. In diesem wird ausgeführt, für den Bereich der Flurstücke X, Y und Z habe der Antrag bisher die Herstellung einer neuen Hochwasserschutzmauer sowie die Anlage eines Deichverteidigungswegs zwischen der neuen Hochwassermauer und dem Wohngebäude der Beschwerdeführer auf dem Flurstück X vorgesehen. Aufgrund der doch nicht unerheblichen Vorteile eines grünen Deiches gegenüber einer Hochwasserschutzwand im Hinblick auf Sicherheit und Unterhaltungskosten habe die ursprüngliche Planung aus heutiger Sicht, nicht zuletzt auch aufgrund neuerer Vorgaben zur Finanzierung, einer neuen Bewertung bedurft. Im Ergebnis sei danach, soweit möglich, auch hier der grüne Deich zu realisieren. Der Bau des Deiches solle auf dem Flurstück Y erfolgen. Der dauerhaft in Anspruch genommene Flächenanteil dieses Flurstücks betrage 3.100 qm.

4

3. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer gegen den Planfeststellungsbeschluss weitgehend ab.

5

Eine Verletzung des Abwägungsgebotes könnten die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg geltend machen. Der beklagte Landesbetrieb (im Folgenden: Beklagter) habe bei seiner Abwägungsentscheidung die Belange der Beschwerdeführer berücksichtigt. Das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Z werde im Umfang von 830 qm für den Neubau des Deichkörpers in Anspruch genommen. Eine Flächeninanspruchnahme sei bei der Entscheidung zugunsten des grünen Deiches in diesem Umfang geboten. Eine wesentliche Beeinträchtigung ihres verbleibenden Grundbesitzes ergebe sich daraus nicht, zumal auch bei einer Erhöhung der vorhandenen Flutschutzmauer, wie dies die Beschwerdeführer wünschten, Beeinträchtigungen ihres Grundbesitzes zu erwarten wären. Die Flächeninanspruchnahme sei dann allerdings geringer. Auch die Belange des Naturschutzes würden gewahrt. Denn der vorhandene Teich, der als Biotop einzustufen sei, werde an anderer Stelle neu hergestellt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des vorhandenen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet) sei zudem durch die geplante Trassierung nicht zu erwarten. Dies wäre allenfalls bei einer Verlegung des Deiches in östlicher Richtung, also auf das Flurstück Y, der Fall. Dieses Flurstück werde aber durch die Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt, hiervon werde lediglich während der Bauzeit ein Arbeitsstreifen in Anspruch genommen.

6

4. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab.

7

Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sei nicht hinreichend dargetan und liege zudem nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend in Frage gestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss dem Abwägungsgebot entspreche.

8

Die Beschwerdeführer seien durch die Deicherneuerungsmaßnahme unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Sie hätten deshalb einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle.

9

Das Abwägungsgebot habe in der Rechtsprechung zu der gerichtlichen Überprüfung von Planungsalternativen in Bezug auf abweichende Standorte beziehungsweise Trassen eine nähere Ausformung erfahren, die sich auch auf die Bestimmung einer Deichlinienführung für einen der Planfeststellung unterliegenden Deichbau übertragen ließe: Ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösungen müssten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die eigentliche planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen unterliege nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Planfeststellungsbehörde handele nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls aus guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl seien erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen sei.

10

Einen derartigen Fehler hätten die Beschwerdeführer in ihrer Zulassungsbegründung nicht darzulegen vermocht.

11

So sei die dauerhafte Inanspruchnahme des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Flurstücks Y durch die Erstellung eines grünen Deichs anstelle der Verstärkung und Erhöhung der alten Hochwasserschutzmauer Gegenstand der Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Der Änderungsantrag des Beigeladenen vom 7. Juli 2008 weise eindeutig darauf hin, dass alle beschriebenen Maßnahmen (Errichtung eines grünen Deiches anstelle einer Hochwasserschutzmauer) auf dem Flurstück Y zu realisieren seien. Der Änderungsantrag sei ebenso wie der zugehörige Lageplan Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und damit Gegenstand der Abwägung geworden. Dass dieser Belang auch tatsächlich inhaltlich abgewogen worden sei, ergebe sich aus den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses. Danach seien die Eigentumsbelange der Beschwerdeführer, die aufgrund der Vorgabe, dass ein grüner Deich errichtet werden müsse, betroffen würden, in die Abwägung eingestellt worden, hätten aber hinter die Belange des Hochwasserschutzes zurücktreten müssen. Einzig denkbare Alternative zur Verwirklichung des Hochwasserschutzes im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer sei die Herstellung eines grünen Deiches auf der Trasse des jetzigen Deiches. Dies hätte aber den Abriss dieses Wohnhauses zur Folge, was ungleich schwerer wiege als die Inanspruchnahme von Weideland.

12

Allerdings sei das Verwaltungsgericht offensichtlich irrig davon ausgegangen, das Flurstück Y werde nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens in Anspruch genommen. Dies sei jedoch für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ohne Bedeutung, da die dauerhafte teilweise Inanspruchnahme dieses Grundstücks - wie dargelegt - durch den Beklagten ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden sei, mithin kein Abwägungsfehler vorliege, der der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht entgegenstünde.

13

Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auch die Errichtung eines grünen Deiches vor dem Wohnhaus der Beschwerdeführer anstelle der ursprünglich geplanten Verstärkung und Erhöhung der vorhandenen Hochwasserschutzmauer als abwägungsfehlerfrei angesehen. Insoweit habe es zutreffend auf die Schwachstellen im Übergangsbereich einer Hochwasserschutzmauer zu dem sich anschließenden grünen Deich hingewiesen. Zu Recht habe es dabei auch darauf abgestellt, dass eine notfallmäßige Erhöhung durch Sandsäcke bei einem grünen Deich einfacher und sicherer zu bewerkstelligen sei, als dies bei einer Hochwasserschutzmauer der Fall wäre. Dies ergebe sich schon aufgrund der breiteren zur Verfügung stehenden Grundfläche und bedürfe keiner weiteren Erläuterung.

II.

14

1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Planfeststellungsbeschluss, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 GG und machen unter anderem geltend, der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, weil er die Anforderungen an die Darlegung der verschiedenen Zulassungsgründe überspanne.

15

Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hätten sie aufgezeigt, dass sich eine erhebliche Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils schlüssig in Frage stellen lasse. Das Verwaltungsgericht gehe in seinem Urteil davon aus, dass das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Y nicht auf Dauer, sondern lediglich für die Bauzeit in geringem Umfang beeinträchtigt werde. Mit der Feststellung dieser Tatsache gehe das Verwaltungsgericht außerdem davon aus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des sich dort befindenden FFH-Gebiets nicht zu erwarten sei. Sie hätten dargelegt, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts 3.100 qm des Flurstücks Y dauerhaft in Anspruch genommen werden sollten. Insoweit stimmten die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht mit dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss überein.

16

Diese Fehleinschätzung sei für das Urteil des Verwaltungsgerichts auch erheblich, denn sie betreffe die Art und Weise sowie den Umfang der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums, darüber hinaus aber auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von ihnen rügefähige Frage der Vereinbarkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses mit (europäischem) Naturschutzrecht. Erheblich sei sie auch insofern, als das Verwaltungsgericht auf die Feststellung seine Überprüfung der dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Abwägung stütze und hiernach in dem Urteil zu dem Schluss komme, die Beklagte habe ihre Belange hinreichend berücksichtigt.

17

Die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts habe das Oberverwaltungsgericht im Grunde zwar auch erkannt, die "irrige" Annahme des Verwaltungsgerichts zu der Inanspruchnahme des Flurstücks Y jedoch als für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils unbedeutend angesehen. Die angebliche Ergebnisrichtigkeit des Urteils begründe das Oberverwaltungsgericht damit, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme des Flurstücks Y ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt habe. Mit dieser Würdigung greife das Oberverwaltungsgericht aber dem eigentlichen Berufungsverfahren vor. Unabhängig davon seien erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts dargetan, wenn sich aus dem Vorbringen ergebe, dass das Urteil auf der fehlerhaften Annahme von in Anspruch genommenen Flächen fuße, denn es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts zu prüfen, ob die Belange tatsächlich ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden seien.

18

2. Die Niedersächsische Landesregierung sowie der Beklagte und der im Ausgangsverfahren beigeladene Deichverband hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten der Ausgangsverfahren sind beigezogen.

B.

19

Die Verfassungsbeschwerde hat hinsichtlich des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Erfolg.

I.

20

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtet, ist sie zulässig (1.) und begründet (2.). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Er ist aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

21

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts keine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben haben. Dies war weder zur Erschöpfung des Rechtswegs (a) noch wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (b) geboten.

22

a) aa) Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; 126, 1 <17>). Erheben Beschwerdeführer in einem solchen Fall keine Anhörungsrüge, obwohl sie statthaft und nicht offensichtlich aussichtslos wäre, hat das zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist, sofern die damit gerügten Grundrechtsverletzungen denselben Streitgegenstand betreffen wie der geltend gemachte Gehörsverstoß(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10).

23

Wird die Rüge einer Gehörsverletzung hingegen weder ausdrücklich noch der Sache nach zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht oder wird die zunächst wirksam im Verfassungsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wieder zurückgenommen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), hängt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rechtswegerschöpfung nicht von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Anhörungsrügeverfahrens ab. Wurde ein Anhörungsrügeverfahren vor dem letztinstanzlichen Fachgericht durchgeführt, mit der Verfassungsbeschwerde aber kein Gehörsverstoß gerügt - etwa weil sich die Beschwerdeführer insoweit von den Gründen des die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschlusses haben überzeugen lassen -, zählt dieses Anhörungsrügeverfahren, wenn es nicht offensichtlich aussichtslos war, gleichwohl zum Rechtsweg und wirkt damit fristbestimmend für die Verfassungsbeschwerde.

24

bb) Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.

25

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde enthält allerdings Ausführungen, die - isoliert betrachtet - als Rügen einer Gehörsverletzung gedeutet werden könnten. So beanstanden die Beschwerdeführer unter anderem, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe. Dieses Vorbringen kann bei sachdienlicher Auslegung nicht als Rüge einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG verstanden werden. Es dient im Zusammenhang der Verfassungsbeschwerde eindeutig dem Ziel zu begründen, dass das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie den der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache verkannt habe. Dass die Beschwerdeführer ungeachtet dessen mit diesen Ausführungen gleichwohl der Sache nach einen Gehörsverstoß rügen wollen, kann nach dem Grundsatz wohlwollender Auslegung prozessualer Anträge im Sinne des erkennbaren Rechtsschutzanliegens auch deshalb nicht angenommen werden, weil ihrem Vorbringen ansonsten ein Verständnis unterlegt würde, das mangels Erhebung einer Anhörungsrüge zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führen würde.

26

b) Die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO war hier auch nicht mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde geboten.

27

aa) Dieser in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Das kann auch bedeuten, dass Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Denn die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer enthebt sie nicht ohne Weiteres der Beachtung des Subsidiaritätsgebotes; als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist dieses der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer entzogen.

28

Die Verweisung auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit einer anderweitigen prozessualen Möglichkeit zur Abhilfe (stRspr, vgl. nur BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07,1 BvR 1569/08 -, NJW 2012, S. 3081 <3082 [Tz. 45]>). Zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der sie sich nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG berufen, müssen Beschwerdeführer daher aus Gründen der Subsidiarität eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf nur dann ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden.

29

Das Subsidiaritätsgebot greift danach in den hier in Rede stehenden Fällen insbesondere dann, wenn auf der Hand liegt, dass mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach ein Gehörsverstoß gerügt wird, die Beschwerdeführer aber ersichtlich mit Rücksicht darauf, dass kein Anhörungsrügeverfahren durchgeführt wurde, ausschließlich die Verletzung eines anderen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts geltend machen, das durch ein solches Vorgehen des Gerichts gleichfalls verletzt sein kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 2011 - 1 BvR 1468/11 -, juris).

30

Die Möglichkeit, über eine erfolgreiche Anhörungsrüge die Beseitigung anderweitiger Grundrechtsverletzungen zu erreichen, besteht im Übrigen von vornherein nur in dem Umfang, als diese denselben Streitgegenstand betreffen wie die geltend gemachte Gehörsverletzung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Nur insoweit kann aus dem Subsidiaritätsgrundsatz die Obliegenheit der Erhebung einer Anhörungsrüge auch für den Fall abgeleitet werden, dass mit der Verfassungsbeschwerde kein Gehörsverstoß gerügt wird.

31

bb) Gemessen hieran verletzt es nicht den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, dass die Beschwerdeführer es unterlassen haben, eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung der Zulassung der Berufung zu erheben.

32

Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung des FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe, ist schon zweifelhaft, ob dieser Vortrag, selbst wenn er in der Sache zuträfe, überhaupt geeignet ist, eine Gehörsverletzung zu begründen. Wird bestimmter Vortrag in einer gerichtlichen Entscheidung nicht erwähnt, lässt dies nämlich nur unter besonderen Umständen den Rückschluss auf die Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens zu (vgl. BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Das hier in Frage stehende, für die Geltendmachung einer Gehörsverletzung eher unspezifische Vorbringen der Beschwerdeführer ist zudem eindeutig und sinnvoll in die Rüge einer Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eingebunden, die sich gegen die Verneinung des Berufungszulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache richtet. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer damit lediglich eine Versäumung der Anhörungsrüge umgehen wollten. Sie müssen sich daher nicht entgegenhalten lassen, dass die Erhebung einer Anhörungsrüge nahe gelegen hätte und zu erwarten gewesen wäre, dass ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter eine Anhörungsrüge erhoben hätte.

33

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

34

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642).

35

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

36

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies ist den Beschwerdeführern gelungen. Sie haben aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht in einem für ihr Grundeigentum und damit für die Entscheidung wesentlichen Punkt von falschen Annahmen über die Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss ausgegangen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

37

Das Urteil des Verwaltungsgerichts geht von der Annahme aus, das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Flurstück Y werde durch die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt; vielmehr werde lediglich während der Bauzeit ein Streifen dieses Flurstücks in Anspruch genommen.

38

Die Beschwerdeführer haben in der Begründung ihres Zulassungsantrags geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bereits im Änderungsantrag vom 7. Juli 2008 ausdrücklich von der Notwendigkeit der dauerhaften Inanspruchnahme von 3.100 qm des Flurstücks Y die Rede sei. Dementsprechend sei auch die Festsetzung im Planfeststellungsbeschluss erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine gerechte Abwägung ihrer Belange.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat erkannt, dass das Verwaltungsgericht "offensichtlich irrig" von einer nur vorübergehenden Inanspruchnahme des Flurstücks Y nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens ausgegangen ist. Dennoch hat es sich nicht dazu veranlasst gesehen, die Berufung aufgrund einer unzutreffenden Annahme der tatsächlichen Betroffenheit der Beschwerdeführer zuzulassen. Es hat vielmehr im Berufungszulassungsverfahren eine eigene Prüfung der fachplanerischen Abwägungsentscheidung vorgenommen und dabei das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis für richtig befunden. Damit hat es in verfassungswidriger Weise Teile der dem Berufungsverfahren vorbehaltenen Sachprüfung in das Berufungszulassungsverfahren vorverlagert.

40

Zwar begegnet es keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

41

Das Oberverwaltungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Kontrolle der fachplanerischen Abwägungsentscheidung in einem für die Beschwerdeführer entscheidenden Punkt durch eine eigene Kontrolle ersetzt. Ob das Deichbauvorhaben die Eigentumsrechte der Beschwerdeführer gemessen an den damit verfolgten Zielen und den in Frage kommenden Vorhabenalternativen - hier insbesondere der von den Beschwerdeführern statt des Deichneubaus verlangten Ertüchtigung der Hochwasserschutzwand - unverhältnismäßig beeinträchtigt, hängt unter anderem maßgeblich von der mit den festgestellten Maßnahmen einhergehenden Eigentumsbelastung für die Beschwerdeführer ab. Dass es insofern für die Abwägungsentscheidung von erheblichem Gewicht ist, ob das Flurstück Y nur vorübergehend während der Bauzeit als Arbeitsstreifen oder dauerhaft in dem doch beträchtlichen Umfang von 3.100 qm in Anspruch genommen wird, liegt auf der Hand. Es war dem Oberverwaltungsgericht bei Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes verwehrt, im Berufungszulassungsverfahren, das insbesondere mangels eines förmlichen Beweisaufnahmeverfahrens den Beteiligten von vornherein weniger Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tatsachenfeststellung einräumt als das Hauptsacheverfahren, diese Frage der Abgewogenheit des Planfeststellungsbeschlusses abweichend vom Verwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.

42

Da das Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ablehnen konnte, beruht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf diesem Verfassungsverstoß. Ob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus auch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, kann dahinstehen.

II.

43

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landesbetriebs wendet, bedarf es keiner Entscheidung. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist der Rechtsweg vor den Fachgerichten wieder eröffnet und dadurch eine erneute fachgerichtliche Aufarbeitung des Ausgangsfalls möglich (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>).

C.

44

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

45

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Tenor

Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. September 2014 - 5 LA 92/14 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes.

Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

I.

1

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Ablehnung der Zulassung der Berufung in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren. In der Sache geht es um die Versetzung der Beschwerdeführerin, einer Professorin (Besoldungsgruppe C 4), in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.

2

1. a) Mit Bescheid der Universität von Oktober 2011 wurde die Beschwerdeführerin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt (§ 26 Abs. 1 BeamtStG). Nach einem amtsärztlichen Gutachten von September 2011 leide die Beschwerdeführerin an einer "depressiven Erkrankung mit somatoformen Beschwerden". Sie sei auf absehbare Zeit (länger als sechs Monate) nicht in der Lage, ihren dienstlichen Aufgaben nachzukommen.

3

Zudem beantragte die Universität mit Disziplinarklage von Dezember 2011, die Beschwerdeführerin wegen schwerer Dienstpflichtverletzungen aus dem Dienst zu entfernen, insbesondere weil sie über einen längeren Zeitraum keine Lehre erbracht habe. Nach erfolglosem Beschreiten des Rechtswegs hat die Beschwerdeführerin gegen das rechtskräftige Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 19. Mai 2016 eine weitere Verfassungsbeschwerde erhoben.

4

b) Das Verwaltungsgericht wies die gegen die Versetzung der Beschwerdeführerin in den Ruhestand gerichtete Klage ab. Zur Begründung stützte es sich tragend auf ein fachpsychiatrisches Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen von Januar 2014. Dieser beantwortete - gestützt auf diverse vorhandene Gutachten sowie eine persönliche Befragung der Beschwerdeführerin - die Beweisfrage nach den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin zum relevanten Zeitpunkt (Oktober 2011) abschließend mit der Diagnose "mittelgradige Depression mit Somatisierungsstörung". Im Verlauf des Gutachtens verwendete der Sachverständige allerdings die Begriffe "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Störung/Beschwerden" in Bezug auf die Beschwerdeführerin wechselnd, obwohl er an einer Stelle ausführt, beide Begriffe alternativ zu verstehen.

5

Die Beschwerdeführerin hatte bereits vor dem Verwaltungsgericht den gutachterlichen Feststellungen widersprochen. Die vom Sachverständigen verwendeten Begrifflichkeiten bezeichneten völlig unterschiedliche Krankheitsbilder; das Gutachten sei daher nicht nachzuvollziehen und widersprüchlich. Einen auf die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisantrag der Beschwerdeführerin lehnte das Verwaltungsgericht ab. Hierzu führte es aus, das Gutachten weise "keine erkennbaren Mängel (mehr) auf" und gehe von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus. Es enthalte "ebenso keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche (mehr)" und gebe "keinen Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters". Zwar sei der Beschwerdeführerin darin Recht zu geben, dass das Gutachten die Begriffe "somatoforme Beschwerden" und "Somatisierungsstörung" wechselnd verwende und diese verschiedene Erkrankungen beschrieben. Weiter führte das Verwaltungsgericht aus: "Aber [der Sachverständige] hat in der mündlichen Verhandlung […] eingeräumt, dass er jedes Mal, wenn er den Begriff 'Somatisierungsstörung' im Gutachten verwendet hat, eigentlich 'somatoforme Beschwerden' gemeint hat. Es läge lediglich eine Falschbezeichnung vor. Damit ist der inhaltliche Widerspruch aufgelöst".

6

c) Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung der Berufung wurde durch den angegriffenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts abgelehnt.

7

Die Beschwerdeführerin hatte sich in ihrer Antragsbegründung ausführlich insbesondere damit auseinandergesetzt, dass das dem verwaltungsgerichtlichen Urteil zugrunde liegende Sachverständigengutachten die Entscheidung nicht tragen könne. Es entspreche insbesondere nicht dem wissenschaftlichen Standard, beruhe auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen und auf erkennbar fehlender Sachkunde des Gutachters. Namentlich hatte die Beschwerdeführerin zur fehlenden Sachkunde des Sachverständigen ausgeführt, der wechselnde Gebrauch der Fachtermini "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Störung" könne - anders als das Verwaltungsgericht annehme - nicht mit einer bloßen Falschbezeichnung gerechtfertigt werden, da die Begriffe eine völlig unterschiedliche Symptomatik beschrieben. Die Beschwerdeführerin hatte unter Verweis auf Fachliteratur ausgeführt, dass mit "somatoformen Beschwerden" körperliche Beschwerden bezeichnet würden, welche nicht direkt durch eine organische Grunderkrankung begründet seien und unter denen - je nach Beurteilungskriterien - zwischen 30 % und 80 % der erwachsenen Bundesbevölkerung gelegentlich litten (Befindlichkeitsstörungen wie Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen). Demgegenüber handele es sich bei einer "Somatisierungsstörung" um ein sehr präzise formuliertes Krankheitsbild, dessen Häufigkeit unter 0,1 % der Bevölkerung liege und mit einer Vielzahl von Körperbeschwerden unterschiedlicher Körperregionen einhergehe. Solche Merkmale seien aber bei der Beschwerdeführerin gerade nicht festgestellt worden. Hinzu komme, dass der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung ausweislich des Terminprotokolls erklärt habe, bei der Beschwerdeführerin auch keine depressiven Symptome feststellen zu können, also einen nicht unerheblichen Teil seines Gutachtens widerrufe. Dies sei mit einer Verwechslung von Fachbegriffen nicht mehr zu erklären. Die Ablehnung des von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags auf Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens begründe daher sowohl ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) als auch einen Verfahrensmangel in Form der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

8

Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung seines Beschlusses insbesondere ausgeführt, die Berufung sei nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei eine fehlende Sachkunde des gerichtlichen Sachverständigen nicht zu erkennen.

9

2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine in der Überspannung der Anforderungen an die Berufungszulassungsgründe liegende Verletzung in ihren Grundrechten aus Art. 19 Abs. 4 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot.

10

Das Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG sei verletzt, da das Oberverwaltungsgericht, statt über die Berufungszulassung zu entscheiden, die Entscheidung über die Berufung selbst vorweggenommen habe. Damit werde der Beschwerdeführerin nicht nur die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt unter Darlegung ihrer Rechtsauffassung und gegebenenfalls weiterer Beweisanträge in einem Berufungsverfahren zur Geltung zu bringen, sondern darüber hinaus auch die Möglichkeit eines Revisionsverfahrens genommen.

11

Im Hinblick auf den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) habe sie in der Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung geltend gemacht, dass das Sachverständigengutachten nicht dem wissenschaftlichen Stand entspreche, auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen sowie auf erkennbar fehlender Sachkunde des Sachverständigen beruhe. Diese Argumentation habe das Oberverwaltungsgericht nicht - wie es der bundesverfassungsgerichtliche Maßstab gebiete - auf ihre Schlüssigkeit hin überprüft. Vielmehr habe es in zahlreichen Punkten apodiktisch "durchentschieden". Ein näheres Eingehen auf die Argumentation der Beschwerdeführerin in der Begründung ihres Zulassungsantrags zum unterschiedlichen Schweregrad der Krankheiten und ihren unterschiedlichen Symptomen und Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit beziehungsweise Dienstfähigkeit der erkrankten Person finde nicht statt, ebenso wenig wie auf das Argument, dass das Gutachten bei konsequenter Ersetzung von "Somatisierungsstörung" durch "somatoforme Beschwerden" partiell jedes Sinnes entbehrte, namentlich in der Passage auf Seite 14 des Gutachtens, in dem die Abgrenzung der beiden Krankheiten vorgenommen werde. Auch ohne eigene Sachkunde hätte dem Oberverwaltungsgericht auffallen müssen, dass mit einer Diagnose "somatoformer Störungen" - der viel leichteren Erkrankung - die Dienstunfähigkeit einer Beamtin nur schwer begründbar sei. Dies näher aufzuklären, sei jedoch einem Berufungsverfahren, nicht aber dem Berufungszulassungsverfahren vorbehalten. Nur in einem Berufungsverfahren hätte die Möglichkeit bestanden, gegebenenfalls mithilfe weiterer Sachverständiger aufzuklären, ob die Argumentation der Beschwerdeführerin durchgreife, dass es einer bei ihr festgestellten somatoformen Störung an der notwendigen Nachhaltigkeit mangele, um zu einer - dauerhaften - Dienstunfähigkeit zu kommen.

12

3. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Land Niedersachsen hatte Gelegenheit zur Äußerung.

II.

13

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.

14

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere besteht das Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführerin unabhängig vom Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens betreffend die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst beziehungsweise der Aberkennung des Ruhegehalts fort. Durch den möglichen Erfolg hinsichtlich der Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit kommt die Beschwerdeführerin ihrem Rechtsschutzziel in jedem Fall näher.

15

Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 des Niedersächsischen Disziplinargesetzes vom 13. Oktober 2005 (NDiszG) wird der Ruhestandsbeamtin oder dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt aberkannt, wenn sie oder er als aktive Beamtin oder aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 NDiszG gilt die Entscheidung (über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis) als Aberkennung des Ruhegehalts, sofern die Beamtin oder der Beamte in den Ruhestand tritt, bevor die Entscheidung über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unanfechtbar wird. Diese Regelungen machen deutlich, dass die Aberkennung des Ruhegehalts das Äquivalent für die disziplinarische Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in den Fällen darstellt, in denen sich die Beamtin oder der Beamte bereits im Ruhestand befindet. Ein bereits im Ruhestand befindlicher Beamter wird mithin disziplinarisch nicht verschont; vielmehr droht ihm in diesem Stadium die pekuniäre Disziplinarsanktion der Aberkennung des Ruhegehalts.

16

Würde vorliegend die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit nach Zulassung und Durchführung der Berufung aufgehoben werden, wäre die Höchstmaßnahme im Disziplinarverfahren die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und nicht die - auf eine vormalige Zurruhesetzung aufsetzende - Aberkennung des Ruhegehalts; dies ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 NDiszG. Damit wäre die Beschwerdeführerin ihrem Rechtsschutzziel auf Erhaltung ihrer vormaligen rechtlichen Situation näher als ohne verfassungsgerichtliche Aufhebung der Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit, und zwar selbst dann, wenn die gegen die disziplinarische Höchstmaßnahme gerichtete Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg bleibt. Zwar müsste die Beschwerdeführerin in beiden Verfahren Erfolg haben, um ihren aktiven Status wiederzuerlangen. Aber selbst wenn die Verfassungsbeschwerde gegen die Disziplinarentscheidung ohne Erfolg bliebe, könnte sie finanzielle Vorteile möglicherweise daraus ziehen, dass sie erst mit dem Disziplinarberufungsurteil von Mai 2016 und nicht bereits durch die im Oktober 2011 für sofort vollziehbar erklärte Versetzung in den Ruhestand ihren Anspruch auf die Besoldung für aktive Beamte verlöre.

17

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Der angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Ob darüber hinaus weitere Verletzungen von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin vorliegen, bedarf keiner Entscheidung.

18

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; stRspr). Die Vorschrift erfordert zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>; 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f.>). Sehen die prozessrechtlichen Vorschriften - wie §§ 124, 124a VwGO - die Möglichkeit vor, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>; 125, 104 <137>; 134, 106 <118>; BVerfGK 15, 37 <46 f.>). Vor diesem Hintergrund dürfen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes keine überspannten Anforderungen gestellt werden.

19

Der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO enthaltene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ist daher immer schon dann erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; 125, 104 <140>; 134, 106 <118>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2011/10 -, juris, Rn. 17). Sie sind nicht erst gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; 125, 104 <139 f.>). Das Zulassungsverfahren hat nicht die Aufgabe, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfGE 125, 104 <139>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15; BVerfGK 15, 37 <46 f.>; vgl. auch Gaier, NVwZ 2011, S. 385 <388 f.>; kritisch zum "Schlüssigkeitsparadigma" Rudisile, NVwZ 2012, S. 1425 <1426 f.>).

20

b) Diesem Maßstab wird die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht gerecht und verkürzt damit den Zugang der Beschwerdeführerin zur Berufungsinstanz in unzumutbarer Weise.

21

Die Beschwerdeführerin hatte in ihrer Begründung des Berufungszulassungsantrags zur fehlenden Sachkunde des Gutachters unter Verweis auf Fachliteratur nachvollziehbar dargelegt, dass der wechselnde Gebrauch der Fachtermini "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Beschwerden" im Sachverständigengutachten - anders als das Verwaltungsgericht annehme - nicht mit einer bloßen Falschbezeichnung gerechtfertigt werden könne, da die Begriffe eine völlig unterschiedliche Symptomatik beschrieben. Sie hatte schlüssig argumentiert, dass es sich bei der Diagnose "somatoforme Beschwerden" um eine deutlich leichtere Erkrankung handele und dass mit dieser die dauernde Dienstunfähigkeit einer Beamtin nur schwer begründbar sei. Damit hatte sie konkrete Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung dargetan.

22

Unabhängig von der Frage, ob der Sachverständige angesichts des mäandernden Gebrauchs unterschiedlicher Fachtermini für ein und denselben medizinischen Sachverhalt noch als hinreichend sachkundig einzuschätzen war, hätte sich dem Oberverwaltungsgericht die Notwendigkeit der Überprüfung aufdrängen müssen, ob die der Beschwerdeführerin nach mündlicher Korrektur des Gutachtens attestierten "somatoformen Beschwerden" die Annahme einer Dienstunfähigkeit noch zu rechtfertigen vermögen. Anstatt sich mit den von der Beschwerdeführerin diesbezüglich dargelegten Zweifeln an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung auseinanderzusetzen, vollzieht das Oberverwaltungsgericht aber lediglich die Begründung des Verwaltungsgerichts nach. Das Verwaltungsgericht war indes selbst von anfänglichen erkennbaren Mängeln und inhaltlichen Widersprüchen des Sachverständigengutachtens ausgegangen. Das Oberverwaltungsgericht geht mit keinem Wort auf die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Zweifel ein, ob auch die - nach Korrektur des schriftlichen Sachverständigengutachtens in der mündlichen Verhandlung durch die erläuternden Äußerungen des Sachverständigen - festgestellte geringere gesundheitliche Beeinträchtigung noch die Annahme der Dienstunfähigkeit rechtfertigen könne. Indem es stattdessen die mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellte erhebliche Tatsachenfeststellung der vermeintlich eine Dienstunfähigkeit begründenden Diagnose der Beschwerdeführerin aufrechterhält, nimmt es das Ergebnis eines Berufungsverfahrens, in dem zu klären wäre, welche der beiden Diagnosen zutrifft und zugleich die Annahme der Dienstunfähigkeit zu tragen vermag, in verfassungswidriger Weise vorweg.

23

Die angegriffene Entscheidung beruht auf der Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, da sich das Gericht tragend auf das gerichtliche Sachverständigengutachten gestützt hat.

III.

24

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Zurückverweisung der Sache ins Stadium des Zulassungsverfahrens beruht auf § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG. Ein ausnahmsweise in Betracht kommendes Durchentscheiden des Bundesverfassungsgerichts (vgl. hinsichtlich einstweiliger Anordnungen BVerfGE 35, 202 <244>; 79, 69 <79>; hinsichtlich der Revisionszulassung BVerfGE 99, 216 <245>) ist im vorliegenden Fall nicht bereits deshalb angezeigt, weil das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage des dargelegten Entscheidungsmaßstabes keine andere Möglichkeit als die Zulassung der Berufung hat und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts insofern nur wiederholen kann. Vielmehr entspricht ein Zurückverweisen in das Stadium des Berufungszulassungsverfahrens nicht nur der grundsätzlichen Funktionsteilung zwischen Fach- und Verfassungsgerichtsbarkeit. Zudem kann die Beschwerdeführerin im Berufungszulassungsbeschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Notwendigkeit der Berufungsbegründung nach § 124a Abs. 6 und Abs. 3 Satz 3 bis 5 VwGO ordnungsgemäß belehrt werden.

25

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt;
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt;
3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein;
4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann;
5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht;
6.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt;
2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat;
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war;
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.