Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 27. Sept. 2017 - L 1 R 761/16 WA

bei uns veröffentlicht am27.09.2017
vorgehend
Sozialgericht Regensburg, S 11 R 4358/11, 22.05.2013

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Gegenvorstellung vom 7. November 2016 gegen das Urteil vom 29. September 2016 wird zurückgewiesen.

II. Der Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Verfahren L 1 R 673/13 wird abgelehnt.

III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Die Klägerin ist die Witwe des am 11.02.2010 verstorbenen Versicherten Dr. A. Streitig war im Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen L 1 R 673/13 zwischen den Beteiligten die Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der Teilaufhebung eines Rentenbescheids und der Rückforderung überzahlter Rentenleistungen nach dem Tod des Versicherten.

Gegenstand des Verfahrens war neben dem noch gegenüber dem verstorbenen Ehemann der Klägerin ergangenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10.08.2009 der gegenüber der Klägerin ergangene Rückforderungsbescheid vom 27.07.2011, beide Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2011. Ein früherer Widerspruchsbescheid vom 27.12.2010 ist in einem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg (Aktenzeichen S 10 R 4021/11) aufgehoben worden, worauf die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat. Mit Urteil vom 22.05.2011 hat anschließend das Sozialgericht Regensburg die gegen die Bescheide vom 10.08.2009 und 27.07.1011 gerichtete Klage abgewiesen. Es hat insbesondere darauf abgestellt, dass auch der noch gegenüber dem verstorbenen Ehemann der Klägerin ergangene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10.08.2009 wirksam ergangen sei.

Im Berufungsverfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht hat die Klägerin an ihrer Auffassung festgehalten, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10.08.2009 keine wirksame Grundlage für eine Rückforderung darstellen könne. Da ihr verstorbener Ehemann bereits damals geschäftsunfähig gewesen sei, habe ihm gegenüber der Bescheid nicht mehr wirksam bekanntgegeben werden können.

Nach mündlicher Verhandlung vor dem Senat ist am 29.09.2016 ein Urteil ergangen, mit dem die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 22.05.2013 zurückgewiesen worden ist. Das Urteil ist nach Schluss der mündlichen Verhandlung und geheimer Beratung durch Verlesen der Urteilsformel verkündet worden. Es ist der Klägerin über ihren Bevollmächtigten am 17.11.2016 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 04.11.2016, eingegangen beim Landessozialgericht am 07.11.2017, hat die Klägerin Gegenvorstellung erhoben und Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gestellt. Zur Begründung hat sie an ihrer Auffassung festgehalten, dass der Bescheid vom 10.08.2009 aufgrund der Geschäftsunfähigkeit ihres verstorbenen Mannes nicht wirksam bekannt gegeben worden und daher unheilbar nichtig sei. Die Beklagte habe, indem sie den Rechtsstreit nach der Erledigterklärung des früheren Klageverfahrens weiterverfolgt habe, arglistig gehandelt. In einem rechtsstaatlichen Verfahren bestimme allein der Kläger durch seinen Antrag den Streitgegenstand.

Außerdem hat die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil vom 29.09.2016 Beschwerde zum Bundessozialgericht erhoben, die mit Beschluss vom 20.06.2017 als unzulässig verworfen worden ist (Aktenzeichen B 5 R 382/16 B). Die Klägerin hat im Beschwerdeverfahren eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sowie einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz gerügt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Berufungsakte Bezug genommen.

II.

1. Die Gegenvorstellung der Klägerin gegen das Urteil des Senats vom 29.09.2016 ist zurückzuweisen. Sie ist bereits nicht statthaft.

Über diesen im Gesetz nicht vorgesehenen Antrag, der darauf abzielt, der Senat solle sein im förmlichen Rechtsmittelverfahren nicht mehr abänderbares Urteil vom 29.09.2016 aufheben, ist in der für den Erlass eines Urteils vorgeschriebenen Besetzung der Richterbank, also unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter zu entscheiden, weil das Gesetz die Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter nicht ausschließt, und die Klägerin das rechtliche Gegenstück zum Erlass eines Urteils, nämlich dessen Aufhebung durch dasselbe Gericht begehrt (§§ 40 Satz 1, 33 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Gleichwohl darf der Senat gemäß §§ 153 Abs. 1, 142 Abs. 1 SGG durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil eine Gegenvorstellung kein das abgeschlossene Berufungsverfahren erneut eröffnendes Rechtsmittel und auch kein Wiederaufnahmeverfahren i.S. von § 179 SGG ist (BSG, Beschluss vom 29.05.1991 - 4 RA 12/91). Eine Wiederaufnahmeklage i.S. von § 179 SGG i.V.m. §§ 579, 580 Zivilprozessordnung (ZPO) hat die anwaltlich vertretene Klägerin, die ihren Rechtsbehelf ausdrücklich als „Gegenvorstellung“ bezeichnet und keine Wiederaufnahmegründe im Sinne der vorgenannten Vorschriften vorgetragen hat, nicht erhoben.

Die gegen das Urteil vom 29.09.2016 gerichtete Gegenvorstellung der Klägerin ist bereits deshalb nicht statthaft, weil der Senat nach dem maßgeblichen Prozessrecht nicht mehr befugt ist, seine Entscheidung von Amts wegen zu ändern. Gemäß § 202 SGG i.V.m. § 318 ZPO, die eine abschließende gesetzliche Abwägung zwischen den Anforderungen der Rechtssicherheit und dem öffentlichen Interesse an der Korrektur inhaltlich unrichtiger End- und Zwischenurteile enthalten, ist der Senat an die Entscheidung, die in dem von ihm erlassenen Endurteil vom 29.09.2016 enthalten ist, gebunden (so für alle der materiellen Rechtskraft fähigen Entscheidungen u.a. Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 19.06.1979 - VII R 79 - 80/78 -, BFHE 128, 32; Bundesarbeitsgericht - BAG -, Beschluss vom 18.05.1972 - 3 AZR 27/72 -, juris; Reinhold in /Putzo, ZPO, 37. Aufl. 2016, Vorbem. § 567, Rn. 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 17. Aufl. 2017, vor § 143, Rn. 16).

Außerdem setzt die Zulässigkeit einer Gegenvorstellung voraus, dass dem Betroffenen grobes prozessuales Unrecht zugefügt worden ist, das im Wege der richterlichen Selbstkontrolle beseitigt werden muss (BSG, Beschluss vom 19.01.2010 - B 11 AL 13/09 C -, SozR 4-1500 § 60 Nr. 7; BVerfG vom 08.07.1986 - 2 BvR 152/83 -, BVerfGE 73, 322 mwN).

Die Klägerin hat mit ihrer Gegenvorstellung aber keinen Verfahrensfehler und damit erst recht kein grobes prozessuales Unrecht geltend gemacht, sondern sich ausschließlich gegen die sachlich-rechtliche Richtigkeit der Entscheidung gewandt. Sie hat insbesondere ihre Auffassung wiederholt, wonach der streitgegenständliche Bescheid vom 10.08.2009 nicht wirksam ergangen sei und nach der Erledigterklärung des gegen den Widerspruchsbescheid vom 27.12.2010 angestrengten Klageverfahrens auch nicht mehr rechtshängig gewesen sei. Inwieweit die von ihrer Auffassung abweichende Beurteilung der Rechtslage durch das Berufungsgericht eine schwerwiegende Rechtsverletzung, insbesondere eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten darstellen könnte, wird von ihr nicht begründet. Auch aus dem mittlerweile abgeschlossenen Beschwerdeverfahren vor dem BSG, Az.: B 5 R 382/16 Bergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin ein grobes prozessuales Unrecht widerfahren sein könnte.

2. Die Voraussetzungen für die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung sind nicht erfüllt, weil der Antrag erst nach der Verkündung des Urteils gestellt worden ist.

Die Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist ebenfalls durch den Senat und nicht den Vorsitzenden alleine zu treffen (BSG, Urteil vom 31.01.1974 - 4 RJ 183/73 -, SozR 1500 § 121 Nr. 1 und Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, a.a.O., § 122, Rn. 4a). Die ehrenamtlichen Richter wirken dabei mit (Peters/Sautter/Wolff, SGG, 4. Aufl. 2016, § 121, Rn. 55; Roller in Lüdke/Berchtold, SGG, 5. Aufl. 2017; § 121, Rn. 7 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 31.01.1974 - 4 RJ 183/73 - SozR 1500 § 121 Nr. 1; BVerwG, Beschluss vom 15.07.2008 - 8 B 24/08 - und BAG, Urteil vom 25.01.2012 - 4 AZR 185/10 -; a.A. für einen nicht im Anschluss an die mündliche Verhandlung gestellten Antrag: Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage 2014, § 121, Rn. 7 und wohl auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 121, Rn. 4a).

Gemäß § 121 Satz 2 SGG kann das Gericht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beschließen. Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung erfolgt durch den Vorsitzenden und kann auch von den Beteiligten angeregt werden. Sie steht, wenn keine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, im Ermessen des Gerichts. Sie ist allerdings nur möglich, solange eine (andere) Entscheidung noch möglich ist. Das war vorliegend nicht der Fall. Der Senat hat über die Berufung aufgrund mündlicher Verhandlung am 29.09.2016 entschieden (§ 129 SGG). Die Urteilsformel ist im Termin nach Schluss der mündlichen Verhandlung durch die Vorsitzende verlesen worden. Das Urteil ist damit bereits vor der Zustellung der vollständigen Urteilsgründe am 29.09.2016 wirksam geworden (§ 132 Abs. 2 SGG; Keller, a.a.O., § 125 Rn. 4). Der Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist aber erst mit dem am 07.11.2016 beim Landessozialgericht eingegangenen Schriftsatz und damit nach dem Wirksamwerden des Urteils gestellt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 580 Restitutionsklage


Die Restitutionsklage findet statt:1.wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;2.wenn eine Urkunde, auf die das Urteil

Zivilprozessordnung - ZPO | § 579 Nichtigkeitsklage


(1) Die Nichtigkeitsklage findet statt:1.wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;2.wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht diese

Zivilprozessordnung - ZPO | § 318 Bindung des Gerichts


Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 179


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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 132


(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es wird grundsätzlich in dem Termin verkündet, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird. Ausnahmsweise kann das Urteil in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus anges

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 129


Das Urteil kann nur von den Richtern gefällt werden, die an der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung teilgenommen haben.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 121


Nach genügender Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.

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Tatbestand 1 Der Senat hat in der Besetzung der abgelehnten Richter mit Beschluss vom 19. August 2009 den Antrag des Klägers, ihm zur Durchführ

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Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 22. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der Teilaufhebung eines Rentenbescheids und der Rückforderung überzahlter Rentenleistungen nach dem Tod des Versicherten. Der 1933 geborene und 2010 verstorbene Ehemann der Klägerin erhielt von der Beklagten ab dem 01.10.1998 Altersrente in Höhe von 2.705,45 DM. Der Rentenbescheid vom 18.08.1998 enthält auf Seite 3 einen Hinweis dahingehend, dass der Bezug von Sozialleistungen, die von einem Träger im Ausland erbracht werden, unverzüglich mitzuteilen sei. Im März 2009 teilte der slowakische Rentenversicherungsträger der Beklagten mit, dass der Ehemann der Klägerin auch eine Altersrente von der slowakischen Rentenversicherung erhalte. Auf Nachfrage der Beklagten wurde im Mai 2009 mitgeteilt, dass die Rente seit dem 30.08.2000 und zuletzt (seit dem 01.01.2009) in Höhe von 291,40 EUR gewährt werde. Die Beklagte stellte eine Deckungsgleichheit der jeweils berücksichtigten Zeiten von 93,44% fest (366 zu 342 Monate) fest und rechnete in diesem Verhältnis die mitgeteilten Rentenbeträge gemäß § 31 Fremdrentengesetz (FRG) auf die Altersrente an. Für die Zeit ab dem 01.08.2009 erließ sie den Rentenbescheid vom 01.07.2009. Nach Anhörung mit Schreiben vom 08.07.2009 erging am 10.08.2009 ein weiterer Rentenbescheid, mit dem die Regelaltersrente vom 01.10.1998 bis zum 31.07.2009 neu berechnet und die sich hieraus ergebende Überzahlung in Höhe von 18.665,62 EUR zurückgefordert wurde. Der ursprüngliche Rentenbescheid vom 18.08.1998 sei hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 01.09.2000 nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zum Teil aufzuheben und die entstandene Überzahlung nach § 50 SGB X zu erstatten. Im Namen ihres Mannes und aufgrund einer Vollmacht vom 11.03.1996 erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 10.08.2009 Widerspruch, den sie mit einer seit Jahren bestehenden Alzheimererkrankung ihres Mannes begründete. Dieser habe jedenfalls nicht schuldhaft gehandelt. Da die gesamte Rente monatlich für den Lebensunterhalt verwendet worden sei, bestehe auch keine Bereicherung mehr. Nach der im Original vorgelegten handschriftlichen Vollmacht vom 11.03.1996 wurde die Klägerin von ihrem Ehemann bevollmächtigt, ihn "in allen geschäftlichen und privaten Angelegenheiten, besonders betreffend seine Erkrankung", zu vertreten. Als Nachweis für die Erkrankung wurden von ihr ein Arztbrief von Dr. K. vom Bezirksklinikum R. vom 16.09.2009 sowie ein Bericht des Krankenhauses B. in R. über einen stationären Aufenthalt im November 2009 vorgelegt. 2010 verstarb der Versicherte. Der Widerspruch wurde mit an die Klägerin adressiertem Widerspruchsbescheid vom 27.12.2010 zurückgewiesen. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg (S 10 R 4021/11) rügte die Klägerin, dass sie gegen ihren Willen in ein Widerspruchsverfahren hineingezogen worden sei, das nicht sie, sondern ihren Ehemann betreffe. Die Beklagte hob daraufhin am 27.02.2011 den Widerspruchsbescheid vom 27.12.2010 auf, worauf die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärte. Am 27.07.2011 erließ die Beklagte gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes einen weiteren Bescheid, mit dem von ihr nach § 50 SGB X i. V. m. §§ 1922, 1967 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Überzahlung aus dem Aufhebungsbescheid vom 10.08.2009 in Höhe 18.665,62 EUR zurückgefordert wurde. Die Beklagte wies darauf hin, dass der Widerspruchsbescheid vom 27.12.2010 nur wegen formaler Mängel habe aufgehoben werden müssen. Die Klägerin legte auch gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, den sie damit begründete, dass hinsichtlich der Aufhebung der Rentengewährung nach der Aufhebung des Widerspruchsbescheids noch keine bestandskräftige Sachentscheidung vorliege und ihr verstorbener Ehemann krankheitsbedingt schuldlos gehandelt habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2011 wies die Beklagte sowohl den Widerspruch gegen den Bescheid vom 10.08.2009 als auch den Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.07.2011 zurück. Nach § 31 FRG sei der Rentenbescheid vom 18.08.1998 teilweise aufzuheben gewesen, wodurch vom 01.09.2000 bis 31.07.2009 eine Überzahlung in Höhe von 18.665,62 EUR entstanden sei. Bei der Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X komme es auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit nicht an. Gemäß § 31 FRG trete das Ruhen des Rentenanspruches kraft Gesetzes ein. Außerdem habe der Ehemann der Klägerin gegen seine Mitteilungspflicht im Sinne von § 48 Abs. 1 Nr. 2 SGB X verstoßen, was einen weiteren Aufhebungsgrund darstelle. Die Erstattungspflicht beruhe auf § 50 SGB X. Die Aufhebung selbst sei gemäß § 45 Abs. 3 Satz 4 und Satz 5 SGB X auch über den Ablauf von 10 Jahren hinaus möglich, da eine Rücknahmeentscheidung getroffen worden sei, die eine laufende Geldleistung zum Gegenstand habe. Ein atypischer Fall gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X sei geprüft und im Hinblick auf die Erkrankung auch angenommen worden. Allerdings erscheine es auch unter Berücksichtigung dieser Umstände nicht sachgerecht, auf die Rückforderung zu verzichten. Eine unbillige Härte sei nicht erkennbar. Über ihren Bevollmächtigten hat die Klägerin am 27.12.2011 Klage zum Sozialgericht Regensburg erhoben und geltend gemacht, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10.08.2009 gegenüber ihrem verstorbenen Ehemann offensichtlich rechtswidrig und nicht bestandskräftig geworden sei. Da dieser Bescheid auch nicht Gegenstand des Widerspruchs der Klägerin geworden sei, sei der nur gegenüber der Klägerin ergangene Widerspruchsbescheid nicht wirksam bekanntgegeben. Daher könne auch der Rückforderungsbescheid keinen Bestand haben. Schließlich sei es widersprüchlich, eine Verfahrensbeteiligte zuerst durch Rücknahme eines Widerspruchsbescheides klaglos zu stellen und anschließend den Anspruch erneut zu erheben. Die Erkrankung des Ehemannes könne jederzeit mit gutachterlichen Stellungnahmen der behandelnden Ärzte nachgewiesen werden. Die Verbindlichkeit sei nicht im Wege des Erbfalls auf die Klägerin übergegangen. Mit Urteil vom 22.05.2011, der Klägerin zugestellt am 01.07.2011, hat das Sozialgericht Regensburg die Klage abgewiesen. Gegenstand der Klage seien sowohl der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10.08.2009 gegenüber dem verstorbenen Ehemann der Klägerin als auch der ihr gegenüber ergangene Rückforderungsbescheid vom 27.07.2011 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2011. Soweit der Widerspruch gegen den Bescheid vom 10.08.2009 noch vom verstorbenen Ehemann der Klägerin erhoben worden sei, sei mit dem Widerspruchsbescheid vom 05.12.2011 gegenüber ihr als Rechtsnachfolgerin entschieden worden. Diese habe das Verfahren als Gesamtrechtsnachfolgerin gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. §§ 239 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) weiter betrieben und sei daher zutreffende Adressatin des Widerspruchsbescheids gewesen. Insofern sei er ihr gegenüber auch ordnungsgemäß bekannt gegeben worden. Die angegriffenen Bescheide seien auch in der Sache rechtlich nicht zu beanstanden. Dabei könne offen bleiben, inwieweit der verstorbene Ehemann der Klägerin eine Mitteilungspflicht hinsichtlich des neuen Rentenbezuges verletzt habe. Denn die Rückforderung beruhe auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X, wonach es genüge, dass nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruches geführt haben würde. Die erforderlichen Fristen seien am 10.08.2009 noch nicht verstrichen gewesen. Ermessen sei ausgeübt worden. Gegenüber der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin (Vorerbin) ihres verstorbenen Ehemanns habe auch ein Erstattungsanspruch nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Bescheid vom 27.07.2011 geltend gemacht werden können. Am 09.07.2013 hat die Klägerin Berufung gegen das Urteil zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Dem Haftungsbescheid fehle jegliche Rechtsgrundlage. Bereits während des Anhörungsverfahrens sei der verstorbene Ehemann der Klägerin aufgrund seiner Erkrankung geschäftsunfähig gewesen und habe daher weder Briefe noch Verwaltungsakte wirksam entgegennehmen können. Hierfür hätte es eines gesetzlichen Vertreters bedurft. Die Klägerin sei aber weder gesetzliche Vertreterin noch Betreuerin oder auch nur Postbevollmächtigte gewesen. Es wäre Aufgabe der Beklagten gewesen, für ihren geschäftsunfähigen Ehemann gemäß § 15 Abs. 1 SGB X einen Betreuer zu beantragen. Die vorgelegte Vollmachtserklärung stelle weder eine Vorsorgevollmacht dar noch enthalte sie eine Postvollmacht. Der an den verstorbenen Ehemann adressierte Bescheid vom 10.08.2009 sei daher nichtig. Das Widerspruchsverfahren gegen den Anscheinsverwaltungsakt sei noch offen. Der vorsorglich eingelegte Widerspruch heile weder seine Nichtigkeit noch die Nichtigkeit der Zustellung. Im Zeitpunkt des Erlasses des zweiten Bescheids vom 27.07.2011 sei die Jahresfrist seit Kenntnis bereits abgelaufen gewesen. Der Bescheid vom 05.11.2011 lasse selbst für einen Juristen nicht erkennen, ob er sich an die Klägerin als Widerspruchsführerin, Erbin oder Bevollmächtigte wende. Vor diesem Hintergrund seien auch die nachfolgend ergangenen Entscheidungen über die laufende Rentenkürzung und die Höhe der Witwenrente unwirksam. Die Beklagte sei insoweit beweispflichtig. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass es auf die Geschäftsfähigkeit des Bescheidempfängers nicht ankomme, da die Klägerin bereits damals über eine wirksame Vollmacht verfügt und von dieser auch Gebrauch gemacht habe, indem sie gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt habe. Dies belege auch, dass sie von dem Bescheid Kenntnis erlangt habe. Als Rechtsnachfolgerin ihres Mannes seien ihr sowohl der Bescheid vom 27.07.2011 als auch der Widerspruchsbescheid vom 05.12.2011 zu Recht als Beteiligte und nicht mehr als Bevollmächtigte zugegangen. Der Senat hat am 27.04.2015 einen Hinweis dahingehend erteilt, dass aufgrund der nicht beschränkten Vollmacht von einer wirksamen Zustellung des Bescheids auszugehen sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 29.09.2016 hat die Klägerin erklärt, dass für ihren verstorbenen Mann zu keinem Zeitpunkt eine Betreuung beantragt worden sei und sie Alleinerbin ihres Mannes geworden sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 22.05.2013 sowie die Bescheide vom 10.08.2009 und 27.07.2011 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.12.2011 aufzuheben, hilfsweise einen Beweisbeschluss zu erlassen, mit dem Dr. med. H. K. vom Bezirksklinikum R. beauftragt wird, sich zur Geschäftsfähigkeit des Rentenempfängers Dr. med. A. zur Zeit der Vollmachtserteilung im März 1996 sowie zur Zeit des Erlasses des Rückforderungsbescheides vom 10.08.2009 zu äußern. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Leistungsakten des Beklagten und des Beigeladenen sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist gemäß §§ 143,151 SGG zulässig, insbesondere ist sie statthaft und form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist aber unbegründet. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10.08.2009 sowie der Rückforderungsbescheid vom 27.07.2011, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2011, sind formell und materiell rechtmäßig ergangen und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Entscheidung über die teilweise Aufhebung des Rentenbescheids vom 18.08.1998 ist gegenüber dem verstorbenen Ehemann der Klägerin wirksam mit dem Bescheid vom 10.08.2009 erfolgt. Auf die Frage, ob der Ehemann der Klägerin zu diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig war oder nicht, kommt es dabei nicht entscheidend an. Adressat der Entscheidung war der verstorbene Ehemann der Klägerin als Rentenbezieher und Adressat des ursprünglichen Rentenbescheids. An ihn war der Bescheid gerichtet und ihm ist er im Ergebnis selbst dann wirksam bekanntgegeben worden, wenn er zu diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig im Sinne des Bürgerlichen Rechts war. Denn mit dem tatsächlichen Zugang des Bescheids vom 10.08.2009 an die von ihm noch im Zustand der Geschäftsfähigkeit bevollmächtigte Klägerin ist auch ein daraus resultierender Mangel der Bekanntgabe als geheilt anzusehen. Gemäß § 37 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden. Die Bekanntgabe setzt die Geschäftsfähigkeit des Empfängers voraus. Der an einen Geschäftsunfähigen adressierte Verwaltungsakt wird daher erst mit Bekanntgabe an den gesetzlichen Vertreter oder den besonderen Vertreter nach § 15 Abs. 1 SGB X wirksam (BSG, Urteil vom 02.07.1997 - 9 RV 14/96, SozR 3-1300 § 50 Nr. 19). Die Geschäftsfähigkeit eines Adressaten oder Betroffenen beurteilt sich nach § 11 SGB X. Dies folgt entweder aus dem Rechtsgedanken von § 6 Abs. 1 VwZG oder aus den zivilrechtlichen Regelungen über den Zugang und das Wirksamwerden von Willenserklärungen gegenüber Geschäftsunfähigen in §§ 131, 120 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Unberührt davon bleibt die Bekanntgabe gegenüber dem Bevollmächtigten gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X, die allerdings schon vor dem Hintergrund der nach § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X erforderlichen Ermessensausübung voraussetzt, dass die Bekanntgabe nicht nur zufällig, sondern bewusst an den Bevollmächtigten erfolgt. Die Bekanntgabe ist vorliegend zunächst nicht wirksam erfolgt, wenn der Ehemann der Klägerin, was der geschilderte Krankheitsverlauf und der Tod 2010 sowie die vorgelegten Arztberichte nahelegen, zu diesem Zeitpunkt nicht mehr geschäftsfähig war. Denn die Beklagte hat nicht bewusst an die Klägerin als Bevollmächtigte zugestellt. Dass sie im Rahmen ihrer Vollmacht, die sie zur Wahrnehmung der geschäftlichen Angelegenheiten ihres Mannes berechtigte, den Bescheid erhalten und zur Kenntnis genommen hat, lässt die Fehlerhaftigkeit der Bekanntgabe nicht entfallen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.07.2014 - L 25 AS 2260/12 B PKH). Einer Beweisaufnahme über die Geschäftsfähigkeit des Ehemannes der Klägerin im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheids vom 10.09.2009 bedarf es gleichwohl nicht. Denn die fehlerhafte Bekanntgabe ist dadurch geheilt worden, dass die Klägerin den Bescheid in Empfang genommen und unter Bezugnahme auf die erteilte Vollmacht Widerspruch dagegen eingelegt hat. Dies gilt auch dann, wenn der verstorbene Ehemann der Klägerin zu diesem Zeitpunkt geschäfts- und damit auch handlungsunfähig i. S. d. § 11 Abs. 1 SGB X war (grundlegend zur Rechtslage bei einer Zustellung nach den Regeln des BGB, BGH, Urteil vom 19.03.2008 - VIII ZR 68/07 -, BGHZ 176, 74-79). Weil damit die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführers als wahr unterstellt werden kann, kann der auf die Feststellung der Geschäftsfähigkeit des verstorbenen Versicherten im August 2009 gerichtete Beweisantrag unberücksichtigt bleiben (BSG, Urteil vom 08.09.2010 - B 11 AL 4/09 R).

Die Klägerin war aufgrund der vorgelegten Vollmacht vom 11.03.1996 berechtigt, den Bescheid für ihren Ehemann in Empfang zu nehmen, auch wenn keine Betreuung eingerichtet war. Der Umfang der Vollmacht vom 11.03.1996 ist durch Auslegung zu bestimmen, wobei zunächst der geäußerte Wille des Vertretenen maßgebend ist (vgl. Schilken in Staudinger/Eberhard (2014), BGB § 167, Rn. 84). Nur wenn sich dieser Wille zweifelsfrei nicht ermitteln lässt, findet die Auslegung nach den allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB statt. Der Umfang einer Vollmacht ist demnach so zu bestimmen, wie ein objektiver Empfänger die Erklärung verstehen muss (BFH, Urteil vom 05.10.2000 - VII R 96/99 -, BFHE 193, 41, BStBl II 2001, 86). Führt die Auslegung hierbei zu keinem eindeutigen Ergebnis hinsichtlich des Umfangs der Vollmacht, so ist der geringere Umfang anzunehmen (OLG München, Beschluss vom 21.10.2010 - 34 Wx 133/10 -, NJW-RR 2011, 524). Auch eine allgemein erteilte Verfahrensvollmacht, die nicht eindeutig und ausdrücklich zur Entgegennahme von Verwaltungsakten ermächtigt, kann folglich stillschweigend oder konkludent eine Empfangsvollmacht enthalten und deshalb eine rechtliche Grundlage für eine wirksame Bekanntgabe an den Bevollmächtigten sein.

Vorliegend war die Vollmacht des Klägers zwar nicht als Generalvollmacht bezeichnet, erstreckte sich aber ausdrücklich auf alle geschäftlichen und privaten Angelegenheiten, besonders betreffend seine Erkrankung, was einer Generalvollmacht jedenfalls nahe kommt. Sie enthält keine Einschränkung, etwa auf medizinische Fragen und schließt damit auch eine Empfangsvollmacht als Teilbereich der darin übertragenen Befugnisse ein. Vor allem ergibt sich aus dem Wortlaut, dass der Ehemann der Klägerin sich seiner Krankheit damals bereits bewusst war und er sie gerade oder jedenfalls in Kenntnis der fortschreitenden Krankheit unterschrieben hat. Anhaltspunkte dafür, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin bereits im März 1996 geschäftsunfähig war, ergeben sich weder aus den Akten noch dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung. Dies ist von ihr auch zu keinem Zeitpunkt behauptet worden. Vor diesem Hintergrund ist der auf Aufklärung der Geschäftsfähigkeit des verstorbenen Ehemannes der Klägerin im März 1996 gerichtete Beweisantrag bereits unzulässig, weil es sich dabei um einen Ausforschungs- bzw. Beweisermittlungsantrag handelt (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Urteil vom 24.01.2012 - 1 BvR 1819/10). Vorliegend ist der Beweisantrag vom Bevollmächtigten der Klägerin offensichtlich ohne tatsächliche Grundlage und erst zu einem Zeitpunkt gestellt worden, als er vom Senat darauf hingewiesen worden ist, dass es nach dessen rechtlicher Einschätzung nicht auf die Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Zustellung des Aufhebungsbescheid ankomme. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin aber bereits ausführlich den Krankheitsverlauf ihres verstorbenen Mannes geschildert und Angaben zum Hintergrund der Vollmachtserteilung im Jahr 1996 gemacht. Danach war zu diesem Zeitpunkt die Diagnose einer Alzheimererkrankung zwar bereits gestellt, zumal offensichtlich eine familiäre Vorbelastung bestand. Auch waren erste Anzeichen der Erkrankung nach ihren Angaben bereits sichtbar. Ihr verstorbener Ehemann war aber zu diesem Zeitpunkt noch voll berufstätig und in der Lage, sich vollumfänglich um seine Angelegenheiten zu kümmern. Auch wenn er seine Tätigkeit 1998 krankheitsbedingt aufgeben musste, spricht bereits die Tatsache, dass er bis dahin noch im Berufsleben stand, ganz offensichtlich gegen eine Geschäftsunfähigkeit. Auch wurde die Vereinbarung einer Vollmacht nach ihren Angaben, die sie zunächst gemacht hat, zwar im Bewusstsein einer wohl fortschreitenden Verschlechterung, aber noch bei klarem Verstand ihres verstorbenen Ehemannes getroffen. Tatsächlich hat sich dieser, wenn auch möglicherweise nicht mehr so wie früher, nach ihren Angaben noch Jahre darüber hinaus um seine Angelegenheiten gekümmert, weswegen sie nach ihren Angaben keine Kenntnis von der Zuerkennung der slowakischen Rente hatte. Diese muss also noch im Jahr 2000 vom Verstorbenen selbst beantragt worden sein. Auch die Altersrente bei der Beklagten ist im Jahr 1998 noch von ihm selbst beantragt worden. Hinzu kommt, dass der Verstorbene nach ihren Angaben noch einige Jahre regelmäßig, auch alleine, mit dem PKW in die Slowakei gefahren ist, das letzte Mal noch im Jahr 2001. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vorgelegten ärztlichen Befund von Dr. K. vom 16.09.2009, den die Klägerin im Widerspruchsverfahren vorgelegt hat. Zum einen war der verstorbene Ehemann der Klägerin selbst danach, also wenige Monate vor seinem Tod, immerhin noch örtlich und situativ orientiert und hat den begutachtenden Arzt mit Namen erkannt. Vor allem aber wird darin ausgeführt, dass der neurodegenerative (Abbau-) Prozess "wohl langsam 1999" begonnen und sich in letzter Zeit deutlich beschleunigt habe. Vor diesem Hintergrund stellt sich die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Vermutung, der verstorbene Ehemann des Klägers könne bereits 1996 geschäftsunfähig gewesen sein, als reine aus der Luft gegriffene Vermutung "ins Blaue hinein" dar, die erkennbar ohne tatsächliche Grundlage erhoben worden ist (BVerfG, a. a. O.). Der Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers nach Erteilung der Vollmacht lässt die Vollmacht unangetastet. Lediglich das Weisungsrecht aus dem Grundverhältnis würde nun nur noch dem gesetzlichen Vertreter zustehen. Außerdem ist der Bevollmächtigte ab Eintritt der Geschäftsunfähigkeit seines Vollmachtgebers den Beschränkungen eines gesetzlichen Vertreters (§§ 1821, 1822 BGB) unterworfen (Gehrlein/Weinland in jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 168 BGB, Rn. 9). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Anders als in dem Fall einer erst nach Eintritt der Geschäftsunfähigkeit eingerichteten Betreuung (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.03.2005 - 1 S 254/05 -, juris) ist die fehlerhafte Bekanntgabe vorliegend dadurch geheilt, dass der Bescheid der bereits bei Eintritt der Geschäftsunfähigkeit empfangsberechtigten Klägerin tatsächlich zugegangen ist (vgl. zur ausdrücklichen Regelung bei einer förmlichen Zustellung, § 8 Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG). § 8 VwZG findet bei Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften Anwendung (zur früheren Regelung des § 9 Abs. 1 VwZG, BSG, Urteil vom 11.12.1973 - 2 RU 13/72 -, juris). Analog gilt § 8 VwZG auch für den weniger formstrengen Grundfall der formlosen Bekanntgabe, wenn eine Zustellung wie hier nicht vorgeschrieben ist (BVerwG, Urteil vom 25.02.1994 - 8 C 2/92 -, juris; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 41, Rn. 232). Nach a.A. wird zwar keine Heilung, aber eine durch "rügelose Einlassung" entstandene Verwirkung des Rechts auf eine ordnungsgemäß Bekanntgabe angenommen, wenn der Betroffene - ohne hinsichtlich der fehlerhaften Bekanntgabe einen Vorbehalt zu machen - die Handlung vornimmt, die ihm der Verwaltungsakt aufgibt oder die vorgesehenen Rechtsbehelfe ergreift, ohne die fehlerhafte Bekanntgabe zu rügen (Stelkens, a. a. O. Rn. 238; Pattar in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 37 SGB X, Rn. 156 m.w.N). Auch diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Denn die Klägerin hat unter Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht Widerspruch gegen den Bescheid vom 10.09.2009 eingelegt und diesen inhaltlich angegriffen, ohne den Mangel der Bekanntgabe zu rügen. Dies hat erstmals nach dem Tod ihres verstorbenen Ehemannes ihr Prozessbevollmächtigter getan. Die Klägerin selbst hat noch im Klageverfahren eine Vollmacht vom Januar 2011 vorgelegt, auf der sie sich gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten auf die ihr von ihrem verstorbenen Ehemann erteilte Vollmacht bezieht. Für diese Auslegung sprechen auch Erfordernisse des Rechtsverkehrs. Die Einrichtung einer Betreuung ist nicht zwingend, wenn jemand durch eine umfassende Vollmacht rechtzeitig und ausreichend Vorsorge dafür getroffen hat, dass seine Rechte weiterhin durch die bevollmächtigte Person wahrgenommen werden können. In diesem Fall kann es aber nicht in das Belieben der bevollmächtigten Person gestellt werden, sich nachträglich davon zu distanzieren, um unerwünschte Rechtsfolgen nicht eintreten zu lassen. Der Bescheid vom 10.08.2009 ist auch im Übrigen formell wirksam ergangen, insbesondere ist darin zutreffend der Ehemann der Klägerin als der von der Entscheidung Betroffene als Adressat der Regelung bezeichnet. Die Anhörung ist erfolgt. Der teilweisen Aufhebung und Rückforderung steht auch nicht entgegen, dass der ursprüngliche Adressat inzwischen verstorben ist. Aus Wortlaut und Sinn des § 48 SGB X ergibt sich keine entsprechende Einschränkung und auch das Institut der Berichtigung fehlerhafter Verwaltungsentscheidungen beruht auf der Erwägung, dass dem Prinzip der Unanfechtbarkeit dort Grenzen gesetzt sind, wo es der Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit gebietet. Die Aufhebung der zu hoch berechneten Rente als Grundlage für die nachfolgend gezahlte Hinterbliebenenrente wäre daher - innerhalb der gesetzlichen Fristen - sogar nach dem Tod des Versicherten noch möglich gewesen (BSG, Urteil vom 07.12.1983 - 9a RV 26/82, BSGE 7, 103, 105). Die Entscheidung ist auch inhaltlich rechtmäßig ergangen.

Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit 1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, 2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, 3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder 4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes. Hinsichtlich des Rentenbescheids vom 18.08.1998 ist nachträglich eine wesentliche Änderung eingetreten. Denn der verstorbene Ehemann der Klägerin bezog seit dem 30.08.2000 eine slowakische Altersrente, die im Wesentlichen auf Versicherungszeiten beruhte, die auch bei der Berechnung der deutschen Rente Berücksichtigung gefunden haben. Insoweit kommt § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X analog zur Anwendung. § 48 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB X gilt nach dem Wortlaut zwar nur für die Berücksichtigung von Einkommen/Vermögen, das zum "Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs" geführt haben würde; er ist aber auf Ruhensregelungen, die wie § 31 FRG den Anspruch als solchen nicht berühren, analog anzuwenden (BSG, Urteil vom 22.04.1992 - 5 RJ 77/90; Bayer. LSG, Urteil vom 19.08.2009 - L 13 R 434/09 -, jeweils nach juris).

Die Anrechnung der ausländischen Rente nach § 31 FRG ist rechtmäßig erfolgt. Wird dem Berechtigten von einem Träger der Sozialversicherung oder einer anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland für die nach Bundesrecht anzurechnenden Zeiten eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder an Stelle einer solchen eine andere Leistung gewährt, so ruht nach § 31 Abs. 1 FRG die Rente in Höhe des in Euro umgerechneten Betrages, der als Leistung des Trägers der Sozialversicherung oder der anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausgezahlt wird. Ein derartiger Fall liegt hier vor. Die slowakische Rente basiert bis auf 12 Monate vollumfänglich auf Zeiten, die auch in der deutschen Rente über das FRG bereits erfasst und entgolten werden. In den Fällen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X "soll" der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben werden. Das bedeutet, dass der Leistungsträger in der Regel den Verwaltungsakt rückwirkend aufheben muss, jedoch in abweichenden Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann. Soweit die Beklagte aufgrund der mitgeteilten Erkrankung des Ehemannes einen atypischen Fall angenommen, und geprüft hat, ob von der Rückforderung abgesehen werden kann, hat sie dies im Ergebnis mit zutreffender Begründung verneint. Die gerichtliche Überprüfung ist in diesem Fall darauf beschränkt, zu prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Erkrankung des Versicherten gebietet bei durchgehender Bevollmächtigung der Klägerin und im Interesse der Versichertengemeinschaft nicht zwingend ein Absehen von der Rückforderung. Weitere Anhaltspunkte, die die Ermessenserwägungen als fehlerhaft ansehen lassen würde, liegen nicht vor. Die Klägerin und ihr Ehemann wären aufgrund der mitgeteilten Einkommensverhältnisse auch bei einem teilweisen Ruhen der Altersrente nicht sozialhilfebedürftig geworden. Der Beklagten ist hinsichtlich der unterlassenen Mitteilung der Einkommenserzielung kein mitwirkendes Fehlverhalten vorzuwerfen, da ihr der slowakische Rentenbezug nicht bekannt war. Die Beklagte hat auch sowohl die 10-Jahres-Frist als auch die Handlungsfrist von einem Jahr eingehalten. Nach § 48 Abs. 4 i. V. m. § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nur bis zum Ablauf von 10 Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen bzw. aufgehoben werden. Im Rahmen der Prüfung dieser Frist ist weder Bösgläubigkeit noch grobe Fahrlässigkeit der Klägerin zu prüfen. § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X verweist allein auf die in § 45 Abs. 3 Satz 3 bestimmte Rechtsfolge der Stärkung der Rechtsstellung des Begünstigten nach Ablauf von 10 Jahren, nicht aber auch auf die in dem Wenn-Satz dieser Vorschrift enthaltenen Voraussetzungen für den Eintritt der Rechtsfolge (BSG, Urteil vom 11.12.1992 - 9a RV 20/90; LSG Essen, Urteil vom 24.02.2006 - L 13 R 263/05; Hessisches LSG, Urteil vom 07.11.2006 - L 2 R 188/06 -, jeweils juris). Das bedeutet, dass die Zehnjahresfrist ab der Änderung der Verhältnisse zu laufen beginnt, hier der Zuerkennung der Rente ab dem 30.08.2000. Ebenso ist die Jahresfrist gewahrt (§ 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i. V. m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Die Beklagte hat erst im Jahr 2009 Kenntnis von der slowakischen Rente erhalten. Dem zweiten Bescheid vom 27.07.2011 kommt damit hinsichtlich der Aufhebung des Rentenbescheids vom 18.08.1998 keine rechtsgestaltende Bedeutung mehr zu. Sein Regelungsgehalt beschränkt sich auf die Rückforderung der überzahlten Summe von 18.665,62 EUR gemäß 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X i. V. m. §§ 1922, 1967 Abs. 1 BGB von der Klägerin. Die Klägerin ist als Alleinerbin ihres verstorbenen Mannes im Umfang der Aufhebung durch den Bescheid vom 10.08.2009 verpflichtet, die sich hieraus ergebende Überzahlung zu erstatten. Sowohl ein Aufhebungs- als auch ein Rückforderungsbescheid wegen zu Unrecht gewährter Leistungen können nach dem Tode des Empfängers auch gegen seinen Erben erlassen werden, weil diese entsprechend den §§ 1922, 1967 BGB in die öffentlich-rechtliche Rechtsstellung des Erblassers einrücken. Die Voraussetzungen für die Rückforderung sind nach der wirksam erfolgten Aufhebung gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozeßordnung wieder aufgenommen werden.

(2) Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist ferner zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat.

(3) Auf Antrag kann das Gericht anordnen, daß die gewährten Leistungen zurückzuerstatten sind.

(1) Die Nichtigkeitsklage findet statt:

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.

(2) In den Fällen der Nummern 1, 3 findet die Klage nicht statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

Tatbestand

1

Der Senat hat in der Besetzung der abgelehnten Richter mit Beschluss vom 19. August 2009 den Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. Mai 2009 - L 12 AL 1486/09 - Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen, abgelehnt.

2

Mit Schreiben vom 2. September 2009 hat der Kläger gegen die ihm am 2. September 2009 zugestellte Entscheidung Gehörsrüge und Gegenvorstellung erhoben und die an diesem Beschluss mitwirkenden Senatsmitglieder wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, weil sich der Verdacht nicht nur aufdränge, dass das Gericht das PKH-Verfahren missbrauche, um die Hauptsache vorwegzunehmen, sondern auch, dass das Gericht offensichtlich nicht bereit sei, sich mit einer abweichenden Rechtsauffassung sachlich auseinanderzusetzen.

Entscheidungsgründe

3

1. Die Anhörungsrüge ist unzulässig.

4

Die Zulässigkeit einer Anhörungsrüge setzt ua nach § 178a Abs 2 Satz 5, Abs 1 Satz 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Darlegung des durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten voraus, dass das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. An dieser Voraussetzung fehlt es.

5

Der Anhörungsrüge vom 2. September 2009 sind keine schlüssigen Darlegungen zu entnehmen, dass das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Beschluss vom 19. August 2009 den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt habe. Er macht zwar geltend, sein bisheriges Vorbringen sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, da die Zulässigkeit einer Untätigkeitsbeschwerde - wie er nachgewiesen habe - selbst im Sozialrecht eine juristische Streitfrage sei; insoweit enthalten seine Ausführungen aber im Wesentlichen nur eine Wiederholung und Vertiefung der bisherigen, dem Senat bereits bekannten Argumentation. Soweit der Kläger geltend macht, der Senat könne nicht in einem PKH-Verfahren die Entscheidung über sein Recht auf wirksame Beschwerde vorwegnehmen, wendet er sich lediglich unter Hinweis auf einen angeblichen Gehörsverstoß gegen die Rechtsanwendung durch den Senat. Er verkennt damit, dass es nach den Maßstäben des § 178a Abs 2 Satz 5 SGG gerade nicht ausreicht, im Kern die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung zu beanstanden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt keine Gewährleistung dafür, dass das Gericht dem Vorbringen eines Verfahrensbeteiligten folgt (vgl ua BSG, Beschluss vom 29. November 2005 - B 1 KR 94/05 B; Beschluss vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 3/08 C - und Senatsbeschlüsse vom 30. März 2009 - B 11 AL 5/09 C - und vom 21. August 2009 - B 11 AL 12/09 C).

6

2. Die Gegenvorstellung ist ebenfalls unzulässig.

7

Auch wenn nach Einführung der Anhörungsrüge eine Gegenvorstellung weiter grundsätzlich statthaft ist (vgl Bundesverfassungsgericht , Beschluss vom 25. November 2008 - 1 BvR 848/07, NJW 2009, 829), setzt ihre Zulässigkeit voraus, dass dem Betroffenen grobes prozessuales Unrecht zugefügt worden ist, das im Wege der richterlichen Selbstkontrolle beseitigt werden muss (vgl ua BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 24; SozR 4-1500 § 178a Nr 3). Im vorliegenden Fall zeigen die vom Kläger vorgebrachten Gründe keine schwerwiegende Rechtsverletzung auf, insbesondere nicht die Verletzung von Verfahrensgrundrechten. Dass der Kläger die Rechtsanwendung für verfassungswidrig hält und darin einen Verstoß gegen Art 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention sieht, macht die Gegenvorstellung nicht zulässig. Der Antrag auf PKH war zwingend wegen fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 114 Satz 1 Zivilprozessordnung) abzulehnen. Zur Klarstellung wird nochmals darauf hingewiesen, dass - wie im Beschluss des Senats vom 19. August 2009 ausgeführt - eine vom Kläger geltend gemachte "Untätigkeitsbeschwerde" im Gesetz nicht vorgesehen ist und dieser Rechtsbehelf - gerade unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des BVerfG und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - auch nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung geschaffen werden kann (vgl BSG, Beschluss vom 21. Mai 2007 - B 1 KR 4/07 S - SozR 4-1500 § 160a Nr 17). Insoweit ist die vom Kläger zitierte Entscheidung des 4. Senats des BSG (SozR 4-1500 § 160a Nr 11 RdNr 21 ff) überholt. Aus den dem BSG zur Begründung des PKH-Gesuchs vorgelegten Unterlagen (insbesondere Aufsatz von Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2008, 1783 ff, mit Nachweisen) ergibt sich nichts anderes. Auch danach wird ausdrücklich "der Gesetzgeber" in der Pflicht gesehen (vgl Steinbeiß-Winkelmann, aaO). Die abweichende Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (NJW 2009, 2388) ist nicht mit der BSG-Rechtsprechung zu vereinbaren.

8

3. Das Ablehnungsgesuch des Antragstellers ist ebenfalls unzulässig, da es rechtsmissbräuchlich ist. Es hindert deshalb den Senat auch nicht, über die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter zu entscheiden (vgl auch Bundesfinanzhof , NJW 2009, 3806 f).

9

Es kann dahinstehen, ob eine Richterablehnung im Rahmen einer Anhörungsrüge, die gerade der Selbstkorrektur des Gerichts dienen soll, von vornherein unzulässig ist (vgl Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 152a RdNr 28, Stand Oktober 2008). Die Unzulässigkeit des Ablehnungsgesuchs ergibt sich hier jedenfalls aus seiner Missbräuchlichkeit.

10

a) Nach § 60 SGG iVm § 42 Abs 2 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit des oder der abgelehnten Richter zu befürchten (vgl ua Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl 2009, § 54 RdNr 10 mwN).

11

b) Nach § 60 SGG iVm § 45 Abs 1 ZPO entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Es ist allerdings anerkannt, dass abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs 1 ZPO der Spruchkörper ausnahmsweise in alter Besetzung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter über unzulässige Ablehnungsgesuche in bestimmten Fallgruppen entscheidet. Hierzu zählt ua die pauschale Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers (vgl BVerfG, NJW 2007, 3771; BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 4 RdNr 8; BFH, NJW 2009, 3806 mwN; Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl 2008, § 60 RdNr 10d).

12

So liegt es hier. Der Antragsteller hat in seinem Schreiben vom 2. September 2009 pauschal alle Richter des Senats, die an dem Beschluss vom 19. August 2009 mitgewirkt haben, allein wegen der Mitwirkung an diesem Beschluss abgelehnt, ohne konkrete Anhaltspunkte vorzubringen, die bei vernünftiger objektiver Betrachtung auf eine Befangenheit der Mitglieder des Spruchkörpers hindeuten. Anhaltspunkte für eine Befangenheit ergeben sich insbesondere nicht aus dem Vorbringen des Klägers, das Gericht sei nicht zu einer Auseinandersetzung mit einer abweichenden Rechtsansicht bereit; denn der Senat hat seine vom Kläger beanstandete Entscheidung vom 19. August 2009 ausdrücklich auf den Beschluss des BSG vom 21. Mai 2007 gestützt, dem eine umfassende Auseinandersetzung mit der vom Kläger angesprochenen Problematik zu entnehmen ist.

13

Der Umstand der Vorbefassung vermag für sich genommen die Besorgnis der Befangenheit nicht zu begründen. Das geltende Verfahrensrecht ist von dem Gedanken geprägt, dass ein Richter grundsätzlich auch dann unvoreingenommen an die Beurteilung einer Sache herantritt, wenn er bereits früher mit der Sache befasst war. Ausnahmen hiervon hat der Gesetzgeber in § 60 SGG iVm § 41 Nr 6 ZPO abschließend normiert. Mit der gesetzlichen Wertung des abschließenden Charakters dieses Ausschlussgrundes wäre es nicht vereinbar, wenn der bloße Umstand der Vorbefassung eines Richters mit der Sache geeignet wäre, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Vielmehr müssten besondere zusätzliche Umstände hinzutreten, um in den Fällen der Vorbefassung die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Dies gilt in gleicher Weise für das Verhältnis der Anhörungsrüge zur vorausgehenden, mit ihr angegriffenen PKH-Entscheidung (so BSG, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - B 7 AL 10/09 C - und Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28. Mai 2009 - 5 PKH 6/09, NVwZ-RR 2009 662 f). Besondere Umstände, die hier zur Vorbefassung hinzutreten und die Besorgnis der Befangenheit begründen könnten, sind vor dem Hintergrund des Klagebegehrens nicht ersichtlich.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

15

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 7. Oktober 2009 - 5 Sa 813/08 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Eingruppierung des Klägers als Oberarzt nach der Entgeltgruppe Ä 3 (Oberärztin/Oberarzt) des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken vom 30. Oktober 2006 (TV-Ärzte/TdL).

2

Der Kläger, Facharzt für Anästhesiologie, ist seit dem 1. März 1976 aufgrund mit dem Beklagten geschlossener Arbeitsverträge im Klinikum der T U M (nachfolgend: Klinikum) beschäftigt. Seine Tätigkeit erfasst nach einem Änderungsvertrag vom 29. Januar 1980 die „Fachärztliche Versorgung von Patienten“. Der Kläger führt seit dem Monat Juni 1984 die Bezeichnung „Oberarzt“.

3

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger nach erfolgloser Geltendmachung gegenüber dem Klinikum seine Eingruppierung als Oberarzt. Im Verlauf des Revisionsverfahrens endete das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 31. Mai 2011.

4

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

        

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit 1. Juli 2006 bis zum 31. Mai 2011 entsprechend der Entgeltgruppe Ä 3, Stufe 3 gemäß § 12 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken(TV-Ärzte) zu vergüten und dass der Beklagte die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge beginnend mit dem 31. Juli 2006 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen hat.

5

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 24. Juni 2009 über die vom Kläger eingelegte Berufung wurde ein Verkündungstermin bestimmt. Mit Schriftsatz vom 14. August 2009 hat der Kläger mitgeteilt, er gehe davon aus, dass mit dem Beklagten ein Vergleich zustande gekommen sei. Der Kläger hat mit weiterem Schriftsatz vom 1. September 2009 dem ärztlichen Direktor des Klinikums den Streit verkündet und mit weiterem Schriftsatz vom 15. September 2009 ua. hilfsweise den Antrag gestellt

        

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 1. September 2009 Vergütungen nach der Entgeltgruppe Ä 3, Stufe 3 (Oberarzt) gemäß § 12 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) vom 30. Oktober 2006 zu zahlen und die anfallenden Bruttonachtragsbeträge zwischen der Entgeltgruppe Ä 3 und der Entgeltgruppe Ä 2 im Geltungsbereich des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte), beginnend mit dem 1. September 2009 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt an, hilfsweise seit Rechtshängigkeit, mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

7

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers mit am 7. Oktober 2009 verkündeten Urteil zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist begründet. Es liegt der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts vor (§ 547 Nr. 1 ZPO iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG). Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht.

9

I. Die Verfahrensrüge des Klägers ist zulässig.

10

1. Wird ein absoluter Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 - 5 ZPO geltend gemacht, hat die Revision die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ergeben soll, substantiiert vorzutragen. Die bloße Benennung des Zulassungsgrundes genügt nicht.

11

2. Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung. Der Kläger hat die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Landesarbeitsgerichts im Revisionsverfahren ordnungsgemäß nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO dargelegt(vgl. BAG 26. September 2007 - 10 AZR 35/07 - Rn. 9, AP ZPO § 547 Nr. 7).

12

Er hat zwar nicht die konkrete Rechtsnorm bezeichnet und rügt einen Verstoß gegen den Grundsatz des Anspruchs auf rechtliches Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Dies steht aber der Beachtlichkeit der Rüge nicht entgegen. Die Begründung des Klägers sowie die von ihm auszugsweise zitierte Entscheidung des Sechsten Senats (18. Dezember 2008 - 6 AZN 646/08 - BAGE 129, 89), die sich auf die nicht „vollständige Besetzung“ des Gerichts stützen, lassen die verletzte Rechtsnorm deutlich erkennen. Weiterhin hat der Kläger geltend gemacht, das Landesarbeitsgericht habe nicht unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter geprüft, ob seine Schriftsätze, die er nach Abschluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht und vor Verkündung bei Gericht eingereicht hat, Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gegeben hätten.

13

II. Der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO ist gegeben, weil das Landesarbeitsgericht nicht unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter, die an der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2009 teilgenommen haben, geprüft hat, ob die Schriftsätze des Klägers, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangen sind, Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gaben.

14

1. Nach § 296a Satz 1 ZPO können nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. Aus § 296a Satz 1 ZPO folgt nicht, dass das Gericht einen nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz von vornherein unberücksichtigt lassen darf. Das Gericht muss das Vorbringen vielmehr in jedem Fall beachten. Es hat darüber hinaus zu prüfen, ob Gründe für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 2 ZPO gegeben sind oder ob nach dem Ermessen des Gerichts(§ 156 Abs. 1 ZPO) die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen ist. Auch wenn der nachgereichte Schriftsatz nicht mehr bei der Entscheidung über das Urteil Beachtung finden kann, weil das Urteil nach Beratung und Abstimmung bereits gefällt (§ 309 ZPO), aber noch nicht verkündet ist, hat das Gericht weiterhin bis zur Urteilsverkündung eingehende Schriftsätze zur Kenntnis zu nehmen und eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zu prüfen (BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZN 646/08 - Rn. 3 mwN, BAGE 129, 89; BGH 1. Februar 2002 - V ZR 357/00 - NJW 2002, 1426).

15

2. Über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung hat das Gericht durch den Spruchkörper in vollständiger Besetzung und nicht durch den Vorsitzenden allein zu entscheiden.

16

a) Ist über das Urteil zu dem Zeitpunkt, in dem sich das Gericht mit dem Vorbringen aus dem nachgereichten Schriftsatz befasst oder bei ordnungsgemäßem Verfahrensgang zu befassen hätte, noch nicht abschließend beraten und abgestimmt, das Urteil also noch nicht iSd. § 309 ZPO gefällt, müssen an der Entscheidung über die Frage einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung die Richter mitwirken, die an der vorangegangenen letzten mündlichen Verhandlung beteiligt waren. Entsprechendes gilt grundsätzlich auch dann, wenn das Urteil bereits gefällt, aber noch nicht verkündet ist (BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZN 646/08 - Rn. 4, 5 mwN, BAGE 129, 89; 14. Dezember 2010 - 6 AZN 986/10 - Rn. 6, EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 126).

17

b) Der Grundsatz, dass an der Entscheidung über die Frage einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung die Richter mitwirken, die an der vorangegangenen letzten mündlichen Verhandlung beteiligt waren, gilt auch dann, wenn an der mündlichen Verhandlung ehrenamtliche Richter mitgewirkt haben (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 13, NZA-RR 2012, 12; 18. Dezember 2008 - 6 AZN 646/08 - Rn. 6 mwN, BAGE 129, 89; BGH 23. November 2007 - LwZR 5/07 - NJW 2008, 580). Es obliegt allen Richtern der Berufungskammer, über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

18

c) Dies schließt es aus, dass die Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung allein durch den Vorsitzenden des Spruchkörpers getroffen wird. Nimmt allein der Vorsitzende von nachgereichten Schriftsätzen Kenntnis, wird der Prozesspartei, die diese verfasst hat, nicht nur rechtliches Gehör versagt, sondern auch der gesetzliche Richter entzogen (BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZN 646/08 - Rn. 7 mwN, BAGE 129, 89; 14. Dezember 2010 - 6 AZN 986/10 - Rn. 6, EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 126; BGH 23. November 2007 - LwZR 5/07 - NJW 2008, 580).

19

3. Die ehrenamtlichen Richter U und Dr. P, die an der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2009 teilgenommen haben, waren an einer Beratung über die nachgereichten Schriftsätze des Klägers nicht beteiligt. Somit war das Berufungsgericht bei der Entscheidung über das Urteil, in welchem die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung abgelehnt wird, nicht ordnungsgemäß besetzt. Dieser Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist nach § 547 Nr. 1 ZPO ein absoluter Revisionsgrund mit der Folge, dass die Kausalität der Rechtsverletzung für die angefochtene Entscheidung unwiderlegbar vermutet wird. Deshalb ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

20

a) Der Akte ist nicht zu entnehmen, dass die nachgereichten Schriftsätze des Klägers den ehrenamtlichen Richtern U und Dr. P zur Kenntnis gelangt sind. Das betrifft namentlich denjenigen vom 14. August 2009, in welchem der Kläger mitteilt, aus welchen Gründen er davon ausgehe, er habe mit dem Beklagten bereits einen wirksamen Vergleich geschlossen, und dem weiteren Schriftsatz vom 1. September 2009, in welchem dem ärztlichen Direktor des Klinikums der Streit verkündet wird, sowie den Schriftsatz vom 15. September 2009, wonach die „bisherige Sachlage als wesensgleiches Minus durch die bisherigen Anträge abgedeckt“ ist und nur aus „äußerster Vorsorge“ ein Hilfsantrag gestellt werde.

21

Jedenfalls wurde das Urteil nach Eingang dieser Schriftsätze mit diesen ehrenamtlichen Richtern nicht beraten und über eine etwaige Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keine gemeinsame Entscheidung herbeigeführt. Hiervon muss der Senat nach den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ausgehen. Aus ihnen ergibt sich, dass die Kammer am 24. Juni 2009 „die mündliche Verhandlung geschlossen und das verkündete Urteil abschließend beraten“ hat. Für eine Wiedereröffnung der Verhandlung - so die Urteilsgründe - habe auch aufgrund des Vortrages nach Schluss der mündlichen Verhandlung kein Anlass bestanden. Dem entspricht der niedergelegte Urteilstenor, der dem Protokoll über die Verkündung des Urteils am 7. Oktober 2009 beigeheftet ist. Er ist von den drei Richtern, die an der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2009 teilgenommen haben, unter dem Datum dieses Tages unterschrieben.

22

b) Ein anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass bei der in öffentlicher Sitzung erfolgten Verkündung des Urteils ausweislich des Protokolls die beiden ehrenamtlichen Richter S und J gegenwärtig waren. Diese waren nicht diejenigen gesetzlichen Richter, die über eine Wiedereröffnung zu entscheiden hatten. Es kann aus den vorgenannten Gründen (unter II 3 a) zudem nicht davon ausgegangen werden, mit diesen beiden ehrenamtlichen Richtern sei über die Wiedereröffnung - in rechtsfehlerhafter Besetzung des Gerichts - beraten worden. Dies ergibt sich aus den bereits wiedergegebenen Entscheidungsgründen und weiterhin aus dem von den anderen ehrenamtlichen Richtern niedergelegten und unterschriebenen Tenor sowie aus dem Umstand, dass der Vorsitzende ausweislich des Protokolls „unter Bezugnahme auf den schriftlich niedergelegten Tenor“ das Urteil verkündete.

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Hardebusch    

                 

Nach genügender Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.

Das Urteil kann nur von den Richtern gefällt werden, die an der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung teilgenommen haben.

(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es wird grundsätzlich in dem Termin verkündet, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird. Ausnahmsweise kann das Urteil in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus angesetzt werden soll, verkündet werden. Eine Ladung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

(2) Das Urteil wird durch Verlesen der Urteilsformel verkündet. Bei der Verkündung soll der wesentliche Inhalt der Entscheidungsgründe mitgeteilt werden, wenn Beteiligte anwesend sind.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.