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Der Kläger, ein gemeinnütziger Verein, begehrt die Verpflichtung der beklagten Rundfunkanstalt zur Gewährung von Rundfunkgebührenbefreiung.
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Der Kläger unterhält in ... die N.-werkstätten, eine Werkstätte für Behinderte. In dieser Werkstätte befinden sich insgesamt 82 gebührenbefreite Hörfunkgeräte sowie ein gebührenbefreites Fernsehgerät.
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Mit Formularantrag vom 21.2.2003 begehrte der Kläger neben der Befreiung für vier weitere, noch nicht gemeldete Hörfunkgeräte in Gruppenräumen auch die Gebührenbefreiung für neun Hörfunkgeräte in Behindertenfahrzeugen und machte zur Begründung geltend, diese Fahrzeuge würden überwiegend für arbeitsbegleitende Aktivitäten und Integrationsmaßnahmen sowie für Freizeitaktivitäten und die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen und für Ausflüge und mehrtägige Freizeiten genutzt. Hingegen werde der Beförderungsdienst für die Fahrten zwischen Wohnung und Werkstätten von Fremdfirmen durchgeführt. Da ein direkter Bezug zur Betreuungsarbeit bestehe, lägen die Befreiungsvoraussetzungen vor.
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Mit Bescheid vom 11.3.2003 befreite der Beklagte die vier weiteren Hörfunkgeräte für den Zeitraum 1.3.2003 bis 30.9.2004 von der Gebührenpflicht und lehnte eine Gebührenbefreiung für die Hörfunkgeräte in den Kraftfahrzeugen ab, da keine zwingende Notwendigkeit bestehe, den Behinderten während der Autofahrten Hörfunk zu vermitteln. Die Vermittlung von Hörfunk sei keine wesentliche Voraussetzung für die betreuende Tätigkeit. Hörfunkgeräte in Kraftfahrzeugen stünden den jeweiligen Fahrern zur Verfügung und würden auch von diesen genutzt. Es liege daher eine Mischnutzung vor. In diesem Bescheid wurde ferner die Gebührenpflicht für ein weiteres Hörfunkgerät (zentrales Steuerungsgerät der Übertragungsanlage an der Pforte) festgestellt.
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Den gegen den ablehnenden Bescheid erhobenen Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.4.2003 zurück. Eine Gebührenbefreiung sei für Rundfunkempfangsgeräte ausgeschlossen, deren Benutzung Dritten oder Mitarbeitern tatsächlich eingeräumt werde. Sowohl die Hörfunkgeräte in den Fahrzeugen als auch das zentrale Steuerungsgerät stünden nicht ausschließlich dem betreuten Personenkreis zur Verfügung.
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Der Kläger hat am 9.5.2003 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihm ab 1.3.2003 Rundfunkgebührenbefreiung für die Autoradios in neun Transportbussen sowie für das zentrale Steuerungsgerät der Übertragungsanlage zu gewähren. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, die mit Autoradios ausgestatteten Fahrzeuge würden ausschließlich für den Ausbildungs- und Förderzweck behinderter Menschen wie Freizeitgestaltung, arbeitsbegleitende Maßnahmen und andere Maßnahmen genutzt, wobei es sich hierbei um Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation handle (§§ 39 und 41 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX). Es liege insbesondere keine Mischnutzung vor, die nach der Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 28.3.2002 - 12 A 11623/01 -) eine Gebührenbefreiung ausschließe. Die Beförderung zwischen Wohnung und Werkstätten werde von Fremdfirmen wahrgenommen. Besorgungs- und sonstige Dienstfahrten würden mit Fahrzeugen durchgeführt, für die keine Gebührenbefreiung beantragt worden sei. Die im Betreuungsbereich eingesetzten Fahrzeuge benötigten ein Rundfunkgerät, damit der Verkehrsfunk empfangen und aus den dort gegebenen Warnhinweisen die jeweils erforderliche Schlussfolgerung gezogen werden könne. Das in den Werkstätten betriebene Zentralgerät stelle ein Steuergerät für die dort eingerichtete zentrale Rufanlage dar, über die auch Durchsagen von grundsätzlicher Bedeutung übermittelt würden. Auch hier bestehe ein direkter Zusammenhang mit dem Einrichtungszweck der Werkstätte für behinderte Menschen.
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Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat beantragt, die Klage abzuweisen. Bei der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht handle es sich um eine soziale Leistung, welche zur Daseinsvorsorge gehöre und deshalb eigentlich aus Steuermitteln finanziert werden müsste. Jedenfalls seien die Befreiungstatbestände mit Blick auf die mit der Befreiung von der Abgabenpflicht einhergehende verstärkte Kostenbelastung der verbleibenden Abgabepflichtigen als Ausnahmevorschriften eng auszulegen. In § 3 BefrVO werde vorausgesetzt, dass ein Rundfunkempfangsgerät in Betrieben oder Einrichtungen bereitgehalten werde. Die Regelung erfasse damit in räumlich-gegenständlicher Beschränkung nur Geräte, die in „Gebäudlichkeiten“ bereitgehalten würden. Auch habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem Urteil vom 18.4.2002 (7 B 01.2382) festgestellt, dass nur solche Rundfunkempfangsgeräte von der Gebührenpflicht befreit seien, die im Rahmen einer stationären Einrichtung bereitgehalten würden. Ein Befreiungsanspruch sei auch deshalb nicht gegeben, weil die Autoradios nicht ausschließlich für den betreuten Personenkreis, sondern überwiegend von den Fahrern zum Hören des Verkehrsfunks genutzt würden. Auch könne sich der Kläger nicht auf das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 28.3.2002 (aaO) berufen, da die von ihm genannten Beispiele (Fahrten mit Freizeitangeboten) gerade keine Fahrten zur beruflichen Ausbildung und Förderung darstellten.
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Durch Urteil vom 10.12.2003 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 11.3.2003 und des Widerspruchsbescheids vom 11.4.2003 verpflichtet, dem Kläger ab 1.3.2003 Rundfunkgebührenbefreiung für die Autoradios in den neun Transportbussen mit den amtlichen Kennzeichen S - xx ..., S - xx ..., S - xx ..., S - xx xx, S - xx xx, S - xx xx, S - xx ..., S - xx ... und S - xx ... - (letzteres befristet bis 31.10.2003) und für das Zentralgerät der Übertragungsanlage zu gewähren. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Die vom Kläger unterhaltenen N.-werkstätten stellten unstreitig eine Einrichtung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 BefrVO dar. Nach den Darstellungen der Leiterin der Behindertenwerkstatt in der mündlichen Verhandlung sei davon auszugehen, dass die Transportbusse vorwiegend für die Durchführung arbeitsbegleitender Maßnahmen (Sport, körperliche Rehabilitation, kulturelle Veranstaltungen) sowie für Einkaufsfahrten, an denen sich auch Behinderte beteiligten, eingesetzt würden. Hingegen erfolge der reine Beförderungsdienst, d.h. der Transport der Behinderten von der Wohnung zum Arbeitsplatz und zurück, nicht mit den Transportbussen des Klägers, sondern durch Fremdfirmen. Die in den Transportbussen des Klägers eingebauten Autoradios würden auch für den jeweils betreuten Personenkreis ohne besonderes Entgelt eingesetzt. Entgegen dem Einwand des Beklagten seien den Werkstätten für Behinderte nicht nur Aufgaben der beruflichen Ausbildung und Förderung zugewiesen; vielmehr obliege ihnen die Schaffung eines umfassenden Betreuungsangebots. Nach § 136 Abs. 1 S. 2 SGB IX gehöre es zur Aufgabe solcher Werkstätten, Behinderten zu ermöglichen, ihre Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu entwickeln, zu erhöhen oder wieder zu gewinnen und dabei ihre Persönlichkeit weiter zu entwickeln. Deshalb gehörten die weiteren arbeitsbegleitenden Angebote zum gesetzlich begründeten Aufgabenbereich einer Werkstätte für Behinderte. Die hierfür eingesetzten Kraftfahrzeuge (einschließlich der darin eingebauten Autoradios) dienten daher ebenso dem Betreuungs-, Ausbildungs- und Förderungszweck der Einrichtung wie die im Werkstattbereich aufgestellten Rundfunkempfangsgeräte. Dem Befreiungsanspruch stehe nicht entgegen, dass die Autoradios auch von den Fahrern der jeweiligen Fahrzeuge zum Hören von Verkehrsfunk genutzt würden. Der Befreiungsanspruch hänge nicht davon ab, welche Radiosendungen mit einem begünstigten Radioempfangsgerät gehört würden. Entscheidend sei nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Befreiungsbestimmung, dass das fragliche Rundfunkempfangsgerät „für den betreuten Personenkreis“ bereitgehalten werde.
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Dies sei auch dann der Fall, wenn Radiosendungen mit Verkehrsdurchsagen gehört würden. Zum einen seien Verkehrsdurchsagen nicht nur für den Fahrer interessant; sie könnten auch ein nachvollziehbares Informationsbedürfnis der im Fahrzeug beförderten Behinderten befriedigen. Zum anderen machten Verkehrsdurchsagen nur einen geringen Teil des Programmangebots aus; bekanntermaßen überwiege auch im Verkehrsfunk das Musik-, Unterhaltungs- und sonstige Informationsangebot bei weitem. Daher dienten die Autoradios nicht in erster Linie den Bedürfnissen des Fahrers. Vielmehr würden sie auch benötigt, um die betreuten Personen zu beruhigen und abzulenken. Die Autoradios erfüllten damit denselben Zweck wie die im Werkstattgebäude bereitgehaltenen Rundfunkempfangsgeräte, die - unstreitig - gebührenbefreit seien. Auch schließe der Umstand, dass ein Autoradio - etwa bei Leerfahrten oder während Wartezeiten - möglicherweise allein vom Fahrer benutzt werden könnte, einen Befreiungsanspruch nicht aus. Denn dies ändere nichts daran, dass die Transportbusse im betrieblichen Ablauf der Behindertenwerkstatt allein der Beförderung des betreuten Personenkreises gleichsam gewidmet seien und die Autoradios dabei regelmäßig der Betreuungsaufgabe der Einrichtung entsprechend genutzt würden. Eine nur geringfügige andere Nutzung außerhalb des Betreuungsverhältnisses nehme der Verordnungsgeber im systematischen Zusammenhang der Befreiungsvorschrift in Kauf. Andernfalls könnte es auch bei den im Werkstattgebäude vorhandenen Rundfunkgeräten keine Rundfunkgebührenbefreiung geben, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass gelegentlich Bedienstete der Einrichtung ein Gerät einschalteten, wenn gerade keine betreute Person am Empfang teilhabe.
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Das streitige zentrale Steuerungsgerät genieße ebenfalls Gebührenbefreiung. Nach den Angaben des Vertreters des Klägers in der mündlichen Verhandlung befinde sich in der Pforte, die seit März 2003 nicht mit Personal besetzt sei, ein Zentralgerät, das die in der Werkstätte angebrachten Lautsprecher mit Rundfunksendungen versorge. Ein eigener Lautsprecher sei in der Pforte bzw. am Zentralgerät nicht vorhanden; ein separater Rundfunkempfang sei dort nicht möglich. Das Zentralgerät diene daher ebenfalls dem in der Behindertenwerkstatt betreuten Personenkreis, so dass auch insoweit Rundfunkgebührenbefreiung zu gewähren sei. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 1 S. 1 VwGO) zugelassen. Das Urteil wurde dem Beklagten am 12.1.2004 zugestellt.
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Dieser hat am 20.1.2004 rechtzeitig gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart die zugelassene Berufung eingelegt und beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.12.2003 - 3 K 1945/03 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führt er aus: Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg habe im Urteil vom 11.12.2003 - 2 S 963/03 - entschieden, dass in Kraftfahrzeugen eingebaute Rundfunkempfangsgeräte nicht „in“ Einrichtungen der Jugendhilfe im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 3 BefrVO zum Empfang bereitgehalten würden. Nach den Gründen dieser Entscheidung würden ausschließlich die in den Gebäuden der Einrichtungen aufgestellten Geräte zum Empfang bereitgehalten, unabhängig davon, ob die Kraftfahrzeuge diesen Einrichtungen zugeordnet würden oder nicht. Diese Entscheidung könne uneingeschränkt auf den vorliegenden Fall übertragen werden, da weder in Bezug auf die Förderzwecke in § 3 Abs. 1 Nr. 2 BefrVO bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 3 BefrVO noch in Bezug auf die Beförderungszwecke der eingesetzten Transportbusse Unterschiede ersichtlich seien, die eine unterschiedliche Behandlung erfordern oder auch nur rechtfertigen würden.
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Soweit das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil davon ausgegangen sei, das Zentralgerät verfüge über keinen Lautsprecher, beruhe diese Entscheidung auf einer mangelnden Sachverhaltsaufklärung, da er (Beklagter) diese Behauptung substantiiert bestritten habe. Es sei nicht erkennbar, auf welchen Sachverhalt das Verwaltungsgericht seine Überzeugungsbildung gestützt habe. Unabhängig davon sei es aber auch für die rechtliche Beurteilung unerheblich, ob das Zentralgerät über einen Lautsprecher verfüge, da nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein Rundfunkempfangsgerät auch dann zum Empfang bereitgehalten werde, wenn das Gerät ohne einen „besonderen zusätzlichen technischen Aufwand“ Rundfunkdarbietungen empfangen könne. Da nicht ersichtlich sei, dass der Anschluss eines Lautsprechers an das Zentralgerät einen „besonderen zusätzlichen technischen Aufwand“ im Sinne der genannten Rechtsprechung darstellen würde, handle es sich bei dem in der Pforte zum Rundfunkempfang bereitgestellten Zentralgerät um ein gebührenpflichtiges Rundfunkempfangsgerät, da es infolge seines Aufstellungsorts dem betreuten Personenkreis dort nicht zur Verfügung stehe. Daran könnte auch eine etwaige Dienstvorschrift des Klägers nichts ändern, wonach die Benutzung des Zentralgeräts zu einem anderen als dem begünstigten Zweck - Auswahl und Kontrolle der für die Behinderten bestimmten Sendungen - untersagt wäre.
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts und trägt ergänzend vor, der in § 3 Abs. 1 BefrVO verwendete Begriff der „Einrichtungen“ stelle darauf ab, dass die Rundfunkempfangsgeräte dem privilegierten Betrieb oder der privilegierten Einrichtung zugeordnet werden könnten. Es komme nicht darauf an, ob sich Rundfunkempfangsgeräte in einer stationären Einrichtung befänden. Denn Einrichtungen umfassten - ähnlich den Betrieben - sowohl stationäre als auch mobile Einrichtungen. Vor dem Hintergrund dieses Einrichtungsbegriffs könne die Auffassung des erkennenden Senats im Urteil vom 11.12.2003 - 2 S 963/03 - nicht nachvollzogen werden. Diese Auslegung widerspreche auch dem Sinn und Zweck der Befreiungsregelung. Soweit der Senat deren Zielsetzung darin gesehen habe, betreuten Personen, die sich typischerweise über einen längeren Zeitraum in Gebäuden der Einrichtungen aufhielten und dadurch gehindert seien, am sozialen und kulturellen Leben teilzunehmen, einen gebührenfreien Zugang zum Rundfunkempfang zu ermöglichen, werde der Sinn und Zweck des Befreiungstatbestands nach § 3 BefrVO verkürzt und von einem falschen Blickwinkel aus betrachtet. Dessen Sinn und Zweck bestehe vielmehr darin, Unternehmen, die einen gemeinnützigen oder mildtätigen Zweck in ihren Betrieben oder Einrichtungen verfolgten, von den Gebühren, die als Kosten Einfluss auf das Betriebsergebnis hätten, zu verschonen, wenn die Rundfunkempfangsgeräte zur Verfolgung des gemeinnützigen und mildtätigen Zwecks den betreuten Personen zur Verfügung gestellt würden. Wer das Rundfunkempfangsgerät nicht für sich, sondern für andere aus altruistischen und anerkannt gemeinnützigen Zwecken bereithalte, solle hierfür keine Gebühren entrichten müssen. Sonach knüpfe § 3 Abs. 1 BefrVO die Befreiung nicht - wie der Senat im Urteil vom 11.12.2003 angenommen habe - an die Immobilität der Betroffenen, sondern daran an, dass eine gemeinnützige Einrichtung Rundfunkempfangsgeräte nicht für sich, sondern für die von ihr Betreuten bereitstelle. Auch träfen die vom Senat angestellten Erwägungen allenfalls auf Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen zu, in denen Schwerstpflegebedürftige stationär versorgt würden. Für die übrigen Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BefrVO sei diese Auffassung in dieser Allgemeinheit unzutreffend. Behinderte Menschen würden in einer Behindertenwerkstatt nicht weggeschlossen; sie seien weder immobil noch befänden sie sich in einer Zwangssituation. Vielmehr kämen sie morgens in die Werkstatt, verrichteten ihre Arbeit und begäben sich abends nach Verrichtung ihrer Tätigkeit wieder nach Hause. Insoweit gebe es - was den Tagesablauf betreffe - keine signifikanten Unterschiede zu einem „normalen“ Erwerbstätigen. Ähnlich verhalte es sich bei Altenhilfeeinrichtungen, da nicht jeder ältere Mensch gepflegt und stationär versorgt werden müsse. Auch halte sich niemand zwangsweise in den in § 3 Abs. 1 BefrVO zudem erfassten Jugendherbergen auf. Dies erhelle, dass der vom Senat gewählte Anknüpfungspunkt für die Gebührenbefreiung unrichtig gewählt sei. Nicht die Tatsache, dass die betreuten Menschen sich in einer Zwangssituation befänden und wegen ihrer Heimunterbringung am sozialen Leben nicht oder kaum teilnehmen könnten, sondern die Motive des Bereithaltens der Geräte für altruistische, gemeinnützige oder mildtätige Zwecke seien Grund für die Gebührenbefreiung. Auch sei das Abstellen auf die Zwangssituation der Betreuten überdies deshalb verfehlt, weil diese Gesichtspunkte bereits im Gebührenbefreiungstatbestand des § 1 BefrVO berücksichtigt würden und zu einer Gebührenbefreiung führen könnten. Das Informationsbedürfnis oder die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben eines Betreuten allein rechtfertige danach aber noch nicht in jedem Fall die Gebührenbefreiung. Auf die Frage, ob das Rundfunkempfangsgerät innerhalb einer stationären Einrichtung bereitgehalten werde, könne es nicht ankommen. Entscheidend sei, ob das jeweilige Gerät für den betreuten Menschen, und zwar unabhängig, ob innerhalb oder außerhalb einer stationären Einrichtung, bereitgehalten werde. Schließlich würden die Rundfunkempfangsgeräte für den jeweils betreuten Personenkreis auch ohne besonderes Entgelt bereitgehalten. Ausführungen der Betreuten zu Besichtigungen, Stadtgängen, Veranstaltungen, Besuch von Sportstätten und dergleichen seien heute fester Bestandteil der betreuenden Tätigkeit, zu der notwendig auch die Beförderung mit den eigens hierfür bereitgestellten Kleinbussen gehöre. Der Gebührenbefreiung stehe auch nicht die faktische Möglichkeit Dritter entgegen, die Sendungen mitzuhören oder gezielt die regelmäßig eingestreuten Verkehrsmeldungen auszuwerten. Eine derartige Mitnutzung des Personals lasse sich weder innerhalb noch außerhalb stationärer Einrichtungen ausschließen.
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Zutreffend sei das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass für das an der Pforte vorhandene Zentralgerät Gebührenbefreiung beansprucht werden könne. Dieses Gerät werde ebenfalls ohne besonderes Entgelt für die betreuten behinderten Menschen bereitgehalten. Es werde in der Regel werktags von 11.00 bis 12.00 Uhr eingeschaltet und verfüge über 90 Lautsprecher, mit denen die gesamten N.-werkstätten - insbesondere die Arbeitsbereiche - beschallt werden könnten. Es sei zu beachten, dass an der Pforte ein behinderter Mensch sitze, der vom Kläger betreut werde. Dieser schalte das Radio ein und aus; er wähle das Programm - gegebenenfalls nach Rücksprache mit anderen behinderten Menschen - aus. Eine Möglichkeit, das Zentralgerät unter normalen Umständen auch unabhängig vom begünstigten Zweck zu benutzen, sei somit ausgeschlossen.
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In seiner Replik vom 10.1.2005 führt der Beklagte noch aus, das Vorbringen des Klägers in seiner Berufungserwiderung beruhe auf einem Fehlverständnis des Zwecks der gerätebezogenen Gebührenbefreiung. Die Befreiung eines Einrichtungsträgers von Rundfunkgebühren erfolge nicht zu dem Zweck, diesen zu fördern; vielmehr gehe es ausschließlich um die Förderung des betreuten Personenkreises, dem die unentgeltliche Teilnahme an der Gesamtveranstaltung Rundfunk ermöglicht werden solle. Aus dem Umstand, dass die Befreiungsregelung des § 3 Abs. 1 BefrVO im Vergleich zu der Ermächtigungsgrundlage in § 6 Abs. 1 Nr. 2 RGebStV enger gefasst sei, indem sie darauf abstelle, dass ein Rundfunkempfangsgerät, um privilegiert zu sein, zielgerichtet und zweckbestimmt für den betreuten Personenkreis zum Empfang bereitgehalten werden müsse, folge, dass eine Differenzierung nach den unterschiedlichen sächlichen Bestandteilen einer Einrichtung zwingend geboten sei, wie dies der Senat im Urteil vom 11.12.2003 - 2 S 963/03 - zutreffend erkannt habe. Auch bestehe bei den hier in Frage stehenden Beförderungsfahrten eine irgendwie geartete „Zwangssituation“ bzw. die Gefahr einer „kulturellen Verödung“ (Bay.VGH, Urteil vom 18.4.2002 - 7 B 01.2383 -) angesichts ihrer regelmäßig zeitlichen Befristung nicht. Aus beiden Entscheidungen ergebe sich, dass der Befreiungszweck in Bezug auf in Kraftfahrzeuge eingebaute Rundfunkempfangsgeräte nicht erfüllt sei.
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Soweit der Kläger nunmehr in Ansehung des Zentralgeräts vortragen lasse, ein behinderter Mensch bediene das Zentralgerät in der Pforte, sei eine Gebührenbefreiung ausgeschlossen, weil über dieses Gerät auch Mitarbeiter des Klägers Rundfunksendungen empfangen könnten und es im Übrigen auch insoweit an einer Zwangssituation mangele, wenn die Anlage lediglich werktags in der Zeit von 11.00 bis 12.00 Uhr eingeschaltet werde.
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Der Kläger erwidert mit Schriftsatz vom 30.3.2005 auf die Replik des Beklagten wie folgt: Entscheidend sei, dass die neun Rundfunkempfangsgeräte in den Transportbussen für die Durchführung arbeitsbegleitender und eingliedernder Maßnahmen in Begleitung geschulten Personals eingesetzt würden. Die vom Beklagten eingeführten Kriterien „kulturelle Verödung“ bzw. „Zwangssituation“ seien nicht im Verordnungstext enthalten und damit nicht Voraussetzung des Befreiungstatbestands. Auch sei das Zentralgerät gebührenbefreit. Dass die Bedienung dieses Geräts durch eine betreute Person während der nur vorübergehenden Besetzung der Pforte erfolge, rechtfertige nicht die Versagung der Gebührenbefreiung.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Dem Gericht liegen die Behördenakten des Beklagten (ein Heft) sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (ein Band) vor. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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