Steuerrecht: Windkraftanlagen sind keine wirtschaftliche Einheit i.S. des § 2 Abs. 1 BewG
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Mehrere mit Windkraftanlagen bebaute Grundstücksflächen bilden regelmäßig keine wirtschaftliche Einheit i.S. des § 2 Abs. 1 BewG, wenn sie durch Grundstücke, die zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören, voneinander getrennt sind.
Gründe
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Eigentümer des Grundstücks X, auf dem eine KG aufgrund eines mit dem Kläger bestehenden Nutzungsvertrags einen Windenergiepark mit zehn Windkraftanlagen betreibt und das aufgrund des Nutzungsvertrags neu gebildet wurde. Das Grundstück besteht aus zehn nicht aneinander grenzenden Teilflächen, auf denen jeweils eine Windkraftanlage errichtet ist, sowie aus den Wegen, die die Teilflächen Nrn. 1 bis 6 einerseits und Nrn. 7 bis 10 andererseits miteinander verbinden, und ferner aus einem schmalen Streifen zwischen den Teilflächen Nrn. 6 und 7. Die umliegenden Grundstücke des Klägers werden von diesem ebenso landwirtschaftlich genutzt wie die nicht mit den Windkraftanlagen bebauten und auch nicht befestigten Teile der zehn Teilflächen und der Verbindungsstreifen zwischen den Teilflächen Nrn. 6 und 7. Die Verbindungswege zwischen den Teilflächen Nrn. 1 bis 6 einerseits und Nrn. 7 bis 10 andererseits dienen vorrangig dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) beurteilte die einzelnen Standorte der Windkraftanlagen zunächst als jeweils eine wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens und erließ demgemäß im Wege der Nachfeststellung auf den 1. Januar 2001 für jede dieser Einheiten einen gesonderten Einheitswertbescheid.
Da das FA der Auffassung war, das neu gebildete Grundstück sei als eine einzige wirtschaftliche Einheit anzusehen, stellte es dafür mit Bescheid vom 27. September 2005 im Wege der Nachfeststellung auf den 1. Januar 2006 die Vermögensart unbebautes Grundstück und einen Einheitswert von 180.179 € fest. Die auf den 1. Januar 2001 erfolgten Einheitswertfeststellungen hob das FA durch Bescheide vom 19. November 2005 zum 1. Januar 2006 auf.
Der vom Kläger im Einspruchsverfahren vertretenen Ansicht, lediglich die mit den Windkraftanlagen bebauten und die für deren Betrieb befestigten Flächen, nicht aber die von ihm landwirtschaftlich genutzten Teilbereiche seien als unbebautes Grundstück zu bewerten, folgte das FA in der Einspruchsentscheidung nicht. Es ließ lediglich die Wegeflächen außer Ansatz, da sie nicht vorrangig dem Betrieb der Windkraftanlagen, sondern dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers dienten und daher dessen land- und forstwirtschaftlichem Vermögen zuzurechnen seien, und setzte dementsprechend den Einheitswert auf 170.055 € herab.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit der der Kläger die Aufhebung des Feststellungsbescheids vom 27. September 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung begehrte, mit der Begründung statt, das Grundstück bestehe aus mehreren wirtschaftlichen Einheiten, die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) jeweils für sich zu bewerten seien. Jedenfalls die Wege gehörten nicht zum Grundvermögen, sondern zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen des Klägers. Die mit den Windkraftanlagen bebauten zehn Teilflächen seien daher im bewertungsrechtlichen Sinn nicht miteinander verbunden und bildeten deshalb nicht eine einzige wirtschaftliche Einheit. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1476 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 2 Abs. 1 BewG. Entgegen der Ansicht des FG liege aufgrund der Zusammenfassung der Windkraftanlagen zu einer Windparkeinheit nur eine einzige wirtschaftliche Einheit vor. Dem stehe die landwirtschaftliche Nutzung der zwischen den Anlagen liegenden Flächen nicht entgegen. Entscheidend seien vielmehr die fast kreisförmige Aneinanderreihung der einzelnen Windkraftanlagen und der in der Gewinnung von elektrischem Strom durch Nutzung der Windenergie bestehende gemeinsame Zweck der Anlagen.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zutreffend angenommen, dass die zehn mit den Windkraftanlagen bebauten Teilflächen nicht lediglich eine einzige wirtschaftliche Einheit bilden und daher die Voraussetzungen für die vom FA vorgenommene Nachfeststellung nicht erfüllt sind.
Für wirtschaftliche Einheiten, für die ein Einheitswert festzustellen ist, wird der Einheitswert gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 BewG nachträglich festgestellt (Nachfeststellung), wenn nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt (§ 21 Abs. 2 BewG) die wirtschaftliche Einheit neu entsteht.
Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 BewG nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden, und bestimmt sich daher vornehmlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Dabei sind die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 1 Satz 4 BewG).
Mehrere Grundstücke gehören zu einer wirtschaftlichen Einheit, wenn sie zu einem einheitlichen Zweck zusammengefasst sind, der sich äußerlich in einer entsprechenden einheitlichen Ausgestaltung niederschlägt, durch welche die selbständige Funktion des einzelnen Grundstücks nach der Verkehrsauffassung aufgehoben wird. Dabei hat der subjektive Wille eine wesentliche Bedeutung, der allerdings nicht im Widerspruch zu den objektiven äußeren Merkmalen stehen darf.
Die Voraussetzungen, unter denen mehrere Grundstücke zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören, sind nach dieser Entscheidung nicht erfüllt, wenn mehrere einem Eigentümer gehörende Wohnblöcke in großstädtischer Lage aneinandergereiht sind, und zwar auch dann nicht, wenn deren Ver- und Entsorgungseinrichtungen vielfältig miteinander verbunden sind, der Grundstückskomplex gemeinschaftlich verwaltet wird, für alle Mieter eine gemeinschaftliche Tiefgarage vorhanden ist und darüber hinaus die Gesamtanlage einheitlich geplant und architektonisch gestaltet und gleichzeitig errichtet wurde. Eine andere Beurteilung ist nur gerechtfertigt, wenn die nach einheitlichem Plan errichtete Wohnanlage zu einem einheitlichen Zweck zusammengefasst ist, der sich nicht nur äußerlich in einer entsprechenden einheitlichen Ausgestaltung niederschlägt, sondern der auch die selbständige Funktion des einzelnen Grundstücks nach der Verkehrsauffassung aufhebt.
Bei der Beurteilung, ob mehrere Teilflächen eine wirtschaftliche Einheit bilden, kommt es auch auf deren räumliche Lage zueinander an. Bei räumlicher Trennung liegen beim Grundvermögen (§ 68 BewG) regelmäßig mehrere wirtschaftliche Einheiten vor.
Demgegenüber ist es für die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens grundsätzlich ohne Einfluss, ob eine Grundstücksfläche katastertechnisch verselbständigt ist und ein eigenes Flurstück bildet. Das bewertungsrechtliche Grundstück kann mehrere Flurstücke umfassen, aber auch nur Teil eines Flurstücks sein.
Mehrere unbebaute Teilflächen eines Grundstücks, die durch Grundstücke voneinander getrennt sind, die zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören, bilden nach diesen Grundsätzen auch dann keine wirtschaftliche Einheit, wenn sich auf ihnen Betriebsvorrichtungen (§ 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG) befinden, die zwar gleichartig und durch Leitungen miteinander verbunden sind und demselben Zweck dienen, aber ihrerseits jeweils ein gesondertes Wirtschaftsgut sind. Solche Betriebsvorrichtungen sind nicht geeignet, abweichend vom Regelfall die voneinander getrennten Teilflächen zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammenzufassen.
Etwas anderes gilt, wenn die Teilflächen aus bauplanungsrechtlichen oder anderen öffentlich-rechtlichen Gründen nur zusammen veräußert werden können. Privatrechtliche Vereinbarungen, die von den Beteiligten geändert werden können, spielen demgegenüber keine Rolle; denn sie betreffen nicht die für die Beurteilung, ob eine wirtschaftliche Einheit vorliegt, maßgebenden objektiven äußeren Merkmale.
Die Voraussetzungen für die vom FA vorgenommene Nachfeststellung waren danach nicht erfüllt. Es ist keine aus den zehn mit den Windkraftanlagen bebauten Teilflächen bestehende wirtschaftliche Einheit i.S. des § 23 Abs. 1 Nr. 1 BewG neu entstanden. Diese Teilflächen bilden keine wirtschaftliche Einheit. Vielmehr liegen mehrere wirtschaftliche Einheiten vor, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BewG je für sich zu bewerten sind.
Dem Vorliegen einer einzigen wirtschaftlichen Einheit steht entgegen, dass die einzelnen mit den Windkraftanlagen bebauten Teilflächen bewertungsrechtlich voneinander räumlich getrennt sind. Die Wege zwischen den Teilflächen gehören nämlich, wie auch das FA in der Einspruchsentscheidung angenommen hat, wegen der vorrangigen Nutzung für den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers nicht zum Grundvermögen, sondern zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen des Klägers. Zwischen den Teilflächen Nrn. 6 und 7 besteht zudem nicht einmal eine Verbindung durch einen Weg. Die Fläche zwischen den Teilflächen Nrn. 1 und 10 gehört nicht zu dem Grundstück X.
Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit ergibt sich unter diesen Umständen nicht daraus, dass die mit den Windkraftanlagen bebauten Teilflächen katastertechnisch zu einem einzigen Flurstück gehören. Wie bereits ausgeführt, kann ein Flurstück aus mehreren Grundstücken im bewertungsrechtlichen Sinn bestehen.
Nicht entscheidend ist ebenfalls, dass die Nutzung der Teilflächen der KG durch einen einheitlichen Vertrag gestattet wurde. Ein Nutzungsvertrag kann sich auch auf mehrere wirtschaftliche Einheiten i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 BewG beziehen; denn er betrifft nicht die für die Beurteilung, ob eine wirtschaftliche Einheit vorliegt, maßgebenden objektiven äußeren Merkmale.
Das Vorliegen einer einzigen wirtschaftlichen Einheit kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass sich auf den einzelnen Teilflächen gleichartige Betriebsvorrichtungen, nämlich die Windkraftanlagen, befinden, die von der KG in Übereinstimmung mit dem Nutzungsvertrag für denselben Zweck, nämlich die Erzeugung von elektrischem Strom mit Hilfe der Windenergie, verwendet werden. Diese Windkraftanlagen stellen nämlich jeweils eigenständige, zusammengesetzte Wirtschaftsgüter dar, und zwar auch dann, wenn sie durch eine Verkabelung untereinander und mit der Übergabestation, an der der von den Anlagen erzeugte Strom in das Stromnetz eingespeist wird, verbunden sind.
Dass die Teilflächen aus bauplanungsrechtlichen oder anderen öffentlich-rechtlichen Gründen nur zusammen veräußert werden könnten, lässt sich weder den vom FG getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) entnehmen noch macht dies das FA geltend.
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Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Eigentümer des Grundstücks X, auf dem eine KG aufgrund eines mit dem Kläger bestehenden Nutzungsvertrags einen Windenergiepark mit zehn Windkraftanlagen betreibt und das aufgrund des Nutzungsvertrags neu gebildet wurde. Das Grundstück besteht aus zehn nicht aneinander grenzenden Teilflächen, auf denen jeweils eine Windkraftanlage errichtet ist, sowie aus den Wegen, die die Teilflächen Nrn. 1 bis 6 einerseits und Nrn. 7 bis 10 andererseits miteinander verbinden, und ferner aus einem schmalen Streifen zwischen den Teilflächen Nrn. 6 und 7. Die umliegenden Grundstücke des Klägers werden von diesem ebenso landwirtschaftlich genutzt wie die nicht mit den Windkraftanlagen bebauten und auch nicht befestigten Teile der zehn Teilflächen und der Verbindungsstreifen zwischen den Teilflächen Nrn. 6 und 7. Die Verbindungswege zwischen den Teilflächen Nrn. 1 bis 6 einerseits und Nrn. 7 bis 10 andererseits dienen vorrangig dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) beurteilte die einzelnen Standorte der Windkraftanlagen zunächst als jeweils eine wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens und erließ demgemäß im Wege der Nachfeststellung auf den 1. Januar 2001 für jede dieser Einheiten einen gesonderten Einheitswertbescheid.
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Da das FA der Auffassung war, das neu gebildete Grundstück sei als eine einzige wirtschaftliche Einheit anzusehen, stellte es dafür mit Bescheid vom 27. September 2005 im Wege der Nachfeststellung auf den 1. Januar 2006 die Vermögensart unbebautes Grundstück und einen Einheitswert von 180.179 € fest. Die auf den 1. Januar 2001 erfolgten Einheitswertfeststellungen hob das FA durch Bescheide vom 19. November 2005 zum 1. Januar 2006 auf.
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Der vom Kläger im Einspruchsverfahren vertretenen Ansicht, lediglich die mit den Windkraftanlagen bebauten und die für deren Betrieb befestigten Flächen, nicht aber die von ihm landwirtschaftlich genutzten Teilbereiche seien als unbebautes Grundstück zu bewerten, folgte das FA in der Einspruchsentscheidung nicht. Es ließ lediglich die Wegeflächen außer Ansatz, da sie nicht vorrangig dem Betrieb der Windkraftanlagen, sondern dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers dienten und daher dessen land- und forstwirtschaftlichem Vermögen zuzurechnen seien, und setzte dementsprechend den Einheitswert auf 170.055 € herab.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit der der Kläger die Aufhebung des Feststellungsbescheids vom 27. September 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung begehrte, mit der Begründung statt, das Grundstück bestehe aus mehreren wirtschaftlichen Einheiten, die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) jeweils für sich zu bewerten seien. Jedenfalls die Wege gehörten nicht zum Grundvermögen, sondern zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen des Klägers. Die mit den Windkraftanlagen bebauten zehn Teilflächen seien daher im bewertungsrechtlichen Sinn nicht miteinander verbunden und bildeten deshalb nicht eine einzige wirtschaftliche Einheit. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1476 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 2 Abs. 1 BewG. Entgegen der Ansicht des FG liege aufgrund der Zusammenfassung der Windkraftanlagen zu einer Windparkeinheit nur eine einzige wirtschaftliche Einheit vor. Dem stehe die landwirtschaftliche Nutzung der zwischen den Anlagen liegenden Flächen nicht entgegen. Entscheidend seien vielmehr die fast kreisförmige Aneinanderreihung der einzelnen Windkraftanlagen und der in der Gewinnung von elektrischem Strom durch Nutzung der Windenergie bestehende gemeinsame Zweck der Anlagen.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend angenommen, dass die zehn mit den Windkraftanlagen bebauten Teilflächen nicht lediglich eine einzige wirtschaftliche Einheit bilden und daher die Voraussetzungen für die vom FA vorgenommene Nachfeststellung nicht erfüllt sind.
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1. Für wirtschaftliche Einheiten, für die ein Einheitswert festzustellen ist, wird der Einheitswert gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 BewG nachträglich festgestellt (Nachfeststellung), wenn nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt (§ 21 Abs. 2 BewG) die wirtschaftliche Einheit neu entsteht.
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a) Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 BewG nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden, und bestimmt sich daher vornehmlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. März 1993 II R 32/89, BFH/NV 1993, 584, m.w.N.). Dabei sind die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 1 Satz 4 BewG).
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b) Mehrere Grundstücke gehören zu einer wirtschaftlichen Einheit, wenn sie zu einem einheitlichen Zweck zusammengefasst sind, der sich äußerlich in einer entsprechenden einheitlichen Ausgestaltung niederschlägt, durch welche die selbständige Funktion des einzelnen Grundstücks nach der Verkehrsauffassung aufgehoben wird. Dabei hat der subjektive Wille eine wesentliche Bedeutung, der allerdings nicht im Widerspruch zu den objektiven äußeren Merkmalen stehen darf (vgl. BFH-Urteil vom 10. Mai 2006 II R 17/05, BFH/NV 2006, 2124).
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Die Voraussetzungen, unter denen mehrere Grundstücke zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören, sind nach dieser Entscheidung nicht erfüllt, wenn mehrere einem Eigentümer gehörende Wohnblöcke in großstädtischer Lage aneinandergereiht sind, und zwar auch dann nicht, wenn deren Ver- und Entsorgungseinrichtungen vielfältig miteinander verbunden sind, der Grundstückskomplex gemeinschaftlich verwaltet wird, für alle Mieter eine gemeinschaftliche Tiefgarage vorhanden ist und darüber hinaus die Gesamtanlage einheitlich geplant und architektonisch gestaltet und gleichzeitig errichtet wurde. Eine andere Beurteilung ist nur gerechtfertigt, wenn die nach einheitlichem Plan errichtete Wohnanlage zu einem einheitlichen Zweck zusammengefasst ist, der sich nicht nur äußerlich in einer entsprechenden einheitlichen Ausgestaltung niederschlägt, sondern der auch die selbständige Funktion des einzelnen Grundstücks nach der Verkehrsauffassung aufhebt.
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Bei der Beurteilung, ob mehrere Teilflächen eine wirtschaftliche Einheit bilden, kommt es auch auf deren räumliche Lage zueinander an (H.-U. Viskorf in Viskorf/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 3. Aufl., § 2 BewG Rz 14). Bei räumlicher Trennung liegen beim Grundvermögen (§ 68 BewG) regelmäßig mehrere wirtschaftliche Einheiten vor (BFH-Urteil vom 3. Dezember 1954 III 91/54 U, BFHE 60, 11, BStBl III 1955, 5).
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Demgegenüber ist es für die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens grundsätzlich ohne Einfluss, ob eine Grundstücksfläche katastertechnisch verselbständigt ist und ein eigenes Flurstück bildet. Das bewertungsrechtliche Grundstück kann mehrere Flurstücke umfassen, aber auch nur Teil eines Flurstücks sein (BFH-Urteile vom 25. Februar 1983 III R 81/82, BFHE 138, 468, BStBl II 1983, 552, und vom 26. Februar 1986 II R 236/83, BFH/NV 1987, 366; BFH-Beschluss vom 28. April 1993 II S 6/93, BFH/NV 1993, 642).
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c) Mehrere unbebaute Teilflächen eines Grundstücks, die durch Grundstücke voneinander getrennt sind, die zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören, bilden nach diesen Grundsätzen auch dann keine wirtschaftliche Einheit, wenn sich auf ihnen Betriebsvorrichtungen (§ 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG) befinden, die zwar gleichartig und durch Leitungen miteinander verbunden sind und demselben Zweck dienen, aber ihrerseits jeweils ein gesondertes Wirtschaftsgut sind. Solche Betriebsvorrichtungen sind nicht geeignet, abweichend vom Regelfall die voneinander getrennten Teilflächen zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammenzufassen.
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Etwas anderes gilt, wenn die Teilflächen aus bauplanungsrechtlichen oder anderen öffentlich-rechtlichen Gründen nur zusammen veräußert werden können (BFH-Urteil in BFH/NV 1987, 366). Privatrechtliche Vereinbarungen, die von den Beteiligten geändert werden können, spielen demgegenüber keine Rolle; denn sie betreffen nicht die für die Beurteilung, ob eine wirtschaftliche Einheit vorliegt, maßgebenden objektiven äußeren Merkmale.
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2. Die Voraussetzungen für die vom FA vorgenommene Nachfeststellung waren danach nicht erfüllt. Es ist keine aus den zehn mit den Windkraftanlagen bebauten Teilflächen bestehende wirtschaftliche Einheit i.S. des § 23 Abs. 1 Nr. 1 BewG neu entstanden. Diese Teilflächen bilden keine wirtschaftliche Einheit. Vielmehr liegen mehrere wirtschaftliche Einheiten vor, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BewG je für sich zu bewerten sind.
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a) Dem Vorliegen einer einzigen wirtschaftlichen Einheit steht entgegen, dass die einzelnen mit den Windkraftanlagen bebauten Teilflächen bewertungsrechtlich voneinander räumlich getrennt sind. Die Wege zwischen den Teilflächen gehören nämlich, wie auch das FA in der Einspruchsentscheidung angenommen hat, wegen der vorrangigen Nutzung für den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers nicht zum Grundvermögen, sondern zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen des Klägers. Zwischen den Teilflächen Nrn. 6 und 7 besteht zudem nicht einmal eine Verbindung durch einen Weg. Die Fläche zwischen den Teilflächen Nrn. 1 und 10 gehört nicht zu dem Grundstück X.
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b) Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit ergibt sich unter diesen Umständen nicht daraus, dass die mit den Windkraftanlagen bebauten Teilflächen katastertechnisch zu einem einzigen Flurstück gehören. Wie bereits ausgeführt, kann ein Flurstück aus mehreren Grundstücken im bewertungsrechtlichen Sinn bestehen.
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c) Nicht entscheidend ist ebenfalls, dass die Nutzung der Teilflächen der KG durch einen einheitlichen Vertrag gestattet wurde. Ein Nutzungsvertrag kann sich auch auf mehrere wirtschaftliche Einheiten i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 BewG beziehen; denn er betrifft nicht die für die Beurteilung, ob eine wirtschaftliche Einheit vorliegt, maßgebenden objektiven äußeren Merkmale.
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d) Das Vorliegen einer einzigen wirtschaftlichen Einheit kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass sich auf den einzelnen Teilflächen gleichartige Betriebsvorrichtungen, nämlich die Windkraftanlagen, befinden, die von der KG in Übereinstimmung mit dem Nutzungsvertrag für denselben Zweck, nämlich die Erzeugung von elektrischem Strom mit Hilfe der Windenergie, verwendet werden. Diese Windkraftanlagen stellen nämlich jeweils eigenständige, zusammengesetzte Wirtschaftsgüter dar, und zwar auch dann, wenn sie durch eine Verkabelung untereinander und mit der Übergabestation, an der der von den Anlagen erzeugte Strom in das Stromnetz eingespeist wird, verbunden sind (BFH-Urteil vom 14. April 2011 IV R 46/09, BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696).
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e) Dass die Teilflächen aus bauplanungsrechtlichen oder anderen öffentlich-rechtlichen Gründen nur zusammen veräußert werden könnten, lässt sich weder den vom FG getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) entnehmen noch macht dies das FA geltend.
(1) Jede wirtschaftliche Einheit ist für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im ganzen festzustellen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen.
(2) Mehrere Wirtschaftsgüter kommen als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören.
(3) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit eine Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter vorgeschrieben ist.
(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.
(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.
(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof
- 1.
in der Sache selbst entscheiden oder - 2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.
(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.
(1) Für wirtschaftliche Einheiten, für die ein Einheitswert festzustellen ist, wird der Einheitswert nachträglich festgestellt (Nachfeststellung), wenn nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt (§ 21 Abs. 2)
- 1.
die wirtschaftliche Einheit neu entsteht; - 2.
eine bereits bestehende wirtschaftliche Einheit erstmals zu einer Steuer herangezogen werden soll.
(2) Der Nachfeststellung werden vorbehaltlich des § 27 die Verhältnisse im Nachfeststellungszeitpunkt zugrunde gelegt. Nachfeststellungszeitpunkt ist in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 der Beginn des Kalenderjahrs, das auf die Entstehung der wirtschaftlichen Einheit folgt, und in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 der Beginn des Kalenderjahrs, in dem der Einheitswert erstmals der Besteuerung zugrunde gelegt wird. Die Vorschriften in § 35 Abs. 2 und den §§ 54 und 59 über die Zugrundelegung eines anderen Zeitpunkts bleiben unberührt.
(1) Die Einheitswerte werden in Zeitabständen von je sechs Jahren allgemein festgestellt (Hauptfeststellung).
(2) Der Hauptfeststellung werden die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahrs (Hauptfeststellungszeitpunkt) zugrunde gelegt. Die Vorschriften in § 35 Abs. 2 und den §§ 54 und 59 über die Zugrundelegung eines anderen Zeitpunkts bleiben unberührt.
(1) Jede wirtschaftliche Einheit ist für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im ganzen festzustellen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen.
(2) Mehrere Wirtschaftsgüter kommen als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören.
(3) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit eine Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter vorgeschrieben ist.
(1) Zum Grundvermögen gehören
- 1.
der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör, - 2.
das Erbbaurecht, - 3.
das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz,
(2) In das Grundvermögen sind nicht einzubeziehen
Einzubeziehen sind jedoch die Verstärkungen von Decken und die nicht ausschließlich zu einer Betriebsanlage gehörenden Stützen und sonstigen Bauteile wie Mauervorlagen und Verstrebungen.(1) Für wirtschaftliche Einheiten, für die ein Einheitswert festzustellen ist, wird der Einheitswert nachträglich festgestellt (Nachfeststellung), wenn nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt (§ 21 Abs. 2)
- 1.
die wirtschaftliche Einheit neu entsteht; - 2.
eine bereits bestehende wirtschaftliche Einheit erstmals zu einer Steuer herangezogen werden soll.
(2) Der Nachfeststellung werden vorbehaltlich des § 27 die Verhältnisse im Nachfeststellungszeitpunkt zugrunde gelegt. Nachfeststellungszeitpunkt ist in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 der Beginn des Kalenderjahrs, das auf die Entstehung der wirtschaftlichen Einheit folgt, und in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 der Beginn des Kalenderjahrs, in dem der Einheitswert erstmals der Besteuerung zugrunde gelegt wird. Die Vorschriften in § 35 Abs. 2 und den §§ 54 und 59 über die Zugrundelegung eines anderen Zeitpunkts bleiben unberührt.
(1) Jede wirtschaftliche Einheit ist für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im ganzen festzustellen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen.
(2) Mehrere Wirtschaftsgüter kommen als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören.
(3) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit eine Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter vorgeschrieben ist.
(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.
(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.
(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.