Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Juni 2015 - 3 ZB 12.2178

bei uns veröffentlicht am24.06.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht München, 5 K 10.4686, 24.07.2012

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 10.481,52 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) und § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage Schadensersatz wegen verspäteter Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Probe in Höhe von insgesamt 10.481,52 Euro nebst Zinsen. Die ursprünglich geltend gemachte Schadensersatzforderung in Höhe von 6.138,04 Euro umfasst die Differenz seines Einkommens als angestellte Lehrkraft zu den Bezügen, die der Kläger als Beamter für den Zeitraum von September 2008 bis einschließlich Januar 2010 erhalten hätte.

Der Kläger sieht seinen Bewerberverfahrensanspruch verletzt, weil er bei jedem seiner Bewerbung zum Februar 2008 folgenden Einstellungstermin (September 2008, Februar 2009 und September 2009) trotz besserer Gesamtprüfungsnote im Hinblick auf andere Bewerber übergangen worden sei.

Im Laufe des Klageverfahrens erweiterte der Kläger seine Schadensersatzforderung um 4.343,48 Euro auf insgesamt 10.481,52 Euro. Die erweiterte Summe ergebe sich als zusätzlicher Schaden für den Zeitraum von Februar 2008 bis August 2008 und umfasse neben der verdienstmäßigen Differenzberechnung für diesen Zeitraum die Kosten zweier Umzüge und einer Dienstantrittsreise nach Aschaffenburg, da er bereits im Einstellungstermin Februar 2008 eine Planstelle hätte erhalten müssen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Das Verwaltungsgericht München hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Ernstliche Zweifel sind dann anzunehmen, wenn ein in der angegriffenen Entscheidung enthaltener, einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt würde (BVerfG, B. v. 26.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen würden (BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - DVBl. 2004, 838). Das ist vorliegend nicht der Fall.

a) Im Hinblick auf die Klageerweiterung auf Gewährung eines zusätzlichen Schadensersatzes in Höhe von 4.343,48 Euro nebst Zinsen im laufenden Klageverfahren hat das Verwaltungsgericht die Klage mangels eines vorhergehenden Antrags beim Beklagten zu Recht als unzulässig angesehen.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt eine auf Schadensersatz gerichtete Leistungsklage aus dem (hier: erstrebten) Beamtenverhältnis einen vor Klageerhebung an den Dienstherrn gerichteten, entsprechenden Antrag voraus. Es handelt sich hierbei um eine Klagevoraussetzung, nicht um eine im Prozess nachholbare bloße Sachurteilsvoraussetzung. Der Schadensersatzanspruch muss vor der Erhebung der Klage in erkennbarer Form an den Dienstherrn herangetragen werden, so dass dieser nicht erst im Prozess mit ihm konfrontiert wird (st. Rspr., z. B. BVerwG, U. v. 10.4.1997 - 2 C 38.95; U. v. 27.6.1986 - 6 C 131.80; OVG NRW, B. v. 4.3.2014 - 6 A 588/12; VGH München, B. v. 29.10.2013 - 3 ZB 09.1593 - jeweils in juris).

bb) Das Bundesverwaltungsgericht hat dieses Erfordernis zwar im Urteil vom 28. Juni 2001 (Az. 2 C 48.00 in juris) insofern klarstellend eingeschränkt, dass die Zulässigkeit einer auf Schadensersatz gerichteten allgemeinen Leistungsklage aus dem Beamtenverhältnis nicht zwingend einen diesem Verfahren vorgeschalteten zusätzlichen Antrag an den Dienstherrn voraussetzt, wenn die Durchführung eines Vorverfahrens möglich ist. Den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts ist aber zugleich zu entnehmen, dass das Schadensersatzbegehren vor Klageerhebung, sei es durch einen Antrag oder im Wege des Widerspruchs, gegenüber dem Dienstherrn geltend gemacht und konkretisiert werden muss (OVG NRW, B. v. 4.3.2014 a. a. O.).

Nur so wird der Dienstherr in die Lage versetzt, die Angelegenheit einer verwaltungsinternen Prüfung zu unterziehen und durch eine denkbare Abhilfe oder aber nähere Begründung seines Standpunktes einen Rechtsstreit mit dem Beamten zu vermeiden (vgl. BVerwG, U. v. 28.6.2001 - 2 C 48/00 - BVerwGE 114, 350; BayVGH, B. v. 29.10.2013 a. a. O. - juris Rn. 6).

cc) Zwar machte der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 7. Mai 2010 einen Schadensersatzanspruch beim Beklagten wegen verspäteter Verbeamtung in Höhe von 6.138,04 Euro geltend, den das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus mit Schreiben vom 17. Mai 2010 ablehnte, nicht jedoch den weiteren Anspruch in Höhe von 4.343,48 Euro. Um diese Forderung wurde das Begehren des Klägers erst im Klageverfahren mit Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 11. Juni 2012 erweitert.

Soweit der Kläger im Rahmen des Zulassungsverfahrens vorbringt, er begehre lediglich die Zahlung eines weiteren Geldbetrags aus dem gleichen Lebenssachverhalt, den der Beklagte als Zahlungsgrund bereits außergerichtlich abgelehnt habe, so dass der fehlende Antrag beim Beklagten nicht zur Unzulässigkeit der gerichtlichen Geltendmachung führen könne, vermag er damit nicht durchzudringen. Der Kläger verkennt insofern gerade den Sinn und Zweck des vorherigen Antragserfordernisses. Eine umfassende verwaltungsinterne Prüfung der erweiterten Schadensersatzforderung war gerade nicht möglich, da sich diese nicht nur betragsmäßig erhöhte, sondern auf einen weiteren Zeitraum erstreckte und auf eine andere Begründung gestützt wurde. Insoweit handelt es sich um voneinander abweichende Streitgegenstände, die einer unterschiedlichen rechtlichen Betrachtung unterliegen. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht in der Nichterfüllung des Antragserfordernisses eine fehlende Klagevoraussetzung gesehen.

b) Auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die Schadensersatzklage in Höhe von 6.138,04 Euro als unbegründet abzuweisen, ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, beamtenrechtlich so gestellt zu werden, als wäre er bereits zum September 2008 (oder später) in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen worden.

Zwar steht Einstellungsbewerbern dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch zu, wenn der öffentliche Dienstherr den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Bewerbungsverfahrensanspruch schuldhaft verletzt (BVerwG, U. v. 25.02.2010 - 2 C 22/09). Zu Recht ist das Verwaltungsgericht jedoch davon ausgegangen, dass es vorliegend zumindest am Verschulden des Beklagten fehlt.

aa) Auf den Vortrag des Klägers, er sehe seinen Anspruch auf Zugang zu öffentlichen Ämtern nur nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG) und den hieraus abgeleiteten Bewerbungsverfahrensanspruch deshalb als verletzt an, weil ihm bereits zum Einstellungstermin im Februar 2008 drei Lehrkräfte mit schlechterer Gesamtprüfungsnote aus einem sog. „Supervertrag“ vorgezogen worden seien, während er keine Planstelle, sondern lediglich einen sog. „Supervertrag“ erhalten habe, kommt es im Rahmen des (zulässig) geltend gemachten Schadensersatzanspruchs in Höhe von 6.138,04 Euro nicht an. Mit diesem wird ein Schaden für die verzögerte Ernennung ab dem Einstellungstermin September 2008 geltend gemacht, zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger bereits in einem Angestelltenverhältnis zum Beklagten stand (sog. „Supervertrag“ vom 25. Februar 2008).

bb) Zu Recht konnte das Verwaltungsgericht mangels Verschulden des Beklagten im Ergebnis offen lassen, ob der Bewerberverfahrensanspruch des Klägers durch seine Nichtberücksichtigung in den der Bewerbung zum Februar 2008 folgenden Einstellungsterminen September 2008, Februar 2009 und September 2009 verletzt wurde, in denen jeweils Bewerber mit schlechteren Examensnoten als der Kläger verbeamtet wurden.

Soweit das Verwaltungsgericht feststellt, dass der Kläger für den fraglichen Zeitraum einen befristeten Arbeitsvertrag geschlossen habe, der weder von ihm vorzeitig gekündigt noch angefochten worden sei und an dem er sich festhalten lassen müsse, zumal er durch den Ablauf Sicherheit für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe gewonnen habe, so ist hieran nichts zu erinnern. Hätte der Kläger auf das angebotene Arbeitsverhältnis verzichtet, hätte er sich zwar jederzeit wieder bewerben können, dann jedoch mit dem Risiko, möglicherweise nicht übernommen zu werden. Der mit der Zusage auf Übernahme in das Beamtenverhältnis verbundene Arbeitsvertrag hat im Gegenzug für den Kläger auch den Vorteil gehabt, dass er sich beim Einstellungstermin Februar 2010 nicht mit den künftigen Bewerbern messen lassen musste. Hier wäre der Kläger mit seiner Gesamtprüfungsnote von 2,39 bei einer Grenznote für eine Einstellung in seiner Fächerverbindung von 1,77 ohne Übernahmegarantie auch tatsächlich nicht zum Zuge gekommen (s. Klageerwiderung vom 15. Oktober 2010, S. 4). Soweit das Verwaltungsgericht ausführt, dass aufgrund des zwischen den Beteiligten geschlossenen Vertrags auch ein Verzicht der auf Zeit angestellten Lehrkraft denkbar sei, sich zu den Einstellungsterminen während der Laufzeit des Arbeitsvertrags zu bewerben, der unter dem Vorbehalt stehe, dass ihm nicht umgekehrt seitens des Dienstherrn vorzeitig - bei Vorliegen zusätzlicher Stellen - die Verbeamtung angeboten werde, so ist hieran nichts auszusetzen.

Insofern spricht auch nichts gegen die Auffassung, dass der Kläger für die auf seine Bewerbung zum Februar 2008 folgenden Einstellungstermine, bei denen er sich bereits für eine Laufzeit von längstens zwei Jahren arbeitsvertraglich an den Beklagten gebunden hatte, nicht mehr als „Bewerber“ in Konkurrenz zu den Neubewerbern um die offenen Planstellen zu den jeweiligen Einstellungsterminen anzusehen ist, mit der Folge, dass auch aus diesem Grund eine Verletzung des Bewerberverfahrensanspruchs gemäß Art. 33 Abs. 2 GG fraglich erscheint (BayVGH, B. v. 30.3.2010 - 3 CE 09.2509 - juris). Auch wenn der Beklagte seine Verwaltungspraxis seit Februar 2011 dahingehend geändert hat, dass nunmehr Lehrkräfte mit Supervertrag bei jedem Einstellungstermin mit den Neubewerben notenmäßig verglichen werden, um eine Neueinstellung eines schlechteren Bewerbers auszuschließen, bedeutet dies nicht automatisch, dass die frühere Vorgehensweise - Lehrkräfte mit Supervertrag nur bei Vorliegen zusätzlicher Planstellen vor Ablauf der Vertragslaufzeit zu Beamten zu ernennen - rechtswidrig gewesen ist. Auch aus dem Arbeitsvertrag lässt sich nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen der Kläger einen Anspruch auf vorzeitige Übernahme in das Beamtenverhältnis gehabt hätte.

Nach dem Vortrag des Beklagten (s. Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 29. März 2012) wurden im Zeitraum Februar 2008 bis Februar 2010 auch keine anderen Lehrkräfte mit Supervertrag und gleicher Fächerkombination wie der Kläger vorzeitig ins Beamtenverhältnis übernommen.

cc) Im Ergebnis konnte das Verwaltungsgericht eine Verletzung des Bewerberverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG offen lassen, da es zumindest am schuldhaftes Verhalten des beklagten Dienstherrn fehlt.

Soweit der Kläger vorbringt, das Verwaltungsgericht hätte sich mit der Frage des Verschuldens nicht auseinandergesetzt, da es nicht geprüft habe, ob die zur Entscheidung berufenen Beamten des Beklagten wegen der ausdrücklichen Formulierung in der vertraglichen Vereinbarung, den Kläger bis spätestens Februar 2010 ins Beamtenverhältnis zu berufen, nicht bei jedem Einstellungstermin nach Abschluss des Supervertrags den Kläger mit den Neubewerben notenmäßig hätten vergleichen müssen und ihn bei besserer Note vorzeitig ins Beamtenverhältnis übernehmen hätten müssen, kann er nicht durchdringen.

(1) Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem allgemeinen Beamtenverhältnis gilt der allgemeine, objektivabstrakte Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts (§ 276 Abs. 2 BGB). Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Von den für die Ernennung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Selbst wenn eine behördliche Maßnahme gerichtlich missbilligt wird, kann daraus ein Verstoß des verantwortlichen Amtsinhabers gegen Sorgfaltspflichten nicht hergeleitet werden, wenn er die zugrunde liegende Rechtsauffassung aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen hat und sie im Ergebnis als vertretbar angesehen werden kann (BVerwG, U. v. 17.8.2005 - 2 C 37.04 - juris Rn. 24, 25; BayVGH, U. v. 24.4.2015 - 3 BV 13.2043 - juris Rn. 32).

(2) Das Verwaltungsgericht ging insofern davon aus, dass - gemessen am oben genannten Maßstab - die Rechtsauffassung, der „Supervertrag“ sei ein Rechtsinstitut mit Vor- und Nachteilen für die jeweiligen Beteiligten, im Rahmen dessen der Zeitangestellte auf alternativ gegebene Rechte wie z. B. die Möglichkeit, sich jeweils zu den Einstellungsterminen während der Laufzeit des Arbeitsvertrags für eine Berufung in das Beamtenverhältnis zu bewerben, verzichtet hat, jedenfalls vertretbar sei. Fragen im Zusammenhang mit dem Supervertrag, seien weder durch Rechtsprechung noch im Schrifttum abschließend behandelt oder geklärt. Soweit in anderen gerichtlichen Verfahren dem Streitgegenstand auch ein „Supervertrag“ zugrunde gelegen habe, hätten die damit befassten Gerichte - soweit ersichtlich - keine grundsätzlichen Fragen zur Rechtmäßigkeit dieses Rechtsinstituts aufgeworfen. Eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten scheide hiernach aus. An dieser Rechtsauffassung ist rechtlich nichts zu erinnern. Erkennbar setzen sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichts auch mit der Frage auseinander, ob der Kläger bei den jeweiligen weiteren Einstellungsterminen hätte berücksichtigt werden müssen. Insofern führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Auffassung, der Kläger habe für die Laufzeit des Vertrages auf weitere Bewerbungen verzichtet und sei deshalb nicht mehr als Bewerber zu berücksichtigen gewesen, zumindest vertretbar sei. Entgegen der Auffassung des Klägers brachte das Verwaltungsgericht hier inzident zum Ausdruck, dass in dieser Vorgehensweise des Beklagten - ebenso wie in der fehlenden Abstandsnahme vom Institut des „Supervertrags“ an sich - kein Verstoß gegen Sorgfaltspflichten zu sehen ist (BVerwG, U. v. 25.2.2010 a. a. O., juris Rn. 26). Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht den Schadensersatzanspruch in Höhe von 6.138,04 Euro mangels Verschulden als unbegründet abgewiesen.

2. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) scheidet ebenfalls aus.

Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass für die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten (Klärungsfähigkeit) und zur Einhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (Klärungsbedürftigkeit; vgl. Eyermann, Kommentar zur VwGO, 14. Auflage 2014, § 124 Rn. 36).

Die Frage, ob die zur Entscheidung berufenen Beamten des Beklagten den Kläger bei jedem Einstellungstermin nach Abschluss seines „Supervertrages“ mit den neu einzustellenden Kollegen in seiner Fächerkombination hätten vergleichen und bei gleicher oder besserer Note sofort vorzeitig ins Beamtenverhältnis übernehmen müssen, war selbst bei Bejahung - mangels schuldhaftem Verhalten der zur Entscheidung berufenen Beamten - nicht entscheidungserheblich und somit nicht klärungsfähig. Im Hinblick auf die insoweit im Februar 2011 erfolgte Änderung der Verwaltungspraxis erweist sie sich auch nicht mehr als klärungsbedürftig.

Der Zulassungsantrag war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 3 i. V. m. 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Antrag wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 499,68 Euro festgesetzt.


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(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz mit der Begründung, sie sei verspätet zur Beamtin auf Probe ernannt worden.

2

Die im April 1957 geborene Klägerin ist Mutter zweier im April 1986 und Mai 1988 geborener Töchter. Für das Schuljahr 1986/87 und, nach der Geburt ihrer zweiten Tochter, für das Schuljahr 1992/93 bewarb sie sich jeweils erfolglos um die Einstellung als beamtete Lehrerin für das Lehramt der Sekundarstufe I. Von September 1993 bis Ende August 1994 absolvierte sie mit wöchentlich 38,5 Stunden ein Berufspraktikum in einem Kindergarten; anschließend war sie bis zum 25. August 1995 mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit als Erzieherin tätig.

3

Auf ihre Bewerbung im Februar 1995 wurde sie zum 28. August 1995 im Angestelltenverhältnis eingestellt.

4

Mit Schreiben vom 21. August 1995 beantragte sie ihre Übernahme in ein Beamtenverhältnis. Der Beklagte lehnte dies unter dem 14. November 1995 mit der Begründung ab, die Klägerin habe die für die Einstellung als Beamtin maßgebliche Altersgrenze von 35 Lebensjahren überschritten. Die Kinderbetreuung könne zwar zu einer Erhöhung der Altersgrenze führen, doch seien nur die Schuljahre 1990/91, 1993/94 und 1994/95 als Kinderbetreuungszeiten zu berücksichtigen. Im Widerspruchsbescheid vom 10. September 1996 hieß es, zusätzlich komme eine Anerkennung der Schuljahre 1991/92 und 1992/93 als Kinderbetreuungszeiten in Betracht. Es sei jedoch davon auszugehen, dass die Klägerin die in den Schuljahren 1993/94 und 1994/95 bestehenden Einstellungschancen wegen der Tätigkeit als Praktikantin und Erzieherin und nicht wegen der Betreuung ihrer Kinder ungenutzt habe verstreichen lassen.

5

In dem gegen diese Entscheidungen gerichteten Klageverfahren hob der Beklagte seine Bescheide im September 2000 auf und verpflichtete sich, über den Übernahmeantrag der Klägerin neu zu entscheiden. Im November 2000 lehnte der Beklagte den Übernahmeantrag - nun unter Berücksichtigung der Einstellungsmöglichkeit zum Oktober 1989 - erneut mit der Begründung ab, der Kausalzusammenhang zwischen Kinderbetreuung und verspäteter Einstellung sei unterbrochen worden, weil die Klägerin Einstellungsmöglichkeiten wegen einer anderweitigen Ausbildung und Berufstätigkeit nicht wahrgenommen habe. Auch diesen Bescheid und einen gleichlautenden Widerspruchsbescheid hob der Beklagte im Oktober 2001 auf und verpflichtete sich, über den Übernahmeantrag der Klägerin neu zu entscheiden, ohne sich auf eine Überschreitung der Höchstaltersgrenze nach § 6 LVO zu berufen.

6

Nachdem die Klägerin vom Beklagten am 12. Februar 2002 zur Beamtin auf Probe ernannt worden war, verlangte sie von ihm unter dem 20. Dezember 2002 für den Zeitraum vom 21. August 1995 bis zum 12. Februar 2002 erfolglos den Ersatz des Schadens, der ihr durch die verspätete Ernennung unter anderem in besoldungsrechtlicher Hinsicht entstanden sei.

7

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben und im Wesentlichen ausgeführt: Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch zu, dessen Rechtsgrundlage die durch den Übernahmeantrag entstandene beamtenrechtliche Sonderverbindung sei. Durch den Antrag seien besondere, sich vor allem aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebende Rechtspflichten des Beklagten begründet worden.

8

Die Ablehnungsentscheidung sei rechtswidrig, weil der Beklagte verkannt habe, dass die Klägerin die Einstellungsaltersgrenze um knapp vier Jahre habe überschreiten dürfen. Sie habe wegen der Geburt und Betreuung ihrer Töchter eine Einstellungschance zum Oktober 1989 nicht wahrnehmen können. Die hierdurch eingetretene Verzögerung der Einstellung umfasse den Zeitraum bis zur Einstellungsmöglichkeit im Schuljahr 1993/94. Dass eine Ernennung zur Beamtin auf Probe in den Schuljahren 1991/92 und 1992/93 an fehlenden Einstellungsmöglichkeiten gescheitert wäre, sei unerheblich. Denn diese ungünstigen Umstände hätten nur deshalb Bedeutung erlangen können, weil die Klägerin wegen der Betreuung ihrer Kinder nicht schon zuvor in das Beamtenverhältnis berufen worden sei. Die Erhöhung der Einstellungsaltersgrenze scheitere auch nicht daran, dass die Klägerin die Einstellungsmöglichkeit zum Schuljahr 1993/94 aus anderen Gründen als der Kinderbetreuung nicht wahrgenommen habe. Schädlich seien insoweit nur Unterbrechungen des Ursachenzusammenhangs im Zeitraum zwischen der Kinderbetreuung und der Überschreitung der Höchstaltersgrenze. Daran fehle es, weil die Klägerin im Schuljahr 1993/94 das 35. Lebensjahr bereits vollendet gehabt habe.

9

Die Pflichtverletzung beruhe auch auf einem Verschulden des Beklagten, wobei zur Feststellung der schuldhaften Handlung auf dessen Bescheid vom 14. November 1995 abzustellen sei. Die Erwägungen des Beklagten zur Erhöhung der Einstellungsaltersgrenze im Falle der Klägerin hätten die obergerichtliche Rechtsprechung nicht einbezogen. Deren Würdigung ergebe, dass die Schuljahre 1991/92 und 1992/93 bei der Ermittlung der Einstellungsverzögerung hätten einbezogen werden müssen.

10

Mit der Revision rügt der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. November 2008 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 9. Februar 2005 zurückzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, beamtenrechtlich so gestellt zu werden, als wäre sie bereits am 21. August 1995 zur Beamtin auf Probe ernannt worden. Zwar steht Einstellungsbewerbern dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch zu, wenn der öffentliche Dienstherr ihren sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Bewerbungsverfahrensanspruch schuldhaft verletzt (1). Hier fehlt es jedoch an einem Verschulden des Beklagten (2).

13

1. Grundlage für den geltend gemachten Schadensanspruch ist das durch den Antrag der Klägerin auf Übernahme in das Beamtenverhältnis begründete beamtenrechtliche Bewerbungsverhältnis. Es findet seine gesetzliche Verankerung in Art. 33 Abs. 2 GG: Nach dieser Vorschrift hat jeder Deutsche einen grundrechtsgleichen Anspruch darauf, dass über seinen Antrag auf Zugang zu öffentlichen Ämtern nur nach Maßgabe seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung entschieden wird. Wird dieser Anspruch vom Dienstherrn schuldhaft verletzt, so steht dem zu Unrecht übergangenen Einstellungsbewerber unmittelbar aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Schadensersatzanspruch zu. Dieser besteht unabhängig vom Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG) und ist im Verwaltungsrechtsweg geltend zu machen (§ 40 Abs. 2 Satz 2 VwGO, § 126 Abs. 1 BRRG, § 54 Abs. 1 BeamtStG).

14

a) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen. Der Geltungsanspruch dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Daher können Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz oder durch andere verfassungsgemäße Vorgaben - wie Einstellungsaltersgrenzen (Urteil vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 18.07 - BVerwGE 133, 143 <145> = Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 6) gedeckt sind (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <149 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30, vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 <239> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31 und vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32).

15

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann ein bereits ernannter Beamter von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl (Bewerbungsverfahrensanspruch) schuldhaft verletzt hat, ihm das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und er es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 -; BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. S. 101 f.).

16

Der Anspruch auf fehlerfreie Entscheidung über den Bewerbungsantrag betrifft zunächst den erstmaligen Zugang zu einem öffentlichen Amt und steht damit dem Bewerber zu, der noch außerhalb des beamteten öffentlichen Dienstes steht und sich um ein Eingangsamt bemüht. Er greift sodann auch für Bewerber um höhere Ämter; seine Beachtung steuert damit den Aufstieg des bereits eingestellten Beamten in ein Beförderungsamt. Beide Arten von Bewerbern können sich unmittelbar auf Art. 33 Abs. 2 GG berufen.

17

Allerdings hängt die Erfüllung des Anspruchs nicht nur davon ab, dass der Bewerber die in den Laufbahnvorschriften konkretisierten Kriterien der Eignung, Befähigung und Leistung erfüllt, sondern ebenso davon, dass auf Seiten des Dienstherrn die entsprechenden Haushaltsmittel in der Gestalt einer freien, besetzbaren Planstelle bereit stehen und der Dienstherr diese Stelle besetzen will. Dabei liegt es in seinem organisatorischen, nur durch die Laufbahnvorschriften begrenzten Ermessen, nach welchen Kriterien er die Stelle beschreibt. Der Dienstherr kann deshalb Stellen für Lehrer nach seinen Bedürfnissen (Fächerkombination) zuschneiden und Bewerber schon dann ablehnen, wenn sie das von ihm festgelegte Anforderungsprofil nicht erfüllen (vgl. Urteile vom 7. Mai 1981 - BVerwG 2 C 42.79 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 19, vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 21.95 - BVerwGE 101, 112 <114> m.w.N. = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 51 und vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54).

18

Wegen dieser Besonderheiten reduziert sich der materielle Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG regelmäßig auf einen Anspruch des Bewerbers darauf, dass über seinen Antrag allein nach den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ermessensfehlerfrei entschieden wird (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Als solcher ist er anerkannt (vgl. Urteile vom 28. Oktober 2004 a.a.O und vom 17. August 2005 a.a.O. S. 102; Beschluss vom 6. April 2006 - BVerwG 2 VR 2.05 - Buchholz 11 Art 33 Abs 2 GG Nr. 33).

19

Auch dieser Bewerbungsverfahrensanspruch unterliegt weiteren zeitlichen Einschränkungen, die im Bereich des Rechtsschutzes zu Defiziten führen. Werden Stellen für Beamte zu regelmäßig wiederkehrenden Zeitpunkten ausgeschrieben und besetzt, wie dies etwa für Lehrer und Polizeibeamte typisch ist, so erlischt der materielle Einstellungsanspruch mit dem Verstreichen des Einstellungszeitpunktes und der Besetzung der Stellen durch andere Bewerber. Ist der Bewerber zu diesem Einstellungszeitpunkt verfahrensfehlerhaft nicht eingestellt worden, so kommt der primäre Rechtsschutz zu spät, weil auch der im gerichtlichen Verfahren obsiegende Bewerber nicht rückwirkend zum Beamten ernannt werden kann. Ebenso erledigt sich der gerichtliche Rechtsstreit um einen Beförderungsposten regelmäßig mit dessen Besetzung; der Grundsatz der Ämterstabilität steht der Entfernung des zu Unrecht beförderten Beamten aus anderen als den in den Beamtengesetzen geregelten, regelmäßig nicht einschlägigen Gründen entgegen.

20

Art. 19 Abs. 4 GG gebietet es, die in diesem Bereich begründeten Defizite des Primärrechtsschutzes durch einen entsprechend ausgebauten Sekundärrechtsschutz soweit möglich auszugleichen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des Senats, dass der zu Unrecht bei einer Beförderung übergangene Beamte einen unmittelbar aus dem beamtenrechtlichen Bewerbungsverfahren erwachsenden Anspruch darauf hat, im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als sei er im maßgeblichen Zeitpunkt befördert worden. Die Notwendigkeit dieses Anspruchs ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass andernfalls schuldhafte Verletzungen des grundrechtsgleichen Bewerbungsverfahrensanspruchs sanktionslos blieben.

21

Was für den Sekundärrechtsschutz des zu Unrecht übergangenen Beförderungsbewerbers gilt, gilt gleichermaßen auch für den zu Unrecht übergangenen Einstellungsbewerber. Beide Bewerber leiten ihren materiellen und ihren verfahrensrechtlichen Anspruch unmittelbar und unterschiedslos aus Art. 33 Abs. 2 GG her. Es wäre nicht gerechtfertigt, den zu Unrecht übergangenen Einstellungsbewerber bei der Gewährung des kompensierenden Sekundärrechtsschutzes anders zu behandeln und ihm einen unmittelbar auf das beamtenrechtliche Bewerbungsverfahren gestützten, gemäß § 126 BRRG im Verwaltungsrechtsweg einklagbaren Anspruch auf Schadensersatz schon dem Grunde nach zu versagen.

22

2. Für den Schadensersatzanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG fehlt es hier jedoch am Verschulden des Beklagten.

23

a) Maßgeblich sind insoweit die Erwägungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 10. September 1996 und nicht im Ausgangsbescheid vom 14. November 1995.

24

Ein Verwaltungsakt, der mit dem Widerspruch angegriffen werden kann, erhält seine endgültige Gestalt durch den Widerspruchsbescheid (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), nachdem die Widerspruchsbehörde die Recht- und Zweckmäßigkeit der Entscheidung nachgeprüft hat. Das Ausgangsverfahren bildet mit dem Widerspruchsverfahren eine Einheit und schließt erst mit einem etwaigen Widerspruchsbescheid ab (Urteil vom 27. September 1989 - BVerwG 8 C 88.88 - BVerwGE 82, 336 <338>). Dies gilt auch bei beamtenrechtlichen Streitigkeiten, in denen vom Gesetzgeber ausdrücklich ein Vorverfahren nach § 68 ff. VwGO vorgesehen ist (§ 126 Abs. 3 BRRG i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG sowie § 54 Abs. 3 BeamtStG).

25

b) Der Beklagte handelte nicht schuldhaft, als er die Übernahme der Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe durch Bescheid vom 14. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 1996 ablehnte.

26

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus Art. 33 Abs. 2 GG gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des Bürgerlichen Rechts. Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Nach diesem objektiv-abstrakten Sorgfaltsmaßstab ist auf die Anforderungen abzustellen, deren Beachtung von dem für den Dienstherrn handelnden Amtswalter erwartet werden kann. Dies bedeutet, dass jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes die Sach- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden muss. Wird eine behördliche Maßnahme gerichtlich missbilligt, so kann daraus ein Verstoß des verantwortlichen Amtswalters gegen Sorgfaltspflichten nicht hergeleitet werden, wenn er die zugrunde liegende Rechtsauffassung aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen hat und sie im Ergebnis vertretbar ist. Eine letztlich als unzutreffend erkannte Rechtsauffassung stellt sich als vertretbar dar, wenn die Rechtsfrage nicht einfach zu beurteilen war und weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt worden ist (Urteil vom 17. August 2005 a.a.O.)

27

Der Beklagte hat den Antrag der Klägerin unter anderem mit der Begründung abgelehnt, der mittlerweile über 35 Jahre alten Klägerin komme eine Erhöhung der Einstellungsaltersgrenze nach § 6 LVO deshalb nicht zugute, weil sie zum möglichen Einstellungszeitpunkt 1993 nicht durch die Erziehung ihrer Kinder daran gehindert gewesen sei, sich um eine Einstellung zu bewerben. Vielmehr sei sie zu diesem Zeitpunkt mit einer Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden berufstätig gewesen. Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, § 6 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 LVO in der bei Eingang der Bewerbung maßgeblichen Fassung vom 24. April 1990 (GV NW S. 254) habe hinsichtlich des Kausalzusammenhangs zwischen Kinderbetreuung und Verzögerung der Einstellung Rechtsfragen aufgeworfen, die nicht einfach zu beurteilen gewesen seien. Dies trifft zu und lässt die bei der Prüfung des Verschuldens zugrunde zu legende Annahme des zuständigen Sachbearbeiters des Beklagten zumindest vertretbar erscheinen.

28

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 LVO darf die Altersgrenze von 35 Jahren im Umfang der Verzögerung, höchstens um drei, bei mehreren Kindern um höchstens sechs Jahre überschritten werden, wenn sich die Einstellung wegen der Geburt eines Kindes oder wegen der tatsächlichen Betreuung eines Kindes unter 18 Jahren verzögert hat. Bereits mit Urteil vom 6. Juli 1994 - 6 A 1725/93 - (RiA 1995, 302) hatte das Berufungsgericht festgestellt, eine für Einstellung als Beamtin nicht erforderliche Ausbildung unterbreche den von § 6 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 LVO vorausgesetzten Kausalzusammenhang zwischen Kinderbetreuung und verzögerter Einstellung. Die Kausalität sei darüber hinaus auch dann ausgeschlossen, wenn der Laufbahnbewerber zu den ohne Geburt und Betreuung eines Kindes in Betracht kommenden Zeitpunkten vor der Überschreitung der Höchstaltersgrenze aus anderen Gründen nicht mehr eingestellt worden wäre. Ausweislich des Widerspruchsbescheides hat der Beklagte diese obergerichtliche Rechtsprechung seiner Entscheidung zugrunde gelegt und eine berufliche Neuorientierung der Klägerin oder eine Verschiebung ihrer Prioritäten in Richtung einer von ihrer Ausbildung unabhängigen neuen Berufsausbildung und Erwerbstätigkeit angenommen (vgl. OVG Münster, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 6 A 2173/05 - juris Rn. 53).

29

Es spricht einiges dafür, dass der Beklagte mit seiner Auslegung den Sinngehalt des § 6 LVO zutreffend erfasst hat. Die Vorschrift will die Erhöhung der Einstellungsaltersgrenze den über 35 Jahre alten Bewerbern nur dann zugute kommen lassen, wenn Kinderbetreuung der einzige Grund ist, der den Bewerber daran hindert, sich vor Ablauf der regulären Altersgrenze von 35 Jahren um die Einstellung zu bewerben (vgl. Urteile vom 18. Juni 1998 - BVerwG 2 C 6.98 - Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 3 und vom 20. Januar 2000 - BVerwG 2 C 13.99 - Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 4). Auf die Erhöhung der Einstellungsaltersgrenze kann sich daher nur berufen, wer während der - gegebenenfalls verlängerten - Einstellungsfrist ausschließlich "wegen" der Geburt oder Betreuung eines Kindes darin gehindert ist, sich um die Einstellung zu bewerben und eine während dieser Zeit gegebene Einstellungsmöglichkeit wahrzunehmen. Jeder andere Grund, eine Bewerbung zu unterlassen oder eine Einstellungsmöglichkeit auszuschlagen, ist nach Erreichen der regulären Einstellungsaltersgrenze nicht mehr geeignet, diese Grenze zu überwinden.

30

Auf den Umstand, dass die Klägerin zum Einstellungstermin 1993, zu dem ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis möglich war, durch die Kindererziehung nicht gehindert war, 38,5 Stunden pro Woche außerhalb ihres häuslichen Bereichs tätig zu sein, hat der Beklagte die Annahme gestützt, dass die Klägerin dann auch nicht daran gehindert war, sich um eine Einstellung in den Schuldienst zu bewerben. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Schlussfolgerung und die auf sie gestützte Annahme zutreffend waren. Vor dem Hintergrund, dass der Wortlaut des § 6 LVO der Einstellungsbehörde die Prüfungspflicht auferlegt, ein verstärktes Augenmerk auf die Frage der Kausalität zwischen Kindererziehung und Nichtbewerbung zu richten, war diese Auffassung des Beklagten jedenfalls vertretbar. Dies schließt ein Verschulden aus, das für die Begründung eines Schadensersatzanspruchs unerlässlich ist.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.