Arbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 01. Feb. 2016 - 4 Ca 6451/15
Tenor
1.Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Beklagten und der Klägerin nicht durch die mit Schreiben der Beklagten vom 21.10.2015 fristlos erklärte Kündigung aufgelöst worden ist.
2.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien hälftig.
4.Streitwert: 12.750,00 EUR.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der mit arbeitgeberseitigem Schreiben vom 21.10.2015 erklärten fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
3Die am 12.03.1971 geborene Klägerin ist seit dem 03.05.1993 bei der Beklagten bzw. der Rechtsvorgängerin beschäftigt gewesen. Sie war zuletzt als Sachbearbeiterin im Bereich Rechnungswesen in der Abteilung "D." eingesetzt.
4Mit Schreiben vom 08.01.2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos; in dem diesbezüglich unter dem Aktenzeichen 12 Ca 506/15 vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf geführten Verfahren erklärte die Beklagte, aus der Kündigung Rechte nicht mehr herzuleiten und sie zurückzunehmen.
5Unter dem Aktenzeichen 11 BV 100/15 ist im Anschluss vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf ein Beschlussverfahren geführt worden, in dem der Betriebsrat der Beklagten beantragte, der Beklagten aufzugeben, die Klägerin zu entlassen, hilfsweise zu versetzen. Die Klägerin ist an diesem Beschlussverfahren als Beteiligte zu 3. beteiligt gewesen. Mit Beschluss vom 21.08.2015 hat das Arbeitsgericht Düsseldorf dem Antrag des Betriebsrates nach einer Beweisaufnahme entsprochen und folgendes tenoriert:
6"Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, die Beteiligte zu 3. zu entlassen."
7Der vorgenannte Beschluss, der beigezogen wurde und auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, ist rechtskräftig geworden.
8Mit E-Mail vom 20.10.2015 (Bl. 46 d. A.) teilte die Personalreferentin der Beklagten, Frau C., dem Betriebsrat mit, dass beabsichtigt sei, die Klägerin fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 30.096.2016 zu kündigen. Die Betriebsratsvorsitzende Frau Q. teilte hierauf mit E-Mail vom 21.10.2015 (Bl. 46 d. A.) mit, dass in der Sitzung vom 21.10.2015 beschlossen worden sei, der Kündigung zuzustimmen. Mit Schreiben vom 21.10.2015 (Bl. 8 d. A.) kündigte die Beklagte gegenüber der Klägerin das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß zum 30.06.2016. Dieses Schreiben ist der Klägerin am 22.10.2015 zugegangen.
9Die Klägerin reichte mit bei Gericht am 04.11.2015 eingegangenen Schriftsatz, der der Beklagten am 09.11.2015 (Bl. 13 d. A.) zugestellt wurde, Klage ein.
10Sie ist der Auffassung, das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung vom 21.10.2015 nicht beendet worden. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Eine Anhörung sei auch nicht entbehrlich gewesen. Tatsachen, die geeignet sein könnten, die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB zu rechtfertigen, seien nicht festzustellen. Der Beklagten sei in dem Beschluss in dem Verfahren unter dem Aktenzeichen 11 BV 100/15 nicht aufgegeben worden, das Arbeitsverhältnis fristlos zu beenden. Die Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht gegeben. Es sei auch bei einem Verfahren nach § 104 BetrVG auf die Kenntnis des zugrunde liegenden Sachverhalts abzustellen. Die Klägerin bestreitet das Vorliegen von Gründen, die geeignet wären, die Kündigung als ordentliche fristgerechte Kündigung zu rechtfertigen. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Düsseldorf in dem Verfahren unter dem Aktenzeichen 11 BV 100/15 trage die streitgegenständliche Kündigung nicht. Durch das Verfahren nach § 104 BetrVG werde kein "neuer" Kündigungsgrund geschaffen. Jedenfalls sei als mildere Maßnahme der Ausspruch einer Änderungskündigung in Betracht gekommen, indem man der Klägerin in Verbindung mit der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Konditionen an einem anderen Standort der Beklagten auf einem Arbeitsplatz, an dem sie nicht in einem Büro mit mehreren Mitarbeitern zusammen sitze, hätte anbieten können.
11Die Klägerin beantragt,
121.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Beklagten und der Klägerin nicht durch die mit Schreiben der Beklagten vom 21.10.2015 fristlos erklärte Kündigung aufgelöst worden ist.
132.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Beklagten und der Klägerin auch nicht durch die mit Schreiben vom 21.10.2015 hilfsweise fristgemäß zum 30.06.2016 von der Beklagten erklärte Kündigung beendet wird.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Die Beklagte ist der Auffassung, mit dem Ausspruch der Kündigung der gerichtlich auferlegten Verpflichtung nachgekommen zu sein. Der Zeitpunkt des "letzten Vorfalls" am 06.01.2015 sei nicht der Anknüpfungspunkt für die Berechnung des Fristablaufs nach § 626 Abs. 2 BGB. Die Beklagte habe am 10.10.2015 Kenntnis davon erlangt, dass die Entscheidung, welche ihr die Entlassung aufgegeben habe, rechtskräftig geworden sei. Das von dem Arbeitsgericht ausgesprochene Beschäftigungsverbot schaffe zwar keinen neuen Kündigungsgrund, setze aber einen bestehenden Kündigungsgrund um. Diese Umsetzung habe mit der Rechtskraft des Beschlusses Wirksamkeit erlangt. Einer Anhörung des Betriebsrates habe es aufgrund des von dem Betriebsrat durchgeführten Beschlussverfahrens nicht bedurft; sie sei im Übrigen vorsorglich dennoch erfolgt. Dass eine Versetzung der Klägerin nicht in Betracht gekommen sei, folge daraus, dass der Beklagten aufgegeben worden sei, die Klägerin zu entlassen. Wahlmöglichkeiten habe es daher nicht mehr gegeben.
17Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird insbesondere auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.02.2016 verwiesen.
18E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
19Die Klage hatte teilweise Erfolg.
20I.
21Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
221.Die fristlose Kündigung ist unwirksam. Sie führte nicht zur wirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien.
23a)Die Kündigung gilt nicht gemäß §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 7 KSchG als wirksam. Die Klägerin hat gegen die Kündigung, die ihr am 22.10.2015 zuging, am 04.11.2015 Klage erhoben.
24b)Die Kündigung verstößt gegen § 626 Abs. 2 BGB.
25aa)Gemäß § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB bestimmt, dass die Frist mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist dann der Fall, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht (BAG 27.01.2011 - 2 AZR 825/09, Rdnr. 15; BAG 25.11.2010 - 2 AZR 171/09 Rdnr. 15; BAG 05.06.2008 - 2 AZR 234/07 Rdnr. 18). Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt (BAG 27.01.2011 - 2 AZR 825/09, Rdnr. 15; BAG 17.03.2005 - 2 AZR 245/04, Rdnr. 35). Solange er die zur Aufklärung des Sachverhalts notwendig erscheinenden Maßnahmen durchführt, läuft die Ausschlussfrist nicht an (BAG 17.03.2005 - 2 AZR 245/04, Rdnr. 35). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Kündigungsberechtigte für die Einhaltung der Ausschlussfrist darlegungs- und beweispflichtig (vgl. nur BAG 01.10.2007 - 2 AZR 333/06, Rdnr. 21). Will ein Arbeitgeber auf ein Entlassungsbegehren des Betriebsrats den Weg der außerordentlichen Kündigung wählen, so ist die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB ebenfalls zu beachten (LAG Hamm 23.10.2009 - 10 TaBV 39/09, Rdnr. 70).
26bb)Dies zugrunde gelegt, ist die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB vorliegend seitens der Beklagten nicht gewahrt worden.
27Maßgeblich ist hierbei nicht die Kenntnis der Beklagten von der Rechtskraft des Beschlusses, welcher ihr aufgegeben hat, die Klägerin zu entlassen, sondern vielmehr die Kenntnis hinsichtlich des Sachverhalts, auf den sich der erfolgreiche Antrag des Betriebsrates auf Entlassung der Klägerin stützte und der wiederum die im Anschluss erklärte außerordentliche Kündigung der Beklagten nach sich gezogen hat.
28Anknüpfungspunkt für das Beschlussverfahren unter dem Aktenzeichen 11 BV 100/15 bildete ausweislich des Tatbestands des vorgenannten Beschlusses u.a. der Vorwurf hinsichtlich der Abläufe am 06.01.2015, der bereits am 07.01.2015 eine Abmahnung der Beklagten und am 08.01.2015 die außerordentliche Kündigung durch die Beklagte veranlasste, welche später wiederum von der Beklagten zurückgenommen worden ist. Sämtliche weiteren Sachverhaltsdarstellungen, auf welche sich der Betriebsrat der Beklagten in dem Beschlussverfahren stützte, lagen zeitlich vor dem 06.01.2015. Diese sind der Beklagten spätestens in dem Beschlussverfahren zur Kenntnis gelangt. Es ist mithin denknotwendig ausgeschlossen, dass der Beklagten diese Sachverhalte erst zwei Wochen vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung bekannt geworden sein können.
292.Die ordentliche Kündigung ist dagegen wirksam und beendet das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis. Insoweit war die Klage abzuweisen.
30a)Die ordentliche Kündigung ist i. S. v. § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 KSchG vorliegend nicht rechtsunwirksam, sondern vielmehr sozial gerechtfertigt.
31Gemäß § 1 Abs. 1 KSchG ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG).
32Vorliegend ist die ordentliche Kündigung durch solche Gründe i. S. v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG gerechtfertigt.
33Ist der Arbeitnehmer an dem Beschlussverfahren, welches auf einen Antrag gemäß § 104 BetrVG geführt wird, beteiligt und konnte er dort seine Rechte wahrnehmen, hat das Beschlussverfahren für den Kündigungsschutzprozess präjudizielle Wirkung; dies hat zur Folge, dass das Arbeitsgericht im Kündigungsschutzprozess an die Entscheidung in dem Vorprozess zu § 104 Satz 2 BetrVG gebunden ist; es hat daher davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer durch sein Verhalten den Betriebsfrieden ernstlich gestört hat, seine Entfernung aus dem Betrieb zur Wiederherstellung des Betriebsfriedens erforderlich ist und somit ein Kündigungsgrund i. S. v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vorliegt (LAG Baden-Württemberg 24.01.2002 - 4 TaBV 1/01; A/P/S-Linck, 4. Auflage 2012, § 104 BetrVG Rdnr. 38 m. w. N.).
34Nach diesen Grundsätzen steht bereits allein aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des Arbeitsgerichts Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 11 BV 100/15 fest, dass ein Kündigungsgrund i. S. v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG gegeben ist.
35b)Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört worden.
36Gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen (§ 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam (§ 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG).
37Ob und inwieweit vorliegend eine Anhörung gänzlich entbehrlich war, kann dahinstehen. Die mit E-Mail vom 21.10.2015 (Bl. 46 d. A.) erfolgte Mitteilung reichte jedenfalls aus, um den Betriebsrat ordnungsgemäß zu hören und in Kenntnis zu setzen. Dies folgt bereits daraus, dass dem Betriebsrat der betreffende Sachverhalt also gerade auch der Grund für die Kündigung aufgrund der Beteiligung an dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 11 BV 100/15, welches dieser sogar eingeleitet hatte, vollumfänglich bekannt war. Die Beklagte war daher nicht gehalten, diesen Sachverhalt, auf den die Kündigung gestützt wird, nochmals gesondert mitzuteilen. Vielmehr reichte es aus, den Betriebsrat über die Tatsache, dass beabsichtigt war, die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung zum 30.06.2016 auszusprechen, zu informieren.
38c)Sonstige Gründe, die zur Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung führen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
39Insbesondere greift der Einwand der Klägerin, als mildere Maßnahme sei der Ausspruch einer Änderungskündigung samt Angebots der Fortsetzung in Betracht gekommen, nicht durch. Auch insoweit entfaltet der rechtskräftige Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 11 BV 100/15 präjudizielle Wirkung, indem der Beklagten aufgegeben worden ist, die Klägerin zu entlassen. Dies ließ der Beklagten keine Möglichkeit, lediglich eine Änderungskündigung auszusprechen. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat in dem Beschluss unter dem Aktenzeichen 11 BV 100/15 in den Gründen unter II. 4. ausdrücklich ausgeführt, dass das "von den Zeugen geschilderte aggressive Verhalten" und die "Wutausbrüche" der Klägerin sich in einem anderen Betrieb lediglich fortsetzen würden. Dem liegt offensichtlich zugrunde, dass das Arbeitsgericht Düsseldorf davon ausging, dass auch eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Konditionen an einem anderen Standort der Beklagten auf einem Arbeitsplatz, an dem die Klägerin nicht in einem Büro mit mehreren Mitarbeitern zusammen sitzen würde, nicht geeignet war, weiterem gesetzwidrigen Verhalten der Klägerin im gebotenen Maße vorzubeugen.
40II.
411.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Kosten des Rechtsstreits waren entsprechend des jeweiligen Obsiegens/Unterliegens hälftig zu teilen.
422.Der Streitwert war gem. § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Hierbei hat die Kammer den Vierteljahresbezug zugrunde gelegt. Der Streitwert gilt zugleich als Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren gemäß § 63 GKG.
43RECHTSMITTELBELEHRUNG
44Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien Berufung eingelegt werden.
45Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
46Landesarbeitsgericht Düsseldorf
47Ludwig-Erhard-Allee 21
4840227 Düsseldorf
49Fax: 0211 7770-2199
50eingegangen sein.
51Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
52Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
53Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
541.Rechtsanwälte,
552.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
563.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
57Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
58* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
59E.
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Tenor
Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, die Beteiligte zu 3. zu
entlassen.
1
G r ü n d e:
2I. Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Betriebsrates auf Entlassung der Beteiligten zu 3).
3Der Antragsteller (künftig: Betriebsrat) ist der in der Niederlassung Düsseldorf der Antragsgegnerin (künftig: Arbeitgeberin) gebildete Betriebsrat. Die Beteiligte zu 3) ist dort Arbeitnehmerin.
4Bei der Arbeitgeberin besteht ein Großraumbüro, welches sich die Arbeitnehmer der Abteilungen "Cash-Agenturinkasso Düsseldorf" und "Transport" teilen. Die Beteiligte zu 3) ist in der Abteilung "Cash-Agenturinkasso Düsseldorf" tätig.
5In einem Schreiben der Beteiligten zu 3) vom 11.05.2009 heißt es u.a.:
6"Ich bin besser, weil …
7Ich widerspreche oft Menschen und ihren Ansichten
8…
9Lieber sage ich mal jemandem meine Meinung, als feige zu sein.
10Ich zeige Aggressionen offen, statt diese voranderen zu verbergen.
11Ich war schon öfter mal in einen Rechtsstreit verwickelt.
12…"
13Für den gesamten Inhalt wird auf Blatt 92 und 93 der Gerichtsakte Bezug genommen.
14Die Arbeitgeberin erteilte der Beteiligten zu 3) am 25.04.2012 eine Abmahnung (Bl. 57 der Gerichtsakte) zu welcher diese eine Gegendarstellung abgab (Bl. 94 und 95 der Gerichtsakte). Zu einer weiteren Abmahnung vom 14.01.2013 (Bl. 58 der Gerichtsakte) gab die Beteiligte zu 3) ebenfalls eine Gegendarstellung ab (Bl. 96 und 97 der Gerichtsakte).
15Am 29.10.2014 kam es zu einem Vorfall zwischen der Beteiligten zu 3) und Herrn H.. Der genaue Hergang ist zwischen den Beteiligten umstritten. Für die von der Arbeitgeberin hierzu erteilte Abmahnung wird auf Blatt 59 und 60 der Gerichtsakte Bezug genommen.
16Am 06.01.2015 kam es zu einem zwischen den Beteiligten streitigen Vorfall zwischen der Beteiligten zu 3) und Frau T., den die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 07.01.2015 abmahnte (Bl. 89 der Gerichtsakte).
17Am 08.01.2015 erklärte die Arbeitgeberin der Beteiligten zu 3) eine außerordentliche Kündigung, die sie letztlich in dem hierzu geführten Kündigungsschutzverfahren (Arbeitsgericht Düsseldorf, 12 Ca 506/15) jedoch zurücknahm.
18Nach entsprechender Beschlussfassung forderte der Betriebsrat von der Arbeitgeberin mit E-Mail vom 08.01.2015 die Entlassung der Beteiligten zu 3).
19Mit E-Mail vom 29.04.2015 erklärte der Vorgesetzte Herr X., aufgrund Aggressivität der Beteiligten zu 3) die Verantwortung für die Unversehrtheit seiner Mitarbeiter nicht mehr übernehmen zu können. Für den Inhalt der E-Mail wird auf Blatt 29 der Gerichtsakte Bezug genommen.
20Der Betriebsrat forderte von der Arbeitgeberin mit E-Mail vom 29.04.2015 nach entsprechender Beschlussfassung erneut die Entlassung der Beteiligten zu 3). Für den Inhalt der E-Mail wird auf Blatt 31 der Gerichtsakte Bezug genommen.
21In einem Schreiben vom 03.05.2015 an den Betriebsrat erklärten mehrere Arbeitnehmer Angst vor der Beteiligten zu 3) zu haben. Für den Inhalt des Schreibens wird auf Blatt 28 der Gerichtsakte Bezug genommen.
22In einer E-Mail der Beteiligten zu 3) vom 23.06.2015 heißt es u.a.:
23"Wie Ihnen sicherlich vom Personalgespräch bekannt ist, wurde mein Arbeitsplatz ins EG verlegt, weil die Kollegen Angst vor mir haben.
24Bitte haben Sie Verständnis, dass ich den Kollegen das nicht zumuten möchte."
25Für den E-Mail-Verkehr im Übrigen wird auf Blatt 61 bis 64 der Gerichtsakte Bezug genommen.
26Der Betriebsrat behauptet, dass es vor etwa zwei Jahren zu einer Auseinandersetzung zwischen der Beteiligten zu 3) und ihrer Kollegin Frau T. kam. Frau L. habe ein Fenster öffnen wollen und habe sich hierfür an mit der Arbeitgeberin vereinbarte Lüftungszeiten gehalten. Die Beteiligte zu 3) sei hierauf wutentbrannt von ihrem Stuhl gesprungen und habe das Fenster wieder zugeknallt und sei ohne ein Wort zu sagen wieder zu ihrem Arbeitsplatz zurückgekehrt. Nachdem sich Frau L. für den Grund des Verhaltens erkundigte habe die Beteiligte zu 3) gesagte, sie "solle bloß aufpassen", sonst passiere "etwas"; man werde sich "draußen noch mal begegnen". Sie habe noch hinzugefügt, dass sie sich "bloß vorsehen" solle.
27Weiter behauptet der Betriebsrat, dass die Beteiligte zu 3) Herrn H. in der Vergangenheit bereits mehrfach gegenüber Kunden und Kollegen schlecht gemacht habe und habe im Hinblick auf die von ihm geleistete Arbeit unwahre Tatsachen behauptet. Unter Anderem habe sie gegenüber einem Kunden, für den Herr H. vertretungsweise zuständig war, behauptet, dass er die Kundenkonten "nicht konkret bearbeite" und im Allgemeinen in ihrer Abwesenheit "nichts richtig bearbeite". Diese Äußerungen habe sie auch gegenüber Kollegen anderer Abteilungen wiederholt.
28Zu dem Vorfall am 29.10.2014 behauptet der Betriebsrat, dass Herr H. ein Fenster in der Nähe seines Arbeitsplatzes öffnete, wobei er sich an die vereinbarten Lüftungszeiten hielt. Als die Beteiligte zu 3) das offene Fenster bemerkte habe sie ihn in aggressivem Tonfall aufgefordert das Fenster zu schließen. Herr H. sei dieser Aufforderung nicht nachgekommen und habe unter Hinweis auf die getroffene Vereinbarung zu den Lüftungszeiten gebeten, dass sich die Beteiligte zu 3) noch wenige Minuten geduldet. Diese habe ihn daraufhin mit voller Kraft am Handgelenk gepackt, um ihrer Aufforderung Nachdruck zu verleihen. Als sich Herr H. weigerte das Fenster zu schließen habe sie seine Hand vom Fenster weggerissen und das Fenster geschlossen. Auch nach einem erneuten Öffnen habe sie das Fenster wiederum verärgert zugeschlagen. Herr H. habe sich daraufhin nicht mehr getraut, das Fenster zu öffnen und habe seinen Arbeitsplatz verlassen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.
29Des Weiteren habe die Beteiligte zu 3) im Herbst 2014 bei einem Telefonat wahrheitswidrig gegenüber einem Kunden behauptet, dass Frau O. bei der Betreuung des betreffenden Kundenkontos "alles falsch mache". Darauf angesprochen sei es zu einem verbalen Angriff von der Beteiligten zu 3) auf T. gekommen, der auch Beschimpfungen beinhaltete.
30Weiter behauptet der Betriebsrat, dass im Dezember 2014 Frau T. die Beteiligte zu 3) sachlich auf eine Anweisung des Vorgesetzten Herrn X. hingewiesen habe betreffend die Auszahlung von Guthaben an Kunden. Hierauf habe die Beteiligte zu 3) sie wutentbrannt angeschrien.
31Zum 06.01.2015 behauptet der Betriebsrat, dass Frau T. nachmittags den Rollladen herunterfahren wollte, da sie sich von der hereinscheinenden Sonne geblendet fühlte, worauf die Beteiligte zu 3) mit einem Wutanfall reagiert hätte und aufgesprungen und auf sie zugestürmt sei und sie in aggressiver Weise angeschrien habe. Da sich Frau T. davon aber nicht abhalten ließ, den Schalter für die Rollläden zu betätigen, habe die Beteiligte zu 3) ihr mit voller Kraft auf den Arm geschlagen. Frau T. habe daraufhin den Vorgesetzten aufgesucht, um ihn als Vermittler einzuschalten. Währenddessen habe die Beteiligte zu 3) die Rollläden wieder nach oben gefahren. Nach ihrer Rückkehr habe Frau T. die Rollläden wieder herunterfahren wollen, worauf die Beteiligte zu 3) aufgesprungen sei, auf sie zustürmte und fest am Oberkörper und den Oberarmen gepackt und vom Schalter weggeschleudert habe.
32Der Betriebsrat beantragt,
331.der Beteiligten zu 2) aufzugeben, die Beteiligte zu 3) zu entlassen;
342.hilfsweise der Beteiligten zu 2) aufzugeben, die Beteiligte zu 3) in einen anderen Betrieb zu versetzen.
35Die Arbeitgeberin beantragt,
36den Antrag zurückzuweisen.
37Die Beteiligte zu 3) beantragt,
38den Antrag zurückzuweisen.
39Zu dem Vorfall vor etwa zwei Jahren behauptet die Beteiligte zu 3), dass sie aufgrund der geringen Temperaturen schon krank gewesen sei. Sie habe Frau L. darauf hingewiesen, dass das Fenster wegen des Raumklimasystems geschlossen bleiben müsse. Weder sei sie wutentbrannt aufgesprungen noch habe sie das Fenster zugeknallt. Sie sei lediglich bestimmt aufgetreten. Bedroht habe sie Frau L. nicht.
40Weiter behauptet sie, dass sie zwischen 2012 und 2013 lediglich eine schriftliche Beschwerde von der Agentur C. über Herrn H. erhalten und an Herrn X. weitergeleitet habe.
41Zu 29.10.2014 behauptet sie, dass als sie das geöffnete Fenster erblickte, Herrn H. im normalen Tonfall darum gebeten habe, dass Fenster zu schließen. Dieser habe provokativ lediglich entgegnet "Das Fenster bleibt auf!". Sie habe dann versucht das Fenster zu schließen, wobei sie lediglich das Fenster am Rahmen gehalten und kräftig zugezogen habe.
42Des Weiteren behauptet sie, dass sich im Herbst 2014 die Agentur I. ihr gegenüber über eine fehlerhafte Bearbeitung durch Frau T. beschwert habe. Diese Beschwerde habe sie bearbeitet und an Herrn I. weitergleitet. Ein Gespräch hierzu mit Frau T. sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt.
43Zum Vorfall im Dezember 2014 behauptet sie, dass sie Frau T. nicht angeschrien habe.
44Zu dem Vorfall am 06.01.2015 behauptet die Beteiligte zu 3), dass sie Frau T. weder geschlagen, noch angefasst noch sonst wie körperlich beeinflusst habe.
45Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen und die Terminsprotokolle Bezug genommen.
46Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H., L., T. und S.. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Kammersitzung vom 21.08.2015 Bezug genommen.
47II. Der zulässige Antrag ist begründet.
48Der Betriebsrat hat gegen die Arbeitgeberin einen Anspruch auf Entlassung der Beteiligten zu 3).
491. Es liegt ein wiederholtes gesetzwidriges Verhalten der Beteiligten zu 3) vor. Die Kammer ist nach der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Beteiligte zu 3) sowohl am 29.102.104 als auch am 06.01.2015 Körperverletzungen im Sinne des § 223 StGB beging, indem sie den Arm des Zeugen H. vom Fenster wegzog bzw. der Zeugin T. auf den Arm schlug.
50Die vernommenen Zeugen haben die vom Betriebsrat vorgetragenen und lediglich von der Beteiligten zu 3), nicht aber von der Arbeitgeberin bestrittenen Vorfälle jeweils im Wesentlichen übereinstimmend bestätigt.
51Die Aussagen waren insgesamt in sich schlüssig und sämtlich Zeugen haben detailreich die Vorfälle bestätigt. Zwar stimmten die Aussagen der Zeugen H. und L. nicht überein, soweit es den Ablauf nach der Auseinandersetzung betrifft, nämlich ob Herr H. nach dem Vorfall am 29.10.2014 seinen Arbeitsplatz verließ (so der Zeuge H.) oder am Arbeitsplatz verblieb (so die Zeugin L.). Insbesondere hatte die Zeugin L. an dieser Stelle aber auch erklärt, sich nicht sicher zu sein. Insgesamt hat sich ein stimmiges Gesamtbild ergeben und sämtliche Zeugen haben die Kammer überzeugt. Dem steht nicht entgegen, dass die Zeugen zum Teil Aufzeichnungen als Gedächtnisstütze nutzten. Die Vorfälle liegen zumindest fast acht Monate zurück, was sowohl die Notwendigkeit einer Gedächtnisstütze erklärt, als auch Abweichungen in kleineren Details.
52Beide Vorfälle stellen auch Körperverletzungen im Sinne des § 223 StGB dar. In beiden Fällen hat die Beteiligte zu 3) durch ihre Handlungen das körperliche Wohlbefinden der Zeugen H. und T. mehr als nur unerheblich beeinträchtigt. Bei der Zeugin T. ergibt sich dies bereits aus den verursachten Schmerzen, die bis zum Folgetag andauerten. Der Zeuge H. hat geschildert Herzrasen gehabt und sich sehr aufgeregt zu haben und dass er den Griff "gemerkt" habe. Jedenfalls liegt aber eine versuchte Körperverletzung durch die Beteiligte zu 3) vor, als sie den Arm wegzog, die lediglich durch das Nachgeben des Zeugen H. verhindert wurde.
532. Es ergibt sich auch eine ernstliche Störung des Betriebsfriedens. Die Zeugen haben ein aggressives Verhalten der Beteiligten zu 3) geschildert und insbesondere die Zeugin T. hat geschildert vor der Beteiligten zu 3) Angst zu haben und umgesetzt werden zu wollen, wenn diese in den Betrieb zurückkehrt.
54Auch der Antrag verschiedener Arbeitnehmer an den Betriebsrat vom 03.05.2015 verdeutlicht diese Störung des Betriebsfriedens ebenso wie die E-Mail des Vorgesetzten Herrn I. vom 29.04.2015. Beide beziehen sich auch auf die von den Zeugen bestätigten Vorfälle und verdeutlichen gemeinsam mit diesen Aussagen, eine berechtigte Sorge der Mitarbeiter und des Vorgesetzten vor weiteren Wutausbrüchen der Beteiligten zu 3) mit der Gefahr weiterer Körperverletzungen. Die Gefahr besteht insbesondere deshalb, weil der Vorfall vom 29.10.2014 abgemahnt worden ist und die Beteiligte zu 3) dies dennoch nicht zum Anlass genommen hat ein entsprechendes Verhalten zu unterlassen. Im Gegenteil, sie hat am 06.01.2015 sogar ein noch gesteigertes aggressives Verhalten gezeigt.
553. Die Vorfälle vom 29.10.2014 und 06.01.2015 stellen auch einen Kündigungsgrund dar. Zwar setzt § 104 BetrVG einen Kündigungsgrund voraus und schafft keinen neuen Kündigungsgrund (BAG, 15.05.1997 - 2 AZR 519/96, AP Nr. 1 zu § 104 BetrVG 1972) und es sind beide Vorfälle abgemahnt worden, weshalb die Arbeitgeberin auch die zunächst ausgesprochene Kündigung vom 08.01.2015 zurücknahm. Dennoch stehen die Abmahnungen einer erneuten Kündigung nicht entgegen. Wird ein Fehlverhalten abgemahnt, ist es als Kündigungsgrund zwar verbraucht und eine Kündigung kann nicht mehr hierauf alleine gestützt werden (BAG, 26.08.1993 - 2 AZR 159/93, AP 113 zu § 626 BGB). In der Abmahnung liegt jedoch lediglich ein konkludenter Verzicht des Arbeitgebers auf den Ausspruch einer Kündigung (BAG, 10.11.1988 - 2 AZR 215/88, AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 Abmahnung), der Kündigungsgrund selbst liegt mithin noch vor. Ein solcher Verzicht kann aber nicht von der Arbeitgeberin für den Betriebsrat erklärt werden, sondern kann nur für sie selbst gelten. Der Betriebsrat hat aber in keiner Weise einen Umstandsmoment geschaffen, aus dem ein Verzicht auf seine Rechte aus § 104 BetrVG abgeleitet werden könnte. Diese Rechte liefen aber letztlich leer, wenn ihm ein Verzicht der Arbeitgeberin zugerechnet würde. Das Recht des Betriebsrates aus § 104 BetrVG entstünde mit dem Vorliegen des Kündigungsgrundes und würde völlig unabhängig von Gründen die nicht in seiner Sphäre liegen beseitigt werden können. Dann ist aber der von Thüsing vertretenen Auffassung zuzustimmen, dass das Beschäftigungsverbot einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellt (Thüsing in Richardi, 14. Auflage 2014, § 104 Rdnr. 15). Dadurch wird auch kein neuer Kündigungsgrund geschaffen, sondern der bestehende Kündigungsgrund lediglich umgesetzt.
564. Es kommt auch keine Versetzung als mildere Maßnahme in Betracht. Die Störung des Betriebsfriedens ist in der Person der Beteiligten zu 3) begründet und würde nicht durch eine Versetzung beseitigt werden. Zwar finden die Vorfälle vom 29.10.2014 und 06.01.2015 ihre Ursache in der Diskussion über die Lüftung in dem Großraumbüro, in welchem die Beteiligte zu 3) ihre Arbeitsleistung bisher erbracht hat. Das von den Zeugen geschilderte aggressive Verhalten hat sich aber nicht alleine hierin erschöpft sondern es kam auch aus anderen Anlässen zu "Wutausbrüchen" der Beteiligten zu 3). In einem anderen Betrieb würde sich dies aber lediglich fortsetzen.
57RECHTSMITTELBELEHRUNG
58Gegen diesen Beschluss kann von der Arbeitgeberseite Beschwerde eingelegt werden.
59Für den Betriebsrat und die Beteiligte zu 3. ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.
60Die Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
61Landesarbeitsgericht Düsseldorf
62Ludwig-Erhard-Allee 21
6340227 Düsseldorf
64Fax: 0211 7770-2199
65eingegangen sein.
66Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
67Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
68Die Beschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
691.Rechtsanwälte,
702.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
713.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
72Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
73* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
74E.
75Beglaubigt
76T.Regierungsbeschäftigte
77als Urkundsbeamtin der
78Geschäftsstelle
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
Tenor
Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, die Beteiligte zu 3. zu
entlassen.
1
G r ü n d e:
2I. Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Betriebsrates auf Entlassung der Beteiligten zu 3).
3Der Antragsteller (künftig: Betriebsrat) ist der in der Niederlassung Düsseldorf der Antragsgegnerin (künftig: Arbeitgeberin) gebildete Betriebsrat. Die Beteiligte zu 3) ist dort Arbeitnehmerin.
4Bei der Arbeitgeberin besteht ein Großraumbüro, welches sich die Arbeitnehmer der Abteilungen "Cash-Agenturinkasso Düsseldorf" und "Transport" teilen. Die Beteiligte zu 3) ist in der Abteilung "Cash-Agenturinkasso Düsseldorf" tätig.
5In einem Schreiben der Beteiligten zu 3) vom 11.05.2009 heißt es u.a.:
6"Ich bin besser, weil …
7Ich widerspreche oft Menschen und ihren Ansichten
8…
9Lieber sage ich mal jemandem meine Meinung, als feige zu sein.
10Ich zeige Aggressionen offen, statt diese voranderen zu verbergen.
11Ich war schon öfter mal in einen Rechtsstreit verwickelt.
12…"
13Für den gesamten Inhalt wird auf Blatt 92 und 93 der Gerichtsakte Bezug genommen.
14Die Arbeitgeberin erteilte der Beteiligten zu 3) am 25.04.2012 eine Abmahnung (Bl. 57 der Gerichtsakte) zu welcher diese eine Gegendarstellung abgab (Bl. 94 und 95 der Gerichtsakte). Zu einer weiteren Abmahnung vom 14.01.2013 (Bl. 58 der Gerichtsakte) gab die Beteiligte zu 3) ebenfalls eine Gegendarstellung ab (Bl. 96 und 97 der Gerichtsakte).
15Am 29.10.2014 kam es zu einem Vorfall zwischen der Beteiligten zu 3) und Herrn H.. Der genaue Hergang ist zwischen den Beteiligten umstritten. Für die von der Arbeitgeberin hierzu erteilte Abmahnung wird auf Blatt 59 und 60 der Gerichtsakte Bezug genommen.
16Am 06.01.2015 kam es zu einem zwischen den Beteiligten streitigen Vorfall zwischen der Beteiligten zu 3) und Frau T., den die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 07.01.2015 abmahnte (Bl. 89 der Gerichtsakte).
17Am 08.01.2015 erklärte die Arbeitgeberin der Beteiligten zu 3) eine außerordentliche Kündigung, die sie letztlich in dem hierzu geführten Kündigungsschutzverfahren (Arbeitsgericht Düsseldorf, 12 Ca 506/15) jedoch zurücknahm.
18Nach entsprechender Beschlussfassung forderte der Betriebsrat von der Arbeitgeberin mit E-Mail vom 08.01.2015 die Entlassung der Beteiligten zu 3).
19Mit E-Mail vom 29.04.2015 erklärte der Vorgesetzte Herr X., aufgrund Aggressivität der Beteiligten zu 3) die Verantwortung für die Unversehrtheit seiner Mitarbeiter nicht mehr übernehmen zu können. Für den Inhalt der E-Mail wird auf Blatt 29 der Gerichtsakte Bezug genommen.
20Der Betriebsrat forderte von der Arbeitgeberin mit E-Mail vom 29.04.2015 nach entsprechender Beschlussfassung erneut die Entlassung der Beteiligten zu 3). Für den Inhalt der E-Mail wird auf Blatt 31 der Gerichtsakte Bezug genommen.
21In einem Schreiben vom 03.05.2015 an den Betriebsrat erklärten mehrere Arbeitnehmer Angst vor der Beteiligten zu 3) zu haben. Für den Inhalt des Schreibens wird auf Blatt 28 der Gerichtsakte Bezug genommen.
22In einer E-Mail der Beteiligten zu 3) vom 23.06.2015 heißt es u.a.:
23"Wie Ihnen sicherlich vom Personalgespräch bekannt ist, wurde mein Arbeitsplatz ins EG verlegt, weil die Kollegen Angst vor mir haben.
24Bitte haben Sie Verständnis, dass ich den Kollegen das nicht zumuten möchte."
25Für den E-Mail-Verkehr im Übrigen wird auf Blatt 61 bis 64 der Gerichtsakte Bezug genommen.
26Der Betriebsrat behauptet, dass es vor etwa zwei Jahren zu einer Auseinandersetzung zwischen der Beteiligten zu 3) und ihrer Kollegin Frau T. kam. Frau L. habe ein Fenster öffnen wollen und habe sich hierfür an mit der Arbeitgeberin vereinbarte Lüftungszeiten gehalten. Die Beteiligte zu 3) sei hierauf wutentbrannt von ihrem Stuhl gesprungen und habe das Fenster wieder zugeknallt und sei ohne ein Wort zu sagen wieder zu ihrem Arbeitsplatz zurückgekehrt. Nachdem sich Frau L. für den Grund des Verhaltens erkundigte habe die Beteiligte zu 3) gesagte, sie "solle bloß aufpassen", sonst passiere "etwas"; man werde sich "draußen noch mal begegnen". Sie habe noch hinzugefügt, dass sie sich "bloß vorsehen" solle.
27Weiter behauptet der Betriebsrat, dass die Beteiligte zu 3) Herrn H. in der Vergangenheit bereits mehrfach gegenüber Kunden und Kollegen schlecht gemacht habe und habe im Hinblick auf die von ihm geleistete Arbeit unwahre Tatsachen behauptet. Unter Anderem habe sie gegenüber einem Kunden, für den Herr H. vertretungsweise zuständig war, behauptet, dass er die Kundenkonten "nicht konkret bearbeite" und im Allgemeinen in ihrer Abwesenheit "nichts richtig bearbeite". Diese Äußerungen habe sie auch gegenüber Kollegen anderer Abteilungen wiederholt.
28Zu dem Vorfall am 29.10.2014 behauptet der Betriebsrat, dass Herr H. ein Fenster in der Nähe seines Arbeitsplatzes öffnete, wobei er sich an die vereinbarten Lüftungszeiten hielt. Als die Beteiligte zu 3) das offene Fenster bemerkte habe sie ihn in aggressivem Tonfall aufgefordert das Fenster zu schließen. Herr H. sei dieser Aufforderung nicht nachgekommen und habe unter Hinweis auf die getroffene Vereinbarung zu den Lüftungszeiten gebeten, dass sich die Beteiligte zu 3) noch wenige Minuten geduldet. Diese habe ihn daraufhin mit voller Kraft am Handgelenk gepackt, um ihrer Aufforderung Nachdruck zu verleihen. Als sich Herr H. weigerte das Fenster zu schließen habe sie seine Hand vom Fenster weggerissen und das Fenster geschlossen. Auch nach einem erneuten Öffnen habe sie das Fenster wiederum verärgert zugeschlagen. Herr H. habe sich daraufhin nicht mehr getraut, das Fenster zu öffnen und habe seinen Arbeitsplatz verlassen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.
29Des Weiteren habe die Beteiligte zu 3) im Herbst 2014 bei einem Telefonat wahrheitswidrig gegenüber einem Kunden behauptet, dass Frau O. bei der Betreuung des betreffenden Kundenkontos "alles falsch mache". Darauf angesprochen sei es zu einem verbalen Angriff von der Beteiligten zu 3) auf T. gekommen, der auch Beschimpfungen beinhaltete.
30Weiter behauptet der Betriebsrat, dass im Dezember 2014 Frau T. die Beteiligte zu 3) sachlich auf eine Anweisung des Vorgesetzten Herrn X. hingewiesen habe betreffend die Auszahlung von Guthaben an Kunden. Hierauf habe die Beteiligte zu 3) sie wutentbrannt angeschrien.
31Zum 06.01.2015 behauptet der Betriebsrat, dass Frau T. nachmittags den Rollladen herunterfahren wollte, da sie sich von der hereinscheinenden Sonne geblendet fühlte, worauf die Beteiligte zu 3) mit einem Wutanfall reagiert hätte und aufgesprungen und auf sie zugestürmt sei und sie in aggressiver Weise angeschrien habe. Da sich Frau T. davon aber nicht abhalten ließ, den Schalter für die Rollläden zu betätigen, habe die Beteiligte zu 3) ihr mit voller Kraft auf den Arm geschlagen. Frau T. habe daraufhin den Vorgesetzten aufgesucht, um ihn als Vermittler einzuschalten. Währenddessen habe die Beteiligte zu 3) die Rollläden wieder nach oben gefahren. Nach ihrer Rückkehr habe Frau T. die Rollläden wieder herunterfahren wollen, worauf die Beteiligte zu 3) aufgesprungen sei, auf sie zustürmte und fest am Oberkörper und den Oberarmen gepackt und vom Schalter weggeschleudert habe.
32Der Betriebsrat beantragt,
331.der Beteiligten zu 2) aufzugeben, die Beteiligte zu 3) zu entlassen;
342.hilfsweise der Beteiligten zu 2) aufzugeben, die Beteiligte zu 3) in einen anderen Betrieb zu versetzen.
35Die Arbeitgeberin beantragt,
36den Antrag zurückzuweisen.
37Die Beteiligte zu 3) beantragt,
38den Antrag zurückzuweisen.
39Zu dem Vorfall vor etwa zwei Jahren behauptet die Beteiligte zu 3), dass sie aufgrund der geringen Temperaturen schon krank gewesen sei. Sie habe Frau L. darauf hingewiesen, dass das Fenster wegen des Raumklimasystems geschlossen bleiben müsse. Weder sei sie wutentbrannt aufgesprungen noch habe sie das Fenster zugeknallt. Sie sei lediglich bestimmt aufgetreten. Bedroht habe sie Frau L. nicht.
40Weiter behauptet sie, dass sie zwischen 2012 und 2013 lediglich eine schriftliche Beschwerde von der Agentur C. über Herrn H. erhalten und an Herrn X. weitergeleitet habe.
41Zu 29.10.2014 behauptet sie, dass als sie das geöffnete Fenster erblickte, Herrn H. im normalen Tonfall darum gebeten habe, dass Fenster zu schließen. Dieser habe provokativ lediglich entgegnet "Das Fenster bleibt auf!". Sie habe dann versucht das Fenster zu schließen, wobei sie lediglich das Fenster am Rahmen gehalten und kräftig zugezogen habe.
42Des Weiteren behauptet sie, dass sich im Herbst 2014 die Agentur I. ihr gegenüber über eine fehlerhafte Bearbeitung durch Frau T. beschwert habe. Diese Beschwerde habe sie bearbeitet und an Herrn I. weitergleitet. Ein Gespräch hierzu mit Frau T. sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt.
43Zum Vorfall im Dezember 2014 behauptet sie, dass sie Frau T. nicht angeschrien habe.
44Zu dem Vorfall am 06.01.2015 behauptet die Beteiligte zu 3), dass sie Frau T. weder geschlagen, noch angefasst noch sonst wie körperlich beeinflusst habe.
45Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen und die Terminsprotokolle Bezug genommen.
46Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H., L., T. und S.. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Kammersitzung vom 21.08.2015 Bezug genommen.
47II. Der zulässige Antrag ist begründet.
48Der Betriebsrat hat gegen die Arbeitgeberin einen Anspruch auf Entlassung der Beteiligten zu 3).
491. Es liegt ein wiederholtes gesetzwidriges Verhalten der Beteiligten zu 3) vor. Die Kammer ist nach der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Beteiligte zu 3) sowohl am 29.102.104 als auch am 06.01.2015 Körperverletzungen im Sinne des § 223 StGB beging, indem sie den Arm des Zeugen H. vom Fenster wegzog bzw. der Zeugin T. auf den Arm schlug.
50Die vernommenen Zeugen haben die vom Betriebsrat vorgetragenen und lediglich von der Beteiligten zu 3), nicht aber von der Arbeitgeberin bestrittenen Vorfälle jeweils im Wesentlichen übereinstimmend bestätigt.
51Die Aussagen waren insgesamt in sich schlüssig und sämtlich Zeugen haben detailreich die Vorfälle bestätigt. Zwar stimmten die Aussagen der Zeugen H. und L. nicht überein, soweit es den Ablauf nach der Auseinandersetzung betrifft, nämlich ob Herr H. nach dem Vorfall am 29.10.2014 seinen Arbeitsplatz verließ (so der Zeuge H.) oder am Arbeitsplatz verblieb (so die Zeugin L.). Insbesondere hatte die Zeugin L. an dieser Stelle aber auch erklärt, sich nicht sicher zu sein. Insgesamt hat sich ein stimmiges Gesamtbild ergeben und sämtliche Zeugen haben die Kammer überzeugt. Dem steht nicht entgegen, dass die Zeugen zum Teil Aufzeichnungen als Gedächtnisstütze nutzten. Die Vorfälle liegen zumindest fast acht Monate zurück, was sowohl die Notwendigkeit einer Gedächtnisstütze erklärt, als auch Abweichungen in kleineren Details.
52Beide Vorfälle stellen auch Körperverletzungen im Sinne des § 223 StGB dar. In beiden Fällen hat die Beteiligte zu 3) durch ihre Handlungen das körperliche Wohlbefinden der Zeugen H. und T. mehr als nur unerheblich beeinträchtigt. Bei der Zeugin T. ergibt sich dies bereits aus den verursachten Schmerzen, die bis zum Folgetag andauerten. Der Zeuge H. hat geschildert Herzrasen gehabt und sich sehr aufgeregt zu haben und dass er den Griff "gemerkt" habe. Jedenfalls liegt aber eine versuchte Körperverletzung durch die Beteiligte zu 3) vor, als sie den Arm wegzog, die lediglich durch das Nachgeben des Zeugen H. verhindert wurde.
532. Es ergibt sich auch eine ernstliche Störung des Betriebsfriedens. Die Zeugen haben ein aggressives Verhalten der Beteiligten zu 3) geschildert und insbesondere die Zeugin T. hat geschildert vor der Beteiligten zu 3) Angst zu haben und umgesetzt werden zu wollen, wenn diese in den Betrieb zurückkehrt.
54Auch der Antrag verschiedener Arbeitnehmer an den Betriebsrat vom 03.05.2015 verdeutlicht diese Störung des Betriebsfriedens ebenso wie die E-Mail des Vorgesetzten Herrn I. vom 29.04.2015. Beide beziehen sich auch auf die von den Zeugen bestätigten Vorfälle und verdeutlichen gemeinsam mit diesen Aussagen, eine berechtigte Sorge der Mitarbeiter und des Vorgesetzten vor weiteren Wutausbrüchen der Beteiligten zu 3) mit der Gefahr weiterer Körperverletzungen. Die Gefahr besteht insbesondere deshalb, weil der Vorfall vom 29.10.2014 abgemahnt worden ist und die Beteiligte zu 3) dies dennoch nicht zum Anlass genommen hat ein entsprechendes Verhalten zu unterlassen. Im Gegenteil, sie hat am 06.01.2015 sogar ein noch gesteigertes aggressives Verhalten gezeigt.
553. Die Vorfälle vom 29.10.2014 und 06.01.2015 stellen auch einen Kündigungsgrund dar. Zwar setzt § 104 BetrVG einen Kündigungsgrund voraus und schafft keinen neuen Kündigungsgrund (BAG, 15.05.1997 - 2 AZR 519/96, AP Nr. 1 zu § 104 BetrVG 1972) und es sind beide Vorfälle abgemahnt worden, weshalb die Arbeitgeberin auch die zunächst ausgesprochene Kündigung vom 08.01.2015 zurücknahm. Dennoch stehen die Abmahnungen einer erneuten Kündigung nicht entgegen. Wird ein Fehlverhalten abgemahnt, ist es als Kündigungsgrund zwar verbraucht und eine Kündigung kann nicht mehr hierauf alleine gestützt werden (BAG, 26.08.1993 - 2 AZR 159/93, AP 113 zu § 626 BGB). In der Abmahnung liegt jedoch lediglich ein konkludenter Verzicht des Arbeitgebers auf den Ausspruch einer Kündigung (BAG, 10.11.1988 - 2 AZR 215/88, AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 Abmahnung), der Kündigungsgrund selbst liegt mithin noch vor. Ein solcher Verzicht kann aber nicht von der Arbeitgeberin für den Betriebsrat erklärt werden, sondern kann nur für sie selbst gelten. Der Betriebsrat hat aber in keiner Weise einen Umstandsmoment geschaffen, aus dem ein Verzicht auf seine Rechte aus § 104 BetrVG abgeleitet werden könnte. Diese Rechte liefen aber letztlich leer, wenn ihm ein Verzicht der Arbeitgeberin zugerechnet würde. Das Recht des Betriebsrates aus § 104 BetrVG entstünde mit dem Vorliegen des Kündigungsgrundes und würde völlig unabhängig von Gründen die nicht in seiner Sphäre liegen beseitigt werden können. Dann ist aber der von Thüsing vertretenen Auffassung zuzustimmen, dass das Beschäftigungsverbot einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellt (Thüsing in Richardi, 14. Auflage 2014, § 104 Rdnr. 15). Dadurch wird auch kein neuer Kündigungsgrund geschaffen, sondern der bestehende Kündigungsgrund lediglich umgesetzt.
564. Es kommt auch keine Versetzung als mildere Maßnahme in Betracht. Die Störung des Betriebsfriedens ist in der Person der Beteiligten zu 3) begründet und würde nicht durch eine Versetzung beseitigt werden. Zwar finden die Vorfälle vom 29.10.2014 und 06.01.2015 ihre Ursache in der Diskussion über die Lüftung in dem Großraumbüro, in welchem die Beteiligte zu 3) ihre Arbeitsleistung bisher erbracht hat. Das von den Zeugen geschilderte aggressive Verhalten hat sich aber nicht alleine hierin erschöpft sondern es kam auch aus anderen Anlässen zu "Wutausbrüchen" der Beteiligten zu 3). In einem anderen Betrieb würde sich dies aber lediglich fortsetzen.
57RECHTSMITTELBELEHRUNG
58Gegen diesen Beschluss kann von der Arbeitgeberseite Beschwerde eingelegt werden.
59Für den Betriebsrat und die Beteiligte zu 3. ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.
60Die Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
61Landesarbeitsgericht Düsseldorf
62Ludwig-Erhard-Allee 21
6340227 Düsseldorf
64Fax: 0211 7770-2199
65eingegangen sein.
66Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
67Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
68Die Beschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
691.Rechtsanwälte,
702.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
713.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
72Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
73* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
74E.
75Beglaubigt
76T.Regierungsbeschäftigte
77als Urkundsbeamtin der
78Geschäftsstelle
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
Hat ein Arbeitnehmer durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen, den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich gestört, so kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung verlangen. Gibt das Arbeitsgericht einem Antrag des Betriebsrats statt, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Entlassung oder Versetzung durchzuführen, und führt der Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider nicht durch, so ist auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Entlassung oder Versetzung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden. Stellt das Gericht fest, dass die außerordentliche Kündigung unbegründet ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Gericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Die Vorschriften der §§ 10 bis 12 gelten entsprechend.
(2) Verstößt eine Kündigung gegen die guten Sitten, so finden die Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und der §§ 10 bis 12 entsprechende Anwendung.
(3) Im Übrigen finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 auf eine Kündigung, die bereits aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, keine Anwendung.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
Tenor
-
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 7. August 2009 - 19/3 Sa 575/08 - aufgehoben.
-
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 6. März 2008 - 19 Ca 9432/06 - abgeändert:
-
Die Klage wird abgewiesen.
-
3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über eine fristlose Verdachtskündigung.
- 2
-
Der im Jahr 1961 geborene Kläger war bei der beklagten Stadt seit dem 1. September 1989 als Orchestermusiker (2. Hornist) gegen ein Bruttomonatsgehalt von zuletzt 4.580,79 Euro beschäftigt. Nach den anzuwendenden Bestimmungen des Tarifvertrags für Musiker in Kulturorchestern (TVK) sind Arbeitnehmer, die das 40. Lebensjahr vollendet haben und mehr als 15 Jahre beschäftigt sind, ordentlich nicht mehr kündbar.
- 3
-
Ihren Eigenbetrieb der städtischen Bühnen leitete die Beklagte mit Wirkung zum 1. September 2004 auf die S GmbH (nachfolgend S GmbH) über. Der Kläger widersprach einem Übergang seines Arbeitsverhältnisses. In der Folge wies die Beklagte den Kläger - ebenso wie die übrigen Mitarbeiter, die einer Überleitung widersprochen hatten - aufgrund eines mit der S GmbH geschlossenen Personalgestellungsvertrags dieser zur Dienstausübung zu. Im Februar 2005 fand eine Betriebsratswahl für einen von der Beklagten und der S GmbH gemeinsam geführten Betrieb „Städtische Bühnen“ statt. In dem von der S GmbH eingeleiteten Wahlanfechtungsverfahren wurde der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Wahl rechtskräftig abgewiesen. Mit - weiterem - Beschluss vom 19. Februar 2009 erklärte das Hessische Landesarbeitsgericht die Wahl für „ungültig“.
- 4
-
Der Kläger war mit einem Kollegen aus dem Orchester befreundet. Dieser hat zwei Töchter, geboren 1990 und 1994. Der Kläger berührte das ältere der Mädchen - damals fünf- bis sechsjährig - bei Besuchen im Haus des Freundes in den Jahren 1995 und 1996 unsittlich, das jüngere - damals acht bis neun Jahre alt - mehrmals bei Besuchen bei der inzwischen allein lebenden Mutter in den Jahren 2002 und 2003. Am 22. September 2004 erstattete die Mutter Anzeige. Gegen den Kläger wurde daraufhin ein Ermittlungsverfahren ua. wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern eingeleitet. Gegenstand des Verfahrens war auch der Vorwurf, der Kläger habe im Jahr 1994 ein weiteres, damals elf Jahre altes Mädchen sexuell missbraucht.
- 5
-
Am 20. Oktober 2004 wurde die Beklagte durch den Vater der Mädchen über die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe informiert. In einem Gespräch der Beklagten mit den übrigen Hornbläsern am 22. November 2004 offenbarte einer der Musiker, dass sich der Kläger auch seinem Sohn unsittlich genähert habe und ein strafrechtliches Verfahren gegen Zahlung eines Bußgelds eingestellt worden sei. Er und andere Mitglieder der Stimmgruppe der Hornisten erklärten, mit dem Kläger nicht mehr zusammenarbeiten zu können.
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Am 13. Dezember 2004 hörte die Beklagte den Kläger zu den Vorwürfen an. Dieser bestritt deren Berechtigung. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2004 sprach die Beklagte eine auf den Verdacht der Tatbegehungen gestützte fristlose Kündigung aus. Der dagegen erhobenen Klage gab das Hessische Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 9. Oktober 2006 mit der Begründung - rechtskräftig - statt, dass die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt habe.
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Nachdem die Beklagte im Verlauf der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 9. Oktober 2006 erfahren hatte, dass gegen den Kläger Anklage erhoben worden war, bemühte sie sich vergeblich um Akteneinsicht. In einem Telefonat mit dem zuständigen Richter am 30. November 2006 erfuhr sie, dass die Anklageerhebung auf dem ihr bekannten Inhalt der Ermittlungsakte beruhe. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2006 lud sie den Kläger erneut zu einem Anhörungsgespräch am 11. Dezember 2006. Der Kläger teilte ihr am 8. Dezember 2006 mit, dass er nicht erscheinen werde. Nach Anhörung des - trotz Wahlanfechtung weiterhin amtierenden - Betriebsrats sprach die Beklagte am 21. Dezember 2006 erneut eine außerordentliche, fristlose Verdachtskündigung aus. Dagegen erhob der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei mangels Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Die Frist sei spätestens am 3. Dezember 2004 abgelaufen. Die Kündigung sei eine unzulässige Wiederholungskündigung. Die von ihm begangenen Straftaten könnten als außerdienstliches Verhalten die Kündigung ohnehin nicht rechtfertigen. Der Kläger hat bestritten, dass es zu einem Vertrauensverlust bei seinen Kollegen gekommen sei und seine Anwesenheit die künstlerische Qualität des Orchesters beeinträchtige. Seine sexuellen Neigungen seien seit Anfang der 90-er Jahre im Orchester bekannt gewesen. Er befinde sich seit 1992 in therapeutischer Behandlung. Deswegen bestehe keine Wiederholungsgefahr. Seine Taten seien Folge einer psychischen Disposition. Die Kündigung sei deshalb nach den Grundsätzen der krankheitsbedingten Kündigung zu beurteilen und mangels negativer Prognose unwirksam. Außerdem habe statt des Betriebsrats der zuständige Personalrat angehört werden müssen.
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Der Kläger hat beantragt
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festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 21. Dezember 2006 nicht beendet worden ist.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, mit der Erhebung der Anklage sei ein wesentlicher Einschnitt im Strafverfahren verbunden gewesen. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei erneut in Gang gesetzt worden, als sie von der Anklageerhebung Kenntnis erhalten habe. Wegen des dringenden Verdachts der Begehung der fraglichen Straftaten sei die Kündigung auch materiell gerechtfertigt. Das Verhalten des Klägers weise einen hinreichenden dienstlichen Bezug auf. Das Vertrauensverhältnis zu den Mitgliedern des Orchesters, insbesondere zu den Hornbläsern, sei zerstört. Die Anwesenheit des Klägers beeinträchtige die künstlerische Qualität bei Proben und Vorstellungen. Die Neigungen des Klägers seien keineswegs allgemein im Orchester bekannt gewesen. Es bestehe ein unkalkulierbares Risiko, dass er wieder einschlägig auffällig werde. Im Hinblick darauf, dass sie in der Komparserie und im Rahmen von Praktika minderjährige Kinder beschäftige, sei ihr eine Weiterbeschäftigung nicht zuzumuten. Die Beteiligung des Personalrats sei nicht erforderlich gewesen.
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Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO)und zur Abweisung der Klage. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Beklagte habe die Frist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt(I.). Die Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Dies kann der Senat selbst entscheiden, da die maßgeblichen Tatsachen feststehen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB liegt vor(II.). Die Kündigung ist nicht mangels Anhörung des Personalrats unwirksam (III.).
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I. Die Kündigung vom 21. Dezember 2006 ist nicht nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Die Beklagte hat die gesetzliche Frist zur Erklärung der Kündigung gewahrt.
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1. Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.
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a) Dies ist dann der Fall, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht (Senat 25. November 2010 - 2 AZR 171/09 - Rn. 15 mwN, NZA-RR 2011, 177; 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 18, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7). Grob fahrlässige Unkenntnis ist insoweit ohne Bedeutung (Senat 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 9; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 319 mwN). Zu den maßgeblichen Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt (Senat 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - aaO). Solange er die zur Aufklärung des Sachverhalts nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen durchführt, läuft die Ausschlussfrist nicht an (Senat 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - zu B I 3 der Gründe, aaO). Um den Lauf der Frist nicht länger als notwendig hinauszuschieben, muss eine Anhörung allerdings innerhalb einer kurzen Frist erfolgen. Die Frist darf im Allgemeinen, und ohne dass besondere Umstände vorlägen, nicht mehr als eine Woche betragen (Senat 2. März 2006 - 2 AZR 46/05 - Rn. 24, BAGE 117, 168).
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b) Geht es um ein strafbares Verhalten des Arbeitnehmers, darf der Arbeitgeber den Aus- oder Fortgang des Ermittlungs- und Strafverfahrens abwarten und in dessen Verlauf zu einem nicht willkürlich gewählten Zeitpunkt kündigen (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 25, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7; 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 9; Bader/Bram/Dörner/Kriebel-Bader KSchG Stand Dezember 2010 § 626 BGB Rn. 77; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 321). Für den betreffenden Zeitpunkt bedarf es eines sachlichen Grundes. Wenn etwa der Kündigungsberechtigte neue Tatsachen erfahren oder neue Beweismittel erlangt hat und nunmehr einen - neuen - ausreichenden Erkenntnisstand für eine Kündigung zu haben glaubt, kann er dies zum Anlass für den Ausspruch der Kündigung nehmen (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 20, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7; 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 9).
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c) Der Arbeitgeber kann sich auch für die Überlegung, ob er eine Verdachtskündigung aussprechen soll, am Fortgang des Ermittlungs- und Strafverfahrens orientieren (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7). Dort gewonnene Erkenntnisse oder Handlungen der Strafverfolgungsbehörden können die Annahme verstärken, der Vertragspartner habe die Pflichtverletzung begangen (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - aaO; vgl. HaKo-Gieseler 3. Aufl. § 626 BGB Rn. 106; SPV/Preis 10. Aufl. Rn. 711). Eine solche den Verdacht intensivierende Wirkung kann auch die Erhebung der öffentlichen Klage haben (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - aaO; AnwK-ArbR/Bröhl 2. Aufl. Bd. 1 § 626 BGB Rn. 102; HaKo-Gieseler aaO; SPV/Preis aaO). Zwar kann die Erhebung der öffentlichen Klage für sich genommen keinen dringenden Verdacht im kündigungsrechtlichen Sinne begründen (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 27, aaO; 29. November 2007 - 2 AZR 724/06 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5). Sie bedeutet aber einen Einschnitt, der in der Lage ist, die anderweitig schon genährte Überzeugung des Arbeitgebers zu verstärken. Während die Einleitung des Ermittlungsverfahrens lediglich einen Anfangsverdacht erfordert, ist die Erhebung der öffentlichen Klage nach der Strafprozessordnung an das Bestehen eines „hinreichenden“ Verdachts gebunden. Der Verdacht erhält damit eine andere Qualität. Dies rechtfertigt es, die Erhebung der öffentlichen Klage als einen Umstand anzusehen, bei dessen Eintritt der Arbeitgeber einen sachlichen Grund hat, das Kündigungsverfahren einzuleiten (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - aaO; AnwK-ArbR/Bröhl aaO; HaKo-Gieseler aaO; SPV/Preis aaO).
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d) Der Arbeitgeber hat nicht nur zwei Möglichkeiten, dem sich mit der Zeit entwickelnden Zuwachs an Erkenntnissen durch eine außerordentliche Kündigung zu begegnen. Es gibt nicht lediglich zwei objektiv genau bestimmbare Zeitpunkte, zu denen die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen begönne: einen Zeitpunkt für den Ausspruch einer Verdachts-, einen weiteren für den Ausspruch einer Tatkündigung. Im Laufe des Aufklärungszeitraums kann es vielmehr mehrere Zeitpunkte geben, in denen der Verdacht „dringend“ genug ist, um eine Verdachtskündigung darauf zu stützen. Dabei steht dem Kündigungsberechtigten ein gewisser Beurteilungsspielraum zu (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 22 ff., AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7).
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e) Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt demnach erneut zu laufen, wenn der Arbeitgeber eine neue, den Verdacht der Tatbegehung verstärkende Tatsache zum Anlass für eine Kündigung nimmt. Eine den Verdacht verstärkende Tatsache kann die Anklageerhebung im Strafverfahren darstellen, selbst wenn sie nicht auf neuen Erkenntnissen beruht. Der Umstand, dass eine unbeteiligte Stelle mit weiterreichenden Ermittlungsmöglichkeiten, als sie dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen, einen hinreichenden Tatverdacht bejaht, ist geeignet, den gegen den Arbeitnehmer gehegten Verdacht zu verstärken. Der Arbeitgeber kann ihn auch dann zum Anlass für den Ausspruch einer Verdachtskündigung nehmen, wenn er eine solche schon zuvor erklärt hatte. Da die neuerliche Kündigung auf einem neuen, nämlich um die Tatsache der Anklageerhebung ergänzten Sachverhalt beruht, handelt es sich nicht etwa um eine unzulässige Wiederholungskündigung. Ebenso wenig ist das Recht, eine weitere Verdachtskündigung auszusprechen, mit dem Ausspruch einer ersten Verdachtskündigung verbraucht. Der Arbeitgeber hat sich dadurch, dass er eine Verdachtskündigung bereits vor Anklageerhebung ausgesprochen hat, auch nicht dahin gebunden, vor Ausspruch einer weiteren Kündigung den Ausgang des Ermittlungs- oder Strafverfahrens abzuwarten. Für die Annahme eines solchen Verzichts auf ein - noch nicht absehbares späteres - Kündigungsrecht gibt es keine Grundlage. Zwar bezieht sich der Verdacht jeweils auf dieselbe Tat, der zur Kündigung führende Sachverhalt ist aber gerade nicht identisch. Die zweite Kündigung stützt sich auf eine erweiterte, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB neu in Gang setzende Tatsachengrundlage.
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2. Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte mit Ausspruch der Kündigung am 21. Dezember 2006 die Frist gem. § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Diese begann am 8. Dezember 2006 erneut zu laufen. Die Kündigung vom 21. Dezember 2006 erfolgte innerhalb von zwei Wochen.
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a) Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB begann erneut in dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem die Beklagte vollständige Kenntnis davon erhielt, dass gegen den Kläger Anklage wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern eines Kollegen erhoben worden war und neue entlastende Gesichtspunkte nicht zu ermitteln waren. Der Verdacht bezieht sich zwar auf dieselbe Tat wie der, welcher der Kündigung vom 23. Dezember 2004 zugrunde lag. Der Sachverhalt ist aber deshalb nicht identisch, weil sich die Beklagte zusätzlich auf die Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft beruft.
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b) Vollständige positive Kenntnis von den den Verdacht verstärkenden Umständen hatte die Beklagte erst am 8. Dezember 2006. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte sie zwar bereits während der mündlichen Verhandlung am 9. Oktober 2006 Kenntnis davon erhalten, dass gegen den Kläger Anklage erhoben worden war. Sie hatte aber erst aufgrund des Gesprächs mit dem zuständigen Richter am 30. November 2006 erfahren, dass die Anklage auf dem ihr bekannten Inhalt der Ermittlungsakte beruhte und damit ua. die Vorwürfe zum Gegenstand hatte, die den von ihr gehegten Verdacht gegen den Kläger betrafen. Ihre vorausgegangenen Bemühungen, Akteneinsicht zu erhalten, waren erfolglos geblieben. Die Beklagte durfte anschließend dem Kläger Gelegenheit geben, neue entlastende Umstände vorzubringen. Mit der Einladung zu einem Anhörungstermin am 11. Dezember 2006 ist sie diese Maßnahme zur Aufklärung des Sachverhalts auch hinreichend zügig angegangen. Zwar war die dafür in der Regel zu veranschlagende Wochenfrist am 11. Dezember überschritten. Die Beklagte ging gleichwohl mit der gebotenen Eile vor. Der 30. November 2006 war ein Donnerstag. Das Einladungsschreiben vom 4. Dezember wurde am auf ihn folgenden zweiten Arbeitstag verfasst. Dies ist zumindest angesichts der Besonderheit, dass sie schon zuvor eine Verdachtskündigung ausgesprochen hatte und die Notwendigkeit einer weiteren Anhörung des Klägers damit nicht unmittelbar auf der Hand lag, nicht zu beanstanden. Dass die Beklagte den Termin erst auf eine weitere Woche später anberaumte, ist ihr ebenso wenig vorzuhalten. Sie berücksichtigte damit in angemessener Weise das Interesse des im Betrieb nicht mehr beschäftigten Klägers an einer Ankündigungszeit. Mit dem Erhalt von dessen Nachricht am 8. Dezember 2006, er werde den Anhörungstermin nicht wahrnehmen, stand sodann fest, dass sich neue entlastende Umstände durch eine Anhörung des Klägers nicht ergeben würden.
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II. Die Kündigung vom 21. Dezember 2006 beruht auf einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB.
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1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (st. Rspr., Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 626 Nr. 220).
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2. Der vom Landesarbeitsgericht festgestellte Sachverhalt des sexuellen Missbrauchs von Kindern eines Kollegen ist „an sich“ als wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB geeignet.
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a) Die Beklagte hat sich zur Rechtfertigung der Kündigung zwar nur auf einen entsprechenden Verdacht berufen. Obwohl der Verdacht eines pflichtwidrigen Verhaltens gegenüber dem Tatvorwurf einen eigenständigen Kündigungsgrund darstellt (st. Rspr., Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 23, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 55 mwN, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 8), stehen beide Gründe aber nicht beziehungslos nebeneinander. Wird die Kündigung mit dem Verdacht pflichtwidrigen Verhaltens begründet, steht indessen zur Überzeugung des Gerichts die Pflichtwidrigkeit tatsächlich fest, lässt dies die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Kündigung unberührt. Maßgebend ist allein der objektive Sachverhalt, wie er sich dem Gericht nach Parteivorbringen und ggf. Beweisaufnahme darstellt (Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 23, aaO ). Ergibt sich nach tatrichterlicher Würdigung das tatsächliche Vorliegen einer Pflichtwidrigkeit, ist das Gericht nicht gehindert, dies seiner Entscheidung zugrunde zu legen; es ist nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber sich während des Prozesses darauf berufen hat, er stütze die Kündigung auch auf die erwiesene Tat (Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 23, aaO; 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - mwN, aaO). Nichts anderes gilt für das Revisionsgericht, wenn das Berufungsgericht zwar nicht selbst geprüft hat, ob ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB gegeben ist, aber gem. § 559 Abs. 2 ZPO bindend festgestellt hat, dass die Pflichtwidrigkeit tatsächlich begangen wurde.
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b) Dies ist hier der Fall. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass der Kläger sowohl während mehrerer Besuche im Haus der Familie seines Kollegen in den Jahren 1995/1996 die ältere von dessen Töchtern, damals fünf- bis sechsjährig, unsittlich berührte als auch mehrmals in den Jahren 2002 und 2003 die jüngere Tochter, damals acht bis neun Jahre alt, anlässlich von Besuchen im Haus der inzwischen allein lebenden Ehefrau. Das Landesarbeitsgericht hat darüber hinaus festgestellt, dass ein weiterer Kollege der Beklagten während eines Gesprächs am 22. November 2004 mitgeteilt hatte, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Vorwurfs, dieser habe sich dem Sohn des Kollegen unsittlich genähert, sei eingestellt worden. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erklärten der betreffende Kollege und andere Mitglieder der Hornisten-Gruppe, mit dem Kläger wegen dieser Vorwürfe nicht mehr zusammenarbeiten zu können.
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c) Der Umstand, dass der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung ausschließlich zu einer beabsichtigten Verdachtskündigung gehört wurde, steht einer gerichtlichen Berücksichtigung des Geschehens als erwiesene Tat nicht entgegen. In diesem Zusammenhang bedarf es keiner Entscheidung, ob der ungültig gewählte, aber während des Wahlanfechtungsverfahrens weiter amtierende Betriebsrat überhaupt nach § 102 Abs. 1 BetrVG zu beteiligen war. Ausreichend ist jedenfalls, wenn dem Betriebsrat - ggf. im Rahmen zulässigen „Nachschiebens“ - diejenigen Umstände mitgeteilt worden sind, welche nicht nur den Tatverdacht, sondern zur Überzeugung des Gerichts auch den Tatvorwurf begründen (Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 24 mwN, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32). Bei dieser Sachlage ist dem Normzweck des § 102 Abs. 1 BetrVG auch durch eine Anhörung nur zur Verdachtskündigung Genüge getan. Dem Betriebsrat wird dadurch nichts vorenthalten. Die Mitteilung des Arbeitgebers, einem Arbeitnehmer solle schon und allein wegen des Verdachts einer pflichtwidrigen Handlung gekündigt werden, gibt ihm sogar weit stärkeren Anlass für ein umfassendes Tätigwerden als eine Anhörung wegen einer als erwiesen behaupteten Tat (Senat 3. April 1986 - 2 AZR 324/85 - zu II 1 c cc der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 18 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 63; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 217). Danach ist der Betriebsrat hier ausreichend unterrichtet worden. Die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen sind auch Gegenstand des Anhörungsschreibens vom 15. Dezember 2006.
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d) Eine schwere und schuldhafte Vertragspflichtverletzung kann ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sein. Das gilt auch für die Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten (Senat 12. März 2009 - 2 ABR 24/08 - Rn. 30, EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Arbeitnehmervertreter Nr. 1; 19. April 2007 - 2 AZR 78/06 - Rn. 28, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 77 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 8).
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e) Der Kläger hat seine Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB, auf die berechtigten Interessen der Beklagten Rücksicht zu nehmen, durch den sexuellen Missbrauch von Kindern eines Kollegen in erheblichem Maße verletzt. Darauf, ob sich aus § 5 Abs. 1 TVK aF noch weiter gehende Pflichten zur Rücksichtnahme ergaben, kommt es nicht an.
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aa) Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Diese Regelung dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks (Senat 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 19, NZA 2011, 112; 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 60 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 77). Der Arbeitnehmer ist auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen (Senat 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - aaO; 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - aaO). Die Pflicht zur Rücksichtnahme kann deshalb auch durch außerdienstliches Verhalten verletzt werden (vgl. ErfK/Müller-Glöge 11. Aufl. § 626 BGB Rn. 83). Allerdings kann ein außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers die berechtigten Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer grundsätzlich nur beeinträchtigen, wenn es einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit hat (Senat 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - aaO; 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 21, aaO). Das ist der Fall, wenn es negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat (Senat 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 22, aaO; 27. November 2008 - 2 AZR 98/07 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 90 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 4). Fehlt ein solcher Zusammenhang, scheidet eine Pflichtverletzung regelmäßig aus (Senat 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - aaO; 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 21, aaO; SPV/Preis Rn. 642).
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bb) Die von dem Kläger außerdienstlich begangenen Straftaten haben einen solchen Bezug zum Arbeitsverhältnis.
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(1) Dieser Bezug besteht zunächst darin, dass Opfer der Straftaten des Klägers die Kinder eines Kollegen waren.
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(2) Die von dem Kläger an den Kollegenkindern begangenen Sexualstraftaten hatten zudem negative Auswirkungen auf das betriebliche Miteinander. So haben mehrere Mitglieder der Stimmgruppe des Klägers in dem Gespräch am 22. November 2004 gegenüber der Beklagten erklärt, mit dem Kläger nicht mehr zusammenarbeiten zu können. Der Einwand des Klägers, in dem Orchester herrsche ohnehin keine Atmosphäre des Vertrauens, sondern eine Atmosphäre der Angst, ist unbeachtlich. Er ändert nichts daran, dass im vorliegenden Zusammenhang allein der Kläger für die Störung des Betriebsfriedens verantwortlich ist.
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cc) Die Straftaten des Klägers haben das kollegiale Miteinander und damit das Arbeitsverhältnis schwer belastet. Der Kläger hat das Vertrauen seines Kollegen und von dessen Familie wiederholt massiv missbraucht. Aus eben diesem Grund haben mehrere Kollegen aus seiner Stimmgruppe ausgeschlossen, mit ihm weiter zusammenarbeiten zu können.
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Der Kläger hat vorsätzlich gehandelt. Soweit er seine sexuellen Neigungen im Laufe des Rechtsstreits auf krankhafte Störungen zurückgeführt hat, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Der Kläger hat nicht behauptet, dass es ihm unmöglich gewesen sei, sein Verhalten zu steuern. Die Grundsätze einer personenbedingten Kündigung finden keine Anwendung.
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3. Die fristlose Kündigung ist bei Beachtung aller Umstände des vorliegenden Falls und nach Abwägung der widerstreitenden Interessen gerechtfertigt. Der Beklagten war es unzumutbar, den Kläger auch nur bis zum Ablauf einer - fiktiven - Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen.
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a) Obwohl das Landesarbeitsgericht - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - eine Interessenabwägung nicht vorgenommen hat, ist eine eigene Abwägung durch den Senat möglich. Der dem Berufungsgericht in der Rechtsprechung des Senats zugestandene Beurteilungsspielraum (vgl. Senat 11. Dezember 2003 - 2 AZR 36/03 - zu II 1 f der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 179 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 5) schränkt lediglich die revisionsrechtliche Überprüfung der Interessenabwägung ein. Hat das Berufungsgericht eine Interessenabwägung vorgenommen, ist - wenn sämtliche relevanten Tatsachen feststehen - eine eigene Interessenabwägung des Revisionsgerichts nur dann möglich, wenn die des Berufungsgerichts fehlerhaft oder unvollständig ist (vgl. Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 23. Juni 2009 - 2 AZR 103/08 - Rn. 35 f., AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17; 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 61, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Fehlt es indessen an einer Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts, ist es - wenn alle relevanten Tatsachen festgestellt sind - nicht erforderlich, dem Landesarbeitsgericht Gelegenheit zu geben, zunächst eine eigene Abwägung vorzunehmen. Die Prüfung der Voraussetzungen des wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB ist zwar in erster Linie Sache der Tatsacheninstanzen. Dennoch geht es um Rechtsanwendung, nicht um Tatsachenfeststellung (Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, aaO).
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b) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung - etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen -, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 26 mwN, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 30). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (st. Rspr., Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO; 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 45, AP BGB § 174 Nr. 20 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 7). Als mildere Reaktionen sind insbesondere Abmahnung und ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen - zu erreichen (Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, aaO; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 251 f. mwN).
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c) Danach ist die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 21. Dezember 2006 gerechtfertigt.
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aa) Der Kläger hat wiederholt die Kinder eines Kollegen sexuell missbraucht und dadurch bewirkt, dass sich mehrere Mitglieder seiner Stimmgruppe weigerten, mit ihm weiter zusammenzuarbeiten. Ohne erhebliche Auswirkungen auf den Betriebsfrieden war eine Mitwirkung des Klägers in seiner Stimmgruppe damit nicht mehr vorstellbar. Zwar war der betreffende Kollege zum Zeitpunkt der Kündigung bereits aus dem Orchester ausgeschieden. Der zweite betroffene Kollege und weitere Mitglieder, die an dem Gespräch am 22. November 2004 teilgenommen hatten, waren aber auch im Dezember 2006 noch beschäftigt. Unerheblich ist, ob die sexuellen Neigungen des Klägers schon länger im Orchester bekannt waren. Der Kläger hat nicht behauptet, es sei auch bekannt gewesen, dass er tatsächlich Straftaten an Kollegenkindern beging.
- 42
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bb) Für die Beklagte war es nicht zumutbar, den Kläger unter Inkaufnahme einer fortbestehenden Störung des Betriebsfriedens weiterzubeschäftigen. Anders als in einer Drucksituation, der kein Verhalten des Arbeitnehmers und kein personenbedingter Grund zugrunde liegt, war die Beklagte nicht gehalten, sich etwa schützend vor den Kläger zu stellen und zu versuchen, die Kollegen von ihrer Weigerung, weiter mit dem Kläger zusammenzuarbeiten, abzubringen (vgl. dazu Senat 19. Juni 1986 - 2 AZR 563/85 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 33 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 39). Der Kläger hatte durch sein Verhalten die Betriebsstörung vielmehr selbst herbeigeführt. Er hat das ihm von einem Kollegen und dessen Familie entgegengebrachte Vertrauen in schwerwiegender Weise mehrfach missbraucht. Dass auch anderen Kollegen angesichts dessen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr möglich erschien, ist objektiv nachvollziehbar. Sexueller Missbrauch von Kindern ist ein die Integrität der Opfer in schwerwiegender Weise verletzendes Delikt. Geschützt ist die Entwicklung der Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung (Fischer StGB 58. Aufl. § 176 Rn. 2 mwN). Äußere, fremdbestimmte Eingriffe in die kindliche Sexualität sind in besonderer Weise geeignet, diese Entwicklung zu stören. Die Tat birgt die Gefahr von nachhaltigen Schädigungen des Kindes (Fischer Rn. 36 mwN, aaO). Sie ist nach § 176 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht.
- 43
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cc) Einer vorherigen Abmahnung bedurfte es nicht. Angesichts der Schwere seiner Pflichtverletzungen war deren - auch nur erstmalige - Hinnahme durch die Beklagte offensichtlich ausgeschlossen (vgl. zu diesem Maßstab Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 37, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 23. Juni 2009 - 2 AZR 103/08 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17).
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dd) Nicht entscheidend ist, ob zu erwarten stand, der Kläger werde weiterhin sexuelle Straftaten an (Kollegen-)Kindern begehen. Die von dem Kläger vorgetragenen Therapiebemühungen und der Umstand, dass er strafrechtlich nur zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt wurde, rechtfertigen deshalb ebenso wenig eine andere Bewertung wie Gesichtspunkte der Resozialisierung. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Beklagte angesichts der Erklärungen von Mitgliedern der Stimmgruppe des Klägers davon ausgehen musste, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen diesem und seinen Kollegen nicht mehr zu erwarten war. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, nicht alle Orchestermusiker hätten sich geweigert, mit ihm zusammenzuarbeiten, kann die Richtigkeit dieser Behauptung dahinstehen. Der Kläger bestreitet nicht, dass mehrere Mitglieder seiner Stimmgruppe nicht mehr zu einer Zusammenarbeit bereit waren. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die musikalische Qualität von Proben oder Vorstellungen bei einer Weiterbeschäftigung des Klägers tatsächlich gelitten hätte. Der Beklagten war es angesichts der Taten des Klägers schon nicht zumutbar, von seinen Kollegen eine weitere Zusammenarbeit überhaupt zu fordern. Darauf, ob der Kläger im Dienst Kontakt zu Kindern hatte, kommt es ebenfalls nicht an.
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ee) An dem Ergebnis der Interessenabwägung ändert sich auch dann nichts, wenn die Behauptung des Klägers zutrifft, erst eine als Krankheit anzusehende Ausprägung seiner sexuellen Neigungen habe ihn straffällig werden lassen. Der Beklagten ist es auch unter dieser Voraussetzung nicht zuzumuten, von den Kollegen des Klägers die weitere Zusammenarbeit zu verlangen. Die durch das Verhalten des Klägers verursachte Störung des Betriebsfriedens wird dadurch nicht geringer.
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ff) Disziplinarrechtliche Maßstäbe zur Beurteilung von Dienstvergehen eines Beamten sind für den Streitfall ohne Bedeutung. Die Sachverhalte, die den vom Kläger herangezogenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen zugrunde liegen, sind zudem schon deshalb nicht vergleichbar, weil es dabei nicht um den Missbrauch von Kollegenkindern ging. Der Kläger will überdies aus dem Umstand, dass die Beklagte Opernaufführungen mit sexuellen Bezügen inszeniert, eine Bereitschaft zur Toleranz von Kindesmissbrauch ableiten. Dies ist abwegig. Soweit er darüber hinaus meint, seine Taten hätten einen Bezug zu seiner Tätigkeit als bildender Künstler, bleibt unklar, welchen Schluss er daraus ableitet. Er kann schwerlich gemeint haben, die Kunstfreiheit rechtfertige Kindesmissbrauch.
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gg) Beschäftigungsdauer und Lebensalter des Klägers rechtfertigen kein anderes Ergebnis. An der Schwere der Pflichtverletzungen und Störung des Betriebsfriedens ändern sie nichts.
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hh) Der Umstand, dass der Kläger ordentlich unkündbar war, hat auf die Interessenabwägung keinen gesonderten Einfluss. Ist es dem Arbeitgeber - wie hier - nicht zumutbar, den tariflich unkündbaren Arbeitnehmer bis zum Ablauf der „fiktiven“ Frist einer ordentlichen Beendigungskündigung weiterzubeschäftigen, ist eine außerordentliche fristlose Kündigung auch des tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers gerechtfertigt (Senat 10. Oktober 2002 - 2 AZR 418/01 - zu B I 5 b der Gründe, EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 1; 15. November 2001 - 2 AZR 605/00 - BAGE 99, 331).
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III. Die Kündigung ist nicht mangels Beteiligung eines für den Kläger zuständigen Personalrats nach § 78 Abs. 2 des Hessischen Personalvertretungsgesetzes vom 24. März 1988 (HPVG) unwirksam.
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1. Bei einer außerordentlichen Kündigung sieht § 78 Abs. 2 HPVG eine Anhörung des Personalrats vor. Soweit der Kläger das Unterbleiben einer Beteiligung nach § 77 HPVG gerügt hat, handelt es sich offensichtlich um eine Falschbezeichnung. § 77 Nr. 2 Buchst. i HPVG betrifft die Mitbestimmung bei ordentlichen Kündigungen (außerhalb der Probezeit). Eine Anhörung war im Streitfall nicht etwa nach § 104 Abs. 3 Satz 1 HPVG entbehrlich. Nach dieser Bestimmung entfallen zwar die Mitbestimmung und Mitwirkung des Personalrats in Personalangelegenheiten der in § 104 Abs. 1 HPVG genannten Orchestermitglieder. Das Beteiligungsrecht bei außerordentlichen Kündigungen wird aber als bloßes Anhörungsrecht von dem Ausschluss nicht erfasst (Burkholz HPVG 2. Aufl. § 104 zu 3.2; ders. in v.Roetteken/Rothländer HBR Stand Dezember 2010 § 104 HPVG Rn. 17).
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2. Indessen sind aus dem Parteivorbringen keine Umstände dafür ersichtlich, dass zum Zeitpunkt der Kündigung vom 21. Dezember 2006 ein Personalrat im Amt gewesen wäre, der nach § 78 Abs. 2 HPVG hätte angehört werden müssen.
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a) Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte habe, da in Wirklichkeit kein gemeinsamer Betrieb bestanden habe, nicht den für diesen gewählten Betriebsrat, sondern „den zuständigen Personalrat“ beteiligen müssen. Nach ihrem Vorbringen im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 23. Dezember 2004 hatte die Beklagte vor Ausspruch dieser Kündigung den Personalrat des „Restamts Städtische Bühnen“ angehört. Dabei handelte es sich um denjenigen Personalrat, der für die von der Beklagten zuvor als Eigenbetrieb geführten Städtischen Bühnen gewählt war. Im Konsens aller Beteiligten sollte dieser ein „Übergangsmandat“ für die bei der Beklagten beschäftigten Mitarbeiter bis zur Wahl eines eigenen Betriebsrats wahrnehmen (vgl. Hessisches LAG 19. Februar 2009 - 9 TaBV 202/08 - zu I der Gründe).
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b) Die Amtszeit dieses Personalrats hatte mit Ablauf des 31. August 2004 geendet. Auf die Frage, ob nicht bis zur Rechtskraft der die Betriebsratswahl vom Februar 2005 für ungültig erklärenden gerichtlichen Entscheidung ohnehin nur der für den - vermeintlichen - Gemeinschaftsbetrieb gebildete Betriebsrat zu beteiligen gewesen wäre, kommt es deshalb nicht an.
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aa) Das Amt des für den Eigenbetrieb gewählten Personalrats endete mit Ablauf des 31. August 2004. Der Eigenbetrieb als Dienststelle der Beklagten wurde durch die Überleitung des Betriebs auf die S GmbH mit Wirkung zum 1. September 2004 iSv. § 81 Abs. 2 HPVG aufgelöst. Im Falle einer Privatisierung endet das Amt des Personalrats (Fitting 25. Aufl. § 130 Rn. 10, 15). Die Änderung der Rechtsform des Trägers der Betriebsorganisation hat den Verlust der bisherigen personalvertretungsrechtlichen Repräsentation zur Folge (Fitting aaO Rn. 15). Die Überführung in eine privatrechtliche Trägerschaft stellt eine Auflösung der Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne dar (Burkholz HPVG 2. Aufl. § 1 zu 4 aE; Hohmann in v.Roetteken/Rothländer HBR Stand Dezember 2010 § 81 HPVG Rn. 276 mwN; v.Roetteken in v.Roetteken/Rothländer HBR Stand Dezember 2010 § 1 HPVG Rn. 158). Hieran ändert im Streitfall nichts, dass zusammen mit dem Kläger eine Vielzahl weiterer Arbeitnehmer der Überleitung ihrer Arbeitsverhältnisse auf die S GmbH widersprochen hatten. Damit blieben sie zwar Arbeitnehmer der Beklagten. Auch mag diese sie in einer Organisationseinheit „Restamt Städtische Bühnen“ zusammengefasst haben. Darin lag aber keine Aufrechterhaltung der Dienststelle des Eigenbetriebs „Städtische Bühnen“. Dieser war auf die S GmbH übergeleitet und damit aufgelöst worden. Dies ergibt sich auch aus einer Organisationsverfügung der Oberbürgermeisterin der Beklagten vom 28. September 2004. Ihr zufolge wurden die bisherigen Organisationseinheiten der Städtischen Bühnen mit Wirkung vom 1. September 2004 aufgelöst und gleichzeitig eine neue Organisationseinheit „Restamt Städtische Bühnen“ eingerichtet (vgl. die Entscheidung des BAG im Verfahren über die Anfechtung der Wahl des Betriebsrats im vermeintlichen Gemeinschaftsbetrieb vom 16. April 2008 - 7 ABR 4/07 - zu A der Gründe, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 32 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 7). Der Kläger behauptet nicht, dass für diese Organisationseinheit bis zum Ausspruch der Kündigung ein neuer Personalrat gewählt worden sei.
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bb) Der Personalrat der bisherigen Dienststelle „Städtische Bühnen“ blieb nicht deshalb über die Privatisierung zum 1. September 2004 hinaus im Amt, weil im Personalgestellungsvertrag zwischen der Beklagten und der S GmbH vom 1. April 2004 geregelt war, dass der Personalrat gemäß § 103 HPVG die zuständige Interessenvertretung für die gestellten Arbeitnehmer sei(vgl. Hessisches LAG 19. Februar 2009 - 9 TaBV 202/08 - zu I der Gründe). § 103 HPVG bestimmt, dass öffentliche Theater und selbständige Orchester Dienststellen im Sinne des HPVG sind. Diese gesetzliche Fiktion dient vor allem der Klarstellung (Burkholz in v.Roetteken/Rothländer HBR Stand Dezember 2010 § 103 HPVG Rn. 7). Zu den Folgen der Auflösung einer Dienststelle durch ihre Privatisierung verhält sich § 103 HPVG nicht. Durch vertragliche Vereinbarung wiederum kann der gesetzliche Anwendungsbereich des Personalvertretungsrechts nicht wirksam verändert werden.
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cc) Ein gesetzlich vorgesehenes Übergangsmandat des Personalrats, wie es zB für die Umwandlung eines Universitätsklinikums in § 98 Abs. 6 HPVG geregelt ist, bestand im Streitfall nicht. Wenn der Personalrat zur Schließung dieser möglichen Schutzlücke (vgl. dazu Fitting 25. Aufl. § 130 Rn. 15) ein Übergangsmandat für die bei der Beklagten beschäftigten Mitarbeiter wahrnahm (vgl. Hessisches LAG 19. Februar 2009 - 9 TaBV 202/08 -), dauerte dieses allenfalls bis zur Wahl des Betriebsrats, längstens sechs Monate (vgl. Fitting aaO Rn. 17). Zudem gilt ein Personalrat, der in Privatisierungsfällen ein Übergangsmandat wahrnimmt, als Betriebsrat und hat Rechte und Pflichten aus dem Betriebsverfassungs-, nicht dem Personalvertretungsgesetz (vgl. Fitting aaO Rn. 18 f.).
- 57
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3. Für die Anhörung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers war nicht ein bei der Beklagten errichteter Gesamtpersonalrat zuständig. Bei individuellen Maßnahmen ist der Gesamtpersonalrat, unabhängig von der Entscheidungsbefugnis des Dienststellenleiters, gem. § 83 Abs. 4 iVm. Abs. 1 und Abs. 2 HPVG unzuständig (Hohmann in v.Roetteken/Rothländer HBR Stand Dezember 2010 § 83 HPVG Rn. 96). Bei der Anhörung zu einer außerordentlichen Kündigung nach § 78 Abs. 2 HPVG gibt es zudem kein Stufenverfahren, so dass eine Beteiligung des Gesamtpersonalrats nach § 52 Abs. 2 HPVG ebenfalls nicht in Betracht kommt.
-
IV. Als unterlegene Partei hat der Kläger gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
-
Kreft
Schmitz-Scholemann
Rachor
Beckerle
B. Schipp
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 1. Dezember 2008 - 6 Sa 817/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.
- 2
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Der im Jahr 1967 geborene Kläger arbeitete seit dem 1. März 1989 bei der beklagten Stadt. Er war ab 2002 in der Einsatzzentrale des Eigenbetriebs WEB (Abfallwirtschaft und Stadtentwässerung) in der Einsatzsteuerung der Straßenreinigung und der Abfallsammlung tätig. Zum 1. Januar 2005 wurde die Straßenreinigung in den unselbständigen Eigenbetrieb SGW („Straße und Grün“ in W) eingegliedert. Nach dem Arbeitsvertrag vom 1. Februar 2002 erhielt er eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe VII BAT.
- 3
-
Anfang September 2006 erhielt die Beklagte den Hinweis, dass seit Mai 2006 regelmäßig einmal in der Woche in einer bestimmten Straße im „Einsatzbezirk 2“ Abfälle aus einem privaten Fahrzeug in ein Abfallsammelfahrzeug der Stadt umgeladen würden. Die Werksleitung beauftragte daraufhin eine Detektei mit Ermittlungen. Deren Mitarbeiter observierten in der Zeit vom 12. September bis zum 7. November 2006 das Entsorgungsteam des Einsatzbezirks 2. Sie stellten fest, dass in der betreffenden Straße regelmäßig von einem dort wartenden Geländewagen mit Anhänger Müll in die Abfallfahrzeuge W und WH umgeladen wurde, ohne dass der sich in Entsorgungsbehältern der Stadt befunden hätte. Halter und Eigentümer des Geländefahrzeugs samt Anhängers war der Kläger. Fahrer der Müllfahrzeuge war jeweils laut Einsatzplan der Vater des Klägers. Am 8. November 2006 übergab die Detektei der Beklagten ihren Bericht nebst Videoaufnahmen. Am 14. November 2006 hörte die Beklagte den Kläger zu den Vorwürfen an. Der Kläger bestätigte, Halter des Geländewagens und des Anhängers zu sein, erklärte aber, er teile sich diese mit zwei Freunden.
- 4
-
Mit Schreiben vom 16. November 2006 bat der Werksleiter des Eigenbetriebs SGW dessen Personalrat um die „Herstellung des Benehmens“ zur fristlosen Kündigung des Klägers. Dieses wurde am 21./22. November 2006 erzielt. Der Personalrat des Eigenbetriebs WEB und der Gesamtpersonalrat wurden nicht beteiligt.
- 5
-
Mit einem vom Oberbürgermeister unterzeichneten Schreiben vom 28. November 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos zum 30. November 2006.
- 6
-
Der Kläger hat Kündigungsschutzklage erhoben und geltend gemacht, es liege kein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung vor. Er habe sich an der „Schwarzentsorgung“ nicht beteiligt. Die Beklagte habe außerdem die zweiwöchige Frist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt. Sie habe seit dem 8. November 2006 von dem maßgeblichen Sachverhalt vollständige Kenntnis gehabt. Die Anhörung am 14. November 2006 habe nicht der Aufklärung weiterer Tatsachen gedient. Im Übrigen sei der falsche Personalrat beteiligt worden. Da er Angestellter der Beklagten und nicht des Eigenbetriebs SGW sei, habe der Gesamtpersonalrat beteiligt werden müssen.
-
Der Kläger hat beantragt
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. November 2006 nicht aufgelöst worden ist.
- 8
-
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beteiligung an illegaler Abfallentsorgung rechtfertigte die außerordentliche Kündigung. Der Kläger habe an mehreren Tagen bei verschiedenen Firmen Müll eingesammelt und von seinem Fahrzeug in eines ihrer Entsorgungsfahrzeuge umgeladen. Durch entgangene Entsorgungsgebühren, aufgewendete Personalkosten und die Kosten der Detektei sei ihr ein Schaden von mehr als 9.000,00 Euro entstanden. Da sie vor Ausspruch der Kündigung auch mögliche entlastende Gesichtspunkte habe ermitteln müssen, sei es erforderlich gewesen, den Kläger selbst anzuhören. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei deshalb gewahrt. Mit dem Personalrat des Eigenbetriebs SGW sei das zuständige Gremium beteiligt worden. Für die Mitarbeiter des Eigenbetriebs SGW treffe der Werksleiter die fraglichen Entscheidungen, ihm seien die personalrechtlichen Befugnisse übertragen worden.
-
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision hat keinen Erfolg. Es liegt ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 626 Abs. 1 BGB vor. Die Beklagte hat die fristlose Kündigung rechtzeitig iSd. § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen. Der zuständige Personalrat ist ordnungsgemäß beteiligt worden.
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I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers angenommen.
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1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
- 13
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2. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger durch seine mehrfache Beteiligung an der umfangreichen illegalen Entsorgung von privatem Müll mit Hilfe städtischer Müllfahrzeuge seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletzt hat. Der Kläger hat es an der nach § 241 Abs. 2 BGB gebotenen Rücksicht auf die berechtigten Interessen der Beklagten fehlen lassen und deren Vertrauen in seine Redlichkeit schwer verletzt. Durch sein Verhalten hat er der Beklagten nicht nur „Konkurrenz“ gemacht, sondern sie auch um Gebühreneinnahmen gebracht. Die Revision greift diese Würdigung nicht an. Dies gilt auch hinsichtlich der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts.
- 14
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II. Die außerordentliche Kündigung vom 28. November 2006 wurde innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt.
- 15
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1. Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann eine außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Diese Frist beginnt nach Abs. 2 Satz 2 der Norm mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Die Bestimmung ist ein gesetzlich konkretisierter Verwirkungstatbestand (Senat 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 23, AP BGB § 626 Nr. 213 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 21; 2. Februar 2006 - 2 AZR 57/05 - Rn. 18, AP BGB § 626 Nr. 204 = EzA BGB 2002 § 626 Ausschlussfrist Nr. 1). Ihr Ziel ist es, dem Arbeitnehmer rasch Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Kündigungsberechtigte einen bestimmten Sachverhalt zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung nimmt. Die Frist beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis von den maßgebenden Tatsachen hat und ihm deshalb eine fundierte Entscheidung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses möglich ist (Senat 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - aaO; 1. Februar 2007 - 2 AZR 333/06 - EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 3; 2. Februar 2006 - 2 AZR 57/05 - Rn. 19, aaO). Zu den maßgeblichen Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Solange diese dem Kündigungsberechtigten nicht umfassend bekannt sind, kann dessen Kündigungsrecht nicht verwirken (Senat 2. Februar 2006 - 2 AZR 57/05 - Rn. 21, aaO; 5. Dezember 2002 - 2 AZR 478/01 - AP BGB § 123 Nr. 63 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 1). Dabei gehören auch solche Aspekte zum Kündigungssachverhalt, die für den Arbeitnehmer sprechen. Sie lassen sich regelmäßig nicht ohne eine Anhörung des Arbeitnehmers erfassen (vgl. Senat 2. Februar 2006 - 2 AZR 57/05 - Rn. 21, aaO; BAG 14. November 1984 - 7 AZR 133/83 - zu II 4 der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 89; ErfK/Müller-Glöge 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 211; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 330; SPV/Preis 10. Aufl. Rn. 797 ff.). Der Kündigungsberechtigte, der bislang nur Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann deshalb nach pflichtgemäßem Ermessen weitere Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen beginnt(Senat 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - zu B I 3 der Gründe, AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 9; 10. Juni 1988 - 2 AZR 25/88 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 27 = EzA BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 2). Sind die Ermittlungen abgeschlossen und hat er eine hinreichende Kenntnis vom Kündigungssachverhalt, beginnt der Lauf der Ausschlussfrist. Unbeachtlich ist, ob die Ermittlungsmaßnahmen tatsächlich zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen haben oder überflüssig waren (Senat 5. Dezember 2002 - 2 AZR 478/01 - zu B I 3 c bb (1) der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 63 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 1).
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2. Danach war bei Kündigungszugang die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht abgelaufen.
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a) Zwar lagen der Beklagten am 8. November 2006 der Ermittlungsbericht und das Observierungsmaterial der Detektei vor. Die Beklagte durfte aber den Kläger noch zu dem Ermittlungsergebnis anhören. Eine solche Anhörung war nicht überflüssig. Zum einen war die Beklagte verpflichtet, die Umstände aufzuklären, die ggf. gegen eine außerordentliche Kündigung des Klägers sprachen. Zum anderen war der Umfang der Beteiligung des Klägers noch näher zu klären, weil bei der „Schwarzentsorgung“ mehrere Personen mit unterschiedlicher Intensität mitgewirkt hatten. Dies gilt umso mehr als der Kläger nicht auf allen Videoaufnahmen klar erkennbar und sein Pkw möglicherweise auch von anderen Beteiligten benutzt worden war. Erst nach einer Klärung dieser Umstände konnte aus Sicht der Beklagten der Kündigungssachverhalt als einigermaßen bekannt gelten. Vorher vermochte sie ihn nicht abschließend zu bewerten.
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b) Da die zweiwöchige Ausschlussfrist somit erst nach der Anhörung des Klägers am 14. November 2006 anlief, ist diesem die Kündigung am 28. November 2006 rechtzeitig zugegangen. Dabei spielt es keine Rolle, dass seine Anhörung zur Aufklärung des Sachverhalts nichts beigetragen hat.
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III. Mit dem Personalrat des Eigenbetriebs SGW ist das zuständige Gremium ordnungsgemäß beteiligt worden ist. Entgegen der Auffassung des Klägers war nicht der Gesamtpersonalrat zuständig.
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1. Nach § 75 Abs. 1 Nr. 3 NPersVG hat die Dienststelle bei einer außerordentlichen Kündigung das Benehmen mit dem Personalrat herzustellen. Dazu hat sie nach § 76 Abs. 1 Satz 1 NPersVG dem Personalrat vor Durchführung der Maßnahme Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Nach Satz 3 der Vorschrift gilt die beabsichtigte Maßnahme als gebilligt, wenn der Personalrat sich nicht innerhalb der Frist des Abs. 2 schriftlich unter Angabe von Gründen äußert.
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2. Nach § 76 Abs. 2 Satz 3 NPersVG ist eine ohne die Beteiligung nach Abs. 1 ausgesprochene Kündigung unwirksam; dies folgt überdies aus § 108 Abs. 2 BPersVG. Ohne die gesetzlich geforderte Beteiligung ist eine außerordentliche Kündigung auch dann unwirksam, wenn ein unzuständiger Personalrat beteiligt worden ist (Senat 28. Januar 2010 - 2 AZR 50/09 - Rn. 11, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 162 = EzA BPersVG § 108 Nr. 4; 12. Mai 2005 - 2 AZR 149/04 - zu B I 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 145 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 13).
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3. Die Beklagte hat mit dem Personalrat des Eigenbetriebs SGW den zuständigen Personalrat beteiligt.
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a) Nach § 79 Abs. 1 NPersVG hat die zur Entscheidung befugte Dienststelle in Angelegenheiten, die sie oder ihre Beschäftigten betreffen, den bei ihr gebildeten Personalrat zu beteiligen.
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aa) Dienststellen im Sinne des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes sind nach § 6 Abs. 1 seiner Regelungen ua. die einzelnen Behörden und die selbständigen Betriebe einschließlich der Eigenbetriebe. Danach bildet der - unselbständige - Eigenbetrieb SGW eine Dienststelle im Sinne dieser Norm.
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bb) Haben Gemeinden mehr als eine Dienststelle iSv. § 6 Abs. 1 NPersVG, wird nach § 49 Abs. 1 Satz 2 NPersVG ein Gesamtpersonalrat gebildet.
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b) Besteht neben dem örtlichen Personalrat ein Gesamtpersonalrat, ist dieser nach § 80 Abs. 1 NPersVG bei allen Maßnahmen zu beteiligen, für die die sog. Gesamtdienststelle zuständig ist und die nicht nur den Bereich einer einzelnen Dienststelle betreffen. Gemäß § 6 Abs. 3 NPersVG ist eine Gesamtdienststelle eine Dienststelle, die Nebenstellen oder sonstige Teile aufweist, deren Leitung zu bestimmten selbständigen Maßnahmen befugt ist, oder die räumlich weit von der Stammdienststelle entfernt liegen. Die personalrechtliche Funktion des Gesamtpersonalrats besteht darin, Lücken im System der Beteiligungsrechte zu schließen, die sich aus der personalvertretungsrechtlichen Verselbständigung von Dienststellen oder Teilen von Dienststellen ergeben (BAG 3. Februar 1982 - 7 AZR 791/79 - AP LPVG Bayern Art. 77 Nr. 1; Bieler/Müller-Fritzsche NPersVG 15. Aufl. § 80 Rn. 1).
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Eine Beteiligung des Gesamtpersonalrats kommt deshalb in Betracht, wenn eine Angelegenheit sowohl Beschäftigte der (Stamm-)Dienststelle als auch einen personalvertretungsrechtlich verselbständigten Teil einer Dienststelle oder wenn sie Beschäftigte in zwei Dienststellen betrifft (BVerwG 29. August 2005 - 6 PB 6.05 -; 20. August 2003 - 6 C 5.03 - zu 1 der Gründe, PersR 2004, 150). Letzteres ist dem Wortlaut des § 80 Abs. 1 NPersVG, der nur von Gesamt- und Stammdienststelle spricht, zwar nicht ausdrücklich zu entnehmen, folgt aber aus § 49 Abs. 1 Satz 2 NPersVG. Andernfalls ergäbe die Bildung eines Gesamtpersonalrats bei Gemeinden mit mehreren Dienststellen iSv. § 6 Abs. 1 NPersVG keinen Sinn. Das Gremium besäße dann keine Kompetenzen.
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Der Gesamtpersonalrat kann auch dann zu beteiligen sein, wenn es um eine Angelegenheit geht, in der nicht der Leiter der Einsatzdienststelle oder der betreffenden gemeindlichen Dienststelle, sondern der Leiter der Gesamt-/ Stammdienststelle bzw. die Behördenleitung über eine personelle Maßnahme zu entscheiden hat (vgl. Bayerischer VGH 16. Juli 2007 - 18 P 06.1918 - Rn. 27, PersV 2010, 28; OVG Nordrhein-Westfalen 1. Dezember 2005 - 1 A 2278/03.PVL - Rn. 31 u. 33). Die Beteiligungsbefugnis der Personalvertretung folgt der Entscheidungsbefugnis der Dienststellenleitung (BVerwG 7. August 1996 - 6 P 29/93 - zu II 2 a der Gründe, PersR 1996, 493). Eine Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats ist deshalb anzunehmen, wenn eine personelle Maßnahme zwar an sich nur den Bereich der Einsatzdienststelle oder der betreffenden gemeindlichen Dienststelle betrifft, die Entscheidung hierüber aber von der Leitung der Gesamt-/Stammdienststelle bzw. der Behördenleitung getroffen wird. Die Kompetenzverteilung zwischen Personalrat und Gesamtpersonalrat bestimmt sich nach der Entscheidungsbefugnis der Dienststellenleitung. Im Falle einer Kündigung ist deshalb maßgeblich, wem die Entlassungsbefugnis rechtlich zusteht, welche Leitung also insoweit die Arbeitgeberfunktion ausübt (Fricke/Dierßen/Otte/Sommer/Thommes NPersVG 3. Aufl. § 80 Rn. 2).
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c) Im Streitfall war nicht der Gesamtpersonalrat zuständig. Der Werksleiter des Eigenbetriebs SGW konnte über eine Kündigung der dort Beschäftigten entscheiden. Der Oberbürgermeister als Behördenleiter hatte ihm die entsprechende Befugnis wirksam übertragen.
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aa) Die Entscheidungsbefugnis der Dienststellen und des Dienststellenleiters ergibt sich aus dem Gesetz, aus Verordnungen, Satzungen, Verwaltungsvorschriften und Einzelverfügungen (Senat 22. August 1996 - 2 AZR 5/96 - zu II 2 a der Gründe, AP BPersVG § 82 Nr. 4; Dembowski/Ladwig/Sellmann Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen Stand Juli 2010 § 79 Rn. 4).
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bb) Die Kündigungsbefugnis der Betriebsleitung eines Eigenbetriebs folgt nicht unmittelbar aus dem Gesetz. Zwar führt nach § 113 Abs. 4 der Niedersächsischen Gemeindeordnung(NGO) die Leitung des Eigenbetriebs dessen „laufende Geschäfte“. Zu diesen gehören jedoch personelle Entscheidungen grundsätzlich nicht. Dies folgt aus § 3 Abs. 3 der Niedersächsischen Eigenbetriebsverordnung vom 15. August 1989 (Nds. GVBl. S. 318). Nach dieser Vorschrift kann die Satzung des Eigenbetriebs vorsehen, dass bestimmte personalrechtliche Befugnisse von der Werksleitung ausgeübt werden. Einer solchen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn die Wahrnehmung personalrechtlicher Kompetenzen ohnehin zu den „laufenden Geschäften“ iSv. § 113 Abs. 4 NGO zählte.
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cc) Die Kündigungsbefugnis des Betriebsleiters des Eigenbetriebs SGW ergibt sich aus der Satzung des Eigenbetriebs iVm. einer Dienstanweisung des Oberbürgermeisters.
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Gemäß § 113 Abs. 1 NGO hat die Gemeinde für ihre Eigenbetriebe Betriebssatzungen zu erlassen. Dies ist hier mit der Satzung für den „Eigenbetrieb ,Straße und Grün’ in W“ vom 24. November 2004 geschehen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 der Satzung leitet die Werksleitung den Eigenbetrieb selbständig und führt dessen laufende Geschäfte. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 der Satzung gehören - ersichtlich in Anwendung von § 3 Abs. 3 der Eigenbetriebsverordnung - zu den laufenden Geschäften „personalrechtliche Maßnahmen, soweit vom Oberbürgermeister beauftragt“. Mit seiner Dienstanweisung vom 13. Dezember 2004 hatte der Oberbürgermeister der Werksleitung die Entscheidung über personalrechtliche Maßnahmen übertragen.
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dd) Der Übertragung von personalrechtlichen Entscheidungsbefugnissen vom Oberbürgermeister auf die Leitung des Eigenbetriebs steht § 80 NGO nicht entgegen.
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(1) Nach § 80 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 NGO kann der Verwaltungsausschuss die Befugnis zur Entlassung von Arbeitnehmern allgemein oder für bestimmte Arbeitnehmergruppen auf die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister übertragen. Der Verwaltungsausschuss der Beklagten hat am 10. September 1973 eine solche Übertragung der Befugnis zur Entlassung von Angestellten bis zur VergGr. Vb BAT auf den Oberbürgermeister beschlossen.
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(2) Eine weitere Delegation vom Bürgermeister auf die Eigenbetriebsleitung schließt die NGO nicht aus. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die NGO in ihrem Fünften Teil allein das Verhältnis der drei Gemeindeorgane Rat, Verwaltungsausschuss und Bürgermeisterin/Bürgermeister zueinander regelt. Wenn der Verwaltungsausschuss nach § 80 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 NGO Kompetenzen an die Bürgermeisterin/den Bürgermeister abgibt, hat damit ein Gemeindeorgan zugunsten eines anderen Gemeindeorgans von einer entsprechenden kommunalverfassungsrechtlichen Befugnis Gebrauch gemacht. Welche Personen anschließend innerhalb des Organs „Bürgermeisterin“/„Bürgermeister“ - zu dem auch die kommunalen Eigenbetriebe zählen - mit der Wahrnehmung der übertragenen Kompetenz betraut werden, ist keine Angelegenheit der Kommunalverfassung mehr, sondern unterfällt der Organisationshoheit der Bürgermeisterin/des Bürgermeisters.
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Die rechtliche Unbedenklichkeit der Übertragung der Entlassungsbefugnis vom Oberbürgermeister auf die Betriebsleitung ergibt sich zum anderen aus § 3 Abs. 3 Eigenbetriebsverordnung, der eine Ausübung von personalrechtlichen Befugnissen durch die Werksleitung gerade zulässt, und dem Umstand, dass die Satzung des SGW, die eine solche Übertragungsmöglichkeit ausdrücklich vorsieht, gem. § 6 Abs. 1, § 40 Abs. 1 Nr. 4 NGO vom Rat als dem Hauptorgan der Gemeinde(§ 31 Abs. 1 Satz 1 NGO) selbst erlassen wurde.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
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Kreft
Eylert
Schmitz-Scholemann
Söller
A. Claes
Tenor
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1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 7. August 2009 - 19/3 Sa 575/08 - aufgehoben.
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2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 6. März 2008 - 19 Ca 9432/06 - abgeändert:
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Die Klage wird abgewiesen.
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3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über eine fristlose Verdachtskündigung.
- 2
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Der im Jahr 1961 geborene Kläger war bei der beklagten Stadt seit dem 1. September 1989 als Orchestermusiker (2. Hornist) gegen ein Bruttomonatsgehalt von zuletzt 4.580,79 Euro beschäftigt. Nach den anzuwendenden Bestimmungen des Tarifvertrags für Musiker in Kulturorchestern (TVK) sind Arbeitnehmer, die das 40. Lebensjahr vollendet haben und mehr als 15 Jahre beschäftigt sind, ordentlich nicht mehr kündbar.
- 3
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Ihren Eigenbetrieb der städtischen Bühnen leitete die Beklagte mit Wirkung zum 1. September 2004 auf die S GmbH (nachfolgend S GmbH) über. Der Kläger widersprach einem Übergang seines Arbeitsverhältnisses. In der Folge wies die Beklagte den Kläger - ebenso wie die übrigen Mitarbeiter, die einer Überleitung widersprochen hatten - aufgrund eines mit der S GmbH geschlossenen Personalgestellungsvertrags dieser zur Dienstausübung zu. Im Februar 2005 fand eine Betriebsratswahl für einen von der Beklagten und der S GmbH gemeinsam geführten Betrieb „Städtische Bühnen“ statt. In dem von der S GmbH eingeleiteten Wahlanfechtungsverfahren wurde der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Wahl rechtskräftig abgewiesen. Mit - weiterem - Beschluss vom 19. Februar 2009 erklärte das Hessische Landesarbeitsgericht die Wahl für „ungültig“.
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Der Kläger war mit einem Kollegen aus dem Orchester befreundet. Dieser hat zwei Töchter, geboren 1990 und 1994. Der Kläger berührte das ältere der Mädchen - damals fünf- bis sechsjährig - bei Besuchen im Haus des Freundes in den Jahren 1995 und 1996 unsittlich, das jüngere - damals acht bis neun Jahre alt - mehrmals bei Besuchen bei der inzwischen allein lebenden Mutter in den Jahren 2002 und 2003. Am 22. September 2004 erstattete die Mutter Anzeige. Gegen den Kläger wurde daraufhin ein Ermittlungsverfahren ua. wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern eingeleitet. Gegenstand des Verfahrens war auch der Vorwurf, der Kläger habe im Jahr 1994 ein weiteres, damals elf Jahre altes Mädchen sexuell missbraucht.
- 5
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Am 20. Oktober 2004 wurde die Beklagte durch den Vater der Mädchen über die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe informiert. In einem Gespräch der Beklagten mit den übrigen Hornbläsern am 22. November 2004 offenbarte einer der Musiker, dass sich der Kläger auch seinem Sohn unsittlich genähert habe und ein strafrechtliches Verfahren gegen Zahlung eines Bußgelds eingestellt worden sei. Er und andere Mitglieder der Stimmgruppe der Hornisten erklärten, mit dem Kläger nicht mehr zusammenarbeiten zu können.
- 6
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Am 13. Dezember 2004 hörte die Beklagte den Kläger zu den Vorwürfen an. Dieser bestritt deren Berechtigung. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2004 sprach die Beklagte eine auf den Verdacht der Tatbegehungen gestützte fristlose Kündigung aus. Der dagegen erhobenen Klage gab das Hessische Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 9. Oktober 2006 mit der Begründung - rechtskräftig - statt, dass die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt habe.
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Nachdem die Beklagte im Verlauf der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 9. Oktober 2006 erfahren hatte, dass gegen den Kläger Anklage erhoben worden war, bemühte sie sich vergeblich um Akteneinsicht. In einem Telefonat mit dem zuständigen Richter am 30. November 2006 erfuhr sie, dass die Anklageerhebung auf dem ihr bekannten Inhalt der Ermittlungsakte beruhe. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2006 lud sie den Kläger erneut zu einem Anhörungsgespräch am 11. Dezember 2006. Der Kläger teilte ihr am 8. Dezember 2006 mit, dass er nicht erscheinen werde. Nach Anhörung des - trotz Wahlanfechtung weiterhin amtierenden - Betriebsrats sprach die Beklagte am 21. Dezember 2006 erneut eine außerordentliche, fristlose Verdachtskündigung aus. Dagegen erhob der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage.
- 8
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei mangels Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Die Frist sei spätestens am 3. Dezember 2004 abgelaufen. Die Kündigung sei eine unzulässige Wiederholungskündigung. Die von ihm begangenen Straftaten könnten als außerdienstliches Verhalten die Kündigung ohnehin nicht rechtfertigen. Der Kläger hat bestritten, dass es zu einem Vertrauensverlust bei seinen Kollegen gekommen sei und seine Anwesenheit die künstlerische Qualität des Orchesters beeinträchtige. Seine sexuellen Neigungen seien seit Anfang der 90-er Jahre im Orchester bekannt gewesen. Er befinde sich seit 1992 in therapeutischer Behandlung. Deswegen bestehe keine Wiederholungsgefahr. Seine Taten seien Folge einer psychischen Disposition. Die Kündigung sei deshalb nach den Grundsätzen der krankheitsbedingten Kündigung zu beurteilen und mangels negativer Prognose unwirksam. Außerdem habe statt des Betriebsrats der zuständige Personalrat angehört werden müssen.
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Der Kläger hat beantragt
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festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 21. Dezember 2006 nicht beendet worden ist.
- 10
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, mit der Erhebung der Anklage sei ein wesentlicher Einschnitt im Strafverfahren verbunden gewesen. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei erneut in Gang gesetzt worden, als sie von der Anklageerhebung Kenntnis erhalten habe. Wegen des dringenden Verdachts der Begehung der fraglichen Straftaten sei die Kündigung auch materiell gerechtfertigt. Das Verhalten des Klägers weise einen hinreichenden dienstlichen Bezug auf. Das Vertrauensverhältnis zu den Mitgliedern des Orchesters, insbesondere zu den Hornbläsern, sei zerstört. Die Anwesenheit des Klägers beeinträchtige die künstlerische Qualität bei Proben und Vorstellungen. Die Neigungen des Klägers seien keineswegs allgemein im Orchester bekannt gewesen. Es bestehe ein unkalkulierbares Risiko, dass er wieder einschlägig auffällig werde. Im Hinblick darauf, dass sie in der Komparserie und im Rahmen von Praktika minderjährige Kinder beschäftige, sei ihr eine Weiterbeschäftigung nicht zuzumuten. Die Beteiligung des Personalrats sei nicht erforderlich gewesen.
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Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO)und zur Abweisung der Klage. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Beklagte habe die Frist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt(I.). Die Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Dies kann der Senat selbst entscheiden, da die maßgeblichen Tatsachen feststehen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB liegt vor(II.). Die Kündigung ist nicht mangels Anhörung des Personalrats unwirksam (III.).
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I. Die Kündigung vom 21. Dezember 2006 ist nicht nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Die Beklagte hat die gesetzliche Frist zur Erklärung der Kündigung gewahrt.
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1. Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.
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a) Dies ist dann der Fall, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht (Senat 25. November 2010 - 2 AZR 171/09 - Rn. 15 mwN, NZA-RR 2011, 177; 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 18, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7). Grob fahrlässige Unkenntnis ist insoweit ohne Bedeutung (Senat 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 9; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 319 mwN). Zu den maßgeblichen Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt (Senat 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - aaO). Solange er die zur Aufklärung des Sachverhalts nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen durchführt, läuft die Ausschlussfrist nicht an (Senat 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - zu B I 3 der Gründe, aaO). Um den Lauf der Frist nicht länger als notwendig hinauszuschieben, muss eine Anhörung allerdings innerhalb einer kurzen Frist erfolgen. Die Frist darf im Allgemeinen, und ohne dass besondere Umstände vorlägen, nicht mehr als eine Woche betragen (Senat 2. März 2006 - 2 AZR 46/05 - Rn. 24, BAGE 117, 168).
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b) Geht es um ein strafbares Verhalten des Arbeitnehmers, darf der Arbeitgeber den Aus- oder Fortgang des Ermittlungs- und Strafverfahrens abwarten und in dessen Verlauf zu einem nicht willkürlich gewählten Zeitpunkt kündigen (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 25, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7; 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 9; Bader/Bram/Dörner/Kriebel-Bader KSchG Stand Dezember 2010 § 626 BGB Rn. 77; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 321). Für den betreffenden Zeitpunkt bedarf es eines sachlichen Grundes. Wenn etwa der Kündigungsberechtigte neue Tatsachen erfahren oder neue Beweismittel erlangt hat und nunmehr einen - neuen - ausreichenden Erkenntnisstand für eine Kündigung zu haben glaubt, kann er dies zum Anlass für den Ausspruch der Kündigung nehmen (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 20, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7; 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 9).
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c) Der Arbeitgeber kann sich auch für die Überlegung, ob er eine Verdachtskündigung aussprechen soll, am Fortgang des Ermittlungs- und Strafverfahrens orientieren (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7). Dort gewonnene Erkenntnisse oder Handlungen der Strafverfolgungsbehörden können die Annahme verstärken, der Vertragspartner habe die Pflichtverletzung begangen (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - aaO; vgl. HaKo-Gieseler 3. Aufl. § 626 BGB Rn. 106; SPV/Preis 10. Aufl. Rn. 711). Eine solche den Verdacht intensivierende Wirkung kann auch die Erhebung der öffentlichen Klage haben (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - aaO; AnwK-ArbR/Bröhl 2. Aufl. Bd. 1 § 626 BGB Rn. 102; HaKo-Gieseler aaO; SPV/Preis aaO). Zwar kann die Erhebung der öffentlichen Klage für sich genommen keinen dringenden Verdacht im kündigungsrechtlichen Sinne begründen (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 27, aaO; 29. November 2007 - 2 AZR 724/06 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5). Sie bedeutet aber einen Einschnitt, der in der Lage ist, die anderweitig schon genährte Überzeugung des Arbeitgebers zu verstärken. Während die Einleitung des Ermittlungsverfahrens lediglich einen Anfangsverdacht erfordert, ist die Erhebung der öffentlichen Klage nach der Strafprozessordnung an das Bestehen eines „hinreichenden“ Verdachts gebunden. Der Verdacht erhält damit eine andere Qualität. Dies rechtfertigt es, die Erhebung der öffentlichen Klage als einen Umstand anzusehen, bei dessen Eintritt der Arbeitgeber einen sachlichen Grund hat, das Kündigungsverfahren einzuleiten (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - aaO; AnwK-ArbR/Bröhl aaO; HaKo-Gieseler aaO; SPV/Preis aaO).
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d) Der Arbeitgeber hat nicht nur zwei Möglichkeiten, dem sich mit der Zeit entwickelnden Zuwachs an Erkenntnissen durch eine außerordentliche Kündigung zu begegnen. Es gibt nicht lediglich zwei objektiv genau bestimmbare Zeitpunkte, zu denen die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen begönne: einen Zeitpunkt für den Ausspruch einer Verdachts-, einen weiteren für den Ausspruch einer Tatkündigung. Im Laufe des Aufklärungszeitraums kann es vielmehr mehrere Zeitpunkte geben, in denen der Verdacht „dringend“ genug ist, um eine Verdachtskündigung darauf zu stützen. Dabei steht dem Kündigungsberechtigten ein gewisser Beurteilungsspielraum zu (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 22 ff., AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7).
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e) Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt demnach erneut zu laufen, wenn der Arbeitgeber eine neue, den Verdacht der Tatbegehung verstärkende Tatsache zum Anlass für eine Kündigung nimmt. Eine den Verdacht verstärkende Tatsache kann die Anklageerhebung im Strafverfahren darstellen, selbst wenn sie nicht auf neuen Erkenntnissen beruht. Der Umstand, dass eine unbeteiligte Stelle mit weiterreichenden Ermittlungsmöglichkeiten, als sie dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen, einen hinreichenden Tatverdacht bejaht, ist geeignet, den gegen den Arbeitnehmer gehegten Verdacht zu verstärken. Der Arbeitgeber kann ihn auch dann zum Anlass für den Ausspruch einer Verdachtskündigung nehmen, wenn er eine solche schon zuvor erklärt hatte. Da die neuerliche Kündigung auf einem neuen, nämlich um die Tatsache der Anklageerhebung ergänzten Sachverhalt beruht, handelt es sich nicht etwa um eine unzulässige Wiederholungskündigung. Ebenso wenig ist das Recht, eine weitere Verdachtskündigung auszusprechen, mit dem Ausspruch einer ersten Verdachtskündigung verbraucht. Der Arbeitgeber hat sich dadurch, dass er eine Verdachtskündigung bereits vor Anklageerhebung ausgesprochen hat, auch nicht dahin gebunden, vor Ausspruch einer weiteren Kündigung den Ausgang des Ermittlungs- oder Strafverfahrens abzuwarten. Für die Annahme eines solchen Verzichts auf ein - noch nicht absehbares späteres - Kündigungsrecht gibt es keine Grundlage. Zwar bezieht sich der Verdacht jeweils auf dieselbe Tat, der zur Kündigung führende Sachverhalt ist aber gerade nicht identisch. Die zweite Kündigung stützt sich auf eine erweiterte, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB neu in Gang setzende Tatsachengrundlage.
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2. Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte mit Ausspruch der Kündigung am 21. Dezember 2006 die Frist gem. § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Diese begann am 8. Dezember 2006 erneut zu laufen. Die Kündigung vom 21. Dezember 2006 erfolgte innerhalb von zwei Wochen.
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a) Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB begann erneut in dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem die Beklagte vollständige Kenntnis davon erhielt, dass gegen den Kläger Anklage wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern eines Kollegen erhoben worden war und neue entlastende Gesichtspunkte nicht zu ermitteln waren. Der Verdacht bezieht sich zwar auf dieselbe Tat wie der, welcher der Kündigung vom 23. Dezember 2004 zugrunde lag. Der Sachverhalt ist aber deshalb nicht identisch, weil sich die Beklagte zusätzlich auf die Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft beruft.
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b) Vollständige positive Kenntnis von den den Verdacht verstärkenden Umständen hatte die Beklagte erst am 8. Dezember 2006. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte sie zwar bereits während der mündlichen Verhandlung am 9. Oktober 2006 Kenntnis davon erhalten, dass gegen den Kläger Anklage erhoben worden war. Sie hatte aber erst aufgrund des Gesprächs mit dem zuständigen Richter am 30. November 2006 erfahren, dass die Anklage auf dem ihr bekannten Inhalt der Ermittlungsakte beruhte und damit ua. die Vorwürfe zum Gegenstand hatte, die den von ihr gehegten Verdacht gegen den Kläger betrafen. Ihre vorausgegangenen Bemühungen, Akteneinsicht zu erhalten, waren erfolglos geblieben. Die Beklagte durfte anschließend dem Kläger Gelegenheit geben, neue entlastende Umstände vorzubringen. Mit der Einladung zu einem Anhörungstermin am 11. Dezember 2006 ist sie diese Maßnahme zur Aufklärung des Sachverhalts auch hinreichend zügig angegangen. Zwar war die dafür in der Regel zu veranschlagende Wochenfrist am 11. Dezember überschritten. Die Beklagte ging gleichwohl mit der gebotenen Eile vor. Der 30. November 2006 war ein Donnerstag. Das Einladungsschreiben vom 4. Dezember wurde am auf ihn folgenden zweiten Arbeitstag verfasst. Dies ist zumindest angesichts der Besonderheit, dass sie schon zuvor eine Verdachtskündigung ausgesprochen hatte und die Notwendigkeit einer weiteren Anhörung des Klägers damit nicht unmittelbar auf der Hand lag, nicht zu beanstanden. Dass die Beklagte den Termin erst auf eine weitere Woche später anberaumte, ist ihr ebenso wenig vorzuhalten. Sie berücksichtigte damit in angemessener Weise das Interesse des im Betrieb nicht mehr beschäftigten Klägers an einer Ankündigungszeit. Mit dem Erhalt von dessen Nachricht am 8. Dezember 2006, er werde den Anhörungstermin nicht wahrnehmen, stand sodann fest, dass sich neue entlastende Umstände durch eine Anhörung des Klägers nicht ergeben würden.
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II. Die Kündigung vom 21. Dezember 2006 beruht auf einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB.
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1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (st. Rspr., Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 626 Nr. 220).
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2. Der vom Landesarbeitsgericht festgestellte Sachverhalt des sexuellen Missbrauchs von Kindern eines Kollegen ist „an sich“ als wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB geeignet.
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a) Die Beklagte hat sich zur Rechtfertigung der Kündigung zwar nur auf einen entsprechenden Verdacht berufen. Obwohl der Verdacht eines pflichtwidrigen Verhaltens gegenüber dem Tatvorwurf einen eigenständigen Kündigungsgrund darstellt (st. Rspr., Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 23, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 55 mwN, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 8), stehen beide Gründe aber nicht beziehungslos nebeneinander. Wird die Kündigung mit dem Verdacht pflichtwidrigen Verhaltens begründet, steht indessen zur Überzeugung des Gerichts die Pflichtwidrigkeit tatsächlich fest, lässt dies die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Kündigung unberührt. Maßgebend ist allein der objektive Sachverhalt, wie er sich dem Gericht nach Parteivorbringen und ggf. Beweisaufnahme darstellt (Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 23, aaO ). Ergibt sich nach tatrichterlicher Würdigung das tatsächliche Vorliegen einer Pflichtwidrigkeit, ist das Gericht nicht gehindert, dies seiner Entscheidung zugrunde zu legen; es ist nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber sich während des Prozesses darauf berufen hat, er stütze die Kündigung auch auf die erwiesene Tat (Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 23, aaO; 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - mwN, aaO). Nichts anderes gilt für das Revisionsgericht, wenn das Berufungsgericht zwar nicht selbst geprüft hat, ob ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB gegeben ist, aber gem. § 559 Abs. 2 ZPO bindend festgestellt hat, dass die Pflichtwidrigkeit tatsächlich begangen wurde.
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b) Dies ist hier der Fall. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass der Kläger sowohl während mehrerer Besuche im Haus der Familie seines Kollegen in den Jahren 1995/1996 die ältere von dessen Töchtern, damals fünf- bis sechsjährig, unsittlich berührte als auch mehrmals in den Jahren 2002 und 2003 die jüngere Tochter, damals acht bis neun Jahre alt, anlässlich von Besuchen im Haus der inzwischen allein lebenden Ehefrau. Das Landesarbeitsgericht hat darüber hinaus festgestellt, dass ein weiterer Kollege der Beklagten während eines Gesprächs am 22. November 2004 mitgeteilt hatte, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Vorwurfs, dieser habe sich dem Sohn des Kollegen unsittlich genähert, sei eingestellt worden. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erklärten der betreffende Kollege und andere Mitglieder der Hornisten-Gruppe, mit dem Kläger wegen dieser Vorwürfe nicht mehr zusammenarbeiten zu können.
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c) Der Umstand, dass der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung ausschließlich zu einer beabsichtigten Verdachtskündigung gehört wurde, steht einer gerichtlichen Berücksichtigung des Geschehens als erwiesene Tat nicht entgegen. In diesem Zusammenhang bedarf es keiner Entscheidung, ob der ungültig gewählte, aber während des Wahlanfechtungsverfahrens weiter amtierende Betriebsrat überhaupt nach § 102 Abs. 1 BetrVG zu beteiligen war. Ausreichend ist jedenfalls, wenn dem Betriebsrat - ggf. im Rahmen zulässigen „Nachschiebens“ - diejenigen Umstände mitgeteilt worden sind, welche nicht nur den Tatverdacht, sondern zur Überzeugung des Gerichts auch den Tatvorwurf begründen (Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 24 mwN, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32). Bei dieser Sachlage ist dem Normzweck des § 102 Abs. 1 BetrVG auch durch eine Anhörung nur zur Verdachtskündigung Genüge getan. Dem Betriebsrat wird dadurch nichts vorenthalten. Die Mitteilung des Arbeitgebers, einem Arbeitnehmer solle schon und allein wegen des Verdachts einer pflichtwidrigen Handlung gekündigt werden, gibt ihm sogar weit stärkeren Anlass für ein umfassendes Tätigwerden als eine Anhörung wegen einer als erwiesen behaupteten Tat (Senat 3. April 1986 - 2 AZR 324/85 - zu II 1 c cc der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 18 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 63; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 217). Danach ist der Betriebsrat hier ausreichend unterrichtet worden. Die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen sind auch Gegenstand des Anhörungsschreibens vom 15. Dezember 2006.
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d) Eine schwere und schuldhafte Vertragspflichtverletzung kann ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sein. Das gilt auch für die Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten (Senat 12. März 2009 - 2 ABR 24/08 - Rn. 30, EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Arbeitnehmervertreter Nr. 1; 19. April 2007 - 2 AZR 78/06 - Rn. 28, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 77 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 8).
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e) Der Kläger hat seine Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB, auf die berechtigten Interessen der Beklagten Rücksicht zu nehmen, durch den sexuellen Missbrauch von Kindern eines Kollegen in erheblichem Maße verletzt. Darauf, ob sich aus § 5 Abs. 1 TVK aF noch weiter gehende Pflichten zur Rücksichtnahme ergaben, kommt es nicht an.
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aa) Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Diese Regelung dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks (Senat 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 19, NZA 2011, 112; 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 60 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 77). Der Arbeitnehmer ist auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen (Senat 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - aaO; 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - aaO). Die Pflicht zur Rücksichtnahme kann deshalb auch durch außerdienstliches Verhalten verletzt werden (vgl. ErfK/Müller-Glöge 11. Aufl. § 626 BGB Rn. 83). Allerdings kann ein außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers die berechtigten Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer grundsätzlich nur beeinträchtigen, wenn es einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit hat (Senat 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - aaO; 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 21, aaO). Das ist der Fall, wenn es negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat (Senat 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 22, aaO; 27. November 2008 - 2 AZR 98/07 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 90 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 4). Fehlt ein solcher Zusammenhang, scheidet eine Pflichtverletzung regelmäßig aus (Senat 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - aaO; 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 21, aaO; SPV/Preis Rn. 642).
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bb) Die von dem Kläger außerdienstlich begangenen Straftaten haben einen solchen Bezug zum Arbeitsverhältnis.
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(1) Dieser Bezug besteht zunächst darin, dass Opfer der Straftaten des Klägers die Kinder eines Kollegen waren.
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(2) Die von dem Kläger an den Kollegenkindern begangenen Sexualstraftaten hatten zudem negative Auswirkungen auf das betriebliche Miteinander. So haben mehrere Mitglieder der Stimmgruppe des Klägers in dem Gespräch am 22. November 2004 gegenüber der Beklagten erklärt, mit dem Kläger nicht mehr zusammenarbeiten zu können. Der Einwand des Klägers, in dem Orchester herrsche ohnehin keine Atmosphäre des Vertrauens, sondern eine Atmosphäre der Angst, ist unbeachtlich. Er ändert nichts daran, dass im vorliegenden Zusammenhang allein der Kläger für die Störung des Betriebsfriedens verantwortlich ist.
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cc) Die Straftaten des Klägers haben das kollegiale Miteinander und damit das Arbeitsverhältnis schwer belastet. Der Kläger hat das Vertrauen seines Kollegen und von dessen Familie wiederholt massiv missbraucht. Aus eben diesem Grund haben mehrere Kollegen aus seiner Stimmgruppe ausgeschlossen, mit ihm weiter zusammenarbeiten zu können.
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Der Kläger hat vorsätzlich gehandelt. Soweit er seine sexuellen Neigungen im Laufe des Rechtsstreits auf krankhafte Störungen zurückgeführt hat, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Der Kläger hat nicht behauptet, dass es ihm unmöglich gewesen sei, sein Verhalten zu steuern. Die Grundsätze einer personenbedingten Kündigung finden keine Anwendung.
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3. Die fristlose Kündigung ist bei Beachtung aller Umstände des vorliegenden Falls und nach Abwägung der widerstreitenden Interessen gerechtfertigt. Der Beklagten war es unzumutbar, den Kläger auch nur bis zum Ablauf einer - fiktiven - Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen.
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a) Obwohl das Landesarbeitsgericht - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - eine Interessenabwägung nicht vorgenommen hat, ist eine eigene Abwägung durch den Senat möglich. Der dem Berufungsgericht in der Rechtsprechung des Senats zugestandene Beurteilungsspielraum (vgl. Senat 11. Dezember 2003 - 2 AZR 36/03 - zu II 1 f der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 179 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 5) schränkt lediglich die revisionsrechtliche Überprüfung der Interessenabwägung ein. Hat das Berufungsgericht eine Interessenabwägung vorgenommen, ist - wenn sämtliche relevanten Tatsachen feststehen - eine eigene Interessenabwägung des Revisionsgerichts nur dann möglich, wenn die des Berufungsgerichts fehlerhaft oder unvollständig ist (vgl. Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 23. Juni 2009 - 2 AZR 103/08 - Rn. 35 f., AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17; 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 61, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Fehlt es indessen an einer Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts, ist es - wenn alle relevanten Tatsachen festgestellt sind - nicht erforderlich, dem Landesarbeitsgericht Gelegenheit zu geben, zunächst eine eigene Abwägung vorzunehmen. Die Prüfung der Voraussetzungen des wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB ist zwar in erster Linie Sache der Tatsacheninstanzen. Dennoch geht es um Rechtsanwendung, nicht um Tatsachenfeststellung (Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, aaO).
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b) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung - etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen -, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 26 mwN, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 30). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (st. Rspr., Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO; 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 45, AP BGB § 174 Nr. 20 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 7). Als mildere Reaktionen sind insbesondere Abmahnung und ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen - zu erreichen (Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, aaO; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 251 f. mwN).
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c) Danach ist die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 21. Dezember 2006 gerechtfertigt.
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aa) Der Kläger hat wiederholt die Kinder eines Kollegen sexuell missbraucht und dadurch bewirkt, dass sich mehrere Mitglieder seiner Stimmgruppe weigerten, mit ihm weiter zusammenzuarbeiten. Ohne erhebliche Auswirkungen auf den Betriebsfrieden war eine Mitwirkung des Klägers in seiner Stimmgruppe damit nicht mehr vorstellbar. Zwar war der betreffende Kollege zum Zeitpunkt der Kündigung bereits aus dem Orchester ausgeschieden. Der zweite betroffene Kollege und weitere Mitglieder, die an dem Gespräch am 22. November 2004 teilgenommen hatten, waren aber auch im Dezember 2006 noch beschäftigt. Unerheblich ist, ob die sexuellen Neigungen des Klägers schon länger im Orchester bekannt waren. Der Kläger hat nicht behauptet, es sei auch bekannt gewesen, dass er tatsächlich Straftaten an Kollegenkindern beging.
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bb) Für die Beklagte war es nicht zumutbar, den Kläger unter Inkaufnahme einer fortbestehenden Störung des Betriebsfriedens weiterzubeschäftigen. Anders als in einer Drucksituation, der kein Verhalten des Arbeitnehmers und kein personenbedingter Grund zugrunde liegt, war die Beklagte nicht gehalten, sich etwa schützend vor den Kläger zu stellen und zu versuchen, die Kollegen von ihrer Weigerung, weiter mit dem Kläger zusammenzuarbeiten, abzubringen (vgl. dazu Senat 19. Juni 1986 - 2 AZR 563/85 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 33 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 39). Der Kläger hatte durch sein Verhalten die Betriebsstörung vielmehr selbst herbeigeführt. Er hat das ihm von einem Kollegen und dessen Familie entgegengebrachte Vertrauen in schwerwiegender Weise mehrfach missbraucht. Dass auch anderen Kollegen angesichts dessen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr möglich erschien, ist objektiv nachvollziehbar. Sexueller Missbrauch von Kindern ist ein die Integrität der Opfer in schwerwiegender Weise verletzendes Delikt. Geschützt ist die Entwicklung der Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung (Fischer StGB 58. Aufl. § 176 Rn. 2 mwN). Äußere, fremdbestimmte Eingriffe in die kindliche Sexualität sind in besonderer Weise geeignet, diese Entwicklung zu stören. Die Tat birgt die Gefahr von nachhaltigen Schädigungen des Kindes (Fischer Rn. 36 mwN, aaO). Sie ist nach § 176 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht.
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cc) Einer vorherigen Abmahnung bedurfte es nicht. Angesichts der Schwere seiner Pflichtverletzungen war deren - auch nur erstmalige - Hinnahme durch die Beklagte offensichtlich ausgeschlossen (vgl. zu diesem Maßstab Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 37, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 23. Juni 2009 - 2 AZR 103/08 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17).
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dd) Nicht entscheidend ist, ob zu erwarten stand, der Kläger werde weiterhin sexuelle Straftaten an (Kollegen-)Kindern begehen. Die von dem Kläger vorgetragenen Therapiebemühungen und der Umstand, dass er strafrechtlich nur zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt wurde, rechtfertigen deshalb ebenso wenig eine andere Bewertung wie Gesichtspunkte der Resozialisierung. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Beklagte angesichts der Erklärungen von Mitgliedern der Stimmgruppe des Klägers davon ausgehen musste, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen diesem und seinen Kollegen nicht mehr zu erwarten war. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, nicht alle Orchestermusiker hätten sich geweigert, mit ihm zusammenzuarbeiten, kann die Richtigkeit dieser Behauptung dahinstehen. Der Kläger bestreitet nicht, dass mehrere Mitglieder seiner Stimmgruppe nicht mehr zu einer Zusammenarbeit bereit waren. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die musikalische Qualität von Proben oder Vorstellungen bei einer Weiterbeschäftigung des Klägers tatsächlich gelitten hätte. Der Beklagten war es angesichts der Taten des Klägers schon nicht zumutbar, von seinen Kollegen eine weitere Zusammenarbeit überhaupt zu fordern. Darauf, ob der Kläger im Dienst Kontakt zu Kindern hatte, kommt es ebenfalls nicht an.
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ee) An dem Ergebnis der Interessenabwägung ändert sich auch dann nichts, wenn die Behauptung des Klägers zutrifft, erst eine als Krankheit anzusehende Ausprägung seiner sexuellen Neigungen habe ihn straffällig werden lassen. Der Beklagten ist es auch unter dieser Voraussetzung nicht zuzumuten, von den Kollegen des Klägers die weitere Zusammenarbeit zu verlangen. Die durch das Verhalten des Klägers verursachte Störung des Betriebsfriedens wird dadurch nicht geringer.
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ff) Disziplinarrechtliche Maßstäbe zur Beurteilung von Dienstvergehen eines Beamten sind für den Streitfall ohne Bedeutung. Die Sachverhalte, die den vom Kläger herangezogenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen zugrunde liegen, sind zudem schon deshalb nicht vergleichbar, weil es dabei nicht um den Missbrauch von Kollegenkindern ging. Der Kläger will überdies aus dem Umstand, dass die Beklagte Opernaufführungen mit sexuellen Bezügen inszeniert, eine Bereitschaft zur Toleranz von Kindesmissbrauch ableiten. Dies ist abwegig. Soweit er darüber hinaus meint, seine Taten hätten einen Bezug zu seiner Tätigkeit als bildender Künstler, bleibt unklar, welchen Schluss er daraus ableitet. Er kann schwerlich gemeint haben, die Kunstfreiheit rechtfertige Kindesmissbrauch.
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gg) Beschäftigungsdauer und Lebensalter des Klägers rechtfertigen kein anderes Ergebnis. An der Schwere der Pflichtverletzungen und Störung des Betriebsfriedens ändern sie nichts.
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hh) Der Umstand, dass der Kläger ordentlich unkündbar war, hat auf die Interessenabwägung keinen gesonderten Einfluss. Ist es dem Arbeitgeber - wie hier - nicht zumutbar, den tariflich unkündbaren Arbeitnehmer bis zum Ablauf der „fiktiven“ Frist einer ordentlichen Beendigungskündigung weiterzubeschäftigen, ist eine außerordentliche fristlose Kündigung auch des tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers gerechtfertigt (Senat 10. Oktober 2002 - 2 AZR 418/01 - zu B I 5 b der Gründe, EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 1; 15. November 2001 - 2 AZR 605/00 - BAGE 99, 331).
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III. Die Kündigung ist nicht mangels Beteiligung eines für den Kläger zuständigen Personalrats nach § 78 Abs. 2 des Hessischen Personalvertretungsgesetzes vom 24. März 1988 (HPVG) unwirksam.
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1. Bei einer außerordentlichen Kündigung sieht § 78 Abs. 2 HPVG eine Anhörung des Personalrats vor. Soweit der Kläger das Unterbleiben einer Beteiligung nach § 77 HPVG gerügt hat, handelt es sich offensichtlich um eine Falschbezeichnung. § 77 Nr. 2 Buchst. i HPVG betrifft die Mitbestimmung bei ordentlichen Kündigungen (außerhalb der Probezeit). Eine Anhörung war im Streitfall nicht etwa nach § 104 Abs. 3 Satz 1 HPVG entbehrlich. Nach dieser Bestimmung entfallen zwar die Mitbestimmung und Mitwirkung des Personalrats in Personalangelegenheiten der in § 104 Abs. 1 HPVG genannten Orchestermitglieder. Das Beteiligungsrecht bei außerordentlichen Kündigungen wird aber als bloßes Anhörungsrecht von dem Ausschluss nicht erfasst (Burkholz HPVG 2. Aufl. § 104 zu 3.2; ders. in v.Roetteken/Rothländer HBR Stand Dezember 2010 § 104 HPVG Rn. 17).
- 51
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2. Indessen sind aus dem Parteivorbringen keine Umstände dafür ersichtlich, dass zum Zeitpunkt der Kündigung vom 21. Dezember 2006 ein Personalrat im Amt gewesen wäre, der nach § 78 Abs. 2 HPVG hätte angehört werden müssen.
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a) Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte habe, da in Wirklichkeit kein gemeinsamer Betrieb bestanden habe, nicht den für diesen gewählten Betriebsrat, sondern „den zuständigen Personalrat“ beteiligen müssen. Nach ihrem Vorbringen im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 23. Dezember 2004 hatte die Beklagte vor Ausspruch dieser Kündigung den Personalrat des „Restamts Städtische Bühnen“ angehört. Dabei handelte es sich um denjenigen Personalrat, der für die von der Beklagten zuvor als Eigenbetrieb geführten Städtischen Bühnen gewählt war. Im Konsens aller Beteiligten sollte dieser ein „Übergangsmandat“ für die bei der Beklagten beschäftigten Mitarbeiter bis zur Wahl eines eigenen Betriebsrats wahrnehmen (vgl. Hessisches LAG 19. Februar 2009 - 9 TaBV 202/08 - zu I der Gründe).
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b) Die Amtszeit dieses Personalrats hatte mit Ablauf des 31. August 2004 geendet. Auf die Frage, ob nicht bis zur Rechtskraft der die Betriebsratswahl vom Februar 2005 für ungültig erklärenden gerichtlichen Entscheidung ohnehin nur der für den - vermeintlichen - Gemeinschaftsbetrieb gebildete Betriebsrat zu beteiligen gewesen wäre, kommt es deshalb nicht an.
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aa) Das Amt des für den Eigenbetrieb gewählten Personalrats endete mit Ablauf des 31. August 2004. Der Eigenbetrieb als Dienststelle der Beklagten wurde durch die Überleitung des Betriebs auf die S GmbH mit Wirkung zum 1. September 2004 iSv. § 81 Abs. 2 HPVG aufgelöst. Im Falle einer Privatisierung endet das Amt des Personalrats (Fitting 25. Aufl. § 130 Rn. 10, 15). Die Änderung der Rechtsform des Trägers der Betriebsorganisation hat den Verlust der bisherigen personalvertretungsrechtlichen Repräsentation zur Folge (Fitting aaO Rn. 15). Die Überführung in eine privatrechtliche Trägerschaft stellt eine Auflösung der Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne dar (Burkholz HPVG 2. Aufl. § 1 zu 4 aE; Hohmann in v.Roetteken/Rothländer HBR Stand Dezember 2010 § 81 HPVG Rn. 276 mwN; v.Roetteken in v.Roetteken/Rothländer HBR Stand Dezember 2010 § 1 HPVG Rn. 158). Hieran ändert im Streitfall nichts, dass zusammen mit dem Kläger eine Vielzahl weiterer Arbeitnehmer der Überleitung ihrer Arbeitsverhältnisse auf die S GmbH widersprochen hatten. Damit blieben sie zwar Arbeitnehmer der Beklagten. Auch mag diese sie in einer Organisationseinheit „Restamt Städtische Bühnen“ zusammengefasst haben. Darin lag aber keine Aufrechterhaltung der Dienststelle des Eigenbetriebs „Städtische Bühnen“. Dieser war auf die S GmbH übergeleitet und damit aufgelöst worden. Dies ergibt sich auch aus einer Organisationsverfügung der Oberbürgermeisterin der Beklagten vom 28. September 2004. Ihr zufolge wurden die bisherigen Organisationseinheiten der Städtischen Bühnen mit Wirkung vom 1. September 2004 aufgelöst und gleichzeitig eine neue Organisationseinheit „Restamt Städtische Bühnen“ eingerichtet (vgl. die Entscheidung des BAG im Verfahren über die Anfechtung der Wahl des Betriebsrats im vermeintlichen Gemeinschaftsbetrieb vom 16. April 2008 - 7 ABR 4/07 - zu A der Gründe, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 32 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 7). Der Kläger behauptet nicht, dass für diese Organisationseinheit bis zum Ausspruch der Kündigung ein neuer Personalrat gewählt worden sei.
- 55
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bb) Der Personalrat der bisherigen Dienststelle „Städtische Bühnen“ blieb nicht deshalb über die Privatisierung zum 1. September 2004 hinaus im Amt, weil im Personalgestellungsvertrag zwischen der Beklagten und der S GmbH vom 1. April 2004 geregelt war, dass der Personalrat gemäß § 103 HPVG die zuständige Interessenvertretung für die gestellten Arbeitnehmer sei(vgl. Hessisches LAG 19. Februar 2009 - 9 TaBV 202/08 - zu I der Gründe). § 103 HPVG bestimmt, dass öffentliche Theater und selbständige Orchester Dienststellen im Sinne des HPVG sind. Diese gesetzliche Fiktion dient vor allem der Klarstellung (Burkholz in v.Roetteken/Rothländer HBR Stand Dezember 2010 § 103 HPVG Rn. 7). Zu den Folgen der Auflösung einer Dienststelle durch ihre Privatisierung verhält sich § 103 HPVG nicht. Durch vertragliche Vereinbarung wiederum kann der gesetzliche Anwendungsbereich des Personalvertretungsrechts nicht wirksam verändert werden.
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cc) Ein gesetzlich vorgesehenes Übergangsmandat des Personalrats, wie es zB für die Umwandlung eines Universitätsklinikums in § 98 Abs. 6 HPVG geregelt ist, bestand im Streitfall nicht. Wenn der Personalrat zur Schließung dieser möglichen Schutzlücke (vgl. dazu Fitting 25. Aufl. § 130 Rn. 15) ein Übergangsmandat für die bei der Beklagten beschäftigten Mitarbeiter wahrnahm (vgl. Hessisches LAG 19. Februar 2009 - 9 TaBV 202/08 -), dauerte dieses allenfalls bis zur Wahl des Betriebsrats, längstens sechs Monate (vgl. Fitting aaO Rn. 17). Zudem gilt ein Personalrat, der in Privatisierungsfällen ein Übergangsmandat wahrnimmt, als Betriebsrat und hat Rechte und Pflichten aus dem Betriebsverfassungs-, nicht dem Personalvertretungsgesetz (vgl. Fitting aaO Rn. 18 f.).
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3. Für die Anhörung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers war nicht ein bei der Beklagten errichteter Gesamtpersonalrat zuständig. Bei individuellen Maßnahmen ist der Gesamtpersonalrat, unabhängig von der Entscheidungsbefugnis des Dienststellenleiters, gem. § 83 Abs. 4 iVm. Abs. 1 und Abs. 2 HPVG unzuständig (Hohmann in v.Roetteken/Rothländer HBR Stand Dezember 2010 § 83 HPVG Rn. 96). Bei der Anhörung zu einer außerordentlichen Kündigung nach § 78 Abs. 2 HPVG gibt es zudem kein Stufenverfahren, so dass eine Beteiligung des Gesamtpersonalrats nach § 52 Abs. 2 HPVG ebenfalls nicht in Betracht kommt.
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IV. Als unterlegene Partei hat der Kläger gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
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Kreft
Schmitz-Scholemann
Rachor
Beckerle
B. Schipp
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
Tenor
Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, die Beteiligte zu 3. zu
entlassen.
1
G r ü n d e:
2I. Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Betriebsrates auf Entlassung der Beteiligten zu 3).
3Der Antragsteller (künftig: Betriebsrat) ist der in der Niederlassung Düsseldorf der Antragsgegnerin (künftig: Arbeitgeberin) gebildete Betriebsrat. Die Beteiligte zu 3) ist dort Arbeitnehmerin.
4Bei der Arbeitgeberin besteht ein Großraumbüro, welches sich die Arbeitnehmer der Abteilungen "Cash-Agenturinkasso Düsseldorf" und "Transport" teilen. Die Beteiligte zu 3) ist in der Abteilung "Cash-Agenturinkasso Düsseldorf" tätig.
5In einem Schreiben der Beteiligten zu 3) vom 11.05.2009 heißt es u.a.:
6"Ich bin besser, weil …
7Ich widerspreche oft Menschen und ihren Ansichten
8…
9Lieber sage ich mal jemandem meine Meinung, als feige zu sein.
10Ich zeige Aggressionen offen, statt diese voranderen zu verbergen.
11Ich war schon öfter mal in einen Rechtsstreit verwickelt.
12…"
13Für den gesamten Inhalt wird auf Blatt 92 und 93 der Gerichtsakte Bezug genommen.
14Die Arbeitgeberin erteilte der Beteiligten zu 3) am 25.04.2012 eine Abmahnung (Bl. 57 der Gerichtsakte) zu welcher diese eine Gegendarstellung abgab (Bl. 94 und 95 der Gerichtsakte). Zu einer weiteren Abmahnung vom 14.01.2013 (Bl. 58 der Gerichtsakte) gab die Beteiligte zu 3) ebenfalls eine Gegendarstellung ab (Bl. 96 und 97 der Gerichtsakte).
15Am 29.10.2014 kam es zu einem Vorfall zwischen der Beteiligten zu 3) und Herrn H.. Der genaue Hergang ist zwischen den Beteiligten umstritten. Für die von der Arbeitgeberin hierzu erteilte Abmahnung wird auf Blatt 59 und 60 der Gerichtsakte Bezug genommen.
16Am 06.01.2015 kam es zu einem zwischen den Beteiligten streitigen Vorfall zwischen der Beteiligten zu 3) und Frau T., den die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 07.01.2015 abmahnte (Bl. 89 der Gerichtsakte).
17Am 08.01.2015 erklärte die Arbeitgeberin der Beteiligten zu 3) eine außerordentliche Kündigung, die sie letztlich in dem hierzu geführten Kündigungsschutzverfahren (Arbeitsgericht Düsseldorf, 12 Ca 506/15) jedoch zurücknahm.
18Nach entsprechender Beschlussfassung forderte der Betriebsrat von der Arbeitgeberin mit E-Mail vom 08.01.2015 die Entlassung der Beteiligten zu 3).
19Mit E-Mail vom 29.04.2015 erklärte der Vorgesetzte Herr X., aufgrund Aggressivität der Beteiligten zu 3) die Verantwortung für die Unversehrtheit seiner Mitarbeiter nicht mehr übernehmen zu können. Für den Inhalt der E-Mail wird auf Blatt 29 der Gerichtsakte Bezug genommen.
20Der Betriebsrat forderte von der Arbeitgeberin mit E-Mail vom 29.04.2015 nach entsprechender Beschlussfassung erneut die Entlassung der Beteiligten zu 3). Für den Inhalt der E-Mail wird auf Blatt 31 der Gerichtsakte Bezug genommen.
21In einem Schreiben vom 03.05.2015 an den Betriebsrat erklärten mehrere Arbeitnehmer Angst vor der Beteiligten zu 3) zu haben. Für den Inhalt des Schreibens wird auf Blatt 28 der Gerichtsakte Bezug genommen.
22In einer E-Mail der Beteiligten zu 3) vom 23.06.2015 heißt es u.a.:
23"Wie Ihnen sicherlich vom Personalgespräch bekannt ist, wurde mein Arbeitsplatz ins EG verlegt, weil die Kollegen Angst vor mir haben.
24Bitte haben Sie Verständnis, dass ich den Kollegen das nicht zumuten möchte."
25Für den E-Mail-Verkehr im Übrigen wird auf Blatt 61 bis 64 der Gerichtsakte Bezug genommen.
26Der Betriebsrat behauptet, dass es vor etwa zwei Jahren zu einer Auseinandersetzung zwischen der Beteiligten zu 3) und ihrer Kollegin Frau T. kam. Frau L. habe ein Fenster öffnen wollen und habe sich hierfür an mit der Arbeitgeberin vereinbarte Lüftungszeiten gehalten. Die Beteiligte zu 3) sei hierauf wutentbrannt von ihrem Stuhl gesprungen und habe das Fenster wieder zugeknallt und sei ohne ein Wort zu sagen wieder zu ihrem Arbeitsplatz zurückgekehrt. Nachdem sich Frau L. für den Grund des Verhaltens erkundigte habe die Beteiligte zu 3) gesagte, sie "solle bloß aufpassen", sonst passiere "etwas"; man werde sich "draußen noch mal begegnen". Sie habe noch hinzugefügt, dass sie sich "bloß vorsehen" solle.
27Weiter behauptet der Betriebsrat, dass die Beteiligte zu 3) Herrn H. in der Vergangenheit bereits mehrfach gegenüber Kunden und Kollegen schlecht gemacht habe und habe im Hinblick auf die von ihm geleistete Arbeit unwahre Tatsachen behauptet. Unter Anderem habe sie gegenüber einem Kunden, für den Herr H. vertretungsweise zuständig war, behauptet, dass er die Kundenkonten "nicht konkret bearbeite" und im Allgemeinen in ihrer Abwesenheit "nichts richtig bearbeite". Diese Äußerungen habe sie auch gegenüber Kollegen anderer Abteilungen wiederholt.
28Zu dem Vorfall am 29.10.2014 behauptet der Betriebsrat, dass Herr H. ein Fenster in der Nähe seines Arbeitsplatzes öffnete, wobei er sich an die vereinbarten Lüftungszeiten hielt. Als die Beteiligte zu 3) das offene Fenster bemerkte habe sie ihn in aggressivem Tonfall aufgefordert das Fenster zu schließen. Herr H. sei dieser Aufforderung nicht nachgekommen und habe unter Hinweis auf die getroffene Vereinbarung zu den Lüftungszeiten gebeten, dass sich die Beteiligte zu 3) noch wenige Minuten geduldet. Diese habe ihn daraufhin mit voller Kraft am Handgelenk gepackt, um ihrer Aufforderung Nachdruck zu verleihen. Als sich Herr H. weigerte das Fenster zu schließen habe sie seine Hand vom Fenster weggerissen und das Fenster geschlossen. Auch nach einem erneuten Öffnen habe sie das Fenster wiederum verärgert zugeschlagen. Herr H. habe sich daraufhin nicht mehr getraut, das Fenster zu öffnen und habe seinen Arbeitsplatz verlassen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.
29Des Weiteren habe die Beteiligte zu 3) im Herbst 2014 bei einem Telefonat wahrheitswidrig gegenüber einem Kunden behauptet, dass Frau O. bei der Betreuung des betreffenden Kundenkontos "alles falsch mache". Darauf angesprochen sei es zu einem verbalen Angriff von der Beteiligten zu 3) auf T. gekommen, der auch Beschimpfungen beinhaltete.
30Weiter behauptet der Betriebsrat, dass im Dezember 2014 Frau T. die Beteiligte zu 3) sachlich auf eine Anweisung des Vorgesetzten Herrn X. hingewiesen habe betreffend die Auszahlung von Guthaben an Kunden. Hierauf habe die Beteiligte zu 3) sie wutentbrannt angeschrien.
31Zum 06.01.2015 behauptet der Betriebsrat, dass Frau T. nachmittags den Rollladen herunterfahren wollte, da sie sich von der hereinscheinenden Sonne geblendet fühlte, worauf die Beteiligte zu 3) mit einem Wutanfall reagiert hätte und aufgesprungen und auf sie zugestürmt sei und sie in aggressiver Weise angeschrien habe. Da sich Frau T. davon aber nicht abhalten ließ, den Schalter für die Rollläden zu betätigen, habe die Beteiligte zu 3) ihr mit voller Kraft auf den Arm geschlagen. Frau T. habe daraufhin den Vorgesetzten aufgesucht, um ihn als Vermittler einzuschalten. Währenddessen habe die Beteiligte zu 3) die Rollläden wieder nach oben gefahren. Nach ihrer Rückkehr habe Frau T. die Rollläden wieder herunterfahren wollen, worauf die Beteiligte zu 3) aufgesprungen sei, auf sie zustürmte und fest am Oberkörper und den Oberarmen gepackt und vom Schalter weggeschleudert habe.
32Der Betriebsrat beantragt,
331.der Beteiligten zu 2) aufzugeben, die Beteiligte zu 3) zu entlassen;
342.hilfsweise der Beteiligten zu 2) aufzugeben, die Beteiligte zu 3) in einen anderen Betrieb zu versetzen.
35Die Arbeitgeberin beantragt,
36den Antrag zurückzuweisen.
37Die Beteiligte zu 3) beantragt,
38den Antrag zurückzuweisen.
39Zu dem Vorfall vor etwa zwei Jahren behauptet die Beteiligte zu 3), dass sie aufgrund der geringen Temperaturen schon krank gewesen sei. Sie habe Frau L. darauf hingewiesen, dass das Fenster wegen des Raumklimasystems geschlossen bleiben müsse. Weder sei sie wutentbrannt aufgesprungen noch habe sie das Fenster zugeknallt. Sie sei lediglich bestimmt aufgetreten. Bedroht habe sie Frau L. nicht.
40Weiter behauptet sie, dass sie zwischen 2012 und 2013 lediglich eine schriftliche Beschwerde von der Agentur C. über Herrn H. erhalten und an Herrn X. weitergeleitet habe.
41Zu 29.10.2014 behauptet sie, dass als sie das geöffnete Fenster erblickte, Herrn H. im normalen Tonfall darum gebeten habe, dass Fenster zu schließen. Dieser habe provokativ lediglich entgegnet "Das Fenster bleibt auf!". Sie habe dann versucht das Fenster zu schließen, wobei sie lediglich das Fenster am Rahmen gehalten und kräftig zugezogen habe.
42Des Weiteren behauptet sie, dass sich im Herbst 2014 die Agentur I. ihr gegenüber über eine fehlerhafte Bearbeitung durch Frau T. beschwert habe. Diese Beschwerde habe sie bearbeitet und an Herrn I. weitergleitet. Ein Gespräch hierzu mit Frau T. sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt.
43Zum Vorfall im Dezember 2014 behauptet sie, dass sie Frau T. nicht angeschrien habe.
44Zu dem Vorfall am 06.01.2015 behauptet die Beteiligte zu 3), dass sie Frau T. weder geschlagen, noch angefasst noch sonst wie körperlich beeinflusst habe.
45Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen und die Terminsprotokolle Bezug genommen.
46Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H., L., T. und S.. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Kammersitzung vom 21.08.2015 Bezug genommen.
47II. Der zulässige Antrag ist begründet.
48Der Betriebsrat hat gegen die Arbeitgeberin einen Anspruch auf Entlassung der Beteiligten zu 3).
491. Es liegt ein wiederholtes gesetzwidriges Verhalten der Beteiligten zu 3) vor. Die Kammer ist nach der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Beteiligte zu 3) sowohl am 29.102.104 als auch am 06.01.2015 Körperverletzungen im Sinne des § 223 StGB beging, indem sie den Arm des Zeugen H. vom Fenster wegzog bzw. der Zeugin T. auf den Arm schlug.
50Die vernommenen Zeugen haben die vom Betriebsrat vorgetragenen und lediglich von der Beteiligten zu 3), nicht aber von der Arbeitgeberin bestrittenen Vorfälle jeweils im Wesentlichen übereinstimmend bestätigt.
51Die Aussagen waren insgesamt in sich schlüssig und sämtlich Zeugen haben detailreich die Vorfälle bestätigt. Zwar stimmten die Aussagen der Zeugen H. und L. nicht überein, soweit es den Ablauf nach der Auseinandersetzung betrifft, nämlich ob Herr H. nach dem Vorfall am 29.10.2014 seinen Arbeitsplatz verließ (so der Zeuge H.) oder am Arbeitsplatz verblieb (so die Zeugin L.). Insbesondere hatte die Zeugin L. an dieser Stelle aber auch erklärt, sich nicht sicher zu sein. Insgesamt hat sich ein stimmiges Gesamtbild ergeben und sämtliche Zeugen haben die Kammer überzeugt. Dem steht nicht entgegen, dass die Zeugen zum Teil Aufzeichnungen als Gedächtnisstütze nutzten. Die Vorfälle liegen zumindest fast acht Monate zurück, was sowohl die Notwendigkeit einer Gedächtnisstütze erklärt, als auch Abweichungen in kleineren Details.
52Beide Vorfälle stellen auch Körperverletzungen im Sinne des § 223 StGB dar. In beiden Fällen hat die Beteiligte zu 3) durch ihre Handlungen das körperliche Wohlbefinden der Zeugen H. und T. mehr als nur unerheblich beeinträchtigt. Bei der Zeugin T. ergibt sich dies bereits aus den verursachten Schmerzen, die bis zum Folgetag andauerten. Der Zeuge H. hat geschildert Herzrasen gehabt und sich sehr aufgeregt zu haben und dass er den Griff "gemerkt" habe. Jedenfalls liegt aber eine versuchte Körperverletzung durch die Beteiligte zu 3) vor, als sie den Arm wegzog, die lediglich durch das Nachgeben des Zeugen H. verhindert wurde.
532. Es ergibt sich auch eine ernstliche Störung des Betriebsfriedens. Die Zeugen haben ein aggressives Verhalten der Beteiligten zu 3) geschildert und insbesondere die Zeugin T. hat geschildert vor der Beteiligten zu 3) Angst zu haben und umgesetzt werden zu wollen, wenn diese in den Betrieb zurückkehrt.
54Auch der Antrag verschiedener Arbeitnehmer an den Betriebsrat vom 03.05.2015 verdeutlicht diese Störung des Betriebsfriedens ebenso wie die E-Mail des Vorgesetzten Herrn I. vom 29.04.2015. Beide beziehen sich auch auf die von den Zeugen bestätigten Vorfälle und verdeutlichen gemeinsam mit diesen Aussagen, eine berechtigte Sorge der Mitarbeiter und des Vorgesetzten vor weiteren Wutausbrüchen der Beteiligten zu 3) mit der Gefahr weiterer Körperverletzungen. Die Gefahr besteht insbesondere deshalb, weil der Vorfall vom 29.10.2014 abgemahnt worden ist und die Beteiligte zu 3) dies dennoch nicht zum Anlass genommen hat ein entsprechendes Verhalten zu unterlassen. Im Gegenteil, sie hat am 06.01.2015 sogar ein noch gesteigertes aggressives Verhalten gezeigt.
553. Die Vorfälle vom 29.10.2014 und 06.01.2015 stellen auch einen Kündigungsgrund dar. Zwar setzt § 104 BetrVG einen Kündigungsgrund voraus und schafft keinen neuen Kündigungsgrund (BAG, 15.05.1997 - 2 AZR 519/96, AP Nr. 1 zu § 104 BetrVG 1972) und es sind beide Vorfälle abgemahnt worden, weshalb die Arbeitgeberin auch die zunächst ausgesprochene Kündigung vom 08.01.2015 zurücknahm. Dennoch stehen die Abmahnungen einer erneuten Kündigung nicht entgegen. Wird ein Fehlverhalten abgemahnt, ist es als Kündigungsgrund zwar verbraucht und eine Kündigung kann nicht mehr hierauf alleine gestützt werden (BAG, 26.08.1993 - 2 AZR 159/93, AP 113 zu § 626 BGB). In der Abmahnung liegt jedoch lediglich ein konkludenter Verzicht des Arbeitgebers auf den Ausspruch einer Kündigung (BAG, 10.11.1988 - 2 AZR 215/88, AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 Abmahnung), der Kündigungsgrund selbst liegt mithin noch vor. Ein solcher Verzicht kann aber nicht von der Arbeitgeberin für den Betriebsrat erklärt werden, sondern kann nur für sie selbst gelten. Der Betriebsrat hat aber in keiner Weise einen Umstandsmoment geschaffen, aus dem ein Verzicht auf seine Rechte aus § 104 BetrVG abgeleitet werden könnte. Diese Rechte liefen aber letztlich leer, wenn ihm ein Verzicht der Arbeitgeberin zugerechnet würde. Das Recht des Betriebsrates aus § 104 BetrVG entstünde mit dem Vorliegen des Kündigungsgrundes und würde völlig unabhängig von Gründen die nicht in seiner Sphäre liegen beseitigt werden können. Dann ist aber der von Thüsing vertretenen Auffassung zuzustimmen, dass das Beschäftigungsverbot einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellt (Thüsing in Richardi, 14. Auflage 2014, § 104 Rdnr. 15). Dadurch wird auch kein neuer Kündigungsgrund geschaffen, sondern der bestehende Kündigungsgrund lediglich umgesetzt.
564. Es kommt auch keine Versetzung als mildere Maßnahme in Betracht. Die Störung des Betriebsfriedens ist in der Person der Beteiligten zu 3) begründet und würde nicht durch eine Versetzung beseitigt werden. Zwar finden die Vorfälle vom 29.10.2014 und 06.01.2015 ihre Ursache in der Diskussion über die Lüftung in dem Großraumbüro, in welchem die Beteiligte zu 3) ihre Arbeitsleistung bisher erbracht hat. Das von den Zeugen geschilderte aggressive Verhalten hat sich aber nicht alleine hierin erschöpft sondern es kam auch aus anderen Anlässen zu "Wutausbrüchen" der Beteiligten zu 3). In einem anderen Betrieb würde sich dies aber lediglich fortsetzen.
57RECHTSMITTELBELEHRUNG
58Gegen diesen Beschluss kann von der Arbeitgeberseite Beschwerde eingelegt werden.
59Für den Betriebsrat und die Beteiligte zu 3. ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.
60Die Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
61Landesarbeitsgericht Düsseldorf
62Ludwig-Erhard-Allee 21
6340227 Düsseldorf
64Fax: 0211 7770-2199
65eingegangen sein.
66Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
67Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
68Die Beschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
691.Rechtsanwälte,
702.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
713.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
72Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
73* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
74E.
75Beglaubigt
76T.Regierungsbeschäftigte
77als Urkundsbeamtin der
78Geschäftsstelle
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
Hat ein Arbeitnehmer durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen, den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich gestört, so kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung verlangen. Gibt das Arbeitsgericht einem Antrag des Betriebsrats statt, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Entlassung oder Versetzung durchzuführen, und führt der Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider nicht durch, so ist auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Entlassung oder Versetzung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
Hat ein Arbeitnehmer durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen, den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich gestört, so kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung verlangen. Gibt das Arbeitsgericht einem Antrag des Betriebsrats statt, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Entlassung oder Versetzung durchzuführen, und führt der Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider nicht durch, so ist auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Entlassung oder Versetzung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro.
Tenor
Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, die Beteiligte zu 3. zu
entlassen.
1
G r ü n d e:
2I. Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Betriebsrates auf Entlassung der Beteiligten zu 3).
3Der Antragsteller (künftig: Betriebsrat) ist der in der Niederlassung Düsseldorf der Antragsgegnerin (künftig: Arbeitgeberin) gebildete Betriebsrat. Die Beteiligte zu 3) ist dort Arbeitnehmerin.
4Bei der Arbeitgeberin besteht ein Großraumbüro, welches sich die Arbeitnehmer der Abteilungen "Cash-Agenturinkasso Düsseldorf" und "Transport" teilen. Die Beteiligte zu 3) ist in der Abteilung "Cash-Agenturinkasso Düsseldorf" tätig.
5In einem Schreiben der Beteiligten zu 3) vom 11.05.2009 heißt es u.a.:
6"Ich bin besser, weil …
7Ich widerspreche oft Menschen und ihren Ansichten
8…
9Lieber sage ich mal jemandem meine Meinung, als feige zu sein.
10Ich zeige Aggressionen offen, statt diese voranderen zu verbergen.
11Ich war schon öfter mal in einen Rechtsstreit verwickelt.
12…"
13Für den gesamten Inhalt wird auf Blatt 92 und 93 der Gerichtsakte Bezug genommen.
14Die Arbeitgeberin erteilte der Beteiligten zu 3) am 25.04.2012 eine Abmahnung (Bl. 57 der Gerichtsakte) zu welcher diese eine Gegendarstellung abgab (Bl. 94 und 95 der Gerichtsakte). Zu einer weiteren Abmahnung vom 14.01.2013 (Bl. 58 der Gerichtsakte) gab die Beteiligte zu 3) ebenfalls eine Gegendarstellung ab (Bl. 96 und 97 der Gerichtsakte).
15Am 29.10.2014 kam es zu einem Vorfall zwischen der Beteiligten zu 3) und Herrn H.. Der genaue Hergang ist zwischen den Beteiligten umstritten. Für die von der Arbeitgeberin hierzu erteilte Abmahnung wird auf Blatt 59 und 60 der Gerichtsakte Bezug genommen.
16Am 06.01.2015 kam es zu einem zwischen den Beteiligten streitigen Vorfall zwischen der Beteiligten zu 3) und Frau T., den die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 07.01.2015 abmahnte (Bl. 89 der Gerichtsakte).
17Am 08.01.2015 erklärte die Arbeitgeberin der Beteiligten zu 3) eine außerordentliche Kündigung, die sie letztlich in dem hierzu geführten Kündigungsschutzverfahren (Arbeitsgericht Düsseldorf, 12 Ca 506/15) jedoch zurücknahm.
18Nach entsprechender Beschlussfassung forderte der Betriebsrat von der Arbeitgeberin mit E-Mail vom 08.01.2015 die Entlassung der Beteiligten zu 3).
19Mit E-Mail vom 29.04.2015 erklärte der Vorgesetzte Herr X., aufgrund Aggressivität der Beteiligten zu 3) die Verantwortung für die Unversehrtheit seiner Mitarbeiter nicht mehr übernehmen zu können. Für den Inhalt der E-Mail wird auf Blatt 29 der Gerichtsakte Bezug genommen.
20Der Betriebsrat forderte von der Arbeitgeberin mit E-Mail vom 29.04.2015 nach entsprechender Beschlussfassung erneut die Entlassung der Beteiligten zu 3). Für den Inhalt der E-Mail wird auf Blatt 31 der Gerichtsakte Bezug genommen.
21In einem Schreiben vom 03.05.2015 an den Betriebsrat erklärten mehrere Arbeitnehmer Angst vor der Beteiligten zu 3) zu haben. Für den Inhalt des Schreibens wird auf Blatt 28 der Gerichtsakte Bezug genommen.
22In einer E-Mail der Beteiligten zu 3) vom 23.06.2015 heißt es u.a.:
23"Wie Ihnen sicherlich vom Personalgespräch bekannt ist, wurde mein Arbeitsplatz ins EG verlegt, weil die Kollegen Angst vor mir haben.
24Bitte haben Sie Verständnis, dass ich den Kollegen das nicht zumuten möchte."
25Für den E-Mail-Verkehr im Übrigen wird auf Blatt 61 bis 64 der Gerichtsakte Bezug genommen.
26Der Betriebsrat behauptet, dass es vor etwa zwei Jahren zu einer Auseinandersetzung zwischen der Beteiligten zu 3) und ihrer Kollegin Frau T. kam. Frau L. habe ein Fenster öffnen wollen und habe sich hierfür an mit der Arbeitgeberin vereinbarte Lüftungszeiten gehalten. Die Beteiligte zu 3) sei hierauf wutentbrannt von ihrem Stuhl gesprungen und habe das Fenster wieder zugeknallt und sei ohne ein Wort zu sagen wieder zu ihrem Arbeitsplatz zurückgekehrt. Nachdem sich Frau L. für den Grund des Verhaltens erkundigte habe die Beteiligte zu 3) gesagte, sie "solle bloß aufpassen", sonst passiere "etwas"; man werde sich "draußen noch mal begegnen". Sie habe noch hinzugefügt, dass sie sich "bloß vorsehen" solle.
27Weiter behauptet der Betriebsrat, dass die Beteiligte zu 3) Herrn H. in der Vergangenheit bereits mehrfach gegenüber Kunden und Kollegen schlecht gemacht habe und habe im Hinblick auf die von ihm geleistete Arbeit unwahre Tatsachen behauptet. Unter Anderem habe sie gegenüber einem Kunden, für den Herr H. vertretungsweise zuständig war, behauptet, dass er die Kundenkonten "nicht konkret bearbeite" und im Allgemeinen in ihrer Abwesenheit "nichts richtig bearbeite". Diese Äußerungen habe sie auch gegenüber Kollegen anderer Abteilungen wiederholt.
28Zu dem Vorfall am 29.10.2014 behauptet der Betriebsrat, dass Herr H. ein Fenster in der Nähe seines Arbeitsplatzes öffnete, wobei er sich an die vereinbarten Lüftungszeiten hielt. Als die Beteiligte zu 3) das offene Fenster bemerkte habe sie ihn in aggressivem Tonfall aufgefordert das Fenster zu schließen. Herr H. sei dieser Aufforderung nicht nachgekommen und habe unter Hinweis auf die getroffene Vereinbarung zu den Lüftungszeiten gebeten, dass sich die Beteiligte zu 3) noch wenige Minuten geduldet. Diese habe ihn daraufhin mit voller Kraft am Handgelenk gepackt, um ihrer Aufforderung Nachdruck zu verleihen. Als sich Herr H. weigerte das Fenster zu schließen habe sie seine Hand vom Fenster weggerissen und das Fenster geschlossen. Auch nach einem erneuten Öffnen habe sie das Fenster wiederum verärgert zugeschlagen. Herr H. habe sich daraufhin nicht mehr getraut, das Fenster zu öffnen und habe seinen Arbeitsplatz verlassen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.
29Des Weiteren habe die Beteiligte zu 3) im Herbst 2014 bei einem Telefonat wahrheitswidrig gegenüber einem Kunden behauptet, dass Frau O. bei der Betreuung des betreffenden Kundenkontos "alles falsch mache". Darauf angesprochen sei es zu einem verbalen Angriff von der Beteiligten zu 3) auf T. gekommen, der auch Beschimpfungen beinhaltete.
30Weiter behauptet der Betriebsrat, dass im Dezember 2014 Frau T. die Beteiligte zu 3) sachlich auf eine Anweisung des Vorgesetzten Herrn X. hingewiesen habe betreffend die Auszahlung von Guthaben an Kunden. Hierauf habe die Beteiligte zu 3) sie wutentbrannt angeschrien.
31Zum 06.01.2015 behauptet der Betriebsrat, dass Frau T. nachmittags den Rollladen herunterfahren wollte, da sie sich von der hereinscheinenden Sonne geblendet fühlte, worauf die Beteiligte zu 3) mit einem Wutanfall reagiert hätte und aufgesprungen und auf sie zugestürmt sei und sie in aggressiver Weise angeschrien habe. Da sich Frau T. davon aber nicht abhalten ließ, den Schalter für die Rollläden zu betätigen, habe die Beteiligte zu 3) ihr mit voller Kraft auf den Arm geschlagen. Frau T. habe daraufhin den Vorgesetzten aufgesucht, um ihn als Vermittler einzuschalten. Währenddessen habe die Beteiligte zu 3) die Rollläden wieder nach oben gefahren. Nach ihrer Rückkehr habe Frau T. die Rollläden wieder herunterfahren wollen, worauf die Beteiligte zu 3) aufgesprungen sei, auf sie zustürmte und fest am Oberkörper und den Oberarmen gepackt und vom Schalter weggeschleudert habe.
32Der Betriebsrat beantragt,
331.der Beteiligten zu 2) aufzugeben, die Beteiligte zu 3) zu entlassen;
342.hilfsweise der Beteiligten zu 2) aufzugeben, die Beteiligte zu 3) in einen anderen Betrieb zu versetzen.
35Die Arbeitgeberin beantragt,
36den Antrag zurückzuweisen.
37Die Beteiligte zu 3) beantragt,
38den Antrag zurückzuweisen.
39Zu dem Vorfall vor etwa zwei Jahren behauptet die Beteiligte zu 3), dass sie aufgrund der geringen Temperaturen schon krank gewesen sei. Sie habe Frau L. darauf hingewiesen, dass das Fenster wegen des Raumklimasystems geschlossen bleiben müsse. Weder sei sie wutentbrannt aufgesprungen noch habe sie das Fenster zugeknallt. Sie sei lediglich bestimmt aufgetreten. Bedroht habe sie Frau L. nicht.
40Weiter behauptet sie, dass sie zwischen 2012 und 2013 lediglich eine schriftliche Beschwerde von der Agentur C. über Herrn H. erhalten und an Herrn X. weitergeleitet habe.
41Zu 29.10.2014 behauptet sie, dass als sie das geöffnete Fenster erblickte, Herrn H. im normalen Tonfall darum gebeten habe, dass Fenster zu schließen. Dieser habe provokativ lediglich entgegnet "Das Fenster bleibt auf!". Sie habe dann versucht das Fenster zu schließen, wobei sie lediglich das Fenster am Rahmen gehalten und kräftig zugezogen habe.
42Des Weiteren behauptet sie, dass sich im Herbst 2014 die Agentur I. ihr gegenüber über eine fehlerhafte Bearbeitung durch Frau T. beschwert habe. Diese Beschwerde habe sie bearbeitet und an Herrn I. weitergleitet. Ein Gespräch hierzu mit Frau T. sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt.
43Zum Vorfall im Dezember 2014 behauptet sie, dass sie Frau T. nicht angeschrien habe.
44Zu dem Vorfall am 06.01.2015 behauptet die Beteiligte zu 3), dass sie Frau T. weder geschlagen, noch angefasst noch sonst wie körperlich beeinflusst habe.
45Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen und die Terminsprotokolle Bezug genommen.
46Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H., L., T. und S.. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Kammersitzung vom 21.08.2015 Bezug genommen.
47II. Der zulässige Antrag ist begründet.
48Der Betriebsrat hat gegen die Arbeitgeberin einen Anspruch auf Entlassung der Beteiligten zu 3).
491. Es liegt ein wiederholtes gesetzwidriges Verhalten der Beteiligten zu 3) vor. Die Kammer ist nach der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Beteiligte zu 3) sowohl am 29.102.104 als auch am 06.01.2015 Körperverletzungen im Sinne des § 223 StGB beging, indem sie den Arm des Zeugen H. vom Fenster wegzog bzw. der Zeugin T. auf den Arm schlug.
50Die vernommenen Zeugen haben die vom Betriebsrat vorgetragenen und lediglich von der Beteiligten zu 3), nicht aber von der Arbeitgeberin bestrittenen Vorfälle jeweils im Wesentlichen übereinstimmend bestätigt.
51Die Aussagen waren insgesamt in sich schlüssig und sämtlich Zeugen haben detailreich die Vorfälle bestätigt. Zwar stimmten die Aussagen der Zeugen H. und L. nicht überein, soweit es den Ablauf nach der Auseinandersetzung betrifft, nämlich ob Herr H. nach dem Vorfall am 29.10.2014 seinen Arbeitsplatz verließ (so der Zeuge H.) oder am Arbeitsplatz verblieb (so die Zeugin L.). Insbesondere hatte die Zeugin L. an dieser Stelle aber auch erklärt, sich nicht sicher zu sein. Insgesamt hat sich ein stimmiges Gesamtbild ergeben und sämtliche Zeugen haben die Kammer überzeugt. Dem steht nicht entgegen, dass die Zeugen zum Teil Aufzeichnungen als Gedächtnisstütze nutzten. Die Vorfälle liegen zumindest fast acht Monate zurück, was sowohl die Notwendigkeit einer Gedächtnisstütze erklärt, als auch Abweichungen in kleineren Details.
52Beide Vorfälle stellen auch Körperverletzungen im Sinne des § 223 StGB dar. In beiden Fällen hat die Beteiligte zu 3) durch ihre Handlungen das körperliche Wohlbefinden der Zeugen H. und T. mehr als nur unerheblich beeinträchtigt. Bei der Zeugin T. ergibt sich dies bereits aus den verursachten Schmerzen, die bis zum Folgetag andauerten. Der Zeuge H. hat geschildert Herzrasen gehabt und sich sehr aufgeregt zu haben und dass er den Griff "gemerkt" habe. Jedenfalls liegt aber eine versuchte Körperverletzung durch die Beteiligte zu 3) vor, als sie den Arm wegzog, die lediglich durch das Nachgeben des Zeugen H. verhindert wurde.
532. Es ergibt sich auch eine ernstliche Störung des Betriebsfriedens. Die Zeugen haben ein aggressives Verhalten der Beteiligten zu 3) geschildert und insbesondere die Zeugin T. hat geschildert vor der Beteiligten zu 3) Angst zu haben und umgesetzt werden zu wollen, wenn diese in den Betrieb zurückkehrt.
54Auch der Antrag verschiedener Arbeitnehmer an den Betriebsrat vom 03.05.2015 verdeutlicht diese Störung des Betriebsfriedens ebenso wie die E-Mail des Vorgesetzten Herrn I. vom 29.04.2015. Beide beziehen sich auch auf die von den Zeugen bestätigten Vorfälle und verdeutlichen gemeinsam mit diesen Aussagen, eine berechtigte Sorge der Mitarbeiter und des Vorgesetzten vor weiteren Wutausbrüchen der Beteiligten zu 3) mit der Gefahr weiterer Körperverletzungen. Die Gefahr besteht insbesondere deshalb, weil der Vorfall vom 29.10.2014 abgemahnt worden ist und die Beteiligte zu 3) dies dennoch nicht zum Anlass genommen hat ein entsprechendes Verhalten zu unterlassen. Im Gegenteil, sie hat am 06.01.2015 sogar ein noch gesteigertes aggressives Verhalten gezeigt.
553. Die Vorfälle vom 29.10.2014 und 06.01.2015 stellen auch einen Kündigungsgrund dar. Zwar setzt § 104 BetrVG einen Kündigungsgrund voraus und schafft keinen neuen Kündigungsgrund (BAG, 15.05.1997 - 2 AZR 519/96, AP Nr. 1 zu § 104 BetrVG 1972) und es sind beide Vorfälle abgemahnt worden, weshalb die Arbeitgeberin auch die zunächst ausgesprochene Kündigung vom 08.01.2015 zurücknahm. Dennoch stehen die Abmahnungen einer erneuten Kündigung nicht entgegen. Wird ein Fehlverhalten abgemahnt, ist es als Kündigungsgrund zwar verbraucht und eine Kündigung kann nicht mehr hierauf alleine gestützt werden (BAG, 26.08.1993 - 2 AZR 159/93, AP 113 zu § 626 BGB). In der Abmahnung liegt jedoch lediglich ein konkludenter Verzicht des Arbeitgebers auf den Ausspruch einer Kündigung (BAG, 10.11.1988 - 2 AZR 215/88, AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 Abmahnung), der Kündigungsgrund selbst liegt mithin noch vor. Ein solcher Verzicht kann aber nicht von der Arbeitgeberin für den Betriebsrat erklärt werden, sondern kann nur für sie selbst gelten. Der Betriebsrat hat aber in keiner Weise einen Umstandsmoment geschaffen, aus dem ein Verzicht auf seine Rechte aus § 104 BetrVG abgeleitet werden könnte. Diese Rechte liefen aber letztlich leer, wenn ihm ein Verzicht der Arbeitgeberin zugerechnet würde. Das Recht des Betriebsrates aus § 104 BetrVG entstünde mit dem Vorliegen des Kündigungsgrundes und würde völlig unabhängig von Gründen die nicht in seiner Sphäre liegen beseitigt werden können. Dann ist aber der von Thüsing vertretenen Auffassung zuzustimmen, dass das Beschäftigungsverbot einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellt (Thüsing in Richardi, 14. Auflage 2014, § 104 Rdnr. 15). Dadurch wird auch kein neuer Kündigungsgrund geschaffen, sondern der bestehende Kündigungsgrund lediglich umgesetzt.
564. Es kommt auch keine Versetzung als mildere Maßnahme in Betracht. Die Störung des Betriebsfriedens ist in der Person der Beteiligten zu 3) begründet und würde nicht durch eine Versetzung beseitigt werden. Zwar finden die Vorfälle vom 29.10.2014 und 06.01.2015 ihre Ursache in der Diskussion über die Lüftung in dem Großraumbüro, in welchem die Beteiligte zu 3) ihre Arbeitsleistung bisher erbracht hat. Das von den Zeugen geschilderte aggressive Verhalten hat sich aber nicht alleine hierin erschöpft sondern es kam auch aus anderen Anlässen zu "Wutausbrüchen" der Beteiligten zu 3). In einem anderen Betrieb würde sich dies aber lediglich fortsetzen.
57RECHTSMITTELBELEHRUNG
58Gegen diesen Beschluss kann von der Arbeitgeberseite Beschwerde eingelegt werden.
59Für den Betriebsrat und die Beteiligte zu 3. ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.
60Die Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
61Landesarbeitsgericht Düsseldorf
62Ludwig-Erhard-Allee 21
6340227 Düsseldorf
64Fax: 0211 7770-2199
65eingegangen sein.
66Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
67Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
68Die Beschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
691.Rechtsanwälte,
702.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
713.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
72Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
73* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
74E.
75Beglaubigt
76T.Regierungsbeschäftigte
77als Urkundsbeamtin der
78Geschäftsstelle
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
Tenor
Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, die Beteiligte zu 3. zu
entlassen.
1
G r ü n d e:
2I. Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Betriebsrates auf Entlassung der Beteiligten zu 3).
3Der Antragsteller (künftig: Betriebsrat) ist der in der Niederlassung Düsseldorf der Antragsgegnerin (künftig: Arbeitgeberin) gebildete Betriebsrat. Die Beteiligte zu 3) ist dort Arbeitnehmerin.
4Bei der Arbeitgeberin besteht ein Großraumbüro, welches sich die Arbeitnehmer der Abteilungen "Cash-Agenturinkasso Düsseldorf" und "Transport" teilen. Die Beteiligte zu 3) ist in der Abteilung "Cash-Agenturinkasso Düsseldorf" tätig.
5In einem Schreiben der Beteiligten zu 3) vom 11.05.2009 heißt es u.a.:
6"Ich bin besser, weil …
7Ich widerspreche oft Menschen und ihren Ansichten
8…
9Lieber sage ich mal jemandem meine Meinung, als feige zu sein.
10Ich zeige Aggressionen offen, statt diese voranderen zu verbergen.
11Ich war schon öfter mal in einen Rechtsstreit verwickelt.
12…"
13Für den gesamten Inhalt wird auf Blatt 92 und 93 der Gerichtsakte Bezug genommen.
14Die Arbeitgeberin erteilte der Beteiligten zu 3) am 25.04.2012 eine Abmahnung (Bl. 57 der Gerichtsakte) zu welcher diese eine Gegendarstellung abgab (Bl. 94 und 95 der Gerichtsakte). Zu einer weiteren Abmahnung vom 14.01.2013 (Bl. 58 der Gerichtsakte) gab die Beteiligte zu 3) ebenfalls eine Gegendarstellung ab (Bl. 96 und 97 der Gerichtsakte).
15Am 29.10.2014 kam es zu einem Vorfall zwischen der Beteiligten zu 3) und Herrn H.. Der genaue Hergang ist zwischen den Beteiligten umstritten. Für die von der Arbeitgeberin hierzu erteilte Abmahnung wird auf Blatt 59 und 60 der Gerichtsakte Bezug genommen.
16Am 06.01.2015 kam es zu einem zwischen den Beteiligten streitigen Vorfall zwischen der Beteiligten zu 3) und Frau T., den die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 07.01.2015 abmahnte (Bl. 89 der Gerichtsakte).
17Am 08.01.2015 erklärte die Arbeitgeberin der Beteiligten zu 3) eine außerordentliche Kündigung, die sie letztlich in dem hierzu geführten Kündigungsschutzverfahren (Arbeitsgericht Düsseldorf, 12 Ca 506/15) jedoch zurücknahm.
18Nach entsprechender Beschlussfassung forderte der Betriebsrat von der Arbeitgeberin mit E-Mail vom 08.01.2015 die Entlassung der Beteiligten zu 3).
19Mit E-Mail vom 29.04.2015 erklärte der Vorgesetzte Herr X., aufgrund Aggressivität der Beteiligten zu 3) die Verantwortung für die Unversehrtheit seiner Mitarbeiter nicht mehr übernehmen zu können. Für den Inhalt der E-Mail wird auf Blatt 29 der Gerichtsakte Bezug genommen.
20Der Betriebsrat forderte von der Arbeitgeberin mit E-Mail vom 29.04.2015 nach entsprechender Beschlussfassung erneut die Entlassung der Beteiligten zu 3). Für den Inhalt der E-Mail wird auf Blatt 31 der Gerichtsakte Bezug genommen.
21In einem Schreiben vom 03.05.2015 an den Betriebsrat erklärten mehrere Arbeitnehmer Angst vor der Beteiligten zu 3) zu haben. Für den Inhalt des Schreibens wird auf Blatt 28 der Gerichtsakte Bezug genommen.
22In einer E-Mail der Beteiligten zu 3) vom 23.06.2015 heißt es u.a.:
23"Wie Ihnen sicherlich vom Personalgespräch bekannt ist, wurde mein Arbeitsplatz ins EG verlegt, weil die Kollegen Angst vor mir haben.
24Bitte haben Sie Verständnis, dass ich den Kollegen das nicht zumuten möchte."
25Für den E-Mail-Verkehr im Übrigen wird auf Blatt 61 bis 64 der Gerichtsakte Bezug genommen.
26Der Betriebsrat behauptet, dass es vor etwa zwei Jahren zu einer Auseinandersetzung zwischen der Beteiligten zu 3) und ihrer Kollegin Frau T. kam. Frau L. habe ein Fenster öffnen wollen und habe sich hierfür an mit der Arbeitgeberin vereinbarte Lüftungszeiten gehalten. Die Beteiligte zu 3) sei hierauf wutentbrannt von ihrem Stuhl gesprungen und habe das Fenster wieder zugeknallt und sei ohne ein Wort zu sagen wieder zu ihrem Arbeitsplatz zurückgekehrt. Nachdem sich Frau L. für den Grund des Verhaltens erkundigte habe die Beteiligte zu 3) gesagte, sie "solle bloß aufpassen", sonst passiere "etwas"; man werde sich "draußen noch mal begegnen". Sie habe noch hinzugefügt, dass sie sich "bloß vorsehen" solle.
27Weiter behauptet der Betriebsrat, dass die Beteiligte zu 3) Herrn H. in der Vergangenheit bereits mehrfach gegenüber Kunden und Kollegen schlecht gemacht habe und habe im Hinblick auf die von ihm geleistete Arbeit unwahre Tatsachen behauptet. Unter Anderem habe sie gegenüber einem Kunden, für den Herr H. vertretungsweise zuständig war, behauptet, dass er die Kundenkonten "nicht konkret bearbeite" und im Allgemeinen in ihrer Abwesenheit "nichts richtig bearbeite". Diese Äußerungen habe sie auch gegenüber Kollegen anderer Abteilungen wiederholt.
28Zu dem Vorfall am 29.10.2014 behauptet der Betriebsrat, dass Herr H. ein Fenster in der Nähe seines Arbeitsplatzes öffnete, wobei er sich an die vereinbarten Lüftungszeiten hielt. Als die Beteiligte zu 3) das offene Fenster bemerkte habe sie ihn in aggressivem Tonfall aufgefordert das Fenster zu schließen. Herr H. sei dieser Aufforderung nicht nachgekommen und habe unter Hinweis auf die getroffene Vereinbarung zu den Lüftungszeiten gebeten, dass sich die Beteiligte zu 3) noch wenige Minuten geduldet. Diese habe ihn daraufhin mit voller Kraft am Handgelenk gepackt, um ihrer Aufforderung Nachdruck zu verleihen. Als sich Herr H. weigerte das Fenster zu schließen habe sie seine Hand vom Fenster weggerissen und das Fenster geschlossen. Auch nach einem erneuten Öffnen habe sie das Fenster wiederum verärgert zugeschlagen. Herr H. habe sich daraufhin nicht mehr getraut, das Fenster zu öffnen und habe seinen Arbeitsplatz verlassen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.
29Des Weiteren habe die Beteiligte zu 3) im Herbst 2014 bei einem Telefonat wahrheitswidrig gegenüber einem Kunden behauptet, dass Frau O. bei der Betreuung des betreffenden Kundenkontos "alles falsch mache". Darauf angesprochen sei es zu einem verbalen Angriff von der Beteiligten zu 3) auf T. gekommen, der auch Beschimpfungen beinhaltete.
30Weiter behauptet der Betriebsrat, dass im Dezember 2014 Frau T. die Beteiligte zu 3) sachlich auf eine Anweisung des Vorgesetzten Herrn X. hingewiesen habe betreffend die Auszahlung von Guthaben an Kunden. Hierauf habe die Beteiligte zu 3) sie wutentbrannt angeschrien.
31Zum 06.01.2015 behauptet der Betriebsrat, dass Frau T. nachmittags den Rollladen herunterfahren wollte, da sie sich von der hereinscheinenden Sonne geblendet fühlte, worauf die Beteiligte zu 3) mit einem Wutanfall reagiert hätte und aufgesprungen und auf sie zugestürmt sei und sie in aggressiver Weise angeschrien habe. Da sich Frau T. davon aber nicht abhalten ließ, den Schalter für die Rollläden zu betätigen, habe die Beteiligte zu 3) ihr mit voller Kraft auf den Arm geschlagen. Frau T. habe daraufhin den Vorgesetzten aufgesucht, um ihn als Vermittler einzuschalten. Währenddessen habe die Beteiligte zu 3) die Rollläden wieder nach oben gefahren. Nach ihrer Rückkehr habe Frau T. die Rollläden wieder herunterfahren wollen, worauf die Beteiligte zu 3) aufgesprungen sei, auf sie zustürmte und fest am Oberkörper und den Oberarmen gepackt und vom Schalter weggeschleudert habe.
32Der Betriebsrat beantragt,
331.der Beteiligten zu 2) aufzugeben, die Beteiligte zu 3) zu entlassen;
342.hilfsweise der Beteiligten zu 2) aufzugeben, die Beteiligte zu 3) in einen anderen Betrieb zu versetzen.
35Die Arbeitgeberin beantragt,
36den Antrag zurückzuweisen.
37Die Beteiligte zu 3) beantragt,
38den Antrag zurückzuweisen.
39Zu dem Vorfall vor etwa zwei Jahren behauptet die Beteiligte zu 3), dass sie aufgrund der geringen Temperaturen schon krank gewesen sei. Sie habe Frau L. darauf hingewiesen, dass das Fenster wegen des Raumklimasystems geschlossen bleiben müsse. Weder sei sie wutentbrannt aufgesprungen noch habe sie das Fenster zugeknallt. Sie sei lediglich bestimmt aufgetreten. Bedroht habe sie Frau L. nicht.
40Weiter behauptet sie, dass sie zwischen 2012 und 2013 lediglich eine schriftliche Beschwerde von der Agentur C. über Herrn H. erhalten und an Herrn X. weitergeleitet habe.
41Zu 29.10.2014 behauptet sie, dass als sie das geöffnete Fenster erblickte, Herrn H. im normalen Tonfall darum gebeten habe, dass Fenster zu schließen. Dieser habe provokativ lediglich entgegnet "Das Fenster bleibt auf!". Sie habe dann versucht das Fenster zu schließen, wobei sie lediglich das Fenster am Rahmen gehalten und kräftig zugezogen habe.
42Des Weiteren behauptet sie, dass sich im Herbst 2014 die Agentur I. ihr gegenüber über eine fehlerhafte Bearbeitung durch Frau T. beschwert habe. Diese Beschwerde habe sie bearbeitet und an Herrn I. weitergleitet. Ein Gespräch hierzu mit Frau T. sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt.
43Zum Vorfall im Dezember 2014 behauptet sie, dass sie Frau T. nicht angeschrien habe.
44Zu dem Vorfall am 06.01.2015 behauptet die Beteiligte zu 3), dass sie Frau T. weder geschlagen, noch angefasst noch sonst wie körperlich beeinflusst habe.
45Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen und die Terminsprotokolle Bezug genommen.
46Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H., L., T. und S.. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Kammersitzung vom 21.08.2015 Bezug genommen.
47II. Der zulässige Antrag ist begründet.
48Der Betriebsrat hat gegen die Arbeitgeberin einen Anspruch auf Entlassung der Beteiligten zu 3).
491. Es liegt ein wiederholtes gesetzwidriges Verhalten der Beteiligten zu 3) vor. Die Kammer ist nach der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Beteiligte zu 3) sowohl am 29.102.104 als auch am 06.01.2015 Körperverletzungen im Sinne des § 223 StGB beging, indem sie den Arm des Zeugen H. vom Fenster wegzog bzw. der Zeugin T. auf den Arm schlug.
50Die vernommenen Zeugen haben die vom Betriebsrat vorgetragenen und lediglich von der Beteiligten zu 3), nicht aber von der Arbeitgeberin bestrittenen Vorfälle jeweils im Wesentlichen übereinstimmend bestätigt.
51Die Aussagen waren insgesamt in sich schlüssig und sämtlich Zeugen haben detailreich die Vorfälle bestätigt. Zwar stimmten die Aussagen der Zeugen H. und L. nicht überein, soweit es den Ablauf nach der Auseinandersetzung betrifft, nämlich ob Herr H. nach dem Vorfall am 29.10.2014 seinen Arbeitsplatz verließ (so der Zeuge H.) oder am Arbeitsplatz verblieb (so die Zeugin L.). Insbesondere hatte die Zeugin L. an dieser Stelle aber auch erklärt, sich nicht sicher zu sein. Insgesamt hat sich ein stimmiges Gesamtbild ergeben und sämtliche Zeugen haben die Kammer überzeugt. Dem steht nicht entgegen, dass die Zeugen zum Teil Aufzeichnungen als Gedächtnisstütze nutzten. Die Vorfälle liegen zumindest fast acht Monate zurück, was sowohl die Notwendigkeit einer Gedächtnisstütze erklärt, als auch Abweichungen in kleineren Details.
52Beide Vorfälle stellen auch Körperverletzungen im Sinne des § 223 StGB dar. In beiden Fällen hat die Beteiligte zu 3) durch ihre Handlungen das körperliche Wohlbefinden der Zeugen H. und T. mehr als nur unerheblich beeinträchtigt. Bei der Zeugin T. ergibt sich dies bereits aus den verursachten Schmerzen, die bis zum Folgetag andauerten. Der Zeuge H. hat geschildert Herzrasen gehabt und sich sehr aufgeregt zu haben und dass er den Griff "gemerkt" habe. Jedenfalls liegt aber eine versuchte Körperverletzung durch die Beteiligte zu 3) vor, als sie den Arm wegzog, die lediglich durch das Nachgeben des Zeugen H. verhindert wurde.
532. Es ergibt sich auch eine ernstliche Störung des Betriebsfriedens. Die Zeugen haben ein aggressives Verhalten der Beteiligten zu 3) geschildert und insbesondere die Zeugin T. hat geschildert vor der Beteiligten zu 3) Angst zu haben und umgesetzt werden zu wollen, wenn diese in den Betrieb zurückkehrt.
54Auch der Antrag verschiedener Arbeitnehmer an den Betriebsrat vom 03.05.2015 verdeutlicht diese Störung des Betriebsfriedens ebenso wie die E-Mail des Vorgesetzten Herrn I. vom 29.04.2015. Beide beziehen sich auch auf die von den Zeugen bestätigten Vorfälle und verdeutlichen gemeinsam mit diesen Aussagen, eine berechtigte Sorge der Mitarbeiter und des Vorgesetzten vor weiteren Wutausbrüchen der Beteiligten zu 3) mit der Gefahr weiterer Körperverletzungen. Die Gefahr besteht insbesondere deshalb, weil der Vorfall vom 29.10.2014 abgemahnt worden ist und die Beteiligte zu 3) dies dennoch nicht zum Anlass genommen hat ein entsprechendes Verhalten zu unterlassen. Im Gegenteil, sie hat am 06.01.2015 sogar ein noch gesteigertes aggressives Verhalten gezeigt.
553. Die Vorfälle vom 29.10.2014 und 06.01.2015 stellen auch einen Kündigungsgrund dar. Zwar setzt § 104 BetrVG einen Kündigungsgrund voraus und schafft keinen neuen Kündigungsgrund (BAG, 15.05.1997 - 2 AZR 519/96, AP Nr. 1 zu § 104 BetrVG 1972) und es sind beide Vorfälle abgemahnt worden, weshalb die Arbeitgeberin auch die zunächst ausgesprochene Kündigung vom 08.01.2015 zurücknahm. Dennoch stehen die Abmahnungen einer erneuten Kündigung nicht entgegen. Wird ein Fehlverhalten abgemahnt, ist es als Kündigungsgrund zwar verbraucht und eine Kündigung kann nicht mehr hierauf alleine gestützt werden (BAG, 26.08.1993 - 2 AZR 159/93, AP 113 zu § 626 BGB). In der Abmahnung liegt jedoch lediglich ein konkludenter Verzicht des Arbeitgebers auf den Ausspruch einer Kündigung (BAG, 10.11.1988 - 2 AZR 215/88, AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 Abmahnung), der Kündigungsgrund selbst liegt mithin noch vor. Ein solcher Verzicht kann aber nicht von der Arbeitgeberin für den Betriebsrat erklärt werden, sondern kann nur für sie selbst gelten. Der Betriebsrat hat aber in keiner Weise einen Umstandsmoment geschaffen, aus dem ein Verzicht auf seine Rechte aus § 104 BetrVG abgeleitet werden könnte. Diese Rechte liefen aber letztlich leer, wenn ihm ein Verzicht der Arbeitgeberin zugerechnet würde. Das Recht des Betriebsrates aus § 104 BetrVG entstünde mit dem Vorliegen des Kündigungsgrundes und würde völlig unabhängig von Gründen die nicht in seiner Sphäre liegen beseitigt werden können. Dann ist aber der von Thüsing vertretenen Auffassung zuzustimmen, dass das Beschäftigungsverbot einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellt (Thüsing in Richardi, 14. Auflage 2014, § 104 Rdnr. 15). Dadurch wird auch kein neuer Kündigungsgrund geschaffen, sondern der bestehende Kündigungsgrund lediglich umgesetzt.
564. Es kommt auch keine Versetzung als mildere Maßnahme in Betracht. Die Störung des Betriebsfriedens ist in der Person der Beteiligten zu 3) begründet und würde nicht durch eine Versetzung beseitigt werden. Zwar finden die Vorfälle vom 29.10.2014 und 06.01.2015 ihre Ursache in der Diskussion über die Lüftung in dem Großraumbüro, in welchem die Beteiligte zu 3) ihre Arbeitsleistung bisher erbracht hat. Das von den Zeugen geschilderte aggressive Verhalten hat sich aber nicht alleine hierin erschöpft sondern es kam auch aus anderen Anlässen zu "Wutausbrüchen" der Beteiligten zu 3). In einem anderen Betrieb würde sich dies aber lediglich fortsetzen.
57RECHTSMITTELBELEHRUNG
58Gegen diesen Beschluss kann von der Arbeitgeberseite Beschwerde eingelegt werden.
59Für den Betriebsrat und die Beteiligte zu 3. ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.
60Die Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
61Landesarbeitsgericht Düsseldorf
62Ludwig-Erhard-Allee 21
6340227 Düsseldorf
64Fax: 0211 7770-2199
65eingegangen sein.
66Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
67Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
68Die Beschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
691.Rechtsanwälte,
702.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
713.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
72Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
73* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
74E.
75Beglaubigt
76T.Regierungsbeschäftigte
77als Urkundsbeamtin der
78Geschäftsstelle
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.