Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2017 - 19 CE 17.657

bei uns veröffentlicht am05.07.2017

Tenor

I. Die Beschwerden werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin dafür Sorge trägt, dass die Abschiebung des Antragstellers zu 1 medizinisch betreut und er im Zielstaat der Abschiebung an hinreichend qualifiziertes medizinisches Personal übergeben wird.

II. Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller zu 1 und 2, nach eigenen Angaben am 28. November 2004 eingereiste armenische Staatsangehörige, und die Antragsteller zu 3 und 4, ihre 2005 und 2012 in der Bundesrepublik geborenen Kinder ebenfalls armenischer Staatsangehörigkeit, begehren nach rechtskräftig negativem Abschluss der jeweiligen Asylerst- und Folgeverfahren, im Wege der einstweiligen Anordnung ihre von der Antragsgegnerin beabsichtigte Abschiebung nach Armenien zu untersagen.

Die Antragsteller zu 1 und 2 reisten am 28. November 2004 in die Bundesrepublik ein und beantragten am 8. Dezember 2004 unter Angabe falscher Personalien und Behauptung der russischen Staatsangehörigkeit Asyl, was mit Bescheiden des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 18. Januar 2005 abgelehnt wurde. Die dagegen gerichteten Klagen wurden durch Urteil des Verwaltungsgerichts vom 8. März 2006 abgewiesen, die Berufungen durch Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 14. April 2011 zurückgewiesen und die Nichtzulassungsbeschwerden vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. Dezember 2011 verworfen.

Die Antragsteller zu 3 und 4 wurden am 22. Juni 2005 und am 18. September 2012 in der Bundesrepublik geboren. Der Asylantrag des Antragstellers zu 3 wurde mit Bescheid vom 14. Dezember 2005 abgelehnt.

Die Antragsteller waren seit dem 26. Januar 2012 im Besitz von Duldungen. Asylfolgeanträge vom 26. und 29. Juli 2012 wurden mit Bescheiden vom 26. und 28. Juni 2016 als offensichtlich unbegründet abgelehnt, Klagen und Eilanträge gegen den Bescheid vom 28. Juni 2016 blieben vor dem Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 18. Juli 2016 und Urteil vom 23. Januar 2017 erfolglos. Der Asylantrag der Antragstellerin zu 4 wurde mit Bescheid vom 2. Juni 2016 abgelehnt.

Im September 2012 stellte sich heraus, dass die Antragsteller entgegen ihrer Angaben im Asylverfahren armenische Staatsangehörige sind. Die Antragsteller zu 1 und 2 legten am 7. November 2012 Kopien armenischer Nationalpässe, am 2. März 2015 gültige armenische Nationalpässe vor; Anträge auf Erteilung von Passersatzpapieren für die Antragsteller zu 3 und 4 wurden seitens der Antragsteller zu 1 und 2 nicht ausgefüllt.

Der Antragsteller zu 1 ist wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten: Wegen Diebstahls wurde er mit Strafbefehl vom 7. Februar 2005 zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu 10 Euro verurteilt; des Weiteren wurde er mit Strafbefehl vom 22. September 2005 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 10 Euro, wegen eines weiteren Diebstahls mit Urteil des Amtsgerichts O. vom 20. April 2006 zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten, wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis mit Strafbefehl vom 19. Dezember 2007 zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu 5 Euro, wegen Bedrohung durch Urteil vom Amtsgericht O. vom 8. Oktober 2008 zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 5 Euro und wegen Diebstahls durch Urteil des Amtsgerichts A. vom 21. Juni 2010 zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt.

Der Antragsteller zu 1 steht seit 6. März 2015 unter gesetzlicher Betreuung. Ausweislich eines hausärztlichen Attestes vom 16. Januar 2014 leidet er unter einer schweren Depression. Im Arztbrief der Institutsambulanz des Bezirkskrankenhauses L. vom 29. Mai 2013 nach einer ambulanten Vorstellung wurde eine „schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome und ohne Anhaltspunkte für Eigen- oder Fremdgefährdung“ diagnostiziert. Im ärztlichen Attest des Bezirkskrankenhauses L. vom 17. Januar 2014 nach einem stationären Aufenthalt vom 9. Januar bis 17. Januar 2014 in der Kriseninterventionsstation wird die drohende Abschiebung für die Erkrankung prognostisch ungünstig gesehen. Laut des Attestes eines Facharztes für Neurologie/Psychiatrie vom 28. Januar 2014 ist der Antragsteller zu 1 zu dieser Zeit wegen depressiver Störung in Behandlung gewesen; die Wohnheimsituation sei belastend. In der amtsärztlichen Untersuchung des Gesundheitsamtes des Landratsamtes A. vom 25. Februar 2014 wird eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung diagnostiziert; der Zustand sei stabil und Reisefähigkeit gegeben. Vom 27. November bis zum 22. Dezember 2015 befand sich der Antragsteller zu 1 in stationärer Behandlung im psychiatrischen Bezirkskrankenhaus L. mit der Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung und einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen, wobei eine artifizielle Störung vermutet wurde. Der Arztbrief der Institutsambulanz des Bezirkskrankenhauses L. vom 17. Februar 2016 weist eine schwere depressive Episode mit psychotischen Anteilen bei rezidivierender depressiver Störung aus. Im ärztlichen Befundbericht der Institutsambulanz der Tagesklinik des Bezirkskrankenhauses L. vom 29. Februar 2016 wurde wiederum eine depressive Episode mit psychotischen Anteilen diagnostiziert; eine artifizielle Störung wurde in Erwägung gezogen bzw. nach dem letzten stationären Aufenthalt vom 27. November bis 22. Dezember 2015 vermutet. Vom 1. März bis 14. März 2016 befand sich der Antragsteller zu 1 in stationärer Behandlung der Tagesklinik und Kriseninterventionsstation des Bezirkskrankenhauses A.. Ein weiterer Befundbericht der Institutsambulanz der Tagesklinik des Bezirkskrankenhauses A. vom 17. März 2016 weist als Diagnosen eine depressive Störung mit psychotischen Symptomen sowie Verdacht auf artifizielle Störung aus. Anhand der klinischen Verhaltensbeobachtung habe kein konsistentes, zu seinen angegebenen Symptomen entsprechendes Verhalten beobachtet werden können, was den Verdacht auf eine artifizielle Störung erhärte. Vom 27. September bis zum 6. Oktober 2016 folgte ein stationärer Aufenthalt im Klinikum A. wegen Gastritis und Verdacht auf Morbus Crohn.

Mit Bescheid vom 21. April 2016 lehnte die Antragsgegnerin die beantragte Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG bzw. § 25a AufenthG mit der Begründung ab, es liege keine unverschuldete Verhinderung an der Ausreise vor, es bestehe ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 8b AufenthG, die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen lägen wegen Nichterfüllung der Passpflicht nicht vor und der Antragsteller zu 3 sei nicht als Jugendlicher im Sinne von § 25a AufenthG anzusehen. Die dagegen gerichtete Klage vom 30. Mai 2016 ist vor dem Verwaltungsgericht W. anhängig (Az. W 7 K 16.568).

Mit Bescheid vom 23. März 2016, zugestellt am 17. Mai 2016 wurden die Antragsteller zu 1 und 2 ausgewiesen; die hiergegen gerichtete Klage vom 7. Juni 2016 ist vor dem Verwaltungsgericht W. anhängig (Az. W 7 K 16.593).

Die im Wege der einstweiligen Anordnung am 16. Februar 2017 begehrte Aussetzung von Abschiebemaßnahmen lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 20. März 2017 mit der Begründung ab, ein Anordnungsanspruch nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG bestehe nicht, da die Abschiebung nicht aus rechtlichen Gründen unmöglich sei. Eine effektive Rechtsverfolgung auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 25a Abs. 1, Abs. 2 AufenthG werde nicht erschwert, da der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis die Titelerteilungssperre nach § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG entgegenstehe und die Antragsteller nicht unverschuldet an der Ausreise gehindert seien. Der Antragsteller zu 3 weise nicht das nach § 25a Abs. 1 AufenthG erforderliche Mindestalter von 14 Jahren auf. Es bestehe keine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung wegen gesundheitlicher Probleme, da keine ärztlichen Bescheinigungen vorgelegt worden seien, die eine Reiseunfähigkeit belegten, und damit von der Vermutung nach § 60a Abs. 2c Sätze 1 und 2 AufenthG auszugehen sei.

Mit der Beschwerde wird unter Vorlage der gutachterlichen Stellungnahme eines psychiatrischen Facharztes der sozialpsychiatrischen Migrationsambulanz in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge vom 30. März 2017 geltend gemacht, die Abschiebungen seien wegen akuter Lebensgefahr des Antragstellers zu 1 aus gesundheitlichen Gründen unmöglich. Ein Suizid des Antragstellers zu 1 sei entsprechend der psychiatrischen Begutachtung als sehr wahrscheinlich zu beurteilen. Die Verabreichung zwingend notwendiger Medikamente sei in Armenien nicht möglich. Der Antragsteller zu 1 sei aufgrund seiner psychischen Erkrankung nicht transportfähig. Die Suizidgefahr begründe eine Kindeswohlgefährdung. Das Fehlverhalten einer jahrelangen Identitätstäuschung sei wegen der gesundheitlichen Probleme nicht mehr für das Abschiebungshindernis ursächlich; das Verhalten sei im Lichte der psychischen Erkrankung zu betrachten.

Die Antragsteller beantragen,

unter Aufhebung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung die Antragsgegnerin vorläufig zur Erteilung einer Duldung und zur Aussetzung von Abschiebungsmaßnahmen zu verpflichten.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin verweist auf die jahrelange Identitätstäuschung der Antragsteller sowie die Nichterfüllung der Passpflicht und der Mitwirkungsverpflichtung. Das ärztliche Gutachten vom 30. März 2017 behandle entgegen des sozialmedizinischen Gutachtensauftrages durch das Sozialgericht ausschließlich die Frage einer möglichen Abschiebung, sehe die Ursache der Erkrankung in der behördlicherseits aufrecht erhaltenen Belastungssituation und stütze sich auf Informationen eines Helferkreises. Soweit der Gutachter die Erforderlichkeit einer stationären psychiatrischen Behandlung attestiere, sei verwunderlich, dass der u.a. für die Gesundheitsfürsorge gerichtlich bestellte Betreuer eine solche psychiatrische Unterbringung nicht veranlasse. Dies nähre die Vermutung, dass es nicht um eine möglichst zeitige Therapie der geltend gemachten Erkrankung, sondern um eine „Konservierung“ eines Krankheitsbildes zum Schutz vor Abschiebung gehe. Die Attestierung, eine Abschiebung sei aus gesundheitlichen Gründen unmöglich, berücksichtige nicht die Möglichkeiten der Gesundheitsfürsorge und -sicherung von mit Suizidalität bedrohten Personen im Rahmen des Abschiebungsvorgangs. Dem Antragsteller zu 1 könnten alle benötigten Medikamente auch für einen längeren Zeitraum im Zielstaat mitgegeben werden. Vor Vollzug einer Abschiebung werde eine amtsärztliche Untersuchung der Reisefähigkeit erfolgen. Die Abschiebung werde durch medizinisches Begleitpersonal flankiert. Ein vom Sozialgericht in Auftrag gegebener ärztlicher Untersuchungsauftrag zum Behinderungsgrad des Antragstellers zu 1 sei planmäßig zum Zweck der Verhinderung einer Abschiebung missbraucht worden. Das ärztliche Gutachten sei entgegen von § 60a Abs. 2d Satz 1 AufenthG der Antragsgegnerin nicht unverzüglich vorgelegt worden.

II.

Die zulässigen Beschwerden haben keinen Erfolg.

Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses, mit dem das Verwaltungsgericht eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Erteilung einer Duldung oder zum vorläufigen Absehen von einer Abschiebung abgelehnt hat.

Es ist kein auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung durch Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG gerichteter Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 1, 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) glaubhaft gemacht. Die gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit (§ 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG) des Antragstellers zu 1 ist durch das im Beschwerdeverfahren vorgelegte fachärztliche Gutachten vom 30. März 2017 nicht widerlegt (1.). Im Übrigen wäre selbst dann, wenn eine Suizidgefahr glaubhaft gemacht worden wäre, nicht zwangsläufig von einem krankheitsbedingten Abschiebungshindernis auszugehen; vielmehr genügt die Ausländerbehörde durch die von ihr angekündigten und vom Senat als Maßgaben in den Beschlusstenor aufgenommenen Sicherheitsvorkehrungen (wie die medizinische Begleitung im Abschiebungsvorgang und medikamentöse Versorgung für einen längeren Zeitraum im Zielstaat) ihrer Schutzpflicht, einer Suizidgefahr wirksam zu begegnen (2.).

1. Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers so lange auszusetzen, wie sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ein rechtliches Abschiebungshindernis liegt vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr zu befürchten ist, so dass die Abschiebungsmaßnahme wegen des nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten grundrechtlichen Schutzes auszusetzen ist. Erforderlich ist dabei, dass infolge der Abschiebung als solcher (unabhängig vom konkreten Zielstaat) eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes für den betroffenen Ausländer konkret droht (BayVGH, B.v. 11.4.2017 – 10 CE 17.349 – juris Rn. 17; B.v. 21.10.2016 – 19 CE 16.1953; B.v. 31.5.2016 – 10 CE 16.838 – juris Rn. 7; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2016, A1 § 60a Rn. 57 f.). In Betracht kommen damit nur inlandsbezogene Abschiebungsverbote. Eine bestehende psychische Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in zwei Fällen begründen: Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange der Ausländer wegen der Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie – außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs – eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne; vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2017 – 10 CE 17.750 – juris Rn. 3 m.w.N.).

Wegen der Bindungswirkung nach § 42 AsylG der vorliegenden asylrechtlichen Entscheidungen betreffend das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG können im vorliegenden ausländerrechtlichen Verfahren nur inlands- und nicht zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote in Betracht kommen (vgl. BayVGH, B.v. 21.10.2016 – 19 CE 16.1953). Nach den rechtskräftigen Urteilen des Verwaltungsgerichts vom 23. Januar 2017 und den somit bestandskräftigen Bescheiden des Bundesamtes vom 28. Juni 2016 und 1. Juli 2016 droht den Antragstellern, insbesondere dem Antragsteller zu 1 keine individuelle, erhebliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben i.S.v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Armenien. Danach sind depressive Störungen mit psychotischen Symptomen in Armenien bei kostenloser medizinischer Behandlung auf gutem Standard behandelbar. Damit geht der Beschwerdevortrag hinsichtlich einer fehlenden Krankenversicherung im Heimatland und der Verfügbarkeit von Medikamenten ins Leere, da er sich mit der Situation des Antragstellers nach erfolgter Abschiebung in seine Heimat und der ihn dort erwartenden medizinischen und sonstigen Situation befasst.

Nach dem mit Wirkung zum 17. März 2016 (Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.3.2016 – BGBl I S. 390 –) eingeführten § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, wenn nicht der Ausländer eine im Rahmen der Abschiebung beachtliche Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen enthalten, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben. Legt der Ausländer fachärztliche Berichte vor, sind diese zum Beweis für eine Reiseunfähigkeit nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die Befundtatsachen angeben, gegebenenfalls die Methode der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes sowie die Folgen darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegung jeweils nach den Umständen des Einzelfalls richten. Insbesondere ist es dem Arzt, der ein Attest ausstellt, untersagt, etwaige rechtliche Folgen seiner fachlich begründeten Feststellungen und Folgerungen darzulegen oder sich mit einer rechtlichen Frage auseinanderzusetzen (BayVGH, B.v. 18.10.2013 – 10 CE 13.1890 – juris Rn. 21; VGH BW, B.v. 10.7.2003 – S 2262/02 – juris Rn. 12). Ein Attest, dem nicht zu entnehmen ist, wie es zur prognostischen Diagnose kommt und welche Tatsachen dieser zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen Reiseunfähigkeit zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 11.4.2017 – 10 CE 17.349 – juris Rn. 19; B.v. 5.1.2017 – 10 CE 17.30 – juris Rn. 7).

Der Zweck der gesetzlichen Vermutung nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/7538, S. 18 ff.) folgendermaßen umschrieben: „Die Geltendmachung von Abschiebungshindernissen in gesundheitlicher Hinsicht stellt die zuständigen Behörden quantitativ und qualitativ vor große Herausforderungen. Oftmals werden Krankheitsbilder angesichts der drohenden Abschiebung vorgetragen, die im vorangegangenen Asylverfahren nicht berücksichtigt worden sind. (…) Nach den Erkenntnissen der Praktiker werden insbesondere schwer diagnostizier- und überprüfbare Erkrankungen psychischer Art (z. B. Posttraumatische Belastungsstörungen [PTBS]) sehr häufig als Abschiebungshindernis (Vollzugshindernis) geltend gemacht, was in der Praxis zwangsläufig zu deutlichen zeitlichen Verzögerungen bei der Abschiebung führt. Der Gesetzgeber geht nunmehr davon aus, dass lediglich lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, die Abschiebung des Ausländers hindern. Mit dieser Präzisierung wird klargestellt, dass nur äußerst gravierende Erkrankungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben nach Satz 1 (die Gesetzesbegründung bezieht sich hier auf § 60 Abs. 7 AufenthG) darstellen. (…) Mit der Regelung zur Glaubhaftmachung einer Erkrankung durch den Ausländer wird auf erhebliche praktische Probleme hinsichtlich der Bewertung der Validität von ärztlichen Bescheinigungen im Vorfeld einer Abschiebung reagiert (…). Es besteht ein praktisches Bedürfnis, eine vom Ausländer vorgelegte Bescheinigung hinsichtlich der Erfüllung formaler und inhaltlicher Vorgaben zu validieren.“

Die von der Antragstellerseite im Beschwerdeverfahren vorgelegte gutachterliche Stellungnahme vom 30. März 2017 genügt diesen Anforderungen nicht hinreichend. Zwar handelt es sich bei Dr. F., dem Ersteller des Gutachtens, um einen Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und forensische Psychiatrie, so dass von der erforderlichen ärztlichen Qualifikation auszugehen ist. Gleichwohl ist das Gutachten vom 30. März 2017 keine qualifizierte ärztliche Bescheinigung im Sinne von § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG und somit keine taugliche Grundlage für eine Beschwerdestattgabe. Es leidet an einer Vielzahl von fachlichen Mängeln. Dieser Umstand, das Tätigwerden des Gutachters im Rahmen einer „Sozialpsychiatrische Migrationsambulanz in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge“ sowie die Entstehungsgeschichte des Gutachtens erlauben es auch nicht, von einer Unvoreingenommenheit des Gutachters auszugehen. Wenngleich die fachärztliche Begutachtung vom 30. März 2017 anlässlich einer vom Sozialgericht beschlossenen sozialmedizinischen Beweiserhebung zum Grad der gesundheitlichen Einschränkungen im Sinne einer Behinderung erfolgte, bewegt sich die Begutachtung aber völlig außerhalb des vom Sozialgericht gestellten Beweisthemas und befasst sich ausschließlich mit den gesundheitlichen Konsequenzen einer drohenden Abschiebung. Das Gutachten ist insoweit als ein im Auftrag des Antragstellers zu 1 erstelltes Privatgutachten der Partei anzusehen. Die gutachterliche Stellungnahme vom 30. März 2017 sieht die bevorstehende Abschiebung als Ursache der Ausbildung eines depressiven Syndroms schweren Ausmaßes mit psychotischen Symptomen und Suizidandrohungen. Das psychische Störungsbild sei aufgrund der behördlich aufrechterhaltenen Belastungssituation therapieresistent. Eine Auseinandersetzung mit der Möglichkeit, dass das Krankheitsbild aus der Sicht des Antragstellers zu 1 mit sekundären Vorteilen verbunden und deshalb therapieresistent ist, erfolgt seitens des Gutachters nicht. Das Gutachten lässt nicht erkennen, welche ärztlichen Vorbefunde mit einbezogen wurden, vielmehr wird lediglich behauptet, es liege „unzweifelhaft“ eine schwere depressiv-suizidale Episode mit erheblichen psychotischen Anteilen vor. Die Exploration stützt sich maßgeblich auf die Angaben der Anwesenden, insbesondere des gesetzlichen Betreuers und Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zu 1. Somatische Beschwerden des Antragstellers zu 1 wie Hyperventilieren, Herzbeschwerden und Atemnot werden wiedergegeben und beschrieben, ohne dass hierzu medizinische Untersuchungen dokumentiert sind. Auch die angeführte psychotische Symptomatik in Form von paranoiden Phänomenen durch Verfolgungsideen und akustischen Halluzinationen stützt sich ausschließlich auf die vom Patienten angegebene Kommunikation mit einem „weißen Stein“.

Eine Auseinandersetzung mit der Möglichkeit, dass eine artifizielle Störung vorliegt, ist dem Gutachten vom 30. März 2017 nicht zu entnehmen. Zufolge Nr. F68.1 der ICD-10 werden bei der artifiziellen Störung körperliche oder psychische Symptome oder Behinderungen absichtlich erzeugt oder vorgetäuscht; alternative Bezeichnungen sind „Münchhausen-Syndrom“ und „Hospital-hopper-Syndrom“. Hierzu hätte aufgrund der Vorbefunde ein gewichtiger Anlass bestanden. Nach einem stationären Aufenthalt vom 1. März bis zum 14. März 2016 in der Tagesklinik und Kriseninterventionsstation des Bezirkskrankenhauses für Psychiatrie in A., in dem sich der Antragsteller zu 1 seit dem 22. Januar 2016 in kontinuierlicher Behandlung befunden hat, führte der behandelnde Arzt im Arztbrief vom 17. März 2016 aus, anhand der klinischen Verhaltensbeobachtung habe im Verlauf kein konsistentes, zu den angegebenen Symptomen entsprechendes Verhalten beobachtet werden können, was den Verdacht auf eine artifizielle Störung erhärte. Eine artifizielle Störung ist darüber hinaus auch schon vom Bezirkskrankenhaus L. nach dem stationären Aufenthalt vom 27. November 2015 bis 22. Dezember 2015 sowie im Bericht vom 29. Februar 2016 vermutet worden. Diese Vorbefunde beruhen überwiegend auf mehrwöchigen stationären Beobachtungen und somit auf einer breiten Befunderhebung, der die Befunderhebung des Gutachters vom 30. März 2017 nicht annähernd gleichwertig ist. Die Vorbefunde stehen darüber hinaus mit der Tatsache im Einklang, dass die Krankheitserscheinungen in der Bundesrepublik erst zu einem Zeitpunkt begonnen haben, zu dem eine Aufenthaltsbeendigung erstmals ernsthaft betrieben worden ist, und dass sie in der seither vergangenen Zeit, in der die Behörde ihre Bemühungen fortgesetzt hat, therapieresistent gewesen sind.

Die „unzweifelhafte“ Annahme der vom Gutachter gestellten Diagnose hat somit keine tragfähige Grundlage. Nach den Ausführungen des medizinischen Gutachters ist aufgrund der „zweifellos“ bestehenden Eigengefährdung, der instabilen Gesamtsituation, der anhaltenden psychiatrischen Therapieresistenz nicht von einer Transportfähigkeit auszugehen. Wegen des vorangegangenen Verweises auf defizitäre Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat (Belege für diese Annahme werden nicht genannt; der Gutachter beruft sich insoweit auf Angaben eines Helferkreises) erscheint darüber hinaus bereits unklar, ob der Begriff der „Transportfähigkeit“ tatsächlich im Sinne einer Reisefähigkeit im engeren Sinn gebraucht wurde. Die in der gutachterlichen Stellungnahme aufgestellte Behauptung, von einer Transportfähigkeit sei nicht einmal in Ansätzen auszugehen, lässt jedenfalls nicht erkennen, weshalb die depressive Störung mit den aufgeführten Symptomen eine Transportunfähigkeit (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne) – auch unter begleitenden Vorsorgemaßnahmen – bewirken soll (vgl. § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG). Die wesentliche oder lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Antragstellers (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne) wird unter Verweis auf Angaben des unterstützenden Helferkreises zur Möglichkeit einer Krankenversicherung im Heimatstaat und der Erhältlichkeit der Medikamente – und entgegen der bestandskräftigen Feststellungen des Bundesamtes – durch das fachärztliche Attest ebenfalls lediglich behauptet. Der Gutachter stellt keinerlei Erwägungen zu möglichen Sicherungs- und Begleitmaßnahmen an, mit Hilfe derer einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes während des Abschiebungsvorgangs und nach Ankunft im Zielstaat begegnet werden könnte. Ungeachtet der Einbettung des Antragstellers zu 1 in familiäre Strukturen wird behauptet, es bestünden keine stabilisierenden oder präventiven Parameter, die das schwere psychische Störungsbild aufgrund der anhaltenden existentiellen und bedrohlichen Gesamtsituation in irgendeiner Weise deeskalierend beeinflussen könnten. Insgesamt ist auch für die Behauptung, dass bei Aufrechterhaltung der Abschiebebestrebungen ein Suizid des Patienten sehr wahrscheinlich sei, eine hinreichende Grundlage nicht zu erkennen, zumal trotz angenommener Eigengefährdung und der vom Gutachter gestellten Indikation zur stationären psychiatrischen Behandlung weder seitens des Arztes noch seitens des für die Gesundheitsfürsorge bestellten gesetzlichen Betreuers ein solcher stationärer Aufenthalt in die Wege geleitet worden ist. Die pauschale Negierung einer Transportfähigkeit in der ärztlichen Bescheinigung vom 30. März 2017 unter Verweis auf das „unzweifelhaft“ bestehende Krankheitsbild einer schweren depressiv suizidalen Episode mit erheblichen psychotischen Anteilen ist unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Intention, besondere Anforderungen an die Validität ärztlicher Bescheinigungen gerade bei behaupteter Suizidgefahr zu stellen, ungeeignet, die Annahme einer fehlenden Reisefähigkeit im engeren Rechtssinn zu begründen.

Genügt ein vom Ausländer vorgelegtes Gutachten nicht den Anforderungen an den Nachweis einer Reiseunfähigkeit, bleibt die Ausländerbehörde gleichwohl verpflichtet, den Sachverhalt weiter aufzuklären, wenn sich aus den vorliegenden ärztlichen Äußerungen, dem Vortrag des Ausländers oder sonstigen Erkenntnisquellen ausreichende Indizien für eine Reiseunfähigkeit ergeben (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand 2/2016, A 1, § 60a AufenthG, Rn. 61 mit Verweis auf VGH BW, B.v. 6.2.2008 – 11 S 2439/07 – juris Rn. 9). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug einer Abschiebung betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende tatsächliche Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten; diese Stelle hat gegebenenfalls durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung (Duldung) oder durch entsprechende tatsächliche Gestaltung derselben die notwendigen Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 732/14 – juris Rn. 10).

Entsprechend der Vielzahl an ärztlichen Vorbefunden, die im Wesentlichen aus dem vielfachen Aufsuchen psychiatrischer Einrichtungen seit dem Stadium einer drohenden Aufenthaltsbeendigung resultieren und denen zufolge der Antragsteller zu 1 eine Erkrankung depressiver Art mit begrenzten Auswirkungen (in der amtsärztlichen Untersuchung durch das Gesundheitsamt am 25. Februar 2014 wurde eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung bei stabilem Zustand und bestehender Reisefähigkeit attestiert; Suizidversuche in der Vergangenheit sind nicht belegt) hat, bei der mit Wahrscheinlichkeit eine artifizielle Störung mitwirkt, und unter Berücksichtigung der seit 2015 bestehenden gesetzlichen Betreuung des Antragstellers zu 1 steht mit der Gewissheit fest, die in Fällen der vorliegenden Art zu gewinnen ist, dass der Antragsteller zu 1 eine psychische Erkrankung hat, die allerdings einer Aufenthaltsbeendigung nicht entgegen steht. Zusätzliche Erkenntnisse (über diejenige aufgrund mehrwöchiger stationärer Beobachtungen hinaus) sind von einer weiteren Begutachtung nicht zu erwarten. Bei dieser Art der Erkrankung ist die Antragsgegnerin gehalten, im Rahmen der von ihr erkannten rechtlichen Schutzpflicht des Staates bei der Abschiebung – als einer besonderen Belastungs- und Ausnahmesituation – einer möglichen (Eigen-) Gefährdung des Ausländers entgegen zu wirken.

2. Selbst bei Annahme einer nicht völlig auszuschließenden Suizidgefahr liegt nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor; vielmehr handelt es sich bei einer behaupteten Reiseunfähigkeit und einer möglicherweise aus den besonderen Belastungen einer Abschiebung resultierenden Suizidgefahr um eine Abschiebung regelmäßig nur vorübergehend hindernde Umstände (vgl. BVerfG, B.v. 26.2.1998 – 2 BvR 185/98 – juris Rn. 3). Die Abschiebung ist von der Ausländerbehörde dann so zu gestalten, dass einer Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann (vgl. BVerfG, B.v. 16.4.2002 – 2 BvR 553/02 – juris; BayVGH, B.v. 23.8.2016 – 10 CE 15.2784 – juris Rn. 16). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 939/14 – juris Rn. 14) kann es in Einzelfällen geboten sein, dass die deutschen Behörden mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen, um gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen zu treffen. Insbesondere besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende Gefährdungen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten und durch entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung die notwendigen präventiven Vorkehrungen zu treffen (BVerfG, a.a.O., Rn. 13; BayVGH, B.v. 9.5.2017 – 10 CE 17.750).

Die Antragsgegnerin trägt dem hinreichend Rechnung. Neben Vorkehrungen vor Selbstgefährdung im Rahmen des von medizinischem bzw. ärztlichem Personal begleiteten Abschiebungsvorgangs hat sie die Bereitstellung der erforderlichen Medikation im Zielstaat über die deutsche Botschaft auch für einen längeren Zeitraum zugesagt.

Damit genügt die Antragsgegnerin ihrer staatlichen Schutzpflicht im Rahmen des Abschiebungsvorgangs sowohl im engeren als auch im weiteren Sinne in hinreichender Weise. Eine von Antragstellerseite geltend gemachte Kindswohlgefährdung durch eine Suizidalität des Antragstellers zu 1) ist nicht ersichtlich.

Im Übrigen ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass wegen der Angabe einer falschen Identität und Nationalität und der fehlenden Mitwirkung bei der Passbeschaffung für die Kinder eine unverschuldete Hinderung an der Ausreise im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 3, 4 AufenthG nicht vorlag und damit auch aus anderen rechtlichen Gründen die Abschiebung nicht unmöglich ist. Ein Ausreisehindernis ist auch dann verschuldet, wenn es auf einem Fehlverhalten in der Vergangenheit beruht. Auch unter Berücksichtigung der psychischen Erkrankung des Antragstellers zu 1 und ihrer besonderen Art ist die Angabe einer zutreffenden Identität und Nationalität eine zumutbare Anforderung. Es widerspräche Sinn und Zweck einer humanitären Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG, einen Ausländer, der sich den Aufenthalt in Deutschland von vornherein durch Täuschung erschlichen hat, dadurch zu privilegieren, dass nach Aufdeckung der Täuschung der Aufenthalt legalisiert wird (vgl. BVerwG, U.v. 19.4.2011 – 1 C-3/10 – juris Rn. 19). Im Übrigen steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis die Titelerteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG entgegen. Darüber hinaus teilen auch gut in Deutschland integrierte Kinder grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern (vgl. OVG Saarl, B.v. 6.10.2015 – 2 B 166/15 – juris Rn. 8).

Die Beschwerden waren somit mit den getroffenen und im Wesentlichen von Antragsgegnerseite zugestandenen Maßgaben zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung entspricht § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 152 Abs. 1, § 158 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 66 Erinnerung gegen den Kostenansatz, Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. W

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25 Aufenthalt aus humanitären Gründen


(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlau

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 54 Ausweisungsinteresse


(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 158


(1) Die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten ist unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. (2) Ist eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen, so ist die Entscheidung über die

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 10 Aufenthaltstitel bei Asylantrag


(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann ertei

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25a Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und jungen Volljährigen


(1) Einem jugendlichen oder jungen volljährigen Ausländer, der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c oder seit mindestens zwölf Monaten im Besitz einer Duldung ist, soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn1.er sich seit drei Jahre

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 42 Bindungswirkung ausländerrechtlicher Entscheidungen


Die Ausländerbehörde ist an die Entscheidung des Bundesamtes oder des Verwaltungsgerichts über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes gebunden. Über den späteren Eintritt und Wegfall der Voraussetzungen des

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Apr. 2017 - 10 CE 17.349

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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250‚- Euro festgesetzt. Gründe

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Tenor Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. H. wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Feb. 2008 - 11 S 2439/07

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Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 23. Mai 2018 - W 8 S 18.50234

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Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 05. Dez. 2018 - 6 L 1708/18.A

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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 26. Juli 2018 - 11 B 85/18

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Tenor Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 18.06.2018 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 11.06.2018 (Gz. ) wird angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Der Ant

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 11. Juli 2018 - 11 B 86/18

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Tenor Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller bis zur endgültigen Klärung der Reisefähigkeit eine Duldung zu erteilen. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert

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(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.

(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.

(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250‚- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag‚ die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten‚ ihm eine Duldung zu erteilen‚ weiter.

Der Antragsteller ist kosovarischer Staatsangehöriger und hält sich seit 1. Oktober 1998 im Bundesgebiet auf. Mit Urteil des Landgerichts München I vom 7. November 2012 wurde er wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Antragsteller war Mitglied einer Gruppierung vorwiegend ethnischer Albaner im Raum M.‚ die Heroin in größerem Umfang ins Bundesgebiet einführten und veräußerten. Ihm kam dabei die Funktion als Verteiler des aus dem Kosovo auf Bestellung eingeführten Heroins zu.

Mit Bescheid vom 28. August 2013 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller aus dem Bundesgebiet aus‚ untersagte die Wiedereinreise für acht Jahre und ordnete die Abschiebung aus der Haft in den Kosovo an.

Mit Urteil vom 14. Mai 2014 hob das Bayerische Verwaltungsgericht München die Abschiebungsanordnung bezüglich des Zielstaats Kosovo auf. Dem Antragsteller drohe bei der Abschiebung in den Kosovo aufgrund seiner persönlichen Situation mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib‚ Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Er habe durch seine Aussagen im Strafverfahren gegen zwei Mitglieder des Drogenschmuggelrings deren rechtskräftige Verurteilung ermöglicht. Er sei aufgrund seines Aussageverhaltens bereits bedroht worden. Er könne vor dieser konkret drohenden Gefahr für Leib oder Leben auch nicht den Schutz der kosovarischen Sicherheitsbehörden erhalten. Die Sicherheitslage im Kosovo entspreche immer noch nicht europäischen Verhältnissen.

Nachdem der Antragsteller am 10. März 2016 aus der Strafhaft entlassen worden war‚ holte die Antragsgegnerin die Zustimmung der Republik Serbien zu seiner Rückführung nach Serbien ein. Ein Antrag nach § 123 VwGO auf Gewährung von Abschiebungsschutz blieb sowohl vor dem Verwaltungsgericht (M 25 E 16.1971) als auch vor dem Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 18.5.2016, Az: 10 CE 16.898) erfolglos. Auch in diesen Verfahren hatte der Antragsteller bereits vorgebracht, dass er als Angehöriger einer ethnischen Minderheit nicht in Serbien leben könne und auch dort von den Mitgliedern der Drogenmafia bedroht werde.

Mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2016 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht München erneut‚ die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichten‚ ihm eine Duldung zu erteilen. Er verwies insbesondere auf eine Stellungnahme des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Oktober 2016, wonach die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auch im Hinblick auf Serbien vorlägen. Des Weiteren wurde ein fachärztlicher Befundbericht vom 22. November 2016 vorgelegt‚ wonach beim Antragsteller eine schwere akute Belastungsreaktion mit depressiv ängstlicher Symptomatik sowie eine Traumafolgestörung aufgrund kindlicher Kriegserlebnisse im Kosovo bestünden. Eine entsprechende therapeutische ambulante Behandlung sei dringend indiziert. Für den Fall einer Abschiebung sei ein Suizid mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

Mit Beschluss vom 7. Februar 2017 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag ab. Ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Serbiens ergebe sich nicht aufgrund der Stellungnahme des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Oktober 2016. Zwar gehe das Bundesamt darin davon aus‚ dass aufgrund der Durchlässigkeit der Grenze Serbiens zum Kosovo die Möglichkeit bestehe‚ dass der Antragsteller auch in Serbien von Mitgliedern des Drogenrings bedroht werde. Diese nicht näher begründete Einschätzung des Bundesamts‚ welche die Antragsgegnerin gemäß § 72 Abs. 2 AufenthG eingeholt habe‚ sei für die Ausländerbehörde jedoch nicht bindend. Bezüglich der geltend gemachten Reiseunfähigkeit werde die gesetzliche Vermutung des § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG nicht glaubhaft widerlegt. Erstmals das Attest vom 27. Januar 2017 enthalte die Aussage‚ der Antragsteller sei nicht reisefähig. Die vorgelegten ärztlichen Atteste gingen von falschen Tatsachen aus. Der Antragsteller habe behauptet‚ dass er habe ansehen müssen‚ wie seine Verwandten von Serben getötet worden seien. Nach der vorgelegten Bestätigung der Republik Kosovo seien die Familienangehörigen im Dezember 1998 und im Jahr 1999 getötet worden‚ er sei aber bereits am 1. Oktober 1998 ins Bundesgebiet eingereist. Auch seien die Ausführungen zu einer bestehenden Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne nicht glaubhaft gemacht.

Im Beschwerdeverfahren bringt der Antragsteller vor‚ das Verwaltungsgericht habe verkannt‚ dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in diesem Fall die sachnähere Behörde sei und bekanntermaßen die Einschätzung aufgrund aktueller Lageberichte treffe. Auch werde verkannt‚ dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 18. Mai 2016 (Az. 10 CE 16.898) keine eigene Einschätzung hinsichtlich des Vorliegens eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG getroffen habe‚ sondern nur davon ausgegangen sei‚ dass ein solches nicht glaubhaft gemacht worden sei. Es sei unberücksichtigt geblieben‚ dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Stellungnahme vom 5. Oktober 2016 unter Berücksichtigung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Mai 2016 abgegeben habe. Durch diese Stellungnahme werde in ausreichender Weise glaubhaft gemacht‚ dass ein Duldungsanspruch bestehe. Des Weiteren bestehe auch ein Duldungsanspruch aufgrund der bereits geltend gemachten Reiseunfähigkeit. Auf die fachärztliche Stellungnahme vom 20. Februar 2017 werde vollinhaltlich Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin bringt im Beschwerdeverfahren vor‚ die Beschwerde sei bereits unzulässig‚ da der Antragsteller keine aktuelle ladungsfähige Anschrift angegeben habe. Nach Mitteilung der Polizeiinspektion habe er anlässlich eines Abschiebungsversuchs am 27. Februar 2017 nicht in der elterlichen Wohnung angetroffen werden können. In der Wohnung seien keinerlei Hinweise auf einen Aufenthalt des Antragstellers festgestellt worden. Inzwischen sei das Melderegister bereinigt. Seine Bevollmächtigten hätten trotz Aufforderung der Antragsgegnerin keine neue ladungsfähige Anschrift abgegeben können. Die Stellungnahme des Bundesamtes vom 5. Oktober 2016 sei nicht näher begründet. Sie verweise lediglich auf die Durchlässigkeit der Grenze des Kosovo zu Serbien und setze sich nicht mit der Schutzfunktion der serbischen Behörden auseinander. Im Übrigen bestünden erhebliche Zweifel‚ ob der Antragsteller überhaupt derart bedroht werde. Falls andere Drogenhändler ernsthaft die Absicht hätten‚ Rache zu nehmen‚ sei der Antragsteller grundsätzlich auch im Bundesgebiet gefährdet. Er habe weder in der Haft auf die Bedrohung hingewiesen noch habe er nach seiner Haftentlassung bei der Polizei um entsprechende Schutzmaßnahmen gebeten. Das Attest vom 20. Februar 2017 belege keine Reiseunfähigkeit. Es unterscheide sich nicht maßgeblich von den früher vorgelegten Attesten‚ die der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 7. Februar 2017 zugrunde gelegen hätten. Es werde erneut auf die angeblich vom Antragsteller miterlebte Ermordung von Familienangehörigen als traumatisierendes Erlebnis verwiesen‚ wobei dieses Erlebnis ausweislich des Akteninhalts nicht stattgefunden haben könne.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten‚ auch im Verfahren 10 CE 16.898, verwiesen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Es spricht vieles dafür, dass die Beschwerde bereits unzulässig ist (1.). Auch rechtfertigt das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren‚ auf dessen Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ keine Abänderung oder Aufhebung des Beschlusses vom 7. Februar 2017‚ mit dem das Verwaltungsgericht das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers‚ ihm im Wege der einstweiligen Anordnung eine Duldung zu erteilen‚ abgelehnt hat.

1. Nur derjenige‚ der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtlich schutzwürdiges Interesses verfolgt‚ hat einen Anspruch auf gerichtliche Sachentscheidung. Fehlt es daran‚ so ist das prozessuale Begehren als unzulässig abzuweisen. Dies ist insbesondere dann der Fall‚ wenn das Verhalten eines rechtsschutzsuchenden Verfahrensbeteiligten Anlass zu der Annahme bietet‚ dass ihm an der Sachentscheidung des Gerichts nicht mehr gelegen ist. Der Antragsteller ist nach dem Vortrag der Antragsgegnerin derzeit unbekannten Aufenthalts. Eine für den 27. Februar 2017 geplante Abschiebung scheiterte‚ weil er an der von ihm und seinen Bevollmächtigten genannten Wohnanschrift nicht auffindbar war. In der Wohnung konnten keine Hinweise auf seinen Aufenthalt festgestellt werden. Seine Eltern konnten keine Angaben zum Aufenthaltsort machen. Trotz entsprechender Aufforderung durch die Antragsgegnerin teilten die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers keine Adresse mit‚ an der er sich derzeit tatsächlich aufhält. Es ist nicht ersichtlich‚ dass er Kontakt zu seinen Prozessbevollmächtigten hält. Unter diesen Umständen fehlt für den Erlass einer einstweiligen Anordnung regelmäßig das Rechtschutzbedürfnis (vgl. BayVGH‚ B.v. 25.9.2009 - 19 CE 09.213 - juris Rn. 13 m.w.N.; B.v. 29.7.2014 - 10 CE 14.1523 - juris Rn. 17 m.w.N.).

2. Jedenfalls bleibt die Beschwerde ohne Erfolg‚ weil der Antragsteller ein Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (2.1) bzw. die Unmöglichkeit seiner Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (2.2) nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat.

2.1 Hinsichtlich der vom Antragsteller behaupteten erheblichen konkreten Gefahr für Gesundheit und Leben angesichts der Bedrohung durch die Mitglieder des Drogenrings in Serbien hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen‚ dass sich aus der Stellungnahme des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Oktober 2016 keine konkrete Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ergibt. Das Bundesamt ist zwar zu Gunsten des Antragstellers davon ausgegangen‚ dass er tatsächlich von den Mitgliedern des Drogenrings bedroht wird und diese Bedrohungslage nicht auf das Staatsgebiet des Kosovo beschränkt ist‚ sondern wegen der Durchlässigkeit der Grenzen auch in Serbien fortbesteht. Insoweit hat die Antragsgegnerin aber zutreffend angeführt‚ dass dann eine vergleichbare Bedrohungslage auch im Bundesgebiet bestehe‚ weil sich Mitglieder der Drogenmafia auch in Deutschland aufhalten bzw. nach Deutschland einreisen könnten. Ausschlaggebend für die Aufhebung der Abschiebungsanordnung in den Kosovo im Urteil vom 14. Mai 2014 war neben der Bedrohung durch Mitglieder des Drogenrings jedoch die (damalige) Sicherheitslage im Kosovo. Der Antragsteller könne nicht mit wirksamen Schutz gegen ihm drohende konkrete Beeinträchtigungen rechnen‚ weshalb seine Abschiebung in den Kosovo unzulässig sei (UA S. 18). Die Stellungnahme des Bundesamtes vom 5. Oktober 2016 enthält demgegenüber keine Aussagen dazu‚ ob der Antragsteller in Serbien den Schutz der serbischen Sicherheitsbehörden gegen die behauptete Bedrohung erlangen kann. Insofern hält der Senat an seiner bereits im Beschluss vom 18. Mai 2016 (10 CE 16.898) vertretenen Rechtsauffassung fest‚ dass der Antragsteller darlegen und glaubhaft machen muss, die serbische Polizei sei erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens‚ Schutz vor kriminellen Übergriffen von dritter Seite zu bieten (BA S.5).

Unabhängig davon bindet die Stellungnahme des Bundesamtes vom 5. Oktober 2016 zum Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG die Antragsgegnerin nicht. Nach § 72 Abs. 2 AufenthG hat die Ausländerbehörde bei der Entscheidung über das Vorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten eine Stellungnahme des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge einzuholen. Sie ist jedoch nicht verpflichtet, der vom Bundesamt erteilten Auskunft zu folgen (vgl. BayVGH, B.v. 27.4.2016 - 10 CS 16.485 - juris Rn. 18; Gutmann in Gemeinschaftskommentar AufenthG, Stand Oktober 2015, § 72 Rn. 12; Hofmann in Hofmann, AuslR, 2. Aufl. 2016, § 72 Rn. 17). Der Zweck der Beteiligungsregelung in § 72 Abs. 2 AufenthG liegt darin, vor einer Entscheidung über ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot durch die Ausländerbehörde die Sachkunde des Bundesamtes hinsichtlich der Verhältnisse in dem betreffenden Zielstaat einfließen zu lassen (Samel in Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 72 Rn. 10; Gutmann, a.a.O., Rn. 10). Da das Bundesamt vorliegend aber nur sehr oberflächlich auf eine angebliche Bedrohung des Antragstellers in Serbien und nicht auf die Verhältnisse im Zielstaat Serbien bezüglich des im Beschluss des Senats vom 18. Mai 2016 angeführten möglichen Schutzes des Antragstellers durch die dortigen Behörden eingegangen ist, erweist sich die Stellungnahme vom 5. Oktober 2016 auch in der Sache als nicht überzeugend.

2.2 Das Verwaltungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen‚ dass der Antragsteller auch keinen auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung durch Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG gerichteten Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1, 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit (§ 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG) des Antragstellers ist durch die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht widerlegt.

Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers so lange auszusetzen, wie sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ein rechtliches Abschiebungshindernis liegt vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr zu befürchten ist, so dass die Abschiebungsmaßnahme wegen des nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten grundrechtlichen Schutzes auszusetzen ist. Erforderlich ist dabei, dass infolge der Abschiebung als solcher (unabhängig vom konkreten Zielstaat) eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes für den betroffenen Ausländer konkret droht (BayVGH, B.v. 31.5.2016 - 10 CE 16.838 - juris Rn. 7; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2016, A1 § 60a Rn. 57 f.). In Betracht kommen damit nur inlandsbezogene Abschiebungsverbote. Eine bestehende psychische Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in zwei Fällen begründen: Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange der Ausländer wegen der Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie - außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne).

Nach dem durch das Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren (Gesetz vom 11.3.2016‚ BGBl I, S. 390) zum 17. März 2016 eingeführten § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird vermutet‚ dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. In Konkretisierung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten (§ 82 AufenthG) muss der Ausländer eine Erkrankung‚ die die Abschiebung beeinträchtigen kann‚ durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen (§ 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG). Der Ausländer ist verpflichtet‚ der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach § 60a Abs. 2c AufenthG unverzüglich vorzulegen (§ 60a Abs. 2d Satz 1 AufenthG).

Die vom Antragsteller vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen vom 24. Juni 2016‚ 22. November 2016‚ 21. Januar 2017 sowie 20. Februar 2017 genügen - unabhängig davon, ob sie rechtzeitig vorgelegt wurden - den Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung im Sinn des § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG sowohl in Bezug auf die behauptete Reiseunfähigkeit (im engeren Sinne) als auch in Bezug auf die Suizidgefahr im Falle einer Abschiebung nicht. Erstmals im Attest vom 20. Februar 2017 erfolgt eine fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose) als posttraumatische Belastungsstörung und depressive Störung als schwere Episode. Die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung basiert offensichtlich ausschließlich auf den Angaben des Antragstellers zu den dramatischen Kindheitserlebnissen im Krieg‚ wonach er den gewaltsamen Tod eines Großteils seiner Familie habe miterleben müssen. Diese Angaben des Antragstellers sind jedoch nach den überzeugenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtes im angefochtenen Beschluss nicht zutreffend, so dass sie nicht als Grundlage für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung taugen. Für die diagnostizierte depressive Störung nennt die fachliche Stellungnahme als tatsächliche Umstände‚ auf deren Grundlage die fachliche Beurteilung erfolgt ist‚ Antriebsverlust‚ Anhedonie sowie depressionstypische Schlaf- und Vitalstörungen. Die vom Antragsteller vorgelegte ärztliche Bescheinigung lässt jedoch, soweit sie ihm am Ende lapidar eine Reiseunfähigkeit attestiert, nicht erkennen, weshalb die depressive Störung mit den aufgeführten Symptomen eine Transportunfähigkeit (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne) bewirken soll (vgl. § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG). Die wesentliche oder lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Antragstellers (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne) wird durch das fachärztliche Attest ebenfalls lediglich behauptet. Ein Attest, dem nicht zu entnehmen ist, wie es zur prognostischen Diagnose kommt und welche Tatsachen dieser zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen Reiseunfähigkeit zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2017 - 10 CE 17.30 - juris Rn. 7). Aber selbst bei einer unterstellten, nicht völlig auszuschließenden Suizidgefahr liegt nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor. Vielmehr ist die Abschiebung von der Ausländerbehörde dann ggf. so zu gestalten‚ dass einer Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann (BayVGH‚ B.v. 23.8.2016 - 10 CE 15.2784 - juris Rn. 16 m.w.N.).

Die Kostenfolge ergibt sich § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1‚ § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 53 Abs. 2 Nr. 1‚ § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Unter Abänderung der Nr. I. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. April 2016 wird der Antrag insgesamt abgelehnt.

II.

Unter Abänderung der Nr. II. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. April 2016 trägt die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Mit ihrer Beschwerde begehrt die Antragsgegnerin die Antragsablehnung unter Aufhebung der ihr im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO durch teilweise stattgebenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. April 2016 auferlegten Verpflichtung, der Antragstellerin - einer kosovarischen Staatsangehörigen, deren Asylbegehren abgelehnt worden war - bis zur Einholung einer ärztlichen Stellungnahme über ihre Reisefähigkeit eine Duldung zu erteilen.

Das Verwaltungsgericht hielt es angesichts der glaubhaft gemachten schweren psychischen Erkrankung (paranoide Schizophrenie) der Antragstellerin für erforderlich, ihre Reisefähigkeit durch amts- oder fachärztliche Stellungnahme daraufhin untersuchen zu lassen, ob und inwieweit sich durch eine Abschiebung die psychische Erkrankung akut verstärken würde und ob diesem Umstand gegebenenfalls durch ärztliche Begleitung während der Abschiebung begegnet werden könne. Den Antrag auf noch weitergehende Duldung für den Zeitraum bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage der Antragstellerin auf Erteilung einer Duldung für drei Monate (Au 1 K 16.326) lehnte das Verwaltungsgericht ab.

Zur Begründung ihrer Beschwerde macht die Antragsgegnerin insbesondere geltend, dass die gesetzliche Vermutung, nach der der Abschiebung keine gesundheitlichen Gründe entgegenstünden, im vorliegenden Fall nicht widerlegt sei. Die Antragstellerin habe insoweit den ihr obliegenden Beweis für das Bestehen eines Abschiebungshindernisses nach § 60a AufenthG nicht erbracht; Rückschlüsse von der bestehenden psychischen Erkrankung auf eine Reiseunfähigkeit seien im Übrigen auch dem hierfür fachlich nicht kompetenten Verwaltungsgericht untersagt. Die Antragsgegnerin beruft sich auf die Begründung zu dem mit Wirkung vom 12. März 2016 (BGBl I S. 394) neu eingeführten § 60a Abs. 2c, 2d AufenthG, dessen Erfordernissen die zwei vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen vom 22. Dezember 2015 und 12. Februar 2016 nicht entsprechen würden.

Die Antragstellerin legte im Beschwerdeverfahren einen „vorläufigen Arztbrief“ vom 18. Mai 2016 vor, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin teilte weiter mit, sie sei aktuell nicht von Suizidalität bedroht, was jedoch nur der ausgezeichneten Behandlung im und Betreuung durch das Bezirkskrankenhaus Augsburg geschuldet sei, wo sie sich vom 29. März bis 18. Mai 2016 und damit bereits zum dritten Mal stationär befunden habe. Im Kosovo sei eine solche Behandlung nicht möglich, vielmehr würde bei einer Abschiebung mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erneute Selbstmordgefährdung aufbrechen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakten verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg. Die teilweise stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 6. April 2016 kann keinen Bestand haben, weil die gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit der Antragstellerin durch die jüngste fachärztliche Bescheinigung vom 18. Mai 2016 nicht widerlegt wird (§ 60a Abs. 2c Satz 1, 3 AufenthG). Ein auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung durch Erteilung einer Duldung (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG) gerichteter Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 1, 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) ist daher nicht glaubhaft gemacht.

Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers so lange auszusetzen, wie sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ein rechtliches Abschiebungshindernis liegt vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr zu befürchten ist, so dass die Abschiebungsmaßnahme wegen des nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten grundrechtlichen Schutzes auszusetzen ist. Erforderlich ist dabei, dass infolge der Abschiebung als solcher (unabhängig vom konkreten Zielstaat) eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes für den betroffenen Ausländer konkret droht (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2016, A1 § 60a Rn. 57 f.). In Betracht kommen damit nur inlands- und nicht zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote (vgl. a. Beschluss des VG Augsburg v. 6.4.2016, II. S. 7). Zu Recht wird im erstinstanzlichen Beschluss darauf hingewiesen, dass der Antragstellerin nach dem bestandskräftigen Bescheid des Bundesamts vom 12. Mai 2015 wegen ihrer psychischen Erkrankung keine individuelle, erhebliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben i. S. v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG droht.

Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass die gemäß der Neuregelung in § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG bestehende gesetzliche Vermutung, wonach einer Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, nicht widerlegt ist, so dass ein ernsthaftes Risiko, der Gesundheitszustand der Antragstellerin werde sich unmittelbar durch die Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern, nicht vorliegt. Der Zweck der gesetzlichen Vermutung wird in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/7538, zu Art. 2 S. 18) folgendermaßen umschrieben:

Die Geltendmachung von Abschiebungshindernissen in gesundheitlicher Hinsicht stellt die zuständigen Behörden quantitativ und qualitativ vor große Herausforderungen. Oftmals werden Krankheitsbilder angesichts der drohenden Abschiebung vorgetragen, die im vorangegangenen Asylverfahren nicht berücksichtigt worden sind ... Nach den Erkenntnissen der Praktiker werden insbesondere schwer diagnostizier- und überprüfbare Erkrankungen psychischer Art (z. B. Posttraumatische Belastungsstörungen [PTBS]) sehr häufig als Abschiebungshindernis (Vollzugshindernis) geltend gemacht, was in der Praxis zwangsläufig zu deutlichen zeitlichen Verzögerungen bei der Abschiebung führt.

Der Gesetzgeber geht nunmehr davon aus, dass lediglich lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, die Abschiebung des Ausländers hindern. Mit dieser Präzisierung wird klargestellt, dass nur äußerst gravierende Erkrankungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben nach Satz 1 darstellen. Eine solche schwerwiegende Erkrankung kann hingegen zum Beispiel in Fällen von PTBS regelmäßig nicht angenommen werden: In Fällen einer PTBS ist die Abschiebung regelmäßig möglich, es sei denn, die Abschiebung führt zu einer wesentlichen Gesundheitsgefährdung bis hin zu einer Selbstgefährdung.

Die Abschiebung darf nicht dazu führen, dass sich die schwerwiegende Erkrankung des Ausländers mangels Behandlungsmöglichkeit in einem Ausmaß verschlechtern wird, dass ihm eine individuell konkrete, erhebliche Gefahr an Leib oder Leben droht. Es wird jedoch im Falle einer Erkrankung nicht vorausgesetzt, dass die medizinische

Versorgung im Herkunftsland bzw. im Zielstaat der Abschiebung der Versorgung in Deutschland oder in der Europäischen Union gleichwertig ist...

Auch vor diesem Hintergrund lässt der Umstand, dass die Antragstellerin unter einer paranoiden Schizophrenie leidet und unmittelbar nach ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 6. März 2015 mit einem suizidalen Syndrom stationär-psychiatrisch aufgenommen und behandelt werden musste, keine ausreichenden Rückschlüsse auf ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis zu. Aus den vorliegenden Stellungnahmen geht im Gegenteil hervor, dass es jeweils nach medikamentöser Behandlung rasch zu Verbesserungen gekommen sei, so dass eine langfristige medikamentöse Behandlung und eine engmaschige nervenärztliche Behandlung dringend empfohlen würden; erst ein Abbruch der Behandlung werde mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut zu psychotischen Schüben führen. Allerdings ergibt sich aus diesem Befund kein Hinweis darauf, dass es schon während der Abschiebung und der sich unmittelbar daran anschließenden Zeitspanne der Ankunft im Heimatland zu einer derartigen Verschlechterung kommen werde, erst recht nicht, wenn ein entsprechender Medikamentenvorrat für einen Übergangszeitraum im Heimatland bis zur dortigen Aufnahme einer ärztlichen Betreuung zur Verfügung steht.

Auch mit der ärztlichen Stellungnahme vom 18. Mai 2016 wird kein Abschiebungshindernis glaubhaft gemacht. Die Stellungnahme erfüllt zwar im Grundsatz die Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung im Sinn von § 60 a Abs. 2c Satz 2, 3 AufenthG, thematisiert aber mit keinem Wort die im vorliegenden Fall relevante Frage der Reisefähigkeit. Vielmehr befasst sie sich mit den hier nicht maßgeblichen, da zielstaatsbezogenen Voraussetzungen eines langfristigen Behandlungserfolgs im Kosovo. Im Übrigen schließt die aktuelle Stellungnahme eine akute Suizidalität der Antragstellerin aus.

Der Kostenausspruch für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes folgt in beiden Rechtszügen aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Zi. 8.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Tenor

I. Die Beschwerde wird mit der weiteren Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin dafür Sorge zu tragen hat, dass die Antragstellerin im Zielstaat der Abschiebung an hinreichend qualifiziertes medizinisches Personal übergeben wird.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag weiter, die Antragsgegnerin zu verpflichten, vorerst für drei Monate aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen sie zu unterlassen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung mit der Maßgabe abgelehnt, dass die Abschiebung unter fachpsychiatrischer Begleitung durchgeführt wird.

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Vorbringen im Beschwerdeverfahren, auf dessen Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt keine Abänderung der angegriffenen Entscheidung. Die Antragstellerin hat auch im Beschwerdeverfahren nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass aufgrund ihrer Erkrankungen ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG besteht (1.). Die Antragsgegnerin war auch nicht zu weiterer Sachaufklärung verpflichtet (2.). Zur Abwehr möglicher erheblicher Gefahren für Leben und Gesundheit der Antragstellerin durch suizidale Handlungen hat die Antragsgegnerin aber ergänzend sicherzustellen, dass die Antragstellerin in ihrem Heimatland in qualifizierte ärztliche Betreuung überstellt wird (3.).

1. Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers so lange auszusetzen, wie sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ein rechtliches Abschiebungshindernis liegt vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr zu befürchten ist, so dass die Abschiebungsmaßnahme wegen des nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten grundrechtlichen Schutzes auszusetzen ist. Erforderlich ist dabei, dass infolge der Abschiebung als solcher (unabhängig vom konkreten Zielstaat) eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes für den betroffenen Ausländer konkret droht (BayVGH, B.v. 31.5.2016 - 10 CE 16.838 - juris Rn. 7; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2016, A1 § 60a Rn. 57 f.). In Betracht kommen damit nur inlandsbezogene Abschiebungsverbote. Eine bestehende psychische Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in zwei Fällen begründen: Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange der Ausländer wegen Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie - außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne; zum Ganzen vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2017 - 10 CE 17.30 - juris Rn. 4).

Nach dem mit Wirkung zum 17. März 2016 (Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.3.2016 - BGBl I S. 390 -) eingeführten § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, wenn nicht der Ausländer eine im Rahmen der Abschiebung beachtliche Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten.

Die im Beschwerdeverfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen vom 6. Mai 2011, 13. Januar 2016 und 8. November 2016, die der Antragstellerin eine Hepatitis-Erkrankung, eine deutliche depressive Symptomatik sowie einen Bandscheibenvorfall attestieren, treffen keinerlei Aussagen zur Reisefähigkeit der Antragstellerin und erfüllen daher nicht die Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung im Sinne des § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG.

Das gilt auch für die Stellungnahme von Dr. E. vom 13. Oktober 2016, in der er als Diagnose angibt, dass die Antragstellerin an einer depressiven Störung, einer schweren sozialen Phobie, einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsstörung leide. Die Angaben in dem Schreiben lassen nicht erkennen, auf welcher Grundlage die fachliche Beurteilung des diagnostizierten Krankheitsbildes erfolgt. Dr. E. bezieht sich teilweise auf Vorgänge aus den Jahren 2010 bis 2015. Jedenfalls enthält die Stellungnahme als Folge des gegenwärtigen Gesundheitszustands der Antragstellerin die Empfehlung, dass sie sich in eine psychosomatische Klinik zur stationären Behandlung begeben soll.Feststellungen zur Reisefähigkeit oder zu einer Suizidalität im Falle der Abschiebung trifft Dr. E. nicht.

2. Eine von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren geltend gemachte weitere Sachaufklärungspflicht der Ausländerbehörde, ob bei ihr ein Abschiebungshindernis nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorliegt, besteht nicht. Nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, so lange der Ausländer eine fehlende Reisefähigkeit nicht durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Da sich die Antragstellerin der Antragsgegnerin gegenüber darauf berufen hat, dass sie an einer schwer wiegenden psychischen Erkrankung leide und daher nicht reisefähig sei (Bescheinigung von Dr. E. vom 20. November 2015), hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 14. September 2016 eine ärztliche Untersuchung der Antragstellerin im I.-A.-Klinikum anordnet (§ 60a Abs. 2d Satz 3 AufenthG). Die Möglichkeit, eine ärztliche Untersuchung anzuordnen, ist Ausfluss der Mitwirkungspflicht des Ausländers nach § 82 AufenthG (vgl. § 82 Abs. 4 AufenthG, BT-Drs 18/7538 S. 20). Auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtung wurde sie hingewiesen (§ 60a Abs. 2d Satz 4 AufenthG).

Die Antragstellerin hat trotz des Hinweises, dass die vorgetragene Erkrankung nicht als Abschiebungshindernis berücksichtigt wird, falls sie der Verpflichtung zur Teilnahme an der angeordneten Untersuchung nicht Folge leistet, die Untersuchung abgebrochen. Sie ist daher ihrer gesetzlich bestehenden Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, so dass sie sich nicht darauf berufen kann, die Ausländerbehörde sei zu weiteren Ermittlungen verpflichtet (Art. 24 BayVwVfG), um für sie günstige Umstände festzustellen. Vielmehr ist die Ausländerbehörde nach dem Gesetzeswortlaut sogar berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen (§ 60a Abs. 2d Satz 3 AufenthG)

Bestehen allerdings wie hier aufgrund der beiden amtsärztlichen Untersuchungen aus den Jahren 2011 und 2012 Anhaltspunkte dafür, dass eine ernsthafte psychische Erkrankung vorliegt, die zur Reiseunfähigkeit führen könnte, muss die Ausländerbehörde, auch unabhängig von den gesetzlich normierten Mitwirkungspflichten des Betroffenen, den Sachverhalt - soweit dies ohne Mitwirkung des Betroffenen möglich ist - von Amts wegen weiter aufklären. Dieser Pflicht ist die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall dadurch nachgekommen, dass sie den mit der Untersuchung beauftragten Sachverständigen ersucht hat, aufgrund der vorhandenen ärztlichen Unterlagen und der abgebrochenen psychiatrischen Untersuchung ein psychiatrisches Gutachten zur Reisefähigkeit der Antragstellerin zu erstatten. Offen bleiben kann daher, wie weit die Amtsermittlungspflicht der Ausländerbehörde in einem Fall, in dem der Ausländer eine erforderliche Untersuchung verweigert, reicht.

Im Gutachten vom 27. Januar 2017 kommt der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend zum Ergebnis, dass bei der Antragstellerin im Zusammenhang mit einer drohenden Abschiebung wahrscheinlich eine „Anpassungsstörung vom Typ Angst und depressive Reaktionen gemischt“ vorliegt, die ihre Reisefähigkeit nicht in Frage stellt. Zu dieser Diagnose kommt der Gutachter, nachdem er sich mit den bisherigen, von der Antragstellerin vorgelegten fachärztlichen Attesten auseinandergesetzt hat und auf dieser Basis dezidiert erläutert, aus welchen Gründen die Beschreibung der Krankheitssymptome und der Lebenssituation die damals getroffenen Diagnosen nicht tragen.

Den Feststellungen des Gutachtens vom 27. Januar 2017, auf die das Verwaltungsgericht die Ablehnung des Antrags auf vorläufige Aussetzung der Abschiebung stützt, tritt die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert entgegen. Unerheblich ist insoweit, dass die erst im Beschwerdeverfahren vorgelegte Stellungnahme von Dr. E. vom 13. Oktober 2016 dem Gutachter nicht vorlag. Diese Stellungnahme entspricht inhaltlich bezüglich des psychischen Befundes nahezu wortgleich dem Bericht vom 20. November 2015 und verhält sich im Übrigen zur Frage der Reisefähigkeit nicht (s.o.).

3. Da es laut Gutachten vom 27. Januar 2017 trotz bestehender Reisefähigkeit nicht sicher auszuschließen ist, dass es bei der Antragstellerin im Falle einer erzwungenen Ausreise zu suizidalen Handlungen kommt, hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Aussetzung der Abschiebung mit der Maßgabe abgelehnt, dass die Abschiebung unter fachpsychiatrischer Begleitung durchgeführt wird. Dabei geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass „die Antragstellerin auch nach der Ankunft in ihrem Heimatland nicht völlig auf sich allein gestellt ist, sondern ohne zeitliche Unterbrechung der Betreuung und in die Obhut einer verantwortungsbewussten Stelle bzw. ärztlichen Maßnahme gegeben wird, die gewährleistet, dass sie die für sie erforderliche Hilfe erhält“.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, B.v. 17.9.2014 - 2 BvR 939/14 - juris Rn. 14) kann es in Einzelfällen geboten sein, dass die deutschen Behörden mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen, um gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen zu treffen. Insbesondere besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende Gefährdungen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten und durch entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung die notwendigen präventiven Vorkehrungen zu treffen (BVerfG, a.a.O., Rn. 13). Zur Abwehr möglicher erheblicher Gefahren für Leben und Gesundheit der Antragstellerin durch suizidale Handlungen muss die Antragsgegnerin bereits vor der Abschiebung entsprechende Vorkehrungen treffen (vgl. auch VGH BW, B.v. 22.2.2017 - 11 S 447/17 - juris Rn. 5). Die bereits vom Verwaltungsgericht vorausgesetzte Überstellung der Antragstellerin in entsprechend qualifizierte medizinische Betreuung im Zielstaat war daher mit der im Tenor bestimmten weiteren Maßgabe entsprechend zu konkretisieren.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Die Ausländerbehörde ist an die Entscheidung des Bundesamtes oder des Verwaltungsgerichts über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes gebunden. Über den späteren Eintritt und Wegfall der Voraussetzungen des § 60 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes entscheidet die Ausländerbehörde, ohne dass es einer Aufhebung der Entscheidung des Bundesamtes bedarf.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250‚- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag‚ die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten‚ ihm eine Duldung zu erteilen‚ weiter.

Der Antragsteller ist kosovarischer Staatsangehöriger und hält sich seit 1. Oktober 1998 im Bundesgebiet auf. Mit Urteil des Landgerichts München I vom 7. November 2012 wurde er wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Antragsteller war Mitglied einer Gruppierung vorwiegend ethnischer Albaner im Raum M.‚ die Heroin in größerem Umfang ins Bundesgebiet einführten und veräußerten. Ihm kam dabei die Funktion als Verteiler des aus dem Kosovo auf Bestellung eingeführten Heroins zu.

Mit Bescheid vom 28. August 2013 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller aus dem Bundesgebiet aus‚ untersagte die Wiedereinreise für acht Jahre und ordnete die Abschiebung aus der Haft in den Kosovo an.

Mit Urteil vom 14. Mai 2014 hob das Bayerische Verwaltungsgericht München die Abschiebungsanordnung bezüglich des Zielstaats Kosovo auf. Dem Antragsteller drohe bei der Abschiebung in den Kosovo aufgrund seiner persönlichen Situation mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib‚ Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Er habe durch seine Aussagen im Strafverfahren gegen zwei Mitglieder des Drogenschmuggelrings deren rechtskräftige Verurteilung ermöglicht. Er sei aufgrund seines Aussageverhaltens bereits bedroht worden. Er könne vor dieser konkret drohenden Gefahr für Leib oder Leben auch nicht den Schutz der kosovarischen Sicherheitsbehörden erhalten. Die Sicherheitslage im Kosovo entspreche immer noch nicht europäischen Verhältnissen.

Nachdem der Antragsteller am 10. März 2016 aus der Strafhaft entlassen worden war‚ holte die Antragsgegnerin die Zustimmung der Republik Serbien zu seiner Rückführung nach Serbien ein. Ein Antrag nach § 123 VwGO auf Gewährung von Abschiebungsschutz blieb sowohl vor dem Verwaltungsgericht (M 25 E 16.1971) als auch vor dem Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 18.5.2016, Az: 10 CE 16.898) erfolglos. Auch in diesen Verfahren hatte der Antragsteller bereits vorgebracht, dass er als Angehöriger einer ethnischen Minderheit nicht in Serbien leben könne und auch dort von den Mitgliedern der Drogenmafia bedroht werde.

Mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2016 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht München erneut‚ die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichten‚ ihm eine Duldung zu erteilen. Er verwies insbesondere auf eine Stellungnahme des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Oktober 2016, wonach die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auch im Hinblick auf Serbien vorlägen. Des Weiteren wurde ein fachärztlicher Befundbericht vom 22. November 2016 vorgelegt‚ wonach beim Antragsteller eine schwere akute Belastungsreaktion mit depressiv ängstlicher Symptomatik sowie eine Traumafolgestörung aufgrund kindlicher Kriegserlebnisse im Kosovo bestünden. Eine entsprechende therapeutische ambulante Behandlung sei dringend indiziert. Für den Fall einer Abschiebung sei ein Suizid mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

Mit Beschluss vom 7. Februar 2017 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag ab. Ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Serbiens ergebe sich nicht aufgrund der Stellungnahme des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Oktober 2016. Zwar gehe das Bundesamt darin davon aus‚ dass aufgrund der Durchlässigkeit der Grenze Serbiens zum Kosovo die Möglichkeit bestehe‚ dass der Antragsteller auch in Serbien von Mitgliedern des Drogenrings bedroht werde. Diese nicht näher begründete Einschätzung des Bundesamts‚ welche die Antragsgegnerin gemäß § 72 Abs. 2 AufenthG eingeholt habe‚ sei für die Ausländerbehörde jedoch nicht bindend. Bezüglich der geltend gemachten Reiseunfähigkeit werde die gesetzliche Vermutung des § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG nicht glaubhaft widerlegt. Erstmals das Attest vom 27. Januar 2017 enthalte die Aussage‚ der Antragsteller sei nicht reisefähig. Die vorgelegten ärztlichen Atteste gingen von falschen Tatsachen aus. Der Antragsteller habe behauptet‚ dass er habe ansehen müssen‚ wie seine Verwandten von Serben getötet worden seien. Nach der vorgelegten Bestätigung der Republik Kosovo seien die Familienangehörigen im Dezember 1998 und im Jahr 1999 getötet worden‚ er sei aber bereits am 1. Oktober 1998 ins Bundesgebiet eingereist. Auch seien die Ausführungen zu einer bestehenden Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne nicht glaubhaft gemacht.

Im Beschwerdeverfahren bringt der Antragsteller vor‚ das Verwaltungsgericht habe verkannt‚ dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in diesem Fall die sachnähere Behörde sei und bekanntermaßen die Einschätzung aufgrund aktueller Lageberichte treffe. Auch werde verkannt‚ dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 18. Mai 2016 (Az. 10 CE 16.898) keine eigene Einschätzung hinsichtlich des Vorliegens eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG getroffen habe‚ sondern nur davon ausgegangen sei‚ dass ein solches nicht glaubhaft gemacht worden sei. Es sei unberücksichtigt geblieben‚ dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Stellungnahme vom 5. Oktober 2016 unter Berücksichtigung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Mai 2016 abgegeben habe. Durch diese Stellungnahme werde in ausreichender Weise glaubhaft gemacht‚ dass ein Duldungsanspruch bestehe. Des Weiteren bestehe auch ein Duldungsanspruch aufgrund der bereits geltend gemachten Reiseunfähigkeit. Auf die fachärztliche Stellungnahme vom 20. Februar 2017 werde vollinhaltlich Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin bringt im Beschwerdeverfahren vor‚ die Beschwerde sei bereits unzulässig‚ da der Antragsteller keine aktuelle ladungsfähige Anschrift angegeben habe. Nach Mitteilung der Polizeiinspektion habe er anlässlich eines Abschiebungsversuchs am 27. Februar 2017 nicht in der elterlichen Wohnung angetroffen werden können. In der Wohnung seien keinerlei Hinweise auf einen Aufenthalt des Antragstellers festgestellt worden. Inzwischen sei das Melderegister bereinigt. Seine Bevollmächtigten hätten trotz Aufforderung der Antragsgegnerin keine neue ladungsfähige Anschrift abgegeben können. Die Stellungnahme des Bundesamtes vom 5. Oktober 2016 sei nicht näher begründet. Sie verweise lediglich auf die Durchlässigkeit der Grenze des Kosovo zu Serbien und setze sich nicht mit der Schutzfunktion der serbischen Behörden auseinander. Im Übrigen bestünden erhebliche Zweifel‚ ob der Antragsteller überhaupt derart bedroht werde. Falls andere Drogenhändler ernsthaft die Absicht hätten‚ Rache zu nehmen‚ sei der Antragsteller grundsätzlich auch im Bundesgebiet gefährdet. Er habe weder in der Haft auf die Bedrohung hingewiesen noch habe er nach seiner Haftentlassung bei der Polizei um entsprechende Schutzmaßnahmen gebeten. Das Attest vom 20. Februar 2017 belege keine Reiseunfähigkeit. Es unterscheide sich nicht maßgeblich von den früher vorgelegten Attesten‚ die der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 7. Februar 2017 zugrunde gelegen hätten. Es werde erneut auf die angeblich vom Antragsteller miterlebte Ermordung von Familienangehörigen als traumatisierendes Erlebnis verwiesen‚ wobei dieses Erlebnis ausweislich des Akteninhalts nicht stattgefunden haben könne.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten‚ auch im Verfahren 10 CE 16.898, verwiesen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Es spricht vieles dafür, dass die Beschwerde bereits unzulässig ist (1.). Auch rechtfertigt das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren‚ auf dessen Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ keine Abänderung oder Aufhebung des Beschlusses vom 7. Februar 2017‚ mit dem das Verwaltungsgericht das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers‚ ihm im Wege der einstweiligen Anordnung eine Duldung zu erteilen‚ abgelehnt hat.

1. Nur derjenige‚ der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtlich schutzwürdiges Interesses verfolgt‚ hat einen Anspruch auf gerichtliche Sachentscheidung. Fehlt es daran‚ so ist das prozessuale Begehren als unzulässig abzuweisen. Dies ist insbesondere dann der Fall‚ wenn das Verhalten eines rechtsschutzsuchenden Verfahrensbeteiligten Anlass zu der Annahme bietet‚ dass ihm an der Sachentscheidung des Gerichts nicht mehr gelegen ist. Der Antragsteller ist nach dem Vortrag der Antragsgegnerin derzeit unbekannten Aufenthalts. Eine für den 27. Februar 2017 geplante Abschiebung scheiterte‚ weil er an der von ihm und seinen Bevollmächtigten genannten Wohnanschrift nicht auffindbar war. In der Wohnung konnten keine Hinweise auf seinen Aufenthalt festgestellt werden. Seine Eltern konnten keine Angaben zum Aufenthaltsort machen. Trotz entsprechender Aufforderung durch die Antragsgegnerin teilten die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers keine Adresse mit‚ an der er sich derzeit tatsächlich aufhält. Es ist nicht ersichtlich‚ dass er Kontakt zu seinen Prozessbevollmächtigten hält. Unter diesen Umständen fehlt für den Erlass einer einstweiligen Anordnung regelmäßig das Rechtschutzbedürfnis (vgl. BayVGH‚ B.v. 25.9.2009 - 19 CE 09.213 - juris Rn. 13 m.w.N.; B.v. 29.7.2014 - 10 CE 14.1523 - juris Rn. 17 m.w.N.).

2. Jedenfalls bleibt die Beschwerde ohne Erfolg‚ weil der Antragsteller ein Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (2.1) bzw. die Unmöglichkeit seiner Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (2.2) nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat.

2.1 Hinsichtlich der vom Antragsteller behaupteten erheblichen konkreten Gefahr für Gesundheit und Leben angesichts der Bedrohung durch die Mitglieder des Drogenrings in Serbien hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen‚ dass sich aus der Stellungnahme des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Oktober 2016 keine konkrete Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ergibt. Das Bundesamt ist zwar zu Gunsten des Antragstellers davon ausgegangen‚ dass er tatsächlich von den Mitgliedern des Drogenrings bedroht wird und diese Bedrohungslage nicht auf das Staatsgebiet des Kosovo beschränkt ist‚ sondern wegen der Durchlässigkeit der Grenzen auch in Serbien fortbesteht. Insoweit hat die Antragsgegnerin aber zutreffend angeführt‚ dass dann eine vergleichbare Bedrohungslage auch im Bundesgebiet bestehe‚ weil sich Mitglieder der Drogenmafia auch in Deutschland aufhalten bzw. nach Deutschland einreisen könnten. Ausschlaggebend für die Aufhebung der Abschiebungsanordnung in den Kosovo im Urteil vom 14. Mai 2014 war neben der Bedrohung durch Mitglieder des Drogenrings jedoch die (damalige) Sicherheitslage im Kosovo. Der Antragsteller könne nicht mit wirksamen Schutz gegen ihm drohende konkrete Beeinträchtigungen rechnen‚ weshalb seine Abschiebung in den Kosovo unzulässig sei (UA S. 18). Die Stellungnahme des Bundesamtes vom 5. Oktober 2016 enthält demgegenüber keine Aussagen dazu‚ ob der Antragsteller in Serbien den Schutz der serbischen Sicherheitsbehörden gegen die behauptete Bedrohung erlangen kann. Insofern hält der Senat an seiner bereits im Beschluss vom 18. Mai 2016 (10 CE 16.898) vertretenen Rechtsauffassung fest‚ dass der Antragsteller darlegen und glaubhaft machen muss, die serbische Polizei sei erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens‚ Schutz vor kriminellen Übergriffen von dritter Seite zu bieten (BA S.5).

Unabhängig davon bindet die Stellungnahme des Bundesamtes vom 5. Oktober 2016 zum Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG die Antragsgegnerin nicht. Nach § 72 Abs. 2 AufenthG hat die Ausländerbehörde bei der Entscheidung über das Vorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten eine Stellungnahme des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge einzuholen. Sie ist jedoch nicht verpflichtet, der vom Bundesamt erteilten Auskunft zu folgen (vgl. BayVGH, B.v. 27.4.2016 - 10 CS 16.485 - juris Rn. 18; Gutmann in Gemeinschaftskommentar AufenthG, Stand Oktober 2015, § 72 Rn. 12; Hofmann in Hofmann, AuslR, 2. Aufl. 2016, § 72 Rn. 17). Der Zweck der Beteiligungsregelung in § 72 Abs. 2 AufenthG liegt darin, vor einer Entscheidung über ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot durch die Ausländerbehörde die Sachkunde des Bundesamtes hinsichtlich der Verhältnisse in dem betreffenden Zielstaat einfließen zu lassen (Samel in Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 72 Rn. 10; Gutmann, a.a.O., Rn. 10). Da das Bundesamt vorliegend aber nur sehr oberflächlich auf eine angebliche Bedrohung des Antragstellers in Serbien und nicht auf die Verhältnisse im Zielstaat Serbien bezüglich des im Beschluss des Senats vom 18. Mai 2016 angeführten möglichen Schutzes des Antragstellers durch die dortigen Behörden eingegangen ist, erweist sich die Stellungnahme vom 5. Oktober 2016 auch in der Sache als nicht überzeugend.

2.2 Das Verwaltungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen‚ dass der Antragsteller auch keinen auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung durch Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG gerichteten Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1, 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit (§ 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG) des Antragstellers ist durch die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht widerlegt.

Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers so lange auszusetzen, wie sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ein rechtliches Abschiebungshindernis liegt vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr zu befürchten ist, so dass die Abschiebungsmaßnahme wegen des nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten grundrechtlichen Schutzes auszusetzen ist. Erforderlich ist dabei, dass infolge der Abschiebung als solcher (unabhängig vom konkreten Zielstaat) eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes für den betroffenen Ausländer konkret droht (BayVGH, B.v. 31.5.2016 - 10 CE 16.838 - juris Rn. 7; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2016, A1 § 60a Rn. 57 f.). In Betracht kommen damit nur inlandsbezogene Abschiebungsverbote. Eine bestehende psychische Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in zwei Fällen begründen: Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange der Ausländer wegen der Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie - außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne).

Nach dem durch das Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren (Gesetz vom 11.3.2016‚ BGBl I, S. 390) zum 17. März 2016 eingeführten § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird vermutet‚ dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. In Konkretisierung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten (§ 82 AufenthG) muss der Ausländer eine Erkrankung‚ die die Abschiebung beeinträchtigen kann‚ durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen (§ 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG). Der Ausländer ist verpflichtet‚ der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach § 60a Abs. 2c AufenthG unverzüglich vorzulegen (§ 60a Abs. 2d Satz 1 AufenthG).

Die vom Antragsteller vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen vom 24. Juni 2016‚ 22. November 2016‚ 21. Januar 2017 sowie 20. Februar 2017 genügen - unabhängig davon, ob sie rechtzeitig vorgelegt wurden - den Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung im Sinn des § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG sowohl in Bezug auf die behauptete Reiseunfähigkeit (im engeren Sinne) als auch in Bezug auf die Suizidgefahr im Falle einer Abschiebung nicht. Erstmals im Attest vom 20. Februar 2017 erfolgt eine fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose) als posttraumatische Belastungsstörung und depressive Störung als schwere Episode. Die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung basiert offensichtlich ausschließlich auf den Angaben des Antragstellers zu den dramatischen Kindheitserlebnissen im Krieg‚ wonach er den gewaltsamen Tod eines Großteils seiner Familie habe miterleben müssen. Diese Angaben des Antragstellers sind jedoch nach den überzeugenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtes im angefochtenen Beschluss nicht zutreffend, so dass sie nicht als Grundlage für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung taugen. Für die diagnostizierte depressive Störung nennt die fachliche Stellungnahme als tatsächliche Umstände‚ auf deren Grundlage die fachliche Beurteilung erfolgt ist‚ Antriebsverlust‚ Anhedonie sowie depressionstypische Schlaf- und Vitalstörungen. Die vom Antragsteller vorgelegte ärztliche Bescheinigung lässt jedoch, soweit sie ihm am Ende lapidar eine Reiseunfähigkeit attestiert, nicht erkennen, weshalb die depressive Störung mit den aufgeführten Symptomen eine Transportunfähigkeit (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne) bewirken soll (vgl. § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG). Die wesentliche oder lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Antragstellers (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne) wird durch das fachärztliche Attest ebenfalls lediglich behauptet. Ein Attest, dem nicht zu entnehmen ist, wie es zur prognostischen Diagnose kommt und welche Tatsachen dieser zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen Reiseunfähigkeit zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2017 - 10 CE 17.30 - juris Rn. 7). Aber selbst bei einer unterstellten, nicht völlig auszuschließenden Suizidgefahr liegt nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor. Vielmehr ist die Abschiebung von der Ausländerbehörde dann ggf. so zu gestalten‚ dass einer Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann (BayVGH‚ B.v. 23.8.2016 - 10 CE 15.2784 - juris Rn. 16 m.w.N.).

Die Kostenfolge ergibt sich § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1‚ § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 53 Abs. 2 Nr. 1‚ § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, mit der der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag weiterverfolgt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) zu verpflichten, bis zu einer amtsärztlichen Untersuchung zur Frage der Reisefähigkeit die für den 9. Januar 2017 angesetzte Abschiebung auszusetzen, ist unbegründet. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen weder die Aufhebung noch eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes (§ 123 Abs. 1, 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) ergibt sich daraus, dass bereits ein konkreter Abschiebetermin festgesetzt ist.

Es ist jedoch kein auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung durch Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG gerichteter Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1, 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit (§ 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG) des Antragstellers ist durch die vorgelegte ärztliche Bescheinigung nicht widerlegt.

Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers so lange auszusetzen, wie sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ein rechtliches Abschiebungshindernis liegt vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr zu befürchten ist, so dass die Abschiebungsmaßnahme wegen des nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten grundrechtlichen Schutzes auszusetzen ist. Erforderlich ist dabei, dass infolge der Abschiebung als solcher (unabhängig vom konkreten Zielstaat) eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes für den betroffenen Ausländer konkret droht (BayVGH, B.v. 31.5.2016 - 10 CE 16.838 - juris Rn. 7; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2016, A1 § 60a Rn. 57 f.). In Betracht kommen damit nur inlandsbezogene Abschiebungsverbote. Eine bestehende psychische Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in zwei Fällen begründen: Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange der Ausländer wegen Erkrankung transportunfähig ist, d. h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens" wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie - außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne). Von einem inlandsbezogenen Abschiebungshindernis ist auch dann auszugehen, wenn sich die Erkrankung des Ausländers gerade aufgrund der zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland wesentlich verschlechtert, und nicht nur, wenn ein Suizid während der Abschiebung droht.

Nach dem mit Wirkung zum 17. März 2016 (Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.3.2016 - BGBl I S. 390 -) eingeführten § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, wenn nicht der Ausländer eine im Rahmen der Abschiebung beachtliche Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Insofern hat der Gesetzgeber im Wesentlichen die obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. u. a. BVerwG, U.v. 11.9.2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251; U.v. 11.9.2007 - 10 C 17.07 - juris Rn. 15) nachvollzogen, wonach zur Substantiierung des Vorbringens einer Erkrankung regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes gehört. Wird die geltend gemachte Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen soll, nicht durch eine qualifizierte Bescheinigung im Sinne von § 60a Abs. 2c AufenthG belegt, so wird auch die gesetzliche Vermutung für die Reisefähigkeit nicht widerlegt.

Die vom Antragsteller vorgelegte (wohl retrospektive) ärztliche Stellungnahme vom 20. Dezember 2016 legt zwar dar, dass der Antragsteller an Angstzuständen, Panikattacken und psychosomatischen Reaktionen leide und ihm sich Suizidgedanken aufdrängten, nicht aber, dass er gerade deshalb reiseunfähig sei oder dass sich das Krankheitsbild infolge einer Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Das vorgelegte Attest entspricht - wie bereits das Erstgericht festgestellt hat, ohne dass sich die Beschwerdebegründung hierzu verhält - insoweit nicht den Anforderungen, die an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung im Sinn von § 60a Abs. 2c Satz 2, 3 AufenthG zu stellen sind.

Die vom Antragsteller vorgelegte ärztliche Bescheinigung lässt, soweit sie am Ende lapidar eine Reiseunfähigkeit attestiert, weder die tatsächlichen Umstände, "auf deren Grundlage die fachliche Beurteilung erfolgte, noch die Methode der Tatsachenerhebung" erkennen (vgl. § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG). Es bestehen bereits erhebliche Zweifel daran, ob überhaupt eine schwerwiegende seelische Erkrankung glaubhaft gemacht ist; hierfür reicht nicht aus, dass sich der Antragsteller von August 2016 bis November 2016 in zweiwöchentlichem Abstand zu therapeutischen Gesprächen zu einem Diplompsychologen begab. Jedenfalls kann aus der Schilderung der Symptomatik während der Inhaftierung nicht ohne die erforderliche qualifizierte Begründung gefolgert werden, der Antragsteller sei reiseunfähig. Der Hinweis, eine zwangsweise Ausreise würde die psychische Gesundheit des Antragstellers weiter destabilisieren, eine vitale Gefahr sei nicht ausgeschlossen, ersetzt nicht die fehlende Darlegung der Diagnoseerstellung. Die behauptete wesentliche oder lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Antragstellers (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne) wird zudem durch das fachärztliche Attest in keiner Weise belegt. Ein Attest, dem nicht zu entnehmen ist, wie es zur prognostischen Diagnose kommt und welche Tatsachen dieser zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen Reiseunfähigkeit zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2016 - 10 CE 15.2784 - juris Rn. 16).

Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob - wie der Antragsteller meint - der von der Antragsgegnerin vorgelegten Bescheinigung der Justizvollzugsanstalt über die Reisetauglichkeit des Antragstellers wegen des fehlenden Datums keine Aussagekraft zukommt.

Der Kostenausspruch folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 8.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 4. Oktober 2007 - 5 K 2874/07 - geändert. Der Antragsgegner wird im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig zu unterlassen, solange er kein (amts-)ärztliches Gutachten darüber eingeholt hat, ob auf Grund einer Abschiebung des Antragstellers die Gefahr besteht, dass sich sein Gesundheitszustand infolge ernsthafter suizidaler Handlungen wesentlich verschlechtert, und mit welchen Vorkehrungen eine solche Gefahr abgewendet oder gemindert werden kann.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Er stellte im September 2005 einen Asylantrag, der ebenso wie eine anschließende Klage erfolglos blieb; im Klageverfahren hatte der Antragsteller sich unter Vorlage ärztlicher Atteste erstmals auch auf eine Epilepsie-Erkrankung sowie weitere psychische Leiden berufen. Da der Antragsteller mangels gültiger Reisedokumente nicht abgeschoben werden konnte, wurde seine Abschiebung ausgesetzt. Nachdem Rückreisedokumente vorlagen, kündigte das Regierungspräsidium Karlsruhe ihm im Februar 2007 die Abschiebung an. Hierauf beantragte er die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Zur Begründung verwies er auf ein ärztliches Attest der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. ...-... vom 06.03.2007, wonach er seit Januar 2006 wegen folgender Erkrankungen in ärztlicher Behandlung sei: "Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1G); Angststörung (F41.9G), Panikattacken (F41.0); Epilepsie (G47.9G); mittelschwere depressive Episode (F32.9G); Schlafstörung (G47.9G); psychosomatische Beschwerden (F45.9G)"; er habe als Zehnjähriger erlebt, wie Verwandte von Soldaten brutal zusammengeschlagen worden seien, und leide seitdem unter Angst- und Panikattacken; kurz nach diesem Vorfall habe er einen ersten epileptischen Anfall bekommen; seither bekomme er in Stresssituationen epileptische Anfälle; aufgrund dieser Erkrankungen sei dringend eine medikamentöse sowie Psychotherapie indiziert; er sei aus medizinischer Sicht reiseunfähig, eine Abschiebung hätte gravierende gesundheitliche Folgen. Die Stadt Mannheim lehnte den Antrag ab. Ende Mai 2007 kündigte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Antragsteller die Abschiebung für den 06.06.2007 mit dem Hinweis an, dem ärztlichen Attest ließen sich keine Anhaltspunkte für eine Reiseunfähigkeit entnehmen. Am 04.06.2007 wurde der Antragsteller, nachdem er in der Nacht zuvor eine Überdosis Psychopharmaka eingenommen hatte, im ... ...- und ... Krankenhaus Ludwigshafen und anschließend im Psychiatrischen Zentrum ... wegen akuter Suizidalität stationär aufgenommen Das Regierungspräsidium setzte daraufhin die Abschiebung bis zum 18.09.2007 aus. Der damalige Bevollmächtigte des Antragstellers legte einen ärztlichen Bericht des Konsiliardienstes für Psychiatrie und Psychotherapie des erstaufnehmenden Krankenhauses vom 05.06.2007 und ein ärztliches Schreiben des Psychiatrischen Zentrums ... vom 14.06.2007 vor, die jeweils die Notwendigkeit einer ambulanten Psychotherapie und die Gefahr erneuter ernsthafter suizidaler Handlungen bei einer drohenden Abschiebung bestätigen. Ende Juli 2007 wurde der Antragsteller aus stationärer Behandlung entlassen. Anschließend begehrte er unter Bezugnahme auf eine ärztliche Bescheinigung des Psychiatrischen Zentrums ... vom 18.07.2007 die weitere Aussetzung der Abschiebung. In der Bescheinigung wird als Diagnose angeben: "Z. n. Suizidversuch mit Psychopharmaka, mittelgradig depressive Episode, posttraumatische Belastungsstörung, dissoziative Krampfanfälle". Im August 2007 kündigte das Regierungspräsidium dem Antragsteller an, dass er am 09.10.2007 unter Hinzuziehung eines Arztes als Flugbegleiter abgeschoben werde; die ärztlichen Atteste seien zur Beurteilung einer Reiseunfähigkeit nicht aussagekräftig.
Am 18.09.2007 hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers beim Verwaltungsgericht Karlsruhe beantragt, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu ergreifen. Wie der Vorfall Anfang Juni 2007 zeige, sei zu befürchten, dass sich die Suizidgefahr nicht bei der Durchführung der Abschiebung, sondern vorher realisiere. Zur Glaubhaftmachung hat er sich auf die bereits vorgelegten ärztlichen Atteste und Berichte berufen und ein weiteres ärztliches Attest der Dr. ...-... über eine seit Ende Juli 2007 durchgeführte Psychotherapie und einen an diese Ärztin gerichteten ärztlichen Entlassungsbericht des Psychiatrischen Zentrums ... vom 26.07.2007 vorgelegt, in dem es u. a. heißt, bei einer drohenden Abschiebung in das Heimatland sei erneut mit ernsthaften suizidalen Handlungen zu rechnen. Der Antragsgegner hat die Ablehnung des Antrags unter Hinweis darauf beantragt, dass der Antragsteller in Begleitung von Sicherheitskräften sowie eines Arztes abgeschoben werde und dafür Sorge getragen sei, dass er bei Ankunft am Zielflughafen in Istanbul dem Vertrauensarzt der Deutschen Botschaft übergeben werde. Mit Beschluss vom 04.10.2007 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt.
Mit seiner Beschwerde legt der Antragsteller neuere ärztliche Atteste der Dr. ...-... vom 09.10. und 12.11.2007 vor, die bestätigen, dass bei Stresssituationen akute Suizidgefahr bestehe und der Antragsteller am 02.11.2007 einen weiteren Suizidversuch unternommen und sich dabei sehr schwere Schnittverletzungen am linken Unterarm zugefügt habe. Ferner hat er einen ärztlichen Bericht des Psychiatrischen Zentrums ... an Dr. ...-... vom 15.09.2007 sowie eine Versicherung an Eides Statt eines Onkels vom 15.11.2007 vorgelegt, in der bezeugt wird, dass der Antragsteller am 02.11.2007 in der irrigen Annahme, von der Polizei abgeholt zu werden, Anstalten gemacht habe, sich aus dem Fenster der im vierten Oberschoß gelegenen Wohnung seiner Mutter zu stürzen. Der Antragsgegner hält daran fest, den Antragsteller mit den zugesagten Vorkehrungen abzuschieben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die fristgerecht erhobene und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Der sinngemäß auf die vorläufige Unterlassung der Abschiebung des vollziehbar ausreisepflichtigen Antragstellers zielende zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat mit der im Tenor ausgesprochenen Maßgabe Erfolg, so dass der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts entsprechend zu ändern ist. Nach dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), sind Anspruch und Grund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung des in der Hauptsache verfolgten Anspruchs auf eine weitere Aussetzung der Abschiebung hinreichend glaubhaft gemacht.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Anordnungsanspruch und -grund sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Für den Anordnungsanspruch einer Sicherungsanordnung genügt dabei die Glaubhaftmachung von Tatsachen, aus denen sich zumindest ergibt, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist (vgl. Hess VGH, Beschluss vom 05.09.1997 - 7 TG 3133/97 - NJW 1997, 2970; Funke-Kaiser in Bader, VwGO, 4. Auflage, § 123 Rn. 18; Schoch u. a. , VwGO, Stand Februar 2007, § 123 Rn. 70). Ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht, wenn eine vorläufige Sicherung des in der Hauptsache verfolgten materiellen Anspruchs zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes dringlich ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Es besteht die Gefahr, dass die vom Antragsgegner konkret in Aussicht genommene Abschiebung des Antragstellers ohne eine  v o r h e r i g e  gutachtliche Klärung der im Tenor bezeichneten Fragen die Verwirklichung eines ihm in der Hauptsache möglicherweise zustehenden Anspruchs auf weitere Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG vereitelt.
1. Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung ist unter anderem gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann (§ 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG; vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.07.2003 - 11 S 2622/02 - VBlBW 2003, 482 und vom 15.10.2004 - 11 S 2297/04 juris, jeweils m. w. N.; s. auch BVerwG, Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 8.99 -, NVwZ 2000, 206 sowie VG Freiburg, Urteil vom 04.02.2004 - 1 K 1620/01 - juris).
a) Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn), wobei der Senat erwogen hat, an das Vorliegen einer Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne gegebenenfalls strengere Maßstäbe anzulegen, wenn der Ausländer nicht alles ihm nach Lage der Dinge Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um den Eintritt der Gesundheitsgefahr abzuwenden oder zu mindern oder eingetretene Gesundheitsstörungen zu beseitigen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.07.2003 und 15.10.2004, a. a. O.). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehört der Zeitraum des Aufsuchens und Abholens in der Wohnung, des Verbringens zum Abschiebeort sowie die Zeit der Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur endgültigen Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. Insgesamt gilt, dass die mit dem Vollzug der Abschiebung während dieses Abschnitts betrauten deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten haben. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 26.02.1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, 241; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.05.2001 - 11 S 389/01 -, VBlBW 2002, 32 = InfAuslR 2001, 384).
aa) Macht ein Ausländer eine solche Reiseunfähigkeit geltend oder ergeben sich sonst konkrete Hinweise darauf, ist die für die Aussetzung der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde verpflichtet, den aufgeworfenen Tatsachenfragen, zu deren Beantwortung im Regelfall medizinische Sachkunde erforderlich ist, im Rahmen ihrer Amtsaufklärungspflicht nach § 24 Abs. 1 LVwVfG nachzugehen, wobei der Ausländer zur Mitwirkung verpflichtet ist (§ 82 AufenthG). Legt der Ausländer ärztliche Fachberichte (“Privatgutachten“) vor, sind diese zum Beweis für eine Reiseunfähigkeit nach der Rechtsprechung des Senats nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die Befundtatsachen angeben, gegebenenfalls die Methode der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbilds (Diagnose) sowie die Folgen darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft - als Folge einer Abschiebung - ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegungen jeweils nach den Umständen des Einzelfalls (insbesondere: Komplexität des Krankheitsbildes, Gewichtigkeit und Konsequenzen der Diagnose) richten (vgl. im einzelnen Senatsbeschluss vom 10.07.2003, a. a. O.). Sind diese Mindestanforderungen nicht oder nur teilweise erfüllt, kann die Reiseunfähigkeit allein aufgrund der vorgelegten ärztlichen Fachberichte zwar nicht als erwiesen angesehen werden. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass kein weiterer Aufklärungsbedarf besteht. Die Ausländerbehörde bleibt nach § 24 Abs. 1 LVwVfG verpflichtet, den Sachverhalt selbst weiter aufzuklären, wenn und soweit sich aus den ihr vorliegenden ärztlichen Äußerungen, dem Vortrag des Ausländers oder aus sonstigen Erkenntnisquellen ausreichende Indizien für eine Reiseunfähigkeit ergeben. Ist das der Fall, wird regelmäßig eine amtsärztliche Untersuchung oder die Einholung einer ergänzenden (fach-)ärztlichen Stellungnahme oder eines (fach-)ärztlichen Gutachtens angezeigt sein, da der Ausländerbehörde die erforderliche medizinische Sachkunde zur Beurteilung einer mit der Abschiebung einhergehenden Gesundheitsgefahr und auch der Frage fehlen dürfte, mit welchen Vorkehrungen diese Gefahr ausgeschlossen oder gemindert werden könnte. Insoweit gelten für die Aufklärungspflicht der Behörde keine anderen Maßstäbe als für diejenige des Verwaltungsgerichts nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. zur Ermittlungspflicht beim Vortrag einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung: BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - DVBl. 2008, 132, sowie Beschluss vom 24.05.2006 - 1 B 118.05 - NVwZ 2007, 345). So ist bei substantiiert vorgetragenen oder sonst bekannt gewordenen Anhaltspunkten für eine Suizidgefahr als Folge einer psychischen Erkrankung - wie bei anderen psychischen Erkrankungen - im Regelfall schon v o r Beginn einer Abschiebung ein (amts-)ärztliches - psychologisch-psychotherapeutisches - Gutachten einzuholen. Nr. III. 2 des von der Bundesärztekammer am 26.11.2004 gebilligten Informations- und Kriterienkatalogs zu Fragen der ärztlichen Mitwirkung bei der Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer (vgl. http://www.aekno.de/ htmljava/a/kammerarchiv/kriterienkatalog_nrw.pdf) sieht dies ausdrücklich vor. In Baden-Württemberg ist die Anwendung dieses Katalogs durch die Ausländerbehörden zwar nicht - wie in Nordrhein-Westfalen - durch Verwaltungsvorschrift angeordnet (vgl. die Antwort der Landesregierung vom 25.09.2007 auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Braun vom 10.09.2007, LT-Drs. 14/1702). Der - auch vom 108. Deutschen Ärztetag begrüßte (http://www. bundesaerztekammer.de/page.asp? his=0.2.20.1827.1832.1932.1955.1956) - Informations- und Kriterienkatalog kann jedoch als sachverständige Konkretisierung dessen berücksichtigt werden, was vor Durchführung einer Abschiebung von Amts wegen zu prüfen und gegebenenfalls als Vorkehrung zum Schutz des von der Abschiebung Betroffenen vorzusehen ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2007 - 19 B 352/07 - juris). Eine Untersuchung durch einen Arzt am Tage der Abschiebung, für die praktisch nur eine beschränkte Zeit zur Verfügung stehen dürfte, ist dagegen im Hinblick auf die erforderliche Intensität der Exploration und eine hinreichende Fundierung regelmäßig kein taugliches Mittel, um Hinweise auf eine Suizidgefährdung als Folge einer psychischen Erkrankung so abzuklären, dass eine Abschiebung mit dem möglichen Risiko lebensbedrohlicher Folgen verantwortet werden kann (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2007 - 19 B 352/07 - juris; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 23.10.2007 - 24 CE 07.484 - juris).
10 
bb) Aus der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Asylverfahrensgesetzes und zur Beendigung des Aufenthalts abgelehnter Asylbewerber und sonstiger ausreisepflichtiger Ausländer durch die Landesbehörden vom 01.01.2004 - VwV Asyl/Rückführung, Stand 01.01.2005 - (Abschnitt C Teil I Nr. 1 der mit Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 30.12.2004 - 4-1310/131 - an die Ausländerbehörden übersandten "Zusammengefassten Vorgaben des Innenministeriums zur Anwendung aufenthalts- und asylrechtlicher Regelungen ab dem 1. Januar 2005") folgt im Ergebnis nichts Anderes. In Nr. 3.5.2.1 bis 3 VwV Asyl/Rückführung ist detailliert geregelt, wie zu verfahren ist, wenn der Ausländer eine Reiseunfähigkeit im engeren oder weiteren Sinne geltend macht und/oder Erkenntnisse über eine Suizidgefahr vorliegen. "Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte" für eine Reiseunfähigkeit im engeren Sinne, "veranlasst die zuständige Ausländerbehörde eine amtsärztliche Untersuchung durch das Gesundheitsamt im Wege der Amtshilfe oder durch einen Arzt", wobei an die Mitwirkungspflicht des Ausländers sowie das Ersuchen der Behörde bestimmte Anforderungen gestellt werden (Nr. 3.5.2.1.1 Absätze 2 bis 6 VwV Asyl/Rückführung). Hinsichtlich der auf einer Traumatisierung beruhenden Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne ordnet die Verwaltungsvorschrift für den Fall, dass vorgelegte fachärztliche Atteste oder Gutachten bestimmte Mindestvoraussetzungen (die im wesentlichen den in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Mindestanforderungen entsprechen) nicht erfüllen, sich aber aus dem Attest oder Gutachten ausreichende Anhaltspunkte für eine Traumatisierung ergeben, an, dass "in der Regel eine ergänzende Stellungnahme des behandelnden Facharztes oder ein weiteres fachärztliches Gutachten einzuholen ist", es sei denn, das vorgelegte Attest enthält lediglich unsubstantiierte Ausführungen oder offensichtliche Gefälligkeitsformulierungen (Nr. 3.5.2.1.2 Absatz 5 VwV Asyl/ Rückführung). Liegen Erkenntnisse vor, dass der Ausländer suizidgefährdet ist oder droht er für den Fall einer Abschiebung mit einem Suizid, gelten diese Regelungen entsprechend (Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 4 VwV Asyl/Rückführung) und es "ist im Rahmen des in Auftrag zu gebenden Gutachtens" bestimmten weiteren Fragen nachzugehen (Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 1 VwV Asyl/Rückführung); bei Vorliegen eines ernsthaften Suizidrisikos ist zudem sicherzustellen, dass durch flankierende Maßnahmen, wie die ärztliche Begleitung des Ausländers, Vorsorge getroffen ist, dass sich die Suizidgefahr nicht realisiert (Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 3 VwV Asyl/Rückführung).
11 
b) Gemessen daran erscheint offen, ob der Antragsteller Anspruch auf weitere Aussetzung der Abschiebung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG hat. Denn insoweit wird in der Hauptsache - dem Verwaltungsverfahren über den zuletzt nochmals am 18.09.2007 bei der Stadt Mannheim wiederholten und vom zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe bislang nicht beschiedenen Antrag auf weitere Aussetzung der Abschiebung - zunächst gemäß den oben dargelegten Grundsätzen zur Amtsaufklärungspflicht der Ausländerbehörde ein (amts-)ärztliches - psychologisch-psychotherapeutisches - Gutachten zumindest darüber einzuholen sein, ob auf Grund einer Abschiebung die Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Antragstellers infolge ernsthafter suizidaler Handlungen wesentlich verschlechtert, und mit welchen Vorkehrungen gegebenenfalls eine solche Gefahr abgewendet oder gemindert werden kann. Anlass dazu besteht schon deshalb, weil sich aus den vorliegenden ärztlichen Attesten und Berichten sowie der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Versicherung an Eides statt des Onkels des Antragstellers ausreichende Erkenntnisse für eine Suizidgefahr bei einer Abschiebung als Folge einer psychischen Erkrankung ergeben. Ob die ärztlichen Atteste und Berichte darüber hinaus in Bezug auf den Vortrag einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung eine Ermittlungspflicht der Behörde begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 und Beschluss vom 24.05.2006, a. a. O.) oder gar für sich genommen als Entscheidungsgrundlage genügen, was im Hinblick auf die in der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsbeschluss vom 10.07.2003, a. a. O.) entwickelten Mindestanforderungen bzw. die entsprechenden Voraussetzungen nach Nr. 3.5.2.1.2 Absatz 2 VwV Asyl/Rückführung zweifelhaft erscheint, kann im vorliegenden Eilverfahren offen bleiben.
12 
Nach dem gemeinsamen Bericht der Ärzte Prof. Dr. ... und Dr. ...-... sowie der Diplom-Psychologin ... beim Psychiatrischen Zentrum ... - Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie - an die den Antragsteller behandelnde Ärztin Dr. ...-... vom 15.09.2007 habe der Antragsteller am 03.06.2007 in suizidaler Absicht eine Medikamentenmischung eingenommen. Er sei deshalb am 11.06.2007 in die geschlossene Akutstation des Psychiatrischen Zentrums ... in … aufgenommen worden. Diagnostisch sei bei Wiedererleben von Belastungen durch aufdringliche Nachhallerinnerungen, anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensibilität und Erregung wie Hypervigilanz, erhöhte Schreckhaftigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten sowie Vermeidungsverhalten von einer posttraumatischen Belastungsstörung F43.1 auszugehen. Daneben leide der Antragsteller an dissoziativen Krampfanfällen F44.5. Er sei am 26.07.2007 ohne Hinweise auf eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung entlassen worden, jedoch sei bei drohender Abschiebung in das Heimatland mit erneuten ernsthaften suizidalen Handlungen zu rechnen. Im ärztlichen Attest der Dr. ...-... vom 12.11.2007 werden - ohne nähere Erläuterungen - folgende Erkrankungen diagnostiziert: "Schwere depressive Episode mit Suizid in der Anamnese (03.06.07); Posttraumatische Belastungsstörung; Generalisierte Angststörung; Schlafstörung; Soziale Phobie; Anorexia nervosa, Gewichtsverlust; Dissoziative Krampfanfälle". Die Ärztin legt dar, der Antragsteller befinde sich seit dem 27.07.2007 in tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie und habe am 02.11.2007 erneut einen Suizidversuch unternommen, wobei er sich schwere Schnittverletzungen mit einer Rasierklinge am linken Unterarm zugefügt habe. Er habe auch weiter abgenommen und gehöre in eine psychiatrische Klinik, wo er bei Selbstgefährdung 24 Stunden täglich unter Beobachtung stehen müsse; er bedürfe dringend einer stationären Therapie. Der Onkel des Antragstellers bekundet in seiner Versicherung an Eides statt vom 15.11.2007 schließlich, er - der Onkel - habe anlässlich eines Besuchs in der im vierten Stock gelegenen Wohnung seiner Schwester am 02.11.2007 miterlebt, dass der Antragsteller auf die Fensterbank eines geöffneten Fensters gesprungen sei, als jemand an der Tür geklingelt und geklopft habe. Es sei nur ein Freund gewesen. Der Antragsteller habe aber vermutet, dass die Polizei ihn abholen wollte, und er habe sich aus dem Fenster stürzen wollen. Damit ist hinreichend substantiiert und glaubhaft dargelegt, dass der Antragsteller sich bereits zweimal wegen offenbar ernsthaft unternommener suizidaler Handlungen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Abschiebung in ärztliche - stationäre - Behandlung begeben musste. Die eidesstattliche Versicherung seines Onkels vom 15.11.2007 bestätigt einen möglichen weiteren Suizidversuch. Zudem gibt es Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung als mögliche Ursache (posttraumatische Belastungsstörung F43.1). Es liegen mithin ausreichende Erkenntnisse vor, die zumindest den Anschein einer ernsthaften Selbsttötungsabsicht des Antragstellers im Falle seiner Abschiebung und einer psychischen Erkrankung als mögliche Ursache begründen. Anhaltspunkte dafür, dass die auf entsprechende konkrete Vorkommnisse gestützten wiederholten ärztlichen Attestierungen einer Suizidgefahr im Fall der Abschiebung als unsubstantiiert oder Gefälligkeitsformulierung gewertet werden müssen, sind für den Senat nicht erkennbar.
13 
Bei dieser Sachlage kann über das Vorliegen des geltend gemachten Duldungsanspruchs ohne (amts-)ärztliche - psychologisch-psychotherapeutische - Begutachtung der im Tenor bezeichneten Fragen zu den mit einer Abschiebung verbundenen gesundheitlichen Risiken nicht entschieden werden. Ermittlungen dieser Art sind angesichts der Tatsache, dass sich der Antragsgegner dafür der Amtshilfe eines zuständigen staatlichen Gesundheitsamtes bedienen kann, weder unverhältnismäßig noch notwendigerweise besonders zeitaufwändig oder kostspielig. Dass die zuständige Ausländerbehörde des Antragsgegners selbst über ausreichende medizinische Fachkunde zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen verfügt, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Die Erforderlichkeit einer solchen Begutachtung wird auch nicht durch den Vortrag des Antragsgegners, der Antragsteller werde in Begleitung eines Arztes und von Sicherheitskräften, die ihn von selbstgefährdenden Handlungen abhielten, abgeschoben und in der Türkei einem ärztlichen Team einschließlich eines Psychiaters übergeben, entbehrlich (s. o. a) aa)). Soweit der Antragsgegner in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass mit diesen Vorkehrungen den Anforderungen an flankierende Maßnahmen zur Abschiebung bei Suizidgefahr nach Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 3 VwV Asyl/Rückführung Rechnung getragen sei, übersieht er, dass sich die Geeignetheit dieser Vorkehrungen erst dann - in einem zweiten Schritt - sachgerecht beurteilen lassen wird, wenn das gemäß Nr. 3.5.2.1.3 Absätze 1 und 4 VwV Asyl/Rückführung einzuholende Gutachten vorliegt. Denn gerade auch zur Beantwortung dieser Frage ist bei einer Suizidgefahr auf Grund einer psychischen Erkrankung die besondere Sachkunde eines Mediziners nötig. Abgesehen davon erscheint die Geeignetheit der vom Antragsgegner zugesagten Vorkehrungen im Fall des Antragstellers schon deshalb zweifelhaft, weil sie erst mit seiner Abholung einsetzen sollen. Denn sie schließen die nach Lage der Dinge hier ernsthaft in Betracht zu ziehende Gefahr einer Selbsttötung schon zu einem früheren Zeitpunkt nicht aus, wenn der Antragsteller durch eine Mitteilung der Ausländerbehörde oder seines Rechtsanwalts oder auf sonstige Weise erfährt oder damit rechnen muss, dass die Abschiebung nunmehr unmittelbar bevorsteht. Gegebenenfalls kommen insoweit auch Maßnahmen nach dem Unterbringungsgesetz oder die richterliche Anordnung einer Abschiebungshaft mit ärztlicher Überwachung in Betracht. Soweit der Antragsgegner ferner auf die dem Antragsteller mehrfach eingeräumte Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise verweist, ändert auch das nichts am dargestellten Aufklärungsbedarf. Zwar hat der Senat erwogen, an das Vorliegen einer Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne gegebenenfalls strengere Maßstäbe anzulegen, wenn der Ausländer nicht alles ihm nach Lage der Dinge Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um den Eintritt der Gesundheitsgefahr abzuwenden oder zu mindern oder eingetretene Gesundheitsstörungen zu beseitigen (s. o. a.)). Bei einer durch eine psychische Erkrankung bedingten Suizidgefahr kann jedoch nicht ohne Weiteres von der Zumutbarkeit einer "freiwilligen" - durch den vollziehbaren gesetzlichen Ausreisebefehl aber letztlich mittelbar erzwungenen - Rückkehr in das Heimatland ausgegangen werden. Vielmehr muss auch dies gutachtlich geklärt werden. Sollte der Antragsteller freilich an der Erstellung eines Gutachtens nicht mitwirken oder sich der ausländerbehördlichen Überwachung entziehen (vgl. § 50 Abs. 5 AufenthG), steht dem Antragsgegner frei, die Abänderung der einstweiligen Anordnung analog § 927 ZPO oder § 80 Abs. 7 VwGO zu beantragen (vgl. Funke-Kaiser in Bader, VwGO, § 123 Rn 64 m w. N.).
14 
2. Es besteht auch ein Anordnungsgrund. Der Antragsgegner beabsichtigt, den Antragsteller ohne vorherige Einholung eines ärztlichen Gutachtens zur Suizidgefahr abzuschieben. Die vorläufige Sicherung des in der Hauptsache verfolgten Duldungsanspruchs ist daher zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes dringlich. Denn der Duldungsanspruch erlischt ebenso wie die Aussetzung selbst (vgl. § 60 a Abs. 5 Satz 1 AufenthG) mit der Ausreise. Er würde durch die Abschiebung daher vereitelt. Zudem ist eine Abschiebung ohne vorherige ärztliche Begutachtung der damit nach den vorliegenden Erkenntnissen möglicherweise einhergehenden gesundheitlichen Risiken mit der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht zu vereinbaren.
15 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
16 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. H. wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführer sind äthiopische Staatsangehörige und Eltern eines am 12. Februar 2014 geborenen Sohnes. Sie reisten im März 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten einen Asylantrag; zuvor hatten sie bereits in Italien einen Asylantrag gestellt. Sie wenden sich gegen einen am 3. März 2014 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 27. Februar 2014, mit dem ihnen Eilrechtsschutz gegen die auf § 34a Abs. 1 Satz 1, § 27a AsylVfG gestützte Anordnung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 3. Februar 2014 versagt wurde, sie auf Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II) nach Italien abzuschieben.

2

1. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag der Beschwerdeführer mit der Maßgabe ab, dass die angeordnete Abschiebung unter Berücksichtigung einer zweimonatigen "Mutterschutzfrist" (in Anlehnung an § 6 MuSchG) nicht vor dem 1. Mai 2014 vollzogen werden dürfe. Eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zum Selbsteintritt gemäß Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-Verordnung bestehe nicht. Weder sei ein Ausnahmefall nach dem Konzept der normativen Vergewisserung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 ff.) gegeben, noch lägen systemische Mängel des italienischen Asyl- und Aufnahmesystems im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH , Urteil vom 21. Dezember 2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417) vor, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass der Asylbewerber oder Flüchtling tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden. Systemische Mängel, die eine Aussetzung der Abschiebung in Anwendung von Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gebieten könnten, seien auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Falle von Italien aufgrund der Auskunftslage derzeit nicht erkennbar (vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336).

3

2. Die Beschwerdeführer rügen mit ihrer am 3. April 2014 erhobenen Verfassungsbeschwerde die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG, Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 23 GG, Art. 3 Abs. 1 GG wegen willkürlicher Verkennung der Vorgaben aus Art. 3 EMRK sowie aus Art. 6 Abs. 1 GG.

4

a) Die Beschwerdeführer befürchten unter Bezugnahme insbesondere auf einen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zu den Aufnahmebedingungen in Italien vom Oktober 2013, bei einer Rückkehr nach Italien wie die große Mehrheit der Schutzbedürftigen obdachlos zu werden und keinen Zugang zu Gesundheitsvorsorge und Nahrungsmitteln zu erhalten. Schutzbedürftige Dublin-Rückkehrer seien einem sehr hohen Risiko der Verelendung ausgesetzt; ihre Situation sei wesentlich prekärer als die eines Asylsuchenden, der sich noch im Verfahren befinde. Etwas anderes gelte allenfalls für besonders schutzbedürftige Personen. Allerdings gälten Familien mit beiden Elternteilen in Italien nicht als verletzlich. Auch wenn es zu einer staatlichen Unterbringung kommen sollte, bestehe die Gefahr, dass sie nicht als Familie untergebracht würden, sondern dass es zu einer Unterbringung von Mutter und Kind in der einen, des Vaters aber in einer anderen Einrichtung komme. Eine Trennung der Familie, um die Wahrscheinlichkeit der Unterbringung zu erhöhen, könne ihnen jedoch nach Art. 8 EMRK nicht zugemutet werden. Gerade im Hinblick auf ihr neugeborenes Kind erscheine die Vorenthaltung von Gesundheitsversorgung und Nahrung dramatisch.

5

b) Das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG sei verletzt, weil das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgehe, die Berufung auf das Asyl-Grundrecht werde in Dublin-Fällen durch Art. 16a Abs. 2 GG ausgeschlossen. Die Dublin-Fälle richteten sich vielmehr allein nach der - spezielleren - Vorschrift des Art. 16a Abs. 5 GG und den Vorgaben des - zwischenzeitlich vergemeinschafteten - europäischen Asylsystems. Während Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG den materiell-rechtlichen Gewährleistungsinhalt des Grundrechts auf Asyl grundsätzlich einschränke und den Prüfungsmaßstab nach dem Konzept der normativen Vergewisserung festlege, liege der Kompetenzübertragung nach Art. 16a Abs. 5 in Verbindung mit Art. 23 GG die Idee zugrunde, dass die Bundesrepublik den Gewährleistungsinhalt von Art. 16a Abs. 1 GG einer europäischen Zuständigkeitsregelung unterwerfe und zugleich an ihr normsetzend mitwirke. Die Pflichten, die die Bundesrepublik sich mit Art. 16a Abs. 1 GG auferlegt habe, könne sie danach nur soweit delegieren, wie die Verheißung eines im Gebiet der Dublin-Verordnung geltenden Flüchtlingsschutzes im anderen Mitgliedstaat auch wirklich eingelöst werde. Sei dies nicht der Fall, treffe die Bundesrepublik kraft des wechselseitigen und auf Solidarität sowie Mindeststandards beruhenden Lastenausgleichssystems die Rolle eines "Ausfallbürgen". Europäische Asylstandards würden in Italien jedoch nicht gewahrt; nach allem, was über die dortige Situation von Asylbewerbern bekannt sei, würden dort entscheidende Bestimmungen aus der Verfahrens-, Aufnahme- und Qualifikationsrichtlinie ebenso verletzt wie Gewährleistungen der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK.

6

Aus der Pflicht der Bundesrepublik zu gewährleisten, dass die Beschwerdeführer bei Überstellung an einen Dublin-Zielstaat keine Rechtsverletzungen an anderen Rechtsgütern erlitten, folge, dass die Bundesrepublik sich derartige Rechtsverletzungen zurechnen lassen müsse. Ihnen drohe in Italien Obdachlosigkeit und eine defiziente Gesundheits- und Lebensmittelversorgung, die in die reale Gefahr der Verelendung führe; hierin liege eine Verletzung sowohl der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG als auch eine Gefahr für ihr Leben und ihre körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Das Verwaltungsgericht habe im Übrigen auch gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, indem es die einfachgesetzlich geltenden Normen der EMRK verfehlt interpretiert habe. In ihrem Falle sei Art. 3 EMRK zu berücksichtigen gewesen, der mit dem Verbot "unmenschlicher" oder "erniedrigender" Behandlung nach allgemeiner Auffassung gerade die Situation der Verelendung umschreibe, die durch den Zielstaat der Überstellung zu unterbleiben habe. Die drohende Trennung der Familie verletze Art. 6 GG.

II.

7

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, und die Annahme ist nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>); sie ist unzulässig (dazu 1. und 2.). Hiervon unabhängig besteht allerdings Anlass zu dem Hinweis, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden in dem vorliegenden Einzelfall geeignete Vorkehrungen zum Schutz des von der Rückführung betroffenen Kleinkindes der Beschwerdeführer zu treffen haben (dazu 3.).

8

1. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG und Art. 3 Abs. 1 GG wegen willkürlicher Verkennung der Vorgaben aus Art. 3 EMRK rügen, zeigen sie schon die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht auf (vgl. zu diesem Erfordernis nur BVerfGE 108, 370 <386 f.>). Die Beschwerdeführer setzen sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 <95 ff.>), des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH , Urteil vom 21. Dezember 2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413; Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336) nicht auseinander, die der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegt.

9

2. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung in ihren Rechten aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 23 GG sowie aus Art. 6 Abs. 1 GG aufgrund einer drohenden Obdachlosigkeit und einer Trennung der Eltern von ihrem neugeborenen Kind bei einer Abschiebung geltend machen, legen sie nicht hinreichend substantiiert dar, dass sie in Italien mit Obdachlosigkeit und Trennung der Familie zu rechnen haben und ihrem Sohn als Folge der Abschiebung mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Gesundheitsgefahren drohen. Es bedarf daher keiner Klärung, ob dahingehende systemische Mängel des italienischen Aufnahmesystems bestehen und ob solche strukturelle Defizite in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union einen im Konzept der normativen Vergewisserung nicht aufgefangenen Sonderfall darstellen können (vgl. dazu nur Moll/Pohl, ZAR 2012, S. 102 <104 ff.>; zu den Darlegungslasten für die Begründung eines solchen Sonderfalles vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Hierbei wäre ohnehin zu berücksichtigen, dass etwaige mit der Überforderung des Asylsystems eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verbundene transnationale Probleme vornehmlich auf der Ebene der Europäischen Union zu bewältigen sind (vgl. BVerfGE 128, 224 <226>).

10

3. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es allerdings - unbeschadet der Prüfung, ob einer Zurückweisung oder Rückverbringung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen - in Einzelfällen geboten sein, dass die deutschen Behörden vor einer solchen mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen, den Sachverhalt klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen treffen (vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Insbesondere besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug einer Abschiebung betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende tatsächliche Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten; diese Stelle hat gegebenenfalls durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung (Duldung) oder durch entsprechende tatsächliche Gestaltung derselben die notwendigen Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241 <242>).

11

a) Nach der - von Verfassungs wegen nicht zu beanstandenden - jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist es im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG mit Blick auf den Wortlaut dieser Vorschrift Aufgabe allein des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu prüfen, ob "feststeht", dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. November 2004 - 2 M 299/04, juris; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, InfAuslR 2011, S. 310, dort <311> auch m.w.N. zur a.A.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 4. Juli 2012 - 2 LB 163/10 -, InfAuslR 2012, S. 383; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris; zuletzt VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris).

12

Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, Rn. 4; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris, Rn. 4; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris, Rn. 7; VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris, Rn. 4).

13

b) Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehören das Aufsuchen und Abholen in der Wohnung, das Verbringen zum Abschiebeort sowie eine etwaige Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. In dem genannten Zeitraum haben die zuständigen deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Februar 2008 - 11 S 2439/07 -, InfAuslR 2008, S. 213 <214> unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241).

14

Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Juni 2011 - 2 M 38/11 -, InfAuslR 2011, S. 390 <392>).

15

c) So liegt es auch im vorliegenden Fall. Bei Rückführungen in sichere Drittstaaten können hiervon betroffene Ausländer - anders als bei der Rückführung in ihr Heimatland - regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen. Bestehen - wie gegenwärtig im Falle Italiens - aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen.

16

Bei Vorliegen einer solchen Auskunftslage hat das zuständige Bundesamt angesichts der hier berührten hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und der bei der Durchführung von Überstellungen nach dem Dublin-System vorrangig zu berücksichtigenden Gesichtspunkte der uneingeschränkten Achtung des Grundsatzes der Einheit der Familie und der Gewährleistung des Kindeswohls (vgl. nunmehr Erwägungsgrund 16 der neugefassten Verordnung Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 - Dublin III-Verordnung) jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit neugeborenen (vgl. Art. 15 Abs. 1 und 2 der Dublin II-Verordnung und Art. 16 Abs. 1 der Dublin III-Verordnung) und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren in dem genannten Sinne für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen.

17

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

18

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, mit der der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag weiterverfolgt, den nunmehr passivlegitimierten Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) zu verpflichten, bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren (Au 1 K 15.1605) auf Erteilung einer Duldung an den Antragsteller gemäß § 60a AufenthG keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen durchzuführen und ihm weiterhin eine Duldung zu erteilen, ist unbegründet. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen weder die Aufhebung noch eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

Der Antragsteller, ein kosovarischer Staatsangehöriger, dessen Asylantrag mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 4. Juli 2013 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, erhielt von der damals zuständigen Stadt A. seit 29. Oktober 2013 im Hinblick auf fehlende Heimreisepapiere eine zuletzt bis 10. März 2015 gültige Duldung. Der am 20. Juni 2015 unter Verweis auf verschiedene ärztliche Atteste, in denen seine Reiseunfähigkeit attestiert wurde, gestellte Antrag auf neuerliche Erteilung einer Duldung wurde mit Bescheid vom 12. Oktober 2015 abgelehnt, weil einer Abschiebung entgegenstehende medizinische Gründe nicht nachvollziehbar belegt seien. Seither erhält der Antragsteller befristete Grenzübertrittsbescheinigungen. Mit Beschluss vom 16. Dezember 2015 lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg den Antrag auf einstweilige Anordnung ab, weil die geltend gemachten gesundheitlichen Probleme nicht zu einer Unmöglichkeit der Abschiebung wegen einer Reiseunfähigkeit des Antragstellers führten und daher kein Anordnungsanspruch vorliege. Im Übrigen spreche vieles dafür, dass es angesichts der nicht beabsichtigten Abschiebung schon an einem Anordnungsgrund fehle.

Der Antragsteller verweist in der Begründung seiner Beschwerde darauf, dass sehr wohl ein Anordnungsgrund vorliege, weil die Abschiebung des Antragstellers lediglich bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zurückgestellt worden sei. Auch ein Anordnungsanspruch liege vor, denn aus dem Schreiben des Gesundheitsamts der Stadt A. vom 2. Juni 2015, das von der dortigen Ausländerbehörde in Auftrag gegeben worden sei, ergebe sich die fehlende Reisefähigkeit des Antragstellers; dort werde die Frage nach der „Freitodgefahr“ bejaht und zugleich ein „fachpsychiatrisches Gutachten zum Ausschluss“ dieser Gefahr verlangt, das von der Ausländerbehörde bis zum heutigen Tage nicht eingeholt worden sei. Der Antragsteller leide wegen seiner Kindheits- und Jugenderlebnisse an starken Depressionen, wie insbesondere aus der ärztlichen Stellungnahme des Diplom-Psychologen T. vom 4. November 2015 hervorgehe. Dieser kenne den Antragsteller seit fast zweieinhalb Jahren und halte eine somatische Chronifizierung und Verelendung im Falle der Rückkehr des Antragstellers in den Kosovo bei dort fehlenden oder nicht erreichbaren psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten für wahrscheinlich. Dieser Situation werde der Antragsteller durch Suizid zuvorkommen. Auch Dr. H. habe eine schwere psychische Erkrankung am 3. März 2015 bestätigt. In seiner Stellungnahme vom 9. April 2015 weise des Weiteren Dr. A. auf eine Verschlechterung der depressiven Erkrankung hin und bestätige die vorliegende Suizidalität. Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Gutachten und Stellungnahmen der drei Ärzte und vor dem Hintergrund einer langjährigen Behandlung sei die Aussage des Verwaltungsgerichts, „eine Behandlung sei nicht ernsthaft eingeleitet“ worden, nicht nachvollziehbar. Letztmals unter dem 16. Januar 2016 bescheinige Dr. H. dem Antragsteller eine „schwere depressive Episode… infolge einer Belastungsreaktion bei dramatisierenden Erlebnissen in seiner Heimat“ sowie Albträume. In Ermangelung von für ihn erreichbaren Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo würde sich der Gesundheitszustand des Antragstellers alsbald nach seiner Rückkehr wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern.

Der Senat hat mit Zwischenverfügung vom 3. Februar 2016 der damals zuständigen Stadt A. aufgegeben, bis zur Entscheidung über die Beschwerde von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen angesichts des noch bestehenden Aufklärungsbedarfs abzusehen. Am 10. August 2016 erstellte Prof. Dr. D. auf Ersuchen des Antragsgegners eine gutachterliche Stellungnahme, die sich auf die vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und die weiteren, im Verwaltungsverfahren angefallenen Schriftstücke stützt; danach würden sich die psychiatrischen Störungen im Rahmen einer Abschiebung in den Kosovo nicht lebensbedrohlich verschlechtern, eine Reiseunfähigkeit liege nicht vor.

1. Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes (§ 123 Abs. 1, 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) ergibt sich - unabhängig davon, ob die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Abschiebung des Antragstellers sei „weder terminiert noch organisiert noch beabsichtigt“, zum Ausschluss eines Anordnungsgrunds vor dem Hintergrund ausreicht, dass die damalige Antragsgegnerin die Abschiebung bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts als nicht „beabsichtigt“ bezeichnet hatte - bereits daraus, dass sie mit Schreiben vom 3. Februar 2016 gegenüber dem Senat mitgeteilt hat, ein konkreter Abschiebetermin sei festgesetzt und kein Grund ersichtlich, hiervon abzusehen.

2. Es ist jedoch kein auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung durch Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG gerichteter Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 1, 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) glaubhaft gemacht. Die gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit (§ 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG) des Antragstellers ist durch die zahlreichen fachärztlichen Bescheinigungen nicht widerlegt.

2.1 Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers so lange auszusetzen, wie sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ein rechtliches Abschiebungshindernis liegt vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr zu befürchten ist, so dass die Abschiebungsmaßnahme wegen des nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten grundrechtlichen Schutzes auszusetzen ist. Erforderlich ist dabei, dass infolge der Abschiebung als solcher (unabhängig vom konkreten Zielstaat) eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes für den betroffenen Ausländer konkret droht (BayVGH, B. v. 31.5.2016 - 10 CE 16.838 - juris Rn. 7; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2016, A1 § 60a Rn. 57 f.). In Betracht kommen damit nur inlands- und nicht zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote (vgl. VG Augsburg, B. v. 16.12.2015, BA S. 5). Nach dem bestandskräftigen Bescheid des Bundesamts vom 4. Juli 2013 droht dem Antragsteller aber keine individuelle, erhebliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben i. S. v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Kosovo. Damit geht auch jeglicher Beschwerdevortrag ins Leere, soweit er sich mit der Situation des Antragstellers nach erfolgter Abschiebung in seine Heimat und der ihn dort erwartenden medizinischen und sonstigen Situation befasst und hieraus ein Abschiebungshindernis ableiten will.

Nach dem mit Wirkung zum 17. März 2016 (Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.3.2016 - BGBl I S. 390 -) eingeführten § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, wenn nicht der Ausländer eine im Rahmen der Abschiebung beachtliche Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Insofern hat der Gesetzgeber im Wesentlichen die obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. u. a. BVerwG, U. v. 11.9.2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251; U. v. 11.9.2007 - 10 C 17.07 - juris Rn. 15) nachvollzogen, wonach zur Substantiierung des Vorbringens einer Erkrankung (hier: angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes und der vielfältigen Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung) regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes gehört.

2.2 Vor dem so umrissenen rechtlichen Hintergrund geht der Senat davon aus, dass die gemäß der Neuregelung in § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG bestehende gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit des Antragstellers nicht widerlegt ist, so dass ein ernsthaftes Risiko, der Gesundheitszustand des Antragstellers werde sich unmittelbar durch die Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern, nicht vorliegt. Der Zweck der gesetzlichen Vermutung wird in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/7538, zu Art. 2 S. 18) folgendermaßen umschrieben:

Die Geltendmachung von Abschiebungshindernissen in gesundheitlicher Hinsicht stellt die zuständigen Behörden quantitativ und qualitativ vor große Herausforderungen. Oftmals werden Krankheitsbilder angesichts der drohenden Abschiebung vorgetragen, die im vorangegangenen Asylverfahren nicht berücksichtigt worden sind … Nach den Erkenntnissen der Praktiker werden insbesondere schwer diagnostizier- und überprüfbare Erkrankungen psychischer Art (z. B. Posttraumatische Belastungsstörungen [PTBS]) sehr häufig als Abschiebungshindernis (Vollzugshindernis) geltend gemacht, was in der Praxis zwangsläufig zu deutlichen zeitlichen Verzögerungen bei der Abschiebung führt.

Der Gesetzgeber geht nunmehr davon aus, dass lediglich lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, die Abschiebung des Ausländers hindern. Mit dieser Präzisierung wird klargestellt, dass nur äußerst gravierende Erkrankungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben nach Satz 1 darstellen...

Die Abschiebung darf nicht dazu führen, dass sich die schwerwiegende Erkrankung des Ausländers mangels Behandlungsmöglichkeit in einem Ausmaß verschlechtern wird, dass ihm eine individuell konkrete, erhebliche Gefahr an Leib oder Leben droht. Es wird jedoch im Falle einer Erkrankung nicht vorausgesetzt, dass die medizinische Versorgung im Herkunftsland bzw. im Zielstaat der Abschiebung der Versorgung in Deutschland oder in der Europäischen Union gleichwertig ist….

Die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen legen zwar eine schwerwiegende psychische Erkrankung dar, nicht aber, dass sich diese infolge einer Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Die vorgelegten Atteste zur Reise(un)fähigkeit entsprechen darüber hinaus nicht den Anforderungen, die an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung im Sinn von § 60a Abs. 2c Satz 2, 3 AufenthG zu stellen sind. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die in der Beschwerdebegründung in Bezug genommenen ärztlichen Stellungnahmen vom 3. März, 4. und 15. November 2015 sowie 5. Februar 2016 (jeweils Dipl.Psych. T.), vom 9. April 2015 (Dr. A) sowie das ärztliche Attest vom 16. Januar 2016 (Neurologe und Psychiater Dr. H.). Zum Teil thematisieren sie mit keinem Wort die im vorliegenden Fall allein entscheidende Frage der Reisefähigkeit, sondern befassen sich mit den hier nicht maßgeblichen, da zielstaatsbezogenen Voraussetzungen eines langfristigen Behandlungserfolgs im Kosovo. So wird beispielsweise angegeben, dass die vorliegende, mit Schlafstörungen und Panikattacken verbundene Depression bisher medikamentös nur mit mäßigem Erfolg habe bekämpft werden können, im Kosovo jedoch die dringend gebotene psychotherapeutische Behandlung nicht möglich sei, weshalb der Antragsteller dort verelenden und dann seinem Leben eine Ende setzen werde. Die Verantwortung für ihn könne jedoch nicht an der EU-Grenze aufhören. Dieser Vortrag zielt aber ungeachtet der Frage seiner Plausibilität auf ein - über die Beurteilung der Reisefähigkeit hinausgehendes - zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis ab, das in die ausschließliche Entscheidungszuständigkeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und nicht diejenige des Antragsgegners fällt (vgl. § 42 Satz 1 AsylG).

Des Weiteren lässt auch keine der ärztlichen Bescheinigungen, soweit sie eine Reiseunfähigkeit attestieren, die tatsächlichen Umstände, „auf deren Grundlage die fachliche Beurteilung erfolgte, und die Methode der Tatsachenerhebung“ erkennen (vgl. § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG). Es bestehen bereits - wie auch die Stellungnahme von Prof. D. nahelegt - erhebliche Zweifel daran, ob überhaupt eine schwerwiegende seelische Erkrankung glaubhaft gemacht ist; hierfür reicht nicht aus, dass sich der Antragsteller seit November 2014 in nervenärztlicher Behandlung befindet. Jedenfalls kann aus dem attestierten depressiven Syndrom nicht ohne weitere umfassende Begründung gefolgert werden, der Antragsteller sei reiseunfähig. Eine Reiseunfähigkeit ist schlichtweg nicht glaubhaft gemacht; der Hinweis, von einer Rückführung des Antragstellers in den Kosovo sei wegen der latenten Suizidalität und der Befürchtung einer Verschlechterung seiner seelischen Verfassung abzuraten (Dr. H., Attest v. 16.1.2016), ersetzt nicht die fehlende Darlegung der Diagnoseerstellung.

Der Senat macht sich insoweit die Auffassung des vom Antragsgegner beauftragten Fachpsychiaters Prof.D. in seiner gutachterlichen Äußerung vom 10. August 2016 zu eigen, deren Einholung notwendig geworden war, weil das Gesundheitsamt der Stadt A. auf entsprechende Anfrage der Ausländerbehörde in seiner Äußerung vom 2. Juni 2015 die Erstellung eines fachpsychiatrischen Gutachtens zur Suizidgefahr des Antragstellers für erforderlich gehalten hatte, ohne dass hieraus zunächst Konsequenzen gezogen wurden und ohne dass dieser Vorgang dem Verwaltungsgericht, dem offenbar Teile der Ausländerakte (Blatt 160 a bis 160 d) nicht vorlagen, bekannt war. Die fachpsychiatrische Äußerung vom 10. August 2016 wertet sämtliche bekannten Stellungnahmen und sonstigen schriftlichen Erkenntnisse zusammenfassend aus und kommt zu dem nachvollziehbaren Schluss, dass die seit 2013 vorgelegten medizinischen Äußerungen die Feststellung der Reiseunfähigkeit aufgrund akuter Suizidalität des Antragstellers nicht tragen. Gleichwohl - um „auf der sicheren Seite“ zu sein - werde empfohlen, den Antragsteller im kritischen Zeitraum „während der Ausreise unter entsprechende ärztliche Beobachtung zu stellen“.

Die behauptete wesentliche oder lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Antragstellers (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne) wird durch keines der fachärztlichen Atteste hinreichend belegt. Ein Attest, dem nicht zu entnehmen ist, wie es zur prognostischen Diagnose kommt und welche Tatsachen dieser zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen Reiseunfähigkeit zu begründen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 8.2.2012 - 2 M 29/12 - juris Rn. 11 ff.). Aber selbst bei Annahme einer nicht völlig auszuschliessenden Suizidgefahr liegt nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor; vielmehr ist die Abschiebung von der Ausländerbehörde dann ggf.so zu gestalten, dass einer Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann (BayVGH, B. v. 9.4.2003 - 10 CE 03.484 - juris Rn. 9; BVerfG, B. v. 16.4.2002 - 2 BvR 553/02 - juris; B. v. 26.2.1998 - 2 BvR 1985/98 - juris Rn. 4).

Der Kostenausspruch folgt für das Beschwerdeverfahren aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 8.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt B. wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin wurde als Kind somalischer Staatsangehöriger am 27. Dezember 2013 in der Bundesrepublik Deutschland geboren. Ihre Eltern reisten im Jahr 2013 in die Bundesrepublik ein und stellten einen Asylantrag; zuvor hatten sie bereits in Italien einen Asylantrag gestellt. Sie wendet sich gegen einen am selben Tage zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel vom 27. März 2014, mit dem ihr Eilrechtsschutz gegen die auf § 34a Abs. 1 Satz 1, § 27a AsylVfG gestützte Anordnung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 13. März 2014 versagt wurde, sie auf Grundlage der neugefassten Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-Verordnung) gemeinsam mit ihren Eltern nach Italien abzuschieben.

2

1. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag der Beschwerdeführerin mit der Begründung ab, dass eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zum Selbsteintritt gemäß Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-Verordnung nicht bestehe. Weder sei ein Ausnahmefall nach dem Konzept der normativen Vergewisserung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 ff.) gegeben, noch lägen systemische Mängel des italienischen Asyl- und Aufnahmesystems im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH , Urteil vom 21. Dezember 2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417) vor, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass der Asylbewerber oder Flüchtling tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden. Systemische Mängel, die eine Aussetzung der Abschiebung in Anwendung von Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gebieten könnten, seien auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Falle von Italien aufgrund der Auskunftslage derzeit nicht erkennbar (vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336).

3

2. Die Beschwerdeführerin rügt mit ihrer am 28. April 2014, einem Montag, erhobenen Verfassungsbeschwerde die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG, Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 23 GG, Art. 3 Abs. 1 GG wegen willkürlicher Verkennung der Vorgaben aus Art. 3 EMRK sowie aus Art. 6 Abs. 1 GG.

4

a) Die Beschwerdeführerin befürchtet unter Bezugnahme insbesondere auf einen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zu den Aufnahmebedingungen in Italien vom Oktober 2013, bei einer Rückkehr nach Italien wie die große Mehrheit der Schutzbedürftigen obdachlos zu werden und keinen Zugang zu Gesundheitsvorsorge und Nahrungsmitteln zu erhalten. Schutzbedürftige Dublin-Rückkehrer seien einem sehr hohen Risiko der Verelendung ausgesetzt; ihre Situation sei wesentlich prekärer als die eines Asylsuchenden, der sich noch im Verfahren befinde. Etwas anderes gelte allenfalls für besonders schutzbedürftige Personen. Allerdings gälten Familien mit beiden Elternteilen in Italien nicht als verletzlich. Auch wenn es zu einer staatlichen Unterbringung kommen sollte, bestehe die Gefahr, dass sie nicht gemeinsam mit ihren Eltern als Familie untergebracht würden, sondern dass es zu einer Unterbringung von Mutter und Kind in der einen, des Vaters aber in einer anderen Einrichtung komme. Eine Trennung der Familie, um die Wahrscheinlichkeit der Unterbringung zu erhöhen, könne ihr jedoch nach Art. 8 EMRK nicht zugemutet werden. Gerade im Hinblick auf sie als neugeborenes Kind erscheine die Vorenthaltung von Gesundheitsversorgung und Nahrung dramatisch.

5

b) Das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG sei verletzt, weil das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgehe, die Berufung auf das Asyl-Grundrecht werde in Dublin-Fällen durch Art. 16a Abs. 2 GG ausgeschlossen. Die Dublin-Fälle richteten sich vielmehr allein nach der - spezielleren - Vorschrift des Art. 16a Abs. 5 GG und den Vorgaben des - zwischenzeitlich vergemeinschafteten - europäischen Asylsystems. Während Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG den materiell-rechtlichen Gewährleistungsinhalt des Grundrechts auf Asyl grundsätzlich einschränke und den Prüfungsmaßstab nach dem Konzept der normativen Vergewisserung festlege, liege der Kompetenzübertragung nach Art. 16a Abs. 5 in Verbindung mit Art. 23 GG die Idee zugrunde, dass die Bundesrepublik den Gewährleistungsinhalt von Art. 16a Abs. 1 GG einer europäischen Zuständigkeitsregelung unterwerfe und zugleich an ihr normsetzend mitwirke. Die Pflichten, die die Bundesrepublik sich mit Art. 16a Abs. 1 GG auferlegt habe, könne sie danach nur soweit delegieren, wie die Verheißung eines im Gebiet der Dublin-Verordnung geltenden Flüchtlingsschutzes im anderen Mitgliedstaat auch wirklich eingelöst werde. Sei dies nicht der Fall, treffe die Bundesrepu-blik kraft des wechselseitigen und auf Solidarität sowie Mindeststandards beruhenden Lastenausgleichssystems die Rolle eines "Ausfallbürgen". Europäische Asylstandards würden in Italien jedoch nicht gewahrt; nach allem, was über die dortige Situation von Asylbewerbern bekannt sei, würden dort entscheidende Bestimmungen aus der Verfahrens-, Aufnahme- und Qualifikationsrichtlinie ebenso verletzt wie Gewährleistungen der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK.

6

Aus der Pflicht der Bundesrepublik zu gewährleisten, dass die Beschwerdeführerin bei Überstellung an einen Dublin-Zielstaat keine Rechtsverletzungen an anderen Rechtsgütern erleide, folge, dass die Bundesrepublik sich derartige Rechtsverletzungen zurechnen lasse müsse. Ihr drohe in Italien Obdachlosigkeit und eine defiziente Gesundheits- und Lebensmittelversorgung, die in die reale Gefahr der Verelendung führe; hierin liege eine Verletzung sowohl der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG als auch eine Gefahr für ihr Leben und ihre körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Das Verwaltungsgericht habe im Übrigen auch gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, indem es die einfachgesetzlich geltenden Normen der EMRK verfehlt interpretiert habe. In ihrem Falle sei Art. 3 EMRK zu berücksichtigen gewesen, der mit dem Verbot "unmenschlicher" oder "erniedrigender" Behandlung nach allgemeiner Auffassung gerade die Situation der Verelendung umschreibe, die durch den Zielstaat der Überstellung zu unterbleiben habe. Die drohende Trennung der Familie ver-letze Art. 6 GG.

II.

7

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, und die Annahme ist nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>); sie ist unzulässig (dazu 1. und 2.). Hiervon unabhängig besteht allerdings Anlass zu dem Hinweis, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden in dem vorliegenden Einzelfall angesichts des geringen Alters der Beschwerdeführerin geeignete Vorkehrungen zu ihrem Schutz zu treffen haben (dazu 3.).

8

1. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG und Art. 3 Abs. 1 GG wegen willkürlicher Verkennung der Vorgaben aus Art. 3 EMRK rügt, zeigt sie schon die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht auf (vgl. zu diesem Erfordernis nur BVerfGE 108, 370 <386 f.>). Die Beschwerdeführerin setzt sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 <95 ff.>), des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH , Urteil vom 21. Dezember 2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413; Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336) nicht auseinander, die der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegt.

9

2. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung in ihren Rechten aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 23 GG sowie aus Art. 6 Abs. 1 GG aufgrund einer drohenden Obdachlosigkeit und einer Trennung von ihren Eltern bei einer Abschiebung geltend macht, legt sie nicht hinreichend substantiiert dar, dass sie in Italien mit Obdachlosigkeit und Trennung der Familie zu rechnen hat und ihr als Folge der Abschiebung mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Gesundheitsgefahren drohen. Es bedarf daher keiner Klärung, ob dahingehende systemische Mängel des italienischen Aufnahmesystems bestehen und ob solche strukturelle Defizite in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union einen im Konzept der normativen Vergewisserung nicht aufgefangenen Sonderfall darstellen können (vgl. dazu nur Moll/Pohl, ZAR 2012, S. 102 <104 ff.>; zu den Darlegungslasten für die Begründung eines solchen Sonderfalles vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Hierbei wäre ohnehin zu berücksichtigen, dass etwaige mit der Überforderung des Asylsystems eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verbundene transnationale Probleme vornehmlich auf der Ebene der Europäischen Union zu bewältigen sind (vgl. BVerfGE 128, 224 <226>).

10

3. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es allerdings - unbeschadet der Prüfung, ob einer Zurückweisung oder Rückverbringung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen - in Einzelfällen geboten sein, dass die deutschen Behörden vor einer solchen mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen, den Sachverhalt klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen treffen (vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Insbesondere besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug einer Abschiebung betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende tatsächliche Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten; diese Stelle hat gegebenenfalls durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung (Duldung) oder durch entsprechende tatsächliche Gestaltung derselben die notwendigen Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241 <242>).

11

a) Nach der - von Verfassungs wegen nicht zu beanstandenden - jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist es im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG mit Blick auf den Wortlaut dieser Vorschrift Aufgabe allein des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu prüfen, ob "feststeht", dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. November 2004 - 2 M 299/04, juris; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, InfAuslR 2011, S. 310, dort <311> auch m.w.N. zur a.A.; OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 4. Juli 2012 - 2 LB 163/10 -, InfAuslR 2012, S. 383; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris; zuletzt VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris).

12

Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, Rn. 4; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris, Rn. 4; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris, Rn. 7; VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris, Rn. 4).

13

b) Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehören das Aufsuchen und Abholen in der Wohnung, das Verbringen zum Abschiebeort sowie eine etwaige Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. In dem genannten Zeitraum haben die zuständigen deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Februar 2008 - 11 S 2439/07 -, InfAuslR 2008, S. 213 <214> unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241).

14

Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Juni 2011 - 2 M 38/11 -, InfAuslR 2011, S. 390 <392>).

15

c) So liegt es auch im vorliegenden Fall. Bei Rückführungen in sichere Drittstaaten können hiervon betroffene Ausländer - anders als bei der Rückführung in ihr Heimatland - regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen. Bestehen - wie gegenwärtig im Falle Italiens - aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen.

16

Bei Vorliegen einer solchen Auskunftslage hat das zuständige Bundesamt angesichts der hier berührten hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und der bei der Durchführung von Überstellungen nach dem Dublin-System vorrangig zu berücksichtigenden Gesichtspunkte der uneingeschränkten Achtung des Grundsatzes der Einheit der Familie und der Gewährleistung des Kindeswohls (vgl. nunmehr Erwägungsgrund 16 der neugefassten Dublin III-Verordnung) jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit neugeborenen (vgl. Art. 16 Abs. 1 der Dublin III-Verordnung) und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren in dem genannten Sinne für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen.

17

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

18

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

I. Die Beschwerde wird mit der weiteren Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin dafür Sorge zu tragen hat, dass die Antragstellerin im Zielstaat der Abschiebung an hinreichend qualifiziertes medizinisches Personal übergeben wird.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag weiter, die Antragsgegnerin zu verpflichten, vorerst für drei Monate aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen sie zu unterlassen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung mit der Maßgabe abgelehnt, dass die Abschiebung unter fachpsychiatrischer Begleitung durchgeführt wird.

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Vorbringen im Beschwerdeverfahren, auf dessen Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt keine Abänderung der angegriffenen Entscheidung. Die Antragstellerin hat auch im Beschwerdeverfahren nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass aufgrund ihrer Erkrankungen ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG besteht (1.). Die Antragsgegnerin war auch nicht zu weiterer Sachaufklärung verpflichtet (2.). Zur Abwehr möglicher erheblicher Gefahren für Leben und Gesundheit der Antragstellerin durch suizidale Handlungen hat die Antragsgegnerin aber ergänzend sicherzustellen, dass die Antragstellerin in ihrem Heimatland in qualifizierte ärztliche Betreuung überstellt wird (3.).

1. Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers so lange auszusetzen, wie sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ein rechtliches Abschiebungshindernis liegt vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr zu befürchten ist, so dass die Abschiebungsmaßnahme wegen des nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten grundrechtlichen Schutzes auszusetzen ist. Erforderlich ist dabei, dass infolge der Abschiebung als solcher (unabhängig vom konkreten Zielstaat) eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes für den betroffenen Ausländer konkret droht (BayVGH, B.v. 31.5.2016 - 10 CE 16.838 - juris Rn. 7; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2016, A1 § 60a Rn. 57 f.). In Betracht kommen damit nur inlandsbezogene Abschiebungsverbote. Eine bestehende psychische Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in zwei Fällen begründen: Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange der Ausländer wegen Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie - außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne; zum Ganzen vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2017 - 10 CE 17.30 - juris Rn. 4).

Nach dem mit Wirkung zum 17. März 2016 (Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.3.2016 - BGBl I S. 390 -) eingeführten § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, wenn nicht der Ausländer eine im Rahmen der Abschiebung beachtliche Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten.

Die im Beschwerdeverfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen vom 6. Mai 2011, 13. Januar 2016 und 8. November 2016, die der Antragstellerin eine Hepatitis-Erkrankung, eine deutliche depressive Symptomatik sowie einen Bandscheibenvorfall attestieren, treffen keinerlei Aussagen zur Reisefähigkeit der Antragstellerin und erfüllen daher nicht die Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung im Sinne des § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG.

Das gilt auch für die Stellungnahme von Dr. E. vom 13. Oktober 2016, in der er als Diagnose angibt, dass die Antragstellerin an einer depressiven Störung, einer schweren sozialen Phobie, einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsstörung leide. Die Angaben in dem Schreiben lassen nicht erkennen, auf welcher Grundlage die fachliche Beurteilung des diagnostizierten Krankheitsbildes erfolgt. Dr. E. bezieht sich teilweise auf Vorgänge aus den Jahren 2010 bis 2015. Jedenfalls enthält die Stellungnahme als Folge des gegenwärtigen Gesundheitszustands der Antragstellerin die Empfehlung, dass sie sich in eine psychosomatische Klinik zur stationären Behandlung begeben soll.Feststellungen zur Reisefähigkeit oder zu einer Suizidalität im Falle der Abschiebung trifft Dr. E. nicht.

2. Eine von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren geltend gemachte weitere Sachaufklärungspflicht der Ausländerbehörde, ob bei ihr ein Abschiebungshindernis nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorliegt, besteht nicht. Nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, so lange der Ausländer eine fehlende Reisefähigkeit nicht durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Da sich die Antragstellerin der Antragsgegnerin gegenüber darauf berufen hat, dass sie an einer schwer wiegenden psychischen Erkrankung leide und daher nicht reisefähig sei (Bescheinigung von Dr. E. vom 20. November 2015), hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 14. September 2016 eine ärztliche Untersuchung der Antragstellerin im I.-A.-Klinikum anordnet (§ 60a Abs. 2d Satz 3 AufenthG). Die Möglichkeit, eine ärztliche Untersuchung anzuordnen, ist Ausfluss der Mitwirkungspflicht des Ausländers nach § 82 AufenthG (vgl. § 82 Abs. 4 AufenthG, BT-Drs 18/7538 S. 20). Auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtung wurde sie hingewiesen (§ 60a Abs. 2d Satz 4 AufenthG).

Die Antragstellerin hat trotz des Hinweises, dass die vorgetragene Erkrankung nicht als Abschiebungshindernis berücksichtigt wird, falls sie der Verpflichtung zur Teilnahme an der angeordneten Untersuchung nicht Folge leistet, die Untersuchung abgebrochen. Sie ist daher ihrer gesetzlich bestehenden Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, so dass sie sich nicht darauf berufen kann, die Ausländerbehörde sei zu weiteren Ermittlungen verpflichtet (Art. 24 BayVwVfG), um für sie günstige Umstände festzustellen. Vielmehr ist die Ausländerbehörde nach dem Gesetzeswortlaut sogar berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen (§ 60a Abs. 2d Satz 3 AufenthG)

Bestehen allerdings wie hier aufgrund der beiden amtsärztlichen Untersuchungen aus den Jahren 2011 und 2012 Anhaltspunkte dafür, dass eine ernsthafte psychische Erkrankung vorliegt, die zur Reiseunfähigkeit führen könnte, muss die Ausländerbehörde, auch unabhängig von den gesetzlich normierten Mitwirkungspflichten des Betroffenen, den Sachverhalt - soweit dies ohne Mitwirkung des Betroffenen möglich ist - von Amts wegen weiter aufklären. Dieser Pflicht ist die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall dadurch nachgekommen, dass sie den mit der Untersuchung beauftragten Sachverständigen ersucht hat, aufgrund der vorhandenen ärztlichen Unterlagen und der abgebrochenen psychiatrischen Untersuchung ein psychiatrisches Gutachten zur Reisefähigkeit der Antragstellerin zu erstatten. Offen bleiben kann daher, wie weit die Amtsermittlungspflicht der Ausländerbehörde in einem Fall, in dem der Ausländer eine erforderliche Untersuchung verweigert, reicht.

Im Gutachten vom 27. Januar 2017 kommt der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend zum Ergebnis, dass bei der Antragstellerin im Zusammenhang mit einer drohenden Abschiebung wahrscheinlich eine „Anpassungsstörung vom Typ Angst und depressive Reaktionen gemischt“ vorliegt, die ihre Reisefähigkeit nicht in Frage stellt. Zu dieser Diagnose kommt der Gutachter, nachdem er sich mit den bisherigen, von der Antragstellerin vorgelegten fachärztlichen Attesten auseinandergesetzt hat und auf dieser Basis dezidiert erläutert, aus welchen Gründen die Beschreibung der Krankheitssymptome und der Lebenssituation die damals getroffenen Diagnosen nicht tragen.

Den Feststellungen des Gutachtens vom 27. Januar 2017, auf die das Verwaltungsgericht die Ablehnung des Antrags auf vorläufige Aussetzung der Abschiebung stützt, tritt die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert entgegen. Unerheblich ist insoweit, dass die erst im Beschwerdeverfahren vorgelegte Stellungnahme von Dr. E. vom 13. Oktober 2016 dem Gutachter nicht vorlag. Diese Stellungnahme entspricht inhaltlich bezüglich des psychischen Befundes nahezu wortgleich dem Bericht vom 20. November 2015 und verhält sich im Übrigen zur Frage der Reisefähigkeit nicht (s.o.).

3. Da es laut Gutachten vom 27. Januar 2017 trotz bestehender Reisefähigkeit nicht sicher auszuschließen ist, dass es bei der Antragstellerin im Falle einer erzwungenen Ausreise zu suizidalen Handlungen kommt, hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Aussetzung der Abschiebung mit der Maßgabe abgelehnt, dass die Abschiebung unter fachpsychiatrischer Begleitung durchgeführt wird. Dabei geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass „die Antragstellerin auch nach der Ankunft in ihrem Heimatland nicht völlig auf sich allein gestellt ist, sondern ohne zeitliche Unterbrechung der Betreuung und in die Obhut einer verantwortungsbewussten Stelle bzw. ärztlichen Maßnahme gegeben wird, die gewährleistet, dass sie die für sie erforderliche Hilfe erhält“.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, B.v. 17.9.2014 - 2 BvR 939/14 - juris Rn. 14) kann es in Einzelfällen geboten sein, dass die deutschen Behörden mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen, um gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen zu treffen. Insbesondere besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende Gefährdungen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten und durch entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung die notwendigen präventiven Vorkehrungen zu treffen (BVerfG, a.a.O., Rn. 13). Zur Abwehr möglicher erheblicher Gefahren für Leben und Gesundheit der Antragstellerin durch suizidale Handlungen muss die Antragsgegnerin bereits vor der Abschiebung entsprechende Vorkehrungen treffen (vgl. auch VGH BW, B.v. 22.2.2017 - 11 S 447/17 - juris Rn. 5). Die bereits vom Verwaltungsgericht vorausgesetzte Überstellung der Antragstellerin in entsprechend qualifizierte medizinische Betreuung im Zielstaat war daher mit der im Tenor bestimmten weiteren Maßgabe entsprechend zu konkretisieren.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.

(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.

(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten ist unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird.

(2) Ist eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen, so ist die Entscheidung über die Kosten unanfechtbar.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.