Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 31. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

III.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitgegenständlich sind als Leistungen nach dem SGB II Kosten der Schülerbeförderung für den Kläger in Höhe von monatlich 66,50 EUR für den Zeitraum September 2012 bis einschließlich Juli 2013 durch den Beklagten.

Der 2000 geborene Kläger lebt mit seiner Mutter und seinem 1993 geborenen Bruder in einer Bedarfsgemeinschaft, die seit Jahren Leistungen nach dem SGB II bezieht.

Nachdem die Bedarfsgemeinschaft im Jahr 2008 von B. in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten gezogen war, besuchten der Kläger und sein Bruder zunächst die Schule in B-Stadt. Im Frühjahr 2011 bestand der Kläger die Aufnahmeprüfung an der staatlichen Realschule in B-Stadt nicht.

Im Mai wechselten der Kläger und sein Bruder dann zu Schule in W., wobei er eine Klasse zurückgesetzt wurde, er also nochmals die 6. Klasse absolvierte. Die Fahrtkosten für das Schuljahr 2011/2012 wurden dem Kläger und seinem Bruder aufgrund eines im Verfahren L 7 AS 62/12 vor dem Senat geschlossenen Vergleichs vom 15.06.2012 dergestalt erstattet, dass der Beklagte für die Brüder die Fahrtkosten für die monatliche Schülerbeförderungskarte zur nächstgelegenen Schule nach B-Stadt übernahm, abzüglich der im Gesetz vorgesehenen fünf Euro monatlich.

Am 20.08.2012 beantragten der Kläger und sein Bruder für das Schuljahr 2012/2013 erneut die Übernahme von Fahrtkosten für den Besuch der Schule in W., wobei sie ihren Antrag jedoch in der Höhe beschränkten auf Kosten für Schülermonatskarten zur nächstgelegenen Schule in B-Stadt in Höhe von 71,50 EUR monatlich, abzüglich der im Gesetz vorgesehenen fünf Euro, also 66,50 EUR monatlich.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 05.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2013 die Übernahme von Beförderungskosten für das Schuljahr 2012/2013 vollumfänglich ab.

Aufgrund der hiergegen erhobenen Klage verurteilte das Sozialgericht Augsburg mit Urteil vom 31. Januar 2014 den Beklagten, für den Kläger und dessen Bruder Kosten der Schülerbeförderung in Höhe von 66,50 EUR monatlich für den Zeitraum September 2012 bis einschließlich Juli 2013 zu übernehmen.

Der Kläger und sein Bruder hätten nach § 28 Abs. 4 SGB II Anspruch auf Übernahme von Schülerbeförderungskosten in Höhe von 66,50 EUR monatlich. Bei der Schule in W. handle es sich zwar nicht um die nächst gelegene Schule eines Bildungsganges im Sinne von § 28 Abs. 4 SGB II. Die W. Schule als solche stelle keinen eigenen Bildungsgang dar. Da sich im nur 15 Kilometer entfernten B-Stadt staatliche Schulen jedes Bildungsganges befänden, welche grundsätzlich für den Kläger und seinen Bruder in Frage kämen, handle es sich bei der W. Schule nicht um die nächstgelegene Schule des „Bildungsganges“ im Sinne von § 28 Abs. 4 SGB II.

Dass nicht die nächstgelegene, sondern eine weiter entfernte Schule besucht werde, schließe den Anspruch nach § 28 Abs. 4 SGB II jedoch nicht aus. Das in Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz (GG) verfassungsrechtlich gewährleistete elterliche Erziehungsrecht, das insbesondere auch die Wahl der Schule mit einschließe, lasse eine Auslegung dahingehend, dass beim Besuch einer weiter entfernten Schule gar keine Leistungen gewährt werden, nicht zu. Auch der Zweck des Gesetzes spräche gegen einen vollständigen Ausschluss. Die Vorschrift des § 28 Abs. 4 SGB II sei eingeführt worden, weil Kosten, die für einen Schulweg anfallen, nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht aus dem Regelbedarf bestritten werden sollten. Darauf liefe es aber hinaus, schlösse man Kinder vom Anspruch nach § 28 Abs. 4 SGB II vollständig aus, die - aus welchen Gründen auch immer - nicht die im Sinne der landesrechtlichen Regelung nächstgelegene Schule besuchten. § 28 Abs. 4 SGB II solle Lücken in den Gesetzen der Länder für Leistungsberechtigte nach dem SGB II zu schließen.

Eine mit dem Gleichheitssatz unvereinbare ungerechtfertigte Besserstellung gegenüber Nichtleistungsempfänger sehe das Gericht bei einer solchen Auslegung von § 28 Abs. 4 SGB II nicht. Der Grund für die unterschiedliche Behandlung von Leistungsempfängern und Nichtleistungsempfängern läge gerade in der Hilfebedürftigkeit, die im SGB II Voraussetzung für den Empfang von Leistungen sei. Im Übrigen bestünde dieser Unterschied auch bei Schülern ab der 11. Klasse, deren Gruppe in der Gesetzesbegründung ausdrücklich genannt sei. Auch bei dieser Gruppe sei es so, dass Personen, die unter das SGB II fielen, ein Anspruch auf Schülerbeförderungskosten gemäß § 28 Abs. 4 SGB II hätten. Nichtleistungsempfänger hingegen seien nach dem Bayerischen Schulwegkostenfreiheitsgesetz (BaySchKFrG) vom Erstattungsanspruch weitgehend ausgenommen, Art. 3 Abs. 2 BaySchKFrG.

Der Anspruch sei auch nicht wegen Kostenübernahme nach Landesrecht oder durch Dritte ausgeschlossen. Schülerbeförderungskosten würden beim Besuch einer staatlichen Schule im B-Stadt nach dem Bayerischen Schulwegkostenfreiheitsgesetz übernommen. Denn unter den Anwendungsbereich der Schülerbeförderungsordnung fielen neben öffentlichen Schulen nach Art. 1 BaySchKFrG nur staatlich anerkannte Schulen, nicht hingegen Schulen mit staatlicher Genehmigung, wie es die W. Schule sei. Eine Anrechnung könne ohnehin nur erfolgen, wenn eine Kostenübernahme durch Dritte auch tatsächlich erfolgt, was hier unbestritten nicht der Fall sei.

Die Höhe des Anspruchs ergebe sich aus den Kosten einer Schülermonatskarte vom Wohnort des Klägers zur nächstgelegenen Schule nach B-Stadt in Höhe von 71,50 EUR, abzüglich eines Eigenanteils von 5,00 EUR, also monatlich 66,50 EUR. Beförderungskosten in dieser Höhe seien tatsächlich auch entstanden. Selbst unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten durch Nutzung von Mitfahrgelegenheiten fielen jeden Monat mindestens der Betrag an, den eine Schülermonatskarte vom Wohnort zur nächstgelegenen Schule nach B-Stadt im Schuljahr 2012/2013 auch gekostet habe. Als zumutbare Eigenleistung gelte dabei in der Regel ein Betrag in Höhe von 5,00 EUR monatlich, § 28 Abs. 4 Satz 2 SGB II, so dass der Umfang des Anspruchs 66,50 EUR monatlich betrage, vgl. § 1 Schülerbeförderungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.09.1994.

Hiergegen hat der Beklagte Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht lediglich im Hinblick auf den Kläger eingelegt und die Verurteilung durch das Sozialgericht zu Übernahme der Beförderungskosten für den Bruder des Klägers wegen besonderer Umstände akzeptiert.

Die Berufung hat der Beklagte im Wesentlichen damit begründet, dass das Sozialgericht in seinem Urteil die Vorschrift des § 28 Abs. 4 SGB II zu weitgehend ausgelegt habe. Der Wortlaut von § 28 Abs. 4 SGB II sei eindeutig. Fiktive Schülerbeförderungskosten dürften danach nicht übernommen werden. Ein Anspruch entstände nur beim tatsächlichen Besuch der nächstgelegenen Schule, was sich aus der Formulierung „die für den Besuch der nächstgelegenen Schule ... tatsächlichen Aufwendungen“ ergebe. Dies sei auch die Rechtsauffassung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen im Schreiben vom 22.07.2013 Aktenzeichen VI 1/6541.01/1/179. Träfe die vom Sozialgericht vorgenommene Auslegung der Vorschrift zu, hätte der Gesetzgeber die Worte „für den Besuch „ weglassen müssen.

Im Übrigen habe der BayVGH mit Beschluss vom 04.02.2013 Az. 7 ZB 12.2438 entschieden, dass beim Besuch einer weiter entfernten Schule als der nächstgelegenen grundsätzlich überhaupt kein Anspruch auf Übernahme von Beförderungskosten nach der Schulbeförderungsverordnung bestünde. Würden nun die Beförderungskosten nach dem SGB II übernommen, würde dies dazu führen, dass bedürftige Kinder bessergestellt würden als nichtbedürftige, was einen Verstoß gegen Art. 3 GG bedeuten würde. Bedürftige könnten es sich bei teilweiser Übernahme der Beförderungskosten letztlich leisten, eine vermeintlich bessere Schule zu besuchen, was vielen Nichtbedürftigen verwehrt bliebe, die die gesamten Kosten tragen müssten. Gerade Beziehern unterer Einkommensschichten, an denen sich die Regelungen der Sozialgesetze orientierten, sei die Kostentragung im Regelfall nicht möglich.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 31.01.2014 betreffend den Kläger aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 05.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.04.2013 insoweit abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Auslegung des § 28 Abs. 4 SGB II, wie sie das Sozialgericht vorgenommen habe, sei zutreffend und verfassungskonform. Eine Auslegung von § 28 Abs. 4 SGB II dergestalt, dass ein SGB II-Empfänger überhaupt keine Leistungen für Schülerbeförderungskosten bekomme, wenn er nicht die nächstgelegene Schule besuche, verstoße gegen Art. 6 Abs. 2 GG.

Mit Schreiben vom 17.06.2014 hat die Klägerseite eine Aufstellung mit im Schuljahr 2013/2013 tatsächlich angefallenen Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 1.234,18 EUR übermittelt.

Im Erörterungstermin vom 02.06.2014 haben die Beteiligten sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass der Kläger Anspruch auf Übernahme der Schulbeförderungskosten für die Monate September 2012 bis einschließlich Juli 2013 in Höhe von 66,50 EUR monatlich hat.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 05.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2013, mit dem der Beklagte die Übernahme der im Schuljahr 2012/2013 anfallenden Schülerbeförderungskosten vollständig abgelehnt hat. Bei den Kosten der Schülerbeförderung für den Kläger handelt es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand, der isoliert und unabhängig von übrigen Grundsicherungsleistungen geltend gemacht werden kann (vgl. BSG Urteil vom 10.09.2013, Az B 4 AS 12/13 R).

Der Kläger ist - wovon auch der Beklagte ausgeht und wie es der Senat festgestellt hat - leistungsberechtigt nach dem SGB II, vgl. §§ 19, 7 SGB II.

Nachdem der Kläger die Schülerbeförderungskosten für das Schuljahr 2012/2013 auch rechtzeitig im August 2012 beantragt hat, steht ihm ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten zu (BSG a. a. O. Rz. 16), den er im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage durchsetzen kann (BSG a. a. O. Rz. 16).

Der Anspruch des Klägers, der Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II und zudem Schüler ist, ergibt sich aus § 28 Abs. 4 SGB II.

Gemäß § 28 Abs. 4 SGB II werden bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule das gewählte Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden und es der leistungsberechtigten Person nicht zugemutet werden kann, die Aufwendungen aus dem Regelbedarf zu bestreiten. Als zumutbare Eigenleistung gilt in der Regel ein Betrag in Höhe von 5,00 EUR monatlich.

Diese Voraussetzungen liegen vor, da § 28 Abs. 4 SGB II im Sinne der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze (vgl. Bundesverfassungsgericht Urteil vom 09.02.2010, Az 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09) verfassungskonform ausgelegt (vgl. zur Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung von § 28 Abs. 4 SGB II Beschluss des BayLSGvom 15.03.2012, Az L 7 AS 1012/11 NZB Rz. 15) werden muss (so auch ausdrücklich Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 23.07.2014, Az 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 Rz. 125, 132). Entscheidend ist insoweit aus verfassungsrechtlicher Sicht nur, dass existenzsichernde Bedarfe insgesamt tatsächlich gedeckt sind (BVerfG Beschluss vom 23.07.2014, Az 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 Rz. 115).

Zutreffend hat das Sozialgericht zunächst festgestellt, dass es sich bei der vom Kläger besuchten Schule nicht um die nächstgelegene Schule im Sinne dieser Vorschrift handelt, da es sich bei der W. Schule um eine Schule des jeweiligen Bildungsgangs im Sinne der Vorschrift handelt und die W. Schule als Schule mit besonderer Prägung bzw. mit besonderem Schulprofil keinen eigenständig wählbaren Bildungsgang, sondern um eine freiwillig gewählte Option innerhalb des aufgrund des Alters des Schülers allein wählbaren Bildungsgangs handelt (vgl. auch Landessozialgericht B.-Brandenburg Beschluss vom 29.06.2012, Az L 28 AS 1153/12 B ER).

Zutreffend hat das Sozialgericht aber dann eine Auslegung von § 28 Abs. 4 SGB II dahingehend vorgenommen, dass die Kosten für die Schülerbeförderung zur nächstgelegenen Schule auch dann erstattet werden müssen, wenn ein Leistungsberechtigter nach dem SGB II eine weiter entfernte Schule besucht. Überzeugend hat das Sozialgericht dargelegt, dass sich eine solche Auslegung aus dem Gesetzeszweck ergibt und unter verfassungsmäßigen Aspekten zwingend ist.

Schülern, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, sollte es durch die Vorschrift des § 28 Abs. 4 SGB II ermöglicht werden, ihre Existenzminimum dadurch abzudecken, dass Schülerbeförderungskosten, die nicht im Regelbedarf enthalten sind, zusätzlich zum Regelbedarf vom zuständigen Land übernommen werden. Dieser Gesetzeszweck würde nicht erfüllt, wenn ein Schüler - aus welchen Gründen auch immer - nicht die nächstgelegene, sondern eine etwas weiter entfernte Schule besucht.

Denn nach § 28 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt (vgl. BSG Urteil vom 10.09.2013, Az B 4 AS 12/13 R). Sie sind mithin zusätzlich zum Regelbedarf bzw. anknüpfend an die Forderung des BVerfG (BVerfG vom 09.02.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 12, Rz. 203) ggf. auch ausschließlich zur Gewährleistung des Existenzminimums zu erbringen, wenn nur durch sie allein Hilfebedarf ausgelöst wird. Dies wird auch in der Begründung zum Entwurf des RBEG/SGBII/SGB XII-ÄndG ausdrücklich unterstrichen, wenn es dort heißt, dass die materielle Ausstattung von Schülerinnen und Schülern für die Teilnahme an schulischen Aktivitäten sowie außerschulischer Bildung durch gesonderte und zielgerichtete Leistungen zu gewährleisten sei. Die Bedarfe seien vorbehaltlich des § 19 Abs. 3 S. 3 SGB II selbstständig zu gewähren (BT-Drucks 17/3404, S 104).

Auch die systematische Betrachtung belegt die Notwendigkeit der Übernahme von Schülerbeförderungskosten zusätzlich zum Regelbedarf (vgl. allgemein zur Übernahme von Mobilitätskosten auch BVerfG Beschluss vom 23.07.2014, Az 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 Rz. 125, 145) . Zwar bleiben die Bildungs- und Teilhabeleistungen Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von Kindern und Jugendlichen, also der Maßnahmen zur Sicherung deren Existenzminimums (BSG Urteil vom 28.03.2013, Az B 4 AS 12/12 R Rz. 44). Sie sind jedoch mit Ausnahme der Leistungen nach § 28 Abs. 3 SGB II (persönlicher Schulbedarf) gemäß § 37 Abs. 1 S. 2 SGB II gesondert zu beantragen. Dies spricht dafür, dass auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers Bildungs- und Teilhabeleistungen eigenständig als Ergänzung zum Regelbedarf einklagbar sein sollen. Die Regelung des § 37 Abs. 1 S. 2 SGB II begründet keine Zweifel an dieser Auslegung. Insoweit folgt der Gesetzgeber lediglich der Rechtsprechung des BSG zur Rechtslage vor dem 01.01.2011. Es hatte eine gesonderte Antragstellung für den persönlichen Schulbedarf nicht für erforderlich gehalten, weil dieses Begehren vom Antrag auf Alg II/Sozialgeld umfasst sei (ausführlich BSG vom 23.03.2010, Az B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr. 2, RdNr. 14 f). Die Möglichkeit der isolierten Einklagbarkeit entspricht auch dem Sinn und Zweck der Leistungen für Bildung und Teilhabe. Sie sollen dazu dienen, besondere Bedarfslagen bei Kindern und Jugendlichen im Einzelfall und unabhängig von der übrigen Bedarfsgemeinschaft gezielt zu decken (BT-Drucks 17/3404, S 104). Wenn der Gesetzgeber zur verfassungsrechtlich gebotenen Sicherstellung des Existenzminimums einem leistungsberechtigten Schüler neben dem Regelbedarf einen eigenständigen Anspruch auf Schülerbeförderungskosten geben wollte, bedeutet dies, dass - wenn tatsächlich Beförderungskosten zur nächstgelegenen Schule entstehen, dem Schüler Leistungen in dieser Höhe auch zustehen. Dadurch, dass ein Schüler dann von seinem ihm grundrechtlich zustehenden Recht auf freie Schulwahl Gebrauch macht, verliert er diesen Anspruch nicht.

Entgegen der Auffassung des Berufungsklägers verstößt eine solche Auslegung von § 28 Abs. 4 SGB II auch nicht gegen das Gleichheitsgebot in Art. 118 der Bayerischen Verfassung (BV) und in Art. 3 Grundgesetz (GG).

Zwar hat der BayVGH - wie der Berufungskläger dargelegt hat - mit Beschluss vom 04.02.2013, Az 7 ZB 12.2438 entschieden, dass Kosten für den Besuch einer anderen als der nächstgelegenen Schule nach bayerischem Landesrecht nicht zu erstatten sind. Der bayerische Gesetzgeber hat nach dieser Rechtsprechung des BayVGH die Schülerbeförderungskostenfreiheit Ansprüche auf Schülerbeförderungskosten insgesamt ausgeschlossen, wenn nicht die nächstgelegene Schule, sondern eine andere Schule besucht wird. Nach Auffassung des BayVGH ergibt sich aus der Verfassung des Freistaats Bayern kein allgemeiner Anspruch auf Subventionierung von Ausbildungskosten, wie es die Kostenfreiheit des Schulwegs darstellt. Wenn dann ein Schüler von seinem Recht auf freie Schulwahl in der Weise Gebrauch macht, dass der Schüler nicht die nächstgelegene Schule besucht, so darf ihm und seinen Eltern nach Auffassung des BayVGH auch ohne Verstoß gegen Art. 118 Abs. 3 BV zugemutet werden, die finanziellen Folgen dieser Entscheidung selbst zu tragen.

Diese Rechtsprechung des BayVGH betrifft jedoch ausschließlich bayerisches Landesrecht und ist für die Auslegung der bundesgesetzlichen Vorschrift des § 28 Abs. 4 SGB II nicht relevant. Insoweit geht es hier zudem um eine andere Vergleichsgruppe. Nach dem SGB II soll das Existenzminimum eines Leistungsberechtigten sichergestellt werden, zu dem auch Schülerbeförderungskosten grundsätzlich gehören. Zwar sieht § 28 Abs. 4 SGB II in Übereinstimmung mit den bayerischen landesrechtlichen Vorschriften vor, dass grundsätzlich die nächstgelegene Schule zu besuchen ist. Jedoch ist hier zu berücksichtigen, dass Leistungsberechtigte nach dem SGB II - anders als bei der landesrechtlichen Vorschrift - bei der ihnen grundgesetzlich zustehenden freien Schulwahl benachteiligt werden, wenn ihnen Leistungen für die Schülerbeförderung vorenthalten werden, wie sie beim Besuch einer öffentlichen Schule zwingend anfallen würden. Ein Schüler, der leistungsberechtigt nach dem SGB II ist, soll nach den Vorstellungen des Bundesgesetzgebers von diese finanziellen Folgen seiner Entscheidung geschützt sein und ihm zumindest das Existenzminimum - bestehend aus dem Regelbedarf und zusätzlich den Schülerbeförderungskosten - bleiben.

Soweit der Beklagte eine Ungleichbehandlung mit Geringverdienern sieht, ist lediglich darauf zu hinzuweisen, dass an der Schnittstelle zwischen Bedürftigkeit nach dem SGB II und geringem Verdienst regelmäßig Situationen entstehen, wo sich Geringverdiener entscheiden müssen, wie sie die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen wollen. Eine Verpflichtung des Staates, ihnen zusätzliche Mittel zur Verfügung zustellen, entsteht erst, wenn das Existenzminimum nicht mehr gewährleistet werden kann. Davon unabhängig ist, wie die Sicherstellung des Existenzminimums für nach dem SGB II Leistungsberechtigte erfolgt.

Allerdings können im Rahmen der spezialgesetzlichen Regelung des § 28 Abs. 4 SGB II bei der Festsetzung der Höhe der Leistung Ausgaben für die Schülerbeförderung nur insoweit berücksichtigt werden, als sie für die Fahrt zur nächstgelegenen Schule des jeweiligen Schultyps tatsächlich entstehen (unter Anrechnung anderer verfügbarer Unterstützungsleistungen). Denn bei verfassungskonformer Auslegung von § 28 Abs. 4 SGB II, kann der Anspruch aus § 28 Abs. 4 SGB II nicht mehr umfassen, als dieser seinem Wortlaut nach ergibt, also höchstens die Fahrtkosten zur nächstgelegenen Schule (vgl. Landessozialgericht B.-Brandenburg Beschluss vom 29.06.2012, Az L 28 AS 1153/12 B ER und Landessozialgericht B.-Brandenburg Beschluss vom 05.09.2012, Az L 14 BK 2/12 B ER). Die Kosten sind demgemäß aufgrund des Wortlautes von § 28 Abs. 4 SGB II gedeckelt auf die tatsächlich notwendigen Schülerbeförderungskosten. Diese betragen - wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat -, im streitgegenständlichen Zeitraum 66,50 EUR monatlich.

Nachdem der Kläger keine höheren Leistungen als diese begehrt, kann dahingestellt bleiben, ob sich gegebenenfalls ein Anspruch auf höhere Leistungen als zur nächstgelegenen Schule aus § 21 Abs. 6 SGB II ergeben würde. Einen solchen Anspruch könnte der Kläger nicht isoliert, sondern nur abhängig von den sonstigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltend machen (offen gelassen in BSG Urteil vom 10.09.2013, Az B 4 AS 12/13 R; ablehnend BSG vom 18.02.2010, Az B 4 AS 29/09 R und BSG Urteil vom 26.05.2011, Az B 14 AS 146/10 R). Allerdings dürfte ein Anspruch auf höhere Fahrtkosten als zur nächstgelegenen Schule aus § 21 Abs. 6 SGB II daran scheitern, dass es sich bei Schülerbeförderungskosten um keinen im Einzelfall notwendigen, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarf handelt (vgl. BSG Urteil vom 10.09.2013, Az B 4 AS 12/13 R Rz. 27 ff), da das Elternrecht auf Wahl der Schule nicht so weit geht, dass hierdurch vom zuständigen Leistungsträger mehr als nur die existenznotwendige Leistung erbracht werden müsste. In diesem Fall sind höhere Fahrtkosten nicht existenznotwendig und damit nicht „notwendig“ i. S.v. § 21 Abs. 6 SGB II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass der Beklagte und Berufungskläger im Berufungsverfahren keinen Erfolg hatte.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.

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(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.2.2011 bis 30.4.2011.

2

Der Beklagte bewilligte dem Kläger, seiner Mutter sowie seinen Geschwistern im Jahr 2010 und bis Ende April 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ab dem 1.7.2011 erhielt die Familie Wohngeld und für die Kinder wurde Kinderzuschlag gewährt. Der Kläger besuchte im streitigen Zeitraum die Klassenstufe 7 eines Gymnasiums im musischen Zweig. Bereits in der 5. und 6. Klasse hatte er ein Cello für den Musikunterricht an der Schule zu einer halbjährlichen Leihgebühr von 90 Euro ausgeliehen, fällig jeweils zum 1.2. und 1.8. des Jahres. Am 8.2.2011 erfolgte erneut eine Abbuchung der Leihgebühr für das Cello vom Konto der Mutter des Klägers. Sie stellte daraufhin für den Kläger am 21.2.2011 einen Antrag auf Übernahme dieser Aufwendungen durch den Beklagten als Teilhabeleistungen nach § 28 Abs 7 SGB II. Zur Begründung führte sie aus, dass es für den Besuch des musischen Zweigs der Schule zwingend erforderlich sei, ein Instrument zu spielen. Der Beklagte lehnte die Gewährung von Teilhabeleistungen durch Bescheid vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.2011 mit der Begründung ab, dass die Übernahme der Leihgebühren für ein Instrument grundsätzlich nach § 28 Abs 7 SGB II nicht förderfähig sei. Die Vorschrift gewährleiste insoweit lediglich die Teilnahme an außerschulischem Unterricht.

3

Den im Juli 2011 gestellten Antrag auf Übernahme der Kosten für einen Freizeitaufenthalt in einem "Dance Camp" vom 30.8. bis 3.9.2011 beschied der Beklagte durch die Bewilligung von Teilhabeleistungen in Höhe von 120 Euro (Bescheid vom 17.8.2011).

4

Im Klageverfahren hat das SG Mannheim den Beklagten zur Übernahme der Leihgebühren für den Zeitraum vom 1.2.2011 bis 31.7.2011 (Anm = 90 Euro) und 30 Euro für den Zeitraum vom 1.8.2011 bis 31.1.2012 verurteilt (Gerichtsbescheid vom 12.1.2012). Im Berufungsverfahren haben die Beteiligten den streitigen Zeitraum wie eingangs dargelegt beschränkt. Das LSG hat den Zeugen A. zu der Praxis der Schule im Hinblick auf die Leihgebühren für Musikinstrumente vernommen sowie den Zeugen H. hierzu schriftlich befragt. Letzterer hat angegeben, im Musikprofil und zur Nutzung in der Schule - ab der Klassenstufe 7 - würde keine Gebühr für das Ausleihen der Musikinstrumente erhoben. Dies sei nur in den Klassenstufen 5 und 6 sowie bei privater Nutzung ab der Klassenstufe 7 der Fall. Eine Nutzung des Cellos außerhalb der Schule oder einer privaten Einrichtung hat die Mutter des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG verneint. Das LSG hat der Berufung des Beklagten durch Urteil vom 23.1.2013 stattgegeben, den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ua ausgeführt, bei den Leistungen zur Teilhabe nach § 28 Abs 7 SGB II handele es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand. Der hilfebedürftige Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf die Übernahme der Leihgebühren für das Cello. Zwar habe er den Antrag auf die Leistung rechtzeitig gestellt. Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II würden jedoch nicht für einen durch den Schulbesuch entstehenden Bedarf gewährt. Sie dienten der Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben. Die Leihgebühr für das Cello sei hier kein außerschulischer Bedarf, sondern diene der Teilnahme am Unterricht in der Klassenstufe 7. Hierfür seien insbesondere die Leistungen für den persönlichen Schulbedarf vorgesehen. § 21 Abs 6 und die Darlehensgewährung nach § 24 SGB II schieden als Anspruchsgrundlagen ebenfalls aus. Der Leistungsanspruch für das Jahr 2011 sei zudem durch die Leistungsgewährung für die Teilnahme an dem Dance Camp in vollem Umfang erloschen.

5

Die vom LSG zugelassene Revision gegen dieses Urteil begründet der Kläger mit einer Verletzung von § 28 Abs 7 SGB II durch die Auslegung des LSG. Die Leistungen nach dieser Vorschrift seien nicht nur für außerschulische Aktivitäten gedacht, sondern sollten die Integration von Kindern und Jugendlichen in die Gemeinschaft, auch die schulische, befördern. Es solle verhindert werden, dass "arme" Kinder und Jugendliche von Gemeinschaftsaktivitäten ausgeschlossen würden. Dazu gehöre auch das gemeinsame Musizieren mit den anderen Kindern derselben Klassenstufe in der Schule. Zudem könne der Argumentation des Beklagten nicht gefolgt werden, dass zwar die Finanzierung des außerschulischen Musikunterrichts, nicht jedoch die Leihgebühren für ein Musikinstrument über Leistungen zur Teilhabe zu gewährleisten sei.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Januar 2013 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Januar 2012 zurückzuweisen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

10

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Übernahme der Leihgebühren für das Cello im Zeitraum vom 1.2. bis 30.4.2011 durch den Beklagten. Das LSG hat den Bescheid des Beklagten vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.2011 zutreffend für rechtmäßig befunden.

11

Der Kläger konnte den Streitgegenstand zwar zulässigerweise auf die Erstattung der Leihgebühren für das Cello beschränken. Ein Anspruch hierauf scheitert auch nicht daran, dass der Kläger den Antrag erst am 21.2.2011 gestellt hat. Als Anspruchsgrundlage kommt jedoch entgegen der Auffassung des Klägers nicht § 28 Abs 7 SGB II in Betracht. Nach der Rechtslage bis zum 31.7.2013 waren Bedarfe in Gestalt der Übernahme von Leihgebühren für ein Musikinstrument nicht durch Teilhabeleistungen nach dieser Vorschrift zu decken. Auch sind grundsätzlich für schulischen Unterricht als Bedarf keine Teilhabeleistungen nach § 28 Abs 7 SGB II zu erbringen. Der Kläger kann sein Begehren ebenso wenig auf § 21 Abs 6 SGB II stützen.

12

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Leihgebühren für das Cello im Zeitraum vom 1.2.2011 bis 30.4.2011 in Höhe von 10 Euro monatlich (insgesamt 30 Euro) als Zuschuss. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.2011 einen Anspruch auf Leistungen hierfür zutreffend verneint. Auf eine darlehensweise Gewährung der Miete für das Cello hat der Kläger schriftsätzlich gegenüber dem erkennenden Senat verzichtet.

13

Anknüpfend an die Rechtsprechung des BSG zu den Leistungen für Klassenfahrten und Schulbücher nach altem Recht (anzuwendendes Recht bis zum 31.12.2010) geht der erkennende Senat davon aus, dass es sich auch bei dem Anspruch auf Leistungen für Teilhabe gemäß § 28 Abs 7 SGB II um einen Individualanspruch desjenigen handelt, der den entsprechenden Bedarf geltend macht(vgl zur alten Rechtslage: BSG vom 22.11.2011 - B 4 AS 204/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 15 RdNr 10; BSG vom 10.5.2011 - B 4 AS 11/10 R - SozR 4-4200 § 44 Nr 2 RdNr 15; BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 9; BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, RdNr 13). Wortlaut sowie Sinn und Zweck des zum 1.1.2013 in Kraft getretenen § 28 Abs 1 S 1 SGB II unterstreichen die Übertragbarkeit der bisherigen Rechtsprechung zur alten Rechtslage auf die Leistungen für Bildung und Teilhabe. In § 28 SGB II werden als ausschließlich anspruchsberechtigt für die Schulbedarfe und außerschulischen Teilhabebedarfe Kinder und Jugendliche bezeichnet. Es handelt sich mithin nicht um Leistungen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft, sie sind vielmehr den einzelnen Kindern und Jugendlichen in der Bedarfsgemeinschaft individuell zuzuordnen.

14

Dieser Anspruch kann isoliert gerichtlich durchgesetzt werden (zu Klassenfahrten nach altem Recht vgl: BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 1/09 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 9 RdNr 11; BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 9; so auch BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, RdNr 13 und Erstausstattung: BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 11; BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9; BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 13 RdNr 11). Durch die Einführung der Bildungs- und Teilhabeleistungen nach § 28 SGB II aufgrund von Art 2 Nr 31 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und Änderung des SGB II und SGB XII ( vom 24.3.2011, BGBl I 453, mWv 1.1.2011) ist insoweit keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage eingetreten. Im Gegenteil: Wortlaut, Entstehungsgeschichte, systematischer Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Norm verdeutlichen, dass es sich auch weiterhin um einen abtrennbaren Streitgegenstand handelt. Nach § 28 Abs 1 S 1 SGB II werden Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Sie sind mithin zusätzlich zum Regelbedarf (s auch Thommes in Gagel, SGB II/SGB III, § 28 SGB II, RdNr 2, Stand III/2013; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 5, Stand XII/12)bzw anknüpfend an die Forderung des BVerfG (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 203)ggf auch ausschließlich zur Gewährleistung des Existenzminimums zu erbringen, wenn nur durch sie allein Hilfebedarf ausgelöst wird (s hierzu § 19 Abs 3 S 3 SGB II). Dies wird in der Begründung zum Entwurf des RBEG/SGBII/SGB XII-ÄndG ausdrücklich unterstrichen, wenn es dort heißt, dass die materielle Ausstattung von Schülerinnen und Schülern für die Teilnahme an schulischen Aktivitäten sowie außerschulischer Bildung durch gesonderte und zielgerichtete Leistungen zu gewährleisten sei. Die Bedarfe seien vorbehaltlich des § 19 Abs 3 S 3 SGB II selbständig zu gewähren(BT-Drucks 17/3404, S 104).

15

Auch die systematische Betrachtung belegt die Möglichkeit der Abtrennbarkeit der Bildungs- und Teilhabeleistungen als eigenständigen Streitgegenstand. Zwar bleiben die Bildungs- und Teilhabeleistungen Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von Kindern und Jugendlichen, also der Maßnahmen zur Sicherung deren Existenzminimums (s hierzu BSG vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R - RdNr 44, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-4200 § 20 Nr 18; s auch Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 8; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 7, Stand XII/12). Sie sind jedoch mit Ausnahme der Leistungen nach § 28 Abs 3 SGB II(persönlicher Schulbedarf) gemäß § 37 Abs 1 S 2 SGB II gesondert zu beantragen. Dies spricht dafür, dass auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers Bildungs- und Teilhabeleistungen eigenständig einklagbar sein sollen. Die Regelung des § 37 Abs 1 S 2 SGB II begründet keine Zweifel an dieser Auslegung. Insoweit folgt der Gesetzgeber lediglich der Rechtsprechung des BSG zur Rechtslage vor dem 1.1.2011. Es hatte eine gesonderte Antragstellung für den persönlichen Schulbedarf nicht für erforderlich gehalten, weil dieses Begehren vom Antrag auf Alg II/Sozialgeld umfasst sei (ausführlich BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 14 f). Die Möglichkeit der isolierten Einklagbarkeit entspricht auch dem Sinn und Zweck der Leistungen für Bildung und Teilhabe. Sie sollen dazu dienen, besondere Bedarfslagen bei Kindern und Jugendlichen im Einzelfall und unabhängig von der übrigen Bedarfsgemeinschaft gezielt zu decken (BT-Drucks 17/3404, S 104).

16

Schließlich verfolgt der Kläger den Anspruch auf Leistungen für die Miete des Cellos - nachdem die Leihgebühren bereits vom Konto der Mutter abgebucht worden waren - im hier streitigen Zeitraum in zulässiger Weise als Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (s zum Kostenerstattungsanspruch ausführlich: BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - RdNr 11 und 20 f, zur Veröffentlichung vorgesehen).

17

2. Der Kläger hat die Teilhabeleistung auch rechtzeitig beantragt. Dem steht nicht entgegen, dass ausweislich der Feststellungen des LSG die Mutter des Klägers die Übernahme der Leihgebühren erst am 21.2.2011 beim Beklagten beantragt hat, obwohl sie bereits am 1.2.2011 fällig geworden und am 8.2.2011 von ihrem Konto abgebucht worden sind. Ebenso wenig ist hinderlich, dass § 37 Abs 2 S 2 SGB II idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, nach dem der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf den Ersten des Monats zurückwirkt, erst zum 1.4.2011 in Kraft getreten ist. Für Leistungen nach § 28 Abs 2 und 4 bis 7 SGB II gilt nach der Übergangsvorschrift des § 77 Abs 8 SGB II(idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453), dass der Antrag hierauf abweichend von § 37 Abs 2 S 2 SGB II als zum 1.1.2011 gestellt gilt, wenn sie für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.5.2011 bis zum 30.6.2011 rückwirkend beantragt werden.

18

3. Dahingestellt bleiben konnte zum einen, welche Auswirkungen das Begleichen der Forderung der Gebühren vor der Antragstellung auf den Kostenerstattungsanspruch des Klägers haben könnte. Dies gilt sowohl für die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs an sich (s hierzu ausführlich BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - RdNr 11 und 20 f, zur Veröffentlichung vorgesehen sowie die Rechtsänderung zum 1.8.2013 durch Einführung von § 30 SGB II mit der Möglichkeit der nachträglichen Erstattung, BGBl I 1167, Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013), als auch für das Verhältnis der hier begehrten Geldleistung zu der nach § 28 Abs 7 iVm § 29 Abs 1 S 1 SGB II vorgesehenen Leistungsart der Sach- und Dienstleistungen, insbesondere in Form von personalisierten Gutscheinen oder Direktzahlungen an Anbieter. Ferner bedurfte es hier keiner weiteren Ausführungen zur Hilfebedürftigkeit des Klägers. Zwar ist die Hilfebedürftigkeit nach § 19 Abs 3 S 3 SGB II auch für die Bildungs- und Teilhabeleistungen Anspruchsvoraussetzung und sie ist - einschließlich der Einkommensberücksichtigung nach § 9 Abs 2 S 2 SGB II unter Einbeziehung der restlichen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft - auch dann zu prüfen, wenn ausschließlich die Deckung der Bedarfe nach § 28 Abs 7 SGB II eingeklagt wird. Darauf kommt es hier jedoch nicht an, denn der Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung scheitert bereits daran, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs 7 SGB II nicht erfüllt sind.

19

4. Nach § 28 Abs 7 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011 (BGBl I 453, mWv 1.1.2011) wird bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ein Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft in Höhe von insgesamt 10 Euro monatlich berücksichtigt für 1. Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, 2. Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und 3. die Teilnahme an Freizeiten. Bedarfe iS des § 28 Abs 7 Nr 2 SGB II in der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung sind nur solche, die für den Unterricht selbst entstehen, nicht jedoch Bedarfe für weitere mit ihm verbundene Aufwendungen, wie zB auch die Leihgebühren für ein Musikinstrument (vgl Fach in Oestreicher SGB II/SGB XII, § 28 SGB II RdNr 103, 105, Stand III/13; s auch Leopold in juris-PK SGB II, 3. Aufl 2012, § 28 RdNr 141, Stand: 2.4.2013; Spellbrink/G. Becker in Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 28 SGB II, RdNr 56; Thommes in Gagel SGB II/SGB III, § 28 SGB II RdNr 59, Stand IV/12; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 116, Stand XII/11; aA wohl Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 61).

20

Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, wenn es dort ausdrücklich heißt, dass Bedarfe für den Unterricht gedeckt werden. Es sollte also nur der - kostenpflichtige - Unterricht selbst über die Teilhabeleistungen finanziert werden. In der Begründung zum Gesetzentwurf des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG wird dazu ausdrücklich betont, dass der benannte Katalog der Bedarfe abschließend sei (BT-Drucks 17/3404, S 106), also keine über die Finanzierung des Unterrichts hinausgehenden Bedarfe durch Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II gedeckt werden sollten. Diese Gesetzesauslegung wird durch die systematische Einbindung der Vorschrift in das Gefüge der existenzsichernden Leistungen für Kinder und Jugendliche gestützt. Denn im Gegenzug zur Schaffung der Leistung nach § 28 Abs 7 SGB II wurden bei der Bemessung der Regelbedarfe von Kindern und Jugendlichen die Positionen "Außerschulische Unterrichte, Hobbykurse" in der Abteilung 09 und "Mitgliedsbeiträge an Organisationen ohne Erwerbszweck" in Abteilung 12 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 ausdrücklich unberücksichtigt gelassen. Anschaffungen zur Teilnahme an derartigen Aktivitäten sollten demnach auch weiterhin aus dem Regelbedarf gedeckt werden. So sollte Ziel der Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II auch lediglich sein, Kindern und Jugendlichen die Aufnahme in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen zu ermöglichen(BT-Drucks 17/3404, S 106). Der durch diese Aufnahme entstehende weitere Aufwand, auch beispielsweise durch Fahrtkosten zu etwaigen Gemeinschaftsveranstaltungen (BT-Drucks 17/3404, S 107), sollte hingegen nicht über § 28 Abs 7 SGB II finanziert werden können.

21

Der Blick auf die weitere Rechtsentwicklung belegt dieses Ergebnis. Nach § 28 Abs 7 SGB II idF des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013 (BGBl I 1167) können mit Wirkung ab dem 1.8.2013 nach dessen neu geschaffenem Satz 2 nun neben den Bedarfen nach Satz 1 auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im begründeten Ausnahmefall nicht zugemutet werden kann, diese aus dem Regelbedarf zu bestreiten (eingefügt durch Art 1 Nr 2 Buchst b des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013, BGBl I 1167, mWv 1.8.2013). In der Begründung zum Entwurf der Gesetzesänderung wird darauf hingewiesen, dass die Teilnahme an Aktivitäten nach den Nr 1 bis 3 des § 28 Abs 7 S 1 SGB II häufig so organisiert sei, dass durch ehrenamtliches Engagement die Unterrichtung kostenfrei angeboten werden könne. Dann scheitere die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen jedoch oft deswegen, weil die nötige Ausrüstung fehle. Als Beispiele werden in diesem Zusammenhang Musikinstrumente oder Schutzkleidung für bestimmte Sportarten benannt (BT-Drucks 17/12036, S 7). Der Gesetzgeber hat also im Nachhinein erkannt, dass die von ihm angestrebte Bedarfsdeckung lückenhaft geblieben war und hat deswegen diese Lücke durch die Erweiterung der anerkannten Bedarfslagen geschlossen. Wenn auch der Senat nicht der Auffassung ist, dass diese Gesetzesänderung, die ausdrücklich erst zum 1.8.2013 in Kraft getreten ist, zu einer Veränderung der zuvor dargelegten Rechtslage führt, so kann der Kläger unabhängig davon hier jedoch nicht mit einem Leistungsanspruch nach § 28 Abs 7 SGB II erfolgreich sein.

22

Die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II dienen nur dazu, außerschulische Bedarfe zu decken(bereits angedeutet in BSG vom 25.1.2012 - B 14 AS 131/11 R - RdNr 13; s auch Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 56, 63; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 113, Stand XII/11). Im vorliegenden Fall sollte die Teilhabeleistung - nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG, die vom Kläger nicht angegriffen worden sind (§ 163 Abs 2 SGG) - hingegen ausschließlich für schulische Zwecke eingesetzt werden.

23

Bei den Aktivitäten der Nr 1 und 3 des § 28 Abs 7 SGB II handelt es sich bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift eindeutig um außerschulische Aktivitäten. Mitgliedsbeiträge für Aktivitäten werden in der Schule nicht erhoben und durch den Begriff der "Freizeiten" werden außerschulische Unternehmungen zu denen der Schulfahrten in Gestalt der "mehrtägigen Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen" nach § 28 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB II abgegrenzt. Der Wortlaut der hier einschlägigen Nr 2 des § 28 Abs 7 SGB II ist zwar offen, als mit dem Wort "Unterricht" sowohl "schulischer" als auch "außerschulischer" gemeint sein kann. Auch wird in der Begründung zum Gesetzentwurf § 28 Abs 7 SGB II insgesamt die Funktion zugewiesen, Kindern und Jugendlichen einen Anspruch auf gesellschaftliche Teilhabe im Rahmen des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu ermöglichen. Zugleich nimmt die Begründung insoweit jedoch eine Unterteilung zwischen Leistungen zur Bildung und Leistungen zur Teilhabe vor (BT-Drucks 17/3404, S 106). Dort wird ausgeführt, Ziel sei es, Kinder und Jugendliche stärker als bisher in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen zu integrieren und den Kontakt mit gleichaltrigen zu intensivieren, auch durch Musikunterricht. Um zugleich die Beschränkung auf die Gewährleistung von Teilhabe im außerschulischen Bereich durch Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II zu unterstreichen, heißt es in der Begründung weiter, dass im Hinblick auf die Anerkennung dieser Bedarfe bei der Bemessung der Regelbedarfe von Kindern und Jugendlichen ua die Positionen "Außerschulischer Unterricht, Hobbykurse" in der Abteilung 09 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 unberücksichtigt geblieben seien. So wird auch im Zusammenhang mit der Unterrichtserteilung, die über die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II finanziert werden soll, ausdrücklich nur auf solche in Musik- oder Volkshochschulen, also im außerschulischen Unterricht, hingewiesen(BT-Drucks 17/3404, S 106).

24

Ebenso folgt aus dem systematischen Zusammenhang, in dem § 28 Abs 7 SGB II steht, sowie dessen Sinn und Zweck, dass dieser nur zur Deckung außerschulischer Bedarfe dienen soll. Die durch die Schule hervorgerufenen Bedarfslagen und die durch sie entstehenden notwendigen Aufwendungen zur Erfüllung schulischer Pflichten gehören nach der Entscheidung des BVerfG zu dem existentiellen Bedarf von Kindern und Jugendlichen, der zwingend zu decken ist (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 192). Deswegen werden Bedarfe, die im Zusammenhang mit der schulischen Bildung stehen, jedoch nicht originär der Finanzierung durch die Schule/den Schulträger unterfallen, wie Klassenfahrten und -ausflüge, der persönliche Schulbedarf, die Schülerbeförderung, Lernförderung und Mittagsverpflegung - wie bereits dargelegt - ausdrücklich durch Leistungen nach § 28 Abs 2 bis 6 SGB II gedeckt. Daneben hat das BVerfG jedoch auch die gesellschaftliche Teilhabe als zur Sicherung des Existenzminimums erforderlich angesehen. Im Hinblick auf die Teilhabeleistungen hat das BVerfG dem Gesetzgeber zwar einen weiteren Gestaltungsspielraum als bei den Leistungen zur Sicherung der physischen Existenz sowie bei Kindern und Jugendlichen zur Deckung der Bildungsbedarfe eingeräumt (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 138). Der Gesetzgeber muss jedoch auch für den Teilhabebereich so viel zur Verfügung stellen, dass ein Minimum dessen durch die Fürsorgeleistungen gedeckt werden kann (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 166). Da die Leistungen nach den Abs 2 bis 6 des § 28 SGB II eindeutig beim Schulbesuch entstehende Bedarfe befriedigen sollen und die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II bereits im Gesetzestext selbst als solche zur Deckung der Bedarfe zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft bezeichnet werden, muss davon ausgegangen werden, dass mit letzteren der Mindestbedarf an sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe ermöglicht werden soll. Hieraus folgt, dass die Leistungen eben nicht der Finanzierung schulischer Aktivitäten dienen dürfen, denn eine "Aufstockung" der Leistungen an sich ist nicht vorgesehen. Würden sie für Schulbedarfe eingesetzt, verbliebe zudem keine hinreichende Möglichkeit mehr für die Bedarfsdeckung im Teilhabebereich. Dies gilt umso mehr, als die klassischen Teilhabepositionen in der Abteilung 09 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 - wie oben bereits dargelegt - bei der Bemessung der Höhe des Regelbedarfs für Schulkinder wegen der Einführung der Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II unberücksichtigt geblieben sind. Es würde zudem dem Sinn und Zweck der Teilhabeleistungen nach dem SGB II zuwiderlaufen, wenn diese von Leistungsberechtigten dazu eingesetzt werden müssten, den verpflichtenden Schulunterricht selbst zu finanzieren, die Schule/der Schulträger sich zu Lasten der Grundsicherung für Arbeitsuchende seiner Aufgabe der kostenfreien Erteilung staatlichen Unterrichts entledigen könnte und im Gegenzug für eine Integration der Kinder und Jugendliche in Gemeinschafts- und Vereinsstrukturen keine Leistungen mehr verblieben.

25

Angesichts dessen bedurfte es keiner weiteren Ausführungen dazu, ob ein Anspruch nach § 28 Abs 7 SGB II durch eine Leistungsbewilligung für einen späteren Bedarf im Umfang des maximalen Jahreszahlbetrags für Teilhabeleistungen des Bildungs- und Teilhabepakets erlischt und die Höhe des Zahlbetrags für Teilhabeleistungen von 10 Euro monatlich verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht.

26

5. Unabhängig davon, ob der Kläger einen Anspruch auf Übernahme der Leihgebühren für das Cello im streitigen Zeitraum durch eine Leistung nach § 21 Abs 6 SGB II isoliert von den sonstigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltend machen könnte(vgl hierzu ablehnend BSG vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7, RdNr 11; BSG vom 26.5.2011 - B 14 AS 146/10 R - BSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr 13, RdNr 14), scheitert die Finanzierung seiner Aufwendungen insoweit bereits daran, dass es sich bei ihnen nicht um solche für einen unabweisbaren Bedarf iS dieser Vorschrift handelt.

27

Nach § 21 Abs 6 SGB II wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Soweit es sich um einen Bildungsbedarf handelt, ist dieser - wie eingangs dargelegt - nach der Rechtsprechung des BVerfG zwar zwingend zu decken. Er ist Bestandteil des existenzsichernden Bedarfs. Das BVerfG hat den Bundesgesetzgeber insoweit auch in der Verantwortung gesehen. Regelleistung und Leistungen nach § 28 Abs 2 bis Abs 6 SGB II tragen hier gemeinsam zur Sicherung des Existenzminimums von Kindern und Jugendlichen bei(BSG vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 18 RdNr 44 ff). Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass dann, wenn es daneben unabweisbare, besondere Bildungsbedarfe gebe, die nicht auf Grundlage von § 28 SGB II finanziert werden könnten, ggf § 21 Abs 6 SGB II als Anspruchsgrundlage in Betracht zu ziehen sei(vgl Spellbrink/G. Becker in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 23; Thommes in Gagel SGB II/SGB III, § 28 SGB II, RdNr 61, Stand 04/2012) hat der Senat erhebliche Zweifel daran, dass dies auch für Aufwendungen für den Schulunterricht selbst gelten kann. Die Deckung von Bedarfen für den Schulunterricht, die der Durchführung des Unterrichts selber dienen, liegt in der Verantwortung der Schule und darf von den Schulen oder Schulträgern nicht auf das Grundsicherungssystem abgewälzt werden. Dies gilt auch für die Leihgebühren für ein Musikinstrument, das zum Besuch des musischen Zweigs einer Schule genutzt werden muss (anders wohl LSG Nordrhein-Westfalen vom 7.3.2013 - L 2 AS 1679/12 B - RdNr 8). Unabhängig davon kommt hier eine Leistungsgewährung nach § 21 Abs 6 SGB II jedoch bereits deswegen nicht in Betracht, weil es an der Unabweisbarkeit des vorliegenden Bedarfs mangelt.

28

Der Mehrbedarf ist nach § 21 Abs 6 S 2 SGB II unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparungsmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweicht. Bereits im Hinblick auf das Bestehen des geltend gemachten Bedarfs hat der Senat Zweifel. Nach den bindenden Feststellungen des LSG mussten für die Nutzung des Cellos in der Klassenstufe 7 - also im hier streitigen Zeitraum - keine Leihgebühren gezahlt werden. Die Nutzung des Instruments war nach den Angaben des vom LSG befragten Zeugen H. bei der Teilnahme am Unterricht im Rahmen des Musikprofils kostenfrei, soweit sie nicht zusätzlich mit einem außerschulischen Einsatz verbunden war. Letzteres hat die Mutter des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG nach dessen Feststellungen verneint; der Kläger habe das Cello nicht außerhalb des Schulunterrichts verwendet. Für die Nutzung des Cellos im Schulunterricht war die Schule demnach ab der 7. Klassenstufe im konkreten Fall nicht berechtigt, Leihgebühren zu erheben. Zumindest ist der gleichwohl durch die Abbuchung der Leihgebühren entstandene Bedarf des Klägers insoweit nicht unabweislich.

29

Unerheblich ist hierbei, dass die Mutter des Klägers offensichtlich unzutreffend informiert war oder die Rechtslage nicht zur Kenntnis genommen hatte und sich aus dem laufenden Vertrag zur Zahlung verpflichtet sah. Der Begriff der "Unabweisbarkeit des Bedarfs" beinhaltet nach der Rechtsprechung des BSG, dass der Bedarf auch nicht durch alternative Handlungen abgewendet oder vermindert werden kann, wie etwa im Falle der notwendigen Reparatur eines Kfz durch Nutzung anderer Mittel zur Gewährleistung der Mobilität (BSG vom 1.6.2010 - B 4 AS 63/09 R; s in der Instanzrechtsprechung zur Verhütung durch andere Methoden als die der Sterilisation LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2010 - L 13 AS 4732/10 B; zur Zurücklegung des Weges zur Firmung anders als durch ein gemietetes Fahrzeug Bayerisches LSG vom 13.10.2010 - L 11 AS 729/10 B ER). Nach Auffassung des 14. Senats des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, muss zudem auch beim unabweisbaren Bedarf hinsichtlich des Standards auf die herrschenden Lebensgewohnheiten unter Berücksichtigung einfacher Verhältnisse abgestellt werden (BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5; vgl auch S. Knickrehm, Neue "Härtefallregelung" im SGB II und Gewährleistung des Existenzminimums, Soziales Recht 2012, 45, 59).Hieraus folgt im konkreten Fall, dass sich der Kläger bzw seine Mutter hätte kundig machen müssen, ob die Verpflichtung zur Entrichtung der Leihgebühr auch noch in der 7. Klassenstufe im Musikprofil besteht, bevor die Abbuchung akzeptiert wurde. Nach dem Text des Vertrages bestand eindeutig nur bis zum Ende des 6. Schuljahres eine Verpflichtung zur Entrichtung der Leihgebühren, eine zeitlich darüber hinaus gehende jedoch nur optional. Aus diesem Grund war die Bedarfsdeckung durch Entrichtung der Leihgebühren jedenfalls nicht alternativlos und damit unabweisbar. Zudem muss auch ein Leistungsberechtigter nach dem SGB II, wie dies den herrschenden Lebensgewohnheiten in einfachen Verhältnissen entspricht, prüfen, ob die Aufwendung abgewendet werden kann.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.2.2011 bis 30.4.2011.

2

Der Beklagte bewilligte dem Kläger, seiner Mutter sowie seinen Geschwistern im Jahr 2010 und bis Ende April 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ab dem 1.7.2011 erhielt die Familie Wohngeld und für die Kinder wurde Kinderzuschlag gewährt. Der Kläger besuchte im streitigen Zeitraum die Klassenstufe 7 eines Gymnasiums im musischen Zweig. Bereits in der 5. und 6. Klasse hatte er ein Cello für den Musikunterricht an der Schule zu einer halbjährlichen Leihgebühr von 90 Euro ausgeliehen, fällig jeweils zum 1.2. und 1.8. des Jahres. Am 8.2.2011 erfolgte erneut eine Abbuchung der Leihgebühr für das Cello vom Konto der Mutter des Klägers. Sie stellte daraufhin für den Kläger am 21.2.2011 einen Antrag auf Übernahme dieser Aufwendungen durch den Beklagten als Teilhabeleistungen nach § 28 Abs 7 SGB II. Zur Begründung führte sie aus, dass es für den Besuch des musischen Zweigs der Schule zwingend erforderlich sei, ein Instrument zu spielen. Der Beklagte lehnte die Gewährung von Teilhabeleistungen durch Bescheid vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.2011 mit der Begründung ab, dass die Übernahme der Leihgebühren für ein Instrument grundsätzlich nach § 28 Abs 7 SGB II nicht förderfähig sei. Die Vorschrift gewährleiste insoweit lediglich die Teilnahme an außerschulischem Unterricht.

3

Den im Juli 2011 gestellten Antrag auf Übernahme der Kosten für einen Freizeitaufenthalt in einem "Dance Camp" vom 30.8. bis 3.9.2011 beschied der Beklagte durch die Bewilligung von Teilhabeleistungen in Höhe von 120 Euro (Bescheid vom 17.8.2011).

4

Im Klageverfahren hat das SG Mannheim den Beklagten zur Übernahme der Leihgebühren für den Zeitraum vom 1.2.2011 bis 31.7.2011 (Anm = 90 Euro) und 30 Euro für den Zeitraum vom 1.8.2011 bis 31.1.2012 verurteilt (Gerichtsbescheid vom 12.1.2012). Im Berufungsverfahren haben die Beteiligten den streitigen Zeitraum wie eingangs dargelegt beschränkt. Das LSG hat den Zeugen A. zu der Praxis der Schule im Hinblick auf die Leihgebühren für Musikinstrumente vernommen sowie den Zeugen H. hierzu schriftlich befragt. Letzterer hat angegeben, im Musikprofil und zur Nutzung in der Schule - ab der Klassenstufe 7 - würde keine Gebühr für das Ausleihen der Musikinstrumente erhoben. Dies sei nur in den Klassenstufen 5 und 6 sowie bei privater Nutzung ab der Klassenstufe 7 der Fall. Eine Nutzung des Cellos außerhalb der Schule oder einer privaten Einrichtung hat die Mutter des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG verneint. Das LSG hat der Berufung des Beklagten durch Urteil vom 23.1.2013 stattgegeben, den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ua ausgeführt, bei den Leistungen zur Teilhabe nach § 28 Abs 7 SGB II handele es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand. Der hilfebedürftige Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf die Übernahme der Leihgebühren für das Cello. Zwar habe er den Antrag auf die Leistung rechtzeitig gestellt. Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II würden jedoch nicht für einen durch den Schulbesuch entstehenden Bedarf gewährt. Sie dienten der Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben. Die Leihgebühr für das Cello sei hier kein außerschulischer Bedarf, sondern diene der Teilnahme am Unterricht in der Klassenstufe 7. Hierfür seien insbesondere die Leistungen für den persönlichen Schulbedarf vorgesehen. § 21 Abs 6 und die Darlehensgewährung nach § 24 SGB II schieden als Anspruchsgrundlagen ebenfalls aus. Der Leistungsanspruch für das Jahr 2011 sei zudem durch die Leistungsgewährung für die Teilnahme an dem Dance Camp in vollem Umfang erloschen.

5

Die vom LSG zugelassene Revision gegen dieses Urteil begründet der Kläger mit einer Verletzung von § 28 Abs 7 SGB II durch die Auslegung des LSG. Die Leistungen nach dieser Vorschrift seien nicht nur für außerschulische Aktivitäten gedacht, sondern sollten die Integration von Kindern und Jugendlichen in die Gemeinschaft, auch die schulische, befördern. Es solle verhindert werden, dass "arme" Kinder und Jugendliche von Gemeinschaftsaktivitäten ausgeschlossen würden. Dazu gehöre auch das gemeinsame Musizieren mit den anderen Kindern derselben Klassenstufe in der Schule. Zudem könne der Argumentation des Beklagten nicht gefolgt werden, dass zwar die Finanzierung des außerschulischen Musikunterrichts, nicht jedoch die Leihgebühren für ein Musikinstrument über Leistungen zur Teilhabe zu gewährleisten sei.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Januar 2013 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Januar 2012 zurückzuweisen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

10

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Übernahme der Leihgebühren für das Cello im Zeitraum vom 1.2. bis 30.4.2011 durch den Beklagten. Das LSG hat den Bescheid des Beklagten vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.2011 zutreffend für rechtmäßig befunden.

11

Der Kläger konnte den Streitgegenstand zwar zulässigerweise auf die Erstattung der Leihgebühren für das Cello beschränken. Ein Anspruch hierauf scheitert auch nicht daran, dass der Kläger den Antrag erst am 21.2.2011 gestellt hat. Als Anspruchsgrundlage kommt jedoch entgegen der Auffassung des Klägers nicht § 28 Abs 7 SGB II in Betracht. Nach der Rechtslage bis zum 31.7.2013 waren Bedarfe in Gestalt der Übernahme von Leihgebühren für ein Musikinstrument nicht durch Teilhabeleistungen nach dieser Vorschrift zu decken. Auch sind grundsätzlich für schulischen Unterricht als Bedarf keine Teilhabeleistungen nach § 28 Abs 7 SGB II zu erbringen. Der Kläger kann sein Begehren ebenso wenig auf § 21 Abs 6 SGB II stützen.

12

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Leihgebühren für das Cello im Zeitraum vom 1.2.2011 bis 30.4.2011 in Höhe von 10 Euro monatlich (insgesamt 30 Euro) als Zuschuss. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.2011 einen Anspruch auf Leistungen hierfür zutreffend verneint. Auf eine darlehensweise Gewährung der Miete für das Cello hat der Kläger schriftsätzlich gegenüber dem erkennenden Senat verzichtet.

13

Anknüpfend an die Rechtsprechung des BSG zu den Leistungen für Klassenfahrten und Schulbücher nach altem Recht (anzuwendendes Recht bis zum 31.12.2010) geht der erkennende Senat davon aus, dass es sich auch bei dem Anspruch auf Leistungen für Teilhabe gemäß § 28 Abs 7 SGB II um einen Individualanspruch desjenigen handelt, der den entsprechenden Bedarf geltend macht(vgl zur alten Rechtslage: BSG vom 22.11.2011 - B 4 AS 204/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 15 RdNr 10; BSG vom 10.5.2011 - B 4 AS 11/10 R - SozR 4-4200 § 44 Nr 2 RdNr 15; BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 9; BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, RdNr 13). Wortlaut sowie Sinn und Zweck des zum 1.1.2013 in Kraft getretenen § 28 Abs 1 S 1 SGB II unterstreichen die Übertragbarkeit der bisherigen Rechtsprechung zur alten Rechtslage auf die Leistungen für Bildung und Teilhabe. In § 28 SGB II werden als ausschließlich anspruchsberechtigt für die Schulbedarfe und außerschulischen Teilhabebedarfe Kinder und Jugendliche bezeichnet. Es handelt sich mithin nicht um Leistungen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft, sie sind vielmehr den einzelnen Kindern und Jugendlichen in der Bedarfsgemeinschaft individuell zuzuordnen.

14

Dieser Anspruch kann isoliert gerichtlich durchgesetzt werden (zu Klassenfahrten nach altem Recht vgl: BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 1/09 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 9 RdNr 11; BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 9; so auch BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, RdNr 13 und Erstausstattung: BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 11; BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9; BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 13 RdNr 11). Durch die Einführung der Bildungs- und Teilhabeleistungen nach § 28 SGB II aufgrund von Art 2 Nr 31 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und Änderung des SGB II und SGB XII ( vom 24.3.2011, BGBl I 453, mWv 1.1.2011) ist insoweit keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage eingetreten. Im Gegenteil: Wortlaut, Entstehungsgeschichte, systematischer Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Norm verdeutlichen, dass es sich auch weiterhin um einen abtrennbaren Streitgegenstand handelt. Nach § 28 Abs 1 S 1 SGB II werden Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Sie sind mithin zusätzlich zum Regelbedarf (s auch Thommes in Gagel, SGB II/SGB III, § 28 SGB II, RdNr 2, Stand III/2013; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 5, Stand XII/12)bzw anknüpfend an die Forderung des BVerfG (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 203)ggf auch ausschließlich zur Gewährleistung des Existenzminimums zu erbringen, wenn nur durch sie allein Hilfebedarf ausgelöst wird (s hierzu § 19 Abs 3 S 3 SGB II). Dies wird in der Begründung zum Entwurf des RBEG/SGBII/SGB XII-ÄndG ausdrücklich unterstrichen, wenn es dort heißt, dass die materielle Ausstattung von Schülerinnen und Schülern für die Teilnahme an schulischen Aktivitäten sowie außerschulischer Bildung durch gesonderte und zielgerichtete Leistungen zu gewährleisten sei. Die Bedarfe seien vorbehaltlich des § 19 Abs 3 S 3 SGB II selbständig zu gewähren(BT-Drucks 17/3404, S 104).

15

Auch die systematische Betrachtung belegt die Möglichkeit der Abtrennbarkeit der Bildungs- und Teilhabeleistungen als eigenständigen Streitgegenstand. Zwar bleiben die Bildungs- und Teilhabeleistungen Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von Kindern und Jugendlichen, also der Maßnahmen zur Sicherung deren Existenzminimums (s hierzu BSG vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R - RdNr 44, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-4200 § 20 Nr 18; s auch Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 8; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 7, Stand XII/12). Sie sind jedoch mit Ausnahme der Leistungen nach § 28 Abs 3 SGB II(persönlicher Schulbedarf) gemäß § 37 Abs 1 S 2 SGB II gesondert zu beantragen. Dies spricht dafür, dass auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers Bildungs- und Teilhabeleistungen eigenständig einklagbar sein sollen. Die Regelung des § 37 Abs 1 S 2 SGB II begründet keine Zweifel an dieser Auslegung. Insoweit folgt der Gesetzgeber lediglich der Rechtsprechung des BSG zur Rechtslage vor dem 1.1.2011. Es hatte eine gesonderte Antragstellung für den persönlichen Schulbedarf nicht für erforderlich gehalten, weil dieses Begehren vom Antrag auf Alg II/Sozialgeld umfasst sei (ausführlich BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 14 f). Die Möglichkeit der isolierten Einklagbarkeit entspricht auch dem Sinn und Zweck der Leistungen für Bildung und Teilhabe. Sie sollen dazu dienen, besondere Bedarfslagen bei Kindern und Jugendlichen im Einzelfall und unabhängig von der übrigen Bedarfsgemeinschaft gezielt zu decken (BT-Drucks 17/3404, S 104).

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Schließlich verfolgt der Kläger den Anspruch auf Leistungen für die Miete des Cellos - nachdem die Leihgebühren bereits vom Konto der Mutter abgebucht worden waren - im hier streitigen Zeitraum in zulässiger Weise als Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (s zum Kostenerstattungsanspruch ausführlich: BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - RdNr 11 und 20 f, zur Veröffentlichung vorgesehen).

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2. Der Kläger hat die Teilhabeleistung auch rechtzeitig beantragt. Dem steht nicht entgegen, dass ausweislich der Feststellungen des LSG die Mutter des Klägers die Übernahme der Leihgebühren erst am 21.2.2011 beim Beklagten beantragt hat, obwohl sie bereits am 1.2.2011 fällig geworden und am 8.2.2011 von ihrem Konto abgebucht worden sind. Ebenso wenig ist hinderlich, dass § 37 Abs 2 S 2 SGB II idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, nach dem der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf den Ersten des Monats zurückwirkt, erst zum 1.4.2011 in Kraft getreten ist. Für Leistungen nach § 28 Abs 2 und 4 bis 7 SGB II gilt nach der Übergangsvorschrift des § 77 Abs 8 SGB II(idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453), dass der Antrag hierauf abweichend von § 37 Abs 2 S 2 SGB II als zum 1.1.2011 gestellt gilt, wenn sie für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.5.2011 bis zum 30.6.2011 rückwirkend beantragt werden.

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3. Dahingestellt bleiben konnte zum einen, welche Auswirkungen das Begleichen der Forderung der Gebühren vor der Antragstellung auf den Kostenerstattungsanspruch des Klägers haben könnte. Dies gilt sowohl für die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs an sich (s hierzu ausführlich BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - RdNr 11 und 20 f, zur Veröffentlichung vorgesehen sowie die Rechtsänderung zum 1.8.2013 durch Einführung von § 30 SGB II mit der Möglichkeit der nachträglichen Erstattung, BGBl I 1167, Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013), als auch für das Verhältnis der hier begehrten Geldleistung zu der nach § 28 Abs 7 iVm § 29 Abs 1 S 1 SGB II vorgesehenen Leistungsart der Sach- und Dienstleistungen, insbesondere in Form von personalisierten Gutscheinen oder Direktzahlungen an Anbieter. Ferner bedurfte es hier keiner weiteren Ausführungen zur Hilfebedürftigkeit des Klägers. Zwar ist die Hilfebedürftigkeit nach § 19 Abs 3 S 3 SGB II auch für die Bildungs- und Teilhabeleistungen Anspruchsvoraussetzung und sie ist - einschließlich der Einkommensberücksichtigung nach § 9 Abs 2 S 2 SGB II unter Einbeziehung der restlichen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft - auch dann zu prüfen, wenn ausschließlich die Deckung der Bedarfe nach § 28 Abs 7 SGB II eingeklagt wird. Darauf kommt es hier jedoch nicht an, denn der Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung scheitert bereits daran, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs 7 SGB II nicht erfüllt sind.

19

4. Nach § 28 Abs 7 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011 (BGBl I 453, mWv 1.1.2011) wird bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ein Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft in Höhe von insgesamt 10 Euro monatlich berücksichtigt für 1. Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, 2. Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und 3. die Teilnahme an Freizeiten. Bedarfe iS des § 28 Abs 7 Nr 2 SGB II in der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung sind nur solche, die für den Unterricht selbst entstehen, nicht jedoch Bedarfe für weitere mit ihm verbundene Aufwendungen, wie zB auch die Leihgebühren für ein Musikinstrument (vgl Fach in Oestreicher SGB II/SGB XII, § 28 SGB II RdNr 103, 105, Stand III/13; s auch Leopold in juris-PK SGB II, 3. Aufl 2012, § 28 RdNr 141, Stand: 2.4.2013; Spellbrink/G. Becker in Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 28 SGB II, RdNr 56; Thommes in Gagel SGB II/SGB III, § 28 SGB II RdNr 59, Stand IV/12; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 116, Stand XII/11; aA wohl Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 61).

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Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, wenn es dort ausdrücklich heißt, dass Bedarfe für den Unterricht gedeckt werden. Es sollte also nur der - kostenpflichtige - Unterricht selbst über die Teilhabeleistungen finanziert werden. In der Begründung zum Gesetzentwurf des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG wird dazu ausdrücklich betont, dass der benannte Katalog der Bedarfe abschließend sei (BT-Drucks 17/3404, S 106), also keine über die Finanzierung des Unterrichts hinausgehenden Bedarfe durch Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II gedeckt werden sollten. Diese Gesetzesauslegung wird durch die systematische Einbindung der Vorschrift in das Gefüge der existenzsichernden Leistungen für Kinder und Jugendliche gestützt. Denn im Gegenzug zur Schaffung der Leistung nach § 28 Abs 7 SGB II wurden bei der Bemessung der Regelbedarfe von Kindern und Jugendlichen die Positionen "Außerschulische Unterrichte, Hobbykurse" in der Abteilung 09 und "Mitgliedsbeiträge an Organisationen ohne Erwerbszweck" in Abteilung 12 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 ausdrücklich unberücksichtigt gelassen. Anschaffungen zur Teilnahme an derartigen Aktivitäten sollten demnach auch weiterhin aus dem Regelbedarf gedeckt werden. So sollte Ziel der Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II auch lediglich sein, Kindern und Jugendlichen die Aufnahme in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen zu ermöglichen(BT-Drucks 17/3404, S 106). Der durch diese Aufnahme entstehende weitere Aufwand, auch beispielsweise durch Fahrtkosten zu etwaigen Gemeinschaftsveranstaltungen (BT-Drucks 17/3404, S 107), sollte hingegen nicht über § 28 Abs 7 SGB II finanziert werden können.

21

Der Blick auf die weitere Rechtsentwicklung belegt dieses Ergebnis. Nach § 28 Abs 7 SGB II idF des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013 (BGBl I 1167) können mit Wirkung ab dem 1.8.2013 nach dessen neu geschaffenem Satz 2 nun neben den Bedarfen nach Satz 1 auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im begründeten Ausnahmefall nicht zugemutet werden kann, diese aus dem Regelbedarf zu bestreiten (eingefügt durch Art 1 Nr 2 Buchst b des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013, BGBl I 1167, mWv 1.8.2013). In der Begründung zum Entwurf der Gesetzesänderung wird darauf hingewiesen, dass die Teilnahme an Aktivitäten nach den Nr 1 bis 3 des § 28 Abs 7 S 1 SGB II häufig so organisiert sei, dass durch ehrenamtliches Engagement die Unterrichtung kostenfrei angeboten werden könne. Dann scheitere die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen jedoch oft deswegen, weil die nötige Ausrüstung fehle. Als Beispiele werden in diesem Zusammenhang Musikinstrumente oder Schutzkleidung für bestimmte Sportarten benannt (BT-Drucks 17/12036, S 7). Der Gesetzgeber hat also im Nachhinein erkannt, dass die von ihm angestrebte Bedarfsdeckung lückenhaft geblieben war und hat deswegen diese Lücke durch die Erweiterung der anerkannten Bedarfslagen geschlossen. Wenn auch der Senat nicht der Auffassung ist, dass diese Gesetzesänderung, die ausdrücklich erst zum 1.8.2013 in Kraft getreten ist, zu einer Veränderung der zuvor dargelegten Rechtslage führt, so kann der Kläger unabhängig davon hier jedoch nicht mit einem Leistungsanspruch nach § 28 Abs 7 SGB II erfolgreich sein.

22

Die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II dienen nur dazu, außerschulische Bedarfe zu decken(bereits angedeutet in BSG vom 25.1.2012 - B 14 AS 131/11 R - RdNr 13; s auch Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 56, 63; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 113, Stand XII/11). Im vorliegenden Fall sollte die Teilhabeleistung - nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG, die vom Kläger nicht angegriffen worden sind (§ 163 Abs 2 SGG) - hingegen ausschließlich für schulische Zwecke eingesetzt werden.

23

Bei den Aktivitäten der Nr 1 und 3 des § 28 Abs 7 SGB II handelt es sich bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift eindeutig um außerschulische Aktivitäten. Mitgliedsbeiträge für Aktivitäten werden in der Schule nicht erhoben und durch den Begriff der "Freizeiten" werden außerschulische Unternehmungen zu denen der Schulfahrten in Gestalt der "mehrtägigen Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen" nach § 28 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB II abgegrenzt. Der Wortlaut der hier einschlägigen Nr 2 des § 28 Abs 7 SGB II ist zwar offen, als mit dem Wort "Unterricht" sowohl "schulischer" als auch "außerschulischer" gemeint sein kann. Auch wird in der Begründung zum Gesetzentwurf § 28 Abs 7 SGB II insgesamt die Funktion zugewiesen, Kindern und Jugendlichen einen Anspruch auf gesellschaftliche Teilhabe im Rahmen des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu ermöglichen. Zugleich nimmt die Begründung insoweit jedoch eine Unterteilung zwischen Leistungen zur Bildung und Leistungen zur Teilhabe vor (BT-Drucks 17/3404, S 106). Dort wird ausgeführt, Ziel sei es, Kinder und Jugendliche stärker als bisher in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen zu integrieren und den Kontakt mit gleichaltrigen zu intensivieren, auch durch Musikunterricht. Um zugleich die Beschränkung auf die Gewährleistung von Teilhabe im außerschulischen Bereich durch Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II zu unterstreichen, heißt es in der Begründung weiter, dass im Hinblick auf die Anerkennung dieser Bedarfe bei der Bemessung der Regelbedarfe von Kindern und Jugendlichen ua die Positionen "Außerschulischer Unterricht, Hobbykurse" in der Abteilung 09 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 unberücksichtigt geblieben seien. So wird auch im Zusammenhang mit der Unterrichtserteilung, die über die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II finanziert werden soll, ausdrücklich nur auf solche in Musik- oder Volkshochschulen, also im außerschulischen Unterricht, hingewiesen(BT-Drucks 17/3404, S 106).

24

Ebenso folgt aus dem systematischen Zusammenhang, in dem § 28 Abs 7 SGB II steht, sowie dessen Sinn und Zweck, dass dieser nur zur Deckung außerschulischer Bedarfe dienen soll. Die durch die Schule hervorgerufenen Bedarfslagen und die durch sie entstehenden notwendigen Aufwendungen zur Erfüllung schulischer Pflichten gehören nach der Entscheidung des BVerfG zu dem existentiellen Bedarf von Kindern und Jugendlichen, der zwingend zu decken ist (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 192). Deswegen werden Bedarfe, die im Zusammenhang mit der schulischen Bildung stehen, jedoch nicht originär der Finanzierung durch die Schule/den Schulträger unterfallen, wie Klassenfahrten und -ausflüge, der persönliche Schulbedarf, die Schülerbeförderung, Lernförderung und Mittagsverpflegung - wie bereits dargelegt - ausdrücklich durch Leistungen nach § 28 Abs 2 bis 6 SGB II gedeckt. Daneben hat das BVerfG jedoch auch die gesellschaftliche Teilhabe als zur Sicherung des Existenzminimums erforderlich angesehen. Im Hinblick auf die Teilhabeleistungen hat das BVerfG dem Gesetzgeber zwar einen weiteren Gestaltungsspielraum als bei den Leistungen zur Sicherung der physischen Existenz sowie bei Kindern und Jugendlichen zur Deckung der Bildungsbedarfe eingeräumt (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 138). Der Gesetzgeber muss jedoch auch für den Teilhabebereich so viel zur Verfügung stellen, dass ein Minimum dessen durch die Fürsorgeleistungen gedeckt werden kann (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 166). Da die Leistungen nach den Abs 2 bis 6 des § 28 SGB II eindeutig beim Schulbesuch entstehende Bedarfe befriedigen sollen und die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II bereits im Gesetzestext selbst als solche zur Deckung der Bedarfe zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft bezeichnet werden, muss davon ausgegangen werden, dass mit letzteren der Mindestbedarf an sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe ermöglicht werden soll. Hieraus folgt, dass die Leistungen eben nicht der Finanzierung schulischer Aktivitäten dienen dürfen, denn eine "Aufstockung" der Leistungen an sich ist nicht vorgesehen. Würden sie für Schulbedarfe eingesetzt, verbliebe zudem keine hinreichende Möglichkeit mehr für die Bedarfsdeckung im Teilhabebereich. Dies gilt umso mehr, als die klassischen Teilhabepositionen in der Abteilung 09 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 - wie oben bereits dargelegt - bei der Bemessung der Höhe des Regelbedarfs für Schulkinder wegen der Einführung der Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II unberücksichtigt geblieben sind. Es würde zudem dem Sinn und Zweck der Teilhabeleistungen nach dem SGB II zuwiderlaufen, wenn diese von Leistungsberechtigten dazu eingesetzt werden müssten, den verpflichtenden Schulunterricht selbst zu finanzieren, die Schule/der Schulträger sich zu Lasten der Grundsicherung für Arbeitsuchende seiner Aufgabe der kostenfreien Erteilung staatlichen Unterrichts entledigen könnte und im Gegenzug für eine Integration der Kinder und Jugendliche in Gemeinschafts- und Vereinsstrukturen keine Leistungen mehr verblieben.

25

Angesichts dessen bedurfte es keiner weiteren Ausführungen dazu, ob ein Anspruch nach § 28 Abs 7 SGB II durch eine Leistungsbewilligung für einen späteren Bedarf im Umfang des maximalen Jahreszahlbetrags für Teilhabeleistungen des Bildungs- und Teilhabepakets erlischt und die Höhe des Zahlbetrags für Teilhabeleistungen von 10 Euro monatlich verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht.

26

5. Unabhängig davon, ob der Kläger einen Anspruch auf Übernahme der Leihgebühren für das Cello im streitigen Zeitraum durch eine Leistung nach § 21 Abs 6 SGB II isoliert von den sonstigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltend machen könnte(vgl hierzu ablehnend BSG vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7, RdNr 11; BSG vom 26.5.2011 - B 14 AS 146/10 R - BSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr 13, RdNr 14), scheitert die Finanzierung seiner Aufwendungen insoweit bereits daran, dass es sich bei ihnen nicht um solche für einen unabweisbaren Bedarf iS dieser Vorschrift handelt.

27

Nach § 21 Abs 6 SGB II wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Soweit es sich um einen Bildungsbedarf handelt, ist dieser - wie eingangs dargelegt - nach der Rechtsprechung des BVerfG zwar zwingend zu decken. Er ist Bestandteil des existenzsichernden Bedarfs. Das BVerfG hat den Bundesgesetzgeber insoweit auch in der Verantwortung gesehen. Regelleistung und Leistungen nach § 28 Abs 2 bis Abs 6 SGB II tragen hier gemeinsam zur Sicherung des Existenzminimums von Kindern und Jugendlichen bei(BSG vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 18 RdNr 44 ff). Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass dann, wenn es daneben unabweisbare, besondere Bildungsbedarfe gebe, die nicht auf Grundlage von § 28 SGB II finanziert werden könnten, ggf § 21 Abs 6 SGB II als Anspruchsgrundlage in Betracht zu ziehen sei(vgl Spellbrink/G. Becker in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 23; Thommes in Gagel SGB II/SGB III, § 28 SGB II, RdNr 61, Stand 04/2012) hat der Senat erhebliche Zweifel daran, dass dies auch für Aufwendungen für den Schulunterricht selbst gelten kann. Die Deckung von Bedarfen für den Schulunterricht, die der Durchführung des Unterrichts selber dienen, liegt in der Verantwortung der Schule und darf von den Schulen oder Schulträgern nicht auf das Grundsicherungssystem abgewälzt werden. Dies gilt auch für die Leihgebühren für ein Musikinstrument, das zum Besuch des musischen Zweigs einer Schule genutzt werden muss (anders wohl LSG Nordrhein-Westfalen vom 7.3.2013 - L 2 AS 1679/12 B - RdNr 8). Unabhängig davon kommt hier eine Leistungsgewährung nach § 21 Abs 6 SGB II jedoch bereits deswegen nicht in Betracht, weil es an der Unabweisbarkeit des vorliegenden Bedarfs mangelt.

28

Der Mehrbedarf ist nach § 21 Abs 6 S 2 SGB II unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparungsmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweicht. Bereits im Hinblick auf das Bestehen des geltend gemachten Bedarfs hat der Senat Zweifel. Nach den bindenden Feststellungen des LSG mussten für die Nutzung des Cellos in der Klassenstufe 7 - also im hier streitigen Zeitraum - keine Leihgebühren gezahlt werden. Die Nutzung des Instruments war nach den Angaben des vom LSG befragten Zeugen H. bei der Teilnahme am Unterricht im Rahmen des Musikprofils kostenfrei, soweit sie nicht zusätzlich mit einem außerschulischen Einsatz verbunden war. Letzteres hat die Mutter des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG nach dessen Feststellungen verneint; der Kläger habe das Cello nicht außerhalb des Schulunterrichts verwendet. Für die Nutzung des Cellos im Schulunterricht war die Schule demnach ab der 7. Klassenstufe im konkreten Fall nicht berechtigt, Leihgebühren zu erheben. Zumindest ist der gleichwohl durch die Abbuchung der Leihgebühren entstandene Bedarf des Klägers insoweit nicht unabweislich.

29

Unerheblich ist hierbei, dass die Mutter des Klägers offensichtlich unzutreffend informiert war oder die Rechtslage nicht zur Kenntnis genommen hatte und sich aus dem laufenden Vertrag zur Zahlung verpflichtet sah. Der Begriff der "Unabweisbarkeit des Bedarfs" beinhaltet nach der Rechtsprechung des BSG, dass der Bedarf auch nicht durch alternative Handlungen abgewendet oder vermindert werden kann, wie etwa im Falle der notwendigen Reparatur eines Kfz durch Nutzung anderer Mittel zur Gewährleistung der Mobilität (BSG vom 1.6.2010 - B 4 AS 63/09 R; s in der Instanzrechtsprechung zur Verhütung durch andere Methoden als die der Sterilisation LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2010 - L 13 AS 4732/10 B; zur Zurücklegung des Weges zur Firmung anders als durch ein gemietetes Fahrzeug Bayerisches LSG vom 13.10.2010 - L 11 AS 729/10 B ER). Nach Auffassung des 14. Senats des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, muss zudem auch beim unabweisbaren Bedarf hinsichtlich des Standards auf die herrschenden Lebensgewohnheiten unter Berücksichtigung einfacher Verhältnisse abgestellt werden (BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5; vgl auch S. Knickrehm, Neue "Härtefallregelung" im SGB II und Gewährleistung des Existenzminimums, Soziales Recht 2012, 45, 59).Hieraus folgt im konkreten Fall, dass sich der Kläger bzw seine Mutter hätte kundig machen müssen, ob die Verpflichtung zur Entrichtung der Leihgebühr auch noch in der 7. Klassenstufe im Musikprofil besteht, bevor die Abbuchung akzeptiert wurde. Nach dem Text des Vertrages bestand eindeutig nur bis zum Ende des 6. Schuljahres eine Verpflichtung zur Entrichtung der Leihgebühren, eine zeitlich darüber hinaus gehende jedoch nur optional. Aus diesem Grund war die Bedarfsdeckung durch Entrichtung der Leihgebühren jedenfalls nicht alternativlos und damit unabweisbar. Zudem muss auch ein Leistungsberechtigter nach dem SGB II, wie dies den herrschenden Lebensgewohnheiten in einfachen Verhältnissen entspricht, prüfen, ob die Aufwendung abgewendet werden kann.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Die Sprungrevision der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 10. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.5. bis zum 31.10.2011, insbesondere darüber, ob die Höhe des Regelbedarfs verfassungsgemäß bestimmt worden ist.

2

Der Kläger zu 1 lebt mit der Klägerin zu 2 und dem am 15.10.2009 geborenen gemeinsamen Sohn, dem Kläger zu 3, in einer Mietwohnung in D. Für diese Unterkunft fallen Kosten in Höhe von monatlich 285 Euro Grundmiete zuzüglich Nebenkosten in Höhe von monatlich 110 Euro sowie Kosten für Heizung in Höhe von monatlich 100 Euro als Vorauszahlung an. Zudem sind nach dem Mietvertrag monatlich 40 Euro für Strom an den Vermieter zu überweisen.

3

Mit begünstigendem Änderungsbescheid vom 12.5.2011 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1182 Euro unter Berücksichtigung eines monatlichen Regelbedarfs der Kläger zu 1 und zu 2 in Höhe von je 328 Euro sowie für den Kläger zu 3 in Höhe von 215 Euro abzüglich des gezahlten Kindergelds in Höhe von 184 Euro als Einkommen (= 31 Euro). Leistungen für Unterkunft und Heizung erbrachte er in Höhe von insgesamt 495 Euro monatlich, nach Köpfen aufgeteilt. Daneben verfügte der Beklagte die direkte Überweisung der Unterkunftsaufwendungen sowie von 40 Euro für Stromkosten - aus dem Regelbedarf - an den Vermieter. Den Widerspruch der Kläger gegen die Höhe der bewilligten Leistungen wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 24.6.2011 zurück.

4

Die am 5.7.2011 erhobene Klage ist erfolglos geblieben (Urteil vom 10.1.2012). Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass den Klägern keine höheren Ansprüche auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zustünden. Der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erst zweijährige Kläger zu 3, der weder eine Schule noch einen Kindergarten besuche, beanspruche keine Leistungen aus dem "Bildungspaket" der Abs 2 bis 7 des § 28 SGB II. Ein Anspruch auf Leistungen für Mehrbedarfe sei ebenfalls nicht gegeben. Die Kosten für Unterkunft und Heizung übernehme der Beklagte in tatsächlicher Höhe. Das vom Kläger zu 1 erzielte Einkommen in Höhe von 56,35 Euro sei vom Beklagten zutreffend nicht berücksichtigt worden. Die Kläger zu 1 und zu 2 seien gesetzlich krankenversichert, der Kläger zu 3 familienversichert. Grundrechte seien durch die Höhe der gewährten Leistungen nicht verletzt, insbesondere nicht Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG. Nach Wegfall eines Abzugs für die Warmwasserpauschale und der Berücksichtigung von Bedarfen der Kinder und Jugendlichen sei eine Verfassungswidrigkeit der Leistungshöhe nicht festzustellen. Das SG hat in seinem Urteil die Sprungrevision zugelassen.

5

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung der Regelbedarfe durch das zum 1.1.2011 in Kraft getretene Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII (vom 24.3.2011, BGBl I 453 - im Weiteren RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG). Die Regelungen genügten nicht den Anforderungen, welche sich aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG und dem hierzu ergangenen Urteil des BVerfG vom 9.2.2010 ergäben. Für die Bemessung der Regelbedarfsstufe 1 nach § 8 Abs 1 Nr 1 RBEG seien teilweise unzutreffende Referenzgruppen ("verdeckt Arme") in die Berechnung der Bedarfshöhe einbezogen worden bzw relevante Referenzgruppen ("Aufstockerhaushalte", Leistungsberechtigte nach AsylbLG, BAföG) außer Betracht geblieben. Entgegen den Vorgaben des BVerfG seien die Referenzgruppen auch in quantitativer Hinsicht unzutreffend bestimmt worden. Das Verfahren zur Ableitung des Regelbedarfs aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe sei nicht in transparenter Art und Weise durchgeführt worden. Die von der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorgenommenen Abschläge zB für alkoholische Getränke und Tabakwaren, Gaststättenbesuche sowie weiterer Positionen führten zu einer übermäßigen Kürzung des statistisch ermittelten Bedarfs. Die Zurechnung der Stromkosten zum Regelbedarf anstatt zu den Kosten der Unterkunft sei ebenfalls zu missbilligen. Hinsichtlich der Festlegung der Regelbedarfsstufen 4 bis 6 gemäß § 8 Abs 1 Nr 4 bis 6 RBEG sei der Gesetzgeber seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen. Das lebensnotwendige physische Existenzminimum von Kindern und Jugendlichen sei nicht ausreichend und nicht realitätsgerecht ermittelt worden. Zum Beispiel seien die Ausgabepositionen für bestimmte Waren, wie insbesondere Kinderschuhe, nicht altersgerecht bzw unzutreffend festgesetzt worden. Auch seien Leistungen für Kosten eines Mobiltelefons nicht im Regelbedarf enthalten. In Bezug auf die Bildungsbedarfe fehle es gänzlich an Ermittlungen. Der Betrag in Höhe von 100 Euro für Schulausstattung sei freihändig geschätzt, zudem fehle dem Gesetz eine Fortschreibungsregel. Da aufgrund der Berücksichtigung eines Schulausstattungsbedarfs der Regelbedarf für Kinder für Schreibwaren, Zeichenmaterial und Ähnliches gekürzt worden sei, sei auch der Regelbedarf inkorrekt bestimmt. Dies gelte auch für den Bereich der Teilhabeleistungen. Hier seien wichtige Teilbereiche unberücksichtigt gelassen worden, wie zB Kinobesuche. Das Verfahren zur Ermittlung der Bedarfe sei auch insoweit intransparent und nicht nachvollziehbar oder sachgerecht. Da die Ermittlung des Regelbedarfs mit einer Vielzahl von Fehlern behaftet sei, die den Vorgaben des BVerfG widersprächen, sei die Höhe des Regelbedarfs zu niedrig festgesetzt.

6

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 10. Januar 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 12. Mai 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2011 zu verurteilen, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines höheren Regelbedarfs für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis zum 31. Oktober 2011 zu gewähren.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er ist der Auffassung, dass die bewilligten Regelbedarfe verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden seien. Die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze der Transparenz, der Systemeinhaltung, der sachlichen Rechtfertigung von Systemabweichungen sowie von Schätzungen und Vermeidung von Zirkelschlüssen seien beachtet worden. Der Rückgriff auf die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe werde vom BVerfG ausdrücklich gebilligt. Auch das Statistikmodell sei für verfassungsgemäß erachtet worden. Die Bestimmung der Referenzgruppen sei in verfassungskonformer Weise erfolgt. Ebenso seien die vorgenommenen Abschläge nicht zu beanstanden, da der Gesetzgeber lediglich das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern habe.

Entscheidungsgründe

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Die Sprungrevision ist unbegründet.

10

1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2011, als durch den Bescheid des Beklagten vom 12.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.6.2011 bewilligt. Maßgebend für die Bestimmung des Streitgegenstands ist der geltend gemachte prozessuale Anspruch, dh Klageantrag und Klagegrund im Hinblick auf einen bestimmten Sachverhalt (BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 11 RdNr 11; BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 26 mwN). Der Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid über den Anspruch der Kläger auf Alg II und Sozialgeld insgesamt entschieden. Damit stehen Regel- sowie Unterkunfts- und Heizbedarf und ggf Mehrbedarfs- sowie Bildungs- und Teilhabeleistungen im Streit. Diesen Bescheid haben die Kläger - nach dem Antrag, den sie im Revisionsverfahren gestellt haben - insgesamt mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage angegriffen.

11

Die Kläger haben danach ihr Klagebegehren nicht auf den Regelbedarf beschränkt. Soweit sie sich argumentativ ausschließlich mit den ihrer Ansicht nach verfassungswidrig zu niedrig festgesetzten Regelbedarfen auseinandersetzen, folgt hieraus ebenso wenig, wie aus der Ergänzung des Antrags um die Worte "unter Berücksichtigung eines höheren Regelbedarfs", eine Beschränkung des Streitgegenstands. Die Beschränkung des Streitgegenstands auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelbedarfe nach dem SGB II wäre zudem auch eine nicht zulässige Begrenzung (BSG vom 25.1.2012 - B 14 AS 131/11 R - RdNr 8 mwN; vgl auch zum Teilanerkenntnis BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 12; zum Teilvergleich SozR 4-4200 § 11 Nr 43 RdNr 16).

12

Ausgehend von dem objektiven Regelungsgehalt des angefochtenen Bescheids und dem Klageantrag ist Streitgegenstand hingegen nicht die direkte Auszahlung der bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie von 40 Euro für Stromkosten aus dem Regelbedarf an den Vermieter der Kläger. Der Beklagte hat mit der Bestimmung eines anderen Empfängers der den Klägern bewilligten Leistungen lediglich die Auszahlungsmodalitäten modifiziert, nicht jedoch die Bewilligung der Leistungen dem Grunde und der Höhe nach verändert. Das zuvor behandelte Begehren der Kläger auf höhere Leistungen umfasst mithin nicht die Auszahlung der gesamten Leistungen an sie. Der Beklagte hat die Bestimmung eines anderen Empfängers als die Kläger zudem im Bescheid vom 12.5.2011 in einem selbstständigen Verfügungssatz geregelt. Insoweit haben die Kläger den Bescheid jedoch nicht angefochten.

13

2. Die Kläger haben mit ihrem Begehren jedoch keinen Erfolg. Der Bescheid vom 12.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.6.2011 ist rechtmäßig. Die Höhe der den Klägern bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ist nicht zu beanstanden. Sie haben einfachgesetzlich keinen Anspruch auf höhere Leistungen im Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2011. Die Höhe ihres Regelbedarfs ist auch nicht verfassungswidrig zu niedrig bemessen.

14

Der Senat konnte in der Sache selbst entscheiden. Das erstinstanzliche Urteil ist noch nicht verfahrensfehlerhaft nicht mit Gründen iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG versehen(s auch BSG vom 25.1.2012 - B 14 AS 131/11 R - RdNr 10). Es lassen sich gerade noch eine eigenständige Auseinandersetzung mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfe und damit hinreichende Entscheidungsgründe iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG erkennen.

15

Aus den vom SG festgestellten Tatsachen folgt, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 SGB II gegeben sind. Die Kläger haben einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, jedoch nur in dem von dem Beklagten bewilligten Umfang. Sie haben weder Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung (3.), noch auf eine Mehrbedarfsleistung nach § 21 SGB II (6.) oder Leistungen zur Teilhabe und Bildung nach § 28 SGB II (5.). Der erkennende Senat ist darüber hinaus von der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelbedarfe nach dem SGB II in der Fassung des RBEG überzeugt (4.), soweit es den Regelbedarf für Alleinstehende (a.) und erwachsene Ehepartner, die zusammenleben (b.) sowie für Erwachsene in einem Paarhaushalt mit Kind (c.) und ein Kind bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres (d.) betrifft.

16

3. Der Bescheid vom 12.5.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.6.2011 ist im Hinblick auf die Bestimmung der Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht zu beanstanden. Nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Der Beklagte hat hier der Leistungsbewilligung die sich aus dem Mietvertrag ergebenden tatsächlichen Aufwendungen zugrunde gelegt. Danach hatten die Kläger im streitigen Zeitraum einen Bedarf in Höhe von monatlich 495 Euro, der sich aus einer Grundmiete in Höhe von 285 Euro zuzüglich einer Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 110 Euro sowie einer Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 100 Euro monatlich ergibt.

17

4. Die Kläger haben nach den bindenden Feststellungen des SG (§ 163 SGG) keinen Anspruch auf Leistungen für Mehrbedarfe, insbesondere nicht nach § 21 Abs 7 SGB II. Es fehlt insoweit an den tatsächlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines solchen Bedarfs. Denn es liegt kein Hinweis auf eine dezentrale Warmwassererzeugung in der Wohnung der Kläger vor. Vielmehr haben die Kläger monatlich einen Betrag in Höhe von 100 Euro für Heiz- und Warmwasserkosten zu zahlen.

18

5. Leistungen zur Deckung von Bedarfen für Bildung und Teilhabe kann der Kläger zu 3 für den hier in Betracht kommenden Zeitraum nicht beanspruchen. Er hat sie nach den Feststellungen des SG nicht beantragt. Leistungen für Bildung und Teilhabe bedürfen jedoch nach § 37 Abs 1 S 2 SGB II - mit Ausnahme der hier aufgrund des Alters des Klägers zu 3 ohnehin nicht in Betracht kommenden Leistungen für den persönlichen Schulbedarf(§ 28 Abs 3 SGB II)- des gesonderten Antrags. Für Zeiten vor der Antragstellung werden nach § 37 Abs 2 SGB II Leistungen nicht erbracht.

19

6. Es bestand für den Senat auch kein Anlass, das Verfahren nach Art 100 Abs 1 S 1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG zur Vereinbarkeit von § 19 Abs 1 S 1, § 20 Abs 1 und Abs 2 S 1 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG mit Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG einzuholen. Der erkennende Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Gesetzgeber durch das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG die ab dem 1.1.2011 neu festgesetzte Höhe der Regelbedarfe für Alleinstehende (a.), Ehepartner, die zusammenleben (b.), Erwachsene in einem Paarhaushalt mit Kind (c.) und Kindern bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres (d.) in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen hat.

20

Verfassungsrechtlicher Maßstab für die Prüfung ist wegen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers eine zurückhaltende materielle Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung dahingehend, ob die Leistungen evident unzureichend sind. Da eine Ergebniskontrolle am Maßstab des Grundrechts auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) nur begrenzt möglich ist, muss jenseits der Evidenzkontrolle überprüft werden, ob die Leistungen auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu rechtfertigen sind (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 = BGBl I 2010, 193, RdNr 141 ff, im Weiteren BVerfG aaO).

21

a) Der Regelbedarf der Kläger zu 1 und 2 leitet sich nach § 20 Abs 4 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG iVm § 8 Abs 1 Nr 2 RBEG von dem eines Alleinstehenden in einem Einpersonenhaushalt ab. Der Regelbedarf eines solchen alleinstehenden Erwachsenen ist durch das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden. Der erkennende Senat schließt sich insoweit dem 14. Senat des BSG an, der dies im Juli 2012 in zwei Entscheidungen im Einzelnen dargelegt hat (SozR 4-4200 § 20 Nr 17 RdNr 19 ff; vom 12.7.2012 - B 14 AS 189/11 R - RdNr 14). Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerden gegen die benannten Urteile nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG Beschluss vom 20.11.2012 - 1 BvR 2203/12 - unveröffentlicht; BVerfG Beschluss vom 27.12.2012 - 1 BvR 2471/12 - unveröffentlicht; zur Bedeutung dessen s Rixen, SozSich 2013, 73 ff).

22

Der Gesetzgeber hat insoweit den ihm zugewiesenen Auftrag, das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten, erfüllt. Der 14. Senat hat hierzu ausgeführt, dass bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung der Neuermittlung der Regelbedarfe der Entscheidungsprozess des Gesetzgebers bei der Neuordnung der §§ 28 ff SGB XII auf die Bemessung des Regelbedarfs in § 20 Abs 2 S 1 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG zu übertragen sei. Der Gesetzgeber habe den Umfang des konkreten gesetzlichen Anspruchs auch in einem transparenten und sachgerechten Verfahren ermittelt, das den Vorgaben des BVerfG im Urteil vom 9.2.2010 (BVerfGE, aaO) nach realitätsgerechten sowie nachvollziehbaren Festsetzungen auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren entspreche. Dabei habe sich der Gesetzgeber des vom BVerfG gebilligten Statistikmodells bedienen können. Innerhalb dieses Ansatzes habe er, ausgehend von der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008, die Referenzgruppe anhand der unteren Einkommensgruppen bestimmt, ohne seinen gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum zu überschreiten.

23

Dies gilt auch, soweit in der Literatur vorgebracht wird, der Gesetzgeber sei seinem Auftrag, auch die "versteckt Armen" aus der Regelbedarfsberechnung auszunehmen, nicht hinreichend nachgekommen (s nur Irene Becker, SozSich, Sonderheft September 2011, 20 ff). Es überzeugt den Senat nicht, wenn unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BVerfG deswegen die Höhe des Regelbedarfs als nicht mit Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG vereinbar bewertet wird (so Münder, SozSich Sonderheft September 2011, 70 ff). Das BVerfG hatte den Verzicht auf eine Schätzung des Anteils der "verdeckt Armen" durch den Gesetzgeber in Ermangelung hinreichend sicherer empirischer Grundlagen durch die EVS 2003 für die Vergangenheit für vertretbar gehalten (BVerfG aaO, RdNr 169). An dem Mangel der Möglichkeit, methodisch unzweifelhaft und ohne Setzungen die "verdeckt Armen" aus den Referenzhaushalten auszuschließen, hat sich auch bei der Auswertung der EVS 2008 nichts geändert. Dies gilt zumindest für den hier zur Verfügung stehenden zeitlichen Rahmen. Durch diesen wird der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers mitbestimmt. Aufgrund der an den Gesetzgeber gerichteten Umsetzungsverpflichtung der Entscheidung des BVerfG bis zum 31.12.2010 (BVerfGE aaO, RdNr 216) stand ein Zeitraum von nicht einmal einem Jahr für die Neufestsetzung der Regelbedarfe zur Verfügung und die Ergebnisse der EVS 2008 lagen erst im Herbst 2010 vollständig vor. In der Begründung zum RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG wird daher eine Korrektur der Referenzgruppen um die "verdeckt Armen" ua mit der Begründung abgelehnt, aufgrund der Vielgestaltigkeit der Einkünfte von Haushalten hätte eine Einzelfallauswertung der Haushalte erfolgen müssen. Diese wäre jedoch weder durch die Wissenschaft noch durch das Statistische Bundesamt zu leisten gewesen (BT-Drucks 17/3404, S 88). Auch insoweit wird zwar in der Literatur Kritik angebracht, insbesondere an dem über "das Notwendige hinausgehende Anforderungsprofil" des Gesetzgebers. Dadurch würden die Grenzen des Datensatzes der EVS zwangsläufig erreicht. Es werden daher Vorschläge zur methodischen Identifizierung der "verdeckten Armut" gemacht (s zusammenfassend Irene Becker, SozSich, Sonderheft September 2011, 24), die einen weniger großen Genauigkeitsgrad aufweisen (Irene Becker, SozSich, Sonderheft September 2011, 22). Ob der Gesetzgeber sich jedoch entschließt, angesichts der Vorgaben des BVerfG derartige offene "Ungenauigkeiten" in seine Berechnung einzubeziehen, muss seiner Entscheidung im Rahmen seines Gestaltungsspielraums vorbehalten bleiben. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den Vorschlägen um wissenschaftlich noch nicht abschließend diskutierte Ansätze handelt, ein sachgerechtes Verfahren zu entwickeln oder weiterzuentwickeln, um so eine statistisch zuverlässig über der Sozialhilfeschwelle liegende Referenzgruppe zu ermitteln (Irene Becker, SozSich, Sonderheft September 2011, 21). Dies ändert allerdings nichts daran, dass der Gesetzgeber bei der Auswertung der EVS 2013 der ihm vom BVerfG auferlegten Pflicht zur Fortentwicklung des Bedarfsermittlungssystems nachkommen muss und darauf zu achten haben wird, dass Haushalte, deren Nettoeinkommen unter dem Niveau der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von SGB II und SGB XII liegt, aus der Referenzgruppe ausgeschieden werden (BVerfGE, aaO, RdNr 169). Dies hat der Gesetzgeber jedoch auch selbst erkannt. Er hat in § 10 Abs 1 iVm § 10 Abs 2 Nr 1 RBEG eine Verpflichtung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) bestimmt, dem Bundestag ua für die Weiterentwicklung der Methoden zur Abgrenzung der Referenzhaushalte nach § 3 Abs 1 RBEG hinsichtlich der Bestimmung von Haushalten der EVS Vorschläge zu unterbreiten, die nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind, weil deren eigene Mittel nicht zur Deckung des jeweils zu unterstellenden Bedarfs nach dem SGB II und SGB XII ausreichen.

24

Der erkennende Senat ist ebenso wie der 14. Senat des BSG ferner davon überzeugt, dass die im Rahmen des Statistikmodells begründete Herausnahme einzelner Positionen durch den Gesetzgeber nicht zu beanstanden ist. Er folgt dem 14. Senat, wenn dieser ausführt, die regelbedarfsrelevanten Ausgabenpositionen und -beträge seien so bestimmt, dass ein interner Ausgleich möglich bleibe. Auch bei der Kennzeichnung einzelner Verbrauchspositionen als bedarfsrelevant und dem Ausschluss bzw der Kürzung anderer Verbrauchspositionen hat der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Zutreffend hat er sich schließlich bei der Regelung eines Fortschreibungsmechanismus an seiner Entscheidung für das Statistikmodell orientiert. Um Wiederholungen zu vermeiden sieht der erkennende Senat von einer Darstellung der Ausführungen im Einzelnen ab.

25

b) Die Festsetzung eines - im Vergleich zu alleinstehenden Erwachsenen - niedrigeren Regelbedarfs für die Kläger zu 1 und zu 2 gemäß § 20 Abs 4 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, § 8 Abs 1 Nr 2 RBEG aufgrund des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft - hier: aufgrund einer Ehe zwischen dem Kläger zu 1 und der Klägerin zu 2 - ist ebenso wenig verfassungswidrig. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass durch das gemeinsame Wirtschaften Aufwendungen erspart werden und deshalb zwei zusammenlebende Partner einen finanziellen Mindestbedarf haben, der unter dem Doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liegt. Da aufgrund des Zusammenlebens anzunehmen ist, dass beide Partner "aus einem Topf" wirtschaften, ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber für beide Partner einen gleich hohen Bedarf in Ansatz bringt (vgl BVerfG, aaO, RdNr 154; s auch Kohte in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl 2011, § 20 SGB II RdNr 54).

26

c) Auch soweit es den Regelbedarf für zwei zusammenlebende Erwachsene betrifft, in deren Haushalt mindestens ein Kind lebt, kann nicht angenommen werden, dass dieser evident zu niedrig bestimmt worden ist, obwohl der Bedarf der beiden Erwachsenen nur auf einer Ableitung dessen von einem alleinstehenden Erwachsenen beruht. Eine gesonderte Bedarfserhebung ist insoweit nicht erfolgt. Die Sonderauswertung "Paarhaushalt mit einem Kind" diente nur dazu, die "Kinderausgaben" in diesem Paarhaushalt zu bestimmen (BT-Drucks 17/3404, S 64 f). Zwar mangelt es an einer näheren Begründung für die konkrete Bemessung des grundsicherungsrechtlich relevanten Bedarfs für Erwachsene, die mit Kindern zusammenleben. Aus dem bloßen Fehlen einer Begründung für die Ableitung des Regelbedarfs der Erwachsenen in einem Paarhaushalt ausschließlich von dem eines Alleinstehenden kann im Gegensatz zu Münder (in Soziale Sicherheit - Sonderheft September 2011, S 80) jedoch noch nicht auf eine Unvereinbarkeit mit Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG geschlossen werden.

27

Der gesetzliche Leistungsanspruch muss stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf decken (BVerfG, aaO, RdNr 137). Dabei darf der Gesetzgeber in Erfüllung seines Gewährleistungsauftrags jedoch auch wertende Entscheidungen treffen, um die soziale Wirklichkeit zeit- und realitätsgerecht zu erfassen. Der Umfang des Anspruchs auf ein menschenwürdiges Existenzminimum hängt von den gesellschaftlichen Anschauungen über das für ein menschenwürdiges Dasein Erforderliche, der konkreten Lebenssituation des Hilfebedürftigen sowie den jeweiligen wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten ab und ist danach vom Gesetzgeber konkret zu bestimmen. Hierbei steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu, der enger ist, soweit er das zur Sicherung der physischen Existenz eines Menschen Notwendige konkretisiert, und weiter, wo es um Art und Umfang der Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben geht (BVerfG, aaO, RdNr 138; BVerfGE 126, 331 RdNr 103). Aus dem Erfordernis, alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen, folgt jedoch nicht, dass die Höhe des existenznotwendigen Lebensunterhalts durch den Einsatz einer allein richtigen Berechnungsmethode punktgenau ermittelt werden kann und jede Abweichung als Verfassungsverstoß anzusehen ist (vgl Spellbrink, DVBl 2011, 661). Weder sind normative Setzungen grundsätzlich ausgeschlossen, noch ist es für die verfassungsrechtliche Prüfung von Bedeutung, ob die maßgeblichen Gründe für die gesetzliche Neuregelung im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich als solche genannt wurden oder gar den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sind (BVerfG, NVwZ-RR 2012, 257). Inhaltlicher Maßstab der einfachgesetzlichen Festschreibung des Leistungsanspruchs sind Sachgerechtigkeit und Vertretbarkeit (BVerfG, aaO, RdNr 171). Gemessen an diesem Maßstab führt die Ableitung des Bedarfs der Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit einem Kind von dem eines Alleinstehenden derzeit nicht zu einer evident zu niedrig bemessenen existenzsichernden Leistung.

28

Genaue Datengrundlagen zur Ermittlung des Bedarfs von zwei Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit Kind liegen nicht vor. Ebenso wie für die Bestimmung des Existenzminimums des Kindes gilt auch hier, dass bei Haushalten mit Kindern der überwiegende Teil der Verbrauchsausgaben nicht direkt und unmittelbar auf Erwachsene und Kinder aufgeteilt werden konnte (BT-Drucks 17/3404, S 64; s zu den Einzelheiten unter 6 d cc). Es ist insoweit zwar eine Sonderauswertung für Familienhaushalte durchgeführt worden. Gleichwohl konnten im Rahmen der zur Verfügung stehenden Umsetzungszeit (s hierzu unter 6 a) nur die Verbrauchsausgaben für den gesamten Haushalt erfasst werden. Die Ableitung des Bedarfs der beiden Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit Kind von dem eines Alleinstehenden ist daher zurzeit methodisch noch sachgerecht und vertretbar. Dies gilt umso mehr, als der erkennende Senat davon ausgeht, dass höhere Bedarfe wegen des Kindes im Wesentlichen durch erhöhte Aufwendungen im Teilhabebereich entstehen, etwa dadurch, dass das Kind - zumindest das kleinere - im Rahmen seines Anspruchs nach § 28 Abs 7 SGB II noch nicht allein am sozialen und kulturellen Leben teilnehmen kann, also der Begleitung bedarf(s hierzu auch Irene Becker in SozSich, Sonderheft September 2011, 17). Im Bereich der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ausgehend von der Vorgabe, dass hier nur das Minimum gewährleistet werden muss (BVerfG, aaO, RdNr 166), jedoch, wie schon dargelegt, weiter. Den Rahmen für seinen Gestaltungsspielraum bei Rückgriff auf das Statistikmodell bildet die Überlegung, dass die Summe der für die Gewährleistung des Existenzminimums erforderlichen Verbrauchsausgaben ein monatliches Budget bilden, über dessen konkrete Verwendung der Leistungsberechtigte selbst entscheidet. Maßgebend ist, dass der Gesamtbetrag des Budgets ausreicht, die Existenz zu sichern (BT-Drucks 17/3404 S 51). Dem Umstand möglicher erhöhter Bedarfe der Erwachsenen durch ein Kind in einem Paarhaushalt kann daher zum einen allgemein durch Rückgriff auf den internen Ausgleich innerhalb der Pauschale Rechnung getragen werden. Zum anderen hat der Gesetzgeber im Rahmen der Bestimmung der Höhe des Regelbedarfs für Erwachsene wegen der Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets für Kinder und Jugendliche, für Eltern eine Mitgliedschaft in Organisationen ohne Erwerbscharakter erstmals in voller Höhe als regelbedarfsrelevant definiert (vgl BT-Drucks 17/3404, S 64). Insoweit ist mithin der erhöhte Bedarf durch die Teilhabe des Kindes in die Bestimmung der Höhe des Regelbedarfs eines Alleinstehenden eingerechnet worden.

29

Die Berücksichtigung bei der Bemessung der Pauschale hat auch hier zur Folge, dass die Entscheidung, wofür der Betrag genutzt wird, dem einzelnen Bedarfsgemeinschaftsmitglied obliegt, er also auch für andere Aufwendungen durch die Teilhabe des Kindes genutzt werden kann. Gleichwohl wird der Gesetzgeber die Bedarfe von zwei Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit Kind bei der Auswertung der EVS 2013 unter Beachtung der sich aus § 10 Abs 2 Nr 3 RBEG ergebenden Verpflichtung zu berücksichtigen haben. Danach hat das BMAS dem Bundestag bis Juli 2013 für die Ermittlung von regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben von Erwachsenen Vorschläge zu unterbreiten, die in einem Mehrpersonenhaushalt leben. Diese bilden sodann die Grundlage für die Ermittlung von Regelbedarfen und die danach vorzunehmende Bestimmung von Regelbedarfsstufen für Erwachsene, die nicht in einem Einpersonenhaushalt leben.

30

Soweit Münder in seine Überlegungen auch die "Haushaltsgemeinkosten" einbezieht, wird zwar schon nicht hinreichend deutlich, welche Kosten er hier betrachtet (Münder, SozSich, Sonderheft September 2011, 85). Unbestritten steigen nach allgemeiner Lebenserfahrung durch ein Kind in einem Haushalt allerdings die Aufwendungen etwa in den Abteilungen 04 (Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung), 05 (Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände), 08 (Nachrichtenübermittlung) und 12 (andere Waren und Dienstleistungen). Derartige Aufwendungen sind jedoch in die Bemessung der Regelbedarfe der Kinder in Abhängigkeit von den Aufwendungen des Haushalts, als deren eigene Bedarfe eingeflossen (zur verfassungsrechtlichen Bewertung der Kinderregelbedarfe s unten unter 6 d, cc). Inwieweit darüber hinaus den Erwachsenen selbst durch das Zusammenleben mit dem Kind weitere Bedarfe als die durch die bereits erörterten der Teilhabe entstehen, ist nicht ersichtlich.

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Daraus, dass der Gesetzgeber für Alleinerziehende einen zusätzlichen Bedarf bei Pflege und Erziehung von Kindern (§ 21 Abs 3 SGB II) erkannt hat, folgt keine Verengung seines Gestaltungsspielraums derart, dass von der Annahme der Verfassungswidrigkeit der Ableitung der Höhe des Regelbedarfs für zwei Erwachsene in einem Paarhaushalt mit einem Kind ausschließlich von dem Regelbedarf eines Alleinstehenden ausgegangen werden müsste. Dies folgt zwar nicht bereits daraus, dass der Gesetzgeber bei den Alleinerziehenden nicht den Regelbedarf an sich höher bemessen hat, sondern ihnen eine zusätzliche Mehrbedarfsleistung zubilligt. Er braucht die Existenz nicht allein durch die Regelleistung zu sichern. Es obliegt seinem Gestaltungsspielraum, ob er sich insoweit ergänzender Leistungen bedient oder den erkannten Bedarf in die Bemessung des Regelbedarfs einbezieht. Entscheidend insoweit ist nur, dass das verfassungsrechtlich gebotene Existenzminimum sichergestellt wird (BVerfG, aaO, RdNr 170). Soweit mithin aus dem für Alleinerziehende ermittelten verfassungsrechtlich relevant zu deckenden Bedarf folgen sollte, dass sich dieser mit dem von zwei Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit Kind deckt, jedoch entweder nicht in der Höhe deren Regelbedarfs niederschlägt oder nicht über eine gesonderte Leistung gedeckt wird, kann dies auch bedeuten, dass das verfassungsrechtlich zu gewährleistende Existenzminimum der Erwachsenen im Paarhaushalt mit Kindern unterschritten wird. Dies ist jedoch nicht der Fall.

32

Es mangelt den Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit Kind bereits an einem verfassungsrechtlich relevanten Bedarf durch die Erziehung und Pflege der Kinder, wie er für "Alleinerziehende" erkannt worden ist. Bei dem Personenkreis der Alleinerziehenden ist von einer besonderen Bedarfssituation auszugehen, bei der typischerweise ein zusätzlicher Bedarf zu bejahen ist (BSG vom 23.8.2012 - B 4 AS 167/11 R - RdNr 14 ff; BSGE 102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5, RdNr 15). Solche besonderen Lebensumstände sind ausgehend von den Gesetzesmaterialien zur Einführung und zum Zweck der entsprechenden Regelung im BSHG (vgl den Gesetzentwurf des Bundesrates vom 26.3.1985, BT-Drucks 10/3079 S 5) exemplarisch darin gesehen worden, dass Alleinerziehende wegen der Sorge für ihre Kinder typischerweise weniger Zeit haben, preisbewusst einzukaufen sowie zugleich höhere Aufwendungen zur Kontaktpflege und zur Unterrichtung in Erziehungsfragen tragen müssen bzw externen Rat in Betreuungs-, Gesundheits- und Erziehungsfragen benötigen. Auch der Zweck des § 21 Abs 3 SGB II liegt darin, den höheren Aufwand von Alleinerziehenden für die Versorgung und Pflege bzw Erziehung der Kinder etwa wegen geringerer Beweglichkeit und zusätzlicher Aufwendungen für die Kontaktpflege oder Inanspruchnahme von Dienstleistungen Dritter in pauschalierter Form auszugleichen(BSG vom 23.8.2012 - B 4 AS 167/11 R - RdNr 14; BSGE 102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5, RdNr 1). Zwar ist an diesen Gründen die Kritik geäußert worden, der Mehrbedarf für Alleinerziehende sei wegen des gesellschaftlichen Wandels überholt (Düring in Gagel, SGB II/SGB III, Stand XI/2010, § 21 RdNr 19 und Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K, Stand V/2011, § 21 RdNr 36). Abgesehen davon, dass sich die Gruppe der Alleinerziehenden gegenüber allen anderen Haushaltsformen nach wie vor besonders oft unterhalb der relativen Einkommensschwelle befindet und auch als Erwerbstätige signifikant niedrigere Einkommen als Paarhaushalte erzielt (vgl den 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung 2012, S 324, 329), ändert ein Wandel der gesellschaftlichen Anschauungen nichts an der oben dargelegten verfassungsrechtlichen Wertung im Hinblick auf die Bemessung des Regelbedarfs eines Paares mit Kind. Sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers sind verfassungsrechtlich anzuerkennen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlsam, noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind (BVerfGE 113, 167 ff, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 6). Zumindest können diese Wertungen nicht umgekehrt dazu führen, dass Bedarfe durch Kindererziehung in dem gleiche Maße wie bei Alleinstehenden auch bei zwei Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit Kind bedarfserhöhend berücksichtigt werden müssten, ohne dass das Existenzminimum Letzterer evident zu niedrig bemessen wäre.

33

d) Auch die Festsetzung des Regelbedarfs für den Kläger zu 3 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der für Kinder, die, wie der Kläger zu 3, unter sechs Jahre alt sind, gesetzlich in § 23 Nr 1 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, § 8 Abs 1 Nr 6 RBEG vorgesehene Bedarf ist, zumindest soweit er Kinder bis zur Vollendung des 2. Lebensjahres betrifft, nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden. Der Gesetzgeber hat den ihm insoweit zustehenden Gestaltungsspielraum nicht evident unter- bzw überschritten.

34

aa) Soweit es die Fragen der grundsätzlichen Eignung der EVS zur Bestimmung des Umfangs des existenznotwendigen Bedarfs, die Wahl der Referenzhaushalte, die Tragfähigkeit der Auswertung und die grundsätzliche Bestimmung des regelsatzrelevanten Bedarfs angeht, gilt dasselbe, wie für die Bemessung des Regelbedarfs für die Alleinstehenden ausgeführt (6 a). Um Wiederholungen zu vermeiden, wird darauf verwiesen.

35

bb) Eine Problematisierung der Altersstufungen in den Regelbedarfsstufen des § 28 Abs 4 SGB XII iVm § 8 Abs 1 Nr 4 bis 6, Abs 2 RBEG, § 23 Nr 1 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG erübrigt sich im vorliegenden Fall. Selbst mit der von Margot Münnich und Thomas Krebs verwendeten Stufung in der Studie "Ausgaben für Kinder in Deutschland" (in Wirtschaft und Statistik 2002, S 1080 ff), auf die das BVerfG verwiesen hat (BVerfG aaO, RdNr 194, 198), würde sich hier kein anderes Ergebnis ergeben. Auch bei ihnen umfasst die unterste Altersstufe Kinder im Alter von 0 bis unter 6 Jahren. Da der Kläger zu 3 im hier streitigen Zeitraum erst das zweite Lebensjahr vollendet hat, sind weitere Differenzierungen nach anderen Altersgruppen nicht entscheidungserheblich.

36

Die generelle Bemessung des kindlichen Regelbedarfs nach Altersstufen ist nicht zu beanstanden. Das BVerfG hat insoweit auch lediglich darauf hingewiesen, dass nach der oben benannten Studie von Münnich/Krebs, die bis zum 1.12.2010 geltenden Altersstufen nach § 28 Abs 1 S 3 Nr 1 SGB II nicht abbildeten, dass sich die Ausgaben für den privaten Konsum eines Kindes generell mit steigendem Lebensalter erhöhten und dass sie im Vergleich zwischen Kindern unter 6 Jahren (1. Altersgruppe) und Kindern zwischen 12 und 18 Jahren (3. Altersgruppe) bei Alleinerziehenden mit einem Kind um mehr als ein Drittel und bei Paaren mit einem Kind fast um die Hälfte wachsen würden (BVerfG, aaO, RdNr 194 unter Verweis auf Münnich/Krebs, aaO, S 1089, 1091).

37

cc) Auch die Bestimmung des Regelbedarfs von Kindern mittels des Verteilungsschlüssels in Ableitung vom Bedarf des Haushalts ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

38

Der Gesetzgeber hatte bis zum RBEG Ermittlungen zum Bedarf von Kindern unterlassen. Der Abschlag von 40 % gegenüber der Regelleistung für einen Alleinstehenden beruhte - so das BVerfG - auf einer freihändigen Setzung ohne empirische und methodische Fundierung (BVerfG, aaO, RdNr 191). Da der Gesetzgeber des RBEG sich zur Bedarfsermittlung der vom BVerfG gebilligten Methode der EVS bedient hat, in der EVS die Ausgaben für den privaten Verbrauch jedoch nur für den Haushalt insgesamt erfasst werden, sind ausschließlich beim Einpersonenhaushalt alle Verbrauchsausgaben eindeutig der im Haushalt lebenden Person zuzuordnen. Bei Mehrpersonenhaushalten, so die Begründung zum Entwurf des RBEG, sei dies dagegen nur bei wenigen Verbrauchsausgaben möglich. Dies bedeute aber auch, dass bei Haushalten mit Kindern der überwiegende Teil der Verbrauchsausgaben nicht direkt und unmittelbar auf Erwachsene und Kinder aufgeteilt werden könne (BT-Drucks 17/3404, S 64 ff). Die Zuordnung der Verbrauchsausgaben der Familienhaushalte auf die im Haushalt lebenden Personen - zwei erwachsene Personen und ein Kind - erfolgte deswegen nunmehr auf der Grundlage der Studie "Kosten eines Kindes", die im Auftrag des BMFSFJ erstellt wurde. Für die Ermittlung der Anteile sind gesonderte Berechnungen vorgenommen worden. Diese Festlegungen sind - so die Begründung zum Entwurf des RBEG - in einer hierzu vom BMFSFJ eingerichteten Arbeitsgruppe unter Einbeziehung von Wissenschaftlern getroffen worden. Die Verteilung erfolgt entweder auf Grundlage von Gutachten (bei den Bedarfen für Ernährung, Getränke, Verpflegungsdienstleistungen, Strom und Wohnungsinstandsetzung), nach Köpfen (bei den Bedarfen für Gesundheitspflege, Telefon und Zeitungen/Bücher, Bekleidung und Schuhe), nach der neuen OECD-Skala (bei den Bedarfen für Kühlschränke, Waschmaschinen, Haushaltsgeräte, Diensten und Gütern für Körperpflege) oder allein auf Erwachsene bzw Kinder (bei den Bedarfen für Praxisgebühren, Post- und Kurierdienste, Finanzdienstleistungen und Mitgliedsbeiträge für Organisationen ohne Erwerbszweck). Das Statistische Bundesamt hat alsdann aufgrund der in dieser Arbeitsgruppe ermittelten und festgelegten Verteilungsschlüssel modellhaft für alle Haushalte mit Kindern auf Basis der EVS 1998 und 2003 eine Verteilung der Haushaltsausgaben auf Kinder und Erwachsene ermittelt (BT-Drucks 17/3404, S 64 ff). Zwar ist damit im Ergebnis eine normative Festlegung für die Verteilung der Haushaltsausgaben auf Erwachsene und Kinder im Haushalt erfolgt. Auch wird die nunmehr gewählte Methode zur Feststellung des existenzsichernden kindlichen Bedarfs in der Literatur als zwischenzeitlich durch neue Erkenntnisse überholt bezeichnet (vgl Irene Becker SozSich, Sonderheft September 2011, S 17 ff). Die Methode des Verteilungsschlüssels ist jedoch gleichwohl eine verfassungsrechtlich zulässige Methode zur Bestimmung des existenzsichernden kindlichen Bedarfs.

39

Die Methode des Verteilungsschlüssels stellt ein transparentes und nachvollziehbares Verfahren zur Bemessung des Kinderregelbedarfs dar. Ihr liegt eine wissenschaftlich begründete Methode zugrunde. Das BVerfG selbst hat auf die Möglichkeit der Wahl dieser Methode hingewiesen (BVerfG, aaO, RdNr 198). Es hatte die Verfassungswidrigkeit des Sozialgeldes für Kinder nach § 28 Abs 1 S 3 Nr 1 1. Alt SGB II in Höhe von 207 Euro auch in erster Linie damit begründet, dass die Ableitung des Regelbedarfs für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres mit 60 % von der Regelleistung für einen alleinstehenden Erwachsenen auf keiner vertretbaren Methode zur Bestimmung des Existenzminimums beruht und festgestellt, dass schon die Alltagserfahrungen auf das Vorhandensein eines besonderen kinder- und alterspezifischen Bedarfs hindeuten, den es in dem Satz "Kinder sind keine kleinen Erwachsenen" zusammengefasst hat. Ihr Bedarf, der zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums gedeckt werden müsse, habe sich an kindlichen Entwicklungsphasen auszurichten und an dem, was für die Persönlichkeitsentfaltung eines Kindes erforderlich sei (BVerfG, aaO, RdNr 195). Dies gewährleistet die Bestimmung des kindlichen Bedarfs durch Verteilung der Aufwendungen des Familienhaushalts auf die Haushaltsmitglieder. Die Wahl der "besten" Methode ist verfassungsrechtlich nicht geboten, solange die gewählte Methode vertretbar und geeignet ist. Dies gilt für die Methode des "Verteilungsschlüssels". Sie wird daher auch in der juristischen Literatur überwiegend als eine verfassungsrechtlich zulässige Möglichkeit bewertet, den kindlichen Bedarf zu messen und zuzuordnen (vgl Hörrmann, Rechtsprobleme des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, 1. Aufl 2013, S 113; Münder, SozSich - Sonderheft September 2011, 85).

40

Soweit Kritik an dem hinterlegten Zahlenmaterial geübt und hieraus abgeleitet wird, dass es deswegen an einem qualitativ validen Ergebnis mangele (Hörrmann, Rechtsprobleme des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, 1. Aufl 2013, S 116) und das Transparenzgebot missachtet worden sei (ders, aaO, S 18; Lenze, WSi-Mitteilungen 2011, 534, 537), vermag der Senat hieraus keine Verfassungswidrigkeit der Höhe des Regelbedarfs für ein Kind bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres abzuleiten. Dass zum Teil keine konkret bezifferten Aufwendungen in die Bemessung eingeflossen sind, ist dem Umstand geschuldet, dass insoweit nicht genügend Haushalte Angaben zu ihrem Verbrauchsverhalten gemacht haben (weniger als 25 Haushalte; s auch BT-Drucks 17/3404, S 65; zur Kritik hieran vgl Irene Becker in SozSich, Sonderheft September 2011, 33, die zu dem Ergebnis gelangt, dass die für Kinder unter 6 Jahren durchgeführte Regelbedarfsberechnung statistisch nicht hinreichend signifikant sei). Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot kann hierin deswegen jedoch nicht erkannt werden (so auch Mogwitz, ZfSH/SGB 2011, 323, 333). Die Bedarfe sind gleichwohl zu jeweils 100 % als regelsatzrelevanter Anteil des Kindes in die Bemessung des Regelbedarfs eingeflossen (BT-Drucks 17/3404, S 52). Da die Methode des "Verteilungsschlüssels" an sich, wie schon dargelegt, nicht zu beanstanden ist, kann angesichts der engen zeitlichen Vorgaben des BVerfG zur Umsetzung der Neuregelung (s bereits unter 6 a) allein aufgrund nicht hinreichender Befragungsergebnisse noch kein evident zu niedrig bemessener Regelbedarf für den Kläger zu 3 festgestellt werden (Mogwitz, ZfSH/SGB 2011, 323, 333; vgl auch Irene Becker in SozSich, Sonderheft September 2011, 18 f). Nach § 10 Abs 2 Nr 2 RBEG hat das BMAS den Auftrag, dem Deutschen Bundestag bis zum 1.7.2013 Vorschläge für die Überprüfung und Weiterentwicklung der Verteilungsschlüssel hinsichtlich der Verteilung der Verbrauchsausgaben von Familienhaushalten nach § 2 Nr 2 RBEG auf Kinder und Jugendliche als Grundlage für die Ermittlung von regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben nach § 6 RBEG vorzulegen. Auf dieser Grundlage muss der Gesetzgeber bei der Auswertung der EVS 2013, um dem verfassungsrechtlichen Maßstab der Ermittlung des Anspruchsumfangs in einem transparenten und sachgerechten Verfahren, realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu entsprechen (BVerfGE aaO, Leitsatz 3), auf aussagekräftige Daten zurückgreifen können.

41

dd) Das Vorbringen der Kläger zu der Bedarfsposition "Kinderschuhe", die ihrer Ansicht nach in verfassungswidriger Art zu niedrig bemessen worden sind, vermag nicht zu überzeugen. Dass dieser Bedarf für Kinder unter 6 Jahren (Abteilung 03, laufende Nr 8) um 2,58 Euro niedriger ist als für Kinder zwischen 6 und 14 Jahren, kann zumindest bei einem bis zu zweijährigen Kind keine fehlerhafte Bemessung nach sich ziehen. Es ist nicht ersichtlich, dass für die hier zu betrachtende Altersgruppe bis zu 2 Jahren der eingestellte monatliche Bedarf von 7,02 Euro evident zu niedrig bemessen ist. Zur Begründung führen die Kläger an, Kinderfüße seien in den ersten Lebensjahren besonders leicht deformierbar, wüchsen in den ersten drei Lebensjahren 1,5 mm pro Monat und Kinder unter 6 Jahren benötigten besonders häufig neue Schuhe. Kinder laufen jedoch nicht vom ersten Tag ihres Lebens an, sondern in der Regel erst mit einem Jahr. Gleichwohl ist in dem Regelbedarf auch zwischen der Geburt und der Vollendung des ersten Lebensjahres ein Bedarf für Schuhe von monatlich 7,02 Euro berücksichtigt worden.

42

Wenig überzeugend erscheint auch die in der Literatur vorgebrachte Kritik an der Höhe des Regelbedarfs für Kinder bis zu 2 Jahren in der Abteilung 12 (andere Waren und Dienstleistungen). Es wird darauf hingewiesen, dass für "sonstige Verbrauchsgüter für die Körperpflege" (laufende Nr 74) nur 2,19 Euro als regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgabe pro Kind eingestellt seien. Von diesem Betrag könne beispielsweise ein Vorrat an Babywindeln nur für ein paar Tage gekauft werden (Rothkegel, ZfSH/SGB 2011, 79). Insoweit wird jedoch verkannt, dass auch der Regelbedarf für Kinder in pauschalierter Form gewährt wird. Dies bedeutet, dass ein erhöhter Bedarf für eine bestimmte Position durch einen verminderten Bedarf bei einer anderen Position ausgeglichen werden kann. Dies zeigt sich bei der Abteilung 08 besonders deutlich. Dort sind "sonstige Verbrauchsgüter für die Körperpflege" für alle Kinder im Alter von 0 bis 5 Jahren als regelbedarfsrelevant berücksichtigt. Im Normalfall sind für ein fünfjähriges Kind keine Aufwendungen für Windeln mehr erforderlich, hingegen jedoch möglicherweise aus den Positionen 69 (Uhren) oder 73 (Toilettenpapier). Umgekehrt wird ein Kind im Alter des Klägers zu 3 keinen Bedarf für Uhren, elektrische Geräte zur Körperpflege, Haarpflege, Rasiermittel (laufende Nr 72) oder Toilettenpapier (laufende Nummer 73) haben.

43

ee) Auch die Aufspaltung der Grundsicherungsleistungen für Kinder in der Altersstufe des Klägers zu 3 in Regelbedarf und Bildungs- sowie Teilhabebedarfe nach § 28 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG führt nicht zu einer Verletzung von Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG durch Unterschreitung des ihnen zu sichernden Existenzminimums.

44

(1) Alg II bzw Sozialgeld und Leistungen zur Bildung und Teilhabe dienen in ihrer Kombination der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums iS des Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG. Das BVerfG hat den grundsicherungsrelevanten Bedarf von Kindern und Jugendlichen aus einer Zusammenschau der für das Alg II/Sozialgeld bedeutsamen Bedarfe und denen zur Bildung und Teilhabe bestimmt (BVerfGE, aaO, RdNr 197). Die Bedarfe für Bildung und Teilhabe stellen also nicht lediglich über den grundsicherungsrechtlich relevanten Bedarf hinausgehende Leistungen an Kinder und Jugendliche dar, sondern sind gerade Teil des grundsicherungsrelevanten Bedarfs, den der Gesetzgeber zu decken hat (BVerfG, aaO, RdNr 192). Dem hat der Gesetzgeber durch die einfachgesetzliche Ausgestaltung der passiven Leistungen des SGB II durch § 19 Abs 1 und 2 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG Rechnung getragen. Nunmehr können auch die in §§ 19, 28 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG genannten Bedarfe die Leistungsberechtigung insgesamt auslösen(vgl § 7 Abs 2 S 3, § 9 Abs 2 S 3, § 13 Abs 1 Nr 4 SGB II; vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 Rz 23, Stand XI/12).

45

(2) Auch wenn für den Kläger zu 3 keine Leistungen für Bildung und Teilhabe beantragt worden sind, sind diese gleichwohl bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der existenzsichernden Leistungen zu berücksichtigen. Der gesetzliche Leistungsanspruch muss zwar so ausgestaltet sein, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt (BVerfGE, aaO, RdNr 137 unter Hinweis auf BVerfGE 87, 153, 172; BVerfGE 91, 93, 112; BVerfGE 99, 246, 261; BVerfGE 120, 125, 155 und 166). Der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum umfasst jedoch die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ebenso wie die wertende Einschätzung des notwendigen Bedarfs (BVerfGE, aaO, RdNr 138). Insoweit kommt es, wenn der Gesetzgeber - wie im Teilhabe- und Bildungsbereich - Sach- oder Dienstleistungen zur Existenzsicherung anbietet, nicht darauf an, ob diese Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden. Entscheidend ist vielmehr, dass sie zur Verfügung stehen. Dies ist bei Kindern bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres durch die Zusammenschau von Regelbedarf und Leistungen für Bildung und Teilhabe der Fall. Soweit wie hier, die Gewährung von Grundsicherungsleistungen jedoch von der Antragstellung abhängig ist, obliegt es dem einzelnen Leistungsberechtigten, seinen Bedarf gegenüber dem Leistungsträger geltend zu machen.

46

(3) Im Gegensatz zur Auffassung des SG ist ein Kind im Alter des Klägers zu 3 auch nicht von den gesetzlich vorgesehenen Leistungen des § 28 SGB II ausgeschlossen. Sie sind Teil auch seiner Existenzsicherung. § 28 Abs 2 S 2 und § 28 Abs 6 S 1 Nr 2 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG sehen vor, dass für Kinder, die eine Kindertageseinrichtung besuchen Ausflüge und Mittagsverpflegung förderfähig sind. Dabei handelt es sich nicht lediglich um Kindergärten. Vielmehr ist der Begriff im gleichen Sinn auszulegen wie § 22 Abs 1 S 1 SGB VIII und umfasst damit neben Kindergärten - unabhängig von ihrer Bezeichnung im einzelnen Fall - auch Krabbelgruppen, Kinderhorte, Kleinspielkreise, Kinderkrippen etc(vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 45 [Stand: 11/12]; Leopold in Schlegel/Voelzke/Radüge, JurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 28 RdNr 49; Thommes in Gagel, SGB II/III, § 28 SGB II RdNr 13 [Stand: 4/12]; vgl auch Fach in Oestreicher, SGB II/XII, § 28 SGB II RdNr 51 [Stand: 10/12]; aA O. Loose in Hohm, GK-SGB II, § 28 RdNr 29 [Stand: 12/11], der - trotz § 26 SGB VIII methodisch fragwürdig - auf das jeweilige Landesrecht zurückgreifen möchte). Jedenfalls gemeint sind Einrichtungen zur Betreuung von Kindern im Vorschulalter. Ebenso stehen die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG für den Kläger zu 3 zur Verfügung. Soweit diese auf Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, auf Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbaren angeleiteten Tätigkeiten der kulturellen Bildung und der Teilnahme an Freizeiten beschränkt sind, folgt auch hieraus keine verfassungswidrige Unterversorgung des Klägers zu 3. Diese Leistungen dienen dem legitimen Ziel der Herstellung von Chancengleichheit zwischen leistungs- und nichtleistungsbeziehenden Kindern, insbesondere durch Integration in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen (BT-Drucks 17/3404 S 106). Dass der Gesetzgeber dort nicht alle denkbaren Bereiche gemeinschaftlicher Aktivität von Kindern aufgenommen hat, ist dem vom BVerfG (BVerfG, aaO, RdNr 133, 138) ausdrücklich gebilligten Gestaltungsspielraum geschuldet. Dieser Gedanke rechtfertigt es auch, zB Kinobesuche von der Förderfähigkeit zumindest bei Kindern im Alter des Klägers zu 3 auszunehmen. Im Übrigen ist die einfachgesetzliche Regelung des § 28 Abs 7 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, die durch ihre offenen Tatbestände viele Spielräume eröffnet, erforderlichenfalls in verfassungskonformer Weise auszulegen.

47

(4) Unschädlich ist insoweit auch, dass der Gesetzgeber die Bildungs- und Teilhabeleistungen als Sach- oder Dienstleistungen und nicht in einer Pauschale als Geldleistung erbringt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG bleibt dem Gesetzgeber die Entscheidung überlassen, ob er das Existenzminimum durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen sichert. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass der Gesetzgeber etwa im Rahmen des § 28 Abs 7 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG nicht bloß einen monatlichen Geldbetrag in Höhe von 10 Euro an leistungsberechtigte Kinder zur Verfügung stellt, sondern diesen mit bestimmten Verwendungszwecken verknüpft hat. Mit der Zurverfügungstellung des Geldbetrags allein könnte nicht sichergestellt werden, dass die Geldmittel auch dazu verwendet werden, eben den Teilhabeanteil - als kindgerechter Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums - eines Kindes zu decken. Eine alleinige nachträgliche Kontrolle der zweckentsprechenden Verwendung geleisteter Geldzahlungen (vgl § 29 Abs 4 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) als theoretisch denkbares milderes Mittel reicht nicht aus, um das soziokulturelle Existenzminimum in dem Zeitraum sicherzustellen, für welchen die Leistungen gewährt werden. Vielmehr bedarf es einer gegenwärtigen Sicherstellung im fraglichen Zeitraum (Gegenwärtigkeitsprinzip).

48

(5) Nicht entscheidungserheblich ist ferner, dass das SG keine Feststellungen zu den tatsächlichen Verhältnissen in der Wohnortgemeinde bzw dem sozialen Umfeld des Klägers zu 3 im Hinblick auf das dortige Teilhabeangebot iS des § 28 Abs 7 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG getroffen hat. Die Teilhabemöglichkeiten sind zwar abhängig von den örtlichen Verhältnissen. Sie sollen jedoch lediglich gewährleisten, dass den Betroffenen eine Teilhabe im Rahmen der bestehenden örtlichen Infrastruktur ermöglicht wird. Damit reicht es für die Existenzsicherung aus, wenn die Inanspruchnahme entsprechender Angebote durch die Teilhabeleistungen sichergestellt wird.

49

Die Träger der Leistungen für Bildung und Teilhabe (gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II die kommunalen Träger) trifft nach der nicht zu beanstandenden gesetzgeberischen Konzeption insoweit auch kein Sicherstellungsauftrag. Vielmehr haben sie lediglich die finanziellen Hürden zu beseitigen, die einer Integration von Kindern und Jugendlichen in die Gesellschaft entgegenstehen bzw sie behindern können (vgl BT-Drucks 17/3404 S 107). Zwar wird verschiedentlich gegen eine gutscheinweise Gewährung von Teilhabeleistungen und eine dadurch eintretende Erfüllung des Leistungsanspruchs (vgl § 29 Abs 2 S 1, Abs 3 S 1 SGB II) eingewandt, insbesondere im "ländlichen Bereich" könne es so zu einer Unterdeckung des Teilhabebedarfs von Kindern und Jugendlichen kommen, falls dort keine entsprechenden Angebote bestünden (so zB Münder, SozSich, Sonderheft September 2011, 88 f). Es erscheint indes bei tatsächlicher Betrachtung kaum vorstellbar, dass es Gebiete in der Bundesrepublik Deutschland gibt, in denen es überhaupt keine Angebote für Kinder, insbesondere solcher der Altersstufe 1, gibt, die in Anspruch genommen werden könnten. Dies gilt auch für den hier zu beurteilenden Fall, der zudem den städtischen Bereich betrifft.

50

Das Fehlen eines Sicherstellungsauftrages iS der Bereitstellung eines, womöglich sogar eigenen Angebots der Kommunen ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums beinhaltet zwar eine Verpflichtung des Staates zum Schutz der menschlichen Würde dahingehend, dass er es zu unterlassen hat, ua durch öffentlich-rechtliche Vorschriften diese verfassungsrechtliche Garantie zu beeinträchtigen. Dem Gesetzgeber ist hierbei indes ein erheblicher Gestaltungsspielraum zuzugestehen (BVerfG, aaO, RdNr 133, 138; Höfling in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Art 1 RdNr 49; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 1 RdNr 14). Der Staat ist lediglich verpflichtet, die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein, erforderlichenfalls auch durch Sozialleistungen zu sichern (vgl BVerfG vom 29.5.1990 - 1 BvL 20/84 - BVerfGE 82, 60, 85 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1; Dreier in Dreier, GG, Band I, 2. Aufl 2004, Art 1 Abs 1 RdNr 158 mwN; Höfling in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Art 1 RdNr 31 f, 48; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 1 RdNr 22). Hieraus lässt sich, wie das BVerfG betont hat (BVerfG, aaO, RdNr 138), indes kein konkreter Leistungsanspruch zugunsten Einzelner ableiten.

51

(6) Auch rechnerisch wird die Herausnahme einzelner vormals regelbedarfsrelevanter Positionen durch das RBEG aus dem Regelbedarf durch die Bildungs- und Teilhabeleistungen in der Altersstufe des Klägers zu 3 ausgeglichen. Der Bedarf für den Bereich "Außerschulischer Unterricht, Hobbykurse" beträgt nach dem zuvor bereits näher erörterten Verteilungsschlüssel bis zu 3,58 Euro pro Kind in einem Paarhaushalt mit Kind. In dem Haushalt fallen jedoch insgesamt Bedarfe in Höhe von maximal 10,74 Euro für die Verbrauchsposition "Außerschulischer Unterricht, Hobbykurse" an. Für "Mitgliedsbeiträge an Organisationen ohne Erwerbszweck" sind es bis zu 2,60 Euro für den gesamten Haushalt, je nach Alter des Kindes (BT-Drucks 17/3404, S 106). Angesichts dessen ist es evident, dass aufgrund des Leistungsbetrags von 10 Euro nach § 28 Abs 7 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG die Herausnahme der Bedarfspositionen einen Ausgleich findet(aA wohl Lenze, WSI-Mitteilungen 2011, 534, 537, die allerdings auch die Kürzungen wohl erst für die Altersstufe 2 annimmt; Rothkegel, ZfSH/SGB 2011, 69, 80 f, der eher die zutreffende Höhe der Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II bezweifelt).

52

Soweit gegen die nach § 28 Abs 7 SGB II vorgesehene Berücksichtigung eines Bedarfs an Leistungen zur Teilhabe in Höhe von 10 Euro im Monat vorgebracht wird, dieser Betrag sei "ins Blaue hinein" geschätzt und nicht folgerichtig iS der Rechtsprechung des BVerfG ermittelt, geht dieser Einwand hinsichtlich des Klägers zu 3 als Anspruchsberechtigtem ins Leere. Der vom Gesetzgeber gewählte Wert ist nicht zu beanstanden. Aus der Auswertung der EVS 2008 ergibt sich hinsichtlich der Ausgaben des privaten Konsums von Ehepaaren und sonstigen Paarhaushalten mit einem Kind im Alter von unter sechs Jahren, dass die anteiligen für Kinder in diesem Alter vorgesehenen Bedarfe deutlich unterhalb der gesetzlich vorgesehenen 10 Euro monatlich liegen. Für Freizeit- und Kulturdienstleistungen weist die EVS 2008 für Kinder im Alter unter sechs Jahren insgesamt einen Wert von 5,56 Euro monatlich aus (BT-Drucks 17/3404 S 146, Code 159 094). Davon wurden 1,08 Euro für "Außerschulischen Unterricht und Hobbykurse" (BT-Drucks 17/3404 S 146 Code 160 0941 020), die für den Teilhabebedarf iS des § 28 Abs 7 SGB II relevant sind, aus dem Regelbedarf gestrichen. Letztlich wird auch von Kritikern zugestanden, dass der vom Gesetzgeber veranschlagte Betrag in Höhe von 10 Euro pro Monat nicht evident unzureichend ist, um den Bedarf zu decken (vgl Münder in SozSich, Sonderheft September 2011, 87).

53

Gegen die Berücksichtigung der Auswertung solcher Angaben im Rahmen des § 28 Abs 7 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG kann nicht eine mangelnde Datentransparenz eingewendet werden. Der für Kinder im Alter von 0 bis 5 Jahren ermittelte Wert ist offen ausgewiesen (BT-Drucks 17/3404 S 146). Auf die Frage nach der Behandlung von Positionen, die in der EVS 2008 aufgrund der geringen Anzahl auswertbarer Angaben (weniger als 25 Haushalte) durch " / " gekennzeichnet wurden (hierzu zB Mogwitz, ZfSH/SGB 2011, 323, 332 f), kommt es im hier zu beurteilenden Fall nicht an.

54

(7) Die vielfach kritisierten "Kürzungen" des Regelbedarfs von Kindern wegen der Leistungen für den persönlichen Schulbedarf nach § 28 Abs 3 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG trifft den Kläger zu 3 nicht. Die Position "sonstige Verbrauchsgüter" (ua Schreibwaren und Zeichenmaterial) in der Abteilung 09 ist für Kinder bis zu 5 Jahren zu 100 % regelbedarfsrelevant. Erst für Kinder ab 6 bis 17 Jahren werden diese Güter aus der Bemessung des Regelbedarfs herausgenommen, weil für diese Leistungen gesondert über das Schulbasispaket gewährt werden (BT-Drucks 17/3404, S 72). Der Einwand, der Schulausstattungsbedarf gemäß § 28 Abs 3 SGB II sei lediglich freihändig geschätzt und empirisch nicht nachgewiesen oder nachvollziehbar, geht bei Betrachtung der Person des Klägers zu 3 daher ebenfalls ins Leere, denn er ist insoweit nicht anspruchsberechtigt. Dies sind nur Schülerinnen und Schüler.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

(1) Leistungen nach diesem Buch werden auf Antrag erbracht. Leistungen nach § 24 Absatz 1 und 3 und Leistungen für die Bedarfe nach § 28 Absatz 5 sind gesondert zu beantragen.

(2) Leistungen nach diesem Buch werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkt auf den Ersten des Monats zurück. Wird ein Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen einzelnen Monat gestellt, in dem aus Jahresabrechnungen von Heizenergiekosten oder aus der angemessenen Bevorratung mit Heizmitteln resultierende Aufwendungen für die Heizung fällig sind, wirkt dieser Antrag, wenn er bis zum Ablauf des dritten Monats nach dem Fälligkeitsmonat gestellt wird, auf den Ersten des Fälligkeitsmonats zurück. Satz 3 gilt nur für Anträge, die bis zum 31. Dezember 2023 gestellt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten für einen mehrtägigen Aufenthalt in einem Schullandheim sowie für den eintägigen Besuch eines Musicals.

2

Die 1988 geborene Klägerin lebt zusammen mit ihrer Mutter, deren Ehemann und einer Halbschwester. Sie bezog seit dem 1.1.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II); für die Zeit vom 1.5.2005 bis 31.10.2005 aufgrund bestandskräftigen Bescheides vom 22.4.2005. Seit dem 12.9.2005 besuchte sie eine Hauptschule in D Am 25.8.2006 beantragte der Stiefvater die Erstattung der Kosten für einen Schullandheimaufenthalt in C vom 23.9. bis 2.10.2005 in Höhe von 271 Euro sowie der Kosten für den Besuch des Musicals "Mamma Mia" am 3.5.2006 in Höhe von 32,40 Euro. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 30.8.2006 die Übernahme der Kosten ab, weil der Antrag vor Antritt der Fahrten gestellt werden müsse. Außerdem seien die Kosten bereits beglichen, sodass der Bedarf aus eigenen Mitteln habe gedeckt werden können. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.9.2006 wies die Beklagte den Widerspruch hiergegen zurück.

3

Das Sozialgericht Stuttgart hat die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 23.10.2007 abgewiesen. Die Kosten für den Schullandheimaufenthalt seien zwar grundsätzlich nach § 23 Abs 3 SGB II erstattungsfähig. Eine Bedarfsdeckung für die Vergangenheit sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Bundessozialhilfegesetz jedoch nicht zulässig. Dieser Grundsatz gelte auch für das SGB II. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die eintägige Klassenfahrt bestehe schon nach dem Wortlaut des § 23 Abs 3 SGB II nicht. Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 26.11.2008 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten der mehrtägigen Klassenfahrt scheitere daran, dass diese Leistung nicht rechtzeitig beantragt worden sei. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende würden nach § 37 Abs 1 SGB II nach Antragstellung erbracht. Leistungen für die Zeit vor Antragstellung könnten nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB II nicht erbracht werden. Auch die Voraussetzungen für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch lägen nicht vor. Die Beklagte habe im maßgeblichen Bewilligungszeitraum keine Anhaltspunkte für einen Sonderbedarf der Klägerin gehabt. Allein die Kenntnis vom Schulbesuch habe noch keine konkrete Beratungspflicht ausgelöst. Für eine Erstattung der Kosten für die eintägige Klassenfahrt fehle es bereits an einer Anspruchsgrundlage. § 23 Abs 3 Nr 3 SGB II erfasse ausdrücklich nur mehrtägige Klassenfahrten.

4

Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Klägerin. Zur Begründung trägt sie vor, der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasse alle Leistungen nach dem zweiten Abschnitt des SGB II. Leistungen nach § 23 SGB II müssten daher nicht gesondert beantragt werden. Da aus dem Erstantrag für die Beklagte auch erkennbar gewesen sei, dass die Klägerin noch die Schule besucht habe, und deshalb entsprechend ihrem Jahrgang eine mehrtägige Klassenfahrt in Betracht kommen könnte, habe eine entsprechende Beratungspflicht der Beklagten bestanden. Der Bedarf sei auch nicht durch eigene Mittel gedeckt worden. Vielmehr seien Schulden durch eine Kontoüberziehung entstanden. Zwar seien nach dem Wortlaut des § 23 SGB II Kosten für eine eintägige Klassenfahrt nicht erstattungsfähig, es sei jedoch zu beachten, dass frühere Sozialleistungen auch eintägige Klassenfahrten umfasst hätten. Bei der Klassenfahrt zu dem Musical habe es sich um Bildungsausgaben gehandelt, die in der Regelleistung nicht berücksichtigt seien.

5

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.10.2007 und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26.11.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 30.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.9.2006 zu verurteilen, ihr die Kosten für den Schullandheimaufenthalt in C vom 23.9. bis 2.10.2005 in Höhe von 271 Euro sowie für den eintägigen Besuch des Musicals "Mamma Mia" am 3.5.2006 in Höhe von 32,40 Euro zu erstatten.

6

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

7

Sie hält die angegriffenen Urteile für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet, § 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), soweit sie die Erstattung von Kosten für den Besuch des Musicals "Mamma Mia" am 3.5.2006 begehrt. Im Übrigen ist die Revision im Sinne der Zurückverweisung an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet, § 170 Abs 2 Satz 2 SGG.

9

1. Streitig sind allein die Ansprüche der Klägerin auf Leistungen für Klassenfahrten nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II. Dabei handelt es sich um eigenständige abtrennbare Streitgegenstände, die isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen geltend gemacht werden können (vgl BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, jeweils RdNr 13). Der Anspruch steht allein der Klägerin zu. Zwar bildet sie mit ihrer Schwester, ihrer Mutter und deren Ehemann eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II, Leistungen für Klassenfahrten stehen aber individuell nur ihr allein zu.

10

2. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 iVm § 23 SGB II(idF des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.7.2004, BGBl I 2014). Gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig sind (Nr 3) sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Ausschlussgründe nach § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II liegen nicht vor.

11

3. Das LSG hat zu Recht einen Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II hinsichtlich des eintägigen Besuchs eines Musicals verneint, weil es am Tatbestandsmerkmal der Mehrtägigkeit fehlt. Anspruch auf Leistungen für Klassenfahrten besteht nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II nur, sofern sie mehrtägig sind. Das ist nur dann der Fall, wenn sie einen Zeitraum von mehr als einem Tag umfassen (vgl Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 23 RdNr 110). Kosten eintägiger Klassenfahrten sind hingegen durch die Regelleistung gedeckt (vgl Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 23 RdNr 36).

12

Die Klägerin kann die Leistung auch nicht als "Härteleistung" auf der Grundlage von Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 Grundgesetz beanspruchen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 einen solchen zusätzlichen Anspruch nur bei einem unabweisbarem, laufendem, nicht nur einmaligen und besonderen Bedarf zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums bejaht (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09). Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor.

13

4. Ob ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten für die mehrtägige Fahrt nach C nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3, § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) besteht, kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

14

a) Entgegen der Auffassung des LSG scheitert ein Anspruch nicht bereits an einer fehlenden Antragstellung nach § 37 SGB II. Zwar hat die Klägerin ihren Bedarf nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II zu einem Zeitpunkt zur Kenntnis der Beklagten gebracht, als die Klassenfahrten bereits durchgeführt worden waren. Der Antrag auf Leistungen für Klassenfahrten war aber bereits von dem Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst.

15

Gemäß § 37 Abs 1 SGB II werden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf Antrag erbracht. § 37 Abs 2 Satz 1 SGB II schließt eine Leistungserbringung für Zeiten vor der Antragstellung aus. Die Vorschrift gilt uneingeschränkt für alle Leistungen der Grundsicherung (vgl Link in Eicher/Spellbrink, aaO, § 37 RdNr 2). Sie statuiert ein konstitutives Antragserfordernis, sodass Leistungen erst ab Antragstellung zustehen (vgl BT-Drucks 15/1516 S 62; Urteile des Senats vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23 und vom 7.5.2009 - B 14 AS 13/08 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Antrag nach dem SGB II ist eine einseitige empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung, auf die - soweit sich nicht aus sozialrechtlichen Bestimmungen Anderweitiges ergibt - die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung finden (BSG Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 56/08 R - RdNr 14, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Antragsteller bringt zum Ausdruck, dass Leistungen vom Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende begehrt werden. Welche Leistungen ein Antrag umfasst, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der Antrag so auszulegen, dass das Begehren des Antragstellers möglichst weitgehend zum Tragen kommt (Grundsatz der Meistbegünstigung, vgl Urteil des Senats vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; vgl zum Klageantrag BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 11). Als beantragt sind dementsprechend alle Leistungen anzusehen, die nach Lage des Falles ernsthaft in Betracht kommen (vgl Link in Eicher/Spellbrink aaO; Striebinger in Gagel, SGB II, Stand Dezember 2009, § 37 RdNr 34). Das sind bei einem Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts regelmäßig alle im 1. und 2. Unterabschnitt des 2. Abschnitts des 3. Kapitels SGB II genannten Leistungen (vgl auch die Hinweise der Bundesagentur für Arbeit zum Umfang des Antrags <37.4>). Mit dem Antrag wird ein Hilfebedarf geltend gemacht, der alle Leistungen umfasst, die der Sicherung des Lebensunterhalts in Form des Arbeitslosengeld II dienen. Bei den in § 23 Abs 3 SGB II vorgesehenen Leistungen handelt es sich zwar um einmalige Sonderbedarfe(vgl BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2 RdNr 11; Urteile vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen und vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Das Erfordernis einer besonderen Bedarfslage ändert aber nichts an der Zuordnung dieser Leistungen zu den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Auch ihre prozessuale Behandlung als eigenständiger Streitgegenstand führt nicht dazu, dass die Leistung gesondert beantragt werden müsste. Ein solches Erfordernis lässt sich § 37 SGB II nicht entnehmen. Die Vorschrift enthält keine Antragsbestimmungen für einzelne Leistungen, sondern fordert lediglich unspezifisch einen Antrag.

16

b) Da über den Bewilligungszeitraum, in dem der Schullandheimaufenthalt stattfand, bereits bestandskräftig entschieden worden war, war über den Anspruch nach § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 48 SGB X zu entscheiden. Das LSG wird zunächst im Einzelnen zu ermitteln haben, welche Bedarfe iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II tatsächlich bestanden haben. Ein Bedarf ist nicht bereits deshalb zu verneinen, weil die Klägerin auch ohne die begehrte Leistung tatsächlich teilgenommen hat.

17

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.2.2011 bis 30.4.2011.

2

Der Beklagte bewilligte dem Kläger, seiner Mutter sowie seinen Geschwistern im Jahr 2010 und bis Ende April 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ab dem 1.7.2011 erhielt die Familie Wohngeld und für die Kinder wurde Kinderzuschlag gewährt. Der Kläger besuchte im streitigen Zeitraum die Klassenstufe 7 eines Gymnasiums im musischen Zweig. Bereits in der 5. und 6. Klasse hatte er ein Cello für den Musikunterricht an der Schule zu einer halbjährlichen Leihgebühr von 90 Euro ausgeliehen, fällig jeweils zum 1.2. und 1.8. des Jahres. Am 8.2.2011 erfolgte erneut eine Abbuchung der Leihgebühr für das Cello vom Konto der Mutter des Klägers. Sie stellte daraufhin für den Kläger am 21.2.2011 einen Antrag auf Übernahme dieser Aufwendungen durch den Beklagten als Teilhabeleistungen nach § 28 Abs 7 SGB II. Zur Begründung führte sie aus, dass es für den Besuch des musischen Zweigs der Schule zwingend erforderlich sei, ein Instrument zu spielen. Der Beklagte lehnte die Gewährung von Teilhabeleistungen durch Bescheid vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.2011 mit der Begründung ab, dass die Übernahme der Leihgebühren für ein Instrument grundsätzlich nach § 28 Abs 7 SGB II nicht förderfähig sei. Die Vorschrift gewährleiste insoweit lediglich die Teilnahme an außerschulischem Unterricht.

3

Den im Juli 2011 gestellten Antrag auf Übernahme der Kosten für einen Freizeitaufenthalt in einem "Dance Camp" vom 30.8. bis 3.9.2011 beschied der Beklagte durch die Bewilligung von Teilhabeleistungen in Höhe von 120 Euro (Bescheid vom 17.8.2011).

4

Im Klageverfahren hat das SG Mannheim den Beklagten zur Übernahme der Leihgebühren für den Zeitraum vom 1.2.2011 bis 31.7.2011 (Anm = 90 Euro) und 30 Euro für den Zeitraum vom 1.8.2011 bis 31.1.2012 verurteilt (Gerichtsbescheid vom 12.1.2012). Im Berufungsverfahren haben die Beteiligten den streitigen Zeitraum wie eingangs dargelegt beschränkt. Das LSG hat den Zeugen A. zu der Praxis der Schule im Hinblick auf die Leihgebühren für Musikinstrumente vernommen sowie den Zeugen H. hierzu schriftlich befragt. Letzterer hat angegeben, im Musikprofil und zur Nutzung in der Schule - ab der Klassenstufe 7 - würde keine Gebühr für das Ausleihen der Musikinstrumente erhoben. Dies sei nur in den Klassenstufen 5 und 6 sowie bei privater Nutzung ab der Klassenstufe 7 der Fall. Eine Nutzung des Cellos außerhalb der Schule oder einer privaten Einrichtung hat die Mutter des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG verneint. Das LSG hat der Berufung des Beklagten durch Urteil vom 23.1.2013 stattgegeben, den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ua ausgeführt, bei den Leistungen zur Teilhabe nach § 28 Abs 7 SGB II handele es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand. Der hilfebedürftige Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf die Übernahme der Leihgebühren für das Cello. Zwar habe er den Antrag auf die Leistung rechtzeitig gestellt. Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II würden jedoch nicht für einen durch den Schulbesuch entstehenden Bedarf gewährt. Sie dienten der Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben. Die Leihgebühr für das Cello sei hier kein außerschulischer Bedarf, sondern diene der Teilnahme am Unterricht in der Klassenstufe 7. Hierfür seien insbesondere die Leistungen für den persönlichen Schulbedarf vorgesehen. § 21 Abs 6 und die Darlehensgewährung nach § 24 SGB II schieden als Anspruchsgrundlagen ebenfalls aus. Der Leistungsanspruch für das Jahr 2011 sei zudem durch die Leistungsgewährung für die Teilnahme an dem Dance Camp in vollem Umfang erloschen.

5

Die vom LSG zugelassene Revision gegen dieses Urteil begründet der Kläger mit einer Verletzung von § 28 Abs 7 SGB II durch die Auslegung des LSG. Die Leistungen nach dieser Vorschrift seien nicht nur für außerschulische Aktivitäten gedacht, sondern sollten die Integration von Kindern und Jugendlichen in die Gemeinschaft, auch die schulische, befördern. Es solle verhindert werden, dass "arme" Kinder und Jugendliche von Gemeinschaftsaktivitäten ausgeschlossen würden. Dazu gehöre auch das gemeinsame Musizieren mit den anderen Kindern derselben Klassenstufe in der Schule. Zudem könne der Argumentation des Beklagten nicht gefolgt werden, dass zwar die Finanzierung des außerschulischen Musikunterrichts, nicht jedoch die Leihgebühren für ein Musikinstrument über Leistungen zur Teilhabe zu gewährleisten sei.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Januar 2013 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Januar 2012 zurückzuweisen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

10

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Übernahme der Leihgebühren für das Cello im Zeitraum vom 1.2. bis 30.4.2011 durch den Beklagten. Das LSG hat den Bescheid des Beklagten vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.2011 zutreffend für rechtmäßig befunden.

11

Der Kläger konnte den Streitgegenstand zwar zulässigerweise auf die Erstattung der Leihgebühren für das Cello beschränken. Ein Anspruch hierauf scheitert auch nicht daran, dass der Kläger den Antrag erst am 21.2.2011 gestellt hat. Als Anspruchsgrundlage kommt jedoch entgegen der Auffassung des Klägers nicht § 28 Abs 7 SGB II in Betracht. Nach der Rechtslage bis zum 31.7.2013 waren Bedarfe in Gestalt der Übernahme von Leihgebühren für ein Musikinstrument nicht durch Teilhabeleistungen nach dieser Vorschrift zu decken. Auch sind grundsätzlich für schulischen Unterricht als Bedarf keine Teilhabeleistungen nach § 28 Abs 7 SGB II zu erbringen. Der Kläger kann sein Begehren ebenso wenig auf § 21 Abs 6 SGB II stützen.

12

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Leihgebühren für das Cello im Zeitraum vom 1.2.2011 bis 30.4.2011 in Höhe von 10 Euro monatlich (insgesamt 30 Euro) als Zuschuss. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.2011 einen Anspruch auf Leistungen hierfür zutreffend verneint. Auf eine darlehensweise Gewährung der Miete für das Cello hat der Kläger schriftsätzlich gegenüber dem erkennenden Senat verzichtet.

13

Anknüpfend an die Rechtsprechung des BSG zu den Leistungen für Klassenfahrten und Schulbücher nach altem Recht (anzuwendendes Recht bis zum 31.12.2010) geht der erkennende Senat davon aus, dass es sich auch bei dem Anspruch auf Leistungen für Teilhabe gemäß § 28 Abs 7 SGB II um einen Individualanspruch desjenigen handelt, der den entsprechenden Bedarf geltend macht(vgl zur alten Rechtslage: BSG vom 22.11.2011 - B 4 AS 204/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 15 RdNr 10; BSG vom 10.5.2011 - B 4 AS 11/10 R - SozR 4-4200 § 44 Nr 2 RdNr 15; BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 9; BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, RdNr 13). Wortlaut sowie Sinn und Zweck des zum 1.1.2013 in Kraft getretenen § 28 Abs 1 S 1 SGB II unterstreichen die Übertragbarkeit der bisherigen Rechtsprechung zur alten Rechtslage auf die Leistungen für Bildung und Teilhabe. In § 28 SGB II werden als ausschließlich anspruchsberechtigt für die Schulbedarfe und außerschulischen Teilhabebedarfe Kinder und Jugendliche bezeichnet. Es handelt sich mithin nicht um Leistungen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft, sie sind vielmehr den einzelnen Kindern und Jugendlichen in der Bedarfsgemeinschaft individuell zuzuordnen.

14

Dieser Anspruch kann isoliert gerichtlich durchgesetzt werden (zu Klassenfahrten nach altem Recht vgl: BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 1/09 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 9 RdNr 11; BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 9; so auch BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, RdNr 13 und Erstausstattung: BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 11; BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9; BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 13 RdNr 11). Durch die Einführung der Bildungs- und Teilhabeleistungen nach § 28 SGB II aufgrund von Art 2 Nr 31 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und Änderung des SGB II und SGB XII ( vom 24.3.2011, BGBl I 453, mWv 1.1.2011) ist insoweit keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage eingetreten. Im Gegenteil: Wortlaut, Entstehungsgeschichte, systematischer Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Norm verdeutlichen, dass es sich auch weiterhin um einen abtrennbaren Streitgegenstand handelt. Nach § 28 Abs 1 S 1 SGB II werden Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Sie sind mithin zusätzlich zum Regelbedarf (s auch Thommes in Gagel, SGB II/SGB III, § 28 SGB II, RdNr 2, Stand III/2013; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 5, Stand XII/12)bzw anknüpfend an die Forderung des BVerfG (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 203)ggf auch ausschließlich zur Gewährleistung des Existenzminimums zu erbringen, wenn nur durch sie allein Hilfebedarf ausgelöst wird (s hierzu § 19 Abs 3 S 3 SGB II). Dies wird in der Begründung zum Entwurf des RBEG/SGBII/SGB XII-ÄndG ausdrücklich unterstrichen, wenn es dort heißt, dass die materielle Ausstattung von Schülerinnen und Schülern für die Teilnahme an schulischen Aktivitäten sowie außerschulischer Bildung durch gesonderte und zielgerichtete Leistungen zu gewährleisten sei. Die Bedarfe seien vorbehaltlich des § 19 Abs 3 S 3 SGB II selbständig zu gewähren(BT-Drucks 17/3404, S 104).

15

Auch die systematische Betrachtung belegt die Möglichkeit der Abtrennbarkeit der Bildungs- und Teilhabeleistungen als eigenständigen Streitgegenstand. Zwar bleiben die Bildungs- und Teilhabeleistungen Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von Kindern und Jugendlichen, also der Maßnahmen zur Sicherung deren Existenzminimums (s hierzu BSG vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R - RdNr 44, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-4200 § 20 Nr 18; s auch Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 8; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 7, Stand XII/12). Sie sind jedoch mit Ausnahme der Leistungen nach § 28 Abs 3 SGB II(persönlicher Schulbedarf) gemäß § 37 Abs 1 S 2 SGB II gesondert zu beantragen. Dies spricht dafür, dass auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers Bildungs- und Teilhabeleistungen eigenständig einklagbar sein sollen. Die Regelung des § 37 Abs 1 S 2 SGB II begründet keine Zweifel an dieser Auslegung. Insoweit folgt der Gesetzgeber lediglich der Rechtsprechung des BSG zur Rechtslage vor dem 1.1.2011. Es hatte eine gesonderte Antragstellung für den persönlichen Schulbedarf nicht für erforderlich gehalten, weil dieses Begehren vom Antrag auf Alg II/Sozialgeld umfasst sei (ausführlich BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 14 f). Die Möglichkeit der isolierten Einklagbarkeit entspricht auch dem Sinn und Zweck der Leistungen für Bildung und Teilhabe. Sie sollen dazu dienen, besondere Bedarfslagen bei Kindern und Jugendlichen im Einzelfall und unabhängig von der übrigen Bedarfsgemeinschaft gezielt zu decken (BT-Drucks 17/3404, S 104).

16

Schließlich verfolgt der Kläger den Anspruch auf Leistungen für die Miete des Cellos - nachdem die Leihgebühren bereits vom Konto der Mutter abgebucht worden waren - im hier streitigen Zeitraum in zulässiger Weise als Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (s zum Kostenerstattungsanspruch ausführlich: BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - RdNr 11 und 20 f, zur Veröffentlichung vorgesehen).

17

2. Der Kläger hat die Teilhabeleistung auch rechtzeitig beantragt. Dem steht nicht entgegen, dass ausweislich der Feststellungen des LSG die Mutter des Klägers die Übernahme der Leihgebühren erst am 21.2.2011 beim Beklagten beantragt hat, obwohl sie bereits am 1.2.2011 fällig geworden und am 8.2.2011 von ihrem Konto abgebucht worden sind. Ebenso wenig ist hinderlich, dass § 37 Abs 2 S 2 SGB II idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, nach dem der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf den Ersten des Monats zurückwirkt, erst zum 1.4.2011 in Kraft getreten ist. Für Leistungen nach § 28 Abs 2 und 4 bis 7 SGB II gilt nach der Übergangsvorschrift des § 77 Abs 8 SGB II(idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453), dass der Antrag hierauf abweichend von § 37 Abs 2 S 2 SGB II als zum 1.1.2011 gestellt gilt, wenn sie für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.5.2011 bis zum 30.6.2011 rückwirkend beantragt werden.

18

3. Dahingestellt bleiben konnte zum einen, welche Auswirkungen das Begleichen der Forderung der Gebühren vor der Antragstellung auf den Kostenerstattungsanspruch des Klägers haben könnte. Dies gilt sowohl für die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs an sich (s hierzu ausführlich BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - RdNr 11 und 20 f, zur Veröffentlichung vorgesehen sowie die Rechtsänderung zum 1.8.2013 durch Einführung von § 30 SGB II mit der Möglichkeit der nachträglichen Erstattung, BGBl I 1167, Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013), als auch für das Verhältnis der hier begehrten Geldleistung zu der nach § 28 Abs 7 iVm § 29 Abs 1 S 1 SGB II vorgesehenen Leistungsart der Sach- und Dienstleistungen, insbesondere in Form von personalisierten Gutscheinen oder Direktzahlungen an Anbieter. Ferner bedurfte es hier keiner weiteren Ausführungen zur Hilfebedürftigkeit des Klägers. Zwar ist die Hilfebedürftigkeit nach § 19 Abs 3 S 3 SGB II auch für die Bildungs- und Teilhabeleistungen Anspruchsvoraussetzung und sie ist - einschließlich der Einkommensberücksichtigung nach § 9 Abs 2 S 2 SGB II unter Einbeziehung der restlichen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft - auch dann zu prüfen, wenn ausschließlich die Deckung der Bedarfe nach § 28 Abs 7 SGB II eingeklagt wird. Darauf kommt es hier jedoch nicht an, denn der Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung scheitert bereits daran, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs 7 SGB II nicht erfüllt sind.

19

4. Nach § 28 Abs 7 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011 (BGBl I 453, mWv 1.1.2011) wird bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ein Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft in Höhe von insgesamt 10 Euro monatlich berücksichtigt für 1. Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, 2. Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und 3. die Teilnahme an Freizeiten. Bedarfe iS des § 28 Abs 7 Nr 2 SGB II in der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung sind nur solche, die für den Unterricht selbst entstehen, nicht jedoch Bedarfe für weitere mit ihm verbundene Aufwendungen, wie zB auch die Leihgebühren für ein Musikinstrument (vgl Fach in Oestreicher SGB II/SGB XII, § 28 SGB II RdNr 103, 105, Stand III/13; s auch Leopold in juris-PK SGB II, 3. Aufl 2012, § 28 RdNr 141, Stand: 2.4.2013; Spellbrink/G. Becker in Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 28 SGB II, RdNr 56; Thommes in Gagel SGB II/SGB III, § 28 SGB II RdNr 59, Stand IV/12; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 116, Stand XII/11; aA wohl Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 61).

20

Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, wenn es dort ausdrücklich heißt, dass Bedarfe für den Unterricht gedeckt werden. Es sollte also nur der - kostenpflichtige - Unterricht selbst über die Teilhabeleistungen finanziert werden. In der Begründung zum Gesetzentwurf des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG wird dazu ausdrücklich betont, dass der benannte Katalog der Bedarfe abschließend sei (BT-Drucks 17/3404, S 106), also keine über die Finanzierung des Unterrichts hinausgehenden Bedarfe durch Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II gedeckt werden sollten. Diese Gesetzesauslegung wird durch die systematische Einbindung der Vorschrift in das Gefüge der existenzsichernden Leistungen für Kinder und Jugendliche gestützt. Denn im Gegenzug zur Schaffung der Leistung nach § 28 Abs 7 SGB II wurden bei der Bemessung der Regelbedarfe von Kindern und Jugendlichen die Positionen "Außerschulische Unterrichte, Hobbykurse" in der Abteilung 09 und "Mitgliedsbeiträge an Organisationen ohne Erwerbszweck" in Abteilung 12 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 ausdrücklich unberücksichtigt gelassen. Anschaffungen zur Teilnahme an derartigen Aktivitäten sollten demnach auch weiterhin aus dem Regelbedarf gedeckt werden. So sollte Ziel der Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II auch lediglich sein, Kindern und Jugendlichen die Aufnahme in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen zu ermöglichen(BT-Drucks 17/3404, S 106). Der durch diese Aufnahme entstehende weitere Aufwand, auch beispielsweise durch Fahrtkosten zu etwaigen Gemeinschaftsveranstaltungen (BT-Drucks 17/3404, S 107), sollte hingegen nicht über § 28 Abs 7 SGB II finanziert werden können.

21

Der Blick auf die weitere Rechtsentwicklung belegt dieses Ergebnis. Nach § 28 Abs 7 SGB II idF des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013 (BGBl I 1167) können mit Wirkung ab dem 1.8.2013 nach dessen neu geschaffenem Satz 2 nun neben den Bedarfen nach Satz 1 auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im begründeten Ausnahmefall nicht zugemutet werden kann, diese aus dem Regelbedarf zu bestreiten (eingefügt durch Art 1 Nr 2 Buchst b des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013, BGBl I 1167, mWv 1.8.2013). In der Begründung zum Entwurf der Gesetzesänderung wird darauf hingewiesen, dass die Teilnahme an Aktivitäten nach den Nr 1 bis 3 des § 28 Abs 7 S 1 SGB II häufig so organisiert sei, dass durch ehrenamtliches Engagement die Unterrichtung kostenfrei angeboten werden könne. Dann scheitere die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen jedoch oft deswegen, weil die nötige Ausrüstung fehle. Als Beispiele werden in diesem Zusammenhang Musikinstrumente oder Schutzkleidung für bestimmte Sportarten benannt (BT-Drucks 17/12036, S 7). Der Gesetzgeber hat also im Nachhinein erkannt, dass die von ihm angestrebte Bedarfsdeckung lückenhaft geblieben war und hat deswegen diese Lücke durch die Erweiterung der anerkannten Bedarfslagen geschlossen. Wenn auch der Senat nicht der Auffassung ist, dass diese Gesetzesänderung, die ausdrücklich erst zum 1.8.2013 in Kraft getreten ist, zu einer Veränderung der zuvor dargelegten Rechtslage führt, so kann der Kläger unabhängig davon hier jedoch nicht mit einem Leistungsanspruch nach § 28 Abs 7 SGB II erfolgreich sein.

22

Die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II dienen nur dazu, außerschulische Bedarfe zu decken(bereits angedeutet in BSG vom 25.1.2012 - B 14 AS 131/11 R - RdNr 13; s auch Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 56, 63; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 113, Stand XII/11). Im vorliegenden Fall sollte die Teilhabeleistung - nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG, die vom Kläger nicht angegriffen worden sind (§ 163 Abs 2 SGG) - hingegen ausschließlich für schulische Zwecke eingesetzt werden.

23

Bei den Aktivitäten der Nr 1 und 3 des § 28 Abs 7 SGB II handelt es sich bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift eindeutig um außerschulische Aktivitäten. Mitgliedsbeiträge für Aktivitäten werden in der Schule nicht erhoben und durch den Begriff der "Freizeiten" werden außerschulische Unternehmungen zu denen der Schulfahrten in Gestalt der "mehrtägigen Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen" nach § 28 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB II abgegrenzt. Der Wortlaut der hier einschlägigen Nr 2 des § 28 Abs 7 SGB II ist zwar offen, als mit dem Wort "Unterricht" sowohl "schulischer" als auch "außerschulischer" gemeint sein kann. Auch wird in der Begründung zum Gesetzentwurf § 28 Abs 7 SGB II insgesamt die Funktion zugewiesen, Kindern und Jugendlichen einen Anspruch auf gesellschaftliche Teilhabe im Rahmen des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu ermöglichen. Zugleich nimmt die Begründung insoweit jedoch eine Unterteilung zwischen Leistungen zur Bildung und Leistungen zur Teilhabe vor (BT-Drucks 17/3404, S 106). Dort wird ausgeführt, Ziel sei es, Kinder und Jugendliche stärker als bisher in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen zu integrieren und den Kontakt mit gleichaltrigen zu intensivieren, auch durch Musikunterricht. Um zugleich die Beschränkung auf die Gewährleistung von Teilhabe im außerschulischen Bereich durch Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II zu unterstreichen, heißt es in der Begründung weiter, dass im Hinblick auf die Anerkennung dieser Bedarfe bei der Bemessung der Regelbedarfe von Kindern und Jugendlichen ua die Positionen "Außerschulischer Unterricht, Hobbykurse" in der Abteilung 09 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 unberücksichtigt geblieben seien. So wird auch im Zusammenhang mit der Unterrichtserteilung, die über die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II finanziert werden soll, ausdrücklich nur auf solche in Musik- oder Volkshochschulen, also im außerschulischen Unterricht, hingewiesen(BT-Drucks 17/3404, S 106).

24

Ebenso folgt aus dem systematischen Zusammenhang, in dem § 28 Abs 7 SGB II steht, sowie dessen Sinn und Zweck, dass dieser nur zur Deckung außerschulischer Bedarfe dienen soll. Die durch die Schule hervorgerufenen Bedarfslagen und die durch sie entstehenden notwendigen Aufwendungen zur Erfüllung schulischer Pflichten gehören nach der Entscheidung des BVerfG zu dem existentiellen Bedarf von Kindern und Jugendlichen, der zwingend zu decken ist (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 192). Deswegen werden Bedarfe, die im Zusammenhang mit der schulischen Bildung stehen, jedoch nicht originär der Finanzierung durch die Schule/den Schulträger unterfallen, wie Klassenfahrten und -ausflüge, der persönliche Schulbedarf, die Schülerbeförderung, Lernförderung und Mittagsverpflegung - wie bereits dargelegt - ausdrücklich durch Leistungen nach § 28 Abs 2 bis 6 SGB II gedeckt. Daneben hat das BVerfG jedoch auch die gesellschaftliche Teilhabe als zur Sicherung des Existenzminimums erforderlich angesehen. Im Hinblick auf die Teilhabeleistungen hat das BVerfG dem Gesetzgeber zwar einen weiteren Gestaltungsspielraum als bei den Leistungen zur Sicherung der physischen Existenz sowie bei Kindern und Jugendlichen zur Deckung der Bildungsbedarfe eingeräumt (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 138). Der Gesetzgeber muss jedoch auch für den Teilhabebereich so viel zur Verfügung stellen, dass ein Minimum dessen durch die Fürsorgeleistungen gedeckt werden kann (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 166). Da die Leistungen nach den Abs 2 bis 6 des § 28 SGB II eindeutig beim Schulbesuch entstehende Bedarfe befriedigen sollen und die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II bereits im Gesetzestext selbst als solche zur Deckung der Bedarfe zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft bezeichnet werden, muss davon ausgegangen werden, dass mit letzteren der Mindestbedarf an sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe ermöglicht werden soll. Hieraus folgt, dass die Leistungen eben nicht der Finanzierung schulischer Aktivitäten dienen dürfen, denn eine "Aufstockung" der Leistungen an sich ist nicht vorgesehen. Würden sie für Schulbedarfe eingesetzt, verbliebe zudem keine hinreichende Möglichkeit mehr für die Bedarfsdeckung im Teilhabebereich. Dies gilt umso mehr, als die klassischen Teilhabepositionen in der Abteilung 09 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 - wie oben bereits dargelegt - bei der Bemessung der Höhe des Regelbedarfs für Schulkinder wegen der Einführung der Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II unberücksichtigt geblieben sind. Es würde zudem dem Sinn und Zweck der Teilhabeleistungen nach dem SGB II zuwiderlaufen, wenn diese von Leistungsberechtigten dazu eingesetzt werden müssten, den verpflichtenden Schulunterricht selbst zu finanzieren, die Schule/der Schulträger sich zu Lasten der Grundsicherung für Arbeitsuchende seiner Aufgabe der kostenfreien Erteilung staatlichen Unterrichts entledigen könnte und im Gegenzug für eine Integration der Kinder und Jugendliche in Gemeinschafts- und Vereinsstrukturen keine Leistungen mehr verblieben.

25

Angesichts dessen bedurfte es keiner weiteren Ausführungen dazu, ob ein Anspruch nach § 28 Abs 7 SGB II durch eine Leistungsbewilligung für einen späteren Bedarf im Umfang des maximalen Jahreszahlbetrags für Teilhabeleistungen des Bildungs- und Teilhabepakets erlischt und die Höhe des Zahlbetrags für Teilhabeleistungen von 10 Euro monatlich verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht.

26

5. Unabhängig davon, ob der Kläger einen Anspruch auf Übernahme der Leihgebühren für das Cello im streitigen Zeitraum durch eine Leistung nach § 21 Abs 6 SGB II isoliert von den sonstigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltend machen könnte(vgl hierzu ablehnend BSG vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7, RdNr 11; BSG vom 26.5.2011 - B 14 AS 146/10 R - BSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr 13, RdNr 14), scheitert die Finanzierung seiner Aufwendungen insoweit bereits daran, dass es sich bei ihnen nicht um solche für einen unabweisbaren Bedarf iS dieser Vorschrift handelt.

27

Nach § 21 Abs 6 SGB II wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Soweit es sich um einen Bildungsbedarf handelt, ist dieser - wie eingangs dargelegt - nach der Rechtsprechung des BVerfG zwar zwingend zu decken. Er ist Bestandteil des existenzsichernden Bedarfs. Das BVerfG hat den Bundesgesetzgeber insoweit auch in der Verantwortung gesehen. Regelleistung und Leistungen nach § 28 Abs 2 bis Abs 6 SGB II tragen hier gemeinsam zur Sicherung des Existenzminimums von Kindern und Jugendlichen bei(BSG vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 18 RdNr 44 ff). Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass dann, wenn es daneben unabweisbare, besondere Bildungsbedarfe gebe, die nicht auf Grundlage von § 28 SGB II finanziert werden könnten, ggf § 21 Abs 6 SGB II als Anspruchsgrundlage in Betracht zu ziehen sei(vgl Spellbrink/G. Becker in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 23; Thommes in Gagel SGB II/SGB III, § 28 SGB II, RdNr 61, Stand 04/2012) hat der Senat erhebliche Zweifel daran, dass dies auch für Aufwendungen für den Schulunterricht selbst gelten kann. Die Deckung von Bedarfen für den Schulunterricht, die der Durchführung des Unterrichts selber dienen, liegt in der Verantwortung der Schule und darf von den Schulen oder Schulträgern nicht auf das Grundsicherungssystem abgewälzt werden. Dies gilt auch für die Leihgebühren für ein Musikinstrument, das zum Besuch des musischen Zweigs einer Schule genutzt werden muss (anders wohl LSG Nordrhein-Westfalen vom 7.3.2013 - L 2 AS 1679/12 B - RdNr 8). Unabhängig davon kommt hier eine Leistungsgewährung nach § 21 Abs 6 SGB II jedoch bereits deswegen nicht in Betracht, weil es an der Unabweisbarkeit des vorliegenden Bedarfs mangelt.

28

Der Mehrbedarf ist nach § 21 Abs 6 S 2 SGB II unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparungsmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweicht. Bereits im Hinblick auf das Bestehen des geltend gemachten Bedarfs hat der Senat Zweifel. Nach den bindenden Feststellungen des LSG mussten für die Nutzung des Cellos in der Klassenstufe 7 - also im hier streitigen Zeitraum - keine Leihgebühren gezahlt werden. Die Nutzung des Instruments war nach den Angaben des vom LSG befragten Zeugen H. bei der Teilnahme am Unterricht im Rahmen des Musikprofils kostenfrei, soweit sie nicht zusätzlich mit einem außerschulischen Einsatz verbunden war. Letzteres hat die Mutter des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG nach dessen Feststellungen verneint; der Kläger habe das Cello nicht außerhalb des Schulunterrichts verwendet. Für die Nutzung des Cellos im Schulunterricht war die Schule demnach ab der 7. Klassenstufe im konkreten Fall nicht berechtigt, Leihgebühren zu erheben. Zumindest ist der gleichwohl durch die Abbuchung der Leihgebühren entstandene Bedarf des Klägers insoweit nicht unabweislich.

29

Unerheblich ist hierbei, dass die Mutter des Klägers offensichtlich unzutreffend informiert war oder die Rechtslage nicht zur Kenntnis genommen hatte und sich aus dem laufenden Vertrag zur Zahlung verpflichtet sah. Der Begriff der "Unabweisbarkeit des Bedarfs" beinhaltet nach der Rechtsprechung des BSG, dass der Bedarf auch nicht durch alternative Handlungen abgewendet oder vermindert werden kann, wie etwa im Falle der notwendigen Reparatur eines Kfz durch Nutzung anderer Mittel zur Gewährleistung der Mobilität (BSG vom 1.6.2010 - B 4 AS 63/09 R; s in der Instanzrechtsprechung zur Verhütung durch andere Methoden als die der Sterilisation LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2010 - L 13 AS 4732/10 B; zur Zurücklegung des Weges zur Firmung anders als durch ein gemietetes Fahrzeug Bayerisches LSG vom 13.10.2010 - L 11 AS 729/10 B ER). Nach Auffassung des 14. Senats des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, muss zudem auch beim unabweisbaren Bedarf hinsichtlich des Standards auf die herrschenden Lebensgewohnheiten unter Berücksichtigung einfacher Verhältnisse abgestellt werden (BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5; vgl auch S. Knickrehm, Neue "Härtefallregelung" im SGB II und Gewährleistung des Existenzminimums, Soziales Recht 2012, 45, 59).Hieraus folgt im konkreten Fall, dass sich der Kläger bzw seine Mutter hätte kundig machen müssen, ob die Verpflichtung zur Entrichtung der Leihgebühr auch noch in der 7. Klassenstufe im Musikprofil besteht, bevor die Abbuchung akzeptiert wurde. Nach dem Text des Vertrages bestand eindeutig nur bis zum Ende des 6. Schuljahres eine Verpflichtung zur Entrichtung der Leihgebühren, eine zeitlich darüber hinaus gehende jedoch nur optional. Aus diesem Grund war die Bedarfsdeckung durch Entrichtung der Leihgebühren jedenfalls nicht alternativlos und damit unabweisbar. Zudem muss auch ein Leistungsberechtigter nach dem SGB II, wie dies den herrschenden Lebensgewohnheiten in einfachen Verhältnissen entspricht, prüfen, ob die Aufwendung abgewendet werden kann.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.5.2006.

2

Die 1967 geborene Klägerin bezog zunächst Arbeitslosengeld (bis 25.7.2004), anschließend Krankengeld (bis 20.8.2004) und bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe. Bei ihr ist ein GdB von 60 anerkannt. Darüber hinaus ist sie erheblich gehbehindert (Merkzeichen "G"). Seit dem 1.7.2007 bezieht sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung Bund.

3

Die Beklagte bewilligte ihr auf Antrag Leistungen nach dem SGB II und zwar für den Zeitraum vom 1.1. bis 1.6.2005 in Höhe von 819,53 Euro (Regelleistung: 345 Euro, Leistungen für Unterkunft und Heizung: 314,53 Euro sowie befristeter Zuschlag: 160 Euro). Für den Monat Juli 2005 reduzierte die Beklagte den befristeten Zuschlag auf 146,66 Euro und danach bis zum 30.11.2005 auf 80 Euro (Bescheide vom 23.11.2004 und 19.4.2005). Für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis 31.5.2006 gewährte die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts alsdann ohne befristeten Zuschlag (Bescheid vom 18.11.2005). In ihren Widersprüchen gegen diese Bescheide machte die Klägerin ua geltend, dass ihr wegen der Schwerbehinderung in Verbindung mit der erheblichen Gehbehinderung höhere Leistungen zustünden. Die Beklagte wies die Widersprüche mit der Begründung zurück, für das Begehren der Klägerin fehle es an einer Anspruchsgrundlage (Widerspruchsbescheid vom 15.12.2005).

4

Im Klageverfahren ist die Klägerin im Wesentlichen erfolglos geblieben (Urteil des SG Düsseldorf vom 4.9.2008). Die Beklagte hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem SG lediglich verpflichtet, der Klägerin unter Beachtung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs 2 SGB II für den gesamten streitigen Zeitraum weitere Leistungen in Höhe von 7,52 Euro zu erbringen. Das LSG Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückgewiesen (Urteil vom 12.3.2009). Es hat zur Begründung ausgeführt, für das nur noch streitige Begehren der Klägerin auf höhere Leistungen wegen eines Mehrbedarfs auf Grund der Schwer- und erheblichen Gehbehinderung fehle es an einer Anspruchsgrundlage. Die Klägerin erfülle weder die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs 4 SGB II, noch des Abs 5 dieser Vorschrift. Auch § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II scheide als Anspruchsgrundlage aus. Soweit wegen der Schwer- und erheblichen Gehbehinderung ein unabweisbarer Bedarf iS des § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II gegeben sei, handele es sich um einen regelmäßigen Bedarf, der nach dem Sinn und Zweck der Norm nicht durch ein Darlehen gedeckt werden könne. Die Klägerin könne sich ebenso wenig auf § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II berufen. Sie erfülle die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift nicht, denn sie sei im streitigen Zeitraum nicht erwerbsunfähig iS des § 8 Abs 1 SGB II gewesen. Eine analoge Anwendung des § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II komme nicht in Betracht. Eine planwidrige Lücke sei nicht zu erkennen. Die Leistung für Mehrbedarf sei nach der gesetzgeberischen Intention erwerbsunfähigen Leistungsempfängern unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit Leistungsempfängern nach dem SGB XII vorbehalten. Eine unmittelbare Anwendung des § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII scheide bereits deswegen aus, weil erwerbsfähige Hilfebedürftige keine Leistungen nach § 30 SGB XII beziehen könnten, denn § 5 Abs 2 SGB II schließe das Nebeneinander von Leistungen aus beiden Systemen für den Fall aus, dass Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII im Streit stünden. § 73 SGB XII könne auch nicht zur Anwendung kommen. Der hier geltend gemacht Bedarf entspringe keiner atypischen Bedarfslage, die einer der in den Kapiteln 5 bis 9 des SGB XII benannten entspreche. Der Ausschluss von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen von diesen Mehrbedarfsleistungen im Gegensatz zu Erwerbsunfähigen verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungssatz des Art 3 Abs 1 GG. Eine Ungleichbehandlung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gegenüber den erwerbsunfähigen Leistungsbeziehern mit Anspruch auf Leistungen nach § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige sei auf Grund seiner Möglichkeit des Hinzuverdienstes zum einen in der Lage seinen erhöhten Bedarf selbst zu decken, zum anderen aber auch, soziale Kontakte von sich aus aufrecht zu erhalten. Da es zudem Ziel des SGB II sei, die dortigen Leistungsbezieher in den Arbeitsmarkt zu integrieren, sei eine vorübergehende Differenzierung zusätzlich zu rechtfertigen.

5

Mit ihrer Revision gegen dieses Urteil macht die Klägerin geltend, dass in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden eine Differenzierung zwischen Erwerbsunfähigen und Erwerbsfähigen nicht gerechtfertigt sei, da sie als schwer- und erheblich gehbehinderte Leistungsbezieherin ebenso wie ein SGB XII-Leistungsberechtigter auf absehbare Zeit nicht in der Lage sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie habe daher keine Möglichkeiten der Kompensation des Mehrbedarfs durch Erzielung von Erwerbseinkommen.

6

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.3.2009 und des SG Düsseldorf vom 4.9.2008 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 23.11.2004, 19.4.2005 und 18.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2005 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr im Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.5.2006 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Leistungen für Mehrbedarf in Höhe von 59 Euro monatlich zu gewähren.

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Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

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Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die Ausführungen des LSG.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet.

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Auf Grund der Feststellungen des LSG vermochte der Senat nicht abschließend zu entscheiden, ob die Klägerin im streitigen Zeitraum Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wegen Schwer- und erheblicher Gehbehinderung hat. Zwar hat das LSG zutreffend auf einfachgesetzlicher Grundlage entschieden, dass der Klägerin im Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.5.2006 kein Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zusteht. Für erwerbsfähige Leistungsberechtigte mangelt es im SGB II an einer Anspruchsgrundlage für eine derartige Leistung wegen Schwer- und erheblicher Gehbehinderung. Eine analoge Anwendung des § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II bzw für den Zeitpunkt vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift des § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII auf den Kreis der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen scheidet wegen des Fehlens einer planwidrigen Lücke insoweit ebenfalls aus. Erwerbsfähige Hilfebedürftige sind gleichfalls von Leistungen für einen Mehrbedarf wegen Schwer- und erheblicher Gehbehinderung nach den Vorschriften des SGB XII ausgeschlossen; insoweit können sie sich weder direkt auf § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII noch auf § 73 SGB XII berufen. Der Senat konnte auf Grund der Feststellungen des LSG jedoch nicht entscheiden, ob die Klägerin einen Anspruch auf höhere Leistungen aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG hat.

11

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind die Bescheide vom 23.11.2004, 19.4.2005 und 18.11.2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2005, mit denen die Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.5.2006 bewilligt hat. Der erkennende Senat folgt dem LSG insoweit, als dieses durch seine Eingrenzung des Streitgegenstandes auf Leistungen für Mehrbedarf zum Ausdruck bringt, dass zumindest Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht im Streit stehen (zur Eigenständig- und Abtrennbarkeit der Kosten der Unterkunft als Streitgegenstand vgl BSG 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1). Die weiteren Regelungen der Beklagten in diesen Bescheiden betreffend die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können nicht rechtlich zulässig in unterschiedliche Streitgegenstände aufgespalten werden (vgl zum befristeten Zuschlag BSG vom 31.10.2007 - B 14 AS 30/07 R, SozR 4-4200 § 24 Nr 2; kein Bestandteil der Regelleistung hingegen Anspruch auf Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II: BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R , BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2 und 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R SozR 4-4200 § 23 Nr 4) . Dieses gilt auch für eine Leistung für Mehrbedarf, die nach der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist (vgl BSG 2.7.2009 - B 14 AS 54/08 R, SozR 4-1500 § 71 Nr 2; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 19 RdNr 9) . Der Streit um einen Anspruch auf eine Leistung nach § 21 SGB II stellt keinen eigenständigen und von der Höhe der Regelleistung abtrennbaren Streitgegenstand dar(BSG vom 3.3.2009 - B 4 AS 50/07 R , BSGE 102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5) . Die Höhe der weiteren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist somit unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu überprüfen (vgl zum Mehrbedarf wegen Alleinerziehung: BSG vom 3.3.2009 - B 4 AS 50/07 R , aaO) .

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2. Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin ist die Beklagte weiterhin beteiligtenfähig nach § 70 Nr 2 SGG(vgl hierzu BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1) . Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat zwar § 44b SGB II als mit Art 28 und Art 83 GG unvereinbar erklärt (Urteil vom 20.12.2007 - 2 BvR 2433/04 und 2 BvR 2434/04 = BVerfGE 119, 331 ). Die gemäß § 44b SGB II gebildeten Arbeitsgemeinschaften können jedoch für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2010 (BVerfG, aaO) auf der bisherigen Rechtsgrundlage tätig werden (vgl zuletzt BSG 27.1.2009 - B 14/7b AS 8/07 R, SozR 4-4200 § 21 Nr 4).

13

3. Die Klägerin erfüllt im streitigen Zeitraum die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nach § 19 iVm § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II in der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.7.2004 (BGBl I 2014). Sie hat das 15. Lebensjahr vollendet, das 65. Lebensjahr noch nicht, ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG erwerbsfähig und hilfebedürftig. Ferner hat sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.

14

4. Die Klägerin hat auf einfachgesetzlicher Grundlage keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wegen eines Mehrbedarfs auf Grund der Schwer- und erheblichen Gehbehinderung im streitigen Zeitraum. Für einen derartigen Anspruch mangelt es an einer Anspruchsgrundlage im SGB II. Ebenso scheidet eine analoge Anwendung von § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II bzw § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII aus.

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Dem Anspruch auf Leistungen wegen Mehrbedarfs nach § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II steht zwar nicht grundsätzlich entgegen, dass die Vorschrift im streitigen Zeitraum noch nicht in Kraft getreten war. Sie hat erst auf Grund des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) zum 1.8.2006 Wirkung entfaltet. Der Senat schließt sich jedoch der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG an, der von der Notwendigkeit einer verfassungskonformen Ergänzung des § 28 SGB II für die Zeit vor der Neuregelung durch analoge Anwendung der sozialhilferechtlichen Parallelregelung des § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII ausgeht(s BSG vom 21.12.2009 - B 14 AS 42/08 R zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen unter Hinweis auf SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 43).

16

Allerdings scheitert eine Durchsetzung des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs unter Rückgriff auf eine entsprechende Anwendung des § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II bzw § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII gegen den SGB II-Träger im streitigen Zeitraum bereits daran, dass sie nach den Feststellungen des LSG im streitigen Zeitraum erwerbsfähig war.

17

Der Wortlaut des § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II bzw § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII beschränkt den Kreis der Leistungsberechtigen insoweit eindeutig. Nach § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II erhalten nur nicht erwerbsfähige Angehörige, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben, einen Mehrbedarf von 17 vom Hundert der nach § 20 maßgebenden Regelleistung, wenn sie Inhaber eines Ausweises nach § 69 Abs 5 des SGB IX mit dem Merkzeichen "G" sind. Die parallele Regelung des § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII gilt unter Beachtung von § 21 SGB XII ebenfalls nur für erwerbsunfähige Hilfebedürftige(s zum leistungsberechtigten Personenkreis für Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII: BSG vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 18/07 R, SozR 4-3500 § 18 Nr 1 ). Dass eine Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten auf erwerbsfähige Hilfebedürftige auch nicht auf dem Wege eines Analogieschlusses in Betracht kommt, hat der 14. Senat bereits am 21.12.2009 (B 14 AS 42/08 R, vgl Terminbericht vom 22.12.2009 - Nr 72/09) entschieden. Der erkennende Senat schließt sich dem an.

18

Insoweit mangelt es bereits an einer planwidrigen Lücke. Es entsprach von vornherein dem gesetzgeberischen Anliegen, erwerbsfähigen Hilfebedürftigen einen Mehrbedarf allein wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft und der Zuerkennung des Merkzeichens "G" nicht zugänglich zu machen.

19

Dies folgt bereits aus der Rechtsentwicklung der Vorgängervorschrift des § 23 Abs 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), die angesichts der Entstehungsgeschichte des § 30 Abs 1 SGB XII für dessen Auslegung und für die Erforschung der Absichten des historischen Gesetzgebers bezüglich der Mehrbedarfe im SGB II wesentliche Bedeutung hat. Entstehungsgeschichtlicher Ausgangs- und Anknüpfungspunkt für die Gewährung des Mehrbedarfs war nicht die Schwerbehinderung und der Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G", sondern gerade die Erwerbsunfähigkeit des Hilfebedürftigen (vgl die insoweit ausführlichen Darlegungen in BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 5/08 R, SozR 4-3500 § 30 Nr 1) . Die Schwerbehinderung und die Zuerkennung des Merkzeichens "G" wurde erst durch das Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts vom 23. Juli 1996 (BGBl I 1088) als eine zusätzliche Voraussetzung für die Gewährung der Mehrbedarfsleistung nach § 23 Abs 1 Nr 2 BSHG eingefügt(s BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 5/08 R, aaO). Die gesetzgeberische Motivation lag wohl darin, den leistungsberechtigten Personenkreis unter gesundheitlichen Aspekten näher einzugrenzen (s BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 5/08 R, aaO; vgl auch BT-Drucks 13/2440). Deutlich wird zumindest, dass es dem Gesetzgeber nicht darum gegangen ist, die Zielrichtung des Mehrbedarfs insgesamt im Hinblick auf einen Schwerbehindertenmehrbedarf zu verändern, sondern den Empfängerkreis lediglich auf diejenigen Erwerbsunfähigen zu beschränken, die auch schwerbehindert und insbesondere gehbehindert sind. Die Erwerbsunfähigkeit sollte wesentlicher Anknüpfungspunkt für die Anerkennung des Mehrbedarfs bleiben. Diese Bestimmungen des § 23 Abs 1 BSHG sind im Wesentlichen inhaltsgleich in das SGB XII übernommen worden, wobei ua mit der Absenkung der Prozentsätze der Neukonzeption der Regelsätze Rechnung getragen werden sollte(BT-Drucks 15/1514 S 60 zu § 31). Diese Gesichtspunkte belegen die Planmäßigkeit des Fehlens entsprechender Mehrbedarfsregelungen in § 21 SGB II. Gegen die Planwidrigkeit der Regelungslücke spricht schließlich auch, dass der Gesetzgeber die Änderungen durch das Fortentwicklungsgesetz auf § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II beschränkt hat, also den Kreis der Erwerbsunfähigen, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits Kritik am Fehlen einer entsprechenden Mehrbedarfsregelung in § 21 SGB II aufgekommen waren(vgl nur Hofmann in Münder, LPK-SGB II, 1. Aufl 2005, § 21 RdNr 3).

20

5. Zutreffend ist das LSG ferner davon ausgegangen, dass auch weder § 21 Abs 4 oder 5 SGB II, noch § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II als Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin in Betracht kommen.

21

Nach § 21 Abs 4 SGB II erhalten erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB XII erbracht werden, einen Mehrbedarf von 35 vom Hundert der nach § 20 maßgebenden Regelleistung. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden. Nach den von der Klägerin nicht angegriffenen Feststellungen des LSG bezog sie im streitigen Zeitraum keine Eingliederungsleistungen. Leistungen für Mehrbedarf nach § 21 Abs 4 SGB II können jedoch nur dann beansprucht werden, wenn tatsächlich Eingliederungsleistungen in dem dort benannten Sinne erbracht werden(vgl BSG vom 25.6.2008 - B 11b AS 19/07 R, BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1 RdNr 22) . Einen medizinisch begründeten Bedarf an kostenaufwändiger Ernährung, der nach § 21 Abs 5 SGB II zu einer Leistung für Mehraufwand führen könnte, hat das LSG ebenfalls - von der Klägerin nicht angegriffen - ausgeschlossen.

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§ 23 Abs 1 Satz 1 SGB II scheidet als Anspruchsgrundlage bereits deswegen aus, weil nach dieser Vorschrift keine dauerhaften, monatlich wiederkehrenden pauschalen Bedarfe gedeckt werden können(vgl bereits BSG vom 7.11.2006 BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; s nun auch BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09, Umdruck, S 73) . Nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis, wenn im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann, den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen. Nach den Feststellungen des LSG und dem eigenen Vortrag der Klägerin begehrt sie keine Leistungen zur Deckung der Aufwendungen eines im Einzelnen unabweisbaren Bedarfs im Sinne des Gesetzes. Das Begehren der Klägerin ist nach der Fassung ihres Antrags, in Übereinstimmung mit ihrem Vortrag sowie den Feststellungen des LSG vielmehr auf einen nicht konkret benannten Ausgleich für die Schwer- und erhebliche Gehbehinderung gerichtet. Sie macht damit eine monatliche Erhöhung der Regelleistung durch einen pauschalen Satz, also eine monatlich wiederkehrende Leistung geltend. Ein derartiger Anspruch kann jedoch nicht auf § 23 SGB II gestützt werden.

23

Grundsätzlich hat der Hilfebedürftige seinen Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts durch die Regelleistungspauschale des § 20 SGB II zu decken. Kann ein notwendiger Bedarf durch die Regelleistung tatsächlich nicht gedeckt werden, soll der Hilfebedürftige zunächst den "Ansparbetrag" einsetzen. Dieses folgt aus dem Hinweis auf § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II. Er soll also vorrangig versuchen, aus Mitteln der Regelleistung eine Bedarfsdeckung zu erreichen. Nur wenn ihm dieses nicht gelingt, kann § 23 Abs 1 SGB II im Einzelfall eingreifen(vgl hierzu Gesetzentwurf zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch, BR-Drucks 559/03, S 196; s auch Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink SGB II, 2. Aufl, § 23 RdNr 20) . Dass keine Dauerbedarfe durch die Leistung nach § 23 Abs 1 SGB II gedeckt werden sollen, folgt insoweit unmittelbar aus dem Wortlaut. Aber auch der Hinweis auf den Ansparbetrag und die Art der Leistungsgewährung durch Darlehen, das zudem nach § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II zwingend zu tilgen ist, belegen die Beschränkung auf einmalige oder kurzfristige Spitzen im Bedarf. Eine monatliche Darlehensgewährung (s zur Verteilung der Zuzahlung zu Leistungen der GKV bis zur Belastungsgrenze nach § 62 SGB V über ein Jahr BSG vom 22.4.2008 - B 1 KR 10/07 R, BSGE 100, 221 = SozR 4-2500 § 62 Nr 6) würde die Tilgungssumme bei monatlicher Darlehensgewährung Monat für Monat erhöhen und bei längerem Leistungsbezug eine kaum überschaubare Dimension annehmen. Zur Deckung eines dauerhaften besonderen Bedarfs ist die Gewährung eines Darlehens ungeeignet (BVerfG, Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09).

24

Eine andere Anspruchsgrundlage auf einfachgesetzlicher Ebene des SGB II findet sich nicht. Das Leistungssystem des SGB II ist ein in sich abgeschlossenes, das über die nach diesem Gesetz vorgesehenen Leistungen hinaus keine weiteren auf Grundlage des SGB II vorsieht. Diesen Grundsatz hat der Gesetzgeber durch die Einfügung des Satzes 4 in § 23 Abs 1 SGB II sowie Ergänzung des Satzes 1 und Anfügung eines Satzes 2 in § 3 Abs 3 durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) nochmals ausdrücklich unterstrichen. Danach sind weitere Leistungen - über die Darlehensleistung hinaus - bzw eine abweichende Festlegung der Bedarfe ausgeschlossen.

25

6. Eine Ausnahme hiervon kann sich zwar aus § 5 Abs 2 Satz 1 SGB II iVm Vorschriften des SGB XII ergeben (zum Umgangsrecht BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R, BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; zu Pflegeleistungen BSG vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 18/07 R, SozR 4-3500 § 18 Nr 1; s auch Knickrehm NZS 2007, 128 ). Voraussetzung insoweit ist jedoch nach § 5 Abs 2 Satz 1 SGB II, dass es sich bei der begehrten Leistung nicht um eine solche nach dem 3. Kapitel des SGB XII, also keine Leistung aus dem Bereich der Hilfe zum Lebensunterhalt handelt. Soweit die Klägerin mithin ihren Anspruch aus § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII ableitet, ist ihr auch dieser Weg verschlossen, denn ebenso wie im SGB II (s oben unter 1.) sind auch im SGB XII die Mehrbedarfsleistungen Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (3. Kapitel des SGB XII) .

26

Ebenso scheidet der trotz § 5 Abs 2 Satz 1 SGB II zwar grundsätzlich mögliche Rückgriff auf § 73 SGB XII als Anspruchsgrundlage aus. Zwar kann, wenn eine atypische Bedarfslage gegeben ist, Hilfe in dieser besonderen Lebenslage nach § 73 SGB XII neben der Regelleistung des § 20 SGB II auch erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gewährt werden(so bereits BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R, BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; vgl auch Knickrehm, Sozialrecht aktuell 2006, 159, 162; aA Adolph in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/Asylbewerberleistungsgesetz, § 73 SGB XII RdNr 11, Stand Februar 2006; vgl auch O'Sullivan, SGb 2005, 369, 371 f). Allerdings darf die Norm nicht zur allgemeinen Auffangregelung für Leistungsempfänger des SGB II mutieren. Erforderlich ist daher nicht nur das Vorliegen einer besonderen Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist(vgl hierzu BSG vom 25.6.2008 - B 11b AS 19/07 R, BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1 RdNr 22) und dadurch eine Aufgabe von besonderem Gewicht darstellt . Eine derartige Bedarfslage darf ferner nach dem Regelkonzept von SGB II und SGB XII nicht ausschließlich durch eine Erhöhung der Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII oder eine ausdrücklich im 3. Kapitel des SGB XII vorgesehene Hilfe zu decken sein. Anderenfalls würde § 73 SGB XII nicht nur zur Auffangregelung werden, sondern auch zur Umgehung sowohl des § 5 Abs 2 Satz 1 SGB II, als auch der Regelungen des SGB XII eingesetzt werden können. So liegt der Fall hier.

27

7. Der Senat konnte jedoch nicht abschließend darüber entscheiden, ob der Klägerin im streitigen Zeitraum ggf ein Anspruch aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG iS der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09) zusteht. Es mangelt an hinreichenden Tatsachenfeststellungen des LSG, um das Vorliegen der Voraussetzungen eines derartigen Leistungsanspruchs beurteilen zu können.

28

Das BVerfG hat entschieden, dass ua § 20 Abs 2 1. Halbsatz und Abs 3 Satz 1 SGB II iVm § 20 Abs 1 SGB II in den unterschiedlichen Fassungen seit dem Inkrafttreten des SGB II am 1.1.2005 mit Art 1 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG unvereinbar sind. Bis zur Neuregelung, die der Gesetzgeber bis spätestens zum 31.12.2010 zu treffen hat, sind diese Vorschriften jedoch weiter anwendbar. Die dem Gesetzgeber aufgegebene Neuregelung muss darüber hinaus einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs für die nach § 7 SGB II Leistungsberechtigten vorsehen, der bisher nicht von den Leistungen nach §§ 20 ff SGB II erfasst wird, jedoch zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zwingend zu decken ist. Bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber hat das BVerfG im Tenor der Entscheidung ausdrücklich angeordnet, dass dieser Anspruch nach Maßgabe seiner Urteilsgründe unmittelbar aus Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit Art 20 Abs 1 GG zu Lasten des Bundes geltend gemacht werden kann.

29

In den Urteilsgründen hat das BVerfG ausgeführt, eine Leistung, die geeignet sei, einen unabweisbaren, laufenden und nur einmaligen, besonderen Bedarf zu decken, sei deswegen zwingend in das SGB II aufzunehmen und bis zur Neuregelung direkt aus der Verfassung abzuleiten, weil die Einkommens- und Verbrauchsstatistik, auf der die Regelleistung beruhe, allein den Durchschnittsbedarf in üblichen Bedarfssituationen widerspiegele, nicht aber einen darüber hinausgehenden, besonderen Bedarf aufgrund atypischer Bedarfslagen ( BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09, Umdruck S 71 ). Grundsätzlich sei die Gewährung der Regelleistung als feste Pauschale iS einer typisierenden Regelung auch im Bereich der Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zulässig. Es sei dem Hilfebedürftigen zuzumuten, über die Verwendung des Festbetrags im Einzelnen selbst zu bestimmen und dabei sein individuelles Verbrauchsverhalten so zu gestalten, dass er mit dem Festbetrag auskomme. Vor allem habe er bei besonderem Bedarf zuerst auf das Ansparpotential zurückzugreifen, das in der Regelleistung enthalten sei. Die pauschalierte Regelleistung, festgelegt nach dem Statistikmodell, decke jedoch bereits von ihrer Konzeption her nur durchschnittliche Bedarfe ab. Ein in Sonderfällen auftretender Bedarf nicht erfasster Art oder atypischen Umfangs werde von der Statistik nicht aussagekräftig ausgewiesen (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09, S 72).

30

Allerdings verlange Art 1 Abs 1 GG, der die Menschenwürde jedes einzelnen Individuums ohne Ausnahme schütze, dass das Existenzminimum in jedem Einzelfall sichergestellt werde. Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit Art 20 Abs 1 GG gebiete, auch einen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf zu decken, wenn dies im Einzelfall für ein menschenwürdiges Existenzminimum erforderlich sei, was das bisherige Regelungskonzept des SGB II nicht gewährleiste. Deshalb bedürfe es neben den in §§ 20 ff SGB II vorgegebenen Leistungen noch eines zusätzlichen Anspruchs auf Leistungen bei unabweisbarem, laufendem, nicht nur einmaligem und besonderem Bedarf, der zwingend zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums erforderlich sei(BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09, Umdruck S 71).

31

Ob ein derartiger Bedarf im konkreten Fall vorliegt, wird das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu ermitteln haben. Eine Ermittlungspflicht dieser Art besteht grundsätzlich nur unter zwei Bedingungen. Zum Einen müssen in dem betreffenden Verfahren Anhaltspunkte für das Vorliegen einer atypischen Bedarfslage gegeben sein. Das folgt bereits daraus, dass das BVerfG den "Härtefall" sehr stark begrenzt hat. Es weist darauf hin, dass angesichts der Beschränkung des Anspruchs auf Fälle, in denen das Existenzminimum gefährdet sei, der zusätzliche Anspruch angesichts seiner engen und strikten Voraussetzungen nur in seltenen Fällen entstehen dürfte. Vor diesem Hintergrund muss aber die Bedarfslage klar hervortreten und sind Ermittlungen ins Blaue hinein nicht erforderlich. Zum zweiten muss es sich um ein laufendes, noch nicht abgeschlossenes Verfahren handeln.

32

Im vorliegenden Fall sind Anhaltspunkte dafür gegeben, dass eine atypische Bedarfslage vorliegen könnte. Die Klägerin hat hier einen besonderen Bedarf behauptet, ihn allerdings aus Rechtsgründen nicht konkretisiert. Das musste sie bisher auch nicht, denn außer über die beiden hier aus anderen Gründen nicht in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen des § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II und § 73 SGB XII ist der Mehrbedarf wegen Schwer- und erheblicher Gehbehinderung nach dem Konzept des SGB II durch eine Pauschale abzugelten. Insoweit bedarf es auch im Falle des erwerbsunfähigen Hilfebedürftigen keines Nachweises eines konkreten Bedarfs, sondern nur des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II. Andererseits ist in der Situation der Klägerin nicht auszuschließen, dass wegen der Schwer- und erheblichen Gehbehinderung ein besonderer Bedarf gegeben ist - dieser ist gleichsam als Minus in dem auf die Gewährung der Pauschale gerichteten Begehren der Klägerin enthalten - der hier aus einfachgesetzlichen Gründen nicht durch die Pauschale gedeckt werden kann, sodass es sich nicht um Ermittlungen "ins Blaue" hinein handelt.

33

Das LSG wird, wenn es seine Feststellungen zum Vorliegen eines konkreten Bedarfs wegen der Schwer- und erheblichen Gehbehinderung abgeschlossen hat, diesen ggf nach Maßgabe der Entscheidung des BVerfG daraufhin zu bewerten haben, ob es sich um einen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf handelt, dessen Deckung zur Sicherung des Existenzminimums zwingend erforderlich ist. Es wird dabei zu beachten haben, dass nach der Entscheidung des BVerfG ein solcher Bedarf nur dann vorliegt, wenn er so erheblich ist, dass die Gesamtsumme der dem Hilfebedürftigen gewährten Leistungen - einschließlich der Leistungen Dritter und unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Hilfebedürftigen - das menschenwürdige Existenzminimum nicht mehr gewährleistet ( BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09, Umdruck S 73).

34

Der Prüfung des aus dem Verfassungsrecht herzuleitenden Anspruchs steht nicht entgegen, dass die Beteiligten über Leistungen für den Zeitraum 1.1.2005 bis 31.5.2006 streiten. Das BVerfG hat zur Anwendung des Anspruchs im Tenor der Entscheidung angeordnet, "dass dieser Anspruch nach Maßgabe der Urteilsgründe unmittelbar aus Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit Art 20 Abs 1 GG zu Lasten des Bundes geltend gemacht werden kann". In den Gründen hat das BVerfG hierzu ausgeführt, dass Leistungsberechtigte, bei denen ein besonderer Bedarf vorliege, auch vor der Neuregelung die erforderliche Sach- und Geldleistung erhalten müssten. Ansonsten läge eine Verletzung von Art 1 Abs 1 GG vor, die auch nicht vorübergehend hingenommen werden könne. Vor diesem Hintergrund versteht der Senat die weiteren Ausführungen, wonach die verfassungswidrige Lücke für die Zeit ab Verkündung des Urteils durch eine entsprechende Anordnung des BVerfG zu schließen sei, dahin, dass in laufenden und noch nicht abgeschlossenen Verfahren - wie vorliegend - eine "Härteleistung" auf Grund von Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG zu gewähren sein kann. Hierfür spricht zudem, dass das BVerfG im Übrigen eine "rückwirkende Neufestsetzung" von Leistungen ausschließen wollte. Wäre der verfassungsrechtliche Anspruch hingegen erst für Leistungszeiträume ab dem 9.2.2010 zu berücksichtigen, stellte sich die Frage nach einer verfassungskonformen Auslegung des § 23 SGB II und des § 73 SGB XII.

35

8. Sollte das LSG zu dem Ergebnis gelangen, die Klägerin habe keinen Anspruch aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG, wird es ferner zu beachten haben, dass die Ungleichbehandlung von erwerbsfähigen und erwerbsunfähigen Hilfebedürftigen, die dazu führt, dass - wie oben dargelegt - die Klägerin auch keinen Anspruch auf eine pauschalierte Leistung für Mehrbedarf hat, nicht gegen Art 3 Abs 1 GG verstößt.

36

Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet es, verschiedene Gruppen von Normadressaten ungleich zu behandeln, wenn zwischen ihnen nicht Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG vom 7.10.1980 - 1 BvL 50/79, 1 BvL 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 88; BVerfG vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2300/98, 1 BvR 2144/00, BVerfGE 112, 368, 401; BVerfG vom 11.7.2006 - 1 BvR 293/05, BVerfGE 116, 229, 238). Soweit die Gewährung von Sozialleistungen bedürftigkeitsabhängig ist, hat der Gesetzgeber dabei grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfG vom 2.2.1999 - 1 BvL 8/97, BVerfGE 100, 195, 205; BSG vom 3.12.2002 - B 2 U 12/02 R, BSGE 90, 172, 178 = SozR 3-5910 § 76 Nr 4). Der Gestaltungsspielraum wird jedoch um so enger, je mehr sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG vom 26.1.1993 - 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92, 1 BvL 43/92, BVerfGE 88, 87, 96) oder je mehr es sich um ein personenbezogenes Merkmal handelt, an dem die Differenzierung ansetzt. Insoweit kommt es auf die Verhältnismäßigkeit zwischen Ungleichbehandlung und rechtfertigendem Grund an (BVerfG vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160, 171), wobei eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist, wenn die Betroffenen nicht in der Lage sind, durch ihr eigenes Verhalten die Verwirklichung des Merkmals zu beeinflussen, nach dem unterschieden wird (vgl auch Spellbrink in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 39 RdNr 135). Ob die zur Prüfung gestellte Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, hängt dann davon ab, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solchem Gewicht bestanden, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen konnten (BVerfG vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160).

37

Gemessen an diesem Maßstab hat der Gesetzgeber hier seine Gestaltungsgrenze nicht überschritten. Zwar kann das Differenzierungsmerkmal der "Erwerbsunfähigkeit" bzw "Erwerbsfähigkeit" kaum durch die betroffene Person selbst beeinflusst werden. Die getroffene Differenzierung zwischen den maßgeblichen Vergleichsgruppen der erwerbsfähigen Arbeitslosengeld II-Berechtigten und den nicht erwerbsfähigen Sozialgeldberechtigten/Leistungsempfängern nach dem 3. und 4. Kapitel des SGB XII im Hinblick auf die Gewährung des Mehrbedarfs wegen Schwer- und erheblicher Gehbehinderung wird jedoch durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt.

38

Zutreffend hat das LSG darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber einen Lebenssachverhalt, der zu einer unterschiedlichen Behandlung von erwerbsfähigen und erwerbsunfähigen Hilfebedürftigen führen kann, soweit es die Gewährung einer Leistung für Mehrbedarf wegen Schwer- und erheblicher Gehbehinderung betrifft, bereits selbst beseitigt hat. Behinderte Sozialgeldempfänger/SGB XII-Leistungsempfänger nach dem 3. und 4. Kapitel des SGB XII (erwerbsunfähige Hilfebedürftige) und erwerbsfähige Hilfsbedürftige erhalten beide, sofern sie Leistungen zur Eingliederung nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB XII beziehen, eine Mehrbedarfsleistung in Höhe von 35 % der für sie maßgeblichen Regelleistung(§ 21 Abs 3 SGB II bzw § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 2/§ 30 Abs 4 SGB XII) . In diesem Fall ist die Gewährung einer zusätzlichen Leistung für Mehrbedarf wegen Schwer- und erheblicher Gehbehinderung, auf die der erwerbsfähige Hilfebedürftige ohnehin keinen Anspruch hat, auch für erwerbsunfähige Leistungsbezieher ausgeschlossen (§ 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 Satz 2 SGB II und § 30 Abs 4 Satz 3 SGB XII). Diese zuvor beschriebene Angleichungsregelung macht deutlich, dass die für erwerbsfähige Hilfebedürftige gegebene Möglichkeit der Integration in den Arbeitsmarkt, also die Chance auf eine Erwerbstätigkeit und damit die Beseitigung der Hilfebedürftigkeit durch Erzielung von Erwerbseinkommen, ein tragender Grund für die Differenzierung ist. Wenn erwerbsunfähigen Hilfebedürftigen über Eingliederungsleistungen (§ 54 SGB XII) die Möglichkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit eröffnet werden kann, so sind auch sie von der Leistung für Mehrbedarf bei Schwer- und erheblicher Gehbehinderung ausgeschlossen.

39

Die Anknüpfung der Differenzierung an die Möglichkeit der Arbeitsmarktintegration ist auch folgerichtig - soweit es das System des SGB II betrifft. Das SGB II ist von seiner Grundkonzeption her ein erwerbszentriertes Grundsicherungssystems. Es ist darauf ausgerichtet, den erwerbsfähigen (iS des § 8 SGB II) Hilfebedürftigen in den Arbeitsmarkt einzugliedern, ihn von den Leistungen des SGB II unabhängig zu machen oder zumindest den Leistungsanteil an seiner Lebensunterhaltssicherung zu verringern (§ 1 Abs 1 SGB II). Um dieses Ziel zu erreichen, werden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen jedoch im Rahmen des Grundsatzes des Forderns gegenüber erwerbsunfähigen Personen auch größere Selbsthilfeverpflichtungen auferlegt, weil sie noch in der Lage sind, ihre Arbeitskraft zur Bestreitung des Lebensunterhalts einzusetzen (vgl § 2 Abs 1, Abs 2 Satz 2 SGB II). Andererseits erfahren sie Förderung mit Zielrichtung auf ihre Eingliederung in Arbeit (§ 14 Abs 1 Satz 1 SGB II). Sie können anders als erwerbsunfähige Sozialgeldempfänger Eingliederungsleistungen nach §§ 16 ff SGB II erhalten, die zu eben dieser Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit beitragen sollen(§ 3 Abs 1 Satz 1 SGB II). Soweit die Schwer- und/oder Gehbehinderung sie mithin in ihrer beruflichen Integrationschance beeinträchtigt, besteht ein Ausgleichsanspruch hierfür durch Eingliederungsleistungen (zB Leistungen zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben gemäß § 16 Abs 1 SGB II iVm §§ 97 ff SGB III). Erwerbsunfähige Hilfebedürftige erhalten hingegen nur unter den engen Bedingungen des § 7 Abs 2 Satz 2 SGB II Eingliederungsleistungen nach dem SGB II(vgl Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/ Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2009, § 7 RdNr 13, § 16 RdNr 3; die Gewährung von Eingliederungsleistungen nach § 16 SGB II an Sozialgeldempfänger offen lassend, BSG vom 25.6.2008 - B 11b AS 19/07 R, BSGE 101, 79, 81 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1) und nur dann, wenn die Leistungen auf die Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit der Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft oder die Beseitigung oder Verminderung der Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ausgerichtet sind. Zwar können erwerbsunfähige und gehbehinderte Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft unter Umständen Eingliederungsleistungen nach § 54 ff SGB XII erhalten. Zumindest soweit ihr Bedarf wegen der Schwer- und Gehbehinderung bereits durch die Leistung für Mehrbedarf nach § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II gedeckt ist, kommen daneben Eingliederungsleistungen jedoch nicht mehr in Betracht(vgl BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 5/08 R SozR 4-3500 § 30 Nr 1). Fahrtkosten als Hauptkostenfaktor eines erheblich gehbehinderten Hilfebedürftigen fallen für beide Personengruppen nicht an, jedenfalls soweit sie durch die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs entstehen. § 145 Abs 1 Satz 5 Nr 2 SGB IX sieht eine Befreiung von der Beteiligung an den Kosten einer Wertmarke für Leistungsempfänger nach dem SGB II und dem 3. sowie 4. Kapitel des SGB XII vor, wenn sie anerkannt erheblich gehbehindert sind (vgl hierzu ausführlich BSG vom 17.7.2008 - B 9/9a SB 11/06 R, SozR 4-3250 § 145 Nr 1 ). Somit verbleibt allenfalls ein "schmaler Grat" eines Leistungsausschlusses für erwerbsfähige Hilfebedürftige gegenüber erwerbsunfähigen Hilfebedürftigen, der sich auf einen nicht näher definierbaren "privaten Bereich" bezieht. Diese Differenzierung ist jedoch durch die oben benannte "Erwerbszentriertheit" und den Grundsatz des Forderns des SGB II zu rechtfertigen.

40

Soweit die Klägerin geltend macht, sie als schwer- und erheblich gehbehinderte Hilfebedürftige habe wegen ihrer gesundheitlichen Einschränkungen keine Chance auf einen Hinzuverdienst gehabt, so vermag sie damit die obige Argumentation nicht zu entkräften. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob der erwerbsfähige Hilfebedürftige durch einen "Hinzuverdienst" in die Lage versetzt werden kann, die behinderungsbedingte Einschränkung auszugleichen, sondern darauf, dass es nach dem Grundkonzept des SGB II Aufgabe des Trägers ist, für eine Integration des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zu sorgen und ggf bestehende Hindernisse auszugleichen.

41

9. Andere Gründe, die zu einer Erhöhung der Regelleistung um den von der Klägerin geforderten Betrag führen könnten, sind nicht ersichtlich.

42

Soweit die Klägerin eine geschlechtsspezifisch höhere Leistung begehrt, schließt sich der erkennende Senat der Rechtsauffassung des 14. Senats in der Entscheidung vom 27.2.2008 (B 14/7b AS 32/06 R, BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6) an. Dort hat der 14. Senat ausgeführt, dass nicht zu erkennen sei, dass die für Frauen und Männer in gleicher Höhe festgesetzte Regelleistung von 345 Euro eine mittelbare Diskriminierung von Frauen beinhalte.

43

Der Senat hat im Anschluss an die ständige Rechtsprechung des BSG auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und deren Ersetzung durch Leistungen nach dem SGB II (vgl nur BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R, SozR 4-4300 § 428 Nr 3).

44

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von dem beigeladenen Träger der Sozialhilfe die Erstattung von Kosten für Medikamente, die auf Grundlage von ärztlichen Privatrezepten verordnet worden sind.

2

Die im Jahre 1962 geborene Klägerin lebt mit ihrem 1949 geborenen Ehemann, der von der Beigeladenen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erhält, sowie ihren 1989 und 1996 geborenen Kindern in einem gemeinsamen Haushalt. Die Klägerin und ihre Kinder erhalten seit 2005 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), unter anderem für den Bewilligungsabschnitt vom 1.7.2006 bis zum 31.12.2006 (Bescheid vom 20.6.2006).

3

Mit Schreiben vom 7.9.2006 (Eingang bei dem Beklagten am 11.9.2006) machte die Klägerin bei dem Beklagten einen Mehrbedarf "für die chronischen Erkrankungen, chronischen Kopfschmerzen sowie Hautallergie" geltend. Die Kosten für die von ihren Ärzten ausgestellten Privatrezepte seien im Regelsatz nicht enthalten. Am 14.9.2006 beantragte sie zudem einen Mehrbedarf wegen "kostenaufwändiger Ernährung" bei Osteoporose und wies mit Schreiben vom 21.12.2006 auf einen bestehenden Eisenmangel hin. Antrag und Widerspruch blieben ohne Erfolg (Bescheid vom 4.10.2006; Widerspruchsbescheid vom 19.1.2007). Die hiergegen erhobene Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin legte das SG dahin aus, dass die Klägerin die Übernahme der auf Grundlage der vorgelegten privatärztlichen Rezepte sowie die fortlaufenden Kosten für ein Medikament gegen Eisenmangel in Höhe von 14,67 Euro monatlich begehre, und wies die Klage mit Urteil vom 29.8.2008 ab.

4

Die Berufung der Klägerin zum Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg blieb ohne Erfolg (Urteil vom 17.12.2009). Zulässiger Streitgegenstand sei vorliegend allein der Anspruch auf den geltend gemachten Mehrbedarf durch die entstandenen Kosten für aufgrund von Privatrezepten erworbene Medikamente wegen Kopfschmerzen, Hautallergie und Osteoporose. Der Beklagte habe mit den angefochtenen Bescheiden die Übernahme von Medikamentenkosten nach dem SGB II insoweit versagt, sodass über den geltend gemachten Anspruch vom 7.9.2006 bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG (am 17.12.2009) zu entscheiden sei. Dagegen habe die Klägerin erst mit Schreiben vom 21.12.2006 auf den Eisenmangel hingewiesen, ohne dies erkennbar mit einem Antrag auf Hilfeleistungen zu verbinden. Insoweit sei ein Vorverfahren nicht durchgeführt worden und die Klage also unzulässig. Gegenüber dem Beklagten bestehe ein Anspruch nicht. Die Voraussetzungen nach § 21 SGB II (insbesondere eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs 5 SGB II) lägen nicht vor, da ein sonstiger, nicht ernährungsbedingter medizinischer Bedarf, der von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht abgedeckt werde, in § 21 SGB II nicht genannt und daher kein Mehrbedarf in diesem Sinne sei(Hinweis auf BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2). Unabhängig davon, ob die Klägerin eine darlehensweise Gewährung von Leistungen nach § 23 SGB II überhaupt begehre, liege ein unabweisbarer Bedarf iS des § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht vor. Erst wenn eine Gefährdungslage für das sozialstaatlich unabdingbar gebotene Leistungsniveau entstehe, könne ein Anspruch nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II entstehen. Zwar seien nach § 34 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel grundsätzlich von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen, nach Satz 2 dieser Vorschrift gelte aber eine Ausnahme bei bestimmten nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gälten und zur Anwendung bei dieser Erkrankung mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden könnten. Schon die Tatsache, dass der Klägerin die Arzneimittel nicht aufgrund der vorgenannten Vorschrift verordnet worden seien, spreche gegen eine Bedarfsunterdeckung im vorgenannten Sinne.

5

Auch ein Anspruch gegen den Beigeladenen nach § 73 SGB XII bestehe nicht. Aufgrund der nach den Angaben der Klägerin vollständig aktenkundigen ärztlichen Privatrezepte und Apothekenquittungen für Medikamente sei weder eine Verletzung der klägerischen Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit (Art 2 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz ) noch aus Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip ersichtlich. Den streitgegenständlichen Bereich betreffe lediglich ein Privatrezept über Paracetamol Stada 500 (im Wert von ca 1,38 Euro für 20 Stück) sowie für Cetirizin vom 10.7.2009 (5,16 Euro für 20 Stück) und eine Apothekenquittung vom 19.2.2008 (Cetirizin Ratiopharm, 20 Stück für 6,65 Euro). Vor diesem Hintergrund ergäben sich auch keine Anhaltspunkte zu weiteren Ermittlungen.

6

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision. Die Klägerin macht einen Anspruch lediglich noch aus § 73 SGB XII gegen die Beigeladene geltend. Vorliegend streite Art 2 Abs 2 GG für eine analoge Anwendung von § 73 SGB XII. Sie leide unter vielfältigen chronischen Erkrankungen und habe einen atypischen Bedarf an nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, deren Kosten von der Krankenkasse nicht übernommen würden. Solche Kosten für chronisch Kranke seien in der Regelleistung nach § 20 SGB II nicht ausreichend abgebildet. Der für die Gesundheitspflege vorgesehene Anteil sei nicht dazu gedacht, den besonderen notwendigen Bedarf für nicht verschreibungspflichtige Medikamente in einem für chronisch Kranke notwendigen Umfang zu decken. Es sei mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht vereinbar, ihr die benötigten, jedoch nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgeführten Medikamente dauerhaft vorzuenthalten. Der Anspruch sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich um Bagatellbedürfnisse handele. Es handele sich um regelmäßig anfallende Kosten, weil es um die Behandlung chronischer Leiden gehe.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. Dezember 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. August 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 4. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2007 aufzuheben und den Beigeladenen zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für die auf Grundlage von ärztlichen Privatrezepten verordneten Medikamente zu erstatten.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in seiner Entscheidung vom 24.3.2010 (1 BvR 395/09 - SozR 4-4200 § 20 Nr 1) klargestellt, dass die sogenannte Härtefallregelung nicht für Zeiten vor der Entscheidung am 9.2.2010 gelten solle. Ansprüche gegenüber dem Beklagten bestünden deshalb nicht.

10

Der Beigeladene beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Sollte es sich bei den begehrten, von den Krankenkassen nicht abgedeckten Leistungen um einen verfassungsrechtlich geschützten Bedarf handeln, sei allein zu prüfen, ob die Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung verfassungskonform auszulegen seien. Wenn die Klägerin tatsächlich einen besonderen Bedarf habe, könne sie diesen mittlerweile nach § 21 Abs 6 SGB II geltend machen. Eine Regelung, wonach solche Kosten von den Trägern der Sozialhilfe zu übernehmen seien, sei nicht ersichtlich.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist unbegründet. Allerdings stellt sich die Klage entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nur teilweise als zulässig dar (dazu unter 1.). Soweit die Klägerin zulässigerweise die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 7.9.2006 bis zum 31.12.2006 geltend macht, steht ihr ein Anspruch nicht zu, wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben (dazu unter 2.).

13

1. Das von der Klägerin zutreffend im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte Ziel, zusätzlich zur Regelleistung einen Mehrbedarf wegen der Kosten für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu erhalten, ist wegen der Leistungsklage nur teilweise, nämlich hinsichtlich des Zeitraums vom 7.9.2006 bis zum 31.12.2006, zulässig.

14

a) In der Sache macht die Klägerin höhere laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltend. Die Gewährung eines Mehrbedarfs kann von der Klägerin entgegen der Auffassung des LSG nicht zulässigerweise zum isolierten Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens bestimmt werden, denn die Regelungen der Beklagten über die laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (mit Ausnahme der Kosten der Unterkunft) lassen sich in rechtlich zulässiger Weise nicht in weitere Streitgegenstände aufspalten (vgl etwa BSGE 104, 48 = SozR 4-1500 § 71 Nr 2, RdNr 11; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 11). Um laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts handelt es sich auch dann, wenn - wie hier - im Laufe des Verfahrens der Anspruch materiell-rechtlich allein noch auf § 73 SGB XII gestützt wird und sich also insoweit gegen den Beigeladenen richtet(zuletzt BSG Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R - juris RdNr 13 und Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 3 RdNr 12). Die weitere Auslegung des Klagebegehrens durch SG und LSG dahin, dass nur die Klägerin, nicht dagegen die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft höhere laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts begehren, erweist sich als zutreffend (dazu BSG SozR 4-4200 § 28 Nr 3 RdNr 15). Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG fließt der Bedarfsgemeinschaft kein weiteres, nach § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen zu, sodass die Höhe der Ansprüche der Kinder der Klägerin nicht von der Höhe des Bedarfs der Mutter abhängt(vgl § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II).

15

b) Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 4.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.1.2007, mit dem der Beklagte den zusätzlich zur Regelleistung geltend gemachten Mehrbedarf abgelehnt hat. Das Vorbringen der Klägerin in ihrem Schreiben vom 7.9.2006 ist dabei dahin auszulegen, dass sie die Notwendigkeit der Gewährung eines Mehrbedarfs wegen der Kosten, die aufgrund der chronischen Erkrankungen behauptet werden, und damit eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen von diesem Zeitpunkt an geltend macht. Auf diesen Antrag hin hat der Beklagte in der Sache die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung mit Wirkung ab Zeitpunkt der geltend gemachten Änderung überprüft. Der Bescheid des Beklagten vom 4.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.1.2007 lässt zwar eine ausdrückliche Bezugnahme auf die mit Bescheid vom 20.6.2006 erfolgte Bewilligung für den Bewilligungsabschnitt vom 1.7.2006 bis zum 31.12.2006 nicht erkennen. Dies allein lässt aber - aus der insoweit für die Auslegung maßgeblichen Sicht eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde erkennen kann (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11) - nicht den Schluss zu, der Beklagte habe abschließend für die Zukunft über den geltend gemachten Mehrbedarf entscheiden wollen. Zu einer solchen Entscheidung mit Bindungswirkung für die Zukunft wäre er wegen der in § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II vorgesehenen abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen nicht berechtigt gewesen(im Einzelnen Urteil des Senats vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 14). Die Bewilligungsentscheidungen wegen der Folgezeiträume weisen dementsprechend jeweils eigenständige Entscheidungen über "Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (inkl Mehrbedarfe)" aus.

16

In zeitlicher Hinsicht kann sich die Leistungsklage der Klägerin damit zulässigerweise nur auf höhere laufende Leistungen für den Bewilligungsabschnitt vom 1.7.2006 bis zum 31.12.2006 ab der geltend gemachten Änderung der Verhältnisse (hier ab dem 7.9.2006) richten. Die Bewilligungsentscheidungen wegen der Folgezeiträume in den Jahren 2007 und 2008, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht Gegenstand des Klage- bzw Berufungsverfahrens nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geworden sind(vgl nur BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 30), hat die Klägerin im Hinblick auf die Höhe der Regelleistung einschließlich der Mehrbedarfe nicht fristgerecht mit einem Rechtsbehelf angegriffen. Sie sind nach Aktenlage bestandskräftig geworden (vgl § 77 SGG), ihre Einbeziehung in das laufende Klage- bzw Berufungsverfahren im Wege der Klageänderung (§ 99 SGG, dazu BSG aaO) scheidet aus. Gleiches gilt schließlich für die Bewilligungsabschnitte für das Jahr 2009, weil die Klägerin insoweit gesonderte Verfahren wegen der Höhe der Regelleistung unter dem Gesichtspunkt eines (seit dem 1.1.2009 von dem Beklagten nicht mehr anerkannten) ernährungsbedingten Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II anhängig gemacht hat und sie deswegen das vorliegende Verfahren nicht zulässigerweise um den bereits anderweitig rechtshängigen Streit wegen der Höhe der Regelleistung einschließlich der Mehrbedarfe erweitern kann.

17

2. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides misst sich an § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch und § 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, hier also der Bescheid vom 20.6.2006 über die Bewilligung der laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Dabei sind bei der Frage, ob bzw inwieweit eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse dazu führt, dass der ursprüngliche Bewilligungsbescheid (vom 20.6.2006) abzuändern ist, grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (vgl nur BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 12 mwN) .

18

Die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 SGB X liegen jedoch nicht vor. Die Klägerin, die nach den Feststellungen des LSG Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II idF des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.7.2004 (BGBl I 2014) ist, hat neben einem Anspruch auf Regelleistung, der nach den Feststellungen des LSG und dem Vortrag der Beteiligten dem Grunde und der Höhe nach nicht zweifelhaft ist, keine weiteren Ansprüche auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wegen der von ihr geltend gemachten Belastungen mit Kosten für nicht verschreibungspflichtige Medikamente. Eine wesentliche Änderung ist damit nicht eingetreten, wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben.

19

a) Ein Anspruch auf den geltend gemachten Mehrbedarf ist dabei unter allen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten zu überprüfen. Entgegen der Auffassung des LSG bleiben insbesondere die Aufwendungen wegen des behaupteten Eisenmangels nicht deshalb außer Betracht, weil sie nicht beantragt worden sind. Es genügt, dass die Klägerin auf die bei ihr bestehenden chronischen Erkrankungen und damit auf gesundheitliche Einschränkungen hingewiesen hat, aus denen die geltend gemachten Kosten erwachsen. Ein Mehrbedarf, bei dem es sich um eine laufende Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts handelt, muss nicht gesondert beantragt werden (vgl nur Urteil des Senats vom 6.5.2010 - B 14 AS 3/09 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 3 RdNr 14 mwN).

20

b) Der Senat geht im Anschluss an die Rechtsprechung des 7b. Senats des BSG (BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1)davon aus, dass die Regelungen des SGB II in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung keine Erhöhung der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts über die gesetzliche Pauschale hinaus zulassen (zuletzt Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R - juris RdNr 17 zu Kosten, die aufgrund einer Behinderung entstehen; Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 3 RdNr 14 zu Kosten eines Hygienemehrbedarfs bei AIDS und Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 15 RdNr 17 zu Mehrkosten einer Schülermonatskarte ). Insbesondere scheidet § 21 Abs 5 SGB II als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Mehrbedarf aus, weil die Klägerin auch hinsichtlich der bestehenden Osteoporose im Ergebnis ihres Vortrages keine kostenaufwändige Ernährungsweise, sondern die Notwendigkeit der ergänzenden Einnahme von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln geltend macht. Ein solcher Anspruch ist von § 21 Abs 5 SGB II nicht erfasst(vgl bereits BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 31). § 23 Abs 1 SGB II als Rechtsgrundlage scheidet ebenfalls aus, weil es sich bei den geltend gemachten zusätzlichen Bedarfen um wiederkehrende Bedarfe handelt, die einer darlehensweisen Gewährung nicht zugänglich sind(vgl BSG Urteil vom 19.8.2010, aaO, unter Hinweis auf SozR 4-4200 § 7 Nr 15). Der Senat geht schließlich davon aus, dass der vom BVerfG geforderte verfassungsrechtliche Anspruch bei unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfen (vgl BVerfGE 125, 175, 252 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 204 ff)nur dann eingreift, wenn nicht bereits aufgrund einfachgesetzlicher Regelungen eine Leistungsgewährung möglich ist (BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 3 RdNr 23; im Einzelnen sogleich).

21

c) Der Klägerin steht aber auch gegen den Beigeladenen ein Anspruch aus § 73 SGB XII nicht zu. Hiernach können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Voraussetzung eines Anspruchs nach § 73 SGB XII ist nach der Rechtsprechung des 7b. Senats, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, eine besondere Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist und deren Sicherstellung zugleich aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten ist(vgl BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 22 f; BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 3 RdNr 19 f).

22

Wie der Senat bereits entschieden hat und wovon auch die Vorinstanzen ausgehen, kann es sich hinsichtlich der geltend gemachten Bedarfe dem Grunde nach um Bedürfnisse mit Grundrechtsbezug handeln (hierzu Urteil des Senats vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 15 RdNr 21). Durch eine nicht ausreichende Versorgung mit Arzneimitteln könnte das Recht der Klägerin auf Leben (Gesundheit) und körperliche Unversehrtheit gemäß Art 2 Abs 2 GG berührt sein (zur Bedeutung dieses Grundrechts im Sozialrecht vgl insbesondere BVerfGE 115, 25 ff = SozR 4-2500 § 27 Nr 5). Im Hinblick auf die streitigen Kosten einer Krankenbehandlung (hier die Versorgung mit Arzneimitteln) sind jedoch - anders als etwa hinsichtlich der Bedarfe für besondere Hygienemaßnahmen (vgl BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 3 RdNr 17) - unabweisbare Bedarfe, die nicht entweder durch das System des SGB V (dazu unter aa) oder (ergänzend) durch die Regelleistung abgedeckt werden (dazu unter bb), nicht ersichtlich.

23

aa) Das sozialrechtlich zu gewährende menschenwürdige Existenzminimum aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG umfasst auch die Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 - BVerfGE 125, 175 ff, 223 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 135; BSG Urteil vom 22.4.2008 - B 1 KR 10/07 R - BSGE 100, 221 = SozR 4-2500 § 62 Nr 6, RdNr 31; BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 108/10 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 33). Der Anspruch auf Existenzsicherung insoweit wird im Fall der Klägerin - wie für den ganz überwiegenden Teil der Hilfebedürftigen - in erster Linie durch ihre Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl § 5 Abs 2a SGB V) abgedeckt, deren Beiträge der Träger der Grundsicherung zahlt (§ 252 Abs 1 Satz 2 SGB V) und der Bund trägt (§ 46 Abs 1 SGB II). Die Klägerin hat als Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 SGB V, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern(vgl § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V); vom Anspruch auf Krankenbehandlung ist die Versorgung mit Arzneimitteln erfasst (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V). Apothekenpflichtige nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel (sog OTC-Präparate; OTC = over the counter), deren Kosten die Klägerin vorliegend geltend macht, sind seit dem 1.1.2004 zwar grundsätzlich von der Versorgung nach §§ 31, 34 Abs 1 Satz 1 SGB V ausgeschlossen. Dies gilt allerdings auch hinsichtlich der nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel nicht schlechthin und ausnahmslos, denn § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V ermächtigt den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung des Vertragsarztes ausnahmsweise verordnet werden können. Hiervon hat der G-BA Gebrauch gemacht und seine Arzneimittel-Richtlinien mit Beschluss vom 16.3.2004 um einen Abschnitt F ergänzt (vgl BAnz 2004 S 8905, nunmehr § 12 der Arzneimittel-Richtlinien). Die Verordnung dieser Arzneimittel ist danach ausnahmsweise zulässig, wenn die Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten. Dabei gilt eine Krankheit als schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Ausdrücklich genannt sind (mittlerweile in der Anlage I zu den genannten Richtlinien; zuvor in Abschnitt F 16.4.9 und 16.4.14) verschiedene nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die unter anderem bei den Krankheiten Osteoporose und Eisenmangelanämie (die bei der Klägerin nach ihrem Vortrag vorliegen) unter bestimmten weiteren Voraussetzungen als Therapiestandard gelten (zum Ganzen BSG Urteil vom 6.11.2008 - B 1 KR 6/08 R - BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4).

24

Damit ist ohne weitere Ermittlungen seitens der Träger der Grundsicherung davon auszugehen, dass grundrechtsrelevante Beeinträchtigungen durch eine nicht ausreichende Krankenbehandlung, die durch ergänzende Leistungen der Grundsicherung abzuwenden wären, ausscheiden. Im Grundsatz ist eine Behandlung ua von Osteoporose und Eisenmangelanämie auch durch OTC-Präparate zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung dann gesichert, wenn die Erkrankung lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Gesetzliche oder auf Gesetz beruhende Leistungsausschlüsse und Leistungsbegrenzungen nach dem SGB V und damit insbesondere die Frage, ob sich § 34 Abs 1 SGB V im Einzelnen als verfassungsgemäß darstellt, können nur innerhalb dieses Leistungssystems daraufhin überprüft werden, ob sie im Rahmen des Art 2 Abs 1 GG gerechtfertigt sind(dazu BVerfGE 115, 25 ff = SozR 4-2500 § 27 Nr 5). Die Frage, ob die Kosten für Arzneimittel als Teil einer Krankenbehandlung übernommen werden, muss der Hilfebedürftige gegenüber seiner Krankenkasse klären. Hinsichtlich der therapeutischen Notwendigkeit einer bestimmten Krankenbehandlung und den Anforderungen an ihren Nachweis gelten für Leistungsempfänger nach dem SGB II keine anderen Voraussetzungen als für die übrigen Versicherten nach dem SGB V, die Versicherungsschutz insbesondere aufgrund abhängiger Beschäftigung erlangen (vgl bereits Urteil des Senats vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R - juris RdNr 21).

25

bb) Die übrigen Kosten für Gesundheitspflege, die unter anderem für medizinisch notwendige, aber nicht von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse abgedeckte OTC-Präparate unter dem Gesichtspunkt der Eigenverantwortung der GKV-Versicherten auch von Hilfebedürftigen nach dem SGB II selbst zu zahlen sind, sind in der Regelleistung abgebildet und lösen damit grundsätzlich keinen Bedarf nach § 73 SGB XII aus. Im streitigen Zeitraum wird für die Abteilung 06 (Gesundheitspflege) auf der Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 ein Gesamtbetrag in Höhe von 13,19 Euro berücksichtigt (vgl BR-Drucks 206/04). Soweit die Klägerin wegen ihrer chronischen Erkrankungen geltend macht, dieser Betrag reiche nicht aus, richtet sich dieser Angriff im Kern gegen die Höhe der Regelleistung. Bezogen auf die Zeit vor dem 1.1.2011 hat das BVerfG (aaO, RdNr 210 ff) hinsichtlich der Höhe der Regelleistung klargestellt, dass deren rückwirkende Erhöhung ausscheidet. Ohnehin macht die Klägerin wegen der Erkrankungen, die nicht schon in der Anlage I der Arzneimittel-Richtlinien erfasst sind, nach den Feststellungen des LSG keine Kosten geltend, die den in der Regelleistung enthaltenen Betrag übersteigen. Allein die Tatsache, dass auch die weiteren Erkrankungen chronisch sein mögen, führt jedenfalls nicht zu einem Anspruch auf einen höheren Bedarf. Ob der seit dem 1.1.2011 geltende Regelbedarf unter Berücksichtigung (auch) der vom Leistungsberechtigten nach dem SGB II selbst zu tragenden Kosten für Gesundheitspflege ausreichend hoch bestimmt ist, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.2.2011 bis 30.4.2011.

2

Der Beklagte bewilligte dem Kläger, seiner Mutter sowie seinen Geschwistern im Jahr 2010 und bis Ende April 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ab dem 1.7.2011 erhielt die Familie Wohngeld und für die Kinder wurde Kinderzuschlag gewährt. Der Kläger besuchte im streitigen Zeitraum die Klassenstufe 7 eines Gymnasiums im musischen Zweig. Bereits in der 5. und 6. Klasse hatte er ein Cello für den Musikunterricht an der Schule zu einer halbjährlichen Leihgebühr von 90 Euro ausgeliehen, fällig jeweils zum 1.2. und 1.8. des Jahres. Am 8.2.2011 erfolgte erneut eine Abbuchung der Leihgebühr für das Cello vom Konto der Mutter des Klägers. Sie stellte daraufhin für den Kläger am 21.2.2011 einen Antrag auf Übernahme dieser Aufwendungen durch den Beklagten als Teilhabeleistungen nach § 28 Abs 7 SGB II. Zur Begründung führte sie aus, dass es für den Besuch des musischen Zweigs der Schule zwingend erforderlich sei, ein Instrument zu spielen. Der Beklagte lehnte die Gewährung von Teilhabeleistungen durch Bescheid vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.2011 mit der Begründung ab, dass die Übernahme der Leihgebühren für ein Instrument grundsätzlich nach § 28 Abs 7 SGB II nicht förderfähig sei. Die Vorschrift gewährleiste insoweit lediglich die Teilnahme an außerschulischem Unterricht.

3

Den im Juli 2011 gestellten Antrag auf Übernahme der Kosten für einen Freizeitaufenthalt in einem "Dance Camp" vom 30.8. bis 3.9.2011 beschied der Beklagte durch die Bewilligung von Teilhabeleistungen in Höhe von 120 Euro (Bescheid vom 17.8.2011).

4

Im Klageverfahren hat das SG Mannheim den Beklagten zur Übernahme der Leihgebühren für den Zeitraum vom 1.2.2011 bis 31.7.2011 (Anm = 90 Euro) und 30 Euro für den Zeitraum vom 1.8.2011 bis 31.1.2012 verurteilt (Gerichtsbescheid vom 12.1.2012). Im Berufungsverfahren haben die Beteiligten den streitigen Zeitraum wie eingangs dargelegt beschränkt. Das LSG hat den Zeugen A. zu der Praxis der Schule im Hinblick auf die Leihgebühren für Musikinstrumente vernommen sowie den Zeugen H. hierzu schriftlich befragt. Letzterer hat angegeben, im Musikprofil und zur Nutzung in der Schule - ab der Klassenstufe 7 - würde keine Gebühr für das Ausleihen der Musikinstrumente erhoben. Dies sei nur in den Klassenstufen 5 und 6 sowie bei privater Nutzung ab der Klassenstufe 7 der Fall. Eine Nutzung des Cellos außerhalb der Schule oder einer privaten Einrichtung hat die Mutter des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG verneint. Das LSG hat der Berufung des Beklagten durch Urteil vom 23.1.2013 stattgegeben, den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ua ausgeführt, bei den Leistungen zur Teilhabe nach § 28 Abs 7 SGB II handele es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand. Der hilfebedürftige Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf die Übernahme der Leihgebühren für das Cello. Zwar habe er den Antrag auf die Leistung rechtzeitig gestellt. Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II würden jedoch nicht für einen durch den Schulbesuch entstehenden Bedarf gewährt. Sie dienten der Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben. Die Leihgebühr für das Cello sei hier kein außerschulischer Bedarf, sondern diene der Teilnahme am Unterricht in der Klassenstufe 7. Hierfür seien insbesondere die Leistungen für den persönlichen Schulbedarf vorgesehen. § 21 Abs 6 und die Darlehensgewährung nach § 24 SGB II schieden als Anspruchsgrundlagen ebenfalls aus. Der Leistungsanspruch für das Jahr 2011 sei zudem durch die Leistungsgewährung für die Teilnahme an dem Dance Camp in vollem Umfang erloschen.

5

Die vom LSG zugelassene Revision gegen dieses Urteil begründet der Kläger mit einer Verletzung von § 28 Abs 7 SGB II durch die Auslegung des LSG. Die Leistungen nach dieser Vorschrift seien nicht nur für außerschulische Aktivitäten gedacht, sondern sollten die Integration von Kindern und Jugendlichen in die Gemeinschaft, auch die schulische, befördern. Es solle verhindert werden, dass "arme" Kinder und Jugendliche von Gemeinschaftsaktivitäten ausgeschlossen würden. Dazu gehöre auch das gemeinsame Musizieren mit den anderen Kindern derselben Klassenstufe in der Schule. Zudem könne der Argumentation des Beklagten nicht gefolgt werden, dass zwar die Finanzierung des außerschulischen Musikunterrichts, nicht jedoch die Leihgebühren für ein Musikinstrument über Leistungen zur Teilhabe zu gewährleisten sei.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Januar 2013 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Januar 2012 zurückzuweisen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

10

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Übernahme der Leihgebühren für das Cello im Zeitraum vom 1.2. bis 30.4.2011 durch den Beklagten. Das LSG hat den Bescheid des Beklagten vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.2011 zutreffend für rechtmäßig befunden.

11

Der Kläger konnte den Streitgegenstand zwar zulässigerweise auf die Erstattung der Leihgebühren für das Cello beschränken. Ein Anspruch hierauf scheitert auch nicht daran, dass der Kläger den Antrag erst am 21.2.2011 gestellt hat. Als Anspruchsgrundlage kommt jedoch entgegen der Auffassung des Klägers nicht § 28 Abs 7 SGB II in Betracht. Nach der Rechtslage bis zum 31.7.2013 waren Bedarfe in Gestalt der Übernahme von Leihgebühren für ein Musikinstrument nicht durch Teilhabeleistungen nach dieser Vorschrift zu decken. Auch sind grundsätzlich für schulischen Unterricht als Bedarf keine Teilhabeleistungen nach § 28 Abs 7 SGB II zu erbringen. Der Kläger kann sein Begehren ebenso wenig auf § 21 Abs 6 SGB II stützen.

12

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Leihgebühren für das Cello im Zeitraum vom 1.2.2011 bis 30.4.2011 in Höhe von 10 Euro monatlich (insgesamt 30 Euro) als Zuschuss. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.2011 einen Anspruch auf Leistungen hierfür zutreffend verneint. Auf eine darlehensweise Gewährung der Miete für das Cello hat der Kläger schriftsätzlich gegenüber dem erkennenden Senat verzichtet.

13

Anknüpfend an die Rechtsprechung des BSG zu den Leistungen für Klassenfahrten und Schulbücher nach altem Recht (anzuwendendes Recht bis zum 31.12.2010) geht der erkennende Senat davon aus, dass es sich auch bei dem Anspruch auf Leistungen für Teilhabe gemäß § 28 Abs 7 SGB II um einen Individualanspruch desjenigen handelt, der den entsprechenden Bedarf geltend macht(vgl zur alten Rechtslage: BSG vom 22.11.2011 - B 4 AS 204/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 15 RdNr 10; BSG vom 10.5.2011 - B 4 AS 11/10 R - SozR 4-4200 § 44 Nr 2 RdNr 15; BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 9; BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, RdNr 13). Wortlaut sowie Sinn und Zweck des zum 1.1.2013 in Kraft getretenen § 28 Abs 1 S 1 SGB II unterstreichen die Übertragbarkeit der bisherigen Rechtsprechung zur alten Rechtslage auf die Leistungen für Bildung und Teilhabe. In § 28 SGB II werden als ausschließlich anspruchsberechtigt für die Schulbedarfe und außerschulischen Teilhabebedarfe Kinder und Jugendliche bezeichnet. Es handelt sich mithin nicht um Leistungen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft, sie sind vielmehr den einzelnen Kindern und Jugendlichen in der Bedarfsgemeinschaft individuell zuzuordnen.

14

Dieser Anspruch kann isoliert gerichtlich durchgesetzt werden (zu Klassenfahrten nach altem Recht vgl: BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 1/09 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 9 RdNr 11; BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 9; so auch BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, RdNr 13 und Erstausstattung: BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 11; BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9; BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 13 RdNr 11). Durch die Einführung der Bildungs- und Teilhabeleistungen nach § 28 SGB II aufgrund von Art 2 Nr 31 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und Änderung des SGB II und SGB XII ( vom 24.3.2011, BGBl I 453, mWv 1.1.2011) ist insoweit keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage eingetreten. Im Gegenteil: Wortlaut, Entstehungsgeschichte, systematischer Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Norm verdeutlichen, dass es sich auch weiterhin um einen abtrennbaren Streitgegenstand handelt. Nach § 28 Abs 1 S 1 SGB II werden Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Sie sind mithin zusätzlich zum Regelbedarf (s auch Thommes in Gagel, SGB II/SGB III, § 28 SGB II, RdNr 2, Stand III/2013; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 5, Stand XII/12)bzw anknüpfend an die Forderung des BVerfG (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 203)ggf auch ausschließlich zur Gewährleistung des Existenzminimums zu erbringen, wenn nur durch sie allein Hilfebedarf ausgelöst wird (s hierzu § 19 Abs 3 S 3 SGB II). Dies wird in der Begründung zum Entwurf des RBEG/SGBII/SGB XII-ÄndG ausdrücklich unterstrichen, wenn es dort heißt, dass die materielle Ausstattung von Schülerinnen und Schülern für die Teilnahme an schulischen Aktivitäten sowie außerschulischer Bildung durch gesonderte und zielgerichtete Leistungen zu gewährleisten sei. Die Bedarfe seien vorbehaltlich des § 19 Abs 3 S 3 SGB II selbständig zu gewähren(BT-Drucks 17/3404, S 104).

15

Auch die systematische Betrachtung belegt die Möglichkeit der Abtrennbarkeit der Bildungs- und Teilhabeleistungen als eigenständigen Streitgegenstand. Zwar bleiben die Bildungs- und Teilhabeleistungen Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von Kindern und Jugendlichen, also der Maßnahmen zur Sicherung deren Existenzminimums (s hierzu BSG vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R - RdNr 44, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-4200 § 20 Nr 18; s auch Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 8; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 7, Stand XII/12). Sie sind jedoch mit Ausnahme der Leistungen nach § 28 Abs 3 SGB II(persönlicher Schulbedarf) gemäß § 37 Abs 1 S 2 SGB II gesondert zu beantragen. Dies spricht dafür, dass auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers Bildungs- und Teilhabeleistungen eigenständig einklagbar sein sollen. Die Regelung des § 37 Abs 1 S 2 SGB II begründet keine Zweifel an dieser Auslegung. Insoweit folgt der Gesetzgeber lediglich der Rechtsprechung des BSG zur Rechtslage vor dem 1.1.2011. Es hatte eine gesonderte Antragstellung für den persönlichen Schulbedarf nicht für erforderlich gehalten, weil dieses Begehren vom Antrag auf Alg II/Sozialgeld umfasst sei (ausführlich BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 14 f). Die Möglichkeit der isolierten Einklagbarkeit entspricht auch dem Sinn und Zweck der Leistungen für Bildung und Teilhabe. Sie sollen dazu dienen, besondere Bedarfslagen bei Kindern und Jugendlichen im Einzelfall und unabhängig von der übrigen Bedarfsgemeinschaft gezielt zu decken (BT-Drucks 17/3404, S 104).

16

Schließlich verfolgt der Kläger den Anspruch auf Leistungen für die Miete des Cellos - nachdem die Leihgebühren bereits vom Konto der Mutter abgebucht worden waren - im hier streitigen Zeitraum in zulässiger Weise als Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (s zum Kostenerstattungsanspruch ausführlich: BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - RdNr 11 und 20 f, zur Veröffentlichung vorgesehen).

17

2. Der Kläger hat die Teilhabeleistung auch rechtzeitig beantragt. Dem steht nicht entgegen, dass ausweislich der Feststellungen des LSG die Mutter des Klägers die Übernahme der Leihgebühren erst am 21.2.2011 beim Beklagten beantragt hat, obwohl sie bereits am 1.2.2011 fällig geworden und am 8.2.2011 von ihrem Konto abgebucht worden sind. Ebenso wenig ist hinderlich, dass § 37 Abs 2 S 2 SGB II idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, nach dem der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf den Ersten des Monats zurückwirkt, erst zum 1.4.2011 in Kraft getreten ist. Für Leistungen nach § 28 Abs 2 und 4 bis 7 SGB II gilt nach der Übergangsvorschrift des § 77 Abs 8 SGB II(idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453), dass der Antrag hierauf abweichend von § 37 Abs 2 S 2 SGB II als zum 1.1.2011 gestellt gilt, wenn sie für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.5.2011 bis zum 30.6.2011 rückwirkend beantragt werden.

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3. Dahingestellt bleiben konnte zum einen, welche Auswirkungen das Begleichen der Forderung der Gebühren vor der Antragstellung auf den Kostenerstattungsanspruch des Klägers haben könnte. Dies gilt sowohl für die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs an sich (s hierzu ausführlich BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - RdNr 11 und 20 f, zur Veröffentlichung vorgesehen sowie die Rechtsänderung zum 1.8.2013 durch Einführung von § 30 SGB II mit der Möglichkeit der nachträglichen Erstattung, BGBl I 1167, Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013), als auch für das Verhältnis der hier begehrten Geldleistung zu der nach § 28 Abs 7 iVm § 29 Abs 1 S 1 SGB II vorgesehenen Leistungsart der Sach- und Dienstleistungen, insbesondere in Form von personalisierten Gutscheinen oder Direktzahlungen an Anbieter. Ferner bedurfte es hier keiner weiteren Ausführungen zur Hilfebedürftigkeit des Klägers. Zwar ist die Hilfebedürftigkeit nach § 19 Abs 3 S 3 SGB II auch für die Bildungs- und Teilhabeleistungen Anspruchsvoraussetzung und sie ist - einschließlich der Einkommensberücksichtigung nach § 9 Abs 2 S 2 SGB II unter Einbeziehung der restlichen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft - auch dann zu prüfen, wenn ausschließlich die Deckung der Bedarfe nach § 28 Abs 7 SGB II eingeklagt wird. Darauf kommt es hier jedoch nicht an, denn der Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung scheitert bereits daran, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs 7 SGB II nicht erfüllt sind.

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4. Nach § 28 Abs 7 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011 (BGBl I 453, mWv 1.1.2011) wird bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ein Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft in Höhe von insgesamt 10 Euro monatlich berücksichtigt für 1. Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, 2. Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und 3. die Teilnahme an Freizeiten. Bedarfe iS des § 28 Abs 7 Nr 2 SGB II in der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung sind nur solche, die für den Unterricht selbst entstehen, nicht jedoch Bedarfe für weitere mit ihm verbundene Aufwendungen, wie zB auch die Leihgebühren für ein Musikinstrument (vgl Fach in Oestreicher SGB II/SGB XII, § 28 SGB II RdNr 103, 105, Stand III/13; s auch Leopold in juris-PK SGB II, 3. Aufl 2012, § 28 RdNr 141, Stand: 2.4.2013; Spellbrink/G. Becker in Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 28 SGB II, RdNr 56; Thommes in Gagel SGB II/SGB III, § 28 SGB II RdNr 59, Stand IV/12; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 116, Stand XII/11; aA wohl Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 61).

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Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, wenn es dort ausdrücklich heißt, dass Bedarfe für den Unterricht gedeckt werden. Es sollte also nur der - kostenpflichtige - Unterricht selbst über die Teilhabeleistungen finanziert werden. In der Begründung zum Gesetzentwurf des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG wird dazu ausdrücklich betont, dass der benannte Katalog der Bedarfe abschließend sei (BT-Drucks 17/3404, S 106), also keine über die Finanzierung des Unterrichts hinausgehenden Bedarfe durch Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II gedeckt werden sollten. Diese Gesetzesauslegung wird durch die systematische Einbindung der Vorschrift in das Gefüge der existenzsichernden Leistungen für Kinder und Jugendliche gestützt. Denn im Gegenzug zur Schaffung der Leistung nach § 28 Abs 7 SGB II wurden bei der Bemessung der Regelbedarfe von Kindern und Jugendlichen die Positionen "Außerschulische Unterrichte, Hobbykurse" in der Abteilung 09 und "Mitgliedsbeiträge an Organisationen ohne Erwerbszweck" in Abteilung 12 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 ausdrücklich unberücksichtigt gelassen. Anschaffungen zur Teilnahme an derartigen Aktivitäten sollten demnach auch weiterhin aus dem Regelbedarf gedeckt werden. So sollte Ziel der Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II auch lediglich sein, Kindern und Jugendlichen die Aufnahme in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen zu ermöglichen(BT-Drucks 17/3404, S 106). Der durch diese Aufnahme entstehende weitere Aufwand, auch beispielsweise durch Fahrtkosten zu etwaigen Gemeinschaftsveranstaltungen (BT-Drucks 17/3404, S 107), sollte hingegen nicht über § 28 Abs 7 SGB II finanziert werden können.

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Der Blick auf die weitere Rechtsentwicklung belegt dieses Ergebnis. Nach § 28 Abs 7 SGB II idF des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013 (BGBl I 1167) können mit Wirkung ab dem 1.8.2013 nach dessen neu geschaffenem Satz 2 nun neben den Bedarfen nach Satz 1 auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im begründeten Ausnahmefall nicht zugemutet werden kann, diese aus dem Regelbedarf zu bestreiten (eingefügt durch Art 1 Nr 2 Buchst b des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013, BGBl I 1167, mWv 1.8.2013). In der Begründung zum Entwurf der Gesetzesänderung wird darauf hingewiesen, dass die Teilnahme an Aktivitäten nach den Nr 1 bis 3 des § 28 Abs 7 S 1 SGB II häufig so organisiert sei, dass durch ehrenamtliches Engagement die Unterrichtung kostenfrei angeboten werden könne. Dann scheitere die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen jedoch oft deswegen, weil die nötige Ausrüstung fehle. Als Beispiele werden in diesem Zusammenhang Musikinstrumente oder Schutzkleidung für bestimmte Sportarten benannt (BT-Drucks 17/12036, S 7). Der Gesetzgeber hat also im Nachhinein erkannt, dass die von ihm angestrebte Bedarfsdeckung lückenhaft geblieben war und hat deswegen diese Lücke durch die Erweiterung der anerkannten Bedarfslagen geschlossen. Wenn auch der Senat nicht der Auffassung ist, dass diese Gesetzesänderung, die ausdrücklich erst zum 1.8.2013 in Kraft getreten ist, zu einer Veränderung der zuvor dargelegten Rechtslage führt, so kann der Kläger unabhängig davon hier jedoch nicht mit einem Leistungsanspruch nach § 28 Abs 7 SGB II erfolgreich sein.

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Die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II dienen nur dazu, außerschulische Bedarfe zu decken(bereits angedeutet in BSG vom 25.1.2012 - B 14 AS 131/11 R - RdNr 13; s auch Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 56, 63; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 113, Stand XII/11). Im vorliegenden Fall sollte die Teilhabeleistung - nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG, die vom Kläger nicht angegriffen worden sind (§ 163 Abs 2 SGG) - hingegen ausschließlich für schulische Zwecke eingesetzt werden.

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Bei den Aktivitäten der Nr 1 und 3 des § 28 Abs 7 SGB II handelt es sich bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift eindeutig um außerschulische Aktivitäten. Mitgliedsbeiträge für Aktivitäten werden in der Schule nicht erhoben und durch den Begriff der "Freizeiten" werden außerschulische Unternehmungen zu denen der Schulfahrten in Gestalt der "mehrtägigen Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen" nach § 28 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB II abgegrenzt. Der Wortlaut der hier einschlägigen Nr 2 des § 28 Abs 7 SGB II ist zwar offen, als mit dem Wort "Unterricht" sowohl "schulischer" als auch "außerschulischer" gemeint sein kann. Auch wird in der Begründung zum Gesetzentwurf § 28 Abs 7 SGB II insgesamt die Funktion zugewiesen, Kindern und Jugendlichen einen Anspruch auf gesellschaftliche Teilhabe im Rahmen des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu ermöglichen. Zugleich nimmt die Begründung insoweit jedoch eine Unterteilung zwischen Leistungen zur Bildung und Leistungen zur Teilhabe vor (BT-Drucks 17/3404, S 106). Dort wird ausgeführt, Ziel sei es, Kinder und Jugendliche stärker als bisher in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen zu integrieren und den Kontakt mit gleichaltrigen zu intensivieren, auch durch Musikunterricht. Um zugleich die Beschränkung auf die Gewährleistung von Teilhabe im außerschulischen Bereich durch Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II zu unterstreichen, heißt es in der Begründung weiter, dass im Hinblick auf die Anerkennung dieser Bedarfe bei der Bemessung der Regelbedarfe von Kindern und Jugendlichen ua die Positionen "Außerschulischer Unterricht, Hobbykurse" in der Abteilung 09 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 unberücksichtigt geblieben seien. So wird auch im Zusammenhang mit der Unterrichtserteilung, die über die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II finanziert werden soll, ausdrücklich nur auf solche in Musik- oder Volkshochschulen, also im außerschulischen Unterricht, hingewiesen(BT-Drucks 17/3404, S 106).

24

Ebenso folgt aus dem systematischen Zusammenhang, in dem § 28 Abs 7 SGB II steht, sowie dessen Sinn und Zweck, dass dieser nur zur Deckung außerschulischer Bedarfe dienen soll. Die durch die Schule hervorgerufenen Bedarfslagen und die durch sie entstehenden notwendigen Aufwendungen zur Erfüllung schulischer Pflichten gehören nach der Entscheidung des BVerfG zu dem existentiellen Bedarf von Kindern und Jugendlichen, der zwingend zu decken ist (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 192). Deswegen werden Bedarfe, die im Zusammenhang mit der schulischen Bildung stehen, jedoch nicht originär der Finanzierung durch die Schule/den Schulträger unterfallen, wie Klassenfahrten und -ausflüge, der persönliche Schulbedarf, die Schülerbeförderung, Lernförderung und Mittagsverpflegung - wie bereits dargelegt - ausdrücklich durch Leistungen nach § 28 Abs 2 bis 6 SGB II gedeckt. Daneben hat das BVerfG jedoch auch die gesellschaftliche Teilhabe als zur Sicherung des Existenzminimums erforderlich angesehen. Im Hinblick auf die Teilhabeleistungen hat das BVerfG dem Gesetzgeber zwar einen weiteren Gestaltungsspielraum als bei den Leistungen zur Sicherung der physischen Existenz sowie bei Kindern und Jugendlichen zur Deckung der Bildungsbedarfe eingeräumt (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 138). Der Gesetzgeber muss jedoch auch für den Teilhabebereich so viel zur Verfügung stellen, dass ein Minimum dessen durch die Fürsorgeleistungen gedeckt werden kann (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 166). Da die Leistungen nach den Abs 2 bis 6 des § 28 SGB II eindeutig beim Schulbesuch entstehende Bedarfe befriedigen sollen und die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II bereits im Gesetzestext selbst als solche zur Deckung der Bedarfe zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft bezeichnet werden, muss davon ausgegangen werden, dass mit letzteren der Mindestbedarf an sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe ermöglicht werden soll. Hieraus folgt, dass die Leistungen eben nicht der Finanzierung schulischer Aktivitäten dienen dürfen, denn eine "Aufstockung" der Leistungen an sich ist nicht vorgesehen. Würden sie für Schulbedarfe eingesetzt, verbliebe zudem keine hinreichende Möglichkeit mehr für die Bedarfsdeckung im Teilhabebereich. Dies gilt umso mehr, als die klassischen Teilhabepositionen in der Abteilung 09 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 - wie oben bereits dargelegt - bei der Bemessung der Höhe des Regelbedarfs für Schulkinder wegen der Einführung der Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II unberücksichtigt geblieben sind. Es würde zudem dem Sinn und Zweck der Teilhabeleistungen nach dem SGB II zuwiderlaufen, wenn diese von Leistungsberechtigten dazu eingesetzt werden müssten, den verpflichtenden Schulunterricht selbst zu finanzieren, die Schule/der Schulträger sich zu Lasten der Grundsicherung für Arbeitsuchende seiner Aufgabe der kostenfreien Erteilung staatlichen Unterrichts entledigen könnte und im Gegenzug für eine Integration der Kinder und Jugendliche in Gemeinschafts- und Vereinsstrukturen keine Leistungen mehr verblieben.

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Angesichts dessen bedurfte es keiner weiteren Ausführungen dazu, ob ein Anspruch nach § 28 Abs 7 SGB II durch eine Leistungsbewilligung für einen späteren Bedarf im Umfang des maximalen Jahreszahlbetrags für Teilhabeleistungen des Bildungs- und Teilhabepakets erlischt und die Höhe des Zahlbetrags für Teilhabeleistungen von 10 Euro monatlich verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht.

26

5. Unabhängig davon, ob der Kläger einen Anspruch auf Übernahme der Leihgebühren für das Cello im streitigen Zeitraum durch eine Leistung nach § 21 Abs 6 SGB II isoliert von den sonstigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltend machen könnte(vgl hierzu ablehnend BSG vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7, RdNr 11; BSG vom 26.5.2011 - B 14 AS 146/10 R - BSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr 13, RdNr 14), scheitert die Finanzierung seiner Aufwendungen insoweit bereits daran, dass es sich bei ihnen nicht um solche für einen unabweisbaren Bedarf iS dieser Vorschrift handelt.

27

Nach § 21 Abs 6 SGB II wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Soweit es sich um einen Bildungsbedarf handelt, ist dieser - wie eingangs dargelegt - nach der Rechtsprechung des BVerfG zwar zwingend zu decken. Er ist Bestandteil des existenzsichernden Bedarfs. Das BVerfG hat den Bundesgesetzgeber insoweit auch in der Verantwortung gesehen. Regelleistung und Leistungen nach § 28 Abs 2 bis Abs 6 SGB II tragen hier gemeinsam zur Sicherung des Existenzminimums von Kindern und Jugendlichen bei(BSG vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 18 RdNr 44 ff). Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass dann, wenn es daneben unabweisbare, besondere Bildungsbedarfe gebe, die nicht auf Grundlage von § 28 SGB II finanziert werden könnten, ggf § 21 Abs 6 SGB II als Anspruchsgrundlage in Betracht zu ziehen sei(vgl Spellbrink/G. Becker in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 23; Thommes in Gagel SGB II/SGB III, § 28 SGB II, RdNr 61, Stand 04/2012) hat der Senat erhebliche Zweifel daran, dass dies auch für Aufwendungen für den Schulunterricht selbst gelten kann. Die Deckung von Bedarfen für den Schulunterricht, die der Durchführung des Unterrichts selber dienen, liegt in der Verantwortung der Schule und darf von den Schulen oder Schulträgern nicht auf das Grundsicherungssystem abgewälzt werden. Dies gilt auch für die Leihgebühren für ein Musikinstrument, das zum Besuch des musischen Zweigs einer Schule genutzt werden muss (anders wohl LSG Nordrhein-Westfalen vom 7.3.2013 - L 2 AS 1679/12 B - RdNr 8). Unabhängig davon kommt hier eine Leistungsgewährung nach § 21 Abs 6 SGB II jedoch bereits deswegen nicht in Betracht, weil es an der Unabweisbarkeit des vorliegenden Bedarfs mangelt.

28

Der Mehrbedarf ist nach § 21 Abs 6 S 2 SGB II unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparungsmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweicht. Bereits im Hinblick auf das Bestehen des geltend gemachten Bedarfs hat der Senat Zweifel. Nach den bindenden Feststellungen des LSG mussten für die Nutzung des Cellos in der Klassenstufe 7 - also im hier streitigen Zeitraum - keine Leihgebühren gezahlt werden. Die Nutzung des Instruments war nach den Angaben des vom LSG befragten Zeugen H. bei der Teilnahme am Unterricht im Rahmen des Musikprofils kostenfrei, soweit sie nicht zusätzlich mit einem außerschulischen Einsatz verbunden war. Letzteres hat die Mutter des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG nach dessen Feststellungen verneint; der Kläger habe das Cello nicht außerhalb des Schulunterrichts verwendet. Für die Nutzung des Cellos im Schulunterricht war die Schule demnach ab der 7. Klassenstufe im konkreten Fall nicht berechtigt, Leihgebühren zu erheben. Zumindest ist der gleichwohl durch die Abbuchung der Leihgebühren entstandene Bedarf des Klägers insoweit nicht unabweislich.

29

Unerheblich ist hierbei, dass die Mutter des Klägers offensichtlich unzutreffend informiert war oder die Rechtslage nicht zur Kenntnis genommen hatte und sich aus dem laufenden Vertrag zur Zahlung verpflichtet sah. Der Begriff der "Unabweisbarkeit des Bedarfs" beinhaltet nach der Rechtsprechung des BSG, dass der Bedarf auch nicht durch alternative Handlungen abgewendet oder vermindert werden kann, wie etwa im Falle der notwendigen Reparatur eines Kfz durch Nutzung anderer Mittel zur Gewährleistung der Mobilität (BSG vom 1.6.2010 - B 4 AS 63/09 R; s in der Instanzrechtsprechung zur Verhütung durch andere Methoden als die der Sterilisation LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2010 - L 13 AS 4732/10 B; zur Zurücklegung des Weges zur Firmung anders als durch ein gemietetes Fahrzeug Bayerisches LSG vom 13.10.2010 - L 11 AS 729/10 B ER). Nach Auffassung des 14. Senats des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, muss zudem auch beim unabweisbaren Bedarf hinsichtlich des Standards auf die herrschenden Lebensgewohnheiten unter Berücksichtigung einfacher Verhältnisse abgestellt werden (BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5; vgl auch S. Knickrehm, Neue "Härtefallregelung" im SGB II und Gewährleistung des Existenzminimums, Soziales Recht 2012, 45, 59).Hieraus folgt im konkreten Fall, dass sich der Kläger bzw seine Mutter hätte kundig machen müssen, ob die Verpflichtung zur Entrichtung der Leihgebühr auch noch in der 7. Klassenstufe im Musikprofil besteht, bevor die Abbuchung akzeptiert wurde. Nach dem Text des Vertrages bestand eindeutig nur bis zum Ende des 6. Schuljahres eine Verpflichtung zur Entrichtung der Leihgebühren, eine zeitlich darüber hinaus gehende jedoch nur optional. Aus diesem Grund war die Bedarfsdeckung durch Entrichtung der Leihgebühren jedenfalls nicht alternativlos und damit unabweisbar. Zudem muss auch ein Leistungsberechtigter nach dem SGB II, wie dies den herrschenden Lebensgewohnheiten in einfachen Verhältnissen entspricht, prüfen, ob die Aufwendung abgewendet werden kann.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.