Gewerbesteuer: Mehrere Betriebsstandorte als einheitlicher Gewerbebetrieb

bei uns veröffentlicht am25.02.2011

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Betreibt ein Einzelunternehmer in mehreren Gemeinden Einzelhandelsgeschäfte, liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor.
Betreibt ein Einzelunternehmer in mehreren Gemeinden Einzelhandelsgeschäfte, liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor, wenn wesentliche Verwaltungsaufgaben (wie die Buchführung) zentralisiert an einem Standort durchgeführt werden. Somit kann der Gewerbesteuer-Freibetrag in Höhe von 24.500 EUR nur einmal und nicht für jede Filiale gesondert in Anspruch genommen werden. Dies hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg im Fall eines Händlers entschieden, der Wurst-, Back- und Fleischwaren in mehreren Orten verkaufte. Ein Austausch von Personal oder Maschinen zwischen den einzelnen Geschäften erfolgte nicht. Auch
die Bankkonten, Kassenbücher sowie Gewinn- und Verlustrechnungen wurden getrennt geführt.

Nach dem Gewerbesteuergesetz ist jeder Betrieb gesondert zur Gewerbesteuer heranzuziehen, auch wenn eine Person mehrere selbstständige Geschäfte betreibt. Sie bilden aber eine Einheit, sofern sie sachlich, insbesondere organisatorisch, wirtschaftlich oder finanziell zusammenhängen, wobei diese Kriterien nach den Verhältnissen des Einzelfalls unterschiedliches Gewicht haben. Bündelt eine Person die Aktivitäten, um eine größere Marktwirksamkeit zu erreichen, ist eine Wirtschaftseinheit gegeben.

Für die Selbstständigkeit von mehreren Gewerbebetrieben einer natürlichen Person gelten andere Regeln als bei Personen- und Kapitalgesellschaften. Bei einer natürlichen Person führt die Konzentration der wesentlichen Verwaltungsaufgaben in einem Betrieb grundsätzlich zu einer wirtschaftlichen Verflechtung (FG Berlin-Brandenburg, 13 K 324/06).


Die Entscheidung im einzelnen lautet:

FG Berlin-Brandenburg: Urteil vom 11.03.2010 - 13 K 324/06

Betreibt eine natürliche Person an unterschiedlichen Standorten in mehreren Gemeinden Einzelhandelsgeschäfte, in denen insbesondere Wurstwaren in den meisten Verkaufsstellen auch Fleischwaren und zudem je nach örtlichen Gegebenheiten Backwaren, Zeitungen usw. verkauft werden, liegt bei Erledigung der wesentlichen Verwaltungsaufgaben - hier: Abwicklung der Buchführung sowie sämtlicher Geschäftsvorfälle - zentralisiert an einem Standort auch dann ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor, wenn Unterschiede im Warensortiment und im Kundenkreis bestehen, kein Austausch von Personal oder Maschinen erfolgt sowie die Bankkonten, Kassenbuchführungen und Gewinn- und Verlustrechnungen getrennt geführt werden (hier: Verwendung eines einheitlichen - nicht zum Betriebsvermögen - gehörenden Logos, Ermittlung der Boni der Lieferanten bezogen auf die Gesamtumsätze aller Verkaufsstellen).

Für die Selbständigkeit von mehreren Gewerbebetrieben einer natürlichen Person gelten andere Regeln als bei Personen- und Kapitalgesellschaften. Bei einer natürlichen Person führt die Konzentration der wesentlichen Verwaltungsaufgaben in einem Betrieb ebenso wie die Bildung einer vertikalen Konzernstruktur grundsätzlich zu einer wirtschaftlichen Verflechtung.
FG Berlin-Brandenburg URTEIL vom 11.03.2010 - 13 K 324/06

Die Beteiligten streiten darüber, ob die betrieblichen Standorte des Klägers in E und S jeweils selbständige Gewerbebetriebe darstellen oder zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb mit Sitz in Z gehören.

Der Kläger betrieb in den Streitjahren 1999 und 2000 an den Standorten E, S, Z, L, T, L, F, E und W mehrere Einzelhandelsgeschäfte, in denen er insbesondere Wurst- und Fleischwaren verkaufte (mit Ausnahme der Standorte L und F, an denen es nur einen Verkauf von Wurstwaren, aber keinen Verkauf von Fleischwaren gab). Darüber hinaus verkaufte der Kläger in seinen Verkaufsstellen auch andere Spezialitäten sowie teilweise Zeitschriften und Backwaren. In einigen Verkaufsstellen gab es außerdem einen Imbiss. Der Standort Z betrieb zusätzlich einen Großhandel mit Gurken und der Standort E einen Großhandel mit Schmalz. Diese beiden Standorte belieferten sowohl fremde Unternehmen als auch die übrigen Verkaufsstellen des Klägers mit Gurken bzw. Schmalz.

Die Verwaltung der Geschäfte erfolgte zentral vom Standort Z aus, an dem es kein eigenes Geschäftslokal gab, sondern nur Büroräume und ein Lager. Darüber hinaus versorgte der Standort Z die Verkaufsstellen - zumindest teilweise - mit Betriebsbedarfsartikeln und Waren (z. B. Schweinekamm, Spirituosen und Konserven). Nach den Verwaltungsverträgen vom 30. Dezember 1998 führte der Standort Z gegenüber den Verkaufsstellen folgende Leistungen aus: Buchführung, Kontenführung, Erledigung aller Geschäftsvorfälle, Lohnbuchhaltung und teilweise Gründungsberatung. Frau X, die Ehefrau des Klägers, gewährte dem Standort Z mit Darlehensverträgen vom 28. Januar 1999 bzw. 20. April 1999 zur Stärkung der Betriebsmittel Kredite in Höhe von DM 20.000 und DM 50.000.

Auf den Werbetafeln aller Standorte erschien das einheitliche Logo "ABC Fa. X". Inhaber dieser Marke war der Kläger, der die Marke unentgeltlich der … X/X GbR - XXX - zur Verfügung stellte. An der XXX waren der Kläger und dessen Ehefrau zu jeweils 50 von Hundert. Die XXX rechnete gegenüber den einzelnen Verkaufsstellen für die Nutzung der Marke eine Gebühr ab. Der Standort Z musste dagegen auf Grundlage eines Angebots vom 14. Juni 1999 zum Abschluss eines Kauf- und Abtretungsvertrages über die Marke zunächst keine Nutzungsgebühren zahlen. Alle Verkaufsstellen wurden direkt von denselben drei Hauptlieferanten beliefert.

Der Kläger behandelte jeden Standort als einen selbständigen Gewerbebetrieb und gab dem entsprechend für E und S jeweils eigenständige Gewerbesteuererklärungen ab. Mit Bescheiden vom 30. Juli 2002 setzte der Beklagte für E Gewerbesteuermessbeträge in Höhe von 0 DM (1999) bzw. 20 DM (2000) fest. Für S setzte der Beklagte mit Bescheiden vom 30. Juli 2002 Gewerbesteuermessbeträge in Höhe von DM 494 (1999) bzw. DM 536 (2000) fest.

Im Jahr 2003 führte der Beklagte für die Standorte Z, E und S Betriebsprüfungen für die Jahre 1999 bis 2001 durch. Hinsichtlich der Ergebnisse wird auf die Berichte vom 9. Dezember 2003 (E), 10. Dezember 2003 (S) und 15. Dezember 2003 (Z) Bezug genommen. Der Betriebsprüfer stellte insbesondere fest, dass die Standorte E und S zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb mit insgesamt elf Standorten gehörten.

In Folge der Betriebsprüfung hob der Beklagte mit Bescheiden vom 15. Juni 2004 die für E und S ergangenen Gewerbesteuermessbescheide der Jahre 1999 und 2000 auf. Ebenfalls mit Bescheid vom 15. Juni 2004 erhöhte der Beklagte die Gewerbesteuermessbeträge für Z von DM 4.560 auf DM 35.085 (1999) und von DM 1.344 auf DM 23.270 (2000). Dabei berücksichtigte er auch die an den Standorten in E und S erwirtschafteten Gewinne.

Der Kläger legte gegen diese Bescheide Einsprüche ein. Die Einsprüche gegen die Aufhebungsbescheide für E und S wies der Beklagte mit den Einspruchsentscheidungen vom 27. bzw. 30. Januar 2006 als unbegründet zurück. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse liege ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor, da zwischen den einzelnen Standorten des Klägers aufgrund getrennter Konten, getrennter Buchführung und getrennter Gewinnermittlungen zwar keine finanzielle Verflechtung, dafür aber eine organisatorische und wirtschaftliche Verflechtung gegeben sei. Die organisatorische Verflechtung der Verkaufsstellen ergebe sich daraus, dass sie mehr oder weniger von denselben Hauptlieferanten beliefert würden. Außerdem würden die Lieferanten bei der Ermittlung der Boni auf die Gesamtumsätze aller Verkaufsstellen des Klägers abstellen. Darüber hinaus bestehe eine organisatorische Verflechtung der Verkaufsstellen mit dem Verwaltungsunternehmen in Z, da das Verwaltungsunternehmen diverse Aufgaben im Bereich der Geschäftsleitung (z. B. Warenbestellung, Buchhaltung, Schriftverkehr, Bankgeschäfte, Personal- und Dienstplanung) übernommen habe. Eine wirtschaftliche Verflechtung bestehe zwar nicht zwischen den einzelnen Verkaufsstellen, dafür aber zwischen jeder einzelnen Verkaufsstelle und dem Verwaltungsunternehmen in Z. Da das Verwaltungsunternehmen die zur Betriebsführung notwendigen Aufgaben der Geschäftsleitung übernommen habe, könnten die Verkaufsbetriebe ohne dieses Verwaltungsunternehmen nicht unverändert fortgeführt werden.

Darüber hinaus spreche für die Behandlung als einheitlicher Gewerbebetrieb auch die allgemeine Verkehrsanschauung, da die Verkaufsbetriebe nach außen unter derselben geschützten Marke "ABC" mit dem Zusatz Fa. X und der jeweiligen Anschrift der Betriebsstätte aufträten. Da dies zu einem größeren Wiedererkennungswert und damit auch zu einer größeren Marktwirksamkeit führe, sei von einer Bündelung der wirtschaftlichen Aktivitäten auszugehen. Hinzu komme die Gleichartigkeit der Betätigung der Verkaufsbetriebe, da trotz eines teilweise unterschiedlichen Sortiments Hauptumsatzträger der Vertrieb von Fleisch- und Wurstwaren sei. Die Behandlung der einzelnen Standorte als selbständige Gewerbebetriebe durch andere Institutionen und Behörden (z. B. Gewerbeämter, IHK) habe keine Bindungswirkung für die steuerliche Behandlung.

Hinsichtlich der Einsprüche gegen die Gewerbesteuermessbescheide für Z ist noch keine Einspruchsentscheidung ergangen.

Der Kläger erhob gegen die Einspruchsentscheidungen für E und S am 23. Februar 2006 zwei getrennte Klagen. Der erkennende Senat hat diese Klagen in der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2010 nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO - zu einer gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Kläger macht geltend, dass die einzelnen Standorte bei Anwendung der hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als selbständige Gewerbebetriebe zu qualifizieren seien, zumal für einen einheitlichen Gewerbebetrieb die Voraussetzungen der finanziellen, organisatorischen und wirtschaftlichen Verflechtung kumulativ vorliegen müssten. Außerdem seien sowohl der Beklagte in einem Aktenvermerk vom 29. September 2005, der auf Grundlage des Beschlusses Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. April 2005 in die Beweiswürdigung einzubeziehen sei, als auch das Finanzamt … in einem Schreiben vom 3. Mai 2002 ebenfalls von der Selbständigkeit der einzelnen Standorte ausgegangen.

Über das Fehlen einer finanziellen Verflechtung sei er, der Kläger, mit dem Beklagten einig. Bei den von der Betriebsprüfung festgestellten Geldtransfers zwischen den Betrieben handele es sich um Privatentnahmen aus einem Betrieb und Privateinlagen in einen anderen Betrieb.

Darüber hinaus bestehe keine organisatorische Verflechtung. Die Betriebe hätten unterschiedliche Geschäftslokale in mehreren Gemeinden sowie einen unterschiedlichen Kundenkreis. Jeder Betrieb habe sein eigenes Personal. Es gebe weder einen Personalaustausch noch einen Austausch betriebsnotwendiger Maschinen. Die Geschäftsleitung werde lediglich vom Inhaber X und nicht von der Verwaltung in Z wahrgenommen. Die Bestellung der Waren, die an jedem Standort vor Ort gelagert würden, erfolge grundsätzlich durch die hauptverantwortlichen Mitarbeiter des jeweiligen Betriebs. Nur in geringem Umfang kaufe das Verwaltungsunternehmen in Z Waren zentral ein. Die weiter gehenden Aussagen im Schreiben des Bevollmächtigten an das Finanzamt A vom 1. März 2000 seien vom Beklagten missverstanden und schon während der Betriebsprüfung korrigiert worden. Auch der gemeinsame Auftritt unter einem gemeinsamen Logo sei im Konzernverbund üblich und damit unschädlich, zumal es aufgrund der unterschiedlichen Gestaltung der Werbetafeln kein einheitliches Erscheinungsbild gebe. Aus dem Urteil des BFH vom 25. April 1989 folge weiter, dass allein die Übernahme der Verwaltung mehrerer Betriebe nicht zu einer organisatorischen Verflechtung führe. Sowohl aus diesem Urteil des BFH als auch aus dem Urteil des Finanzgerichts - FG-München vom 29. Mai 2001 ergebe sich, dass die Identität der Hauptlieferanten nicht entscheidend sei. Im Streitfall komme hinzu, dass der Kreis der potentiellen Lieferanten durch die Marke von vorneherein sehr eingeschränkt gewesen sei. Bei der Berechnung der Boni für die Lieferanten werde jeder Betrieb für sich betrachtet. Letzteres präzisierte der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass der von den Lieferanten gewährte Prozentsatz für jeden einzelnen Betrieb auf dessen konkrete Umsätze angewandt werde, es für die Bestimmung der Höhe des Prozentsatzes aber auf die Gesamtumsätze aller Verkaufsstellen des Klägers ankomme.

Auch eine wirtschaftliche Verflechtung sei nicht gegeben, da die Verkaufsbetriebe nicht auf das Verwaltungsunternehmen angewiesen seien. Die Aufgaben der Geschäftsleitung würden durch den Inhaber persönlich und die Warenbestellungen grundsätzlich durch die hauptverantwortlichen Mitarbeiter der jeweiligen Betriebe ausgeführt. Die Verwaltungsaufgaben könnten jederzeit von den einzelnen Verkaufsbetrieben selbst übernommen oder auf einen fremden Dritten übertragen werden. Umgekehrt sei auch das Verwaltungsunternehmen nicht auf die Verkaufsbetriebe angewiesen, da weitere Geschäftszweige (Vermietung von Ladenflächen, Bootsstegvermietung) bestünden.

Im Übrigen fehle auch die Gleichartigkeit der Betätigung. Dies gelte zum einen für das Verwaltungsunternehmen im Vergleich zu den Verkaufsbetrieben. Zum anderen seien aber auch die Tätigkeiten der Verkaufsbetriebe nicht gleichartig. Hierfür müssten mindestens 90 von Hundert der Umsatzträger übereinstimmen. Da der Umsatzanteil von Backwaren, Zeitungen und Imbiss 47 von Hundert (E) bzw. 30 von Hundert (S) betrage, während diese Umsatzarten an anderen Standorten gar nicht zu finden seien, könne nicht von einer Gleichartigkeit der Betätigung ausgegangen werden. Außerdem sei eine etwaige Gleichartigkeit der Betätigung aufgrund der fehlenden sachlichen Verflechtung unbeachtlich.

Gesonderte Handelsregisterauszüge für die Betriebe in E und S könnten nicht eingereicht werden, da es sich nicht um Firmen im Sinne von § 17 Handelsgesetzbuch - HGB -, sondern um selbständige Gewerbebetriebe im Sinne von § 2 Gewerbesteuergesetz - GewStG - handele. Für die Selbständigkeit der Betriebe spreche auch, dass sie getrennt in den Telefonbüchern stünden, jeweils gesonderte Mietverträge abgeschlossen hätten, eigenständig vor sämtlichen Gerichten aufträten und jeweils eigenständig Werbung betrieben und Sonderangebote gestalteten.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide vom 15. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 27. und 30. Januar 2006 für die Verkaufsstellen in S und E aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er nimmt auf die Ausführungen in den Einspruchsentscheidungen vom 27. und 30. Januar 2006 Bezug. Ergänzend weist er darauf hin, dass der Kläger aus internen Bearbeitungsvermerken keine Rechtsansprüche herleiten könne. Solche Aktenvermerke hätten keinerlei Regelungscharakter oder Außenwirkung. Im Übrigen bestünden nach seiner, des Beklagten, Kenntnis keine widerstreitenden Steuerfestsetzungen anderer Finanzämter.

Der erkennende Senat hat dem Kläger am 19. November 2009 eine Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - gesetzt, um die Selbständigkeit der vom Kläger als getrennte Einzelunternehmen geführten Betriebe detailliert darzulegen und nachzuweisen. Auf die daraufhin vom Beklagten als Anlagen K1 bis K6 eingereichten Unterlagen wird Bezug genommen, insbesondere auf die als Anlage K1 eingereichten Lieferungs- und Leistungsbeziehungen (Bl. 67 ff. und Bl. 214 der Streitakte), der als Anlage K4 eingereichten Aufstellung über die an Z entrichteten Verwaltungskosten (Bl. 135 und Bl. 193 f. der Streitakte) sowie die als Anlage K6 eingereichte Aufstellung der Tätigkeiten der einzelnen Standorte (Bl. 140 ff. der Streitakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags nimmt das Gericht auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze einschließlich sämtlicher Anlagen Bezug. Dem Gericht lagen drei Bände Einkommensteuerakten (1996 bis 2002), 11 Bände Bilanzakten (für jeden Standort mit Ausnahme des Standortes W), 5 Bände Betriebsprüfungsakten (für die Standorte S, E und Z; für den Standort W einschließlich Bilanzen) sowie jeweils ein Band Einheitswertakte, Umsatzsteuerakte und Vertragsakte vor. Zusätzlich lagen dem Gericht von der XXX jeweils ein Band Vertragsakten, Bilanzakten, Gewerbesteuerakten, Akten über die gesonderte und einheitliche Feststellung sowie zwei Bände Betriebsprüfungsakten vor.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Klageart ist die Anfechtungsklage, da die ursprünglichen Gewerbesteuermessbescheide vom 30. Juli 2002 mit der Aufhebung der angefochtenen Aufhebungsbescheide vom 15. Juni 2004 wieder aufleben würden. Die Anfechtungsklage ist zulässig, obwohl die Klage auf die Festsetzung von zusätzlichen Gewerbesteuermessbeträgen gerichtet ist. Denn die Klagebefugnis im Sinne von § 40 Abs. 2 FGO folgt daraus, dass der Beklagte bei einer Behandlung der Standorte in E und S als selbständige Gewerbebetriebe die entsprechenden Gewerbeerträge nicht mehr bei der Berechnung der Gewerbesteuermessbeträge für Z berücksichtigen dürfte. Eine entsprechende Änderung des Gewerbesteuermessbescheides für Z ist aufgrund des für Z noch laufenden Einspruchsverfahrens bzw. über § 174 Abs. 1 Abgabenordnung - AO - möglich. Dem entsprechend ist die Klagebefugnis auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil für das Jahr 1999 im Standort E ursprünglich ein Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von DM 0 festgesetzt war.

Die Klage ist aber unbegründet. Die Aufhebungsbescheide vom 15. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 27. und 30. Januar 2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Verkaufsstellen in E und S gehören zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb des Klägers mit Sitz in Z.

Gemäß § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, der Gewerbesteuer. Aus dem in dieser Vorschrift wurzelnden Objektsteuerprinzip folgt, dass jeder Betrieb auch dann gesondert zur Gewerbesteuer heranzuziehen ist, wenn sich mehrere selbständige Betriebe in der Hand desselben Steuerpflichtigen befinden.

Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, können aber mehrere Betriebe eines Steuerpflichtigen eine wirtschaftliche Einheit bilden, sofern sie sachlich, insbesondere organisatorisch, wirtschaftlich oder finanziell zusammenhängen. Kriterien hierfür sind die Art der gewerblichen Betätigung, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Geschäftsleitung, die Arbeitnehmerschaft, die Betriebsstätte, die Zusammensetzung und Finanzierung des Aktivvermögens sowie die Gleichartigkeit der Betätigung. Kennzeichen für einen organisatorischen Zusammenhang ist beispielsweise, dass die Unternehmensbereiche in einem Geschäftslokal untergebracht sind, unter Einsatz derselben Arbeitskräfte ausgeübt oder dass die Waren oder Betriebsmittel gemeinsam eingekauft und bezahlt werden. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang ist gegeben, wenn zwei (oder mehrere) Unternehmensbereiche sich gegenseitig stützen und ergänzen und nur miteinander wirtschaftlich betrieben werden können. Ein finanzieller Zusammenhang fehlt, wenn getrennte Aufzeichnungen geführt werden, wenn jeweils eigene Bankkonten unterhalten werden, getrennte Kassenabrechnungen vorgenommen werden und für jeden Betrieb gesonderte Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Bilanzen erstellt werden.

Ob mehrere gewerbliche Betätigungen eines Steuerpflichtigen selbständige Gewerbebetriebe oder einen einheitlichen Gewerbebetrieb darstellen, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu beurteilen. Dabei ist keines der oben genannten Kriterien allein entscheidend. Vielmehr können diese Kriterien nach den Verhältnissen des einzelnen Falles jeweils unterschiedliches Gewicht haben. Die Annahme eines selbständigen Gewerbebetriebes erfordert letztlich eine vollkommene Eigenständigkeit. Die Verbindung darf im Wesentlichen nur in der Person des Gewerbetreibenden bestehen. Dieser muss die Betriebe nebeneinander am Wirtschaftsleben teilnehmen lassen. Bündelt er die Aktivitäten, um eine größere Marktwirksamkeit zu erreichen, so ist eine Wirtschaftseinheit gegeben.

Im Streitfall besteht bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände ein sachlicher Zusammenhang des Betriebs des Klägers in Z mit den anderen Verkaufsstellen, insbesondere mit den für den Streitfall relevanten Standorten E und S.

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass alle Verkaufsstellen den Geschäftsbereich "Einzelhandel mit Wurstwaren" haben. Damit liegt zumindest teilweise eine gleichartige Betätigung vor, auch wenn die meisten Verkaufsstellen darüber hinaus Fleischwaren sowie einige Verkaufsstellen zusätzlich auch Backwaren und Zeitungen verkaufen. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Unterschiede im Warensortiment zumindest im Streitfall kein wesentliches Indiz für die sachliche Selbständigkeit der einzelnen Standorte. Denn nach den eigenen Angaben des Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung richtete sich das konkrete Warensortiment in den einzelnen Verkaufsstellen nach den Wünschen der jeweiligen Vermieter (z. B. Supermarkt). Die Vermieter entschieden also, ob der Kläger an den einzelnen Standorten auch Backwaren, Zeitungen oder einen Imbiss anbieten durfte. Allerdings bezieht sich die Verbindung der Standorte über die Schnittmenge gleichartiger Unternehmensbereiche nur auf die Verkaufsstellen, d. h. nicht auf den Standort Z, der kein eigenes Geschäftslokal hatte.

Darüber hinaus ist nach Auffassung des erkennenden Senats zwischen den Standorten eine wirtschaftliche Verflechtung gegeben, und zwar dadurch, dass sich Unternehmensbereiche gegenseitig stützen und ergänzen. Dies betrifft zum einen wieder die Verkaufsstellen untereinander, da die Standorte Z und E als Großhändler von Gurken bzw. Schmalz tätig waren und - zumindest auch - die anderen Verkaufsstellen mit diesen Waren belieferten. Dass das Volumen dieser Produkte im Verhältnis zum gesamten Einkaufsvolumen der einzelnen Standorte bei jeweils nur ca. 1 von Hundert lag, ist lediglich bei der Gewichtung dieses Gesichtspunktes im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu beachten. Der entscheidende Gesichtspunkt ist ohnehin die wirtschaftliche Verflechtung der jeweiligen Verkaufsstellen mit dem Standort Z durch die Übertragung der Verwaltungsaufgaben durch den Standort Z. Dabei war zu berücksichtigen, dass Z nach den Verwaltungsverträgen nicht nur Buchführungsaufgaben, sondern die Erledigung aller Geschäftsvorfälle übernommen hat. Dies ist auch aus der Höhe der vom Kläger in Anlage K4 zusammengestellten Verwaltungskosten erkennbar. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kläger die Geschäftsleitung (insbesondere beim Abschluss von Verträgen und bei der Vertretung vor Gericht) als Inhaber ausgeführt hat, spricht die weitgehende Konzentration von Verwaltungsbefugnissen auf einen betrieblichen Standort im Falle einer natürlichen Person für eine wirtschaftliche Verflechtung mit den anderen Standorten dieser Person. Dass eine solche Struktur im Konzernverbund von Personen- und Kapitalgesellschaften nicht unüblich ist, ändert daran nichts. Denn für die Selbständigkeit von mehreren Gewerbebetrieben einer natürlichen Person gelten andere Regeln als bei Personen- und Kapitalgesellschaften. Bei einer natürlichen Person führt die Konzentration der wesentlichen Verwaltungsaufgaben in einem Betrieb - ebenso wie die Bildung einer vertikalen Konzernstruktur - grundsätzlich zu einer wirtschaftlichen Verflechtung. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem BFH-Urteil vom 25. April 1989, zumal sich dort die Tätigkeit der Ehefrau auf die Abrechnungsarbeiten beschränkte. Auch der Hinweis des Klägers, dass die Verwaltungsaufgaben bei Bedarf von einem Dritten bzw. den jeweiligen Standorten selbst durchgeführt werden könnten, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn aufgrund der Übernahme der Verwaltungsaufgaben durch Z bestand in den Streitjahren eine tatsächliche Unternehmensstruktur, bei der der Geschäftsbetrieb der einzelnen Verkaufsstellen ohne die Unterstützung von Z nicht ohne weiteres wirtschaftlich fortgeführt werden konnte.

Dagegen geht der Kläger zutreffend davon aus, dass die Grenzen der organisatorischen und finanziellen Verflechtung (noch) nicht überschritten sind. Entgegen der Auffassung des Klägers müssen die Voraussetzungen organisatorische, wirtschaftliche und finanzielle Verflechtung aber nicht kumulativ vorliegen. Außerdem ist bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände zu beachten, dass im Streitfall zumindest Teilaspekte der organisatorischen bzw. finanziellen Verflechtung gegeben sind.

So ist es zwar zutreffend, dass die Verkaufsstellen örtlich getrennt sind und teilweise sogar in unterschiedlichen Gemeinden liegen, dass kein Austausch von Personal oder betriebsnotwendigen Maschinen stattgefunden hat und dass der Kundenkreis aufgrund der örtlichen Entfernung nicht deckungsgleich war. Aber immerhin haben sämtliche Verkaufsstellen für den Bereich Fleisch- und Wurstwaren identische Hauptlieferanten, die bei der Berechnung der Boni auch die Umsätze der jeweils anderen Verkaufsstellen berücksichtigten. Außerdem ist aus den Steuerakten erkennbar, dass zumindest teilweise (z. B. für Betriebsbedarfsartikel und Schweinekamm) ein zentraler Einkauf durch den Standort Z erfolgte. Darüber hinaus ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu berücksichtigen, dass alle Standorte - vor allem die für den Streitfall relevanten Standorte E und S - zumindest in einem regionalen Zusammenhang zum Standort Z liegen und die Verteilung der einzelnen Verkaufsstellen auf ein flächendeckendes Angebot gerichtet ist.

Auch bei der finanziellen Verflechtung gehen die Beteiligten zwar zutreffend davon aus, dass getrennte Bankkonten, Kassenbuchführungen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen bestanden. Der Kläger hat aber bei Bedarf liquide Mittel von einem betrieblichen Bankkonto entnommen, um sie zeitnah auf ein anderes betriebliches Bankkonto einzuzahlen. Dies ergibt sich unter anderem aus einem Schriftsatz des Bevollmächtigten an den Beklagten vom 13. Mai 2003. Auch wenn die Verschiebung liquider Mittel als Privatentnahmen und - einlagen behandelt wird, zeigt sich durch diese Verschiebung, dass jedenfalls keine vollkommene finanzielle Eigenständigkeit der einzelnen Standorte bestand. Dies wird auch dadurch untermauert, dass der Standort Z von der Ehefrau des Klägers Kredite erhalten und der Kläger für diesen Standort einen Geschäftsbereich Finanzierung angegeben hat.

Letztlich führt eine Gesamtwürdigung aller Umstände dazu, dass die einzelnen Standorte nicht vollkommen eigenständig sind. Vielmehr hat der Kläger seine Aktivitäten im Bereich Fleisch- und Wurstwaren gebündelt, um eine größere Marktwirksamkeit zu erreichen. Hierfür spricht auch die Verwendung eines einheitlichen Logos, obwohl die Werbetafeln, auf denen das Logo angebracht ist, je nach Standort unterschiedlich gestaltet sind. Denn schon die Verwendung eines einheitlichen Logos führt zu einem höheren Wiedererkennungswert und zu einer Vereinheitlichung des äußeren Erscheinungsbildes. Dass die Marke selbst nicht zum Betriebsvermögen eines der Einzelunternehmen des Klägers, sondern zum Betriebs- bzw. Sonderbetriebsvermögen der XXX gehörte, ändert daran nichts.

Auch der interne Aktenvermerk des Beklagten vom 29. September 2005 führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar geht der Kläger zutreffend davon aus, dass dieser Aktenvermerk in die freie Beweiswürdigung nach § 96 Abs. 1 FGO einzubeziehen ist. Dies betrifft aber nur die tatsächlichen Feststellungen, die im Wesentlichen mit den späteren Feststellungen in den Einspruchsentscheidungen übereinstimmen. Dagegen ist der Beklagte nicht daran gehindert, bis zum Erlass der Einspruchsentscheidungen daraus abweichende rechtliche Konsequenzen herzuleiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.


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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

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(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit d

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(1) Das Gericht kann durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren zusammengefasste Klagegegenstände in getrennten Verfa

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(1) Die Firma eines Kaufmanns ist der Name, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt. (2) Ein Kaufmann kann unter seiner Firma klagen und verklagt werden.

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Referenzen

(1) Das Gericht kann durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren zusammengefasste Klagegegenstände in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.

(2) Ist die Klage von jemandem erhoben, der wegen dieses Klagegegenstands nach § 60 Abs. 3 zu einem anderen Verfahren beizuladen wäre, so wird die notwendige Beiladung des Klägers dadurch ersetzt, dass die beiden Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und einheitlicher Entscheidung verbunden werden.

(1) Die Firma eines Kaufmanns ist der Name, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt.

(2) Ein Kaufmann kann unter seiner Firma klagen und verklagt werden.

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit der Fristsetzung nach § 65 Abs. 2 Satz 2 verbunden werden.

(2) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen

1.
Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen,
2.
Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen oder elektronische Dokumente zu übermitteln, soweit der Beteiligte dazu verpflichtet ist.

(3) Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und
2.
der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 1 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung, in den Fällen des § 100 Abs. 2 auch die Änderung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) oder zu einer anderen Leistung begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Verwaltet eine Finanzbehörde des Bundes oder eines Landes eine Abgabe ganz oder teilweise für andere Abgabenberechtigte, so können diese in den Fällen Klage erheben, in denen der Bund oder das Land die Abgabe oder einen Teil der Abgabe unmittelbar oder mittelbar schulden würde.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1)1Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird.2Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen.3Im Inland betrieben wird ein Gewerbebetrieb, soweit für ihn im Inland oder auf einem in einem inländischen Schiffsregister eingetragenen Kauffahrteischiff eine Betriebsstätte unterhalten wird.

(2)1Als Gewerbebetrieb gilt stets und in vollem Umfang die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften (insbesondere Europäische Gesellschaften, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung), Genossenschaften einschließlich Europäischer Genossenschaften sowie der Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit.2Ist eine Kapitalgesellschaft Organgesellschaft im Sinne der § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes, so gilt sie als Betriebsstätte des Organträgers.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt auch die Tätigkeit der sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts und der nichtrechtsfähigen Vereine, soweit sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (ausgenommen Land- und Forstwirtschaft) unterhalten.

(4) Vorübergehende Unterbrechungen im Betrieb eines Gewerbes, die durch die Art des Betriebs veranlasst sind, heben die Steuerpflicht für die Zeit bis zur Wiederaufnahme des Betriebs nicht auf.

(5)1Geht ein Gewerbebetrieb im Ganzen auf einen anderen Unternehmer über, so gilt der Gewerbebetrieb als durch den bisherigen Unternehmer eingestellt.2Der Gewerbebetrieb gilt als durch den anderen Unternehmer neu gegründet, wenn er nicht mit einem bereits bestehenden Gewerbebetrieb vereinigt wird.

(6) Inländische Betriebsstätten von Unternehmen, deren Geschäftsleitung sich in einem ausländischen Staat befindet, mit dem kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht, unterliegen nicht der Gewerbesteuer, wenn und soweit

1.
die Einkünfte aus diesen Betriebsstätten im Rahmen der beschränkten Einkommensteuerpflicht steuerfrei sind und
2.
der ausländische Staat Unternehmen, deren Geschäftsleitung sich im Inland befindet, eine entsprechende Befreiung von den der Gewerbesteuer ähnlichen oder ihr entsprechenden Steuern gewährt, oder in dem ausländischen Staat keine der Gewerbesteuer ähnlichen oder ihr entsprechenden Steuern bestehen.

(7) Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
3.
der nicht zur Bundesrepublik Deutschland gehörende Teil eines grenzüberschreitenden Gewerbegebiets, das nach den Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als solches bestimmt ist.

(8) Für die Anwendung dieses Gesetzes sind eine optierende Gesellschaft im Sinne des § 1a des Körperschaftsteuergesetzes als Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zu behandeln.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.