Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Feb. 2018 - M 21 K 16.938

bei uns veröffentlicht am06.02.2018

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am ... 1962 geborene Kläger steht als Polizeihauptmeister (A 9) im Dienst der Beklagten. Mit seiner Klage begehrt er Schadensersatz wegen fürsorgepflichtwidriger, überlanger Dauer eines Disziplinarverfahrens.

Mit Schreiben vom 21. Januar 2003 leitete die Bundesgrenzschutzabteilung Rosenheim gemäß § 17 des Bundesdisziplinargesetzes (kurz: BDG) gegen den Kläger wegen des Verdachts eines Dienstvergehens, einer außerdienstlichen vorsätzlichen Körperverletzung in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung, ein Disziplinarverfahren ein. Zugleich wurde in diesem Schreiben ausgeführt, das Disziplinarverfahren werde gemäß § 22 Abs. 1 BDG ausgesetzt, da wegen desselben Sachverhalts das Strafverfahren noch anhängig sei.

Durch Verfügung des Grenzschutzpräsidiums Süd vom 13. September 2004 (Bl. 61 ff. der Disziplinarakte Band I) wurde die hinsichtlich des vorgenannten Disziplinarverfahrens ausgesprochene Einstellungsverfügung vom 7. Juni 2004 aufgehoben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nachdem das Strafverfahren gegen den Kläger im Berufungsverfahren vor dem Landgericht München I am 11. Mai 2003 nach § 153a der Strafprozessordnung (kurz: StPO) gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 1.500 € eingestellt worden sei, hätte die Einstellung des Disziplinarverfahrens zumindest mit einer schriftlichen Missbilligung versehen werden müssen. Darüber hinaus seien weitere Dienstvergehen bekannt geworden, die ebenfalls in das Disziplinarverfahren einzubeziehen seien. So sei gegen den Kläger mit Strafbefehl des Amtsgerichts Rosenheim vom 25. Juni 2004 (Cs 440 Js 5324/04) wegen des Vorwurfs der Beleidigung in drei tatmehrheitlichen Fällen (Beleidigungen eines Rechtsanwalts) eine Gesamtgeldstrafe von 45 Tagessätzen zu je 50 € verhängt worden. Der Kläger habe gegen diesen Strafbefehl Einspruch erhoben, über den noch nicht entschieden sei. Überdies sei der Kläger nach dem kriminaltechnischen Gutachten des Bundeskriminalamts vom 2. August 2004 insbesondere wahrscheinlich Verfasser eines anonymen Briefs an das Bundesministerium des Innern, in dem er in unsachlicher Weise gegen die Abordnungen von Verstärkerkontingenten in den Amtsbereich Weil am Rhein protestiert habe.

Mit Schreiben vom 5. Februar 2004 (richtig: 2005) (Bl. 70 ff. der Disziplinarakte Band I) wies das Grenzschutzpräsidium Süd die Beschwerde des Klägers vom 23. Januar 2005 wegen schleppender Bearbeitung des gegen ihn eingeleiteten behördlichen Disziplinarverfahrens als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine schleppende Bearbeitung sei nicht erkennbar. Insbesondere stehe ein rechtskräftiger Abschluss des Strafverfahrens wegen Beleidigung noch aus.

Nach auf entsprechende Rüge des Klägerbevollmächtigten hin erfolgter Anfrage des Grenzschutzpräsidiums Süd vom 8. Juni 2005 nahm das Bundeskriminalamt durch Schreiben vom 26. Juli 2005 zum kriminaltechnischen Gutachten des Bundeskriminalamts vom 2. August 2004 ergänzend Stellung.

Am 3. August 2005 wurde der Bundespolizeiabteilung Rosenheim ein Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 13. Oktober 2004 (Cs 264 Js 218408/04) zugeleitet, in dem gegen den Kläger wegen Beleidigung eines Staatsanwalts eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen zu je 35 € festgesetzt wurde.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2005 teilte das Bundespolizeipräsidium Süd dem Kläger insbesondere mit, seinem Wunsch entsprechend werde das Disziplinarverfahren fortgeführt, da der 1. Dezember 2005 nunmehr verstrichen sei.

Durch Vermerk vom 22. März 2006 (Bl. 3 ff. der Disziplinarakte Band I) wurde vom Grenzschutzpräsidium Süd insbesondere festgehalten, das Disziplinarverfahren könne derzeit noch nicht abgeschlossen werden, da der Verfahrensabschluss im vorgenannten Beleidigungsverfahren abgewartet werden müsse. In einem Personalgespräch am 16. Juni 2005 sei vereinbart worden, dass das behördliche Disziplinarverfahren gegen den Kläger für den Zeitraum von einem Jahr mit dem Ziel der endgültigen Einstellung ausgesetzt werde.

Mit Schreiben vom 11. April 2006 (Bl. 137 ff. der Disziplinarakte Band I) dehnte das Bundespolizeipräsidium Süd das behördliche Disziplinarverfahren gegen den Kläger auf den Sachverhalt, der dem gegen den Kläger geführten Strafverfahren 264 Js 218408/04 zu Grunde lag, aus und setzte das Disziplinarverfahren zugleich bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Strafverfahrens aus.

Nach übereinstimmender Erklärung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache stellte das Bayerische Verwaltungsgericht München das Verfahren (M 19 B DA 06.482) zum dort vom Kläger am 1. Februar 2006 anhängig gemachten Antrag, das gegen ihn seit dem 13. September 2004 laufende Disziplinarverfahren bis spätestens 28. Februar 2006 abzuschließen, durch Beschluss vom 19. Juni 2006 ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil bei Antragstellung kein zureichender Grund für den fehlenden Abschluss des Verfahrens vorgelegen habe. Die Beklagte habe seit Herbst 2005 Kenntnis vom anhängigen Strafverfahren wegen Beleidigung gehabt.

Mit Schreiben vom 9. August 2006 (Bl. 176 ff. der Disziplinarakte Band I) dehnte das Bundespolizeipräsidium Süd das behördliche Disziplinarverfahren gegen den Kläger auf einen neuen Verdachtsmoment aus. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe im Verfahren 833 Cs 264 Js 218408/04 vor dem Amtsgericht München ausgesagt, hinsichtlich eines Kollegen eine Abfrage im INPOL-System aus Fortbildungsgründen vorgenommen zu haben.

Durch Schriftsatz vom 7. September 2006 ließ der Kläger dem Bundespolizeipräsidium Süd insbesondere mitteilen, das Strafverfahren gegen ihn wegen des Vorwurfs der Beleidigung eines Staatsanwalts sei nach § 154 Abs. 2 StPO endgültig eingestellt worden. Somit sei auch insoweit kein Ansatzpunkt mehr gegeben, das Disziplinarverfahren aufrechtzuerhalten.

Mit Schreiben vom 27. September 2006 (Bl. 182 ff. der Disziplinarakte Band I) dehnte das Bundespolizeipräsidium Süd das behördliche Disziplinarverfahren gegen den Kläger auf einen neuen Verdachtsmoment aus. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München I (468 Js 303444/06) werde ihm vorgeworfen, sich wegen außerdienstlicher, gefährlicher Körperverletzung strafbar gemacht zu haben.

Durch Schriftsatz vom 13. März 2007 ließ der Kläger im Wesentlichen beantragen, das Disziplinarverfahren lediglich noch auf das laufende Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München I (468 Js 303444/06) zu beschränken.

Durch Schriftsatz vom 30. März 2007 ließ der Kläger beim Bayerischen Verwaltungsgericht München (M 19 B DA 07.1241) beantragen, der Beklagten eine Frist zum Abschluss des Disziplinarverfahrens SB 41-161301-03/29 zu setzen, hilfsweise, ihr aufzugeben, das gegen den Kläger seit dem 13. September 2004 laufende Disziplinarverfahren bis spätestens 28. April 2007 abzuschließen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, sämtliche dem Kläger vorgeworfenen Dienstvergehen, die zum Teil eingestellt, im Übrigen unbedeutend bzw. nicht nachzuweisen seien, seien angesichts der Weisung des Bundesministeriums des Innern vom 1. Juli 2003 kein Grund, Eignungszweifel gegen den Kläger zu hegen und ihn weiterhin von beruflichen Fördermaßnahmen wie einer Beförderung (siehe dienstliche Beurteilung vom 28. Juli 2005) auszuschließen.

Durch Schreiben vom 25. Mai 2007 teilte die Staatsanwaltschaft München I dem Bundespolizeipräsidium Süd mit, das Strafverfahren 125 Js 11454/06 sei durch Verfügung vom 27. April 2007 gemäß § 154 Abs. 1 StPO im Hinblick auf ein beim Amtsgericht München anhängiges Strafverfahren vorläufig eingestellt worden.

Durch Beschluss vom 25. Juli 2007 (M 19 B DA 07.1241) (Bl. 237 ff. der Disziplinarakte Band I) verwarf das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag des Klägers vom 30. März 2007. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Im vorliegenden Fall seien die sechs Monate noch nicht abgelaufen, da die Frist seit Zustellung der Erstreckungsverfügung vom 27. September 2006 gehemmt sei. Im Übrigen wäre der Antrag auch unbegründet, weil ein Disziplinarverfahren nur abgeschlossen werden könne, wenn das sachgleiche Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen sei. Der vom Kläger gewünschten, den Einstellungen der Strafverfahren folgenden, teilweisen Einstellung des Disziplinarverfahrens stehe der Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens entgegen.

Nachdem der Kläger durch Urteil des Amtsgerichts München vom 10. September 2007 (855 Ds 468 Js 303444/06, Bl. 274 ff. der Disziplinarakte Band I) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt wurde, enthob die Beklagte den Kläger durch Verfügung des Polizeipräsidiums Süd vom 27. November 2007 nach entsprechender Anhörung vorläufig des Dienstes.

Durch Beschluss vom 25. Februar 2008 (M 19 B DA 07.5731) lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München insbesondere den Antrag des Klägers vom 10. Dezember 2007 auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens vor dem Landgericht München ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach den derzeitigen Gegebenheiten stehe nach dem Urteil des Amtsgerichts München vom 10. September 2007 die Entfernung des Klägers aus dem Dienst inmitten.

Durch Beschluss vom 13. November 2008 (16b DS 08.704) lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Antrag des Klägers auf Zulassung der Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluss des Verwaltungsgerichts mangels ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung vom 27. November 2007 ab.

Unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts München vom 10. September 2007 verurteilte das Landgericht München I den Kläger durch das 59 Seiten umfassende Urteil vom 17. Februar 2009 (20 Ns 468 Js 303444/06, Bl. 338 ff. der Disziplinarakte Band I) wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Daraufhin ließ der Kläger durch Schriftsatz vom 2. Juli 2009 bei der Direktion der Bundesbereitschaftspolizei Fuldatal insbesondere beantragen, das Disziplinarverfahren bis spätestens 15. August 2009 abzuschließen. Diesen Antrag lehnte die Direktion Bundesbereitschaftspolizei durch Schreiben vom 10. Juli 2009 insbesondere unter Hinweis auf die fehlende Rechtskraft des Urteils des Landgerichts München I vom 17. Februar 2009 ab.

Durch Beschluss vom 22. März 2010 (M 19B DA 09.4956, Bl. 393 ff. der Disziplinarakte Band II) lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag des Klägers vom 20. Oktober 2009 insbesondere auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, gegen die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung vom 27. November 2007 bestünden nach wie vor keine ernstlichen Zweifel.

Laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft München I vom 6. Mai 2010 (Bl. 412 der Disziplinarakte Band II) wurde das Urteil des Landgerichts München I vom 17. Februar 2009 am 1. April 2010 rechtskräftig.

Mit Schreiben vom 3. August 2010 (Bl. 469 ff. der Disziplinarakte Band II) bat die Direktion Bundesbereitschaftspolizei Fuldatal die Bundespolizeidirektion München insbesondere, möglichst zeitnah einen Ermittlungsführer zu benennen, damit das Disziplinarverfahren gegen den Kläger nach rechtskräftigem Abschluss sämtlicher Strafverfahren gegen ihn fortgeführt werden könne.

Mit Schreiben vom 17. September 2010 (Bl. 486 f. der Disziplinarakte Band II) teilte die Direktion Bundesbereitschaftspolizei Fuldatal dem Kläger insbesondere unter Benennung des Ermittlungsführers die Fortführung des gegen ihn eingeleiteten Disziplinarverfahrens mit.

Mit Schreiben vom 3. März 2011 (Bl. 593 ff. der Disziplinarakte Band II) übersandte die Direktion Bundesbereitschaftspolizei Fuldatal dem Kläger und den Klägerbevollmächtigten einen unter dem 10. Februar 2011 erstellten Ermittlungsbericht und ein Anhörungsschreiben zur abschließenden Anhörung des Klägers sowie zur Erhebung der Disziplinarklage gegen ihn.

Durch Beschluss vom 20. April 2011 (16b DS 10.1120) setzte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof unter teilweiser Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 22. März 2010 und unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 25. Februar 2008 sowie des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. November 2008 die Verfügung des Bundespolizeipräsidiums Süd vom 27. November 2007 über die vorläufige Dienstenthebung des Klägers aus. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach derzeitigem Kenntnisstand des Eilverfahrens sei die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme gegen den Kläger jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich.

Mit Schreiben vom 9. Mai 2011 bat die Direktion Bundesbereitschaftspolizei Fuldatal einen Polizeibeamten der Bundespolizeiabteilung Deggendorf, die disziplinarrechtlichen Nachermittlungen gegen den Kläger durchzuführen.

Durch Beschluss vom 9. Juni 2011 (M 19B DA 10.4755, Bl. 719 ff. der Disziplinarakte Band II) lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag des Klägers vom 30. September 2010 auf gerichtliche Fristsetzung zum Abschluss des Disziplinarverfahrens ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, derzeit liege ein zureichender Grund vor, der dem Abschluss des Disziplinarverfahrens entgegenstehe. Der Kläger habe am 2. April 2011 (Bl. 654 ff. der Disziplinarakte Band II) weitere Ermittlungen beantragt. Der Ermittlungsführer sei gehalten, diesen Anträgen nachzugehen. Ob das behördliche Disziplinarverfahren seit seiner Einleitung bzw. seit der Rechtskraft des Strafurteils entsprechend dem Grundsatz des § 3 BDG durchgeführt worden sei, müsse im Hauptsacheverfahren geklärt werden.

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2011 übersandte die Direktion Bundesbereitschaftspolizei Fuldatal dem Kläger den Abdruck eines unter dem 19. Oktober 2011 erstellten Ermittlungsberichts mit der Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme. Darüber hinaus wurde dem Kläger insbesondere mitgeteilt, es sei beabsichtigt, von der Erhebung einer Disziplinarklage Abstand zu nehmen und auf eine Kürzung der Dienstbezüge zu erkennen.

Durch Verfügung der Direktion Bundesbereitschaftspolizei vom 4. Dezember 2011 (Bl. 838 der Disziplinarakte Band II) wurde das am 21. März 2003 gegen den Kläger eingeleitete, mehrfach ausgedehnte Disziplinarverfahren unter Missbilligung des der Einstellungsverfügung zu Grunde liegenden Verhaltens eingestellt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, zugunsten des Klägers sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den beiden Beleidigungshandlungen im Verhältnis zur abgeurteilten gefährlichen Körperverletzung um nicht wesentlich ins Gewicht fallende Sachverhalte handle. Insgesamt greife daher § 14 BDG mit der Folge, dass weiter gehende Disziplinarmaßnahmen neben der rechtskräftigen Strafmaßnahme nicht mehr verhängt werden dürften.

Durch Beschluss vom 4. Juli 2012 (M 19B DB 12.1381) erklärte sich die Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts München für Disziplinarsachen nach Bundesrecht hinsichtlich der Anfechtungsklage des Klägers gegen die in der Verfügung der Direktion Bundesbereitschaftspolizei vom 4. Dezember 2011 enthaltene Missbilligung für unzuständig und verwies den Rechtsstreit an die 21. Kammer des Verwaltungsgerichts München, weil eine Missbilligung keine Disziplinarmaßnahmen nach dem BDG sei.

Dieser Klage des Klägers gab das Bayerische Verwaltungsgericht München durch Gerichtsbescheid vom 28. August 2014 (M 21 K 12.3098) statt, indem es die Verfügung der Direktion Bundesbereitschaftspolizei vom 4. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Februar 2012 aufhob, soweit in diesen Bescheiden eine missbilligende Äußerung ausgesprochen wurde. Durch Beschluss vom 27. Januar 2015 (6 ZB 14.2121) lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. August 2014 (M 21 K 12.3098) ab.

Durch Schreiben vom 23. November 2015 (Bl. 9 ff. der Gerichtsakte) ließ der Kläger bei der Bundespolizeidirektion München beantragen, festzustellen, dass er Anspruch auf Schadensersatz habe. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, Hintergrund sei das gegen ihn geführte Disziplinarverfahren. Der Kläger habe einen aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn resultierenden Schadensersatzanspruch, da sein berufliches Fortkommen ohne rechtlichen Grund behindert worden sei. Letztlich habe es die Beklagte versäumt, zu überprüfen, wie der weitere Fortgang in dem Disziplinarverfahren sei. Nachdem die Freiheitsstrafe durch Urteil des Landgerichts München I vom 27. (richtig: 17.) Februar 2009 auf neun Monate reduziert worden sei, habe sich die Beklagte gleichwohl außerstande gesehen, das Disziplinarverfahren fortzuführen. Erst recht gelte dies für den weiteren Verlauf. Von der Einstellung des Verfahrens habe die Beklagte letztlich erst mit Verfügung vom 4. Dezember 2011 und damit mehr als zweieinhalb Jahre nach Ergehen des landgerichtlichen Urteils Gebrauch gemacht. Insoweit sei die nach dem Bundesverwaltungsgericht notwendige, größtmögliche Beschleunigung des Verfahrens nicht als Maßstab zugrunde gelegt worden. Ein schuldhafter Verstoß gegen das disziplinarrechtliche Beschleunigungsverbot liege vor.

Mit Schreiben vom 27. November 2015 lehnte die Direktion Bundesbereitschaftspolizei Fuldatal den Antrag des Klägers vom 23. November 2015 ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, auf der Grundlage des bisherigen Vorbringens sei das Begehren auf Schadensersatz nicht prüffähig. Es werde gebeten, die Darlegungen zu konkretisieren, insbesondere vorzutragen, hinsichtlich welcher höherwertigen Verwendungen sich der Kläger zu bewerben gehindert gesehen habe sowie den geltend gemachten Ersatzanspruch zu beziffern. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass eine um zweieinhalb Jahre verspätete Abschlussentscheidung vor dem Hintergrund der erst am 1. April 2010 eingetretenen Rechtskraft des Urteils des Landgerichts München I nicht gesehen werden könne. Der behauptete Schadensersatz setze voraus, dass der Kläger ohne den angenommenen Verstoß voraussichtlich bei der Besetzung eines nach Besoldungsgruppe A8 bis A9 mZ bewerteten Dienstpostens berücksichtigt worden wäre bzw. hierzu die ernsthafte Möglichkeit bestanden hätte. Dies erscheine angesichts der vom Kläger nicht angefochtenen Regelbeurteilung 2012 für den Zeitraum von 2004 bis 2012 mit sieben Rangpunkten fraglich.

Unter dem 9. Dezember 2015 ließ der Kläger gegenüber der Bundespolizeidirektion München, unter dem 28. Dezember 2015 gegenüber der Direktion Bundesbereitschaftspolizei Fuldatal Widerspruch gegen das Schreiben vom 27. November 2015 erheben.

Am 29. Februar 2016 ließ der Kläger beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erheben und zuletzt beantragen,

ihn statusbesoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als wäre er zum 1. Dezember 2010 zum Polizeihauptmeister (Besoldungsgruppe A9) befördert worden.

Zur Klagebegründung wurde durch Schriftsatz vom 25. Februar 2016 im Wesentlichen ausgeführt, der nach dem Antrag des Klägers vom 23. November 2015 erhobene Widerspruch vom 9. Dezember 2015/28. Dezember 2015 sei bislang noch nicht verbeschieden, weshalb die Klage als Untätigkeitsklage zulässig sei.

Zur weiteren Klagebegründung ließ der Kläger durch Schriftsatz vom 10. Juli 2016 insbesondere ausführen, nach der ursprünglichen Aussage der Beklagten habe der Kläger voraussichtlich im Mai 2005 befördert werden sollen. Tatsächlich sei er erst mit Wirkung zum 1. August 2015 zum Polizeihauptmeister befördert worden. Insoweit liege ein kausaler Schaden vor.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde durch Schreiben vom 10. März 2016 im Wesentlichen ausgeführt, eine Äußerung zur Klage sei erst nach Kenntnis einer Klagebegründung möglich. Dasselbe gelte hinsichtlich der Höhe des Streitwerts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte zum Klageverfahren, die vorgelegten Behördenakten und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 6. Februar 2018 Bezug genommen. Die Personalakte des Klägers und die Gerichtsakte des Verfahrens M 21 K 12.3098 wurden beigezogen.

Gründe

Die Klage kann keinen Erfolg haben, weil sie als allgemeine Leistungsklage mangels ordnungsgemäßer Konkretisierung des Schadensersatzbegehrens spätestens im Widerspruchsverfahren unzulässig ist und weil es der Kläger zudem hinsichtlich des von ihm inzident geltend gemachten Beförderungsbegehrens schuldhaft unterlassen hat, von den ihm zu Gebote stehenden primären Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch zu machen.

Die Klage ist bereits unzulässig, weil der Kläger sein nun geltend gemachtes Schadensersatzbegehren nicht spätestens im Widerspruchsverfahren gegenüber der Beklagten ordnungsgemäß konkretisiert hat.

Aus § 126 Abs. 3 BRRG folgt, dass ein an den Dienstherrn gerichteter, hinreichend konkretisierter Schadensersatzantrag, der auch im Rahmen eines Widerspruchs erfolgen kann, eine im Prozess nicht nachholbare Voraussetzung für die Erhebung einer Schadensersatzklage aus dem Beamtenverhältnis ist (vgl. nur OVG SL, B.v. 14.11.2016 – 1 A 215/15 – juris Rn. 27 ff. m.w.N.; BayVGH, B.v. 24.6.2015 – 3 ZB 12.2178 – juris Rn. 7 ff. m.w.N.). Die hinreichende Konkretisierung eines solchen Schadensersatzantrags gegenüber der zuständigen Behörde setzt jedenfalls Angaben zum Zeitraum, für den Schadensersatz geltend gemacht wird (vgl. nur OVG SL, B.v. 14.11.2016 – 1 A 215/15 – juris Rn. 33), zur Pflichtverletzung, zum Verschulden, sowie zu Kausalität und zum (konkret geltend gemachten) Schaden voraus (vgl. nur VGH BW, B.v. 21.7.2016 – 4 S 757/15 – juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 24.6.2015 – 3 ZB 12.2178 – juris Rn. 11).

Diesen Erfordernissen hat der Kläger nicht entsprochen und der Beklagten somit nicht bereits spätestens im Vorverfahren die erforderliche Gelegenheit zur verwaltungsinternen Prüfung und zu dem Versuch gegeben, entweder durch Abhilfe oder durch nähere Begründung ihres Standpunktes einen Rechtsstreit zu vermeiden (vgl. BVerwG, U.v. 28.6.2001 – 2 C 48/00 – juris Rn. 15).

Die erstmals im Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten zur weiteren Klagebegründung vom 10. Juli 2016 enthaltenen Ausführungen belegen, dass dem Kläger eine gewisse, als solche allerdings auch noch nicht hinreichende Konkretisierung seines Schadensersatzbegehrens bereits gegenüber der zuständigen Behörde möglich gewesen wäre. Erst in diesem Schriftsatz vom 10. Juli 2016 hat der Kläger erstmals zu seinem Schadensersatzbegehren nähere Angaben in zeitlicher Hinsicht und in punkto Schaden machen lassen, wobei festzuhalten ist, dass die damaligen Vorstellungen des Klägers zum aus seiner Sicht maßgeblichen Zeitpunkt für den Abschluss des Disziplinarverfahrens von seinen diesbezüglichen, nach mündlicher Verhandlung in einem Klageantrag zum Ausdruck gekommenen Vorstellungen abweichen. Ausführungen zur vom Kläger geltend gemachten Pflichtverletzung der Beklagten, zu ihrem diesbezüglichen Verschulden und der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden sind aber selbst in dieser weiteren Klagebegründung vom 10. Juli 2016 nicht enthalten. Selbst in der mündlichen Verhandlung ist insbesondere zu diesen Punkten von der Klägerseite noch kein tragfähiger Sachvortrag erfolgt. Ein insoweit zumindest prüffähiger Sachvortrag wäre aber angesichts des komplexen, gegen den Kläger geführten und mehrfach ausgedehnten Disziplinarverfahrens spätestens im Widerspruchsverfahren unabdingbar gewesen. Denn nach wie vor liegt es etwa keinesfalls auf der Hand, in welchen konkreten Phasen des Disziplinarverfahrens die Beklagte schuldhaft gegen die ihr vom Kläger vorgehaltene Verletzung des Verbotes, sein berufliches Fortkommen ohne rechtlichen Grund zu behindern (vgl. BVerwG, U.v. 13.5.1987 – 6 C 32/85 – juris), verstoßen haben soll. In diesem Zusammenhang ist jedenfalls festzuhalten, dass die Länge des komplexen Disziplinarverfahrens dem Kläger in erheblichem Umfang schon allein deshalb zurechenbar ist, weil er weitere Strafverfahren gegen sich verursacht (vgl. § 22 BDG), eine Reihe disziplinarrechtlicher Rechtsbehelfe und Rechtsmittel genutzt und auch weitere disziplinarrechtliche Ermittlungen der zuständigen Behörde veranlasst hat (vgl. nur BVerwG, U.v. 14.9.2017 – 2 WD 4/17 – juris Rn. 41 ff. m.w.N.).

Zudem kann die Klage keinen Erfolg haben, weil es der Kläger hinsichtlich des von ihm inzident geltend gemachten Beförderungsbegehrens schuldhaft unterlassen hat, von den ihm zu Gebote stehenden primären Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch zu machen.

Nach dem auch im Beamtenrecht geltenden, vom Bundesverwaltungsgericht auch auf die Konstellation von Massenbeförderungen angewandten Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB tritt die Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln nicht ein, wenn der Verletzte mögliche Rechtsbehelfe unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung, insbesondere gerichtlichen Rechtsschutz nach Durchführung des Vorverfahrens, ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch genommen hat. Denn der zeitnah in Anspruch genommene Primärrechtsschutz ist nach Durchführung des Vorverfahrens am ehesten zur Aufklärung und Würdigung komplexer Verwaltungsentscheidungen - wie etwa der Auswahl unter vielen Beförderungsbewerbern - geeignet. Ob es der Verletzte schuldhaft unterlassen hat, ein Rechtsmittel einzulegen, hängt davon ab, welches Maß an Umsicht und Sorgfalt von Angehörigen des Verkehrskreises verlangt werden muss, dem der Verletzte angehört. Danach hat es der auch damals anwaltlich vertretene Kläger jedenfalls fahrlässig unterlassen, nach dem Abschluss seines Disziplinarverfahrens gegebenenfalls unter Inanspruchnahme von Rechtsmitteln das Ziel seiner Beförderung nach A9 zu verfolgen.

Nach den Ausführungen des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung, an denen die Kammer nicht zweifelt, wäre es dem Kläger im Zeitraum ab Dezember 2010 jederzeit möglich gewesen, sich trotz laufender Disziplinarverfahren auf einzelne Beförderungsdienstposten zu bewerben. Im Hinblick auf das noch nicht abgeschlossene Disziplinarverfahren ist - nach den weiteren Ausführungen des Beklagtenvertreters - die Einbeziehung des Klägers in kollektive Beförderungsaktionen im Rahmen der Beförderungsaktion 2015 erstmals wieder von Amts wegen möglich gewesen.

Somit und angesichts des Umstands, dass das Bundesverwaltungsgericht seit Langem Ausnahmen des betroffenen Beamten von einer möglichen Beförderung oder einer entsprechenden Maßnahme für die Dauer einer gegen ihn durchgeführten disziplinarischen Untersuchung billigt (vgl. nur BVerwG, U.v. 13.5.1987 – 6 C 32/85 – juris Rn. 12), hätte der auch damals anwaltlich vertretene Kläger schon bei nächster sich bietender Gelegenheit nach der Einstellungsverfügung der Direktion Bundesbereitschaftspolizei vom 4. Dezember 2011 – zunächst durch Antragstellung gegenüber der zuständigen, personalverwaltenden Behörde und später gegebenenfalls unter Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz - das Ziel seiner Beförderung nach A9 verfolgen müssen. Das hat er jedoch – obwohl es ihm auch zu diesem späteren Zeitpunkt erkennbar möglich gewesen wäre - selbst nach dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Januar 2015 (6 ZB 14.2121), welcher das Klageverfahren gegen die in der Einstellungsverfügung vom 4. Dezember 2011 enthaltene, missbilligende Äußerung rechtskräftig abschloss, nicht getan.

Nach all dem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 709 Sätzen 1 und 2 ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

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Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 17 Einleitung von Amts wegen


(1) Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Der höhere Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 14 Zulässigkeit von Disziplinarmaßnahmen nach Straf- oder Bußgeldverfahren


(1) Ist gegen einen Beamten im Straf- oder Bußgeldverfahren unanfechtbar eine Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme verhängt worden oder kann eine Tat nach § 153a Abs. 1 Satz 5 oder Abs. 2 Satz 2 der Strafprozessordnung nach der Erfüllung von Auflag

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 22 Zusammentreffen von Disziplinarverfahren mit Strafverfahren oder anderen Verfahren, Aussetzung


(1) Ist gegen den Beamten wegen des Sachverhalts, der dem Disziplinarverfahren zugrunde liegt, im Strafverfahren die öffentliche Klage erhoben worden, wird das Disziplinarverfahren ausgesetzt. Die Aussetzung unterbleibt, wenn keine begründeten Zweife

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Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Feb. 2018 - M 21 K 16.938 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Feb. 2018 - M 21 K 16.938 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Jan. 2015 - 6 ZB 14.2121

bei uns veröffentlicht am 27.01.2015

Tenor I. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. August 2014 - M 21 K 12.3098 - wird abgelehnt. II. Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Juni 2015 - 3 ZB 12.2178

bei uns veröffentlicht am 24.06.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 10.481,52 Euro festgesetzt. Gründe

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 21. Juli 2016 - 4 S 757/15

bei uns veröffentlicht am 21.07.2016

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 8. Mai 2014 - 2 K 2906/12 -, soweit es der Klage im Hilfsantrag stattgegeben hat, sowie hinsichtlich der Kostenentscheidung geändert.Die Klage wird - auch hin
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Feb. 2018 - M 21 K 16.938.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 10. Sept. 2018 - 6 ZB 18.610

bei uns veröffentlicht am 10.09.2018

Tenor I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 6. Februar 2018 - M 21 K 16.938 - wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

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(1) Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Der höhere Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde stellen im Rahmen ihrer Aufsicht die Erfüllung dieser Pflicht sicher; sie können das Disziplinarverfahren jederzeit an sich ziehen. Die Einleitung ist aktenkundig zu machen.

(2) Ist zu erwarten, dass nach den §§ 14 und 15 eine Disziplinarmaßnahme nicht in Betracht kommt, wird ein Disziplinarverfahren nicht eingeleitet. Die Gründe sind aktenkundig zu machen und dem Beamten bekannt zu geben.

(3) Hat ein Beamter zwei oder mehrere Ämter inne, die nicht im Verhältnis von Haupt- zu Nebenamt stehen, und beabsichtigt der Dienstvorgesetzte, zu dessen Geschäftsbereich eines dieser Ämter gehört, ein Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten, teilt er dies den Dienstvorgesetzten mit, die für die anderen Ämter zuständig sind. Ein weiteres Disziplinarverfahren kann gegen den Beamten wegen desselben Sachverhalts nicht eingeleitet werden. Hat ein Beamter zwei oder mehrere Ämter inne, die im Verhältnis von Haupt- zu Nebenamt stehen, kann nur der Dienstvorgesetzte ein Disziplinarverfahren gegen ihn einleiten, der für das Hauptamt zuständig ist.

(4) Die Zuständigkeiten nach den Absätzen 1 bis 3 werden durch eine Beurlaubung, eine Abordnung oder eine Zuweisung nicht berührt. Bei einer Abordnung geht die aus Absatz 1 sich ergebende Pflicht hinsichtlich der während der Abordnung begangenen Dienstvergehen auf den neuen Dienstvorgesetzten über, soweit dieser nicht ihre Ausübung den anderen Dienstvorgesetzten überlässt oder soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Ist gegen den Beamten wegen des Sachverhalts, der dem Disziplinarverfahren zugrunde liegt, im Strafverfahren die öffentliche Klage erhoben worden, wird das Disziplinarverfahren ausgesetzt. Die Aussetzung unterbleibt, wenn keine begründeten Zweifel am Sachverhalt bestehen oder wenn im Strafverfahren aus Gründen nicht verhandelt werden kann, die in der Person des Beamten liegen.

(2) Das nach Absatz 1 Satz 1 ausgesetzte Disziplinarverfahren ist unverzüglich fortzusetzen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 nachträglich eintreten, spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens.

(3) Das Disziplinarverfahren kann auch ausgesetzt werden, wenn in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren über eine Frage zu entscheiden ist, deren Beurteilung für die Entscheidung im Disziplinarverfahren von wesentlicher Bedeutung ist. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 gelten entsprechend.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

Zur Ergänzung dieses Gesetzes sind die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden, soweit sie nicht zu den Bestimmungen dieses Gesetzes in Widerspruch stehen oder soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(1) Ist gegen einen Beamten im Straf- oder Bußgeldverfahren unanfechtbar eine Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme verhängt worden oder kann eine Tat nach § 153a Abs. 1 Satz 5 oder Abs. 2 Satz 2 der Strafprozessordnung nach der Erfüllung von Auflagen und Weisungen nicht mehr als Vergehen verfolgt werden, darf wegen desselben Sachverhalts

1.
ein Verweis, eine Geldbuße oder eine Kürzung des Ruhegehalts nicht ausgesprochen werden,
2.
eine Kürzung der Dienstbezüge nur ausgesprochen werden, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten.

(2) Ist der Beamte im Straf- oder Bußgeldverfahren rechtskräftig freigesprochen worden, darf wegen des Sachverhalts, der Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gewesen ist, eine Disziplinarmaßnahme nur ausgesprochen werden, wenn dieser Sachverhalt ein Dienstvergehen darstellt, ohne den Tatbestand einer Straf- oder Bußgeldvorschrift zu erfüllen.

Tenor

I.

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. August 2014 - M 21 K 12.3098 - wird abgelehnt.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Beklagten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B. v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Der Kläger steht als Polizeiobermeister in der Bundespolizeiabteilung D./Technische Einsatzhundertschaft R. im Dienst der Beklagten. Mit Verfügung vom 4. Dezember 2011 stellte die Beklagte das am 21. März 2003 eingeleitete Disziplinarverfahren gegen den Kläger auf der Grundlage des § 32 Abs. 1 Nr. 3 BDG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 BDG ein, weil eine Disziplinarmaßnahme nicht ausgesprochen werden dürfe. Gleichzeitig wurde das der Einstellungsverfügung zugrunde liegende Verhalten des Klägers ausdrücklich missbilligt, weil der Kläger schuldhaft gemäß § 77 Abs. 1 BBG eine Dienstpflichtverletzung begangen habe, indem er gegen seine aus § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG folgende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten außerhalb des Dienstes verstoßen habe. Den vom Kläger erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2012 zurück.

Mit Gerichtsbescheid vom 28. August 2014 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 4. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Februar 2012 aufgehoben, soweit darin eine missbilligende Äußerung ausgesprochen worden ist. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die angegriffene Missbilligung rechtswidrig sei und den Kläger in seinen Rechten verletze. Neben der von der Beklagten gewählten schärfsten Form der sogenannten qualifizierten Missbilligung hätten diverse weitere, sämtlich mildere Reaktionsmöglichkeiten bestanden. Es liege ein vollständiger Ausfall des Auswahlermessens vor. Der Senat teilt diese Auffassung, ohne dass es einer weiteren Prüfung in einem Berufungsverfahren bedarf.

Nach § 6 Satz 2 BDG sind missbilligende Äußerungen (Zurechtweisungen, Ermahnungen oder Rügen), die nicht ausdrücklich als Verweis bezeichnet werden, keine Disziplinarmaßnahmen. Rechtsgrundlage ist vielmehr die sich aus dem allgemeinen Beamtenrecht ergebende Weisungs- und Aufsichtsbefugnis des Dienstherrn (SächsOVG, U. v. 18.2.2014 - 2 A 448.12 - juris Rn. 26; Weiß, GKÖD, Disziplinarrecht, M § 6 Rn. 31; Urban/Wittkowski, BDG, § 6 Rn. 7). Deshalb liegt die Annahme nahe, dass es schon aus formellen Gründen nicht zulässig ist, dass die Disziplinarbehörde ein Disziplinarverfahren einstellt und einem Beamten zugleich in der Einstellungsverfügung mit einer Missbilligung die Begehung eines Dienstvergehens zur Last legt; zulässig dürfte es nur sein, dass die jeweilige personalverwaltende Behörde außerhalb eines Disziplinarverfahrens nach allgemeinen beamtenrechtlichen Regelungen eine schriftliche Missbilligung ausspricht (so auch NdsOVG zum niedersächsischen Disziplinarrecht, U. v. 22.1.2013 - 5 LB 227.11 - juris Rn. 42, 43). Das kann jedoch dahinstehen, weil die in Streit stehende Missbilligung jedenfalls aus materiellen Gründen rechtswidrig ist.

§ 6 Satz 2 BDG nennt als missbilligende Äußerungen ausdrücklich Zurechtweisungen, Ermahnungen oder Rügen, die nicht ausdrücklich als Verweis bezeichnet werden. Die schwerste Form der missbilligenden Äußerung liegt vor, wenn diese den Vorwurf einer schuldhaften Pflichtverletzung (eines Dienstvergehens) enthält. Daneben gibt es nach überwiegender Auffassung weitere - mildere - dienstrechtliche Reaktionsmöglichkeiten wie etwa tadelnde Hinweise, kritische Äußerungen, Belehrungen, Vorbehalte, Warnungen, ernste Missfallensbekundungen oder dringliche Ersuchen. Der Behörde steht insoweit ein Auswahlermessen zu (SächsOVG, U. v. 18.2.2014 - 2 A 448.12 - juris Rn. 33; VG München, U. v. 27.5.2014 - M 5 K 13.4304 - BayVBl 2014, 763; Weiß, GKÖD, M § 6 Rn. 29, 30; Urban/Wittkowski, BDG, § 6 Rn. 7).

In Anwendung dieses rechtlichen Maßstabs ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Beklagten im Rahmen der Einstellung des Disziplinarverfahrens ausgesprochene qualifizierte Missbilligung jedenfalls ermessensfehlerhaft ist. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Beklagte mit der Einstellung des Disziplinarverfahrens dem Kläger gegenüber gleichzeitig eine Missbilligung aussprechen durfte sowie unabhängig vom Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Missbilligung. Die Beklagte hat nämlich keinerlei Auswahlermessen ausgeübt. Neben der von der Beklagten gewählten schärfsten Form der missbilligenden Äußerung bestanden - und zwar, wie oben ausgeführt, außerhalb des Disziplinarrechts - diverse weitere, sämtlich mildere Reaktionsmöglichkeiten. Es hätte der Beklagten somit oblegen, diejenige Maßnahme auszuwählen, die geeignet, erforderlich und verhältnismäßig erscheint, um auf das festgestellte Verhalten des Klägers zu reagieren. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte gleichzeitig das von ihr eingeleitete Disziplinarverfahren nach § 32 Abs. 1 Nr. 3 BDG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 BDG eingestellt hat, ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch eine mildere Maßnahme in Betracht gekommen wäre, auch wenn die Beklagte dies als „lebensfremd“ erachtet. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt keine Ermessensreduzierung auf Null dahingehend vor, dass bei einer Einstellung eines Disziplinarverfahrens nach einer rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung regelmäßig und ausschließlich eine qualifizierte Missbilligung zu erfolgen hätte mit der Folge, dass mildere Mittel stets ausgeschlossen wären. Eine derartige „Automatik“ sieht das Gesetz nicht vor, vielmehr kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Die damit erforderliche Ermessensausübung hat die Beklagte unterlassen. Weder in der Einstellungsverfügung vom 4. Dezember 2011 noch im Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2012 gibt es Anhaltspunkte für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung. Es fehlen Ausführungen der Art, dass und weshalb ein milderes Mittel als die qualifizierte Missbilligung im konkreten Fall nicht ausreichend gewesen wäre. Die Beklagte selbst trägt in ihrer Begründung des Zulassungsantrags vor, dass in derartigen Fällen „bislang weder die Möglichkeit und somit auch nicht die Notwendigkeit einer entsprechenden Ermessensausübung gesehen worden ist“, was den Ermessensausfall zusätzlich dokumentiert. Eine Ergänzung der Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 114 Satz 2 VwGO kommt nicht in Betracht, weil die Vorschrift keine Anwendung auf Fälle findet, in denen das Ermessen gar nicht ausgeübt wurde (Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 114 Rn. 17).

2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Um einen auf diesen Zulassungsgrund gestützten Antrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer erstens eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, zweitens ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, drittens erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und viertens darlegen, weshalb ihr eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (BayVGH, B. v. 3.6.2009 - 6 ZB 09.79 - juris Rn. 11; Happ in Eyermann, a. a. O., § 124a Rn. 72). Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an der Formulierung einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Für alle Klagen der Beamten, Ruhestandsbeamten, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(2) Für Klagen des Dienstherrn gilt das gleiche.

(3) Für Klagen nach Absatz 1, einschließlich der Leistungs- und Feststellungsklagen, gelten die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung mit folgenden Maßgaben:

1.
Eines Vorverfahrens bedarf es auch dann, wenn die Maßnahme von der obersten Dienstbehörde getroffen worden ist.
2.
Den Widerspruchsbescheid erläßt die oberste Dienstbehörde. Sie kann die Entscheidung für Fälle, in denen sie die Maßnahme nicht selbst getroffen hat, durch allgemeine Anordnung auf andere Behörden übertragen; die Anordnung ist zu veröffentlichen.
3.
Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Abordnung oder die Versetzung haben keine aufschiebende Wirkung.
4.
Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 10.481,52 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) und § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage Schadensersatz wegen verspäteter Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Probe in Höhe von insgesamt 10.481,52 Euro nebst Zinsen. Die ursprünglich geltend gemachte Schadensersatzforderung in Höhe von 6.138,04 Euro umfasst die Differenz seines Einkommens als angestellte Lehrkraft zu den Bezügen, die der Kläger als Beamter für den Zeitraum von September 2008 bis einschließlich Januar 2010 erhalten hätte.

Der Kläger sieht seinen Bewerberverfahrensanspruch verletzt, weil er bei jedem seiner Bewerbung zum Februar 2008 folgenden Einstellungstermin (September 2008, Februar 2009 und September 2009) trotz besserer Gesamtprüfungsnote im Hinblick auf andere Bewerber übergangen worden sei.

Im Laufe des Klageverfahrens erweiterte der Kläger seine Schadensersatzforderung um 4.343,48 Euro auf insgesamt 10.481,52 Euro. Die erweiterte Summe ergebe sich als zusätzlicher Schaden für den Zeitraum von Februar 2008 bis August 2008 und umfasse neben der verdienstmäßigen Differenzberechnung für diesen Zeitraum die Kosten zweier Umzüge und einer Dienstantrittsreise nach Aschaffenburg, da er bereits im Einstellungstermin Februar 2008 eine Planstelle hätte erhalten müssen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Das Verwaltungsgericht München hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Ernstliche Zweifel sind dann anzunehmen, wenn ein in der angegriffenen Entscheidung enthaltener, einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt würde (BVerfG, B. v. 26.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen würden (BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - DVBl. 2004, 838). Das ist vorliegend nicht der Fall.

a) Im Hinblick auf die Klageerweiterung auf Gewährung eines zusätzlichen Schadensersatzes in Höhe von 4.343,48 Euro nebst Zinsen im laufenden Klageverfahren hat das Verwaltungsgericht die Klage mangels eines vorhergehenden Antrags beim Beklagten zu Recht als unzulässig angesehen.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt eine auf Schadensersatz gerichtete Leistungsklage aus dem (hier: erstrebten) Beamtenverhältnis einen vor Klageerhebung an den Dienstherrn gerichteten, entsprechenden Antrag voraus. Es handelt sich hierbei um eine Klagevoraussetzung, nicht um eine im Prozess nachholbare bloße Sachurteilsvoraussetzung. Der Schadensersatzanspruch muss vor der Erhebung der Klage in erkennbarer Form an den Dienstherrn herangetragen werden, so dass dieser nicht erst im Prozess mit ihm konfrontiert wird (st. Rspr., z. B. BVerwG, U. v. 10.4.1997 - 2 C 38.95; U. v. 27.6.1986 - 6 C 131.80; OVG NRW, B. v. 4.3.2014 - 6 A 588/12; VGH München, B. v. 29.10.2013 - 3 ZB 09.1593 - jeweils in juris).

bb) Das Bundesverwaltungsgericht hat dieses Erfordernis zwar im Urteil vom 28. Juni 2001 (Az. 2 C 48.00 in juris) insofern klarstellend eingeschränkt, dass die Zulässigkeit einer auf Schadensersatz gerichteten allgemeinen Leistungsklage aus dem Beamtenverhältnis nicht zwingend einen diesem Verfahren vorgeschalteten zusätzlichen Antrag an den Dienstherrn voraussetzt, wenn die Durchführung eines Vorverfahrens möglich ist. Den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts ist aber zugleich zu entnehmen, dass das Schadensersatzbegehren vor Klageerhebung, sei es durch einen Antrag oder im Wege des Widerspruchs, gegenüber dem Dienstherrn geltend gemacht und konkretisiert werden muss (OVG NRW, B. v. 4.3.2014 a. a. O.).

Nur so wird der Dienstherr in die Lage versetzt, die Angelegenheit einer verwaltungsinternen Prüfung zu unterziehen und durch eine denkbare Abhilfe oder aber nähere Begründung seines Standpunktes einen Rechtsstreit mit dem Beamten zu vermeiden (vgl. BVerwG, U. v. 28.6.2001 - 2 C 48/00 - BVerwGE 114, 350; BayVGH, B. v. 29.10.2013 a. a. O. - juris Rn. 6).

cc) Zwar machte der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 7. Mai 2010 einen Schadensersatzanspruch beim Beklagten wegen verspäteter Verbeamtung in Höhe von 6.138,04 Euro geltend, den das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus mit Schreiben vom 17. Mai 2010 ablehnte, nicht jedoch den weiteren Anspruch in Höhe von 4.343,48 Euro. Um diese Forderung wurde das Begehren des Klägers erst im Klageverfahren mit Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 11. Juni 2012 erweitert.

Soweit der Kläger im Rahmen des Zulassungsverfahrens vorbringt, er begehre lediglich die Zahlung eines weiteren Geldbetrags aus dem gleichen Lebenssachverhalt, den der Beklagte als Zahlungsgrund bereits außergerichtlich abgelehnt habe, so dass der fehlende Antrag beim Beklagten nicht zur Unzulässigkeit der gerichtlichen Geltendmachung führen könne, vermag er damit nicht durchzudringen. Der Kläger verkennt insofern gerade den Sinn und Zweck des vorherigen Antragserfordernisses. Eine umfassende verwaltungsinterne Prüfung der erweiterten Schadensersatzforderung war gerade nicht möglich, da sich diese nicht nur betragsmäßig erhöhte, sondern auf einen weiteren Zeitraum erstreckte und auf eine andere Begründung gestützt wurde. Insoweit handelt es sich um voneinander abweichende Streitgegenstände, die einer unterschiedlichen rechtlichen Betrachtung unterliegen. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht in der Nichterfüllung des Antragserfordernisses eine fehlende Klagevoraussetzung gesehen.

b) Auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die Schadensersatzklage in Höhe von 6.138,04 Euro als unbegründet abzuweisen, ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, beamtenrechtlich so gestellt zu werden, als wäre er bereits zum September 2008 (oder später) in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen worden.

Zwar steht Einstellungsbewerbern dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch zu, wenn der öffentliche Dienstherr den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Bewerbungsverfahrensanspruch schuldhaft verletzt (BVerwG, U. v. 25.02.2010 - 2 C 22/09). Zu Recht ist das Verwaltungsgericht jedoch davon ausgegangen, dass es vorliegend zumindest am Verschulden des Beklagten fehlt.

aa) Auf den Vortrag des Klägers, er sehe seinen Anspruch auf Zugang zu öffentlichen Ämtern nur nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG) und den hieraus abgeleiteten Bewerbungsverfahrensanspruch deshalb als verletzt an, weil ihm bereits zum Einstellungstermin im Februar 2008 drei Lehrkräfte mit schlechterer Gesamtprüfungsnote aus einem sog. „Supervertrag“ vorgezogen worden seien, während er keine Planstelle, sondern lediglich einen sog. „Supervertrag“ erhalten habe, kommt es im Rahmen des (zulässig) geltend gemachten Schadensersatzanspruchs in Höhe von 6.138,04 Euro nicht an. Mit diesem wird ein Schaden für die verzögerte Ernennung ab dem Einstellungstermin September 2008 geltend gemacht, zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger bereits in einem Angestelltenverhältnis zum Beklagten stand (sog. „Supervertrag“ vom 25. Februar 2008).

bb) Zu Recht konnte das Verwaltungsgericht mangels Verschulden des Beklagten im Ergebnis offen lassen, ob der Bewerberverfahrensanspruch des Klägers durch seine Nichtberücksichtigung in den der Bewerbung zum Februar 2008 folgenden Einstellungsterminen September 2008, Februar 2009 und September 2009 verletzt wurde, in denen jeweils Bewerber mit schlechteren Examensnoten als der Kläger verbeamtet wurden.

Soweit das Verwaltungsgericht feststellt, dass der Kläger für den fraglichen Zeitraum einen befristeten Arbeitsvertrag geschlossen habe, der weder von ihm vorzeitig gekündigt noch angefochten worden sei und an dem er sich festhalten lassen müsse, zumal er durch den Ablauf Sicherheit für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe gewonnen habe, so ist hieran nichts zu erinnern. Hätte der Kläger auf das angebotene Arbeitsverhältnis verzichtet, hätte er sich zwar jederzeit wieder bewerben können, dann jedoch mit dem Risiko, möglicherweise nicht übernommen zu werden. Der mit der Zusage auf Übernahme in das Beamtenverhältnis verbundene Arbeitsvertrag hat im Gegenzug für den Kläger auch den Vorteil gehabt, dass er sich beim Einstellungstermin Februar 2010 nicht mit den künftigen Bewerbern messen lassen musste. Hier wäre der Kläger mit seiner Gesamtprüfungsnote von 2,39 bei einer Grenznote für eine Einstellung in seiner Fächerverbindung von 1,77 ohne Übernahmegarantie auch tatsächlich nicht zum Zuge gekommen (s. Klageerwiderung vom 15. Oktober 2010, S. 4). Soweit das Verwaltungsgericht ausführt, dass aufgrund des zwischen den Beteiligten geschlossenen Vertrags auch ein Verzicht der auf Zeit angestellten Lehrkraft denkbar sei, sich zu den Einstellungsterminen während der Laufzeit des Arbeitsvertrags zu bewerben, der unter dem Vorbehalt stehe, dass ihm nicht umgekehrt seitens des Dienstherrn vorzeitig - bei Vorliegen zusätzlicher Stellen - die Verbeamtung angeboten werde, so ist hieran nichts auszusetzen.

Insofern spricht auch nichts gegen die Auffassung, dass der Kläger für die auf seine Bewerbung zum Februar 2008 folgenden Einstellungstermine, bei denen er sich bereits für eine Laufzeit von längstens zwei Jahren arbeitsvertraglich an den Beklagten gebunden hatte, nicht mehr als „Bewerber“ in Konkurrenz zu den Neubewerbern um die offenen Planstellen zu den jeweiligen Einstellungsterminen anzusehen ist, mit der Folge, dass auch aus diesem Grund eine Verletzung des Bewerberverfahrensanspruchs gemäß Art. 33 Abs. 2 GG fraglich erscheint (BayVGH, B. v. 30.3.2010 - 3 CE 09.2509 - juris). Auch wenn der Beklagte seine Verwaltungspraxis seit Februar 2011 dahingehend geändert hat, dass nunmehr Lehrkräfte mit Supervertrag bei jedem Einstellungstermin mit den Neubewerben notenmäßig verglichen werden, um eine Neueinstellung eines schlechteren Bewerbers auszuschließen, bedeutet dies nicht automatisch, dass die frühere Vorgehensweise - Lehrkräfte mit Supervertrag nur bei Vorliegen zusätzlicher Planstellen vor Ablauf der Vertragslaufzeit zu Beamten zu ernennen - rechtswidrig gewesen ist. Auch aus dem Arbeitsvertrag lässt sich nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen der Kläger einen Anspruch auf vorzeitige Übernahme in das Beamtenverhältnis gehabt hätte.

Nach dem Vortrag des Beklagten (s. Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 29. März 2012) wurden im Zeitraum Februar 2008 bis Februar 2010 auch keine anderen Lehrkräfte mit Supervertrag und gleicher Fächerkombination wie der Kläger vorzeitig ins Beamtenverhältnis übernommen.

cc) Im Ergebnis konnte das Verwaltungsgericht eine Verletzung des Bewerberverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG offen lassen, da es zumindest am schuldhaftes Verhalten des beklagten Dienstherrn fehlt.

Soweit der Kläger vorbringt, das Verwaltungsgericht hätte sich mit der Frage des Verschuldens nicht auseinandergesetzt, da es nicht geprüft habe, ob die zur Entscheidung berufenen Beamten des Beklagten wegen der ausdrücklichen Formulierung in der vertraglichen Vereinbarung, den Kläger bis spätestens Februar 2010 ins Beamtenverhältnis zu berufen, nicht bei jedem Einstellungstermin nach Abschluss des Supervertrags den Kläger mit den Neubewerben notenmäßig hätten vergleichen müssen und ihn bei besserer Note vorzeitig ins Beamtenverhältnis übernehmen hätten müssen, kann er nicht durchdringen.

(1) Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem allgemeinen Beamtenverhältnis gilt der allgemeine, objektivabstrakte Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts (§ 276 Abs. 2 BGB). Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Von den für die Ernennung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Selbst wenn eine behördliche Maßnahme gerichtlich missbilligt wird, kann daraus ein Verstoß des verantwortlichen Amtsinhabers gegen Sorgfaltspflichten nicht hergeleitet werden, wenn er die zugrunde liegende Rechtsauffassung aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen hat und sie im Ergebnis als vertretbar angesehen werden kann (BVerwG, U. v. 17.8.2005 - 2 C 37.04 - juris Rn. 24, 25; BayVGH, U. v. 24.4.2015 - 3 BV 13.2043 - juris Rn. 32).

(2) Das Verwaltungsgericht ging insofern davon aus, dass - gemessen am oben genannten Maßstab - die Rechtsauffassung, der „Supervertrag“ sei ein Rechtsinstitut mit Vor- und Nachteilen für die jeweiligen Beteiligten, im Rahmen dessen der Zeitangestellte auf alternativ gegebene Rechte wie z. B. die Möglichkeit, sich jeweils zu den Einstellungsterminen während der Laufzeit des Arbeitsvertrags für eine Berufung in das Beamtenverhältnis zu bewerben, verzichtet hat, jedenfalls vertretbar sei. Fragen im Zusammenhang mit dem Supervertrag, seien weder durch Rechtsprechung noch im Schrifttum abschließend behandelt oder geklärt. Soweit in anderen gerichtlichen Verfahren dem Streitgegenstand auch ein „Supervertrag“ zugrunde gelegen habe, hätten die damit befassten Gerichte - soweit ersichtlich - keine grundsätzlichen Fragen zur Rechtmäßigkeit dieses Rechtsinstituts aufgeworfen. Eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten scheide hiernach aus. An dieser Rechtsauffassung ist rechtlich nichts zu erinnern. Erkennbar setzen sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichts auch mit der Frage auseinander, ob der Kläger bei den jeweiligen weiteren Einstellungsterminen hätte berücksichtigt werden müssen. Insofern führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Auffassung, der Kläger habe für die Laufzeit des Vertrages auf weitere Bewerbungen verzichtet und sei deshalb nicht mehr als Bewerber zu berücksichtigen gewesen, zumindest vertretbar sei. Entgegen der Auffassung des Klägers brachte das Verwaltungsgericht hier inzident zum Ausdruck, dass in dieser Vorgehensweise des Beklagten - ebenso wie in der fehlenden Abstandsnahme vom Institut des „Supervertrags“ an sich - kein Verstoß gegen Sorgfaltspflichten zu sehen ist (BVerwG, U. v. 25.2.2010 a. a. O., juris Rn. 26). Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht den Schadensersatzanspruch in Höhe von 6.138,04 Euro mangels Verschulden als unbegründet abgewiesen.

2. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) scheidet ebenfalls aus.

Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass für die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten (Klärungsfähigkeit) und zur Einhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (Klärungsbedürftigkeit; vgl. Eyermann, Kommentar zur VwGO, 14. Auflage 2014, § 124 Rn. 36).

Die Frage, ob die zur Entscheidung berufenen Beamten des Beklagten den Kläger bei jedem Einstellungstermin nach Abschluss seines „Supervertrages“ mit den neu einzustellenden Kollegen in seiner Fächerkombination hätten vergleichen und bei gleicher oder besserer Note sofort vorzeitig ins Beamtenverhältnis übernehmen müssen, war selbst bei Bejahung - mangels schuldhaftem Verhalten der zur Entscheidung berufenen Beamten - nicht entscheidungserheblich und somit nicht klärungsfähig. Im Hinblick auf die insoweit im Februar 2011 erfolgte Änderung der Verwaltungspraxis erweist sie sich auch nicht mehr als klärungsbedürftig.

Der Zulassungsantrag war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 3 i. V. m. 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 8. Mai 2014 - 2 K 2906/12 -, soweit es der Klage im Hilfsantrag stattgegeben hat, sowie hinsichtlich der Kostenentscheidung geändert.

Die Klage wird - auch hinsichtlich des Hilfsantrags - abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Tatbestand

 
Die Beklagte wehrt sich mit ihrer Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 08.05.2014, soweit sie dazu verurteilt worden ist, dem Kläger Schadensersatz wegen einer zum 01.07.2012 nicht gewährten Amtszulage zu leisten.
Der am ... geborene Kläger war zuletzt Postbetriebsinspektor (A 9) bei der Deutschen Post AG. Am 01.12.2009 trat er in die Arbeitsphase, am 01.04.2013 in die Freistellungsphase der Altersteilzeit ein. Die Freistellungsphase endete am 01.04.2016.
Im Rahmen der Beförderungsmaßnahme 2012 wurde der Niederlassung BRIEF ... der Deutschen Post AG mit Anweisung der Zentrale vom 09.08.2012 zum 01.07.2012 zwei Planstellen der Besoldungsgruppe A 9 vz mit Zulage zugewiesen, bei deren Vergabe er nicht zum Zuge kam. Die Verfügungen über die Einweisung in die Planstellen der Besoldungsgruppe A 9 vz mit Zulage wurden den beiden ausgewählten Beamten am 25.09.2012 ausgehändigt.
Gegen die Auswahlentscheidung legte der Kläger am 25.09.2012 Widerspruch ein mit dem Antrag, diese abzuändern und eine Amtszulage an ihn zu vergeben. Mit Bescheid vom 12.10.2012 wies die Deutsche Post AG Niederlassung BRIEF ... den Widerspruch zurück.
Mit Beschluss vom 06.11.2012 (2 K 2303/12) lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe den Antrag des Klägers vom 27.09.2012, der Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung den Vollzug ihrer Entscheidung über die Vergabe der Amtszulage 2012 zu untersagen, ab.
Der Kläger hat am 15.11.2012 Klage erhoben und beantragt, die Beförderung des J.-G. B. oder des B. R. zum Postbetriebsinspektor der Besoldungsgruppe A 9 vz mit Amtszulage sowie die entsprechende Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 9 vz mit Amtszulage aufzuheben; hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, ihm die Besoldungsbezüge rückwirkend nachzuzahlen, als wäre er zum 01.07.2012 zum Postbetriebsinspektor der Besoldungsgruppe A 9 vz mit Amtszulage befördert worden, und ihn zukünftig hinsichtlich seiner Besoldungs- und sodann Versorgungsbezüge monatlich so zu stellen, als wäre er zum 01.07.2012 zum Postbetriebsinspektor der Besoldungsgruppe A 9 vz mit Amtszulage befördert worden. Mit Urteil vom 08.05.2014 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Beklagte dem Hilfsantrag entsprechend zur Leistung von Schadensersatz verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zum Hilfsantrag hat es im Wesentlichen ausgeführt, im vorliegenden Fall sei das grundsätzlich erforderliche Widerspruchsverfahren ausnahmsweise entbehrlich. Auch in beamtenrechtlichen Angelegenheiten diene das Widerspruchsverfahren der Selbstkontrolle der Verwaltung, dem individuellen Rechtsschutz und der Entlastung der Verwaltungsgerichte. Seien diese Ziele vor der Klageerhebung schon auf andere Weise erreicht worden oder könnten sie nicht mehr erreicht werden, sei ein Widerspruchsverfahren sinnlos. Seine Durchführung würde einen sachlich nicht zu rechtfertigenden Formalismus darstellen, der die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes unnötig verzögere. Die Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens in diesen Fällen stelle eine weitere, gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte Ausnahme dar, die sich aus Sinn und Zweck der §§ 126 Abs. 3 BRRG, 68 f. VwGO ergebe. Das Widerspruchsverfahren könne seinen Zweck nicht mehr erreichen, wenn feststehe, dass der Widerspruch unabhängig von der Begründung keinen Erfolg haben würde. Gemessen hieran habe der Kläger kein weiteres Widerspruchsverfahren hinsichtlich des Schadensersatzbegehrens durchführen müssen. Hierfür spreche bereits entscheidend, dass er vor Erhebung seiner (zunächst) auf Aufhebung der Ernennungen der Mitbewerber gerichteten Klage am 15.11.2012 noch gar keinen Schadensersatz habe beanspruchen können. Erst mit Eintritt in die Freistellungsphase zum 01.04.2013 sei sein Rechtsschutzbedürfnis für den Anfechtungsantrag (des Primärrechtsschutzes) entfallen; sodann habe er die Klage auf den auf Schadensersatz gerichteten Antrag (des Sekundärrechtsschutzes) umstellen können. Im laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren über den Anfechtungsantrag (wie auch schon zuvor im Widerspruchsbescheid vom 12.10.2012) habe die Beklagte aber bereits mit Schriftsatz vom 29.11.2012 deutlich zum Ausdruck gebracht gehabt, dass sie die Auswahlentscheidung für rechtmäßig erachte, womit auch die Grundlage für einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus Sicht der Beklagten offensichtlich nicht bestanden habe. Es erschiene als sinnloser Formalismus, wollte man von ihm fordern, sich die bereits verbindlich geäußerte Rechtsauffassung der Deutschen Post AG nochmals im Rahmen eines - außerhalb des bereits anhängigen gerichtlichen Verfahrens durchzuführenden - Widerspruchsverfahrens auch für sein Schadensersatzbegehren bestätigen zu lassen. Im Übrigen wären im vorliegenden Fall auch Ausgangs- und Widerspruchsbehörde identisch. Der auf Schadensersatz gerichtete Hilfsantrag sei auch begründet.
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 02.04.2015 - 4 S 1299/14 -, dieser zugestellt am 10.04.2015, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.
Die Beklagte trägt mit Schriftsatz vom 05.05.2015 zur Begründung der Berufung im Wesentlichen vor, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die Klage im Hilfsantrag bereits unzulässig. Denn der Kläger habe nicht nur kein Widerspruchsverfahren durchgeführt, sondern den Anspruch auf Schadensersatz auch erstmalig im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend gemacht.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 08.05.2014 - 2 K 2906/12 - zu ändern, soweit der Klage stattgegeben wurde, und die Klage - insgesamt - abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er vertritt die Ansicht, dass ein Vorverfahren im vorliegenden Fall entbehrlich war, und hält die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für zutreffend.
14 
Der Senat hat die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 130a VwGO angehört. Der Kläger ist dieser Absicht entgegengetreten und hat nochmals ausgeführt, es treffe zu, dass der Widerspruch vom 25.09.2012 nicht auf den rechtlichen Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs gestützt gewesen sei. Darauf komme es indessen deshalb nicht an, da zu diesem Zeitpunkt und zum Zeitpunkt der Klageerhebung auf der Grundlage der hierfür geltenden geänderten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Ämterstabilität eingetreten sei, die Auswahlentscheidung der Beklagten also noch hätte rückgängig gemacht werden können. Diese Möglichkeit sei allenfalls dadurch hinfällig geworden, dass er mit Wirkung ab dem 01.04.2013 in die Freistellungsphase seiner Altersteilzeit eingetreten sei, weshalb nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungs- und Verpflichtungsanträge entfallen sei. Erst ab diesem Zeitpunkt sei sein Klageziel nur noch über einen Schadensersatzanspruch rechtlich erreichbar gewesen. Insoweit habe es nach den tragenden Grundsätzen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.2013 (- 2 C 23.12 -) weder eines gesonderten Antrags auf Gewährung von Schadensersatz, noch der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurft. Denn dabei würde es sich insgesamt um eine reine - nutzlose - Förmelei handeln. Schon in der Klageschrift vom 15.11.2012 und damit vor Eintritt des erledigenden Ereignisses für den Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag (Eintritt in die Freistellungsphase am 01.04.2013) habe er gegenüber der Beklagten geltend gemacht, dass sich sein Klageziel auch aufgrund einer entsprechenden Schadensersatzverpflichtung ergebe, sollte die Zuerkennung einer Amtszulage rechtlich nicht mehr möglich sein. Daraufhin habe die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 29.11.2012 nicht nur die getroffene Auswahlentscheidung inhaltlich verteidigt, sondern auch seinen Schadensersatzanspruch auf Seite 4 dieses Schriftsatzes abschließend und kategorisch zurückgewiesen mit dem Satz: „Ein Schadensersatzanspruch des Klägers ist deshalb auszuschließen.“ Damit habe schon vor dem Zeitpunkt einer möglichen Antragstellung gerichtet auf Schadensersatz festgestanden, dass die Beklagte dem Klageziel des Klägers auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt nicht stattgeben werde. Bei dieser Sachlage sei nicht erst die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens gegen diese von vornherein ablehnende Haltung der Beklagten sinnentleert, sondern auch das Fordern nach einer formalen diesbezüglichen Antragstellung. Denn durch die erklärte Haltung der Beklagten stehe fest, dass sowohl der Antrag als auch ein Widerspruch erfolglos bleiben würden. Beides wäre deshalb nur eine nutzlose Förmelei im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Insoweit unterscheide sich der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt also nur unwesentlich von den Sachverhalten, die den bisherigen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegen hätten und zwar nur dadurch, dass das den Schadensersatzanspruch begründende Ereignis zum Zeitpunkt des Widerspruchs und des Widerspruchsverfahrens zum Anfechtungs- und Verpflichtungsbegehren des Klägers noch nicht eingetreten gewesen sei, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt (im Rahmen des Klageverfahrens). Die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten tragenden Rechtsgrundsätze zur Entbehrlichkeit eines Widerspruchsverfahrens wegen nutzloser Förmelei infolge zuvor feststehender zurückweisender Haltung des mit der Widerspruchsbehörde identischen Dienstherrn sei ohne Weiteres auf die vorliegende Sachverhaltsgestaltung übertragbar. Ginge man davon aus, dass der vorliegende Sachverhalt mit den entschiedenen Sachverhaltsgestaltungen nicht vergleichbar und wertungsidentisch sei, käme dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zu. Denn es handele sich um keinen außergewöhnlichen Einzelfall, wenn sich das ursprünglich mit einer Klage verfolgte Ziel wegen Änderung der Verhältnisse nur noch auf der Grundlage eines Schadensersatzanspruchs erreichen lasse und die Behörde schon vor Entstehen dieses Schadensersatzanspruchs das Klageziel auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt endgültig zurückgewiesen habe.
15 
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten wird auf die einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe sowie die Berufungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Entscheidung ergeht nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 130a VwGO. Die Stellungnahme des Kläger-Vertreters vom 25.05.2016, mit der er sich zur Sache und beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss geäußert hat, gibt dem Senat keine Veranlassung zu einer anderen Verfahrensweise.
17 
Die - vom Senat zugelassene - Berufung der Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat hält die Berufung auch einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Denn die Klage ist, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, bereits unzulässig, da das nach § 126 Abs. 2 Satz 1 BBG erforderliche Vorverfahren fehlt, das nach Klageerhebung nicht mehr nachgeholt werden konnte und auch nicht entbehrlich war.
I.
18 
Gemäß § 126 Abs. 2 Satz 1 BBG ist vor allen Klagen des Bundesbeamten aus dem Beamtenverhältnis ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen. Diese Vorschrift gilt auch für allgemeine Leistungs- und Feststellungsklagen aus dem Beamtenverhältnis. Aus dem Zweck des § 126 Abs. 2 BBG folgt, dass das Widerspruchsverfahren den verfahrensrechtlichen Rahmen darstellt, in dem vorgerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Beamten und Dienstherrn ausgetragen werden. Dieses gesetzlich geregelte Verfahren soll an die Stelle informeller Verfahren und Absprachen treten. Dies zwingt den Beamten, sein Anliegen inhaltlich zu konkretisieren (BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 - unter Hinweis auf Urteil vom 28.06.2001 - 2 C 48.00 -, jeweils Juris). Aus der durch § 126 Abs. 2 BBG angeordneten Konzentration auf das Widerspruchsverfahren folgt weiter, dass der Beamte einem Widerspruch, der sich nicht auf Erlass eines Verwaltungsakts richtet (Leistungs- oder Feststellungswiderspruch), keinen Antrag vorschalten muss. Ein derartiges Antragserfordernis ergibt sich weder aus einer sonstigen Vorschrift des Prozessrechts noch aus der beamtenrechtlichen Treuepflicht. Es würde die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erschweren, weil der Beamte nach der Ablehnung des Antrags nicht sogleich Klage erheben kann, sondern Widerspruch einlegen muss (BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 -, Juris m.w.N.).
19 
Ergeht nach Einlegung des Widerspruchs in angemessener Zeit kein Widerspruchsbescheid, kann der Beamte nach Maßgabe des § 75 VwGO Untätigkeitsklage erheben. Diese Vorschrift gilt auch für allgemeine Leistungs- und Feststellungsklagen aus dem Beamtenverhältnis, denen ein Widerspruchsverfahren vorauszugehen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 -, Juris).
II.
20 
Nach diesen Grundsätzen ist hier bezüglich des allein streitgegenständlichen Hilfsantrags weder ein ordnungsgemäßes Vorverfahren i.S.d. § 126 Abs. 2 Satz 1 BBG durchgeführt worden, noch war dieses entbehrlich (1.). Ebenso liegen die Voraussetzungen für eine zulässige Untätigkeitsklage nicht vor (2.).
21 
1. a) Der Kläger hat der Beklagten vor Klageerhebung keine Gelegenheit gegeben, sich mit der Schadensersatzforderung wegen einer zum 01.07.2012 nicht erfolgten Gewährung einer Amtszulage zu befassen. Er hat insbesondere keinen Widerspruch mit dem Begehren auf Leistung von Schadensersatz eingelegt. Der Kläger hätte die Beseitigung der behaupteten Rechtsverletzung und den daraus hergeleiteten Schadensersatzanspruch gegen den Dienstherrn insoweit zwar auch mit einem einheitlichen Widerspruch verfolgen können. Dazu hätte er aber zumindest in der Begründung des Widerspruchs deutlich machen müssen, dass er hilfsweise Schadensersatz begehrt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 -, Juris). Dies ist hier nicht geschehen. Der Kläger hat sein mit dem Hilfsantrag verfolgtes Klagebegehren mit der Klageschrift vom 15.11.2012 erstmals geltend gemacht.
22 
b) Das Vorverfahren war auch nicht entbehrlich. Es trifft zwar zu, dass der Dienstherr, wenn er im Rahmen eines Vorverfahrens bezüglich einer Beförderung an der Auswahlentscheidung festhält und deren Rechtmäßigkeit verteidigt, damit regelmäßig auch zu erkennen gibt, dass er einen - noch nicht beantragten - Schadensersatz mit den gleichen Gründen ablehnen wird. Dass allein dies nicht dazu führen kann, dass für eine Schadensersatzklage das gesetzlich vorgeschriebene beamtenrechtliche Vorverfahren entfällt, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aber geklärt. Danach muss der Beamte seinem Dienstherrn vor Klageerhebung im Rahmen des Vorverfahrens auch dann Gelegenheit geben, sich mit der Schadensersatzforderung zu befassen, wenn die für den Anspruch bedeutsame Rechtsfrage bereits Gegenstand eines Vorverfahrens gewesen ist und die Beklagte dem geltend gemachten Anspruch insgesamt entgegentritt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.2001 - 2 C 48.00 -; Beschluss vom 03.06.2004 - 2 B 62.03 -, jeweils Juris).
23 
Der vorliegende Fall unterscheidet sich auch in wesentlicher Hinsicht von dem Fall, in dem das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 -, Juris) eine Ausnahme vom Erfordernis eines beamtenrechtlichen Vorverfahrens angenommen hat, weil der Kläger hier vor Klageerhebung weder einen Antrag auf Schadensersatz gestellt noch den Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung um ein Schadensersatzbegehren erweitert hat. Damit hat er seinem Dienstherrn vorgerichtlich in keiner Weise Gelegenheit gegeben, sich mit diesem Anspruch im Rahmen des Vorverfahrens zu befassen. Dementsprechend hat der Dienstherr auch nicht als Reaktion auf einen solchen Antrag - vor Klageerhebung - zu erkennen gegeben, dass er auf keinen Fall bereit ist, wegen dessen Nichtberücksichtigung Schadensersatz zu leisten.
24 
Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.2001 - 2 C 48.00 -; Beschluss vom 03.06.2004 - 2 B 62.03 -, jeweils Juris) geändert hätte. Zudem bedarf es hier auch keiner Entscheidung darüber, ob auch im beamtenrechtlichen Streitverfahren ein Widerspruchsverfahren schon dann entbehrlich ist, wenn - nur - die in § 72 VwGO vorgesehene Abhilfemöglichkeit wegen der rechtlichen Bindung der Behörde durch eine aufsichtsbehördliche Weisung nicht erreichbar ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.09.2010 - 8 C 21.09 -, Juris). Denn eine solche Ausnahme scheidet hier schon deshalb aus, weil eine Behördenentscheidung über den im Klageverfahren erstmals geltend gemachten Anspruch nicht vorliegt. Dementsprechend kommt es mangels der Entscheidung einer Ausgangsbehörde auch nicht darauf an, ob diese mit der Widerspruchsbehörde identisch wäre. Im Übrigen bestimmt § 126 Abs. 2 Satz 2 BBG ausdrücklich, dass es eines beamtenrechtlichen Vorverfahrens auch dann bedarf, wenn die Maßnahme von der obersten Dienstbehörde getroffen worden ist. Im Hinblick auf diese Wertung scheidet aber auch eine gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme, wonach ein beamtenrechtlicher Widerspruch schon dann als entbehrlich angesehen werden könnte, wenn die für die Entscheidung über den Schadensersatz zuständige Behörde den Dienstherrn im Klageverfahren wegen des Primäranspruchs vertritt und sich in der Sache - auch - zu einem entsprechenden Hilfsantrag äußert, hier von vornherein aus. Offenbleiben kann, ob daraus, dass § 126 BBG anders als § 126 Abs. 3 Nr. 4 BRRG auch keine gesetzlichen Ausnahmen zulässt, zu folgern ist, dass diese Vorschrift die Notwendigkeit des Vorverfahrens für Bundesbeamte speziell und abschließend regelt, oder ob mit der Bezugnahme auf „ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts“ auch der Vorbehalt einer anderen gesetzlichen Bestimmung des § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO Anwendung findet.
25 
2. Für Fälle, in denen - wie hier - noch keine Entscheidung des Dienstherrn vorliegt, ist an die Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO - analog - zu denken. Auch diese scheitert aber daran, dass - wie dargelegt - weder ein Antrag gestellt noch ein Widerspruch eingelegt wurde. Ob auch ein nicht erforderlicher, aber wohl zulässiger Antrag, über den ohne zureichenden Grund noch nicht entschieden wurde, für eine beamtenrechtliche Untätigkeitsklage ausreicht, kann damit hier offenbleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 -, Juris).
26 
Zu ergänzen ist hinsichtlich des klägerischen Vorbringens, dass eine hilfsweise Geltendmachung von Schadensersatz in den hier in Rede stehenden Fällen grundsätzlich nicht für den Fall der Ablehnung, sondern für den Fall der Erledigung des primären Begehrens erfolgt. Insofern macht es aber auch keinen Unterschied, aus welchem Grund eine solche zu befürchten ist (Beförderung des Konkurrenten oder Eintritt in den Ruhestand) oder eintritt. Richtig ist, dass die Behörde über einen im Widerspruchsverfahren wegen unterlassener Beförderung für den Fall der Erledigung des Primäranspruchs geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht entscheiden muss, solange diese noch nicht eingetreten ist. Dass deswegen in Fällen, in denen die Erledigung des Hauptanspruchs erst im Klageverfahren erfolgt, ein Vorverfahren entbehrlich und eine Umstellung auf ein Schadensersatzbegehren zulässig wäre, trifft demgegenüber nicht zu. Denn diesen Fällen, in denen sich der Hauptanspruch erst nach Klageerhebung erledigt und nun ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden soll, trägt bereits die Möglichkeit der Umstellung der ursprünglichen Verpflichtungsklage auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag in vollem Umfang Rechnung.
27 
Ist ein Verfahren hinsichtlich des Primärrechtsschutzes anhängig, wird in diesem - rechtskräftig - über die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung entschieden. Erledigt sich das Verfahren nach Klageerhebung, erfolgt, wenn der Kläger beabsichtigt, Schadensersatz geltend zu machen, die entsprechende Klärung im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage. Wird im Rahmen eines solchen Verfahrens die Rechtswidrigkeit der Entscheidung festgestellt, wird der Dienstherr einen Schadensersatzanspruch auf dieser Grundlage zu prüfen haben, unabhängig davon, ob er im (Vor-)Verfahren zum Primärrechtsschutzverfahren einen anderen Standpunkt vertreten hat. Damit ist es aber nicht gerechtfertigt, dem Kläger, der die Möglichkeit hat, einen Fortsetzungsstellungsantrag zu stellen, vom Vorverfahren hinsichtlich seines Schadensersatzbegehrens zu befreien, mit der Folge, dass über Schaden, Kausalität und Verschulden erstmals im Klageverfahren ohne Vorbefassung des Dienstherrn zu entscheiden wäre. Hieraus ergibt sich auch, dass in Fällen wie dem vorliegenden dem Zweck des Widerspruchsverfahrens nicht bereits Rechnung getragen ist oder dieser ohnehin nicht mehr erreicht werden kann.
28 
Es handelt sich schließlich damit auch nicht um eine Förmelei. Vielmehr würde - wollte man der Argumentation des Klägers folgen - das beamtenrechtliche Vorverfahren in die Disposition der Beteiligten gestellt, wenn auf dieses bereits dann verzichtet werden könnte, wenn die Beklagte einem ohne vorherigen Antrag und/oder Widerspruch gestellten Klageantrag in der Sache entgegentritt. Dies wäre mit § 126 Abs. 2 BBG nicht vereinbar.
29 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
30 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
31 
Beschluss vom 21. Juli 2016
32 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 40, 47 Abs. 1 und 2, § 63 Abs. 2 GKG, § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG a.F., auf 21.243,76 EUR festgesetzt.
33 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die Entscheidung ergeht nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 130a VwGO. Die Stellungnahme des Kläger-Vertreters vom 25.05.2016, mit der er sich zur Sache und beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss geäußert hat, gibt dem Senat keine Veranlassung zu einer anderen Verfahrensweise.
17 
Die - vom Senat zugelassene - Berufung der Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat hält die Berufung auch einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Denn die Klage ist, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, bereits unzulässig, da das nach § 126 Abs. 2 Satz 1 BBG erforderliche Vorverfahren fehlt, das nach Klageerhebung nicht mehr nachgeholt werden konnte und auch nicht entbehrlich war.
I.
18 
Gemäß § 126 Abs. 2 Satz 1 BBG ist vor allen Klagen des Bundesbeamten aus dem Beamtenverhältnis ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen. Diese Vorschrift gilt auch für allgemeine Leistungs- und Feststellungsklagen aus dem Beamtenverhältnis. Aus dem Zweck des § 126 Abs. 2 BBG folgt, dass das Widerspruchsverfahren den verfahrensrechtlichen Rahmen darstellt, in dem vorgerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Beamten und Dienstherrn ausgetragen werden. Dieses gesetzlich geregelte Verfahren soll an die Stelle informeller Verfahren und Absprachen treten. Dies zwingt den Beamten, sein Anliegen inhaltlich zu konkretisieren (BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 - unter Hinweis auf Urteil vom 28.06.2001 - 2 C 48.00 -, jeweils Juris). Aus der durch § 126 Abs. 2 BBG angeordneten Konzentration auf das Widerspruchsverfahren folgt weiter, dass der Beamte einem Widerspruch, der sich nicht auf Erlass eines Verwaltungsakts richtet (Leistungs- oder Feststellungswiderspruch), keinen Antrag vorschalten muss. Ein derartiges Antragserfordernis ergibt sich weder aus einer sonstigen Vorschrift des Prozessrechts noch aus der beamtenrechtlichen Treuepflicht. Es würde die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erschweren, weil der Beamte nach der Ablehnung des Antrags nicht sogleich Klage erheben kann, sondern Widerspruch einlegen muss (BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 -, Juris m.w.N.).
19 
Ergeht nach Einlegung des Widerspruchs in angemessener Zeit kein Widerspruchsbescheid, kann der Beamte nach Maßgabe des § 75 VwGO Untätigkeitsklage erheben. Diese Vorschrift gilt auch für allgemeine Leistungs- und Feststellungsklagen aus dem Beamtenverhältnis, denen ein Widerspruchsverfahren vorauszugehen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 -, Juris).
II.
20 
Nach diesen Grundsätzen ist hier bezüglich des allein streitgegenständlichen Hilfsantrags weder ein ordnungsgemäßes Vorverfahren i.S.d. § 126 Abs. 2 Satz 1 BBG durchgeführt worden, noch war dieses entbehrlich (1.). Ebenso liegen die Voraussetzungen für eine zulässige Untätigkeitsklage nicht vor (2.).
21 
1. a) Der Kläger hat der Beklagten vor Klageerhebung keine Gelegenheit gegeben, sich mit der Schadensersatzforderung wegen einer zum 01.07.2012 nicht erfolgten Gewährung einer Amtszulage zu befassen. Er hat insbesondere keinen Widerspruch mit dem Begehren auf Leistung von Schadensersatz eingelegt. Der Kläger hätte die Beseitigung der behaupteten Rechtsverletzung und den daraus hergeleiteten Schadensersatzanspruch gegen den Dienstherrn insoweit zwar auch mit einem einheitlichen Widerspruch verfolgen können. Dazu hätte er aber zumindest in der Begründung des Widerspruchs deutlich machen müssen, dass er hilfsweise Schadensersatz begehrt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 -, Juris). Dies ist hier nicht geschehen. Der Kläger hat sein mit dem Hilfsantrag verfolgtes Klagebegehren mit der Klageschrift vom 15.11.2012 erstmals geltend gemacht.
22 
b) Das Vorverfahren war auch nicht entbehrlich. Es trifft zwar zu, dass der Dienstherr, wenn er im Rahmen eines Vorverfahrens bezüglich einer Beförderung an der Auswahlentscheidung festhält und deren Rechtmäßigkeit verteidigt, damit regelmäßig auch zu erkennen gibt, dass er einen - noch nicht beantragten - Schadensersatz mit den gleichen Gründen ablehnen wird. Dass allein dies nicht dazu führen kann, dass für eine Schadensersatzklage das gesetzlich vorgeschriebene beamtenrechtliche Vorverfahren entfällt, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aber geklärt. Danach muss der Beamte seinem Dienstherrn vor Klageerhebung im Rahmen des Vorverfahrens auch dann Gelegenheit geben, sich mit der Schadensersatzforderung zu befassen, wenn die für den Anspruch bedeutsame Rechtsfrage bereits Gegenstand eines Vorverfahrens gewesen ist und die Beklagte dem geltend gemachten Anspruch insgesamt entgegentritt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.2001 - 2 C 48.00 -; Beschluss vom 03.06.2004 - 2 B 62.03 -, jeweils Juris).
23 
Der vorliegende Fall unterscheidet sich auch in wesentlicher Hinsicht von dem Fall, in dem das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 -, Juris) eine Ausnahme vom Erfordernis eines beamtenrechtlichen Vorverfahrens angenommen hat, weil der Kläger hier vor Klageerhebung weder einen Antrag auf Schadensersatz gestellt noch den Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung um ein Schadensersatzbegehren erweitert hat. Damit hat er seinem Dienstherrn vorgerichtlich in keiner Weise Gelegenheit gegeben, sich mit diesem Anspruch im Rahmen des Vorverfahrens zu befassen. Dementsprechend hat der Dienstherr auch nicht als Reaktion auf einen solchen Antrag - vor Klageerhebung - zu erkennen gegeben, dass er auf keinen Fall bereit ist, wegen dessen Nichtberücksichtigung Schadensersatz zu leisten.
24 
Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.2001 - 2 C 48.00 -; Beschluss vom 03.06.2004 - 2 B 62.03 -, jeweils Juris) geändert hätte. Zudem bedarf es hier auch keiner Entscheidung darüber, ob auch im beamtenrechtlichen Streitverfahren ein Widerspruchsverfahren schon dann entbehrlich ist, wenn - nur - die in § 72 VwGO vorgesehene Abhilfemöglichkeit wegen der rechtlichen Bindung der Behörde durch eine aufsichtsbehördliche Weisung nicht erreichbar ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.09.2010 - 8 C 21.09 -, Juris). Denn eine solche Ausnahme scheidet hier schon deshalb aus, weil eine Behördenentscheidung über den im Klageverfahren erstmals geltend gemachten Anspruch nicht vorliegt. Dementsprechend kommt es mangels der Entscheidung einer Ausgangsbehörde auch nicht darauf an, ob diese mit der Widerspruchsbehörde identisch wäre. Im Übrigen bestimmt § 126 Abs. 2 Satz 2 BBG ausdrücklich, dass es eines beamtenrechtlichen Vorverfahrens auch dann bedarf, wenn die Maßnahme von der obersten Dienstbehörde getroffen worden ist. Im Hinblick auf diese Wertung scheidet aber auch eine gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme, wonach ein beamtenrechtlicher Widerspruch schon dann als entbehrlich angesehen werden könnte, wenn die für die Entscheidung über den Schadensersatz zuständige Behörde den Dienstherrn im Klageverfahren wegen des Primäranspruchs vertritt und sich in der Sache - auch - zu einem entsprechenden Hilfsantrag äußert, hier von vornherein aus. Offenbleiben kann, ob daraus, dass § 126 BBG anders als § 126 Abs. 3 Nr. 4 BRRG auch keine gesetzlichen Ausnahmen zulässt, zu folgern ist, dass diese Vorschrift die Notwendigkeit des Vorverfahrens für Bundesbeamte speziell und abschließend regelt, oder ob mit der Bezugnahme auf „ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts“ auch der Vorbehalt einer anderen gesetzlichen Bestimmung des § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO Anwendung findet.
25 
2. Für Fälle, in denen - wie hier - noch keine Entscheidung des Dienstherrn vorliegt, ist an die Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO - analog - zu denken. Auch diese scheitert aber daran, dass - wie dargelegt - weder ein Antrag gestellt noch ein Widerspruch eingelegt wurde. Ob auch ein nicht erforderlicher, aber wohl zulässiger Antrag, über den ohne zureichenden Grund noch nicht entschieden wurde, für eine beamtenrechtliche Untätigkeitsklage ausreicht, kann damit hier offenbleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 -, Juris).
26 
Zu ergänzen ist hinsichtlich des klägerischen Vorbringens, dass eine hilfsweise Geltendmachung von Schadensersatz in den hier in Rede stehenden Fällen grundsätzlich nicht für den Fall der Ablehnung, sondern für den Fall der Erledigung des primären Begehrens erfolgt. Insofern macht es aber auch keinen Unterschied, aus welchem Grund eine solche zu befürchten ist (Beförderung des Konkurrenten oder Eintritt in den Ruhestand) oder eintritt. Richtig ist, dass die Behörde über einen im Widerspruchsverfahren wegen unterlassener Beförderung für den Fall der Erledigung des Primäranspruchs geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht entscheiden muss, solange diese noch nicht eingetreten ist. Dass deswegen in Fällen, in denen die Erledigung des Hauptanspruchs erst im Klageverfahren erfolgt, ein Vorverfahren entbehrlich und eine Umstellung auf ein Schadensersatzbegehren zulässig wäre, trifft demgegenüber nicht zu. Denn diesen Fällen, in denen sich der Hauptanspruch erst nach Klageerhebung erledigt und nun ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden soll, trägt bereits die Möglichkeit der Umstellung der ursprünglichen Verpflichtungsklage auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag in vollem Umfang Rechnung.
27 
Ist ein Verfahren hinsichtlich des Primärrechtsschutzes anhängig, wird in diesem - rechtskräftig - über die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung entschieden. Erledigt sich das Verfahren nach Klageerhebung, erfolgt, wenn der Kläger beabsichtigt, Schadensersatz geltend zu machen, die entsprechende Klärung im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage. Wird im Rahmen eines solchen Verfahrens die Rechtswidrigkeit der Entscheidung festgestellt, wird der Dienstherr einen Schadensersatzanspruch auf dieser Grundlage zu prüfen haben, unabhängig davon, ob er im (Vor-)Verfahren zum Primärrechtsschutzverfahren einen anderen Standpunkt vertreten hat. Damit ist es aber nicht gerechtfertigt, dem Kläger, der die Möglichkeit hat, einen Fortsetzungsstellungsantrag zu stellen, vom Vorverfahren hinsichtlich seines Schadensersatzbegehrens zu befreien, mit der Folge, dass über Schaden, Kausalität und Verschulden erstmals im Klageverfahren ohne Vorbefassung des Dienstherrn zu entscheiden wäre. Hieraus ergibt sich auch, dass in Fällen wie dem vorliegenden dem Zweck des Widerspruchsverfahrens nicht bereits Rechnung getragen ist oder dieser ohnehin nicht mehr erreicht werden kann.
28 
Es handelt sich schließlich damit auch nicht um eine Förmelei. Vielmehr würde - wollte man der Argumentation des Klägers folgen - das beamtenrechtliche Vorverfahren in die Disposition der Beteiligten gestellt, wenn auf dieses bereits dann verzichtet werden könnte, wenn die Beklagte einem ohne vorherigen Antrag und/oder Widerspruch gestellten Klageantrag in der Sache entgegentritt. Dies wäre mit § 126 Abs. 2 BBG nicht vereinbar.
29 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
30 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
31 
Beschluss vom 21. Juli 2016
32 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 40, 47 Abs. 1 und 2, § 63 Abs. 2 GKG, § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG a.F., auf 21.243,76 EUR festgesetzt.
33 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 10.481,52 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) und § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage Schadensersatz wegen verspäteter Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Probe in Höhe von insgesamt 10.481,52 Euro nebst Zinsen. Die ursprünglich geltend gemachte Schadensersatzforderung in Höhe von 6.138,04 Euro umfasst die Differenz seines Einkommens als angestellte Lehrkraft zu den Bezügen, die der Kläger als Beamter für den Zeitraum von September 2008 bis einschließlich Januar 2010 erhalten hätte.

Der Kläger sieht seinen Bewerberverfahrensanspruch verletzt, weil er bei jedem seiner Bewerbung zum Februar 2008 folgenden Einstellungstermin (September 2008, Februar 2009 und September 2009) trotz besserer Gesamtprüfungsnote im Hinblick auf andere Bewerber übergangen worden sei.

Im Laufe des Klageverfahrens erweiterte der Kläger seine Schadensersatzforderung um 4.343,48 Euro auf insgesamt 10.481,52 Euro. Die erweiterte Summe ergebe sich als zusätzlicher Schaden für den Zeitraum von Februar 2008 bis August 2008 und umfasse neben der verdienstmäßigen Differenzberechnung für diesen Zeitraum die Kosten zweier Umzüge und einer Dienstantrittsreise nach Aschaffenburg, da er bereits im Einstellungstermin Februar 2008 eine Planstelle hätte erhalten müssen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Das Verwaltungsgericht München hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Ernstliche Zweifel sind dann anzunehmen, wenn ein in der angegriffenen Entscheidung enthaltener, einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt würde (BVerfG, B. v. 26.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen würden (BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - DVBl. 2004, 838). Das ist vorliegend nicht der Fall.

a) Im Hinblick auf die Klageerweiterung auf Gewährung eines zusätzlichen Schadensersatzes in Höhe von 4.343,48 Euro nebst Zinsen im laufenden Klageverfahren hat das Verwaltungsgericht die Klage mangels eines vorhergehenden Antrags beim Beklagten zu Recht als unzulässig angesehen.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt eine auf Schadensersatz gerichtete Leistungsklage aus dem (hier: erstrebten) Beamtenverhältnis einen vor Klageerhebung an den Dienstherrn gerichteten, entsprechenden Antrag voraus. Es handelt sich hierbei um eine Klagevoraussetzung, nicht um eine im Prozess nachholbare bloße Sachurteilsvoraussetzung. Der Schadensersatzanspruch muss vor der Erhebung der Klage in erkennbarer Form an den Dienstherrn herangetragen werden, so dass dieser nicht erst im Prozess mit ihm konfrontiert wird (st. Rspr., z. B. BVerwG, U. v. 10.4.1997 - 2 C 38.95; U. v. 27.6.1986 - 6 C 131.80; OVG NRW, B. v. 4.3.2014 - 6 A 588/12; VGH München, B. v. 29.10.2013 - 3 ZB 09.1593 - jeweils in juris).

bb) Das Bundesverwaltungsgericht hat dieses Erfordernis zwar im Urteil vom 28. Juni 2001 (Az. 2 C 48.00 in juris) insofern klarstellend eingeschränkt, dass die Zulässigkeit einer auf Schadensersatz gerichteten allgemeinen Leistungsklage aus dem Beamtenverhältnis nicht zwingend einen diesem Verfahren vorgeschalteten zusätzlichen Antrag an den Dienstherrn voraussetzt, wenn die Durchführung eines Vorverfahrens möglich ist. Den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts ist aber zugleich zu entnehmen, dass das Schadensersatzbegehren vor Klageerhebung, sei es durch einen Antrag oder im Wege des Widerspruchs, gegenüber dem Dienstherrn geltend gemacht und konkretisiert werden muss (OVG NRW, B. v. 4.3.2014 a. a. O.).

Nur so wird der Dienstherr in die Lage versetzt, die Angelegenheit einer verwaltungsinternen Prüfung zu unterziehen und durch eine denkbare Abhilfe oder aber nähere Begründung seines Standpunktes einen Rechtsstreit mit dem Beamten zu vermeiden (vgl. BVerwG, U. v. 28.6.2001 - 2 C 48/00 - BVerwGE 114, 350; BayVGH, B. v. 29.10.2013 a. a. O. - juris Rn. 6).

cc) Zwar machte der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 7. Mai 2010 einen Schadensersatzanspruch beim Beklagten wegen verspäteter Verbeamtung in Höhe von 6.138,04 Euro geltend, den das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus mit Schreiben vom 17. Mai 2010 ablehnte, nicht jedoch den weiteren Anspruch in Höhe von 4.343,48 Euro. Um diese Forderung wurde das Begehren des Klägers erst im Klageverfahren mit Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 11. Juni 2012 erweitert.

Soweit der Kläger im Rahmen des Zulassungsverfahrens vorbringt, er begehre lediglich die Zahlung eines weiteren Geldbetrags aus dem gleichen Lebenssachverhalt, den der Beklagte als Zahlungsgrund bereits außergerichtlich abgelehnt habe, so dass der fehlende Antrag beim Beklagten nicht zur Unzulässigkeit der gerichtlichen Geltendmachung führen könne, vermag er damit nicht durchzudringen. Der Kläger verkennt insofern gerade den Sinn und Zweck des vorherigen Antragserfordernisses. Eine umfassende verwaltungsinterne Prüfung der erweiterten Schadensersatzforderung war gerade nicht möglich, da sich diese nicht nur betragsmäßig erhöhte, sondern auf einen weiteren Zeitraum erstreckte und auf eine andere Begründung gestützt wurde. Insoweit handelt es sich um voneinander abweichende Streitgegenstände, die einer unterschiedlichen rechtlichen Betrachtung unterliegen. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht in der Nichterfüllung des Antragserfordernisses eine fehlende Klagevoraussetzung gesehen.

b) Auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die Schadensersatzklage in Höhe von 6.138,04 Euro als unbegründet abzuweisen, ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, beamtenrechtlich so gestellt zu werden, als wäre er bereits zum September 2008 (oder später) in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen worden.

Zwar steht Einstellungsbewerbern dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch zu, wenn der öffentliche Dienstherr den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Bewerbungsverfahrensanspruch schuldhaft verletzt (BVerwG, U. v. 25.02.2010 - 2 C 22/09). Zu Recht ist das Verwaltungsgericht jedoch davon ausgegangen, dass es vorliegend zumindest am Verschulden des Beklagten fehlt.

aa) Auf den Vortrag des Klägers, er sehe seinen Anspruch auf Zugang zu öffentlichen Ämtern nur nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG) und den hieraus abgeleiteten Bewerbungsverfahrensanspruch deshalb als verletzt an, weil ihm bereits zum Einstellungstermin im Februar 2008 drei Lehrkräfte mit schlechterer Gesamtprüfungsnote aus einem sog. „Supervertrag“ vorgezogen worden seien, während er keine Planstelle, sondern lediglich einen sog. „Supervertrag“ erhalten habe, kommt es im Rahmen des (zulässig) geltend gemachten Schadensersatzanspruchs in Höhe von 6.138,04 Euro nicht an. Mit diesem wird ein Schaden für die verzögerte Ernennung ab dem Einstellungstermin September 2008 geltend gemacht, zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger bereits in einem Angestelltenverhältnis zum Beklagten stand (sog. „Supervertrag“ vom 25. Februar 2008).

bb) Zu Recht konnte das Verwaltungsgericht mangels Verschulden des Beklagten im Ergebnis offen lassen, ob der Bewerberverfahrensanspruch des Klägers durch seine Nichtberücksichtigung in den der Bewerbung zum Februar 2008 folgenden Einstellungsterminen September 2008, Februar 2009 und September 2009 verletzt wurde, in denen jeweils Bewerber mit schlechteren Examensnoten als der Kläger verbeamtet wurden.

Soweit das Verwaltungsgericht feststellt, dass der Kläger für den fraglichen Zeitraum einen befristeten Arbeitsvertrag geschlossen habe, der weder von ihm vorzeitig gekündigt noch angefochten worden sei und an dem er sich festhalten lassen müsse, zumal er durch den Ablauf Sicherheit für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe gewonnen habe, so ist hieran nichts zu erinnern. Hätte der Kläger auf das angebotene Arbeitsverhältnis verzichtet, hätte er sich zwar jederzeit wieder bewerben können, dann jedoch mit dem Risiko, möglicherweise nicht übernommen zu werden. Der mit der Zusage auf Übernahme in das Beamtenverhältnis verbundene Arbeitsvertrag hat im Gegenzug für den Kläger auch den Vorteil gehabt, dass er sich beim Einstellungstermin Februar 2010 nicht mit den künftigen Bewerbern messen lassen musste. Hier wäre der Kläger mit seiner Gesamtprüfungsnote von 2,39 bei einer Grenznote für eine Einstellung in seiner Fächerverbindung von 1,77 ohne Übernahmegarantie auch tatsächlich nicht zum Zuge gekommen (s. Klageerwiderung vom 15. Oktober 2010, S. 4). Soweit das Verwaltungsgericht ausführt, dass aufgrund des zwischen den Beteiligten geschlossenen Vertrags auch ein Verzicht der auf Zeit angestellten Lehrkraft denkbar sei, sich zu den Einstellungsterminen während der Laufzeit des Arbeitsvertrags zu bewerben, der unter dem Vorbehalt stehe, dass ihm nicht umgekehrt seitens des Dienstherrn vorzeitig - bei Vorliegen zusätzlicher Stellen - die Verbeamtung angeboten werde, so ist hieran nichts auszusetzen.

Insofern spricht auch nichts gegen die Auffassung, dass der Kläger für die auf seine Bewerbung zum Februar 2008 folgenden Einstellungstermine, bei denen er sich bereits für eine Laufzeit von längstens zwei Jahren arbeitsvertraglich an den Beklagten gebunden hatte, nicht mehr als „Bewerber“ in Konkurrenz zu den Neubewerbern um die offenen Planstellen zu den jeweiligen Einstellungsterminen anzusehen ist, mit der Folge, dass auch aus diesem Grund eine Verletzung des Bewerberverfahrensanspruchs gemäß Art. 33 Abs. 2 GG fraglich erscheint (BayVGH, B. v. 30.3.2010 - 3 CE 09.2509 - juris). Auch wenn der Beklagte seine Verwaltungspraxis seit Februar 2011 dahingehend geändert hat, dass nunmehr Lehrkräfte mit Supervertrag bei jedem Einstellungstermin mit den Neubewerben notenmäßig verglichen werden, um eine Neueinstellung eines schlechteren Bewerbers auszuschließen, bedeutet dies nicht automatisch, dass die frühere Vorgehensweise - Lehrkräfte mit Supervertrag nur bei Vorliegen zusätzlicher Planstellen vor Ablauf der Vertragslaufzeit zu Beamten zu ernennen - rechtswidrig gewesen ist. Auch aus dem Arbeitsvertrag lässt sich nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen der Kläger einen Anspruch auf vorzeitige Übernahme in das Beamtenverhältnis gehabt hätte.

Nach dem Vortrag des Beklagten (s. Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 29. März 2012) wurden im Zeitraum Februar 2008 bis Februar 2010 auch keine anderen Lehrkräfte mit Supervertrag und gleicher Fächerkombination wie der Kläger vorzeitig ins Beamtenverhältnis übernommen.

cc) Im Ergebnis konnte das Verwaltungsgericht eine Verletzung des Bewerberverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG offen lassen, da es zumindest am schuldhaftes Verhalten des beklagten Dienstherrn fehlt.

Soweit der Kläger vorbringt, das Verwaltungsgericht hätte sich mit der Frage des Verschuldens nicht auseinandergesetzt, da es nicht geprüft habe, ob die zur Entscheidung berufenen Beamten des Beklagten wegen der ausdrücklichen Formulierung in der vertraglichen Vereinbarung, den Kläger bis spätestens Februar 2010 ins Beamtenverhältnis zu berufen, nicht bei jedem Einstellungstermin nach Abschluss des Supervertrags den Kläger mit den Neubewerben notenmäßig hätten vergleichen müssen und ihn bei besserer Note vorzeitig ins Beamtenverhältnis übernehmen hätten müssen, kann er nicht durchdringen.

(1) Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem allgemeinen Beamtenverhältnis gilt der allgemeine, objektivabstrakte Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts (§ 276 Abs. 2 BGB). Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Von den für die Ernennung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Selbst wenn eine behördliche Maßnahme gerichtlich missbilligt wird, kann daraus ein Verstoß des verantwortlichen Amtsinhabers gegen Sorgfaltspflichten nicht hergeleitet werden, wenn er die zugrunde liegende Rechtsauffassung aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen hat und sie im Ergebnis als vertretbar angesehen werden kann (BVerwG, U. v. 17.8.2005 - 2 C 37.04 - juris Rn. 24, 25; BayVGH, U. v. 24.4.2015 - 3 BV 13.2043 - juris Rn. 32).

(2) Das Verwaltungsgericht ging insofern davon aus, dass - gemessen am oben genannten Maßstab - die Rechtsauffassung, der „Supervertrag“ sei ein Rechtsinstitut mit Vor- und Nachteilen für die jeweiligen Beteiligten, im Rahmen dessen der Zeitangestellte auf alternativ gegebene Rechte wie z. B. die Möglichkeit, sich jeweils zu den Einstellungsterminen während der Laufzeit des Arbeitsvertrags für eine Berufung in das Beamtenverhältnis zu bewerben, verzichtet hat, jedenfalls vertretbar sei. Fragen im Zusammenhang mit dem Supervertrag, seien weder durch Rechtsprechung noch im Schrifttum abschließend behandelt oder geklärt. Soweit in anderen gerichtlichen Verfahren dem Streitgegenstand auch ein „Supervertrag“ zugrunde gelegen habe, hätten die damit befassten Gerichte - soweit ersichtlich - keine grundsätzlichen Fragen zur Rechtmäßigkeit dieses Rechtsinstituts aufgeworfen. Eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten scheide hiernach aus. An dieser Rechtsauffassung ist rechtlich nichts zu erinnern. Erkennbar setzen sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichts auch mit der Frage auseinander, ob der Kläger bei den jeweiligen weiteren Einstellungsterminen hätte berücksichtigt werden müssen. Insofern führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Auffassung, der Kläger habe für die Laufzeit des Vertrages auf weitere Bewerbungen verzichtet und sei deshalb nicht mehr als Bewerber zu berücksichtigen gewesen, zumindest vertretbar sei. Entgegen der Auffassung des Klägers brachte das Verwaltungsgericht hier inzident zum Ausdruck, dass in dieser Vorgehensweise des Beklagten - ebenso wie in der fehlenden Abstandsnahme vom Institut des „Supervertrags“ an sich - kein Verstoß gegen Sorgfaltspflichten zu sehen ist (BVerwG, U. v. 25.2.2010 a. a. O., juris Rn. 26). Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht den Schadensersatzanspruch in Höhe von 6.138,04 Euro mangels Verschulden als unbegründet abgewiesen.

2. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) scheidet ebenfalls aus.

Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass für die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten (Klärungsfähigkeit) und zur Einhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (Klärungsbedürftigkeit; vgl. Eyermann, Kommentar zur VwGO, 14. Auflage 2014, § 124 Rn. 36).

Die Frage, ob die zur Entscheidung berufenen Beamten des Beklagten den Kläger bei jedem Einstellungstermin nach Abschluss seines „Supervertrages“ mit den neu einzustellenden Kollegen in seiner Fächerkombination hätten vergleichen und bei gleicher oder besserer Note sofort vorzeitig ins Beamtenverhältnis übernehmen müssen, war selbst bei Bejahung - mangels schuldhaftem Verhalten der zur Entscheidung berufenen Beamten - nicht entscheidungserheblich und somit nicht klärungsfähig. Im Hinblick auf die insoweit im Februar 2011 erfolgte Änderung der Verwaltungspraxis erweist sie sich auch nicht mehr als klärungsbedürftig.

Der Zulassungsantrag war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 3 i. V. m. 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Ist gegen den Beamten wegen des Sachverhalts, der dem Disziplinarverfahren zugrunde liegt, im Strafverfahren die öffentliche Klage erhoben worden, wird das Disziplinarverfahren ausgesetzt. Die Aussetzung unterbleibt, wenn keine begründeten Zweifel am Sachverhalt bestehen oder wenn im Strafverfahren aus Gründen nicht verhandelt werden kann, die in der Person des Beamten liegen.

(2) Das nach Absatz 1 Satz 1 ausgesetzte Disziplinarverfahren ist unverzüglich fortzusetzen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 nachträglich eintreten, spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens.

(3) Das Disziplinarverfahren kann auch ausgesetzt werden, wenn in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren über eine Frage zu entscheiden ist, deren Beurteilung für die Entscheidung im Disziplinarverfahren von wesentlicher Bedeutung ist. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 gelten entsprechend.

Tatbestand

1

...

2

...

3

...

4

...

5

...

6

...

7

...

8

...

9

...

Entscheidungsgründe

10

1. Das Verfahren ist nach Anhörung des Soldaten und Widerspruch gegen die Beteiligung der Vertrauensperson mit Verfügung des Kommandeurs ... vom 12. Juni 2013, dem Soldaten ausgehändigt am 13. Juni 2013, eingeleitet worden. Nach Verzicht auf das Schlussgehör hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft dem Soldaten mit Anschuldigungsschrift vom 18. Februar 2014, zugestellt am 5. März 2014, ein Dienstvergehen zur Last gelegt. Durch Nachtragsanschuldigung vom 4. November 2016, dem Soldaten in der Hauptverhandlung vor dem Truppendienstgericht am 8. November 2016 übergeben, sind zusätzlich Hilfsanschuldigungen erhoben worden.

11

2. Die 3. Kammer des Truppendienstgerichts Süd hat mit Urteil vom 14. Dezember 2016 gegen den Soldaten wegen eines Dienstvergehens eine Bezügekürzung um 1/20 für die Dauer von 9 Monaten verhängt. Die Vorinstanz hat den Soldaten von einem Teil der Vorwürfe freigestellt. Sie hat aber auf der Grundlage der Nachtragsanschuldigung festgestellt, dass der Soldat durch Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit zwei Dienstreisen - und zwar im Mai 2011 nach K. und im Oktober/November 2012 nach E. - vorsätzlich ein Dienstvergehen begangen habe.

12

Er habe anlässlich der Dienstreise im Mai 2011 nach K. eine Soldatin im Dienstfahrzeug mitgenommen, um dieser einen privaten Krankenbesuch bei einem einsatzverwundeten Kameraden zu ermöglichen. Hierfür habe er entgegen der ihm bekannten Bestimmungen in Nr. 436 ZDv 43/2 weder die Genehmigung des die Dienstreise anordnenden Vorgesetzten eingeholt, noch diesen nach Durchführung der Fahrt informiert. Er habe die Mitnahme der Kameradin auch nicht als "Besonderes Vorkommnis" im Fahrauftrag vermerkt. Damit habe er vorsätzlich seine Dienstpflichten verletzt, seinen Vorgesetzten zu gehorchen (§ 11 Satz 1 SG) und durch sein Verhalten der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erforderten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG). Wegen der Einhaltung von Mindestruhezeiten sei es zwar gerechtfertigt gewesen, dass der Soldat die Rückreise aus K. für eine Übernachtung an seinem Wohnort unterbrochen habe. Den Bestimmungen in Anlage 16/7, Teil IV, Ziffer 4.1, ZDv 43/2 habe es aber widersprochen, Hin- und Rückfahrt nach K. nicht getrennt in den Fahrauftrag einzutragen, obwohl der Soldat in K. mehr als 30 Minuten an einer Kontingentierungsbesprechung teilgenommen habe. Anlage 16/6, Teil III, Ziffer 3.1 der ZDv 43/2 sei dadurch verletzt, dass der Soldat die nach seiner Einschätzung notwendigen Abweichungen von der Fahrstrecke und dem Dienstreiseverlauf nicht in den Fahrauftrag eingetragen und hierüber den die Dienstreise anordnenden Vorgesetzten auch nicht nachträglich informiert habe. Damit habe er vorsätzlich die Gehorsamspflicht (§ 11 Satz 1 SG) und die Wohlverhaltenspflicht (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) verletzt.

13

Der Soldat habe bei seiner Reisekostenabrechnung vom 20. Juni 2011 für die die Dienstreise nach K. unter billigender Inkaufnahme einer Falschangabe wahrheitswidrig erklärt, die Dienstreise nach K. so wie angeordnet in der Kaserne beendet zu haben. Damit habe er zumindest bedingt vorsätzlich die Gehorsamspflicht (§ 11 Satz 1 SG), die Wahrheitspflicht (§ 13 Abs. 1 SG) und die Wohlverhaltenspflicht (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) verletzt.

14

Die Rückfahrt nach der Dienstreise nach E. im Oktober/ November 2012 habe der Soldat zwar berechtigt an seinem Wohnort unterbrochen, weil er erkrankungsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, die Gesamtfahrstrecke zurück nach B. zu absolvieren. Dass er dies aber weder wie von der einschlägigen Vorschrift der ZDv 43/2 vorgesehen im Fahrauftrag vermerkt noch seinen Vorgesetzten nachträglich von der Abweichung von der Fahrstrecke und vom vorgesehenen Reiseverlauf informiert habe, habe vorsätzlich die Gehorsamspflicht (§ 11 Satz 1 SG) und die Wohlverhaltenspflicht (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) verletzt.

15

Das Dienstvergehen wiege nicht leicht und erfordere eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme. Mit der Gehorsamspflicht sei wiederholt eine zentrale soldatische Pflicht verletzt. Auch die Wahrheitspflicht habe im militärischen Bereich hohe Bedeutung und sei eine soldatische Kernpflicht. Die Wohlverhaltenspflicht habe ebenfalls hohe Bedeutung für den militärischen Dienstbetrieb und den Einsatz eines Soldaten. Die Schwere des Fehlverhaltens werde dadurch gekennzeichnet, dass der Soldat als Oberstleutnant und Leiter im ... versagt und so entgegen § 10 Abs. 1 SG ein schlechtes Beispiel gegeben habe. Sein Verschulden werde durch Vorsatz geprägt. Zu berücksichtigen sei auch, dass 2012 gegen den Soldaten bereits wegen der Verletzung der Pflichten aus § 10 Abs. 3, § 10 Abs. 6, § 12 und § 17 Abs. 2 Satz 1 SG ein Beförderungsverbot verhängt worden sei. Trotz laufender Vorermittlungen habe er im Mai 2011 eine Pflichtverletzung begangen, obwohl in dem Disziplinarverfahren 2012 wegen der pflichtenmahnenden Wirkung des Verfahrens von einer zusätzlichen Kürzung der Dienstbezüge Abstand genommen worden sei. Milderungsgründe in der Tat gebe es nicht. Der Soldat habe sich auch nicht in einer unverschuldeten Stresssituation befunden. Zu seinen Gunsten sei das Fehlen gravierender Folgen zu berücksichtigen. Seine Beweggründe ließen sein Fehlverhalten nicht in einem milderen Licht erscheinen. Er habe aber von einer Akzeptanz seines Vorgehens durch seinen damaligen Vorgesetzten ausgehen können und sei dadurch zu dem Fehlverhalten verführt worden. Ihm sei jedenfalls vorzuwerfen, dass er die Abweichungen nicht in den Fahraufträgen bzw. in der Reisekostenabrechnung vermerkt habe. Zu berücksichtigen seien seine hervorragenden Leistungen und eine bemerkenswerte Nachbewährung. Dies und die genannten Milderungsgründe ließen die verhängte Maßnahme angemessen und erforderlich erscheinen. Dabei seien general- und spezialpräventive Erwägungen maßgeblich.

16

3. Gegen das ihm am 12. Januar 2017 zugestellte Urteil hat der Soldat am 13. Februar 2017 Berufung eingelegt und sie mit Schriftsatz vom 26. Juni 2017 auf die Bemessung der Maßnahme beschränkt. Die Verhängung einer gerichtlichen Disziplinarmaßnahme sei nach dem Gewicht des festgestellten Fehlverhaltens unverhältnismäßig. Der Soldat hätte davon ausgehen dürfen, dass eine Genehmigung für die Mitnahme der Kameradin im Dienstwagen stillschweigend erteilt sei. Die Kameradin habe einen einsatzverwundeten Kameraden in einem Bundeswehrkrankenhaus besucht. Dies sei zwar nicht dienstlich, aber doch dienstnah gewesen und hätte keine zusätzlichen Kosten verursacht. Ebenso verhalte es sich mit den nicht ordnungsgemäßen Eintragungen im Fahrauftrag. Der Soldat habe auf einen Spielraum bei der Nutzung von Dienstwagen vertraut. Zugunsten des Soldaten müssten seine Auszeichnungen, sein Leistungsbild und die förmlichen Anerkennungen sowie das Leumundszeugnis seiner Vorgesetzten stärker berücksichtigt werden. Außerdem habe er wegen des Ermittlungsverfahrens drei Jahre lang faktisch einem Beförderungsverbot unterlegen. Jede weitere Maßnahme sei unverhältnismäßig.

17

Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WDO form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist begründet. Das gerichtliche Disziplinarverfahren wird mit der in der Berufungshauptverhandlung erklärten Zustimmung des Bundeswehrdisziplinaranwaltes nach § 108 Abs. 3 Satz 2 WDO, § 123 Satz 3 WDO eingestellt. Der Soldat hat ein Dienstvergehen begangen. Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme war jedoch nicht mehr angebracht.

18

1. Dass der Soldat ein Dienstvergehen begangen hat, ist infolge der Beschränkung der Berufung auf das Disziplinarmaß nicht durch den Senat festzustellen. Vielmehr ist dies bereits durch das truppendienstgerichtliche Urteil festgestellt worden. Die oben wiedergegebenen Schuldfeststellungen des Urteils der Vorinstanz sind eindeutig und widerspruchsfrei und für den Senat damit bindend. Daher ist das Urteil der Vorinstanz auch nicht aufzuheben, sondern nur abzuändern. Die Feststellung des Vorliegens eines Dienstvergehens in diesem Urteil hat Bestand (BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 WD 14.13 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 46 Rn. 39).

19

2. Der Begriff des "Angebrachtseins" in § 108 Abs. 3 Satz 2 WDO eröffnet den Weg zu einer Opportunitätsentscheidung in Abwägung der Gründe in der Person des Soldaten, der Art und Weise des Dienstvergehens und seinen Auswirkungen mit den Interessen des Dienstherrn an der Aufrechterhaltung der Disziplin in den Streitkräften (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2013 - 2 WD 25.11 - Rn. 65; Dau/Schütz, WDO, Kommentar, 7. Aufl. 2017, § 108 Rn. 10). Es ist angebracht, von der Verhängung einer Disziplinarmaßnahme abzusehen, wenn die Auswirkungen des Disziplinarverfahrens bereits eine pflichtenmahnende Wirkung gezeitigt haben, die das Maß der Pflichtenmahnung der an sich gebotenen Maßnahme erreichen und auch unter generalpräventiven Aspekten den Zwecken des Verfahrens Genüge tun (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2013 a.a.O. Rn. 66).

20

Hier hat die Überlänge des Verfahrens Auswirkungen gezeitigt, die seine pflichtenmahnende Wirkung so sehr verstärken, sodass sie die Wirkung der an sich gebotenen Maßnahme erreichen und geeignet sind, den Soldaten künftig zur Erfüllung seiner Dienstpflichten anzuhalten. Unter spezialpräventiven Aspekten ist daher eine weitere Maßnahme nicht mehr erforderlich. Generalpräventiven Verfahrenszielen wird durch die Feststellung des Dienstvergehens durch das Truppendienstgericht und die nachfolgenden Erwägungen zu der tat- und schuldangemessenen Maßnahme Rechnung getragen.

21

a) Bei der Bestimmung von Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.

22

aa) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das Dienstvergehen nicht ganz leicht, weil zentrale soldatische Pflichten in Rede stehen, ein Stabsoffizier versagt hat und dies mehrfach sowie zum Teil während laufender Ermittlungen eines vorangegangenen Disziplinarverfahrens, zum Teil während eines in dem vorangegangenen Verfahren verhängten Beförderungsverbotes geschah.

23

Die Pflicht zum Gehorsam (§ 11 Abs. 1 SG) gehört zu den zentralen Dienstpflichten eines jeden Soldaten (BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 2 WD 16.12 - juris Rn. 48). Alle Streitkräfte beruhen auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam. Vorsätzlicher Ungehorsam stellt daher stets ein sehr ernstzunehmendes Dienstvergehen dar (BVerwG, Urteil vom 16. März 2011 - 2 WD 40.09 - Rn. 52 m.w.N.). Fehlt die Bereitschaft zum Gehorsam, kann die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr in Frage gestellt sein.

24

Die Bedeutung der Wahrheitspflicht (§ 13 Abs. 1 SG) kommt schon darin zum Ausdruck, dass diese - anders als z.B. bei Beamten - für Soldaten gesetzlich ausdrücklich geregelt ist. Wer als Soldat in dienstlichen Äußerungen und Erklärungen vorsätzlich unrichtige Angaben macht, lässt unmissverständlich erkennen, dass seine Bereitschaft zur Erfüllung der Wahrheitspflicht nicht im gebotenen Umfang vorhanden ist. Eine solche Dienstpflichtverletzung und die daraus folgende Beschädigung seiner persönlichen Integrität haben damit erhebliche Bedeutung für die militärische Verwendungsfähigkeit eines Soldaten (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2011 - 2 WD 4.10 - Buchholz 450.2 § 58 WDO Nr. 6 Rn. 23. m.w.N.).

25

Auch die Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) hat wegen ihres funktionalen Bezuges zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs Gewicht. Dabei kommt es nur darauf an, ob das festgestellte Verhalten - wie hier - geeignet war, die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit zu beeinträchtigen (stRspr, BVerwG, z.B. Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 WD 2.10 - juris Rn. 29).

26

Eigenart und Schwere des Dienstvergehens werden des Weiteren dadurch bestimmt, dass der Soldat aufgrund seines Dienstgrades als Oberstleutnant in einem Vorgesetztenverhältnis stand (§ 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 SG i.V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VorgV). Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG). Dabei ist nicht erforderlich, dass es der Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten Vorgesetztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen. Es reicht - wie hier - das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Juni 2009 - 2 WD 7.08 - Rn. 57 m.w.N., vom 13. Januar 2011 - 2 WD 20.09 - Rn. 28 und vom 4. Mai 2011 - 2 WD 2.10 - juris Rn. 30).

27

Eigenart und Schwere bestimmende Tatumstände sind auch, dass die die Dienstreise nach K. im Mai 2011 betreffenden Pflichtverletzung während der Vorermittlungen wegen des Dienstvergehens erfolgten, das durch Urteil der 7. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 11. März 2012 geahndet wurde, und dass die die Dienstreise nach E. im Oktober/November 2012 betreffenden Pflichtverletzung in einem Zeitraum erfolgten, in dem auf den Soldat durch das Beförderungsverbot pflichtenmahnend eingewirkt wurde.

28

b) Das Dienstvergehen hatte allerdings keine negativen Auswirkungen für den Dienstbetrieb und die wirtschaftlichen Interessen des Dienstherrn. Auch Kameraden wurden nicht geschädigt.

29

c) Die Beweggründe des Soldaten sprechen für ihn, soweit er von dem Bestreben geleitet war, einer Kameradin einen Krankenbesuch bei einem im Einsatz verletzten Kameraden zu ermöglichen. Insoweit hat er aus kameradschaftlichen Motiven gehandelt. Soweit er allerdings aus Nachlässigkeit Genehmigungs-, Informations- und Dokumentationspflichten vernachlässigt hat, sind keine für den Soldaten sprechenden Beweggründe feststellbar.

30

d) Das Maß der Schuld des Soldaten wird vor allem dadurch bestimmt, dass er jeweils zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt hat. Erhebliche Schuldmilderungsgründe in den Umständen der Tat (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 23. September 2008 - 2 WD 18.07 - m.w.N.) liegen nicht vor. Insbesondere kann sich der Soldat nicht auf ein Mitverschulden eines Vorgesetzten in der Form einer mangelhaften Dienstaufsicht über die Einhaltung der Vorschriften zu Dienstreisen und Fahraufträgen berufen, da er über lange Jahre an Diensterfahrung verfügt und mit der Erlasslage vertraut ist, sodass keine Überforderungssituation vorlag (vgl. BVerwG, Urteile vom 13. März 2003 - 1 WD 4.03 - Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 2 S. 10 und vom 13. Januar 2011 - 2 WD 20.09 - juris Rn. 37).

31

e) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sind dem Soldaten die sehr guten Leistungen der Vergangenheit zugute zu halten. Der Senat berücksichtigt zu seinen Gunsten auch eine Nachbewährung (BVerwG, Urteile vom 29. November 2012 - 2 WD 10.12 - juris Rn. 48 und vom 16. Februar 2017 - 2 WD 14.16 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 53 LS und Rn. 40). Eine entsprechende Leistungsentwicklung belegt bereits der Vergleich der Durchschnittsbewertung für die Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten in der letzten Regel- und der Sonderbeurteilung. Sie ist aber auch den Erläuterungen des aktuellen Disziplinarvorgesetzten in der Berufungshauptverhandlung zu entnehmen gewesen.

32

Gegen den Soldaten spricht allerdings, dass er disziplinarisch vorbelastet ist. Das Gewicht dieses gegen den Soldaten sprechenden Aspektes wird allerdings dadurch herabgesetzt, dass die Vorbelastung nicht aus gleichartiger Pflichtverletzung herrührt.

33

f) Bei der Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts der Ausspruch einer Disziplinarmaßnahme nicht mehr angebracht, weil der tat- und schuldangemessenen Maßnahme mit der besonderen pflichtenmahnenden Wirkung des entgegen Art. 6 EMRK überlangen Verfahrens ein mildernder Aspekt von erheblichem Gewicht gegenüber steht.

34

Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Februar 2010 - 2 WD 9.09 - juris Rn. 36 f.) von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:

35

aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen".

36

Da die Gehorsamspflicht (§ 11 SG) mehrfach wiederholt verletzt wurde, liegt in der Verletzung dieser Pflicht der Schwerpunkt des Dienstvergehens. Der Senat hat die Verletzung der Gehorsamspflicht je nach Schwere des Verstoßes mit einer Gehaltskürzung, einem Beförderungsverbot oder auch einer Dienstgradherabsetzung geahndet (vgl. BVerwG, Urteile vom 22. August 2007 - 2 WD 27.06 - BVerwGE 129, 181 Rn. 85 und vom 23. Juni 2011 - 2 WD 21.10 - Buchholz 449 § 7 SG Nr. 56 Rn. 49 m.w.N.) und bei einer Kombination von Pflichtverletzungen den Umständen des Falles auf der zweiten Stufe der Zumessungserwägungen einzelfallbezogen Rechnung getragen (BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2014 - 2 WD 10.13 - Rn. 87 ff.). Dabei hat er das disziplinare Gewicht eines Ungehorsams umso höher eingestuft, je größer die dadurch drohenden Gefahren für ein bedeutsames Rechtsgut, insbesondere Leib und Leben von Kameraden, sind (BVerwG, Urteil vom 23. April 2015 - 2 WD 7.14 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 48 Rn. 51 ff. m.w.N.).

37

Die Befehle der ZDv 43/2 betreffen nicht die Sicherheit von Leib und Leben von Soldaten oder Zivilpersonen, sodass hier ein Befehl von geringerer Bedeutung in Rede steht. Die Befehle dienen aber dem Interesse des Bundes an einem wirtschaftlichen und sparsamen Einsatz öffentlicher Mittel, indem sie den Einsatz von Dienstwagen für dienstliche Zwecke nachvollziehbar und überprüfbar machen und so der Zweckentfremdung dienstlicher Mittel vorbeugen. Soweit die Mitnahme von privat reisenden Dritten geregelt ist, steht im Hinblick auf versicherungsrechtliche und Haftungsfragen ebenfalls die sparsame Verwendung öffentlicher Gelder in Rede. Die mehrfache Missachtung von Befehlen mit diesem Gegenstand durch einen Stabsoffizier bedarf aber jedenfalls keiner schwereren Maßnahmeart als einer Bezügekürzung, sofern auf der ersten Stufe überhaupt eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme in Betracht kommt. Für eine mildere Maßnahmeart spricht, dass die in Rede stehenden Pflichtverletzungen nicht durch finanziellen Eigennutz geprägt sind: Der Soldat hat dadurch nicht sich selbst oder andere bereichert oder dies beabsichtigt, sodass keine Vergleichbarkeit mit einem Zugriffsdelikt besteht. Seinem pflichtwidrigen Verhalten fehlt die strafrechtliche Relevanz. Es handelt sich lediglich um eine Schlechtleistung bei der Erfüllung von Genehmigungs-, Dokumentations- und Informationspflichten. Die Pflichtverletzungen betreffen zudem nicht den Kernbereich seiner militärischen Tätigkeit, sondern den Randbereich der Dienstreiseabwicklung. Trotz wesentlich umfangreicherer Reisetätigkeit und Nachprüfung einer Vielzahl von Reisebelegen sind dokumentarische und informationelle Pflichtverletzungen nur bei zwei mehr als ein Jahr auseinander liegenden Dienstreisen festzustellen.

38

bb) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung oder die Notwendigkeit einer Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, dem Wehrdienstgericht einen Spielraum eröffnet.

39

Danach kommt vorliegend nur die Annahme eines leichten Falls in Betracht. Zwar ist erschwerend zum einen der Vorbelastung des Soldaten zum anderen aber auch der trotz ihres erheblichen Gewichts bei der Bestimmung des Ausgangspunktes der Zumessungserwägungen noch nicht berücksichtigten Verletzung der Wahrheitspflicht Rechnung zu tragen. Diesen Aspekten stehen allerdings mildernd die zum Teil kameradschaftliche Motivation seines Dienstvergehens und die für ihn sprechenden Aspekte von Leistung und Nachbewährung gegenüber. Auf dieser Stufe der Bemessungserwägungen wäre mildernd auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass lediglich ein Unterlassen korrekter Dokumentation und Information zu sanktionieren ist. Der hier zu sanktionierende Ungehorsam wird durch Nachlässigkeit und Bequemlichkeit, nicht aber durch eine grundsätzliche Ablehnung des Prinzips von Befehl und Gehorsam und der den Befehl enthaltenden Dienstanweisung geprägt.

40

cc) Jedenfalls berücksichtigt der Senat zugunsten des früheren Soldaten zusätzlich eine um fast zwei Jahre überlange Verfahrensdauer und sieht deshalb von der Verhängung einer Disziplinarmaßnahme aus Opportunitätsgründen ab. Eine Verletzung der auch vom Rechtsstaatsgebot garantierten Gewährleistung einer Verhandlung innerhalb angemessener Frist i.S. des Art. 6 Abs. 1 EMRK begründet einen Milderungsgrund bei solchen Disziplinarmaßnahmen, die wie die von der Vorinstanz verhängte Bezügekürzung der Pflichtenmahnung dienen. Denn das Verfahren als solches wirkt bereits belastend und ist deshalb mit pflichtenmahnenden Nachteilen verbunden, die nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz das Sanktionsbedürfnis mindern können (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Juni 2003 - 2 WD 2.02 - NZWehrr 2004, 83 ff. und juris Rn. 18, vom 26. September 2006 - 2 WD 2.06 - BVerwGE 127, 1 <32>, vom 13. März 2008 - 2 WD 6.07 - juris Rn. 116, vom 22. Oktober 2008 - 2 WD 1.08 - juris Rn. 122, vom 4. Mai 2011 - 2 WD 2.10 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 6 Rn. 47, vom 6. September 2012 - 2 WD 26.11 - Rn. 39 f. m.w.N. sowie vom 29. November 2012 - 2 WD 10.12 - Rn. 62).

41

Ob die Dauer eines konkreten Verfahrens noch angemessen ist, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Falls und folgender Kriterien zu beurteilen: die Schwierigkeit des Falls, das Verhalten des Betroffenen und das der zuständigen Behörden und Gerichte sowie die Bedeutung des Rechtsstreits für den Betroffenen (EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04 - NVwZ 2010, 1015 <1017> m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 6. September 2012 - 2 WD 26.11 - Rn. 36). Hier ist eine Einzelfallprüfung erforderlich und es ist nicht auf feste Zeitvorgaben oder abstrakte Orientierungs- bzw. Anhaltswerte abzustellen, unabhängig davon, ob diese auf eigener Annahme oder statistisch ermittelten durchschnittlichen Verfahrenslaufzeiten beruhen (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 <154> Rn. 29). Dabei ist im Hinblick auf das Prinzip der richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) der Gestaltungsspielraum der Gerichte bei der Verfahrensführung zu beachten.

42

Hier kann offenbleiben, ob die Verfahrensdauer eines Disziplinarverfahrens ab der förmlichen Einleitung zu berücksichtigen ist (so EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04 - NVwZ 2010, 1015 LS), mithin hier ab Juni 2013 oder - wegen der Regelung des § 91 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 WDO - erst ab Einreichung der Anschuldigungsschrift beim Truppendienstgericht im Februar 2014. Denn im Ermittlungsverfahren ist das Verfahren kontinuierlich insbesondere durch Zeugenvernehmungen gefördert worden. Nach Einreichung der Anschuldigungsschrift hatte der Vorsitzende der 6. Kammer des Truppendienstgerichts Süd einen Disziplinargerichtsbescheid angekündigt, dessen Erlass die Wehrdisziplinaranwaltschaft Ende Februar 2014 allerdings widersprochen hatte. Danach ist das Verfahren nicht weiter gefördert worden, ehe es nach einer Änderung der Geschäftsverteilung im Truppendienstgericht Süd im Januar 2016 in die Zuständigkeit der 3. Kammer gelangte. Dort wurden im August 2016 die Termine für die Hauptverhandlung festgesetzt und vierzehn Zeugen zu dieser geladen. Schon im Hinblick auf die hohe Zahl der zur Sachaufklärung erforderlichen Zeugen handelte es sich um ein in tatsächlicher Hinsicht nicht einfaches Verfahren, das einen überdurchschnittlichen Aufwand für die Vorbereitung und Durchführung der Hauptverhandlung mit sich brachte. Dass das Verfahren allerdings zwischen März 2014 und Januar 2016 gar nicht gefördert wurde, ist senatsbekannten Umständen - nämlich der Überlastung der Kammer, dem Ruhestand des Vorsitzenden Richters der 6. Kammer des Truppendienstgerichts Süd und der Vakanz dieses Dienstpostens - geschuldet, die in die staatliche Verantwortungssphäre fallen und daher maßnahmemildernd zu berücksichtigen sind.

43

In der Zeit, in der das Verfahren aus nicht in die Verantwortung des Soldaten fallenden Gründen nicht weiter gefördert werden konnte, unterlag er im Hinblick auf das Förderungsverbot aus der ZDv 20/7 Nr. 135 bzw. A-1340/49 Abschnitt 2.5.4 einem faktischen Beförderungsverbot. Nach der glaubhaften Aussage des aktuellen Disziplinarvorgesetzten, hätte der Soldat bereits seit 2012 die Voraussetzungen für eine Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten erfüllt. Damit hat sich das faktische Beförderungsverbot hier konkret auf sein dienstliches Fortkommen ausgewirkt. Dieser Umstand hat in besonderer Weise pflichtenmahnende Wirkung und im Hinblick auf die zwischenzeitlich erreichte Länge des faktischen Beförderungsverbotes ein Gewicht, das der Wirkung der von der Vorinstanz verhängten Bezügekürzung gleichkommt.

44

Da die Pflichtverletzungen bereits mehr als vier Jahre zurückliegen und durch das gerichtliche Disziplinarverfahren, nicht zuletzt die bindenden Feststellungen des Urteils der Vorinstanz und die Bemessungserwägungen dieses Urteils, deutlich wird, dass Pflichtverletzungen der vom Soldaten begangenen Art grundsätzlich nicht geduldet werden, werden durch die Einstellung des Verfahrens auch generalpräventive Erwägungen nicht vernachlässigt (vgl. BVerwG, Urteile vom 2. April 2008 - 2 WD 13.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 25 Rn. 55 und vom 17. Januar 2013 - 2 WD 25.11 - Rn. 87).

45

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 138 Abs. 3 und 4, § 140 Abs. 1 WDO.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Tenor

I.

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. August 2014 - M 21 K 12.3098 - wird abgelehnt.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Beklagten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B. v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Der Kläger steht als Polizeiobermeister in der Bundespolizeiabteilung D./Technische Einsatzhundertschaft R. im Dienst der Beklagten. Mit Verfügung vom 4. Dezember 2011 stellte die Beklagte das am 21. März 2003 eingeleitete Disziplinarverfahren gegen den Kläger auf der Grundlage des § 32 Abs. 1 Nr. 3 BDG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 BDG ein, weil eine Disziplinarmaßnahme nicht ausgesprochen werden dürfe. Gleichzeitig wurde das der Einstellungsverfügung zugrunde liegende Verhalten des Klägers ausdrücklich missbilligt, weil der Kläger schuldhaft gemäß § 77 Abs. 1 BBG eine Dienstpflichtverletzung begangen habe, indem er gegen seine aus § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG folgende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten außerhalb des Dienstes verstoßen habe. Den vom Kläger erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2012 zurück.

Mit Gerichtsbescheid vom 28. August 2014 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 4. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Februar 2012 aufgehoben, soweit darin eine missbilligende Äußerung ausgesprochen worden ist. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die angegriffene Missbilligung rechtswidrig sei und den Kläger in seinen Rechten verletze. Neben der von der Beklagten gewählten schärfsten Form der sogenannten qualifizierten Missbilligung hätten diverse weitere, sämtlich mildere Reaktionsmöglichkeiten bestanden. Es liege ein vollständiger Ausfall des Auswahlermessens vor. Der Senat teilt diese Auffassung, ohne dass es einer weiteren Prüfung in einem Berufungsverfahren bedarf.

Nach § 6 Satz 2 BDG sind missbilligende Äußerungen (Zurechtweisungen, Ermahnungen oder Rügen), die nicht ausdrücklich als Verweis bezeichnet werden, keine Disziplinarmaßnahmen. Rechtsgrundlage ist vielmehr die sich aus dem allgemeinen Beamtenrecht ergebende Weisungs- und Aufsichtsbefugnis des Dienstherrn (SächsOVG, U. v. 18.2.2014 - 2 A 448.12 - juris Rn. 26; Weiß, GKÖD, Disziplinarrecht, M § 6 Rn. 31; Urban/Wittkowski, BDG, § 6 Rn. 7). Deshalb liegt die Annahme nahe, dass es schon aus formellen Gründen nicht zulässig ist, dass die Disziplinarbehörde ein Disziplinarverfahren einstellt und einem Beamten zugleich in der Einstellungsverfügung mit einer Missbilligung die Begehung eines Dienstvergehens zur Last legt; zulässig dürfte es nur sein, dass die jeweilige personalverwaltende Behörde außerhalb eines Disziplinarverfahrens nach allgemeinen beamtenrechtlichen Regelungen eine schriftliche Missbilligung ausspricht (so auch NdsOVG zum niedersächsischen Disziplinarrecht, U. v. 22.1.2013 - 5 LB 227.11 - juris Rn. 42, 43). Das kann jedoch dahinstehen, weil die in Streit stehende Missbilligung jedenfalls aus materiellen Gründen rechtswidrig ist.

§ 6 Satz 2 BDG nennt als missbilligende Äußerungen ausdrücklich Zurechtweisungen, Ermahnungen oder Rügen, die nicht ausdrücklich als Verweis bezeichnet werden. Die schwerste Form der missbilligenden Äußerung liegt vor, wenn diese den Vorwurf einer schuldhaften Pflichtverletzung (eines Dienstvergehens) enthält. Daneben gibt es nach überwiegender Auffassung weitere - mildere - dienstrechtliche Reaktionsmöglichkeiten wie etwa tadelnde Hinweise, kritische Äußerungen, Belehrungen, Vorbehalte, Warnungen, ernste Missfallensbekundungen oder dringliche Ersuchen. Der Behörde steht insoweit ein Auswahlermessen zu (SächsOVG, U. v. 18.2.2014 - 2 A 448.12 - juris Rn. 33; VG München, U. v. 27.5.2014 - M 5 K 13.4304 - BayVBl 2014, 763; Weiß, GKÖD, M § 6 Rn. 29, 30; Urban/Wittkowski, BDG, § 6 Rn. 7).

In Anwendung dieses rechtlichen Maßstabs ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Beklagten im Rahmen der Einstellung des Disziplinarverfahrens ausgesprochene qualifizierte Missbilligung jedenfalls ermessensfehlerhaft ist. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Beklagte mit der Einstellung des Disziplinarverfahrens dem Kläger gegenüber gleichzeitig eine Missbilligung aussprechen durfte sowie unabhängig vom Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Missbilligung. Die Beklagte hat nämlich keinerlei Auswahlermessen ausgeübt. Neben der von der Beklagten gewählten schärfsten Form der missbilligenden Äußerung bestanden - und zwar, wie oben ausgeführt, außerhalb des Disziplinarrechts - diverse weitere, sämtlich mildere Reaktionsmöglichkeiten. Es hätte der Beklagten somit oblegen, diejenige Maßnahme auszuwählen, die geeignet, erforderlich und verhältnismäßig erscheint, um auf das festgestellte Verhalten des Klägers zu reagieren. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte gleichzeitig das von ihr eingeleitete Disziplinarverfahren nach § 32 Abs. 1 Nr. 3 BDG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 BDG eingestellt hat, ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch eine mildere Maßnahme in Betracht gekommen wäre, auch wenn die Beklagte dies als „lebensfremd“ erachtet. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt keine Ermessensreduzierung auf Null dahingehend vor, dass bei einer Einstellung eines Disziplinarverfahrens nach einer rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung regelmäßig und ausschließlich eine qualifizierte Missbilligung zu erfolgen hätte mit der Folge, dass mildere Mittel stets ausgeschlossen wären. Eine derartige „Automatik“ sieht das Gesetz nicht vor, vielmehr kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Die damit erforderliche Ermessensausübung hat die Beklagte unterlassen. Weder in der Einstellungsverfügung vom 4. Dezember 2011 noch im Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2012 gibt es Anhaltspunkte für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung. Es fehlen Ausführungen der Art, dass und weshalb ein milderes Mittel als die qualifizierte Missbilligung im konkreten Fall nicht ausreichend gewesen wäre. Die Beklagte selbst trägt in ihrer Begründung des Zulassungsantrags vor, dass in derartigen Fällen „bislang weder die Möglichkeit und somit auch nicht die Notwendigkeit einer entsprechenden Ermessensausübung gesehen worden ist“, was den Ermessensausfall zusätzlich dokumentiert. Eine Ergänzung der Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 114 Satz 2 VwGO kommt nicht in Betracht, weil die Vorschrift keine Anwendung auf Fälle findet, in denen das Ermessen gar nicht ausgeübt wurde (Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 114 Rn. 17).

2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Um einen auf diesen Zulassungsgrund gestützten Antrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer erstens eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, zweitens ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, drittens erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und viertens darlegen, weshalb ihr eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (BayVGH, B. v. 3.6.2009 - 6 ZB 09.79 - juris Rn. 11; Happ in Eyermann, a. a. O., § 124a Rn. 72). Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an der Formulierung einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.