Bundesarbeitsgericht Urteil, 04. Juli 2012 - 4 AZR 759/10
Gericht
Tenor
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1. Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Juli 2010 - 5 Sa 757/09 - aufgehoben.
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2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revisionen - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Kläger und in diesem Zusammenhang darüber, ob die tariflichen Voraussetzungen für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit vorliegen.
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Die bei der Beklagten beschäftigten Kläger sind seit 2002 im Logistikzentrum der Bundeswehr in B tätig. Auf die Arbeitsverhältnisse fanden aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung zunächst der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und ab dem 1. November 2005 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (in der Fassung für die Beschäftigten des Bundes, TVöD) Anwendung. Die Kläger erhielten ein Entgelt nach der VergGr. VI b der Anlage 1a zum BAT und wurden mit Inkrafttreten des TVöD in die Entgeltgruppe 6 TVöD übergeleitet.
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Seit Oktober 2002 wurden dem Kläger zu 2. und seit August 2004 dem Kläger zu 1. von der Beklagten mehrfach nach der VergGr. V c BAT bewertete Tätigkeiten eines „Disponent B“ vorübergehend übertragen. Die Übertragungen erfolgten seit dem Jahre 2004 aufgrund der im Jahr 2001 im Rahmen der „Zusammenführung dislozierter Teileinheiten des LogZBw in W“ beschlossenen Verlagerung ua. des Logistikzentrums am Standort B nach W. Nach einem Strukturkonzept des Kommandeurs des Logistikzentrums der Bundeswehr vom 29. Juli 2004 sollte die sukzessive Verlegung im Zeitraum von fünf bis sieben Jahren erfolgen.
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Mit Schreiben vom 1. April 2008 verlängerte die Beklagte die vorübergehenden Übertragungen der Dienstposten „Disponent B“ für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. Juni 2010. Sie stützte ihre letzte Maßnahme auf den „Befehl Nr. 5 für die Zusammenführung dislozierter Teileinheiten des LogZBw in W“ (nachfolgend Befehl Nr. 5) des Kommandeurs des Logistikzentrums der Bundeswehr vom 15. August 2008, der ihr zum Zeitpunkt der Übertragung bereits im Entwurf bekannt war, sowie auf eine Struktursicherheitsbescheinigung vom 30. August 2007. In dem Befehl Nr. 5 heißt es ua.:
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„1. Lage
Durch die ‚Befehle Nr. 1 - 4 für die Zusammenführung dislozierter Teileinheiten des LogZBw in W’ wurde die Verlegung abgesetzter TE des .LogZBw nach W festgelegt. Unter den Voraussetzungen einer gesicherten und funktionsfähigen Infrastruktur, einer angemessenen personellen Besetzung sowie einer bereits an den erkennbaren Erfordernissen der Zielstruktur ausgerichteten Verfügbarmachung zentraler logistischer Elemente am Standort W schreibt die in diesem Befehl angepasste Migrationsplanung den Befehl Nr. 4 fort.
…
3.
Durchführung
a.
Eigene Absicht
Meine Absicht ist es, die Zusammenführung der Teileinheiten in W in 2010 abzuschließen, sodass anschließend die Umgliederung in die zu erwartende STAN Zielstruktur erfolgen kann. Die Planungen für die Zusammenführung sind auf den 30.06.2010 auszurichten.
Die Voraussetzungen für die weitere Migration sind durch die vorgesetzten Dienststellen sicher zu stellen. Dies umfasst Struktursicherheit, Verfügbarmachen von Personal, Ausbildung und Infrastruktur.
Die Verlegung von Aufgaben kann erfolgen, wenn die Aufgabenerfüllung am neuen Standort sichergestellt ist und folgerichtig kann ein Personalabbau in der Fläche erst nach der Aufgabenverlagerung wirksam werden.
Dazu ist entsprechend der Verfügbarkeit von Personal, Dienstposten ‚Überleitpersonal Disponenten’ (Container-DP), Infrastruktur und Ausbildungskapazität zügig die Migration in der Gliederung der STAN-Zwischenstruktur fortzusetzen, um dabei den durch die Verlegung Betroffenen größtmögliche Planungssicherheit für ihre dienstliche, aber auch persönliche Lebensplanung zu geben.
Der bisherige Verlauf der Migration hat gezeigt, dass die Planung immer wieder an geänderte Rahmenbedingungen angepasst werden muss und es damit zu Verunsicherung und Härten für die Betroffenen kommt.
Mit diesem 'Befehl soll allen an der Ausgestaltung und Entwicklung des LogZBw beteiligten Dienststellen aufgezeigt werden, wie .das LogZBw den strukturellen Umbau sowie die Zusammenführung der dislozierten TE in W unter den getroffenen Annahmen plant.
Nach Abschluss der ersten Maßnahmen (Anl. ‚Migration in 2009 u. ff.’) ist bis zum 30.04.09 eine detaillierte Prüfung der geplanten Folgemaßnahmen auf Realisierungsaussicht vorgesehen, um vor Einleitung weiterer Migrationsschritte ggf. eine Anpassung dieser Planung vornehmen zu können.
…
b.
Allgemeines
Die Erfahrung der bisherigen Migration von TE des LogZBw nach W hat gezeigt, dass es sich nicht als praktikabel erweist, in den Anlagen des Befehls weiterhin einen Detaillierungsgrad wie in den Befehlen Nr. 1 - 3 zu wählen.“
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In der Anlage 2 zum Befehl Nr. 5 - „Migrationsplan LogZBw“ - ist eine Verlagerung des Bereichs, in dem die Kläger tätig sind, für Ende des zweiten Kalenderquartals 2010 vorgesehen, allerdings - im Gegensatz zu anderen Bereichen - mit dem Fußnotenvermerk „Planung, Entscheidung steht aus (abhängig von verfügbarer Infrastruktur, Personalgewinnung, Ausbildung Personal)“. Durch sog. Struktursicherheitsbescheinigungen wird für die jeweilige Einheit, die von Organisationsbefehlen betroffen ist, bis zu einem bestimmten Datum eine „Struktursicherheit“ bescheinigt.
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Die Kläger haben aufgrund der ihnen übertragenen Tätigkeit eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 9 TVöD erfolglos geltend gemacht.
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Mit ihren Klagen verfolgen sie ihr Begehren weiter. Sie sind der Auffassung, dass die mehrfache, nur vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit eines „Disponenten B“ billigem Ermessen widerspreche, die insbesondere zu niedrigeren Versorgungsanwartschaften führen würde. Die Beklagte könne sich nicht auf die Verlagerungsplanung aus dem Jahre 2002 berufen. In W seien bis Mitte des Jahres 2009 weder die organisatorischen noch die personellen Voraussetzungen für eine Zusammenführung der Logistikzentren der Bundeswehr geschaffen worden. Der Zeitpunkt der Verlagerung sei nach wie vor ungewiss.
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Der Kläger zu 1. hat zuletzt beantragt
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn ab August 2007 nach der Entgeltgruppe E 9 Stufe 4 TVöD zu vergüten und auf die monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Entgeltgruppen E 6 und E 9 Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen abzüglich der seitens der Beklagten seit August 2007 geleisteten Zulagen.
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Der Kläger zu 2. hat zuletzt beantragt
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn ab Juni 2007 nach der Entgeltgruppe E 9 Stufe 4 TVöD zu vergüten und auf die monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Entgeltgruppen E 6 und E 9 Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen abzüglich der seitens der Beklagten seit Juni 2007 geleisteten Zulagen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen. Die Verlagerung nach W erfolge auf der Grundlage des Strukturkonzepts von Juli 2004. Diese Planung sei fortgeschrieben und durch endgültige Entscheidung des Kommandeurs vom 15. August 2008 realisiert worden. In dieser komme die Absicht zum Ausdruck, die Zusammenführung der Teileinheiten im Jahr 2010 abzuschließen. Im Jahre 2008 sei die Sachlage im Hinblick auf die Prognose klar gewesen. Allerdings habe die fehlende Sicherheit über die zukünftigen Strukturen einer dauerhaften Übertragung entgegengestanden. Erst im Jahr 2010 sei erkannt worden, dass das ursprüngliche Konzept zum 31. Dezember 2010 nicht mehr habe umgesetzt werden können. Die Realisierung des Strukturkonzepts sei nunmehr zum 31. Dezember 2013 vorgesehen.
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Das Arbeitsgericht hat den Klagen für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 stattgegeben. Auf die Berufungen der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klagen insgesamt abgewiesen. Mit den vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen die beiden Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revisionen der Kläger sind begründet. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO)und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO). Die nur vorübergehende Übertragung der höher bewerteten Tätigkeit eines „Disponenten B“ entspricht nicht billigem Ermessen. Es steht jedoch noch nicht fest, ob die Kläger die weiteren Voraussetzungen der Entgeltgruppe E 9 Stufe 4 TVöD erfüllen.
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I. Die nach ständiger Rechtsprechung als sog. Elementenfeststellungsklagen (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165 ) zulässigen Feststellungsklagen sind, wie die gebotene Auslegung (dazu BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3)ergibt, auch hinreichend bestimmt (zu diesem Erfordernis BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - aaO; 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16, BAGE 126, 26). Nach dem Vorbringen der Kläger bleibt nicht offen, auf welchen Differenzbetrag sich eine etwaige Verzinsungspflicht der Beklagten bezieht. Sie haben bereits in den Tatsacheninstanzen klargestellt, maßgebend sei der Unterschiedsbetrag, der sich in Anwendung der Entgeltgruppe E 9, Stufe 4 TVöD und demjenigen Entgelt ergebe, welches sie im besagten Zeitraum von der Beklagten (Entgeltgruppe E 6 TVöD zzgl. der Zulage) erhalten haben.
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II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung konnten die Feststellungsanträge nicht abgewiesen werden.
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1. Eine Vergütungspflicht der Beklagten nach der Entgeltgruppe E 9 TVöD setzt nach § 22 BAT, der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrages vom 13. September 2005 zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) nach wie vor anzuwenden ist, weil der TVöD in den §§ 12 und 13 noch keine eigenen Eingruppierungsregelungen enthält, voraus, dass bei der auszuübenden Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die jeweils für sich genommen die Anforderungen mindestens eines Tätigkeitsmerkmales der von ihnen in Anspruch genommenen Entgeltgruppe E 9 TVöD erfüllen. Weiterhin ist nach § 22 Abs. 2 BAT eine nicht nur vorübergehende Übertragung der auszuübenden Tätigkeit erforderlich.
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2. Den Feststellungsklagen steht nicht schon entgegen, dass den Klägern die Tätigkeit eines „Disponenten B“ von der Beklagten nur vorübergehend übertragen wurde und § 22 Abs. 2 BAT eine „nicht nur vorübergehende“ Übertragung verlangt. Die vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. Juni 2010, der nach der Revisionsbegründung der Kläger allein noch vom Senat zu beurteilen ist, entsprach nicht billigem Ermessen. Dementsprechend ist die höherwertige Tätigkeit als auf Dauer übertragen anzusehen.
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a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 24 BAT, die für die Nachfolgebestimmung des § 14 TVöD herangezogen werden kann, ist die vorübergehende Übertragung einer höher bewerteten Tätigkeit an den Regeln zu messen, die der Arbeitgeber bei der Ausübung seines arbeitsvertraglichen Leistungsbestimmungsrechts(Direktionsrechts) entsprechend § 106 GewO grundsätzlich einzuhalten hat.
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aa) In einem ersten Schritt muss es billigem Ermessen entsprechen, dem Arbeitnehmer die höher bewertete Tätigkeit überhaupt zu übertragen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob es billigem Ermessen entspricht, diese Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen („doppelte Billigkeitsprüfung“). Dabei ist unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls abzuwägen, ob das Interesse des Arbeitgebers an einer nur vorübergehenden Übertragung oder das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung der höherwertigen Tätigkeit und ggf. einer höheren Vergütung überwiegt. Insgesamt ist eine „doppelte“ Billigkeitskontrolle vorzunehmen, die sich bei einer vorübergehenden Übertragung höherwertiger Tätigkeiten auf mehrere Beschäftigte in einer Verwaltung sowohl auf das Gesamtkonzept als auch auf die einzelnen personenbezogenen Übertragungsverfügungen bezieht. Die Umstände für die einzelnen vorübergehenden Übertragungen höherwertiger Tätigkeit müssen vor dem Hintergrund des Gesamtkonzepts deutlich werden (zu § 24 BAT grdl. BAG 17. April 2002 - 4 AZR 174/01 - zu II 3 c bb (1) der Gründe, BAGE 101, 91 ; weiterhin 18. April 2012 - 10 AZR 134/11 - Rn. 19 f., NZA 2012, 927; 17. Januar 2006 - 9 AZR 226/05 - Rn. 37, AP BAT-O § 24 Nr. 6). Bei einer mehrfachen Übertragung steigen die Anforderungen an die darzulegenden Gründe (BAG 17. Januar 2006 - 9 AZR 226/05 - Rn. 46, aaO; 15. Mai 2002 - 4 AZR 433/01 - zu 4 c aa der Gründe, ZTR 2003, 80).
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bb) Entspricht die vorübergehende Übertragung der Tätigkeit nicht billigem Ermessen, erfolgt die Bestimmung der „Leistung“ entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch richterliche Entscheidung. Sie kann bei einer interimistischen Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit auch darin bestehen, dass die Übertragung der Tätigkeit nicht als nur vorübergehend, sondern als auf Dauer vorgenommen erklärt oder die zeitliche Dauer anders bestimmt wird. Eine solche Bestimmung kann im Eingruppierungsrechtsstreit inzident vorgenommen werden. Die Beweislast dafür, dass die Ausübung des Direktionsrechts billigem Ermessen entspricht, trägt derjenige, der das Leistungsbestimmungsrecht ausübt (BAG 18. April 2012 - 10 AZR 134/11 - Rn. 21, NZA 2012, 927; 15. Mai 2002 - 4 AZR 433/01 - zu 3 c bb (2) der Gründe, ZTR 2003, 80; 17. April 2002 - 4 AZR 174/01 - zu II 3 c bb (2) der Gründe, BAGE 101, 91).
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cc) Nach der Regelung des § 22 BAT stellt die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit auf Dauer den Regelfall dar, wohingegen die vorübergehende Übertragung nach § 24 BAT und § 14 TVöD die Ausnahme ist und deshalb eines ausreichenden Grundes bedarf, um billigem Ermessen zu entsprechen( BAG 17. April 2002 - 4 AZR 174/01 - zu II 3 d der Gründe, BAGE 101, 91). Allein die mögliche Unsicherheit über die Dauer der Beschäftigungsmöglichkeit mit den übertragenen höherwertigen Tätigkeiten reicht nicht aus. Die Regelung des § 14 TVöD kann nicht dafür herangezogen werden, die Ungewissheit über die Dauer der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit auf den Arbeitnehmer zu verlagern.
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b) Ausgehend von den vorstehenden Maßstäben konnte das Landesarbeitsgericht die Klagen nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen. Es hat bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs wesentliche Umstände außer Acht gelassen (zum Prüfungsmaßstab s. bspw. BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 26 mwN, BAGE 129, 238; 12. März 1997 - 5 AZR 766/95 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 85, 237).
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aa) Die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an sich haben die Kläger nicht beanstandet. Sie wenden sich lediglich gegen deren zeitliche Begrenzung.
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bb) Die nur vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an die Kläger entspricht im Streitfall nicht billigem Ermessen.
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(1) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, eine vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit sei im Grundsatz sachlich begründet und entspreche billigem Ermessen, wenn der Arbeitgeber geltend machen kann, aufgrund seiner im Zeitpunkt der Übertragung getroffenen und durch hinreichende Tatsachen gestützte Prognose werde eine dauerhafte Beschäftigung des Arbeitnehmers mit der übertragenen höherwertigen Tätigkeit nicht möglich sein (vgl. BAG 17. April 2002 - 4 AZR 174/01 - zu II 6 a der Gründe, BAGE 101, 91; 17. Januar 2006 - 9 AZR 226/05 - Rn. 42 ff., AP BAT-O § 24 Nr. 6; 22. Januar 2003 - 4 AZR 553/01 - zu 5 a der Gründe, ZTR 2003, 514: Vertretungsbedarf).
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(2) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts lässt schon der Vortrag der Beklagten nicht erkennen, dass sie auf der Grundlage des Befehls Nr. 5 iVm. der Struktursicherheitsbescheinigung eine hinreichend gesicherte Prognose treffen konnte, dass eine höherwertige Tätigkeit, insbesondere als „Disponent B“ am Standort B mit Ablauf des zweiten Halbjahres 2010 enden werde. Von daher kann dahinstehen, ob nicht die den Klägern übertragenen Tätigkeiten selbst nach einer Verlagerung des Tätigkeitsbereichs in das Logistikzentrum W dort weiter anfallen werden und deshalb nicht als nur „vorübergehend“ zu qualifizieren wären.
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(a) In der Anlage 2 zum Befehl Nr. 5 - „Migrationsplan LogZBw“ - ist für die bisherigen Tätigkeitsbereiche der Kläger lediglich eine Verlagerung für das erste Kalenderhalbjahr 2010 als eine vorbehaltliche Planung, nicht aber als endgültige Entscheidung ausgewiesen. Für den betreffenden Bereich ist ausdrücklich vermerkt, es handele sich um eine „Planung“, eine endgültige Entscheidung stehe noch aus und hänge von der verfügbaren „Infrastruktur, Personalgewinnung“ und der „Ausbildung Personal“ ab. Dieser Vorbehalt wird auch im Wortlaut des der Anlage zugrundeliegenden Befehls Nr. 5 deutlich. Unter Nr. 1 „Lage“ wird nicht die „angepasste Migrationsplanung“ des Befehls Nr. 4 ausdrücklich fortgeschrieben, sondern unter die Voraussetzungen „einer gesicherten und funktionsfähigen Infrastruktur, einer angemessenen personellen Besetzung“ sowie eine „Verfügbarmachung“ zentraler logistischer Elemente am Standort W gestellt. Dem entsprechen die Ausführungen unter Nr. 3 Buchst. a des Befehls Nr. 5, die zudem lediglich die „eigene Absicht“ des Kommandeurs wiedergeben, die Maßnahmen „in 2010 abzuschließen“. Die „Verlegung von Aufgaben“ wird auch an dieser Stelle unter den Vorbehalt gestellt, dass die Aufgabenerfüllung „am neuen Standort sichergestellt ist“ und die hierzu erforderlichen Voraussetzungen erst noch durch die vorgesetzten Dienststellen geschaffen werden müssten.
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Inwieweit diese „Voraussetzungen“ für die Verlagerung des Logistikzentrums in B im Zeitpunkt der letztmaligen vorübergehenden Übertragung bereits vorlagen oder jedenfalls eine hinreichend gesicherte Planungs- und Prognosegrundlage bildeten, lässt sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen. Das betrifft sowohl die erforderlichen Voraussetzungen am Standort W, deren Erfüllung die Kläger stets in Abrede gestellt haben, als auch die konkreten Planungen für das Logistikzentrum in B. Deshalb ist auch nicht erkennbar, dass die Beklagte aufgrund eigener Prognose davon ausgehen konnte, es werde in der Mitte des Jahres 2010 zu einem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für die Kläger auf dem übertragenen Dienstposten eines Disponenten B kommen. Allein der Umstand der bereits bestehenden Grundsatzentscheidung über die Verlagerung aus dem Jahre 2001, deren zeitliche Umsetzung aber auch nach dem Befehl Nr. 5 für den Bereich der Kläger noch ungewiss geblieben ist, bildet nach den dargestellten Maßstäben keine ausreichende Grundlage.
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(b) Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang nicht auf die von ihr herangezogenen Struktursicherheitsbescheinigungen stützen. Diese bestätigen lediglich, bis zu welchem Zeitpunkt Aufgaben an einem Standort auf jeden Fall ausgeübt werden können. Sie geben aber keine Auskunft darüber, zu welchem Zeitpunkt die Beschäftigungsmöglichkeiten tatsächlich wegfallen und sind daher als Prognosegrundlage nicht geeignet.
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(3) Bei der durchzuführenden Abwägung müssen deshalb die Interessen der beiden Kläger an einer dauerhaften Übertragung als dem tariflichen Regelfall schon überwiegen, weil ein zu gewichtendes Interesse der Beklagten daran, die Tätigkeiten nur vorübergehend zu übertragen, nicht vorliegt.
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(4) Die Beklagte ist deshalb in entsprechender Anwendung des § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB nach billigem Ermessen verpflichtet, den Klägern die höherwertigen Tätigkeiten dauerhaft zu übertragen. Der Senat ist gehindert, aufgrund späterer, erst nach der Übertragung im April 2008 bekannt gewordener Erkenntnisse - etwa wie sie die Beklagte im Verlauf des Rechtsstreits und auch noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angeführt hat - einen anderen Übertragungszeitraum festzusetzen.
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III. Der Rechtsfehler führt dennoch nur zur Aufhebung der Berufungsentscheidung und zur Zurückverweisung, weil die zutreffende Eingruppierung der Kläger aufgrund der fehlenden tatsächlichen Feststellungen noch nicht feststeht. Nach dem Vortrag der Kläger ist weder ersichtlich, aus welchen Gründen die beantragte Entgeltgruppe E 9 TVöD zutreffend sein soll, noch haben sie die begehrte Stufe 4 der Entgeltgruppe schlüssig dargelegt.
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1. Die den Klägern übertragenen Tätigkeiten eines „Disponenten B“ hat die Beklagte in ihren Schreiben nach der VergGr. V c BAT bzw. nach der Anlage 4 zum TVÜ-Bund für die Zeit ab dem Inkrafttreten des TVöD mit der Entgeltgruppe E 8 TVöD bewertet. Auf dieser Grundlage wurde auch die geleistete Zulage berechnet. Diese Bewertung haben die Kläger weder in den Vorjahren noch im laufenden Rechtsstreit beanstandet. Sie haben auch nicht geltend gemacht, die Tätigkeit sei abweichend von der Mitteilung der Beklagten der Entgeltgruppe E 9 TVöD zugeordnet.
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Weiterhin ist nach dem bisherigen Vorbringen der Kläger nicht erkennbar, aus welchen Gründen sie nach § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD ein Entgelt der begehrten Entgeltgruppe nach der Stufe 4 beanspruchen können. Insbesondere fehlen Feststellungen zu dem ihnen am 1. Januar 2008 zustehenden Tabellenentgelt.
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2. Der Senat konnte die Feststellungsanträge allerdings auch nicht unter Hinweis auf den bisher unzureichenden Tatsachenvortrag der Kläger abweisen. Das Arbeitsgericht hat den Klagen jedenfalls im Hinblick auf die beantragte Entgeltgruppe und -stufe ohne weitere Erörterung stattgegeben. Auch das Landesarbeitsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt konsequent - die Kläger nicht auf den noch unvollständigen Sachvortrag hingewiesen. Ihnen ist daher unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs Gelegenheit zu geben, im Rahmen der neuen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ergänzend vorzutragen.
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Eylert
Creutzfeldt
Treber
Hannig
Görgens
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Annotations
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.