Arbeitsgericht Gelsenkirchen Urteil, 15. Juli 2015 - 2 Ca 2260/14
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 01.01.2011 als Erzieherin mit besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten nach der Entgeltgruppe S 8 der Anlage 33 der AVR der Caritas zu vergüten.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Der Streitwert wird auf 9.000,00 € festgesetzt.
4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung der Klägerin nach den AVR der Caritas.
3Die Beklagte betreibt unter anderem das Kinderheim K in H.
4Die 1981 geborene Klägerin ist dort seit dem 01.08.2002 als Erzieherin beschäftigt und in der Jugendwohngruppe 5 tätig. Zielgruppe der Jugendwohngruppe 5 sind ausweislich der Leistungsbeschreibung der Beklagten mit Stand 02.11.2014 (Bl. 17f d. A.) zum einen „Kinder und Jugendliche, alters- und geschlechtsgemischt, mit erheblichen sozialen, emotionalen, psychischen und materiellen Auffälligkeiten, ab 12 Jahren“ und zum anderen „Jugendliche der Altersgruppe ab 16 Jahren bis zur Volljährigkeit, die im sozialpädagogischen Rahmen der Herkunftsgruppe (5) in zusätzlichen Räumlichkeiten (abgeteilten Wohneinheiten), individuell ausgerichtet, auf ihre Verselbständigung vorbereitet werden und auf Grund ihrer Defizite und Störungsbilder nicht den klassischen Weg über Verselbständigungsgruppen / betreutes Wohnen oder ähnliche Angebote mit niedrigerem Betreuungsschlüssel bewältigen können“.
5Die Jugendwohngruppe 5 war bis Januar 2012 und ist nunmehr erneut formal in die Gruppen 5a und 5b aufgeteilt, wobei in der Gruppe 5a die Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren und in der Gruppe 5b die Jugendlichen ab 16 bis 18 Jahren betreut werden. Die Klägerin war stets für die Gruppe der Kinder und Jugendlichen von 12-16 Jahren zuständig. Aktuell befinden sich in der jetzt so bezeichneten Gruppe 5a zehn Kinder und Jugendliche. Bei drei dieser Kinder/Jugendlichen bestehen unstreitig wesentliche Erziehungsschwierigkeiten.
6Die Tätigkeit der Klägerin besteht zu 10% aus Dokumentations- und Verwaltungsaufgaben, zu 20% aus Aufgaben der Hauswirtschaft und Grundversorgung und zu 70% aus der pädagogischen Arbeit mit den zu betreuenden Kindern und Jugendlichen.
7Auf das Arbeitsverhältnis finden die AVR der Caritas Anwendung. Die Klägerin war zunächst in die Vergütungsgruppe V 6b Ziffer 2 der Anlage 2d der AVR eingruppiert. Zum 01.08.2005 erfolgte der Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe V 5c Ziffer 1 der Anlage 2d der AVR. Ab dem 01.08.2006 erhielt die Klägerin eine Vergütungsgruppenzulage. Von November 2008 bis Februar 2010 befand sich die Klägerin in Elternzeit. Zum 01. Januar 2011 wurde das Vergütungssystem geändert und die bisherige Anlage 2d der AVR von der Anlage 33 der AVR abgelöst. Die Beklagte leitete die Klägerin in die neue Entgeltgruppe S 6 über.
8Nach § 2 des Anhangs D zur Anlage 33 der AVR der Caritas „Überleitungs- und Besitzstandregelung“ werden Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst so in das neue System übergeleitet, als ob sie seit dem Zeitpunkt, seit dem sie ununterbrochen im Geltungsbereich der AVR oder im sonstigen Bereich der katholischen Kirche tätig waren, nach Anlage 33 zu den AVR eingruppiert und eingestuft worden wären.
9Gemäß § 11 der Anlage 33 der AVR der Caritas richtet sich die Eingruppierung der Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst nach den Tätigkeitsmerkmalen des Anhangs B dieser Anlage.
10Die Entgeltgruppen für Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst sind im Anhang B zur Anlage 33 der AVR der Caritas unter anderem wie folgt definiert:
11„S 6
12- 1.13
Erzieher, Heilerziehungspfleger mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Mitarbeiter, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben
[…]
15S 8
16- 1.17
Erzieher, Heilerziehungspfleger mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Mitarbeiter, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten.“
Nach der Anmerkung 6 zu den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppen S 2 bis S 18 sind besonders schwierige fachliche Tätigkeiten „z. B.
19a) Tätigkeiten in Integrationsgruppen (Erziehungsgruppen, denen besondere Aufgaben in der gemeinsamen Förderung behinderter und nicht behinderter Kinder zugewiesen sind) mit einem Anteil von mindestens einem Drittel von behinderten Menschen im Sinne des § 2 SGB IX in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung,
20b) Tätigkeiten in Gruppen von behinderten Menschen im Sinne des § 2 SGB IX, von Personen, die Hilfen nach § 67 SGB XII erhalten, oder von Kindern und Jugendlichen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten,
21c) Tätigkeiten in Jugendzentren/Häusern der offenen Tür,
22d) Tätigkeiten in geschlossenen (gesicherten) Gruppen,
23e) Fachlichen Koordinierungstätigkeiten für mindestens vier Mitarbeiter mindestens der Entgeltgruppe S 6,
24f) Tätigkeiten eines Facherziehers mit einrichtungsübergreifenden Aufgaben.“
25Nach Anlage 1 Ziffer I der AVR ist der Mitarbeiter in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Dabei entspricht die gesamte auszuübende Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen.
26In Anhang E zur Anlage 33 der AVR der Caritas ist eine Zuordnungstabelle festgehalten, wonach die Vergütungsgruppe 6b mit Aufstieg nach 5c und Vergütungsgruppenzulage nach der Anlage 2d der AVR der Entgeltgruppe S 6 des Anhangs B zur Anlage 33 der AVR und die Vergütungsgruppe 5c mit Aufstieg nach 5b nach der Anlage 2d der AVR der Entgeltgruppe S 8 des Anhangs B zur Anlage 33 der AVR zugeordnet ist.
27Mit Schreiben vom 19.06.2011, auf welches für die Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 11f d. A.) teilte der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung der Beklagten (nachfolgend MAV), der Zeuge C, der Personalabteilung der Beklagten mit, dass bei der Überleitung in die Anlage 33 AVR einige Mitarbeiter nicht ihren Tätigkeitsmerkmalen entsprechend eingruppiert worden seien und dass diese, namentlich aufgeführten, Mitarbeiter, darunter auch die Klägerin, Widerspruch gegen ihre aktuelle Eingruppierung einlegen würden. Die MAV bitte um schnellstmögliche Prüfung und Korrektur dieser Widersprüche. Eine Kopie der einzelnen Widersprüche liege dem Schreiben bei. Mit Schreiben vom 15.07.2011 (Bl. 62 d. A.) nahm der damalige Betriebsleiter der Beklagten Bezug auf das Schreiben der MAV vom 19.06.2011 und teilte der MAV mit, dass der bei der Personalabteilung angefragte Termin zur Klärung des am 19.06.2011 schriftlich eingelegten Widerspruchs zur fehlerhaften Überleitung einiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Anlage 33 AVR nicht zustande komme, da die Überleitung korrekt erfolgt sei.
28Mit anwaltlichem Schreiben vom 31.03.2014, welches der Beklagten am 02.04.2014 zugegangen ist, machte die Klägerin die Eingruppierung nach der Entgeltgruppe S 8 vergeblich geltend.
29Seit April 2014 befindet sich die Klägerin erneut in Elternzeit. Die monatliche Differenz zwischen der Entgeltgruppe S 6 und der Entgeltgruppe S 8 beläuft sich bei der Klägerin auf ca. 250 Euro brutto. Zusätzlich erhielt die Klägerin bis zuletzt eine Heimzulage. Diese wird nach Anlage 1 Ziffer VIIa der AVR unter anderem Mitarbeitern der Entgeltgruppen S 2 bis S 18 in Heimen der Jugendhilfe, in denen überwiegend Kinder der Jugendliche oder junge Menschen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten ständig leben, für die Dauer ihrer Tätigkeit gezahlt.
30Mit ihrer am 09.12.2014 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 22.12.2014 zugestellten Klage verfolgt die Klägerin ihre Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 8 ab dem 01.01.2011 weiter.
31Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe S 8 habe.
32Zum einen hätte sie bereits zum 01.08.2005 richtigerweise in die Vergütungsgruppe V 5c Ziffer 2 eingruppiert werden müssen mit der Folge eines Bewährungsaufstiegs nach vier Jahren in die Vergütungsgruppe V 5b. Schon zum 01.08.2009 hätte sie daher in die Vergütungsgruppe V 5b eingruppiert werden müssen. Bereits nach der Elternzeit im März 2010 habe sie dies reklamiert, aber keine schriftliche Stellungnahme erhalten.
33Zum anderen sei sie aber unabhängig von der vorherigen falschen Eingruppierung jedenfalls ab dem 01.01.2011 in die Entgeltgruppe S 8 einzugruppieren.
34Es handele sich bei den von ihr auszuübenden Tätigkeiten um besonders schwierige fachliche Tätigkeiten. Alle Kinder/Jugendlichen der Wohngruppe 5 würden unter erheblichen Verhaltensauffälligkeiten leiden; für solche Kinder/Jugendliche sei die Wohngruppe ja auch gerade eingerichtet. Die von ihr zu betreuenden Kinder und Jugendlichen würden nach der eigenen Leistungsbeschreibung der Beklagten erhebliche Auffälligkeiten und damit wesentliche Erziehungsschwierigkeiten aufweisen. Ihre Aufgaben seien nicht mit den Aufgaben einer „einfachen“ Erzieherin wie beispielsweise im Kindergarten vergleichbar. Sie habe es nahezu täglich mit aggressivem, aufsässigem und missachtenden Verhalten der Kinder und Jugendlichen zu tun. Hierzu führt die Klägerin beispielhaft das Verhalten der Jugendlichen B, K1 und D an. Auf die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 03.03.2015, Seite 5f (Bl. 58f d. A.), wird ergänzend Bezug genommen. Für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 8 spreche auch, dass sie unstreitig die Heimzulage erhalte, die auch wesentliche Erziehungsschwierigkeiten der betreuten Kinder voraussetze.
35Des Weiteren beruft sich die Klägerin auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die in der Wohngruppe 5a tätigen Erzieher seien trotz gleicher Tätigkeit unterschiedlich eingruppiert. Sie seien jedoch alle in die Entgeltgruppe S 8 einzugruppieren. So sei der Kollege L anfangs wie sie in Vergütungsgruppe 6b eingruppiert worden; nach drei Jahren sei er dann aber, was unstreitig ist, in die Vergütungsgruppe 5b eingruppiert und zum 1.1.2011 in die Entgeltgruppe S 8 übergeleitet worden. Dieser Mitarbeiter habe bis zu seinem Wechsel in die Außenwohngruppe im Jahr 2012 die gleichen Aufgaben in der Wohngruppe 5a inne gehabt wie sie selbst. Auch die Mitarbeiter X und C1 seien in die Vergütungsgruppe 5b und dann in die Entgeltgruppe S 8 eingruppiert worden. Sie habe erst im Gütetermin erfahren, dass sie anders als andere vor der Überleitung nur in die Vergütungsgruppe 5c Ziffer 1 eingruppiert gewesen sei. Die Mitarbeiterin N, geborene T, sei in der Wohngruppe 5b tätig und nach ihrem Widerspruch zum 01.01.2011 von der Entgeltgruppe S 6 in S 8 umgruppiert worden. Die Mitarbeiterin X1 sei in der Wohngruppe 5a tätig und werde, trotz vorheriger Eingruppierung in die Vergütungsgruppe 5c Ziffer 1, nun nach der Entgeltgruppe S 8 vergütet.
36Weiter behauptet die Klägerin, dass sie die Eingruppierung ab dem 01.01.2011 in die Entgeltgruppe S 6 anstelle von S 8 direkt gegenüber der Beklagten sowie gegenüber der MAV bemängelt habe. Sie habe sich wegen der Tarifumstellungen an die MAV gewandt, die individuelle Widerspruchsschreiben vorbereitet habe. Der Zeuge C habe mit dem jeweiligen Arbeitnehmer ein Gespräch geführt, in welchem dann der individuelle Widerspruch unterzeichnet worden sei. Sie, die Klägerin, sei von dem Zeugen C im Rahmen der wöchentlichen Teamsitzung angesprochen worden, und habe dann das vorbereitete Widerspruchsschreiben gelesen und eigenhändig unterzeichnet. Sie habe die MAV gleichzeitig beauftragt, ihren Widerspruch an die Beklagte weiterzuleiten. Dementsprechend habe der Zeuge C mit dem Schreiben vom 19.06.2011 alle einzelnen Widerspruchsschreiben bei der Personalabteilung der Beklagten im Hospital H am 19.06.2011 abgegeben. Der Zeuge C habe vorher alle Widerspruchsschreiben geprüft und kopiert und die Originalwidersprüche zusammen mit dem Originalanschreiben in den MAV-Ordner in dem – Bibliothek genannten - Besprechungsraum des Kinderheims K abgeheftet und dort in einen verschlossenen Schrank gelegt. Die MAV habe insoweit nicht in ihrem Namen der Eingruppierung widersprochen, sondern als Bote fungiert. Den Eingang des Schreibens vom 19.06.2011 habe die Beklagte mit Schreiben vom 15.07.2011 bestätigt. Gleichzeitig seien die Unterlagen auch in Kopie mit allen Widersprüchen der Einrichtungsleiterin H1 zur Kenntnisnahme übergeben worden.
37Die Verfallfrist des § 23 AVR der Caritas, wonach Ansprüche aus dem Dienstverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit vom Mitarbeiter oder vom Dienstgeber schriftlich geltend gemacht werden, und für denselben Sachverhalt die einmalige Geltendmachung des Anspruchs ausreicht, sei daher gewahrt. Sie habe, nachdem sie keine schriftliche Rückmeldung erhalten habe, am 31.08.2012 um 10.30 Uhr sowie am 10.09.2012 um 13.30 Uhr mit dem Personalsachbearbeiter T telefoniert, welcher eine weitere Woche Zeit zur Überprüfung der Eingruppierung erbeten habe. Am 17.09.2012 um 13.30 Uhr sei ihr telefonisch mitgeteilt worden, dass der Mitarbeiter T krank und erst in einigen Wochen wieder zu sprechen sei. Am 08.10.2012 habe sie erneut in der Personalabteilung angerufen und mit der Mitarbeiterin I gesprochen, die erklärte, nun für sie zuständig zu sein, ihr aber noch nichts zu ihrem Anliegen sagen zu können. Am 12.11.2012 habe sie sich zudem auch noch an die Heimleiterin H1 gewandt.
38Letztlich meint die Klägerin, dass es unerheblich sei, ob ihr Widerspruch im Original oder in Kopie beigefügt gewesen sei; die Geltendmachung mittels der Kopie eines eigenhändig unterschriebenen Widerspruchs genüge dem Schriftformerfordernis des § 23 AVR der Caritas.
39Die Klägerin beantragt zuletzt,
40festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 01.01.2011 als Erzieherin mit besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten nach der Entgeltgruppe S 8 der Anlage 33 der AVR der Caritas zu vergüten.
41Die Beklagte beantragt,
42die Klage abzuweisen.
43Die Beklagte meint, dass die Voraussetzungen einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 8 nicht erfüllt und von der Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt seien. Zwar würden die betreuten Jugendlichen durchaus Verhaltensauffälligkeiten aufweisen. Im Kontext der Heimerziehung handele es sich aber auch bei den von der Klägerin beschriebenen Beispielfällen nicht um besondere Schwierigkeiten, sondern um den üblichen Querschnitt der zu betreuenden Klientel. Nur einige der von der Klägerin zu betreuenden Kinder und Jugendlichen, derzeit unstreitig 3 von 10, hätten einen intensiven Betreuungsbedarf und wesentliche Erziehungsschwierigkeiten. Die besondere Schwierigkeit präge die Tätigkeit der Klägerin daher nicht. Die Klägerin hätte insoweit darlegen müssen, wieviel Zeit ihrer Tätigkeit konkret auf die Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten entfalle. Die Entscheidung des BAG vom 06.03.1996, Az. 4 AZR 671/94, sei nicht einschlägig, da dort ein anderes Tarifwerk streitgegenständlich gewesen sei. Zudem könne die Aussage des BAG, dass „wesentliche Erziehungsschwierigkeiten“ ein Maß erreichen müssten, das gemäß § 27 KJHG bei dem einzelnen Kind einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung begründe, auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragen werden; ansonsten wären alle Erzieher in einem Kinderheim stets in die Entgeltgruppe S 8 einzugruppieren. Auch könne aus der Zahlung der Heimzulage nicht hergeleitet werden, dass die Klägerin in die Entgeltgruppe S 8 einzugruppieren sei. Darauf, ob die Klägerin vor dem 01.01.2011 zutreffend eingruppiert gewesen sei, komme es vorliegend nicht an.
44Die Beklagte ist des Weiteren der Auffassung, dass sich die Klägerin nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen könne. Der von der Klägerin angeführte Mitarbeiter L sei ebenso wie der Mitarbeiter X wegen der Überleitungsvorschriften von der Vergütungsgruppe 5b in die Entgeltgruppe S 8 eingruppiert worden. Zudem sei der Mitarbeiter L in einem anderen Bereich tätig und sei der Mitarbeiter X seit dem 01.01.2012 Gruppenleiter. Die Klägerin hätte darlegen müssen, was sie wann gemacht habe. Die Mitarbeiterin N sei im Verselbständigungsbereich und damit in einem anderen Bereich als die Klägerin tätig. Auch sei diese zunächst in Vergütungsgruppe 5c Ziffer 2 eingruppiert gewesen. Aufgrund des Bewährungsaufstiegs in die Vergütungsgruppe 5b Ziffer 1 sei die Überleitung in die neuen Entgeltgruppen anders vorzunehmen gewesen als bei der Klägerin. Auch die Mitarbeiterin X1 werde nur aufgrund der Überleitungsvorschriften nach der Entgeltgruppe S 8 bezahlt. Zudem sei die Mitarbeiterin C2 wie die Klägerin erst in Vergütungsgruppe 5c Ziffer 1 eingruppiert und dann in die Entgeltgruppe S 6 übergeleitet worden. Neu eingestellte Mitarbeiter mit den Aufgaben der Klägerin, wie Herr X2, würden in die Entgeltgruppe S 6 eingruppiert.
45Letztlich beruft sich die Beklagte auf den Verfall der Ansprüche nach § 23 AVR der Caritas. Eine schriftliche Geltendmachung sei erstmals mit anwaltlichem Schreiben vom 31.03.2014 erfolgt. Ein Widerspruchsschreiben der Klägerin lasse sich der Personalakte nicht entnehmen und sei nicht auffindbar, weshalb bestritten werden müsse, dass ihr, der Beklagten, dieses zugegangen sei. Es sei nicht mehr nachvollziehbar, welche Anlagen dem Schreiben der MAV vom 19.06.2011 beigefügt gewesen waren. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klägerin ein von dem Zeugen C erstelltes Widerspruchsschreiben unterzeichnet und die MAV mit der Weiterleitung des Schreibens beauftragt habe. Zudem fehle es insoweit jedenfalls an einer schriftlichen Geltendmachung. Die Überreichung einer Kopie genüge ebenso wenig wie eine telefonische/mündliche Geltendmachung.
46Über die Behauptung der Klägerin, die Kopie ihres Widerspruchsschreibens sei der Beklagten mit dem Schreiben der MAV vom 19.06.2011 zugegangen, hat die Kammer Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen C. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 15.07.2015 Bezug genommen.
47Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle verwiesen.
48E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
49Die Klage ist zulässig und begründet.
50I.
51Die Klage ist zulässig.
52Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen als Eingruppierungsfeststellungsklage keine Bedenken. Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Eingruppierungsfeststellungsklagen sind allgemein üblich und nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht nur im Bereich des öffentlichen Dienstes, sondern auch im Bereich der Privatwirtschaft zulässig (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 25.06.2010, Az. 10 Sa 1273/09; BAG, Urteil vom 20.06.1984, Az. 4 AZR 208/82, AP TVG § 1 Tarifverträge: Großhandel Nr. 2; BAG, Urteil vom 31.01.2008, Az. 8 AZR 27/07, AP BGB § 613 a Nr. 340; BAG, Urteil vom 20.05.2009, Az. 4 AZR 315708, AP TVÜ § 17 Nr. 1 m. w. N.; BAG, Urteil vom 27.01.2011, Az. 6 AZR 578/09, juris).
53II.
54Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, die Klägerin ab dem 01.01.2011 nach der Entgeltgruppe S 8 der Anlage 33 der AVR der Caritas zu vergüten.
551.
56Die Tätigkeit der Klägerin in der Jugendwohngruppe 5 bzw. 5a der Beklagten stellt eine besonders schwierige fachliche Tätigkeit im Sinne des Anhangs B zur Anlage 33 der AVR der Caritas dar. Die Klägerin ist überwiegend in Gruppen von Kindern und Jugendlichen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten im Sinne der Anmerkung 6 b) zu den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppen S 2 bis S 18 tätig.
571.1
58Maßgebend ist insoweit nicht, welche Eingruppierung der Klägerin vor dem 01.01.2011 nach der damaligen Anlage 2d der AVR der Caritas zutreffend gewesen wäre, sondern allein, ob die Klägerin die Voraussetzungen der Entgeltgruppe S 8 nach Anhang B zur Anlage 33 der AVR der Caritas ab dem 01.01.2011 erfüllt.
59Denn § 2 Satz 1 des Anhanges D der Anlage 33 der AVR der Caritas sieht eine Neueingruppierung aller Mitarbeiter, die unter die Anlage 33 der AVR fallen, vor. Die Mitarbeiter sollen demnach so in das neue System übergeleitet werden, als ob sie seit dem Zeitpunkt, seit dem sie ununterbrochen im Geltungsbereich der AVR oder im sonstigen Bereich der katholischen Kirche tätig waren, nach der Anlage 33 zu den AVR eingruppiert bzw. eingestuft worden wären. Diese Regelung macht nur Sinn, wenn alle Mitarbeiter, die in die Anlage 33 der AVR übergeleitet werden, neu eingruppiert werden sollen. Alle Mitarbeiter sollen in der Weise neu eingruppiert werden, dass fingiert wird, dass die Anlage 33 der AVR bereits in der Vergangenheit Geltung hatte. Die Entgeltgruppe kann also nicht alleine durch Ablesen der Zuordnung der bisherigen Vergütungsgruppe der alten Anlage 2d der AVR nach Maßgabe des Anhanges E der Anlage 33 der AVR erfolgen (vgl. ArbG Arnsberg, Urteil vom 26.03.2013, Az. 2 Ca 741/12, BeckRS 2013, 69681; LAG München, Urteil vom 05.11.2013, Az. 9 Sa 372/13, juris, Rn. 78), auch wenn die Beklagte gerade dies hinsichtlich einiger Mitarbeiter praktiziert zu haben scheint, wenn sie sich darauf beruft, die Eingruppierung anderer Erzieher in die Entgeltgruppe S 8 beruhe darauf, dass diese zuvor in einer anderen Vergütungsgruppe als die Klägerin eingruppiert und daher anders überzuleiten gewesen seien.
601.2
61Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen der Entgeltgruppe S 8 nach Anhang B zur Anlage 33 der AVR der Caritas.
621.2.1
63Das Tätigkeitsmerkmal einer Entgeltgruppe ist dann erfüllt, wenn zeitlich mindestens zu 50% Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen des Merkmals erfüllen (Anlage 1 Ziffer I der AVR).
64Bei der Prüfung, ob mindestens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der begehrten Vergütungs-gruppe entsprechen, ist von dem durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsge-richts entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen, nämlich einer unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer vernünftigen, sinnvollen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbaren und tariflich selbständig bewertbaren Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (vgl. BAG, Urteil vom 08.09.1999, Az. 4 AZR 688/98, juris; BAG, Urteil vom 13.11.1996, Az. 4 AZR 290/95, juris; LAG Hamm, Urteil vom 17.04.1997, Az. 4 Sa 1652/96, juris). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden (BAG, Urteil vom 13.11.1996, a.a.O.).
65Insoweit ist die gesamte der Klägerin übertragene Tätigkeit als ein einheitlicher Arbeitsvorgang anzusehen. Denn ihre Tätigkeit ist auf ein einheitliches Arbeitsergebnis, nämlich die Betreuung der ihr zugewiesenen Kinder und Jugendlichen gerichtet, sei es in Form der pädagogischen Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen, der Versorgung der Kinder und Jugendlichen, der Beratung der Eltern, der Kooperation mit anderen Fachkräften oder der Dokumentation/Verwaltung (vgl. BAG, Urteil vom 22.03.1995, a. a. O.). Selbst wenn man die pädagogische Arbeit in Abgrenzung zur Verwaltungstätigkeit und hauswirtschaftlichen Tätigkeit als einen separaten Arbeitsvorgang ansehen würde, macht dieser unstreitig mehr als 50% der Gesamttätigkeit der Klägerin aus. Eine weitere Aufteilung nach der Betreuung einzelner Kinder/Jugendlichen ist tatsächlich nicht möglich. Die Kinder/Jugendlichen werden von der Klägerin als Gruppe betreut.
661.2.2
67Bei der Tätigkeit der Klägerin handelt es sich um eine besonders schwierige fachliche Tätigkeit im Sinne der Entgeltgruppe S 8.
68Von einer besonders schwierigen fachlichen Tätigkeit kann dann gesprochen werden, wenn sie sich von der Normal-/Grundtätigkeit eines Erziehers sehr deutlich abhebt, die Arbeitsaufgabe aufgrund der gesteigerten Anforderungen also von der Normalität nicht nur unerheblich abweicht (vgl. zum BAT, der insoweit eine identische Regelung enthält, BAG, Urteil vom 22.03.1995, Az. 4 AZR 30/94, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 295; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.04.2006, Az. 4 Sa 495/05, juris und LAG Hamm, Urteil vom 04.06.2009, Az. 16 Sa 1095/07, juris; vgl. auch Breier/Dassau/Kiefer u.a., TV-L, 58. Update 01/15 zur Vergütungsordnung für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst, Ziffer 22). Für die Auslegung der AVR geltend die gleichen Grundsätze wie sie für die Auslegung von Tarifverträgen maßgeblich sind (BAG, Urteil vom 23.09.2004, Az. 6 AZR 430/03, AP AVR Caritasverband § 1a Nr. 1).
69Das Merkmal der besonders schwierigen fachlichen Tätigkeit im Sinne der Entgeltgruppe S 8 ist in der Anmerkung 6 zu den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppen S 2 bis S 18 durch konkrete Beispiele erläutert. Wenn eines dieser Tätigkeitsmerkmale zutrifft, ist auch das Merkmal des Oberbegriffs erfüllt; wird kein Tätigkeitsbeispiel erfüllt, ist unter Berücksichtigung der Maßstäbe der Beispielstatbestände auf den allgemeinen Begriff zurückzugreifen (vgl. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.04.2006, a. a. O.; BAG, Urteil vom 22.03.1995, Az. 4 AZR 30/94, a. a. O.).
70Vorliegend ist das Beispiel nach der Anmerkung 6 b) erfüllt. Die Klägerin ist in Gruppen von Kindern und Jugendlichen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten tätig.
71Das BAG hat sich in seinem Urteil vom 06.03.1996, Az. 4 AZR 671/94, juris, mit dem Begriff der „wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten“ (im Sinne des Bundesmanteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt) befasst und ausgeführt, dass wesentliche Erziehungsschwierigkeiten ein Maß erreichen müssten, das gemäß § 27 KJHG bei dem einzelnen Kind einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung begründet. Aus Symptomen wie Überängstlichkeit, Wahrnehmungsstörungen, Sprachauffälligkeiten, Antriebshemmungen und Agressivität könne allein nicht auf die wesentliche Steigerung von Erziehungsschwierigkeiten geschlossen werden (vgl. BAG, Urteil vom 06.03.1996. a. a. O.; ArbG Ludwigshafen, Urteil vom 29.01.1997, Az 3 Ca 1903/96, juris). Die Erziehungsschwierigkeiten müssten über das Normalmaß hinausgehen und vergleichbar sein mit einer Behinderung im Sinne des § 2 SGB IX.
72Zwar wird man nicht pauschal davon ausgehen können, dass alle in einem Kinderheim betreuten Kinder und Jugendlichen wesentliche Erziehungsschwierigkeiten aufweisen und damit in einem Kinderheim tätige Erzieher stets, unabhängig von der ihnen zugeteilten Gruppe, in die Entgeltgruppe S 8 einzugruppieren wären. Denn ein Anspruch auf Hilfe zur Erziehung kann, worauf die Beklagte zurecht hingewiesen hat, nicht nur bei wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten bestehen, sondern auch dann, wenn es die Situation der Eltern bedingt, dass eine zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung zu Hause nicht gewährleistet ist.
73Allerdings ist es unstreitig, dass die von der Klägerin betreute Jugendwohngruppe gerade auf Kinder und Jugendliche mit erheblichen sozialen, emotionalen, psychischen und materiellen Auffälligkeiten ausgerichtet ist und dort regelmäßig (auch) Kinder/Jugendliche mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten, wenn auch in unterschiedlicher Anzahl, betreut werden.
74Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf an, ob sich in der von der Klägerin betreuten Gruppe überwiegend Kinder und Jugendliche mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten befinden. Maßgebend ist, dass die von der Klägerin zu betreuende Gruppe gerade für diese Zielgruppe vorgesehen ist und sich in dieser Gruppe unstreitig regelmäßig auch Kinder und Jugendliche mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten befinden. Darauf, ob in der Gruppe auch mal nur ein Kind mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten zu betreuen sein sollte, kommt es nicht an. Die Tätigkeit der Klägerin ist auch dann insgesamt als besonders schwierig zu qualifizieren. Denn auch bei einem oder – wie aktuell – 3 Kindern mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten muss die Klägerin in ihrer pädagogischen Arbeit darauf gesondert eingehen. Daraus resultieren in der Gruppe eine Vielzahl unterschiedlicher Bedürfnisse, Interessen und zu lösender Probleme. Die Betreuung einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen ist daher nicht nur dann mit besonderen fachlichen Schwierigkeiten verbunden, wenn mindestens 50% dieser Kinder/Jugendlichen wesentliche Erziehungsschwierigkeiten haben, sondern schon dann, wenn sich in dieser – auf Kinder und Jugendliche mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten ausgerichteten - Gruppe regelmäßig mindestens ein Kind bzw. ein Jugendlicher mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten befindet. Insoweit sieht die Anmerkung 6 b) zu den Tätigkeitsmerkmalen nach Anhang B zur Anlage 33 der AVR auch gerade – anders als die Anmerkung 6a), die bei der Tätigkeit in Integrationsgruppen einen Mindestanteil von 1/3 behinderter Menschen vorgibt - nicht vor, dass ein bestimmter Anteil von Kindern/Jugendlichen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten gegeben sein muss.
751.3
76Ob die Klägerin ihren Anspruch auch auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen kann, kann daher dahinstehen.
772.
78Der Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe S 8 steht der Klägerin auch bereits ab dem 01.01.2011 zu. Sie hat diesen Anspruch insoweit gemäß § 23 der AVR der Caritas rechtzeitig schriftlich gegenüber der Beklagten geltend gemacht.
79Die Vergütung ist gemäß Ziffer X der Anlage 1 der AVR der Caritas am letzten Werktag des Kalendermonats fällig. Damit war die Vergütung auf Basis der Entgeltgruppe S 8 für Januar 2011 am 31.01.2011 fällig und bis spätestens zum 31.07.2011 gegenüber der Beklagten schriftlich geltend zu machen. Dies ist vorliegend geschehen.
802.1
81Nach der durchgeführten Beweisaufnahme sieht es die Kammer unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen gemäß § 286 Absatz 1 ZPO, § 46 Absatz 2 ArbGG als erwiesen an, dass die Klägerin das Widerspruchsschreiben im Juni 2011 unterzeichnet und dem Zeugen C zur Weiterleitung an die Personalabteilung der Beklagten übergeben hat und dass dieser das Widerspruchsschreiben der Klägerin zusammen mit dem Anschreiben vom 19.06.2011 in der Personalabteilung der Beklagten im Juni 2011, jedenfalls vor dem 15.07.2011 abgegeben hat.
82Zwar war sich der Zeuge C bei den genauen Daten und dem genauen zeitlichen Ablauf nicht mehr sicher. So erklärte er zunächst, er habe erst im Laufe der Woche die Widerspruchsschreiben eingesammelt, dann das Anschreiben verfasst und am Freitag nach der letzten Teamsitzung alle Unterlagen in der Personalabteilung abgegeben. Nach Hinweis darauf, dass es sich bei dem 19.6.2011 – dem Datum des Anschreibens – um einen Sonntag gehandelt habe, erklärte er, dass es ihm plausibel erscheine, dass er erst das Anschreiben am 19.6.2011 verfasst habe und in der Woche drauf die Unterschriften eingesammelt habe. Diese Unsicherheit beim zeitlichen Ablauf spricht angesichts des erheblichen Zeitablaufs seitdem nicht gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage. Für den Zeugen war diese Reihenfolge damals auch nicht entscheidend. Entscheidend war für ihn, dass er alle Widerspruchsschreiben zusammen bekam und diese bis zum Fristablauf, den er mit dem 30.06.2011 annahm, bei der Personalabteilung einreichte. Der Zeuge war sich daher auch sicher, dass er die Widerspruchsschreiben in der letzten vollen Woche vor Fristablauf eingesammelt, selbst zweimal kopiert und vollständig abgegeben hat. Die Aussage des Zeugen erscheint insofern glaubhaft. Der Zeuge ist auch glaubwürdig. Er ist schon seit mehreren Jahren nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt. Anhaltspunkte, die gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen sprechen, sind nicht vorhanden.
83Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Eingang des Schreibens vom 19.06.2011 von der Beklagten mit Schreiben vom 15.06.2011 auch mit dem 19.06.2011 bestätigt wurde. Zwar dürfte dies angesichts des Umstands, dass es sich um einen Sonntag handelte, nicht korrekt sein. Die Bestätigung zeigt jedoch, dass das Schreiben vom 19.06.2011 jedenfalls am 15.07.2011 vorlag. Da in dem Schreiben vom 19.06.2011 auch explizit auf die einzelnen Widerspruchsschreiben Bezug genommen wurde und das Fehlen der Anlagen nicht moniert wurde, ist – unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme - davon auszugehen, dass diese dem Anschreiben auch tatsächlich beigefügt waren. Insofern beruft sich die Beklagte auch lediglich darauf, dass das Widerspruchsschreiben der Klägerin nicht in der Personalakte der Klägerin sei und nicht auffindbar sei. Wo das Widerspruchsschreiben letztlich von der Beklagten abgelegt wurde, ist indes nicht maßgeblich. Dass dieses nicht zur Personalakte der Klägerin genommen wurde, kann nicht zu Lasten der Klägerin gehen.
842.2
85Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt die Übergabe der Kopie des eigenhändig unterzeichneten Widerspruchsschreibens zur Wahrung der Verfallfrist nach § 23 AVR der Caritas.
86Das Schriftformerfordernis des § 126 BGB findet vorliegend keine Anwendung. Zum einen handelt es sich bei den AVR der Caritas – anders als ein Tarifvertrag - nicht um ein Gesetz im Sinne des § 126 BGB. Zum anderen gelten §§125, 126 BGB nur für Willenserklärungen. Bei der Geltendmachung handelt es sich hingegen um eine einseitige, rechtsgeschäftsähnliche Handlung (BAG, Urteil vom 11.10.2000, Az. 5 AZR 313/99, NZA 2001, 231). Nach § 127 Absatz 2 Satz 1 BGB genügt zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung. Der Text muss so zugehen, dass er dauerhaft aufbewahrt werden oder der Empfänger einen Ausdruck fertigen kann. Es genügt eine textlich verkörperte Erklärung wie dies bei einem Telefax oder einer E-Mail der Fall ist. Auf die Unterschrift wird verzichtet (BAG, Urteil vom 16.12.2009, Az. 5 AZR 888/08, juris; Schaub, Arbeitsrecht A-Z, 19. Auflage 2014, Verfallfristen). Auch der Zweck der Verfallfrist, dem Schuldner aus Gründen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens innerhalb von 6 Monaten nach Fälligkeit eindeutig zu verstehen zu geben, dass er mit einer Inanspruchnahme durch den Gläubiger rechnen muss (vgl. LAG Berlin, Urteil vom 05.10.1987, Az. 9 Sa 72/87, NZA 1988, 442), ist nicht erst durch die Geltendmachung mittels Originalunterschrift gewahrt. Vielmehr reicht eine textlich verkörperte Erklärung aus, erst recht, wenn diese – wie vorliegend - eine bildliche Wiedergabe der Unterschrift enthält (BAG, Urteil vom 11.10.2000, a. a. O., zum Telefax).
87Demnach erfüllt unzweifelhaft auch die Überreichung der Kopie des von der Klägerin unterzeichneten Widerspruchsschreibens die Vorgaben des § 23 der AVR der Caritas.
882.3
89Da die MAV lediglich als Bote tätig geworden ist, kommt es auf die Frage, inwieweit die MAV Ansprüche der Arbeitnehmer in Vertretung fristwahrend geltend machen kann, nicht an.
90III.
91Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Absatz 2 ArbGG i. V. m. § 91 Absatz 1 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits als unterlegene Partei zu tragen.
92IV.
93Der gemäß § 61 Absatz 1 ArbGG im Urteil festzusetzende Streitwert war nach § 42 Absatz 2 Satz 2 GKG mit dem 36fachen der monatlichen Differenzvergütung von 250 Euro in Ansatz zu bringen.
94V.
95Die Berufung war mangels Vorliegens eines Zulassungsgrundes nach § 64 Absatz 3 ArbGG nicht gesondert zuzulassen. Insbesondere liegt kein Rechtsstreit über die Auslegung eines Tarifvertrages, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, vor. Bei den AVR der Caritas handelt es sich nicht um einen Tarifvertrag im Sinne von § 64 Absatz 3 Nr. 2 b) ArbGG (vgl. BAG, Beschluss vom 23.01.2002, Az. 4 AZN 760/01, juris).
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Urteil einreichenArbeitsgericht Gelsenkirchen Urteil, 15. Juli 2015 - 2 Ca 2260/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, sind Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu erbringen, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. Soweit der Bedarf durch Leistungen nach anderen Vorschriften dieses Buches oder des Achten und Neunten Buches gedeckt wird, gehen diese der Leistung nach Satz 1 vor.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten. Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel nicht übertragbar.
Tenor
-
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 23. Juni 2009 - 5 Sa 91/09 - wird zurückgewiesen.
-
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Berücksichtigung von Zeiten, die in einer niedrigeren Entgeltgruppe zurückgelegt worden sind, für die Stufenlaufzeit nach einer Höhergruppierung.
- 2
-
Die 1976 geborene Klägerin ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit 1997 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft einzelvertraglicher Vereinbarung zunächst der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung, seit dem 1. April 2006 der Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V) vom 5. Oktober 2000. Bei ihrer Überleitung in den TV-V wurde die Klägerin in die Entgeltgruppe 8 Stufe 1 TV-V eingruppiert.
- 3
-
Durch Änderungsvertrag vom 22. September 2006 vereinbarten die Parteien mit Wirkung zum 1. Dezember 2006 die Beförderung der Klägerin zur Controllerin. Die Klägerin wurde in die Entgeltgruppe 10 Stufe 1 höhergruppiert. Seitdem erhielt sie ein monatliches Tabellenentgelt von 2.704,42 Euro statt zuvor 2.366,38 Euro.
-
Die maßgeblichen Bestimmungen des TV-V lauten:
-
„§ 4
Betriebszugehörigkeit
Betriebszugehörigkeit ist die bei demselben Arbeitgeber in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit.
§ 5
Eingruppierung
(1)
1Der Arbeitnehmer ist entsprechend seiner mindestens zur Hälfte regelmäßig auszuübenden Tätigkeit in einer Entgeltgruppe nach Anlage 1 eingruppiert. ...
(2)
1Die Entgeltgruppen 2 bis 15 sind in sechs Stufen aufgeteilt. 2Beginnend mit der Stufe 1 erreicht der Arbeitnehmer die jeweils nächste Stufe innerhalb seiner Entgeltgruppe unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit (§ 4) nach folgenden Zeiten:
Stufe 2 nach zwei Jahren in Stufe 1,
Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,
Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,
Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4,
Stufe 6 nach vier Jahren in Stufe 5.
3Förderliche Zeiten können für die Stufenzuordnung berücksichtigt werden. 4Bei Leistungen, die erheblich über dem Durchschnitt liegen, kann die erforderliche Zeit in den Stufen verkürzt werden. 5Bei Leistungen, die erheblich unter dem Durchschnitt liegen, kann die erforderliche Zeit in jeder Stufe einmal bis zur Hälfte verlängert werden. ...“
- 5
-
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihre seit dem 1. April 2006 in der Stufe 1 der Entgeltgruppe 8 zurückgelegte Stufenlaufzeit müsse auch nach ihrer Höhergruppierung berücksichtigt werden. Sie habe deshalb bereits seit dem 1. April 2008 und nicht erst seit dem 1. Dezember 2008 der Stufe 2 der Entgeltgruppe 10 zugeordnet werden müssen. Maßgeblich für die Stufenzuordnung sei allein die Betriebszugehörigkeit. Das ergebe sich aus dem Verweis auf § 4 TV-V in § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V. Würden die in der niedrigeren Entgeltgruppe zurückgelegten Stufenlaufzeiten nach einer Höhergruppierung nicht berücksichtigt, so verdiene der beförderte Arbeitnehmer unter Umständen weniger, als wenn er in der niedrigeren Entgeltgruppe verblieben wäre und dort früher in die nächste Stufe aufgestiegen wäre. Diese unbillige Härte könne durch entsprechende Auslegung des Tarifvertrags vermieden werden.
-
Die Klägerin hat zuletzt unter Klagerücknahme im Übrigen beantragt
-
1.
festzustellen, dass die Klägerin bereits in der Zeit vom 1. April 2008 bis zum 30. November 2008 in die Stufe 2 der Entgeltgruppe 10 TV-V eingruppiert war,
2.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.658,82 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 5. November 2008 zu zahlen.
- 7
-
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, nach § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V könnten nur Zeiten in derselben Entgeltgruppe für den Stufenaufstieg berücksichtigt werden.
-
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision beantragt die Klägerin hilfsweise
-
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, die Klägerin bereits in der Zeit vom 1. April 2008 bis zum 30. November 2008 nach der Entgeltgruppe 10, Stufe 2 TV-V zu vergüten.
-
Sie trägt zur Begründung ihrer Revision vertiefend vor, es müsse sichergestellt werden, dass der Arbeitnehmer in jedem Fall nach einer Höhergruppierung eine höhere Vergütung als zuvor erhalte. Die Regelung umgehe andernfalls den Änderungskündigungsschutz gemäß § 2 KSchG und verstoße gegen den Gleichheitssatz sowie gegen das Verbot der Altersdiskriminierung.
Entscheidungsgründe
- 10
-
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.
- 11
-
A. Die Feststellungsklage ist zulässig.
- 12
-
I. Dem Wortlaut nach richtet sich der in den Tatsacheninstanzen gestellte Antrag auf die Feststellung, dass die Klägerin in eine bestimmte Stufe „eingruppiert“ ist. Damit begehrt die Klägerin nicht die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, sondern die Klärung einzelner Voraussetzungen eines solchen, die noch keine konkreten Verpflichtungen der Beklagten auslösen. Ein derartiger Antrag wäre unzulässig (BAG 2. Juli 2008 - 4 AZR 392/07 - Rn. 13; 16. April 1997 - 4 AZR 270/96 - AP MTVAng-LV § 22 Nr. 1 = EzBAT BAT § 23b Nr. 8). Bei gebotener Auslegung ist jedoch bereits der in den Tatsacheninstanzen gestellte Feststellungsantrag dahin zu verstehen, dass die Klägerin im Wege der Eingruppierungsfeststellungsklage die Feststellung einer konkreten Vergütungsverpflichtung der Beklagten verlangt. Das hat sie mit dem erstmals in der Revisionsinstanz gestellten Hilfsantrag klargestellt. Eine derartige Klarstellung ist keine Klageänderung und darum auch in der Revisionsinstanz noch uneingeschränkt zulässig (vgl. Senat 5. Februar 2009 - 6 AZR 114/08 - Rn. 12, BAGE 129, 284).
- 13
-
II. In dieser Auslegung ist der Feststellungsantrag zulässig.
- 14
-
1. Allerdings fehlt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, soweit der Antrag den Zeitraum vom 1. April 2008 bis zum 30. September 2008 erfasst, für den die Klägerin die Vergütungsdifferenz zwischen der von ihr erhaltenen und der begehrten Vergütung beziffert geltend macht. Sie hat nicht vorgetragen, welches über die mit der Leistungsklage verfolgten Zahlungen hinausgehende Interesse für diesen Zeitraum an der begehrten Feststellung besteht (vgl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 347/08 - Rn. 12; 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 18, BAGE 124, 240).
- 15
-
2. Die Klage ist insoweit jedoch als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.
- 16
-
a) Die Zwischenfeststellungsklage trägt dem Umstand Rechnung, dass gemäß § 322 ZPO nur die Entscheidung über den Klageanspruch, nicht aber auch über das ihn bedingende Rechtsverhältnis in Rechtskraft erwächst und demgemäß ein späterer Rechtsstreit derselben Parteien über weitere auf das vorgreifliche Rechtsverhältnis gestützte Ansprüche zu einer abweichenden Beurteilung führen könnte. Mit ihr wird ein Element aus der Gesamtentscheidung, das geeignet ist, über den konkreten Einzelfall hinaus Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für mögliche Folgestreitigkeiten herzustellen, mit eigener Rechtskraft versehen. Das für eine solche Klage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis liegt darum nur dann vor, wenn das inzidenter ohnehin zu klärende streitige Rechtsverhältnis noch über den gegenwärtigen Prozess hinaus zwischen den Parteien Bedeutung hat oder jedenfalls gewinnen kann. Diese Vorgreiflichkeit macht das für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entbehrlich. Werden mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien mit Rechtskraftwirkung erschöpfend geregelt, ist bzw. wird die Zwischenfeststellungsklage unzulässig (BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 20, BAGE 124, 240; BGH 28. September 2006 - VII ZR 247/05 - Rn. 12, BGHZ 169, 153).
- 17
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b) Nach diesen Grundsätzen ist der Feststellungsantrag für die Zeit der Überschneidung mit der bezifferten Leistungsklage als Zwischenfeststellungsklage zulässig. Das danach festzustellende Rechtsverhältnis ist mit der Entscheidung über die Leistungsklage nicht erschöpfend geklärt. Die Frage, ob die Klägerin bereits seit April 2008 eine Vergütung aus der Stufe 2 der Entgeltgruppe 10 verlangen konnte, wirkt sich auch auf den Zeitpunkt ihres Aufstiegs in die höheren Stufen dieser Entgeltgruppe aus. Darauf hat die Klägerin zutreffend hingewiesen. Damit sind Rechtsfolgen aus der begehrten Feststellung möglich, die über das mit der erfolgreichen Leistungsklage Erreichte hinausgehen (vgl. für die Bejahung der Vorgreiflichkeit bei Eingruppierungsfeststellungsklagen BAG 23. September 2009 - 4 AZR 347/08 - Rn. 12; 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 21, BAGE 124, 240; 24. April 1996 - 4 AZR 876/94 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Waldarbeiter Nr. 1).
- 18
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3. Hinsichtlich der Monate Oktober und November 2008, für die die Klägerin keine Leistungsklage erhoben hat, ist die Klage als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig (vgl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 347/08 - Rn. 12; 24. April 1996 - 4 AZR 876/94 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Waldarbeiter Nr. 1). Das gilt ungeachtet des Umstands, dass sie sich auf einen abgeschlossenen Zeitraum in der Vergangenheit bezieht. Der erforderliche Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass die Klägerin die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil anstrebt. Ist das angestrebte Feststellungsurteil wie hier auch geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden, liegt das erforderliche Feststellungsinteresse vor (Senat in st. Rspr. seit Urteil vom 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 13, AP BGB § 241 Nr. 4).
- 19
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B. Die Klage ist unbegründet.
- 20
-
I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V die Stufenlaufzeit nach einer Höhergruppierung in der Stufe, der der Arbeitnehmer in der höheren Entgeltgruppe zugeordnet worden ist, neu zu laufen beginnt. Stufenlaufzeiten, die in einer niedrigeren Entgeltgruppe zurückgelegt worden sind und die dort noch nicht zu einem Stufenaufstieg geführt haben, werden bei einer Höhergruppierung nicht mitgenommen (ebenso Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2011 § 5 TV-V Rn. 26, 37 ff.).
- 21
-
1. § 5 Abs. 2 TV-V enthält - anders als zB § 17 Abs. 4 TVöD - keine ausdrückliche Regelung für die Stufenzuordnung nach einer Höhergruppierung. Der TV-V bestimmt zum einen nicht ausdrücklich, welcher Stufe Arbeitnehmer unmittelbar nach der Höhergruppierung zuzuordnen sind, ob also etwa ein Arbeitnehmer, der in der Entgeltgruppe 8 der Stufe 6 zugeordnet war, nach seiner Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 9 dort der Stufe 1 zuzuordnen ist (für die Mitnahme der Stufe ohne Begründung Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2011 § 5 TV-V Rn. 26; für eine Zuordnung zu einer höheren Stufe als der Stufe 1 nur über § 5 Abs. 2 Satz 3 TV-V Herzberg/Schlusen TV-V Stand Dezember 2010 Kapitel B Rn. 18). Zum anderen fehlt es an einer Regelung darüber, wie sich nach der Höhergruppierung die Stufenlaufzeit berechnet, ob also die Stufenlaufzeit aus der Stufe, der der Arbeitnehmer zugeordnet worden ist, in der höheren Entgeltgruppe von Grund auf neu zu laufen beginnt oder ob dafür noch die Stufenlaufzeiten aus der niedrigeren Entgeltgruppe, die dort noch nicht zu einem Stufenaufstieg geführt haben, Berücksichtigung finden. Die Klägerin ist nach ihrer Höhergruppierung derselben Stufe zugeordnet worden wie in ihrer früheren Entgeltgruppe. Darum stellt sich die Frage nach der „Mitnahme“ der Stufe aus einer niedrigeren Entgeltgruppe im vorliegenden Rechtsstreit nicht. Streitbefangen ist allein die Berücksichtigung der „angebrochenen“ Stufenlaufzeiten. Das berücksichtigt die Klägerin bei ihrer Argumentation nicht durchgehend.
- 22
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2. § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V legt fest, dass der Arbeitnehmer die jeweils nächste Stufe „innerhalb seiner Entgeltgruppe“ nach Ablauf der in § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V genannten Stufenlaufzeiten „unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit“ nach § 4 TV-V erreicht. Die Laufzeit der Stufe in der jeweiligen Entgeltgruppe bestimmt sich also nach zwei Tatbestandsmerkmalen, die kumulativ erfüllt sein müssen.
- 23
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a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass das Merkmal „innerhalb seiner Entgeltgruppe“ nach einer Stufenzuordnung des Arbeitnehmers in der höheren Entgeltgruppe die Berücksichtigung von Zeiten, die in einer niedrigeren Entgeltgruppe zurückgelegt worden sind, für die Stufenlaufzeit ausschließt. Insoweit ist der Wortlaut der Vorschrift eindeutig. Entgegen der Auffassung der Revision soll damit nicht nur klargestellt werden, dass der Arbeitnehmer die nächste Stufe in der Entgeltgruppe erreicht, in der er sich aktuell befindet. Einer derartigen Klarstellung bedarf es nicht. Folgte man dem Verständnis der Klägerin, wäre die Einschränkung „in seiner Entgeltgruppe“ überflüssig. Aus dieser Formulierung ergibt sich jedoch, dass nach der Zuordnung zu einer Stufe der höheren Entgeltgruppe für den weiteren Stufenaufstieg des Arbeitnehmers nur die Stufenlaufzeit in „seiner“ Entgeltgruppe zählen soll. „Seine“ Entgeltgruppe ist allein die aktuell maßgebliche des Arbeitnehmers, also die Entgeltgruppe, in die er seit seiner Höhergruppierung eingruppiert ist. Für den Aufstieg in den Stufen der höheren Entgeltgruppe zählt daher allein die in dieser Entgeltgruppe zurückgelegte Zeit.
- 24
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b) Aus dem zweiten Tatbestandsmerkmal, der Betriebszugehörigkeit, folgt nichts anderes. Die Annahme der Revision, in § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V komme die Grundregel zum Ausdruck, dass die Entgeltstufensteigerung ausschließlich von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängig sei, lässt sich mit dem ersten Tatbestandsmerkmal der Vorschrift, wonach allein die in der aktuellen Entgeltgruppe zurückgelegte Stufenlaufzeit für den Stufenaufstieg maßgeblich ist, nicht vereinbaren. Der Verweis auf § 4 TV-V soll, wie bereits das Landesarbeitsgericht mit Recht ausgeführt hat, lediglich klarstellen, dass nur die Zeiten beim aktuellen Arbeitgeber, nicht aber die bei einem anderen Arbeitgeber maßgeblich sind. Nur diese Auslegung bringt beide Tatbestandsmerkmale des § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V in Einklang, während die Klägerin mit ihrer Auffassung das Merkmal „in seiner Entgeltgruppe“ ausblenden muss. Insoweit gilt nichts anderes als bei § 16 Abs. 3 TVöD (VKA). Danach erreichen die Beschäftigten nach bestimmten Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit „innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber“ die nächste Stufe. Für diese Regelung hat der Senat bereits entschieden, dass für den weiteren Stufenaufstieg nur die nach der erstmaligen Zuordnung zu einer Entgeltgruppe des TVöD zurückgelegte Zeit maßgeblich ist, ohne dass daran der Bezug auf die Zeit der Beschäftigung bei „ihrem Arbeitgeber“ etwas ändert (Senat 13. August 2009 - 6 AZR 177/08 - Rn. 15, AP TVöD § 5 Nr. 2 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 7 Nr. 3).
- 25
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3. Der Zweck der mit dem TV-V erstmals in einem Vergütungssystem des öffentlichen Dienstes eingeführten Entgeltstufen bestätigt dieses Auslegungsergebnis und beseitigt etwaige verbliebene Auslegungszweifel.
- 26
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a) Die Entgeltstufen des TV-V knüpfen, wie die in § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V festgelegten Stufenlaufzeiten zeigen, an die zunehmende Erfahrung des Arbeitnehmers bei Ausübung seiner Tätigkeit an. Der Stufenaufstieg im Entgeltsystem des TV-V soll die gewonnene Berufserfahrung honorieren. Die Tarifvertragsparteien sind offenkundig davon ausgegangen, dass die Beschäftigten durch die Ausübung der ihnen übertragenen Tätigkeit laufend Kenntnisse und Erfahrungen sammeln, die die Arbeitsqualität und -quantität verbessern (vgl. für die Entgeltstufen des TVöD Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2011 § 16 [VKA] Rn. 13 f.). Diese Annahme einer Produktivitätssteigerung durch Erfahrungsgewinn entspricht der Lebenserfahrung (vgl. BAG 21. Oktober 1992 - 4 AZR 73/92 - zu III 2 c aa der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Milch-Käseindustrie Nr. 1 = EzA TVG § 4 Milchindustrie Nr. 1; vgl. auch 4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - Rn. 45, AP BAT-O § 23a Nr. 4). Erfahrungswissen kann auch nach längerer Dauer des Arbeitsverhältnisses noch wachsen (BAG 21. Mai 2008 - 5 AZR 187/07 - Rn. 25, BAGE 126, 375).
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b) Die Berücksichtigung von Zeiten für den Stufenaufstieg, die in einer niedrigeren Entgeltgruppe zurückgelegt worden sind, würde diesem Zweck der Honorierung von Berufserfahrung widersprechen. Der höhergruppierte Arbeitnehmer muss in der Stufe, der er nunmehr zugeordnet ist, grundsätzlich erst die volle Laufzeit durchmessen, um die von den Tarifvertragsparteien für den weiteren Stufenaufstieg vorausgesetzte Erfahrung in dieser Stufe zu gewinnen, so dass die bei typisierender Betrachtung damit verbundene Verbesserung seiner Arbeitsleistung eintritt. In der höheren Entgeltgruppe beginnt also nach Zuordnung zu einer Stufe der Erfahrungsgewinn in dieser Stufe als Voraussetzung für den (weiteren) Stufenaufstieg in der höheren Entgeltgruppe von Neuem. Bei einer vom Durchschnitt abweichenden schnelleren Entwicklung des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe ggf. nach § 5 Abs. 2 Satz 4 TV-V verkürzen.
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4. Die Annahme der Revision, es könne nicht dem Willen der Tarifvertragsparteien entsprechen, dass Arbeitnehmer in einigen Entgeltgruppen und -stufen nach einer Höhergruppierung weniger verdienen würden, als wenn sie in der niedrigeren Entgeltgruppe verblieben und dort früher als in der höheren Gruppe in die nächste Stufe aufgestiegen wären, trägt nicht. Nach Wortlaut und Zweck der Norm haben die Tarifvertragsparteien die Wertigkeit der Arbeit eines höhergruppierten Arbeitnehmers in der ersten Zeit nach seiner Höhergruppierung in einzelnen Entgeltgruppen und -stufen als geringer angesehen als die eines eingearbeiteten Arbeitnehmers der niedrigeren Gruppe. Sie haben es in diesen Fällen für ausreichend erachtet, dass der Höhergruppierte erst im weiteren Verlauf des Aufstiegs in den Stufen seiner Entgeltgruppe einen Entgeltvorteil erzielt. Ob diese Annahme derartige Nachteile rechtfertigt, ist erst im Rahmen der Kontrolle am Maßstab höherrangigen Rechts zu prüfen.
- 29
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5. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Systematik des § 5 Abs. 2 TV-V und der von ihm angenommenen Korrekturmöglichkeit durch die Anrechnung förderlicher Zeiten nach § 5 Abs. 2 Satz 3 TV-V betreffen ebenso wie die dagegen gerichteten Angriffe der Revision allein die hier, wie ausgeführt, nicht streitbefangene Frage der Mitnahme der in der niedrigeren Entgeltgruppe erreichten Stufe bei einer Höhergruppierung.
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Angesichts des eindeutigen Auslegungsergebnisses anhand von Wortlaut und Zweck des § 5 Abs. 2 TV-V bedarf es keines Rückgriffs auf weitere Auslegungskriterien mehr, insbesondere nicht auf die Tarifsystematik und die Tarifgeschichte. Sollten außerhalb der aktuellen Entgeltgruppe zurückgelegte Stufenlaufzeiten Berücksichtigung finden, hätten die Tarifvertragsparteien dies ausdrücklich regeln müssen.
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6. Die von der Klägerin angemahnte gesetzes- bzw. verfassungskonforme Auslegung kommt angesichts der Eindeutigkeit des Auslegungsergebnisses nicht in Betracht. Dieser Grundsatz kann nur dann Anwendung finden, wenn mehrere Auslegungen möglich sind (vgl. BVerfG 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247, 274; 16. Juni 2009 - 1 BvR 2269/07 - Rn. 4, BauR 2009, 1424; BAG 23. Februar 2000 - 7 AZR 891/98 - zu B II 5 a der Gründe, AP MTL II § 62 Nr. 1 = EzA TVG § 4 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 1).
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II. § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V ist mit höherrangigem Recht vereinbar, soweit diese Bestimmung anordnet, dass die Stufenlaufzeit nach einer Höhergruppierung in der Stufe, der der Arbeitnehmer in der höheren Entgeltgruppe zugeordnet worden ist, neu zu laufen beginnt.
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1. § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V verletzt nicht das Verbot mittelbarer Altersdiskriminierung in § 3 Abs. 2 AGG iVm. § 1 AGG. § 5 TV-V knüpft nicht mehr wie die Vorgängervorschrift in § 27 BAT an das Lebensalter, sondern an die Berufserfahrung. Eine unmittelbare Altersdiskriminierung scheidet damit aus. Die Klägerin hat auch keine Indizien für eine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters für den Personenkreis jüngerer Arbeitnehmer, dem sie angehört, dargelegt.
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Im Entgeltsystem des TV-V besteht keine Korrelation zwischen Entgeltstufe und Lebensalter des Beschäftigten. Maßgeblich sind vielmehr Erfahrung, Leistung und Betriebszugehörigkeit (vgl. BAG 13. Oktober 2010 - 5 AZR 378/09 - Rn. 22 für den TV-N NW). Das Verbot der mittelbaren Altersdiskriminierung steht dem Rückgriff auf das Kriterium der Berufserfahrung, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten, als entgeltbestimmenden Faktor nicht per se entgegen (vgl. EuGH 3. Oktober 2006 - C-17/05 - [Cadman] Rn. 34 f., Slg. 2006, I-9583 für Art. 141 EG). Die Klägerin hat keine Indizien dafür aufgezeigt, dass der Rückgriff auf den Erfahrungsgewinn als typisierenden Anknüpfungspunkt für eine Verbesserung der Arbeitsleistung, die mit einer Entgeltsteigerung innerhalb der Entgeltgruppe honoriert werden soll, ungeeignet ist. Sie beschränkt sich auf den Hinweis, dass ältere Arbeitnehmer, die höhergruppiert werden, möglicherweise den Verlust „angebrochener“ Stufenlaufzeiten nicht im gleichen Maße kompensieren könnten wie jüngere Arbeitnehmer. Die 1976 geborene Klägerin behauptet aber nicht, dass sie selbst im Lauf ihres Berufslebens den „Verlust“ von acht Monaten Stufenlaufzeit in der Stufe 1 der Entgeltgruppe 10 nicht mehr ausgleichen könnte.
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Ohnehin reichte die von der Klägerin aufgezeigte subjektive Härte als Indiz für eine mögliche mittelbare Altersdiskriminierung durch den Verlust „angebrochener“ Stufenlaufzeiten nicht aus, denn diese steht mit dem von den Tarifvertragsparteien verfolgten Ziel, eine bessere Arbeitsleistung infolge größerer Berufserfahrung zu honorieren, in keinem Zusammenhang (vgl. zur Darlegungslast bei mittelbarer Diskriminierung EuGH 3. Oktober 2006 - C-17/05 - [Cadman] Rn. 37 f., Slg. 2006, I-9583).
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2. Auch Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt.
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a) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zusteht (Senat 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - BAGE 129, 93).
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b) § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V diskriminiert Arbeitnehmer, deren Stufenlaufzeiten aus einer niedrigeren Entgeltgruppe, die noch nicht zu einem Stufenaufstieg in der niedrigeren Entgeltgruppe geführt haben, nach einer Höhergruppierung nicht mehr berücksichtigt werden, nicht gleichheitswidrig.
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aa) Die Revision weist allerdings zu Recht darauf hin, dass die Nichtberücksichtigung solcher „angebrochenen“ Stufenlaufzeiten auch für die höhergruppierten Arbeitnehmer, die ihre in einer niedrigeren Entgeltgruppe erreichte Stufe „mitgenommen“ haben, zu vorübergehenden Entgeltnachteilen führen kann. Zu derartigen Nachteilen kommt es in den Stufen 2 und 3 der Entgeltgruppen 9 bis 14 sowie in der Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 (Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2011 § 5 TV-V Rn. 40). In diesen Entgeltgruppen und -stufen ist das Tabellenentgelt in der nächsthöheren Stufe der alten Entgeltgruppe höher als in der Stufe, der der höhergruppierte Arbeitnehmer auch bei Mitnahme seiner bisherigen Stufe zugeordnet worden ist. Ein höhergruppierter Arbeitnehmer hätte in diesen Fällen die nächsthöhere Stufe in seiner alten Entgeltgruppe früher erreicht als in der neuen Entgeltgruppe und hätte in der Zwischenzeit ein höheres Tabellenentgelt als in der neuen Entgeltgruppe erhalten. Durch den zeitversetzten Stufenaufstieg kommt es insoweit also vorübergehend zu Entgeltnachteilen.
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bb) Die Klägerin hat keine derartigen Entgeltnachteile erlitten. Sie hat nach ihrer Höhergruppierung aus der Stufe 1 der Entgeltgruppe 8 in die Stufe 1 der Entgeltgruppe 10 ungeachtet des zeitversetzten Stufenaufstiegs durchgehend ein höheres Tabellenentgelt erzielt, als wenn sie in der Entgeltgruppe 8 verblieben wäre. Ihr Begehren geht letztlich dahin, einen noch höheren Verdienst durch den schnelleren Aufstieg in den Stufen der Entgeltgruppe 10 zu erzielen. Dies wird durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht gewährleistet.
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cc) § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V diskriminiert aber auch die Arbeitnehmer nicht gleichheitswidrig, bei denen es durch den zeitversetzten Stufenaufstieg nach ihrer Höhergruppierung zu vorübergehenden Entgeltnachteilen kommt.
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(1) Verfassungsrechtlich relevant ist nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (Senat 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 14, PersR 2010, 482). Danach fehlt es hier bereits an einer Ungleichbehandlung vergleichbarer Personengruppen. Nach dem Konzept der Tarifvertragsparteien soll der Gewinn an Berufserfahrung zu einer nach Qualität und Quantität verbesserten Arbeitsleistung führen und diese bessere Arbeitsleistung durch den Aufstieg in den Stufen honoriert werden. Das bedingt zwingend, dass die hier allein streitbefangenen „angebrochenen“ Stufenlaufzeiten in der höheren Entgeltgruppe nicht weiter zu berücksichtigen sind, sondern die Berufserfahrung in der Stufe, der der Arbeitnehmer nach seiner Höhergruppierung zugeordnet worden ist, „auf Null gesetzt“ wird. Der höhergruppierte Arbeitnehmer hat keine Berufserfahrung, die ihm in der Entgeltstufe, der er nach seiner Höhergruppierung zugeordnet worden ist, zugute kommen könnte. Nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien sind darum die Arbeitnehmer, die einen ununterbrochenen Erfahrungsgewinn in der niedrigeren Entgeltgruppe zu verzeichnen haben, und die Arbeitnehmer, deren Erfahrungsgewinn durch die Höhergruppierung unterbrochen worden ist, hinsichtlich der im Zeitpunkt der Höhergruppierung „angebrochenen“ Stufenlaufzeiten von vornherein nicht zu vergleichen.
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Auch die Revision nimmt lediglich an, dass der Arbeitnehmer, der eine höherwertige Tätigkeit verrichte, nicht nur gleich und erst recht nicht schlechter entlohnt werden dürfe als der Arbeitnehmer, der eine weniger anspruchsvolle Aufgabe erfülle, wenn beide sich hinsichtlich der Berufserfahrung auf derselben Stufe befänden. Sie blendet dabei aus, dass es nach der Annahme der Tarifvertragsparteien nach einer Höhergruppierung gerade an einer solchen Berufserfahrung „auf derselben Stufe“ fehlt. Im Übrigen ist bereits die Grundannahme der Klägerin unzutreffend: Einen allgemeinen Grundsatz, nach dem Beförderungen stets und sofort einen Vergütungsvorteil mit sich bringen müssten, gibt es nicht (vgl. Senat 17. Dezember 2009 - 6 AZR 665/08 - AP TVÜ § 4 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 4 Nr. 3 für die Beförderung zum Meister; 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - AP TVÜ § 6 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 6 Nr. 1 für Nachteile durch die Herausnahme Beförderter aus dem allgemeinen Stufenaufstieg nach § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund zum 1. Oktober 2007; vgl. auch BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 637/09 - Rn. 26, ArztR 2010, 284 für ein Abstandsgebot von Chef- und Oberärzten).
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(2) Schließlich wären die in einigen Entgeltgruppen und -stufen durch den zeitversetzten Stufenaufstieg eintretenden vorübergehenden Entgeltnachteile auch gerechtfertigt. Diese Entgeltnachteile folgen nicht unmittelbar aus der Nichtberücksichtigung der „angebrochenen“ Stufenlaufzeiten, sondern aus den von den Tarifvertragsparteien den einzelnen Stufen der unterschiedlichen Entgeltgruppen zugeordneten Beträgen. Auch die Revision streitet den Tarifvertragsparteien nicht das Recht ab, allein auf den Erwerb von Berufserfahrung innerhalb derselben Entgeltgruppe abzustellen und darum die Stufenlaufzeit aus niedrigeren Entgeltgruppen nicht zu berücksichtigen. Sie nimmt jedoch an, dass in diesem Fall garantiert werden müsse, dass ein höherer Verdienst erzielt werde. Ihre Rüge zielt damit auf das tarifliche Entgeltgefüge. Den staatlichen Gerichten ist wegen der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Tarifautonomie ein Eingriff in dieses Entgeltgefüge jedoch weitgehend verwehrt.
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(a) Die autonome vergütungsrechtliche Bewertung einzelner Tätigkeiten ist integraler Bestandteil der Tarifautonomie. Der Möglichkeit staatlicher Gewalt einschließlich der Judikative, den Tarifvertragsparteien in diesem Bereich Vorgaben zu machen, sind enge Grenzen gezogen. Nach der Konzeption des Grundgesetzes ist die Festlegung der Höhe des Entgelts grundsätzlich den Tarifvertragsparteien übertragen. Das schließt auch die Befugnis zu Entgeltregelungen ein, die Betroffenen ungerecht und Außenstehenden nicht zwingend sachgerecht erscheinen. Haben solche Regelungen zur Folge, dass bestimmte Arbeitsplätze nicht mehr mit geeignetem Personal besetzt werden können, weil sie den in Frage kommenden Arbeitnehmern finanziell unattraktiv erscheinen, liegt es in der Hand der Tarifvertragsparteien, darauf mit Änderungen der von ihnen gefundenen Entgeltregelungen zu reagieren. Die Grenzen der Tarifautonomie sind auch in solchen Fällen erst dann überschritten, wenn anders als hier in einem einheitlichen Vergütungssystem oder in mehreren, von denselben Tarifvertragsparteien geschlossenen Tarifverträgen Arbeitnehmer, die identische Tätigkeiten verrichten, vergütungsrechtlich unterschiedlich behandelt werden (Senat 17. Dezember 2009 - 6 AZR 665/08 - Rn. 19, 24, AP TVÜ § 4 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 4 Nr. 3).
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(b) Danach sind die vorübergehenden Entgeltnachteile auch in den genannten Fällen noch hinzunehmen. Die Klägerin berücksichtigt bei ihrer Annahme, die Tarifvertragsparteien seien verpflichtet, höhergruppierten Arbeitnehmern eine Einkommensgarantie zu gewähren, nicht, dass es sich bei § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V nicht um eine Besitzstandsregelung zur Gewährleistung von Vertrauensschutz, sondern um eine Ausprägung des erstmals im öffentlichen Dienst eingeführten Leistungsprinzips handelt. Darüber hinaus führt die Tarifsystematik nicht unterschiedslos, sondern nur in bestimmten Entgeltgruppen und -stufen und nur für begrenzte Zeiträume zu geringfügigen Entgeltnachteilen, die langfristig bei typisierender Betrachtung durch den weiteren Aufstieg in den Stufen der höheren Entgeltgruppe oder den weiteren Aufstieg in noch höhere Entgeltgruppen nicht nur ausgeglichen werden, sondern zu einem höheren Verdienst als ohne Höhergruppierung führen. Derartige Nachteile sind mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar(vgl. Senat 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - Rn. 32, AP TVÜ § 6 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 6 Nr. 1). Ob die Tarifvertragsparteien damit die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden haben, hat der Senat nicht zu prüfen. Jedenfalls haben sie mit der Nichtberücksichtigung „angebrochener“ Stufenlaufzeiten auch insoweit den ihnen unter Beachtung ihrer Einschätzungsprärogative hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen zukommenden Gestaltungsspielraum noch nicht überschritten, als es durch einen zeitversetzten Stufenaufstieg zu vorübergehenden Entgeltnachteilen kommen kann (Senat 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 12, PersR 2010, 482).
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3. Auch § 2 KSchG steht § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V nicht entgegen. Zum einen berücksichtigt die Klägerin nicht, dass Arbeitnehmer zur Übernahme höherwertiger Tätigkeiten nicht verpflichtet sind und eine Vertragsänderung, die zu einer Höhergruppierung führt, nicht durch eine Änderungskündigung, sondern einvernehmlich erfolgt. Zum anderen verschlechtert sich durch den zeitversetzten Stufenaufstieg die Vergütung nicht sofort und dauerhaft, sondern allenfalls zum Zeitpunkt des fiktiven Aufstiegs in die nächsthöhere Stufe der alten Entgeltgruppe und auch dann nur vorübergehend.
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III. Ob die Klägerin die begehrte Einstufung unter dem Gesichtspunkt der Berücksichtigung förderlicher Zeiten (§ 5 Abs. 2 Satz 3 TV-V) verlangen könnte, kann dahinstehen. Sie hat dazu nichts vorgetragen.
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C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Fischermeier
Brühler
Spelge
D. Knauß
U. Lauth
Tenor
Auf die Berufung des beklagten Amtes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 22.09.2005 – öD 4 Ca 2630 c/04 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits (beide Rechtszüge).
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die richtige Eingruppierung der Klägerin für den Zeitraum vom 1. April 2003 bis 30. September 2003.
- 2
Die Klägerin ist staatlich anerkannte Erzieherin. In der Zeit vom August 1999 bis August 2001 nahm sie erfolgreich am Modellprojekt Naturspielpädagogik berufsbegleitend mit 400 Unterrichtsstunden teil.
- 3
Vor ihrer Beschäftigung beim beklagten Amt arbeitete die Klägerin im Waldkindergarten der Arbeiterwohlfahrt N… als Erzieherin und erhielt dort zunächst Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c Stufe 5 des Vergütungsvertrages zum BAT für den „Bereich der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeberverbände des Bundeslohntarifvertrages“. Für die Zeit ab August 2000 war im Anstellungsvertrag mit der Arbeiterwohlfahrt N… eine Steigerung in die Stufe 6 der Vergütungsgruppe V c vorgesehen.
- 4
Das beklagte Amt schrieb unter dem 14. Juli 2000 für die Neueinrichtung einer Waldkindergartengruppe die Stelle einer Erzieherin/eines Erziehers aus und wies in der Ausschreibung darauf hin, die Stelle werde bei 25,5 Stunden/Woche nach BAT V c vergütet. Die Klägerin bewarb sich unabhängig von dieser Ausschreibung auf die Stelle einer Erzieherin für den neu einzurichtenden Waldkindergarten des beklagten Amtes. Eltern sprachen sie Anfang Juli 2000 – während sie über einen Waldkindergarten referierte – darauf an, ob sie eine neu zu gründende Waldgruppe übernehmen könne. Auf Bitte der Eltern schickte sie ihre Bewerbung an das beklagte Amt. Anfang August 2000 erhielt sie vom dortigen Personalbereich einen Anruf mit der Nachfrage, ob sie Interesse an der Stelle einer Erzieherin in einer Waldkindergartengruppe habe. Die Klägerin erklärte sich zu einem Gespräch bereit, machte allerdings deutlich, frühestens am 1. Oktober 2000 anfangen zu können. Die Mitarbeiterin J... aus dem Personalbereich des beklagten Amtes erkundigte sich bei der Arbeiterwohlfahrt N... nach der bisherigen Vergütung der Klägerin. Von dort wurde ihr mitgeteilt, die Klägerin habe bisher Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c erhalten.
- 5
Die Parteien schlossen einen Arbeitsvertrag, wonach die Klägerin ab 1. Oktober 2000 als nicht vollbeschäftigte Erzieherin im Angestelltenverhältnis mit einer durchschnittlich regelmäßigen Arbeitszeit von 30 Wochenstunden eingestellt wurde. Gemäß § 2 dieses Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VAK) jeweils geltenden Fassung. In § 4 des Arbeitsvertrages heißt es, „die Angestellte ist nach Maßgabe der Tarifautomatik eingruppiert in Vergütungsgruppe V c der Anlage 1 a zum BAT (§ 22 Abs. 3 BAT)“.
- 6
Mit Bescheid vom 25. September 2000 erteilte der Landrat des Kreises S… dem beklagten Amt die Erlaubnis zum Betrieb eines Kindergartens in der Gemeinde K… . Der Bescheid enthält die Nebenbestimmung, dass in der Einrichtung nicht mehr als 55 Kinder im Alter von 3 Jahren bis zum Schuleintritt gleichzeitig aufgenommen werden und sich die genehmigte Platzzahl aufteilt in zwei Gruppen mit jeweils 20 Kindern und eine Waldkindergartengruppe mit bis zu 15 Kindern. Unter 2.3 des Bescheides heißt es, die Betreuungskräfte müssten jederzeit die fachlichen und die persönlichen Voraussetzungen für ihre Aufgaben erfüllen. Mit Bescheid vom 22. Dezember 2004 erhöhte der Landrat die genehmigte Platzzahl für die Waldgruppe auf „mit bis zu 18 Kindern“.
- 7
Die Klägerin ist Gruppenleiterin der Waldgruppe. Neben ihr ist in dieser Waldgruppe eine weitere Erzieherin tätig.
- 8
Das beklagte Amt schloss unter dem 26.07./22.09.2000 mit dem Land Schleswig-Holstein einen Gestattungsvertrag, wonach die Forstverwaltung dem Waldkindergarten gestattet, bestimmte näher bezeichnete Grundstücke als Aufenthaltsbereich einer Kindergartengruppe zu nutzen.
- 9
Die Kinder der Waldkindergartengruppe werden von der Klägerin und der weiteren Erzieherin angeleitet, beaufsichtigt und betreut. Die Aktivitäten im Wald sind vielfältig. Die spezifischen, vom Wald ausgehenden Gefahren sind von den Erzieherinnen einzuschätzen und zu beurteilen. Dies muss auch unter Berücksichtigung der besonderen witterungsbedingten Gefahren geschehen. Die Erzieherin muss, bezogen auf das einzelne Kind, potenzielle Gefahren einschätzen. Im undurchsichtigen Unterholz ist darauf zu achten, dass einzelne Kinder sich nicht von der Gruppe trennen und im Wald verlaufen. Die Kinder hantieren im Wald mit Schnitzmesser, Säge und Hammer. Die Klägerin muss selbstständig ein Konzept für waldpädagogisches Arbeiten entwickeln. Ständige Kontaktpflege zur staatlichen Försterei und zu den Forstwirten wegen möglicher Gefahren im Wald gehören ebenfalls zu ihren Aufgaben. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Eröffnung des Waldkindergartens waren dort mehr verhaltensauffällige Kinder als im Regelkindergarten. Ob dies auch noch auf den hier streitigen Zeitraum zutrifft, ist zwischen den Parteien streitig.
- 10
Das Gemeindeprüfungsamt des Kreises S… stellte in seinem Prüfungsbericht vom 14. Januar 2003 fest, die Klägerin sei falsch eingruppiert worden. Die korrekte Eingruppierung bei Einstellung habe die Vergütungsgruppe VI b BAT Fallgruppe 5 sein müssen. Die Eingruppierung der Klägerin sei daher zu korrigieren. Ein Bewährungsaufstieg sei auf keinen Fall vorzunehmen.
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Mit Schreiben vom 20. März 2003 bat das beklagte Amt den dortigen Personalrat um Zustimmung zur Rückgruppierung der Klägerin mit dem Hinweis, ab Oktober 2003 werde sie nach drei Jahren Bewährungszeit wieder in die Vergütungsgruppe V c höhergruppiert werden. Der Personalrat stimmte der Rückgruppierung mit Schreiben vom 25. März 2003 zu. Mit Schreiben vom 26. März 2003 teilte das beklagte Amt der Klägerin mit, sie werde ab 1. April 2003 rückgruppiert in die Vergütungsgruppe VI b BAT. Die Klägerin erhielt nunmehr Vergütung nach der Vergütungsgruppe VI b BAT für die Zeit vom 1. April 2003 bis 30. September 2003. Ab 1. Oktober 2003 erhält sie im Wege des Bewährungsaufstieges wieder Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT.
- 12
Die Parteien streiten um die Höhe der Vergütung für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2003, und zwar darum, ob der Klägerin Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT zusteht.
- 13
Die Klägerin hat gemeint:
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Als Gruppenleiterin der Waldkindergartengruppe erledige sie besonders schwierige fachliche Tätigkeiten. Üblicherweise werde die Leiterin eines Waldkindergartens mit der Vergütungsgruppe V c vergütet. Die Tätigkeit sei deshalb fachlich besonders schwierig, weil sie, bedingt durch das Waldgelände, eine erhöhte Konzentration bei der Aufsichtspflicht bedinge. Sie sei bei der täglichen Betreuung der Kinder im Wald neben ihrer Arbeitskollegin auf sich alleine gestellt und könne nicht bei Gefahr eine dritte Person schnell zur Hilfe holen. Es bedürfe einer stärkeren Flexibilität im Organisieren. In einer normalen Kindergartengruppe seien die Kinder sowohl in den Räumen als auch im Garten durch Mauern, Zäune oder ähnliches eingegrenzt. Die Erzieher könnten sich auch einmal mit anderen Dingen beschäftigen und müssten nicht ein Höchstmaß an Konzentration aufbringen. Dies sei im Waldkindergarten anders. Dort müssten die Erzieher ständig konzentriert und mit höchster Aufmerksamkeit die Kinder beobachten und ihre Tätigkeit ausüben. Abgesehen davon, dass Kinder verloren gehen könnten, berge der Wald viele Gefahren, die nur derjenige sehe, der sie auch kenne. Die dortige Erzieherin müsse nicht nur die einzelnen Gefahrpunkte einschätzen lernen, sondern sie auch, bezogen auf die Fähigkeiten des einzelnen Kindes, einordnen. Gerade in diesem besonderen Maß der Konzentration und der Verantwortung unterscheide sich die pädagogische Arbeit am Kind im Waldkindergarten erheblich von der pädagogischen Arbeit in der so genannten Regelgruppe. Dort sei das Gefahrenpotenzial weitaus geringer, verlange nicht die erhöhte Konzentration und Aufsichtspflicht. Außerdem handele es sich bei dem Großteil der Kinder in einer Waldkindergartengruppe um verstärkt verhaltensauffällige Kinder, die oft von Kinderärzten speziell für die Waldpädagogik empfohlen worden seien.
- 15
Sie übernehme auch eigenständig administrative Aufgaben wie Abrechnen und Stellen des Haushaltsantrages. Daneben fertige sie – unstreitig – die Gruppenlisten, informiere interessierte Eltern, organisiere den „Tag des offenen Waldes“, verfasse eine Informationsbroschüre und arbeite bei Projekten zusammen mit Kollegen, staatlicher Försterei, Eltern und Ämtern. Auch seien die besonderen Anforderungen der Waldpädagogik zu berücksichtigen. Dabei habe sie – unstreitig – selbstständig ein Konzept für waldpädagogisches Arbeiten zu erstellen. Die von ihr absolvierte Zusatzausbildung zur Naturspielpädagogin sei auch erforderlich für eine Tätigkeit im Waldkindergarten. Sie habe als Erzieherin nicht nur die Kinder zu betreuen, sondern ihnen auch zusätzliches Wissen um den Lebensraum Wald und die angrenzenden Biotope sowie die kulturhistorische Geschichte des Waldes und die Störungsanfälligkeit des Ökosystems Wald näher zu bringen. Außerdem müsse sie einmal jährlich eine Pflichtfortbildung in Waldpädagogik absolvieren. Ihre Tätigkeit sei vergleichbar mit der Tätigkeit einer Erzieherin auf einem so genannten Abenteuerspielplatz. Zu beachten sei auch, dass sie körperlich wesentlich schwerere Arbeiten leiste als in einer Regelgruppe.
- 16
Die Beklagte könne sich auch nicht auf eine irrtümliche Höhergruppierung berufen. Ihr diesbezüglicher Vortrag sei zu unsubstantiiert. Zudem sei zu beachten, dass den Parteien vor Abschluss des Arbeitsvertrages immer klar gewesen sei, dass sie nur mit Vergütung nach Vergütungsgruppe V c wechseln werde. Aus den Besonderheiten ihres Bewerbungsvorganges lasse sich schließen, dass das beklagte Amt mit ihr einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT vereinbart habe.
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Wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.
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Das beklagte Amt hat die individualvertragliche Vereinbarung einer Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT bestritten. Die Eingruppierung sei nach Maßgabe der Tarifautomatik erfolgt. Der Grund für die Falscheingruppierung liege in der fehlenden Bewertung der Stelle. Darauf habe das Gemeindeprüfungsamt hingewiesen. Die Tätigkeit der Klägerin sei auch nicht fachlich besonders schwierig. Die von der Klägerin absolvierte Zusatzausbildung sei nicht erforderlich. Ihre Tätigkeit als Erzieherin in einer Waldgruppe rage objektiv nicht aus den Tätigkeiten der weiteren Erzieherinnen im Kindergarten heraus.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin führe eine besonders schwierige fachliche Tätigkeit aus. Die besondere Schwierigkeit ihrer Tätigkeit liege darin, die Gruppe nicht nur zusammenzuhalten, sondern auch den unterschiedlichen Interessen und Fertigkeiten der einzelnen Kinder gerecht zu werden. Gleiches gelte hinsichtlich der erhöhten Aufmerksamkeit beim Hantieren der Kinder mit Werkzeugen wie Säge und Schnitzmesser oder auch beim Feuermachen im Wald. Insbesondere im Winter seien die Gefahren für die Kindern um ein Vielfaches erhöht und damit auch die Anforderungen an die Aufsichtstätigkeit. Darüber hinaus sei ein erhöhtes Maß an Organisationstalent erforderlich. Dies gelte insbesondere bei Gestaltung von Aktivitäten im Wald bei strömendem Regen, Schnee und Eis. Ein Teil der Kinder sei verhaltensauffällig.
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Das beklagte Amt hat gegen das ihr am 18. Oktober 2005 zugestellte Urteil am 16. November 2005 mit Fax– und am 17. November 2005 mit Originalschriftsatz Berufung eingelegt. Es hat die Berufung am 15. Dezember 2005 mit Fax- und am 16. Dezember 2005 mit Originalschriftsatz begründet.
- 21
Das beklagte Amt trägt vor:
- 22
Die Klägerin sei irrtümlich zu hoch eingruppiert worden. Die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit unterscheide sich nicht im Wesentlichen von den Aufgaben einer Erzieherin in einem ortsfesten Kindergarten. Mit Bezug auf die Gefahrenquellen seien die Anforderungen an die Aufmerksamkeit der Erzieherinnen im Wald- und Regelkindergarten miteinander gleichsetzbar. Entgegen der Ansicht der Klägerin kämen Kinder sowohl im Regelkindergarten als auch im Waldkindergarten in Kontakt mit gefährlichen Gegenständen. Die körperliche Verletzungsgefahr sei im Waldkindergarten sogar geringer als im Regelkindergarten. Ob Kinder auf Bäumen oder auf dem Kindergartenhof wippten, sei nicht ausschlaggebend für die Anforderungen an die Aufmerksamkeit einer Erzieherin. In beiden Fällen bestehe ein Verletzungsrisiko und in beiden Fällen müssten die Erzieherinnen diese Gefahr spezifisch für das betroffene Kind berechnen. Auch im Bereich Organisationstalent und Flexibilität werde im Waldkindergarten von einer Erzieherin nicht mehr verlangt als im Regelkindergarten. Es sei der Klägerin zwar zuzugestehen, dass die Arbeiten in der freien Natur und die damit verbundene Planung anderen Bedingungen unterworfen seien als im Regelkindergarten. Anders bedeute aber nicht fachlich schwieriger. Auch innerhalb ortsfester Kindergärten könnten Ablenkungen eintreten. Die Konzentrationsfähigkeit von kleinen Kindern sei noch nicht gefestigt. Im Übrigen seien inzwischen nur wenige verhaltensauffällige Kinder im Kindergarten untergebracht und diese verteilten sich gleichmäßig auf die Regelkindergartengruppen und die Gruppe im Wald. Die Kinder eines Waldkindergartens seien auch nicht gleichzustellen mit den Besuchern eines Jugendzentrums oder eines Abenteuerspielplatzes. Schließlich habe die Klägerin auch keinen einzelvertraglichen Anspruch auf die begehrte Vergütungsgruppe. Sie sei nach Maßgabe der Tarifautomatik eingruppiert worden. Inwieweit sie – die Klägerin- weitergehende Überlegungen bezüglich eines Arbeitgeberwechsels angestellt habe, sei nicht bekannt und werde mit Nichtwissen bestritten.
- 23
Das beklagte Amt beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 22. September 2005 – öD 4 Ca 2630 c/04 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
- 25
Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Klägerin verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages das angefochtene Urteil.
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Die Klägerin trägt vor:
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Die Beklagte habe bei unveränderter Tätigkeit ihrerseits nicht im Einzelnen vorgetragen, warum und inwieweit die bisherige Bewertung fehlerhaft gewesen sei. Der bloße Hinweis auf das Ergebnis einer Überprüfung durch das Gemeindeprüfungsamt reiche nicht aus. Ihre Tätigkeit unterscheide sich auch wesentlich von den Aufgaben einer Erzieherin in einem ortsfesten Kindergarten. Es dürfte nicht zur üblichen Beschäftigung von Kindern in einem ortsfesten Kindergarten gehören, dass diese mit Schnitzmessern, Sägen und Hammer hantieren und ein Lagerfeuer machen, schon gar nicht in einem unebenen, unübersichtlichen und nicht abgegrenzten Gelände, das sich aufgrund der Einwirkung der Natur immer wieder verändere. Auch dürfe nicht üblicherweise davon ausgegangen werden, dass an ortsfesten Kindergärten immer tatsächlich verhaltensauffällige Kinder anwesend seien. In dem Waldkindergarten, in dem sie tätig sei, seien verstärkt verhaltensauffällige Kinder, die schneller aggressiv reagierten und schwer in die Gemeinschaft zu integrieren seien. Zudem seien sie in ihrer Wahrnehmung reduziert und in der Bewegungsgeschicklichkeit unterentwickelt sowie sprachgestört. Im Waldkindergarten seien auch höhere Anforderungen an den Einfallsreichtum der Erzieherinnen zu stellen. Geschlossene Räume machten Prozesse planbarer und prognostizierbarer. Im Wald sei dies anders. Ihre Tätigkeit sei vergleichbar mit der Tätigkeit einer Erzieherin auf einem Abenteuerspielplatz.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Inhalt der in der Berufung gewechselten Schriftsätze.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung des beklagten Amtes ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt worden. In der Sache hat sie auch Erfolg. Die Argumente der Berufung rechtfertigen eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und damit eine Abweisung der Klage. Die Klägerin hat gegen das beklagte Amt keinen von der Tarifautomatik losgelösten einzelvertraglichen Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT/VKA für die Zeit vom 1. April bis 30. September 2003 (I). Das beklagte Land hat die Klägerin auch für die Zeit ab 1. April 2003 zutreffend zurückgruppiert auf die Vergütungsgruppe VI b BAT/VKA. Die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V c BAT/VKA ab 1. April 2003 liegen nicht vor (II).
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I. Die Parteien haben nicht unabhängig von der Tarifautomatik einen Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT/VKA einzelvertraglich begründet. Dies gilt selbst vor dem Hintergrund, dass sich die zuständige Mitarbeiterin des beklagten Amtes bei der vorherigen Arbeitgeberin der Klägerin nach deren Vergütungsgruppe erkundigte und anschließend im schriftlichen Arbeitsvertrag gemäß § 4 die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V c erfolgte. Unerheblich ist insoweit auch, dass es sicherlich nachvollziehbar ist, wenn die Klägerin darauf hinweist, sie habe bei der Arbeiterwohlfahrt N... bereits Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c erhalten und es sei abwegig, dass sie bereit gewesen sei, sich finanziell zu verschlechtern. Aus der Sicht der Klägerin ist dies sicherlich nachvollziehbar. Vertragsinhalt wird dies aber nur dann, wenn sich aus der schriftlichen Vereinbarung entnehmen lässt, die Parteien seien sich einig gewesen, unabhängig von einer etwaigen Tarifautomatik Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c zu zahlen. Denn es ist zu beachten, dass ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes dem Arbeitnehmer im Wege des Normenvollzuges nur das gewähren will, was diesem tarifvertraglich zusteht. Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes will grundsätzlich keine übertarifliche Vergütung, sondern nur das zahlen, wozu er kraft des Tarifvertrages verpflichtet ist. Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes muss daher grundsätzlich davon ausgehen, dass sein Arbeitgeber diejenigen Leistungen gewährt, zu denen er rechtlich verpflichtet ist. Von der Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung kann daher nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ausgegangen werden und nur dann, wenn die vertraglichen Vereinbarungen zweifelsfrei ergeben, dass sich der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes unabhängig von der tarifrechtlichen Regelung zur Zahlung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe verpflichten wollte. Daran fehlt es hier. Bereits der Arbeitsvertrag ist insoweit eindeutig. Aus § 2 folgt, dass das Arbeitsverhältnis sich allein nach den Vorschriften des BAT und den ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen richten soll. Dies belegt, dass das beklagte Amt keine von diesen Tarifverträgen losgelöste, der Arbeitnehmerin günstigere Leistungen versprechen wollte. Endgültige Klarheit wird dann in § 4 des Arbeitsvertrages hergestellt, in dem es heißt, die Angestellte sei nach Maßgabe der Tarifautomatik eingruppiert in Vergütungsgruppe V c. Diese Vereinbarung bringt zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die Beklagte hinsichtlich der Vergütung nur den Tarifvertrag anwenden wollte und seinerzeit davon ausging, die Vergütungsgruppe V c sei die nach Maßgabe der Tarifautomatik zutreffende. Die klare Regelung in § 4 des Arbeitsvertrages steht der Argumentation der Klägerin hinsichtlich einer einzelvertraglichen Vereinbarung auf Zahlung von Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c entgegen.
- 33
II. Die korrigierende Rückgruppierung der Klägerin ab 1. April 2003 aus der Vergütungsgruppe V c BAT/VKA in die Vergütungsgruppe VI b BAT/VKA ist nicht zu beanstanden.
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1. Bei der korrigierenden Rückgruppierung muss der Arbeitgeber im Streitfall darlegen, inwieweit ihm bei der ursprünglich vorgenommenen Eingruppierung ein Fehler unterlaufen ist. Dazu muss er, wenn sich die Angestellte auf die ihr vom Arbeitgeber mitgeteilte Vergütungsgruppe beruft, die objektive Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Vergütungsgruppe darlegen und ggf. beweisen; diese Fehlerhaftigkeit ist bereits gegeben, wenn eine der tariflichen Voraussetzungen für die Eingruppierung in die dem Arbeitnehmer mitgeteilte Vergütungsgruppe fehlt (BAG, Urteil vom 05.11.2003 – 4 AZR 689/02 -, zitiert nach Juris). Der Arbeitgeber erfüllt dabei seine Darlegungslast bereits dann, wenn sich aus seinem Vorbringen einschließlich des unstreitigen Sachverhalts ergibt, dass jedenfalls im Hinblick auf eine der tariflichen Voraussetzungen die mitgeteilte Eingruppierung nicht zutreffend war. Hat der Arbeitgeber die objektive Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Eingruppierung dargelegt und ggf. die Tatsachen bewiesen, aus denen die Fehlerhaftigkeit folgt, so bleibt es bei der Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers für die Tatsachen, aus denen folgt, dass ihm die begehrte Höhe der Vergütung zusteht (BAG, Urteil vom 25.09.2003 – 8 AZR 472/02 -; zitiert nach Juris). Zu beachten ist weiterhin, dass der Arbeitgeber darzulegen hat, welcher Irrtum ihm bei der ursprünglich vorgenommenen Eingruppierung unterlaufen ist. Dabei muss er entweder einen Rechtsirrtum dartun oder substantiiert die Tatsachen vortragen, die eine fehlerhafte Eingruppierung der Arbeitnehmerin begründen. Beruft sich die Arbeitnehmerin auf eine unveränderte Tätigkeit und die bisherige, auch vom Arbeitgeber für richtig gehaltene Eingruppierung, ist es Sache des Arbeitgebers, im Einzelnen vorzutragen, warum und inwieweit seine bisherige Bewertung der Tätigkeit fehlerhaft war und deshalb die Eingruppierung korrigiert werden muss. Ein bloßer Hinweis des Arbeitgebers auf die Überprüfung der Stellenbewertung genügt nicht. Für die gerichtliche Nachprüfung muss nachvollziehbar sein, dass und inwieweit sich der Arbeitgeber bei der ursprünglichen Stellenbewertung geirrt hat; dazu bedarf es einer nachvollziehbaren Erläuterung der ursprünglichen und jetzigen Stellenbewertung (BAG, Urteil vom 11.06.1997 – 10 AZR 724/75 -, zitiert nach Juris).
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2. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze ist die Rückgruppierung der Klägerin für die Zeit ab 1. April 2003 in die Vergütungsgruppe VI b BAT/VKA nicht zu beanstanden.
- 36
a. Das beklagte Amt hat zur Überzeugung des Berufungsgerichts dargelegt, dass es seinerzeit bei Abschluss des Arbeitsvertrages aufgrund eines Rechtsirrtums davon ausging, die Klägerin sei in die Vergütungsgruppe V c BAT/VKA einzugruppieren. Das beklagte Amt weist darauf hin, der Grund für die falsche Eingruppierung sei die fehlende Bewertung der Stelle gewesen. Das beklagte Amt hat daher keine ausdrückliche Bewertung der Stelle der Klägerin vorgenommen, sondern hat sich leiten lassen bei der vorgenommenen Eingruppierung von der Mitteilung der vorigen Arbeitgeberin der Klägerin, wonach sie dort Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT erhielt. Damit steht fest, dass die ursprünglich vorgenommene Eingruppierung der Klägerin auf einem Irrtum beruhte, nämlich der Annahme, dies sei die nach Tarifautomatik zutreffende Vergütungsgruppe. Von einem solchen Rechtsirrtum konnte sich das beklagte Amt nach den Grundsätzen der korrigierenden Rückgruppierung lösen. Denn es hat die objektive Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Eingruppierung dargelegt. Bereits aus dem unstreitigen Sachverhalt ergibt sich, dass die mitgeteilte Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V c BAT/VKA fehlerhaft war. Denn die tariflichen Voraussetzungen für die Eingruppierung der Klägerin in diese mitgeteilte Vergütungsgruppe lagen nicht vor.
- 37
b) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand in der Zeit vom 1. April 2003 bis 30. September 2003 der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die Anlage 1 a hierzu in der für den Bereich der Kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (BAT/VKA) Anwendung. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt damit davon ab, ob mindestens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihr in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe V c BAT/VKA „Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst“ entspricht (§ 22 Abs. 2 Unterabsatz 2 BAT/VKA). Bei der Beurteilung dieser Frage ist die gesamte der Klägerin übertragene Tätigkeit als einheitlicher Arbeitsvorgang anzusehen. Denn die Tätigkeit ist auf ein einheitliches Arbeitsergebnis, nämlich Erziehung, Betreuung und Förderung der ihr zugewiesenen Kinder im Waldkindergarten gerichtet. Alle Einzelaufgaben der Klägerin dienen diesem Arbeitsergebnis und sind deshalb nach tatsächlichen Gesichtspunkten nicht weiter aufteilbar.
- 38
aa. Für die Eingruppierung der Klägerin sind die speziellen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1 a zum BAT/VKA maßgebend. Diese haben, soweit sie für den Rechtsstreit von Bedeutung sind, folgenden Wortlaut:
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„Vergütungsgruppe VI b
- 40
5. Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben (hierzu Protokollerklärungen Nr. 1, 3 und 5).
- 41
Vergütungsgruppe V c
- 42
5. Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
- 43
mit besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten (hierzu Protokollerklärungen Nr. 1, 3, 5 und 6).
- 44
Die Protokollerklärung Nr. 6 lautet:
- 45
„Besonders schwierige fachliche Tätigkeiten sind z. B. die
- 46
a) Tätigkeiten in Integrationsgruppen (Erziehungsgruppen, denen besondere Aufgaben in der gemeinsamen Förderung behinderter und nicht behinderter Kinder zugewiesen sind) mit einem Anteil von mindestens 1/3 von Behinderten im Sinne des § 39 BSHG (jetzt: § 53 SGB XII) in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung,
- 47
b) Tätigkeiten in Gruppen von Behinderten im Sinne des 39 BSHG oder von Kindern oder Jugendlichen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten,
- 48
c) Tätigkeiten in Jugendzentren/Häusern der offenen Tür,
- 49
d) Tätigkeiten in geschlossenen (gesicherten) Gruppen,
- 50
e) fachlichen Koordinierungstätigkeiten für mindestens vier Angestellte mindestens der Vergütungsgruppe VI b,
- 51
f) Tätigkeiten eines Facherziehers mit einrichtungsübergreifenden Aufgaben.“
- 52
bb. Die von der Klägerin in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 5 bauen auf der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 5 auf. Grundsätzlich sind Erzieherinnen in Vergütungsgruppe VI b (Fallgruppe 5) eingruppiert. Nach den Blättern zur Berufskunde, Band 2 – IV A 20 „Erzieher/Erzieherinnen“ (4. Auflage 1983) kann die Erzieherin in ihrer beruflichen Arbeit sowohl in Einrichtungen der Kleinkind- und Vorschulerziehung tätig werden als auch in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen außerhalb der Schule und des Berufsbildungs- bzw. Arbeitsplatzes. Ihre Aufgabe ist es dabei, Kinder und Jugendliche zur Selbsterfahrung und Selbstvertrauen, Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung zu führen, zu gemeinschaftlichem oder sozialverantwortlichem Verhalten anzuhalten, ihre Entscheidungsfreudigkeit, ihre Lernbereitschaft und ihr kritisches Urteilsvermögen zu stärken und zu geistiger Beweglichkeit und schöpferischem Tun anzuregen. Übt eine Erzieherin diese Tätigkeiten aus, so ist grundsätzlich von einer Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VI b auszugehen.
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Übt die Erzieherin jedoch zeitlich mindestens zur Hälfte besonders schwierige fachliche Tätigkeiten aus, erfolgt eine Eingruppierung in Vergütungsgruppe V c (Fallgruppe 5). „Besonders schwierige fachliche Tätigkeiten“ liegen jedoch nur dann vor, wenn sie – bezogen auf die Tätigkeit einer Erzieherin – sich aus der Normal- bzw. Grundtätigkeit sehr deutlich herausheben . Dass die Heraushebung durch „schwierige fachliche Tätigkeiten“ eine sehr deutliche Heraushebung der Aufgaben aus der Normal- oder Grundtätigkeit, bezogen auf die Tätigkeiten einer Erzieherin, verlangt, ergibt sich aus der Tarifstruktur (BAG, Urteil vom 22.03.1995 – 4 AZR 30/94 -, zitiert nach Juris).
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Das Merkmal der besonders schwierigen fachlichen Tätigkeit im Sinne der Fallgruppe 5 der Vergütungsgruppe V c BAT haben die Tarifvertragsparteien in der Protokollerklärung Nr. 6 durch konkrete Beispiele erläutert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts ist dann, wenn eines dieser Tätigkeitsbeispiele zutrifft, auch das Merkmal des Oberbegriffs erfüllt. Wird kein Tätigkeitsbeispiel erfüllt, ist auf den allgemeinen Begriff zurückzugreifen, wobei dann aber dessen Bestimmung von den Maßstäben der Beispielstatbestände aus zu erfolgen hat; die Tarifvertragsparteien haben mit den Beispielen Maß und Richtung für die Auslegung des allgemeinen Begriffs vorgegeben (BAG, Urteil vom 22.03.1995 - 4 AZR 30/94 -; BAG, Urteil vom 05.03.1997 – 4 AZR 482/95 -, zitiert nach Juris).
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(1). Bei der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit der Erzieherin (Gruppenleiterin) des Waldkindergartens handelt es sich nicht um eine Tätigkeit gemäß der Protokollerklärung Nr. 6.
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Unabhängig davon, ob und in welchem Anteil sich in der Waldkindergartengruppe verhaltensauffällige Kinder befinden, so handelt es sich dennoch nicht um eine Tätigkeit in Integrationsgruppen nach der Protokollerklärung Nr. 6 a oder um eine Tätigkeit in Gruppen von Behinderten oder Kindern und Jugendlichen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten im Sinne der Protokollerklärung Nr. 6 b. Dies bedarf keiner weiteren Ausführungen. Dies gilt auch für die Protokollerklärung Nr. 6 d (Tätigkeit in geschlossenen (gesicherten) Gruppen) und für die Protokollerklärung Nr. 6 e (fachliche Koordinierungstätigkeiten für mindestens vier Angestellte mindestens der Vergütungsgruppe VI b) und für die Protokollerklärung Nr. 6 f (Tätigkeiten eines Facherziehers mit einrichtungsübergreifenden Aufgaben). Auch die Protokollerklärung Nr. 6 c ist nicht direkt anwendbar. Das Tatbestandsmerkmal „in Jugendzentren/Häusern der offenen Tür“ stellt auf Orte ab, in denen die auszuübende Tätigkeit nicht inhaltlich beschrieben, vielmehr als besonders schwierig vorausgesetzt wird. In Jugendzentren/Häusern der offenen Tür sind positive Gruppen- und Gemeinschaftserfahrungen zu vermitteln und die Selbstständigkeit der Betreuten im Leben (Familien- bzw. Schul- oder Berufsleben) zu stärken. Darum geht es bei der Erziehung und Betreuung von Kindern in einem Waldkindergarten nicht.
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(2). Die Tätigkeit einer Gruppenleiterin in der Waldkindergartengruppe ist aber auch im Hinblick auf das geforderte fachliche Können oder die körperliche oder geistige Belastung nicht mit den in der Protokollnotiz Nr. 6 erwähnten Tätigkeiten von der Wertigkeit her vergleichbar. Im Gegenteil: Sie unterscheidet sich nicht sehr deutlich von der Grund- oder Normaltätigkeit einer Erzieherin in einem „festen“ Kindergarten.
- 58
Die Klägerin begründet das Vorliegen einer „besonders schwierigen fachlichen Tätigkeit“ im Wesentlichen mit dem besonderen Maß der Verantwortung. Das Gefahrenpotenzial in einem „festen“ Kindergarten sei weitaus geringer und verlange nicht die erhöhte Konzentration und Aufsichtspflicht. Die Berufungskammer will nicht verkennen, dass mit der Beaufsichtigung, Betreuung und Erziehung von Kindern in einer Waldkindergartengruppe besondere Aufsichtspflichten verbunden sind, die sich aus den typischen Gefahren des Waldes ergeben. Es soll auch nicht verkannt werden, dass diese Gefahren andere sein können als jene, die sich in einem festen Kindergarten ergeben können. Insbesondere wird auch nicht übersehen, dass aus der Natur der Sache heraus in einer Waldkindergartengruppe immer die Gefahr besteht, dass Kinder verloren gehen können. Dies beschreibt aber nur die Andersartigkeit der Gefahren. Es sagt noch nichts darüber aus, dass damit die Beaufsichtigung und Erziehung der Kinder im Waldkindergarten, gemessen an der normalen Tätigkeit einer Erzieherin, fachlich besonders schwierig ist. Wenn die Klägerin für eine Erzieherin in einem Waldkindergarten in Anspruch nimmt, die Aufsicht müsse ständig konzentriert und mit höchster Aufmerksamkeit erfolgen, so ist dies sicherlich zutreffend. Dies gilt aber auch für die Erzieherin im Kindergarten. Es kann keine Rede davon sein, dass insoweit geringere Anforderungen an deren Konzentration und Aufsichtspflicht zu stellen sind. Dies gilt selbst vor dem Hintergrund, dass sich die Kinder in einer normalen Kindergartengruppe in einem regelmäßig überschaubaren begrenzten Raum aufhalten. Dennoch erfordert auch die dortige Tätigkeit einer Erzieherin höchste Konzentration. In dem Raum einer normalen Kindergartengruppe befinde sich eine Vielzahl von Gegenständen. Dort stehen regelmäßig Tische und Stühle und Bänke. Es besteht immer die Gefahr, dass die Kinder auf diese steigen, herumhüpfen und sich gegenseitig mit Gegenständen bewerfen. Auch die dort tätigen Erzieherinnen müssen immer auf der Hut sein, um etwaige Gefahren zu bewältigen. Dabei hat ihre Erziehung und die Art der Aufsicht sich auch dort konkret an den Fähigkeiten und Bedürfnissen des Kindes zu orientieren. Insoweit besteht überhaupt kein Unterschied zu den Kindern in einer Waldkindergartengruppe. Auch der Hinweis der Klägerin, die Kinder hantierten mit Schnitzmesser, Säge und Hammer, führt nicht dazu, die Erziehungstätigkeit der Klägerin als fachlich besonders schwierig zu bewerten. Selbstverständlich sind diese Gegenstände in der Hand von Kindern gefährlich. Erhöhte Aufmerksamkeit der Erzieherinnen ist daher erforderlich. Ihre Tätigkeit hebt sich aber dennoch deshalb nicht sehr deutlich aus der Normal- und Grundtätigkeit einer Erzieherin in einem festen Kindergarten heraus. Auch dort hantieren die Kinder mit Gegenständen (z.B. Scheren), die bei anderen Kindern bei nicht sachgemäßer Handhabung zu Verletzungen führen können. Auch insoweit sind die Erzieherinnen zu besonderer Aufmerksamkeit veranlasst.
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Die Leitung einer Waldkindergartengruppe ist auch nicht in ihrer Wertigkeit vergleichbar mit einer Tätigkeit in Jugendzentren/Häusern der offenen Tür. Der diesbezügliche Hinweis der Klägerin auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen zu den so genannten Abenteuerspielplätzen trägt nicht (LAG Niedersachsen, Urteil vom 24. Mai 1995 – 4 Sa 41/95 E). Entscheidend ist nämlich, dass sich die Wertigkeit des Tatbestandsmerkmals „in Jugendzentren/Häusern der offenen Tür“ daraus ergibt, dass dieses Merkmal auf Orte abstellt, in denen die auszuübende Tätigkeit nicht inhaltlich beschrieben wird, sondern vielmehr als besonders schwierig vorausgesetzt wird. Im so genannten offenen Betrieb von Jugendtreffs, Jugendzentren, Freizeitheimen, betreuten Spielplätzen (Abenteuerspielplätzen) und ähnliches gibt es kaum strukturierte feste Gruppen. Der Erzieher übt dabei seinen Beruf in diesem Bereich mehr als Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche aus. Es geht dabei in erster Linie um Animation, Freizeitanimation, bei der die Ent- und Weiterentwicklung von Freizeitinteressen und Aktivitäten angestrebt wird durch unverbindliche Angebote und geeignete Förderung und Unterstützung aus dem Besucherkreis kommender Ideen, Wünsche und Anregungen (BAG, Urteil vom 22.03.1995, 4 AZR 30/94 -, zitiert nach Juris Randnummer 50). Dieses Tatbestandsmerkmal erlangt seine besondere Wertigkeit also gerade durch das Nichtvorhandensein einer festen Gruppen und aus der Funktion des Erziehers als Ansprechpartner von Kindern und Jugendlichen verschiedenen Alters mit einer großen Altersspanne. Daraus resultieren auch eine Vielzahl unterschiedlicher Bedürfnisse, Interessen und zu lösender Probleme. Dies macht gerade die Wertigkeit einer Erzieherin oder eines Erziehers in einem Jugendzentrum oder Haus der offenen Tür aus. Aus der Offenheit dieser Einrichtungen können sich auch besondere Konflikte ergeben, Konflikte sowohl zwischen Kindern und Jugendlichen unterschiedlichen Alters als auch zwischen gleichaltrigen Kindern und Jugendlichen. Auch soziale Konflikte können in diese Einrichtungen herein getragen werden.
- 60
Davon kann bei der Leitung einer Waldkindergartengruppe keine Rede sein. Die Kinder sind im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt. Es handelt sich um einen begrenzten Kreis. Die dortige Tätigkeit einer Erzieherin ist nicht geprägt durch die Bewältigung der oben skizzierten typischen Probleme und Konfliktlagen in offenen Einrichtungen sowie Zentren und Häusern der offenen Tür, sondern wird geprägt durch die Beaufsichtigung, Betreuung und Erziehung einer begrenzten Anzahl von Kindern. Das ist aber gerade die typische Normaltätigkeit einer Erzieherin. Wenn die Klägerin insoweit einen Waldkindergarten mit einem Abenteuerspielplatz vergleichen möchte, erfolgt dies nur vordergründig und ist insbesondere nicht geeignet, daraus eine Wertigkeit vergleichbar jener Tätigkeit einer Erzieherin in Jugendzentren und offenen Einrichtungen zu begründen. Entscheidend ist nämlich nicht, dass auch auf einem Abenteuerspielplatz Kinder und Jugendliche mit gefährlichen Werkzeugen spielen und ähnlich wie im Waldkindergarten auf Baumstämme und Baumstümpfe klettern. Entscheidend ist vielmehr, dass die Tätigkeit einer Erzieherin auf einem Abenteuerspielplatz allenfalls mit der Begründung als fachlich besonders schwierig bewertet werden kann, weil der Abenteuerspielplatz ähnlich wie ein Jugendzentrum oder ein Haus der offenen Tür Zulauf von einer nicht fest strukturierten Gruppe von Kindern und Jugendlichen hat, für die der Erzieher oder die Erzieherin vielfältiger Ansprechpartner ist. Daran fehlt es aus den bereits dargelegten Gründen bei der Leitung einer Waldkindergartengruppe.
- 61
Die Tätigkeit der Klägerin lässt sich auch nicht deshalb als fachlich besonders schwierig bewerten, sofern – wie die Klägerin behauptet – die von ihr absolvierte Zusatzausbildung für ihre Tätigkeit erforderlich wäre. Dabei soll nicht verkannt werden, dass eine Erzieherin ihre Tätigkeit in einer Waldkindergartengruppe nur dann sinnvoll ausüben kann, sofern sie – wie bei der Klägerin geschehen – entsprechend zusätzlich ausgebildet wird. Es ist nicht zu verkennen, dass die von der Klägerin genannten Themenbereiche der Waldpädagogik nicht nur nützliche, sondern wohl auch erforderliche Kenntnisse vermitteln. Entscheidend bleibt aber, dass damit sich die Tätigkeit der Klägerin in fachlicher Hinsicht nicht sehr deutlich aus der Normal- bzw. Grundtätigkeit einer Erzieherin hervorhebt. Auch von dieser Erzieherin wird verlangt, dass sie sich ggf. fortbildet. Diese Fortbildung kann sich auf ihre allgemeine Tätigkeit als Erzieherin beziehen, jedoch aber auch auf spezielle Themen. Damit wird die Tätigkeit aber noch nicht gleichgestellt in ihrer Wertigkeit mit jenen Tätigkeiten in der Protokollnotiz Nr. 6.
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Auch der Hinweis der Klägerin darauf, in der Waldkindergartengruppe gebe es verstärkt verhaltensauffällige Kinder, führt zu keiner anderen Einschätzung. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es immer Kinder und Jugendliche ohne Erziehungsschwierigkeiten, solche mit Erziehungsschwierigkeiten und andere mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten gibt. Von einer angestellten Erzieherin kann gefordert werden, ja ist es sogar typischerweise Inhalt ihrer Tätigkeit, sich auch mit verhaltensauffälligen Kindern zu befassen. Die Tätigkeiten in der Protokollnotiz Nr. 6 a) und 6 b) belegen, dass dies erst relevant wird, wenn es sich um Kinder mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten bzw. um Tätigkeiten in so genannten Integrationsgruppen handelt. Dies trifft auf die Tätigkeit der Klägerin jedoch nicht zu.
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Weder das Tragen von Gegenständen mit einem Gewicht von 12 kg noch der Umstand, dass die Klägerin ihr eigenes Haushaltsgeld abrechnet, begründen die besondere Schwierigkeit. Dies mag eine Besonderheit der Tätigkeit der Klägerin sein. Besonders schwierig ist sie deshalb jedoch nicht.
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Nach alledem ist auf die Berufung des beklagten Amtes die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern und die Klage mit der Kostenfolge gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO abzuweisen. Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht.
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.
Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.
(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.
(1) Die Vorschriften des § 126, des § 126a oder des § 126b gelten im Zweifel auch für die durch Rechtsgeschäft bestimmte Form.
(2) Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung und bei einem Vertrag der Briefwechsel. Wird eine solche Form gewählt, so kann nachträglich eine dem § 126 entsprechende Beurkundung verlangt werden.
(3) Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten elektronischen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, auch eine andere als die in § 126a bestimmte elektronische Signatur und bei einem Vertrag der Austausch von Angebots- und Annahmeerklärung, die jeweils mit einer elektronischen Signatur versehen sind. Wird eine solche Form gewählt, so kann nachträglich eine dem § 126a entsprechende elektronische Signierung oder, wenn diese einer der Parteien nicht möglich ist, eine dem § 126 entsprechende Beurkundung verlangt werden.
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.
(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.
(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.
(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.