Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 16. Mai 2018 - L 12 KA 17/16

bei uns veröffentlicht am16.05.2018
vorgehend
Sozialgericht München, S 21 KA 210/13, 17.12.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.12.2015, S 21 KA 210/13, wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Gegenstand dieses Rechtsstreits ist eine sachlich-rechnerische Richtigstellung abgerechneter humangenetischer Leistungen für drei Patientinnen im Quartal 1/11.

Die Klägerin ist als Fachärztin für Humangenetik in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Behandlungsausweise rechnete die Klägerin im Quartal 1/11 für die Patientinnen u.a. wie folgt ab:

Patientin A.

Scheinart Z - Überweisungs-/Abrechnungsschein für Laboratorium Auftrag/Diagnose/Verdacht auf: Chromosomenanalyse, Grav.

7.3. 11410 (spinale Muskelatrophie, 253300, Mutter und Fet.)(600354, SMN1-Gen)(02) 11410 (600354, SMN1-Gen) (02)(spinale Muskelatrophie, 253300, Mutter und Fet.)

Patientin B.

Scheinart M - Mit-/Weiterbehandlung

Auftrag/Diagnose/Verdacht auf: genetische Abklärung

14.2. 11370 (300377, DMD-Gen)(310200, MUSCULAR DYSTROPHY, DUCHENNE TYPE DMD)

15.2. 11370 (310200, MUSCULAR DYSTROPHY, DUCHENNE TYPE DMD/Fet.)(300377, DMD-Gen/Fet.)

Patientin C.

Scheinart Z - Überweisungs-/Abrechnungsschein für Laboratorium Auftrag/Diagnose/Verdacht auf: V.a. DM

9.3. 11390 (605377, DMPK-Gen) (160901, DYSTROPHIA MYOTONICA 1) 11391 (605377, DMPK-Gen) (160901, DYSTROPHIA MYOTONICA 1)

28.3. 11390 (605377, DMPK-Gen) (160901, DYSTROPHIA MYOTONICA 1) 11391 (605377, DMPK-Gen) (160901, DYSTROPHIA MYOTONICA 1)

Mit der Richtigstellung zum Honorarbescheid für das Quartal 1/11 vom 17.8.2011 setzte die Beklagte bei den vorgenannten Patientinnen u.a. die jeweils zweite abgerechnete GOP 11410, 11370, 11390 und 11391 ab, jeweils versehen mit der Begründung, diese Leistungen seien nur einmal im Krankheitsfall berechnungsfähig.

In ihrem Widerspruch führte die Klägerin aus, neben einer Feststellung der Anlageträgerschaft der Mutter sei auch eine Untersuchung des Fetus durchgeführt worden, was den jeweils zweimaligen Ansatz der streitigen GOP rechtfertige.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6.2.2013 zurück. Der EBM sehe die Abrechnung der abgesetzten Ziffern nur einmal im Krankheitsfall vor.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage zum SG München. Alle drei Patientinnen seien Anlageträgerinnen für erbliche Krankheiten entsprechend den abgerechneten GOP. Die Patientinnen hätten sich nach Feststellung ihrer Anlageträgerschaft für eine genetische Diagnostik bei ihrem ungeborenen Kind zum Ausschluss der Anlageträgerschaft entschieden, um einem langen Leidensweg des Kindes und seiner Eltern vorzubeugen. Grundsätzlich werde aufgrund der Stammbaumsituation, des Erbgangs und dem möglichen Krankheitsbild zunächst die werdende Mutter untersucht. Eine Indikation für eine invasive pränatale Diagnostik sei nur zu stellen, wenn die Mutter gesichert Anlageträgerin sei.

Die Klägerin habe bei den Patientinnen A. und B. jeweils bei der Abrechnung angegeben, dass es sich um Untersuchungen der Mutter und des Fetus gehandelt habe. Zu berücksichtigen sei, dass Nr.1 der Präambel zu Abschnitt 11.4 EBM nicht zu entnehmen sei, wie die geforderten Angaben zu machen seien. Auch die zertifizierte Abrechnungssoftware enthalte - bis auf das Feld für freie Begründungen - hierzu kein bestimmtes Feld. Im Fall der Patientin C. habe es sich auch um Untersuchungen sowohl der Mutter als auch des Fetus, also einen prädiktiven Test, gehandelt. Allerdings sei versehentlich der Hinweis auf die Untersuchung von Mutter und Fetus in der Abrechnung unterblieben. Die Abrechnungsbestimmungen der Beklagten würden in § 3 Abs. 3 jedoch die Beseitigung formaler Fehler innerhalb bestimmter Fristen zulassen. Mangels eines Hinweises auf den formalen Fehler der Abrechnung sei die Beklagte unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben mit dem Einwand formaler Fehler präkludiert.

Die Beklagte vertrat neben dem Hinweis auf die Abrechnung nur einmal im Krankheitsfall die Auffassung, die Klägerin habe entgegen Nr.1 der Präambel zu Abschnitt 11.4 EBM nicht angegeben, ob die Leistungen als diagnostischer oder prädiktiver Test, als Untersuchung auf Anlageträgerschaft oder als vorgeburtlicher Test erbracht wurden. Die Angabe müsse nach den Anwendungsbestimmungen der Beklagten für die elektronische Abrechnung idF vom 01.04.2010 unmittelbar nach der betreffenden GOP im Begründungsfeld (Feldkennung 5002 oder 5009) erfolgen. Die in Nr.1 der Präambel zu Abschnitt 11.4 EBM genannten Gründe müssten wortwörtlich in der Abrechnung angegeben werden. Auch aus diesem Grund habe die Vergütung der abgerechneten Leistungen verweigert werden dürfen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17.12.2015 abgewiesen. Der maßgebliche Wortlaut der streitigen GOP trage in keinem Fall den geltend gemachten Vergütungsanspruch der Klägerin. In formaler Hinsicht setze Nr. 1 der Präambel zu Abschnitt 11.4 EBM für die Berechnung der streitigen GOP die Angabe voraus, „ob die Leistung als diagnostischer oder prädiktiver Test, als Untersuchung auf Anlageträgerschaft oder als vorgeburtlicher Test“ erbracht wurde. Zusätzlich erfordere Nr.2 der Präambel zu Abschnitt 11.4 EBM bei prädiktiven und vorgeburtlichen Tests für die Berechnung der GOP Angaben zum Indexpatienten. Diesen Vorgaben entsprächen die Abrechnungen der Klägerin nicht. Zwar sei es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht erforderlich, die Angaben entsprechend Nr. 1 der Präambel zu Abschnitt 11.4 EBM wortwörtlich in die Abrechnung zu übernehmen. Es sei vielmehr ausreichend, wenn sich aus den gemachten Angaben zweifelsfrei ergäbe, zu welchem Zweck die Untersuchung durchgeführt worden sei. So lasse hier die Angabe „Fetus“ hinreichend deutlich erkennen, dass ein vorgeburtlicher Test durchgeführt worden sei. Die von der Beklagten zertifizierte Abrechnungssoftware habe - anders als die Klägerin meine - für die Angabe der in Nr. 1 und Nr. 2 der Präambel zu Abschnitt 11.4 EBM geforderten Angaben Begründungsfelder vorgesehen. Diese seien von der Klägerin auch genutzt worden, wie sich den Zusätzen „Mutter und Fet.“ bei der Abrechnung der GOP 11410 für die Patientin A. oder dem Zusatz „Fet.“ bei der Abrechnung der GOP 11370 für die Patientin B. entnehmen lasse. Sofern hinsichtlich der Begründung Zweifel bestanden hätten, habe die Klägerin bei der Beklagten nachfragen können und müssen, wie und an welcher Stelle der Abrechnung die vom EBM geforderten Angaben hinterlegt werden müssten.

Bei der Patientin C. habe die Klägerin überhaupt keine Angabe zum Zweck der Untersuchung (diagnostisch oder prädiktiv, auf Anlageträgerschaft oder vorgeburtlich) gemacht. Bei der Patientin A. fände sich bei beiden abgerechneten GOP 11410 die Angabe „Mutter und Fet.“, so dass unklar bleibe, welche Ziffer welche Untersuchung betreffe und ob bei der Mutter eine Untersuchung auf Anlageträgerschaft oder eine Untersuchung zu einem anderen Zweck stattgefunden habe. Bei der Patientin B. habe die Klägerin zwar bei der abgesetzten GOP 11370 den Zusatz „Fet.“ gemacht, aus dem sich ableiten lasse, dass es sich um eine vorgeburtliche Untersuchung handelte. Es fehlten aber die nach Nr. 2 der Präambel zu Abschnitt 11.4 EBM geforderten Angaben zum Indexpatienten. Daher entsprächen alle drei Abrechnungen bereits in formaler Hinsicht nicht den Anforderungen des EBM.

Die Berücksichtigung dieser formalen Anforderungen sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte diesen Mangel der Abrechnung nicht spätestens im Widerspruchsverfahren gerügt habe. Zum einen sei die Beklagte nicht zur Überprüfung der Vollständigkeit der Abrechnung der Klägerin verpflichtet. Zum anderen hätte die Klägerin bei einem Hinweis auf die fehlenden Angaben in der Abrechnung der streitigen GOP im Laufe des Widerspruchsverfahrens oder bei Erteilung des Widerspruchsbescheides keine Korrektur der eingereichten Abrechnung bewirken können, denn nach § 3 der Abrechnungsbestimmungen der Beklagten in der ab 01.07.2010 geltenden Fassung sei eine nachträgliche Korrektur bereits eingereichter Abrechnungen ausgeschlossen.

Zudem habe die Beklagte die abgerechneten GOP 11410, 11370, 11390 und 11391 EBM auch deshalb zu Recht abgesetzt, weil diese GOP nach ihrer Leistungsbeschreibung jeweils nur einmal im Krankheitsfall abrechenbar seien.

Der Krankheitsfall umfasse nach den Allgemeinen Bestimmungen des EBM, Ziffer 3.2, gemäß § 21 Abs. 1 BMV-Ä und § 25 Abs. 1 EKV-Ä das aktuelle sowie die drei nachfolgenden Kalendervierteljahre, die der Berechnung der krankheitsfallbezogenen GOP folgen. In allen drei Fällen habe die Klägerin die streitigen GOP jeweils zweimal im Quartal 1/11 und damit innerhalb eines Krankheitsfalles zur Abrechnung gebracht.

Der Ausschluss der Mehrfachabrechnung im Krankheitsfall sei nicht deshalb unbeachtlich, weil durch die Klägerin nach ihrem Vortrag jeweils Untersuchungen an Proben der Mutter und an Proben des Fetus vorgenommen worden seien. Die Abrechnungsbeschränkungen der GOP 11410, 11370, 11390 und 11391 differenzierten nicht danach, ob eine Untersuchung auf Anlageträgerschaft bei der Mutter oder eine vorgeburtliche Untersuchung vorgenommen worden sei. Auch die Definition des Krankheitsfalles ergebe keine Unterscheidung zwischen der Schwangeren und ihrem ungeborenen Kind. Soweit Untersuchungen des ungeborenen Kindes indiziert seien, sei hierfür die Krankenversicherung der Mutter Leistungsträger. Dies setze sich fort hinsichtlich der Neugeborenen-Erstuntersuchung U1 und der Neugeborenen-Untersuchung U2 nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres („Kinder-Richtlinien“). Diese würden gemäß D.2. der Kinder-Richtlinien über einen mit der Krankenversichertenkarte eines Elternteils ausgestellten Abrechnungsschein abgerechnet. Auch die Definition des Behandlungsfalls in den Allgemeinen Bestimmungen des EBM, Ziffer 3.1. mit Rückgriff auf § 21 Abs. 1 BMV-Ä und § 25 Abs. 1 EKV-Ä enthalte keine Anhaltspunkte für die Annahme getrennter Behandlungs- oder Krankheitsfälle bei der Untersuchung von Proben der Mutter und Proben des ungeborenen Kindes. Vielmehr werde bei dieser Definition auf den Versicherten abgestellt. Versichert sei aber jeweils nur die Mutter, nicht aber das ungeborene oder neugeborene Kind. Mangels einer Unklarheit im Wortlaut sei daher kein Raum für eine Auslegung des Inhalts der GOP 11410, 11370, 11390 und 11391 EBM.

Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Bewertungsausschuss als Normgeber seinen Regelungsspielraum überschritten oder seine Regelungskompetenz missbräuchlich ausgeübt haben könnte. Der Verweis der Klägerin darauf, dass dem Fetus bereits Rechte nach dem Grundgesetz zustehen würden, begründe eine Überschreitung des Regelungsspielraums des Bewertungsausschusses ebenfalls nicht. Zutreffend sei zwar, dass dem Fetus vereinzelt im Hinblick auf bestimmte Rechte bereits Rechtsfähigkeit zuerkannt werde. So stehe der Fetus nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits unter dem Schutz des Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG. Daraus abgeleitet könne sich bei einer drohenden Gesundheitsgefährdung des Fetus aufgrund seines Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit ein Behandlungsanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung ergeben, die vorgeburtliche Untersuchung des Fetus auf die in den streitigen GOP genannten erblichen Krankheiten sei aber keine medizinische Behandlung, mit der eine unmittelbare Gefahr für Leben und körperliche Unversehrtheit des Fetus abgewendet werden solle. Vielmehr finde die vorgeburtliche Untersuchung im Interesse der Mutter statt, ggf. die Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch nach § 218a Abs. 2 StGB zu begründen. Für das ungeborene Kind selbst ergäben sich aus der Feststellung der Anlageträgerschaft jedenfalls bis zur Geburt keine therapeutischen Konsequenzen. Die positive Feststellung der Anlageträgerschaft beim ungeborenen Kind sei gerade eine der Voraussetzungen, unter denen die Reichweite der Schutzpflicht des Staates für das ungeborene Leben aufgrund der Grundrechte der Mutter auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 GG und auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG aufgrund einer Güterabwägung eingeschränkt sein könne (vgl. BVerfGE, 88, 203-366, Leitsatz 5). Bestehe bei Austragung des Fetus, bei dem die Anlageträgerschaft für eine schwerwiegende erbliche Erkrankung festgestellt ist, die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Mutter und lasse sich diese Gefahr nicht auf andere Weise abwenden, sei der mit Einwilligung der Schwangeren vorgenommene Schwangerschaftsabbruch nicht rechtswidrig (§ 218a Abs. 2 StGB). Davon ausgehend finde die vorgeburtliche Diagnostik vornehmlich im Interesse der krankenversicherten Mutter statt. Die Verweisung der streitigen GOP auf den Krankheitsfall und die Bestimmung des Krankheitsfalles anhand der Behandlung der krankenversicherten Person seien nicht zu beanstanden.

Das Gericht habe auch keinerlei Anhaltspunkte gesehen, dass die Abrechnungsausschlüsse dazu führen würden, dass erbrachte Leistungen nicht angemessen vergütet würden. Insbesondere sei die Funktionsfähigkeit der Versorgung mangels ausreichenden Anreizes, vertragsärztlich tätig zu werden, nicht gefährdet. Weder sei ersichtlich, dass der Fall der Untersuchung von Mutter und Fetus im Rahmen der indikationsbezogenen Stufendiagnostik regelmäßig innerhalb des Krankheitsfalles auftreten und damit der Abrechnungsausschluss greifen würde, noch dass diese Fälle einen so großen Anteil an den gesamten vertragsärztlichen Leistungen der Fachärzte für Humangenetik haben, dass damit eine Gefährdung der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung durch die damit verbundenen Honorarmindereinnahmen verbunden wäre.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Sie habe die nach EBM erforderlichen formalen Angaben nach Nr. 2 zu Präambel 11.4 EBM - abgesehen von der Patientin C. - gemacht. Denn gemäß Nr. 2 zu Präambel 11.4 EBM seien nur bei prädiktiven und vorgeburtlichen Tests Angaben zum Indexpatienten zu machen, die die Mutation, die Erkrankung und den genetischen Verwandtschaftsgrad enthalten sollen. Indexpatient sei dabei eine erkrankte und genetisch mit dem Versicherten verwandte Person, bei dem die Krankheit auslösende Mutation noch nicht gesichert sein müsse. Die Angaben nach Nr. 2 zur Präambel 11.4 EBM seien aber nur für die jeweils untersuchten Feten notwendig und enthalten. Denn sowohl bei Frau A. als auch bei Frau B. sei bereits der Verdacht auf eine „sonstige spinale Muskelatrophie und verwandte Syndrome“ bzw. eine „Muskeldystrophie Typ Duchenne“ vermerkt. Es habe sich mithin nicht um einen prädiktiven Test gehandelt, so dass Nr. 2 zur Präambel 11.4 EBM von vornherein nicht einschlägig sei. Die Tests seien als diagnostische Tests durchgeführt worden. Zugleich erfüllten diese Angaben das erste Kriterium der Nr. 2 zu Präambel 11.4 EBM: die Erkrankung. Der genetische Verwandtschaftsgrad sei ebenfalls angegeben. Es handelt sich um die Mutter. Vermerkt sei schließlich auch die Mutation; so finde sich bei Frau A. die Bemerkung „SMN1-Gen“ und bei Frau B. die Bemerkung „DMD-Gen“. Weitere Angaben seien nicht erforderlich.

Die Begründung der Leistungsausschlüsse, die Abrechnungsbeschränkungen differenzierten nicht danach, ob die Untersuchung bei der Mutter oder dem Fetus durchgeführt werde, überzeuge nicht. Es ergebe sich gerade nicht aus den Kinderrichtlinien, dass jeweils die Mutter, nicht aber das ungeborene oder das neugeborene Kind versichert sei. Nach § 10 Abs. 1 SGB V seien versichert der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern. Die Bestimmung enthalte keine Grenze dahingehend, dass der Versicherungsschutz erst nach einigen Tagen oder Wochen beginnen solle. Dass die Untersuchungen U1 und U2 über die Krankenversicherungskarte der Mutter abgerechnet werden können, habe pragmatische Gründe, sage aber nichts über die Versichertenstatus des geborenen bzw. ungeborenen Kindes aus.

Fehl gehe das SG auch, wenn es die These, es handle sich um zwei Krankheitsfälle, mit dem Argument verneine, in Ziff. 3.1 der allgemeinen Bestimmungen zum EBM und in § 21 Abs. 1 BMV-Ä seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass bei der getrennten Untersuchung von Mutter und ungeborenem Kind von zwei Behandlungsfällen auszugehen sei. Nicht die Partner der Gesamtverträge definierten, wann das Leben im Sinne des Grundgesetzes oder des SGB V beginne bzw. dem Individuum subjektiv-öffentliche Rechte im Sinne des Sozialleistungsrechts zustünden. Maßgeblich seien die Wertungen des Gesetzgebers. Entsprechend definiere § 21 BMV-Ä im Behandlungsfall vom Versichertenbegriff des SGB V her. In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sei seit langem geklärt, dass sich auch der Nasciturus auf subjektiv-öffentliche Rechte berufen könne. In diesem Sinne sei demnach auch der Begriff des Behandlungsfalls zu definieren, wobei es sich bei Mutter und Kind um zwei Individuen handle, deren Rechte miteinander in Konflikt treten können. Die Untersuchung beantworte auch entgegen der Auffassung des SG nicht lediglich die Frage, ob eine Indikation zum Schwangerschaftsabbruch vorliege, weswegen sie ausschließlich im Interesse der Mutter sei. Außer Acht gelassen werde, dass bei negativen Befunden von einer Abtreibung abgesehen würde und somit die Untersuchung keinesfalls der Sicherung der Indikation zum Schwangerschaftsabbruch gemäß § 218 a Abs. 2 StGB diene, sondern zugleich den Interessen und dem Schutz des Kindes.

Im Übrigen würden die Leistungen bei Annahme eines Abrechnungsausschlusses nicht nur nicht angemessen vergütet, sondern vielmehr überhaupt nicht vergütet. Der Abrechnungsausschluss führe dazu, dass eine vollkommen neue Untersuchung, die an einem anderen Material, ja sogar an einer anderen Person durchgeführt werde, nicht unangemessen, sondern überhaupt nicht vergütet werde. Dies sei im EBM einmalig. So werde auch die Amniozentese mit nachfolgender Untersuchung des AFP-Spiegels, der den Nachweis von Neuralrohrdefekten und damit ebenfalls der Indikation eines Schwangerschaftsabbruchs diene, gemäß GOP 01783 erstattet. Entsprechend könne auch die GOP 01793, welche die pränatale zytogenetische Untersuchung im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge kodiere, je Fetus einmal im Krankheitsfall berechnet werden. Die zytogenetische Untersuchung der Mutter sei daneben abrechenbar entweder nach der GOP 01838 oder über die GOP 11310 bzw. 11311. Um nichts anderes gehe es beim Nachweis oder Ausschluss einer krankheitsrelevanten Mutation beim Fetus nach Kapitel 11 EBM. Die Gestaltung des vorliegenden Falles unterscheide sich vom obigen Beispiel nur dadurch, dass nicht eine Chromosomenanalyse durchgeführt, sondern das Genom selbst auf spezifische Mutationen untersucht werde. Die Untersuchung sei also quasi detaillierter.

Es bestehe kein vernünftiger oder sachlicher Grund dafür, dass eine Chromosomenanalyse in letztlich genau derselben Fallgestaltung zweimal abrechenbar sein solle, der Nachweis einer krankheitsrelevanten Mutation jedoch nicht. Vielmehr scheine schlicht der Bewertungsausschuss die Problematik im Fall einer humangenetischen Untersuchung nicht gesehen zu haben.

Die fraglichen GOP des Kapitels 11.4 EBM erfassten auch nicht etwa Leistungskomplexe, vergleichbar mit Pauschalen für präoperative oder postoperative Betreuung und die Operation selbst. Die streitgegenständlichen GOP würden vielmehr eine konkrete Untersuchung abgelten. Vorliegend seien aber zwei Untersuchungen an zwei verschiedenen Personen und sogar an unterschiedlichem Material dieser Personen durchgeführt worden, die beide medizinisch notwendig gewesen seien. Ging es um die Gefahr, dass der Vater die Anlageträgerschaft hätte vererben können, wäre es überhaupt nicht zur Absetzung der GOP gekommen. Der Umstand, dass Untersuchungen am Fetus unabhängig davon, welche Leistungen gegenüber der Mutter bereits erbracht wurden, in jedem anderen Bereich erstattet würden, bei humangenetischen Untersuchungen mit entsprechend höherem Aufwand aber eine Ausnahme gemacht werden solle, sei willkürlich und beruhe nicht auf sachlichen Gründen. Es handle sich auch nicht um eine doppelte Untersuchung bei einer Person, sondern um die Untersuchung von Mutter und Fetus, bei denen unterschiedliche Ergebnisse nicht unwahrscheinlich seien. Der Abrechnungsausschluss des EBM sei daher teleologisch zu reduzieren in dem Sinne, dass er nur dann gelte, wenn es sich um eine humangenetische Untersuchung desselben Patienten handle. Bei einer Mutter und ihrem ungeborenen Kind handle es sich aber um zwei Personen. Der Abrechnungsausschluss sei daher rechtswidrig.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.12.2015, S 21 KA 210/13, aufzuheben und die Richtigstellung zum Honorarbescheid vom 17.8.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.2.2013 insoweit aufzuheben, als die GOP 11410 für die Patientin A., die GOP 11370 für die Patientin B. und die GOP 11390 und die GOP 11391 für Patientin C. abgesetzt worden sind und die Beklagte zu verurteilen, die GOP der Klägerin nachzuvergüten und hilfsweise die Revision zum Bundesssozialgericht zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend. Hinsichtlich der formalen Kriterien wird ausgeführt, bezüglich der Patientinnen A. und B. handle es sich um prädiktive Untersuchungen. Die Angaben in der Rubrik „Diagnosen“ im Abrechnungsfeld der betreffenden Datensatzausdrucke seien der „Fragestellung“ des Überweisers geschuldet. Sie gäben das Resultat der prädiktiven Untersuchung wieder und machten diese nicht etwa zu einer diagnostischen Untersuchung, wie die Klägerseite meine. Ziel der genetischen Untersuchung der Patientin A. sei die Abklärung einer Anlageträgerschaft für Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen bei Nachkommen gewesen, wie sich aus der von der Klägerin persönlich erstellten Widerspruchsbegründung vom 29.08.2011 ergebe. Gleiches gelte für die Patientin B.. Laut der Legaldefinition gemäß § 3 Nr. 8b) Gendiagnostikgesetz sei die prädiktive genetische Untersuchung eine genetische Untersuchung mit dem Ziel der Abklärung einer Anlageträgerschaft für Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen bei Nachkommen. Eben diese Zielsetzung habe den genetischen Untersuchungen der schwangeren Patientinnen A. und B. zu Grunde gelegen, so dass diese als prädiktiv zu qualifizieren seien. Dies habe zur Folge, dass die Angaben nach Nr. 2 der Präambel 11.4 EBM-Ä (Angaben zum Indexpatient) auch bezüglich der schwangeren Patientinnen erforderlich gewesen seien, nicht nur hinsichtlich der Feten.

Zudem seien die abgesetzten Leistungen den Leistungslegenden zufolge nur einmal im Krankheitsfall berechnungsfähig. Der Begriff des Krankheitsfalles werde definiert in § 21 Abs. 1 letzter Satz BMV-Ä bzw. § 25 Abs. 1 letzter Satz EKV. Danach umfasst ein Krankheitsfall das aktuelle sowie die nachfolgenden drei Kalendervierteljahre, die der Berechnung der krankheitsfallbezogenen Leistungsposition folgen. In diesen Vorschriften werde durchwegs auf die Behandlung eines „Versicherten“ abgestellt, so unter anderem bei der Definition des Terminus „Krankheitsfall“. Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung seien jedoch nur die schwangeren Patientinnen und nicht etwa auch ihre Feten. Der Versicherungsschutz der Stammversicherten erstrecke sich zwar nach § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB V auf die Kinder, nicht jedoch auf die Feten. Denn die Eigenschaft als Kind sei erst mit der Vollendung der Geburt gegeben.

Eine teleologische Reduktion hinsichtlich des Abrechnungsausschlusses komme bereits deshalb nicht in Betracht, da diese der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zufolge unzulässig sei. Für die Interpretation vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen sei in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Leistungsbeschreibungen dürften weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden.

Die Richtigstellungen seien auch deshalb gerechtfertigt, weil von der Klägerin hinsichtlich der humangenetischen Untersuchung des Fetus die Bindung an den Überweisungsschein außer Acht gelassen wurde. Die Aufträge bzw. Verdachtsdiagnosen in dem die Überweisung betreffenden Teil der vorliegend einschlägigen Datensatzausdrucke bezögen sich nach ihrem objektiven Erklärungswert allein auf die dort bezeichneten Patienten, nicht jedoch zusätzlich auf den Fetus.

Hierauf erwiderte der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 30.09.2016. Die von der Klägerin vorgenommenen teleologische Reduktion beziehe sich zum einen nicht auf die Leistungsbeschreibung, sondern lediglich auf eine ergänzende Bestimmung, einen Abrechnungsausschluss. Ferner sei festzustellen, dass die von der Klägerin vorgenommene teleologische Reduktion gerade keine analoge Anwendung sei, da sie nicht den Wortsinn überschreite, sondern nur die Anwendbarkeit der Norm einschränke. Wenn die Beklagte die Rechtsfähigkeit des Nasciturus vollkommen abstreite, greife sie damit zu kurz. Der Fall des ungeborenen Kindes sei differenziert zu betrachten. Soweit die Beklagte ausführe, es habe sich bei der Patientin A. um eine prädiktive Untersuchung gehandelt, verkenne sie, dass auch die Abklärung einer Anlageträgerschaft keineswegs zwingend als prädiktive Untersuchung erfolgen müsse. Vielmehr sei die Abklärung der Anlageträgerschaft auch als diagnostischer Test möglich. Entsprechend sei auf dem Überweisungs-/Abrechnungsschein auch das Kreuz bei „kurativ“ gesetzt, was gegen eine prädiktive Untersuchung spreche. Hinsichtlich der Patientin B. seien ausreichende Angaben zum Indexpatient gemacht worden. Durch den Vermerk „Fet“ bei der zweiten untersuchten Person könne es sich nur um die Mutter handeln. Die Mutation werde schließlich, und auch das sei vermerkt, im DMD-Gen gesucht.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des Sozialgerichts. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht München hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 17.8.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.2.2013 zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, zurückgewiesen.

Die in der Berufungsinstanz vorgetragenen Argumente führen zu keiner anderen Beurteilung.

Die Klägerin durfte die streitgegenständlichen Ziffern bereits mangels Einhaltung der formalen Kriterien absetzen.

Nach der Präambel zu Kapitel 11.4 EBM setzt die Berechnung dieser GOP unter anderem Folgendes voraus:

- Nr.1: Angabe, ob die Leistung als diagnostischer oder prädiktiver Test, als Untersuchung auf Anlageträgerschaft oder als vorgeburtlicher Test erbracht wurde;

- Nr.2: sofern die Leistung als prädiktiver oder vorgeburtlicher Test erbracht wurde, Angaben zum Indexpatienten oder Begründung, warum keine Angaben erfolgen können.

Eine ausdrückliche Angabe, ob die Leistungen als diagnostischer oder prädiktiver Test, als Untersuchung auf Anlageträgerschaft oder als vorgeburtlicher Test erbracht wurden, fehlte bei allen drei Patientinnen. Dies bestreitet die Klägerin auch nicht. Ihrer Meinung nach sei jedoch eine ausdrückliche Angabe nicht erforderlich, maßgebend sei vielmehr der sachkundige Empfängerhorizont. Dem kann aber nur hinsichtlich einer Untersuchung mit der Angabe „Fet.“ gefolgt werden, denn eine Untersuchung am Fetus ist naturgemäß immer vorgeburtlich. Anders ist die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Angabe der Art des Tests für Untersuchungen bei der Mutter zu sehen. Hier ist allein aus dem Zusammenhang gerade nicht ersichtlich, ob der jeweilige Test als prädiktiver - wie mit Schriftsatz vom 13.10.2014 in erster Instanz von den Klägerbevollmächtigten vorgetragen - oder als diagnostischer Test - wie in der Berufungsinstanz mit Schriftsatz vom 03.06.2016 ausgeführt - durchgeführt wurde. Angaben zum Indexpatienten fehlen bei allen drei Patientinnen auch unter Einbeziehung der Untersuchung des Fetus. Die fehlende Angabe des Indexpatienten ist aber nur dann unschädlich, wenn ein Fall der Nr. 1 der Präambel zu Kap. 11.4 EBM vorliegt, es sich also um einen diagnostischen Test oder um eine Untersuchung auf Anlageträgerschaft gehandelt hat. Dies lässt sich den Behandlungsausweisen aber nicht entnehmen. Vielmehr wurden hierzu selbst von Klägerseite her unterschiedliche Angaben gemacht. Hinzu kommt, dass auch eine Ergänzung der fehlenden Angaben im laufenden Widerspruchsverfahren - wie das SG mit zutreffender Begründung zutreffend ausgeführt hat - nicht zu einer Korrektur der Abrechnung geführt hätte.

Die Beklagte durfte die streitigen Ziffern daher mangels ausreichender Angaben nach Nr. 1 und Nr. 2 der Präambel zu Kapitel 11.4 EBM bereits aus formalen Gründen absetzen.

Zudem ist die Leistung nach den streitigen GOP nur einmal im Krankheitsfall abrechenbar. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist für die Auslegung der vertragsärztlichen Gebührenordnung in erster Linie der Wortlaut der Leistungslegende maßgeblich (vgl. zuletzt Urteil vom 26.06.2002 - B 6 KA 5/02 R - SozR 3-5533 Nr. 505 Nr. 1, mwN). Das vertragliche Regelwerk dient nämlich dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen zwischen Ärzten und Krankenkassen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 5 S. 22 ff sowie SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 S. 4), und es ist vorrangig Aufgabe des Bewertungsausschusses selbst, darin auftretende Ungleichheiten zu beseitigen. Ergänzend ist es statthaft, zur Klarstellung des Wortlauts der Leistungslegende eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen vorzunehmen (vgl. BSG SozR 3-5533 Nr. 115 Nr. 1 S. 3; vgl. auch SozR aaO Nr.2145 Nr. 1 S. 3). Im eingeschränkten Maße kommt auch eine entstehungsgeschichtliche Auslegung unklarer oder mehrdeutiger Regelungen in Betracht (BSG SozR 3-5535 Nr. 119 Nr. 1 S. 6). Leistungsbeschreibungen dürfen indessen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewandt werden (vgl. BSG SozR 3-5535 Nr. 119 Nr. 1 S. 5; SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 S. 4; SozR 3-5533 Nr.2449 Nr. 2 S. 7).

Der Wortlaut des Abrechnungsausschlusses „einmal im Krankheitsfall“ ist eindeutig und einer teleologischen Reduktion - wie der Klägerbevollmächtigte meint - nicht zugänglich. Es handelt sich zwar um eine von der Rechtsprechung anerkannte Auslegungsmethode, die eine vom Wortlaut abweichende Auslegung zulässig machen kann. Voraussetzung ist jedoch, dass „die in den Gesetzesmaterialien oder der Gesetzessystematik zum Ausdruck kommende Regelungsabsicht eine analoge oder eingeschränkte Anwendung des Gesetzes auf gesetzlich nicht umfasste Sachverhalte gebietet und deswegen sowie wegen der Gleichheit der zu Grunde liegenden Interessenlage auch der nicht geregelte Fall hätte einbezogen werden müssen“ (BSG, Urteil vom 24.10.1984, Az. 6 RKa 36/83; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.11.2014, Az. L 20 AY 29/13). Wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 25.03.2014, Az. 5 C 13/13) ausführt, muss eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegen, die nach dem Plan des Gesetzgebers zu beurteilen ist, der dem Gesetz zu Grunde liegt. Nur wenn eine solche Lücke gegeben ist, ist sie durch Hinzufügung einer dem gesetzgeberischen Plan entsprechenden Einschränkung zu schließen. Für eine solche teleologische Reduktion gibt es jedoch hier keinen Raum. Denn für eine dem beschriebenen Wortlaut entgegenstehende Regelungsabsicht bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte. Insbesondere zeigen gerade die vom Klägerbevollmächtigten genannten Abrechnungsmöglichkeiten von am Fetus bzw. dem Fruchtwasser vorgenommenen Untersuchungen neben Untersuchungen an der Schwangeren, dass der Normgeber diese Möglichkeiten der „Nebeneinanderabrechnung“ von Leistungen im Rahmen der Schwangerschaft bzw. Mutterschaftsvorsorge sehr wohl gesehen hat. Für das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke bestehen daher keine Anhaltspunkte.

Der Krankheitsfall ist auch nicht auf ein eigenständiges Abrechnungssubjekt „Fetus“ auszudehnen. Versicherte ist die Schwangere, familienversichert nach § 10 SGB V kann ein Kind frühestens mit der Geburt werden. Denn erst ab der Geburt ist es rechtsfähig im Sinne von § 1 BGB. Soweit der Prozessbevollmächtigte auf die - zweifelsohne in bestimmten Bereichen bestehenden - Rechte des Nasciturus abstellt, trifft dies aber nicht auf eigene Leistungsansprüche des Nasciturus gegenüber der GKV zu. Daraus folgt, dass auch der Vertragsarzt bei am Nasciturus vorgenommenen Leistungen nur dann einen Anspruch auf zusätzliche Vergütung hat, soweit dies ausdrücklich im EBM bestimmt ist. Für die hier abgerechneten Leistungen trifft dies aber gerade nicht zu, da sie nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschriften nur einmal im Krankheitsfall - unabhängig davon, ob Mutter oder Fetus untersucht wurden - abrechenbar sind. Der Krankheitsfall bezieht sich nur auf die Schwangere selbst. Einen weiteren - eigenständigen - Krankheitsfall für den Nasciturus sieht der EBM nicht vor.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG iVm. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 10 Familienversicherung


(1) Versichert sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen 1. ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben,2. nicht nach § 5 Abs.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1 Beginn der Rechtsfähigkeit


Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.

Strafgesetzbuch - StGB | § 218a Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs


(1) Der Tatbestand des § 218 ist nicht verwirklicht, wenn 1. die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 2 Satz 2 nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat b

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(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der Tatbestand des § 218 ist nicht verwirklicht, wenn

1.
die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 2 Satz 2 nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen,
2.
der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen wird und
3.
seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.

(2) Der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig, wenn der Abbruch der Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann.

(3) Die Voraussetzungen des Absatzes 2 gelten bei einem Schwangerschaftsabbruch, der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommen wird, auch als erfüllt, wenn nach ärztlicher Erkenntnis an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§ 176 bis 178 des Strafgesetzbuches begangen worden ist, dringende Gründe für die Annahme sprechen, daß die Schwangerschaft auf der Tat beruht, und seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.

(4) Die Schwangere ist nicht nach § 218 strafbar, wenn der Schwangerschaftsabbruch nach Beratung (§ 219) von einem Arzt vorgenommen worden ist und seit der Empfängnis nicht mehr als zweiundzwanzig Wochen verstrichen sind. Das Gericht kann von Strafe nach § 218 absehen, wenn die Schwangere sich zur Zeit des Eingriffs in besonderer Bedrängnis befunden hat.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der Tatbestand des § 218 ist nicht verwirklicht, wenn

1.
die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 2 Satz 2 nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen,
2.
der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen wird und
3.
seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.

(2) Der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig, wenn der Abbruch der Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann.

(3) Die Voraussetzungen des Absatzes 2 gelten bei einem Schwangerschaftsabbruch, der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommen wird, auch als erfüllt, wenn nach ärztlicher Erkenntnis an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§ 176 bis 178 des Strafgesetzbuches begangen worden ist, dringende Gründe für die Annahme sprechen, daß die Schwangerschaft auf der Tat beruht, und seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.

(4) Die Schwangere ist nicht nach § 218 strafbar, wenn der Schwangerschaftsabbruch nach Beratung (§ 219) von einem Arzt vorgenommen worden ist und seit der Empfängnis nicht mehr als zweiundzwanzig Wochen verstrichen sind. Das Gericht kann von Strafe nach § 218 absehen, wenn die Schwangere sich zur Zeit des Eingriffs in besonderer Bedrängnis befunden hat.

(1) Versichert sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen

1.
ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben,
2.
nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 2a, 3 bis 8, 11 bis 12 oder nicht freiwillig versichert sind,
3.
nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit sind; dabei bleibt die Versicherungsfreiheit nach § 7 außer Betracht,
4.
nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und
5.
kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches überschreitet; bei Abfindungen, Entschädigungen oder ähnlichen Leistungen (Entlassungsentschädigungen), die wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in Form nicht monatlich wiederkehrender Leistungen gezahlt werden, wird das zuletzt erzielte monatliche Arbeitsentgelt für die der Auszahlung der Entlassungsentschädigung folgenden Monate bis zu dem Monat berücksichtigt, in dem im Fall der Fortzahlung des Arbeitsentgelts die Höhe der gezahlten Entlassungsentschädigung erreicht worden wäre; bei Renten wird der Zahlbetrag ohne den auf Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil berücksichtigt; für Familienangehörige, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a des Vierten Buches in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, ist ein regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze zulässig.
Eine hauptberufliche selbständige Tätigkeit im Sinne des Satzes 1 Nr. 4 ist nicht deshalb anzunehmen, weil eine Versicherung nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte vom 29. Juli 1994 (BGBl. I S. 1890, 1891) besteht. Ehegatten und Lebenspartner sind für die Dauer der Schutzfristen nach § 3 des Mutterschutzgesetzes sowie der Elternzeit nicht versichert, wenn sie zuletzt vor diesen Zeiträumen nicht gesetzlich krankenversichert waren.

(2) Kinder sind versichert

1.
bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres,
2.
bis zur Vollendung des dreiundzwanzigsten Lebensjahres, wenn sie nicht erwerbstätig sind,
3.
bis zur Vollendung des fünfundzwanzigsten Lebensjahres, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes leisten; wird die Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht des Kindes unterbrochen oder verzögert, besteht die Versicherung auch für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das fünfundzwanzigste Lebensjahr hinaus; dies gilt auch bei einer Unterbrechung oder Verzögerung durch den freiwilligen Wehrdienst nach § 58b des Soldatengesetzes, einen Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz, dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder einen vergleichbaren anerkannten Freiwilligendienst oder durch eine Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes für die Dauer von höchstens zwölf Monaten; wird als Berufsausbildung ein Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule abgeschlossen, besteht die Versicherung bis zum Ablauf des Semesters fort, längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres; § 186 Absatz 7 Satz 2 und 3 gilt entsprechend,
4.
ohne Altersgrenze, wenn sie als Menschen mit Behinderungen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches) außerstande sind, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, daß die Behinderung zu einem Zeitpunkt vorlag, in dem das Kind innerhalb der Altersgrenzen nach den Nummern 1, 2 oder 3 familienversichert war oder die Familienversicherung nur wegen einer Vorrangversicherung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ausgeschlossen war.

(3) Kinder sind nicht versichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist; bei Renten wird der Zahlbetrag berücksichtigt.

(4) Als Kinder im Sinne der Absätze 1 bis 3 gelten auch Stiefkinder und Enkel, die das Mitglied überwiegend unterhält oder in seinen Haushalt aufgenommen hat, sowie Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches). Kinder, die mit dem Ziel der Annahme als Kind in die Obhut des Annehmenden aufgenommen sind und für die die zur Annahme erforderliche Einwilligung der Eltern erteilt ist, gelten als Kinder des Annehmenden und nicht mehr als Kinder der leiblichen Eltern. Stiefkinder im Sinne des Satzes 1 sind auch die Kinder des Lebenspartners eines Mitglieds.

(5) Sind die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 4 mehrfach erfüllt, wählt das Mitglied die Krankenkasse.

(6) Das Mitglied hat die nach den Absätzen 1 bis 4 Versicherten mit den für die Durchführung der Familienversicherung notwendigen Angaben sowie die Änderung dieser Angaben an die zuständige Krankenkasse zu melden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt für die Meldung nach Satz 1 ein einheitliches Verfahren und einheitliche Meldevordrucke fest.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.01.2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.


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Tatbestand

1

Der im September 1978 geborene Kläger ist eigenen Angaben zufolge russischer Staatsangehöriger tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Er begehrt für den Zeitraum von April 2012 bis Juli 2012 die Bewilligung von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz.

2

Seiner Darstellung zufolge reiste er im September 2001 in das Bundesgebiet ein. Im Februar 2002 wurde er wegen versuchten Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Im April 2002 wurde er aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Da sich das Russische Generalkonsulat in der Folge weigerte, dem Kläger ein Reisedokument auszustellen, war und ist seine Abschiebung tatsächlich unmöglich. Im Juli 2006 wurde er wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer weiteren Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Während der Verbüßung dieser Strafhaft wurde sein Aufenthalt zunächst "faktisch geduldet". Erst am 26. Juli 2010 wurde ihm auf seinen Antrag hin eine auf ein Jahr befristete Duldung erteilt, die in der Folge verlängert wurde.

3

Zum September 2011 wurde der Kläger zur schulischen Ausbildung in die Oberstufe der Technischen Oberschule S. aufgenommen. Im gleichen Monat beantragte er für den Zeitraum von September 2011 bis Juli 2012 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Januar 2012 ab. Der Widerspruch des zwischenzeitlich aus der Strafhaft entlassenen Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Ausbildungsförderung vom 22. Februar 2012 zurückgewiesen.

4

Im März 2012 bestätigte die Ausländerbehörde dem Kläger, dass sich dieser seit über vier Jahren im Status der Duldung befinde, ihm während der Haftzeit zwar keine Duldungsbescheinigungen ausgestellt worden seien, er in diesem Zeitraum jedoch faktisch geduldet worden sei. Hierauf beantragte der Kläger im April 2012, den Ablehnungsbescheid vom 26. Januar 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2012 zurückzunehmen.

5

Nachdem die Beklagte ein Wiederaufgreifen des Verfahrens abgelehnt hatte, hat er am 23. Mai 2012 Klage mit dem Ziel erhoben, ihm für seine Ausbildung an der Technischen Hochschule in S. ab April 2012 Ausbildungsförderung zu bewilligen. Am 9. Juli 2012 hat er überdies Klage erhoben mit dem Begehren, die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag auf Rücknahme des Ablehnungsbescheides vom 26. Januar 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Mit Bescheid vom 2. Januar 2013 hat die Beklagte den Rücknahmeantrag abgelehnt. Der Kläger hat die Einbeziehung dieses Bescheides in das Klageverfahren und in der Sache beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihm antragsgemäß Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für den Besuch der Technischen Oberschule S. für den Zeitraum von April 2012 bis Juli 2012 in gesetzlicher Höhe zu gewähren und den Bescheid der Beklagten vom 2. Januar 2013 aufzuheben, soweit dieser dem entgegenstehe.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bescheide vom 26. Januar 2012 und 22. Februar 2012 lägen nicht vor, da der Kläger die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Ausbildungsförderung nicht erfülle. Er sei nicht der Gruppe der von § 8 Abs. 2a BAföG erfassten geduldeten Ausländern zuzurechnen. Der Umstand, dass inhaftierte Ausländer, auch wenn ihnen eine Duldungsbescheinigung nicht erteilt werde, ausländerrechtlich als faktisch geduldet gälten, genüge ausbildungsförderungsrechtlich nicht. Die Entstehungsgeschichte des § 8 Abs. 2a BAföG mache deutlich, dass die Vorschrift nur solche geduldeten Ausländer einbeziehe, die gut integriert seien. Dabei habe der Gesetzgeber maßgeblich auch den Gedanken der Straffreiheit in den Blick genommen (§ 18a Abs. 1 Nr. 7 AufenthG).

7

Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Begehren weiter. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 8 Abs. 2a BAföG setze den Besitz einer Duldungsbescheinigung voraus, finde im Gesetz keine Stütze. Die Erwägungen in den Gesetzesmaterialien hätten sich im Gesetzestext nicht niedergeschlagen. Er wäre rechtsschutzlos, sähe § 8 Abs. 2a BAföG das Erfordernis des Besitzes einer förmlichen Duldung für die Dauer von vier Jahren vor, da die Norm erst zum 1. Januar 2009 in Kraft getreten sei, weshalb für ihn jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt kein Rechtsschutzbedürfnis bestanden habe, die Erteilung einer entsprechenden Bescheinigung zu beantragen. Zudem würde er gegenüber einem nichtinhaftierten geduldeten Ausländer in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise benachteiligt. Wer in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht sei, dürfe nicht schlechter gestellt werden als jemand, der aus Gründen nicht abgeschoben werden könne, die er selbst zu vertreten habe. Eine Gleichbehandlung sei ferner insoweit geboten, als Ausländer, denen wiederkehrend Duldungsbescheinigungen ausgestellt würden, nicht mehr Vertrauen in einen weiteren Inlandsaufenthalt entwickeln könnten als faktisch geduldete inhaftierte Ausländer.

8

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Die Beklagte hat, soweit es den Zeitraum von April 2012 bis Juli 2012 betrifft, im Ergebnis zu Recht sowohl die Rücknahme des Ablehnungsbescheides vom 26. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2012 (1.) als auch die Gewährung von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für den Besuch der Technischen Oberschule S. (2.) abgelehnt.

10

1. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Rücknahme der Bescheide vom 26. Januar 2012 und 22. Februar 2012 folgt weder aus § 44 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - i.d.F. der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl I S. 130), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Juli 2013 (BGBl I S. 2749), - SGB X - (a) noch aus § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X (b).

11

a) Die Voraussetzungen einer Rücknahme nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X liegen nicht vor.

12

Nach dieser Bestimmung ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt worden ist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Für die unrichtige Anwendung des Rechts im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X genügt ein objektiver Rechtsverstoß (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 1983 - 2 RU 77/82 - InfAuslR 1984, 145), was nach dem zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausgangsverwaltungsakts maßgebenden Recht zu beurteilen ist (vgl. BSG, Urteile vom 3. April 2001 - B 4 RA 22/00 R - BSGE 88, 75 <81> und vom 7. September 2006 - B 4 RA 43/05 R - BSGE 97, 94 ). Die Ablehnung von Ausbildungsförderung mit Bescheid vom 26. Januar 2012 war rechtmäßig.

13

Der erstrebten Bewilligung von Leistungen nach Maßgabe von § 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1a Nr. 1 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) i.d.F. vom 24. Oktober 2010 (BGBl I S. 1422), im hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2011 (BGBl I S. 2854), steht entgegen, dass der Kläger nicht die persönlichen Voraussetzungen einer Förderung erfüllt. Er gehört nicht dem von § 8 Abs. 2a BAföG erfassten Personenkreis an. Nach dieser Norm wird geduldeten Ausländern (§ 60a des Aufenthaltsgesetzes), die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben, Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie sich seit mindestens vier Jahren ununterbrochen rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten. Allerdings verstößt die Annahme des Verwaltungsgerichts, ein Ausländer, der lediglich "faktisch geduldet" werde, halte sich nicht im Sinne des § 8 Abs. 2a BAföG geduldet im Bundesgebiet auf, gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) (aa). Auf diesem Verstoß beruht das Urteil indes nicht, da das Verwaltungsgericht zutreffend auch angenommen hat, ein Anspruch auf Ausbildungsförderung scheide wegen der Verurteilungen des Klägers zu Freiheitsstrafen aus (bb).

14

aa) Im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum vom 1. April 2012 bis zum 31. Juli 2012 erfüllte der Kläger die Voraussetzung eines mindestens vierjährigen ununterbrochenen geduldeten Aufenthalts im Bundesgebiet.

15

§ 8 Abs. 2a BAföG nimmt § 60a des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), im hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2011 (BGBl I S. 3044) bzw. vom 1. Juni 2012 (BGBl I S. 1224), auch im Zusammenhang mit dem Erfordernis eines vierjährigen geduldeten Aufenthalts in Bezug. Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange sie aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist und ihm keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Erteilung der Duldung bedarf der Schriftform (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen (§ 60a Abs. 4 AufenthG). Hier lagen die materiellen Voraussetzungen einer Duldung vor, weil die Abschiebung des Klägers wegen der Weigerung der Auslandsvertretung der Russischen Förderation, ihm ein Reisedokument auszustellen, tatsächlich unmöglich war. Zwar wurden dem Kläger (schriftliche) Duldungen erst ab dem 26. Juli 2010 erteilt. Jedoch konnte er in der Zeit vom 1. April 2008 bis zum 25. Juli 2010 die Erteilung einer Duldung beanspruchen. Dieser Zeitraum ist im Rahmen des § 8 Abs. 2a BAföG als geduldeter Aufenthalt zu berücksichtigen. Ein Ausländer hält sich nämlich auch dann im Sinne des § 8 Abs. 2a BAföG geduldet im Bundesgebiet auf, wenn die Ausländerbehörde es pflichtwidrig unterlassen hat, ihm eine Duldung zu erteilen und er die Voraussetzungen für die Erteilung in einer den Anforderungen der Massenverwaltung genügenden Weise nachgewiesen hat. Das ist hier der Fall.

16

(1) Die Auslegung der § 8 Abs. 2a BAföG ergibt, dass die Voraussetzung eines geduldeten Aufenthalts auch für einen Zeitraum erfüllt ist, in dem dem Ausländer eine Duldung hätte erteilt werden müssen.

17

Der Wortlaut des § 8 Abs. 2a BAföG ist insoweit offen. Mangels einer ausdrücklichen Bezugnahme auf das Schriftformerfordernis des § 77 Abs. 1 Satz 1 AufenthG lässt er es zu, seinen Anwendungsbereich auch in den Fällen als eröffnet anzusehen, in denen der Ausländer (lediglich) die materiellen Voraussetzungen einer Duldung erfüllt, ohne dass ihm eine solche schriftlich erteilt worden ist. Aus grammatikalischer Sicht kann die Bestimmung aber auch dahin verstanden werden, dass eine schriftliche Duldung erteilt sein muss.

18

Rückschlüsse auf die Auslegung des § 8 Abs. 2a BAföG lassen sich auch nicht aus der Interpretation der entsprechenden Merkmale in der Parallelnorm des § 59 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (Art. 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl I S. 594), geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2011 (BGBl I S. 2854), - SGB III - ziehen. Dies gilt gleichermaßen für das systematische Verhältnis zu § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG und § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG. In diesen Bestimmungen wird ein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis u.a. an einen mehrjährigen geduldeten Aufenthalt geknüpft. Soweit dies dahin verstanden wird, dass auch solche Zeiten einbezogen werden, in denen der Ausländer die materiellen Duldungsvoraussetzungen erfüllte, ihm hingegen eine Duldung nicht erteilt wurde, ist dies das Ergebnis einer Auslegung jener Bestimmungen (vgl. Burr, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz - GK-AufenthG -, Stand: Januar 2014, § 25a AufenthG Rn. 4, und Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, a.a.O., § 104a AufenthG Rn. 15, jeweils m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: September 2013, § 25a Rn. 2 und § 104a AufenthG Rn. 7). Dieses kann nicht zwingend auf § 8 Abs. 2a BAföG übertragen werden.

19

Auch die historisch-genetische Auslegung des § 8 Abs. 2a BAföG weist nicht zwingend darauf hin, dass nur Zeiten zu berücksichtigen sind, in denen eine förmliche Duldung erteilt wurde.

20

Sinn und Zweck der Bestimmung gebieten es hingegen, auch solche Zeiträume in Ansatz zu bringen, in denen dem Ausländer von der Ausländerbehörde pflichtwidrig eine Duldung nicht erteilt wurde. Der allgemeine Zweck der Bestimmung liegt darin, auch jungen geduldeten Ausländern den Zugang zur Ausbildung durch finanzielle Sicherung ihres Lebensunterhalts zu erleichtern (vgl. BTDrucks 16/10914 S. 7 f. und 9; BTPlenprot 16/187, Stenografischer Bericht S. 20175 C und 20176 A). Im Rahmen dieser Zwecksetzung kommt dem Erfordernis eines geduldeten Aufenthalts seit mindestens vier Jahren vornehmlich die Funktion zu, in verwaltungspraktikabler Weise sicherzustellen, dass sich der Ausländer in dem genannten Zeitraum im Bundesgebiet aufgehalten hat und er nicht "untergetaucht" war oder sich in anderer Weise dem ausländerrechtlichen Verfahren entzogen hat. Der Zweck des § 8 Abs. 2a BAföG darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass die Ausländerbehörde bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen des § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG pflichtwidrig die Erteilung einer das Schriftformerfordernis wahrenden Duldung unterlässt. Anderenfalls hätte sie es entgegen dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck des § 8 Abs. 2a BAföG in der Hand, durch pflichtwidriges Unterlassen einer Amtshandlung die Erfüllung der Förderungsvoraussetzungen zu vereiteln. Deshalb ist § 8 Abs. 2a BAföG dahin auszulegen, dass er auch dann einen Anspruch auf Ausbildungsförderung verleiht, wenn die Ausländerbehörde von einer (schriftlichen) Duldung abgesehen hat, obwohl sie eine solche hätte erteilen müssen. Sind die materiellen Voraussetzungen einer Aussetzung der Abschiebung gegeben, hat der Ausländer einen Anspruch auf Erteilung einer förmlichen Duldung. Eine stillschweigende - "faktische" - Aussetzung der Abschiebung anstelle der förmlichen Duldung sieht das Aufenthaltsgesetz nicht vor (vgl. Urteile vom 25. September 1997 - BVerwG 1 C 3.97 - BVerwGE 105, 232 <236> = Buchholz 402.240 § 55 AuslG Nr. 2 S. 5 f. und vom 21. März 2000 - BVerwG 1 C 23.99 - BVerwGE 111, 62 <65> = Buchholz 402.240 § 55 AuslG Nr. 7 S. 3; BVerfG, Kammerbeschluss vom 6. März 2003 - 2 BvR 397/02 - NVwZ 2003, 1250 <1251>).

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(2) Die Feststellungslast für das Bestehen eines seit mindestens vier Jahren ununterbrochenen geduldeten Aufenthalts im Bundesgebiet trägt der Ausländer. Den Darlegungsanforderungen in einem Verfahren der Massenverwaltung genügt er in der Regel durch die Vorlage ausländerrechtlicher Dokumente oder Bescheinigungen (vgl. BTDrucks 16/5172 S. 19 zu § 8 Abs. 2 BAföG-E).

22

Eine dem Gebot der Praktikabilität im Gesetzesvollzug entsprechende Nachweisführung wird in den Fällen der förmlichen Duldung durch die Vorlage der gemäß § 60a Abs. 4 AufenthG zu erstellenden Duldungsbescheinigung ermöglicht (Nr. 8.2a.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz vom 15. Oktober 1991 (GMBl S. 770), zuletzt geändert durch Verordnung vom 29. Oktober 2013 (GMBl S. 1094); Fischer, in: Rothe/Blanke; BAföG, 5. Aufl., Stand: April 2012, § 8 Rn. 53). Wurden einem Ausländer pflichtwidrig Duldungen nicht erteilt, so kann der in Rede stehende Nachweis insbesondere durch eine entsprechende Bescheinigung der Ausländerbehörde geführt werden.

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(3) Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen liegen hier die Voraussetzungen eines mindestens vierjährigen geduldeten Aufenthalts im Bundesgebiet vor. Soweit dem Kläger Duldungen erteilt wurden, hat er diese vorgelegt. Die materiellen Voraussetzungen einer Duldung waren - wie aufgezeigt - auch für die Zeit vom 1. April bis zum 25. Juli 2012 erfüllt. Insoweit durfte es die Ausländerbehörde nicht bei einer "faktischen Duldung" belassen, sondern hätte die Abschiebung förmlich aussetzen müssen. Das Vorliegen der materiellen Duldungsvoraussetzungen für diesen Zeitraum hat der Kläger durch Vorlage der am 14. März 2012 von der Ausländerbehörde ausgestellten Bescheinigung nachgewiesen. Aus dieser ergibt sich, dass sich der Kläger auch in dem hier in Rede stehenden Zeitraum im "Status der Duldung" befand.

24

bb) Der Kläger erfüllt wegen seiner strafrechtlichen Verurteilungen gleichwohl nicht die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2a BAföG. Die Bestimmung ist im Wege der teleologischen Reduktion insoweit einzuschränken.

25

Die Befugnis der Korrektur des Wortlauts einer Vorschrift steht den Gerichten unter anderem dann zu, wenn diese nach ihrer grammatikalischen Fassung Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll. In einem solchen Fall ist eine zu weit gefasste Regelung im Wege der sogenannten teleologischen Reduktion auf den ihr nach Sinn und Zweck zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen (vgl. Urteil vom 9. Februar 2012 - BVerwG 5 C 10.11 - BVerwGE 142, 10 = Buchholz 454.710 § 14 WoGG Nr. 1, jeweils Rn. 15 m.w.N.). Ob eine planwidrige Gesetzeslücke als Voraussetzung einer teleologischen Reduktion vorliegt, ist nach dem Plan des Gesetzgebers zu beurteilen, der dem Gesetz zugrunde liegt (Urteil vom 16. Mai 2013 - BVerwG 5 C 28.12 - NJW 2013, 2775 m.w.N.). Liegt eine solche Lücke vor, ist sie durch Hinzufügung einer dem gesetzgeberischen Plan entsprechenden Einschränkung zu schließen. So verhält es sich hier.

26

§ 8 Abs. 2a BAföG erweist sich insoweit als planwidrig, als er keine Einschränkung dahin enthält, dass Ausländer, die wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat im Sinne des § 18a Abs. 1 Nr. 7 AufenthG zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden, dem Anwendungsbereich der Bestimmung nicht unterfallen.

27

§ 8 Abs. 2a BAföG geht auf das Gesetz zur arbeitsmarktadäquaten Steuerung der Zuwanderung Hochqualifizierter und zur Änderung weiterer aufenthaltsrechtlicher Regelungen (Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz) vom 20. Dezember 2008 (BGBl I S. 2846) zurück. Dieses Regelungswerk dient der teilweisen Umsetzung des Aktionsprogramms der Bundesregierung "Beitrag der Arbeitsmigration zur Sicherung der Fachkräftebasis in Deutschland" vom 16. Juli 2008 (http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/aktionsprogramm-arbeitsm igration-fachkraeftebasis.pdf). Nach diesem Programm (S. 2 und 5) soll der steigende Bedarf an Fachkräften dadurch gedeckt werden, dass vor allem die Potenziale derjenigen jungen Ausländerinnen und Ausländer genutzt werden, "die durch Integration im Inland mit der deutschen Kultur vertraut sind und hier ihre Ausbildung absolvieren ('Bildungsinländer/innen')". Dieses Anliegen bezieht sich ausdrücklich auf junge geduldete Ausländerinnen und Ausländer. An diese Erwägung knüpft die Begründung des Entwurfs des Arbeitsmigrationssteuerungsgesetzes, in dem § 8 Abs. 2a BAföG ursprünglich nicht enthalten war, an und hebt hervor, dass der Zweck verfolgt werde, einen Beitrag zur langfristigen Deckung des Fachkräftebedarfs dadurch zu leisten, dass aufenthaltsrechtliche Erleichterungen für solche jungen geduldeten Ausländerinnen und Ausländer geschaffen würden, "die durch Integration im Inland mit der deutschen Kultur vertraut sind" (vgl. BTDrucks 16/10288 S. 8). Vor diesem Hintergrund drängt es sich auf, dass der Gesetzgeber solche geduldeten Ausländer begünstigen wollte, deren Aufenthalt zumindest die Erwartung rechtfertigt, dass sie sich in die hiesigen Lebensverhältnisse einfügen werden.

28

Diese Zielgruppe hat auch nicht dadurch eine Erweiterung erfahren, dass im parlamentarischen Ausschussverfahren der federführende Innenausschuss des Deutschen Bundestages auf Antrag der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD empfahl, den Entwurf des Arbeitsmigrationssteuerungsgesetzes unter anderem um die Einfügung des § 8 Abs. 2a BAföG zu ergänzen. Diese Empfehlung zielte darauf, den in dem Aktionsprogramm vorgesehenen erleichterten Zugang junger geduldeter Ausländer zu einer Ausbildung durch eine Erweiterung des Ausbildungsförderungsrechts zu flankieren (BTDrucks 16/10914 S. 7 f.). Geduldete Ausländer mit einem Aufenthalt von mindestens vier Jahren in Deutschland sollten denjenigen Ausländern gleichgestellt werden, die über eine der in § 8 Abs. 2 Nr. 2 BAföG genannten Aufenthaltserlaubnisse verfügen (BTDrucks a.a.O.). Die durch das Aktionsprogramm initiierten Verbesserungen für Geduldete sollten "im Ausbildungsförderungsrecht gespiegelt" werden (BTPlenprot 16/187, Stenografischer Bericht S. 20176 ). Es fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass der Zweck des Arbeitsmigrationssteuerungsgesetzes, diejenigen Geduldeten zu begünstigen, bei denen zumindest die Erwartung einer erfolgreichen Integration gehegt werden kann, für § 8 Abs. 2a BAföG keine Geltung beansprucht.

29

Das Verfahren bietet keinen Anlass abschließend darüber zu befinden, bei welchen Fallgestaltungen die Integrationsprognose nicht gerechtfertigt ist. Dies ist jedenfalls anzunehmen, wenn der Ausländer wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben. Das entspricht der vom Gesetzgeber in § 18a Abs. 1 Nr. 7 AufenthG getroffenen Wertung. Diese ist auch im Zusammenhang mit § 8 Abs. 2a BAföG zu berücksichtigen. § 18a AufenthG ist - wie § 8 Abs. 2a BAföG - Gegenstand des Arbeitsmigrationssteuerungsgesetzes und deshalb ebenfalls von dem Zweck getragen, Erleichterungen für junge geduldete Ausländer, bei denen jedenfalls eine positive Integrationserwartung gerechtfertigt ist, zu schaffen. Da § 18a Abs. 1 Nr. 7 AufenthG eine Fallgestaltung beschreibt, bei der dieser Zweck aus Sicht des Gesetzgebers nicht erreicht wird, erweist es sich als planwidrig, dass § 8 Abs. 2a BAföG eine solche Einschränkung nicht enthält. Deshalb ist es geboten, die Bestimmung im Wege teleologischer Reduktion dahin einzuschränken, dass ihr Anwendungsbereich in Fällen des § 18a Abs. 1 Nr. 7 AufenthG nicht eröffnet ist.

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Mit Blick darauf mag es auf sich beruhen, ob die Gewährung von Ausbildungsförderung in einem solchen Fall überhaupt geeignet wäre, den Zugang dieses Ausländers zum Arbeitsmarkt mittelbar zu erleichtern (vgl. § 10 der Verordnung über das Verfahren und die Zulassung von im Inland lebenden Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung vom 22. November 2004 , im hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. November 2011 bzw. vom 1. Juni 2012 ; § 32 Abs. 1 und 2 der Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern i.d.F. vom 6. Juni 2013 ). Ebenfalls ohne Belang ist, dass unabhängig von dem Abschluss einer (Schul-)Ausbildung der Erteilung eines Aufenthaltstitels etwa nach § 18a AufenthG die Sperre des § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegensteht.

31

Gemessen daran gehört der Kläger dem von § 8 Abs. 2a BAföG begünstigten Personenkreis nicht an, weil er wegen versuchten Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit gefährlicher und schwerer Körperverletzung sowie wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt wurde.

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b) Die Beklagte war auch nicht nach § 44 Abs. 2 SGB X verpflichtet, den Ablehnungsbescheid vom 26. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2012 zurückzunehmen. Nach dieser Norm ist im Übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise zurückzunehmen. In Anknüpfung an die Ausführungen zu a) fehlt es bereits an einer rechtswidrigen Versagung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz.

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2. Aus den unter 1. dargelegten Gründen war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für den Besuch der Technischen Oberschule S. zu gewähren.

(1) Versichert sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen

1.
ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben,
2.
nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 2a, 3 bis 8, 11 bis 12 oder nicht freiwillig versichert sind,
3.
nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit sind; dabei bleibt die Versicherungsfreiheit nach § 7 außer Betracht,
4.
nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und
5.
kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches überschreitet; bei Abfindungen, Entschädigungen oder ähnlichen Leistungen (Entlassungsentschädigungen), die wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in Form nicht monatlich wiederkehrender Leistungen gezahlt werden, wird das zuletzt erzielte monatliche Arbeitsentgelt für die der Auszahlung der Entlassungsentschädigung folgenden Monate bis zu dem Monat berücksichtigt, in dem im Fall der Fortzahlung des Arbeitsentgelts die Höhe der gezahlten Entlassungsentschädigung erreicht worden wäre; bei Renten wird der Zahlbetrag ohne den auf Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil berücksichtigt; für Familienangehörige, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a des Vierten Buches in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, ist ein regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze zulässig.
Eine hauptberufliche selbständige Tätigkeit im Sinne des Satzes 1 Nr. 4 ist nicht deshalb anzunehmen, weil eine Versicherung nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte vom 29. Juli 1994 (BGBl. I S. 1890, 1891) besteht. Ehegatten und Lebenspartner sind für die Dauer der Schutzfristen nach § 3 des Mutterschutzgesetzes sowie der Elternzeit nicht versichert, wenn sie zuletzt vor diesen Zeiträumen nicht gesetzlich krankenversichert waren.

(2) Kinder sind versichert

1.
bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres,
2.
bis zur Vollendung des dreiundzwanzigsten Lebensjahres, wenn sie nicht erwerbstätig sind,
3.
bis zur Vollendung des fünfundzwanzigsten Lebensjahres, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes leisten; wird die Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht des Kindes unterbrochen oder verzögert, besteht die Versicherung auch für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das fünfundzwanzigste Lebensjahr hinaus; dies gilt auch bei einer Unterbrechung oder Verzögerung durch den freiwilligen Wehrdienst nach § 58b des Soldatengesetzes, einen Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz, dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder einen vergleichbaren anerkannten Freiwilligendienst oder durch eine Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes für die Dauer von höchstens zwölf Monaten; wird als Berufsausbildung ein Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule abgeschlossen, besteht die Versicherung bis zum Ablauf des Semesters fort, längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres; § 186 Absatz 7 Satz 2 und 3 gilt entsprechend,
4.
ohne Altersgrenze, wenn sie als Menschen mit Behinderungen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches) außerstande sind, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, daß die Behinderung zu einem Zeitpunkt vorlag, in dem das Kind innerhalb der Altersgrenzen nach den Nummern 1, 2 oder 3 familienversichert war oder die Familienversicherung nur wegen einer Vorrangversicherung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ausgeschlossen war.

(3) Kinder sind nicht versichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist; bei Renten wird der Zahlbetrag berücksichtigt.

(4) Als Kinder im Sinne der Absätze 1 bis 3 gelten auch Stiefkinder und Enkel, die das Mitglied überwiegend unterhält oder in seinen Haushalt aufgenommen hat, sowie Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches). Kinder, die mit dem Ziel der Annahme als Kind in die Obhut des Annehmenden aufgenommen sind und für die die zur Annahme erforderliche Einwilligung der Eltern erteilt ist, gelten als Kinder des Annehmenden und nicht mehr als Kinder der leiblichen Eltern. Stiefkinder im Sinne des Satzes 1 sind auch die Kinder des Lebenspartners eines Mitglieds.

(5) Sind die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 4 mehrfach erfüllt, wählt das Mitglied die Krankenkasse.

(6) Das Mitglied hat die nach den Absätzen 1 bis 4 Versicherten mit den für die Durchführung der Familienversicherung notwendigen Angaben sowie die Änderung dieser Angaben an die zuständige Krankenkasse zu melden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt für die Meldung nach Satz 1 ein einheitliches Verfahren und einheitliche Meldevordrucke fest.

Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.