Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen

Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen: Ein kritischer Bereich im Kartellstrafrecht

erstmalig veröffentlicht: 14.03.2024, letzte Fassung: 14.03.2024
beira.de Redaktion
Zusammenfassung des Autors

Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen stellen eine erhebliche Verletzung des Kartellrechts dar und beeinträchtigen die Integrität und Fairness von Vergabeverfahren. Solche Absprachen führen nicht nur zu wirtschaftlichen Nachteilen für Auftraggeber, sondern untergraben auch das Vertrauen in den Wettbewerbsprozess. Dieser Artikel bietet einen Überblick über die rechtlichen Aspekte, typische Szenarien und die Bedeutung der Bekämpfung dieser Praktiken im Rahmen des Kartellstrafrechts.

Rechtlicher Rahmen

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie die EU-Kartellverordnung bilden die rechtliche Grundlage für das Verbot wettbewerbsbeschränkender Absprachen. Besondere Bedeutung kommt hier den Bestimmungen zu, die Absprachen zwischen Unternehmen untersagen, die den Wettbewerb verfälschen oder einschränken könnten. Im Kontext von Ausschreibungen sind vor allem Absprachen über Angebotspreise, Gebietsaufteilungen oder die Manipulation von Ausschreibungsprozessen relevant.

 

Typische Verstöße

Preisabsprachen: Unternehmen verständigen sich über ihre Angebotspreise, um sicherzustellen, dass ein bestimmtes Unternehmen den Zuschlag erhält.

Submissionsabsprachen: Unternehmen koordinieren ihr Verhalten im Rahmen von Ausschreibungsverfahren, etwa durch das Abgeben von Scheinangeboten, um den Anschein von Wettbewerb zu erwecken.

Gebiets- und Kundenabsprachen: Unternehmen einigen sich darauf, sich gegenseitig keine Konkurrenz in bestimmten geografischen oder kundenspezifischen Bereichen zu machen.

 

Strafmaß und rechtliche Konsequenzen

Verstöße gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Absprachen können mit hohen Bußgeldern belegt werden, die sich nach dem Jahresumsatz der beteiligten Unternehmen richten können. In gravierenden Fällen sind auch strafrechtliche Sanktionen möglich. Darüber hinaus können geschädigte Auftraggeber Schadensersatzansprüche gegen die beteiligten Unternehmen geltend machen.

 

Präventionsmaßnahmen

Zur Vermeidung wettbewerbsbeschränkender Absprachen ist es für Unternehmen unerlässlich, ein effektives Compliance-Programm zu implementieren. Dies umfasst die regelmäßige Schulung von Mitarbeitern, die Etablierung klarer Verhaltensrichtlinien und die Durchführung interner Kontrollen, insbesondere im Vorfeld von Ausschreibungsverfahren.

 

Aktuelle Herausforderungen

Die zunehmende Komplexität von Vergabeverfahren und die Internationalisierung von Märkten erschweren die Aufdeckung und Ahndung wettbewerbsbeschränkender Absprachen. Die Digitalisierung bietet neue Möglichkeiten für die Überwachung von Ausschreibungsprozessen, erfordert jedoch auch angepasste regulatorische Ansätze.

 

Fazit

Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen untergraben den fairen Wettbewerb und schädigen sowohl Auftraggeber als auch die Allgemeinheit. Die Bekämpfung dieser Praktiken ist ein zentrales Anliegen des Kartellstrafrechts, um die Integrität von Vergabeverfahren zu gewährleisten. Unternehmen müssen sich der rechtlichen Risiken bewusst sein und geeignete Maßnahmen ergreifen, um Compliance zu sichern. Bei Verdacht auf Verstöße ist eine umgehende rechtliche Beratung essentiell, um die eigene Position zu klären und zu schützen.

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Rechtsanwalt Andrey Lepscheew


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