Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 29. Sept. 2016 - L 16 SF 233/16 AB u. a.

bei uns veröffentlicht am29.09.2016

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

Das Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit gegen die Richterinnen des 16. Senats am Bayer. Landessozialgericht wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I. Der 1963 geborene Kläger bezieht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Er bewohnt gemeinsam mit seiner Mutter ein in ihrem Eigentum stehendes Wohnhaus.

Zwischen dem Kläger und dem Beklagten werden seit 2005 zahlreiche Verfahren geführt, die zum großen Teil die vom Beklagten zu zahlenden Kosten für Unterkunft und Heizung betreffen. Beim erkennenden 16. Senat sind derzeit drei Berufungen, die diesen Streitgegenstand betreffen, anhängig (Aktenzeichen L 16 AS 659/14, L 16 AS 778/14 und L 16 AS 233/15).

Am 06.04.2016 führte die Vorsitzende des 16. Senats in allen drei Berufungsverfahren einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durch, an dem der Kläger, dessen Prozessbevollmächtigte und ein Vertreter des Beklagten teilnahmen.

Nach Durchführung dieses Erörterungstermins stellte der Kläger im Verfahren L 16 AS 778/14 mit Schreiben vom 20.06.2016 Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin des 16 Senats (L 16 SF 193/16 AB). In diesem Befangenheitsantrag trug der Kläger vor, dass die Vorsitzende Richterin im Rahmen eines Erörterungstermins festgestellt habe, dass die noch ausstehenden Heizkosten zu zahlen seien, da das bisherige Verfahren dies verwaltungstechnisch offen lasse. In einem nachfolgenden Schriftwechsel mit seiner Anwältin habe die Vorsitzende dann aber erklärt, dass dies nicht mehr so sei. Außerdem werde ihm unterstellt, er hätte die Originalrechnungen nicht vorgelegt. Dies sei falsch. Er habe die Rechnungen dem Sozialgericht Landshut vorgelegt und außerdem im Beisein seiner Anwältin auch beim Beklagten. Es sei indiskutabel und unzumutbar, dass ihm zunächst vorgegaukelt werde, dass ihm Leistungen zustünden und dann sei alles nach Rücksprache mit dem Beklagten nicht mehr wahr. Es gehe um Rechtsbeugung und Betrug.

Mit Beschluss vom 28.07.2016, Az. L 16 SF 193/16 AB, wurde der Befangenheitsantrag als unbegründet zurückgewiesen. Die vorgetragenen Gründe seien nicht geeignet, Zweifel an der Unparteilichkeit der Vorsitzenden Richterin des 16. Senats hervorzurufen. Konkrete Leistungszusagen, wie vom Kläger behauptet, habe es im Übrigen nie gegeben.

Mit Schreiben vom 09.08.2016 stellte der Kläger im Verfahren L 16 AS 778/14 (erfasst unter Az. L 16 SF 233/16 AB) erneut Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin des 16. Senats, diesmal erweitert auf die „Beirichter“ des 16. Senats sowie erweitert auf die beiden anderen im 16. Senat anhängigen Verfahren (L 16 AS 659/14, erfasst unter Az. L 16 SF 234/16 AB, und L 16 AS 233/15, erfasst unter Az. L 16 SF 235/16 AB). Er „wiederhole“ seinen Befangenheitsantrag vom 20.06.2016. Zur Begründung trägt der Kläger dieselben Gründe vor wie bei seinem Befangenheitsantrag vom 20.06.2016. Die dienstlichen Stellungnahmen der Richterinnen des 16. Senats vom 13.09.2016 wurden dem Kläger zur Kenntnis gegeben, worauf dieser mit Schreiben vom 17.09.2016 und zwei weiteren Schreiben, eingegangen bei Gericht am 21.09.2016 und am 27.09.2016, reagiert hat, indem er im Wesentlichen seine Vorwürfe wiederholt hat.

II. Die Ablehnungsgesuche gegen die Mitglieder des 16. Senats sind allesamt unzulässig und deshalb zu verwerfen (vgl. BVerfG Beschluss vom 14.07.2016, 1BvR 1452/16).

Das Ablehnungsgesuch betreffend die Vorsitzende des 16.Senats im Verfahren L 16 AS 778/14 (erfasst unter Az. L 16 SF 233/16 AB) ist unzulässig, da es sich lediglich um eine Wiederholung des Ablehnungsgesuchs vom 20.06.2016 (L 16 SF 193/16 AB) handelt, wie der Kläger auch ausdrücklich bei der Begründung seines erneuten Antrags vom 09.08.2016 feststellt. Hierüber - und damit über die damals und nunmehr erneut vorgetragenen Gründe - ist bereits mit Beschluss vom 28.07.2016, Az. L 16 SF 193/16 AB, entschieden worden. Gründe, die eine erneute Überprüfung desselben Sachverhalts erlauben würden (vgl. dazu etwa BVerwG Beschluss vom 20.07.2016, 6 B 35/16 Rz. 21 ff), sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Ablehnungsgesuche betreffend die Vorsitzende des 16.Senats in den Verfahren L 16 AS 659/14 (erfasst unter Az. L 16 SF 234/16 AB) und L 16 AS 233/15 (erfasst unter Az. L 16 SF 235/16 AB) sind ebenfalls unzulässig. Es ist nicht ersichtlich, warum die mitgeteilten Befangenheitsgründe geeignet sein sollen, auf diese Verfahren durchzuschlagen (vgl. dazu BFH Beschluss vom 02.02.2016, X B 38/15 Rz. 24), nachdem zudem mit Beschluss vom 28.07.2016, Az. L 16 SF 193/16 AB, sogar bereits entschieden wurde, dass die vorgetragenen Gründe nicht den leisesten Verdacht einer Befangenheit begründen können.

Die Ablehnungsgesuche gegen die „Beirichter“ im 16. Senat sind schon deshalb in allen Verfahren unzulässig, weil bezüglich dieser Richter keine ernsthaften Umstände, die die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigten könnten, substantiiert vorgetragen wurden oder erkennbar sind (BGH Beschluss vom 26.11.2015, III ZB 37/15Rz. 3), geschweige denn solche Gründe individualisiert und konkretisiert wurden. Vielmehr ist das Vorbringen des Klägers insoweit von vorneherein ersichtlich ungeeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen mit der Folge, dass das Ablehnungsgesuch unzulässig ist (vgl.BVerwG Beschluss vom 14.06.2016, 5 B 30/16 Rz. 3f).

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar, § 177 SGG.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

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Referenzen

Tenor

Das Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit gegen die Richterinnen des 16. Senats am Bayer. Landessozialgericht wird abgewiesen.

Gründe

I. Der 1963 geborene Kläger bezieht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Er bewohnt gemeinsam mit seiner Mutter ein in ihrem Eigentum stehendes Wohnhaus.

Zwischen dem Kläger und dem Beklagten werden seit 2005 zahlreiche Verfahren geführt, die zum großen Teil die vom Beklagten zu zahlenden Kosten für Unterkunft und Heizung betreffen. Beim erkennenden Senat sind derzeit drei Berufungen, die diesen Streitgegenstand betreffen, anhängig (Aktenzeichen L 16 AS 659/14, L 16 AS 778/14 und L 16 AS 233/15).

Am 06.04.2016 führte die Vorsitzende in allen drei Berufungsverfahren einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durch, an dem der Kläger und dessen Prozessbevollmächtigte sowie ein Vertreter des Beklagten teilnahmen. Nach Durchführung dieses Erörterungstermins wurde im Verfahren L 16 AS 778/14 über einen Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin entschieden (L 16 SF 193/16 AB).

Mit einem beim Bayerischen Landessozialgericht am 09.08.2016 eingegangenen Schreiben stellte der Kläger einen Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin und ihre „Beirichter“. Er wiederhole seinen am 20.07.2016 abgesandten Befangenheitsantrag. Die Begründung liege bereits vor.

Im Befangenheitsantrag vom 20.06.2016 trug der Kläger vor, dass die Vorsitzende Richterin im Rahmen eines Erörterungstermins festgestellt habe, dass die noch ausstehenden Heizkosten zu zahlen seien, da das bisherige Verfahren dies verwaltungstechnisch offen lasse. In einem Schriftwechsel mit seiner Anwältin habe die Vorsitzende nunmehr erklärt, dass dies nicht mehr so sei. Außerdem werde ihm unterstellt, er hätte die Originalrechnungen nicht vorgelegt. Dies sei falsch. Er habe die Rechnungen dem Sozialgericht Landshut vorgelegt und außerdem im Beisein seiner Anwältin auch beim Beklagten. Es sei der Vorsitzenden möglich und zumutbar zum Beispiel durch vollständige Akteneinsicht dies nachzuprüfen. Es sei indiskutabel und nicht zumutbar, dass ihm zunächst vorgegaukelt werde, die zustehenden Leistungen seien zu zahlen und dann sei alles nach Rücksprache mit dem Beklagten nicht mehr wahr. Es gehe nur um Rechtsbeugung und Betrug.

Ein Befangenheitsantrag des Klägers vom 20.07.2016 liegt am Bayerischen Landessozialgericht nicht vor.

Im am 09.08.2016 eingegangen Antrag trägt er erstens vor, dass die Vorsitzende zur Erörterung mit der Feststellung erschienen sei, dass sämtliche Verfahren im Hornberger Schießen enden würden. Zweitens erklärt er, dass das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz ausführe, dass der Hauseigentümer dementsprechende Anträge zu stellen habe. Weiter erklärt er, dass der Beklagte seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen habe. Die Vorsitzende Richterin habe in der so genannten Erörterung bekundet, dass sie und ihre beisitzenden Richter sich eingehend und intensiv mit der anstehenden Problematik befasst hätten. Allerdings benötige sie eine Stellungnahme seiner Rechtsanwältin, weshalb der Beklagte seiner gesetzlichen Verpflichtung Wohnkosten zu zahlen nachkommen müsse. Weiter trägt er seine Rechtsmeinung vor, dass Wohnkosten zu übernehmen seien. Abschließend äußert er sich dahingehend, dass die Vorsitzende Richterin sich als nicht kompetent für Hartz IV erklärt habe. Sie sehe sich außer Stande ein gesetzeskonformes Urteil zusammenzubringen.

Sinngemäß wird mit diesem Antrag gerügt, dass die Berufsrichter des 16. Senats fachlich nicht ausreichend qualifiziert seien, um über die Rechtsstreitigkeiten des Klägers zu entscheiden. Daher könnten sie nicht unbefangen über die Streitsache entscheiden.

II. Das Ablehnungsgesuch betreffend die Richterin des 16. Senats wird als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Landessozialgericht durch Beschluss ohne Mitwirkung der abgelehnten Richterinnen (§ 60 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Das Ablehnungsgesuch gegen die Vorsitzende Richterin des 16. Senats … sowie die weiteren Richterinnen des 16. Senats Richterin am Landessozialgericht … und Richterin am Landessozialgericht … ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Ein Grund, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der betroffenen Richterin zu rechtfertigen, liegt offensichtlich nicht vor.

Nach § 60 SGG in Verbindung mit § 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit des oder der abgelehnten Richter zu bef ... (BSG Beschluss vom (vgl. nur Beschluss des BayLSG vom 23.10.2014 Az.: L 16 SF 246/14 A B).

Der Kläger hat zur Begründung ihres Ablehnungsgesuches keine konkreten Umstände im Bezug auf das hier anhängige Verfahren genannt, geschweige denn einen solchen konkreten Umstand im Hinblick auf eine bestimmte Richterin des 16. Senats konkretisiert, so dass sich aus dem Verhalten der Richterin im konkreten Verfahren.? Ein Verhalten der betroffenen Richterinnen im konkreten Verfahren, das ein Ablehnungsgesuch insoweit rechtfertigen könnte, ist nicht im Entferntesten zu erkennen.

Auch hat der Kläger nicht dargelegt, inwiefern eine Vorbefassung in anderen Verfahren - soweit die Richterinnen in diesen Verfahren überhaupt tätig wurden - eine Voreingenommenheit für dieses Verfahren ableiten ließe, dargelegt.

Der Umstand der Vorbefassung allein für sich genommen die Besorgnis der Befangenheit nicht zu begründen? (BSG Beschluss vom 19.01.2010, B 11 AL 13/09 C Rz. 13). Das geltende Verfahrensrecht ist von dem Gedanken geprägt, dass ein Richter grundsätzlich auch dann unvoreingenommen an der Beurteilung einer Sache herantritt, wenn er bereits früher mit Angelegenheiten der Klägerin befasst war. Ausnahmen hiervon hat der Gesetzgeber in § 60 SGG in Verbindung mit § 41 Nr. 6 ZPO abschließend normiert. Mit der gesetzlichen Wertung des abschließenden Charakters dieses Ausschließungsgrundes ist nicht vereinbar, wenn der bloße Umstand der Vorbefassung eines Richters mit der Sache geeignet wäre, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (BSG a. a. O.).

Vielmehr müssen besondere zusätzliche Umstände hinzutreten, um in den Fällen der Vorbefassung die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (BSG a. a. O.). Solche besonderen Umstände hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen und sind auch nicht erkennbar.

Nachdem besondere Umstände, die hier im konkreten Fall zur Vorbefassung hinzutreten könnten und die Besorgnis der Befangenheit begründen könnten, ist das Ablehnungsgesuch betreffend die Richterinnen des 16. Senats offensichtlich unbegründet.

Im Ergebnis sind nicht die geringsten Anhaltspunkte für Voreingenommenheit der Richterinnen zu erkennen und ist das Ablehnungsgesuch als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar, § 177 SGG.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers kann keinen Erfolg haben. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO liegen nicht vor.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Ausstellung eines Zeugnisses über das Bestehen des Zweiten Abschnitts der ärztlichen Prüfung im schriftlichen Prüfungsteil im Frühjahrstermin 2013 abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die von ihm zugelassene Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen. In den Gründen des Beschlusses heißt es, dem Kläger könne keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, weil er nicht ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Ihm sei das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zuzurechnen. Die Zurechnung des Verschuldens des klägerischen Prozessbevollmächtigten im Verwaltungsprozess sei auch dann verfassungsgemäß, wenn es im konkreten Rechtsstreit um die Durchsetzung grundrechtlich geschützter Positionen gehe. Dies gelte auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes. Die Ausführungen des Klägers gäben keinen Anlass, diese Rechtsprechung infrage zu stellen. Der Prozessbevollmächtigte habe weder glaubhaft gemacht noch sei sonst ersichtlich, dass er die Berufungsbegründungsfrist unverschuldet versäumt habe. Der Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte die Notwendigkeit einer eigenständigen Berufungsbegründung einer - gemessen an der Rechtslage - unrichtigen Bewertung unterzogen habe, könne das Fristversäumnis schon im Ansatz nicht entschuldigen, weil ein Rechtsanwalt die Rechtslage kennen müsse. Dies gelte umso mehr, als der Rechtsirrtum ohne Weiteres vermeidbar gewesen sei, da auf die Notwendigkeit einer eigenen Berufungsbegründung und auf die hierfür geltende Frist in der Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung ordnungsgemäß hingewiesen worden sei. Wenn der Prozessbevollmächtigte nach seinen eigenen Angaben den in der Rechtsmittelbelehrung gegebenen Hinweis auf die Berufungsbegründungsfrist "überlesen" habe, sei er seiner besonderen Sorgfaltspflicht im Hinblick auf prozessuale Fristen nicht gerecht geworden.

3

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Eine solche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 2013 - 6 B 13.13 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 181 Rn. 15). Aus den Darlegungen der Beschwerde ergibt sich nicht, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.

4

Die vom Kläger für grundsätzlich erachteten Fragen, "ob das Gericht zweiter Instanz aufgrund eines formalen Versäumnisses einen möglichen Grundrechtsverstoß in erster Instanz unbeschieden lassen darf" und "ob im Rahmen der gebotenen Nachteilsausgleichung bei staatlichem Verschulden aus formalen Gründen erneut die Sachprüfung unterbleiben darf, wenn der Rechtsuchende ebenfalls einen Fehler macht" genügen diesen Anforderungen nicht. Das Berufungsgericht hat nicht in entscheidungserheblicher Weise auf die vom Kläger behauptete Grundrechtsverletzung im erstinstanzlichen Verfahren oder das Erfordernis eines Nachteilsausgleichs bei einem staatlichen Verschulden abgestellt. Eine Rechtsfrage, auf die die Vorinstanz nicht entscheidend abgehoben hat, kann regelmäßig nicht zur Revisionszulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO führen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 2013 - 6 B 13.13 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 181 Rn. 19 m.w.N.).

5

Soweit der Kläger ferner die Frage für grundsätzlich bedeutsam erachtet, ob die Zurechnung des Verschuldens eines Prozessbevollmächtigten bei der Frage der Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist in verwaltungsgerichtlichen Verfahren wegen Bestehens einer ärztlichen Prüfung auch bei irreparablen Grundrechtsbeschädigungen am Maßstab von Art. 12 GG in Betracht kommt, scheidet eine Revisionszulassung ebenfalls aus. Die hierfür erforderliche Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 6 B 43.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:270115B6B43.14.0 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 421 Rn. 8 m.w.N.).

6

Gemäß § 85 Abs. 2 ZPO, der über § 173 Satz 1 VwGO entsprechende Anwendung findet, steht das Verschulden des Bevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schränkt § 85 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 173 VwGO den gerichtlichen Rechtsschutz nicht in verfassungswidriger Weise ein. Die Regelung dient der Rechtssicherheit; ihre für das zivil- und das verwaltungsgerichtliche Verfahren einheitliche Regelung liegt im rechtsstaatlichen Interesse an der Klarheit, Einfachheit und Sicherheit des Prozessrechts. Unter diesen Umständen durfte der Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit die mit der Regelung verbundene Einbuße an Chancen einer Partei, in jedem Einzelfall die materielle Rechtslage durch eine gerichtliche Entscheidung klären zu lassen, in Kauf nehmen. Diese gesetzgeberische Wertung steht regelmäßig im Einklang mit dem Grundgesetz (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. April 1982 - 2 BvL 26/81 - BVerfGE 60, 253 <288 f.>).

7

Sofern - wie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - die normative Ausgestaltung einer gerichtlichen Verfahrensordnung die umfassende Nachprüfung des Verfahrensgegenstandes in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und eine dem Rechtsschutzbegehren angemessene Entscheidungsart und Entscheidungswirkung gewährleistet, ist damit dem aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wie aus etwaigen materiellen Grundrechtsverbürgungen folgenden Schutzanspruch grundsätzlich genügt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. April 1982 - 2 BvL 26/81 - BVerfGE 60, 253 <297>). Der Gesetzgeber wie auch die Fachgerichte sind hiernach grundsätzlich nicht gehalten, bei der Anwendung der Zurechnungsvorschrift anhand der jeweils in Rede stehenden geltend gemachten subjektiven Rechte einschließlich der Grundrechte zu differenzieren. Aus materiellen Grundrechten könnten konkrete normative Folgerungen für die Ausgestaltung des gerichtlichen Verfahrensrechts über die Gewährleistungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und die Verfahrensgrundrechte hinaus nur unter ganz besonderen Umständen und nur dann gezogen werden, wenn sich unzweideutig ergäbe, dass rechtsstaatlich unverzichtbare Erfordernisse hinreichenden Rechtsschutzes nicht mehr gewahrt wären (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. April 1982 - 2 BvL 26/81 - BVerfGE 60, 253 <298>).

8

Der Umstand, dass es dem Kläger aufgrund der verschuldeten Fristversäumnis nicht möglich ist, durch einen Rückgriff auf den Prozessbevollmächtigten einen gleichwertigen oder gleichartigen Ersatz für die Folgen einer bestandskräftig gewordenen Feststellung des Nichtbestehens der Zweiten ärztlichen Prüfung zu erhalten, liegt in der Natur nichtvermögensrechtlicher Streitigkeiten und der Endgültigkeit der Zurechnung des Vertreterverschuldens (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. April 1982 - 2 BvL 26/81 - BVerfGE 60, 253 <298 f.>); sie stellt keine Besonderheit des Verfahrens von berufsbezogenen Prüfungen dar. Von Verfassungs wegen wären diese Rechtsfolgen erst dann zu beanstanden, wenn sie zu schlechterdings unerträglichen Ergebnissen - wie grundsätzlich im Strafverfahren - führten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. April 1982 - 2 BvL 26/81 - BVerfGE 60, 263 <299>). Schlechterdings unerträgliche Ergebnisse in diesem Sinne liegen hier nicht vor.

9

Die Feststellung des endgültigen Nichtbestehens der streitgegenständlichen Prüfung verwehrt den Zugang zum Arztberuf und macht die Berufswahl des Klägers dauerhaft zunichte. Sie hat für den Kläger gewichtige wirtschaftliche sowie allgemeinpersönliche Beschränkungen und Nachteile zur Folge; das dem Strafausspruch eigentümliche rechtliche Unwerturteil kommt ihnen aber nicht zu. Eine Verschuldenszurechnung hat daher - anders als im Strafprozess - nicht zu unterbleiben. Im Prüfungsverfahren tritt der Staat dem Betroffenen nicht wie im Strafverfahren mit einem Strafanspruch gegenüber. Zweck der ärztlichen Prüfungen ist, denjenigen Bewerbern den Zugang zum angestrebten Beruf zu verwehren, die dem Berufsbild des Arztes nach ihrer Qualifikation nicht genügen. Das Bestehen der ärztlichen Prüfung als Voraussetzung für die Approbation als Arzt ist eine subjektive Zulassungsvoraussetzung, durch die in das Grundrecht der Berufsfreiheit eingegriffen wird und deren Erfordernis durch den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut gerechtfertigt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 1989 - 1 BvR 1033/82, 1 BvR 174/84 - BVerfGE 80, 1 <23 f.> m.w.N.).

10

Gegen die Annahme schlechterdings unerträglicher Ergebnisse spricht die Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens. Berufsbezogene Prüfungen müssen nach Art. 12 Abs. 1 GG so gestaltet sein, dass das Grundrecht der Berufsfreiheit effektiv geschützt wird. Diese Voraussetzungen sind hier - soweit ersichtlich - erfüllt. Im Widerspruchsverfahren konnte der Kläger Einwände gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistungen wirksam vorbringen; diese wurden von der Prüfungsbehörde geprüft und gewürdigt (vgl. zu diesen Anforderungen BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Oktober 1991 - 1 BvR 1486/90 - NVwZ 1992, 55 m.w.N.). Ebenso wenig ist es verfassungsrechtlich zu beanstanden, dass die Zweite ärztliche Prüfung nicht mehr als zweimal wiederholt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 1989 - 1 BvR 1033/82, 1 BvR 174/84 - BVerfGE 80, 1 <35>) und dem Kläger daher kein weiterer Versuch zur Verfügung steht.

11

Die Folgen der in der Berufungsinstanz vorgenommenen Verschuldenszurechnung erweisen sich für den Kläger auch deshalb als nicht schlechterdings unerträglich, weil dem aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wie aus dem Recht der Berufswahlfreiheit folgenden Schutzanspruch hier dadurch Rechnung getragen worden ist, dass eine verwaltungsgerichtliche Prüfung der angefochtenen Entscheidung der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren stattgefunden hat. Damit sind die rechtsstaatlich unverzichtbaren Erfordernisse hinreichenden Rechtsschutzes gewahrt. Dass dem Kläger durch die Verschuldenszurechnung der Zugang zu weiteren Instanzen abgeschnitten und damit die Verwirklichung der Einzelfallgerechtigkeit zu Gunsten der Rechtssicherheit im weiteren Instanzenzug vereitelt wird, kann bei einer Gesamtbetrachtung angesichts der Zurechnungsregelung nach § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO nicht mehr als schlechthin unerträglich angesehen werden.

12

2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen genügt nicht den Zulässigkeitsanforderungen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2011 - 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410).

13

Die Geltendmachung einer Abweichung des angefochtenen Urteils von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 23. Oktober 2014 (54648/09 - NJW 2015, 3631) genügt den Anforderungen an eine Divergenzrüge nicht. Ein der Divergenz fähiger Rechtssatz wird nicht benannt. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs gehören nicht zu den divergenzfähigen Entscheidungen, weil die Aufzählung der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte enumerativ ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. Januar 2001 - 6 B 35.00 - WissR 2001, 377 und vom 5. Januar 2006 - 10 B 26.05 - juris Rn. 2). Zudem erweist sich der in der genannten Entscheidung enthaltene tragende Rechtssatz, dass ein Verfahren nur fair im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der EMRK ist, wenn alle als Ergebnis polizeilicher Provokation gewonnenen Beweismittel ausgeschlossen werden oder aber ein Verfahren mit vergleichbaren Konsequenzen greifen muss, als für das berufungsgerichtliche Urteil nicht entscheidungserheblich. Die Rüge des Klägers kann aus dem letztgenannten Grund auch nicht zu einer Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache führen.

14

3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels unter den Gesichtspunkten der Verletzung rechtlichen Gehörs (a)) und der Befangenheit der Richter der Vorinstanz (b)) liegen nicht vor.

15

a) Der Kläger rügt, dass das Berufungsgericht seinen Vortrag nicht berücksichtigt habe, dass durch die Zurechnung ein irreparabler Eingriff in Art. 12 GG, in die europäischen Grundfreiheiten und die aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gleichheit hervorgerufen werde. Die vom Berufungsgericht zitierte bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung habe nur Fälle reparabler Eingriffe in das Asylgrundrecht zum Gegenstand gehabt.

16

Aus diesem Beschwerdevortrag ergibt sich nicht, dass der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf einen entscheidungserheblichen materiell-rechtlichen Gesichtspunkt das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO verletzt hat. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht, das Vorbringen jedes Beteiligten bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es das gesamte Vorbringen in den Urteilsgründen behandeln muss. Vielmehr sind in dem Urteil nur diejenigen tatsächlichen und rechtlichen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht einen Aspekt des Vorbringens eines Beteiligten in den Urteilsgründen nicht erwähnt hat, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht in Erwägung gezogen, wenn er nach dem materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft. Wie umfangreich und detailliert die leitenden oder wesentlichen Gründe im Urteil niederzulegen sind, lässt sich allerdings nicht abstrakt umschreiben. Im Allgemeinen genügt es, wenn der Begründung entnommen werden kann, dass das Gericht eine vernünftige und der jeweiligen Sache angemessene Gesamtwürdigung und Beurteilung vorgenommen hat. Nicht erforderlich ist danach insbesondere, dass sich das Gericht mit allen Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des festgestellten Sachverhalts in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich auseinandersetzt. Aus der Nichterwähnung einzelner Umstände kann daher regelmäßig auch nicht geschlossen werden, das Gericht habe diese bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht seiner Pflicht aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO genügt und seiner Entscheidung das Vorbringen der Beteiligten sowie den festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde gelegt hat (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>; BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <209 f.> und Beschluss vom 27. Januar 2015 - 6 B 43.14 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 421).

17

Gemessen hieran ist eine Gehörsverletzung nicht festzustellen. Das Berufungsgericht hat seinem materiell-rechtlichen Standpunkt die unter 1. im Einzelnen dargestellte bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung zugrunde gelegt und angemerkt, dass das unter Ziffer I. des angefochtenen Beschlusses zusammengefasste Vorbringen des Klägers keinen Anlass gibt, die Rechtsprechung zu ändern. Damit hat das Berufungsgericht deutlich gemacht, dass es das klägerische Vorbringen zur Kenntnis genommen und erwogen, es aber nicht zum Anlass genommen hat, von dem seitens der Rechtsprechung für verfassungsgemäß erachteten Grundsatz der einheitlichen Anwendung des § 85 Abs. 2 ZPO auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren abzuweichen.

18

Soweit der Kläger die Verletzung rechtlichen Gehörs damit begründet, das Berufungsgericht habe in der Sache nicht einschlägige Entscheidungen zitiert, genügt sein Vorbringen nicht den Darlegungsanforderungen, die an eine Gehörsrüge zu stellen sind. Denn er hat nicht aufgezeigt, was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und inwieweit dieser weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2011 - 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410).

19

b) Die vom Kläger gerügte Besorgnis der Befangenheit der für die Entscheidung über die Berufung zuständigen Richter begründet ebenfalls nicht einen Verfahrensfehler. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Wiederholung der schon bei dem Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit einer Anhörungsrüge erhobenen und beschiedenen Befangenheitsrüge (aa)) als auch für die im hiesigen Verfahren geltend gemachten Befangenheitsgründe (bb)).

20

aa) Die mit der Beschwerde nicht anfechtbare Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs durch das Berufungsgericht stellt eine gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 548 ZPO a.F. (§ 557 Abs. 2 ZPO) der Überprüfung in einem Revisionsverfahren entzogene unanfechtbare Vorentscheidung dar, so dass die Zurückweisung eines Befangenheitsantrags grundsätzlich nicht als Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemacht werden kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. November 2001 - 6 B 59.01 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 29, vom 25. Mai 2001 - 6 B 30.01 -, vom 14. Mai 1999 - 4 B 21.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 20 und vom 3. Februar 1992 - 2 B 11.92 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 305). Die Rüge einer unrichtigen Ablehnung eines Befangenheitsantrages ist nur ausnahmsweise in dem Maße beachtlich, als mit ihr die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 138 Nr. 1 VwGO) geltend gemacht wird (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. November 2001 - 6 B 59.01 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 29, vom 25. Mai 2001 - 6 B 30.01 - und vom 21. März 2000 - 7 B 36.00 -). Das setzt voraus, dass willkürliche oder manipulative Erwägungen für die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs bestimmend gewesen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. November 1999 - 6 C 30.98 - BVerwGE 110, 40 <46> m.w.N.; Beschlüsse vom 9. November 2001 - 6 B 59.01 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 29 und vom 31. Oktober 1994 - 8 B 112.94 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 51). Von einer auf Willkür beruhenden Entscheidung kann im Einklang mit den zum verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf den gesetzlichen Richter entwickelten Grundsätzen nur gesprochen werden, wenn die Entscheidung des Gerichts bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken schlechterdings nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. November 2001 - 6 B 59.01 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 29, vom 13. Juni 1991 - 5 ER 614.90 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 1 VwGO Nr. 28 und vom 25. September 1987 - 9 CB 59.87 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 72).

21

Gemessen hieran hat der Kläger einen Verfahrensfehler schon nicht hinreichend dargelegt. Die Wiederholung der Befangenheitsrüge lässt nicht erkennen, aus welchen Gründen der Befangenheitsbeschluss des Verwaltungsgerichtshofs als willkürlich zu erachten ist.

22

Im Übrigen ist er auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Soweit der Verwaltungsgerichtshof in dem Beschluss vom 23. Mai 2016 die Besorgnis der Befangenheit nicht darin gesehen hat, wie die zur Entscheidung berufenen Richter das Vorbringen des Klägers zur Frage der Verschuldenszurechnung in dem angefochtenen Beschluss gewürdigt haben, ist ein Verstoß gegen das Willkürverbot nicht gegeben. In dem Beschluss über das Befangenheitsgesuch wird im Einzelnen dargelegt, dass die mitwirkenden Richter erst nach Eingang des klägerischen Schriftsatzes entschieden und das Vorbringen des Klägers mit Blick auf die Ausführungen zur Kenntnis genommen und gewürdigt haben. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof auch darauf hingewiesen, dass die Besorgnis der Befangenheit sich grundsätzlich nicht aus dem Umstand begründet, dass die abgelehnten Richter bei der Würdigung des maßgeblichen Sachverhalts oder bei dessen rechtlicher Beurteilung eine andere Rechtsauffassung vertreten als ein Beteiligter; das gilt selbst für irrige Ansichten, solange sie nicht - wofür hier nichts ersichtlich ist - offensichtlich willkürlich sind (stRspr, vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1982 - 1 D 2.81 - BVerwGE 73, 339 <346>). Hiergegen ist nichts zu erinnern.

23

bb) Ein Verfahrensmangel wegen nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Verwaltungsgerichtshofs (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 138 Nr. 1 VwGO) ist auch insoweit nicht gegeben, als der Kläger die Besorgnis der Befangenheit der mit der Berufungsentscheidung befassten Richter aus weiteren im Beschwerdeverfahren geltend gemachten Gründen für gegeben erachtet.

24

Der Kläger führt zum einen aus, dass der Verwaltungsgerichtshof die gebotene Aufforderung an die Verwaltungsbehörde über mehr als ein Jahr unterlassen habe, notwendige Zahlen für die Prüfung der Ablehnung vorzulegen (wohl die Zahlen zur Bestehensquote, die nach dem Willen des Klägers das Gericht vom Beklagten anfordern sollte). Diese Untätigkeit sei damit zu begründen, dass keine Sachentscheidung geplant gewesen sei, sondern die Hoffnung bestanden habe, dass die Berufungsbegründungsfrist versäumt werde. Dieses Verhalten rechtfertige die Besorgnis der Befangenheit.

25

Hiermit hat der Kläger schon nicht hinreichende objektive Gründe aufgezeigt, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass boten, an der Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu zweifeln. In dem hier ein Jahr dauernden Berufungszulassungsverfahren - dies verkennt der Kläger - ist der Verwaltungsgerichtshof auf die Prüfung der fristgerecht geltend gemachten Zulassungsgründe beschränkt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). In diesem Verfahren ist für weitere Sachaufklärungsmaßnahmen kein Raum, denn diese sind dem Berufungsverfahren vorbehalten. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass die zur Entscheidung berufenen Richter vor Ergreifen etwaiger Aufklärungsmaßnahmen erst den Eingang der Berufungsbegründung abwarten, da erst eine zulässige Berufung die Prüfung in der Sache durch das Berufungsgericht eröffnet.

26

Zum anderen trägt der Kläger vor, der Verwaltungsgerichtshof habe durch die unterbliebene Zulassung eine notwendige Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vereitelt. Da die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verzicht auf einen Sachverständigen von derjenigen des Bundesverwaltungsgerichts abweiche, hätte der Verwaltungsgerichtshof Gründe für die Nichtzulassung der Revision angeben müssen.

27

Eine offensichtlich willkürliche, die Besorgnis der Befangenheit begründende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die Nichtzulassung der Revision ist nicht gegeben. Mit seinem Vorwurf übersieht der Kläger, dass das Berufungsgericht die Revision gegen sein Urteil nach § 132 Abs. 2 VwGO nur aus einem der dort genannten Gründe zulassen darf, denen die Entscheidungserheblichkeit der fallübergreifenden Rechtsfrage, des abstrakten Rechtssatzes bzw. des Verfahrensmangels für die vorinstanzliche Entscheidung gemeinsam ist. Die Frage des Verzichts auf einen Sachverständigen ist indes für die berufungsgerichtliche Entscheidung nicht erheblich gewesen, so dass hierauf das Berufungsgericht eine Zulassung der Revision nicht hat stützen dürfen.

28

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 3. September 2014  2 K 822/10 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war in den Streitjahren 2002 bis 2004 als …hersteller (insbesondere von …) in der Rechtsform eines Einzelunternehmens gewerblich tätig (§ 15 des Einkommensteuergesetzes). Aufgrund einer bei ihm in den Jahren 2007 bis 2009 durchgeführten steuerlichen Außenprüfung kam der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) zu dem Ergebnis, dass es sich bei der "Firma X", durch die der Kläger angabegemäß "…" in Thailand fertigen ließ, um eine "Scheinfirma" handelte. Der Kläger habe betriebliche Erträge nicht bzw. unvollständig erfasst oder als Einlage erklärte Aufwendungen seien tatsächlich nicht angefallen. In der Folge erließ das FA am 17. März 2009 auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) gestützte, teilweise auf einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen beruhende Änderungsbescheide betreffend die Einkommen- und Umsatzsteuer 2002 bis 2004.

2

Über die dagegen gerichteten Einsprüche entschied das FA bis zur Klageerhebung am 14. September 2010 nicht.

3

Das Finanzgericht (FG) sah die --vom Bruder des Klägers, Diplom-Ingenieur Y, als dessen Bevollmächtigter erhobene-- Untätigkeitsklage (§ 46 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) als zulässig, jedoch in der Sache unbegründet an. Die Revision gegen sein Urteil ließ es nicht zu.

4

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde, die er --nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 9. April 2015 (§ 116 Abs. 3 Satz 4 FGO)-- auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, das Erfordernis einer Fortbildung des Rechts sowie die Verletzung der Verfahrensgrundrechte und sonstige Verfahrensmängel stützt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO). Auf die Gegenäußerung des FA vom 28. Mai 2015 hat er sein Vorbringen zu den von ihm geltend gemachten Revisionszulassungsgründen mit Schriftsatz vom 3. August 2015 weiter vertieft und zusätzlich ausgeführt, die "Annahme der Revision" sei auch "zur Vermeidung einer Verfassungsbeschwerde angezeigt".

5

Das FA hat beantragt, die Revision gegen das Urteil des FG nicht zuzulassen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

7

Sie ist unzulässig, weil der Kläger die Voraussetzungen eines der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Revisionszulassungsgründe nicht ausreichend dargelegt hat (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

8

1. Die vom Kläger erhobene Grundsatzrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) wird den Darlegungsanforderungen nicht gerecht.

9

a) Soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aus der von ihm gerügten "Verletzung der Verfahrensgrundrechte (...) Persönlichkeitsrechte (...) und deren Folgen" abzuleiten versucht, verkennt er die dem (abschließenden) Katalog der Revisionszulassungsgründe in § 115 Abs. 2 FGO zugrunde liegende Systematik.

10

Grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat eine Rechtssache, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt; ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) muss aus Gründen der Rechtssicherheit, Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegen. Keine grundsätzliche Bedeutung haben demgegenüber Streitigkeiten, deren Entscheidung maßgeblich von den Eigenheiten des konkret zu beurteilenden Sachverhalts bzw. Verfahrens abhängig sind (vgl. Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.). Damit korrespondierend erfordert die Darlegung der Grundsatzbedeutung --in Abgrenzung zur einzelfallbezogenen Verfahrensrüge nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO-- auch das Herausstellen einer Rechtsfrage, die einer abstrakten Klärung zugänglich, d.h. derart konkretisiert ist, dass sie mit "ja" oder "nein" beantwortet werden kann; dagegen ist es nicht ausreichend, wenn die Beantwortung der Rechtsfrage von den Umständen des Einzelfalles abhängt und damit auf die Antwort "kann sein" hinausläuft (Gräber/Ratschow, a.a.O., § 116 Rz 32, m.w.N.).

11

Danach sind die verfahrensrechtlichen Beanstandungen des Klägers ("Verletzung der Sachaufklärungspflicht", "Versagung des Rechts auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 GG", "Verhinderung der Weiterführung der Prozessführung", "Nichtgewährung von Prozesskostenhilfe", "weitere Verletzungen des rechtlichen Gehörs und der Verfahrensgrundrechte") nicht dem Zulassungsgrund der Grundsatzbedeutung, sondern demjenigen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzuordnen (dazu unter II.3.).

12

b) Mit den "einfachen" materiell-rechtlichen Angriffen des Klägers gegen die Richtigkeit des FG-Urteils ("Verletzung des GG", "der Persönlichkeitsrechte", "Gewährleistung des Eigentums", "Verhältnismäßigkeitsgrundsatz") kann er weder unter dem Gesichtspunkt der Grundsatzbedeutung noch sonst die Zulassung der Revision erreichen, weil § 115 Abs. 2 FGO --mit Ausnahme des hier nicht vorliegenden Falls eines qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers, der § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO unterfiele (vgl. Gräber/Ratschow, a.a.O., § 115 Rz 68 ff.)-- keinen entsprechenden Zulassungstatbestand vorsieht.

13

c) Allerdings hat der Kläger in seiner Begründungsschrift zusätzlich folgende (sprachlich z.T. ungenau abgefasste) Fragen aufgeworfen (Nummerierung durch den Senat):

14

  (1)

"Darf die Beklagte ihr jahreslanges nachgewiesenes Fehlverhalten gegen den Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten, ohne dass das Thüringer Finanzgericht diese Fehlverhalten nachgeht und dieses feststellt, im Urteil unberücksichtigt und Wertung lassen."

  (2)

"Wer ist für die fehlenden Gerichtsunterlagen verantwortlich. Wer hat die Kosten für deren Widerbeschaffung zu tragen?"

  (3)

"Ist der § 138 ZPO für die Verfahren vor den Finanzgerichten anwendbar und wen ja in welchen Umfang?"

  (4)

"Darf ein Finanzgericht das nachgewiesene und unbestrittene jahrelange Fehlverhalten der Beklagten, das zu der finanziellen, gesundheitlich und familiären Notlage des Klägers führte und damit seine Existenzgrundlage des Klägers zerstörte, unberücksichtigt lassen?"

  (5)

"Darf ein Finanzgericht mit solchen Methoden versuchen, den Prozessbevollmächtigten des Klägers von der Weiterführung des Verfahrens abhalten?"

  (6)

"Darf ein Finanzgericht mit solchen Methoden die Prozesskostenhilfe verwehren?"

  (7)

"Ist der BFH angehalten, sich der vorstehenden Rechtsfragen anzunehmen, die -wie vorgetragen- das GG in dieser Art und Weise verletzten?"

  (8)

"Ist der BFH angehalten, sich der vorstehenden Rechtsfragen anzunehmen, die -wie vorgetragen- die Verfahrensgrundrechte in dieser Art und Weise verletzten?"

  (9)

"Ist der BFH angehalten, die vorgreiflichen Rechtsachen, die sich aus den Parallelverfahren des Klägers Az. des BFH: III. B 17/14 ergeben und die in unmittelbaren sachlichen und rechtlichen Zusammenhang stehen, einer Gesamtbewertung zu unterziehen?"

15

Ungeachtet dessen, ob es sich dabei jeweils um im Streitfall entscheidungserhebliche Rechtsfragen handelt (zweifelhaft z.B. hinsichtlich Frage 2, Satz 1) bzw. ob die jeweilige Fragestellung die erforderliche Abstraktheit aufweist (zweifelhaft z.B. hinsichtlich Frage 9), fehlt es an jeglicher Auseinandersetzung mit den zu den aufgeworfenen Fragen in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen (s. zu diesem Erfordernis erneut Gräber/Ratschow, a.a.O., § 116 Rz 32, m.w.N.). Damit ist der Kläger bereits aus diesem Grund durchweg den Darlegungsanforderungen an die Grundsatzrüge nicht gerecht geworden.

16

Dieser Mangel tritt anhand der Frage 3, die sich auf § 138 der Zivilprozessordnung (ZPO) bzw. im Speziellen auf Absatz 3 jener Vorschrift bezieht (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 13 f., und Schriftsatz vom 3. August 2015, Seite 1 f.), besonders deutlich zu Tage. Der angerufene Senat hat nämlich --vom Kläger gänzlich unerwähnt gelassen-- bereits mit Beschluss vom 28. Januar 2003 X B 84/02 (BFH/NV 2003, 648, unter 3.a) klargestellt, dass § 138 Abs. 3 ZPO im Verfahren vor dem FG nicht herangezogen werden kann (ebenso z.B. BFH-Urteil vom 14. Juni 2005 VII R 17/04, BFHE 210, 83, unter II.3.c; s. auch Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 155 Rz 4). Grund hierfür ist, dass die Vorschriften der ZPO im vom Amtsermittlungsgrundsatz (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) beherrschten finanzgerichtlichen Verfahren gemäß § 155 Satz 1 FGO nur insoweit sinngemäß anzuwenden sind, als die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen. Gerade § 138 Abs. 3 ZPO, wonach Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, als zugestanden anzusehen sind, ist aber unmittelbarer Ausdruck des spezifisch zivilprozessualen Beibringungsgrundsatzes. Dies ist mit der Sachaufklärungspflicht des FG unvereinbar. Im Gegensatz dazu haben z.B. § 138 Abs. 1 und 2 ZPO in § 76 Abs. 1 Satz 3 FGO eine auf den Finanzgerichtsprozess abgestimmte Entsprechung gefunden.

17

2. Die vom Kläger unter Verweis auf einen der Begründungsschrift als Anlage "RK 6" beigefügten Beschluss des Verwaltungsgerichts (VG) … vom 28. April 2014  2 K … erhobene Divergenzrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) geht fehl.

18

a) Einerseits ist festzustellen, dass der Kläger im vorliegenden, das Urteil des Thüringer FG vom 3. September 2014  2 K 822/10 betreffenden Beschwerdeverfahren nicht mit Einwendungen gehört werden kann, die sich gegen die Nichtzulassung der Revision gegen ein anderes Urteil desselben FG vom 26. November 2013 (2 K 706/09) durch den III. Senat des BFH (Beschluss vom 11. Februar 2015 III B 17/14, betr. Investitionszulage 2002 bis 2004) richten. Dabei kommt es auf den, wie das FA ausgeführt hat, abweichenden Gegenstand des im Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) ergangenen Ablehnungsbeschlusses des VG … erst gar nicht an (dazu unter II.2.b). Ein solches Beschwerdeziel liefe vielmehr ganz generell dem von der FGO statuierten Rechtsschutzsystem zuwider.

19

b) Schließlich ist auch inhaltlich weder vom Kläger dargetan (s. zu den diesbzgl. Anforderungen Gräber/Ratschow, a.a.O., § 115 Rz 48) noch sonst ersichtlich, in welcher konkreten revisiblen Rechtsfrage die Vorinstanz von dem ablehnenden Beschluss des VG … abgewichen sein soll, zumal beide Entscheidungen hinsichtlich ihres Verfahrensgegenstands differieren: Das Urteil der (hiesigen) Vorinstanz betrifft die Änderung der Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide des Klägers für die Jahre 2002 bis 2004, die das FA darauf gestützt hat, dass es sich nach dortigen Erkenntnissen bei der in Thailand ansässigen "X" um eine Scheinfirma handelt. Demgegenüber hat der Beschluss des VG … einen (erneuten) Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH für die beabsichtigte Anfechtung eines Widerrufs- und Leistungsbescheids der Z-Bank vom 1. Juli 2010 zum Gegenstand (Rückforderung von Förderungsmitteln für die Erweiterung einer Betriebsstätte in … zur Herstellung von …).

20

3. Die im Rahmen der Grundsatzrüge geltend gemachten verfahrensrechtlichen Beanstandungen sind unschlüssig (s. allgemein zum Erfordernis der Schlüssigkeit des Rügevortrags Gräber/ Ratschow, a.a.O., § 115 Rz 93, m.w.N.).

21

a) Die vom Kläger erhobene Sachaufklärungsrüge erschließt sich nicht. Soweit er --auf eine im FG-Verfahren nicht in Betracht kommende Anwendung des § 138 Abs. 3 ZPO gestützt (s. II.1.c)-- bemängelt, im Urteil der Vorinstanz seien "entscheidungserhebliche Rechts- und Tatfragen, die im Zusammenhang mit dem Fehlverhaltens der Beklagten stehen, erst gar nicht erfasst, schon gar nicht berücksichtigt und daher auch nicht entschieden" worden, zielt seine Kritik der Sache nach nicht auf einen Verstoß gegen die tatrichterliche Amtsaufklärungspflicht, sondern auf die Richtigkeit (Vollständigkeit) des Urteilstatbestands ab. Hierfür sieht § 108 FGO indes ein eigenständiges, vom Kläger nicht in Anspruch genommenes Rechtsschutzverfahren vor, das der Nichtzulassungsbeschwerde nach dem Lex-specialis-Grundsatz vorgeht und gleichgerichtete Verfahrensrügen präkludiert (vgl. Gräber/Ratschow, a.a.O., § 108 Rz 3, m.w.N.).

22

Unabhängig davon übersieht der Kläger, dass das FG bei der Darstellung des Sach- und Streitstandes (§ 105 Abs. 3 Satz 1 FGO) nicht den Inhalt der von ihm in Anlage "RK 1" der Begründungsschrift zusammengestellten "37 Schriftsätze" wiedergeben musste. Stattdessen hat die Vorinstanz --in zutreffender Anwendung des § 105 Abs. 3 Satz 2 FGO-- an verschiedenen Stellen des Urteils wegen der weiteren Einzelheiten auf die dort genannten Schriftsätze verwiesen (z.B. FG-Urteil, Seite 5, betr. den Schriftsatz vom 20. Juli 2009, oder Seite 6, betr. den Schriftsatz vom 30. August 2010) bzw. den umfangreichen klägerischen Vortrag zusammengefasst (s. FG-Urteil, Seiten 7 ff. und 10). Davon war ausweislich Seite 8 des FG-Urteils insbesondere auch der Inhalt des vom Kläger ins Zentrum seiner Rüge gerückten "119 Seiten umfassenden Schriftsatzes (...) vom 18.07.2014" erfasst. Es ist auch rechtlich nichts dagegen einzuwenden, dass sich das Tatgericht dabei auf den nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Vortrag des Klägers beschränkt hat (vgl. FG-Urteil, Seite 20, 2. Absatz). Entsprechendes gilt für den Umstand, dass sich das FG auf der Grundlage dieses Verfahrensstoffes eine von der Sichtweise des Klägers abweichende Überzeugung gebildet hat (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO). Darauf, dass der 119-seitige Schriftsatz "unbestritten geblieben war" bzw. in der mündlichen Verhandlung "lediglich nur ein einziger Sachverhalt hieraus thematisiert wurde", kommt es verfahrensrechtlich nicht an, weil § 138 Abs. 3 ZPO im Verfahren vor dem FG mit Blick auf § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO keine entsprechende Anwendung findet (s. oben II.1.c).

23

b) Die vom Kläger behauptete Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes --GG--) ist nicht nachvollziehbar. Mit der nach seinem Vortrag unter § 119 Nr. 1 (nicht Nr. 2) FGO zu fassenden Rüge (vgl. Gräber/Ratschow, a.a.O., § 119 Rz 12) bemängelt er, die Vorentscheidung sei ergangen, ohne dass zuvor über von ihm am 20. Oktober und 25./26. November 2013 gestellte Befangenheitsanträge entschieden worden sei; die Anträge seien "bis zum heutigen Tag" nicht verbeschieden.

24

Nach dem Inhalt der Beschwerdebegründung ist jedoch bereits unklar, welche Gerichtspersonen von diesen --nicht mitgeteilten-- Anträgen konkret betroffen waren (Beschwerdebegründung, Seite 4, Mitte, und Seite 7, 6. Absatz: "Berichterstatterin Frau A und den vorsitzenden Richter Herr B"; Seite 7, 4. Absatz: "Vorsitzender Richter Herr B und die Berichterstatterin Frau C"), in welchem Verfahren die Anträge gestellt wurden und --falls diese, worauf der klägerische Vortrag hindeutet, allein im Verfahren 2 K 706/09 des Thüringer FG betreffend die Investitionszulage 2002 bis 2004 angebracht worden sein sollten-- weshalb die dort geltend gemachten, in der Begründungsschrift ebenfalls nicht mitgeteilten Befangenheitsgründe geeignet waren, auf das hiesige Verfahren 2 K 822/10 durchzuschlagen. Darüber hinaus bleibt offen, was es mit den sich aus der Anlage "RK 1" stichpunktartig ergebenden weiteren Befangenheitsanträgen vom 17. Juni, 16. August und 23. September 2013 (s. dort Seiten 8 bis 10) auf sich hat, d.h. insbesondere, ob und wie das FG darüber befunden hat.

25

Nach alledem vermag der Senat aufgrund der lückenhaften Beschwerdebegründung schon nicht zu beurteilen, ob hinsichtlich der Ablehnungsgesuche vom 20. Oktober und 25./26. November 2013 die Fallgruppen des Rechtsmissbrauchs oder der offenbaren Unzulässigkeit vorgelegen haben könnten, in denen nach der Rechtsprechung des BFH --insbesondere im Wiederholungsfall-- kein gesonderter Beschluss mehr zu ergehen braucht, sondern die Qualifizierung des Gesuchs als unzulässig in den Gründen der betreffenden Hauptsacheentscheidung (hier gegebenenfalls im --dem erkennenden Senat gleichermaßen nicht mitgeteilten-- Urteil des Thüringer FG vom 26. November 2013  2 K 706/09) erfolgen kann (vgl. Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 51 Rz 73, m.w.N.). Außerdem lässt sich anhand des Beschwerdevortrags nicht überprüfen, ob die genannten Befangenheitsgesuche, wie für einen Verfahrensverstoß i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 119 Nr. 1 FGO erforderlich, willkürlich übergangen wurden (s. dazu Gräber/Ratschow, a.a.O., § 119 Rz 8, 3. Spiegelstrich a.E., und § 128 Rz 9, jeweils m.w.N.).

26

c) Soweit der Kläger beanstandet, die Vorinstanz habe seinem "Prozessbevollmächtigten (...) mit der Androhung von 5.000.- € Ordnungsgeld untersagen wollen, für den Kläger tätig zu werden", ergibt sich bereits aus den von ihm als Beleg angeführten Dokumenten, dass die Rüge ersichtlich auf einer Fehlinterpretation fußt und in der Folge unschlüssig ist.

27

Aus dem als Anlage "RK 2" zur Begründungsschrift vorgelegten FG-Beschluss vom 18. Dezember 2013  2 V 550/11 geht hervor, dass die Vorinstanz die Vollziehung der angefochtenen Bescheide auf Antrag des Klägers ausgesetzt hat (Aussetzung der Vollziehung --AdV--). In diesem Beschluss hat es hinsichtlich der Kosten des AdV-Verfahrens ausgesprochen, dass diese vom FA zu tragen sind (§ 135 Abs. 1 FGO). Im zugehörigen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25. Juli 2014 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des FG die an den Kläger (Antragsteller) zu zahlenden Kosten auf 20 € (Auslagenpauschale) festgesetzt und dessen weitergehenden --auf § 139 Abs. 3 FGO gestützten-- Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen. Dies hat er damit begründet, dass die darüber hinausgehenden, für den prozessbevollmächtigten Bruder des Klägers geltend gemachten Kosten nicht entsprechend § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht seien. Zur Begründung verwies der Kostenbeamte darauf, dass trotz wiederholter Aufforderung keine entsprechende Rechnung vorgelegt worden sei und es auch nicht glaubwürdig erscheine, dass eine derartige Rechnung existiere, weil eine unbefugte geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen in § 160 Abs. 2 des Steuerberatungsgesetzes mit "Geldstrafe (richtig: Geldbuße) von bis zu 5.000 €" bewehrt sei.

28

Solches stellt keine (auch nicht faktische) Untersagung bzw. kein "Verbot" des weiteren Tätigwerdens als Prozessbevollmächtigter dar. Denn auch im Fall des § 139 Abs. 3 Satz 2 FGO müssen die zu erstattenden Aufwendungen tatsächlich entstanden (hier also vom Kläger an dessen Bruder aufgrund einer Rechnung tatsächlich gezahlt worden) sein. Das ergibt sich schon aus dem Wortsinn des im Gesetzestext verwendeten Verbs "erstatten". In der Folge sind etwa für die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters ersparte und damit rein fiktive Gebühren nicht erstattungsfähig. Ein Beteiligter, der sich im finanzgerichtlichen Verfahren nicht durch einen Bevollmächtigten i.S. von § 139 Abs. 3 Satz 1 FGO vertreten lässt, hat deshalb, sofern er --wie hier der Kläger-- nicht selbst zu diesem Personenkreis gehört, auch keinen Anspruch darauf, dass ihm in entsprechender Anwendung von § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz oder der Steuerberatervergütungsverordnung erstattet werden (so bereits BFH-Beschluss vom 26. April 1977 VII B 102/75, BFHE 122, 24, BStBl II 1977, 615; Schwarz in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 139 FGO Rz 189, m.w.N.).

29

Angesichts dessen kann --wie auch vom FG auf Seite 11 seines Urteils ausgeführt-- vorliegend nicht die Rede davon sein, dass dem Prozessbevollmächtigten des Klägers "unrechtmäßig und willkürlich seine Vergütung (...) verwehrt" oder dieser mit der Aufforderung zur Glaubhaftmachung der weitergehenden Kosten vom Gericht gar zur Begehung einer Ordnungswidrigkeit aufgefordert worden sei. Vielmehr war der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle im Streitfall gehalten, das Vorliegen der Voraussetzungen für den begehrten Kostenansatz nach Maßgabe von § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO sicherzustellen. Den Ausgang des gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25. Juli 2014 angestrengten Erinnerungsverfahrens (Schriftsatz vom 12. August 2014, Anlage "RK 3") hat der Kläger nicht mitgeteilt.

30

d) Die auf die auf Nichtbewilligung von PKH durch die Vorinstanz abzielende Gehörsrüge (s. dazu Gräber/Ratschow, a.a.O., § 128 Rz 11) gibt den zugrunde liegenden prozessualen Sachverhalt nicht vollständig wieder und ist aus diesem Grund unschlüssig. Bei seinem Vortrag, vor dem Hintergrund des AdV-Beschlusses vom 18. Dezember 2013 (s. II.3.c) habe ihm "zwingend für dieses Hauptverfahren (...) Prozesskostenhilfe gewährt werden müssen", verschweigt der Kläger, dass das FG bereits zuvor mit Beschluss vom 17. Dezember 2013  2 K 822/10 (PKH) die Gewährung von PKH ablehnen musste, weil er trotz entsprechender Aufforderung und Fristsetzung (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO) keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht hatte. Dies war gemäß § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO aber für die PKH-Bewilligung konstitutiv und hatte für sich gesehen nichts mit den vom Kläger in diesem Kontext thematisierten Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) zu tun. Die entsprechende Erklärung holte der Kläger --wie er dem Senat ebenfalls nicht mitgeteilt hat-- erst am 25. August 2014, also denkbar kurz vor dem bereits am 23. Juli 2014 auf den 3. September 2014 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung (Ladung dem Kläger und dessen Prozessbevollmächtigten jeweils am 30. Juli 2014 zugestellt), nach. Eine zeitnahe Entscheidung über den PKH-Antrag war sodann nicht möglich, weil ergänzende Fragen zu der eingereichten Erklärung aufgetreten waren (Schreiben des FG vom 29. August 2014), die der Kläger nicht bis zu der am 3. September 2014 durchgeführten mündlichen Verhandlung, sondern erst danach (mit Schreiben vom 8. September 2014) beantwortet hat.

31

Demnach sind --ungeachtet der nicht eingehaltenen Darlegungsanforderungen-- keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Vorinstanz, wie ihr der Kläger unterstellt, die Entscheidung über den Antrag auf PKH gezielt "soweit hinauszögerte, dass in der mündliche Verhandlung kein Rechtsanwalt auf Seiten des Klägers teilnehmen konnte".

32

Konsequent ist auch, dass das FG den PKH-Antrag nach durchgeführter mündlicher Verhandlung und klageabweisender Entscheidung mit Beschluss vom 17. Dezember 2014 mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache erneut abgelehnt hat.

33

Hinsichtlich des in diesem Zusammenhang erhobenen weiteren Einwands, die "abgelehnte und berichterstattende Richterin Frau A" habe an dem PKH-Verfahren mitgewirkt, verweist der Senat auf seine Ausführungen unter II.3.b.

34

4. Zuletzt sind die vom Kläger abermals im Rahmen der Grundsatzrüge behaupteten Verfassungsverstöße nicht erkennbar (der Senat nimmt hierzu der Vollständigkeit halber und zur Befriedung des Rechtsstreits ergänzend Stellung, ohne zu entscheiden, ob die Rügen grundsätzlich geeignet wären, einen qualifizierten Rechtsanwendungsfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zu begründen; den Zulassungsgrund "Annahme der Revision ... zur Vermeidung einer Verfassungsbeschwerde" kennt § 115 Abs. 2 FGO nicht).

35

a) Eine Verletzung des sich aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG ergebenden Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit liegt nicht vor. Der vom Kläger zum Beleg seiner gegenläufigen Ansicht zitierte Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28. Januar 2013  1 BvR 274/12 (Kammerentscheidungen des BVerfG 20, 187) ist nicht einschlägig. Im dortigen Fall (Versagung von PKH für eine Schmerzensgeldklage wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bei der Entscheidung über die Aufnahme auf die Warteliste für eine Organvermittlung) war es zu einer Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit gekommen, weil schwierige, bislang ungeklärte Rechtsfragen im PKH-Verfahren entschieden worden waren. Davon kann nach dem unter II.3.d geschilderten Ablauf des PKH-Verfahrens sowie angesichts dessen, dass der Streitfall durch Urteil entschieden worden ist, hier jedoch ersichtlich nicht ausgegangen werden.

36

b) Die Rüge, der Kläger sei durch das angegriffene Urteil --als Endpunkt eines von Anfang an fehlerhaften Besteuerungsverfahrens-- in seinen Persönlichkeitsrechten in Gestalt der körperlichen Unversehrtheit verletzt ("gesundheitliche Probleme", "Berufsunfähigkeit") bzw. seine Menschenwürde und sein Recht auf "freie Entfaltung" seien tangiert, weil ihm "nicht nur kein faires Verfahren ermöglicht", sondern er auch "erniedrigend und herabsetzend behandelt" worden sei (Art. 1, 2 GG, Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention), geht fehl. Sie stützt sich im Kern auf die Annahme, § 138 Abs. 3 ZPO sei im finanzgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar (vgl. Begründungsschrift, Seite 17: "nachgewiesene Missachtung des Sachverhaltes", "unbestrittene(s) Fehlverhalten der Beklagten führte ... zu den nachgewiesenen gesundheitlichen Problemen des Klägers, die ... ebenfalls unbestritten zu der Berufsunfähigkeit .. führte" usw.). Dies ist jedoch, wie bereits unter II.1.c ausgeführt, unzutreffend.

37

c) Die beanstandete Verletzung der Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) und des in § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs normierten Grundsatzes von Treu und Glauben laufen --wiederum unter irriger Anwendung des § 138 Abs. 3 ZPO-- auf den Einwand hinaus, das FA habe den Kläger pflichtwidrig nicht darauf hingewiesen, "dass er bevor er seine Einzelfirma am … 2008 wegen (...) Berufsunfähigkeit an seinen Bruder übertragen musste (...) von der Beklagten im Jahre 2009 in Anspruch genommen werden soll". Eine derartige Hinweispflicht kennt aber weder die AO, noch ergibt sie sich aus allgemeinen Grundsätzen oder gar aus der grundgesetzlichen Eigentumsgarantie, zumal selbst nach dem Vortrag des Klägers offenbleibt, ob das FA von der behaupteten Vermögensübertragung überhaupt im Vorfeld Kenntnis erlangt hatte. Vielmehr ergab sich --umgekehrt-- eine Pflicht des FA zur Änderung der Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide aus § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Eine etwaige Vermögenslosigkeit des Klägers wäre zudem nicht im Festsetzungs-, sondern im Erhebungs- oder Vollstreckungs- bzw. Insolvenzverfahren zu berücksichtigen. Auf dieser, dem finanzgerichtlichen Verfahren nachgelagerten Ebene wirkt sich im Streitfall gegebenenfalls auch der vom Kläger angemahnte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aus.

38

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

39

Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung hat der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 37/15
vom
26. November 2015
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2015:261115IIIZB37.15.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. November 2015 durch die Richter Seiters, Wöstmann, Hucke und Reiter sowie die Richterin Dr. Liebert

beschlossen:
Das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 14. Juli 2015 gegen die an dem Senatsbeschluss vom 18. Juni 2015 beteiligten Richter wird als unzulässig verworfen.
Die Anhörungsrügen des Klägers gegen die Senatsbeschlüsse vom 26. März 2015 und 18. Juni 2015 werden auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:


I.


1
Mit Beschluss vom 26. März 2015 hat der Senat die als Rechtsbeschwerde anzusehende Eingabe des Klägers vom 19. Januar 2015 auf seine Kosten als unzulässig verworfen und auch die weitere Eingabe des Klägers vom 17. Februar 2015, mit der er sich gegen den seine Anhörungsrüge zurückweisenden Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 28. Januar 2015 wenden wollte, als nicht zulässig zurückgewiesen. Daraufhin hat der Kläger die an diesem Beschluss beteiligten Richter S. , Dr. H. , T. und Dr. R. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und zugleich - rechtzeitig - Anhörungsrüge erhoben. Mit Beschluss vom 18. Juni 2015 hat der Senat dieses Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger - wiederum rechtzeitig - Anhörungsrüge erhoben und alle an dem Beschluss vom 18. Juni 2015 beteiligten Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

II.


2
Das erneute Ablehnungsgesuch des Klägers ist unzulässig. Die außerdem erhobenen Anhörungsrügen gegen die Beschlüsse vom 26. März 2015 sowie vom 18. Juni 2015 sind nicht begründet.
3
1. Das Ablehnungsgesuch (§ 42 Abs. 1 ZPO) des Klägers stellt sich als rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig dar. Bei der Ablehnung eines Richters müssen ernsthafte Umstände angeführt werden, die die Befangenheit des einzelnen Richters rechtfertigen. Solche Umstände sind nicht dargelegt. Zudem richtet sich das Ablehnungsgesuch des Klägers unterschiedslos gegen sämtliche an dem Beschluss vom 18. Juni 2015 beteiligten Richter, ohne dass ernsthafte Umstände, die die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen könnten, substantiiert vorgetragen werden oder sonst erkennbar sind (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 23. April 2015 - III ZA 11/15, juris Rn. 3 sowie vom 26. August 2014 - III ZR (Ü) 1/14, BeckRS 2014, 17823 Rn. 2).
4
2. Da das Ablehnungsgesuch unzulässig ist, kann der Senat unter Beteiligung auch abgelehnter Richter entscheiden (vgl. Senatsbeschluss vom 23. April 2015 aaO, Rn. 4; BGH, Beschluss vom 10. April 2008 - AnwZ (B) 102/05, BeckRS 2008, 07419 Rn. 4).
5
3. Die gegen die Senatsbeschlüsse vom 26. März 2015 und 18. Juni 2015 gerichteten Anhörungsrügen sind unbegründet. Der Senat hat in den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Beratungen das Vorbringen des Klägers in vollem Umfang berücksichtigt, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Die dagegen gerichteten allgemeinen und sich wiederholenden Ausführungen bieten keinen begründeten Anlass, von den getroffenen Entscheidungen abzuweichen.
6
4. Der Kläger kann nicht mit der Bescheidung weiterer Eingaben in dieser Sache rechnen.
Seiters Wöstmann Hucke
Reiter Liebert
Vorinstanzen:
LG Verden, Entscheidung vom 08.10.2014 - 8 O 268/14 -
OLG Celle, Entscheidung vom 05.01.2015 - 9 W 176/14 -

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.