Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. Apr. 2017 - 1 AZR 427/15

ECLI:ECLI:DE:BAG:2017:250417.U.1AZR427.15.0
bei uns veröffentlicht am25.04.2017

Tenor

I. Auf die Revision des Beklagten wird unter deren Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 9. April 2015 - 5 Sa 229/14 - im Tenor unter I. 3. teilweise und unter I. 4. insgesamt aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird unter deren Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 28. August 2014 - 6 Ca 2312/13 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

1. 4.815,02 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 343,93 Euro seit dem 1. Februar 2010, 1. März 2010, 1. April 2010, 1. Mai 2010, 1. Juni 2010, 1. Juli 2010, 1. August 2010, 1. September 2010, 1. Okto-ber 2010, 1. November 2010, 1. Dezember 2010, 1. Januar 2011, 1. Februar 2011 sowie 1. März 2011,

2. 5.485,48 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 421,96 Euro seit dem 1. April 2011, 1. Mai 2011, 1. Juni 2011, 1. Juli 2011, 1. August 2011, 1. September 2011, 1. Ok-tober 2011, 1. November 2011, 1. Dezember 2011, 1. Januar 2012, 1. Februar 2012, 1. März 2012 sowie 1. April 2012,

3. 1.528,38 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 169,82 Euro seit dem 1. Mai 2012, 1. Juni 2012, 1. Juli 2012, 1. August 2012, 1. September 2012, 1. Oktober 2012, 1. November 2012, 1. Dezember 2012 sowie 1. Januar 2013 zu zahlen,

4. 563,26 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 31,85 Euro seit dem 1. Dezember 2010, auf weitere 224,98 Euro seit dem 1. De-zember 2011 sowie auf weitere 306,43 Euro seit dem 1. Dezember 2012,

zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Anschlussrevision des Klägers gegen das vorgenannte Urteil des Landesarbeitsgerichts wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 4/10 und der Beklagte zu 6/10 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entgeltansprüche des Klägers.

2

Die Beklagte betreibt einen Rettungsdienst. Sie ist Rechtsnachfolgerin des DRK Kreisverbands W e.V. (DRK W). Dort war der 1978 geborene und seit 2005 verheiratete Kläger ab April 2008 beschäftigt.

3

Der DRK W war zunächst Mitglied der Tarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Mecklenburg-Vorpommern, die ihrerseits der Bundestarifgemeinschaft des DRK angehörte. Er war daher an den Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - manteltarifliche Vorschriften - DRK-Tarifvertrag Ost (DRK-TV-O) gebunden. Nach dem DRK-TV-O bestimmte sich die Vergütung eines Mitarbeiters nach der jeweiligen Eingruppierung (§ 22 Abs. 1 DRK-TV-O), die auf Grundlage der in der Anlage 10 zum DRK-TV-O enthaltenen Tätigkeitsmerkmale erfolgt. Bestandteile der Vergütung sind - angelehnt an die Bestimmungen der §§ 26 bis 29 des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) - nach § 25 Abs. 1 DRK-TV-O die Grundvergütung, der Ortszuschlag und die allgemeine Zulage. Die Grundvergütung der jeweiligen Vergütungsgruppen richtet sich gem. § 26 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 DRK-TV-O nach Lebensaltersstufen. Die Höhe des Ortszuschlags (§ 29 DRK-TV-O) ist ua. vom Familienstand und der Berechtigung zum Bezug von Kindergeld abhängig. Schließlich enthält die Anlage 9 zum DRK-TV-O Sonderregelungen für die Zahlung einer jährlichen Zuwendung. Während der Dauer seiner Tarifgebundenheit vereinbarte der DRK W mit neu eingestellten Arbeitnehmern eine vertragliche Bezugnahme auf den DRK-TV-O. Dieser fand auf alle mit dem DRK W bestehenden Arbeitsverhältnisse Anwendung.

4

Die Bundestarifgemeinschaft des DRK kündigte den DRK-TV-O zum 31. Dezember 2001. Ob die Tarifgemeinschaft des DRK in Mecklenburg-Vorpommern ihre Mitgliedschaft in der Bundestarifgemeinschaft bereits zum 31. Januar 1999 kündigte oder ob der DRK W längstens bis zum 31. Dezember 2002 tarifgebunden war, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Jedenfalls wendete der DRK W, bei dem schon vor dem Jahr 1999 ein Betriebsrat gebildet war, auf diejenigen Arbeitsverhältnisse, für die der DRK-TV-O maßgebend war, die tariflichen Entgeltregelungen mit dem Stand vom 31. Oktober 2002 an. Nach dem Ende seiner mitgliedschaftlich begründeten Tarifgebundenheit vereinbarte der DRK W mit neu eingestellten Arbeitnehmern feste Monatsentgelte.

5

In dem mit dem Kläger am 17. März 2008 geschlossenen Arbeitsvertrag wurde eine monatliche Bruttovergütung von 1.550,00 Euro bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden festgelegt. Der Kläger wurde zunächst als Rettungssanitäter beschäftigt, ab dem Monat April 2012 als Rettungsassistent mit einem Bruttomonatsentgelt von 1.850,00 Euro und ab dem 1. Januar 2013 von dann 2.050,00 Euro. Seit März 2011 ist er Vater eines Kindes.

6

Bereits zum 1. Januar 2012 wurde der DRK W durch Verschmelzung im Wege der Aufnahme auf die Beklagte übertragen. Nach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte erhielt der Kläger ab 1. April 2012 eine monatliche Wachleiterzulage für die Dauer dieser Tätigkeit von 120,00 Euro, die sich ab 1. Januar 2013 auf 150,00 Euro erhöhte. Der Kläger arbeitet in einem Schichtsystem. Für Arbeitsleistungen in der Zeit von 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr erhielt er zunächst einen Nachtzuschlag iHv. 1,11 Euro/Stunde und ab dem 1. Oktober 2012 von 1,13 Euro/Stunde.

7

Mit seiner am 19. Dezember 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verlangt der Kläger die Zahlung einer monatlichen Differenzvergütung für die Zeit ab dem 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2013, einen weiteren Nachtarbeitszuschlag für diesen Zeitraum sowie höhere Sonderzahlungen für die Jahre 2010 bis 2012 auf Basis der zum 31. Oktober 2002 bestehenden Tarifregelungen des DRK-TV-O. Die Beklagte sei verpflichtet, die tariflichen Entlohnungsgrundsätze des DRK-TV-Ost, die bei dem DRK W gegolten hätten, weiter anzuwenden. Eine mit dem Betriebsrat des DRK W vereinbarte Änderung der Entlohnungsgrundsätze bestehe nicht. Als Rettungssanitäter sei er - insoweit unstreitig - nach der VergGr. VII (Fallgruppe 15) der Anlage 10 zum DRK-TV-O (VergGr. VII DRK-TV-O) und als Rettungsassistent nach der VergGr. VI b (Fallgruppe 11d) DRK-TV-O zu vergüten. Maßgebend seien die mit dem 10. Änderungs-TV zum DRK-TV-O (vom 1. August 2000) vereinbarten Entgeltbestimmungen und bei der Grundvergütung jeweils die höchste Lebensaltersstufe. Für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis einschließlich des Monats Februar 2011 ergebe sich eine monatliche Differenz von 343,93 Euro (Antrag zu 1), nach Geburt seines Kindes erhöhe sich die Differenz für die Zeit vom 1. März 2011 bis zum 31. März 2013 auf monatlich 421,96 Euro (Antrag zu 2). Für die Beschäftigungszeiten als Rettungsassistent ab dem 1. April 2012 könne er auf Grundlage der VergGr. VI b DRK-TV-O monatlich weitere 289,82 Euro bis einschließlich Dezember 2012 beanspruchen (Antrag zu 3) und ab dem 1. Januar 2013 monatlich 89,82 Euro (Antrag zu 4). Für die Jahre 2010 bis 2012 stehe ihm eine Sonderzahlung nach den §§ 2, 3 der Anlage 9 zum DRK-TV-O zu, auf die eine ihm bereits geleistete Sonderzahlung von jeweils 1.200,00 Euro anzurechnen sei (Antrag zu 6). Schließlich sei der geleistete Nachtarbeitszuschlag unangemessen. Er könne für geleistete Nachtarbeit in der Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2013 monatlich weitere 92,03 Euro entsprechend einer im „aktuellen DRK Reformtarifvertrag“ festgelegten Schichtzulage verlangen.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn

        

1.    

4.815,02 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 343,93 Euro seit dem 1. Februar 2010, 1. März 2010, 1. April 2010, 1. Mai 2010, 1. Juni 2010, 1. Juli 2010, 1. August 2010, 1. September 2010, 1. Okto-ber 2010, 1. November 2010, 1. Dezember 2010, 1. Januar 2011, 1. Februar 2011 sowie 1. März 2011,

        

2.    

5.485,48 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 421,96 Euro seit dem 1. April 2011, 1. Mai 2011, 1. Juni 2011, 1. Juli 2011, 1. August 2011, 1. September 2011, 1. Oktober 2011, 1. Dezember 2011, 1. Januar 2012, 1. Februar 2012, 1. März 2012 sowie 1. April 2012,

        

3.    

2.608,38 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 289,82 Euro seit dem 1. Mai 2012, 1. Juni 2012, 1. Juli 2012, 1. August 2012, 1. September 2012, 1. Oktober 2012, 1. November 2012, 1. Dezember 2012 sowie 1. März 2013,

        

4.    

1.077,84 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 89,82 Euro seit dem 1. Februar 2013, 1. März 2013, 1. April 2013, 1. Mai 2013, 1. Juni 2013, 1. Juli 2013, 1. August 2013, 1. September 2013, 1. Okto-ber 2013, 1. November 2013, 1. Dezember 2013 sowie 1. Januar 2014,

        

5.    

4.417,44 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf je 92,03 Euro seit dem 1. Februar 2010, 1. März 2010, 1. April 2010, 1. Mai 2010, 1. Juni 2010, 1. Juli 2010, 1. August 2010, 1. September 2010, 1. Oktober 2010, 1. November 2010, 1. Dezember 2010, 1. Ja-nuar 2011, 1. Februar 2011, 1. März 2011, 1. April 2011, 1. Mai 2011, 1. Juni 2011, 1. Juli 2011, 1. Au-gust 2011, 1. September 2011, 1. Oktober 2011, 1. November 2011, 1. Dezember 2011, 1. Januar 2012, 1. Februar 2012, 1. März 2012, 1. April 2012, 1. Mai 2012, 1. Juni 2012, 1. Juli 2012, 1. August 2012, 1. September 2012, 1. Oktober 2012, 1. No-vember 2012, 1. Dezember 2012, 1. Januar 2013, 1. Februar 2013, 1. März 2013, 1. April 2013, 1. Mai 2013, 1. Juni 2013, 1. Juli 2013, 1. August 2013, 1. September 2013, 1. Oktober 2013, 1. November 2013, 1. Dezember 2013 sowie 1. Januar 2014,

        

6.    

1.252,29 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 235,72 Euro seit dem 1. Dezember 2010, 460,82 Euro seit dem 1. Dezember 2011 sowie 555,75 Euro seit dem 1. Dezember 2012

        

zu zahlen.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es fehle bereits an einer Anspruchsgrundlage; diese könne nicht aus einer etwaigen Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats abgeleitet werden. Der Kläger könne jedenfalls weder eine Vergütung auf Basis des 10. Änderungs-TV noch eine Grundvergütung nach der höchsten Lebensaltersstufe beanspruchen. Es fehle an einem gültigen Bezugssystem, weil die altersdiskriminierende Vergütungsordnung nicht herangezogen werden könne. Nach der Verschmelzung des DRK W seien die vom Kläger herangezogenen Entlohnungsgrundsätze ohnehin nicht mehr anwendbar. Eine Jahressonderzahlung sei arbeitsvertraglich nicht vereinbart. Schließlich gelte die Ausschlussfrist des § 21 Abs. 5 AGG.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers den Anträgen zu 1. bis 4. insgesamt sowie dem Antrag zu 6. iHv. 563,26 Euro stattgegeben und den Antrag zu 5. abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils; der Kläger wendet sich mit seiner Anschlussrevision gegen die Abweisung des Antrags zu 5.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Beklagten ist teilweise begründet, die Anschlussrevision des Klägers ist unbegründet.

12

I. Die Revision des Beklagten ist nur zum Teil erfolgreich. Das Landesarbeitsgericht hat den Anträgen zu 3. und 4. rechtsfehlerhaft in vollem Umfang stattgegeben. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

13

1. Die Revision ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht bereits deshalb begründet, weil das angefochtene Urteil später als fünf Monate nach seiner Verkündung vollständig abgefasst und mit den Unterschriften sämtlicher Mitglieder der Kammer versehen der Geschäftsstelle übergeben worden ist. Auf eine Verletzung der Fünf-Monats-Frist des § 72b Abs. 1 Satz 2 ArbGG kann eine Revision nach der ausdrücklichen Regelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 ArbGG nicht gestützt werden(BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 390/08 - Rn. 14).

14

2. Der Kläger kann für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2013 ein monatliches Entgelt nach den maßgebenden Vergütungsgruppen des DRK-TV-O und dabei eine Grundvergütung in Höhe der höchsten Lebensaltersstufe beanspruchen (Anträge zu 1. bis 4.). Für die Zeit ab dem 1. April 2012 ist allerdings neben den von ihm zu berücksichtigenden Zahlungen des Beklagten auch die erhaltene Wachleiterzulage anzurechnen.

15

a) Der Anspruch des Klägers für die Anwendung der Vergütungsstrukturen des DRK-TV-O ergibt sich aus § 611 BGB iVm. den im Betrieb des DRK W mitbestimmungsgemäß eingeführten Entlohnungsgrundsätzen. Das sind die Eingruppierungsvorschriften, die Regelungen über die Grundvergütung und die hierzu bestehenden Vergütungstabellen des DRK-TV-O.

16

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Arbeitnehmer in Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung bei einer unter Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorgenommenen Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmungsgemäß eingeführten Entlohnungsgrundsätze fordern. Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütung wird von Gesetzes wegen ergänzt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten (etwa BAG 5. Mai 2015 - 1 AZR 435/13 - Rn. 13; 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 43 mwN, BAGE 135, 13).

17

bb) Danach kann der Kläger eine monatliche Vergütung nach Maßgabe der Entlohnungsgrundsätze des DRK-TV-O verlangen.

18

(1) Die im Betrieb des DRK W bestehenden Entlohnungsgrundsätze entsprechen der maßgebenden Vergütungsstruktur des DRK-TV-O iVm. den jeweiligen Tarifbestimmungen, mit denen die Höhe der einzelnen Bestandteile der Vergütung iSd. § 25 DRK-TV-O festgelegt wird. Bestandteile der Vergütung sind nach § 25 Abs. 1 DRK-ZV-O die Grundvergütung, der Ortszuschlag und die allgemeine Zulage. Dabei richtet sich die Grundvergütung nach der jeweiligen Lebensaltersstufe (§ 26 Abs. 1 Satz 1 DRK-TV-O), die § 26 Abs. 2 und 3 DRK-TV-O näher ausgestaltet.

19

(2) Der DRK W wandte den DRK-TV-O nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts während seiner Tarifgebundenheit auf alle Arbeitsverhältnisse an. Diese Vergütungsstruktur stellte auch nach dem Ende der Tarifgebundenheit des DRK W die im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze dar (BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 28, BAGE 126, 237; 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - zu IV 1 c aa der Gründe, BAGE 109, 369). Das gilt unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis vor oder nach dem Wegfall der Tarifbindung begründet wird (Koch SR 2016, 131, 142). Dem auf Grundlage des Arbeitsvertrags iVm. den zuletzt mitbestimmungsgemäß eingeführten Entlohnungsgrundsätzen bestehenden Anspruch des Klägers steht deshalb nicht entgegen, dass sein Arbeitsverhältnis mit dem DRK W erst im Jahr 2008 begonnen hat.

20

(3) Die vom DRK W nach dem Ende der unmittelbaren und zwingenden Geltung des DRK-TV-O, die infolge der durch die Bundestarifgemeinschaft des DRK zum 31. Dezember 2001 erfolgten Kündigung jedenfalls mit Beginn des Jahres 2002 eingetreten war, erfolgte Änderung der betrieblichen Entlohnungsgrundsätze mittels Umstellung auf eine Pauschalvergütung hätte nur unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erfolgen können. Dies ist nicht geschehen.

21

(a) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG umfasst bei einem nicht (mehr) tarifgebundenen Arbeitgeber, bei dem der Tarifvorbehalt des § 87 Abs. 1 Einleitungshalbs. BetrVG wegen des Wegfalls der Tarifgebundenheit nicht mehr greift, die betriebliche Lohngestaltung, insbesondere die Änderung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze (ausf. BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 797/09 - Rn. 15 ff.). Dabei schließt eine Aufspaltung einer Gesamtvergütung in mehrere Vergütungsbestandteile das Mitbestimmungsrecht nicht aus. Vielmehr bildet ihre Gesamtheit die Vergütungsordnung, bei deren Veränderung der Betriebsrat mitzubestimmen hat (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 21 mwN, BAGE 127, 297).

22

(b) Durch den nach Beendigung der Tarifgebundenheit erfolgten Abschluss von Arbeitsverträgen mit festen Monatsentgelten hat der DRK W die bei ihm bestehenden Entlohnungsgrundsätze im Betrieb ohne Beteiligung des Betriebsrats geändert. Die im DRK-TV-O enthaltenen Entlohnungsgrundsätze zeichneten sich ua. durch eine von der jeweils auszuübenden Tätigkeit und dem Lebensalter abhängigen Grundvergütung sowie eine vor allem vom Familienstand und dem Anspruch auf Kindergeld sowie eine allgemeine Zulage aus. Diese Vergütungsstruktur hat der DRK W nicht mehr beibehalten.

23

b) Dem Kläger steht auch ein Entgelt in Höhe derjenigen Entgelttabellen zu, die sich auf Grundlage des 10. Änderungstarifvertrags zum DRK-TV-O (vom 1. August 2008) bis zum 31. Oktober 2002 ergeben haben. In Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung kann ein Arbeitnehmer lediglich eine Anwendung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze verlangen. Daher kann der tarifgebundene Arbeitgeber für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer die Höhe des Entgelts unter Beachtung der in der tariflichen Vergütungsordnung enthaltenen Verteilungsgrundsätze festlegen (BAG 18. Oktober 2011 - 1 ABR 25/10 - Rn. 29, BAGE 139, 332). Der DRK W hat - ebenso wie der Beklagte - zu keinem Zeitpunkt eine abweichende Entgelthöhe nach Maßgabe der durch den DRK-TV-O iVm. den jeweiligen Entgeltregelungen sich ergebenden Verteilungsrelationen festgelegt. Vielmehr hat er entsprechend der Tarifentwicklung im Bereich des DRK-TV-O nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bis zum 31. Oktober 2002 die jeweilige monatliche Vergütung iSd. § 25 DRK-TV-O auch an diejenigen Arbeitnehmer geleistet, für die der Tarifvertrag lediglich kraft vertraglicher Bezugnahme galt. Damit hat der DRK W - insoweit mitbestimmungsfrei - die Höhe des Entgelts nach Maßgabe der in der tariflichen Vergütungsordnung vorgesehenen Entgeltregelungen festgelegt (ebenso BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 797/09 - Rn. 31). Deren weitere Anwendung kann der Kläger unabhängig von den vertraglichen Vereinbarungen beanspruchen (BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 38, BAGE 126, 237).

24

c) Entgegen der Auffassung des Beklagten kann sich der Kläger auch für den Zeitraum nach der Verschmelzung des DRK W zum 1. Januar 2012 mit dem Beklagten als aufnehmendem Rechtsträger auf diese Entlohnungsgrundsätze stützen.

25

aa) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil unter Wahrung seiner Identität über, ist der neue Betriebsinhaber zur Fortführung der im Betrieb oder Betriebsteil bestehenden Vergütungsordnung verpflichtet (ausf. BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 22 bis Rn. 25, BAGE 132, 314).

26

bb) Entgegen der Auffassung der Revision konnte das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler von einer weiteren Geltung der genannten Entlohnungsgrundsätze auch nach der Verschmelzung zum 1. Januar 2012 ausgehen.

27

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bestanden vor der Verschmelzung sowohl bei dem DRK W als auch dem Beklagten jeweils ein Betrieb. Aus dem erstinstanzlichen Vorbringen des Beklagten, es sei nicht nur der „Betrieb des Rettungsdienstes“ des DRK W auf ihn übertragen worden, sondern dieser sei Teil eines einheitlichen Betriebs des DRK W gewesen, folgt nichts anderes. Auch wenn dieser insgesamt infolge der - auf der Ebene der Unternehmen stattgefundenen - Verschmelzung auf den Beklagten durch Aufnahme übertragen wurde, folgt daraus noch nicht, dass sich die bestehende Betriebsstruktur infolge des mit der Verschmelzung einhergehenden Betriebsübergangs geändert hat. Die in diesem Zusammenhang angebrachte Verfahrensrüge des Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe seine Hinweispflicht nach § 139 ZPO verletzt, ist schon deshalb unzulässig, weil die Revision nicht im Einzelnen darlegt, welchen Tatsachen sie daraufhin vorgetragen hätte.

28

d) Zudem kann der Kläger eine Grundvergütung nach der höchsten Lebensaltersstufe beanspruchen. Die Bestimmung des § 26 Abs. 2 DRK-TV-O ist mit dem Recht der Europäischen Union unvereinbar. Dies führt dazu, dass das Vergütungssystem jedenfalls insoweit nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist. Die aufgrund der bei dem Beklagten bestehenden Entlohnungsgrundsätzen erfolgte Ungleichbehandlung des Klägers kann für die Vergangenheit nur so beseitigt werden, dass auch ihm eine Grundvergütung nach der höchsten Lebensaltersstufe geleistet wird.

29

aa) Die in § 26 Abs. 1 iVm. Abs. 2 DRK-TV-O geregelte Bemessung der Grundvergütung iSd. § 25 Abs. 1 Buchst. a DRK-TV-O nach Lebensaltersstufen in den einzelnen Vergütungsgruppen verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12. Dezember 2007 verankert und durch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78) konkretisiert worden ist. Die nach Lebensaltersstufen gestaffelten Vergütungsgruppen stellen eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters iSv. Art. 2 RL 2000/78 dar, die nicht nach Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 gerechtfertigt ist. Diese durch den Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 8. September 2011 für § 27 Abschnitt A BAT erfolgte Klärung(EuGH 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs und Mai], Slg. 2011, I-7965, S. 12; zu §§ 27, 28 BbesG aF 19. Juni 2014 - C-501/12 ua. - [Specht ua.] Rn. 42 ff.; sh. auch BAG 10. November 2011 - 6 AZR 481/09 - Rn. 16), trifft für die insoweit inhaltsgleiche Regelung des § 26 Abs. 2 DRK-TV-O gleichermaßen zu. Als Rechtsfolge ist die Vergütungsordnung jedenfalls insoweit nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam(zum inhaltsgleichen § 26 Abschnitt A BAT vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 481/09 - Rn. 19 mwN).

30

bb) Die Beseitigung der Ungleichbehandlung führt zu einer Anpassung „nach oben“. Dem steht die von dem Beklagten angeführte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht entgegen.

31

(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann die Einhaltung des Diskriminierungsverbots wegen Alters nur dadurch gewährleistet werden, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie die, in deren Genuss die Angehörigen der privilegierten Gruppe kommen. Das gilt jedenfalls solange, wie keine Maßnahmen zur Herstellung der Gleichbehandlung erlassen werden. Die für die Angehörigen der bevorzugten Gruppe geltende Regelung bleibt, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem. Diese Lösung kommt jedoch nur dann zur Anwendung, wenn ein solches gültiges Bezugssystem besteht. Ist es im Rahmen der nationalen Rechtsvorschriften nicht möglich, eine Kategorie bevorzugter Begünstigter zu benennen, fehlt es an einem solchen System (so zu §§ 27, 28 BbesG aF EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 ua. - [Specht ua.] Rn. 95 f. mwN; 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 47).

32

(2) Auch wenn es aufgrund der Regelung in § 26 Abs. 2 DRK-TV-O zur Ermittlung der zutreffenden Lebensaltersstufe - die ähnlich ausgestaltet ist wie die §§ 27, 28 BbesG aF und § 27 BAT - potentiell zu einer Altersdiskriminierung eines jeden neu eingestellten Beschäftigten kommt und es deshalb an einem gültigen Bezugssystem fehlt(vgl. EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 ua. - [Specht ua.] Rn. 96), ist damit lediglich eine „Anpassung nach oben“ nicht aus Gründen des Unionsrechts geboten (dazu EuGH 22. Juni 2011 - C-399/09 - [Landtová] Rn. 51 mwN, Slg. 2011, I-5573). Sie ist den nationalen Gerichten aber nicht verwehrt. Der Gerichtshof der Europäischen Union überlässt es in gefestigter Rechtsprechung den nationalen Gerichten, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten den rechtlichen Schutz, der sich für den Einzelnen aus dem Unionsrecht ergibt, zu gewährleisten und die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu garantieren (EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 ua. - [Specht ua.] Rn. 94; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 77, Slg. 2005, I-9981). Das nationale Gericht ist in diesem Fall nicht verpflichtet, zuvor den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung zu ersuchen (EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 53, Slg. 2010, I-365; BAG 14. Mai 2013 - 1 AZR 44/12 - Rn. 28, BAGE 145, 113).

33

(3) Die Ungleichbehandlung des Klägers in der Vergangenheit kann vorliegend nicht durch die Nichtanwendung des § 26 Abs. 2 DRK-TV-O, sondern nur dadurch beseitigt werden, dass ihm für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum eine Grundvergütung nach der höchsten Lebensaltersstufe zu zahlen ist. Dies ist gerechtfertigt, weil der Anspruch auf eine höhere Grundvergütung dem Teil der zunächst beim DRK W beschäftigten Arbeitnehmer, für die der DRK-TV-O nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten nach wie vor Anwendung findet, die geleistete höhere Grundvergütung nicht mehr rückwirkend entzogen werden kann. Der Beklagte ist aufgrund der sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 65 Abs. 2 DRK-TV-O gehindert, für den streitbefangenen Zeitraum an ältere Arbeitnehmer geleistete Zahlungen zurück zu fordern. Zudem ist das berechtigte Vertrauen dieses Arbeitnehmerkreises auf die Wirksamkeit der Vergütungsordnung zu schützen, welches weder von dem DRK W noch von dem Beklagten nach Inkrafttreten des AGG am 1. August 2006 oder nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai (8. September 2011 - 2 C-297/10 und 2 C-298/10 - Slg. 2011, I-7965) mitbestimmungsgemäß geändert wurde. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Beklagte ungeachtet der zu beachtenden Grundsätze des Vertrauensschutzes rückwirkend eine dem Verbot der Altersdiskriminierung entsprechend betriebliche Regelung treffen will (vgl. auch BAG 10. November 2011 - 6 AZR 481/09 - Rn. 24 ff. mwN).

34

e) Auf seinen Entgeltanspruch muss sich der Kläger neben dem ihm geleisteten Bruttomonatsentgelt, welches er bereits in Abzug gebracht hat, für die Zeit ab dem 1. April 2012 auch die erhaltene monatliche Wachleiterzulage anrechnen lassen.

35

aa) Bei der Anrechnung von Leistungen des Arbeitgebers auf eine aus anderen Gründen auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Vergütungsregelung muss sich der Arbeitnehmer diejenigen Leistungen anrechnen lassen, die nach ihrem Zweck die Arbeitsleistung vergüten sollen, die mit der nach dem anderen Vergütungsschema begründeten Zahlung zu vergüten ist. Danach ist dem erkennbaren Zweck der Entgeltleistungen, die der Kläger nach dem DRK-TV-O begehrt, der zu ermittelnde Zweck der jeweiligen Leistung des Arbeitgebers, die dieser aufgrund anderer Regelungen erbracht hat - hier der geschlossene Arbeitsvertrag -, gegenüberzustellen. Besteht danach eine funktionale Gleichwertigkeit der zu vergleichenden Leistungen, ist die erbrachte Leistung auf den zu erfüllenden Anspruch anzurechnen (vgl. BAG 18. April 2012 - 4 AZR 139/10 - Rn. 28, BAGE 141, 163).

36

bb) Danach ist die monatliche „Wachleiterzulage“ iHv. zunächst 120,00 Euro brutto und die spätere iHv. 150,00 Euro brutto auf den monatlichen Entgeltanspruch nach § 25 DRK-TV-O anzurechnen. Dem steht nicht entgegen, dass nach der VergGr. VI b, Fallgruppe 11d der Anlage 10 zum DRK-TV-O auch ein als Rettungsassistent eingesetzter Arbeitnehmer die gleiche tarifliche Vergütung beanspruchen kann. Denn nach der VergGr. VI b, Fallgruppe 11 DRK-TV-O erhält auch ein Rettungsassistent, der als Leiter einer Rettungswache mit mindestens zwei dienstplanmäßig eingesetzten Einsatzfahrzeugen tätig ist, lediglich ein Entgelt nach dieser Vergütungsgruppe. Dass die Tätigkeit des Klägers als Wachleiter die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals einer höheren Vergütungsgruppe erfüllt, die einer Anrechnung entgegenstehen könnte, hat der Kläger weder vorgetragen noch ist dies ersichtlich.

37

cc) Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat, nach den bei dem Beklagten geltenden Entlohnungsgrundsätzen könne er aufgrund seiner Wachleitertätigkeit auch eine Funktionszulage beanspruchen, weshalb eine Anrechnung der Wachleiterzulage nicht in vollem Umfang erfolgen dürfe, handelt es sich um einen in der Revisionsinstanz unbeachtlichen, weil neuen Tatsachenvortrag.

38

3. Der Kläger kann nach den genannten Grundsätzen weiterhin die Differenz zwischen der jährlichen Sonderzahlung für die Jahre 2010 bis 2012 nach den §§ 2, 3 der Anlage 9 zum DRK-TV-O und der ihm geleisteten Sonderzahlung jedenfalls in dem ihm zugesprochenen Umfang iHv. 63 vH der ihm für den jeweiligen Monat September zustehenden Urlaubsvergütung nach § 45 Abs. 3 Buchst. b DRK-TV-O (§ 3 der Anlage 9 zum DRK-TV-O) verlangen.

39

a) Entgegen dem erstmals in der Revisionsinstanz erhobenen Einwand des Beklagten hat der Kläger seinen Anspruch bereits in der Klageschrift für die einzelnen Jahre anhand der ihm nach dem DRK-TV-O zustehenden Urlaubsvergütung nach § 45 Abs. 3 Buchst. b iVm. § 25 Abs. 1 DRK-TV-O unter Heranziehung der einzelnen Entgeltbestandteile näher dargelegt. Hiergegen hat sich der Beklagte in den Tatsacheninstanzen nicht gewandt. Der Kläger war deshalb nicht gehalten, seine unbestrittene „Berechnung … näher zu erläutern“, wie es der Beklagte nunmehr meint.

40

b) Die im Betrieb des DRK W bestehenden Entlohnungsgrundsätze umfassten - entsprechend der Anlage 9 zu DRK-TV-O - auch die Leistung einer Sonderzahlung, die sich nach einem vH-Satz der Urlaubsvergütung berechnet, die einem Mitarbeiter für den Monat September des jeweiligen Jahres zusteht oder zugestanden hätte. Diese bei ihm bestehenden Entlohnungsgrundsätze, die auch die Sonderzuwendung nach der Anlage 9 zum DRK-TV-O umfassten, hat der DRK W schon dadurch mitbestimmungswidrig geändert, als er eine Sonderzahlung nur noch in Höhe eines festen Betrags erbringt. Allein dies führt bereits zu einer Umgestaltung des Entgeltgefüges (BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 4/05 - Rn. 18, BAGE 117, 130). Ob dem Kläger auf die geleistete Zahlung ein vertraglicher Anspruch zusteht oder der Beklagte diese - wie er meint - „nach freiem Ermessen“ leisten konnte, ist für den Anspruch des Klägers ohne Bedeutung (BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 38, BAGE 126, 237).

41

c) Eine Anrechnung desjenigen Teils der geleisteten Wachleiterzulage im Jahr 2013 auf den geltend gemachten Sonderzahlungsanspruch, der - im Umfang von monatlich 60,18 Euro - nicht bereits auf das monatliche Entgelt für diesen Zeitraum angerechnet wurde, scheidet mangels funktionaler Gleichwertigkeit der Leistungen (oben I 2 d aa) aus. Der Jahressonderzahlung kommt nach den Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 der Anlage 9 zum DRK-TV-O kein reiner Entgeltcharakter zu. Bei der tariflichen Leistung handelt es sich um eine Sonderzahlung, die in zulässiger Weise (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 850/12 - Rn. 11 mwN) jedenfalls auch einen Anreiz zu künftiger Betriebstreue bilden soll. Sie verlangt einen Mindestbestand des Arbeitsverhältnisses und nennt einen Stichtag, zu dem es in ungekündigtem Zustand bestehen muss (vgl. BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 21, BAGE 146, 284).

42

4. Die Zahlungsansprüche des Klägers sind - anders als die Revision es meint - auch nicht verfallen. Soweit der Beklagte sich auf § 21 Abs. 5 AGG stützt, ist diese Bestimmung Bestandteil des vorliegend nicht einschlägigen Dritten Abschnitts des AGG, der sich auf Verletzungen des zivilrechtlichen Benachteiligungsverbots in § 19 AGG bezieht. Auch die Ausschlussfrist nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ist vorliegend nicht anwendbar. Der Beklagte übersieht, dass der Kläger weder einen Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG noch eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG, sondern die Erfüllung einer Hauptleistungspflicht durch Zahlung einer höheren und diskriminierungsfreien Vergütung verlangt(vgl. BAG 18. Februar 2016 - 6 AZR 700/14 - Rn. 57, BAGE 154, 118).

43

II. Die Anschlussrevision des Klägers, die sich allein gegen die Abweisung der mit dem Antrag zu 6. verfolgten Zahlung eines weiteren Zuschlags für geleistete Nachtarbeitsstunden wendet, ist unbegründet.

44

1. Der Antrag konnte entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts allerdings nicht mit der Begründung abgewiesen werden, der Kläger habe aufgrund einer für den Beklagten nach § 6 Abs. 5 ArbZG bestehenden Wahlschuld eine Alternativklage erheben müssen.

45

a) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist der Arbeitgeber - soweit eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht - verpflichtet, dem Nachtarbeitnehmer(§ 2 Abs. 5 ArbZG)für die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG)geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB)konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 15 mwN).

46

b) Der Kläger war danach nicht gehalten, eine Alternativklage zu erheben. Der Beklagte hat vorliegend die ihm gegenüber bestehende Wahlschuld durch die Leistung von Nachtarbeitszuschlägen für den streitbefangenen Zeitraum bereits dahingehend konkretisiert, den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld erfüllen zu wollen. Diese Konkretisierung gilt auch für einen vom Kläger darüber hinaus geltend gemachten Anspruch.

47

2. Die Klage ist insoweit gleichwohl unbegründet, weil der Kläger eine monatliche Pauschalzahlung iHv. 92,03 Euro brutto als Nachtarbeitszuschlag geltend macht, der sich nicht aus dem DRK-TV-O, sondern lediglich als Schichtzulage aus dem nicht anwendbaren DRK-Reformtarifvertrag (vom 22. Dezember 2006) ergibt. Dieser ist weder Bestandteil der betrieblichen Vergütungsordnung noch aus anderen Gründen für das Arbeitsverhältnis maßgebend. Soweit die Revision anführt, wenn es den Arbeitsvertragsparteien gestattet sei, eine pauschale Abgeltung von Nachtarbeitszuschlägen zu vereinbaren, könne es dem einzelnen Arbeitnehmer nicht verweigert werden, einen solchen pauschalen Ausgleich zu fordern, fehlt es für solch einen Schluss ersichtlich an einer rechtlichen Grundlage. Darüber hinaus bleibt nach seiner Klagebegründung völlig offen, wie viele Arbeitsstunden während der Nachtzeit überhaupt geleistet wurden. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, im stehe die genannte Schichtzulage für 48 Monate zu.

48

III. Der Kläger kann die beanspruchten Zinsen nach § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB verlangen. Der Tenor des landesarbeitsgerichtlichen Urteils war aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit hinsichtlich des Zinsausspruchs unter I. 2. und 3. zu korrigieren (zur Befugnis des Revisionsgerichts sh. BAG 23. Februar 2016 - 3 AZR 44/14 - Rn. 76).

49

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 ZPO.

        

    Schmidt    

        

    K. Schmidt    

        

    Treber    

        

        

        

    Klebe    

        

    Hann    

                 

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. Apr. 2017 - 1 AZR 427/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. Apr. 2017 - 1 AZR 427/15

Referenzen - Gesetze

Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. Apr. 2017 - 1 AZR 427/15 zitiert 20 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Betriebsverfassungsgesetz


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 87 Mitbestimmungsrechte


(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;2. Beginn und Ende der täglichen A

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 15 Entschädigung und Schadensersatz


(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Wegen eines Schadens,

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 7 Benachteiligungsverbot


(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt. (2) Bestim

Bundesbesoldungsgesetz - BBesG | § 27 Bemessung des Grundgehaltes


(1) Das Grundgehalt wird, soweit nicht gesetzlich etwas Anderes bestimmt ist, nach Stufen bemessen. Dabei erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe nach bestimmten Dienstzeiten, in denen anforderungsgerechte Leistungen erbracht wurden (Erfahrun

Bundesbesoldungsgesetz - BBesG | § 28 Berücksichtigungsfähige Zeiten


(1) Beamten und Soldaten werden bei der ersten Stufenfestsetzung als Erfahrungszeiten im Sinne des § 27 Absatz 2 anerkannt: 1. Zeiten einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit außerhalb eines Soldatenverhältnisses, die für Beamte nicht Vorausse

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 6 Nacht- und Schichtarbeit


(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen. (2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit. (2) Arbeitn

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 19 Zivilrechtliches Benachteiligungsverbot


(1) Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuld

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 73 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht. Sie kann nicht auf die Gründe des § 72b gestützt werden. (2) § 65 findet entsprechende Anwendung.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 21 Ansprüche


(1) Der Benachteiligte kann bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot unbeschadet weiterer Ansprüche die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen. (2) Bei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 262 Wahlschuld; Wahlrecht


Werden mehrere Leistungen in der Weise geschuldet, dass nur die eine oder die andere zu bewirken ist, so steht das Wahlrecht im Zweifel dem Schuldner zu.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72b Sofortige Beschwerde wegen verspäteter Absetzung des Berufungsurteils


(1) Das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts kann durch sofortige Beschwerde angefochten werden, wenn es nicht binnen fünf Monaten nach der Verkündung vollständig abgefasst und mit den Unterschriften sämtlicher Mitglieder der Kammer versehen der Ges

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. Apr. 2017 - 1 AZR 427/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. Apr. 2017 - 1 AZR 427/15 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 18. Okt. 2011 - 1 ABR 25/10

bei uns veröffentlicht am 18.10.2011

Tenor 1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. März 2010 - 8 TaBV 140/09 - aufgehoben.

Referenzen

(1) Der Benachteiligte kann bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot unbeschadet weiterer Ansprüche die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen.

(2) Bei einer Verletzung des Benachteiligungsverbots ist der Benachteiligende verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Benachteiligende die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der Benachteiligte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.

(3) Ansprüche aus unerlaubter Handlung bleiben unberührt.

(4) Auf eine Vereinbarung, die von dem Benachteiligungsverbot abweicht, kann sich der Benachteiligende nicht berufen.

(5) Ein Anspruch nach den Absätzen 1 und 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten geltend gemacht werden. Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn der Benachteiligte ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war.

(1) Das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts kann durch sofortige Beschwerde angefochten werden, wenn es nicht binnen fünf Monaten nach der Verkündung vollständig abgefasst und mit den Unterschriften sämtlicher Mitglieder der Kammer versehen der Geschäftsstelle übergeben worden ist. § 72a findet keine Anwendung.

(2) Die sofortige Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat beim Bundesarbeitsgericht einzulegen und zu begründen. Die Frist beginnt mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils des Landesarbeitsgerichts. § 9 Abs. 5 findet keine Anwendung.

(3) Die sofortige Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde. Die Beschwerde kann nur damit begründet werden, dass das Urteil des Landesarbeitsgerichts mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung noch nicht vollständig abgefasst und mit den Unterschriften sämtlicher Mitglieder der Kammer versehen der Geschäftsstelle übergeben worden ist.

(4) Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Bundesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden.

(5) Ist die sofortige Beschwerde zulässig und begründet, ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts erfolgen.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht. Sie kann nicht auf die Gründe des § 72b gestützt werden.

(2) § 65 findet entsprechende Anwendung.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. März 2010 - 8 TaBV 140/09 - aufgehoben.

2. Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Duisburg vom 16. September 2009 - 5 BV 65/09 - unter Abweisung des Antrags im Übrigen teilweise abgeändert.

Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, bei Einstellungen von Mitarbeitern diese nach dem Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen einzugruppieren, ausgenommen sind AT-Angestellte sowie Leiharbeitnehmer.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Eingruppierung.

2

Die Arbeitgeberin betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Antragsteller ist der für den Betrieb „D“ auf der Grundlage eines Tarifvertrags iSd. § 3 BetrVG errichtete Betriebsrat.

3

Die Arbeitgeberin ist nach einem mit ver.di bzw. deren Rechtsvorgängerinnen abgeschlossenen Anerkennungstarifvertrag aus dem Jahr 2000 an die jeweils gültigen Tarifverträge für den Einzelhandel im Land Nordrhein-Westfalen gebunden. Zu diesen gehört der Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vom 11. Juni 2009 (GTV NRW), dessen § 3 die Anforderungen für die Eingruppierung der kaufmännischen und technischen Angestellten bestimmt.

4

Seit November 2008 vereinbart die Arbeitgeberin mit neu eingestellten Arbeitnehmern Arbeitsentgelte, bei deren Höhe individuelle Kriterien wie etwa die zuvor erworbene Berufserfahrung berücksichtigt werden. Diese Arbeitnehmer gruppierte die Arbeitgeberin nicht mehr in die Vergütungsordnung des jeweils geltenden Gehaltstarifvertrags ein.

5

Der Betriebsrat hat gemeint, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, die neu einzustellenden Arbeitnehmer nach § 99 Abs. 1 BetrVG wie bisher in die Gehaltsgruppen des § 3 GTV NRW einzugruppieren.

6

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,

        

1.    

der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, bei Neueinstellungen von Arbeitnehmern (Verkaufspersonal) die im Betrieb gültige Vergütungsordnung nach dem Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel in NRW nicht anzuwenden, ausgenommen sind AT-Angestellte sowie Leiharbeitnehmer,

        

2.    

für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung zur Eingruppierung ein Ordnungsgeld anzudrohen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,

        

3.    

hilfsweise der Arbeitgeberin aufzugeben, bei Einstellungen von Mitarbeitern (Verkaufspersonal) diese nach dem Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel NRW einzugruppieren, ausgenommen sind AT-Angestellte sowie Leiharbeitnehmer,

        

4.    

äußerst hilfsweise festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, bei Einstellungen von Mitarbeitern (Verkaufspersonal) diese nach dem Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel NRW einzugruppieren, ausgenommen sind AT-Angestellte sowie Leiharbeitnehmer.

7

Die Arbeitgeberin hat die Abweisung der Anträge beantragt.

8

Das Arbeitsgericht hat die erstinstanzlich allein gestellten Anträge zu 1. und zu 2. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrats insgesamt zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat die zu 3. und 4. gestellten Anträge weiter.

9

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat seinen in der Rechtsbeschwerdeinstanz als Hauptantrag angefallenen Leistungsantrag zu Unrecht abgewiesen. Der Hilfsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

10

I. Der Hauptantrag des Betriebsrats ist zulässig. Er ist darauf gerichtet, dass die Arbeitgeberin bei Einstellungen von Arbeitnehmern iSd. § 5 Abs. 1 BetrVG in den Betrieb „D I“ eine Entscheidung über die Zuordnung von deren Tätigkeiten zu den in § 3 GTV NRW ausgebrachten Gehaltsgruppen trifft und zu dieser Entscheidung die Zustimmung des Betriebsrats beantragt sowie für den Fall einer Zustimmungsverweigerung ggf. das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einleitet und durchführt. Dieses Antragsziel hat der Betriebsrat in der Anhörung vor dem Senat klargestellt. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

11

II. Der so verstandene Antrag ist begründet. Der Betriebsrat hat in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG einen Anspruch darauf, dass die Arbeitgeberin bei der Einstellung von Arbeitnehmern eine Entscheidung über die Eingruppierung der von ihnen ausgeübten Tätigkeiten nach Maßgabe der Gehaltsgruppen des § 3 GTV NRW trifft und das in § 99 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 BetrVG vorgesehene Verfahren durchführt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts besteht die Pflicht der Arbeitgeberin zur Eingruppierung unabhängig von der Mitgliedschaft der Arbeitnehmer bei ver.di. Die Arbeitgeberin ist im Verhältnis zu ihrem Betriebsrat verpflichtet, die Tätigkeit ihrer Arbeitnehmer den in § 3 GTV NRW geregelten Gehaltsgruppen zuzuordnen. Die dort bestimmte Vergütungsordnung ist der im Betrieb geltende Entlohnungsgrundsatz iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Diesen können weder die Arbeitgeberin noch die Betriebsparteien auf die tarifgebundenen Arbeitnehmer beschränken.

12

1. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Eingruppierung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen. § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verpflichtet den Arbeitgeber, bei Einstellungen und Versetzungen insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Verlangt das Gesetz die Mitteilung der vorgesehenen Eingruppierung, setzt dies voraus, dass der Arbeitgeber zuvor eine entsprechende Beurteilung vornimmt. An dieser hat er den Betriebsrat zu beteiligen.

13

2. Der Betriebsrat kann zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Eingruppierungsentscheidung vorzunehmen und ihn um Zustimmung zu ersuchen, falls der Arbeitgeber die gebotene Eingruppierung unterlässt. Eine Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG besteht in der rechtlichen Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einer bestimmten Vergütungsgruppe einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung zuzuordnen ist. Voraussetzung ist, dass der Betriebsrat für den Betrieb des Arbeitgebers überhaupt zuständig ist und das Arbeitsverhältnis von der im Betrieb bestehenden Vergütungsordnung erfasst wird (BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 20, BAGE 132, 314).

14

3. Eine Vergütungsordnung iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG ist ein kollektives - und jedenfalls bei Geltung nur eines betrieblichen Vergütungssystems - mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Sie spiegelt die ihr zugrunde liegenden Vergütungsgrundsätze wider. Damit ist sie Ausdruck einer Entscheidung über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander, die sich im relativen Abstand der mit den jeweiligen Vergütungsgruppen verbundenen konkreten Entgeltsätzen niederschlägt (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 20, NZA 2011, 1239).

15

4. Die in § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG vorausgesetzte Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung und die in § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats dienen der einheitlichen Anwendung der zutreffenden Vergütungsordnung und sorgen auf diese Weise für Transparenz und innerbetriebliche Lohngerechtigkeit. Der Arbeitgeber soll prüfen, welcher Stufe der im Betrieb geltenden Vergütungsordnung die Tätigkeit des Arbeitnehmers zuzuordnen ist, und diese Beurteilung gemeinsam mit dem Betriebsrat vornehmen. Dem Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats unterliegt daher auch die Frage, ob ein Arbeitnehmer einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung zugeordnet werden kann (vgl. BAG 31. Oktober 1995 - 1 ABR 5/95 - zu B I 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 131).

16

5. Im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers stellt die im einschlägigen Tarifvertrag enthaltene Vergütungsordnung zugleich das im Betrieb geltende System für die Bemessung des Entgelts der Arbeitnehmer dar. Zwar handelt es sich bei tariflichen Vergütungsregelungen nicht um Betriebsnormen iSv. § 3 Abs. 2 TVG, die unabhängig von der Tarifbindung der Arbeitnehmer für alle Betriebe des tarifgebundenen Arbeitgebers gelten, sondern um Inhaltsnormen, die nur unmittelbar und zwingend im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und den tarifgebundenen Arbeitnehmern(§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) Anwendung finden (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 22, NZA 2011, 1239; 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 29, BAGE 126, 176). Dennoch ist der tarifgebundene Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, die tarifliche Vergütungsordnung ungeachtet der Tarifbindung der Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, soweit deren Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen. Dieses Verständnis geben die Funktion des Tarifvorbehalts in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG sowie der Normzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor.

17

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht umfasst die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber (BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll (BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 797/09 - Rn. 16, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 25). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265). Zu den mitbestimmungspflichtigen Entgeltfindungsregeln gehören der Aufbau von Vergütungsgruppen und die Festlegung der Vergütungsgruppenmerkmale (BAG 31. Januar 1984 - 1 AZR 174/81 - zu II 2 der Gründe, BAGE 45, 91). Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG umfasst daher die inhaltliche Ausgestaltung der Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der abstrakten Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - zu A II 2 a der Gründe, BAGE 98, 323).

18

b) Das Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Änderung eines betrieblichen Vergütungssystems kann im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers allerdings durch den Tarifvorbehalt des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG, wonach der Betriebsrat nur mitbestimmen kann, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, beschränkt oder ausgeschlossen sein.

19

aa) Die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten dient dem Schutz der Arbeitnehmer durch gleichberechtigte Teilhabe an den sie betreffenden Angelegenheiten (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C II 1 a der Gründe, BAGE 69, 134). § 87 Abs. 1 BetrVG beschränkt wegen der sozialen Abhängigkeit des Arbeitnehmers und im Hinblick auf den Teilhabegedanken die Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers bei der Vertragsgestaltung und der Ausübung seines Direktionsrechts( Wiese GK-BetrVG 9. Aufl. § 87 Rn. 56 ). Im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung soll die Mitbestimmung des Betriebsrats die Angemessenheit des innerbetrieblichen Lohngefüges und seine Transparenz gewährleisten (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, BAGE 133, 373; 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 21, BAGE 131, 1). Allerdings unterliegt das Beteiligungsrecht seinerseits der durch den Gesetzes- und Tarifvorbehalt gezogenen Binnengrenze. Der Eingangshalbsatz in § 87 Abs. 1 BetrVG beruht dabei auf der Erwägung, dass für die Erreichung des Mitbestimmungszwecks kein Raum mehr besteht, wenn eine den Arbeitgeber bindende Regelung durch Gesetz oder Tarifvertrag bereits vorliegt. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass mit dieser Regelung den berechtigten Interessen und Schutzbedürfnissen der Arbeitnehmer hinreichend Rechnung getragen worden ist. Für einen weiteren Schutz durch Mitbestimmungsrechte besteht dann kein Raum mehr (BAG 9. Dezember 2003 - 1 ABR 44/02 - zu B I 3 a bb der Gründe, BAGE 109, 61).

20

bb) Der Ausschluss des Mitbestimmungsrechts durch den Tarifvorbehalt erfordert weiter, dass die Tarifvertragsparteien selbst über die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit eine zwingende und abschließende inhaltliche Regelung getroffen und damit dem Schutzzweck des verdrängten Mitbestimmungsrechts Genüge getan haben (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C II 1 a, b der Gründe, BAGE 69, 134). Die Tarifvertragsparteien dürfen das Mitbestimmungsrecht nicht ausschließen oder einschränken, ohne die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst zu regeln (BAG 9. November 2010 - 1 ABR 75/09 - Rn. 17, EzA BetrVG 2001 § 87 Arbeitszeit Nr. 15).

21

c) Nach der Senatsrechtsprechung ist für das Eingreifen des Tarifvorbehalts des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG und dem damit einhergehenden Ausschluss des Mitbestimmungsrechts bereits die Tarifbindung des Arbeitgebers ausreichend. Einer normativen Bindung der betriebszugehörigen Arbeitnehmer (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) bedarf es hierfür nicht. Das gilt auch dann, wenn es sich bei der das Mitbestimmungsrecht verdrängenden tariflichen Regelung um Inhaltsnormen handelt. Das entspricht dem Zweck des Eingangshalbsatzes. Denn dieser geht davon aus, dass eine bestehende gesetzliche oder tarifliche Regelung dem Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer ausreichend Rechnung trägt und daher Mitbestimmungsrechte entbehrlich macht (BAG 24. Februar 1987 - 1 ABR 18/85 - zu B II 6 c der Gründe, BAGE 54, 191).

22

d) Ein solches Normverständnis des Tarifvorbehalts bewirkt unmittelbar aber nur den Schutz tarifgebundener Arbeitnehmer. Sie können sich gegenüber dem Arbeitgeber gem. § 4 Abs. 1 TVG auf zwingende tarifliche Regelungen bereits individualrechtlich berufen. Bei einer abschließenden tariflichen Regelung einer ansonsten mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit bedürfen sie daher nicht des Schutzes der Mitbestimmung. Allerdings führt das alleinige Abstellen auf die Tarifbindung des Arbeitgebers zu einer Schutzlücke zu Lasten nicht tarifgebundener Arbeitnehmer, wenn der Tarifvorbehalt nicht durch Betriebs-, sondern durch Inhaltsnormen bewirkt wird (Kreft FS Kreutz S. 263, 270). Dies widerspricht der gesetzgeberischen Intention, die einseitige Gestaltungsmacht des Arbeitgebers im Bereich der sozialen Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG entweder durch eine bestehende tarifliche Regelung oder durch die Mitbestimmung des Betriebsrats zu begrenzen. Soweit der Senat in der Entscheidung vom 24. Februar 1987 (- 1 ABR 18/85 - BAGE 54, 191) die Auffassung vertreten hat, diese Schutzlücke sei hinnehmbar, weil die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer die tariflichen, das jeweilige Mitbestimmungsrecht ausschließenden Rechte durch den Beitritt zur vertragsschließenden Gewerkschaft erlangen können, hält er hieran nicht fest.

23

aa) Gegen ein solches Verständnis des Tarifvorbehalts, wonach der Schutz der Arbeitnehmer vor den sie betreffenden Maßnahmen des Arbeitgebers von der Mitgliedschaft in der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft abhängt, spricht bereits der Zweck des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG. Der notwendigen Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten bedarf es nur dann nicht mehr, wenn die Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers bereits durch Gesetz oder Tarifvertrag beschränkt werden und damit die Arbeitnehmer angemessen geschützt sind. Zwar mag dem Gesetzgeber bei der Gleichstellung von gesetzlichen und tariflichen Regelungen im Eingangshalbsatz bewusst gewesen sein, dass letztere nur denjenigen umfassend normativ vor einer einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen bewahren, der sich mit seinem Gewerkschaftsbeitritt dieses Schutzes bedienen will (BAG 24. Februar 1987 - 1 ABR 18/85 - zu B II 6 c der Gründe, BAGE 54, 191). Der Gesetzgeber konnte jedoch auch davon ausgehen, dass bei den erst aufgrund eines kollektiven Bezugs mitbestimmungspflichtigen Sachverhalten des § 87 Abs. 1 BetrVG eine abschließende tarifvertragliche Regelung faktisch zugleich die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer schützt. Die Katalogtatbestände des § 87 Abs. 1 BetrVG betreffen nicht vorrangig individuelle Rechtspositionen, sondern die Beziehungen zwischen dem Arbeitgeber und der Belegschaft oder jedenfalls Teilen von ihr. Das Mitbestimmungsrecht besteht nur, wenn die Maßnahme des Arbeitgebers einen kollektiven Tatbestand erfüllt. Es muss sich daher grundsätzlich eine Regelungsfrage stellen, die kollektive Interessen der Arbeitnehmer berührt und keine ausschließlich einzelfallbezogene Rechtsausübung zum Gegenstand hat (vgl. BAG 24. April 2007 - 1 ABR 47/06 - Rn. 19, BAGE 122, 127). Solche Angelegenheiten müssen zwar nicht notwendig für alle betriebszugehörigen Arbeitnehmer einheitlich geregelt werden. Eine allein an der Verbandszugehörigkeit orientierte Sachgruppenbildung ist jedoch sowohl den Betriebsparteien wie auch dem Arbeitgeber selbst typischerweise verwehrt, was der Gesetzgeber auch in § 75 Abs. 1 BetrVG zum Ausdruck bringt.

24

bb) Eine Auslegung, die den Schutz vor einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers im Bereich der Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG von einem Beitritt zu einer bestimmten Gewerkschaft abhängig macht, greift zudem in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte negative Koalitionsfreiheit des Einzelnen ein und beschränkt diese unverhältnismäßig.

25

Die individuelle Koalitionsfreiheit schließt auch das Recht ein, einer Koalition fernzubleiben oder aus ihr auszutreten (vgl. BAG 19. September 2006 - 1 ABR 2/06 - Rn. 13, BAGE 119, 275). Zwar ist nicht jeder tatsächliche Druck, einer Koalition beizutreten oder in dieser zu verbleiben, bereits ein unzulässiger Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit (vgl. BAG 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - zu B I 3 b bb der Gründe, BAGE 104, 155; 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 31 ff., BAGE 130, 43). Ein Verständnis des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG, wonach der Schutz des Arbeitnehmers von der Zugehörigkeit zu einer vom Arbeitgeber oder seinem Verband als tarifvertragsschließende Partei akzeptierten Gewerkschaft abhängt, verstößt aber gegen Art. 9 Abs. 3 GG. Es verlangt vom Arbeitnehmer - will er wie andere tarifgebundene Betriebsangehörige vor einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers geschützt werden - darauf zu verzichten, einer Gewerkschaft fernzubleiben, und darüber hinaus, sich seiner grundrechtlich geschützten Freiheit zu begeben, einer seinen Vorstellungen entsprechenden Arbeitnehmerkoalition beizutreten, in ihr zu verbleiben oder in eine andere Arbeitnehmerkoalition zu wechseln. Denn nur eine dauerhafte Mitgliedschaft in der vom Arbeitgeber ausgewählten tarifschließenden Gewerkschaft würde ihn vor dessen einseitiger Gestaltungsmacht im Bereich der sozialen Mitbestimmung bewahren.

26

e) Die aus der spezifischen normativen Wirkung tariflicher Inhaltsnormen folgende mitbestimmungsrechtliche Schutzlücke widerspricht aber der erkennbaren Absicht des Gesetzgebers, alle betriebszugehörigen Arbeitnehmer in den sozialen Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG vor der einseitigen Gestaltungsmacht des Arbeitgebers zu schützen. Sie ist dementsprechend nach dem Zweck des jeweiligen Mitbestimmungstatbestands zu schließen. Im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung führt dies zur Verpflichtung des Arbeitgebers, das tarifliche Entlohnungssystem auch gegenüber nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern anzuwenden, soweit dessen Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen(Kreft FS Kreutz S. 263, 272 f.). Die Transparenz der betrieblichen Lohngestaltung und die Beachtung der Verteilungsgerechtigkeit erfordern eine vergleichende Bewertung des gesamten betrieblichen Entgeltgefüges. Der mit dem Beteiligungsrecht beabsichtigte Schutz wird verfehlt, wenn die Zuordnung der Arbeitnehmer zu unterschiedlichen Entlohnungssystemen allein nach der Gewerkschaftszugehörigkeit erfolgt. Eine daraus resultierende Aufteilung der Belegschaft ist nicht - wie § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verlangt - tätigkeitsbezogen (BAG 18. November 2003 - 1 AZR 604/02 - zu I 3 c dd [1] der Gründe, BAGE 108, 299). Ihr fehlt es an einem Sachgrund; eine den gesamten Betrieb in Blick nehmende, vergleichende Bewertung des Lohngefüges lässt sie nicht zu.

27

6. Danach ist der Arbeitgeber im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung zur Anwendung einer tariflichen Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG selbst dann verpflichtet, wenn es sich hierbei um eine Inhaltsnorm handelt.

28

a) An einer Gestaltung eines für alle Arbeitnehmer geltenden betrieblichen Vergütungssystems sind die Betriebsparteien wegen des Tarifvorbehalts gehindert. Mit dem damit verbundenen Ausschluss des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG korrespondiert für den tarifgebundenen Arbeitgeber deshalb die Verpflichtung, die tarifliche Vergütungsordnung, soweit sie ohne den Tarifvorbehalt dem Beteiligungsrecht des Betriebsrats unterliegen würde, im Betrieb anzuwenden. Dies schließt die sich aus § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ergebende Verpflichtung ein, die vom Geltungsbereich der Vergütungsordnung erfassten Tätigkeiten der Arbeitnehmer unabhängig von deren Tarifbindung den ausgebrachten Vergütungsgruppen zuzuordnen und zu dieser Entscheidung die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.

29

b) Die Bindung des Arbeitgebers an die tarifliche Entgeltstruktur begründet indes keinen Anspruch der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer auf den Tariflohn. Dies würde zu einer unzulässigen Erstreckung von tariflich geregelten Arbeitsbedingungen auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer führen, die nicht mit der Schutzlücke gerechtfertigt werden kann, die auf der Beschränkung des Mitbestimmungsrechts aufgrund des Tarifvorbehalts beruht. Wird die Mitbestimmung des Betriebsrats im Bereich des § 87 Abs. 1 BetrVG durch tarifliche Inhaltsnormen ausgeschlossen, ist der Arbeitgeber nur insoweit zur Beachtung der Tarifregelung verpflichtet, wie diese das erzwingbare Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beschränkt. Dies führt nicht dazu, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die tariflich bestimmte Vergütung erhält. Zwar ist der Arbeitgeber nach der Senatsrechtsprechung aufgrund des Arbeitsvertrags verpflichtet, die Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten (zuletzt BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 797/09 - Rn. 30, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 25). Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erstreckt sich aber nicht auf die Entgelthöhe, sondern umfasst nur die Bildung von Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen. Der tarifgebundene Arbeitgeber kann daher für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer die Höhe des Entgelts unter Beachtung der in der tariflichen Vergütungsordnung enthaltenen Verteilungsgrundsätze festlegen.

30

7. Danach erweist sich der Leistungsantrag des Betriebsrats als begründet. Es kann offenbleiben, ob die Arbeitgeberin in der Vergangenheit sämtliche im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer nach der durch § 3 GTV NRW vorgegebenen Entgeltstruktur vergütet hat, was zwischen den Beteiligten streitig geblieben ist. Die aufgrund des Anerkennungstarifvertrags an die Tarifverträge für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen gebundene Arbeitgeberin war jedoch im Verhältnis zu ihrem Betriebsrat verpflichtet, auch die Tätigkeit der ab November 2008 eingestellten Arbeitnehmer den Vergütungsgruppen des § 3 GTV NRW zuzuordnen und an dieser Entscheidung den Betriebsrat zu beteiligen. Da der Betriebsrat mit seinem Hauptantrag bereits aus diesem Grund durchdringt, bedarf es keiner Entscheidung, ob die von der Arbeitgeberin getroffene Maßnahme, die überwiegend in einem befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigten Arbeitnehmerinnen nach einer von ihr festgelegten Entgeltstruktur zu vergüten, gegen § 4 Abs. 2 TzBfG verstößt.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Brocker    

        

    N. Schuster    

                 

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Das Grundgehalt wird, soweit nicht gesetzlich etwas Anderes bestimmt ist, nach Stufen bemessen. Dabei erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe nach bestimmten Dienstzeiten, in denen anforderungsgerechte Leistungen erbracht wurden (Erfahrungszeiten).

(2) Mit der ersten Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge im Anwendungsbereich dieses Gesetzes wird ein Grundgehalt der Stufe 1 festgesetzt, soweit nicht Erfahrungszeiten nach § 28 Absatz 1 bis 3 anerkannt werden. Die Stufe wird mit Wirkung vom Ersten des Monats festgesetzt, in dem die Ernennung wirksam wird. Die Stufenfestsetzung ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für

1.
die Versetzung, die Übernahme und den Übertritt in den Dienst des Bundes,
2.
den Wechsel aus einem Amt der Bundesbesoldungsordnungen B, R, W oder C in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A sowie
3.
die Einstellung eines ehemaligen Beamten, Richters, Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A.

(3) Das Grundgehalt steigt nach Erfahrungszeiten von zwei Jahren in der Stufe 1, von jeweils drei Jahren in den Stufen 2 bis 4 und von jeweils vier Jahren in den Stufen 5 bis 7. Abweichend von Satz 1 beträgt die Erfahrungszeit in den Stufen 5 bis 7 bei Beamten in den Laufbahnen des einfachen Dienstes und bei Soldaten in den Laufbahnen der Mannschaften jeweils drei Jahre. Zeiten ohne Anspruch auf Dienstbezüge verzögern den Aufstieg um diese Zeiten, soweit in § 28 Absatz 5 nicht etwas Anderes bestimmt ist. Die Zeiten sind auf volle Monate abzurunden.

(4) Wird festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten nicht den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, verbleibt er in seiner bisherigen Stufe des Grundgehaltes. Die Feststellung nach Satz 1 erfolgt auf der Grundlage einer geeigneten Leistungseinschätzung. Ist die Leistungseinschätzung älter als zwölf Monate, ist ergänzend eine aktuelle Leistungseinschätzung zu erstellen. Für die Feststellung nach Satz 1 können nur Leistungen berücksichtigt werden, auf die vor der Feststellung hingewiesen wurde.

(5) Wird auf der Grundlage einer weiteren Leistungseinschätzung festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten wieder den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, erfolgt der Aufstieg in die nächsthöhere Stufe am ersten Tag des Monats, in dem diese Feststellung erfolgt. Wird in der Folgezeit festgestellt, dass der Beamte oder Soldat Leistungen erbringt, die die mit dem Amt verbundenen Anforderungen erheblich übersteigen, gilt der von dieser Feststellung erfasste Zeitraum nicht nur als laufende Erfahrungszeit, sondern wird zusätzlich so angerechnet, dass er für die Zukunft die Wirkung eines früheren Verbleibens in der Stufe entsprechend mindert oder aufhebt. Die für diese Anrechnung zu berücksichtigenden Zeiten sind auf volle Monate abzurunden. Maßgebender Zeitpunkt ist der Erste des Monats, in dem die entsprechende Feststellung erfolgt.

(6) Bei dauerhaft herausragenden Leistungen kann Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A für den Zeitraum bis zum Erreichen der nächsten Stufe das Grundgehalt der nächsthöheren Stufe gezahlt werden (Leistungsstufe). Die Zahl der in einem Kalenderjahr bei einem Dienstherrn vergebenen Leistungsstufen darf 15 Prozent der Zahl der bei dem Dienstherrn vorhandenen Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A, die das Endgrundgehalt noch nicht erreicht haben, nicht übersteigen. Die Bundesregierung wird ermächtigt, nähere Regelungen durch Rechtsverordnung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann zugelassen werden, dass bei Dienstherren mit weniger als sieben Beamten im Sinne des Satzes 2 in jedem Kalenderjahr einem Beamten die Leistungsstufe gewährt wird.

(7) Die Entscheidung nach den Absätzen 4 bis 6 trifft die zuständige oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Sie ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Widerspruch, Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) In der Probezeit nach § 11 Absatz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgt das Aufsteigen in den Stufen entsprechend den in Absatz 3 genannten Zeiträumen.

(9) Der Beamte oder Soldat verbleibt in seiner bisherigen Stufe, solange er vorläufig des Dienstes enthoben ist. Führt ein Disziplinarverfahren nicht zur Entfernung aus dem Dienst oder endet das Dienstverhältnis nicht durch Entlassung auf Antrag des Beamten oder Soldaten oder infolge strafgerichtlicher Verurteilung, regelt sich das Aufsteigen im Zeitraum seiner vorläufigen Dienstenthebung nach Absatz 3.

(1) Beamten und Soldaten werden bei der ersten Stufenfestsetzung als Erfahrungszeiten im Sinne des § 27 Absatz 2 anerkannt:

1.
Zeiten einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit außerhalb eines Soldatenverhältnisses, die für Beamte nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung oder für Soldaten nicht Voraussetzung für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 13 sind,
2.
Zeiten als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit,
3.
Zeiten von mindestens vier Monaten und insgesamt höchstens zwei Jahren, in denen Wehrdienst, soweit er nicht unter Nummer 2 fällt, Zivildienst, Bundesfreiwilligendienst, Entwicklungsdienst oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr geleistet wurde,
4.
Verfolgungszeiten nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz, soweit eine Erwerbstätigkeit, die einem Dienst bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn (§ 29) entspricht, nicht ausgeübt werden konnte.
Mit Zustimmung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat kann hiervon abgewichen werden, wenn für die Zulassung zu einer Laufbahn besondere Voraussetzungen gelten. Zeiten nach Satz 1 werden durch Unterbrechungszeiten nach Absatz 5 Nummer 2 bis 5 nicht vermindert. Erfahrungszeiten nach Satz 1 stehen gleich:
1.
Zeiten einer Kinderbetreuung von bis zu drei Jahren für jedes Kind (Kinderbetreuungszeiten),
2.
Zeiten der tatsächlichen Pflege von Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Geschwistern oder Kindern, die nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftig sind, von bis zu drei Jahren für jeden dieser Angehörigen (Pflegezeiten).

(2) Beamten können weitere hauptberufliche Zeiten, die nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind, ganz oder teilweise anerkannt werden, soweit diese für die Verwendung förderlich sind. Wird für die Einstellung ein mit einem Master abgeschlossenes Hochschulstudium oder ein gleichwertiger Abschluss vorausgesetzt, sind Beamten dafür zwei Jahre als Erfahrungszeit anzuerkennen. Zusätzliche Qualifikationen, die nicht im Rahmen von hauptberuflichen Zeiten erworben wurden, können Beamten in besonderen Einzelfällen, insbesondere zur Deckung des Personalbedarfs, mit bis zu drei Jahren als Erfahrungszeit im Sinne des § 27 Absatz 3 anerkannt werden. Die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 3 trifft die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Werden Soldaten auf Grund ihrer beruflichen Qualifikation mit einem höheren Dienstgrad eingestellt, können entsprechend den jeweiligen Einstellungsvoraussetzungen als Erfahrungszeiten anerkannt werden:

1.
in der Laufbahngruppe der Unteroffiziere für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 7 höchstens vier Jahre und
2.
in der Laufbahngruppe der Offiziere für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 13 höchstens sechs Jahre.
Im Übrigen können hauptberufliche Zeiten ganz oder teilweise als Erfahrungszeiten anerkannt werden, soweit diese für die Verwendung förderlich sind. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Derselbe Zeitraum kann nur einmal anerkannt werden. Die Zeiten nach den Absätzen 1 bis 3 sind zu addieren und danach auf volle Monate aufzurunden.

(5) Abweichend von § 27 Absatz 3 Satz 3 wird der Aufstieg in den Stufen durch folgende Zeiten nicht verzögert:

1.
Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten nach Absatz 1 Satz 4,
2.
Zeiten einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge, die nach gesetzlichen Bestimmungen dienstlichen Interessen dient; dies gilt auch, wenn durch die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle schriftlich oder elektronisch anerkannt ist, dass der Urlaub dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient,
3.
Zeiten, die nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz nicht zu dienstlichen Nachteilen führen dürfen,
4.
Zeiten einer Eignungsübung nach dem Eignungsübungsgesetz und
5.
Zeiten, die in einem kommunalen Wahlbeamtenverhältnis erbracht wurden.

(6) Zeiten, die nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der bis zum 30. Juni 2009 geltenden Fassung berücksichtigt wurden, werden auf die Zeiten nach Absatz 5 Nummer 1 angerechnet.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Das Grundgehalt wird, soweit nicht gesetzlich etwas Anderes bestimmt ist, nach Stufen bemessen. Dabei erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe nach bestimmten Dienstzeiten, in denen anforderungsgerechte Leistungen erbracht wurden (Erfahrungszeiten).

(2) Mit der ersten Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge im Anwendungsbereich dieses Gesetzes wird ein Grundgehalt der Stufe 1 festgesetzt, soweit nicht Erfahrungszeiten nach § 28 Absatz 1 bis 3 anerkannt werden. Die Stufe wird mit Wirkung vom Ersten des Monats festgesetzt, in dem die Ernennung wirksam wird. Die Stufenfestsetzung ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für

1.
die Versetzung, die Übernahme und den Übertritt in den Dienst des Bundes,
2.
den Wechsel aus einem Amt der Bundesbesoldungsordnungen B, R, W oder C in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A sowie
3.
die Einstellung eines ehemaligen Beamten, Richters, Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A.

(3) Das Grundgehalt steigt nach Erfahrungszeiten von zwei Jahren in der Stufe 1, von jeweils drei Jahren in den Stufen 2 bis 4 und von jeweils vier Jahren in den Stufen 5 bis 7. Abweichend von Satz 1 beträgt die Erfahrungszeit in den Stufen 5 bis 7 bei Beamten in den Laufbahnen des einfachen Dienstes und bei Soldaten in den Laufbahnen der Mannschaften jeweils drei Jahre. Zeiten ohne Anspruch auf Dienstbezüge verzögern den Aufstieg um diese Zeiten, soweit in § 28 Absatz 5 nicht etwas Anderes bestimmt ist. Die Zeiten sind auf volle Monate abzurunden.

(4) Wird festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten nicht den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, verbleibt er in seiner bisherigen Stufe des Grundgehaltes. Die Feststellung nach Satz 1 erfolgt auf der Grundlage einer geeigneten Leistungseinschätzung. Ist die Leistungseinschätzung älter als zwölf Monate, ist ergänzend eine aktuelle Leistungseinschätzung zu erstellen. Für die Feststellung nach Satz 1 können nur Leistungen berücksichtigt werden, auf die vor der Feststellung hingewiesen wurde.

(5) Wird auf der Grundlage einer weiteren Leistungseinschätzung festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten wieder den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, erfolgt der Aufstieg in die nächsthöhere Stufe am ersten Tag des Monats, in dem diese Feststellung erfolgt. Wird in der Folgezeit festgestellt, dass der Beamte oder Soldat Leistungen erbringt, die die mit dem Amt verbundenen Anforderungen erheblich übersteigen, gilt der von dieser Feststellung erfasste Zeitraum nicht nur als laufende Erfahrungszeit, sondern wird zusätzlich so angerechnet, dass er für die Zukunft die Wirkung eines früheren Verbleibens in der Stufe entsprechend mindert oder aufhebt. Die für diese Anrechnung zu berücksichtigenden Zeiten sind auf volle Monate abzurunden. Maßgebender Zeitpunkt ist der Erste des Monats, in dem die entsprechende Feststellung erfolgt.

(6) Bei dauerhaft herausragenden Leistungen kann Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A für den Zeitraum bis zum Erreichen der nächsten Stufe das Grundgehalt der nächsthöheren Stufe gezahlt werden (Leistungsstufe). Die Zahl der in einem Kalenderjahr bei einem Dienstherrn vergebenen Leistungsstufen darf 15 Prozent der Zahl der bei dem Dienstherrn vorhandenen Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A, die das Endgrundgehalt noch nicht erreicht haben, nicht übersteigen. Die Bundesregierung wird ermächtigt, nähere Regelungen durch Rechtsverordnung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann zugelassen werden, dass bei Dienstherren mit weniger als sieben Beamten im Sinne des Satzes 2 in jedem Kalenderjahr einem Beamten die Leistungsstufe gewährt wird.

(7) Die Entscheidung nach den Absätzen 4 bis 6 trifft die zuständige oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Sie ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Widerspruch, Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) In der Probezeit nach § 11 Absatz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgt das Aufsteigen in den Stufen entsprechend den in Absatz 3 genannten Zeiträumen.

(9) Der Beamte oder Soldat verbleibt in seiner bisherigen Stufe, solange er vorläufig des Dienstes enthoben ist. Führt ein Disziplinarverfahren nicht zur Entfernung aus dem Dienst oder endet das Dienstverhältnis nicht durch Entlassung auf Antrag des Beamten oder Soldaten oder infolge strafgerichtlicher Verurteilung, regelt sich das Aufsteigen im Zeitraum seiner vorläufigen Dienstenthebung nach Absatz 3.

(1) Beamten und Soldaten werden bei der ersten Stufenfestsetzung als Erfahrungszeiten im Sinne des § 27 Absatz 2 anerkannt:

1.
Zeiten einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit außerhalb eines Soldatenverhältnisses, die für Beamte nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung oder für Soldaten nicht Voraussetzung für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 13 sind,
2.
Zeiten als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit,
3.
Zeiten von mindestens vier Monaten und insgesamt höchstens zwei Jahren, in denen Wehrdienst, soweit er nicht unter Nummer 2 fällt, Zivildienst, Bundesfreiwilligendienst, Entwicklungsdienst oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr geleistet wurde,
4.
Verfolgungszeiten nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz, soweit eine Erwerbstätigkeit, die einem Dienst bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn (§ 29) entspricht, nicht ausgeübt werden konnte.
Mit Zustimmung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat kann hiervon abgewichen werden, wenn für die Zulassung zu einer Laufbahn besondere Voraussetzungen gelten. Zeiten nach Satz 1 werden durch Unterbrechungszeiten nach Absatz 5 Nummer 2 bis 5 nicht vermindert. Erfahrungszeiten nach Satz 1 stehen gleich:
1.
Zeiten einer Kinderbetreuung von bis zu drei Jahren für jedes Kind (Kinderbetreuungszeiten),
2.
Zeiten der tatsächlichen Pflege von Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Geschwistern oder Kindern, die nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftig sind, von bis zu drei Jahren für jeden dieser Angehörigen (Pflegezeiten).

(2) Beamten können weitere hauptberufliche Zeiten, die nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind, ganz oder teilweise anerkannt werden, soweit diese für die Verwendung förderlich sind. Wird für die Einstellung ein mit einem Master abgeschlossenes Hochschulstudium oder ein gleichwertiger Abschluss vorausgesetzt, sind Beamten dafür zwei Jahre als Erfahrungszeit anzuerkennen. Zusätzliche Qualifikationen, die nicht im Rahmen von hauptberuflichen Zeiten erworben wurden, können Beamten in besonderen Einzelfällen, insbesondere zur Deckung des Personalbedarfs, mit bis zu drei Jahren als Erfahrungszeit im Sinne des § 27 Absatz 3 anerkannt werden. Die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 3 trifft die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Werden Soldaten auf Grund ihrer beruflichen Qualifikation mit einem höheren Dienstgrad eingestellt, können entsprechend den jeweiligen Einstellungsvoraussetzungen als Erfahrungszeiten anerkannt werden:

1.
in der Laufbahngruppe der Unteroffiziere für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 7 höchstens vier Jahre und
2.
in der Laufbahngruppe der Offiziere für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 13 höchstens sechs Jahre.
Im Übrigen können hauptberufliche Zeiten ganz oder teilweise als Erfahrungszeiten anerkannt werden, soweit diese für die Verwendung förderlich sind. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Derselbe Zeitraum kann nur einmal anerkannt werden. Die Zeiten nach den Absätzen 1 bis 3 sind zu addieren und danach auf volle Monate aufzurunden.

(5) Abweichend von § 27 Absatz 3 Satz 3 wird der Aufstieg in den Stufen durch folgende Zeiten nicht verzögert:

1.
Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten nach Absatz 1 Satz 4,
2.
Zeiten einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge, die nach gesetzlichen Bestimmungen dienstlichen Interessen dient; dies gilt auch, wenn durch die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle schriftlich oder elektronisch anerkannt ist, dass der Urlaub dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient,
3.
Zeiten, die nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz nicht zu dienstlichen Nachteilen führen dürfen,
4.
Zeiten einer Eignungsübung nach dem Eignungsübungsgesetz und
5.
Zeiten, die in einem kommunalen Wahlbeamtenverhältnis erbracht wurden.

(6) Zeiten, die nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der bis zum 30. Juni 2009 geltenden Fassung berücksichtigt wurden, werden auf die Zeiten nach Absatz 5 Nummer 1 angerechnet.

(1) Das Grundgehalt wird, soweit nicht gesetzlich etwas Anderes bestimmt ist, nach Stufen bemessen. Dabei erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe nach bestimmten Dienstzeiten, in denen anforderungsgerechte Leistungen erbracht wurden (Erfahrungszeiten).

(2) Mit der ersten Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge im Anwendungsbereich dieses Gesetzes wird ein Grundgehalt der Stufe 1 festgesetzt, soweit nicht Erfahrungszeiten nach § 28 Absatz 1 bis 3 anerkannt werden. Die Stufe wird mit Wirkung vom Ersten des Monats festgesetzt, in dem die Ernennung wirksam wird. Die Stufenfestsetzung ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für

1.
die Versetzung, die Übernahme und den Übertritt in den Dienst des Bundes,
2.
den Wechsel aus einem Amt der Bundesbesoldungsordnungen B, R, W oder C in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A sowie
3.
die Einstellung eines ehemaligen Beamten, Richters, Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A.

(3) Das Grundgehalt steigt nach Erfahrungszeiten von zwei Jahren in der Stufe 1, von jeweils drei Jahren in den Stufen 2 bis 4 und von jeweils vier Jahren in den Stufen 5 bis 7. Abweichend von Satz 1 beträgt die Erfahrungszeit in den Stufen 5 bis 7 bei Beamten in den Laufbahnen des einfachen Dienstes und bei Soldaten in den Laufbahnen der Mannschaften jeweils drei Jahre. Zeiten ohne Anspruch auf Dienstbezüge verzögern den Aufstieg um diese Zeiten, soweit in § 28 Absatz 5 nicht etwas Anderes bestimmt ist. Die Zeiten sind auf volle Monate abzurunden.

(4) Wird festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten nicht den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, verbleibt er in seiner bisherigen Stufe des Grundgehaltes. Die Feststellung nach Satz 1 erfolgt auf der Grundlage einer geeigneten Leistungseinschätzung. Ist die Leistungseinschätzung älter als zwölf Monate, ist ergänzend eine aktuelle Leistungseinschätzung zu erstellen. Für die Feststellung nach Satz 1 können nur Leistungen berücksichtigt werden, auf die vor der Feststellung hingewiesen wurde.

(5) Wird auf der Grundlage einer weiteren Leistungseinschätzung festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten wieder den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, erfolgt der Aufstieg in die nächsthöhere Stufe am ersten Tag des Monats, in dem diese Feststellung erfolgt. Wird in der Folgezeit festgestellt, dass der Beamte oder Soldat Leistungen erbringt, die die mit dem Amt verbundenen Anforderungen erheblich übersteigen, gilt der von dieser Feststellung erfasste Zeitraum nicht nur als laufende Erfahrungszeit, sondern wird zusätzlich so angerechnet, dass er für die Zukunft die Wirkung eines früheren Verbleibens in der Stufe entsprechend mindert oder aufhebt. Die für diese Anrechnung zu berücksichtigenden Zeiten sind auf volle Monate abzurunden. Maßgebender Zeitpunkt ist der Erste des Monats, in dem die entsprechende Feststellung erfolgt.

(6) Bei dauerhaft herausragenden Leistungen kann Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A für den Zeitraum bis zum Erreichen der nächsten Stufe das Grundgehalt der nächsthöheren Stufe gezahlt werden (Leistungsstufe). Die Zahl der in einem Kalenderjahr bei einem Dienstherrn vergebenen Leistungsstufen darf 15 Prozent der Zahl der bei dem Dienstherrn vorhandenen Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A, die das Endgrundgehalt noch nicht erreicht haben, nicht übersteigen. Die Bundesregierung wird ermächtigt, nähere Regelungen durch Rechtsverordnung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann zugelassen werden, dass bei Dienstherren mit weniger als sieben Beamten im Sinne des Satzes 2 in jedem Kalenderjahr einem Beamten die Leistungsstufe gewährt wird.

(7) Die Entscheidung nach den Absätzen 4 bis 6 trifft die zuständige oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Sie ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Widerspruch, Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) In der Probezeit nach § 11 Absatz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgt das Aufsteigen in den Stufen entsprechend den in Absatz 3 genannten Zeiträumen.

(9) Der Beamte oder Soldat verbleibt in seiner bisherigen Stufe, solange er vorläufig des Dienstes enthoben ist. Führt ein Disziplinarverfahren nicht zur Entfernung aus dem Dienst oder endet das Dienstverhältnis nicht durch Entlassung auf Antrag des Beamten oder Soldaten oder infolge strafgerichtlicher Verurteilung, regelt sich das Aufsteigen im Zeitraum seiner vorläufigen Dienstenthebung nach Absatz 3.

(1) Beamten und Soldaten werden bei der ersten Stufenfestsetzung als Erfahrungszeiten im Sinne des § 27 Absatz 2 anerkannt:

1.
Zeiten einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit außerhalb eines Soldatenverhältnisses, die für Beamte nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung oder für Soldaten nicht Voraussetzung für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 13 sind,
2.
Zeiten als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit,
3.
Zeiten von mindestens vier Monaten und insgesamt höchstens zwei Jahren, in denen Wehrdienst, soweit er nicht unter Nummer 2 fällt, Zivildienst, Bundesfreiwilligendienst, Entwicklungsdienst oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr geleistet wurde,
4.
Verfolgungszeiten nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz, soweit eine Erwerbstätigkeit, die einem Dienst bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn (§ 29) entspricht, nicht ausgeübt werden konnte.
Mit Zustimmung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat kann hiervon abgewichen werden, wenn für die Zulassung zu einer Laufbahn besondere Voraussetzungen gelten. Zeiten nach Satz 1 werden durch Unterbrechungszeiten nach Absatz 5 Nummer 2 bis 5 nicht vermindert. Erfahrungszeiten nach Satz 1 stehen gleich:
1.
Zeiten einer Kinderbetreuung von bis zu drei Jahren für jedes Kind (Kinderbetreuungszeiten),
2.
Zeiten der tatsächlichen Pflege von Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Geschwistern oder Kindern, die nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftig sind, von bis zu drei Jahren für jeden dieser Angehörigen (Pflegezeiten).

(2) Beamten können weitere hauptberufliche Zeiten, die nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind, ganz oder teilweise anerkannt werden, soweit diese für die Verwendung förderlich sind. Wird für die Einstellung ein mit einem Master abgeschlossenes Hochschulstudium oder ein gleichwertiger Abschluss vorausgesetzt, sind Beamten dafür zwei Jahre als Erfahrungszeit anzuerkennen. Zusätzliche Qualifikationen, die nicht im Rahmen von hauptberuflichen Zeiten erworben wurden, können Beamten in besonderen Einzelfällen, insbesondere zur Deckung des Personalbedarfs, mit bis zu drei Jahren als Erfahrungszeit im Sinne des § 27 Absatz 3 anerkannt werden. Die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 3 trifft die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Werden Soldaten auf Grund ihrer beruflichen Qualifikation mit einem höheren Dienstgrad eingestellt, können entsprechend den jeweiligen Einstellungsvoraussetzungen als Erfahrungszeiten anerkannt werden:

1.
in der Laufbahngruppe der Unteroffiziere für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 7 höchstens vier Jahre und
2.
in der Laufbahngruppe der Offiziere für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 13 höchstens sechs Jahre.
Im Übrigen können hauptberufliche Zeiten ganz oder teilweise als Erfahrungszeiten anerkannt werden, soweit diese für die Verwendung förderlich sind. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Derselbe Zeitraum kann nur einmal anerkannt werden. Die Zeiten nach den Absätzen 1 bis 3 sind zu addieren und danach auf volle Monate aufzurunden.

(5) Abweichend von § 27 Absatz 3 Satz 3 wird der Aufstieg in den Stufen durch folgende Zeiten nicht verzögert:

1.
Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten nach Absatz 1 Satz 4,
2.
Zeiten einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge, die nach gesetzlichen Bestimmungen dienstlichen Interessen dient; dies gilt auch, wenn durch die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle schriftlich oder elektronisch anerkannt ist, dass der Urlaub dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient,
3.
Zeiten, die nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz nicht zu dienstlichen Nachteilen führen dürfen,
4.
Zeiten einer Eignungsübung nach dem Eignungsübungsgesetz und
5.
Zeiten, die in einem kommunalen Wahlbeamtenverhältnis erbracht wurden.

(6) Zeiten, die nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der bis zum 30. Juni 2009 geltenden Fassung berücksichtigt wurden, werden auf die Zeiten nach Absatz 5 Nummer 1 angerechnet.

(1) Der Benachteiligte kann bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot unbeschadet weiterer Ansprüche die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen.

(2) Bei einer Verletzung des Benachteiligungsverbots ist der Benachteiligende verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Benachteiligende die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der Benachteiligte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.

(3) Ansprüche aus unerlaubter Handlung bleiben unberührt.

(4) Auf eine Vereinbarung, die von dem Benachteiligungsverbot abweicht, kann sich der Benachteiligende nicht berufen.

(5) Ein Anspruch nach den Absätzen 1 und 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten geltend gemacht werden. Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn der Benachteiligte ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war.

(1) Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die

1.
typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen oder
2.
eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben,
ist unzulässig.

(2) Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft ist darüber hinaus auch bei der Begründung, Durchführung und Beendigung sonstiger zivilrechtlicher Schuldverhältnisse im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 unzulässig.

(3) Bei der Vermietung von Wohnraum ist eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig.

(4) Die Vorschriften dieses Abschnitts finden keine Anwendung auf familien- und erbrechtliche Schuldverhältnisse.

(5) Die Vorschriften dieses Abschnitts finden keine Anwendung auf zivilrechtliche Schuldverhältnisse, bei denen ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Parteien oder ihrer Angehörigen begründet wird. Bei Mietverhältnissen kann dies insbesondere der Fall sein, wenn die Parteien oder ihre Angehörigen Wohnraum auf demselben Grundstück nutzen. Die Vermietung von Wohnraum zum nicht nur vorübergehenden Gebrauch ist in der Regel kein Geschäft im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1, wenn der Vermieter insgesamt nicht mehr als 50 Wohnungen vermietet.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.

(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.

(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.

(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die

1.
auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
2.
Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.

Werden mehrere Leistungen in der Weise geschuldet, dass nur die eine oder die andere zu bewirken ist, so steht das Wahlrecht im Zweifel dem Schuldner zu.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)