vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 5 S 17.5392, 26.02.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.525 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Entlassung aus dem Anpassungslehrgang im Rahmen der Anerkennung ihrer Berufsqualifikation für das Lehramt an Gymnasien mit der Fächerverbindung Deutsch/Französisch. Sie begehrt mit ihrem vom Verwaltungsgericht abgelehnten Antrag die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Zeugnisanerkennungsstelle für den Freistaat Bayern vom 24. Oktober 2017. Damit wurde sie unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aus dem Anpassungslehrgang entlassen.

Das Verwaltungsgericht begründete die Ablehnung im Wesentlichen folgendermaßen:

Die von der Antragstellerin gerügte Unterlassung der vorherigen Anhörung zur beabsichtigten Entlassung aus dem Anpassungslehrgang sei jedenfalls durch ihre Nachholung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geheilt. Die Entlassung finde ihre Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 4 Satz 2 EGRiLV-Lehrer, wonach eine Entlassung aus dem Anpassungslehrgang möglich sei, wenn sich aufgrund der fortlaufenden Bewertung ergebe, dass die Lehrgangsteilnehmerin aller Voraussicht nach nicht in der Lage sein werde, den Anforderungen des Lehrgangs zu entsprechen. Dabei gehe es um die fachliche Befähigung für die Fachlaufbahn, hinsichtlich derer die berufliche Qualifikation der Lehrgangsteilnehmerin anerkannt werden soll. Dem Dienstvorgesetzten komme insoweit ein Beurteilungsspielraum zu, den das Gericht nur eingeschränkt überprüfen dürfe. Die bei der Antragstellerin zu Tage getretenen Defizite in der Beherrschung der deutschen Sprache wirkten sich insbesondere im Hinblick auf den Unterricht im Fach Deutsch auf die in § 13 Abs. 1 Satz 1 EGRiLV-Lehrer genannten Kompetenzen aus.

Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts sei die Antragstellerin hinsichtlich der erneuten Entlassung nicht hinreichend angehört worden. Ihrem Antrag auf Verlängerung der Frist zur Stellungnahme wegen nachgewiesener Erkrankung sei nicht entsprochen worden. Auch hinsichtlich der wiederholten Anordnung des Sofortvollzugs mit Bescheid vom 16. Februar 2018 sei keine Anhörung erfolgt. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, wonach die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht überraschend gewesen sei, sei unzutreffend. Denn die Antragstellerin habe nach der rechtskräftigen Aufhebung des Bescheids der Zeugnisanerkennungsstelle vom 16. Dezember 2016, soweit damit ihre Entlassung aus dem Anpassungslehrgang schon einmal verfügt worden sei, nicht mit einer erneuten Entlassung unter Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung rechnen müssen. Ferner bestreite sie die von ihr beantragte Befassung der Personalvertretung und deren Zustimmung zur Entlassung mit Nichtwissen.

Die Entlassung sei auch materiell rechtswidrig. Sie könne nicht auf § 11 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 EGRiLV-Lehrer gestützt werden. Sprachkenntnisse auf der einen Seite und die Anerkennung von Qualifikationen sowie der Ausgleich von Defiziten dabei andererseits seien grundsätzlich getrennt zu betrachten. Die Sprachkenntnisse und deren Überprüfung sei nicht Gegenstand des Anpassungslehrgangs. Nach Art. 53 Abs. 3 Satz 2 RL 2005/36/EG in der Fassung der Richtlinie 2013/55/EU dürften die Sprachkenntnisse erst nach der Anerkennung einer Berufsqualifikation geprüft werden. Der Nachweis der Sprachkenntnisse gemäß § 14 EGRiLV-Lehrer beziehe sich ausschließlich auf das Procedere im Zusammenhang mit der Zulassung zum Anpassungslehrgang. Die Entlassung aus dem Anpassungslehrgang sei unverhältnismäßig, weil die Antragstellerin über kein anderes Einkommen verfüge. Dass ihre Weiterbeschäftigung zu Schwierigkeiten bei der Unterrichtung der Schüler führen würde sowie zu einem nicht sinnvollen Personaleinsatz zu ihrer Betreuung und einer ebenfalls nicht sinnvollen Fortzahlung ihrer Bezüge ohne Sicherung der Rückzahlung, werde bestritten.

Die Antragstellerin beantragt,

den mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss und die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids der Zeugnisanerkennungsstelle vom 24. Oktober 2017 aufzuheben.

Der Antragsgegner tritt dem entgegen und beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Akten des Beschwerdeverfahrens und die übrigen beigezogenen Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei der nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur die dargelegten Gründe geprüft werden, hat keinen Erfolg.

Nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung – eine Beweisaufnahme findet auch, soweit sie ausdrücklich angeregt oder beantragt worden ist, nicht statt – wird die Klage der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen. Sie werden zum Gegenstand dieser Entscheidung gemacht (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen:

Einer erneuten Entlassung der Antragstellerin aus dem Anpassungslehrgang steht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 19. September 2017 nicht entgegen. Die Bescheide der Zeugnisanerkennungsstelle vom 16. Dezember 2016 und vom 28. Juni 2017 wurden wegen der fehlenden Beteiligung der Personalvertretung aufgehoben. Die Wirkung der Rechtskraft erstreckt sich nicht darüber hinaus, sodass sie dem Erlass eines erneuten Bescheids, mit dem die Entlassung aus dem Anpassungslehrgang verfügt worden ist, nach erfolgter Beteiligung des Hauptpersonalrats nicht entgegengestanden ist.

Eine Verletzung des Anspruchs der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch die Zeugnisanerkennungsstelle, indem diese sie nicht ordnungsgemäß angehört habe und insbesondere der Bitte um Verlängerung der Frist zur Stellungnahme nicht nachgekommen sei, wurde mit der Beschwerde nicht substantiiert dargelegt. Es fehlt insoweit an einer Darlegung dessen, was vorgetragen worden wäre und inwieweit der Vortrag zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Gleiches gilt, soweit sie geltend macht, dass ihr keine Gelegenheit gewährt worden sei, gegenüber der Personalvertretung Stellung zu nehmen. Im Übrigen hat die Zeugnisanerkennungsstelle mit Schreiben an den Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 1. Dezember 2017 nochmals angehört. Nachdem daraufhin die Antragstellerin nicht Stellung genommen hat, hat sie den Bescheid anhand der im Eilverfahren geltend gemachten Gründe ergebnisoffen überprüft (Schreiben der Zeugnisanerkennungsstelle vom 13.12.2017 und Aktenvermerk der Zeugnisanerkennungsstelle vom 22.12.2017). Dies hat die Funktion der Anhörung für den Entscheidungsprozess erfüllt (BVerwG, B.v. 18.4.2017 – 9 B 54/16 – juris, LS 1). Ein eventuelles Anhörungsdefizit wäre damit gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG geheilt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung selbst bedarf keiner vorherigen Anhörung des Betroffenen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 41). Sie war auch nicht überraschend. Der Bescheid vom 4. August 2016 wurde allein aus formellen Gründen, wegen des fehlenden Hinweises auf die Möglichkeit der Beteiligung des Personalrats, aufgehoben. Auf das Unterbleiben eines erneuten Erlasses und der Anordnung des sofortigen Vollzuges nach Beseitigung des Fehlers durfte die Antragstellerin nicht vertrauen.

Nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 81) ist davon auszugehen, dass die Personalvertretung ordnungsgemäß beteiligt worden ist, wie der Antragsgegner dargelegt hat. An der Wahrheit dieser Angaben bestehen keine Zweifel. Die für den Antragsgegner Handelnden sind als Beamte zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet.

Der Entlassungsbescheid vom 24. Oktober 2017 ist nach summarischer Prüfung auch materiell rechtmäßig. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass bei der Antragstellerin Defizite bei der Beherrschung der deutschen Sprache bestehen. Anhaltspunkte dafür, dass Seminarlehrer oder Seminarvorstand hinsichtlich der Bewertung der Antragstellerin voreingenommen waren, sind nicht erkennbar.

Rechtsgrundlage für die Entlassung aus dem Anpassungslehrgang ist § 11 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung zum Vollzug des Art. 7 Abs. 4 des Bayerischen Lehrerbildungsgesetzes (EG-Richtlinienverordnung für Lehrer – EGRiLV-Lehrer) vom 23. Juli 1992 (GVBl S. 245, BayRS 2238-1-1-K), zuletzt geändert mit Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286). Die dort genannte Voraussetzung der Entlassung aus dem Anpassungslehrgang, nämlich dass die Teilnehmerin aufgrund der fortlaufenden (halbjährlichen) Bewertung aller Voraussicht nach den Anforderungen des Anpassungslehrgang nicht entsprechen können wird, bedeutet nicht, dass die Entlassung nur halbjährlich stattfinden könnte. Die Entlassung ist vielmehr dann möglich, wenn sich aus der fortlaufenden Beobachtung der Leistungen der Teilnehmerin ergibt, dass zum nächsten Bewertungszeitpunkt feststehen wird, dass sie das Lehrgangsziel nicht erreichen kann.

Die Entlassung aus dem Anpassungslehrgang wegen sprachlicher Defizite verstößt weder gegen § 14 EGRiLV-Lehrer noch gegen unionsrechtliche Vorgaben, insbesondere nicht gegen Art. 53 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 S. 22 - 142) in der Fassung der Richtlinie 2013/ 55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mithilfe des Binnenmarkt-Informationssystems (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 132 -170), wonach die zur Berufsausübung erforderlichen Sprachkenntnisse erst nach der Anerkennung der Berufsqualifikation überprüft werden dürfen.

Die Sprachbeherrschung dient hier nicht der Kommunikation von Berufsausübenden, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, mit jenen, die ihre Dienste in Anspruch nehmen, zum Beispiel zwischen Arzt und Patient. Bei Lehrern, die an einem bayerischen Gymnasium Sprachunterricht erteilen und insbesondere bei solchen, die Schüler, deren Muttersprache in der Regel Deutsch ist, im Fach Deutsch unterrichten, gehört die Sprachbeherrschung zum Berufsbild und ist ein wesentliches Qualifikationsmerkmal. Die Beherrschung der deutschen Sprache auf einem Niveau, das dem muttersprachlichen zumindest nahe kommt, erscheint zur Qualifizierung für dieses Lehramt unerlässlich. Das Verwaltungsgericht hat daher richtig erkannt, dass das Beherrschen der deutschen Sprache für dieses Lehramt zur erforderlichen Unterrichtskompetenz, wie auch zur Handlungs- und Sachkompetenz (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 und 3 EGRiLV-Lehrer) gehört. Die Sprachkompetenz in Deutsch ist nämlich nicht nur – wie die Antragstellerin meint – Voraussetzung für die Zulassung zum Anpassungslehrgang, deren Vorliegen durch Zertifikate oder Diplome nachzuweisen ist (§ 14 Abs. 1 EGRiLV-Lehrer) oder obliegt der Beurteilungskompetenz eines künftigen Arbeitgebers, sondern sie ist gerade auch unabdingbare Voraussetzung der für dieses Lehramt erforderlichen Qualifikation.

Anhaltspunkte für Verstöße gegen Art. 18 AEUV (Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, wobei die Antragstellerin Deutsche ist) oder Art. 14 und 17 EMRK sind auch nicht ansatzweise ersichtlich.

Eine Vorlage zum europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht erforderlich (BVerfG, B.v. 19.9.2017 – 1 BvR 1928/17 – juris Rn. 4).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung

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Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 19. Sept. 2017 - 1 BvR 1928/17

bei uns veröffentlicht am 19.09.2017

Tenor Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 18. Apr. 2017 - 9 B 54/16

bei uns veröffentlicht am 18.04.2017

Gründe 1 Die auf die Zulassungsgründe der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Sache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Sache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Das angegriffene Urteil des Oberverwaltungsgerichts widerspricht zwar in einem inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz einem in Anwendung derselben Rechtsvorschrift in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz. Die Entscheidung erweist sich gleichwohl gemäß § 144 Abs. 4 VwGO, der im Beschwerdeverfahren analog gilt (Beschlüsse vom 17. März 1998 - 4 B 25.98 - Buchholz 406.17 Bauordnungsrecht Nr. 66 und vom 25. September 2013 - 4 BN 15.13 - BauR 2014, 90 Rn. 4), im Ergebnis als richtig.

3

Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 45 VwVfG abgewichen, weil es davon ausgegangen sei, eine fehlerhafte Anhörung könne gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG auch noch im gerichtlichen Verfahren geheilt werden. Das Bundesverwaltungsgericht habe dagegen entschieden, dass bei einer unterbliebenen Anhörung eine Heilung nur dann eintrete, soweit sie nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht werde. Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren stellten keine nachträgliche Anhörung im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG dar. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruhe auch auf dieser Abweichung, insbesondere sei eine Anwendung des § 46 VwVfG nicht möglich. Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Behörde ohne den Verfahrensfehler genauso entschieden hätte.

4

Damit hat die Beschwerde eine Abweichung des Oberverwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend dargetan. Unerheblich ist, dass § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG aufgrund der Verweisung in § 1 VwVfG Sachsen-Anhalt, und damit als Landesrecht Anwendung gefunden hat. Denn gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gehört zum divergenzfähigen revisiblen Recht auch eine Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt. Ebenso unerheblich ist, dass das Oberverwaltungsgericht nicht ausdrücklich einen abstrakten Rechtssatz des Inhalts aufgestellt hat, eine im Verwaltungsverfahren unterbliebene Anhörung könne auch noch in der mündlichen Verhandlung eines gerichtlichen Verfahrens nachgeholt und der Anhörungsfehler hierdurch geheilt werden. Zwar genügt es für die Darlegung einer Divergenz nicht, wenn durch die Beschwerde lediglich eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch die Vorinstanz aufgezeigt wird. So liegt es hier aber nicht. Das Oberverwaltungsgericht hat den Fehler im flurbereinigungsrechtlichen Auslegungsverfahren (§ 32 FlurbG), bei dem es sich funktional um eine Anhörung im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG handelt, als nach dieser Norm geheilt angesehen. Es hat dabei unter Hinweis auf die nach § 45 Abs. 2 VwVfG zeitlich bis zum Abschluss eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gegebene Heilungsmöglichkeit darauf abgestellt, dass die Klägerin "spätestens in der mündlichen Verhandlung durch den Senat ausreichend Gelegenheit gehabt (hat), sämtliche Nachweisungen des Beklagten einzusehen". Aufgrund der intensiven Nachfragen durch den Senat während der mündlichen Verhandlung sei die Beklagte veranlasst worden, das Verfahren und das Ergebnis der Wertfestsetzung zu erläutern. In Folge dessen habe in der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit bestanden, sämtliche Einwendungen gegen die Wertfestsetzung geltend zu machen. Das Urteil beruht damit konkludent auf dem entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz, eine Anhörung im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwGO könne auch noch im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden. Dagegen hat das Bundesverwaltungsgericht den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, bei einer unterbliebenen Anhörung könne eine Heilung nur eintreten, soweit sie nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht werde. Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren erfüllten die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG daher nicht (Urteile vom 24. Juni 2010 - 3 C 14.09 - BVerwGE 137, 199 Rn. 37 und vom 22. März 2012 - 3 C 16.11 - BVerwGE 142, 205 Rn. 18).

5

Die Entscheidung erweist sich jedoch im Ergebnis als richtig (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Nach § 46 VwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist der Anwendungsbereich des § 46 VwVfG vorliegend eröffnet. Soweit die Beschwerde zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 2010 (3 C 14.09 - BVerfGE 1, 37, 199 Rn. 40 f.) verweist, übersieht sie, dass das Bundesverwaltungsgericht darin die Anwendung des § 46 VwVfG bei fehlender Heilungsmöglichkeit nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG nicht grundsätzlich für ausgeschlossen erklärt hat. Es hat vielmehr lediglich für den seiner Entscheidung zugrunde liegenden Fall, der die Genehmigung eines Linienverkehrs mit Bussen im Parallelverkehr zum Schienenverkehr betraf, eine offensichtlich fehlende Kausalität deshalb verneint, weil das klagende Bahnunternehmen im Revisionsverfahren geltend gemacht hatte, es wäre zu einer Überprüfung des Gesamtsystems seiner Fahrpreise bereit gewesen, wäre es von der Beklagten, wie nach dem Personenbeförderungsgesetz vorgesehen, zu einer Ausgestaltung seines Schienenverkehrs aufgefordert worden. Eine vergleichbare Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Das Verfahren der Wertermittlung nach dem Flurbereinigungsgesetz kennt kein mit dem Recht der Ausgestaltung des vorhandenen Verkehrs durch den Verkehrsbetreiber vergleichbares Verfahrensrecht der Beteiligten eines Flurbereinigungsverfahrens. Die Wertermittlung wird in der Regel durch landwirtschaftliche Sachverständige vorgenommen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Lediglich der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft soll der Wertermittlung beiwohnen (§ 31 Abs. 1 Satz 3 FlurbG). Nach Abschluss der Wertermittlung erfolgt die Anhörung der Beteiligten im Wege der Auslegung der Nachweisungen über die Ergebnisse der Wertermittlung und die anschließende Erläuterung in einem Anhörungstermin (§ 32 Satz 1 und 2 FlurbG). Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hatten die Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung sämtliche Nachweisungen über die Ergebnisse der Wertermittlung einsehen können. Aufgrund der intensiven Befragung durch das Gericht habe der Beklagte das Verfahren und das Ergebnis seiner Wertfestsetzung erläutert, und die Klägerin habe Gelegenheit gehabt, hierzu Stellung zu nehmen und sämtliche Einwendungen gegen die Wertermittlung vorzubringen. Diese Feststellungen greift die Beschwerde nicht an, sondern bestätigt, dass der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zwei Ordner, die bis dahin nicht zur Gerichtsakte gelangt seien, vorgelegt habe und die Vertreter der Klägerin Gelegenheit hatten, diese einzusehen. Dass die Vertreter der Klägerin nicht in der Lage gewesen wären, sich in der mündlichen Verhandlung ausreichend zu erklären und sich die Nachweisungen erläutern zu lassen, macht die Beschwerde nicht geltend; sie trägt auch nicht vor, was die Klägerin bei einer ordnungsgemäßen Anhörung zusätzlich vorgetragen hätte. Es bestehen daher keine Zweifel daran, dass die Behörde ohne den Verfahrensfehler genauso entschieden hätte.

6

2. Der von der Beschwerde als klärungsbedürftig bezeichneten Frage,

ob ein Verstoß gegen die §§ 32, 33 FlurbG dergestalt, dass

- die vorgesehene Dauer der Auslegung unterschritten wird,

- die Dienststunden, zu welchen die Unterlagen ausliegen, nicht näher beschrieben werden,

- der Raum, innerhalb welchem die Auslegung erfolgt, sich nicht der öffentlichen Bekanntmachung entnehmen lässt,

- die Einsichtnahme nur an 18,5 Stunden pro Woche möglich ist,

- die Auslegung an einem Ort erfolgte, welcher für die Ersatzbekanntmachung von Plänen nicht vorgesehen ist und/oder

- die Unterlagen nicht ausgelegen haben, sondern erst auf Nachfrage herausgegeben wurden,

gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt werden kann,

kommt keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Die Vorinstanz hat die Frage, ob die von der Klägerin geltend gemachten Auslegungsmängel hinsichtlich der Dienststunden und des Ortes der Auslegung zutreffen oder nicht, dahingestellt sein lassen, da Anhörungsmängel jedenfalls nachträglich spätestens im Klageverfahren nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt worden seien. Mit dieser Ansicht weicht die Vorinstanz zwar von der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab, wonach nur eine nachträglich ordnungsgemäß durchgeführte Anhörung, die ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht, zur Heilung nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG führt. Wie ebenfalls bereits dargelegt, wirkt sich diese Abweichung aber deswegen nicht auf das Ergebnis der Entscheidung aus, weil der Verfahrensfehler aufgrund der Regelung des § 46 VwVfG als unschädlich anzusehen ist. Damit würden sich die aufgeworfenen Fragen - soweit sie überhaupt einer fallübergreifenden Klärung zugänglich sind - nicht in einem Revisionsverfahren stellen.

7

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie ist unzulässig, weil sie dem Grundsatz der Subsidiarität nicht genügt.

2

1. Nach dem Grundsatz der Subsidiarität aus § 90 Abs. 2 BVerfGG (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>) müssen vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergriffen werden, um die jeweils geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen. Werden mit einer Verfassungsbeschwerde gegen eine fachgerichtliche Eilentscheidung ausschließlich Grundrechtsverletzungen gerügt, die sich auf die Hauptsache beziehen, bietet das Verfahren der Hauptsache regelmäßig die Chance, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen. Entscheidungen im vorläufigen Rechtsschutz kommen daher als Gegenstand der Verfassungsbeschwerde regelmäßig nur in Betracht, soweit sie eine selbständige verfassungsrechtliche Beschwer enthalten, die sich nicht mit derjenigen durch die spätere Entscheidung in der Hauptsache deckt (vgl. BVerfGE 77, 381 <400 f.>; 79, 275 <278 f.>; 104, 65 <70 f.>; stRspr).

3

2. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt keine hinreichend substantiierte Rüge einer eigenständigen Beschwer durch die Eilentscheidung des Finanzgerichts erkennen. Insbesondere erschließt sich nicht, welche Beschwer gerade durch die gerichtliche Entscheidung zur Aussetzung des sofortigen Vollzugs einer Prüfungsverfügung nach dem Mindestlohngesetz - im Unterschied zu einer eventuellen Beschwer durch die behördliche Verfügung selbst - entstanden sein soll.

4

a) Eine Verletzung des Rechts der Beschwerdeführerin mangels Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union als gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 73, 339 <366>; 135, 155 <230 Rn. 177>; stRspr) kommt nicht in Betracht. Dieses Recht kann durch eine fachgerichtliche Eilentscheidung nicht verletzt sein, da in solchen Verfahren grundsätzlich keine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht (vgl. BVerfGK 5, 196 <201>; 9, 330 <334 f.>; 10, 48 <53>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Dezember 2016 - 1 BvR 1221/12, www.bverfg.de, Rn. 16; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. November 1991 - 2 BvR 1642/91 -, juris, Rn. 2; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Januar 2017 - 2 BvR 2013/16 -, www.bverfg.de, Rn. 15; s.a. EuGH, Urteil vom 24. Mai 1977 - C-107/76 "Hoffmann-La Roche" -, juris, Rn. 5; Urteil vom 27. Oktober 1982 -C 35/82 "Morson und Jhanjan" -, juris, Rn. 8 f.).

5

b) Eine Verletzung der Rechte der Beschwerdeführerin aus Art. 19 Abs. 4 GG ist ebenfalls nicht zu erkennen. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert zwar nicht nur das formelle Recht, die Gerichte anzurufen, sondern beinhaltet auch die Effektivität des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 93, 1 <13>; stRspr). Den Anforderungen an einen effektiven Rechtsschutz müssen die Gerichte auch bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften über den Eilrechtsschutz Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 79, 69 <74>). Doch garantiert das Grundgesetz die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen nicht schlechthin. Vielmehr können es überwiegende öffentliche Belange rechtfertigen, den Anspruch auf Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen rechtzeitig in die Wege zu leiten (vgl. BVerfGE 35, 382 <402>). Dies hat das Finanzgericht hier angenommen, ohne dass die Beschwerdeführerin dem mit hinreichend konkretem Vortrag entgegengetreten wäre.

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3. Eine Vorabentscheidung der Verfassungsbeschwerde wegen allgemeiner Bedeutung nach dem entsprechend anwendbaren § 90 Abs. 2 Satz 2 Var. 1 BVerfGG ist nicht angezeigt. Soweit nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin erkennbar, gehen mit der Verweisung auf den fachgerichtlichen Rechtsweg nur verhältnismäßig geringe Belastungen einher. So hat die Beschwerdeführerin nicht etwa bereits bei Erhalt der Prüfungsverfügungen nach dem Mindestlohngesetz eine Feststellungsklage erhoben (vgl. insoweit BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2015 - 1 BvR 555/15 -, www.bverfg.de, Rn. 11 ff.), sondern hierzu bislang nur einen Antrag in der Hauptsache angekündigt, diesen aber nicht begründet. Zudem trägt sie selbst vor, dass zahlreiche fachrechtliche und auch hier relevante Fragen des Mindestlohngesetzes ungeklärt sind. Auch das spricht dagegen, hier ausnahmsweise auf die im Regelfall im Sinne der Subsidiarität verfassungsgerichtlicher Entscheidungen prozessrechtlich geforderte Klärung solcher Fragen durch die dazu berufenen Fachgerichte zu verzichten (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2015 - 1 BvR 555/15 -, www.bverfg.de, Rn. 14 ff.).

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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.