Arbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 29. Juli 2015 - 3 Ca 7680/14

ECLI:ECLI:DE:ARBGD:2015:0729.3CA7680.14.00
bei uns veröffentlicht am29.07.2015

Tenor

1.Die Klage wird abgewiesen.

2.Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.Der Streitwert wird auf 1.296,00 € festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 46 Grundsatz


(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung. (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsger

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 61 Inhalt des Urteils


(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest. (2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 10 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters


Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein.

Reichsversicherungsordnung - RVO | § 354


(1) Wer der Dienstordnung unterstehen soll, wird durch schriftlichen Vertrag angestellt. (2) Nach zehnjähriger Beschäftigung darf die Kündigung oder Entlassung solcher Angestellten nur aus einem wichtigen Grund stattfinden. (3) Die Vereinbarungen ü

Reichsversicherungsordnung - RVO | § 358


Verträge mit Angestellten, die der Dienstordnung unterstehen sollen (§§ 349, 354 Abs. 1), dürfen ab dem 1. Januar 1993 nicht mehr abgeschlossen werden, es sei denn, der Angestellte unterstand am 31. Dezember 1992 bereits einer Dienstordnung.

Reichsversicherungsordnung - RVO | § 352


Die Dienstordnung regelt die Rechts- und die allgemeinen Dienstverhältnisse der Angestellten, insbesondere den Nachweis ihrer fachlichen Befähigung, ihre Zahl, die Art der Anstellung, die Kündigung oder Entlassung und die Folgen der Nichterfüllung vo

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Tatbestand 1 Der Kläger steht als Beamter auf Lebenszeit im Dienst der Beklagten. Er ging im März 2002 eine Lebenspartnerschaft im Sinne des Gesetzes über die Eingetrage

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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. September 2010 - 3 Sa 540/10 B - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2008 eine Hinterbliebenenversorgung in demselben Umfang zu zahlen, wie dies die Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes für einen Ehepartner vorsehen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Hinterbliebenenversorgung zu zahlen.

2

Der 1945 geborene B war bei der Beklagten als Dienstordnungsangestellter beschäftigt. Am 13. November 2003 begründete er mit dem Kläger eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz. B verstarb am 12. September 2007.

3

§ 6 Abs. 1 der Dienstordnung der Beklagten lautet:

        

㤠6 Geld- und geldwerte Leistungen, Versorgung

        

(1)     

Für Geld- und geldwerte Leistungen und die Versorgung gelten die Vorschriften für Beamte des Bundes entsprechend.“

4

Mit der vorliegenden Feststellungsklage hat der Kläger von der Beklagten die Zahlung einer Hinterbliebenenversorgung verlangt und die Auffassung vertreten, dass er als eingetragener Lebenspartner ebenso zu behandeln sei wie ein hinterbliebener Ehegatte.

5

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn seit Oktober 2007 eine Hinterbliebenenversorgung in demselben Umfang zu zahlen, wie dies die Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes für einen Ehepartner vorsehen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, für einen Anspruch des Klägers gebe es keine gesetzliche Grundlage. Eine analoge Anwendung der für hinterbliebene Ehegatten bestehenden Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes scheide aus. Aufgrund des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe sei es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, diese gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Im Laufe des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zunächst ab dem 1. November 2010 eine Hinterbliebenenversorgung an den Kläger geleistet und nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Übertragung ehebezogener Regelungen im öffentlichen Dienstrecht auf Lebenspartnerschaften vom 14. November 2011 (BGBl. I S. 2219) auch für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Oktober 2010. Daraufhin hat der Kläger seinen Klageantrag auf die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2008 eingeschränkt und den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Übrigen für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung des Klägers angeschlossen und verfolgt mit ihrer Revision im Übrigen ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage, soweit sie noch rechtshängig ist, zu Recht stattgegeben. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger für die Zeit ab dem 1. Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2008 eine Hinterbliebenenversorgung in demselben Umfang zu zahlen, wie dies nach den Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes für hinterbliebene Ehegatten vorgesehen ist.

9

I. Die Feststellungsklage ist zulässig.

10

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger begehrt die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, nämlich der Versorgungsverpflichtung der Beklagten dem Grunde nach. Er hat auch ein Interesse an alsbaldiger Feststellung dieses Rechtsverhältnisses, da die Beklagte die geltend gemachte Pflicht zur Versorgung des Klägers leugnet. Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht, da die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfachere Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte ermöglicht und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 15. November 2011 - 3 AZR 113/10 - Rn. 18, AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 27; 18. November 2003 - 3 AZR 655/02 - zu A der Gründe).

11

II. Die Klage ist im noch streitigen Zeitraum vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2008 begründet. Der Kläger kann von der Beklagten verlangen, dass sie an ihn auch für diese Zeit eine Hinterbliebenenversorgung in demselben Umfang leistet, wie dies die Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes für einen hinterbliebenen Ehepartner vorsehen. Der Kläger kann seinen Anspruch auf die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen seines Lebenspartners und der Beklagten iVm. § 6 Abs. 1 der Dienstordnung der Beklagten, den Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes und der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16, im Folgenden RL 2000/78/EG) stützen.

12

1. Nach den zwischen dem verstorbenen B und der Beklagten getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen einschließlich der in § 6 Abs. 1 der Dienstordnung erfolgten Bezugnahme auf die gesetzlichen Vorschriften über die Versorgung der Beamten kann der Kläger als eingetragener Lebenspartner des verstorbenen Dienstordnungsangestellten B für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2008 zwar keine Hinterbliebenenversorgung von der Beklagten beanspruchen.

13

§ 6 Abs. 1 der auf das Arbeitsverhältnis des verstorbenen Dienstordnungsangestellten B und der Beklagten anwendbaren Dienstordnung sicherte dem verstorbenen B eine Versorgung entsprechend den „Vorschriften für Beamte des Bundes“ zu. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und auch noch zum Zeitpunkt des Todes von B im September 2007 galt § 85 BBG(aufgehoben mit Wirkung zum 12. Februar 2009 durch Art. 17 Abs. 11 des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009, BGBl. I S. 160), der auf das Beamtenversorgungsgesetz verwies. Dieses Gesetz ist deshalb für die Versorgung des Klägers als hinterbliebenem eingetragenen Lebenspartner von B im hier streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblich. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 BeamtVG sah in seiner bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung eine Hinterbliebenenversorgung nur für Ehepartner, nicht aber für eingetragene Lebenspartner vor.

14

2. Diese im Arbeitsvertrag iVm. der Dienstordnung der Beklagten und dem Beamtenversorgungsgesetz angelegte Unterscheidung zwischen Ehepartnern und eingetragenen Lebenspartnern hält jedoch einer Prüfung anhand der RL 2000/78/EG nicht stand mit der Folge, dass der Kläger so zu behandeln ist, als wäre er mit dem verstorbenen Dienstordnungsangestellten B verheiratet gewesen.

15

a) Der Anwendungsbereich der RL 2000/78/EG ist eröffnet. Der streitgegenständliche Anspruch fällt in den Geltungsbereich dieser Richtlinie, weil die Hinterbliebenenversorgung ein Bestandteil des Arbeitsentgelts nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der RL 2000/78/EG ist. Unter Arbeitsentgelt im Sinne dieser Regelung sind nach Art. 157 Abs. 2 AEUV ua. Gehälter und alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt. Dazu können auch Leistungen zählen, die erst nach dem Ende der aktiven Dienstzeit gewährt werden (EuGH 23. Oktober 2003 - C-4/02 - und - C-5/02 - [Schönheit und Becker] Rn. 56 ff., Slg. 2003, I-12575; BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 12, ZTR 2011, 192).

16

Die Geltung der RL 2000/78/EG für den vorliegenden Fall wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Gewährung der Hinterbliebenenversorgung ua. davon abhängt, in welchem Familienstand der Dienstordnungsangestellte lebt. Zwar lässt die RL 2000/78/EG nach ihrem Erwägungsgrund 22 einzelstaatliche Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt. Gleichwohl fällt die Hinterbliebenenversorgung aufgrund ihres Entgeltcharakters in den Geltungsbereich der RL 2000/78/EG (EuGH 1. April 2008 - C-267/06 - [Maruko] Rn. 58 f., Slg. 2008, I-1757; BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 13, ZTR 2011, 192).

17

b) Der Ausschluss der Lebenspartner im Sinne des Gesetzes über die eingetragene Lebenspartnerschaft von der Gewährung der Hinterbliebenenversorgung gegenüber der Gewährung dieser Versorgungsleistung an hinterbliebene Ehepartner eines Dienstordnungsangestellten stellt jedenfalls ab dem 1. Januar 2005 eine unmittelbare Diskriminierung iSd. RL 2000/78/EG dar (vgl. zur Beamtenversorgung ab dem 1. Juli 2009: BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 14, ZTR 2011, 192).

18

aa) Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der RL 2000/78/EG liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt. Es ist Sache des nationalen Gerichts zu entscheiden, ob eine vergleichbare Situation gegeben ist (EuGH 1. April 2008 - C-267/06 - [Maruko] Rn. 72 f., Slg. 2008, I-1757; BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 15, ZTR 2011, 192).

19

bb) Vorliegend wird der Kläger als vormals in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mit einem Dienstordnungsangestellten Lebender im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Hinterbliebenenversorgung nach den Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung gegenüber einem Hinterbliebenen eines verheirateten Dienstordnungsangestellten benachteiligt, weil ihm als hinterbliebenem Lebenspartner eine Hinterbliebenenversorgung nicht gewährt wird, während hinterbliebene Ehepartner verheirateter Dienstordnungsangestellter eine solche beanspruchen können.

20

(1) Die Benachteiligung erfolgt wegen der sexuellen Ausrichtung. Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist Personen gleichen Geschlechts vorbehalten, während die Ehe nur von Personen unterschiedlichen Geschlechts geschlossen werden kann; regelmäßig entspricht die Wahl des Familienstands der sexuellen Orientierung der Partner. Durch diese unterschiedliche Behandlung werden Dienstordnungsangestellte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, gegenüber verheirateten Dienstordnungsangestellten unzulässigerweise diskriminiert, weil beide Gruppen sich im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung seit dem 1. Januar 2005 in einer vergleichbaren Lage befinden (vgl. für die Beamtenversorgung ab dem 1. Juli 2009: BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 16, ZTR 2011, 192).

21

(2) Nach deutschem Recht befinden sich hinterbliebene Lebenspartner jedenfalls seit dem 1. Januar 2005 hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung in einer Eheleuten vergleichbaren Situation. Art. 6 Abs. 1 GG steht nicht entgegen. Danach ist es dem Gesetzgeber zwar verwehrt, andere Lebensformen gegenüber der Ehe zu begünstigen. Es besteht jedoch keine Verpflichtung, im Sinne eines „Abstandsgebots“ andere Lebensformen gegenüber der Ehe zu benachteiligen (BVerfG 17. Juli 2002 - 1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01 - zu B II 1 c cc der Gründe, BVerfGE 105, 313; 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - Rn. 105, BVerfGE 124, 199). Damit ist es Sache des Gesetzgebers zu bestimmen, ob und inwieweit er zwischen der Ehe und der eingetragenen Lebenspartnerschaft eine vergleichbare Situation schafft (BAG 15. September 2009 - 3 AZR 294/09 - Rn. 23, AP GG Art. 3 Nr. 317 = EzA AGG § 2 Nr. 5).

22

Eine solche vergleichbare Situation hat der Gesetzgeber nicht bereits durch das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) in der ursprünglichen, am 1. August 2001 in Kraft getretenen Fassung (Art. 1, 5 des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001, BGBl. I S. 266) geschaffen. Dieses Gesetz sah zwar in § 5 bereits eine Unterhaltspflicht für Lebenspartner vor, hatte jedoch Fragen der Altersversorgung nicht zum Gegenstand. Das änderte sich erst durch das Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3396), das nach seinem Art. 7 Abs. 1 am 1. Januar 2005 in Kraft trat. Durch dieses Gesetz wurde ein Versorgungsausgleich wie bei der Ehescheidung auch bei der Aufhebung der Lebenspartnerschaft eingeführt (§ 20 LPartG einerseits und früher §§ 1587 ff. BGB sowie jetzt Versorgungsausgleichsgesetz andererseits). Weiter wurde § 46 SGB VI ergänzt und damit die eingetragene Lebenspartnerschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung der Ehe gleichgestellt. Dadurch wurde „das Recht der Lebenspartnerschaft weitgehend an das Recht der Ehe angeglichen“ (BT-Drucks. 15/3445 S. 14).

23

Diese vergleichbare Rechtslage ist der maßgebliche Anknüpfungspunkt auch für die Hinterbliebenenversorgung im Betriebsrentenrecht. Abzustellen ist dabei auf das Versorgungsinteresse des Arbeitnehmers, der die der Versorgungszusage zugrunde liegende Betriebszugehörigkeit zurückgelegt und entsprechende Arbeitsleistungen erbracht hat. Das knüpft an das Näheverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und der durch die Hinterbliebenenversorgung begünstigten Personen an. Dabei können sich zwar zu einer Differenzierung berechtigende Unterscheidungen auch aus einer unterschiedlichen gesetzlichen Ausgestaltung dieses Näheverhältnisses ergeben. Ist die gesetzliche Ausgestaltung jedoch gerade nicht unterschiedlich sondern vergleichbar, rechtfertigt sie keine unterschiedliche Behandlung im Arbeits- und im daran anknüpfenden Versorgungsverhältnis (BAG 15. September 2009 - 3 AZR 294/09 - Rn. 25, AP GG Art. 3 Nr. 317 = EzA AGG § 2 Nr. 5).

24

(3) Es bestehen seit dem 1. Januar 2005 keine maßgeblichen Unterschiede zwischen Lebens- und Ehepartnern hinsichtlich der gegenseitigen Unterhalts- und Beistandspflichten. In beiden Fällen soll der Dienstordnungsangestellte in die Lage versetzt werden, sich selbst und seine Familie angemessen zu unterhalten. Zu den Unterhaltspflichten zählt auch die Vorsorge für den Todesfall (vgl. für Beamte: BVerwG 28.Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 16, ZTR 2011, 192). Deshalb kommt es nicht entscheidend darauf an, dass Ehepartner häufig vorübergehend mit der Erziehung von Kindern befasst sind und sie deshalb zum Teil zeitweise keiner eigenen Erwerbstätigkeit nachgehen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass in einer Ehe keine Kinder erzogen werden oder dies nicht zu erheblichen Versorgungsnachteilen für einen Ehepartner führt. Andererseits ist Kindererziehung auch in eingetragenen Lebenspartnerschaften nicht ausgeschlossen, wovon bereits § 9 LPartG ausgeht(BAG 15. September 2009 - 3 AZR 294/09 - Rn. 26, AP GG Art. 3 Nr. 317 = EzA AGG § 2 Nr. 5).

25

c) Die Richtlinie 2000/78/EG ist unmittelbar anwendbar. Der Kläger kann sich auch auf diese berufen.

26

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat. Eine Unionsvorschrift ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung normiert, die an keine Bedingungen geknüpft ist und zu ihrer Durchführung oder Wirksamkeit auch keiner weiteren Maßnahme der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Sie ist hinreichend genau, um von einem Einzelnen geltend gemacht und vom Gericht angewandt werden zu können, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt (EuGH 1. Juli 2010 - C-194/08 - [Gassmayr] Rn. 44 f. mwN, Slg. 2010, I-6281). Eine Richtlinie ist auch dann unmittelbar anwendbar, wenn der Mitgliedstaat zwar Umsetzungsmaßnahmen ergriffen hat, diese aber keine vollständige Anwendung der Richtlinie gewährleisten (EuGH 11. Juli 2002 - C-62/00 - [Marks & Spencer] Rn. 23 ff., Slg. 2002, I-6325; BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 18, ZTR 2011, 192).

27

bb) Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die RL 2000/78/EG wurde, was die Hinterbliebenenversorgung bis zum 31. Dezember 2008 angeht, nicht vollständig in deutsches Recht umgesetzt. Die maßgeblichen Richtlinienvorschriften sind inhaltlich unbedingt und hinreichend genau. Die Umsetzungsfrist ist im Jahr 2003 abgelaufen.

28

(1) Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist die Richtlinie für die Mitgliedstaaten hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel zur Erreichung dieses Ziels. Dabei hat der Mitgliedstaat sicherzustellen, dass die vollständige und effektive Anwendung der Richtlinie gewährleistet ist. Rechtsvorschriften, die der Richtlinie entgegenstehen, müssen daher aufgehoben oder geändert werden oder es muss auf andere geeignete Weise und für die von der Richtlinie Begünstigten erkennbar erreicht werden, dass die sich aus der Richtlinie ergebende Rechtslage Bestandteil der mitgliedstaatlichen Rechtsordnung wird (vgl. zur Beamtenversorgung: BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 20, ZTR 2011, 192).

29

(2) Diesen Anforderungen wird die Umsetzung der RL 2000/78/EG in den §§ 18 ff. und § 28 BeamtVG in ihrer bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung, die nach § 6 Abs. 1 der Dienstordnung der Beklagten im Streitfall entsprechend anwendbar sind, nicht gerecht. Die Vorschriften schließen den hinterbliebenen Lebenspartner des Dienstordnungsangestellten von der Gewährung der Hinterbliebenenversorgung nach den für Ehepartner geltenden Vorschriften aus. Insofern ist die Umsetzung der Richtlinie unvollständig geblieben; es wäre erforderlich gewesen, die einer Einbeziehung der Lebenspartnerschaften entgegenstehenden Vorschriften zu ändern und einen entsprechenden Anspruch im deutschen Recht zu verankern (vgl. zur Beamtenversorgung: BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 21, ZTR 2011, 192).

30

(3) Die maßgeblichen Vorschriften der RL 2000/78/EG - insbesondere Art. 1 bis 3 und Art. 16 - sind inhaltlich unbedingt und hinreichend genau. Aus Art. 16 ergibt sich zweifelsfrei die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, alle dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufenden Rechtsvorschriften aufzuheben und dafür Sorge zu tragen, dass mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbarende Bestimmungen ua. in Arbeitsverträgen, Tarifverträgen und Betriebsordnungen für nichtig erklärt oder geändert werden. Die Umsetzungsfrist ist nach Art. 18 Satz 1 der RL 2000/78/EG seit dem 3. Dezember 2003 abgelaufen (vgl. zum Beamtenversorgungsrecht: BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 22, ZTR 2011, 192).

31

d) Dies hat zur Folge, dass die §§ 18 ff. und § 28 BeamtVG iVm. dem Dienstvertrag des verstorbenen eingetragenen Lebenspartners des Klägers insoweit unanwendbar sind, als diese Regelungen mit Unionsrecht nicht in Einklang stehen. Die Vorschriften über die Hinterbliebenenversorgung müssen daher so angewandt werden, dass sie nicht zu einer Diskriminierung von Dienstordnungsangestellten führen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben bzw. gelebt haben und sich im Übrigen in einer mit Eheleuten vergleichbaren Situation befinden. Dies kann nur dadurch geschehen, dass in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebende Dienstordnungsangestellte so behandelt werden wie verheiratete Dienstordnungsangestellte. Dass dies über die bloße Nichtanwendung eines Teils des Normtextes hinausgeht und dadurch ein vom Normgeber geregelter Anspruch einer von ihm bewusst nicht erfassten Gruppe von Begünstigten gewährt wird, ist nicht zu beanstanden, denn anders lässt sich die volle Wirksamkeit der RL 2000/78/EG nicht herstellen (vgl. zur Beamtenversorgung: BVerwG 25. März 2010 - 2 C 72.08 - BVerwGE 136, 165).

32

III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen. Auch soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, trifft die Beklagte nach § 91a Abs. 1 ZPO die Kostenlast. Da die Klage auch für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 bis zur Zahlung der Hinterbliebenenversorgung seit diesem Zeitpunkt durch die Beklagte zulässig und begründet war, entspricht es unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen, der Beklagten die Kosten auch insoweit aufzuerlegen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    S. Hopfner    

        

    H. Frehse    

                 

Die Dienstordnung regelt die Rechts- und die allgemeinen Dienstverhältnisse der Angestellten, insbesondere den Nachweis ihrer fachlichen Befähigung, ihre Zahl, die Art der Anstellung, die Kündigung oder Entlassung und die Folgen der Nichterfüllung von Pflichten. Hierbei dürfen keine weitergehenden Rechtsnachteile vorgesehen werden, als sie das Disziplinarrecht für Beamte zuläßt.

Verträge mit Angestellten, die der Dienstordnung unterstehen sollen (§§ 349, 354 Abs. 1), dürfen ab dem 1. Januar 1993 nicht mehr abgeschlossen werden, es sei denn, der Angestellte unterstand am 31. Dezember 1992 bereits einer Dienstordnung.

(1) Wer der Dienstordnung unterstehen soll, wird durch schriftlichen Vertrag angestellt.

(2) Nach zehnjähriger Beschäftigung darf die Kündigung oder Entlassung solcher Angestellten nur aus einem wichtigen Grund stattfinden.

(3) Die Vereinbarungen über das Kündigungsrecht der Kasse dürfen den Angestellten nicht schlechter stellen, als er mangels einer Vereinbarung nach bürgerlichem Recht gestellt sein würde.

(4) Kündigung oder Entlassung darf für Fälle nicht ausgeschlossen werden, in denen ein wichtiger Grund vorliegt.

(5) Angestellte, die ihre dienstliche Stellung oder ihre Dienstgeschäfte zu einer religiösen oder politischen Betätigung mißbrauchen, hat der Vorsitzende des Vorstands zu verwarnen und bei Wiederholung, nachdem ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist, sofort zu entlassen; die Entlassung bedarf der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Eine religiöse oder politische Betätigung außerhalb der Dienstgeschäfte und die Ausübung des Vereinigungsrechts dürfen, soweit sie nicht gegen die Gesetze verstoßen, nicht gehindert werden und gelten an sich nicht als Gründe zur Kündigung oder Entlassung.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. September 2010 - 3 Sa 540/10 B - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2008 eine Hinterbliebenenversorgung in demselben Umfang zu zahlen, wie dies die Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes für einen Ehepartner vorsehen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Hinterbliebenenversorgung zu zahlen.

2

Der 1945 geborene B war bei der Beklagten als Dienstordnungsangestellter beschäftigt. Am 13. November 2003 begründete er mit dem Kläger eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz. B verstarb am 12. September 2007.

3

§ 6 Abs. 1 der Dienstordnung der Beklagten lautet:

        

㤠6 Geld- und geldwerte Leistungen, Versorgung

        

(1)     

Für Geld- und geldwerte Leistungen und die Versorgung gelten die Vorschriften für Beamte des Bundes entsprechend.“

4

Mit der vorliegenden Feststellungsklage hat der Kläger von der Beklagten die Zahlung einer Hinterbliebenenversorgung verlangt und die Auffassung vertreten, dass er als eingetragener Lebenspartner ebenso zu behandeln sei wie ein hinterbliebener Ehegatte.

5

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn seit Oktober 2007 eine Hinterbliebenenversorgung in demselben Umfang zu zahlen, wie dies die Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes für einen Ehepartner vorsehen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, für einen Anspruch des Klägers gebe es keine gesetzliche Grundlage. Eine analoge Anwendung der für hinterbliebene Ehegatten bestehenden Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes scheide aus. Aufgrund des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe sei es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, diese gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Im Laufe des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zunächst ab dem 1. November 2010 eine Hinterbliebenenversorgung an den Kläger geleistet und nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Übertragung ehebezogener Regelungen im öffentlichen Dienstrecht auf Lebenspartnerschaften vom 14. November 2011 (BGBl. I S. 2219) auch für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Oktober 2010. Daraufhin hat der Kläger seinen Klageantrag auf die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2008 eingeschränkt und den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Übrigen für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung des Klägers angeschlossen und verfolgt mit ihrer Revision im Übrigen ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage, soweit sie noch rechtshängig ist, zu Recht stattgegeben. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger für die Zeit ab dem 1. Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2008 eine Hinterbliebenenversorgung in demselben Umfang zu zahlen, wie dies nach den Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes für hinterbliebene Ehegatten vorgesehen ist.

9

I. Die Feststellungsklage ist zulässig.

10

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger begehrt die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, nämlich der Versorgungsverpflichtung der Beklagten dem Grunde nach. Er hat auch ein Interesse an alsbaldiger Feststellung dieses Rechtsverhältnisses, da die Beklagte die geltend gemachte Pflicht zur Versorgung des Klägers leugnet. Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht, da die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfachere Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte ermöglicht und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 15. November 2011 - 3 AZR 113/10 - Rn. 18, AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 27; 18. November 2003 - 3 AZR 655/02 - zu A der Gründe).

11

II. Die Klage ist im noch streitigen Zeitraum vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2008 begründet. Der Kläger kann von der Beklagten verlangen, dass sie an ihn auch für diese Zeit eine Hinterbliebenenversorgung in demselben Umfang leistet, wie dies die Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes für einen hinterbliebenen Ehepartner vorsehen. Der Kläger kann seinen Anspruch auf die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen seines Lebenspartners und der Beklagten iVm. § 6 Abs. 1 der Dienstordnung der Beklagten, den Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes und der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16, im Folgenden RL 2000/78/EG) stützen.

12

1. Nach den zwischen dem verstorbenen B und der Beklagten getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen einschließlich der in § 6 Abs. 1 der Dienstordnung erfolgten Bezugnahme auf die gesetzlichen Vorschriften über die Versorgung der Beamten kann der Kläger als eingetragener Lebenspartner des verstorbenen Dienstordnungsangestellten B für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2008 zwar keine Hinterbliebenenversorgung von der Beklagten beanspruchen.

13

§ 6 Abs. 1 der auf das Arbeitsverhältnis des verstorbenen Dienstordnungsangestellten B und der Beklagten anwendbaren Dienstordnung sicherte dem verstorbenen B eine Versorgung entsprechend den „Vorschriften für Beamte des Bundes“ zu. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und auch noch zum Zeitpunkt des Todes von B im September 2007 galt § 85 BBG(aufgehoben mit Wirkung zum 12. Februar 2009 durch Art. 17 Abs. 11 des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009, BGBl. I S. 160), der auf das Beamtenversorgungsgesetz verwies. Dieses Gesetz ist deshalb für die Versorgung des Klägers als hinterbliebenem eingetragenen Lebenspartner von B im hier streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblich. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 BeamtVG sah in seiner bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung eine Hinterbliebenenversorgung nur für Ehepartner, nicht aber für eingetragene Lebenspartner vor.

14

2. Diese im Arbeitsvertrag iVm. der Dienstordnung der Beklagten und dem Beamtenversorgungsgesetz angelegte Unterscheidung zwischen Ehepartnern und eingetragenen Lebenspartnern hält jedoch einer Prüfung anhand der RL 2000/78/EG nicht stand mit der Folge, dass der Kläger so zu behandeln ist, als wäre er mit dem verstorbenen Dienstordnungsangestellten B verheiratet gewesen.

15

a) Der Anwendungsbereich der RL 2000/78/EG ist eröffnet. Der streitgegenständliche Anspruch fällt in den Geltungsbereich dieser Richtlinie, weil die Hinterbliebenenversorgung ein Bestandteil des Arbeitsentgelts nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der RL 2000/78/EG ist. Unter Arbeitsentgelt im Sinne dieser Regelung sind nach Art. 157 Abs. 2 AEUV ua. Gehälter und alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt. Dazu können auch Leistungen zählen, die erst nach dem Ende der aktiven Dienstzeit gewährt werden (EuGH 23. Oktober 2003 - C-4/02 - und - C-5/02 - [Schönheit und Becker] Rn. 56 ff., Slg. 2003, I-12575; BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 12, ZTR 2011, 192).

16

Die Geltung der RL 2000/78/EG für den vorliegenden Fall wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Gewährung der Hinterbliebenenversorgung ua. davon abhängt, in welchem Familienstand der Dienstordnungsangestellte lebt. Zwar lässt die RL 2000/78/EG nach ihrem Erwägungsgrund 22 einzelstaatliche Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt. Gleichwohl fällt die Hinterbliebenenversorgung aufgrund ihres Entgeltcharakters in den Geltungsbereich der RL 2000/78/EG (EuGH 1. April 2008 - C-267/06 - [Maruko] Rn. 58 f., Slg. 2008, I-1757; BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 13, ZTR 2011, 192).

17

b) Der Ausschluss der Lebenspartner im Sinne des Gesetzes über die eingetragene Lebenspartnerschaft von der Gewährung der Hinterbliebenenversorgung gegenüber der Gewährung dieser Versorgungsleistung an hinterbliebene Ehepartner eines Dienstordnungsangestellten stellt jedenfalls ab dem 1. Januar 2005 eine unmittelbare Diskriminierung iSd. RL 2000/78/EG dar (vgl. zur Beamtenversorgung ab dem 1. Juli 2009: BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 14, ZTR 2011, 192).

18

aa) Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der RL 2000/78/EG liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt. Es ist Sache des nationalen Gerichts zu entscheiden, ob eine vergleichbare Situation gegeben ist (EuGH 1. April 2008 - C-267/06 - [Maruko] Rn. 72 f., Slg. 2008, I-1757; BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 15, ZTR 2011, 192).

19

bb) Vorliegend wird der Kläger als vormals in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mit einem Dienstordnungsangestellten Lebender im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Hinterbliebenenversorgung nach den Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung gegenüber einem Hinterbliebenen eines verheirateten Dienstordnungsangestellten benachteiligt, weil ihm als hinterbliebenem Lebenspartner eine Hinterbliebenenversorgung nicht gewährt wird, während hinterbliebene Ehepartner verheirateter Dienstordnungsangestellter eine solche beanspruchen können.

20

(1) Die Benachteiligung erfolgt wegen der sexuellen Ausrichtung. Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist Personen gleichen Geschlechts vorbehalten, während die Ehe nur von Personen unterschiedlichen Geschlechts geschlossen werden kann; regelmäßig entspricht die Wahl des Familienstands der sexuellen Orientierung der Partner. Durch diese unterschiedliche Behandlung werden Dienstordnungsangestellte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, gegenüber verheirateten Dienstordnungsangestellten unzulässigerweise diskriminiert, weil beide Gruppen sich im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung seit dem 1. Januar 2005 in einer vergleichbaren Lage befinden (vgl. für die Beamtenversorgung ab dem 1. Juli 2009: BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 16, ZTR 2011, 192).

21

(2) Nach deutschem Recht befinden sich hinterbliebene Lebenspartner jedenfalls seit dem 1. Januar 2005 hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung in einer Eheleuten vergleichbaren Situation. Art. 6 Abs. 1 GG steht nicht entgegen. Danach ist es dem Gesetzgeber zwar verwehrt, andere Lebensformen gegenüber der Ehe zu begünstigen. Es besteht jedoch keine Verpflichtung, im Sinne eines „Abstandsgebots“ andere Lebensformen gegenüber der Ehe zu benachteiligen (BVerfG 17. Juli 2002 - 1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01 - zu B II 1 c cc der Gründe, BVerfGE 105, 313; 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - Rn. 105, BVerfGE 124, 199). Damit ist es Sache des Gesetzgebers zu bestimmen, ob und inwieweit er zwischen der Ehe und der eingetragenen Lebenspartnerschaft eine vergleichbare Situation schafft (BAG 15. September 2009 - 3 AZR 294/09 - Rn. 23, AP GG Art. 3 Nr. 317 = EzA AGG § 2 Nr. 5).

22

Eine solche vergleichbare Situation hat der Gesetzgeber nicht bereits durch das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) in der ursprünglichen, am 1. August 2001 in Kraft getretenen Fassung (Art. 1, 5 des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001, BGBl. I S. 266) geschaffen. Dieses Gesetz sah zwar in § 5 bereits eine Unterhaltspflicht für Lebenspartner vor, hatte jedoch Fragen der Altersversorgung nicht zum Gegenstand. Das änderte sich erst durch das Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3396), das nach seinem Art. 7 Abs. 1 am 1. Januar 2005 in Kraft trat. Durch dieses Gesetz wurde ein Versorgungsausgleich wie bei der Ehescheidung auch bei der Aufhebung der Lebenspartnerschaft eingeführt (§ 20 LPartG einerseits und früher §§ 1587 ff. BGB sowie jetzt Versorgungsausgleichsgesetz andererseits). Weiter wurde § 46 SGB VI ergänzt und damit die eingetragene Lebenspartnerschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung der Ehe gleichgestellt. Dadurch wurde „das Recht der Lebenspartnerschaft weitgehend an das Recht der Ehe angeglichen“ (BT-Drucks. 15/3445 S. 14).

23

Diese vergleichbare Rechtslage ist der maßgebliche Anknüpfungspunkt auch für die Hinterbliebenenversorgung im Betriebsrentenrecht. Abzustellen ist dabei auf das Versorgungsinteresse des Arbeitnehmers, der die der Versorgungszusage zugrunde liegende Betriebszugehörigkeit zurückgelegt und entsprechende Arbeitsleistungen erbracht hat. Das knüpft an das Näheverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und der durch die Hinterbliebenenversorgung begünstigten Personen an. Dabei können sich zwar zu einer Differenzierung berechtigende Unterscheidungen auch aus einer unterschiedlichen gesetzlichen Ausgestaltung dieses Näheverhältnisses ergeben. Ist die gesetzliche Ausgestaltung jedoch gerade nicht unterschiedlich sondern vergleichbar, rechtfertigt sie keine unterschiedliche Behandlung im Arbeits- und im daran anknüpfenden Versorgungsverhältnis (BAG 15. September 2009 - 3 AZR 294/09 - Rn. 25, AP GG Art. 3 Nr. 317 = EzA AGG § 2 Nr. 5).

24

(3) Es bestehen seit dem 1. Januar 2005 keine maßgeblichen Unterschiede zwischen Lebens- und Ehepartnern hinsichtlich der gegenseitigen Unterhalts- und Beistandspflichten. In beiden Fällen soll der Dienstordnungsangestellte in die Lage versetzt werden, sich selbst und seine Familie angemessen zu unterhalten. Zu den Unterhaltspflichten zählt auch die Vorsorge für den Todesfall (vgl. für Beamte: BVerwG 28.Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 16, ZTR 2011, 192). Deshalb kommt es nicht entscheidend darauf an, dass Ehepartner häufig vorübergehend mit der Erziehung von Kindern befasst sind und sie deshalb zum Teil zeitweise keiner eigenen Erwerbstätigkeit nachgehen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass in einer Ehe keine Kinder erzogen werden oder dies nicht zu erheblichen Versorgungsnachteilen für einen Ehepartner führt. Andererseits ist Kindererziehung auch in eingetragenen Lebenspartnerschaften nicht ausgeschlossen, wovon bereits § 9 LPartG ausgeht(BAG 15. September 2009 - 3 AZR 294/09 - Rn. 26, AP GG Art. 3 Nr. 317 = EzA AGG § 2 Nr. 5).

25

c) Die Richtlinie 2000/78/EG ist unmittelbar anwendbar. Der Kläger kann sich auch auf diese berufen.

26

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat. Eine Unionsvorschrift ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung normiert, die an keine Bedingungen geknüpft ist und zu ihrer Durchführung oder Wirksamkeit auch keiner weiteren Maßnahme der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Sie ist hinreichend genau, um von einem Einzelnen geltend gemacht und vom Gericht angewandt werden zu können, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt (EuGH 1. Juli 2010 - C-194/08 - [Gassmayr] Rn. 44 f. mwN, Slg. 2010, I-6281). Eine Richtlinie ist auch dann unmittelbar anwendbar, wenn der Mitgliedstaat zwar Umsetzungsmaßnahmen ergriffen hat, diese aber keine vollständige Anwendung der Richtlinie gewährleisten (EuGH 11. Juli 2002 - C-62/00 - [Marks & Spencer] Rn. 23 ff., Slg. 2002, I-6325; BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 18, ZTR 2011, 192).

27

bb) Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die RL 2000/78/EG wurde, was die Hinterbliebenenversorgung bis zum 31. Dezember 2008 angeht, nicht vollständig in deutsches Recht umgesetzt. Die maßgeblichen Richtlinienvorschriften sind inhaltlich unbedingt und hinreichend genau. Die Umsetzungsfrist ist im Jahr 2003 abgelaufen.

28

(1) Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist die Richtlinie für die Mitgliedstaaten hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel zur Erreichung dieses Ziels. Dabei hat der Mitgliedstaat sicherzustellen, dass die vollständige und effektive Anwendung der Richtlinie gewährleistet ist. Rechtsvorschriften, die der Richtlinie entgegenstehen, müssen daher aufgehoben oder geändert werden oder es muss auf andere geeignete Weise und für die von der Richtlinie Begünstigten erkennbar erreicht werden, dass die sich aus der Richtlinie ergebende Rechtslage Bestandteil der mitgliedstaatlichen Rechtsordnung wird (vgl. zur Beamtenversorgung: BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 20, ZTR 2011, 192).

29

(2) Diesen Anforderungen wird die Umsetzung der RL 2000/78/EG in den §§ 18 ff. und § 28 BeamtVG in ihrer bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung, die nach § 6 Abs. 1 der Dienstordnung der Beklagten im Streitfall entsprechend anwendbar sind, nicht gerecht. Die Vorschriften schließen den hinterbliebenen Lebenspartner des Dienstordnungsangestellten von der Gewährung der Hinterbliebenenversorgung nach den für Ehepartner geltenden Vorschriften aus. Insofern ist die Umsetzung der Richtlinie unvollständig geblieben; es wäre erforderlich gewesen, die einer Einbeziehung der Lebenspartnerschaften entgegenstehenden Vorschriften zu ändern und einen entsprechenden Anspruch im deutschen Recht zu verankern (vgl. zur Beamtenversorgung: BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 21, ZTR 2011, 192).

30

(3) Die maßgeblichen Vorschriften der RL 2000/78/EG - insbesondere Art. 1 bis 3 und Art. 16 - sind inhaltlich unbedingt und hinreichend genau. Aus Art. 16 ergibt sich zweifelsfrei die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, alle dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufenden Rechtsvorschriften aufzuheben und dafür Sorge zu tragen, dass mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbarende Bestimmungen ua. in Arbeitsverträgen, Tarifverträgen und Betriebsordnungen für nichtig erklärt oder geändert werden. Die Umsetzungsfrist ist nach Art. 18 Satz 1 der RL 2000/78/EG seit dem 3. Dezember 2003 abgelaufen (vgl. zum Beamtenversorgungsrecht: BVerwG 28. Oktober 2010 - 2 C 47.09 - Rn. 22, ZTR 2011, 192).

31

d) Dies hat zur Folge, dass die §§ 18 ff. und § 28 BeamtVG iVm. dem Dienstvertrag des verstorbenen eingetragenen Lebenspartners des Klägers insoweit unanwendbar sind, als diese Regelungen mit Unionsrecht nicht in Einklang stehen. Die Vorschriften über die Hinterbliebenenversorgung müssen daher so angewandt werden, dass sie nicht zu einer Diskriminierung von Dienstordnungsangestellten führen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben bzw. gelebt haben und sich im Übrigen in einer mit Eheleuten vergleichbaren Situation befinden. Dies kann nur dadurch geschehen, dass in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebende Dienstordnungsangestellte so behandelt werden wie verheiratete Dienstordnungsangestellte. Dass dies über die bloße Nichtanwendung eines Teils des Normtextes hinausgeht und dadurch ein vom Normgeber geregelter Anspruch einer von ihm bewusst nicht erfassten Gruppe von Begünstigten gewährt wird, ist nicht zu beanstanden, denn anders lässt sich die volle Wirksamkeit der RL 2000/78/EG nicht herstellen (vgl. zur Beamtenversorgung: BVerwG 25. März 2010 - 2 C 72.08 - BVerwGE 136, 165).

32

III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen. Auch soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, trifft die Beklagte nach § 91a Abs. 1 ZPO die Kostenlast. Da die Klage auch für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 bis zur Zahlung der Hinterbliebenenversorgung seit diesem Zeitpunkt durch die Beklagte zulässig und begründet war, entspricht es unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen, der Beklagten die Kosten auch insoweit aufzuerlegen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    S. Hopfner    

        

    H. Frehse    

                 

Tatbestand

1

Der Kläger steht als Beamter auf Lebenszeit im Dienst der Beklagten. Er ging im März 2002 eine Lebenspartnerschaft im Sinne des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (LPartG) vom 16. Februar 2001 (BGBl I S. 266) ein. Für seinen nicht berufstätigen Lebenspartner erhält der Kläger den Familienzuschlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG. Im Januar 2005 beantragte er erfolglos die Zusicherung, dass seinem Lebenspartner nach dem Tod des Klägers Hinterbliebenenversorgung wie einem Ehegatten zustehe.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Feststellung ausgesprochen, dass dem Kläger für seinen Lebenspartner Hinterbliebenenversorgung wie einem hinterbliebenen Ehegatten zustehe. Der Anspruch ergebe sich aus der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000. Die beamtenrechtliche Hinterbliebenenversorgung sei Bestandteil des Arbeitsentgelts und falle damit in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Der hinterbliebene Lebenspartner befinde sich auch in einer einem hinterbliebenen Ehegatten vergleichbaren Situation. Da der Gesetzgeber bei der Regelung von Witwen- bzw. Witwerversorgung zwischen Ehen mit Kindern und kinderlosen Ehen nicht unterschieden habe, stelle sich die Ausschließung der Lebenspartnerschaften als gemeinschaftsrechtswidrig dar.

3

Mit der Sprungrevision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 6. Mai 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die vom Kläger beantragte Feststellung, nach seinem Tod könne sein Lebenspartner Hinterbliebenenversorgung wie ein hinterbliebener Ehepartner beanspruchen, ohne Verstoß gegen revisibles Recht ausgesprochen. Rechtsgrundlage hierfür sind §§ 18 ff. und 28 BeamtVG in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl EG Nr. L 303/16).

8

1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des von der Beklagten bestrittenen künftigen Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung (Urteile vom 13. Oktober 1971 - BVerwG VI C 57.66 - BVerwGE 38, 346 <347 ff.>, vom 12. März 1980 - BVerwG 6 C 14.78 - Buchholz 232.5 § 56 BeamtVG Nr. 2 sowie vom 16. November 1989 - BVerwG 2 C 23.88 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 106).

9

2. Der Anspruch des Klägers folgt allerdings nicht unmittelbar aus den §§ 18 ff. und 28 BeamtVG. Die Witwe eines Beamten erhält Hinterbliebenenversorgung, insbesondere Sterbegeld (§ 18 BeamtVG) sowie Witwengeld, Witwenabfindung oder Unterhaltsbeiträge (§§ 19, 21, 22 und 26 BeamtVG). Dies gilt entsprechend für den Witwer einer Beamtin (§ 28 BeamtVG). Nach dem Wortlaut dieser Vorschriften ist der Lebenspartner des Klägers in die Hinterbliebenenversorgung nicht einbezogen, weil der Begriff des Witwers auf überlebende Ehegatten einer Beamtin beschränkt ist.

10

Eine verfassungskonforme Auslegung der genannten Vorschriften ist nicht möglich. Als Eingriff in den allein dem Normgeber vorbehaltenen Entscheidungsspielraum setzt sie voraus, dass sie vom Wortlaut der Norm gedeckt ist und dem Willen des Gesetzgebers entspricht (Urteile vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <316> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1 S. 6 und vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 22.07 - BVerwGE 131, 242 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 265). Dies ist hier nicht der Fall. Die Einbeziehung von Lebenspartnern im Sinne des Gesetzes über die eingetragene Lebenspartnerschaft in die Hinterbliebenenversorgung ist mit dem Wortlaut der Normen nicht in Einklang zu bringen. Sie widerspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, weil dieser sich bewusst gegen die zunächst vorgesehene weitgehende Gleichstellung von Ehe- und Lebenspartnern im Beamtenrecht entschieden hat (für das Besoldungsrecht vgl. Art. 3 § 10 Nr. 1 des Entwurfs des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom 4. Juli 2000, BTDrucks 14/3751 S. 10, vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1830/06 - (NJW 2008, 2325). Auch eine analoge Anwendung der §§ 18 ff. und 28 BeamtVG auf Lebenspartnerschaften scheidet aus. Eine solche wäre nur zulässig, wenn eine vom Normgeber nicht beabsichtigte planwidrige Regelungslücke vorläge. Das ist indes, wie ausgeführt, nicht der Fall (vgl. im Übrigen § 3 Abs. 1 BeamtVG).

11

3. Ein Anspruch des Klägers auf Feststellung, dass seinem Lebenspartner Hinterbliebenenversorgung wie einem Ehepartner zustehen wird, ergibt sich jedoch aus §§ 18 ff. und 28 BeamtVG in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78/EG.

12

3.1 Der Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG ist eröffnet. Der streitgegenständliche Anspruch fällt in den Geltungsbereich dieser Richtlinie, weil es sich bei der Hinterbliebenenversorgung um einen Bestandteil des Arbeitsentgelts nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie handelt. Unter Arbeitsentgelt im Sinne dieser Vorschrift sind nach Art. 157 Abs. 2 AEUV (vgl. Erwägungsgrund 13 der Richtlinie 2000/78) u.a. Gehälter und alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Dienstherr auf Grund des Dienstverhältnisses dem Beamten unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zuwendet. Dazu können auch Leistungen zählen, die erst nach dem Ende der aktiven Dienstzeit gewährt werden (EuGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - Rs. C-4/02 und Rs. C-5/02, Schönheit und Becker - Slg. I-12575 Rn. 56 ff. <63>; zur Rechtsprechung des EuGH noch: Schlussanträge des Generalanwalts in der Sache Rs. C-267/06, Maruko, Rn. 53 ff. m.w.N.).

13

Die Geltung der Richtlinie für den vorliegenden Fall wird auch nicht durch den Umstand ausgeschlossen, dass die Gewährung der Hinterbliebenenversorgung u.a. davon abhängt, in welchem Familienstand der Beamte lebt. Zwar soll die Richtlinie 2000/78/EG nach ihrem Erwägungsgrund 22 einzelstaatliche Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt lassen, doch führt dies nicht dazu, dass Rechtsvorschriften über die Gewährung von Leistungen, deren Höhe auch durch den Familienstand des Beamten beeinflusst wird, vollständig der Anwendung des Unionsrechts entzogen sind. Die Verbindlichkeit und allgemeine Anwendung des Unionsrechts wären gefährdet, wenn die Mitgliedstaaten Regelungen über Entgeltbestandteile mit dem Ergebnis an den Familienstand binden könnten, dass sie dadurch dem unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot vollständig entzogen würden (EuGH, Urteil vom 1. April 2008 - Rs. C-267/06, Maruko - Slg. 2008, I-1757 Rn. 58 f.; vgl. auch Urteil vom 11. Januar 2000 - Rs. C-285/98, Kreil - Slg. 2000, I-69 Rn. 15 ff. zur Richtlinie 76/207). Im Übrigen liegt der Schwerpunkt der Hinterbliebenenversorgung auf ihrer Eigenschaft als Entgeltbestandteil. Denn sie stellt eine Leistung dar, die der Beamte während seiner Dienstzeit erdient hat. Deshalb spricht Überwiegendes dafür, dass die Leistungen der Hinterbliebenenversorgung bereits keine "vom Familienstand abhängigen" Leistungen im Sinne des Erwägungsgrundes 22 der Richtlinie 2000/78 sind.

14

3.2 Der Ausschluss der Lebenspartner im Sinne des Gesetzes über die eingetragene Lebenspartnerschaft von der Gewährung der Hinterbliebenenversorgung gegenüber der Gewährung dieser Versorgungsleistung an hinterbliebene Ehepartner eines Beamten stellt eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG dar.

15

Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt. Ob eine in diesem Sinne vergleichbare Situation gegeben ist, muss mit Blick auf die jeweils konkret in Rede stehende Vorschrift entschieden werden; dies zu beurteilen, ist Sache des mitgliedstaatlichen Gerichts (EuGH, Urteil vom 1. April 2008 a.a.O. Rn. 72 f.).

16

Im vorliegenden Fall wird der Kläger als in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebender Beamter im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Hinterbliebenenversorgung gegenüber einem verheirateten Beamten nachteilig behandelt, weil im Falle seines Todes seinem hinterbliebenen Lebenspartner eine Hinterbliebenenversorgung nicht gewährt wird, während hinterbliebene Ehepartner verheirateter Beamter eine solche beanspruchen können. Die nachteilige Behandlung geschieht wegen der sexuellen Ausrichtung des Klägers. Denn die eingetragene Lebenspartnerschaft ist Personen gleichen Geschlechts vorbehalten, während die Ehe nur von Personen unterschiedlichen Geschlechts geschlossen werden kann; regelmäßig entspricht die Wahl des Familienstandes der sexuellen Orientierung der Partner. Diese unterschiedliche Behandlung der verpartnerten im Vergleich zu verheirateten Beamten stellt eine Diskriminierung dar, weil beide Gruppen sich im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung in einer vergleichbaren Lage befinden. Hinsichtlich der gegenseitigen Unterhalts- und Beistandspflichten bestehen keine maßgeblichen Unterschiede zwischen Lebens- und Ehepartnern. In beiden Fällen soll der Beamte in die Lage versetzt werden, sich selbst und seine Familie angemessen zu unterhalten. Zur Erfüllung seiner Unterhaltspflichten zählt auch die Vorsorge für den Todesfall. Anhaltspunkte für die Auffassung der Beklagten, die Beschränkung der Hinterbliebenenversorgung auf die Hinterbliebenen verheirateter Beamter solle einen Anreiz für Eheschließungen im Hinblick auf die bevölkerungspolitische Funktion der Ehe schaffen, lassen sich dem Zweck der Beamtenversorgung nicht entnehmen. Diese wird nicht gewährt, um einen Beitrag zur Förderung der durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Ehe im Hinblick auf deren gesellschaftliche Bedeutung zu leisten. Ob im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - (BVerfGE 124, 199) für die Zeit vor Juli 2009 etwas anderes zu gelten hätte (vgl. Urteil vom 28. Oktober 2010 - BVerwG 2 C 10.09 -), bedarf hier keiner Entscheidung, weil für die geltend gemachte Feststellung eines zukünftigen Anspruchs die aktuelle Rechtslage maßgeblich ist. Artikel 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78/EG vermag eine nachteilige Behandlung der in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten gleichfalls nicht zu rechtfertigen, weil Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Verhütung von Straftaten oder des Schutzes der Gesundheit oder der Rechte und Freiheiten anderer nicht betroffen sind.

17

3.3 Die Richtlinie 2000/78/EG ist unmittelbar anwendbar, so dass sich der Kläger auf sie berufen kann.

18

Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat. Eine Unionsvorschrift ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung normiert, die an keine Bedingung geknüpft ist und zu ihrer Durchführung oder Wirksamkeit auch keiner weiteren Maßnahmen der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Sie ist hinreichend genau, um von einem Einzelnen geltend gemacht und vom Gericht angewandt werden zu können, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt (EuGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - Rs. C-194/08, Gassmayr - EuGRZ 2010, 712, Rn. 44 f. m.w.N.). Eine Richtlinie ist auch dann unmittelbar anwendbar, wenn Umsetzungsmaßnahmen zwar in Kraft getreten sind, diese aber eine vollständige Anwendung der Richtlinie nicht tatsächlich gewährleisten (EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks & Spencer - Slg. 2002, I-6325 Rn. 23 ff.).

19

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Denn die Richtlinie 2000/78/EG ist im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Gewährung der Hinterbliebenenversorgung nicht vollständig in deutsches Recht umgesetzt. Auch sind die maßgeblichen Richtlinienvorschriften inhaltlich unbedingt und hinreichend genau. Die Umsetzungsfrist ist abgelaufen.

20

Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Der Mitgliedstaat hat bei der Umsetzung der Richtlinie in rechtstechnischer Hinsicht daher eine gewisse Wahlfreiheit, doch muss er jedenfalls sicherstellen, dass die vollständige und effektive Anwendung der Richtlinie in hinreichend klarer und bestimmter Weise gewährleistet ist. Soweit die Richtlinie Ansprüche des Einzelnen begründen soll, muss insbesondere erreicht werden, dass die Begünstigten in der Lage sind, von ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese gegebenenfalls vor den nationalen Gerichten geltend zu machen (EuGH, Urteile vom 30. Mai 1991 - Rs. C-361/88, Kommission / Deutschland - Slg. 1991, I-2567 Rn. 15 und vom 13. Dezember 2007 - Rs. C-418/04 - Slg. 2007, I-10947 Rn. 157 f.). Rechtsvorschriften, die der Richtlinie entgegenstehen, müssen daher aufgehoben bzw. geändert oder es muss auf andere rechtstechnisch geeignete Weise und für die von der Richtlinie Begünstigten erkennbar erreicht werden, dass die sich aus der Richtlinie ergebende Rechtslage Bestandteil der mitgliedstaatlichen Rechtsordnung wird.

21

Diesen Anforderungen wird die Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG in den §§ 18 ff. und 28 BeamtVG nicht gerecht. Die Vorschriften schließen die hinterbliebenen Lebenspartner eines Beamten von der Gewährung der Hinterbliebenenversorgung nach den für Ehepartner geltenden Vorschriften aus. Insofern ist die Umsetzung der Richtlinie unvollständig geblieben; es wäre erforderlich gewesen, die einer Einbeziehung der Lebenspartnerschaften entgegenstehenden Vorschriften zu ändern und einen entsprechenden Anspruch im deutschen Recht zu verankern. Auch der Erlass des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897) hat nicht zu einer vollständigen Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG in deutsches Recht geführt. Zwar verfolgt es zur Umsetzung der Richtlinie das Ziel, Benachteiligungen aus den in § 1 AGG genannten Gründen - dazu zählen auch Benachteiligungen wegen der sexuellen Identität - zu verhindern oder zu beseitigen. Es begründet jedoch keine über die §§ 18 ff. und 28 BeamtVG hinausgehenden Leistungsansprüche; eine bloße Gewährung von Sekundäransprüchen auf Entschädigung und Schadensersatz schöpft den Gehalt der Richtlinie nicht aus.

22

Die maßgeblichen Vorschriften der Richtlinie 2000/78/EG - insbesondere Art. 1 bis 3 und 16 - sind inhaltlich unbedingt und hinreichend genau, so dass sie geeignet sind, unmittelbare Rechtswirkungen zu entfalten. Insbesondere ergibt sich aus Art. 16 Buchst. a zweifelsfrei die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, alle dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufenden Rechtsvorschriften aufzuheben bzw. zu ändern. Schließlich ist auch die Umsetzungsfrist seit dem 3. Dezember 2003 abgelaufen (Art. 18 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG).

23

3.4 Als Folge der unmittelbaren Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG sind §§ 18 ff. und 28 BeamtVG insoweit unanwendbar, als diese Vorschriften mit Unionsrecht nicht in Einklang stehen. Der sich aus dem Wortlaut der Vorschriften ergebende Ausschluss der Hinterbliebenen eines in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Beamten von der Gewährung der Hinterbliebenenversorgung für Verheiratete kann dem Anspruch des Klägers deshalb nicht entgegengesetzt werden. Vielmehr müssen die Vorschriften als Rechtsgrundlage für den Ausspruch der begehrten Feststellung so angewandt werden, dass sie nicht zu einer Diskriminierung von Beamten führen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben und sich im Übrigen in einer mit Eheleuten vergleichbaren Situation befinden. Dies kann nur dadurch geschehen, dass verpartnerte Beamtinnen und Beamte so behandelt werden wie verheiratete. Dass dies über die bloße Nichtanwendung eines Teils des Normtextes (vgl. dazu Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 72.08 - IÖD 2010, 125) hinausgeht und bedeutet, einen vom Normgeber geregelten Anspruch einer von ihm bewusst nicht erfassten Gruppe von Begünstigten zu gewähren, ist nicht zu beanstanden. Denn anders lässt sich im vorliegenden Fall die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2000/78/EG nicht herstellen. § 3 BeamtVG steht dem Anspruch deshalb nicht entgegen; das mitgliedstaatliche Gericht hat von mehreren denkbaren Möglichkeiten zur Umsetzung des Unionsrechts die effektivste zu wählen (EuGH, Urteil vom 22. Oktober 1998 - Rs. C-10/97, Ministerio delle Finanze - Slg. I - 6307).

24

Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (Art. 267 AEUV) bedarf es nicht, weil der Rechtsstreit keine klärungsbedürftigen Fragen aufwirft, die noch nicht Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof waren (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81, Cilfit u.a. - Slg. 1982, S. 3415).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. November 2010 - 14 Sa 1328/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu gewähren.

2

Die im Februar 1942 geborene Klägerin war in der Zeit vom 15. Juli 1997 bis zum 29. Februar 2008 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin tätig. Die Beschäftigung erfolgte zunächst auf der Grundlage eines unbefristeten Arbeitsvertrags. Vor der Vollendung des 65. Lebensjahres der Klägerin schlossen die Parteien am 2. Januar 2007 für die Zeit vom 1. März 2007 bis zum 29. Februar 2008 einen befristeten Arbeitsvertrag.

3

Im Dezember 1999 hatte der Geschäftsführer der Beklagten gegenüber den damals 90 Arbeitnehmern bekannt gegeben, dass beabsichtigt sei, künftig Betriebsrenten zu zahlen. Gegenüber der Klägerin und einem weiteren Mitarbeiter äußerte der Geschäftsführer, dass sie die bei einer Versicherung abgeschlossene Betriebsrente nicht erhielten, weil sie zu alt seien.

4

Die Beklagte gründete zur Durchführung der Altersversorgung im Jahr 1999 eine Unterstützungskasse, den D Versorgungswerk e.V. Allgemeine Regelungen der betrieblichen Altersversorgung wurden in einem Leistungsplan getroffen. Dieser bestimmt ua.:

        

„Präambel

        

Das D-Versorgungswerk e. V. gewährt den Zugehörigen des Unternehmens D GmbH Leistungen im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge gemäß der Satzung und den entsprechenden Gesetzen (Betr.AVG) für Unterstützungskassen. Der Leistungsplan gilt als allgemeine Regelung und ist in Verbindung mit den einzelnen Leistungszusagen zu sehen.

        

Dieser Leistungsplan hat seine Gültigkeit in seiner jetzigen Fassung und kann bei Bedarf vom Vorstand geändert werden, wenn dieses die Belange des Versorgungswerkes und/oder des Trägerunternehmens erforderlich machen.

                 
        

Leistungsarten und -form

        

Der Verein gewährt den Zugehörigen unterschiedlicher Gruppen des Trägerunternehmens Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in Form von Kapital- oder Rentenleistungen mit Erreichen der Altersgrenze nach Vollendung des 65. Lebensjahres.

        

…       

        

Aus heutiger Sicht sollen die Leistungsempfänger bei Erreichen der Altersgrenze mit Kapitalleistungen abgefunden werden. Je nach Entwicklung der Kassenlage können aber auch auf Beschluss des Vorstandes Rentenleistungen gewährt werden.

        

…“    

5

Die Leistung der betrieblichen Altersversorgung wird für den betreffenden Arbeitnehmer vom Versorgungswerk individuell berechnet.

6

In der Folgezeit erteilte die Beklagte denjenigen Mitarbeitern Einzelzusagen für die betriebliche Altersversorgung, die bestimmte, von der Beklagten formlos aufgestellte Voraussetzungen erfüllten; danach war der Bestand eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten am 31. Dezember 1999 und die Erreichbarkeit einer 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung erforderlich.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung von Versorgungsleistungen ab dem 1. März 2008. Der Geschäftsführer der Beklagten habe ihr im Dezember 1999 mitgeteilt, dass sie zwar keine Betriebsrente aus der abgeschlossenen Versicherung erhalte, er sich aber für sie etwas Entsprechendes einfallen lassen werde. Diese Erklärung habe sie so verstanden, dass sie eine anteilige Direktzahlung durch die Beklagte erhalten werde. Im April oder Mai 2000 habe der Geschäftsführer gegenüber den Mitarbeitern geäußert, sie müssten sich keine Gedanken über ihr Alter machen, da niemand weniger haben werde als das, was er jetzt bekomme. Außerdem habe er erklärt, Voraussetzung für eine Betriebsrente sei eine Betriebszugehörigkeit von mehr als zehn Jahren. Diese Voraussetzung erfülle sie. Von einer erreichbaren Betriebszugehörigkeitszeit von mindestens 15 Jahren bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung sei nicht die Rede gewesen. Eine solche Wartezeitregelung sei im Übrigen unzulässig. Sie sei sachwidrig und bewirke eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters und des Geschlechts. Die Beklagte schulde mindestens eine monatliche Rente iHv. 1.102,35 Euro brutto. Dies entspreche 50 vH ihrer zuletzt bezogenen Nettovergütung.

8

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 1. März 2008 eine monatliche Betriebsrente iHv. mindestens 1.102,35 Euro brutto monatlich zu zahlen oder in einer Summe abzugelten,

        

hilfsweise

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab 1. Oktober 2012 eine in das pflichtgemäße Ermessen der Beklagten gestellte Betriebsrente zu zahlen oder in einer Summe abzugelten und dabei die Klägerin so zu stellen, als seien vom Jahr 1999 an bis zum 29. Februar 2008 Beiträge an das D-Versorgungswerk e.V. für sie gezahlt worden,

        

2.    

die Berechnung der Betriebsrente nachvollziehbar darzulegen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, der Klägerin stehe keine betriebliche Altersversorgung zu. Voraussetzung für die Gewährung einer Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sei ua. die Erreichbarkeit einer mindestens 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zur gesetzlichen Regelaltersgrenze. Diese Voraussetzung habe die Klägerin nicht erfüllen können.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Anträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist mit dem Haupt- und dem ersten Hilfsantrag zulässig, aber unbegründet. Der zweite Hilfsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

12

I. Der Hauptantrag und der erste Hilfsantrag sind als Feststellungsanträge zulässig.

13

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, nämlich der Versorgungsverpflichtung der Beklagten ab dem 1. März 2008 (Hauptantrag) bzw. dem 1. Oktober 2012 (Hilfsantrag). Sie hat auch ein Interesse an alsbaldiger Feststellung dieses Rechtsverhältnisses, da die Beklagte die geltend gemachte Pflicht zur Versorgung der Klägerin durch Gewährung einer laufenden Betriebsrente oder einer einmaligen Kapitalzahlung leugnet. Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht, da die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte ermöglicht und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 15. November 2011 - 3 AZR 113/10 - Rn. 18, AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 27; 18. November 2003 - 3 AZR 655/02 - zu A der Gründe).

14

2. Der Haupt- und der erste Hilfsantrag sind hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagten die Wahl zwischen der Zahlung einer laufenden monatlichen Rentenleistung einerseits und der Zahlung einer einmaligen Kapitalleistung andererseits erhalten werden soll. Nach dem Leistungsplan des D Versorgungswerk e.V. hat die Beklagte eine Wahlschuld iSd. § 262 BGB. Eine Wahlschuld liegt vor, wenn mehrere Leistungen in der Weise geschuldet werden, dass nach späterer Wahl nur eine von ihnen zu erbringen ist. Auch eine Wahlschuld kann eine bestimmte Leistung sein, weil nur ein einheitlicher Anspruch besteht, der jedoch einen alternativen Inhalt hat (BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 473/09 - Rn. 24, BAGE 138, 68; Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 262 Rn. 1). Der Gläubiger muss in diesem Fall eine Klage mit alternativen Anträgen erheben (Palandt/Grüneberg § 264 Rn. 2). Dem hat die Klägerin mit ihrer Antragstellung entsprochen.

15

II. Die Klage ist mit dem Haupt- und dem ersten Hilfsantrag unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Klägerin ihren Anspruch nicht mit Erfolg auf eine ihr erteilte Versorgungszusage stützen kann. Die Klägerin erfüllt auch die von der Beklagten aufgestellten Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nicht, da sie keine 15-jährige Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zurücklegen konnte. Die Festlegung einer Mindestbetriebszugehörigkeit von 15 Jahren bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung als Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ist wirksam; sie verstößt weder gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters noch bewirkt sie eine Benachteiligung wegen des Geschlechts.

16

1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass sich aus den Äußerungen des Geschäftsführers der Beklagten im Dezember 1999 kein Anspruch der Klägerin auf Versorgungsleistungen ergibt. Der Geschäftsführer der Beklagten hat der Klägerin und einem weiteren Mitarbeiter ausdrücklich erklärt, dass sie keine betriebliche Altersversorgung erhielten, da sie wegen ihres Alters nicht zum Kreis der begünstigten Arbeitnehmer zählten. Die weitere von der Klägerin behauptete Erklärung, er werde sich für sie etwas Entsprechendes einfallen lassen, hat das Landesarbeitsgericht als unverbindliche Absichtserklärung ausgelegt. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

17

a) Bei der Äußerung des Geschäftsführers der Beklagten handelt es sich um eine nichttypische Willenserklärung. Deren Auslegung obliegt in erster Linie dem Gericht der Tatsacheninstanz und kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - Rn. 32 mwN, BAGE 134, 269; 17. Juli 2007 - 9 AZR 819/06 - Rn. 19, AP ZPO § 50 Nr. 17 = EzA TzBfG § 8 Nr. 17). Dies gilt auch, wenn es um die Frage geht, ob mit einer Erklärung überhaupt eine rechtsgeschäftliche Bindung eingegangen werden sollte (vgl. BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - aaO; BGH 6. Dezember 2006 - XII ZR 97/04 - Rn. 26 ff., BGHZ 170, 152).

18

b) Dieser eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung hält die Auslegung des Landesarbeitsgerichts stand. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die von der Klägerin behauptete Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten, er werde sich für sie etwas Entsprechendes einfallen lassen, sei nicht als verbindliche Zusage zu verstehen. Es handele sich lediglich um eine unverbindliche Absichtserklärung, entsprechende Überlegungen anstellen zu wollen. Folglich fehle es an einem Bindungswillen. Damit ist das Landesarbeitsgericht zu einem denkbaren Auslegungsergebnis gelangt. Revisible Rechtsfehler sind weder erkennbar noch von der Klägerin aufgezeigt. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landesarbeitsgericht die Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten nicht als „Scherzerklärung“ iSv. § 118 BGB gewürdigt. Das Landesarbeitsgericht hat vielmehr angenommen, aus der Erklärung lasse sich kein rechtsgeschäftlicher Bindungswille im Sinne der Erteilung einer Versorgungszusage ableiten.

19

2. Auch aus den von der Klägerin behaupteten Erklärungen des Geschäftsführers der Beklagten im April oder Mai 2000, dass sich niemand Gedanken über sein Alter machen müsse, weil die Beklagte eine Betriebsrente für alle Angestellten vorgesehen habe und es allen so gut gehen werde wie jetzt, folgt kein Anspruch der Klägerin auf Versorgungsleistungen. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass sich diese Erklärungen erkennbar auf den Personenkreis bezogen haben, der die von der Beklagten aufgestellten Voraussetzungen für die Erteilung einer Versorgungszusage erfüllte. Zudem habe einer solchen Äußerung nur entnommen werden können, dass in der Folgezeit Versorgungszusagen erteilt würden. Auch insoweit zeigt die Revision keine revisiblen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts bei der Auslegung dieser nichttypischen Erklärungen auf.

20

3. Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht unmittelbar auf eine von der Beklagten erteilte Gesamtzusage oder den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.

21

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war Voraussetzung für die Erteilung einer Versorgungszusage neben einem am 31. Dezember 1999 bestehenden Arbeitsverhältnis mit der Beklagten die Erreichbarkeit einer mindestens 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Zwar hatte die Beklagte zunächst erstinstanzlich vorgetragen, die Erteilung einer Versorgungszusage habe eine mögliche 15-jährige Betriebszugehörigkeit bis zum voraussichtlichen altersbedingten Ende des Arbeitsverhältnisses vorausgesetzt. Erst in zweiter Instanz hat sich die Beklagte auf eine mindestens 15-jährige Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung berufen. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch zu Recht angenommen, dass auch mit dem voraussichtlichen altersbedingten Ende des Arbeitsverhältnisses das Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze gemeint war. Von einem altersbedingten Ende des Arbeitsverhältnisses kann nur dann gesprochen werden, wenn das Arbeitsverhältnis wegen der Vollendung eines bestimmten Lebensjahres beendet wird. Typischerweise werden nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung in der betrieblichen Altersversorgung keine weiteren Versorgungsanwartschaften erworben und die Mehrzahl der Arbeitnehmer scheidet spätestens mit Erreichen dieser Regelaltersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis aus. Deshalb ist es unerheblich, dass der ursprüngliche Arbeitsvertrag der Klägerin vom 30. Juni 1998 nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung oder eine sonstige Altersgrenze vorsah. Im Übrigen ging auch die Klägerin zunächst erkennbar davon aus, dass ihr Arbeitsverhältnis bei Erreichen der Regelaltersgrenze mit der Vollendung des 65. Lebensjahres im Februar 2007 enden würde; ansonsten hätte keine Veranlassung dafür bestanden, für die Zeit vom 1. März 2007 bis zum 29. Februar 2008 einen befristeten Arbeitsvertrag mit der Beklagten abzuschließen.

22

b) Die Klägerin konnte eine 15-jährige Betriebszugehörigkeit vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erreichen. Sie ist am 15. Juli 1997 in das Arbeitsverhältnis mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eingetreten und hat die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Vollendung ihres 65. Lebensjahres im Februar 2007 erreicht. Dies ist ein Zeitraum von weniger als 15 Jahren.

23

4. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nicht deshalb zu, weil die von der Beklagten aufgestellte Voraussetzung einer mindestens 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam wäre. Dies ist nicht der Fall. Die Festlegung einer Mindestbetriebszugehörigkeit von 15 Jahren bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung bewirkt keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters oder des Geschlechts.

24

a) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen der in § 1 AGG genannten Gründe, ua. wegen des Alters und des Geschlechts, benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 1 AGG gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam(BAG 11. Dezember 2012 - 3 AZR 634/10 - Rn. 17; 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 33, BAGE 131, 298).

25

b) Das Erfordernis einer mindestens 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung bewirkt keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters. Es kann dahinstehen, ob die Festlegung einer erreichbaren 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung als Zugangsvoraussetzung für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ältere Arbeitnehmer unmittelbar wegen ihres Alters benachteiligt, weil sie ab einem bestimmten Lebensalter von der betrieblichen Altersversorgung ausgeschlossen werden, oder ob lediglich eine mittelbare Diskriminierung denkbar ist. Selbst eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters wäre nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt. Dies schließt auch eine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters aus (vgl. BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 40 mwN, BAGE 131, 61; 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 35, BAGE 131, 298).

26

aa) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine Aufzählung von Tatbeständen, wonach derartige unterschiedliche Behandlungen insbesondere gerechtfertigt sein können. Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist dies der Fall bei der Festsetzung von Altersgrenzen bei betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente. Indem der Gesetzgeber den in Nr. 4 geregelten Tatbestand in die Rechtfertigungsgründe des § 10 Satz 3 AGG eingeordnet hat, hat er zum Ausdruck gebracht, dass die Festsetzung von Altersgrenzen für den Zugang zu betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit und damit auch zur betrieblichen Altersversorgung und für den Bezug von Altersrente grundsätzlich als ein von einem legitimen Ziel getragenes Mittel iSv. § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG zulässig sein soll. Da eine solche Altersgrenze in der jeweiligen Versorgungsregelung festzusetzen ist, muss die konkret gewählte Altersgrenze iSv. § 10 Satz 2 AGG angemessen sein.

27

bb) § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 S. 16, im Folgenden: Richtlinie 2000/78/EG) in das nationale Recht. Die Bestimmung ist mit Unionsrecht vereinbar (vgl. ausführlich BAG 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 37 ff., BAGE 131, 298).

28

(1) Nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Für den Bereich der Versorgung im Alter enthält Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG eine Spezialregelung. Danach können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt. Die Mitgliedstaaten sind demnach, soweit es um diese Systeme geht, bei der Umsetzung in nationales Recht nicht verpflichtet, die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG einzuhalten. Die Festsetzung von Altersgrenzen in den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit ist somit unionsrechtlich in der Regel zulässig. Damit werden Hindernisse, die der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung entgegenstehen können, beseitigt (vgl. BAG 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 40, BAGE 131, 298).

29

(2) Diesen Vorgaben genügt § 10 AGG. Der nationale Gesetzgeber hat Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG nahezu unverändert in das nationale Recht übernommen. Indem er die Nr. 4 in die Rechtfertigungsgründe des § 10 Satz 3 AGG eingeordnet und somit § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG für anwendbar erklärt hat, ist er über die Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG hinausgegangen. Zwar findet sich im Gesetzestext die in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG enthaltene Einschränkung „solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt“, nicht wieder. Das bedeutet aber nicht, dass § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG hinter Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG zurückbliebe. Ausweislich der Entstehungsgeschichte der Vorschrift darf nach dem Willen des nationalen Gesetzgebers die Festsetzung von Altersgrenzen nicht zu einer Benachteiligung wegen des Geschlechts oder wegen eines anderen in § 1 AGG genannten Grundes führen(BT-Drucks. 16/1780 S. 36). Dies ergibt sich auch daraus, dass eine Regelung, die zu einer Diskriminierung wegen des Geschlechts führt, nicht iSv. § 10 Satz 2 AGG angemessen sein kann. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der nationale Gesetzgeber davon abgesehen hat, konkrete Altersgrenzen für die Teilnahme an einer betrieblichen Altersversorgung oder die Aufnahme in ein Versorgungswerk selbst zu bestimmen. Der Gesetzgeber muss die wegen eines sozialpolitischen Ziels für geboten erachtete Ungleichbehandlung nicht im Detail selbst regeln, sondern kann Gestaltungs- und Beurteilungsspielräume einräumen (vgl. EuGH 16. Oktober 2007 - C-411/05 - [Palacios de la Villa] Rn. 68, 74, Slg. 2007, I-8531; BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 37, BAGE 131, 61; 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 41, BAGE 138, 298).

30

cc) Das vom nationalen Gesetzgeber verfolgte Ziel der Förderung der betrieblichen Altersversorgung ist ein legitimes Ziel iSd. § 10 Satz 1 AGG. Um dieses Ziel zu fördern, hat der Gesetzgeber mit § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG zur Gestaltung der betrieblichen Altersversorgung das Mittel der Festsetzung von Altersgrenzen in Versorgungsordnungen zur Verfügung gestellt. Von dieser Möglichkeit kann grundsätzlich auch der einzelne Arbeitgeber bei der Schaffung von Versorgungsregelungen Gebrauch machen. Allerdings muss die konkret festgelegte Altersgrenze nach § 10 Satz 2 AGG angemessen sein. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber diejenigen Arbeitnehmer von der betrieblichen Altersversorgung ausnimmt, die von ihrem Eintritt in das Arbeitsverhältnis bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung eine 15-jährige Betriebszugehörigkeit nicht erreichen können.

31

(1) Dem Arbeitgeber steht bei freiwilligen zusätzlichen Leistungen - wozu Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zählen - ein von den Gerichten zu respektierender Gestaltungs- und Ermessensspielraum zu (vgl. BAG 22. Dezember 1970 - 3 AZR 52/70 - zu III 3 a der Gründe, AP BGB § 305 Billigkeitskontrolle Nr. 2 = EzA BGB § 315 Nr. 4; 18. September 2001 - 3 AZR 656/00 - zu 2 a der Gründe, BAGE 99, 53; 19. August 2008 - 3 AZR 194/07 - Rn. 23, BAGE 127, 260). Dies ist seiner Bereitschaft geschuldet, sich freiwillig zu einer von ihm zu finanzierenden betrieblichen Zusatzversorgung zu verpflichten. Durch die Festlegung der Voraussetzungen für die Zusage einer betrieblichen Altersversorgung bestimmt der Arbeitgeber zudem seinen Dotierungsrahmen. Diese Gestaltungsfreiheit eröffnet dem Arbeitgeber grundsätzlich die Möglichkeit, einen Zeitraum festzulegen, den ein Arbeitnehmer mindestens im Arbeitsverhältnis zurückgelegt haben muss, um einen Versorgungsanspruch zu erwerben (vgl. BAG 24. Februar 2004 - 3 AZR 5/03 - zu II 1 der Gründe, BAGE 109, 354).

32

(2) Allerdings darf der Arbeitgeber bei der Festlegung einer Höchstaltersgrenze oder einer Mindestbetriebszugehörigkeit als Voraussetzung für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung die berechtigten Belange der betroffenen Arbeitnehmer nicht außer Acht lassen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die betriebliche Altersversorgung nicht nur Versorgungs-, sondern auch Entgeltcharakter hat (vgl. hierzu etwa BVerfG 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - Rn. 107, BVerfGE 124, 199; BAG 5. September 1989 - 3 AZR 575/88 - zu I 1 der Gründe, BAGE 62, 345; BGH 20. September 2006 - IV ZR 304/04 - Rn. 17, BGHZ 169, 122) und eine anspruchsausschließende Wartezeit in Form einer Mindestbetriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung oder eine Höchstaltersgrenze dazu führt, dass die hiervon betroffenen Arbeitnehmer für die gesamte von ihnen geleistete Betriebstreue keine betriebliche Altersversorgung erhalten. Damit dürfte etwa eine Regelung, die zur Folge hat, dass während eines beträchtlichen Teils eines typischen Erwerbslebens keine Versorgungsanwartschaften erworben werden können, nicht zu vereinbaren sein. Eine Höchstaltersgrenze oder die Festlegung einer Mindestbetriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung als Anspruchsvoraussetzung für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung darf auch nicht zu einer mittelbaren Benachteiligung von Frauen führen. Deshalb ist bei einer solchen Regelung darauf Bedacht zu nehmen, dass Frauen häufig nach einer familiär bedingten Unterbrechung der Berufstätigkeit zur Kinderbetreuung und -erziehung in das Erwerbsleben zurückkehren und ihnen auch in der Folgezeit grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet werden soll, noch Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung zu erwerben.

33

(3) Danach werden die Interessen der Arbeitnehmer durch die Festlegung einer mindestens 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht unangemessen beeinträchtigt. Zwar können Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis innerhalb der letzten 15 Jahre vor dem gesetzlichen Rentenalter beginnt, keine Versorgungsanwartschaften erwerben. Im Hinblick darauf, dass ein Erwerbsleben bei typisierender Betrachtung mindestens 40 Jahre und mehr umfasst, ist dies jedoch noch hinnehmbar, zumal diese Arbeitnehmer bereits in vorangegangenen Arbeitsverhältnissen die Möglichkeit hatten, Betriebsrentenanwartschaften zu erdienen.

34

Das Erfordernis einer mindestens 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung führt auch nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung von Frauen. Bei typisierender Betrachtung ist mit dem Wiedereintritt in das Berufsleben nach Zeiten der Kindererziehung bereits vor der Vollendung des 50. Lebensjahres zu rechnen. Ob an der vom Senat bislang vertretenen Auffassung, wonach leistungsausschließende Wartezeiten von 20 Jahren zulässig sind (vgl. BAG 24. Februar 2004 - 3 AZR 5/03 - zu II 1 der Gründe, BAGE 109, 354) festgehalten werden kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

35

(4) Der Zulässigkeit der Festlegung einer bis zum gesetzlichen Rentenalter erreichbaren Mindestbetriebszugehörigkeit von 15 Jahren in einer Versorgungsregelung stehen entgegen der Auffassung der Klägerin die kürzeren gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen nach § 1b BetrAVG - ggf. iVm. § 30f BetrAVG - nicht entgegen. Diese sind von Wartezeitregelungen in Versorgungsordnungen grundlegend zu unterscheiden.

36

Mit den gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen hat der Gesetzgeber im Anschluss an die Rechtsprechung des Senats (vgl. BAG 10. März 1972 3 AZR 278/71 - BAGE 24, 177) aufgrund des schützenswerten Vertrauens der von einer Versorgungszusage begünstigten Arbeitnehmer in das privatautonome Versorgungsversprechen eingegriffen und schon demjenigen eine rechtlich geschützte Rechtsposition zuerkannt, der zwar nicht die für die Versorgungsleistung erwartete Gegenleistung - Betriebstreue bis zum Versorgungsfall - wohl aber einen Teil hiervon erbracht hat, den der Gesetzgeber als so wesentlich eingeschätzt hat, dass nach seinem Ablauf ein rechtlich zu schützendes Vertrauen der begünstigten Arbeitnehmer darauf entstanden ist, die auch im Hinblick auf die in Aussicht gestellten Versorgungsleistungen erbrachte Arbeitsleistung werde selbst bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht gänzlich ohne Gegenleistung in Form von Versorgungsentgelt bleiben (vgl. BAG 24. Februar 2004 - 3 AZR 5/03 - zu II 1 der Gründe, BAGE 109, 354).

37

Nach § 1b Abs. 1 Satz 5 BetrAVG wird der Ablauf einer in einer Versorgungsordnung festgelegten Wartezeit durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erfüllung der für die Unverfallbarkeit einer Versorgungsanwartschaft erforderlichen Beschäftigungszeit nicht berührt. Eine unverfallbare Anwartschaft und der sich daraus nach § 2 BetrAVG ergebende Teilanspruch besteht daher auch dann, wenn die in der Versorgungsordnung bestimmte Wartezeit beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis noch nicht abgelaufen ist; dabei wird der (Teil-)Anspruch entsprechend der Versorgungszusage frühestens dann fällig, wenn die Wartezeit abgelaufen ist (BAG 7. Juli 1977 - 3 AZR 422/76 - AP BetrAVG § 1 Wartezeit Nr. 1 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 2; 3. Mai 1983 - 3 AZR 1263/79 - BAGE 42, 312). Umgekehrt erwirbt ein Arbeitnehmer, der aus der Sicht bei Vertragsbeginn die Wartezeit als Voraussetzung für den Vollanspruch bis zur voraussichtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erreichen kann, keine unverfallbare Anwartschaft, wenn er die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen im Betrieb zurückgelegt hat. Wer aufgrund der privatautonom festgelegten Anspruchsvoraussetzungen nie darauf vertrauen durfte, dass er einen vollen Versorgungsanspruch erwerben würde, kann auch keine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erwerben (vgl. BAG 7. Juli 1977 - 3 AZR 570/76 - BAGE 29, 227; 24. Februar 2004 - 3 AZR 5/03 - zu II 1 der Gründe, BAGE 109, 354).

38

Die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen sind daher kein Maßstab für die Angemessenheit einer in einer Versorgungsregelung vorgesehenen Wartezeit.

39

(5) Der Senat kann über die Vereinbarkeit der Regelung mit Unionsrecht selbst entscheiden. Es besteht keine Verpflichtung, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zu richten (Art. 267 Abs. 3 AEUV).

40

Die Auslegung des den Vorschriften des AGG zugrunde liegenden unionsrechtlichen Grundsatzes des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters einschließlich des Rückgriffs auf die Richtlinie 2000/78/EG zu dessen Konkretisierung ist durch die Entscheidungen des Gerichtshofs in der Rechtssache „Kücükdeveci“ (EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - Slg. 2010, I-365) und in der Rechtssache „Prigge ua.“ (EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 23 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22) geklärt, so dass eine Vorlagepflicht entfällt (vgl. EuGH 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 - [C.I.L.F.I.T.] Slg. 1982 S. 3415). Ob ein Grund iSd. Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG gegeben ist, der eine Diskriminierung wegen des Alters ausschließt, ist von den nationalen Gerichten zu prüfen(EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 47 ff., Slg. 2009, I-1569).

41

III. Der zweite Hilfsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er ist nur für den Fall des Obsiegens mit dem ersten Hilfsantrag gestellt. Diese innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.

42

IV. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Knüttel    

        

    Rau    

                 

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. November 2010 - 14 Sa 1328/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu gewähren.

2

Die im Februar 1942 geborene Klägerin war in der Zeit vom 15. Juli 1997 bis zum 29. Februar 2008 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin tätig. Die Beschäftigung erfolgte zunächst auf der Grundlage eines unbefristeten Arbeitsvertrags. Vor der Vollendung des 65. Lebensjahres der Klägerin schlossen die Parteien am 2. Januar 2007 für die Zeit vom 1. März 2007 bis zum 29. Februar 2008 einen befristeten Arbeitsvertrag.

3

Im Dezember 1999 hatte der Geschäftsführer der Beklagten gegenüber den damals 90 Arbeitnehmern bekannt gegeben, dass beabsichtigt sei, künftig Betriebsrenten zu zahlen. Gegenüber der Klägerin und einem weiteren Mitarbeiter äußerte der Geschäftsführer, dass sie die bei einer Versicherung abgeschlossene Betriebsrente nicht erhielten, weil sie zu alt seien.

4

Die Beklagte gründete zur Durchführung der Altersversorgung im Jahr 1999 eine Unterstützungskasse, den D Versorgungswerk e.V. Allgemeine Regelungen der betrieblichen Altersversorgung wurden in einem Leistungsplan getroffen. Dieser bestimmt ua.:

        

„Präambel

        

Das D-Versorgungswerk e. V. gewährt den Zugehörigen des Unternehmens D GmbH Leistungen im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge gemäß der Satzung und den entsprechenden Gesetzen (Betr.AVG) für Unterstützungskassen. Der Leistungsplan gilt als allgemeine Regelung und ist in Verbindung mit den einzelnen Leistungszusagen zu sehen.

        

Dieser Leistungsplan hat seine Gültigkeit in seiner jetzigen Fassung und kann bei Bedarf vom Vorstand geändert werden, wenn dieses die Belange des Versorgungswerkes und/oder des Trägerunternehmens erforderlich machen.

                 
        

Leistungsarten und -form

        

Der Verein gewährt den Zugehörigen unterschiedlicher Gruppen des Trägerunternehmens Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in Form von Kapital- oder Rentenleistungen mit Erreichen der Altersgrenze nach Vollendung des 65. Lebensjahres.

        

…       

        

Aus heutiger Sicht sollen die Leistungsempfänger bei Erreichen der Altersgrenze mit Kapitalleistungen abgefunden werden. Je nach Entwicklung der Kassenlage können aber auch auf Beschluss des Vorstandes Rentenleistungen gewährt werden.

        

…“    

5

Die Leistung der betrieblichen Altersversorgung wird für den betreffenden Arbeitnehmer vom Versorgungswerk individuell berechnet.

6

In der Folgezeit erteilte die Beklagte denjenigen Mitarbeitern Einzelzusagen für die betriebliche Altersversorgung, die bestimmte, von der Beklagten formlos aufgestellte Voraussetzungen erfüllten; danach war der Bestand eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten am 31. Dezember 1999 und die Erreichbarkeit einer 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung erforderlich.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung von Versorgungsleistungen ab dem 1. März 2008. Der Geschäftsführer der Beklagten habe ihr im Dezember 1999 mitgeteilt, dass sie zwar keine Betriebsrente aus der abgeschlossenen Versicherung erhalte, er sich aber für sie etwas Entsprechendes einfallen lassen werde. Diese Erklärung habe sie so verstanden, dass sie eine anteilige Direktzahlung durch die Beklagte erhalten werde. Im April oder Mai 2000 habe der Geschäftsführer gegenüber den Mitarbeitern geäußert, sie müssten sich keine Gedanken über ihr Alter machen, da niemand weniger haben werde als das, was er jetzt bekomme. Außerdem habe er erklärt, Voraussetzung für eine Betriebsrente sei eine Betriebszugehörigkeit von mehr als zehn Jahren. Diese Voraussetzung erfülle sie. Von einer erreichbaren Betriebszugehörigkeitszeit von mindestens 15 Jahren bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung sei nicht die Rede gewesen. Eine solche Wartezeitregelung sei im Übrigen unzulässig. Sie sei sachwidrig und bewirke eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters und des Geschlechts. Die Beklagte schulde mindestens eine monatliche Rente iHv. 1.102,35 Euro brutto. Dies entspreche 50 vH ihrer zuletzt bezogenen Nettovergütung.

8

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 1. März 2008 eine monatliche Betriebsrente iHv. mindestens 1.102,35 Euro brutto monatlich zu zahlen oder in einer Summe abzugelten,

        

hilfsweise

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab 1. Oktober 2012 eine in das pflichtgemäße Ermessen der Beklagten gestellte Betriebsrente zu zahlen oder in einer Summe abzugelten und dabei die Klägerin so zu stellen, als seien vom Jahr 1999 an bis zum 29. Februar 2008 Beiträge an das D-Versorgungswerk e.V. für sie gezahlt worden,

        

2.    

die Berechnung der Betriebsrente nachvollziehbar darzulegen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, der Klägerin stehe keine betriebliche Altersversorgung zu. Voraussetzung für die Gewährung einer Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sei ua. die Erreichbarkeit einer mindestens 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zur gesetzlichen Regelaltersgrenze. Diese Voraussetzung habe die Klägerin nicht erfüllen können.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Anträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist mit dem Haupt- und dem ersten Hilfsantrag zulässig, aber unbegründet. Der zweite Hilfsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

12

I. Der Hauptantrag und der erste Hilfsantrag sind als Feststellungsanträge zulässig.

13

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, nämlich der Versorgungsverpflichtung der Beklagten ab dem 1. März 2008 (Hauptantrag) bzw. dem 1. Oktober 2012 (Hilfsantrag). Sie hat auch ein Interesse an alsbaldiger Feststellung dieses Rechtsverhältnisses, da die Beklagte die geltend gemachte Pflicht zur Versorgung der Klägerin durch Gewährung einer laufenden Betriebsrente oder einer einmaligen Kapitalzahlung leugnet. Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht, da die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte ermöglicht und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 15. November 2011 - 3 AZR 113/10 - Rn. 18, AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 27; 18. November 2003 - 3 AZR 655/02 - zu A der Gründe).

14

2. Der Haupt- und der erste Hilfsantrag sind hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagten die Wahl zwischen der Zahlung einer laufenden monatlichen Rentenleistung einerseits und der Zahlung einer einmaligen Kapitalleistung andererseits erhalten werden soll. Nach dem Leistungsplan des D Versorgungswerk e.V. hat die Beklagte eine Wahlschuld iSd. § 262 BGB. Eine Wahlschuld liegt vor, wenn mehrere Leistungen in der Weise geschuldet werden, dass nach späterer Wahl nur eine von ihnen zu erbringen ist. Auch eine Wahlschuld kann eine bestimmte Leistung sein, weil nur ein einheitlicher Anspruch besteht, der jedoch einen alternativen Inhalt hat (BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 473/09 - Rn. 24, BAGE 138, 68; Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 262 Rn. 1). Der Gläubiger muss in diesem Fall eine Klage mit alternativen Anträgen erheben (Palandt/Grüneberg § 264 Rn. 2). Dem hat die Klägerin mit ihrer Antragstellung entsprochen.

15

II. Die Klage ist mit dem Haupt- und dem ersten Hilfsantrag unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Klägerin ihren Anspruch nicht mit Erfolg auf eine ihr erteilte Versorgungszusage stützen kann. Die Klägerin erfüllt auch die von der Beklagten aufgestellten Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nicht, da sie keine 15-jährige Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zurücklegen konnte. Die Festlegung einer Mindestbetriebszugehörigkeit von 15 Jahren bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung als Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ist wirksam; sie verstößt weder gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters noch bewirkt sie eine Benachteiligung wegen des Geschlechts.

16

1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass sich aus den Äußerungen des Geschäftsführers der Beklagten im Dezember 1999 kein Anspruch der Klägerin auf Versorgungsleistungen ergibt. Der Geschäftsführer der Beklagten hat der Klägerin und einem weiteren Mitarbeiter ausdrücklich erklärt, dass sie keine betriebliche Altersversorgung erhielten, da sie wegen ihres Alters nicht zum Kreis der begünstigten Arbeitnehmer zählten. Die weitere von der Klägerin behauptete Erklärung, er werde sich für sie etwas Entsprechendes einfallen lassen, hat das Landesarbeitsgericht als unverbindliche Absichtserklärung ausgelegt. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

17

a) Bei der Äußerung des Geschäftsführers der Beklagten handelt es sich um eine nichttypische Willenserklärung. Deren Auslegung obliegt in erster Linie dem Gericht der Tatsacheninstanz und kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - Rn. 32 mwN, BAGE 134, 269; 17. Juli 2007 - 9 AZR 819/06 - Rn. 19, AP ZPO § 50 Nr. 17 = EzA TzBfG § 8 Nr. 17). Dies gilt auch, wenn es um die Frage geht, ob mit einer Erklärung überhaupt eine rechtsgeschäftliche Bindung eingegangen werden sollte (vgl. BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - aaO; BGH 6. Dezember 2006 - XII ZR 97/04 - Rn. 26 ff., BGHZ 170, 152).

18

b) Dieser eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung hält die Auslegung des Landesarbeitsgerichts stand. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die von der Klägerin behauptete Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten, er werde sich für sie etwas Entsprechendes einfallen lassen, sei nicht als verbindliche Zusage zu verstehen. Es handele sich lediglich um eine unverbindliche Absichtserklärung, entsprechende Überlegungen anstellen zu wollen. Folglich fehle es an einem Bindungswillen. Damit ist das Landesarbeitsgericht zu einem denkbaren Auslegungsergebnis gelangt. Revisible Rechtsfehler sind weder erkennbar noch von der Klägerin aufgezeigt. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landesarbeitsgericht die Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten nicht als „Scherzerklärung“ iSv. § 118 BGB gewürdigt. Das Landesarbeitsgericht hat vielmehr angenommen, aus der Erklärung lasse sich kein rechtsgeschäftlicher Bindungswille im Sinne der Erteilung einer Versorgungszusage ableiten.

19

2. Auch aus den von der Klägerin behaupteten Erklärungen des Geschäftsführers der Beklagten im April oder Mai 2000, dass sich niemand Gedanken über sein Alter machen müsse, weil die Beklagte eine Betriebsrente für alle Angestellten vorgesehen habe und es allen so gut gehen werde wie jetzt, folgt kein Anspruch der Klägerin auf Versorgungsleistungen. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass sich diese Erklärungen erkennbar auf den Personenkreis bezogen haben, der die von der Beklagten aufgestellten Voraussetzungen für die Erteilung einer Versorgungszusage erfüllte. Zudem habe einer solchen Äußerung nur entnommen werden können, dass in der Folgezeit Versorgungszusagen erteilt würden. Auch insoweit zeigt die Revision keine revisiblen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts bei der Auslegung dieser nichttypischen Erklärungen auf.

20

3. Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht unmittelbar auf eine von der Beklagten erteilte Gesamtzusage oder den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.

21

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war Voraussetzung für die Erteilung einer Versorgungszusage neben einem am 31. Dezember 1999 bestehenden Arbeitsverhältnis mit der Beklagten die Erreichbarkeit einer mindestens 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Zwar hatte die Beklagte zunächst erstinstanzlich vorgetragen, die Erteilung einer Versorgungszusage habe eine mögliche 15-jährige Betriebszugehörigkeit bis zum voraussichtlichen altersbedingten Ende des Arbeitsverhältnisses vorausgesetzt. Erst in zweiter Instanz hat sich die Beklagte auf eine mindestens 15-jährige Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung berufen. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch zu Recht angenommen, dass auch mit dem voraussichtlichen altersbedingten Ende des Arbeitsverhältnisses das Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze gemeint war. Von einem altersbedingten Ende des Arbeitsverhältnisses kann nur dann gesprochen werden, wenn das Arbeitsverhältnis wegen der Vollendung eines bestimmten Lebensjahres beendet wird. Typischerweise werden nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung in der betrieblichen Altersversorgung keine weiteren Versorgungsanwartschaften erworben und die Mehrzahl der Arbeitnehmer scheidet spätestens mit Erreichen dieser Regelaltersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis aus. Deshalb ist es unerheblich, dass der ursprüngliche Arbeitsvertrag der Klägerin vom 30. Juni 1998 nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung oder eine sonstige Altersgrenze vorsah. Im Übrigen ging auch die Klägerin zunächst erkennbar davon aus, dass ihr Arbeitsverhältnis bei Erreichen der Regelaltersgrenze mit der Vollendung des 65. Lebensjahres im Februar 2007 enden würde; ansonsten hätte keine Veranlassung dafür bestanden, für die Zeit vom 1. März 2007 bis zum 29. Februar 2008 einen befristeten Arbeitsvertrag mit der Beklagten abzuschließen.

22

b) Die Klägerin konnte eine 15-jährige Betriebszugehörigkeit vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erreichen. Sie ist am 15. Juli 1997 in das Arbeitsverhältnis mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eingetreten und hat die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Vollendung ihres 65. Lebensjahres im Februar 2007 erreicht. Dies ist ein Zeitraum von weniger als 15 Jahren.

23

4. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nicht deshalb zu, weil die von der Beklagten aufgestellte Voraussetzung einer mindestens 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam wäre. Dies ist nicht der Fall. Die Festlegung einer Mindestbetriebszugehörigkeit von 15 Jahren bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung bewirkt keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters oder des Geschlechts.

24

a) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen der in § 1 AGG genannten Gründe, ua. wegen des Alters und des Geschlechts, benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 1 AGG gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam(BAG 11. Dezember 2012 - 3 AZR 634/10 - Rn. 17; 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 33, BAGE 131, 298).

25

b) Das Erfordernis einer mindestens 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung bewirkt keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters. Es kann dahinstehen, ob die Festlegung einer erreichbaren 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung als Zugangsvoraussetzung für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ältere Arbeitnehmer unmittelbar wegen ihres Alters benachteiligt, weil sie ab einem bestimmten Lebensalter von der betrieblichen Altersversorgung ausgeschlossen werden, oder ob lediglich eine mittelbare Diskriminierung denkbar ist. Selbst eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters wäre nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt. Dies schließt auch eine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters aus (vgl. BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 40 mwN, BAGE 131, 61; 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 35, BAGE 131, 298).

26

aa) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine Aufzählung von Tatbeständen, wonach derartige unterschiedliche Behandlungen insbesondere gerechtfertigt sein können. Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist dies der Fall bei der Festsetzung von Altersgrenzen bei betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente. Indem der Gesetzgeber den in Nr. 4 geregelten Tatbestand in die Rechtfertigungsgründe des § 10 Satz 3 AGG eingeordnet hat, hat er zum Ausdruck gebracht, dass die Festsetzung von Altersgrenzen für den Zugang zu betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit und damit auch zur betrieblichen Altersversorgung und für den Bezug von Altersrente grundsätzlich als ein von einem legitimen Ziel getragenes Mittel iSv. § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG zulässig sein soll. Da eine solche Altersgrenze in der jeweiligen Versorgungsregelung festzusetzen ist, muss die konkret gewählte Altersgrenze iSv. § 10 Satz 2 AGG angemessen sein.

27

bb) § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 S. 16, im Folgenden: Richtlinie 2000/78/EG) in das nationale Recht. Die Bestimmung ist mit Unionsrecht vereinbar (vgl. ausführlich BAG 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 37 ff., BAGE 131, 298).

28

(1) Nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Für den Bereich der Versorgung im Alter enthält Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG eine Spezialregelung. Danach können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt. Die Mitgliedstaaten sind demnach, soweit es um diese Systeme geht, bei der Umsetzung in nationales Recht nicht verpflichtet, die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG einzuhalten. Die Festsetzung von Altersgrenzen in den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit ist somit unionsrechtlich in der Regel zulässig. Damit werden Hindernisse, die der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung entgegenstehen können, beseitigt (vgl. BAG 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 40, BAGE 131, 298).

29

(2) Diesen Vorgaben genügt § 10 AGG. Der nationale Gesetzgeber hat Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG nahezu unverändert in das nationale Recht übernommen. Indem er die Nr. 4 in die Rechtfertigungsgründe des § 10 Satz 3 AGG eingeordnet und somit § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG für anwendbar erklärt hat, ist er über die Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG hinausgegangen. Zwar findet sich im Gesetzestext die in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG enthaltene Einschränkung „solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt“, nicht wieder. Das bedeutet aber nicht, dass § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG hinter Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG zurückbliebe. Ausweislich der Entstehungsgeschichte der Vorschrift darf nach dem Willen des nationalen Gesetzgebers die Festsetzung von Altersgrenzen nicht zu einer Benachteiligung wegen des Geschlechts oder wegen eines anderen in § 1 AGG genannten Grundes führen(BT-Drucks. 16/1780 S. 36). Dies ergibt sich auch daraus, dass eine Regelung, die zu einer Diskriminierung wegen des Geschlechts führt, nicht iSv. § 10 Satz 2 AGG angemessen sein kann. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der nationale Gesetzgeber davon abgesehen hat, konkrete Altersgrenzen für die Teilnahme an einer betrieblichen Altersversorgung oder die Aufnahme in ein Versorgungswerk selbst zu bestimmen. Der Gesetzgeber muss die wegen eines sozialpolitischen Ziels für geboten erachtete Ungleichbehandlung nicht im Detail selbst regeln, sondern kann Gestaltungs- und Beurteilungsspielräume einräumen (vgl. EuGH 16. Oktober 2007 - C-411/05 - [Palacios de la Villa] Rn. 68, 74, Slg. 2007, I-8531; BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 37, BAGE 131, 61; 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 41, BAGE 138, 298).

30

cc) Das vom nationalen Gesetzgeber verfolgte Ziel der Förderung der betrieblichen Altersversorgung ist ein legitimes Ziel iSd. § 10 Satz 1 AGG. Um dieses Ziel zu fördern, hat der Gesetzgeber mit § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG zur Gestaltung der betrieblichen Altersversorgung das Mittel der Festsetzung von Altersgrenzen in Versorgungsordnungen zur Verfügung gestellt. Von dieser Möglichkeit kann grundsätzlich auch der einzelne Arbeitgeber bei der Schaffung von Versorgungsregelungen Gebrauch machen. Allerdings muss die konkret festgelegte Altersgrenze nach § 10 Satz 2 AGG angemessen sein. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber diejenigen Arbeitnehmer von der betrieblichen Altersversorgung ausnimmt, die von ihrem Eintritt in das Arbeitsverhältnis bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung eine 15-jährige Betriebszugehörigkeit nicht erreichen können.

31

(1) Dem Arbeitgeber steht bei freiwilligen zusätzlichen Leistungen - wozu Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zählen - ein von den Gerichten zu respektierender Gestaltungs- und Ermessensspielraum zu (vgl. BAG 22. Dezember 1970 - 3 AZR 52/70 - zu III 3 a der Gründe, AP BGB § 305 Billigkeitskontrolle Nr. 2 = EzA BGB § 315 Nr. 4; 18. September 2001 - 3 AZR 656/00 - zu 2 a der Gründe, BAGE 99, 53; 19. August 2008 - 3 AZR 194/07 - Rn. 23, BAGE 127, 260). Dies ist seiner Bereitschaft geschuldet, sich freiwillig zu einer von ihm zu finanzierenden betrieblichen Zusatzversorgung zu verpflichten. Durch die Festlegung der Voraussetzungen für die Zusage einer betrieblichen Altersversorgung bestimmt der Arbeitgeber zudem seinen Dotierungsrahmen. Diese Gestaltungsfreiheit eröffnet dem Arbeitgeber grundsätzlich die Möglichkeit, einen Zeitraum festzulegen, den ein Arbeitnehmer mindestens im Arbeitsverhältnis zurückgelegt haben muss, um einen Versorgungsanspruch zu erwerben (vgl. BAG 24. Februar 2004 - 3 AZR 5/03 - zu II 1 der Gründe, BAGE 109, 354).

32

(2) Allerdings darf der Arbeitgeber bei der Festlegung einer Höchstaltersgrenze oder einer Mindestbetriebszugehörigkeit als Voraussetzung für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung die berechtigten Belange der betroffenen Arbeitnehmer nicht außer Acht lassen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die betriebliche Altersversorgung nicht nur Versorgungs-, sondern auch Entgeltcharakter hat (vgl. hierzu etwa BVerfG 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - Rn. 107, BVerfGE 124, 199; BAG 5. September 1989 - 3 AZR 575/88 - zu I 1 der Gründe, BAGE 62, 345; BGH 20. September 2006 - IV ZR 304/04 - Rn. 17, BGHZ 169, 122) und eine anspruchsausschließende Wartezeit in Form einer Mindestbetriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung oder eine Höchstaltersgrenze dazu führt, dass die hiervon betroffenen Arbeitnehmer für die gesamte von ihnen geleistete Betriebstreue keine betriebliche Altersversorgung erhalten. Damit dürfte etwa eine Regelung, die zur Folge hat, dass während eines beträchtlichen Teils eines typischen Erwerbslebens keine Versorgungsanwartschaften erworben werden können, nicht zu vereinbaren sein. Eine Höchstaltersgrenze oder die Festlegung einer Mindestbetriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung als Anspruchsvoraussetzung für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung darf auch nicht zu einer mittelbaren Benachteiligung von Frauen führen. Deshalb ist bei einer solchen Regelung darauf Bedacht zu nehmen, dass Frauen häufig nach einer familiär bedingten Unterbrechung der Berufstätigkeit zur Kinderbetreuung und -erziehung in das Erwerbsleben zurückkehren und ihnen auch in der Folgezeit grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet werden soll, noch Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung zu erwerben.

33

(3) Danach werden die Interessen der Arbeitnehmer durch die Festlegung einer mindestens 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht unangemessen beeinträchtigt. Zwar können Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis innerhalb der letzten 15 Jahre vor dem gesetzlichen Rentenalter beginnt, keine Versorgungsanwartschaften erwerben. Im Hinblick darauf, dass ein Erwerbsleben bei typisierender Betrachtung mindestens 40 Jahre und mehr umfasst, ist dies jedoch noch hinnehmbar, zumal diese Arbeitnehmer bereits in vorangegangenen Arbeitsverhältnissen die Möglichkeit hatten, Betriebsrentenanwartschaften zu erdienen.

34

Das Erfordernis einer mindestens 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung führt auch nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung von Frauen. Bei typisierender Betrachtung ist mit dem Wiedereintritt in das Berufsleben nach Zeiten der Kindererziehung bereits vor der Vollendung des 50. Lebensjahres zu rechnen. Ob an der vom Senat bislang vertretenen Auffassung, wonach leistungsausschließende Wartezeiten von 20 Jahren zulässig sind (vgl. BAG 24. Februar 2004 - 3 AZR 5/03 - zu II 1 der Gründe, BAGE 109, 354) festgehalten werden kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

35

(4) Der Zulässigkeit der Festlegung einer bis zum gesetzlichen Rentenalter erreichbaren Mindestbetriebszugehörigkeit von 15 Jahren in einer Versorgungsregelung stehen entgegen der Auffassung der Klägerin die kürzeren gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen nach § 1b BetrAVG - ggf. iVm. § 30f BetrAVG - nicht entgegen. Diese sind von Wartezeitregelungen in Versorgungsordnungen grundlegend zu unterscheiden.

36

Mit den gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen hat der Gesetzgeber im Anschluss an die Rechtsprechung des Senats (vgl. BAG 10. März 1972 3 AZR 278/71 - BAGE 24, 177) aufgrund des schützenswerten Vertrauens der von einer Versorgungszusage begünstigten Arbeitnehmer in das privatautonome Versorgungsversprechen eingegriffen und schon demjenigen eine rechtlich geschützte Rechtsposition zuerkannt, der zwar nicht die für die Versorgungsleistung erwartete Gegenleistung - Betriebstreue bis zum Versorgungsfall - wohl aber einen Teil hiervon erbracht hat, den der Gesetzgeber als so wesentlich eingeschätzt hat, dass nach seinem Ablauf ein rechtlich zu schützendes Vertrauen der begünstigten Arbeitnehmer darauf entstanden ist, die auch im Hinblick auf die in Aussicht gestellten Versorgungsleistungen erbrachte Arbeitsleistung werde selbst bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht gänzlich ohne Gegenleistung in Form von Versorgungsentgelt bleiben (vgl. BAG 24. Februar 2004 - 3 AZR 5/03 - zu II 1 der Gründe, BAGE 109, 354).

37

Nach § 1b Abs. 1 Satz 5 BetrAVG wird der Ablauf einer in einer Versorgungsordnung festgelegten Wartezeit durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erfüllung der für die Unverfallbarkeit einer Versorgungsanwartschaft erforderlichen Beschäftigungszeit nicht berührt. Eine unverfallbare Anwartschaft und der sich daraus nach § 2 BetrAVG ergebende Teilanspruch besteht daher auch dann, wenn die in der Versorgungsordnung bestimmte Wartezeit beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis noch nicht abgelaufen ist; dabei wird der (Teil-)Anspruch entsprechend der Versorgungszusage frühestens dann fällig, wenn die Wartezeit abgelaufen ist (BAG 7. Juli 1977 - 3 AZR 422/76 - AP BetrAVG § 1 Wartezeit Nr. 1 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 2; 3. Mai 1983 - 3 AZR 1263/79 - BAGE 42, 312). Umgekehrt erwirbt ein Arbeitnehmer, der aus der Sicht bei Vertragsbeginn die Wartezeit als Voraussetzung für den Vollanspruch bis zur voraussichtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erreichen kann, keine unverfallbare Anwartschaft, wenn er die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen im Betrieb zurückgelegt hat. Wer aufgrund der privatautonom festgelegten Anspruchsvoraussetzungen nie darauf vertrauen durfte, dass er einen vollen Versorgungsanspruch erwerben würde, kann auch keine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erwerben (vgl. BAG 7. Juli 1977 - 3 AZR 570/76 - BAGE 29, 227; 24. Februar 2004 - 3 AZR 5/03 - zu II 1 der Gründe, BAGE 109, 354).

38

Die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen sind daher kein Maßstab für die Angemessenheit einer in einer Versorgungsregelung vorgesehenen Wartezeit.

39

(5) Der Senat kann über die Vereinbarkeit der Regelung mit Unionsrecht selbst entscheiden. Es besteht keine Verpflichtung, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zu richten (Art. 267 Abs. 3 AEUV).

40

Die Auslegung des den Vorschriften des AGG zugrunde liegenden unionsrechtlichen Grundsatzes des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters einschließlich des Rückgriffs auf die Richtlinie 2000/78/EG zu dessen Konkretisierung ist durch die Entscheidungen des Gerichtshofs in der Rechtssache „Kücükdeveci“ (EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - Slg. 2010, I-365) und in der Rechtssache „Prigge ua.“ (EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 23 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22) geklärt, so dass eine Vorlagepflicht entfällt (vgl. EuGH 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 - [C.I.L.F.I.T.] Slg. 1982 S. 3415). Ob ein Grund iSd. Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG gegeben ist, der eine Diskriminierung wegen des Alters ausschließt, ist von den nationalen Gerichten zu prüfen(EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 47 ff., Slg. 2009, I-1569).

41

III. Der zweite Hilfsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er ist nur für den Fall des Obsiegens mit dem ersten Hilfsantrag gestellt. Diese innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.

42

IV. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Knüttel    

        

    Rau    

                 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 6. Juni 2013 - 11 Sa 335/13 - teilweise aufgehoben, soweit der Klage stattgegeben wurde.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht Hamm zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, den die Klägerin aufgrund einer Benachteiligung als Frau bei einer Bewerbung geltend macht.

2

Die Klägerin ist gelernte Verwaltungsfachfrau. Sie ist verheiratet und Mutter eines schulpflichtigen Kindes, das im Zeitpunkt der Bewerbung sieben Jahre alt war. Die Beklagte, die in S einen Radiosender betreibt, suchte per Zeitungsanzeige für eine Vollzeitstelle eine/n „Buchhalter/-in“ mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung. Mit Schreiben vom 14. April 2012 bewarb sich die Klägerin unter Beifügung ihres Lebenslaufes. Sie erhielt unter dem 2. Mai 2012 eine Absage, der die Beklagte zu ihrer Entlastung die Bewerbungsunterlagen beifügte. Auf dem zurückgesandten Lebenslauf fand die Klägerin neben ihrer Textzeile „verheiratet, ein Kind“ den handschriftlich hinzugesetzten Vermerk „7 Jahre alt!“. Die so entstehende Wortfolge „ein Kind 7 Jahre alt!“ war durchgängig unterstrichen worden.

3

Mit Schreiben vom 6. Juni 2012 machte die Klägerin bei der Beklagten eine Entschädigung wegen Verstoßes gegen das AGG geltend, was die Beklagte unter dem 21. Juni 2012 ablehnte. Am 20./23. Juli 2012 ging beim Arbeitsgericht die Klage auf Zahlung einer Entschädigung iHv. 3.000,00 Euro ein. Diese wurde der Beklagten am 1. August 2012 zugestellt. Am Ende der Klagebegründung wurde für die Klägerin ausgeführt, sie mache „gegenwärtig einen Anspruch von insgesamt 3.000,00 Euro geltend“. Im September 2012 teilte die Beklagte mit, das Bruttomonatsentgelt der fraglichen Stelle betrage 2.027,00 Euro. Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2012 die Klage auf 6.081,00 Euro erweitert.

4

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, wegen des handschriftlichen Vermerks auf dem zurückgesandten Lebenslauf sei davon auszugehen, ihre Bewerbung sei abgelehnt worden, weil sie ein siebenjähriges Kind zu betreuen habe. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass sie im Lebenslauf das Alter ihres Kindes gar nicht angegeben habe, sondern die Beklagte sich dies selbst aus den Bewerbungsunterlagen errechnet haben müsse. Die Notiz indiziere, dass die Beklagte das Vorhandensein eines Kindes mit einer Vollzeittätigkeit nicht für kompatibel halte. Davon seien vorrangig Frauen betroffen. Die Indizwirkung werde nicht dadurch widerlegt, dass die Beklagte tatsächlich eine junge, nicht schwangere Frau eingestellt habe. Die Beklagte habe nicht erklären können, weshalb es zu dem Vermerk gekommen sei, wenn die Tatsache ihrer Mutterschaft und des Kindesalters bei der Einstellungsentscheidung keine Bedeutung gehabt haben solle.

5

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.081,00 Euro nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. Juni 2012 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags darauf verwiesen, dass sie eine Buchhalterin gesucht und schließlich eine junge verheiratete Frau befristet eingestellt habe, die neben einer Ausbildung zur Bankkauffrau über Kenntnisse zur Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung verfügt habe. Die eingestellte Bewerberin habe über eine Weiterbildung als Bilanzbuchhalterin verfügt. Die Auswahlentscheidung sei allein nach der Qualifikation und unter fachlichen Gesichtspunkten getroffen worden. Familienstand und Betreuungspflicht gegenüber Kindern hätten keine Bedeutung gehabt. Die Notiz sei als Hilfestellung erfolgt, weil man so festgehalten habe, dass das Kind der Klägerin schon in der Schule und damit eine Vollzeitbeschäftigung möglich sei. Dass verheiratete Mütter auf dem Arbeitsmarkt schlechtere Einstellungschancen hätten, träfe nicht zu.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht in Höhe von 3.000,00 Euro entsprochen und die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Mit der nur von der Beklagten eingelegten Revision will diese das erstinstanzliche Urteil wiederherstellen lassen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist begründet. Die vom Landesarbeitsgericht für seine Entscheidung gegebene Begründung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Ob die Klage begründet ist, kann der Senat nicht selbst entscheiden.

9

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Benachteiligung der Klägerin durch Nichtberücksichtigung ihrer Bewerbung stelle keine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts dar. Das Merkmal der „Mutterschaft“ iSd. § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG umfasse nur Umstände, die unmittelbar mit der Schwangerschaft und der Geburt zusammenhängen. Jedoch sei die Klägerin mittelbar wegen ihres Geschlechts iSd. § 3 Abs. 2 AGG benachteiligt worden. Mit der Anmerkung der Beklagten auf dem Lebenslauf der Klägerin sei die Frage der Vereinbarkeit von beruflicher Tätigkeit und Betreuung eines minderjährigen Kindes im Grundschulalter in den Blick genommen worden. In der Literatur, insbesondere aber aufgrund des Befundes des Mikrozensus 2010 stehe fest, dass wesentlich weniger verheiratete Frauen mit versorgungsberechtigten Kindern in Vollzeit arbeiteten als dies bei verheirateten Vätern der Fall sei. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stelle vor allem für Frauen eine besondere Herausforderung dar. Somit sei der Tatbestand einer mittelbaren Diskriminierung zu bejahen. Einen über 3.000,00 Euro hinausgehenden Entschädigungsanspruch habe die Klägerin nicht binnen der Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG eingeklagt.

10

B. Die Begründung des Berufungsurteils ist nicht frei von Rechtsfehlern.

11

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet.

12

1. Als Bewerberin ist die Klägerin „Beschäftigte“ nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG. Da die Beklagte um Bewerbungen für das von ihr angestrebte Beschäftigungsverhältnis nachgesucht hat, ist sie „Arbeitgeberin“ iSd. § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG(vgl. BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 17 und 20; 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 17 und 18, BAGE 142, 143; 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 23).

13

2. Ihren auf eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts gestützten Entschädigungsanspruch hat die Klägerin jedenfalls, soweit er in die Revision gelangt ist, innerhalb der Fristen des § 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG geltend gemacht und eingeklagt.

14

a) Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung beginnt die Frist grundsätzlich mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG) zu laufen, nicht jedoch vor dem Zeitpunkt, in dem der Bewerber von seiner Benachteiligung Kenntnis erlangt hat (BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 55, BAGE 141, 48 = AP AGG § 15 Nr. 11).

15

Die Klägerin erhielt unter dem 2. Mai 2012 von der Beklagten die Absage, der die Bewerbungsunterlagen mit dem problematischen handschriftlichen Vermerk beigefügt waren. Unstreitig hat die Klägerin sodann schriftlich unter dem 6. Juni 2012 eine Entschädigung wegen Verstoßes gegen das AGG verlangt, was die Beklagte am 21. Juni 2012 ablehnte. Diese Geltendmachung wahrt die Frist des § 15 Abs. 4 AGG.

16

b) Nach der Ablehnung hat die Klägerin mit Eingang beim Arbeitsgericht am 20./23. Juli 2012 eine Entschädigungszahlung iHv. 3.000,00 Euro eingeklagt. Diese Klage, in deren Begründung die Klägerin ausführen lässt, sie mache „gegenwärtig einen Anspruch von insgesamt 3.000,00 Euro geltend“, wurde der Beklagten am 1. August 2012 zugestellt, womit auch die Dreimonatsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt wurde.

17

c) Die Abweisung der darüber hinausgehenden Klage durch die Vorinstanzen ist rechtskräftig. Der Senat hat daher nicht darüber zu entscheiden, ob die Begründung des Berufungsgerichts, die spätere Klageerweiterung sei nach Ablauf der Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG erfolgt und daher „aus den Gründen des § 61b Abs. 1 ArbGG abzuweisen“, rechtsfehlerhaft ist.

18

II. Das Berufungsgericht, das ausschließlich auf eine mittelbare Diskriminierung abgestellt hat, hat verkannt, dass eine arbeitgeberseitige handschriftliche Anmerkung oder Äußerung „ein Kind 7 Jahre alt!“ auf dem Lebenslauf einer Frau von dem Verbot unmittelbarer Benachteiligung erfasst sein kann (§ 3 Abs. 1 AGG). Eine solche verbotene unmittelbare Benachteiligung ist stets vorrangig zu prüfen (vgl. EuGH 20. Oktober 2011 - C-123/10 - [Brachner] Rn. 55, Slg. 2011, I-10003; 6. Dezember 2007 - C-300/06 - [Voß] Rn. 26, Slg. 2007, I-10573; 9. September 2003 - C-25/02 - [Rinke] Rn. 32, Slg. 2003, I-8349; 9. Februar 1999 - C-167/97 - [Seymour-Smith und Perez] Rn. 53, Slg. 1999, I-623).

19

1. Die Beklagte hat die Klägerin mit der Bewerbungsablehnung benachteiligt. Eine solche Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Im Verhältnis zur tatsächlich eingestellten, erfolgreichen Person wurde die Klägerin weniger günstig behandelt.

20

2. Die Klägerin befand sich mit der letztlich ausgewählten Person in einer vergleichbaren Situation (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG). Zwar hat die Beklagte vorgetragen, ihre Einstellungsentscheidung hätte ausschließlich fachliche Gesichtspunkte gehabt. Damit hat sie jedoch nicht in Abrede gestellt, dass die Klägerin objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet gewesen wäre. In der Stellenausschreibung wurde (nur) ein/e Buchhalter/in mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung gesucht. Spezielle Kenntnisse der Bilanzbuchhaltung wurden in der Ausschreibung nicht verlangt.

21

3. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem durch § 1 AGG verbotenen Anknüpfungsmerkmal muss ein Kausalzusammenhang bestehen. § 22 AGG trifft dabei hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und verbotenem Merkmal eine Beweislastregelung, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Nach § 22 Halbs. 1 AGG genügt eine Person, die sich wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe für benachteiligt hält, ihrer Darlegungslast, wenn sie Indizien vorträgt, die diese Benachteiligung vermuten lassen(BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 31 mwN; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 25 f. mwN; EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 34 ff.; vgl. auch Art. 19 Abs. 1 RL 2006/54/EG). Bei der Prüfung eines solchen Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42 ff.; BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 31 mwN; 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158). Die vorgetragenen Tatsachen müssen darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Begriffe „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 32; 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 29). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, aaO). Ist eine solche Vermutung für eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes zu bejahen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat.

22

4. Für die Vermutungswirkung des § 22 AGG ist es ausreichend, dass ein in § 1 AGG genannter Grund „Bestandteil eines Motivbündels“ ist, das die Entscheidung beeinflusst hat. Wie die von Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG genannten „Merkmale“ dürfen auch die „Gründe“ des § 1 AGG nicht als Anknüpfungspunkt für eine benachteiligende rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden(vgl. BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C I 1 der Gründe, BVerfGE 85, 191). Es ist nicht erforderlich, dass der von Verfassungs oder Gesetzes wegen als Anknüpfungspunkt verbotene Grund ausschließliches oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Eine bloße Mitursächlichkeit genügt (BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 25). Sollte die Beklagte vorliegend also an das Geschlecht der Klägerin bei ihrer benachteiligenden Behandlung angeknüpft haben, so musste dies nicht der vorherrschende Beweggrund, ihr Hauptmotiv oder die „Triebfeder“ ihres Verhaltens sein.

23

5. Bei der Beurteilung von Tatbeständen, die auf eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung schließen lassen, sind die innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder -gepflogenheiten maßgebend (RL 2006/54/EG, 30. Erwägungsgrund). Die Beweiskraft der vorgelegten Beweismittel ist nach den Regeln des innerstaatlichen Rechts zu beurteilen (vgl. EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 79, 82, Slg. 2011, I-6919). Maßgebend für die Beweiswürdigung ist die freie Überzeugung des Tatsachengerichts unter Zugrundelegung des abgesenkten Beweismaßes des § 22 AGG, § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Gerichte haben dabei darüber zu wachen, dass im Rahmen des Nachweises von Tatsachen, die das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen, die Verwirklichung des mit der RL 2006/54/EG verfolgten Ziels nicht beeinträchtigt wird (EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42; BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 39).

24

6. Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen (Hilfs-)Tatsachen eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen, ist nur eingeschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen dem verpönten Merkmal - hier das Geschlecht der Klägerin - und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BAG 27. März 2014 - 6 AZR 989/12 - Rn. 37; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 28; 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, BAGE 142, 158; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 36).

25

7. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts iSd. § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG liegt nicht schon deswegen vor, weil die Klägerin bei ihrer Bewerbung wegen ihrer „Mutterschaft“ ungünstiger behandelt worden wäre.

26

a) Schwangerschaft und Mutterschaft sind untrennbar mit dem Geschlecht verbunden, sie können als Differenzierungsmerkmale ausschließlich Frauen nachteilig treffen. Das hat Eingang in Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 3 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (RL 76/207/EWG) idF der Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG (RL 2002/73/EG) sowie später in Art. 2 Abs. 2 Buchst. c der die Richtlinie 76/207/EWG ablösenden Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (RL 2006/54/EG) gefunden (siehe nur Erwägungsgrund 23 RL 2006/54/EG). Der EuGH hat stets mit seiner Rechtsprechung unterstrichen, dass jede im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft erfolgende Schlechterstellung von Frauen eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellt (EuGH 8. November 1990 - C-177/88 - [Dekker] Rn. 14, Slg. 1990, I-3941; 4. Oktober 2001 - C-438/99 - [Jiménez Melgar] Rn. 46, Slg. 2001, I-6915; vgl. 18. November 2004 - C-284/02 - [Sass] Rn. 35 f., Slg. 2004, I-11143). Unter „Mutterschaft“ ist aber nur der besondere Schutz der Frau im Zusammenhang mit einer kurz bevorstehenden oder gerade erfolgten Entbindung zu verstehen.

27

b) Die Tatsache, dass die Klägerin Mutter eines siebenjährigen Kindes ist, fällt nicht unter „Mutterschaft“, wie sie das AGG und das Unionsrecht unter besonderen Schutz stellen. Eine unmittelbare Diskriminierung in diesem Sinne liegt nicht vor.

28

8. Eine unmittelbare Benachteiligung einer Frau wegen ihres Geschlechts ist aber nicht auf die Fälle einer ungünstigeren Behandlung wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft begrenzt. § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG sieht bei diesen Umständen „auch“ eine unmittelbare Benachteiligung, was klarstellt, dass eine Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nicht vom Gesetzgeber gewollt war(vgl. dazu die Gesetzesbegründung BT-Drs. 16/1780 S. 32). Zwar geht es bei der unmittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts um einen Grund, der ausschließlich Arbeitnehmer eines der beiden Geschlechter betrifft (EuGH 18. März 2014 - C-167/12 - [CD] Rn. 46 f.; 7. Dezember 2000 - C-79/99 - [Schnorbus] Rn. 33, Slg. 2000, I-10997). Solche Gründe sind jedoch nicht auf biologische Tatsachen zu reduzieren, die Männer und Frauen nicht in gleicher Weise betreffen können, wie sich zum einen an dem Wortlaut von § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG („auch“), aber auch an der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ablesen lässt(vgl. EuGH 8. November 1990 - C-177/88 - [Dekker] Slg. 1990, I-3941; vgl. BT-Drs. 16/1780 S. 32).

29

a) Eine arbeitgeberseitige Äußerung, die dem anderen Geschlecht gegenüber nicht gemacht worden wäre, kann einen Grund iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG darstellen, wenn ausschließlich Arbeitnehmer eines der beiden Geschlechter davon betroffen sind. Darunter können auch Äußerungen fallen, die von tradierten Rollenmustern ausgehen und diese als Grundlage der Personalauswahl verdeutlichen. Dies kann auch eine arbeitgeberseitige Bezugnahme auf die tradierte Rollenverteilung in Familien einschließlich der damit einhergehenden pauschalen Annahme sein, eines der beiden Geschlechter sei hauptsächlich für die Kinderbetreuung zuständig und als Arbeitskraft deshalb weniger flexibel oder nur mit Einschränkungen verfügbar.

30

b) Ob die Anmerkung der Beklagten auf dem zurückgesandten Lebenslauf für die Personalauswahl und die Ablehnung der Bewerbung der Klägerin in diesem Sinne Teil des Motivbündels war, obliegt der Beurteilung durch das Tatsachengericht und kann vom Senat nicht entschieden werden, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

31

aa) Eine arbeitgeberseitige handschriftliche Anmerkung „ein Kind 7 Jahre alt!“, kann an sich auf einem Lebenslauf bezüglich der in § 1 AGG genannten Gründe neutral sein, wenn sie bei allen sich bewerbenden Eltern gemacht würde, unabhängig vom Geschlecht und aus einer Motivation heraus, die mit dem AGG offensichtlich in Einklang steht, § 5 AGG. Dies etwa bei einem Arbeitgeber, der sich besonders für die berufliche Entwicklung von Eltern stark macht und bevorzugt diese bei Einstellungen berücksichtigt. Wird dagegen eine solche Anmerkung nur auf Lebensläufen weiblicher Elternteile gemacht, liegt darin eine direkte Benachteiligung „als Frau“, wenn die Äußerung auf die herkömmliche Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen bezogen ist und die Problematik der Vereinbarung von Kinderbetreuung und Berufstätigkeit demgemäß nur als Einstellungshindernis für Frauen und Mütter negativ in den Blick genommen wird. In einem solchen Fall ist eine dahin gehende Anmerkung des Arbeitgebers nicht neutral, sondern unmittelbar auf die Bewerberin als Frau bezogen. Ob ein solcher Fall unmittelbarer Benachteiligung wegen des Geschlechts vorliegt, ist eine Frage der zu prüfenden Indizwirkung. Es ist nicht Aufgabe der Personalpolitik, die gesellschaftliche Rollenverteilung zu ändern (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 483/09 - Rn. 32; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 74). Sie darf jedoch in der konkreten Personalentscheidung auch nicht zu Lasten einer Bewerberin an solche gesellschaftlichen Rollenverteilungen anknüpfen und sie in die Motivation der ablehnenden Entscheidung einbeziehen. Das Landesarbeitsgericht wird tatrichterlich zu entscheiden haben, ob beispielsweise in Ansehung des Mikrozensus 2010 vorliegend ein solches Vorgehen der Beklagten zu bejahen oder zu verneinen ist.

32

bb) Das Landesarbeitsgericht wird auch zu prüfen haben, ob die Art der Anmerkung und ihr Zustandekommen darauf hindeuten, dass darin tatsächlich eine solche unzulässige Motivation der Beklagten zum Ausdruck kommt. Es wird dabei die Betonung durch Unterstreichung und Ausrufezeichen sowie die Tatsache zu würdigen haben, dass die Klägerin bei ihrer Bewerbung das Alter ihres Kindes nicht angegeben hat, sondern dieses - aufwändig - von der Beklagten selbst errechnet wurde.

33

cc) Sofern das Landesarbeitsgericht bei erneuter Prüfung eine durch Hilfstatsachen ausgelöste Vermutung einer unmittelbaren Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts bejaht, hat die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast - mit dem Beweismaß des Vollbeweises, § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO - dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist. Darzulegen und zu beweisen ist, dass die auf dem Lebenslauf der Klägerin vermerkte handschriftliche Ergänzung keine Anknüpfung an das Geschlecht beinhaltet, auch nicht im Sinne der dargestellten Rechtsprechung zum „Motivbündel“. Insofern hat das Landesarbeitsgericht rechtlich zutreffend schon überlegt, dass weder eine vermeintlich bessere Qualifikation der eingestellten Bewerberin von Bedeutung ist, noch der Umstand, dass die bevorzugte Bewerberin keine Kinder hat. Dass sich die Beklagte auf letztere Tatsache bisher berufen hat, deutet im Gegenteil eher darauf hin, dass bei der Beklagten geschlechtsbezogene Überlegungen bei der Einstellungsentscheidung durchaus eine Rolle gespielt haben können.

34

III. Die Begründung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Klägerin bei der Ablehnung ihrer Bewerbung mittelbar wegen ihres Geschlechts benachteiligt, was durch die Anmerkung „ein Kind 7 Jahre alt!“ auf dem zurückgesandten Lebenslauf indiziert werde, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand, da das statistische Material des Mikrozensus 2010 darauf bezogen nicht aussagekräftig ist.

35

1. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

36

a) Der Tatbestand einer mittelbaren Diskriminierung setzt das Vorliegen dem Anschein nach neutraler Vorschriften, Kriterien oder Verfahren voraus. Neutral iSv. § 3 Abs. 2 AGG sind die bezeichneten Regelungen stets dann, wenn sie nicht an einen verbotenen Anknüpfungsgrund nach § 1 AGG unmittelbar oder verdeckt zwingend anknüpfen. Als neutrale Regelungen kommen neben allen individual- und kollektivvertraglichen Vereinbarungen auch solche Einzelmaßnahmen - etwa in Gestalt von Weisungen - in Betracht, die auf die Aufstellung oder die Anwendung einer allgemeinen Regel bzw. eines verallgemeinernden Kriteriums zurückgehen (BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 48/10 - Rn. 36 f., BAGE 138, 166; HWK/Rupp 6. Aufl. § 3 AGG Rn. 6; Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 4. Aufl. § 3 Rn. 74; vgl. auch Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 21 f., die von einseitiger Aufstellung von Maßstäben oder Voraussetzungen durch den Arbeitgeber sprechen).

37

b) Für die Annahme einer mittelbaren Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 2 AGG ist ein statistischer Nachweis nicht zwingend erforderlich, dass Personen, bei denen eines der Merkmale des § 1 AGG vorliegt, im Verhältnis zu Personen, bei denen dies nicht der Fall ist, zahlenmäßig wesentlich stärker von einer Vorschrift benachteiligt werden, wenn das Kriterium dazu typischerweise geeignet ist. Dies folgt aus dem Gesetzeswortlaut und entspricht dem unionsrechtlichen Gebot des effet-utile, wonach die Regelungen einer Richtlinie innerhalb ihres Geltungsbereichs tatsächliche Wirksamkeit entfalten sollen (BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 20, BAGE 134, 160; 18. August 2009 - 1 ABR 47/08 - Rn. 29, BAGE 131, 342).

38

c) Nach der Rechtsprechung des EuGH wie des Senats können sich auch aus Statistiken grundsätzlich Indizien für eine Geschlechterdiskriminierung ergeben, also dafür, dass im Sinne einer mittelbaren Diskriminierung scheinbar neutrale Regelungen/Vorschriften, Kriterien, Leistungen oder Maßnahmen tatsächlich nur eine Gruppe von Merkmalsträgern, zB nur das eine Geschlecht überwiegend betreffen. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine mittelbare Diskriminierung etwa dann anzunehmen, wenn sich aus den verfügbaren statistischen Daten ergibt, dass ein wesentlich geringerer Prozentsatz der weiblichen als der männlichen Arbeitnehmer die durch diese Regelung aufgestellten Voraussetzungen erfüllen kann (siehe EuGH 6. Dezember 2007 - C-300/06 - [Voß] Rn. 41, Slg. 2007, I-10573; 9. Februar 1999 - C-167/97 - [Seymour Smith und Perez] Rn. 59, Slg. 1999, I-623). Dabei ist es Sache des nationalen Gerichts zu beurteilen, ob die statistischen Daten über die Situation bei den Arbeitskräften aussagefähig sind und ob es sie berücksichtigen kann, ob sie sich auf eine ausreichende Zahl von Personen beziehen, ob sie nicht rein zufällige oder konjunkturelle Erscheinungen widerspiegeln und ob sie, generell gesehen, aussagekräftig erscheinen (EuGH 27. Oktober 1993 - C-127/92 - [Enderby] Rn. 17, Slg. 1993, I-5535).

39

2. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts kann eine mittelbare Diskriminierung der Klägerin wegen ihres Geschlechts infolge des handschriftlichen Zusatzes auf ihrem Lebenslauf nicht auf die statistischen Daten des Mikrozensus 2010 des Statistischen Bundesamtes gestützt werden.

40

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Anmerkung „ein Kind 7 Jahre alt!“ als eine dem Anschein nach neutrale Vorschrift oder als ein solches Differenzierungskriterium angesehen.

41

b) Bei einer mittelbaren Diskriminierung iSd. § 3 Abs. 2 AGG können Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, die dem Anschein nach neutral sind, jedoch eine Gruppe von Merkmalsträgern wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber einer anderen Gruppe in besonderer Weise benachteiligten, auch durch nicht arbeitgeberbezogene Statistiken belegt werden(vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 20, BAGE 134, 160; 18. August 2009 - 1 ABR 47/08 - Rn. 29, BAGE 131, 342).

42

c) Im Grundsatz ist es daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht den Mikrozensus 2010 als nicht arbeitgeberbezogene Statistik für die Beurteilung eines von ihm so verstandenen „dem Anschein nach neutralen Verhaltens“ herangezogen hat. Insoweit ist die Statistik des Mikrozensus jedoch vorliegend nicht aussagekräftig.

43

aa) Der Mikrozensus 2010 präsentiert Ergebnisse für verschiedene Lebensformen. Dem liegt das Lebensformenkonzept des Berichtsjahrs 2005 zugrunde, nach dem einerseits traditionelle Formen des (Zusammen-)Lebens wie Ehepaare oder Alleinstehende, andererseits alternative Lebensformen wie beispielsweise nichteheliche Lebensgemeinschaften oder Alleinerziehende unterschieden werden (Keller/Haustein Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Ergebnisse des Mikrozensus 2010, Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik, Januar 2012 S. 30). In dem Lebensformenkonzept wird die Erwerbstätigkeit der Bevölkerung grundsätzlich entlang zweier „Achsen“ statistisch erfasst: Erstens der Elternschaft und zweitens der Partnerschaft. Die Erwerbstätigenquoten von Müttern und Vätern sind als Anteil der aktiv erwerbstätigen Mütter und Väter an allen Müttern bzw. Vätern definiert. Die Vollzeitquote drückt den Anteil an allen aktiv Erwerbstätigen aus (vgl. Keller/Haustein aaO S. 31). Aus dem Mikrozensus geht hervor, dass Ehefrauen mit Kindern zu 60 %, verheiratete Väter zu 85 % berufstätig waren. Gravierende Unterschiede bestehen hinsichtlich des Umfangs der ausgeübten Tätigkeit, da nur 25 % der erwerbstätigen, verheirateten Mütter in Vollzeit arbeiteten im Gegensatz zu 95 % der verheirateten Väter (Keller/Haustein aaO S. 36/37).

44

bb) Von diesen Daten kann nicht auf eine mittelbare Benachteiligung der Klägerin als Bewerberin geschlossen werden. Der Mikrozensus untersucht nur, aufgeteilt in Lebensformen, die jeweilige Quote der Beschäftigung und in diesem Zusammenhang auch die Verteilung auf die Geschlechter. Vorliegend geht es jedoch nicht um eine Beschäftigung, sondern um eine angestrebte Beschäftigung, also um die Frage der Behandlung von Bewerbungen. Den Ergebnissen des Mikrozensus können keine Zahlenangaben/Geschlechterquoten hinsichtlich des Erfolges oder Misserfolges von Bewerbungen oder angestrebten Beschäftigungen in Vollzeitarbeit entnommen werden.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Burr    

        

    Bloesinger    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 27. September 2010 - 4 Sa 7/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechnung des künftigen Ruhegeldes des vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Klägers.

2

Der 1968 geborene Kläger trat mit Beginn seines Studiums zum Elektrotechnikingenieur an der Berufsakademie am 1. Oktober 1989 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Nach erfolgreichem Abschluss des dreijährigen Studiums wurde der Kläger von der Rechtsvorgängerin der Beklagten weiterbeschäftigt. Diese gewährte ihren Arbeitnehmern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ua. nach einem Pensionsplan vom 30. Juli 1982 (im Folgenden: PP 1982). Dieser bestimmt auszugsweise:

        

„Art. III

        

Anrechenbare Dienstzeit

        

1)    

Als anrechenbare Dienstzeit zählen alle vollen Dienstjahre, in denen der Mitarbeiter bis max. zur Vollendung des 65. Lebensjahres ununterbrochen in den Diensten der Firma gestanden hat. Für die Berechnung der Leistungen und der Abfindung nach Art. XI Abs. 2 werden angefangene Dienstjahre von 6 oder mehr Monaten als volle Dienstjahre gerechnet. Bei der Ermittlung der anrechenbaren Dienstzeit werden höchstens 40 Dienstjahre berücksichtigt. Bei mehr als 40 Dienstjahren zählen die letzten 40 Jahre.

        

…       

        
                 
        

Art. V

        

Alterspension

        

1)    

Eine Alterspension erhalten Mitarbeiter, die nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus den Diensten der Firma ausgeschieden sind.

        

2)    

Die Alterspension wird auf der Basis der anrechenbaren Dienstzeit (Art. III) und der pensionsfähigen Bezüge (Art. IV) berechnet.

        

…       

        
                 
        

Art. XI

        

Vorzeitiges Ausscheiden

        

1)    

Scheidet der Mitarbeiter vor Eintritt des Versorgungsfalles, aber nach Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeit aus den Diensten der Firma aus, so gelten die gesetzlichen Regelungen.

        

…“    

        
3

Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging zum 1. Juni 2006 im Zuge eines Betriebs(-teil-)übergangs auf die Beklagte über. Mit dieser schloss der Kläger einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2012 beendet wurde.

4

Mit Schreiben von März 2009 unterrichtete die Beklagte den Kläger über dessen Anwartschaften aus den Versorgungsplänen der betrieblichen Altersversorgung. Bei der Berechnung ging die Beklagte davon aus, dass der Kläger bis zu seinem Austritt am 31. Januar 2012 eine Betriebszugehörigkeit von insgesamt 268 Monaten erreichen werde. Die mögliche Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze am 21. Februar 2033 ermittelte sie mit 520 Monaten und errechnete daraus einen Unverfallbarkeitsfaktor von 0,5154. Bei der Berechnung der fiktiven Vollrente legte die Beklagte eine höchstens anrechenbare Dienstzeit von 40 Jahren (480 Monaten) nach Art. III Abs. 1 PP 1982 zugrunde.

5

Gegen diese Berechnung hat sich der Kläger mit der vorliegenden Klage gewandt und gemeint, bei der Berechnung der fiktiven Vollrente seien die von ihm tatsächlich erreichbaren 43,33 Dienstjahre zu berücksichtigen und nicht nur höchstens 40 Dienstjahre. Es sei nicht zulässig, bei der Ermittlung der fiktiven Vollrente eine Begrenzung auf 40 anrechenbare Dienstjahre nach Art. III Abs. 1 PP 1982 vorzunehmen, bei der Ermittlung des Unverfallbarkeitsfaktors nach § 2 Abs. 1 BetrAVG aber auf das Verhältnis der tatsächlich zurückgelegten Dienstjahre zu den möglichen Dienstjahren bis zur festen Altersgrenze abzustellen. Dies führe dazu, dass vorzeitig ausgeschiedene Mitarbeiter, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres bei der Beklagten eingetreten seien, bei gleicher Betriebszugehörigkeit eine geringere Betriebsrentenanwartschaft erwerben als Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 25. Lebensjahres begonnen hat. Hierin liege eine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters. Die Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft bei vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmern sei daher so vorzunehmen, dass bei der Ermittlung sowohl der fiktiven Vollrente als auch des Unverfallbarkeitsfaktors die tatsächlich erreichbaren Dienstjahre zu berücksichtigen seien. In seinem Fall seien dies 43,33 Jahre statt der von der Beklagten angenommenen 40 Jahre. Anderenfalls sei, um eine Diskriminierung wegen des Alters zu verhindern, § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass bei der Berechnung des Unverfallbarkeitsfaktors als mögliche Betriebszugehörigkeit lediglich die nach dem Pensionsplan höchstens 40 anrechenbaren Dienstjahre zugrunde gelegt werden.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung seiner unverfallbaren Anwartschaft auf Alterspension hinsichtlich der Höhe der Alterspension ohne vorheriges Ausscheiden gemäß Art. V Ziff. (2) und (3) der Betriebsvereinbarung Pensionsplan vom 30. Juli 1982 die tatsächlichen maximalen Dienstjahre des Klägers von 43,33 zu berücksichtigen;

        

hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Antrag abweisen sollte,

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung seiner unverfallbaren Anwartschaft auf Alterspension hinsichtlich der Höhe der Alterspension ohne vorheriges Ausscheiden gemäß Art. V Ziff. (2) und (3) der Betriebsvereinbarung Pensionsplan vom 30. Juli 1982 bei der Berechnung des Unverfallbarkeitsfaktors abweichend von § 2 Abs. 1 BetrAVG 40 Dienstjahre zu berücksichtigen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, bei der Ermittlung der fiktiven Vollrente im Rahmen der Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft des Klägers als anrechenbare Dienstzeit 43,33 Dienstjahre zu berücksichtigen. Ebenso wenig ist die Beklagte verpflichtet, bei der Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft des Klägers abweichend von § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG lediglich 40 Dienstjahre als mögliche Dauer der Betriebszugehörigkeit zugrunde zu legen.

10

I. Der Hauptantrag ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, bei der Ermittlung der fiktiven Vollrente zur Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft des Klägers abweichend von Art. III Abs. 1 PP 1982 anstelle der dort vorgesehenen höchstens 40 anrechenbaren Dienstjahre die bis zur festen Altersgrenze erreichbaren 43,33 Dienstjahre anzurechnen.

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1. Der PP 1982 enthält keine eigenständige Regelung zur Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft im Falle des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis. Vielmehr verweist Art. XI Abs. 1 PP 1982 insoweit auf die „gesetzlichen Regelungen“ und damit auf § 2 Abs. 1, Abs. 5 BetrAVG. Nach § 2 Abs. 1 BetrAVG besteht die unverfallbare Anwartschaft aus dem Teil der ohne das vorzeitige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der festen Altersgrenze entspricht. Deshalb ist im Rahmen der Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft zunächst die vom Arbeitnehmer bei fortbestehender Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der festen Altersgrenze höchstens erreichbare Versorgung („fiktive Vollrente“) zu errechnen. Dies hat nach den Bestimmungen der zugrunde liegenden Versorgungsordnung, vorliegend mithin dem PP 1982, zu erfolgen. Bei der Ermittlung der fiktiven Vollrente ist - entgegen der Auffassung des Klägers - auch bei vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmern die Begrenzung der anrechenbaren Dienstjahre in Art. III Abs. 1 PP 1982 zu berücksichtigen. Ausgangspunkt für die Ermittlung der unverfallbaren Anwartschaft ist nach § 2 Abs. 1 BetrAVG stets die vom jeweiligen Arbeitnehmer nach den für ihn geltenden Versorgungsregelungen höchstens zu erreichende fiktive Vollrente. Danach hat die Beklagte die fiktive Vollrente des Klägers zu Recht unter Zugrundelegung von 40 Dienstjahren ermittelt.

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2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Regelung in Art. III Abs. 1 PP 1982, wonach als anrechenbare Dienstzeit höchstens 40 Jahre bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres berücksichtigt werden und bei mehr als 40 Dienstjahren die letzten 40 Dienstjahre zählen, nicht gegen §§ 1, 3 Abs. 2, § 7 AGG verstößt. Die Regelung bewirkt keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters. Zwar kann sie dazu führen, dass sich Betriebszugehörigkeitszeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahres nicht rentensteigernd auswirken oder - im Falle des vorzeitigen Ausscheidens - wegen der in § 2 Abs. 1 BetrAVG angeordneten Berechnung der Anwartschaft eine geringere Betriebsrente ergeben als wenn die gleiche Dienstzeit in höherem Lebensalter zurückgelegt worden wäre. Gleichwohl bewirkt die Regelung keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters. Die Regelung ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels sind angemessen und erforderlich.

13

a) Der Kläger kann sich, soweit er einen Verstoß von Art. III Abs. 1 PP 1982 gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters rügt, auf die Bestimmungen des AGG(§§ 1, 7 Abs. 1 AGG) stützen.

14

Das AGG gilt trotz der in § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG enthaltenen Verweisung auf das Betriebsrentengesetz auch für die betriebliche Altersversorgung, soweit das Betriebsrentenrecht nicht vorrangige Sonderregelungen enthält(BAG 11. Dezember 2007 - 3 AZR 249/06 - Rn. 22 ff., BAGE 125, 133). Letzteres ist vorliegend nicht der Fall.

15

Das AGG ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Seine Anwendung setzt voraus, dass unter seinem zeitlichen Geltungsbereich ein Rechtsverhältnis bestand. Das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten bestand unter der Geltung des am 18. August 2006 (Art. 4 Satz 1 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006 - BGBl. I S. 1897) in Kraft getretenen AGG fort.

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b) Die in Art. III Abs. 1 PP 1982 vorgenommene Begrenzung der anrechenbaren Dienstzeit auf höchstens 40 Jahre verstößt nicht gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters und ist deshalb nicht nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Die Regelung im PP 1982 bewirkt weder eine unmittelbare Diskriminierung noch eine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters.

17

aa) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters, benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Bestimmungen in Vereinbarungen - wozu auch Betriebsvereinbarungen und Gesamtzusagen gehören -, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.

18

bb) Da die in Art. III Abs. 1 PP 1982 vorgesehene Begrenzung der anrechnungsfähigen Dienstzeit auf 40 Jahre nicht an das Lebensalter anknüpft, scheidet eine unmittelbare Diskriminierung aus. Jedoch können Personen eines bestimmten Alters von dieser dem Anschein nach neutralen Berechnungsregel des Pensionsplans in besonderer Weise benachteiligt werden. Die Bestimmung des Art. III Abs. 1 PP 1982 über die höchstens anrechenbare Dienstzeit von 40 Jahren bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres und die Festlegung, dass im Falle des Überschreitens dieser Dienstzeit nur die letzten 40 Jahre angerechnet werden, kann typischerweise zu einer Benachteiligung wegen jüngeren Alters führen.

19

Die Regelung in Art. III Abs. 1 PP 1982 bewirkt, dass Personen, die ihre Betriebszugehörigkeit vor Vollendung des 25. Lebensjahres beginnen, gegenüber Personen benachteiligt werden können, deren Betriebszugehörigkeit erst nach Vollendung des 25. Lebensjahres beginnt. Während sich bei den letztgenannten Arbeitnehmern sämtliche Jahre der Betriebszugehörigkeit rentensteigernd auswirken, ist dies bei der ersten Gruppe nicht der Fall. Bei diesen Arbeitnehmern wirken sich die vor Vollendung des 25. Lebensjahres zurückgelegten Dienstjahre nicht rentensteigernd aus. Im Falle des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis mit unverfallbarer Anwartschaft führt die Regelung aufgrund der nach Art. XI Abs. 1 PP 1982 iVm. § 2 Abs. 1 BetrAVG vorgesehenen zeitratierlichen Berechnung dazu, dass die Anwartschaft von Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 25. Lebensjahres begonnen hat, geringer ist als diejenige von Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis erst danach begonnen hat und die mit derselben Betriebszugehörigkeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden. Denn die Zeit der möglichen Betriebszugehörigkeit ist im ersten Fall länger und damit der Divisor bei der Berechnung des zeitanteiligen Anspruchs nach § 2 Abs. 1 BetrAVG größer.

20

cc) Obwohl die Regelung in Art. III Abs. 1 PP 1982 zur Folge hat, dass Dienstzeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres zurückgelegt werden, hinsichtlich des Erwerbs von Rentenanwartschaften eine andere Wertigkeit haben als danach erbrachte Dienstzeiten, liegt darin keine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters. Die Regelung ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels sind angemessen und erforderlich. Dies schließt den Tatbestand der mittelbaren Diskriminierung nach § 3 Abs. 2 AGG aus.

21

(1) Art. III Abs. 1 PP 1982 ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt. Mit dieser Regelung soll das Risiko des Arbeitgebers begrenzt werden, um die von ihm zu erbringenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung überschaubar und kalkulierbar zu halten. Dabei handelt es sich zwar nicht um ein Ziel aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung iSd. Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16, im Folgenden: Rahmenrichtlinie), die durch das AGG in das nationale Recht umgesetzt wurde. Das rechtmäßige Ziel, das über das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung entscheidet, muss jedoch kein legitimes Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie sein, sondern schließt auch andere von der Rechtsordnung anerkannte Gründe für die Verwendung des neutralen Kriteriums ein. Die differenzierende Maßnahme muss allerdings zur Erreichung des rechtmäßigen Ziels geeignet und erforderlich sein und einen im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels noch angemessenen Eingriff in die Rechte der Beteiligten darstellen. In einem solchen Fall fehlt es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen einer mittelbaren Benachteiligung (BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 584/09 - Rn. 42, AP TVG § 1 Vorruhestand Nr. 34; 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 69, BAGE 134, 89; 18. August 2009 - 1 ABR 47/08 - Rn. 30, 31, BAGE 131, 342).

22

Die Begrenzung des Risikos des Arbeitgebers, um die von ihm zu erbringenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung überschaubar und kalkulierbar zu halten, stellt ein rechtmäßiges Ziel iSd. § 3 Abs. 2 AGG dar. Der Arbeitgeber entscheidet bei einer von ihm finanzierten betrieblichen Altersversorgung frei über deren Einführung. Entschließt er sich hierzu, so ist er auch frei in der Entscheidung, für welche der in § 1 Abs. 1 BetrAVG genannten Versorgungsfälle er Leistungen zusagt und wie hoch er die entsprechende Leistung dotiert(BAG 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 74, BAGE 134, 89).

23

(2) Das von der Versorgungsordnung eingesetzte Mittel, die Zahl der anrechenbaren Dienstjahre auf 40 zu begrenzen, ist angemessen. Es kann dahinstehen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Begrenzung der anrechenbaren Dienstjahre in einer Versorgungsregelung rechtlichen Bedenken begegnet. Vorliegend ist die Regelung schon deshalb nicht unangemessen, weil die Versorgungsordnung - trotz der in Art. III Abs. 1 PP 1982 angeordneten Begrenzung der anrechenbaren Dienstjahre - ein typisches Erwerbsleben nahezu vollständig abdeckt; bei typisierender Betrachtung können fast während des gesamten Erwerbslebens Rentensteigerungen erarbeitet werden. Jedenfalls eine Begrenzung der anrechenbaren Dienstzeit auf 40 Jahre beeinträchtigt die Interessen der betroffenen Beschäftigten daher nur unwesentlich. Dafür sprechen auch die Regelungen des Beamtenversorgungsrechts. Auch ein Beamter erreicht nach einer anrechenbaren Dienstzeit von 40 Jahren gemäß § 14 Abs. 1 BeamtVG die Höchstpension. Weitere Zuwächse kann er auch dann nicht mehr erdienen, wenn er weiterarbeitet, weil er die Altersgrenze für die Pensionierung noch nicht erreicht hat.

24

(3) Die Regelung in Art. III Abs. 1 PP 1982 ist auch erforderlich, weil nur durch die Begrenzung der anrechenbaren Dienstjahre die vom Arbeitgeber zu erbringenden Versorgungsleistungen hinreichend sicher kalkulierbar sind. Die Begrenzung wirkt sich im Falle des vorzeitigen Ausscheidens zwar nach § 2 Abs. 1 BetrAVG auch dann auf die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft aus, wenn das Arbeitsverhältnis weniger als 40 Dienstjahre bestanden hat. Dies beruht jedoch darauf, dass ein Arbeitnehmer, der nicht bis zur festen Altersgrenze im Arbeitsverhältnis verbleibt, nur eine seiner tatsächlichen Betriebszugehörigkeit entsprechende anteilige Betriebsrente erhalten soll. Auch hierdurch wird der Versorgungsanspruch begrenzt und damit die Berechenbarkeit der zu erbringenden Versorgungsleistung sichergestellt.

25

II. Der nach Abweisung des Hauptantrags zur Entscheidung anfallende Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass im Rahmen der Berechnung seiner unverfallbaren Anwartschaft bei der Ermittlung des Unverfallbarkeitsfaktors abweichend von § 2 Abs. 1 BetrAVG lediglich 40 Dienstjahre anstatt der möglichen 43,33 Dienstjahre berücksichtigt werden. Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG ist wirksam. Sie bewirkt keine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters. Dies hat der Senat in den Entscheidungen vom 19. Juli 2011 (- 3 AZR 571/09 - Rn. 21 ff. und - 3 AZR 434/09 - Rn. 20 ff., BAGE 138, 346) bereits ausführlich begründet. Hieran hält der Senat fest.

26

1. Der Kläger kann sich, soweit er einen Verstoß von § 2 Abs. 1 BetrAVG gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters rügt, nicht auf das AGG berufen. Soweit das Betriebsrentengesetz Unterscheidungen enthält, die einen Bezug zu den in § 1 AGG genannten Merkmalen haben können, verbleibt es bei den Regelungen des Betriebsrentengesetzes. Diese sind nicht an den Bestimmungen des AGG zu messen. Dies gilt auch für die Regelung in § 2 Abs. 1 BetrAVG(BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 20, BAGE 138, 346).

27

2. Der Kläger kann zu seinen Gunsten nichts aus dem Unionsrecht herleiten. Zwar ist die gesetzliche Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG anhand des Unionsrechts auf einen Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters zu überprüfen. Ein solcher Verstoß liegt jedoch nicht vor.

28

a) § 2 Abs. 1 BetrAVG ist anhand des primärrechtlichen Verbots der Diskriminierung wegen des Alters, wie es nunmehr in Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(im Folgenden: GR-Charta) niedergelegt ist, zu überprüfen (vgl. ausführlich BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 23 ff., BAGE 138, 346).

29

b) Unter Heranziehung der den primärrechtlichen Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung konkretisierenden Regelungen in Art. 1, Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie verstößt die in § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene Berechnung einer gesetzlich unverfallbaren Betriebsrentenanwartschaft nicht gegen das unionsrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters.

30

aa) Da § 2 Abs. 1 BetrAVG nicht an das Lebensalter anknüpft, scheidet eine unmittelbare Benachteiligung aus. Die Regelung bewirkt allerdings, dass Personen, die ihre Betriebszugehörigkeit in einem jüngeren Lebensalter zurückgelegt haben, gegenüber Personen benachteiligt werden können, die die gleiche Betriebszugehörigkeit in höherem Lebensalter erbracht haben. Je länger die mögliche Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze ist, desto geringer ist der Anteil der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit hieran, auch wenn er absolut derjenigen eines mit einem höheren Lebensalter in den Betrieb eingetretenen Arbeitnehmers entspricht (vgl. Rolfs NZA 2008, 553, 555; Rengier RdA 2006, 213, 215 f.).

31

bb) Diese potenziell unterschiedlichen Auswirkungen sind auf das Alter zurückzuführen, weil die Betriebszugehörigkeit je nach Lebensalter zu unterschiedlichen Ansprüchen führen kann (vgl. auch EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 30, Slg. 2010, I-365 zur Benachteiligung früher eintretender Arbeitnehmer bei Nichtberücksichtigung im jungen Lebensalter geleisteter Arbeit bei der Berechnung der Kündigungsfrist sowie Generalanwältin Sharpston in ihrem Schlussantrag in der Sache „Bartsch“ vom 22. Mai 2008 - C-427/06 - Rn. 66 ff., Slg. 2008, I-7245 zum „relativen Alter“). Dass sich der Nachteil erst dann verwirklicht, wenn der Versorgungsfall eingetreten ist und die Arbeitnehmer deshalb das gleiche Lebensalter haben, ändert daran nichts (BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 31, BAGE 138, 346).

32

cc) Die unterschiedliche Behandlung wird auch durch die gesetzliche Regelung und nicht nur durch die jeweilige Versorgungsordnung bewirkt.

33

Allerdings führt die im Gesetz vorgesehene zeitratierliche Kürzung nicht in jedem Fall zu einer Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer. Diese tritt nur dann ein, wenn nach der maßgeblichen Versorgungsordnung die Voraussetzungen der Höchstrente bereits erfüllt werden können, bevor die feste Altersgrenze erreicht ist. Das ist zB dann der Fall, wenn nach der Versorgungsordnung Versorgungsanwartschaften nur bis zu einer bestimmten Dauer der Betriebszugehörigkeit - etwa wie hier 40 Jahre - erworben werden können und sich eine darüber hinausgehende Betriebszugehörigkeit nicht mehr unmittelbar rentensteigernd auswirkt. Sieht die Versorgungsordnung dagegen eine gleichmäßige Steigerung der Anwartschaften bis zum Erreichen der festen Altersgrenze vor, tritt der in der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG zur zeitratierlichen Berechnung angelegte Effekt nicht ein. Dann wird die nachteilige Wirkung der zeitratierlichen Berechnung durch eine höhere fiktive Vollrente ausgeglichen (vgl. Preis BetrAV 2010, 513, 515 sowie die Berechnungsbeispiele bei Diller NZA 2011, 725).

34

Daraus folgt allerdings nicht, dass sich die gesetzliche Berechnungsvorschrift nicht benachteiligend auswirken kann (aA Diller NZA 2011, 725 f.). Denn welcher gesetzliche Mindestanspruch sich bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ergibt, richtet sich nicht nach der Versorgungsordnung, sondern nach dem Gesetz. Dass die Auswirkungen des Gesetzes je nach Versorgungsordnung unterschiedlich sind, ändert nichts daran, dass es sich um Auswirkungen der gesetzlichen Regelung handelt (BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 34, BAGE 138, 346).

35

dd) Die für die Berechnung der gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft maßgebliche gesetzliche Regelung bewirkt jedoch keine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters, da der Regelung ein legitimes, im Allgemeininteresse bestehendes Ziel zugrunde liegt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie, § 10 Sätze 1 und 2 AGG; vgl. ausführlich BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 35 ff., BAGE 138, 346).

36

(1) Das Ziel der gesetzlichen Regelung ist es, für die Berechnung der Höhe der unverfallbaren Anwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eine Regelung zu finden, die dem verbreiteten Verständnis des Betriebsrentenrechts gerecht wird, wie es den üblichen Versorgungsordnungen zugrunde liegt. Die vom Arbeitgeber zu erbringende betriebliche Altersversorgung wird - bis heute - als Gegenleistung für die gesamte Betriebszugehörigkeit zwischen dem Beginn des Arbeitsverhältnisses und dem Erreichen der festen Altersgrenze aufgefasst. Ein reines „Entgeltprinzip“ besteht nicht. An dieses allgemein akzeptierte Verständnis der betrieblichen Altersversorgung knüpft die Regelung in § 2 Abs. 1 BetrAVG an und ermöglicht dessen Beibehaltung. Dies dient der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung und damit einem sozialpolitischen Ziel von Allgemeininteresse (vgl. ausführlich BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 42 ff., BAGE 138, 346).

37

(2) Von diesem Regelungszweck her ist es naheliegend und damit angemessen, wenn der Gesetzgeber zur Berechnung der Höhe einer gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zeitratierlich auf die Dauer der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit im Verhältnis zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der festen Altersgrenze abstellt. Diese Berechnungsweise sichert dem Arbeitnehmer seine Anwartschaften entsprechend dem von ihm erbrachten Anteil der für die Vollrente als Gegenleistung vorausgesetzten Leistung (ebenso Cisch/Böhm BB 2007, 602, 608 f.; Rolfs NZA 2008, 553, 555 f.; im Ergebnis ebenso Adomeit/Mohr ZfA 2008, 449, 465). Die heute erheblich höhere Fluktuation und der Entgeltcharakter der Altersversorgung führen vor dem Hintergrund des verfolgten Ziels nicht zur Unangemessenheit der gesetzlichen Regelung (aA Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 65; Rengier RdA 2006, 213, 216). Arbeitnehmer, die vor dem Eintritt des Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, behalten bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine unverfallbare Anwartschaft. Ihre Interessen bleiben daher nicht in unangemessener Weise unberücksichtigt (BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 47, BAGE 138, 346).

38

Die gesetzliche Regelung geht auch nicht über das hinaus, was zur Erreichung des Ziels erforderlich ist (zu dieser Voraussetzung EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 36 ff., Slg. 2010, I-9343). Eine der üblichen Konzeption von Versorgungsordnungen angepasste Berechnungsregelung kann nicht anders gestaltet werden (BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 48, BAGE 138, 346).

39

3. Die Berechnungsvorschrift in § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG verstößt auch nicht gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz(Art. 3 Abs. 1 GG). Dieser stellt keine weitergehenden Anforderungen als das Unionsrecht. Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelung in § 2 BetrAVG als „praktikabel“ bezeichnet(15. Juli 1998 - 1 BvR 1554/89 ua. - zu C I 3 a der Gründe, BVerfGE 98, 365).

40

4. Der Senat kann den Rechtsstreit abschließend entscheiden. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es nicht.

41

a) Soweit der Kläger im Rahmen der Revisionsbegründung eine Vorlage für den Fall beantragt hat, dass das Bundesarbeitsgericht die von der Beklagten vertretene Berechnungsmethode für unzutreffend hält, ist diese Bedingung nicht eingetreten.

42

b) Eine unabhängig von einem Antrag einer Partei zu prüfende Vorlagepflicht besteht nicht. Hinsichtlich der Vereinbarkeit von § 2 Abs. 1 BetrAVG und der darin angeordneten zeitratierlichen Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft mit Unionsrecht besteht keine Vorlagepflicht(BVerfG 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 37 f., ZIP 2012, 1876). Auch im Übrigen besteht keine Veranlassung zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Die Auslegung des unionsrechtlichen Grundsatzes des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters einschließlich des Rückgriffs auf die Rahmenrichtlinie zur Konkretisierung des primärrechtlichen Grundsatzes ist durch die Entscheidung des Gerichtshofs in der Sache „Kücükdeveci“ (19. Januar 2010 - C-555/07 - Slg. 2010, I-365) geklärt, so dass eine Vorlagepflicht entfällt (vgl. EuGH 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 - [C.I.L.F.I.T.] Slg. 1982 S. 3415). Ob ein Grund iSd. Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie gegeben ist, der eine Ungleichbehandlung wegen des Alters rechtfertigt, ist von den nationalen Gerichten zu prüfen(EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 47 ff., Slg. 2009, I-1569).

43

III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    S. Hopfner    

        

    H. Frehse     

                 

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.