Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Okt. 2014 - 10 S 2043/14

bei uns veröffentlicht am16.10.2014

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. September 2014 - 4 K 4258/14 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller begehrt im Hauptsacheverfahren u.a. Zugang zu den beim Staatsministerium Baden-Württemberg gespeicherten Sicherungskopien der E-Mail-Account-Daten des Beigeladenen, Ministerpräsident a.D. M., soweit sie umweltbezogene Informationen aus dem Zeitraum vom Januar 2010 bis Mai 2011 enthalten. Mit Bescheid vom 18.01.2013 sowie einem Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheid vom 14.05.2013 lehnte der Antragsgegner insoweit den Antrag des Antragstellers nach § 3 Abs. 1 LUIG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 UIG sowie § 9 Abs. 1 Satz 1 UIG ab. Über die hiergegen beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage (4 K 2005/13) ist noch nicht entschieden. Mit rechtskräftigem Urteil vom 30.07.2014 (1 S 1352/13 - juris) entschied der erkennende Gerichtshof, dass dem Beigeladenen ein Anspruch auf Löschung der oben genannten Dateien zusteht, diese aber zuvor dem zuständigen Archiv zur Übernahme anzubieten sind. Im Hinblick auf die angekündigte alsbaldige Löschung der Daten beantragte der Antragsteller am 24.09.2014, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die sog. „M.-Email-Dateien“ bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen Zugangsantrag nicht zu löschen und bei sich verfügbar zu halten. Hilfsweise beantragte er, den Antragsgegner zu verpflichten, die betreffenden Dateien nur unter der Bedingung dem Landesarchiv zu übergeben, dass diese jederzeit auf Anforderung des Antragsgegners oder eines Gerichts zurückzugeben sind. Mit Beschluss vom 26.09.2014 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, das Staatsministerium verfüge nicht mehr über die fraglichen Informationen, weil diese von Rechts wegen gelöscht werden müssten. Hinsichtlich des Hilfsantrags fehle bereits die Antragsbefugnis.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 146, 147 VwGO zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt ist, ergibt sich nicht, dass der angefochtene Beschluss abzuändern oder aufzuheben ist (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Zwar besteht im Hinblick auf die nunmehr für den 17.10.2014 angekündigte Löschung der umstrittenen Dateien und das Übernahmeangebot an das Landesarchiv ein Anordnungsgrund. Auch nach Auffassung des Senats ist aber ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Nach § 3 Abs. 1 UIG, auf den § 3 Abs. 1 LUIG verweist, hat jede Person nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 UIG i.V.m. § 3 Abs. 1 LUIG verfügt eine informationspflichtige Stelle über Umweltinformationen, wenn diese bei ihr vorhanden sind oder für sie bereit gehalten werden. Entgegen der vom Verwaltungsgericht wohl vertretenen Auffassung kommt es für das „Vorhandensein“ der Information allerdings nicht auf die rechtliche Verfügungsbefugnis, sondern auf die tatsächliche räumliche Verfügungsmöglichkeit der Behörde an, d.h. darauf, ob sich die Information - wie hier - im räumlichen Verfügungsbereich der in Anspruch genommenen Behörde befindet (vgl. Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Januar 2014, § 2 UIG Rn. 53 m.w.N.; Schomerus in Schomerus/Schrader/Wegener, UIG, Handkommentar, 2. Auflage, § 2 Rn. 13; a.A. zur früheren Rechtslage OVG NRW, Urteil vom 15.08.2003 - 21 B 375/03 - NVwZ-RR 2004, 169). Denn Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. L 41, 26) - im folgenden Umweltinformationsrichtlinie - definiert den Begriff des Vorhandenseins dahingehend, dass sich die Umweltinformation im Besitz der Behörde befindet und von dieser Behörde erstellt oder bei ihr eingegangen ist. Die Berechtigung der Behörde zur Verfügung über die Daten fließt hingegen in die Prüfung eventuell vorliegender Ablehnungsgründe ein (dazu sogleich).
Der Senat lässt offen, ob die umstrittenen Dateien Umweltinformationen enthalten. Nach der hier allein in Betracht kommenden Legaldefinition des § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG, die gemäß § 3 Abs. 1 LUIG auch im Anwendungsbereich des Landesumweltinformationsgesetzes gilt, sind Umweltinformationen unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 oder auf Faktoren im Sinne der Nummer 2 auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder den Schutz von Umweltbestandteilen im Sinne der Nummer 1 bezwecken; zu den Maßnahmen gehören auch politische Konzepte, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Abkommen, Umweltvereinbarungen, Pläne und Programme. Als Umweltbestandteile werden in Nummer 1 beispielhaft genannt Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen.
Zwar ist in Übereinstimmung mit dem weiten Begriffsverständnis der Umweltinformationsrichtlinie, zu deren Umsetzung die Bestimmung des § 2 Abs. 3 UIG dient (vgl. BT-Drucks. 15/3406, S. 11 und 14 f.), auch der Begriff der Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 UIG weit auszulegen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21.02.2008 - 4 C 13.07 -, BVerwGE 130, 223; OVG NRW, Urteil vom 01.03.2011 - 8 A 2861/07 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 12 B 23.07 -, juris; jeweils m.w.N). Insbesondere das in § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG enthaltene Begriffspaar "Maßnahmen oder Tätigkeiten" wird weit verstanden; es soll alle menschlichen Tätigkeiten erfassen. Für die Auswirkungen auf Umweltbestandteile oder Faktoren im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a) UIG ist ein potentieller Wirkungszusammenhang ausreichend; er muss allerdings hinreichend wahrscheinlich sein (OVG NRW, Urteil vom 01.03.2011 a.a.O. m.w.N.). Hinsichtlich § 2 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b UIG (Schutz von Umweltbestandteilen) muss der Schutz der Umweltmedien der Zweck - wenn auch nicht der Hauptzweck - der Maßnahme sein. Erfasst werden unmittelbar wie mittelbar den Umweltschutz fördernde Aktivitäten. Erforderlich ist auch hier lediglich eine hinreichend enge Beziehung zwischen der jeweiligen Tätigkeit oder Maßnahme und dem angestrebten Erfolg für die Umwelt (OVG NRW, Urteil vom 01.03.2011 a.a.O. m.w.N.).
Auf der anderen Seite besteht allerdings Einigkeit darüber, dass weder die alte noch die neue Umweltinformationsrichtlinie - und damit auch § 2 Abs. 3 UIG - bezwecken, ein allgemeines und unbegrenztes Zugangsrecht zu allen bei den Behörden verfügbaren Informationen zu gewähren, die auch nur den geringsten Bezug zu einem Umweltgut aufweisen. Vielmehr fallen Informationen nur dann unter das Zugangsrecht, wenn sie zu einer oder mehreren der in der Richtlinie angegebenen Kategorien gehören und einen nicht nur entfernten Umweltbezug aufweisen (vgl. zur Richtlinie 90/313/EWG EuGH, Urteil vom 12. Juni 2003 - C- 316/01 - Glawischnig -, juris Rn. 25; OVG NRW, Urteil vom 01.03.2011 a.a.O. m.w.N.).
Vorliegend bezieht sich der Antragsteller auf „alle bereitgehaltenen Informationen zum Komplex Baumfällungen für Stuttgart 21 im Oktober 2010 und damit zusammenhängenden Vorgänge, Ereignisse, Aktionen und Maßnahmen aller Art“. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat festgestellt, dass der Antragsteller einen Zusammenhang zwischen den Baumfällungen und den E-Mail-Postfachdaten nicht hinreichend substantiiert habe (VG Karlsruhe, Urteil vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - juris). Allerdings ist dem Antragsteller zuzugeben, dass der Betroffene den Inhalt der begehrten Informationen noch nicht im Einzelnen kennt, weshalb die Substantiierungspflichten nicht überspannt werden dürfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann auch nicht unterschieden werden zwischen unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen auf die Umwelt; dieses Kriterium hat keinen Eingang in die Umweltinformationsrichtlinie gefunden und ist deshalb zur Abgrenzung einer Umweltinformation von anderen, einem Antragsteller nicht zustehenden Informationen in der Sache untauglich (BVerwG, Urteil vom 21.02.2008 - 4 C 13.07 - a.a.O.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 25. März 1999 - 7 C 21.98 -, BVerwGE 108, 369 = juris Rn. 28 zu § 3 Abs. 2 UIG a.F.)
Diese Frage bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung, weil dem Informationsanspruch jedenfalls der Ablehnungsgrund des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG i.V.m. § 3 Abs. 1 LUIG entgegensteht. Danach ist der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt werden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Bei der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG i.V.m. § 3 LUIG handelt es sich um eine bereichsspezifische datenschutzrechtliche Regelung, die im Rahmen ihres Anwendungsbereichs dem Landesdatenschutzgesetz als besondere Rechtsvorschrift des Bundes oder des Landes gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 LSDG vorgeht (zu den Anforderungen an derartige Rechtsvorschriften vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.07.2014 - 1 S 1352/13 - a.a.O.). Da § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG allerdings im Wesentlichen eine Generalklausel enthält, sind die Bestimmungen der Datenschutzgesetze zum einen als Auslegungshilfe heranzuziehen, zum anderen sind sie unmittelbar ergänzend einschlägig, wenn es sich um präzisierende Bestimmungen handelt, die im Umweltinformationsgesetz nicht enthalten sind (Reidt/Schiller a.a.O. § 9 UIG Rn. 6 m.w.N.) oder sich das Umweltinformationsrecht zu einer bestimmten datenschutzrechtlichen Frage nicht verhält.
10 
Danach handelt es sich bei den streitgegenständlichen Dateien um personenbezogene Daten, die durch die Bekanntgabe offenbart würden. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Beigeladenen betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten, und sind daher personenbezogene Daten (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.07.2014 - 1 S 1352/13 - juris; ebenso schon VG Karlsruhe, Urteil vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - a.a.O.). Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsauffassung des 1. Senats der erkennenden Gerichtshofs an.
11 
Durch die Bekanntgabe würden die Interessen des Betroffenen erheblich beeinträchtigt. Die Erheblichkeit setzt voraus, dass dem Geheimhaltungsinteresse ein gewisses Gewicht zukommt; dieser Begriff ist mithin im Lichte des Datenschutzrechts auszulegen. So entfällt die Erheblichkeit etwa dann, wenn die personenbezogenen Daten ohnehin bekannt oder allgemein zugänglich sind oder wenn es in Bezug auf die persönlichen Verhältnisse lediglich um Daten wie Name, Beruf, Dienststellung und Ähnliches geht (Reidt/Schiller a.a.O. § 9 UIG Rn. 14 m.w.N.). Eine solche Fallgestaltung liegt hier ersichtlich nicht vor. Den Interessen des Beigeladenen kommt aber insbesondere auch deshalb ein erhebliches Gewicht zu, weil er nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG i.V.m. § 15 Abs. 4 LDSG einen Anspruch auf Löschung der umstrittenen Dateien hat. Denn die Kenntnis der umstrittenen Dateien ist nicht mehr notwendig zur Erfüllung der Zwecke des § 15 Abs. 4 LDSG, zu dem sie gespeichert worden sind (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.07.2014 - 1 S 1352/13 - a.a.O.). Der Senat sieht keinen Anlass, von der eingehend begründeten Rechtsauffassung des 1. Senats des erkennenden Gerichtshofs abzuweichen, der die Beschwerde auch nicht substantiiert entgegengetreten ist. Zwar macht der Antragsteller zutreffend geltend, dass das genannte Urteil ihm gegenüber keine Rechtskraft entfaltet. Bei der im Rahmen der Erheblichkeitsprüfung gebotenen Gewichtung des Geheimhaltungsinteresses des Betroffenen kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass mit dem Vorliegen eines rechtskräftig festgestellten Löschungsanspruchs des Beigeladenen ein auch grundrechtlich gestützter gewichtiger datenschutzrechtlicher Belang vorliegt. Danach besteht ein individuelles Geheimhaltungsinteresse des Beigeladenen im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG, weil andernfalls sein Löschungsanspruch vollständig entwertet würde. Die Datenerhebung unterlag einer strikten Bindung an die in § 15 Abs. 4 LDSG genannten Zwecke. Der Löschungsanspruch besteht, weil diese strikte Zweckbindung entfallen ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.07.2014 - 1 S 1352/13 - a.a.O.). Nach dem Umweltinformationsgesetz werden die Daten jedoch zweckfrei weitergegeben; die antragstellende Person ist mithin nicht gehindert, die erlangten Daten ohne jede Zweckbindung weiterzuverwenden (vgl. Karg in Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, Kommentar, 2014, § 9 UIG Rn 12 f. m.w.N.). Bei Bekanntgabe der umstrittenen personenbezogenen Dateien nach dem Umweltinformationsgesetz liefen die durch § 15 Abs. 4 LDSG gesetzten Grenzen für die Erhebung und Verwendung der genannten Sicherungskopien mithin ins Leere.
12 
§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG i.V.m. § 3 Abs. 1 LUIG begründet auch keine neue Zweckbestimmung, die dem Löschungsanspruch des Beigeladenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 4 LDSG entgegenstehen könnte. Zwar ist gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 LSDG die Nutzung personenbezogener Daten auch für andere als die ursprünglichen Zwecke zulässig, wenn eine Rechtsvorschrift dies vorsieht. § 15 Abs. 4 LSDG schließt aber als Spezialregelung die Anwendung des § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LSDG aus (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.07.2014 - 1 S 1352/13 - a.a.O.).
13 
§ 9 Abs. 1 Satz 1 UIG geht allerdings dem allgemeinen Datenschutzrecht insoweit vor, als die Bestimmung über das Landesdatenschutzgesetz hinausgehend die Übermittlung und Weitergabe von personenbezogenen Daten erlaubt, sofern hieran ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht. Entgegen der Auffassung des Antragsstellers sieht der Senat aber kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz UIG gegeben.
14 
Dieses öffentliche Interesse überwiegt nur, wenn mit dem Antrag ein Interesse verfolgt wird, das über das allgemeine Interesse hinausgeht, das bereits jeden Antrag rechtfertigt. Es genügt nicht das allgemeine Interesse der Öffentlichkeit, Zugang zu Informationen über die Umwelt zu erhalten. Anderenfalls überwöge das öffentliche Interesse stets; die Abwägung im Einzelfall wäre entbehrlich (BVerwG, Urteil vom 24.09.2009 - 7 C 2.09 - juris).
15 
Zwar macht der Antragsteller zu Recht geltend, dass für den Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen ein rechtliches Interesse nicht dargelegt werden muss (vgl. § 3 Abs. 1 UIG) und dass er als Repräsentant des öffentlichen Interesses agiert. Im Rahmen der in § 9 Abs. 1 Satz 1 UIG gebotenen Abwägung zwischen dem Bekanntgabeinteresse und dem Geheimhaltungsinteresse ist das öffentliche Informationsinteresse aber gleichwohl zu gewichten. Bei der Gewichtung ist zu berücksichtigen, dass - selbst dann, wenn Umweltinformationen in Rede stehen - der Bezug des Auskunftsersuchens zu den mit der Umweltinformationsrichtlinie verfolgten Zwecken gering ist. Dem Vorbringen des Antragstellers lässt sich entnehmen, dass es ihm in erster Linie um die Aufklärung der Rolle des Beigeladenen bei dem sog. „Schwarzen Donnerstag“ geht, d.h. bei dem Polizeieinsatz zur Räumung des Stuttgarter Schlossparks im Zusammenhang mit den Bauarbeiten für das Projekt Stuttgart 21, während die Umweltinformationsrichtlinie und die zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Gesetze durch den erweiterten Zugang zu umweltbezogenen Informationen das Umweltbewusstsein schärfen und u.a. durch einen freien Meinungsaustausch letztlich den Umweltschutz verbessern wollen (vgl. etwa Erwägungsgrund 1). Auch in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird insoweit der Nutzen der Bekanntgabe für den Umweltschutz in die Abwägung eingestellt (BVerwG, Urteil vom 24.09.2009 - 7 C 2.09 - a.a.O.). Demgegenüber kommt dem Geheimhaltungsinteresse des Beigeladenen ein besonderes Gewicht zu, weil die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG i.V.m. § 15 Abs. 4 LDSG eine Ausprägung seines Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung sind. Hinzu kommt, dass das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen kein rein privates Interesse ist; vielmehr besteht an der Wahrung des Datenschutzes im Rahmen einer geordneten Datenerhebung und -verwendung sowie am Schutz der Grundrechte auch ein hohes Allgemeininteresse, das zugunsten des Geheimhaltungsinteresses streitet (vgl. Reidt/Schiller a.a.O. § 9 UIG Rn. 1 m.w.N.).
16 
Demgegenüber stehen Grundrechte des Antragstellers nicht in Rede. Soweit er sich auf ein unionsrechtlich geschütztes Informationszugangsrecht beruft, ist dem entgegenzuhalten, dass auch das Unionsrecht diesen Informationszugang nicht unbedingt und uneingeschränkt gewährt. Die Umweltinformationsrichtlinie berechtigt die Mitgliedstaaten vielmehr, die Bekanntgabe von Umweltinformationen zum Schutz der Vertraulichkeit personenbezogener Daten abzulehnen und verpflichtet sie, die Anforderungen der Richtlinie 95/46/EG vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum Datenverkehr einzuhalten (Art. 4 Abs. 2 Buchst. f), UA 2 und 3 RL 2003/4/EG). Auch das Unionsrecht erkennt somit an, dass datenschutzrechtlichen Belangen im Rahmen einer einzelfallbezogenen Abwägung Vorrang zukommen kann. Der vom Antragsteller in Bezug genommene Art. 42 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12.12.2007 befasst sich mit dem Zugang zu Dokumenten der Europäischen Union und ist daher im vorliegenden Zusammenhang nicht einschlägig.
17 
Schließlich ist in die Abwägung einzustellen, dass sich das Umweltinformationsgesetz zu der Frage der Rechtmäßigkeit der Datenerhebung und -speicherung nicht verhält, sondern nur die Berechtigung zur Übermittlung der Daten an Dritte betrifft. Insoweit kommt den Bestimmungen des Umweltinformationsgesetzes kein spezialgesetzlicher Vorrang im Sinne von § 2 Abs. 5 Satz1 LDSG vor einem eventuellen Löschungsanspruch zu. Zwar wird eine gewisse Vorwirkung des Zugangsanspruchs einer Person insofern anzunehmen sein, als sich die Behörde dem Informationszugangsanspruch nicht durch Datenlöschung faktisch entziehen darf. Eine solche Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor; vielmehr wurde die Behörde zur Löschung rechtlich verpflichtet. Insoweit streitet das öffentliche Interesse an der Umsetzung rechtskräftiger Urteile ebenfalls zugunsten des Geheimhaltungsinteresses des Beigeladenen.
18 
In Bezug auf die vom Antragsteller angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.09.2014 - I ZR 490/12 - liegen noch keine Entscheidungsgründe vor. Aus der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 137/2014 wird aber erkennbar, dass die vom Bundesgerichtshof entschiedene Fallkonstellation mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar sein dürfte. Bei den offenbar rechtswidrig erlangten und anschließend von der Presse veröffentlichen E-Mails handelte es sich offensichtlich um eine private Korrespondenz, die nicht den Bindungen des Landesdatenschutzgesetzes bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch öffentliche Stellen unterlag (vgl. § 1 LDSG). Im Übrigen ist die Abwägung zwischen dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit, namentlich durch eine hier nicht in Rede stehende Presseberichterstattung, stets eine Frage der konkreten Umstände des jeweiligen Falles.
19 
Entgegen der Ansicht des Antragstellers wird durch die hier vertretene Auffassung das Umweltinformationsrecht nicht vollständig entwertet und auch kein genereller Vorrang des Datenschutzes begründet. Wie ausgeführt, bedarf es vielmehr jeweils der konkreten Feststellung, dass personenbezogene Daten vorliegen, sowie einer einzelfallbezogenen Abwägung des Gewichts der betroffenen Belange, die nach den jeweiligen Umständen ggf. auch zu Gun-sten des Bekanntgabeinteresses ausfallen kann.
20 
Schließlich hat der Hilfsantrag ebenfalls keinen Erfolg. Aus den vorstehenden Gründen besteht auch kein Anspruch des Antragstellers, die Bereitstellung der umstrittenen Dateien durch das Landesarchiv sicherzustellen.
21 
Ist nach alledem ein Anspruch des Beigeladenen auf Zugang zu den umstrittenen Dateien nicht ersichtlich, muss der Umstand, dass ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung voraussichtlich vollendete Tatsachen geschaffen werden, zurücktreten.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
23 
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2, § 47, § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 2 GKG. Der Senat sieht davon ab, den Streitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren, weil die Entscheidung in der Hauptsache faktisch vorweggenommen wird (vgl. Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, Sonderbeilage zur VBlBW Januar 2014).
24 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Okt. 2014 - 10 S 2043/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Okt. 2014 - 10 S 2043/14

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Okt. 2014 - 10 S 2043/14 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 147


(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

Umweltinformationsgesetz - UIG 2005 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Informationspflichtige Stellen sind 1. die Regierung und andere Stellen der öffentlichen Verwaltung. Gremien, die diese Stellen beraten, gelten als Teil der Stelle, die deren Mitglieder beruft. Zu den informationspflichtigen Stellen gehören nicht

Umweltinformationsgesetz - UIG 2005 | § 9 Schutz sonstiger Belange


(1) Soweit 1. durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden,2. Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere Urheberrechte, durch das Zugänglichmachen von

Umweltinformationsgesetz - UIG 2005 | § 8 Schutz öffentlicher Belange


(1) Soweit das Bekanntgeben der Informationen nachteilige Auswirkungen hätte auf 1. die internationalen Beziehungen, die Verteidigung oder bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit,2. die Vertraulichkeit der Beratungen von informationspflich

Umweltinformationsgesetz - UIG 2005 | § 3 Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen


(1) Jede Person hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 Absatz 1 verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Daneben bleiben ande

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Okt. 2014 - 10 S 2043/14 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Okt. 2014 - 10 S 2043/14 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Juli 2014 - 1 S 1352/13

bei uns veröffentlicht am 30.07.2014

Tenor Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 -werden zurückgewiesen.Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu ¼ und der

Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 27. März 2014 - 4 K 2005/13

bei uns veröffentlicht am 27.03.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckb

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 27. Mai 2013 - 2 K 3249/12

bei uns veröffentlicht am 27.05.2013

Tenor 1. Der Beklagte wird verpflichtet, die drei Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers, nämlich die Dateien mit den Bezeichnungen:- ...,- ...,- ...,sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Okt. 2014 - 10 S 2043/14.

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 27. Okt. 2016 - 14 K 3933/14

bei uns veröffentlicht am 27.10.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 Der Kläger begehrt Zugang zu den bei der Bundespolizeidirektion Stuttgart vorhandenen Informationen zu einem Polizeieinsatz am 28.09.2013. 2 Am N

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 27. Okt. 2016 - 14 K 4920/16

bei uns veröffentlicht am 27.10.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens Tatbestand   1 Der Kläger begehrt den Zugang zu Umweltinformationen. 2 Mit Schreiben vom 29.05.2014 an das Landeskriminalamt Baden-Württemberg beantragte der Klä

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 13. Nov. 2014 - 4 K 5228/13

bei uns veröffentlicht am 13.11.2014

Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 26.07.2013 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 27.11.2013 und der Gebührenbescheid vom 27.11.2013 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers, ihm Zugang zu den Cross

Referenzen

(1) Soweit das Bekanntgeben der Informationen nachteilige Auswirkungen hätte auf

1.
die internationalen Beziehungen, die Verteidigung oder bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit,
2.
die Vertraulichkeit der Beratungen von informationspflichtigen Stellen im Sinne des § 2 Absatz 1,
3.
die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens, den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren oder die Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitenrechtlicher oder disziplinarrechtlicher Ermittlungen oder
4.
den Zustand der Umwelt und ihrer Bestandteile im Sinne des § 2 Absatz 3 Nummer 1 oder Schutzgüter im Sinne des § 2 Absatz 3 Nummer 6,
ist der Antrag abzulehnen, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in den Nummern 2 und 4 genannten Gründe abgelehnt werden.

(2) Soweit ein Antrag

1.
offensichtlich missbräuchlich gestellt wurde,
2.
sich auf interne Mitteilungen der informationspflichtigen Stellen im Sinne des § 2 Absatz 1 bezieht,
3.
bei einer Stelle, die nicht über die Umweltinformationen verfügt, gestellt wird, sofern er nicht nach § 4 Absatz 3 weitergeleitet werden kann,
4.
sich auf die Zugänglichmachung von Material, das gerade vervollständigt wird, noch nicht abgeschlossener Schriftstücke oder noch nicht aufbereiteter Daten bezieht oder
5.
zu unbestimmt ist und auf Aufforderung der informationspflichtigen Stelle nach § 4 Absatz 2 nicht innerhalb einer angemessenen Frist präzisiert wird,
ist er abzulehnen, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.

(1) Soweit

1.
durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden,
2.
Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere Urheberrechte, durch das Zugänglichmachen von Umweltinformationen verletzt würden oder
3.
durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen,
ist der Antrag abzulehnen, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in den Nummern 1 und 3 genannten Gründe abgelehnt werden. Vor der Entscheidung über die Offenbarung der durch Satz 1 Nummer 1 bis 3 geschützten Informationen sind die Betroffenen anzuhören. Die informationspflichtige Stelle hat in der Regel von einer Betroffenheit im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 auszugehen, soweit übermittelte Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet sind. Soweit die informationspflichtige Stelle dies verlangt, haben mögliche Betroffene im Einzelnen darzulegen, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt.

(2) Umweltinformationen, die private Dritte einer informationspflichtigen Stelle übermittelt haben, ohne rechtlich dazu verpflichtet zu sein oder rechtlich verpflichtet werden zu können, und deren Offenbarung nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der Dritten hätte, dürfen ohne deren Einwilligung anderen nicht zugänglich gemacht werden, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in Satz 1 genannten Gründe abgelehnt werden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127

Tenor

Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 -werden zurückgewiesen.

Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu ¼ und der Beklagte zu ¾.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der bis Mai 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg war, begehrt die Löschung von kopierten Daten aus seinem ihm vom Staatsministerium zur Verfügung gestellten E-Mail-Postfach.
Bei den vom Staatsministerium für seinen E-Mail-Verkehr genutzten Produkten (beim Server „Microsoft Exchange“ und im Clientbereich „Microsoft Outlook“) ist systembedingt jede E-Mail-Adresse Bestandteil einer Datenbank. Dort werden die eingehenden E-Mails in dem Postfach der E-Mail-Adresse gespeichert. Startet der Anwender auf seinem (Client-) PC das Programm Outlook, findet eine Synchronisation zwischen dem Exchange-Server und dem Outlook-Client-PC statt. Die Daten des Postfaches werden dabei in eine OST-Datei kopiert. Diese OST-Datei liegt üblicherweise auf dem PC des Anwenders. Durch das Verschieben einer E-Mail in den Ordner „gelöschte Objekte“ auf dem Client-PC und dessen Leerung können die E-Mails im Postfach durch den Anwender gelöscht werden. Auf dem Server werden diese E-Mails dadurch zunächst nicht direkt physikalisch gelöscht, aber als gelöscht gekennzeichnet. Der Server ist so eingestellt, dass die als gelöscht gekennzeichneten E-Mails innerhalb von sieben Tagen nach dem Löschen durch den Anwender wiederhergestellt werden können. Danach werden sie automatisch auf den Servern des Staatsministeriums gelöscht. Daneben bleiben die auf einem Server im Staatsministerium gelöschten Daten noch 30 Tage in einem Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach gespeichert. Die Löschung der Daten im Ausfallrechenzentrum erfolgt automatisch mit Ablauf der 30-Tage-Frist. Anschließend ist eine im Postfach gelöschte E-Mail nur noch verfügbar, wenn sie zuvor durch den Anwender in einer sogenannten PST-Datei archiviert wurde. Eine elektronische Langzeit-Speicherung gelöschter Mails ist nicht vorgesehen.
Für den Kläger wurde mit einem von seinem Büroleiter „i. A.“ am 11.02.2010 unterschriebenen Antragsformular beantragt, den Internetzugang auf seinem Arbeitsplatz-PC freizuschalten. Das Formular enthält unter anderen den Text: "Ich benötige den Zugang ausschließlich für dienstliche Zwecke. Mir ist bekannt, dass die Verbindung zum Internet aus Sicherheitsgründen protokolliert wird und bei Bedarf ausgewertet werden kann. Die Sicherheitshinweise auf der Rückseite dieses Antrags habe ich zur Kenntnis genommen." In diesen Sicherheitshinweisen ist unter anderem angeführt: „Der Internetzugang auf den Arbeitsplatz-PCs des Staatsministeriums wurde ausschließlich zu dienstlichen Zwecken eingerichtet. Die private Nutzung ist untersagt…Der gesamte Datenverkehr auf der Firewall des Staatsministeriums muss zur Sicherheit protokolliert werden. Nur auf diese Weise können unerlaubte Zugriffe oder Angriffe auf das Netz des Staatsministeriums identifiziert werden.“ Eine gesonderte Regelung zum Umgang mit den E-Mail-Accounts im Staatsministerium gab es nicht. Eine Kontrolle der Privatnutzung fand nicht statt. Die private IT-Nutzung durch die Mitarbeiter wurde stillschweigend geduldet.
Die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums ordnet das IT-Referat des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zu. Daraus folge, dass allein der Nutzer des Postfachs entscheide, welche E-Mails er ausdrucke und den Akten beifüge. Auch die Löschung von Postfachinhalten bleibe im Grundsatz allein dem Nutzer vorbehalten.
Für die Aktenführung im Staatsministerium wird grundsätzlich die „Gemeinsame Anordnung der Ministerien über die Verwaltung des Schriftguts der Behörden, Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes (AnO Schriftgut)“ vom 22.12.2005 angewandt. Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen. Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen. Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert.
Im Sommer/Herbst 2010 meldete das Büro des Klägers bei der IT-Abteilung des Staatsministeriums technische Probleme mit dem elektronischen Terminkalender des „Outlook“-Postfachs. Zur Klärung der Probleme beauftragte der IT-Bereich des Staatsministeriums die Firma ... mit der Fehlersuche. Für die Koordinierung wurde zudem das Informatikzentrum des Landes (IZLBW) eingeschaltet. Im Oktober/November 2010 erstellte ein mit Administratorrechten ausgestatteter Mitarbeiter des IT-Bereichs eine Kopie des auf dem Server des Staatsministeriums liegenden und dem Kläger zugewiesenen Original-Postfachs. Nachdem die Überprüfung durch die Firma ... im Dezember 2010 abgeschlossen war und der Fehler nicht hatte gefunden werden können, blieben die kopierten Daten weiter gespeichert. Die kopierten Postfach-Daten sollten nach Angaben des Beklagten vorgehalten werden, um sie bei einem erneuten Auftreten des Fehlers mit den neueren Postfach-Daten des Klägers oder fehlerbehafteten Postfach-Daten anderer Mitarbeiter vergleichen zu können.
Die beiden Original-E-Mail-Accounts des Klägers ([email protected] und [email protected]) wurden nach dem Regierungswechsel auf dem Server des Staatsministeriums gelöscht. Die endgültige Löschung im Ausfallrechenzentrum erfolgte durch das Überschreiben der Datenbank nach 30 Tagen. Die Festplatte aus dem PC des Klägers wurde diesem ausgehändigt.
Die kopierten Dateien waren zunächst auf einem Server im Staatsministerium gespeichert. Der Festplattenbereich war nur für den mit Administratorrechten ausgestatteten Mitarbeiter ... und für seinen Vertreter zugänglich und wurde seit Dezember 2010 mit einem Zeitstempel versehen. Mit einem solchen Zeitstempel wird jeder Zugriff auf die Daten dokumentiert. Bislang fand seitens des Staatsministeriums weder eine Sichtung noch eine sonstige Nutzung der Dateien statt. Der Zeitstempel steht unverändert auf Dezember 2010.
Im Sommer 2012 wurde das Staatsministerium auf die kopierten Dateien wieder aufmerksam. In einem Vermerk vom 23.08.2012 heißt es, man sei auf eine versehentlich nicht gelöschte Arbeitskopie des Postfaches von MP a.D. ... gestoßen, die am 20.10.2010 aufgrund von technischen Störungen zur Überprüfung durch eine externe Firma angelegt worden sei. In einem weiteren Vermerk vom 05.09.2012 ist ausgeführt, dieser Umstand sei in Vergessenheit geraten.
10 
Am 30.08.2012 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Stuttgart die Amtsräume des Staatsministeriums. Dabei stellte sie die Kopien des E-Mail-Postfachs des Klägers mithilfe einer forensischen Software vollständig sicher; sie befinden sich ausweislich eines Schreibens der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 10.09.2012 auf einem Datenträger des mit der weiteren Sichtung nach § 110 Abs. 1 StPO beauftragten Landeskriminalamts Baden-Württemberg. Hierüber unterrichtete die Staatsanwaltschaft die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 10.09.2012. Sie teilte weiter mit, die „Outlookexportdateien“ seien vorläufig sichergestellt worden, da eine sorgfältige Sichtung und Trennung der Daten am Durchsuchungsort nicht möglich gewesen sei. Die Dateien befänden sich auf einem Datenträger des Landeskriminalamts. In der Folgezeit wertete die Staatsanwaltschaft die Kopien des E-Mail-Postfachs für ihre Ermittlungen aus.
11 
Mit Anwaltsschreiben vom 12.09.2012 begehrte der Kläger vom Staatsministerium Auskunft, ob sich nach der Sicherstellung der Staatsanwaltschaft die Dateien beziehungsweise Kopien dieser Dateien noch im Besitz des Staatsministeriums befänden. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 17.09.2012 dem Rechtsanwalt des Klägers mit, dass im Staatsministerium Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers existierten, und bat um eine Einwilligung des Klägers in die Sichtung der Kopien, um private von dienstlichen Dateien zu trennen. Mit Anwaltsschreiben vom 19.09.2012 verweigerte der Kläger seine Einwilligung und forderte das Staatsministerium auf, die Dateien unverzüglich zu löschen. Dies lehnte das Staatsministerium mit Schreiben vom 27.09.2012 ab. Mit Anwaltsschreiben vom 18.10.2012 ließ es ergänzend mitteilen, die Daten könnten mit großer Wahrscheinlichkeit auch dienstliche Unterlagen enthalten. Daher werde vorgeschlagen, gemeinsam eine Trennung von privaten und dienstlichen Daten vorzunehmen. Diesen Vorschlag ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 30.10.2012 mit der Begründung ablehnen, dass sämtliche vom Staatsministerium gespeicherten Daten personenbezogen seien.
12 
Am 03.12.2012 verlagerte die Firma ... ... im Auftrag des Staatsministeriums die auf dem Server des Staatsministeriums liegenden Dateien in einen sogenannten „Datentresor“. Dieser „Tresor“ ist mit einem Passwort vor Zugriffen geschützt. Um diesen „Datentresor“ vor Verlust zu schützen, wurde er noch auf einen dem Staatsministerium zugewiesenen Serverbereich im Informatikzentrum des Landes Baden-Württemberg (IZLBW) kopiert. Zusätzlich wurden die Daten von der Firma ... ... auf einen externen Datenträger überspielt. Dieser Datenträger befindet sich in einem verschweißten Beutel in einem Tresor des Staatsministeriums. Das Passwort befindet sich in einem verschlossenen Umschlag in einem weiteren Tresor. Die auf dem Server im Staatsministerium befindlichen Kopien des Postfaches wurden sodann gelöscht. Bei diesen Maßnahmen wurde keine Einsicht in die Daten genommen.
13 
Der Kläger erhob am 15.10.2012 beim Verwaltungsgericht Stuttgart, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.11.2012 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwies, Klage auf Löschung der Dateien, hilfsweise auf Löschung nach Anbieten als Archivgut gegenüber dem Landesarchiv, weiter hilfsweise auf Neubescheidung. Zur Begründung machte er geltend, er habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Löschung der Daten nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG. In den E-Mails seien personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG enthalten. Das Nutzen der Daten für andere Zwecke als den der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage sei nach § 15 Abs. 4 LDSG unzulässig. Demgemäß könnten die Daten auch nicht mehr erforderlich im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sein. Die E-Mail-Kommunikation unterliege zudem dem Fernmeldegeheimnis und damit § 88 TKG. § 23 Abs. 3 LDSG, wonach vor einer Löschung die Daten dem Archiv zur Übernahme anzubieten seien, stehe seinem Begehren nicht entgegen. Die Daten seien seinem Persönlichkeitsbereich zuzuordnen und vollständig privat. Archivgut Privater könne das Landesarchiv nur mit deren Einvernehmen erfassen, und seine Zustimmung gebe er nicht. Jedenfalls sei die Archivierung nur unter der Prämisse einer Abschottung der Daten nach § 4 LArchG unter Wahrung der Sperrfristen gemäß § 6 Abs. 2 LArchG zulässig. Spätestens nach dem Anbieten gegenüber dem Landesarchiv habe der Beklagte die Daten zu löschen.
14 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Der Kläger habe keinen Löschungsanspruch. Die Speicherung der streitgegenständlichen Dateien sei zulässig. Sowohl die Speicherung der Dateien als auch deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Da der Kläger seine dienstliche E-Mail-Korrespondenz nicht vollständig zu den Sachakten genommen habe und der Verlauf der Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der Anteile der EnBW von der EdF nach wie vor in weiten Teilen nicht geklärt sei, bedürfe es einer Auswertung des E-Mail-Postfachs im Hinblick auf das vor der Internationalen Handelskammer in Paris anhängige Schiedsverfahren des Landes gegen die EdF, etwaige Schadensersatzansprüche des Landes nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und ein Akteneinsichtsgesuch zweier Privatpersonen nach dem Landesumweltinformationsgesetz, das sich unter anderem auch auf die Sicherungskopien beziehe. Weiter seien die Sicherungskopien Gegenstand einer Landtagsanfrage (LT-Drucks. 15/2640) gegenüber dem Staatsministerium gewesen. Die Staatsanwaltschaft lehne eine Akteneinsicht des Landes bislang unter Hinweis auf § 406e Abs. 2 StPO ab. Auf § 88 TKG könne sich der Kläger nicht berufen, ebensowenig auf § 15 Abs. 4 LDSG. Der Zweck der Datensicherung umfasse auch die Wiederherstellung verloren gegangener Datenbestände. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner E-Mail-Nachrichten zur Vervollständigung der Sachakten halte sich damit im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung. § 15 Abs. 4 LDSG wolle nur zweckändernde Maßnahmen und eine nachfolgende Datennutzung gegenüber Bediensteten ausschließen. Der Kläger sei aber gerade kein Bediensteter im datenschutzrechtlichen Sinne gewesen. Die beabsichtigte Datenverwendung sei gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG gerechtfertigt. Es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentationspflichten nicht nachgekommen sei. Zudem sei § 23 Abs. 3 LDSG zu beachten. Archivwürdige Daten unterlägen nicht der Löschungspflicht des § 23 LDSG.
15 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 27.05.2013 den Beklagten verpflichtet, die Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers ...PST_20101116, ...PST_20101117 und ... ...PST_20101117_DUMPSTER sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind, und im Übrigen die Klage abgewiesen (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - NVwZ-RR 2013, 428). Der Kläger habe nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG einen Anspruch auf Löschung dieser Dateien, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden seien. Es handele sich um personenbezogene Daten i.S.v. § 3 Abs. 1 LDSG. Denn die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers beträfen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich seine Kommunikation mit Dritten. Für das Staatsministerium als speichernde Stelle sei die Kenntnis der Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert worden seien und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen sei (§ 15 Abs. 4 LDSG). Es könne offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG im Hinblick auf die Dokumentationspflichten des Klägers, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt sei, denn diese Bestimmungen würden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. Diese Norm sei anwendbar. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“, aus dem der Beklagte die Unanwendbarkeit der Norm herleite, beziehe sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibe von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Die E-Mail-Postfach-Daten seien zu dem Zweck kopiert worden, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers stellten - in der im Herbst 2010 kopierten Form - daher personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert worden seien. Folglich scheide eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus. Zwar solle bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören. Dies könne aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen sei, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt worden sei. Darum gehe es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten gekommen sei noch der Beklagte die Daten weiter benötige, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Es sei auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung sei insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke, also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage, zulässig. Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setze voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert würden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgingen. Daran fehle es hier. Mit der Kopie seien keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt worden; vielmehr habe sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten erschöpft.
16 
Auf § 88 TKG könne sich der Kläger allerdings nicht berufen. Die Norm wolle allein das Fernmeldegeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG schützen, dessen Schutzbereich nicht betroffen sei. Es handele sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet habe. Zudem sei der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG.
17 
§ 36 Abs. 1 LDSG sei auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten gewesen sei. Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bilde die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt hätten, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten beziehe. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebühre der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gelte jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststehe oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1, 2 i.V.m. § 2 Abs. 3 UIG enthielten.
18 
Dem Löschungsanspruch stehe dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten seien. Die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv sei keine Zwecksetzung, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen könne. § 23 Abs. 3 LDSG befasse sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindere weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen.
19 
Das Archivrecht modifiziere allerdings den Umfang des klägerischen Anspruchs dahin, dass die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen seien, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden seien. Es handele sich bei den Daten nicht um „Archivgut eines Privaten“, das gemäß § 2 Abs. 3 LArchG nur mit Einvernehmen des Klägers dem Landesarchiv überantwortet werden könne. Die Vorschrift erfasse nur Daten „aus privater Hand“, nicht hingegen Daten wie die streitgegenständlichen, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten. Vor einer Löschung seien die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7, 8 LArchG zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirkten, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindere. Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht sei in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ - den auch das Bundesrecht kenne - auszugehen. Das Archivrecht enthalte eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz. Das genannte Vorrangverhältnis ergebe sich aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Denn vor einer Löschung seien Daten nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsehe - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7, 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergäben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden sei. Es scheide aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Vor der Übernahme in das Archiv könnten Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden, wie etwa eine (Teil-)Anonymisierung. Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht seien in § 4 und § 6 LArchG und in der Landesarchivbenutzungsordnung vorgesehen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestünden nicht. Das Landesarchiv Baden-Württemberg habe bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG schütze insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart würden. Träger des Grundrechts seien auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Der Kläger sei insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angehe. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsehe, könne er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Weiter komme dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute.
20 
Gegen das ihm am 31.05.2013 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte am 28.06.2013 (Posteingang) die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, mit der er die vollumfängliche Klageabweisung erstrebt, und am 29.07.2013 die Berufungsbegründung eingereicht. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 LDSG. Die Speicherung der Daten sei zulässig. Die Speicherung der Daten und deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Für den Begriff "Aufgaben der verantwortlichen Stelle" im Sinne des § 15 LDSG sei nicht auf diejenige Organisationseinheit einer Behörde abzustellen, die die Daten tatsächlich speichere, wie z.B. die IT-Abteilung oder das Rechenzentrum, sondern auf die Behörde oder juristische Person, der diese Abteilung angehöre. Für die Frage, ob die streitgegenständlichen Dateien für die Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle noch erforderlich seien, komme es mithin auf den Aufgabenbereich des Staatsministeriums insgesamt an. Davon zu unterscheiden sei der Begriff des Zwecks der Speicherung im Sinne des § 15 LDSG. Der Zweck könne enger sein als die Aufgabe, aber niemals über diese hinausgehen. Der Zweck sei regelmäßig weiter als der konkrete Anlass der Erhebung. Er erschöpfe sich nicht in der Erledigung des einzelnen Verwaltungsverfahrens. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner Dokumente zur Vervollständigung der Sachakten erfüllten die Voraussetzungen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung.
21 
Das Verwaltungsgericht habe den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG in einer vom Gesetz nicht beabsichtigten Weise überdehnt. Die im Herbst 2010 durchgeführte Maßnahme stelle eine Datensicherung im Sinne des § 15 Abs. 4 LDSG dar. Mit dem Begriff Datenschutzkontrolle/Datensicherung/Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes sei aber keine subjektive Konkretisierung verbunden, die den Zweck auf den konkreten Anlass beschränke. Der Zweck der Maßnahme gehe in aller Regel über den konkreten Anlass hinaus. Ansatzpunkt seien stets die so genannten "Primärzwecke" in allgemeiner Form, z.B. Zwecke der Datensicherung und/oder der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage. Diese Primärzwecke sollten von der verantwortlichen Stelle vor der jeweils beabsichtigten Verarbeitung oder Nutzung festgelegt werden. Bei unterlassener ausdrücklicher Festlegung im Zeitpunkt der Maßnahme sei der objektive Zweck maßgeblich. Dieser sei dem erkennbar verfolgten Ziel zu entnehmen. Eine weitere Detaillierung in Richtung eines konkreten Anlasses, der den in § 15 Abs. 4 LDSG genannten Zwecken zuzuordnen wäre, habe der Gesetzgeber bewusst unterlassen. Finde eine Datensicherung aus Anlass vermuteter Gerätestörungen statt, so sei die Verwendung dieser Sicherung für die Wiederherstellung anderweitig verlorengegangener Daten nach § 15 Abs. 4 LDSG nicht ausgeschlossen.
22 
Die Wiedergewinnung verloren gegangener Originaldaten gehöre selbstverständlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Verwendungszwecken. Diene die Maßnahme der Sicherung bestimmter Datenbestände, so dürften diese bei Verlust über die angefertigten Sicherungskopien wiederhergestellt und zur Aufgabenerfüllung verwendet werden. Liege der Erhebung oder Speicherung keine (aufgabenspezifische) Rechtsvorschrift zu Grunde oder biete diese keinen geeigneten Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und habe auch der Betroffene keine ausdrückliche Verfügung getroffen, so seien die verfolgten Zwecke auf der Grundlage eines pragmatischen Verständnisses des Handelns der öffentlichen Stelle zu bestimmen. Es sei von einer typischen und sachgerechten Organisation der verantwortlichen Stelle auszugehen. Aufgabe des IT-Bereichs sei es, die für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlichen Daten zu sichern und die ordnungsgemäße Funktion der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums sicherzustellen. Genau dieser Aufgabe hätten die im Herbst 2010 bezüglich des klägerischen Accounts durchgeführten Maßnahmen gedient. Zum Zeitpunkt der Maßnahme habe noch keinerlei Kenntnis der Ursachen der aufgetretenen Datenverluste existiert. Ein rechtswidriger Zugriff von außen oder unbefugtes Handeln Dritter hätten im Zeitpunkt der Maßnahme von niemandem ausgeschlossen werden können. Auch deswegen greife die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil vertretene enge Festlegung auf bestimmte Verlustszenarien zu kurz. Durch das Ausscheiden des Klägers aus dem Amt des Ministerpräsidenten sei keine "Zweckerfüllung" eingetreten. Durch § 15 Abs. 4 LDSG werde nicht ausgeschlossen, dass die streitgegenständlichen Daten im Sinne ihrer engen Zweckbindung (Sicherungskopie) zur Herstellung der Originaldateien benutzt würden. Die wiederhergestellten Originaldateien dürften jedenfalls für diejenigen Zwecke verwendet werden, zu denen sie der Kläger ursprünglich angelegt habe. Daher halte sich die Aufnahme der Postfachdaten in bereits vorhandene Sachakten im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecke und der wahrgenommenen Aufgaben. Die Befugnis zur Wiedergewinnung der Originaldaten gelte unabhängig davon, auf welche Weise die Daten verloren gegangen seien. Der Zweck der Datensicherung umfasse alle Maßnahmen zum Schutz vor Datenverlusten. Hier seien die Sicherungskopien zum Schutz der Originaldateien angelegt worden. Dass die Originaldateien hier nicht versehentlich, sondern bewusst und entgegen der dem Kläger obliegenden Aktenführungspflichten nicht gesichert, sondern gelöscht worden seien, führe zu der objektiven Feststellung des Verlusts von Daten, die nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 LDSG zulässigerweise gespeichert werden dürften und aus der Sicht ordnungsgemäßen nachweisbaren staatlichen Handelns hätten gespeichert werden müssen. Lösche ein Mitarbeiter einer Behörde ganz bewusst auch solche dienstlichen Daten, die noch zu der konkreten Aufgabenwahrnehmung benötigt würden, so müsse die betroffene Behörde befugt sein, auf alle vorhandenen Sicherungskopien zurückzugreifen. Auch die Datensabotage oder missbräuchliche Nutzung durch eigene Mitarbeiter stelle einen Datenverlust dar, vor dem Maßnahmen zur Datensicherung schützen sollten.
23 
Speziell solche Daten, die im Zusammenhang mit den von dem Beklagten bereits erstinstanzlich genannten Verfahren stünden, seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums nach wie vor erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf die bereits anhängigen Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den entsprechenden Sachakten fehlten. Weder die Mitarbeiter noch die von den Mitarbeitern selbst zu dienstlichen Zwecken angelegten dienstlichen Inhalts-Dateien bedürften des vom Verwaltungsgericht angenommenen weiten Schutzes. Nach dem Sinn und Zweck der Sonderregelung in § 15 Abs. 4 LDSG solle durch die strikte Zweckbindung lediglich ausgeschlossen werden, dass die aus Bedürfnissen des Datenschutzes und der Datensicherheitzusätzlich erhobenen Datenbestände als Informationsgrundlage für andere Zwecke zur Verfügung stünden, weil dadurch der Einsatz wirksamer Datenschutz- und Sicherungsmethoden indirekt behindert würde. Mit der Wiederherstellung und dienstlichen Verwendung der zu dienstlichen Zwecken selbst angelegten oder zu diesem Zweck empfangenen Daten könne und müsse ein Mitarbeiter aber jederzeit rechnen. Durch die vom Verwaltungsgericht angenommene Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG werde zugleich das spezielle Regel-Ausnahmeprinzip des § 15 LDSG in einer vom Gesetz nicht beabsichtigten Weise verengt. Behörden und Unternehmen wären in einer Vielzahl von Fällen zur Aufgabe ihrer an sich höherrangigen und berechtigten Interessen gezwungen und letztlich dem Belieben ihrer unbefugt handelnden Mitarbeiter ausgesetzt, wenn und soweit diese (bewusst) dienstliche Dokumente vernichteten.
24 
Völlig unberücksichtigt habe das Verwaltungsgericht gelassen, dass Sinn und Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht sei, denjenigen zu schützen, der selbst in rechtswidriger Weise den Zwecken der Datensicherung zuwidergehandelt habe. Dem Kläger habe während seiner Amtszeit als Ministerpräsident auch im Hinblick auf die in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG genannten Belange die Pflicht oblegen, solche Daten zu sichern, die in die Sachakten des Staatsministeriums gehörten. Diese Sicherung sei unterblieben. Aufgrund der von dem Beklagten vorgelegten E-Mail-Schreiben des Klägers stehe fest, dass dieser z.B. im Zusammenhang mit dem Erwerb der EnBW-Anteile E-Mail-Schreiben erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Die gesamte Anbahnung des Erwerbs der EnBW-Anteile sei unter Ausschluss der zuständigen Ministerien und ihrer Ministerialebenen allein über das damalige Ministerpräsidentenbüro des Klägers vorbereitet und abgeschlossen worden. Die dem Erwerb zu Grunde liegenden Überlegungen und Informationen seien zwischen den beteiligten Parteien ganz überwiegend in digitaler Form ausgetauscht worden. Akten im klassischen Sinn seien zu diesem Vorgang nicht vorhanden. Auch die Akten zum Polizeieinsatz vom 30.09.2009 enthielten keine E-Mail-Nachrichten des Klägers, obwohl die Bevollmächtigten des Klägers gegenüber dem Verwaltungsgericht im Erörterungstermin vom 29.04.2013 erklärt hätten, dass die Staatsanwaltschaft den streitgegenständlichen Sicherungskopien zu diesem Thema insgesamt zwei bis drei Leitzordner E-Mails entnommen und beschlagnahmt habe.
25 
Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus der Amtszeit des Klägers bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Verwaltungs- und Regierungshandeln allgemein und in anderen Fällen betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Der Kläger behaupte gerade nicht, dass es sich bei den gespeicherten Postfach-Daten ausschließlich um den rein privaten Bereich betreffende E-Mails handele. Vielmehr habe er erstinstanzlich geltend gemacht, er habe während seiner Amtszeit als Ministerpräsident keinerlei Dokumentations- und Aktenführungspflicht unterlegen, und bringe nun vor, er habe alle maßgeblichen Unterlagen zu den Sachakten genommen. Der Kläger habe Dokumentations- und Aktenführungspflichten unterlegen. Die Vollständigkeit staatlicher Akten bilde die Grundlage rechtmäßigen staatlichen Handelns und sei Voraussetzung für jede Rechtskontrolle im Sinne von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Das Parlament habe Anteil an der Staatsleitung durch die ihm zustehenden Mitentscheidungskompetenzen und der ihm zugewiesenen parlamentarischen Kontrolle, deren Ziel es sei, das Handeln der Regierung transparent und verantwortlich zu machen. Die dem Staatsministerium durch Übersenden seitens des Untersuchungsausschusses bekannte, dem Gericht vorgelegte E-Mail-Korrespondenz des Klägers betreffe keinen der Kontrolle des Parlaments entzogenen Vorbehaltsbereich der Regierung. Es handle sich um den Gedankenaustausch eines Ministerpräsidenten mit einem außerhalb des Kabinetts stehenden Dritten im Zusammenhang mit einer beabsichtigten wirtschaftlichen Betätigung des Landes. Dem parlamentarischen Informationsrecht entspreche eine grundsätzliche Informationspflicht der Landesregierung. Die Informations- und Akteneinsichtsrechte - in Form von Rechtsansprüchen nach § 29 Abs. 1 LVwVfG, Art. 35 LV i.V.m. § 14 UAG, § 61 LTGO und im Ermessenswege nach allgemeinen Grundsätzen - setzten eine Pflicht zur Führung vollständiger und wahrheitsgetreuer Akten voraus. Die Aktenführungspflicht ergebe sich auch ohne ausdrücklichen Ausspruch in einem Gesetz oder einem Organisationsstatut aus der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht der Behörden und Verfassungsorgane zur objektiven Dokumentation des bisherigen wesentlichen sachbezogenen Geschehensablaufs und der möglichen Erkenntnisquellen für das zukünftige Handeln. Selbstverständlich sei das Staatsministerium verpflichtet, Daten, die den rein familiären Bereich beträfen, zu löschen. Eine diesbezügliche Trennung der Postfachdaten sei über die Absender- bzw. Empfängerdaten technisch möglich. Die Einsichtnahme in die Absender- bzw. Empfängerdaten sei dem Kläger auch zumutbar und keine Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Durch das Löschen der allein elektronisch gespeicherten dienstlichen Daten habe der Kläger die Aufgabenwahrnehmung des Beklagten in einigen Bereichen nahezu unmöglich gemacht. Dies lasse seine Schutzbedürftigkeit insgesamt entfallen.
26 
Der Beklagte beantragt,
27 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
28 
Der Kläger beantragt,
29 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
30 
Die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe Originaldateien entgegen der ihm obliegenden Aktenführungspflichten gelöscht, sei haltlos. Der Vortrag des Beklagten erfolge ohne ansatzweise substantiierte Darlegung. Auf der grundlosen Unterstellung, der Kläger habe gegen seine Aktenführungspflicht verstoßen, beruhe die Argumentation des Beklagten, dass es sich bei den streitgegenständlichen Daten um solche handele, die nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 LDSG zur Erfüllung der Aufgaben des Beklagten erforderlich seien, und dass der Beklagte befugt sein müsse, auf noch vorhandene Sicherungskopien zurückzugreifen. Es sei eine falsche Behauptung, dass im Staatsministerium wenige Schriftstücke aus der Amtszeit des Klägers vorhanden seien. Regierungshandeln unterliege nicht der Anordnung Schriftgut und nach dieser Verwaltungsvorschrift seien nur solche E-Mails zu den Akten zu nehmen, die "Entscheidungen" enthielten, es sei denn der Bearbeiter ordne ihre Aufbewahrung an. Eine elektronische Archivierung von E-Mails sei im Staatsministerium nicht erfolgt. Die Löschung von E-Mails sei Aufgabe des jeweiligen Adressaten gewesen. Zudem gebe es einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der einen nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließe, zu dem auch die Willensbildung der Regierung selbst zähle. Danach seien ausgetauschte Meinungen und Werturteile auch in öffentlichen Angelegenheiten nicht in Akten zu dokumentieren.
31 
Ob Daten zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG noch erforderlich seien, richte sich ausschließlich nach der Zweckbestimmung, die der Speicherung der Daten zu Grunde gelegen habe. Nicht mehr erforderlich seien die Daten, wenn die Aufgabe, zu deren Erfüllung sie gespeichert worden seien, endgültig entfallen sei. Dies werde aus der Systematik des § 15 Abs. 1 LDSG deutlich, indem dort zum Erforderlichkeitsgrundsatz (Nr. 1) kumulativ der Grundsatz der Zweckbindung (Nr. 2) hinzutrete. Daten seien daher zur Aufgabenerfüllung nur solange erforderlich, wie die konkrete Aufgabe aktuell sei. Es gehe vorliegend daher nicht darum, ob der Zweck, zu dem die streitgegenständlichen Daten gespeichert worden seien, über den konkreten Anlass - hier eine technische Störung des E-Mail-Accounts des Klägers im Oktober 2010 - hinausgehe. Bei der Frage, ob die Aufgabe entfallen sei, sei die mit dem Ausscheiden des Klägers aus dem Amt des Ministerpräsidenten verbundene Zeitkomponente maßgeblich, die vom Beklagten außer Acht gelassen werde. Mit diesem Ausscheiden seien die die weitere Speicherung rechtfertigenden Aufgaben entfallen. Die streitgegenständlichen Daten seien nicht zum Zweck der Datensicherung im Sinne der Sicherung ihrer fortwährenden Verfügbarkeit im EDV-System des Beklagten gespeichert worden. Eine Wiedergewinnung von Daten, die in Sicherungskopien gespeichert seien, nach § 15 Abs. 4 LDSG sei nur in den Grenzen der konkreten Aufgabe, zu deren Erfüllung die Speicherung erfolgt sei, zulässig. Vorliegend gehe es nicht um einen Datenverlust durch einen Systemfehler, dessen nachteiligen Folgen auf den ordnungsgemäßen Betrieb der Datenverarbeitungsanlage durch die streitgegenständlichen Sicherungskopien habe entgegengesteuert werden sollen, sondern der Kläger habe als Betroffener bewusst entschieden, diese Daten zu löschen. Die Daten sollten nach dem Anliegen des Beklagten nicht für den intendierten Sicherungszweck (Verlust durch Systemfehler), sondern zu anderen Zwecken, insbesondere der vermeintlich angezeigten Überprüfung der Vollständigkeit von Akten (§ 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG), angeblicher erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl (§ 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG) oder gar der Aufdeckung vermuteter Rechtsverstöße (§ 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG) herangezogen werden. Dies sei jedoch datenschutzrechtlich unzulässig. Die Annahme des Beklagten, die strikte Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG erfasse ausschließlich "zusätzlich" erhobene Datenbestände, verkenne, dass die strikte Zweckbindung ungeachtet des Inhalts der Sicherungskopie hier die streitgegenständlichen Daten erfasse. Der „unclean hands“-Einwand des Beklagten sei für den datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch aus § 23 Abs. 1 LDSG irrelevant. Andernfalls würde die durch § 15 Abs. 4 LDSG bewirkte strikte Zweckbindung ausgehöhlt. Eine Reduzierung des datenschutzrechtlichen Schutzniveaus ergebe sich hier weder daraus, dass die private IT-Nutzung nicht ausdrücklich gestattet worden sei, noch aus dem Umstand, dass der Kläger die Funktion des Ministerpräsidenten innegehabt habe. Die von dem Beklagten angeführten parlamentarischen Kontrollbefugnisse seien nicht dazu geeignet, den datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und die strikte Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG einzuschränken.
32 
Auf die ihm am 01.08.2013 zugestellte Berufungsbegründung hin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 30.08.2013, der am selben Tag beim Verwaltungsgerichtshof einging, Anschlussberufung eingelegt, mit der er seinen erstinstanzlichen Hauptantrag auf uneingeschränkte Löschung der streitgegenständlichen Dateien weiterverfolgt. Zur Begründung führt er aus, die streitgegenständlichen Daten seien als privat einzustufen und allenfalls nach § 2 Abs. 3 LArchG mit dem Einvernehmen des Klägers dem Landesarchiv anzubieten. Mit § 2 Abs. 3 LArchG seien keine Eingriffsbefugnisse verbunden. Auch unter der Annahme, dass kein Fall des § 2 Abs. 3 LArchG vorliege, komme man nicht zu einem Anbieten. Der Kläger in seiner Funktion als Ministerpräsident sei als Verfassungsorgan mit eigenen Organrechten zu betrachten gewesen. Der Kläger selbst sei also Stelle im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG. Die Übergabe durch die Stelle beziehe sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG ausschließlich auf Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötige. Potentielles Archivgut könnten also nur solche Unterlagen sein, die bei der Stelle im Vorfeld der Anbietung der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben dieser Stelle gedient hätten. Dies sei jedoch hier nicht der Fall. Die Daten hätten nicht der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten gedient, denn sie seien ausschließlich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden. Es bestehe also eine Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut dem Landesarchiv anzubieten seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts führe dazu, dass auch Daten, von denen bereits im Vorfeld der Anbietung an das Landesarchiv bekannt sei, dass sie wegen eines Fortfalls des Zwecks im Sinne des § 15 Abs. 4 LDSG nach § 23 Abs. 1 LDSG zu löschen seien, dem Landesarchiv zum Zwecke der Archivierung anzubieten seien. Aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei jedoch ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber danach differenziere, ob ein Löschungsanspruch vor oder nach der Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv erhoben werde. Zwar seien von den Stellen personenbezogene Daten infolge des § 23 Abs. 3 LDSG selbst dann vor der Löschung dem Landesarchiv anzubieten, wenn diese unzulässig gespeichert worden seien. Der die öffentlich-rechtliche Löschungspflicht der öffentlichen Hand widerspiegelnde subjektive Löschungsanspruch des Betroffenen gehe jedoch weiter und sei erst dann ausgeschlossen, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die (weitere) Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. Zudem folge aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, dass unzulässig gespeicherte Daten nicht der archivrechtlichen Anbietungspflicht des § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG unterlägen. Aus § 23 Abs. 3 LDSG im Zusammenspiel mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG lasse sich kein gesetzlicher Rahmen entnehmen, der dem an einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung anzulegenden Bestimmtheitsgrad genüge. Zudem müssten nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts alle in der Landesverwaltung eingehenden und versandten E-Mails vor ihrer Löschung dem Archiv angeboten werden; diese Kontrollüberlegung zeige, dass die Argumentation des Verwaltungsgerichts unzutreffend sei.
33 
Mit der Anschlussberufung beantragt der Kläger,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - teilweise zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, die Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers ... ...PST_20101116, ...PST_20101117 und ... ...PST_20101117_DUMPSTER sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen.
35 
Der Beklagte beantragt,
36 
die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
37 
Das Archivrecht gewährleiste mit den Anbietungs- und Übergabepflichten einerseits und den Sperrfristen andererseits einen angemessenen Ausgleich zwischen den divergierenden Geheimhaltungs- und Publizitätsinteressen der Beteiligten. Die streitgegenständlichen Dateien seien nicht als privat einzustufen. Jedenfalls in den Fällen, in denen der Kläger - wie hier - über seinen Dienstrechner und das ihm als Ministerpräsidenten zugewiesene dienstliche Mailkonto kommuniziert habe, seien die entstandenen Postfachdaten als amtlich einzuordnen. Alle Korrespondenz eines Regierungschefs mit Ausnahme familiärer Schreiben sei von der öffentlichen Amtsfunktion überlagert. Die streitgegenständlichen Sicherungskopien hätten der Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums insgesamt und der Aufgabenerfüllung des Klägers als damaligem Ministerpräsidenten gedient. Gemäß §§ 2, 3 LArchG sei es Aufgabe des Landesarchivs, die ihm angebotenen Unterlagen zu bewerten und die jeweils archivwürdigen Unterlagen auszuwählen. Ob diese in digitaler oder Papierform vorlägen, sei unerheblich. Nach der gesetzgeberischen Intention zu § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG seien Löschungsansprüche nach Landesdatenschutzrecht bei Archivgut ausgeschlossen. Dem eindeutigen Wortlaut nach seien gemäß § 23 Abs. 3 LDSG auch unzulässig gespeicherte Unterlagen anzubieten.
38 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten (2 Heftungen) vor.

Entscheidungsgründe

 
39 
Sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, aber unbegründet.
40 
I. Berufung des Beklagten
41 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Einreichung beim VGH, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 VwGO).
42 
2. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn der Kläger hat einen - durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv modifizierten (s. dazu unter II.) - Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (a). Einem solchen Löschungsanspruch stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (b) entgegen.
43 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
44 
aa) Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten, und sind daher - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat und die Beteiligten auch nicht in Frage stellen - personenbezogene Daten.
45 
bb) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
46 
cc) Die streitgegenständlichen Dateien sind für das Staatsministerium nicht mehr i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG zur Aufgabenerfüllung erforderlich.
47 
(1) Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist. Diese Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung folgt aus Wortlaut, Willen des Gesetzgebers, Sinn und Zweck der Vorschrift sowie den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Danach besteht zwischen dem Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG und der Regelung über Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten nach § 15 LDSG ein unmittelbarer Zusammenhang.
48 
Der Wortlaut von § 15 LDSG und § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG spricht zunächst nicht für diesen unmittelbaren Zusammenhang. Denn § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG macht den Löschungsanspruch davon abhängig, dass die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist, während nach 15 Abs. 1 LDSG die Zulässigkeit der Speicherung nicht nur die Erforderlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle voraussetzt, sondern auch dass die Speicherung für die Zwecke, für die die Daten erhoben worden sind, erfolgt. Den Gesichtspunkt der Zweckbindung spricht der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hingegen gar nicht an.
49 
Dem entspricht es, wenn in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu den insoweit gleich lautenden Normen der § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG, § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X die Erforderlichkeit verneint wird, wenn die Daten keine praktische Bedeutung mehr haben und deshalb ausgeschlossen werden könne, dass sie die Arbeit der zuständigen Behörde noch fördern könnten (vgl. Mallmann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 20 Rn. 42; Mester, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 20 Rn. 18; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 11; Brink, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 35 Rn. 39; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 84 Rn. 7; ähnlich Wedde, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, Kap. 4.4. Rn. 64, und ders., in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 20 Rn. 12, auf die „Aufgabe“ abstellend, zu deren Erfüllung die Daten gespeichert wurden; unklar Worms, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 20 BDSG Rn. 39; ähnlich auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164.92 - juris Rn. 3 m.w.N., zur Speicherung von Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach dem bad.-württ. Polizeigesetz; Beschl. v. 18.03.1994 - 11 B 76.93 - NJW 1994, 2499, zum Eintrag in der Führerscheinkartei). Nach dieser Auffassung dürfte die Erforderlichkeit noch gegeben sein - und bestünde folglich kein Löschungsanspruch des Betroffenen -, wenn der Zweck, zu dem die Daten gespeichert worden sind, inzwischen zwar erfüllt ist, die Daten jedoch allgemein für die Aufgaben der Behörde, mithin für andere Zwecke, als sie der Speicherung zugrunde lagen, noch von Bedeutung sein könnten.
50 
Gegen eine solche Auslegung der Norm spricht jedoch die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BDSG, denen auch im Wortlaut § 23 Abs. 1 Nr. 2 und § 15 Abs. 1 LDSG nachgebildet sind. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977 (Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 27.01.1977, BGBl. I, 201) bestimmte in § 9 Abs. 1:
51 
"Das Speichern oder Verändern personenbezogener Daten ist zulässig, wenn es zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.“
52 
Zur Sperrung und Löschung von Daten bestimmte § 14 BDSG 1977 unter anderem:
53 
„(2) Personenbezogene Daten sind zu sperren, wenn ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt. Sie sind ferner zu sperren, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist…
54 
(3) Personenbezogene Daten können gelöscht werden, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Sie sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder wenn es in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 der Betroffene verlangt.“
55 
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz 1977 war mithin sowohl für die Zulässigkeit von Datenspeicherung und -veränderung nach § 9 Abs. 1 als auch für den Löschungsanspruch nach § 14 Abs. 3 Satz 2 maßgebliches Kriterium die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle. Das Tatbestandsmerkmal der Zweckbindung bestand nicht.
56 
Der heutige Wortlaut von § 20 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 BDSG geht zurück auf die Novelle von 1990 (Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20.12.1990, BGBl. I, 2954). Mit diesem Gesetz reagierte der Gesetzgeber auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Es sei nötig geworden, aufgrund des Volkszählungsurteils dem Grundsatz der Zweckbindung durchgehend Geltung zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 36). Wesentlicher Inhalt der Neufassung sei:
57 
„a) Verstärkung der Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, enumerative Aufzählung der Ausnahmen,
58 
b) Verstärkung der Rechte des Betroffenen sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, insbesondere durch

- Löschungsrechte
…“
59 
(vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 37)
60 
Die Entstehungsgeschichte spricht mithin gerade nicht dafür, den Umfang der Zweckbindung bei der Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung einerseits und den Löschungsanspruch andererseits unterschiedlich zu bestimmen. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt nicht, dass ein Löschungsanspruch erst bestehen soll, wenn unabhängig von der Zweckbindung die Nutzung der gespeicherten Daten ganz allgemein für die Aufgabenerfüllung der Behörde nicht mehr erforderlich ist. Vielmehr wollte der Gesetzgeber im Gegenteil die Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten verstärken, ebenso die subjektiven Rechte des Betroffenen. Die Entstehungsgeschichte spricht mithin dafür, einen Zusammenhang zwischen Löschungsanspruch und Zweckbindungsgrundsatz zu bejahen.
61 
Zweck des Löschungsanspruchs nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG ist, die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Zweckbindung der erhobenen Daten durchzusetzen. Dies folgt nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist - wenn nicht der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LDSG) - nur zulässig, wenn das Landesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LDSG). Dies folgt notwendig daraus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist und ein solcher Eingriff einer bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Für den Bereich der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ist § 15 LDSG die gesetzliche Grundlage, die den Umfang der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 4 Abs. 1 LDSG regelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 15 LDSG nicht mehr zulässig, liegt ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, so dass - da das Grundrecht ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gibt - ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG gegeben sein muss. Wenn jedoch die Verarbeitung personenbezogener Daten weiterhin auf § 15 LDSG gestützt werden kann, ist eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff vorhanden; ein Löschungsanspruch besteht dann nicht. Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach § 15 LDSG korrespondieren mithin.
62 
(2) Nach diesem Maßstab ist die Kenntnis der streitgegenständlichen Daten im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich. Denn die Kenntnis ist nicht notwendig zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor; diese sind nicht anwendbar (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106, 115; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56; Dehoust, in: Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, SächsDSG, 2011, § 13 Rn. 37).
63 
(a) Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält, wie bereits der Wortlaut zeigt, ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Es besteht eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, a.a.O., 31 Rn. 1; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 22; Bieresborn, a.a.O., § 67c Rn. 13; Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB I, V, X, 2012, § 67c SGB X Rn. 13; Steinmeyer, in: Wannagat/Eichenhofer, SGB, § 67c SGB X Rn. 14 <83. Lfg.>). Durch den strikten Zweckbindungsgrundsatz soll verhindert werden, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden (vgl. Heckmann, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 14 Rn. 108; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, „…dass Daten, die nur den genannten Zwecken dienen, keiner anderen Verwendung zugeführt werden“ (so zur Parallelnorm des § 14 Abs. 4 die Beschlussempfehlung des BT-Innenausschusses zur Datenschutznovelle 1990, vgl. BT-Drucks. 11/7235, S. 88).
64 
Das strikte Zweckbindungsgebot des § 15 Abs. 4 LDSG gilt nur dann, wenn personenbezogene Daten ausschließlich zu den im Gesetz genannten Zwecken gespeichert werden (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 111; Buchner, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27, § 31 Rn. 5). Ob eine solche ausschließliche Zwecksetzung verfolgt wird, bestimmt die Daten verarbeitende Stelle im Rahmen der Festlegung des Zweckes (vgl. Buchner, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5). Ausschlaggebend ist mithin der von der verantwortlichen Stelle festgelegte Zweck (vgl. OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 02.03.2011 - OVG 60 PV 10.10 - juris Rn. 30, zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BlnDSG i.V.m. § 31 BDSG; Beschl. v. 14.03.2013 - OVG 62 PV 13.12 - juris Rn. 45 zu § 31 BDSG; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37). Die Festlegung des Verwendungszwecks durch die verantwortliche Stelle führt zu deren Selbstbindung (vgl. Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 24; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39; je zu § 14 Abs. 1 BDSG). Die Zweckbindung haftet der Datenverarbeitung bis zur Zweckerfüllung an (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 10, zu § 14 Abs. 1 BDSG).
65 
Diese Festlegung der Zweckbindung muss im Voraus erfolgen. Wurde sie unterlassen, so ist der objektive Verwendungszweck maßgeblich, der sich nach dem erkennbar verfolgten Ziel bestimmt (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110). Die öffentliche Stelle ist jedoch nicht frei in ihrer Festlegung des Zwecks. Sie hat es nicht in der Hand, durch eine allzu weite und unverbindliche Definition die Zweckbindung leerlaufen zu lassen; die Festlegung des Zwecks muss datenschutzrechtlich zulässig sein (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113, zu § 14 Abs. 4 BDSG; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37, 22, zu § 13 Abs. 4 SächsDSG).
66 
Sollen diese Daten für einen weiteren Zweck genutzt werden, bedarf es hierfür einer eigenständigen Legitimation durch eine Rechtsvorschrift (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30) Eine nachträgliche Änderung der Zweckbindung ohne spezielle gesetzliche Grundlage hierfür ist ausgeschlossen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 31 ff.).
67 
Die Vermeidung von Datenverlusten, Datenmanipulationen und unbefugtem Datenzugang sowie die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung von Datenbeständen gehören zum Zweck der Datensicherung sowie zum Zweck der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109, zur Datensicherung; Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 59, zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 1a: klare Trennung dieser Zwecke nicht möglich). Die Wiedergewinnung des gesicherten und verloren gegangenen Datenbestsands gehört daher grundsätzlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 112, 114; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 24).
68 
Zu Unrecht bringt der Beklagte vor, mit einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 4 LDSG sei eine zu enge Zweckbindung verbunden, die unabweisbare Bedürfnisse der Allgemeinheit, insbesondere im Hinblick auf Belange der Strafrechtspflege bei der Verfolgung von Straftaten unzulässig hintanstelle. Zwar wird in der rechtwissenschaftlichen Literatur vertreten, dass strafrechtliche Zugriffsnormen, auch über § 1 Abs. 3 BDSG bzw. § 2 Abs. 5 LDSG die strikte Zweckbindung des § 14 Abs. 4 BDSG bzw. § 15 Abs. 4 LDSG nicht überwinden könnten (so Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 62; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115 ; a.A. wohl Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29). Anderes gelte nur für die Verfolgung von Datenschutzdelikten; sie bewege sich im Rahmen des § 14 Abs. 4 BDSG (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4). Dies trifft jedoch nach Auffassung des Senats - ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre - nicht zu. Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglichen soll. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können; Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, a.a.O., § 1 Rn. 110; BT-Drucks. 7/1027, S. 16). Diesen Anforderungen des § 2 Abs. 5 LDSG an besondere Rechtsvorschriften entsprechen die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren; diese sind die allgemeinen Rechtsgrundlagen für Datenerhebungen durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. Dembowski, in: Roßnagel, a.a.O., Kap. 8.1 Rn. 17 ff.). Insbesondere ist § 161 Abs. 1 StPO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die allgemeine Erhebung personenbezogener Daten im Ermittlungsverfahren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.02.2009 - 2 BvR 1732, 1745/07 - NJW 2009, 1405 <1407>; Meyer-Goßner, stopp, 56. Aufl., § 161 Rn. 2). Die strafprozessualen Beweiserhebungsnormen sind daher besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die sich über die Zwecksetzung des § 15 Abs. 4 LDSG hinwegsetzen können. Die Zulässigkeit der Erhebung und Beschlagnahme personenbezogener Daten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren trotz einer bestehenden Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG legt schließlich die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG, dass eine datenschutzrechtliche Zweckänderung für Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist, nahe.
69 
(b) Nach diesem Maßstab wäre mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien eine mit § 15 Abs. 4 LDSG unvereinbare Zweckänderung verbunden. Der ursprünglich mit der Erstellung der Sicherungskopien verbundene konkrete Zweck kann jetzt nicht mehr erreicht werden (aa). Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien (bb). Ein allgemeiner, vom ursprünglich verfolgten Zweck unabhängiger Zweck der Datensicherung könnte zudem mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht zulässig verfolgt werden; denn der Zweck, zu dem die Originaldateien gespeichert wurden, ist weggefallen (cc).
70 
(aa) Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war maßgeblicher Zweck der Datensicherungen, eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können. Damit hat der Beklagte Zwecke der Datensicherung und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage i.S.d. § 15 Abs. 4 LDSG verfolgt.
71 
Diese Zwecke - eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Art zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können - hat der Beklagte selbst im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.01.2013 an das Verwaltungsgericht als diejenigen angegeben, zu denen die streitgegenständlichen Dateien erstellt wurden. An diese ursprünglich verfolgten Zwecke ist der Beklagte aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung gebunden. Diese Zwecke können bei Wiedergewinnung der in der Sicherungskopie enthaltenen Daten nun nicht mehr erreicht werden. Die Verfolgung anderer Zwecke schließt § 15 Abs. 4 LDSG aus.
72 
Auf einen allgemeinen, über den konkreten Anlass der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien hinausgehenden allgemeinen Sicherungszweck kann sich der Beklagte hier nicht berufen. Zwar kann der datenschutzrechtlich relevante Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG über den konkreten Anlass der Speicherung hinausgehen. Einen solchen allgemeinen Sicherungszweck verfolgte der Beklagte bei der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien jedoch nicht:
73 
Die Bestimmung des maßgeblichen Zwecks einer Maßnahme nach § 15 Abs. 4 LDSG folgt im Kern denselben Grundsätzen wie die Bestimmung des Zwecks einer Datenspeicherung und -erhebung nach § 15 Abs. 1 LDSG. Maßgeblich ist dabei - wie Dammann zutreffend ausführt - der materielle Gehalt des Zweckbindungsgrundsatzes. Er resultiert daraus, dass jede Ermächtigung einer öffentlichen Stelle, personenbezogene Daten zu erheben und zu speichern, nur im Hinblick auf bestimmte Zwecke ergeht und daher auch eine Verwendung der Daten grundsätzlich nur im Rahmen dieser Zwecke legitimiert. Daher ist bei der Frage, wie der jeweilige Zweck zu fassen ist, bei der jeweiligen rechtlichen Legitimationsgrundlage für das Erheben bzw. Speichern anzuknüpfen. Maßgeblich ist entweder die gesetzliche Grundlage oder die vom Betroffenen im Sinne einer informationellen Selbstbestimmung getroffene Verfügung. Dies entspricht dem Inhalt der Aufklärungspflicht nach § 4 Abs. 3 BGSG. Liegt der Erhebung und Speicherung keine aufgabenspezifische Rechtsvorschrift zu Grunde oder bietet diese keine geeigneten Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und hat auch der Betroffene keine einschränkende Verfügung getroffen, so kommt es auf den tatsächlich verfolgten Handlungszweck an. Dieser kann und wird häufig weiter sein als der konkrete Anlass der Speicherung (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39 ff., zu § 14 Abs. 1 BDSG).
74 
An einer Festlegung eines konkreten Zwecks hinsichtlich der streitgegenständlichen Dateien durch eine Rechtsvorschrift oder eine Verfügung des Betroffenen - hier des Klägers - fehlt es. Daher kommt es auf den tatsächlich verfolgten Zweck an. Dieser bestand nicht in der Herstellung von Sicherungskopien der Outlookdateien des Klägers für jeglichen Fall des Datenverlusts. Denn längerfristige allgemeine Sicherungsspeicherungen von Outlook-Postfachinhalten wurden - abgesehen von der begrenzten Speicherung gelöschter Mails für sieben Tage auf dem Server des Staatsministeriums und für 30 Tage im Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach - im Staatsministerium nicht vorgenommen. Nach der geübten Praxis im Staatsministerium entschied allein der Nutzer des Outlook-Postfachs, welche E-Mails er ausdruckte und den Akten beifügte und welche er löschte. Eine Speicherung von Postfachinhalten für allgemeine Zwecke war auch hier nicht beabsichtigt. Die streitgegenständlichen Dateien wurden vielmehr für den beschriebenen begrenzten Zweck - Behebung von Problemen im Outlook-Kalender des Klägers - hergestellt, zu dem sie nun nicht mehr verwendet werden können.
75 
(bb) Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG gelte nur für zusätzliche, bei der Datenschutzkontrolle etc., aus technischen Gründen anfallende Dateien wie Protokolle von Datenabrufen oder personenbezogene Daten der Mitarbeiter in der IT-Abteilung. Für die Zwecke der Datenschutzkontrolle und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage wird dies in der Literatur in der Tat angenommen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 110). Für im Rahmen der Datensicherung hergestellte Kopien kann dies jedenfalls nicht gelten (so wohl auch Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109). Eine Einschränkung des Schutzzwecks des § 15 Abs. 4 LDSG lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Für Datenkopien ist der Schutzzweck auch einschlägig. Denn es entspricht gerade dem Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG, dass zusätzlich angelegte Datenbestände nicht als allgemeine Informationsgrundlage dienen sollen. Hierunter fallen gerade nach Jahren immer noch vorhandene, vom ursprünglichen Speicherzweck losgelöste Kopien von Dateien
76 
(cc) Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass aus nach § 15 Abs. 4 LDSG hergestellten Sicherungskopien bei jeglichem Datenverlust die Originaldateien wiederhergestellt werden dürften, wäre eine solche Wiederherstellung hier unzulässig. Denn eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann (Zweckerreichung). Das folgt aus dem strengen Zweckbindungsgrundsatz des § 15 Abs. 4 LDSG. Dieser soll verhindern, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden. Damit wäre es unvereinbar, wenn gemäß § 15 Abs. 4 LDSG erstellte Sicherungskopien von der speichernden Stelle noch genutzt werden dürften, obwohl der Speicherungszweck der Originaldateien bereits entfallen ist. So liegt der Fall hier:
77 
Bei der Bestimmung des Zwecks der ursprünglichen Datenspeicherung nach § 15 Abs. 1 LDSG ist, wie dargelegt, auf die rechtliche Legitimationsgrundlage für die Datenspeicherung abzustellen. Eine Rechtsvorschrift, die die Speicherung von E-Mails von Landesbediensteten datenschutzrechtlich gestattet, existiert nicht. Eine gesonderte Regelung des E-Mail-Verkehrs im Staatsministerium erfolgte nicht, eine datenschutzrechtlich relevante Selbstverpflichtung des Klägers zum E-Mail-Verkehr fehlt daher. Da die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zugeordnet waren und der Nutzer des Postfachs selbst über die Verwendung der Postfachinhalte entscheiden durfte, diente die Speicherung von Postfachinhalten den persönlichen Belangen des Postfachinhabers. Dieser Zweck besteht, nachdem der Kläger seinen E-Mail-Account im Staatsministerium nicht mehr nutzt, nicht mehr. Andere datenschutzrechtlich i.S.v. § 15 Abs. 1 LDSG relevante Zwecke bestanden nicht. Selbst die Anlegung von Protokolldateien über die Internetnutzung diente nach den Sicherheitshinweisen im Antragsformular des Klägers auf Internetzugang vom 11.02.2010 Zwecken der Sicherheit der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums vor unerlaubten Zugriffen oder Angriffen von außen, nicht Datensicherungszwecken im allgemeinen. Der ursprünglich verfolgte Zweck der Speicherung der Originaldateien kann nicht mehr erreicht werden, diese dürfen daher nicht aus der Sicherungskopie wiederhergestellt werden.
78 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beklagten, nach der AnO Schriftgut und allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie folgenden Grundsätzen seien E-Mails aufgrund des Grundsatzes der Aktenvollständigkeit zu den Akten zu nehmen. Dass aus diesen Gründen E-Mails gespeichert werden, ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Grundlage noch aus einer datenschutzrechtlichen Einwilligung des Klägers. Ein datenschutzrechtlich relevanter Speicherzweck im Sinne des § 15 Abs. 1 LDSG liegt insoweit nicht vor.
79 
dd) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zum Löschungsanspruch des Klägers dargelegt, dass dieser sich nicht zusätzlich auf § 88 TKG berufen kann, dass § 36 LDSG keine Anwendung findet und dass § 23 Abs. 3 LDSG dem Grunde nach dem Löschungsanspruch nicht entgegensteht. Auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die die Beteiligten im Berufungsverfahren nicht angreifen, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
80 
b) Dem Löschungsanspruch des Klägers nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs (aa) noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (bb) entgegen.
81 
aa)Dem datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG kann im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Betroffene seinerseits offenkundig und schwerwiegend gegen eine gegenüber der die Daten speichernden Stelle bestehenden Pflicht oder Obliegenheit verstoßen hat, die im sachlichen Zusammenhang mit den zu löschenden Daten steht (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).
82 
(1) Beim Rechtsmissbrauch handelt es sich um einen besonderen Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben. Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den allgemeinen ungeschriebenen Grundsätzen, die sowohl im Verwaltungsrecht des Bundes als auch im Verwaltungsrecht der Länder existieren und Bürger und Verwaltung binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - BVerwGE 101, 58, juris Rn. 17; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <71>; Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 24.96 - BVerwGE 102, 194 <199>; Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24.02 - BVerwGE 118, 84 <89>; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 62 Rn. 29; Pitschas, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voß-kuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Bd. II., § 42 Rn. 94). Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann daher auch subjektiv-öffentlichen Ansprüchen des Bürgers gegen die öffentliche Hand entgegenstehen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 10, m.w.N.; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - a.a.O.; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162, juris Rn. 31, m.w.N.). Auch verfassungsrechtlich sind missbräuchlich erworbene Rechtspositionen des Bürgers nicht notwendig geschützt (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.05.2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24, juris Rn. 51, zur Rücknahme der erschlichenen Einbürgerung nach § 48 VwVfG; ebenso BVerwG, Urt. v. 03.06.2003 - 1 C 19.02 - BVerwGE 118, 216 <220>; ähnlich zur missbräuchlichen Berufung auf Grundfreiheiten: EuGH, Urt. v. 09.03.1999 - C-212/97 [Centros] - juris Rn. 24 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers schließen Grundrechte des Betroffenen daher nicht von vornherein aus, dass sich die öffentliche Hand ihm gegenüber auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen kann.
83 
Ein Fall der nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung ist die Verletzung eigener Pflichten (vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 46, m.w.N.). Dabei bedarf es eines Zusammenhangs zwischen dem beanspruchten und dem selbst geübten Verhalten, damit der geltend gemachte Rechtsanspruch angesichts des eigenen Verhaltens rechtsmissbräuchlich erscheint (vgl. Roth/Schubert, in: MK-BGB, 6. Aufl., § 242 Rn. 389).
84 
Der Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben steht hier, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 LDSG Fälle der zulässigen Zweckänderung geregelt und insbesondere in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG Belange des Allgemeinwohls bereits berücksichtigt hat. Eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass im Einzelfall ein Rückgriff auf die Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen ist, ist damit nicht verbunden (für eine Ausnahme von der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG oder vergleichbarer Normen in Sonderfällen auch: Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29, 35: Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115). Der Einwand, das Verfolgen eines Anspruchs verstoße gegen Treu und Glauben, kann als allgemeines, in der Rechtsordnung anerkanntes Prinzip Geltung im Verhältnis auch zu Verfassungsrechtsätzen wie der Bindung an Recht und Gesetz und dem Gesetzesvorbehalt beanspruchen. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs hat nämlich selbst eine Grundlage in der materialen Rechtsstaatlichkeit (vgl. Pitschas, a.a.O., m.w.N.). Die Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG wird folglich nicht dadurch infrage gestellt, dass der Bürger öffentlich-rechtliche Ansprüche mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht geltend machen kann (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, a.a.O.).
85 
Die Grundsätze von Treu und Glauben können in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht dazu führen, dass jeder Verstoß eines Betroffenen, der dem Grunde nach einen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat, gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten dem Löschungsanspruch hindernd entgegengehalten werden kann. Voraussetzung ist vielmehr ein offenkundiger und schwerwiegender Verstoß gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten (ähnlich in anderen Zusammenhängen: BVerwG, Urt. v. 08.02.1974 - VII C 35.73 - DÖV 1975, 137, juris Rn. 16 m.w.N.; Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE133, 85, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R - juris Rn. 37; BayVGH, Urt. v. 25.02.1977 - 6 X 77 - juris Rn. 26). Andernfalls könnte die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben dazu führen, dass eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Nutzung personenbezogener Daten zulässig würde. Dies wäre mit der Bedeutung des Gesetzesvorbehalts, der im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten wurzelt, unvereinbar. Der Gesetzesvorbehalt hat eine elementare freiheitssichernde Funktion. Indem er für jeden staatlichen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheit eine gesetzliche Grundlage fordert, gewährleistet er, dass die Freiheitseinschränkung auf den Willen des Souveräns zurückzuführen ist und der betroffene Bürger vorab erkennen kann, welche Freiheitseinschränkungen er zu erwarten hat. Im Datenschutzrecht kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Der Ausgleich zwischen den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Gesetzesvorbehalt, die im Ansatz gleichrangig nebeneinander stehen, ist daher in dem Sinne vorzunehmen, dass nur schwerwiegende und offensichtliche Verstöße gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten des Betroffenen dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG mit Erfolg entgegengehalten werden können.
86 
(2) Die Voraussetzungen eines offenkundigen und schwerwiegenden Verstoßes gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten liegen hier nicht vor. Zwar hat der Kläger möglicherweise gegen seine Pflicht zur Führung vollständiger Akten verstoßen (a). Ein solcher Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz der Aktenvollständigkeit stünde in dem für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung notwendigen Zusammenhang zum Löschungsanspruch. Denn beide Aspekte betreffen denselben Gegenstand (dieselben Dateien) und stehen auch inhaltlich in einem Zusammenhang, da es jeweils auch um die Frage geht, welche Dateien für die Aufgaben der Beklagten erforderlich sind. Ein solcher Verstoß wäre jedoch nicht offensichtlich und schwerwiegend (b).
87 
(a) Auch für Regierungshandeln besteht im Grundsatz eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten, die jedoch durch den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung begrenzt ist:
88 
(aa) Eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung zur Führung vollständiger Akten in Behörden einschließlich Ministerien fehlt. Die im Staatsministerium geltende AnO Schriftgut vom 22.12.2005 ist lediglich ein Erlass. Aus ihr lässt sich eine Pflicht, Dokumente zur Akte zu nehmen und eine vollständige Akte zu führen, nur mittelbar entnehmen: Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen (Nr. 1.2). Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen (Nr. 2). Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert (Nr. 3.1). Eine klare Bestimmung zur Führung vollständiger Akten fehlt jedoch in der AnO Schriftgut.
89 
Für E-Mails enthält die AnO Schriftgut keine ausdrückliche Regelung. Nach der Praxis im Staatsministerium entschied jeder Nutzer des Postfachs selbst, welche E-Mails er ausdruckt und den Akten beigefügt oder löscht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der in der von dem Beklagten vorgelegten Akte vorhandene Leitfaden für die Schriftgutverwaltung im Innenministerium vom März 2010. Er enthält u.a. die Regelung - auf die sich der Kläger zu Unrecht beruft -, dass E-Mails, die keine Entscheidungen enthalten, vernichtet werden, es sei denn, der Bearbeiter ordnet die Aufbewahrung an. Dieser Leitfaden des Innenministeriums galt im Staatsministerium nicht.
90 
Eine Pflicht, die erforderlichen Unterlagen zur Akte zu nehmen und die Akte vollständig zu führen, folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, wie sie die Rechtsprechung seit langem anerkennt: Der Grundsatz der Aktenvollständigkeit ist für die vollziehende Gewalt nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche ausdrückliche Regelung ist jedoch auch nicht erforderlich. Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält. Dies macht die Führung von Akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte. Das Prinzip der Aktenvollständigkeit folgt aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1983 - 2 BVR 244, 310/83 - NJW 1983, 2135; BVerwG, Beschl. v. 16.03.1988 - 1 B 153.87 - NJW 1988, 621 <622>; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 22.12.2000 - 2 L 38/99 - juris Rn. 55 f., m.w.N.; ebenso Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 29 Rn. 16).
91 
(bb) Für Handeln von Regierungen gelten diese für Verwaltungshandeln von Behörden entwickelten Grundsätze im Ansatz ebenso. Dies folgt zum einen daraus, dass auch ein Handeln der Regierung, vor allem außerhalb von Gesetzgebungsverfahren Verwaltungstätigkeit sein kann (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 20.12.2011 - 159/10 - juris Rn. 28). Im Hinblick auf eigentliches Regierungshandeln ergibt sich das zum anderen aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Zwar besteht ein nicht ausforschbarer Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der auch der Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, Grenzen setzt. Jedoch gebietet der Gewaltenteilungsgrundsatz - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auf das Land Baden-Württemberg übertragbar ist - eine Auslegung der Verfassung dahin, dass parlamentarische Kontrolle wirksam ausgeübt werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn die dazu nötigen Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dem Parlament auch nach Abschluss der jeweiligen Vorgänge grundsätzlich verschlossen blieben. Die Entscheidungen der Regierung unterlägen dem parlamentarischen Kontrollrecht dann nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Eine solche grundsätzliche Begrenzung der parlamentarischen Kontrolle wäre mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz unvereinbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 123 ff., 141, m.w.N.). Folglich müssen insoweit auch Pflichten zur vollständigen Aktenführung bestehen, da andernfalls die parlamentarische Kontrolle leerliefe.
92 
Dies gilt jedoch nicht für den geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt.Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht.Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83 u.a. - BVerfGE 67, 100, juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 - BVerfGE 77, 1, juris Rn. 140; Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
93 
In Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden parlamentarische Informationsrechte nicht grundsätzlich immer schon dann aus, wenn es sich um Informationen aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.Auch dem nachträglichen parlamentarischen Zugriff auf Informationen aus der Phase der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen setzt der Gewaltenteilungsgrundsatz Grenzen. Bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung geheimzuhaltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen nicht verpflichtet ist. Ein - sei es auch erst nach Abschluss des jeweiligen Entscheidungsprozesses einsetzender - schrankenloser parlamentarischer Informationsanspruch würde vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die das Gewaltenteilungsprinzip ihr zuweist.
94 
Der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet allerdings gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass - wie bereits dargelegt - parlamentarische Kontrolle wirksam sein kann. Die Entscheidungen der Regierung unterliegen daher dem parlamentarischen Kontrollrecht nicht nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Weitere Hintergründe könnten sonst nach Belieben unzugänglich gehalten werden, auch solche, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung politisch nicht beurteilt und die politische Verantwortung für Fehler, die gerade das Zustandekommen dieser Entscheidungen betreffen, nicht aufgeklärt werden kann.Parlamentarische Informationsrechte in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden danach nicht grundsätzlich immer dann aus, wenn es sich um Akten aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Ob zu erwarten ist, dass die Herausgabe solcher Informationen die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen. Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, sind umso schutzwürdiger, je näher sie der gouvernamentalen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Je weiter ein parlamentarisches Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss das parlamentarische Informationsbegehren sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einer parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht. Die Frage, ob die Vorlage von Akten aus dem Bereich der Vorbereitung abgeschlossener Regierungsentscheidungen, aus denen Aufschluss über die Willensbildung der Regierung und ihrer Mitglieder gewonnen werden kann, die Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, kann demnach nicht pauschal verneint werden. Ebensowenig ist sie aber pauschal zu bejahen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 123 ff., 141, m.w.N.)
95 
Dabei geht es - zumindest vor allem - um den Schutz der Willensbildung innerhalb der Regierung als Verfassungsorgan. Das Bundesverfassungsgericht hat daher die Ermittlung einer etwaigen Einflussnahme Dritter auf Mitglieder der Bundesregierung in einem zurückliegenden Zeitraum als einen Vorgang angesehen, der den nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung nicht berührte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987, a.a.O., juris Rn. 140). Auch die Vorlage von Akten, die nicht die Beratungen der Regierung als Kollegium, sondern deren Vorbereitung innerhalb der Ressorts und zwischen den Ressorts betreffen, berührt die Eigenverantwortung der Regierung nicht. Zu prüfen ist insoweit jedoch, ob die schützenswerte Freiheit und Offenheit des der Regierungsentscheidung über den Haushaltsentwurf vorgelagerten interministeriellen Abstimmungsprozesses durch die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen aus diesem Abstimmungsprozess beeinträchtigt wird; dies könnte anzunehmen sein, wenn die dadurch ausgelöste Befürchtung eventueller späterer Publizität geeignet wäre, eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten zu hemmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., juris Rn. 65 f.). Daher kann auch Kommunikation von Regierungsmitgliedern mit externen Beratern, die der Vorbereitung von Regierungshandeln dient, schützenswert sein. Solche Überlegungen mit externen Beratern können insbesondere Fragen der politischen Opportunität betreffen. Unbeeinträchtigte Kommunikation hierüber zu ermöglichen, kann wesentlich sein, um eine Regierungsentscheidung möglichst sachgerecht und ohne die einengende Befürchtung, dass Vorüberlegungen nachträglich einer Kontrolle unterliegen, vorbereiten zu können (ebenso StGH, Urt. v. 26.07.2007, a.a.O., Rn. 114 ff. zu Verhandlungen der Regierung mit einem privaten Dritten).
96 
(cc) Der danach für die Regierung mit Ausnahme des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bestehenden Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, steht die nach der Verwaltungspraxis des Staatsministeriums bestehende Befugnis, selbst zu entscheiden, welche E-Mails zur Akte genommen oder gelöscht werden, nicht entgegen. Eine solche Befugnis kann - gerade für einen Ministerpräsidenten, dem die Staatsleitung obliegt (vgl. zum Amtseid Art. 48 LV) - kein freies, sondern allenfalls ein pflichtgemäßes Ermessen begründen, das nur im Rahmen der dargestellten allgemeinen Grundsätze ausgeübt werden kann.
97 
(b) An einem offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen die Pflicht, vollständige Akten zu führen, fehlt es jedoch.
98 
Dies folgt bereits daraus, dass eine klare und eindeutige Regelung dieser Pflicht nicht bestand. Die AnO Schriftgut normiert eine solche Pflicht nicht ausdrücklich. Vielmehr bestand im Staatsministerium die Praxis, dass jeder Mitarbeiter selbst entscheiden durfte, welche E-Mails er zur Akte nimmt. Zwar kann daraus nur - wie dargelegt - ein pflichtgemäßes, kein freies Ermessen folgen, da sich eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten aus allgemeinen Grundsätzen ergibt. Jedoch sind diese Grundsätze, auch wenn sie im Hinblick auf Verwaltungshandeln für die pflichtigen Mitarbeiter allgemein bekannt sein sollten, nur ungeschriebene Prinzipien. Zudem sind sie, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung bisher - wenngleich ihre grundsätzliche Geltung für Regierungshandeln aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung folgt - nur auf die Verwaltungstätigkeit angewandt worden.
99 
Zudem war es, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob alle streitgegenständlichen Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen, zum damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsam, davon auszugehen, dass die Vorbereitung des zwischen den Beteiligten streitigen Erwerbs von Anteilen an der EnBW AG durch das Land Baden-Württemberg dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen kann. Die gespeicherten E-Mails stammen jedenfalls aus dem Zeitraum vor dem 18.11.2010 und betreffen daher den Zeitraum der Vorbereitung des Ankaufs, der grundsätzlich geeignet ist, in diesen geschützten Bereich zu gehören. Für die von dem Beklagten vorgelegten, nicht bei den Sachakten sich befindenden E-Mails war es damals nicht unvertretbar anzunehmen, diese würden als Informationen über die Vorbereitung und öffentlichkeitswirksame Darstellung des Anteilserwerbs dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen.
100 
bb) Dem Löschungsanspruch des Klägers aus § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen Pflichten aus Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Organtreue begründet keine nachwirkenden Pflichten.
101 
Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue haben oberste Staatsorgane bei der Ausübung ihrer Kompetenzen von Verfassungs wegen aufeinander Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1, 2/60 - BVerfGE 12, 205 <254>; Beschl. v. 04.06.1973 - 2 BvG 1/73 - BVerfGE 35, 193 <199>; Urt. v. 25.05.1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <39>; Urt. v. 12.07.1994 - 2 BvE 3/92 u.a. - BVerfGE 90, 286, juris Rn. 203; StGH, Urt. v. 21.10.2002 - 11/02 - ESVGH 53, 15, juris Rn. 84; Urt. v. 11.10.2007 - GR 1/07 - juris Rn. 58). Dieser Grundsatz vermag für sich genommen jedoch keine Rechte zu begründen. Vielmehr bedarf er, um seine Wirkung entfalten zu können, eines bereits bestehenden Verfassungsrechtsverhältnisses. Er ist insoweit akzessorischer Natur und kann ein vorhandenes Verfassungsrechtsverhältnis ausgestalten, aber nicht neu begründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.09.2013 - 2 BvE 6/08 u.a. - NVwZ 2013, 1468, juris Rn. 183, unter Bezugnahme auf die Grundsätze zum bundesfreundlichen Verhalten, vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 05.02.2001 - 2 BvG 1/00 - BVerfGE 104, 238 <248>).
102 
Voraussetzung für die Berufung auf den Grundsatz der Organtreue ist daher, dass dem Verfassungsorgan aktuell verfassungsrechtliche Zuständigkeiten zustehen. Die verfassungsrechtlich gebotene Organtreue kann nur solange eingefordert werden, wie das Verfassungsorgan selbst durch die Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet sei (vgl. HambVerfG, Urt. v. 27.04.2007 - 3/06 - juris Rn. 89). Nachwirkende Pflichten einer Person, die - wie der Kläger - Verfassungsorgan war, aber nicht mehr ist, bestehen daher nicht.
103 
II. Anschlussberufung des Klägers
104 
Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
105 
1. Die Anschlussberufung ist nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Anschlussberufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Begründung in Anschlussschrift, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 i.V.m. 124 a Abs. 3 Sätze 2, 4 und 5 VwGO).
106 
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen unbedingten Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien. Vielmehr ist sein Löschungsanspruch durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv beschränkt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen der Anschlussberufung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
107 
Unzutreffend ist der Kläger der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Daten als privat einzustufen seien und daher nur mit seinem Einvernehmen nach § 2 Abs. 3 LArchG angeboten werden dürften. Unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass § 2 Abs. 3 LArchG Daten aus privater Hand meint. Darum handelt es sich hier gerade nicht.
108 
Ohne Erfolg muss auch das Vorbringen bleiben, es handele sich bei den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht um Daten, die i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten als Stelle im Sinne von § 2 Abs. 1 LArchG gedient hätten, da sie lediglich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden seien. Für die behauptete Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut überhaupt dem Landesarchiv anzubieten sind, ist nichts ersichtlich. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG knüpft lediglich daran an, dass Unterlagen bei Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes entstanden sind und dort vorhanden sind und von diesen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden. Nach der eindeutigen Regelung des § 23 Abs. 3 LDSG sind auch Daten, deren Speicherung unzulässig war - z.B. da von vornherein keine Erforderlichkeit für die Speicherung gegeben war - dem Landesarchiv anzubieten. Der datenschutzrechtliche Erforderlichkeitsgrundsatz ist für die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv unerheblich.
109 
Unbegründet macht der Kläger geltend, aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG folge, dass der Löschungsanspruch des Betroffenen erst dann ausgeschlossen sei, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die weitere Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG regelt, dass Löschungsansprüche bei Archivgut ausgeschlossen sind. Für einen Umkehrschluss, dass vor Anbieten gegenüber dem Landesarchiv sich Löschungsansprüche gegenüber dem Archivrecht durchsetzten, fehlen Gründe.
110 
Schließlich ist auch keine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers gegeben. Die schlichte Behauptung, § 23 Abs. 3 LDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, ist nicht nachzuvollziehen. Warum den vom Kläger angesprochenen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt sein soll, erschließt sich nicht. Die sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Rechtsfolgen sind klar und eindeutig. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, bestehen zudem zahlreiche Schutzvorkehrungen zugunsten der etwaig in ihren Grundrechten Betroffenen.
111 
Erfolglos bleibt schließlich der Einwand des Klägers, nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts müssten alle bei der Landesverwaltung anfallenden E-Mails dem Landesarchiv angeboten werden und dies könne nicht richtig sein. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG sieht für die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes eine unbeschränkte Anbietungspflicht für alle Unterlagen vor. Unterlagen in diesem Sinne sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG insbesondere Schriftstücke, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme; dazu gehören mithin auch E-Mails. Eine § 2 Abs. 6 BArchG vergleichbare Norm - nach der Unterlagen, die nach Auffassung der anbietungspflichtigen Stellen und des zuständigen Archivs von offensichtlich geringer Bedeutung sind, nicht angeboten werden müssen - gibt es in Baden-Württemberg nicht. Einschränkungen können allerdings gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 LArchG gerade im Hinblick auf maschinenlesbare Informationen zwischen dem Landesarchiv und der anbietenden Stelle getroffen werden.
112 
III. Nebenentscheidungen
113 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei einem Anschlussrechtsmittel ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1980 - 1 B 802.90 - juris) diese einheitlich zu treffen (vgl. BFH, Beschl. v. 17.12.2002 - I R 87/00 - juris; OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u.a. - juris Rn. 158, m.w.N.).
114 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Das Landesdatenschutzgesetz und das Landesarchivgesetz sind Landesrecht. Ebenso haben der Einwand des Rechtsmissbrauchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 13, 14 und Urt. v. 14.08.1982 - 8 C 19.90 - BVerwGE 90, 310, juris Rn. 16) und die Grundsätze der Organtreue ihre Grundlage im Landesrecht.
115 
Beschluss vom 30. Juli 2014
116 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
5.000.—EUR
festgesetzt. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel sind, soweit sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG). Das gilt auch für den Fall eines unselbständigen Anschlussrechtsmittels (vgl. BGH -GrS-, Beschl. v. 05.10.1978 - GSZ 1/78 - BGHZ 72, 339; BayVGH, Urt. v. 22.07.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 50). Da die Rechtsmittel denselben Gegenstand betreffen, ist der Auffangwert von 5.000.-- EUR nur einmal festzusetzen (vgl. OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010, a.a.O., Rn. 160; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 07.09.2010 - 1 M 210/09 - juris Rn. 57).
117 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
39 
Sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, aber unbegründet.
40 
I. Berufung des Beklagten
41 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Einreichung beim VGH, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 VwGO).
42 
2. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn der Kläger hat einen - durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv modifizierten (s. dazu unter II.) - Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (a). Einem solchen Löschungsanspruch stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (b) entgegen.
43 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
44 
aa) Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten, und sind daher - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat und die Beteiligten auch nicht in Frage stellen - personenbezogene Daten.
45 
bb) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
46 
cc) Die streitgegenständlichen Dateien sind für das Staatsministerium nicht mehr i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG zur Aufgabenerfüllung erforderlich.
47 
(1) Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist. Diese Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung folgt aus Wortlaut, Willen des Gesetzgebers, Sinn und Zweck der Vorschrift sowie den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Danach besteht zwischen dem Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG und der Regelung über Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten nach § 15 LDSG ein unmittelbarer Zusammenhang.
48 
Der Wortlaut von § 15 LDSG und § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG spricht zunächst nicht für diesen unmittelbaren Zusammenhang. Denn § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG macht den Löschungsanspruch davon abhängig, dass die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist, während nach 15 Abs. 1 LDSG die Zulässigkeit der Speicherung nicht nur die Erforderlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle voraussetzt, sondern auch dass die Speicherung für die Zwecke, für die die Daten erhoben worden sind, erfolgt. Den Gesichtspunkt der Zweckbindung spricht der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hingegen gar nicht an.
49 
Dem entspricht es, wenn in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu den insoweit gleich lautenden Normen der § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG, § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X die Erforderlichkeit verneint wird, wenn die Daten keine praktische Bedeutung mehr haben und deshalb ausgeschlossen werden könne, dass sie die Arbeit der zuständigen Behörde noch fördern könnten (vgl. Mallmann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 20 Rn. 42; Mester, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 20 Rn. 18; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 11; Brink, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 35 Rn. 39; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 84 Rn. 7; ähnlich Wedde, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, Kap. 4.4. Rn. 64, und ders., in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 20 Rn. 12, auf die „Aufgabe“ abstellend, zu deren Erfüllung die Daten gespeichert wurden; unklar Worms, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 20 BDSG Rn. 39; ähnlich auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164.92 - juris Rn. 3 m.w.N., zur Speicherung von Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach dem bad.-württ. Polizeigesetz; Beschl. v. 18.03.1994 - 11 B 76.93 - NJW 1994, 2499, zum Eintrag in der Führerscheinkartei). Nach dieser Auffassung dürfte die Erforderlichkeit noch gegeben sein - und bestünde folglich kein Löschungsanspruch des Betroffenen -, wenn der Zweck, zu dem die Daten gespeichert worden sind, inzwischen zwar erfüllt ist, die Daten jedoch allgemein für die Aufgaben der Behörde, mithin für andere Zwecke, als sie der Speicherung zugrunde lagen, noch von Bedeutung sein könnten.
50 
Gegen eine solche Auslegung der Norm spricht jedoch die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BDSG, denen auch im Wortlaut § 23 Abs. 1 Nr. 2 und § 15 Abs. 1 LDSG nachgebildet sind. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977 (Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 27.01.1977, BGBl. I, 201) bestimmte in § 9 Abs. 1:
51 
"Das Speichern oder Verändern personenbezogener Daten ist zulässig, wenn es zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.“
52 
Zur Sperrung und Löschung von Daten bestimmte § 14 BDSG 1977 unter anderem:
53 
„(2) Personenbezogene Daten sind zu sperren, wenn ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt. Sie sind ferner zu sperren, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist…
54 
(3) Personenbezogene Daten können gelöscht werden, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Sie sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder wenn es in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 der Betroffene verlangt.“
55 
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz 1977 war mithin sowohl für die Zulässigkeit von Datenspeicherung und -veränderung nach § 9 Abs. 1 als auch für den Löschungsanspruch nach § 14 Abs. 3 Satz 2 maßgebliches Kriterium die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle. Das Tatbestandsmerkmal der Zweckbindung bestand nicht.
56 
Der heutige Wortlaut von § 20 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 BDSG geht zurück auf die Novelle von 1990 (Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20.12.1990, BGBl. I, 2954). Mit diesem Gesetz reagierte der Gesetzgeber auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Es sei nötig geworden, aufgrund des Volkszählungsurteils dem Grundsatz der Zweckbindung durchgehend Geltung zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 36). Wesentlicher Inhalt der Neufassung sei:
57 
„a) Verstärkung der Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, enumerative Aufzählung der Ausnahmen,
58 
b) Verstärkung der Rechte des Betroffenen sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, insbesondere durch

- Löschungsrechte
…“
59 
(vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 37)
60 
Die Entstehungsgeschichte spricht mithin gerade nicht dafür, den Umfang der Zweckbindung bei der Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung einerseits und den Löschungsanspruch andererseits unterschiedlich zu bestimmen. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt nicht, dass ein Löschungsanspruch erst bestehen soll, wenn unabhängig von der Zweckbindung die Nutzung der gespeicherten Daten ganz allgemein für die Aufgabenerfüllung der Behörde nicht mehr erforderlich ist. Vielmehr wollte der Gesetzgeber im Gegenteil die Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten verstärken, ebenso die subjektiven Rechte des Betroffenen. Die Entstehungsgeschichte spricht mithin dafür, einen Zusammenhang zwischen Löschungsanspruch und Zweckbindungsgrundsatz zu bejahen.
61 
Zweck des Löschungsanspruchs nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG ist, die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Zweckbindung der erhobenen Daten durchzusetzen. Dies folgt nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist - wenn nicht der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LDSG) - nur zulässig, wenn das Landesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LDSG). Dies folgt notwendig daraus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist und ein solcher Eingriff einer bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Für den Bereich der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ist § 15 LDSG die gesetzliche Grundlage, die den Umfang der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 4 Abs. 1 LDSG regelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 15 LDSG nicht mehr zulässig, liegt ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, so dass - da das Grundrecht ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gibt - ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG gegeben sein muss. Wenn jedoch die Verarbeitung personenbezogener Daten weiterhin auf § 15 LDSG gestützt werden kann, ist eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff vorhanden; ein Löschungsanspruch besteht dann nicht. Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach § 15 LDSG korrespondieren mithin.
62 
(2) Nach diesem Maßstab ist die Kenntnis der streitgegenständlichen Daten im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich. Denn die Kenntnis ist nicht notwendig zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor; diese sind nicht anwendbar (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106, 115; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56; Dehoust, in: Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, SächsDSG, 2011, § 13 Rn. 37).
63 
(a) Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält, wie bereits der Wortlaut zeigt, ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Es besteht eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, a.a.O., 31 Rn. 1; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 22; Bieresborn, a.a.O., § 67c Rn. 13; Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB I, V, X, 2012, § 67c SGB X Rn. 13; Steinmeyer, in: Wannagat/Eichenhofer, SGB, § 67c SGB X Rn. 14 <83. Lfg.>). Durch den strikten Zweckbindungsgrundsatz soll verhindert werden, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden (vgl. Heckmann, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 14 Rn. 108; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, „…dass Daten, die nur den genannten Zwecken dienen, keiner anderen Verwendung zugeführt werden“ (so zur Parallelnorm des § 14 Abs. 4 die Beschlussempfehlung des BT-Innenausschusses zur Datenschutznovelle 1990, vgl. BT-Drucks. 11/7235, S. 88).
64 
Das strikte Zweckbindungsgebot des § 15 Abs. 4 LDSG gilt nur dann, wenn personenbezogene Daten ausschließlich zu den im Gesetz genannten Zwecken gespeichert werden (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 111; Buchner, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27, § 31 Rn. 5). Ob eine solche ausschließliche Zwecksetzung verfolgt wird, bestimmt die Daten verarbeitende Stelle im Rahmen der Festlegung des Zweckes (vgl. Buchner, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5). Ausschlaggebend ist mithin der von der verantwortlichen Stelle festgelegte Zweck (vgl. OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 02.03.2011 - OVG 60 PV 10.10 - juris Rn. 30, zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BlnDSG i.V.m. § 31 BDSG; Beschl. v. 14.03.2013 - OVG 62 PV 13.12 - juris Rn. 45 zu § 31 BDSG; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37). Die Festlegung des Verwendungszwecks durch die verantwortliche Stelle führt zu deren Selbstbindung (vgl. Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 24; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39; je zu § 14 Abs. 1 BDSG). Die Zweckbindung haftet der Datenverarbeitung bis zur Zweckerfüllung an (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 10, zu § 14 Abs. 1 BDSG).
65 
Diese Festlegung der Zweckbindung muss im Voraus erfolgen. Wurde sie unterlassen, so ist der objektive Verwendungszweck maßgeblich, der sich nach dem erkennbar verfolgten Ziel bestimmt (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110). Die öffentliche Stelle ist jedoch nicht frei in ihrer Festlegung des Zwecks. Sie hat es nicht in der Hand, durch eine allzu weite und unverbindliche Definition die Zweckbindung leerlaufen zu lassen; die Festlegung des Zwecks muss datenschutzrechtlich zulässig sein (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113, zu § 14 Abs. 4 BDSG; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37, 22, zu § 13 Abs. 4 SächsDSG).
66 
Sollen diese Daten für einen weiteren Zweck genutzt werden, bedarf es hierfür einer eigenständigen Legitimation durch eine Rechtsvorschrift (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30) Eine nachträgliche Änderung der Zweckbindung ohne spezielle gesetzliche Grundlage hierfür ist ausgeschlossen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 31 ff.).
67 
Die Vermeidung von Datenverlusten, Datenmanipulationen und unbefugtem Datenzugang sowie die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung von Datenbeständen gehören zum Zweck der Datensicherung sowie zum Zweck der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109, zur Datensicherung; Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 59, zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 1a: klare Trennung dieser Zwecke nicht möglich). Die Wiedergewinnung des gesicherten und verloren gegangenen Datenbestsands gehört daher grundsätzlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 112, 114; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 24).
68 
Zu Unrecht bringt der Beklagte vor, mit einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 4 LDSG sei eine zu enge Zweckbindung verbunden, die unabweisbare Bedürfnisse der Allgemeinheit, insbesondere im Hinblick auf Belange der Strafrechtspflege bei der Verfolgung von Straftaten unzulässig hintanstelle. Zwar wird in der rechtwissenschaftlichen Literatur vertreten, dass strafrechtliche Zugriffsnormen, auch über § 1 Abs. 3 BDSG bzw. § 2 Abs. 5 LDSG die strikte Zweckbindung des § 14 Abs. 4 BDSG bzw. § 15 Abs. 4 LDSG nicht überwinden könnten (so Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 62; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115 ; a.A. wohl Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29). Anderes gelte nur für die Verfolgung von Datenschutzdelikten; sie bewege sich im Rahmen des § 14 Abs. 4 BDSG (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4). Dies trifft jedoch nach Auffassung des Senats - ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre - nicht zu. Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglichen soll. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können; Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, a.a.O., § 1 Rn. 110; BT-Drucks. 7/1027, S. 16). Diesen Anforderungen des § 2 Abs. 5 LDSG an besondere Rechtsvorschriften entsprechen die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren; diese sind die allgemeinen Rechtsgrundlagen für Datenerhebungen durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. Dembowski, in: Roßnagel, a.a.O., Kap. 8.1 Rn. 17 ff.). Insbesondere ist § 161 Abs. 1 StPO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die allgemeine Erhebung personenbezogener Daten im Ermittlungsverfahren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.02.2009 - 2 BvR 1732, 1745/07 - NJW 2009, 1405 <1407>; Meyer-Goßner, stopp, 56. Aufl., § 161 Rn. 2). Die strafprozessualen Beweiserhebungsnormen sind daher besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die sich über die Zwecksetzung des § 15 Abs. 4 LDSG hinwegsetzen können. Die Zulässigkeit der Erhebung und Beschlagnahme personenbezogener Daten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren trotz einer bestehenden Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG legt schließlich die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG, dass eine datenschutzrechtliche Zweckänderung für Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist, nahe.
69 
(b) Nach diesem Maßstab wäre mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien eine mit § 15 Abs. 4 LDSG unvereinbare Zweckänderung verbunden. Der ursprünglich mit der Erstellung der Sicherungskopien verbundene konkrete Zweck kann jetzt nicht mehr erreicht werden (aa). Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien (bb). Ein allgemeiner, vom ursprünglich verfolgten Zweck unabhängiger Zweck der Datensicherung könnte zudem mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht zulässig verfolgt werden; denn der Zweck, zu dem die Originaldateien gespeichert wurden, ist weggefallen (cc).
70 
(aa) Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war maßgeblicher Zweck der Datensicherungen, eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können. Damit hat der Beklagte Zwecke der Datensicherung und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage i.S.d. § 15 Abs. 4 LDSG verfolgt.
71 
Diese Zwecke - eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Art zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können - hat der Beklagte selbst im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.01.2013 an das Verwaltungsgericht als diejenigen angegeben, zu denen die streitgegenständlichen Dateien erstellt wurden. An diese ursprünglich verfolgten Zwecke ist der Beklagte aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung gebunden. Diese Zwecke können bei Wiedergewinnung der in der Sicherungskopie enthaltenen Daten nun nicht mehr erreicht werden. Die Verfolgung anderer Zwecke schließt § 15 Abs. 4 LDSG aus.
72 
Auf einen allgemeinen, über den konkreten Anlass der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien hinausgehenden allgemeinen Sicherungszweck kann sich der Beklagte hier nicht berufen. Zwar kann der datenschutzrechtlich relevante Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG über den konkreten Anlass der Speicherung hinausgehen. Einen solchen allgemeinen Sicherungszweck verfolgte der Beklagte bei der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien jedoch nicht:
73 
Die Bestimmung des maßgeblichen Zwecks einer Maßnahme nach § 15 Abs. 4 LDSG folgt im Kern denselben Grundsätzen wie die Bestimmung des Zwecks einer Datenspeicherung und -erhebung nach § 15 Abs. 1 LDSG. Maßgeblich ist dabei - wie Dammann zutreffend ausführt - der materielle Gehalt des Zweckbindungsgrundsatzes. Er resultiert daraus, dass jede Ermächtigung einer öffentlichen Stelle, personenbezogene Daten zu erheben und zu speichern, nur im Hinblick auf bestimmte Zwecke ergeht und daher auch eine Verwendung der Daten grundsätzlich nur im Rahmen dieser Zwecke legitimiert. Daher ist bei der Frage, wie der jeweilige Zweck zu fassen ist, bei der jeweiligen rechtlichen Legitimationsgrundlage für das Erheben bzw. Speichern anzuknüpfen. Maßgeblich ist entweder die gesetzliche Grundlage oder die vom Betroffenen im Sinne einer informationellen Selbstbestimmung getroffene Verfügung. Dies entspricht dem Inhalt der Aufklärungspflicht nach § 4 Abs. 3 BGSG. Liegt der Erhebung und Speicherung keine aufgabenspezifische Rechtsvorschrift zu Grunde oder bietet diese keine geeigneten Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und hat auch der Betroffene keine einschränkende Verfügung getroffen, so kommt es auf den tatsächlich verfolgten Handlungszweck an. Dieser kann und wird häufig weiter sein als der konkrete Anlass der Speicherung (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39 ff., zu § 14 Abs. 1 BDSG).
74 
An einer Festlegung eines konkreten Zwecks hinsichtlich der streitgegenständlichen Dateien durch eine Rechtsvorschrift oder eine Verfügung des Betroffenen - hier des Klägers - fehlt es. Daher kommt es auf den tatsächlich verfolgten Zweck an. Dieser bestand nicht in der Herstellung von Sicherungskopien der Outlookdateien des Klägers für jeglichen Fall des Datenverlusts. Denn längerfristige allgemeine Sicherungsspeicherungen von Outlook-Postfachinhalten wurden - abgesehen von der begrenzten Speicherung gelöschter Mails für sieben Tage auf dem Server des Staatsministeriums und für 30 Tage im Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach - im Staatsministerium nicht vorgenommen. Nach der geübten Praxis im Staatsministerium entschied allein der Nutzer des Outlook-Postfachs, welche E-Mails er ausdruckte und den Akten beifügte und welche er löschte. Eine Speicherung von Postfachinhalten für allgemeine Zwecke war auch hier nicht beabsichtigt. Die streitgegenständlichen Dateien wurden vielmehr für den beschriebenen begrenzten Zweck - Behebung von Problemen im Outlook-Kalender des Klägers - hergestellt, zu dem sie nun nicht mehr verwendet werden können.
75 
(bb) Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG gelte nur für zusätzliche, bei der Datenschutzkontrolle etc., aus technischen Gründen anfallende Dateien wie Protokolle von Datenabrufen oder personenbezogene Daten der Mitarbeiter in der IT-Abteilung. Für die Zwecke der Datenschutzkontrolle und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage wird dies in der Literatur in der Tat angenommen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 110). Für im Rahmen der Datensicherung hergestellte Kopien kann dies jedenfalls nicht gelten (so wohl auch Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109). Eine Einschränkung des Schutzzwecks des § 15 Abs. 4 LDSG lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Für Datenkopien ist der Schutzzweck auch einschlägig. Denn es entspricht gerade dem Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG, dass zusätzlich angelegte Datenbestände nicht als allgemeine Informationsgrundlage dienen sollen. Hierunter fallen gerade nach Jahren immer noch vorhandene, vom ursprünglichen Speicherzweck losgelöste Kopien von Dateien
76 
(cc) Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass aus nach § 15 Abs. 4 LDSG hergestellten Sicherungskopien bei jeglichem Datenverlust die Originaldateien wiederhergestellt werden dürften, wäre eine solche Wiederherstellung hier unzulässig. Denn eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann (Zweckerreichung). Das folgt aus dem strengen Zweckbindungsgrundsatz des § 15 Abs. 4 LDSG. Dieser soll verhindern, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden. Damit wäre es unvereinbar, wenn gemäß § 15 Abs. 4 LDSG erstellte Sicherungskopien von der speichernden Stelle noch genutzt werden dürften, obwohl der Speicherungszweck der Originaldateien bereits entfallen ist. So liegt der Fall hier:
77 
Bei der Bestimmung des Zwecks der ursprünglichen Datenspeicherung nach § 15 Abs. 1 LDSG ist, wie dargelegt, auf die rechtliche Legitimationsgrundlage für die Datenspeicherung abzustellen. Eine Rechtsvorschrift, die die Speicherung von E-Mails von Landesbediensteten datenschutzrechtlich gestattet, existiert nicht. Eine gesonderte Regelung des E-Mail-Verkehrs im Staatsministerium erfolgte nicht, eine datenschutzrechtlich relevante Selbstverpflichtung des Klägers zum E-Mail-Verkehr fehlt daher. Da die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zugeordnet waren und der Nutzer des Postfachs selbst über die Verwendung der Postfachinhalte entscheiden durfte, diente die Speicherung von Postfachinhalten den persönlichen Belangen des Postfachinhabers. Dieser Zweck besteht, nachdem der Kläger seinen E-Mail-Account im Staatsministerium nicht mehr nutzt, nicht mehr. Andere datenschutzrechtlich i.S.v. § 15 Abs. 1 LDSG relevante Zwecke bestanden nicht. Selbst die Anlegung von Protokolldateien über die Internetnutzung diente nach den Sicherheitshinweisen im Antragsformular des Klägers auf Internetzugang vom 11.02.2010 Zwecken der Sicherheit der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums vor unerlaubten Zugriffen oder Angriffen von außen, nicht Datensicherungszwecken im allgemeinen. Der ursprünglich verfolgte Zweck der Speicherung der Originaldateien kann nicht mehr erreicht werden, diese dürfen daher nicht aus der Sicherungskopie wiederhergestellt werden.
78 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beklagten, nach der AnO Schriftgut und allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie folgenden Grundsätzen seien E-Mails aufgrund des Grundsatzes der Aktenvollständigkeit zu den Akten zu nehmen. Dass aus diesen Gründen E-Mails gespeichert werden, ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Grundlage noch aus einer datenschutzrechtlichen Einwilligung des Klägers. Ein datenschutzrechtlich relevanter Speicherzweck im Sinne des § 15 Abs. 1 LDSG liegt insoweit nicht vor.
79 
dd) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zum Löschungsanspruch des Klägers dargelegt, dass dieser sich nicht zusätzlich auf § 88 TKG berufen kann, dass § 36 LDSG keine Anwendung findet und dass § 23 Abs. 3 LDSG dem Grunde nach dem Löschungsanspruch nicht entgegensteht. Auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die die Beteiligten im Berufungsverfahren nicht angreifen, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
80 
b) Dem Löschungsanspruch des Klägers nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs (aa) noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (bb) entgegen.
81 
aa)Dem datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG kann im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Betroffene seinerseits offenkundig und schwerwiegend gegen eine gegenüber der die Daten speichernden Stelle bestehenden Pflicht oder Obliegenheit verstoßen hat, die im sachlichen Zusammenhang mit den zu löschenden Daten steht (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).
82 
(1) Beim Rechtsmissbrauch handelt es sich um einen besonderen Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben. Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den allgemeinen ungeschriebenen Grundsätzen, die sowohl im Verwaltungsrecht des Bundes als auch im Verwaltungsrecht der Länder existieren und Bürger und Verwaltung binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - BVerwGE 101, 58, juris Rn. 17; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <71>; Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 24.96 - BVerwGE 102, 194 <199>; Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24.02 - BVerwGE 118, 84 <89>; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 62 Rn. 29; Pitschas, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voß-kuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Bd. II., § 42 Rn. 94). Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann daher auch subjektiv-öffentlichen Ansprüchen des Bürgers gegen die öffentliche Hand entgegenstehen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 10, m.w.N.; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - a.a.O.; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162, juris Rn. 31, m.w.N.). Auch verfassungsrechtlich sind missbräuchlich erworbene Rechtspositionen des Bürgers nicht notwendig geschützt (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.05.2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24, juris Rn. 51, zur Rücknahme der erschlichenen Einbürgerung nach § 48 VwVfG; ebenso BVerwG, Urt. v. 03.06.2003 - 1 C 19.02 - BVerwGE 118, 216 <220>; ähnlich zur missbräuchlichen Berufung auf Grundfreiheiten: EuGH, Urt. v. 09.03.1999 - C-212/97 [Centros] - juris Rn. 24 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers schließen Grundrechte des Betroffenen daher nicht von vornherein aus, dass sich die öffentliche Hand ihm gegenüber auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen kann.
83 
Ein Fall der nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung ist die Verletzung eigener Pflichten (vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 46, m.w.N.). Dabei bedarf es eines Zusammenhangs zwischen dem beanspruchten und dem selbst geübten Verhalten, damit der geltend gemachte Rechtsanspruch angesichts des eigenen Verhaltens rechtsmissbräuchlich erscheint (vgl. Roth/Schubert, in: MK-BGB, 6. Aufl., § 242 Rn. 389).
84 
Der Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben steht hier, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 LDSG Fälle der zulässigen Zweckänderung geregelt und insbesondere in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG Belange des Allgemeinwohls bereits berücksichtigt hat. Eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass im Einzelfall ein Rückgriff auf die Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen ist, ist damit nicht verbunden (für eine Ausnahme von der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG oder vergleichbarer Normen in Sonderfällen auch: Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29, 35: Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115). Der Einwand, das Verfolgen eines Anspruchs verstoße gegen Treu und Glauben, kann als allgemeines, in der Rechtsordnung anerkanntes Prinzip Geltung im Verhältnis auch zu Verfassungsrechtsätzen wie der Bindung an Recht und Gesetz und dem Gesetzesvorbehalt beanspruchen. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs hat nämlich selbst eine Grundlage in der materialen Rechtsstaatlichkeit (vgl. Pitschas, a.a.O., m.w.N.). Die Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG wird folglich nicht dadurch infrage gestellt, dass der Bürger öffentlich-rechtliche Ansprüche mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht geltend machen kann (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, a.a.O.).
85 
Die Grundsätze von Treu und Glauben können in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht dazu führen, dass jeder Verstoß eines Betroffenen, der dem Grunde nach einen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat, gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten dem Löschungsanspruch hindernd entgegengehalten werden kann. Voraussetzung ist vielmehr ein offenkundiger und schwerwiegender Verstoß gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten (ähnlich in anderen Zusammenhängen: BVerwG, Urt. v. 08.02.1974 - VII C 35.73 - DÖV 1975, 137, juris Rn. 16 m.w.N.; Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE133, 85, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R - juris Rn. 37; BayVGH, Urt. v. 25.02.1977 - 6 X 77 - juris Rn. 26). Andernfalls könnte die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben dazu führen, dass eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Nutzung personenbezogener Daten zulässig würde. Dies wäre mit der Bedeutung des Gesetzesvorbehalts, der im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten wurzelt, unvereinbar. Der Gesetzesvorbehalt hat eine elementare freiheitssichernde Funktion. Indem er für jeden staatlichen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheit eine gesetzliche Grundlage fordert, gewährleistet er, dass die Freiheitseinschränkung auf den Willen des Souveräns zurückzuführen ist und der betroffene Bürger vorab erkennen kann, welche Freiheitseinschränkungen er zu erwarten hat. Im Datenschutzrecht kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Der Ausgleich zwischen den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Gesetzesvorbehalt, die im Ansatz gleichrangig nebeneinander stehen, ist daher in dem Sinne vorzunehmen, dass nur schwerwiegende und offensichtliche Verstöße gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten des Betroffenen dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG mit Erfolg entgegengehalten werden können.
86 
(2) Die Voraussetzungen eines offenkundigen und schwerwiegenden Verstoßes gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten liegen hier nicht vor. Zwar hat der Kläger möglicherweise gegen seine Pflicht zur Führung vollständiger Akten verstoßen (a). Ein solcher Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz der Aktenvollständigkeit stünde in dem für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung notwendigen Zusammenhang zum Löschungsanspruch. Denn beide Aspekte betreffen denselben Gegenstand (dieselben Dateien) und stehen auch inhaltlich in einem Zusammenhang, da es jeweils auch um die Frage geht, welche Dateien für die Aufgaben der Beklagten erforderlich sind. Ein solcher Verstoß wäre jedoch nicht offensichtlich und schwerwiegend (b).
87 
(a) Auch für Regierungshandeln besteht im Grundsatz eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten, die jedoch durch den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung begrenzt ist:
88 
(aa) Eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung zur Führung vollständiger Akten in Behörden einschließlich Ministerien fehlt. Die im Staatsministerium geltende AnO Schriftgut vom 22.12.2005 ist lediglich ein Erlass. Aus ihr lässt sich eine Pflicht, Dokumente zur Akte zu nehmen und eine vollständige Akte zu führen, nur mittelbar entnehmen: Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen (Nr. 1.2). Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen (Nr. 2). Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert (Nr. 3.1). Eine klare Bestimmung zur Führung vollständiger Akten fehlt jedoch in der AnO Schriftgut.
89 
Für E-Mails enthält die AnO Schriftgut keine ausdrückliche Regelung. Nach der Praxis im Staatsministerium entschied jeder Nutzer des Postfachs selbst, welche E-Mails er ausdruckt und den Akten beigefügt oder löscht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der in der von dem Beklagten vorgelegten Akte vorhandene Leitfaden für die Schriftgutverwaltung im Innenministerium vom März 2010. Er enthält u.a. die Regelung - auf die sich der Kläger zu Unrecht beruft -, dass E-Mails, die keine Entscheidungen enthalten, vernichtet werden, es sei denn, der Bearbeiter ordnet die Aufbewahrung an. Dieser Leitfaden des Innenministeriums galt im Staatsministerium nicht.
90 
Eine Pflicht, die erforderlichen Unterlagen zur Akte zu nehmen und die Akte vollständig zu führen, folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, wie sie die Rechtsprechung seit langem anerkennt: Der Grundsatz der Aktenvollständigkeit ist für die vollziehende Gewalt nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche ausdrückliche Regelung ist jedoch auch nicht erforderlich. Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält. Dies macht die Führung von Akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte. Das Prinzip der Aktenvollständigkeit folgt aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1983 - 2 BVR 244, 310/83 - NJW 1983, 2135; BVerwG, Beschl. v. 16.03.1988 - 1 B 153.87 - NJW 1988, 621 <622>; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 22.12.2000 - 2 L 38/99 - juris Rn. 55 f., m.w.N.; ebenso Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 29 Rn. 16).
91 
(bb) Für Handeln von Regierungen gelten diese für Verwaltungshandeln von Behörden entwickelten Grundsätze im Ansatz ebenso. Dies folgt zum einen daraus, dass auch ein Handeln der Regierung, vor allem außerhalb von Gesetzgebungsverfahren Verwaltungstätigkeit sein kann (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 20.12.2011 - 159/10 - juris Rn. 28). Im Hinblick auf eigentliches Regierungshandeln ergibt sich das zum anderen aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Zwar besteht ein nicht ausforschbarer Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der auch der Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, Grenzen setzt. Jedoch gebietet der Gewaltenteilungsgrundsatz - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auf das Land Baden-Württemberg übertragbar ist - eine Auslegung der Verfassung dahin, dass parlamentarische Kontrolle wirksam ausgeübt werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn die dazu nötigen Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dem Parlament auch nach Abschluss der jeweiligen Vorgänge grundsätzlich verschlossen blieben. Die Entscheidungen der Regierung unterlägen dem parlamentarischen Kontrollrecht dann nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Eine solche grundsätzliche Begrenzung der parlamentarischen Kontrolle wäre mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz unvereinbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 123 ff., 141, m.w.N.). Folglich müssen insoweit auch Pflichten zur vollständigen Aktenführung bestehen, da andernfalls die parlamentarische Kontrolle leerliefe.
92 
Dies gilt jedoch nicht für den geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt.Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht.Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83 u.a. - BVerfGE 67, 100, juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 - BVerfGE 77, 1, juris Rn. 140; Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
93 
In Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden parlamentarische Informationsrechte nicht grundsätzlich immer schon dann aus, wenn es sich um Informationen aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.Auch dem nachträglichen parlamentarischen Zugriff auf Informationen aus der Phase der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen setzt der Gewaltenteilungsgrundsatz Grenzen. Bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung geheimzuhaltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen nicht verpflichtet ist. Ein - sei es auch erst nach Abschluss des jeweiligen Entscheidungsprozesses einsetzender - schrankenloser parlamentarischer Informationsanspruch würde vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die das Gewaltenteilungsprinzip ihr zuweist.
94 
Der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet allerdings gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass - wie bereits dargelegt - parlamentarische Kontrolle wirksam sein kann. Die Entscheidungen der Regierung unterliegen daher dem parlamentarischen Kontrollrecht nicht nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Weitere Hintergründe könnten sonst nach Belieben unzugänglich gehalten werden, auch solche, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung politisch nicht beurteilt und die politische Verantwortung für Fehler, die gerade das Zustandekommen dieser Entscheidungen betreffen, nicht aufgeklärt werden kann.Parlamentarische Informationsrechte in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden danach nicht grundsätzlich immer dann aus, wenn es sich um Akten aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Ob zu erwarten ist, dass die Herausgabe solcher Informationen die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen. Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, sind umso schutzwürdiger, je näher sie der gouvernamentalen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Je weiter ein parlamentarisches Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss das parlamentarische Informationsbegehren sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einer parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht. Die Frage, ob die Vorlage von Akten aus dem Bereich der Vorbereitung abgeschlossener Regierungsentscheidungen, aus denen Aufschluss über die Willensbildung der Regierung und ihrer Mitglieder gewonnen werden kann, die Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, kann demnach nicht pauschal verneint werden. Ebensowenig ist sie aber pauschal zu bejahen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 123 ff., 141, m.w.N.)
95 
Dabei geht es - zumindest vor allem - um den Schutz der Willensbildung innerhalb der Regierung als Verfassungsorgan. Das Bundesverfassungsgericht hat daher die Ermittlung einer etwaigen Einflussnahme Dritter auf Mitglieder der Bundesregierung in einem zurückliegenden Zeitraum als einen Vorgang angesehen, der den nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung nicht berührte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987, a.a.O., juris Rn. 140). Auch die Vorlage von Akten, die nicht die Beratungen der Regierung als Kollegium, sondern deren Vorbereitung innerhalb der Ressorts und zwischen den Ressorts betreffen, berührt die Eigenverantwortung der Regierung nicht. Zu prüfen ist insoweit jedoch, ob die schützenswerte Freiheit und Offenheit des der Regierungsentscheidung über den Haushaltsentwurf vorgelagerten interministeriellen Abstimmungsprozesses durch die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen aus diesem Abstimmungsprozess beeinträchtigt wird; dies könnte anzunehmen sein, wenn die dadurch ausgelöste Befürchtung eventueller späterer Publizität geeignet wäre, eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten zu hemmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., juris Rn. 65 f.). Daher kann auch Kommunikation von Regierungsmitgliedern mit externen Beratern, die der Vorbereitung von Regierungshandeln dient, schützenswert sein. Solche Überlegungen mit externen Beratern können insbesondere Fragen der politischen Opportunität betreffen. Unbeeinträchtigte Kommunikation hierüber zu ermöglichen, kann wesentlich sein, um eine Regierungsentscheidung möglichst sachgerecht und ohne die einengende Befürchtung, dass Vorüberlegungen nachträglich einer Kontrolle unterliegen, vorbereiten zu können (ebenso StGH, Urt. v. 26.07.2007, a.a.O., Rn. 114 ff. zu Verhandlungen der Regierung mit einem privaten Dritten).
96 
(cc) Der danach für die Regierung mit Ausnahme des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bestehenden Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, steht die nach der Verwaltungspraxis des Staatsministeriums bestehende Befugnis, selbst zu entscheiden, welche E-Mails zur Akte genommen oder gelöscht werden, nicht entgegen. Eine solche Befugnis kann - gerade für einen Ministerpräsidenten, dem die Staatsleitung obliegt (vgl. zum Amtseid Art. 48 LV) - kein freies, sondern allenfalls ein pflichtgemäßes Ermessen begründen, das nur im Rahmen der dargestellten allgemeinen Grundsätze ausgeübt werden kann.
97 
(b) An einem offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen die Pflicht, vollständige Akten zu führen, fehlt es jedoch.
98 
Dies folgt bereits daraus, dass eine klare und eindeutige Regelung dieser Pflicht nicht bestand. Die AnO Schriftgut normiert eine solche Pflicht nicht ausdrücklich. Vielmehr bestand im Staatsministerium die Praxis, dass jeder Mitarbeiter selbst entscheiden durfte, welche E-Mails er zur Akte nimmt. Zwar kann daraus nur - wie dargelegt - ein pflichtgemäßes, kein freies Ermessen folgen, da sich eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten aus allgemeinen Grundsätzen ergibt. Jedoch sind diese Grundsätze, auch wenn sie im Hinblick auf Verwaltungshandeln für die pflichtigen Mitarbeiter allgemein bekannt sein sollten, nur ungeschriebene Prinzipien. Zudem sind sie, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung bisher - wenngleich ihre grundsätzliche Geltung für Regierungshandeln aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung folgt - nur auf die Verwaltungstätigkeit angewandt worden.
99 
Zudem war es, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob alle streitgegenständlichen Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen, zum damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsam, davon auszugehen, dass die Vorbereitung des zwischen den Beteiligten streitigen Erwerbs von Anteilen an der EnBW AG durch das Land Baden-Württemberg dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen kann. Die gespeicherten E-Mails stammen jedenfalls aus dem Zeitraum vor dem 18.11.2010 und betreffen daher den Zeitraum der Vorbereitung des Ankaufs, der grundsätzlich geeignet ist, in diesen geschützten Bereich zu gehören. Für die von dem Beklagten vorgelegten, nicht bei den Sachakten sich befindenden E-Mails war es damals nicht unvertretbar anzunehmen, diese würden als Informationen über die Vorbereitung und öffentlichkeitswirksame Darstellung des Anteilserwerbs dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen.
100 
bb) Dem Löschungsanspruch des Klägers aus § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen Pflichten aus Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Organtreue begründet keine nachwirkenden Pflichten.
101 
Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue haben oberste Staatsorgane bei der Ausübung ihrer Kompetenzen von Verfassungs wegen aufeinander Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1, 2/60 - BVerfGE 12, 205 <254>; Beschl. v. 04.06.1973 - 2 BvG 1/73 - BVerfGE 35, 193 <199>; Urt. v. 25.05.1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <39>; Urt. v. 12.07.1994 - 2 BvE 3/92 u.a. - BVerfGE 90, 286, juris Rn. 203; StGH, Urt. v. 21.10.2002 - 11/02 - ESVGH 53, 15, juris Rn. 84; Urt. v. 11.10.2007 - GR 1/07 - juris Rn. 58). Dieser Grundsatz vermag für sich genommen jedoch keine Rechte zu begründen. Vielmehr bedarf er, um seine Wirkung entfalten zu können, eines bereits bestehenden Verfassungsrechtsverhältnisses. Er ist insoweit akzessorischer Natur und kann ein vorhandenes Verfassungsrechtsverhältnis ausgestalten, aber nicht neu begründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.09.2013 - 2 BvE 6/08 u.a. - NVwZ 2013, 1468, juris Rn. 183, unter Bezugnahme auf die Grundsätze zum bundesfreundlichen Verhalten, vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 05.02.2001 - 2 BvG 1/00 - BVerfGE 104, 238 <248>).
102 
Voraussetzung für die Berufung auf den Grundsatz der Organtreue ist daher, dass dem Verfassungsorgan aktuell verfassungsrechtliche Zuständigkeiten zustehen. Die verfassungsrechtlich gebotene Organtreue kann nur solange eingefordert werden, wie das Verfassungsorgan selbst durch die Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet sei (vgl. HambVerfG, Urt. v. 27.04.2007 - 3/06 - juris Rn. 89). Nachwirkende Pflichten einer Person, die - wie der Kläger - Verfassungsorgan war, aber nicht mehr ist, bestehen daher nicht.
103 
II. Anschlussberufung des Klägers
104 
Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
105 
1. Die Anschlussberufung ist nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Anschlussberufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Begründung in Anschlussschrift, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 i.V.m. 124 a Abs. 3 Sätze 2, 4 und 5 VwGO).
106 
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen unbedingten Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien. Vielmehr ist sein Löschungsanspruch durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv beschränkt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen der Anschlussberufung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
107 
Unzutreffend ist der Kläger der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Daten als privat einzustufen seien und daher nur mit seinem Einvernehmen nach § 2 Abs. 3 LArchG angeboten werden dürften. Unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass § 2 Abs. 3 LArchG Daten aus privater Hand meint. Darum handelt es sich hier gerade nicht.
108 
Ohne Erfolg muss auch das Vorbringen bleiben, es handele sich bei den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht um Daten, die i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten als Stelle im Sinne von § 2 Abs. 1 LArchG gedient hätten, da sie lediglich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden seien. Für die behauptete Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut überhaupt dem Landesarchiv anzubieten sind, ist nichts ersichtlich. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG knüpft lediglich daran an, dass Unterlagen bei Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes entstanden sind und dort vorhanden sind und von diesen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden. Nach der eindeutigen Regelung des § 23 Abs. 3 LDSG sind auch Daten, deren Speicherung unzulässig war - z.B. da von vornherein keine Erforderlichkeit für die Speicherung gegeben war - dem Landesarchiv anzubieten. Der datenschutzrechtliche Erforderlichkeitsgrundsatz ist für die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv unerheblich.
109 
Unbegründet macht der Kläger geltend, aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG folge, dass der Löschungsanspruch des Betroffenen erst dann ausgeschlossen sei, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die weitere Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG regelt, dass Löschungsansprüche bei Archivgut ausgeschlossen sind. Für einen Umkehrschluss, dass vor Anbieten gegenüber dem Landesarchiv sich Löschungsansprüche gegenüber dem Archivrecht durchsetzten, fehlen Gründe.
110 
Schließlich ist auch keine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers gegeben. Die schlichte Behauptung, § 23 Abs. 3 LDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, ist nicht nachzuvollziehen. Warum den vom Kläger angesprochenen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt sein soll, erschließt sich nicht. Die sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Rechtsfolgen sind klar und eindeutig. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, bestehen zudem zahlreiche Schutzvorkehrungen zugunsten der etwaig in ihren Grundrechten Betroffenen.
111 
Erfolglos bleibt schließlich der Einwand des Klägers, nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts müssten alle bei der Landesverwaltung anfallenden E-Mails dem Landesarchiv angeboten werden und dies könne nicht richtig sein. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG sieht für die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes eine unbeschränkte Anbietungspflicht für alle Unterlagen vor. Unterlagen in diesem Sinne sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG insbesondere Schriftstücke, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme; dazu gehören mithin auch E-Mails. Eine § 2 Abs. 6 BArchG vergleichbare Norm - nach der Unterlagen, die nach Auffassung der anbietungspflichtigen Stellen und des zuständigen Archivs von offensichtlich geringer Bedeutung sind, nicht angeboten werden müssen - gibt es in Baden-Württemberg nicht. Einschränkungen können allerdings gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 LArchG gerade im Hinblick auf maschinenlesbare Informationen zwischen dem Landesarchiv und der anbietenden Stelle getroffen werden.
112 
III. Nebenentscheidungen
113 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei einem Anschlussrechtsmittel ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1980 - 1 B 802.90 - juris) diese einheitlich zu treffen (vgl. BFH, Beschl. v. 17.12.2002 - I R 87/00 - juris; OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u.a. - juris Rn. 158, m.w.N.).
114 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Das Landesdatenschutzgesetz und das Landesarchivgesetz sind Landesrecht. Ebenso haben der Einwand des Rechtsmissbrauchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 13, 14 und Urt. v. 14.08.1982 - 8 C 19.90 - BVerwGE 90, 310, juris Rn. 16) und die Grundsätze der Organtreue ihre Grundlage im Landesrecht.
115 
Beschluss vom 30. Juli 2014
116 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
5.000.—EUR
festgesetzt. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel sind, soweit sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG). Das gilt auch für den Fall eines unselbständigen Anschlussrechtsmittels (vgl. BGH -GrS-, Beschl. v. 05.10.1978 - GSZ 1/78 - BGHZ 72, 339; BayVGH, Urt. v. 22.07.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 50). Da die Rechtsmittel denselben Gegenstand betreffen, ist der Auffangwert von 5.000.-- EUR nur einmal festzusetzen (vgl. OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010, a.a.O., Rn. 160; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 07.09.2010 - 1 M 210/09 - juris Rn. 57).
117 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Jede Person hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 Absatz 1 verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Daneben bleiben andere Ansprüche auf Zugang zu Informationen unberührt.

(2) Der Zugang kann durch Auskunftserteilung, Gewährung von Akteneinsicht oder in sonstiger Weise eröffnet werden. Wird eine bestimmte Art des Informationszugangs beantragt, so darf dieser nur aus gewichtigen Gründen auf andere Art eröffnet werden. Als gewichtiger Grund gilt insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand. Soweit Umweltinformationen der antragstellenden Person bereits auf andere, leicht zugängliche Art, insbesondere durch Verbreitung nach § 10, zur Verfügung stehen, kann die informationspflichtige Stelle die Person auf diese Art des Informationszugangs verweisen.

(3) Soweit ein Anspruch nach Absatz 1 besteht, sind die Umweltinformationen der antragstellenden Person unter Berücksichtigung etwaiger von ihr angegebener Zeitpunkte, spätestens jedoch mit Ablauf der Frist nach Satz 2 Nummer 1 oder Nummer 2 zugänglich zu machen. Die Frist beginnt mit Eingang des Antrags bei der informationspflichtigen Stelle, die über die Informationen verfügt, und endet

1.
mit Ablauf eines Monats oder
2.
soweit Umweltinformationen derart umfangreich und komplex sind, dass die in Nummer 1 genannte Frist nicht eingehalten werden kann, mit Ablauf von zwei Monaten.

(1) Informationspflichtige Stellen sind

1.
die Regierung und andere Stellen der öffentlichen Verwaltung. Gremien, die diese Stellen beraten, gelten als Teil der Stelle, die deren Mitglieder beruft. Zu den informationspflichtigen Stellen gehören nicht
a)
die obersten Bundesbehörden, soweit und solange sie im Rahmen der Gesetzgebung tätig werden, und
b)
Gerichte des Bundes, soweit sie nicht Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen;
2.
natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen, die im Zusammenhang mit der Umwelt stehen, insbesondere solche der umweltbezogenen Daseinsvorsorge, und dabei der Kontrolle des Bundes oder einer unter der Aufsicht des Bundes stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegen.

(2) Kontrolle im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 liegt vor, wenn

1.
die Person des Privatrechts bei der Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe oder bei der Erbringung der öffentlichen Dienstleistung gegenüber Dritten besonderen Pflichten unterliegt oder über besondere Rechte verfügt, insbesondere ein Kontrahierungszwang oder ein Anschluss- und Benutzungszwang besteht, oder
2.
eine oder mehrere der in Absatz 1 Nummer 2 genannten juristischen Personen des öffentlichen Rechts allein oder zusammen, unmittelbar oder mittelbar
a)
die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzen,
b)
über die Mehrheit der mit den Anteilen des Unternehmens verbundenen Stimmrechte verfügen oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen können, oder
3.
mehrere juristische Personen des öffentlichen Rechts zusammen unmittelbar oder mittelbar über eine Mehrheit im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a bis c verfügen und der überwiegende Anteil an dieser Mehrheit den in Absatz 1 Nummer 2 genannten juristischen Personen des öffentlichen Rechts zuzuordnen ist.

(3) Umweltinformationen sind unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen;
2.
Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 auswirken oder wahrscheinlich auswirken;
3.
Maßnahmen oder Tätigkeiten, die
a)
sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 oder auf Faktoren im Sinne der Nummer 2 auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder
b)
den Schutz von Umweltbestandteilen im Sinne der Nummer 1 bezwecken; zu den Maßnahmen gehören auch politische Konzepte, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Abkommen, Umweltvereinbarungen, Pläne und Programme;
4.
Berichte über die Umsetzung des Umweltrechts;
5.
Kosten-Nutzen-Analysen oder sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen, die zur Vorbereitung oder Durchführung von Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne der Nummer 3 verwendet werden, und
6.
den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, die Lebensbedingungen des Menschen sowie Kulturstätten und Bauwerke, soweit sie jeweils vom Zustand der Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 oder von Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne der Nummern 2 und 3 betroffen sind oder sein können; hierzu gehört auch die Kontamination der Lebensmittelkette.

(4) Eine informationspflichtige Stelle verfügt über Umweltinformationen, wenn diese bei ihr vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden. Ein Bereithalten liegt vor, wenn eine natürliche oder juristische Person, die selbst nicht informationspflichtige Stelle ist, Umweltinformationen für eine informationspflichtige Stelle im Sinne des Absatzes 1 aufbewahrt, auf die diese Stelle einen Übermittlungsanspruch hat.

Tenor

1. Der Beklagte wird verpflichtet, die drei Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers, nämlich die Dateien mit den Bezeichnungen:

- ...,

- ...,

- ...,

sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu ¾, der Kläger zu ¼.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der bis Mai 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg war, begehrt die Löschung von kopierten Daten aus seinem ihm vom Staatsministerium zur Verfügung gestellten E-Mail-Postfach.
Bei den vom Staatsministerium für seinen E-Mail-Verkehr genutzten Produkten (beim Server „Microsoft Exchange“ und im Clientbereich „Microsoft Outlook“) ist systembedingt jede E-Mail-Adresse Bestandteil einer Datenbank. Dort werden die eingehenden E-Malls in dem Postfach der E-Mail-Adresse gespeichert. Startet der Anwender auf seinem (Client-) PC das Programm Outlook, findet eine Synchronisation zwischen dem Exchange-Server und dem Outlook-Client-PC statt. Die Daten des Postfaches werden dabei in eine OST-Datei kopiert. Diese OST-Datei liegt üblicherweise auf dem PC des Anwenders. Durch das Verschieben einer E-Mail in den Ordner „gelöschte Objekte“ auf dem Client-PC und dessen Leerung können die E-Mails im Postfach durch den Anwender gelöscht werden. Auf dem Server werden diese E-Mails dadurch zunächst nicht direkt physikalisch gelöscht, aber als gelöscht gekennzeichnet. Der Server ist so eingestellt, dass die als gelöscht gekennzeichneten E-Mails innerhalb von sieben Tagen nach dem Löschen durch den Anwender wiederhergestellt werden können. Danach werden sie automatisch auf den Servern des Staatsministeriums gelöscht. Daneben bleiben die auf einem Server im Staatsministerium gelöschten Daten noch 30 Tage in einem Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach gespeichert. Dies soll sicherstellen, dass die Postfachinhalte bei technischen Problemen beziehungsweise bei einer versehentlichen Löschung vorerst weiter verfügbar bleiben. Die Löschung der Daten im Ausfallrechenzentrum erfolgt automatisch mit Ablauf der 30-Tage-Frist. Anschließend ist eine im Postfach gelöschte E-Mail nur noch verfügbar, wenn sie zuvor durch den Anwender in einer sogenannten PST-Datei archiviert wurde. Eine elektronische Langzeit-Speicherung ist nicht vorgesehen.
Für den Kläger wurde mit einem von seinem Büroleiter „i. A.“ am 11.02.2010 unterschriebenen Antragsformular erklärt: „Hiermit beantrage ich, den Internetzugang auf meinem Arbeitsplatz-PC freizuschalten. Ich benötige den Zugang ausschließlich für dienstliche Zwecke. Mir ist bekannt, dass jede Verbindung zum Internet aus Sicherheitsgründen protokolliert wird und bei Bedarf ausgewertet werden kann. Die Sicherheitshinweise auf der Rückseite dieses Antrags habe ich zur Kenntnis genommen.“ In den Sicherheitshinweisen heißt es unter Nr. 1: „Der Internetzugang auf den Arbeitsplatz-PCs des Staatsministeriums wurde ausschließlich zu dienstlichen Zwecken eingerichtet. Die private Nutzung ist untersagt.“ Eine gesonderte Regelung für den Umgang mit E-Mails gab es im Staatsministerium nicht. Es lag auch keine ausdrückliche Gestattung der privaten IT-Nutzung (etwa durch eine Betriebsvereinbarung, arbeitsvertragliche Regelungen oder durch eine IT-Richtlinie) vor. Eine Kontrolle der Nutzung auf privaten Gebrauch fand nicht statt. Für die Aktenführung im Staatsministerium wird grundsätzlich die „Gemeinsame Anordnung der Ministerien über die Verwaltung des Schriftguts der Behörden, Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes (AnO Schriftgut)“ vom 22.12.2005 angewandt.
Im Sommer/Herbst 2010 meldete das Büro des Klägers bei der EDV-Abteilung des Staatsministeriums technische Probleme mit dem elektronischen Terminkalender des „Outlook“-Postfachs. Bemängelt wurde das Verschwinden eingetragener Termine und Fristen ohne erkennbaren Grund. Zur Klärung der Probleme beauftragte der IT-Bereich des Staatsministeriums die Firma ... mit der Fehlersuche. Für die Koordinierung wurde zudem das Informatikzentrum des Landes (IZLBW) eingeschaltet. Die Arbeiten wurden nicht in der Datenverarbeitungsanlage, das heißt in dem Datensystem selbst, sondern in Kopien durchgeführt.
Im Oktober/November 2010 erstellte ein mit Administratorrechten ausgestatteter Mitarbeiter des IT-Bereichs eine Kopie des auf dem Server des Staatsministeriums liegenden und dem Kläger zugewiesenen Original-Postfachs. Nachdem die Überprüfung durch die Firma ... im Dezember 2010 abgeschlossen war und der Fehler nicht hatte gefunden werden können, blieben die kopierten Daten weiter gespeichert. Die kopierten Postfach-Daten sollten nach Angaben des Beklagten vorgehalten werden, um sie bei einem erneuten Auftreten des Fehlers mit den neueren Postfach-Daten des Klägers oder fehlerbehafteten Postfach-Daten anderer Mitarbeiter vergleichen zu können.
Die beiden Original-E-Mail-Accounts des Klägers ([email protected] und [email protected]) wurden nach dem Regierungswechsel auf dem Server des Staatsministeriums gelöscht. Die endgültige Löschung im Ausfallrechenzentrum erfolgte durch das Überschreiben der Datenbank nach 30 Tagen.
Die kopierten Dateien waren zunächst auf einem Server im Staatsministerium gespeichert. Der Festplattenbereich war nur für den mit Administratorrechten ausgestatteten Mitarbeiter ... und für seinen Vertreter zugänglich und wurde seit Dezember 2010 mit einem Zeitstempel versehen. Mit einem solchen Zeitstempel wird jeder Zugriff auf die Daten dokumentiert. Bislang fand seitens des Staatsministeriums weder eine Sichtung noch eine sonstige Nutzung der Dateien statt. Der Zeitstempel steht unverändert auf Dezember 2010.
Im Sommer 2012 wurde das Staatsministerium auf die kopierten Dateien wieder aufmerksam. In einem Vermerk vom 23.08.2012 heißt es, man sei „auf eine versehentlich nicht gelöschte Arbeitskopie des Postfaches von MP a.D. ... gestoßen, die am 20.10.2010 aufgrund von technischen Störungen zur Überprüfung“ durch eine externe Firma angelegt worden sei. In einem weiteren Vermerk vom 05.09.2012 ist ausgeführt, dass die Daten in einer Arbeitsablage vorgefunden worden seien. Ein Mitarbeiter habe berichtet, dass es sich um Daten vom Oktober 2010 handele. Damals habe eine externe Firma untersucht, weshalb Termineinträge aus dem Postfach des Klägers sporadisch verschwunden seien. Zur Lösung des Problems sei seinerzeit den externen Dienstleistern eine Kopie des Postfachs zur Überprüfung auf einem separaten Plattenplatz zur Verfügung gestellt worden. Da die externen Dienstleister das Problem nicht hätten lösen können, habe man die Daten bis zum nächsten Vorfall erhalten wollen. Dieser Umstand sei „in Vergessenheit“ geraten.
Am 30.08.2012 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Stuttgart die Amtsräume des Staatsministeriums. Dabei stellte sie die Kopien des E-Mail-Postfachs des Klägers mithilfe einer forensischen Software sicher. Hierüber unterrichtete die Staatsanwaltschaft die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 10.09.2012. Sie teilte weiter mit, die „Outlookexportdateien“ seien vorläufig sichergestellt worden, da eine sorgfältige Sichtung und Trennung der Daten am Durchsuchungsort nicht möglich gewesen sei. Die Dateien befänden sich auf einem Datenträger des Landeskriminalamts. In der Folgezeit wertete die Staatsanwaltschaft die Kopien des E-Mail-Postfachs für ihre Ermittlungen aus und übergab Daten später auch an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ (zur Weitergabe von Daten des Klägers aus einer Wohnungsdurchsuchung siehe auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.11.2012 - 4a VAs 3/12 - Justiz 2013, 181).
10 
Mit Anwaltsschreiben vom 12.09.2012 begehrte der Kläger vom Staatsministerium Auskunft, ob sich nach der Sicherstellung der Staatsanwaltschaft die Dateien beziehungsweise Kopien dieser Dateien noch im Besitz des Staatsministeriums befänden.
11 
Mit Schreiben vom 17.09.2012 teilte der Beklage dem Rechtsanwalt des Klägers daraufhin mit, dass im Staatsministerium Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers existierten. Diese seien im Herbst 2010 von der EDV-Abteilung anlässlich der vom Kläger gemeldeten Störungen des elektronischen Terminkalenders seines Outlook-Postfachs angelegt worden. Unter Einschaltung eines externen Unternehmens habe die Fehlfunktion des Terminkalenders geprüft werden sollen. Im Anschluss seien die Arbeitskopien „in Vergessenheit geraten“. Der Beklagte bat außerdem um eine Einwilligung des Klägers in die Sichtung der Kopien, um private von dienstlichen Dateien zu trennen.
12 
Hierauf bestätigte der Kläger dem Staatsministerium mit Anwaltsschreiben vom 19.09.2012, dass die Sichtung der Dateien seiner Einwilligung bedürfe. Diese werde jedoch nicht erteilt. Das Staatsministerium wurde aufgefordert, die Dateien unverzüglich zu löschen und dies bis zum 27.09.2012 zu bestätigen.
13 
Mit Schreiben vom 27.09.2012 lehnte es das Staatsministerium ab, die Dateien zu löschen. Mit Anwaltsschreiben vom 18.10.2012 ließ es ergänzend mitteilen, die Daten könnten mit großer Wahrscheinlichkeit auch dienstliche Unterlagen enthalten. Daher werde vorgeschlagen, gemeinsam eine Trennung von privaten und dienstlichen Daten vorzunehmen. Dies könne so gestaltet werden, dass die Rechtsanwälte im Beisein der Datenschutzbeauftragten des Staatsministeriums und eines gemeinsam ausgewählten Notars zum Zwecke der Dokumentation die gespeicherten Daten durchsähen und die einvernehmlich als privat eingestuften gelöscht würden. Es bestehe Bereitschaft, eine Verschwiegenheitserklärung über die privaten Mails abzugeben. Diesen Vorschlag ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 30.10.2012 mit der Begründung ablehnen, dass sämtliche vom Staatsministerium gespeicherten Daten personenbezogen seien.
14 
Am 03.12.2012 verlagerte die Firma ... im Auftrag des Staatsministeriums die auf dem Server des Staatsministeriums liegenden Dateien in einen sogenannten „Datentresor“. Dieser „Tresor“ ist mit einem Passwort vor Zugriffen geschützt. Um diesen „Datentresor“ vor Verlust zu schützen, wurde er noch auf einen dem Staatsministerium zugewiesenen Serverbereich im Informatikzentrum des Landes Baden-Württemberg (IZLBW) kopiert. Zusätzlich wurden die Daten von der Firma ... auf einen externen Datenträger überspielt. Dieser Datenträger befindet sich in einem verschweißten Beutel in einem Tresor des Staatsministeriums. Das Passwort befindet sich in einem verschlossenen Umschlag in einem weiteren Tresor. Die auf dem Server im Staatsministerium befindlichen Kopien des Postfaches wurden sodann gelöscht. Bel diesen Maßnahmen wurde keine Einsicht in die Daten genommen.
15 
Der Kläger hat am 15.10.2012 beim Verwaltungsgericht Stuttgart, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.11.2012 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwiesen hat, Klage auf Löschung der Dateien erhoben. Zur Begründung macht er geltend, er habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Löschung der Daten:
16 
Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG seien personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich sei. In den E-Mails seien personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG enthalten, daher unterfielen sie dem Landesdatenschutzgesetz, dessen Aufgabe es ausweislich seines § 1 sei, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch die Verarbeitung und damit auch das Speichern (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 2 LDSG) seiner personenbezogenen Daten in seinem grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt werde. Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürften Daten, die ausschließlich zum Zwecke der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert würden, nur für diesen Zweck und damit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG beinhalte eine strikte, ausnahmslose Zweckbindung, weshalb auch § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG unanwendbar seien. Das Nutzen der Daten für andere Zwecke als den der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage sei also unzulässig und verletze sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung beziehungsweise das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme. Demgemäß könnten die Daten auch nicht mehr erforderlich im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sein.
17 
Dies folge auch daraus, dass die E-Mail-Kommunikation dem Fernmeldegeheimnis und damit § 88 TKG unterliege. Der Beklagte sei ihm gegenüber „Diensteanbieter“ im Sinne des § 3 Nr. 6 TKG.
18 
§ 23 Abs. 3 LDSG, wonach vor einer Löschung die Daten dem Archiv zur Übernahme anzubieten seien, stehe seinem Begehren nicht entgegen. Die Daten seien seinem Persönlichkeitsbereich zuzuordnen und vollständig privat. Archivgut Privater könne das Landesarchiv nur mit deren Einvernehmen erfassen, und seine Zustimmung gebe er nicht. Jedenfalls sei die Archivierung nur unter der Prämisse einer Abschottung der Daten nach § 4 LArchG unter Wahrung der Sperrfristen gemäß § 6 Abs. 2 LArchG zulässig. Spätestens nach dem Anbieten gegenüber dem Landesarchiv habe der Beklagte die Daten zu löschen.
19 
Der Kläger beantragt zuletzt,
20 
den Beklagten zu verpflichten, drei Dateien mit „Arbeitskopien“ seines Outlook-Postfachs, nämlich die Dateien mit den Bezeichnungen:
21 
- ...,
- ...,
- ...,
22 
sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen,
23 
hilfsweise: den Beklagten zu verpflichten, die genannten Dateien sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind,
24 
weiter hilfsweise: den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Staatsministeriums vom 27.09.2012 (ohne Aktenzeichen) zu verpflichten, den Antrag auf Löschung personenbezogener Daten vom 19.09.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
25 
Der Beklagte beantragt,
26 
die Klage abzuweisen.
27 
Er ist der Ansicht, der Kläger habe keinen Löschungsanspruch. Die Speicherung der streitgegenständlichen Dateien sei zulässig. Sowohl die Speicherung der Dateien als auch deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Da der Kläger seine dienstliche E-Mail-Korrespondenz nicht vollständig zu den Sachakten genommen habe, bedürfe es einer Auswertung des E-Mail-Postfachs. Vor der Internationalen Handelskammer in Paris sei ein Schiedsverfahren gegen die EdF anhängig, in dem das Land geltend mache, im Dezember 2010 einen Betrag von 834 Mio. EUR zu viel für die Anteile an der EnBW AG bezahlt zu haben. Da der Verlauf der Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der Anteile nach wie vor in weiten Teilen nicht geklärt sei, könnten die Sicherungskopien möglicherweise wichtige Hinweise liefern und die Position des Landes in diesem Verfahren entscheidend verbessern. Weiter sei das Land aus Gründen der Verjährung gezwungen, bis spätestens Ende Dezember 2013 mögliche Rechtsmittel gegenüber den am Kauf beteiligten Personen und Gesellschaften einzulegen. Für hier in Rede stehende Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB sei aber jeweils der Nachweis des subjektiven Tatbestandes - insbesondere die bewusste Inkaufnahme eines Vermögensschadens - notwendig. Die Staatsanwaltschaft lehne eine Akteneinsicht des Landes bislang unter Hinweis auf § 406e Abs. 2 StPO ab. Darüber hinaus liege dem Staatsministerium ein Akteneinsichtsgesuch der Herren ... und ... auf der Grundlage des Landesumweltinformationsgesetzes vor, das sich unter anderem auch auf die Sicherungskopien beziehe. Das Staatsministerium habe dieses Akteneinsichtsgesuch hinsichtlich der Kopien mit Verweis auf das laufende verwaltungsgerichtliche Verfahren abgelehnt. Seitens der Herren ... und ... sei dieser Ablehnung unter Hinweis auf das öffentliche Interesse an den Unterlagen widersprochen worden. Ein Klageverfahren sei absehbar. Weiter seien die Sicherungskopien auch bereits Gegenstand einer Landtagsanfrage (Drs. 15/2640) gegenüber dem Staatsministerium gewesen.
28 
Eine Unzulässigkeit der Datenverwendung ergebe sich nicht aus § 88 TKG. Weder sei er Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG noch der Kläger ein Dritter im Sinne des § 3 Nr. 10 TKG. Auch aus weiteren Gründen greife § 88 TKG nicht.
29 
Die Speicherung der streitgegenständlichen Postfach-Daten sei von § 15 LDSG gedeckt, auch wenn die Speicherung der Postfach-Daten zunächst wohl vornehmlich zu Zwecken der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage und der Datensicherung erfolgt sei. Der Zweck der Datensicherung im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG umfasse neben der Vermeidung von Datenverlusten, Datenverfälschungen und der Vermeidung eines unbefugten Datenzugangs auch die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung verloren gegangener Datenbestände. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner E-Mail-Nachrichten zur Vervollständigung der Sachakten halte sich damit im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung. Durch die jetzige Speicherung sollten verloren gegangene, dienstlich relevante und zu den Sachakten gehörende Schriftstücke gesichert und wiederhergestellt werden.
30 
Daneben wolle § 15 Abs. 4 LDSG dem Wortlaut nach nur zweckändernde Maßnahmen und eine nachfolgende Datennutzung gegenüber Bediensteten ausschließen. Der Kläger sei aber gerade kein Bediensteter im datenschutzrechtlichen Sinne gewesen. Arbeits- oder dienstrechtliche Maßnahmen kämen gegenüber dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt in Betracht. Der Informationsgehalt der Postfach-Daten solle zwar im Rahmen der Sachakten genutzt werden; dies allein würde aber noch keine Nutzung speziell gegenüber dem Kläger darstellen.
31 
Die beabsichtigte Datenverwendung sei gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG gerechtfertigt. Es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentationspflichten nicht nachgekommen sei. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von EnBW-Anteilen E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien.
32 
Zudem sei § 23 Abs. 3 LDSG zu beachten. Archivwürdige Daten unterlägen nicht der Löschungspflicht des § 23 LDSG. Dem Landesarchiv seien die Postfach-Daten zur Übernahme anzubieten. Durch § 23 Abs. 3 LDSG und §§ 3, 7 und 8 LArchG solle sichergestellt werden, dass dem Landesarchiv auch die dem Schutzbereich des Landesdatenschutzgesetzes unterfallenden Daten angeboten und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 LArchG zukämen, übergeben würden, um dort zu verbleiben.
33 
Mit Beschluss vom 04.03.2013 wurde der Beiladungsantrag der Antragsteller ... und von ... abgelehnt, die sich auf ihren beim Staatsministerium Baden-Württemberg gestellten Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen, auch betreffend die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten, berufen hatten.
34 
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die dem Gericht vorliegenden Akten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Über die Klage hat nach der hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bindenden Verweisung des Verwaltungsgerichts Stuttgart das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu entscheiden (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).
36 
Die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, mit dem ersten Hilfsantrag dagegen begründet.
37 
Die Ablehnung der begehrten Datenlöschung seitens des beklagten Landes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf die Löschung, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
38 
1. Anspruchsgrundlage ist § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (die womöglich ebenfalls in Betracht kommende Bestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 LDSG hinge von den gleichen Rechtsfragen ab, vgl. zum Anwendungsbereich bei nachträglichem Unzulässigwerden einer Speicherung: Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 39 mit Fußn. 73 sowie - betreffend die Parallelvorschrift § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X - Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 26). Danach sind personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat derjenige, um dessen personenbezogene Daten es geht, einen Anspruch auf Löschung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.03.2004 - 1 WB 32.03 - BVerwGE 120, 188 = NVwZ 2004, 626; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 2 und 35; zu der Parallelnorm des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X: BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - NZS 2011, 473). Unter Löschen ist dabei nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 LDSG das Unkenntlichmachen der gespeicherten personenbezogenen Daten zu verstehen. Kennzeichnend dafür ist, dass die Verfügungsmöglichkeit der speichernden Stelle irreversibel wegfällt (Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 28).
39 
2. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind hier erfüllt. Die Kenntnis der Daten, deren Löschung der Kläger begehrt, ist für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen ist (§ 15 Abs. 4 LDSG).
40 
a) Es handelt sich dabei um personenbezogene Daten im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes. Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 3 Rn. 7; BAG, Beschluss vom 27.05.1986 - 1 ABR 48/84 - BAGE 52, 88 = NJW 1987, 674; Urteil vom 13.01.1987 - 1 AZR 267/85 - BAGE 54, 67 = NZA 1987, 515; jeweils für Telefondaten; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997> für Inhalts- und Verbindungsdaten beim E-Mail-Verkehr).
41 
b) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium, denn das Staatsministerium ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG zu dem Begriff der auch hier gemeinten „verantwortlichen Stelle“; zum Begriff des „Speicherns“ § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDSG).
42 
c) Die fehlende Erforderlichkeit der weiteren Kenntnis der Daten ergibt sich daraus, dass § 15 Abs. 4 LDSG einer Nutzung der Daten für den vom Beklagten - außerhalb von an dieser Stelle nicht relevanten archivrechtlichen Belangen - allein noch vorgesehenen Zweck, nämlich die Auswertung des kopierten E-Mail-Accounts auf aktenrelevante Vorgänge, entgegensteht.
43 
Der Beklagte beruft sich - neben der Bezugnahme auf den Erlaubnistatbestand des § 15 Abs. 1 LDSG - auf § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG und ist der Ansicht, das weitere Speichern der E-Mail-Postfach-Daten sei zulässig, denn es müssten mit ihrer Hilfe Angaben des Klägers überprüft werden, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestünden. Möglicherweise sei der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentations- und Archivierungspflichten nicht nachgekommen. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an dem Unternehmen EnBW (vgl. dazu auch StGH, Urteil vom 06.10.2011 - GR 2/11, 2/11 - ESVGH 62, 9 = VBlBW 2012, 19) E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Insbesondere die den Ankauf der EnBW-Aktien betreffenden Daten seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf bereits anhängige Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den Sachakten fehlten. Im Zusammenhang mit diesem Vorbringen hat der Beklagte ein Konvolut mit E-Mail-Ausdrucken vorgelegt, die der Landtag von Baden-Württemberg dem Staatsministerium mit Schreiben vom 18.06.2012 übersandt hat. Es handelt sich um das Staatsministerium betreffende Korrespondenz (an das Staatsministerium gerichtet oder aus dem Staatsministerium gesendet), die die Bank ... an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ übergeben hat.
44 
Es kann jedoch offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt ist, denn diese Bestimmungen werden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. § 15 Abs. 4 LDSG steht der weiteren Datenspeicherung entgegen. Danach dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. Im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG sind § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG nach allgemeiner Auffassung unanwendbar, denn § 15 Abs. 4 LDSG ist die speziellere Regelung (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 106 m.w.N.; zur Parallelnorm des § 67c Abs. 4 SGB X etwa Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14).
45 
Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, § 15 Abs. 4 LDSG könne schon deshalb nicht einschlägig sein, weil der Kläger gar kein „Bediensteter“ (gewesen) sei, es sich aber allein um eine Schutzvorschrift für diese Personengruppe handele, kann dem nicht gefolgt werden. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“ bezieht sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibt von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Dies zeigt etwa ein Vergleich des § 15 Abs. 4 LDSG mit der bundesgesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 4 BDSG, wo der Bestandteil „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten“ fehlt (vgl. auch Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 mit Fußn.218). § 15 Abs. 4 LDSG erlaubt die Nutzung von personenbezogenen Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur entweder für diesen Zweck oder - daneben - für hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten.
46 
Der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG ist auch sonst erfüllt. Die E-Mail-Postfach-Daten stellen - in der im Herbst 2010 kopierten Form - personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden.
47 
Die E-Mail-Postfach-Daten wurden zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können (vgl. zur Anfertigung und Aufbewahrung von Kopien als womöglich „impliziter Nebenzweck“ eines anderen Hauptzweckes § 15 Abs. 3 Satz 1 LDSG sowie Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 47 f.; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 23 und 30 ff.).
48 
Dieser Zweck beinhaltet eine Speicherung ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
49 
Zwar ist der Zweck der Datenschutzkontrolle nicht gegeben. Unter Datenschutzkontrolle versteht man sowohl die externe Kontrolle durch den Landes- beziehungsweise Bundesdatenschutzbeauftragten, die interne Kontrolle durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten oder eine andere mit der Überwachung des Datenschutzes betraute Stelle als auch die im Rahmen der Dienstaufsicht über nachgeordnete Behörden wahrgenommene Datenschutzkontrolle. Gegenstand dessen ist etwa die Protokollierung von datenschutzrelevanten Vorgängen wie Datenabrufen oder -übermittlungen (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 108; ähnlich Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 38; Fromm in jurisPK-SGB X, 1. Aufl., § 67c Rn. 35; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8; Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14). Um derlei Daten geht es hier ersichtlich nicht.
50 
Es handelt sich aber um eine Kopie ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
51 
Der Begriff Datensicherung (vgl. dazu auch Art. 7 des Übereinkommens Nr. 108 des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten; ebenso die Begrifflichkeit etwa in ähnlichem Kontext in § 37 Abs. 1 Nr. 2 AZRG, § 19 Abs. 2, § 31 BDSG, § 83 Abs. 2 SGB X, § 489 Abs. 7 Satz 2 StPO) umfasst die nach § 9 LDSG gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ausführung des Landesdatenschutzgesetzes. Die Datensicherung wird davon insoweit erfasst, als sie sich auf vom Landesdatenschutzgesetz geschützte Daten bezieht und der Gewährleistung der Ausführung von Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes dient, zum Beispiel Zugriffsprotokolle, Firewalls, Anti-Spam-Systeme, Intrusion-Detection-Systeme (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 109). Sicherungskopien können als Maßnahmen der Datensicherung angesehen werden (vgl. Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 28; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 39; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8).
52 
Bei der Speicherung zur „Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage“ (ebenso die Begrifflichkeit etwa in § 9 Abs. 1 Satz 2 ATDG, § 9 Abs. 2 Satz 2 AZRG, § 106 Abs. 3 Satz 3 BBG, § 31 BDSG) geht es im Unterschied zu den ersten Fallgruppen (Kontrolle und Sicherheit) um die Gewährleistung des Betriebs als solchen. Der Begriff des Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage umfasst dabei neben den allgemeinen Systemfunktionen des DV-Systems auch deren organisatorische und technische Voraussetzungen - etwa in Form einer Rechenzentrumsorganisation einschließlich der Not- und Ausfallpläne - wie auch das einwandfreie Funktionieren der Anwendungsprogramme und der Kommunikations-/Netzsoftware. Die Zweckbindung bezieht sich allerdings nicht auf die Inhalte der einzelnen Anwendungsprogramme, sondern auf die zusätzlichen, nur DV-technisch bedingt gespeicherten Daten (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110). In Betracht kommen die personenbezogenen Daten der Mitarbeiter im Bereich der DV-Technik, etwa die Angaben der Datenerfassung, der Systemverwaltung und der Wartung, ferner Dateien, in denen die Zugangs- und Verarbeitungsberechtigungen von Mitarbeitern oder externen Nutzern geführt werden sowie das systeminterne Handling der Nutzerdaten während der Bearbeitungsdauer (vgl. abermals Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110; ähnlich Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 29).
53 
Ohne dass es hier einer abschließenden Klärung des Verhältnisses der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage zur Datensicherung ankommt (nach Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14 gehört die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage zur „Datensicherung“), umfasst jedenfalls einer dieser beiden Tatbestände die vorliegende Kopie eines E-Mail-Postfachs. Teilweise werden Sicherungskopien der Datensicherung zugeordnet (siehe die Nachweise am Ende des Absatzes zum Begriff der Datensicherung), teilweise der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112). Nach Sinn und Zweck bezieht sich § 15 Abs. 4 LDSG gerade auch auf solche Daten.
54 
Daher scheidet eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus, weshalb auch der Löschungsanspruch des Klägers durchgreifen muss. Zwar soll bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 und 114). Dies kann aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen ist, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt wurde. Im vorliegenden Fall wurden die E-Mail-Postfach-Daten allein zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Darum geht es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten kam noch der Beklagte die Daten weiter benötigt, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können.
55 
Ausgehend davon, dass der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG erfüllt ist, ist es auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung ist insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke (also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage) zulässig (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 114; Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 31 Rn. 5 f.).
56 
Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setzte voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert werden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgehen. Daran fehlt es hier. Mit der Kopie wurden keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt; vielmehr erschöpfte sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten. Die Erzeugung neuer Daten ist aber kein zwingendes Merkmal für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 LDSG. Sinn und Zweck dieser Bestimmung über eine strikte Zweckbindung ist es, eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zum Betroffenen und der Datensicherheit zu verhindern (Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13). Dem entspricht es, Sicherungskopien auch dann einer strikten Zweckbindung zu unterstellen, wenn es lediglich um die Vervielfältigung vorhandener Daten geht. Denn andernfalls würde die Akzeptanz der Erstellung von Sicherheitskopien im Hinblick auf die damit verbundene Ausweitung der Datenvorhaltung sinken, was der Datensicherheit abträglich wäre.
57 
d) Die Schutzbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes kommen dem Kläger allerdings nicht zusätzlich zugute. Ein (weiteres) rechtliches Hindernis der Datennutzung, worauf sich das Löschungsbegehren des Klägers (außerdem) stützen ließe, ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz nicht.
58 
Der Kläger beruft sich auf die mit „Fernmeldegeheimnis“ überschriebene Bestimmung des § 88 TKG. Gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen dem Fernmeldegeheimnis der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist nach § 88 Abs. 2 Satz 1 TKG jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist (§ 88 Abs. 2 Satz 2 TKG). Nach § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG ist es den nach § 88 Abs. 2 TKG Verpflichteten untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden (§ 88 Abs. 3 Satz 2 TKG). Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht (§ 88 Abs. 3 Satz 3 TKG).
59 
Der Schutzbereich des § 88 TKG ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet. § 88 TKG ist im Verhältnis zu den Datenschutzgesetzen eine spezielle Schutzvorschrift für personenbezogene Daten, die im Rahmen eines Telekommunikationsvorgangs anfallen (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 10). § 88 TKG hat allerdings wie Art. 10 GG allein den Schutz des Fernmeldegeheimnisses zum Ziel. § 88 TKG kann als einfachgesetzliche Ausprägung des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 GG bezeichnet werden (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 1). Ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG nicht eröffnet, so kann sich ein Betroffener auch nicht auf das für Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG geltende gesetzliche Verbot nach § 88 Abs. 2 und Abs. 3 TKG berufen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - NJW 2009, 2470). So liegt der Fall hier.
60 
Das Bundesverfassungsgericht grenzt den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG in ständiger Rechtsprechung auf die Bewahrung des privaten, vor der Öffentlichkeit und den Eingriffen unbefugter Dritter unbehelligt ablaufenden Austauschs von Informationen während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ein. Der Grundrechtsschutz des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst demgegenüber nicht die nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Inhalte und Verbindungsdaten, soweit dieser eigene Schutzvorkehrungen gegen den heimlichen Datenzugriff treffen kann. Die spezifischen Gefahren einer räumlich distanzierten Kommunikation, vor denen das Telekommunikationsgeheimnis schützen will, bestehen hier nicht fort (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O. unter Bezug auf BVerfG, Urteile vom 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04 - BVerfGE 115, 166 = NJW 2006, 976 und vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 = NJW 2008, 822; siehe ferner BVerfG, 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - BVerfGE 124, 43 = NJW 2009, 2431; LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - NZA-RR 2010, 406; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - DB 2011, 1281; LAG Hamm, Urteil vom 10.07.2012 - 14 Sa 1711/10 - DuD 2013, 50 = juris Rn. 175).
61 
Gemessen daran ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses des Art. 10 Abs. 1 GG hier hinsichtlich der streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten des Klägers nicht betroffen. Dies folgt daraus, dass es sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte handelt, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet hat. Vielmehr sind diese E-Mails erst nach dem Abschluss der Übertragung über den Empfänger der E-Mail in die Speichermedien des Beklagten gelangt (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O.).
62 
Der danach allein durch andere Grundrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gewährleistete Schutz der E-Mail-Postfachdaten wird nicht durch § 88 TKG, sondern durch das allgemeine Datenschutzrecht vermittelt.
63 
Daneben ist selbst bei unterstellter Eröffnung des Schutzbereichs des Fernmeldegeheimnisses der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - a.a.O. ; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - a.a.O. ; Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 24; Schöttler in jurisPR-ITR 4/2009 Anm. 2 m.w.N.; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 ff. m.w.N.). Nach § 3 Nr. 6 TKG ist „Diensteanbieter“ jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig a) Telekommunikationsdienste erbringt oder b) an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt. „Telekommunikationsdienste“ sind nach § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. In § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG wird eine geschäftsmäßige Erbringung von Telekommunikationsdiensten vorausgesetzt. Das „geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten“ ist in § 3 Nr. 10 TKG definiert als das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.
64 
Gemessen an diesen Vorgaben spricht gegen eine Anwendbarkeit von § 88 TKG insbesondere schon die Tatsache, dass der Beklagte dem Kläger eine private E-Mail-Nutzung nie ausdrücklich gestattet hatte. Eine Erlaubnis privater Nutzung kann durch bloß passives Verhalten der das E-Mail-Postfach stellenden Behörde, also allein durch die Duldung privater Nutzung, nicht entstehen (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997, 1998>). Somit konnte das besondere Schutzbedürfnis, dem das Telekommunikationsgesetz Rechnung tragen will, nicht auftreten.
65 
Selbst bei Annahme einer erlaubten privaten Nutzung steht zudem der Gesetzeszweck des Telekommunikationsgesetzes einer Heranziehung des § 88 TKG entgegen. § 1 TKG bringt zum Ausdruck, dass es sich um ein Gesetz zur Förderung des privaten Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation handelt, dass also auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Telekommunikationsanbietern sowie diejenigen zwischen den Telekommunikationsanbietern untereinander abgezielt wird. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es hingegen nicht, die unternehmens- beziehungsweise behördeninternen Rechtsbeziehungen - etwa zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - zu regeln (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1999>; a.A. insoweit allerdings etwa Naumann in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 37 Rn. 15; Seifert in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 32 Rn. 92 m.w.N.). Zwischen dem Kläger und dem Beklagten fehlte es somit an einer Beziehung, die eine Qualifizierung als „Diensteanbieter“ und „Dritter“ erlaubt.
66 
e) Zu einer abweichenden Beurteilung gibt auch § 36 Abs. 1 LDSG keinen Anlass. Danach dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten nur verarbeitet werden, soweit dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder zur Durchführung innerdienstlicher planerischer, organisatorischer, personeller, sozialer oder haushalts- und kostenrechnerischer Maßnahmen, insbesondere zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung es vorsieht.
67 
Die Vorschrift ist auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten war. Als Mitglied der Regierung stand der Kläger nach Maßgabe des Ministergesetzes zum Land in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (§ 1 MinG). Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LV, § 1 Abs. 1 GO LReg). Er führt den Vorsitz in der Regierung und leitet ihre Geschäfte (Art. 49 Abs. 1 Satz 2 LV, § 1 Abs. 4 GO LReg). Der Ministerpräsident bedient sich zur Führung seiner Geschäfte des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GO LReg). Dessen Leitung obliegt nach Weisung des Ministerpräsidenten dem beamteten Staatssekretär des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GO LReg). Ausgehend hiervon verbietet es sich, die Stellung eines Ministerpräsidenten als „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ zu kennzeichnen. Gegen die „Beschäftigten“-Eigenschaft des Klägers spricht zudem die Definition des entsprechenden Begriffes in § 3 Abs. 11 BDSG, die sich nicht auf ein Amt wie dasjenige des Ministerpräsidenten erstreckt.
68 
Im Übrigen dient § 36 Abs. 1 LDSG einer Verstärkung des Datenschutzes und kann hier nicht zu einer Senkung des Schutzniveaus gegenüber den allgemein geltenden Bestimmungen (§ 15 LDSG) führen.
69 
f) Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bildet die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium Baden-Württemberg einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt haben, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten bezieht (vgl. den ablehnenden Teil des bei der Gerichtsakte befindlichen Bescheids des Staatsministeriums Baden-Württemberg vom 18.01.2013, der nach Angaben des Beklagten noch nicht bestandskräftig ist).
70 
Nach § 3 Abs. 1 LUIG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe weiterer Bestimmungen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Allerdings ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt (§ 3 Abs. 1 LUIG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG).
71 
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sperrt der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen die Löschung der E-Mail-Postfachdaten nicht. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebührt der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststeht oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 LUIG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 UIG enthalten. In Betracht kämen wohl allenfalls Daten „über Maßnahmen oder Tätigkeiten“, die sich auf Umweltbestandteile oder auf Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG; zur weiten Auslegung des Begriffes Umweltinformation siehe etwa Rudisile, VBlBW 2013, 46 <47> m.w.N.). Die Antragsteller beziehen sich auf den „Komplex Baumfällungen für Stuttgart 21 im Oktober 2010 und damit zusammenhängende Vorgänge, Ereignisse, Aktionen und Maßnahmen aller Art vor, während und nach Oktober 2010“, haben einen Zusammenhang zwischen den E-Mail-Postfachdaten und dem benannten Interessensgebiet aber nicht weiter nachvollziehbar substantiiert. Ein Fall der „Entziehung des Informationsanspruchs“ durch Datenlöschung (vgl. dazu Schomerus in Hk-UIG, 2. Aufl. 2002, § 3 Rn. 99) ist unter diesen Umständen nicht gegeben.
72 
Dabei wird der von der Umweltinformationsrichtlinie gesetzte Rahmen (vgl. BT-Drucks. 15/3406, S. 19) nicht verkannt. Danach sind die Ablehnungsgründe für einen Umweltinformationsanspruch eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 RL 2003/4/EG). In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 RL 2003/4/EG). Nach dem Erwägungsgrund Nr. 16 zur Umweltinformationsrichtlinie beinhaltet das Recht auf Information, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Auch unter Berücksichtigung dessen liegt hier aus den vorstehend genannten Gründen jedoch ein Ablehnungsgrund vor.
73 
g) Dem Löschungsanspruch steht schließlich dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten sind (dazu im Folgenden aa). Das Archivrecht führt allerdings zu einer Modifikation des Anspruchsumfangs (dazu im Folgenden bb).
74 
aa) Das Landesarchiv verwahrt, erhält und erschließt als Archivgut alle Unterlagen, die von den Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes, deren Funktionsvorgängern oder von Rechtsvorgängern des Landes übernommen worden sind und die bleibenden Wert haben; es macht das Archivgut allgemein nutzbar (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LArchG). Unterlagen sind insbesondere Schriftstücke, Akten, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme (§ 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG).
75 
Das Landesarchivgesetz enthält bereichsspezifische Regelungen zur Ergänzung des Datenschutzrechts; es dient dem Ausgleich des Aufgabenkonflikts von Datenschutz und Archivwesen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 12). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG bieten die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Landesarchiv an. Anzubieten sind auch Unterlagen, die durch Rechtsvorschriften über Geheimhaltung geschützt sind, wenn die abgebende Stelle im Benehmen mit dem Landesarchiv festgestellt hat, dass schutzwürdige Belange des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls angemessen berücksichtigt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG). Die schutzwürdigen Belange einer Person werden angemessen berücksichtigt, wenn im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände festgestellt werden kann, dass das öffentliche Interesse an der Archivierung der Unterlagen das Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen erheblich überwiegt (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 unter Hinweis auf Rspr. des BVerfG).
76 
Daraus ergibt sich zunächst, dass die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv keine Zwecksetzung ist, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen kann (vgl. Nieders. OVG, Urteil vom 17.09.2002 - 11 LB 123/02 - NdsVBl. 2003, 105 = juris Rn. 77: Archivierung ist Zweckentfremdung, die einer spezifisch archivgesetzlichen Regelung bedarf; VG Darmstadt, Urteil vom 15.10.2003 - 5 E 1395/97 - NJW 2004, 1471 = juris Rn. 33). § 23 Abs. 3 LDSG befasst sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindert weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen. Die Vorschrift regelt lediglich als Modalität, dass vor dem Löschen nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG das Angebot zur Übernahme an das zuständige Archiv erfolgen muss. Dies wird auch durch § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG verdeutlicht, wonach Löschungsansprüche gemäß § 13 Abs. 3 LDSG (nach jetziger Rechtslage § 23 Abs. 1 LDSG) nach Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv ausgeschlossen sind. Umgekehrt trifft der Ausschluss auf nicht dem Landesarchiv übergebene Unterlagen gerade nicht zu.
77 
bb) Der Löschungsanspruch des Klägers kann allerdings insoweit nicht durchgreifen, als es um ein Verwahren, Erhalten und Erschließen der Daten als Archivgut beim Landesarchiv Baden-Württemberg für die Aufgaben des staatlichen Archivwesens geht, das nach den Vorschriften des Landesarchivgesetzes vorgenommen wird und bei dem die schutzwürdigen Belange des Klägers durch geeignete Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden. Deshalb sind die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.
78 
Soweit der Kläger meint, es handele sich bei den streitgegenständlichen Daten um „Archivgut eines Privaten“, das nur mit seinem Einvernehmen dem Landesarchiv überantwortet werden könne, trifft dies nicht zu. Nach § 2 Abs. 3 LArchG kann das Landesarchiv auch Archivgut „anderer Stellen und Privater“ mit deren Einvernehmen erfassen, verwahren, erhalten, erschließen und allgemein nutzbar machen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht. Diese Bestimmung ist hier aber nicht anwendbar, denn es handelt sich bei den Daten um solche, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten (vgl. § 2 Abs. 1 LArchG). § 2 Abs. 3 LArchG meint Daten „aus privater Hand“ (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Landtags, LT-Drucks. 9/4575, S. 13; siehe hierzu ferner LT-Drucks. 9/3345, S. 14). Ob beziehungsweise inwieweit der Inhalt der Daten privater Natur sein mag und ob die Speicherung der Daten beim Staatsministerium (noch) zu Recht erfolgt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
79 
Die Rechtslage sieht vor, dass vor einer Löschung die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren sind. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirken, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindert.
80 
Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht ist in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ auszugehen. Das Archivrecht enthält eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz.
81 
Zwar verhält sich das Landesarchivgesetz selbst nicht ausdrücklich zu der Frage, so dass aus diesem - isoliert betrachtet - nicht geschlossen werden kann, dass zu löschende oder zu vernichtende Unterlagen angeboten und archiviert werden dürfen (vgl. Uhl, Rechtsfragen der Aussonderung und Übernahme von Archivgut, in: Archivgesetzgebung in Deutschland, 1991, S. 61 <91>; siehe hingegen für anbietungspflichtige Unterlagen § 3 Abs. 2 Satz 4 ArchG, wonach diese grundsätzlich nur mit Zustimmung des Landesarchivs vernichtet werden dürfen).
82 
Das genannte Vorrangverhältnis ergibt sich aber bereits aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Danach unterbleibt die Löschung zwar nicht - wie bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 23 Abs. 4 und 5 LDSG -, wenn das Landesarchiv Unterlagen nach Maßgabe des Landesarchivgesetzes übernehmen will. Vor einer Löschung sind die Daten aber nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsieht - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergeben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden ist.
83 
Dieses Verständnis wird gestärkt durch einen Vergleich mit der Art, wie der Bundesgesetzgeber das Verhältnis des Archivrechts zum Datenschutzrecht in seinem Bereich geregelt hat. Es spricht viel dafür, dass das Landesdatenschutzgesetz in seiner Konzeption insoweit im Wesentlichen dem Bundesdatenschutzgesetz gleicht. Nach § 2 Abs. 7 BArchG bleiben Rechtsvorschriften über die Verpflichtung zur Vernichtung von Unterlagen unberührt, was - anders als in Baden-Württemberg, das eine solche Beschränkung nicht kennt - zunächst einen Vorrang von Löschungsvorschriften auch des allgemeinen Datenschutzrechts nahezulegen scheint. Das Bundesdatenschutzgesetz nimmt seine Löschungsverpflichtung im Verhältnis zum Archivrecht aber selbst zurück. Denn § 20 Abs. 9 BDSG lautet: „§ 2 Abs. 1 bis 6, 8 und 9 des Bundesarchivgesetzes ist anzuwenden.“ Nicht in Bezug genommen ist gerade § 2 Abs. 7 BArchG. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (BT-Drucks. 11/4306, S. 47) soll die Regelung ermöglichen, dass personenbezogene Daten, die zu löschen wären, dem Bundesarchiv angeboten werden und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 BArchG zukommt, zu übergeben sind. Es werde klargestellt, dass § 18 BDSG (jetzt § 20 BDSG; entspricht weitgehend § 23 LDSG) keine dem Bundesarchivgesetz vorgehende Rechtsvorschrift über die Vernichtung von Unterlagen im Sinne des § 2 Abs. 7 BArchG sei. Auch die Literatur leitet hieraus einen Vorrang des Archivrechts ab (so Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 39; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 98; Uhl, a.a.O., S. 61 <88>; siehe ferner Bannasch in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 20 Rn. 38; nicht überzeugend dagegen Manegold, Archivrecht, S. 225, wonach die Rechtslage im Bund nicht eindeutig bzw. unklar sei). Deutlich wird dieses Verhältnis auch in dem anders formulierten, aber insoweit nicht abweichend zu verstehenden § 20 Abs. 3 Sächs. DSG. Danach darf eine Löschung, wenn die Kenntnis von personenbezogenen Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist, erst erfolgen, nachdem die Daten dem zuständigen Archiv angeboten worden sind und dieses die Archivwürdigkeit verneint hat oder über sie nicht fristgemäß entschieden hat.
84 
Es scheidet auch aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers - etwa wegen der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG - „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Hiergegen spricht, dass vor der Übernahme in das Archiv Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden können, wie etwa eine (Teil-) Anonymisierung (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 f.). Das Landesarchiv übernimmt nur Unterlagen, denen historischer Wert zukommt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LArchG). Ferner sind in § 4 LArchG Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht getroffen: Das Archivgut ist durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen vor unbefugter Nutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung zu schützen (Satz 1). Die Verknüpfung personenbezogener Daten ist innerhalb der in § 6 genannten Sperrfristen nur zulässig, wenn die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigt sind (Satz 2). Unterlagen, denen kein bleibender Wert zukommt, sind zu vernichten (Satz 3). Ferner regelt § 6 Abs. 5 Satz 1 LArchG, dass für die Nutzung von Archivgut Sperrfristen gelten, und zwar auch für die Nutzung durch Behörden, Gerichte und sonstige Stellen des Landes, bei denen es entstanden ist oder die es abgegeben haben, wenn das Archivgut - wie hier - durch diese Stellen aufgrund von Rechtsvorschriften hätte vernichtet werden müssen. Die Nutzung von Archivgut kann schließlich aus den in § 6 Abs. 6 Satz 1 LArchG aufgezählten sowie anderen wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 6 Satz 2 LArchG) eingeschränkt oder versagt werden. Einzelheiten regelt die aufgrund von § 6 Abs. 6 Satz 4 LArchG erlassene Verordnung der Landesregierung über die Benutzung des Landesarchivs Baden-Württemberg (Landesarchivbenutzungsordnung - LArchBO) vom 10.04.2006 (GBl. S. 110 ff.). Danach ist etwa für die Nutzung von Archivgut grundsätzlich ein Nutzerausweis erforderlich, der schriftlich beantragt und bei jeder Nutzung vorgelegt werden muss (§ 2 Abs. 1, 3 LArchBO). Vor der Bestellung von Archivgut zur Einsichtnahme sind das Nutzungsvorhaben, die Daten eines etwaigen Auftraggebers sowie der Nutzungszweck anzugeben (§ 2 Abs. 6 LArchBO). Der Nutzer ist verpflichtet, Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte sowie schutzwürdige Belange Dritter zu beachten (§ 2 Abs. 7 LArchBO).
85 
Zweck der archivgesetzlichen Regelungen ist es gerade auch, die Abgabe solcher Unterlagen an das Archiv zu gewährleisten, die nach allgemeinen Datenschutzregelungen verweigert werden könnten oder gar müssten (vgl. Polley, NJW 1988, 2026 f.). Die archivgesetzlichen Normen beseitigen gewissermaßen die mit dem Datenschutzrecht begründeten Aufbewahrungshindernisse; Ablieferungssperren bestehen grundsätzlich nicht (vgl. Richter, BWVPrax 1988, 25 <26>; ähnlich ders., Die Landesarchivgesetzgebung in Baden-Württemberg, in: Bannasch, Archivrecht in Baden-Württemberg, 1990, S. 229 <237 f.>). Das Archivgut soll grundsätzlich vollständig in die Staatsarchive gelangen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 15). Die Archivierung bildet ein „Löschungssurrogat“ (so Manegold, Archivrecht, S. 61 u. S. 218); das Archiv kann als „Datentreuhänder“ und unabhängiger „Sachwalter“ angesehen werden (vgl. Manegold, a.a.O., S. 64).
86 
Da der Kläger nach seinem Hauptantrag seinen Löschungsanspruch so verstanden wissen will, dass auch eine Archivierung der E-Mail-Postfachdaten beim Landesarchiv nicht soll stattfinden können, ist die Klage insoweit teilweise abzuweisen. Der Beklagte hat dem Kläger gegenüber rechtsfehlerfrei deutlich gemacht hat, dass er die streitgegenständlichen Daten gemäß den Bestimmungen des Landesarchivgesetzes dem Landesarchiv zuführen will.
87 
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestehen nicht.
88 
Zwar sind in den Archivgesetzen mancher anderer Länder - abweichend von der Rechtslage in Baden-Württemberg oder im Bundesrecht - unzulässig erhobene beziehungsweise unzulässig gespeicherte Daten ausdrücklich von der Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv und damit von der dauerhaften Archivierung ausgenommen (vgl. den Überblick bei Manegold, Archivrecht, S. 221 ff.). Der Interessenausgleich, namentlich zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) einerseits und der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) andererseits, ist dort in anderer Weise vorgenommen worden. Von Verfassungs wegen geboten ist eine derartige strikte Ausnahmeklausel aber nicht, weil es daneben andere, im Landesarchivgesetz von Baden-Württemberg auch hinreichend verankerte Möglichkeiten des Persönlichkeitsschutzes gibt.
89 
Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes - wie bereits angesprochen - dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfGE 65, 1<41 f.>; vgl. BVerfGE 103, 21 <32 f.>). Dies umfasst nicht nur elektronisch speicherbare, sondern sämtliche personenbezogenen Daten (BVerfGE 78, 77 <84>). Dabei ist grundsätzlich gleichgültig, wo die Information gewonnen wurde oder welchen Inhalt sie hat; das Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abzulösen, datenmäßig zu fixieren - zu „verdinglichen“ - und jederzeit vor einem unüberschaubaren Personenkreis zu reproduzieren, dabei auch zu verändern oder zu manipulieren (BVerfGE 101, 361 <381>; 106, 28 <40>). Träger des Grundrechts sind auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Die Gefahr, dass das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abgelöst und in anderen Zusammenhängen vor einem unüberschaubaren Personenkreis reproduziert, dabei verändert oder manipuliert wird, besteht bei Amtsträgern nicht anders als bei anderen, und sie besteht auch - und vielleicht gerade - hinsichtlich seines Erscheinungsbildes „im Amt“. Die Folgen einer solchen beliebigen Darstellung treffen den Einzelnen nicht nur in seinem Amt - dessen Ausübung ja häufig zugleich sein Beruf ist -, sondern regelmäßig zugleich in seiner persönlichen und privaten Existenz. Amts- oder funktionsbezogene Informationen - selbst richtige und nicht nur manipulierte - können für einen Politiker existenzvernichtende Folgen mit schwerwiegenden Auswirkungen auch auf die Privatsphäre haben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 23.06.2004 - 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 = NJW 2004, 2462 m.w.N.). Die oben angeführten gesetzgeberischen Vorkehrungen im Landesarchivgesetz versprechen indes einen hinreichenden Schutz.
90 
Der Kläger ist insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angeht. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsieht, kann er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Ist die Übergabe an das Landesarchiv als erste Stufe des Archivierungsprozesses, die der Kläger hier bereits vorbeugend verhindern will, erfolgt, stehen ihm zudem auf einer zweiten Stufe aus dem Landesarchivgesetz folgende Rechte eigener Art zur Verfügung. Nach Maßgabe von § 5 LArchG hat er das Recht auf Auskunft, Einsicht und Gegendarstellung. Selbst nach dem Tod des Klägers steht dem Ehegatten, den Kindern oder den Eltern ein Gegendarstellungsrecht zu, wenn die Richtigkeit von Angaben zur Person bestritten wird und ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird (vgl. zum postmortalen Persönlichkeitsschutz im Archivrecht auch Bizer, NVwZ 1993, 653 ff.).
91 
Weiter kommt dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute. Danach sind die anbietungspflichtigen Unterlagen zu vernichten, wenn das Landesarchiv die Übernahme ablehnt oder nicht „innerhalb eines Jahres“ über die Übernahme entschieden hat und wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Der genaue Beginn der Jahresfrist ist gesetzlich nicht weiter konkretisiert.
92 
In Frage käme einerseits der Zeitpunkt, in dem der Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und zugleich die Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv nach § 23 Abs. 3 LDSG entstehen. Da es aber Fälle - wie den vorliegenden - geben kann, in denen der Löschungsanspruch und die Anbietungspflicht unklar und umstritten sind, erscheint ein starrer Fristlauf beginnend bereits mit dem Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG nicht sachgerecht. Diesem Einwand ließe sich mit einer Hemmung des Fristlaufs (vgl. § 209 BGB; dort zur Wirkung bei der Verjährung) begegnen, solange die Anbietungspflicht bestritten und noch keine bestands- oder rechtskräftige Entscheidung hierzu ergangen ist. Es bestehen aber noch weitergehende Bedenken gegen eine Anknüpfung an den Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG. Die Frist des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG ist nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck als Entscheidungsfrist für das Landesarchiv ausgestaltet. Das Landesarchiv kann frühestens mit der tatsächlichen Anbietung in die Prüfung eintreten, ob es Unterlagen übernehmen will. Daher kann die Jahresfrist erst mit der tatsächlichen Anbietung zu laufen beginnen.
93 
Mit dem Charakter als Entscheidungsfrist des Landesarchivs wäre es auch nicht vereinbar, die Jahresfrist unabhängig von der tatsächlichen Anbietung bereits dann beginnen zu lassen, wenn die Behörde von der Anbietungspflicht bezogen auf die konkreten Unterlagen Kenntnis erlangt oder die Anbietungspflicht hätte kennen müssen.
94 
Lässt man die Frist erst mit der tatsächlichen Anbietung beginnen, so gibt es zwar grundsätzlich keine oder nur eine schwache Handhabe gegen ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung. Dabei ist auch zu beachten, dass das Landesarchiv in Baden-Württemberg die Stellung einer Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg hat und nicht rechtlich verselbständigt ist (vgl. auch das Organisationsstatut vom 19.05.2006). Andererseits darf die Behörde mit den Unterlagen nichts Anderes unternehmen, als sie für das Anbieten gegenüber dem Archiv vorzuhalten. Jedenfalls bei einer völligen Abschottung der Daten vor jeglichem Zugriff - wie sie hier gewährleistet ist - erscheint dies hinnehmbar, zumal bei dem Beklagten keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung beziehungsweise für eine entsprechende Absicht ersichtlich sind. Die in § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG vorgesehene Jahresfrist ist daher derzeit noch nicht abgelaufen.
95 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
96 
Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen, weil der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG bisher obergerichtlich ungeklärt und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehend klärungsbedürftig ist.
97 
BESCHLUSS
98 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
99 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
35 
Über die Klage hat nach der hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bindenden Verweisung des Verwaltungsgerichts Stuttgart das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu entscheiden (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).
36 
Die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, mit dem ersten Hilfsantrag dagegen begründet.
37 
Die Ablehnung der begehrten Datenlöschung seitens des beklagten Landes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf die Löschung, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
38 
1. Anspruchsgrundlage ist § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (die womöglich ebenfalls in Betracht kommende Bestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 LDSG hinge von den gleichen Rechtsfragen ab, vgl. zum Anwendungsbereich bei nachträglichem Unzulässigwerden einer Speicherung: Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 39 mit Fußn. 73 sowie - betreffend die Parallelvorschrift § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X - Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 26). Danach sind personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat derjenige, um dessen personenbezogene Daten es geht, einen Anspruch auf Löschung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.03.2004 - 1 WB 32.03 - BVerwGE 120, 188 = NVwZ 2004, 626; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 2 und 35; zu der Parallelnorm des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X: BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - NZS 2011, 473). Unter Löschen ist dabei nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 LDSG das Unkenntlichmachen der gespeicherten personenbezogenen Daten zu verstehen. Kennzeichnend dafür ist, dass die Verfügungsmöglichkeit der speichernden Stelle irreversibel wegfällt (Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 28).
39 
2. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind hier erfüllt. Die Kenntnis der Daten, deren Löschung der Kläger begehrt, ist für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen ist (§ 15 Abs. 4 LDSG).
40 
a) Es handelt sich dabei um personenbezogene Daten im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes. Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 3 Rn. 7; BAG, Beschluss vom 27.05.1986 - 1 ABR 48/84 - BAGE 52, 88 = NJW 1987, 674; Urteil vom 13.01.1987 - 1 AZR 267/85 - BAGE 54, 67 = NZA 1987, 515; jeweils für Telefondaten; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997> für Inhalts- und Verbindungsdaten beim E-Mail-Verkehr).
41 
b) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium, denn das Staatsministerium ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG zu dem Begriff der auch hier gemeinten „verantwortlichen Stelle“; zum Begriff des „Speicherns“ § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDSG).
42 
c) Die fehlende Erforderlichkeit der weiteren Kenntnis der Daten ergibt sich daraus, dass § 15 Abs. 4 LDSG einer Nutzung der Daten für den vom Beklagten - außerhalb von an dieser Stelle nicht relevanten archivrechtlichen Belangen - allein noch vorgesehenen Zweck, nämlich die Auswertung des kopierten E-Mail-Accounts auf aktenrelevante Vorgänge, entgegensteht.
43 
Der Beklagte beruft sich - neben der Bezugnahme auf den Erlaubnistatbestand des § 15 Abs. 1 LDSG - auf § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG und ist der Ansicht, das weitere Speichern der E-Mail-Postfach-Daten sei zulässig, denn es müssten mit ihrer Hilfe Angaben des Klägers überprüft werden, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestünden. Möglicherweise sei der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentations- und Archivierungspflichten nicht nachgekommen. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an dem Unternehmen EnBW (vgl. dazu auch StGH, Urteil vom 06.10.2011 - GR 2/11, 2/11 - ESVGH 62, 9 = VBlBW 2012, 19) E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Insbesondere die den Ankauf der EnBW-Aktien betreffenden Daten seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf bereits anhängige Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den Sachakten fehlten. Im Zusammenhang mit diesem Vorbringen hat der Beklagte ein Konvolut mit E-Mail-Ausdrucken vorgelegt, die der Landtag von Baden-Württemberg dem Staatsministerium mit Schreiben vom 18.06.2012 übersandt hat. Es handelt sich um das Staatsministerium betreffende Korrespondenz (an das Staatsministerium gerichtet oder aus dem Staatsministerium gesendet), die die Bank ... an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ übergeben hat.
44 
Es kann jedoch offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt ist, denn diese Bestimmungen werden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. § 15 Abs. 4 LDSG steht der weiteren Datenspeicherung entgegen. Danach dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. Im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG sind § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG nach allgemeiner Auffassung unanwendbar, denn § 15 Abs. 4 LDSG ist die speziellere Regelung (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 106 m.w.N.; zur Parallelnorm des § 67c Abs. 4 SGB X etwa Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14).
45 
Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, § 15 Abs. 4 LDSG könne schon deshalb nicht einschlägig sein, weil der Kläger gar kein „Bediensteter“ (gewesen) sei, es sich aber allein um eine Schutzvorschrift für diese Personengruppe handele, kann dem nicht gefolgt werden. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“ bezieht sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibt von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Dies zeigt etwa ein Vergleich des § 15 Abs. 4 LDSG mit der bundesgesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 4 BDSG, wo der Bestandteil „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten“ fehlt (vgl. auch Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 mit Fußn.218). § 15 Abs. 4 LDSG erlaubt die Nutzung von personenbezogenen Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur entweder für diesen Zweck oder - daneben - für hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten.
46 
Der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG ist auch sonst erfüllt. Die E-Mail-Postfach-Daten stellen - in der im Herbst 2010 kopierten Form - personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden.
47 
Die E-Mail-Postfach-Daten wurden zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können (vgl. zur Anfertigung und Aufbewahrung von Kopien als womöglich „impliziter Nebenzweck“ eines anderen Hauptzweckes § 15 Abs. 3 Satz 1 LDSG sowie Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 47 f.; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 23 und 30 ff.).
48 
Dieser Zweck beinhaltet eine Speicherung ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
49 
Zwar ist der Zweck der Datenschutzkontrolle nicht gegeben. Unter Datenschutzkontrolle versteht man sowohl die externe Kontrolle durch den Landes- beziehungsweise Bundesdatenschutzbeauftragten, die interne Kontrolle durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten oder eine andere mit der Überwachung des Datenschutzes betraute Stelle als auch die im Rahmen der Dienstaufsicht über nachgeordnete Behörden wahrgenommene Datenschutzkontrolle. Gegenstand dessen ist etwa die Protokollierung von datenschutzrelevanten Vorgängen wie Datenabrufen oder -übermittlungen (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 108; ähnlich Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 38; Fromm in jurisPK-SGB X, 1. Aufl., § 67c Rn. 35; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8; Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14). Um derlei Daten geht es hier ersichtlich nicht.
50 
Es handelt sich aber um eine Kopie ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
51 
Der Begriff Datensicherung (vgl. dazu auch Art. 7 des Übereinkommens Nr. 108 des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten; ebenso die Begrifflichkeit etwa in ähnlichem Kontext in § 37 Abs. 1 Nr. 2 AZRG, § 19 Abs. 2, § 31 BDSG, § 83 Abs. 2 SGB X, § 489 Abs. 7 Satz 2 StPO) umfasst die nach § 9 LDSG gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ausführung des Landesdatenschutzgesetzes. Die Datensicherung wird davon insoweit erfasst, als sie sich auf vom Landesdatenschutzgesetz geschützte Daten bezieht und der Gewährleistung der Ausführung von Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes dient, zum Beispiel Zugriffsprotokolle, Firewalls, Anti-Spam-Systeme, Intrusion-Detection-Systeme (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 109). Sicherungskopien können als Maßnahmen der Datensicherung angesehen werden (vgl. Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 28; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 39; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8).
52 
Bei der Speicherung zur „Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage“ (ebenso die Begrifflichkeit etwa in § 9 Abs. 1 Satz 2 ATDG, § 9 Abs. 2 Satz 2 AZRG, § 106 Abs. 3 Satz 3 BBG, § 31 BDSG) geht es im Unterschied zu den ersten Fallgruppen (Kontrolle und Sicherheit) um die Gewährleistung des Betriebs als solchen. Der Begriff des Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage umfasst dabei neben den allgemeinen Systemfunktionen des DV-Systems auch deren organisatorische und technische Voraussetzungen - etwa in Form einer Rechenzentrumsorganisation einschließlich der Not- und Ausfallpläne - wie auch das einwandfreie Funktionieren der Anwendungsprogramme und der Kommunikations-/Netzsoftware. Die Zweckbindung bezieht sich allerdings nicht auf die Inhalte der einzelnen Anwendungsprogramme, sondern auf die zusätzlichen, nur DV-technisch bedingt gespeicherten Daten (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110). In Betracht kommen die personenbezogenen Daten der Mitarbeiter im Bereich der DV-Technik, etwa die Angaben der Datenerfassung, der Systemverwaltung und der Wartung, ferner Dateien, in denen die Zugangs- und Verarbeitungsberechtigungen von Mitarbeitern oder externen Nutzern geführt werden sowie das systeminterne Handling der Nutzerdaten während der Bearbeitungsdauer (vgl. abermals Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110; ähnlich Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 29).
53 
Ohne dass es hier einer abschließenden Klärung des Verhältnisses der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage zur Datensicherung ankommt (nach Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14 gehört die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage zur „Datensicherung“), umfasst jedenfalls einer dieser beiden Tatbestände die vorliegende Kopie eines E-Mail-Postfachs. Teilweise werden Sicherungskopien der Datensicherung zugeordnet (siehe die Nachweise am Ende des Absatzes zum Begriff der Datensicherung), teilweise der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112). Nach Sinn und Zweck bezieht sich § 15 Abs. 4 LDSG gerade auch auf solche Daten.
54 
Daher scheidet eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus, weshalb auch der Löschungsanspruch des Klägers durchgreifen muss. Zwar soll bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 und 114). Dies kann aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen ist, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt wurde. Im vorliegenden Fall wurden die E-Mail-Postfach-Daten allein zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Darum geht es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten kam noch der Beklagte die Daten weiter benötigt, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können.
55 
Ausgehend davon, dass der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG erfüllt ist, ist es auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung ist insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke (also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage) zulässig (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 114; Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 31 Rn. 5 f.).
56 
Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setzte voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert werden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgehen. Daran fehlt es hier. Mit der Kopie wurden keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt; vielmehr erschöpfte sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten. Die Erzeugung neuer Daten ist aber kein zwingendes Merkmal für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 LDSG. Sinn und Zweck dieser Bestimmung über eine strikte Zweckbindung ist es, eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zum Betroffenen und der Datensicherheit zu verhindern (Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13). Dem entspricht es, Sicherungskopien auch dann einer strikten Zweckbindung zu unterstellen, wenn es lediglich um die Vervielfältigung vorhandener Daten geht. Denn andernfalls würde die Akzeptanz der Erstellung von Sicherheitskopien im Hinblick auf die damit verbundene Ausweitung der Datenvorhaltung sinken, was der Datensicherheit abträglich wäre.
57 
d) Die Schutzbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes kommen dem Kläger allerdings nicht zusätzlich zugute. Ein (weiteres) rechtliches Hindernis der Datennutzung, worauf sich das Löschungsbegehren des Klägers (außerdem) stützen ließe, ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz nicht.
58 
Der Kläger beruft sich auf die mit „Fernmeldegeheimnis“ überschriebene Bestimmung des § 88 TKG. Gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen dem Fernmeldegeheimnis der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist nach § 88 Abs. 2 Satz 1 TKG jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist (§ 88 Abs. 2 Satz 2 TKG). Nach § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG ist es den nach § 88 Abs. 2 TKG Verpflichteten untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden (§ 88 Abs. 3 Satz 2 TKG). Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht (§ 88 Abs. 3 Satz 3 TKG).
59 
Der Schutzbereich des § 88 TKG ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet. § 88 TKG ist im Verhältnis zu den Datenschutzgesetzen eine spezielle Schutzvorschrift für personenbezogene Daten, die im Rahmen eines Telekommunikationsvorgangs anfallen (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 10). § 88 TKG hat allerdings wie Art. 10 GG allein den Schutz des Fernmeldegeheimnisses zum Ziel. § 88 TKG kann als einfachgesetzliche Ausprägung des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 GG bezeichnet werden (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 1). Ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG nicht eröffnet, so kann sich ein Betroffener auch nicht auf das für Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG geltende gesetzliche Verbot nach § 88 Abs. 2 und Abs. 3 TKG berufen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - NJW 2009, 2470). So liegt der Fall hier.
60 
Das Bundesverfassungsgericht grenzt den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG in ständiger Rechtsprechung auf die Bewahrung des privaten, vor der Öffentlichkeit und den Eingriffen unbefugter Dritter unbehelligt ablaufenden Austauschs von Informationen während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ein. Der Grundrechtsschutz des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst demgegenüber nicht die nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Inhalte und Verbindungsdaten, soweit dieser eigene Schutzvorkehrungen gegen den heimlichen Datenzugriff treffen kann. Die spezifischen Gefahren einer räumlich distanzierten Kommunikation, vor denen das Telekommunikationsgeheimnis schützen will, bestehen hier nicht fort (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O. unter Bezug auf BVerfG, Urteile vom 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04 - BVerfGE 115, 166 = NJW 2006, 976 und vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 = NJW 2008, 822; siehe ferner BVerfG, 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - BVerfGE 124, 43 = NJW 2009, 2431; LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - NZA-RR 2010, 406; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - DB 2011, 1281; LAG Hamm, Urteil vom 10.07.2012 - 14 Sa 1711/10 - DuD 2013, 50 = juris Rn. 175).
61 
Gemessen daran ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses des Art. 10 Abs. 1 GG hier hinsichtlich der streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten des Klägers nicht betroffen. Dies folgt daraus, dass es sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte handelt, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet hat. Vielmehr sind diese E-Mails erst nach dem Abschluss der Übertragung über den Empfänger der E-Mail in die Speichermedien des Beklagten gelangt (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O.).
62 
Der danach allein durch andere Grundrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gewährleistete Schutz der E-Mail-Postfachdaten wird nicht durch § 88 TKG, sondern durch das allgemeine Datenschutzrecht vermittelt.
63 
Daneben ist selbst bei unterstellter Eröffnung des Schutzbereichs des Fernmeldegeheimnisses der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - a.a.O. ; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - a.a.O. ; Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 24; Schöttler in jurisPR-ITR 4/2009 Anm. 2 m.w.N.; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 ff. m.w.N.). Nach § 3 Nr. 6 TKG ist „Diensteanbieter“ jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig a) Telekommunikationsdienste erbringt oder b) an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt. „Telekommunikationsdienste“ sind nach § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. In § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG wird eine geschäftsmäßige Erbringung von Telekommunikationsdiensten vorausgesetzt. Das „geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten“ ist in § 3 Nr. 10 TKG definiert als das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.
64 
Gemessen an diesen Vorgaben spricht gegen eine Anwendbarkeit von § 88 TKG insbesondere schon die Tatsache, dass der Beklagte dem Kläger eine private E-Mail-Nutzung nie ausdrücklich gestattet hatte. Eine Erlaubnis privater Nutzung kann durch bloß passives Verhalten der das E-Mail-Postfach stellenden Behörde, also allein durch die Duldung privater Nutzung, nicht entstehen (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997, 1998>). Somit konnte das besondere Schutzbedürfnis, dem das Telekommunikationsgesetz Rechnung tragen will, nicht auftreten.
65 
Selbst bei Annahme einer erlaubten privaten Nutzung steht zudem der Gesetzeszweck des Telekommunikationsgesetzes einer Heranziehung des § 88 TKG entgegen. § 1 TKG bringt zum Ausdruck, dass es sich um ein Gesetz zur Förderung des privaten Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation handelt, dass also auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Telekommunikationsanbietern sowie diejenigen zwischen den Telekommunikationsanbietern untereinander abgezielt wird. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es hingegen nicht, die unternehmens- beziehungsweise behördeninternen Rechtsbeziehungen - etwa zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - zu regeln (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1999>; a.A. insoweit allerdings etwa Naumann in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 37 Rn. 15; Seifert in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 32 Rn. 92 m.w.N.). Zwischen dem Kläger und dem Beklagten fehlte es somit an einer Beziehung, die eine Qualifizierung als „Diensteanbieter“ und „Dritter“ erlaubt.
66 
e) Zu einer abweichenden Beurteilung gibt auch § 36 Abs. 1 LDSG keinen Anlass. Danach dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten nur verarbeitet werden, soweit dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder zur Durchführung innerdienstlicher planerischer, organisatorischer, personeller, sozialer oder haushalts- und kostenrechnerischer Maßnahmen, insbesondere zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung es vorsieht.
67 
Die Vorschrift ist auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten war. Als Mitglied der Regierung stand der Kläger nach Maßgabe des Ministergesetzes zum Land in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (§ 1 MinG). Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LV, § 1 Abs. 1 GO LReg). Er führt den Vorsitz in der Regierung und leitet ihre Geschäfte (Art. 49 Abs. 1 Satz 2 LV, § 1 Abs. 4 GO LReg). Der Ministerpräsident bedient sich zur Führung seiner Geschäfte des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GO LReg). Dessen Leitung obliegt nach Weisung des Ministerpräsidenten dem beamteten Staatssekretär des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GO LReg). Ausgehend hiervon verbietet es sich, die Stellung eines Ministerpräsidenten als „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ zu kennzeichnen. Gegen die „Beschäftigten“-Eigenschaft des Klägers spricht zudem die Definition des entsprechenden Begriffes in § 3 Abs. 11 BDSG, die sich nicht auf ein Amt wie dasjenige des Ministerpräsidenten erstreckt.
68 
Im Übrigen dient § 36 Abs. 1 LDSG einer Verstärkung des Datenschutzes und kann hier nicht zu einer Senkung des Schutzniveaus gegenüber den allgemein geltenden Bestimmungen (§ 15 LDSG) führen.
69 
f) Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bildet die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium Baden-Württemberg einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt haben, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten bezieht (vgl. den ablehnenden Teil des bei der Gerichtsakte befindlichen Bescheids des Staatsministeriums Baden-Württemberg vom 18.01.2013, der nach Angaben des Beklagten noch nicht bestandskräftig ist).
70 
Nach § 3 Abs. 1 LUIG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe weiterer Bestimmungen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Allerdings ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt (§ 3 Abs. 1 LUIG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG).
71 
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sperrt der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen die Löschung der E-Mail-Postfachdaten nicht. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebührt der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststeht oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 LUIG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 UIG enthalten. In Betracht kämen wohl allenfalls Daten „über Maßnahmen oder Tätigkeiten“, die sich auf Umweltbestandteile oder auf Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG; zur weiten Auslegung des Begriffes Umweltinformation siehe etwa Rudisile, VBlBW 2013, 46 <47> m.w.N.). Die Antragsteller beziehen sich auf den „Komplex Baumfällungen für Stuttgart 21 im Oktober 2010 und damit zusammenhängende Vorgänge, Ereignisse, Aktionen und Maßnahmen aller Art vor, während und nach Oktober 2010“, haben einen Zusammenhang zwischen den E-Mail-Postfachdaten und dem benannten Interessensgebiet aber nicht weiter nachvollziehbar substantiiert. Ein Fall der „Entziehung des Informationsanspruchs“ durch Datenlöschung (vgl. dazu Schomerus in Hk-UIG, 2. Aufl. 2002, § 3 Rn. 99) ist unter diesen Umständen nicht gegeben.
72 
Dabei wird der von der Umweltinformationsrichtlinie gesetzte Rahmen (vgl. BT-Drucks. 15/3406, S. 19) nicht verkannt. Danach sind die Ablehnungsgründe für einen Umweltinformationsanspruch eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 RL 2003/4/EG). In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 RL 2003/4/EG). Nach dem Erwägungsgrund Nr. 16 zur Umweltinformationsrichtlinie beinhaltet das Recht auf Information, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Auch unter Berücksichtigung dessen liegt hier aus den vorstehend genannten Gründen jedoch ein Ablehnungsgrund vor.
73 
g) Dem Löschungsanspruch steht schließlich dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten sind (dazu im Folgenden aa). Das Archivrecht führt allerdings zu einer Modifikation des Anspruchsumfangs (dazu im Folgenden bb).
74 
aa) Das Landesarchiv verwahrt, erhält und erschließt als Archivgut alle Unterlagen, die von den Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes, deren Funktionsvorgängern oder von Rechtsvorgängern des Landes übernommen worden sind und die bleibenden Wert haben; es macht das Archivgut allgemein nutzbar (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LArchG). Unterlagen sind insbesondere Schriftstücke, Akten, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme (§ 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG).
75 
Das Landesarchivgesetz enthält bereichsspezifische Regelungen zur Ergänzung des Datenschutzrechts; es dient dem Ausgleich des Aufgabenkonflikts von Datenschutz und Archivwesen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 12). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG bieten die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Landesarchiv an. Anzubieten sind auch Unterlagen, die durch Rechtsvorschriften über Geheimhaltung geschützt sind, wenn die abgebende Stelle im Benehmen mit dem Landesarchiv festgestellt hat, dass schutzwürdige Belange des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls angemessen berücksichtigt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG). Die schutzwürdigen Belange einer Person werden angemessen berücksichtigt, wenn im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände festgestellt werden kann, dass das öffentliche Interesse an der Archivierung der Unterlagen das Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen erheblich überwiegt (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 unter Hinweis auf Rspr. des BVerfG).
76 
Daraus ergibt sich zunächst, dass die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv keine Zwecksetzung ist, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen kann (vgl. Nieders. OVG, Urteil vom 17.09.2002 - 11 LB 123/02 - NdsVBl. 2003, 105 = juris Rn. 77: Archivierung ist Zweckentfremdung, die einer spezifisch archivgesetzlichen Regelung bedarf; VG Darmstadt, Urteil vom 15.10.2003 - 5 E 1395/97 - NJW 2004, 1471 = juris Rn. 33). § 23 Abs. 3 LDSG befasst sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindert weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen. Die Vorschrift regelt lediglich als Modalität, dass vor dem Löschen nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG das Angebot zur Übernahme an das zuständige Archiv erfolgen muss. Dies wird auch durch § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG verdeutlicht, wonach Löschungsansprüche gemäß § 13 Abs. 3 LDSG (nach jetziger Rechtslage § 23 Abs. 1 LDSG) nach Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv ausgeschlossen sind. Umgekehrt trifft der Ausschluss auf nicht dem Landesarchiv übergebene Unterlagen gerade nicht zu.
77 
bb) Der Löschungsanspruch des Klägers kann allerdings insoweit nicht durchgreifen, als es um ein Verwahren, Erhalten und Erschließen der Daten als Archivgut beim Landesarchiv Baden-Württemberg für die Aufgaben des staatlichen Archivwesens geht, das nach den Vorschriften des Landesarchivgesetzes vorgenommen wird und bei dem die schutzwürdigen Belange des Klägers durch geeignete Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden. Deshalb sind die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.
78 
Soweit der Kläger meint, es handele sich bei den streitgegenständlichen Daten um „Archivgut eines Privaten“, das nur mit seinem Einvernehmen dem Landesarchiv überantwortet werden könne, trifft dies nicht zu. Nach § 2 Abs. 3 LArchG kann das Landesarchiv auch Archivgut „anderer Stellen und Privater“ mit deren Einvernehmen erfassen, verwahren, erhalten, erschließen und allgemein nutzbar machen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht. Diese Bestimmung ist hier aber nicht anwendbar, denn es handelt sich bei den Daten um solche, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten (vgl. § 2 Abs. 1 LArchG). § 2 Abs. 3 LArchG meint Daten „aus privater Hand“ (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Landtags, LT-Drucks. 9/4575, S. 13; siehe hierzu ferner LT-Drucks. 9/3345, S. 14). Ob beziehungsweise inwieweit der Inhalt der Daten privater Natur sein mag und ob die Speicherung der Daten beim Staatsministerium (noch) zu Recht erfolgt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
79 
Die Rechtslage sieht vor, dass vor einer Löschung die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren sind. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirken, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindert.
80 
Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht ist in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ auszugehen. Das Archivrecht enthält eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz.
81 
Zwar verhält sich das Landesarchivgesetz selbst nicht ausdrücklich zu der Frage, so dass aus diesem - isoliert betrachtet - nicht geschlossen werden kann, dass zu löschende oder zu vernichtende Unterlagen angeboten und archiviert werden dürfen (vgl. Uhl, Rechtsfragen der Aussonderung und Übernahme von Archivgut, in: Archivgesetzgebung in Deutschland, 1991, S. 61 <91>; siehe hingegen für anbietungspflichtige Unterlagen § 3 Abs. 2 Satz 4 ArchG, wonach diese grundsätzlich nur mit Zustimmung des Landesarchivs vernichtet werden dürfen).
82 
Das genannte Vorrangverhältnis ergibt sich aber bereits aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Danach unterbleibt die Löschung zwar nicht - wie bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 23 Abs. 4 und 5 LDSG -, wenn das Landesarchiv Unterlagen nach Maßgabe des Landesarchivgesetzes übernehmen will. Vor einer Löschung sind die Daten aber nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsieht - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergeben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden ist.
83 
Dieses Verständnis wird gestärkt durch einen Vergleich mit der Art, wie der Bundesgesetzgeber das Verhältnis des Archivrechts zum Datenschutzrecht in seinem Bereich geregelt hat. Es spricht viel dafür, dass das Landesdatenschutzgesetz in seiner Konzeption insoweit im Wesentlichen dem Bundesdatenschutzgesetz gleicht. Nach § 2 Abs. 7 BArchG bleiben Rechtsvorschriften über die Verpflichtung zur Vernichtung von Unterlagen unberührt, was - anders als in Baden-Württemberg, das eine solche Beschränkung nicht kennt - zunächst einen Vorrang von Löschungsvorschriften auch des allgemeinen Datenschutzrechts nahezulegen scheint. Das Bundesdatenschutzgesetz nimmt seine Löschungsverpflichtung im Verhältnis zum Archivrecht aber selbst zurück. Denn § 20 Abs. 9 BDSG lautet: „§ 2 Abs. 1 bis 6, 8 und 9 des Bundesarchivgesetzes ist anzuwenden.“ Nicht in Bezug genommen ist gerade § 2 Abs. 7 BArchG. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (BT-Drucks. 11/4306, S. 47) soll die Regelung ermöglichen, dass personenbezogene Daten, die zu löschen wären, dem Bundesarchiv angeboten werden und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 BArchG zukommt, zu übergeben sind. Es werde klargestellt, dass § 18 BDSG (jetzt § 20 BDSG; entspricht weitgehend § 23 LDSG) keine dem Bundesarchivgesetz vorgehende Rechtsvorschrift über die Vernichtung von Unterlagen im Sinne des § 2 Abs. 7 BArchG sei. Auch die Literatur leitet hieraus einen Vorrang des Archivrechts ab (so Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 39; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 98; Uhl, a.a.O., S. 61 <88>; siehe ferner Bannasch in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 20 Rn. 38; nicht überzeugend dagegen Manegold, Archivrecht, S. 225, wonach die Rechtslage im Bund nicht eindeutig bzw. unklar sei). Deutlich wird dieses Verhältnis auch in dem anders formulierten, aber insoweit nicht abweichend zu verstehenden § 20 Abs. 3 Sächs. DSG. Danach darf eine Löschung, wenn die Kenntnis von personenbezogenen Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist, erst erfolgen, nachdem die Daten dem zuständigen Archiv angeboten worden sind und dieses die Archivwürdigkeit verneint hat oder über sie nicht fristgemäß entschieden hat.
84 
Es scheidet auch aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers - etwa wegen der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG - „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Hiergegen spricht, dass vor der Übernahme in das Archiv Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden können, wie etwa eine (Teil-) Anonymisierung (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 f.). Das Landesarchiv übernimmt nur Unterlagen, denen historischer Wert zukommt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LArchG). Ferner sind in § 4 LArchG Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht getroffen: Das Archivgut ist durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen vor unbefugter Nutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung zu schützen (Satz 1). Die Verknüpfung personenbezogener Daten ist innerhalb der in § 6 genannten Sperrfristen nur zulässig, wenn die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigt sind (Satz 2). Unterlagen, denen kein bleibender Wert zukommt, sind zu vernichten (Satz 3). Ferner regelt § 6 Abs. 5 Satz 1 LArchG, dass für die Nutzung von Archivgut Sperrfristen gelten, und zwar auch für die Nutzung durch Behörden, Gerichte und sonstige Stellen des Landes, bei denen es entstanden ist oder die es abgegeben haben, wenn das Archivgut - wie hier - durch diese Stellen aufgrund von Rechtsvorschriften hätte vernichtet werden müssen. Die Nutzung von Archivgut kann schließlich aus den in § 6 Abs. 6 Satz 1 LArchG aufgezählten sowie anderen wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 6 Satz 2 LArchG) eingeschränkt oder versagt werden. Einzelheiten regelt die aufgrund von § 6 Abs. 6 Satz 4 LArchG erlassene Verordnung der Landesregierung über die Benutzung des Landesarchivs Baden-Württemberg (Landesarchivbenutzungsordnung - LArchBO) vom 10.04.2006 (GBl. S. 110 ff.). Danach ist etwa für die Nutzung von Archivgut grundsätzlich ein Nutzerausweis erforderlich, der schriftlich beantragt und bei jeder Nutzung vorgelegt werden muss (§ 2 Abs. 1, 3 LArchBO). Vor der Bestellung von Archivgut zur Einsichtnahme sind das Nutzungsvorhaben, die Daten eines etwaigen Auftraggebers sowie der Nutzungszweck anzugeben (§ 2 Abs. 6 LArchBO). Der Nutzer ist verpflichtet, Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte sowie schutzwürdige Belange Dritter zu beachten (§ 2 Abs. 7 LArchBO).
85 
Zweck der archivgesetzlichen Regelungen ist es gerade auch, die Abgabe solcher Unterlagen an das Archiv zu gewährleisten, die nach allgemeinen Datenschutzregelungen verweigert werden könnten oder gar müssten (vgl. Polley, NJW 1988, 2026 f.). Die archivgesetzlichen Normen beseitigen gewissermaßen die mit dem Datenschutzrecht begründeten Aufbewahrungshindernisse; Ablieferungssperren bestehen grundsätzlich nicht (vgl. Richter, BWVPrax 1988, 25 <26>; ähnlich ders., Die Landesarchivgesetzgebung in Baden-Württemberg, in: Bannasch, Archivrecht in Baden-Württemberg, 1990, S. 229 <237 f.>). Das Archivgut soll grundsätzlich vollständig in die Staatsarchive gelangen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 15). Die Archivierung bildet ein „Löschungssurrogat“ (so Manegold, Archivrecht, S. 61 u. S. 218); das Archiv kann als „Datentreuhänder“ und unabhängiger „Sachwalter“ angesehen werden (vgl. Manegold, a.a.O., S. 64).
86 
Da der Kläger nach seinem Hauptantrag seinen Löschungsanspruch so verstanden wissen will, dass auch eine Archivierung der E-Mail-Postfachdaten beim Landesarchiv nicht soll stattfinden können, ist die Klage insoweit teilweise abzuweisen. Der Beklagte hat dem Kläger gegenüber rechtsfehlerfrei deutlich gemacht hat, dass er die streitgegenständlichen Daten gemäß den Bestimmungen des Landesarchivgesetzes dem Landesarchiv zuführen will.
87 
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestehen nicht.
88 
Zwar sind in den Archivgesetzen mancher anderer Länder - abweichend von der Rechtslage in Baden-Württemberg oder im Bundesrecht - unzulässig erhobene beziehungsweise unzulässig gespeicherte Daten ausdrücklich von der Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv und damit von der dauerhaften Archivierung ausgenommen (vgl. den Überblick bei Manegold, Archivrecht, S. 221 ff.). Der Interessenausgleich, namentlich zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) einerseits und der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) andererseits, ist dort in anderer Weise vorgenommen worden. Von Verfassungs wegen geboten ist eine derartige strikte Ausnahmeklausel aber nicht, weil es daneben andere, im Landesarchivgesetz von Baden-Württemberg auch hinreichend verankerte Möglichkeiten des Persönlichkeitsschutzes gibt.
89 
Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes - wie bereits angesprochen - dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfGE 65, 1<41 f.>; vgl. BVerfGE 103, 21 <32 f.>). Dies umfasst nicht nur elektronisch speicherbare, sondern sämtliche personenbezogenen Daten (BVerfGE 78, 77 <84>). Dabei ist grundsätzlich gleichgültig, wo die Information gewonnen wurde oder welchen Inhalt sie hat; das Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abzulösen, datenmäßig zu fixieren - zu „verdinglichen“ - und jederzeit vor einem unüberschaubaren Personenkreis zu reproduzieren, dabei auch zu verändern oder zu manipulieren (BVerfGE 101, 361 <381>; 106, 28 <40>). Träger des Grundrechts sind auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Die Gefahr, dass das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abgelöst und in anderen Zusammenhängen vor einem unüberschaubaren Personenkreis reproduziert, dabei verändert oder manipuliert wird, besteht bei Amtsträgern nicht anders als bei anderen, und sie besteht auch - und vielleicht gerade - hinsichtlich seines Erscheinungsbildes „im Amt“. Die Folgen einer solchen beliebigen Darstellung treffen den Einzelnen nicht nur in seinem Amt - dessen Ausübung ja häufig zugleich sein Beruf ist -, sondern regelmäßig zugleich in seiner persönlichen und privaten Existenz. Amts- oder funktionsbezogene Informationen - selbst richtige und nicht nur manipulierte - können für einen Politiker existenzvernichtende Folgen mit schwerwiegenden Auswirkungen auch auf die Privatsphäre haben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 23.06.2004 - 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 = NJW 2004, 2462 m.w.N.). Die oben angeführten gesetzgeberischen Vorkehrungen im Landesarchivgesetz versprechen indes einen hinreichenden Schutz.
90 
Der Kläger ist insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angeht. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsieht, kann er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Ist die Übergabe an das Landesarchiv als erste Stufe des Archivierungsprozesses, die der Kläger hier bereits vorbeugend verhindern will, erfolgt, stehen ihm zudem auf einer zweiten Stufe aus dem Landesarchivgesetz folgende Rechte eigener Art zur Verfügung. Nach Maßgabe von § 5 LArchG hat er das Recht auf Auskunft, Einsicht und Gegendarstellung. Selbst nach dem Tod des Klägers steht dem Ehegatten, den Kindern oder den Eltern ein Gegendarstellungsrecht zu, wenn die Richtigkeit von Angaben zur Person bestritten wird und ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird (vgl. zum postmortalen Persönlichkeitsschutz im Archivrecht auch Bizer, NVwZ 1993, 653 ff.).
91 
Weiter kommt dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute. Danach sind die anbietungspflichtigen Unterlagen zu vernichten, wenn das Landesarchiv die Übernahme ablehnt oder nicht „innerhalb eines Jahres“ über die Übernahme entschieden hat und wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Der genaue Beginn der Jahresfrist ist gesetzlich nicht weiter konkretisiert.
92 
In Frage käme einerseits der Zeitpunkt, in dem der Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und zugleich die Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv nach § 23 Abs. 3 LDSG entstehen. Da es aber Fälle - wie den vorliegenden - geben kann, in denen der Löschungsanspruch und die Anbietungspflicht unklar und umstritten sind, erscheint ein starrer Fristlauf beginnend bereits mit dem Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG nicht sachgerecht. Diesem Einwand ließe sich mit einer Hemmung des Fristlaufs (vgl. § 209 BGB; dort zur Wirkung bei der Verjährung) begegnen, solange die Anbietungspflicht bestritten und noch keine bestands- oder rechtskräftige Entscheidung hierzu ergangen ist. Es bestehen aber noch weitergehende Bedenken gegen eine Anknüpfung an den Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG. Die Frist des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG ist nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck als Entscheidungsfrist für das Landesarchiv ausgestaltet. Das Landesarchiv kann frühestens mit der tatsächlichen Anbietung in die Prüfung eintreten, ob es Unterlagen übernehmen will. Daher kann die Jahresfrist erst mit der tatsächlichen Anbietung zu laufen beginnen.
93 
Mit dem Charakter als Entscheidungsfrist des Landesarchivs wäre es auch nicht vereinbar, die Jahresfrist unabhängig von der tatsächlichen Anbietung bereits dann beginnen zu lassen, wenn die Behörde von der Anbietungspflicht bezogen auf die konkreten Unterlagen Kenntnis erlangt oder die Anbietungspflicht hätte kennen müssen.
94 
Lässt man die Frist erst mit der tatsächlichen Anbietung beginnen, so gibt es zwar grundsätzlich keine oder nur eine schwache Handhabe gegen ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung. Dabei ist auch zu beachten, dass das Landesarchiv in Baden-Württemberg die Stellung einer Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg hat und nicht rechtlich verselbständigt ist (vgl. auch das Organisationsstatut vom 19.05.2006). Andererseits darf die Behörde mit den Unterlagen nichts Anderes unternehmen, als sie für das Anbieten gegenüber dem Archiv vorzuhalten. Jedenfalls bei einer völligen Abschottung der Daten vor jeglichem Zugriff - wie sie hier gewährleistet ist - erscheint dies hinnehmbar, zumal bei dem Beklagten keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung beziehungsweise für eine entsprechende Absicht ersichtlich sind. Die in § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG vorgesehene Jahresfrist ist daher derzeit noch nicht abgelaufen.
95 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
96 
Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen, weil der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG bisher obergerichtlich ungeklärt und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehend klärungsbedürftig ist.
97 
BESCHLUSS
98 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
99 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Jede Person hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 Absatz 1 verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Daneben bleiben andere Ansprüche auf Zugang zu Informationen unberührt.

(2) Der Zugang kann durch Auskunftserteilung, Gewährung von Akteneinsicht oder in sonstiger Weise eröffnet werden. Wird eine bestimmte Art des Informationszugangs beantragt, so darf dieser nur aus gewichtigen Gründen auf andere Art eröffnet werden. Als gewichtiger Grund gilt insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand. Soweit Umweltinformationen der antragstellenden Person bereits auf andere, leicht zugängliche Art, insbesondere durch Verbreitung nach § 10, zur Verfügung stehen, kann die informationspflichtige Stelle die Person auf diese Art des Informationszugangs verweisen.

(3) Soweit ein Anspruch nach Absatz 1 besteht, sind die Umweltinformationen der antragstellenden Person unter Berücksichtigung etwaiger von ihr angegebener Zeitpunkte, spätestens jedoch mit Ablauf der Frist nach Satz 2 Nummer 1 oder Nummer 2 zugänglich zu machen. Die Frist beginnt mit Eingang des Antrags bei der informationspflichtigen Stelle, die über die Informationen verfügt, und endet

1.
mit Ablauf eines Monats oder
2.
soweit Umweltinformationen derart umfangreich und komplex sind, dass die in Nummer 1 genannte Frist nicht eingehalten werden kann, mit Ablauf von zwei Monaten.

(1) Soweit

1.
durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden,
2.
Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere Urheberrechte, durch das Zugänglichmachen von Umweltinformationen verletzt würden oder
3.
durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen,
ist der Antrag abzulehnen, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in den Nummern 1 und 3 genannten Gründe abgelehnt werden. Vor der Entscheidung über die Offenbarung der durch Satz 1 Nummer 1 bis 3 geschützten Informationen sind die Betroffenen anzuhören. Die informationspflichtige Stelle hat in der Regel von einer Betroffenheit im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 auszugehen, soweit übermittelte Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet sind. Soweit die informationspflichtige Stelle dies verlangt, haben mögliche Betroffene im Einzelnen darzulegen, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt.

(2) Umweltinformationen, die private Dritte einer informationspflichtigen Stelle übermittelt haben, ohne rechtlich dazu verpflichtet zu sein oder rechtlich verpflichtet werden zu können, und deren Offenbarung nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der Dritten hätte, dürfen ohne deren Einwilligung anderen nicht zugänglich gemacht werden, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in Satz 1 genannten Gründe abgelehnt werden.

Tenor

Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 -werden zurückgewiesen.

Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu ¼ und der Beklagte zu ¾.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der bis Mai 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg war, begehrt die Löschung von kopierten Daten aus seinem ihm vom Staatsministerium zur Verfügung gestellten E-Mail-Postfach.
Bei den vom Staatsministerium für seinen E-Mail-Verkehr genutzten Produkten (beim Server „Microsoft Exchange“ und im Clientbereich „Microsoft Outlook“) ist systembedingt jede E-Mail-Adresse Bestandteil einer Datenbank. Dort werden die eingehenden E-Mails in dem Postfach der E-Mail-Adresse gespeichert. Startet der Anwender auf seinem (Client-) PC das Programm Outlook, findet eine Synchronisation zwischen dem Exchange-Server und dem Outlook-Client-PC statt. Die Daten des Postfaches werden dabei in eine OST-Datei kopiert. Diese OST-Datei liegt üblicherweise auf dem PC des Anwenders. Durch das Verschieben einer E-Mail in den Ordner „gelöschte Objekte“ auf dem Client-PC und dessen Leerung können die E-Mails im Postfach durch den Anwender gelöscht werden. Auf dem Server werden diese E-Mails dadurch zunächst nicht direkt physikalisch gelöscht, aber als gelöscht gekennzeichnet. Der Server ist so eingestellt, dass die als gelöscht gekennzeichneten E-Mails innerhalb von sieben Tagen nach dem Löschen durch den Anwender wiederhergestellt werden können. Danach werden sie automatisch auf den Servern des Staatsministeriums gelöscht. Daneben bleiben die auf einem Server im Staatsministerium gelöschten Daten noch 30 Tage in einem Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach gespeichert. Die Löschung der Daten im Ausfallrechenzentrum erfolgt automatisch mit Ablauf der 30-Tage-Frist. Anschließend ist eine im Postfach gelöschte E-Mail nur noch verfügbar, wenn sie zuvor durch den Anwender in einer sogenannten PST-Datei archiviert wurde. Eine elektronische Langzeit-Speicherung gelöschter Mails ist nicht vorgesehen.
Für den Kläger wurde mit einem von seinem Büroleiter „i. A.“ am 11.02.2010 unterschriebenen Antragsformular beantragt, den Internetzugang auf seinem Arbeitsplatz-PC freizuschalten. Das Formular enthält unter anderen den Text: "Ich benötige den Zugang ausschließlich für dienstliche Zwecke. Mir ist bekannt, dass die Verbindung zum Internet aus Sicherheitsgründen protokolliert wird und bei Bedarf ausgewertet werden kann. Die Sicherheitshinweise auf der Rückseite dieses Antrags habe ich zur Kenntnis genommen." In diesen Sicherheitshinweisen ist unter anderem angeführt: „Der Internetzugang auf den Arbeitsplatz-PCs des Staatsministeriums wurde ausschließlich zu dienstlichen Zwecken eingerichtet. Die private Nutzung ist untersagt…Der gesamte Datenverkehr auf der Firewall des Staatsministeriums muss zur Sicherheit protokolliert werden. Nur auf diese Weise können unerlaubte Zugriffe oder Angriffe auf das Netz des Staatsministeriums identifiziert werden.“ Eine gesonderte Regelung zum Umgang mit den E-Mail-Accounts im Staatsministerium gab es nicht. Eine Kontrolle der Privatnutzung fand nicht statt. Die private IT-Nutzung durch die Mitarbeiter wurde stillschweigend geduldet.
Die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums ordnet das IT-Referat des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zu. Daraus folge, dass allein der Nutzer des Postfachs entscheide, welche E-Mails er ausdrucke und den Akten beifüge. Auch die Löschung von Postfachinhalten bleibe im Grundsatz allein dem Nutzer vorbehalten.
Für die Aktenführung im Staatsministerium wird grundsätzlich die „Gemeinsame Anordnung der Ministerien über die Verwaltung des Schriftguts der Behörden, Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes (AnO Schriftgut)“ vom 22.12.2005 angewandt. Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen. Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen. Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert.
Im Sommer/Herbst 2010 meldete das Büro des Klägers bei der IT-Abteilung des Staatsministeriums technische Probleme mit dem elektronischen Terminkalender des „Outlook“-Postfachs. Zur Klärung der Probleme beauftragte der IT-Bereich des Staatsministeriums die Firma ... mit der Fehlersuche. Für die Koordinierung wurde zudem das Informatikzentrum des Landes (IZLBW) eingeschaltet. Im Oktober/November 2010 erstellte ein mit Administratorrechten ausgestatteter Mitarbeiter des IT-Bereichs eine Kopie des auf dem Server des Staatsministeriums liegenden und dem Kläger zugewiesenen Original-Postfachs. Nachdem die Überprüfung durch die Firma ... im Dezember 2010 abgeschlossen war und der Fehler nicht hatte gefunden werden können, blieben die kopierten Daten weiter gespeichert. Die kopierten Postfach-Daten sollten nach Angaben des Beklagten vorgehalten werden, um sie bei einem erneuten Auftreten des Fehlers mit den neueren Postfach-Daten des Klägers oder fehlerbehafteten Postfach-Daten anderer Mitarbeiter vergleichen zu können.
Die beiden Original-E-Mail-Accounts des Klägers ([email protected] und [email protected]) wurden nach dem Regierungswechsel auf dem Server des Staatsministeriums gelöscht. Die endgültige Löschung im Ausfallrechenzentrum erfolgte durch das Überschreiben der Datenbank nach 30 Tagen. Die Festplatte aus dem PC des Klägers wurde diesem ausgehändigt.
Die kopierten Dateien waren zunächst auf einem Server im Staatsministerium gespeichert. Der Festplattenbereich war nur für den mit Administratorrechten ausgestatteten Mitarbeiter ... und für seinen Vertreter zugänglich und wurde seit Dezember 2010 mit einem Zeitstempel versehen. Mit einem solchen Zeitstempel wird jeder Zugriff auf die Daten dokumentiert. Bislang fand seitens des Staatsministeriums weder eine Sichtung noch eine sonstige Nutzung der Dateien statt. Der Zeitstempel steht unverändert auf Dezember 2010.
Im Sommer 2012 wurde das Staatsministerium auf die kopierten Dateien wieder aufmerksam. In einem Vermerk vom 23.08.2012 heißt es, man sei auf eine versehentlich nicht gelöschte Arbeitskopie des Postfaches von MP a.D. ... gestoßen, die am 20.10.2010 aufgrund von technischen Störungen zur Überprüfung durch eine externe Firma angelegt worden sei. In einem weiteren Vermerk vom 05.09.2012 ist ausgeführt, dieser Umstand sei in Vergessenheit geraten.
10 
Am 30.08.2012 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Stuttgart die Amtsräume des Staatsministeriums. Dabei stellte sie die Kopien des E-Mail-Postfachs des Klägers mithilfe einer forensischen Software vollständig sicher; sie befinden sich ausweislich eines Schreibens der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 10.09.2012 auf einem Datenträger des mit der weiteren Sichtung nach § 110 Abs. 1 StPO beauftragten Landeskriminalamts Baden-Württemberg. Hierüber unterrichtete die Staatsanwaltschaft die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 10.09.2012. Sie teilte weiter mit, die „Outlookexportdateien“ seien vorläufig sichergestellt worden, da eine sorgfältige Sichtung und Trennung der Daten am Durchsuchungsort nicht möglich gewesen sei. Die Dateien befänden sich auf einem Datenträger des Landeskriminalamts. In der Folgezeit wertete die Staatsanwaltschaft die Kopien des E-Mail-Postfachs für ihre Ermittlungen aus.
11 
Mit Anwaltsschreiben vom 12.09.2012 begehrte der Kläger vom Staatsministerium Auskunft, ob sich nach der Sicherstellung der Staatsanwaltschaft die Dateien beziehungsweise Kopien dieser Dateien noch im Besitz des Staatsministeriums befänden. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 17.09.2012 dem Rechtsanwalt des Klägers mit, dass im Staatsministerium Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers existierten, und bat um eine Einwilligung des Klägers in die Sichtung der Kopien, um private von dienstlichen Dateien zu trennen. Mit Anwaltsschreiben vom 19.09.2012 verweigerte der Kläger seine Einwilligung und forderte das Staatsministerium auf, die Dateien unverzüglich zu löschen. Dies lehnte das Staatsministerium mit Schreiben vom 27.09.2012 ab. Mit Anwaltsschreiben vom 18.10.2012 ließ es ergänzend mitteilen, die Daten könnten mit großer Wahrscheinlichkeit auch dienstliche Unterlagen enthalten. Daher werde vorgeschlagen, gemeinsam eine Trennung von privaten und dienstlichen Daten vorzunehmen. Diesen Vorschlag ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 30.10.2012 mit der Begründung ablehnen, dass sämtliche vom Staatsministerium gespeicherten Daten personenbezogen seien.
12 
Am 03.12.2012 verlagerte die Firma ... ... im Auftrag des Staatsministeriums die auf dem Server des Staatsministeriums liegenden Dateien in einen sogenannten „Datentresor“. Dieser „Tresor“ ist mit einem Passwort vor Zugriffen geschützt. Um diesen „Datentresor“ vor Verlust zu schützen, wurde er noch auf einen dem Staatsministerium zugewiesenen Serverbereich im Informatikzentrum des Landes Baden-Württemberg (IZLBW) kopiert. Zusätzlich wurden die Daten von der Firma ... ... auf einen externen Datenträger überspielt. Dieser Datenträger befindet sich in einem verschweißten Beutel in einem Tresor des Staatsministeriums. Das Passwort befindet sich in einem verschlossenen Umschlag in einem weiteren Tresor. Die auf dem Server im Staatsministerium befindlichen Kopien des Postfaches wurden sodann gelöscht. Bei diesen Maßnahmen wurde keine Einsicht in die Daten genommen.
13 
Der Kläger erhob am 15.10.2012 beim Verwaltungsgericht Stuttgart, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.11.2012 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwies, Klage auf Löschung der Dateien, hilfsweise auf Löschung nach Anbieten als Archivgut gegenüber dem Landesarchiv, weiter hilfsweise auf Neubescheidung. Zur Begründung machte er geltend, er habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Löschung der Daten nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG. In den E-Mails seien personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG enthalten. Das Nutzen der Daten für andere Zwecke als den der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage sei nach § 15 Abs. 4 LDSG unzulässig. Demgemäß könnten die Daten auch nicht mehr erforderlich im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sein. Die E-Mail-Kommunikation unterliege zudem dem Fernmeldegeheimnis und damit § 88 TKG. § 23 Abs. 3 LDSG, wonach vor einer Löschung die Daten dem Archiv zur Übernahme anzubieten seien, stehe seinem Begehren nicht entgegen. Die Daten seien seinem Persönlichkeitsbereich zuzuordnen und vollständig privat. Archivgut Privater könne das Landesarchiv nur mit deren Einvernehmen erfassen, und seine Zustimmung gebe er nicht. Jedenfalls sei die Archivierung nur unter der Prämisse einer Abschottung der Daten nach § 4 LArchG unter Wahrung der Sperrfristen gemäß § 6 Abs. 2 LArchG zulässig. Spätestens nach dem Anbieten gegenüber dem Landesarchiv habe der Beklagte die Daten zu löschen.
14 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Der Kläger habe keinen Löschungsanspruch. Die Speicherung der streitgegenständlichen Dateien sei zulässig. Sowohl die Speicherung der Dateien als auch deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Da der Kläger seine dienstliche E-Mail-Korrespondenz nicht vollständig zu den Sachakten genommen habe und der Verlauf der Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der Anteile der EnBW von der EdF nach wie vor in weiten Teilen nicht geklärt sei, bedürfe es einer Auswertung des E-Mail-Postfachs im Hinblick auf das vor der Internationalen Handelskammer in Paris anhängige Schiedsverfahren des Landes gegen die EdF, etwaige Schadensersatzansprüche des Landes nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und ein Akteneinsichtsgesuch zweier Privatpersonen nach dem Landesumweltinformationsgesetz, das sich unter anderem auch auf die Sicherungskopien beziehe. Weiter seien die Sicherungskopien Gegenstand einer Landtagsanfrage (LT-Drucks. 15/2640) gegenüber dem Staatsministerium gewesen. Die Staatsanwaltschaft lehne eine Akteneinsicht des Landes bislang unter Hinweis auf § 406e Abs. 2 StPO ab. Auf § 88 TKG könne sich der Kläger nicht berufen, ebensowenig auf § 15 Abs. 4 LDSG. Der Zweck der Datensicherung umfasse auch die Wiederherstellung verloren gegangener Datenbestände. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner E-Mail-Nachrichten zur Vervollständigung der Sachakten halte sich damit im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung. § 15 Abs. 4 LDSG wolle nur zweckändernde Maßnahmen und eine nachfolgende Datennutzung gegenüber Bediensteten ausschließen. Der Kläger sei aber gerade kein Bediensteter im datenschutzrechtlichen Sinne gewesen. Die beabsichtigte Datenverwendung sei gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG gerechtfertigt. Es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentationspflichten nicht nachgekommen sei. Zudem sei § 23 Abs. 3 LDSG zu beachten. Archivwürdige Daten unterlägen nicht der Löschungspflicht des § 23 LDSG.
15 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 27.05.2013 den Beklagten verpflichtet, die Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers ...PST_20101116, ...PST_20101117 und ... ...PST_20101117_DUMPSTER sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind, und im Übrigen die Klage abgewiesen (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - NVwZ-RR 2013, 428). Der Kläger habe nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG einen Anspruch auf Löschung dieser Dateien, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden seien. Es handele sich um personenbezogene Daten i.S.v. § 3 Abs. 1 LDSG. Denn die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers beträfen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich seine Kommunikation mit Dritten. Für das Staatsministerium als speichernde Stelle sei die Kenntnis der Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert worden seien und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen sei (§ 15 Abs. 4 LDSG). Es könne offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG im Hinblick auf die Dokumentationspflichten des Klägers, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt sei, denn diese Bestimmungen würden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. Diese Norm sei anwendbar. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“, aus dem der Beklagte die Unanwendbarkeit der Norm herleite, beziehe sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibe von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Die E-Mail-Postfach-Daten seien zu dem Zweck kopiert worden, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers stellten - in der im Herbst 2010 kopierten Form - daher personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert worden seien. Folglich scheide eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus. Zwar solle bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören. Dies könne aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen sei, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt worden sei. Darum gehe es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten gekommen sei noch der Beklagte die Daten weiter benötige, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Es sei auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung sei insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke, also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage, zulässig. Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setze voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert würden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgingen. Daran fehle es hier. Mit der Kopie seien keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt worden; vielmehr habe sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten erschöpft.
16 
Auf § 88 TKG könne sich der Kläger allerdings nicht berufen. Die Norm wolle allein das Fernmeldegeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG schützen, dessen Schutzbereich nicht betroffen sei. Es handele sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet habe. Zudem sei der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG.
17 
§ 36 Abs. 1 LDSG sei auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten gewesen sei. Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bilde die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt hätten, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten beziehe. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebühre der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gelte jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststehe oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1, 2 i.V.m. § 2 Abs. 3 UIG enthielten.
18 
Dem Löschungsanspruch stehe dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten seien. Die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv sei keine Zwecksetzung, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen könne. § 23 Abs. 3 LDSG befasse sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindere weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen.
19 
Das Archivrecht modifiziere allerdings den Umfang des klägerischen Anspruchs dahin, dass die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen seien, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden seien. Es handele sich bei den Daten nicht um „Archivgut eines Privaten“, das gemäß § 2 Abs. 3 LArchG nur mit Einvernehmen des Klägers dem Landesarchiv überantwortet werden könne. Die Vorschrift erfasse nur Daten „aus privater Hand“, nicht hingegen Daten wie die streitgegenständlichen, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten. Vor einer Löschung seien die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7, 8 LArchG zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirkten, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindere. Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht sei in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ - den auch das Bundesrecht kenne - auszugehen. Das Archivrecht enthalte eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz. Das genannte Vorrangverhältnis ergebe sich aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Denn vor einer Löschung seien Daten nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsehe - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7, 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergäben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden sei. Es scheide aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Vor der Übernahme in das Archiv könnten Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden, wie etwa eine (Teil-)Anonymisierung. Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht seien in § 4 und § 6 LArchG und in der Landesarchivbenutzungsordnung vorgesehen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestünden nicht. Das Landesarchiv Baden-Württemberg habe bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG schütze insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart würden. Träger des Grundrechts seien auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Der Kläger sei insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angehe. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsehe, könne er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Weiter komme dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute.
20 
Gegen das ihm am 31.05.2013 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte am 28.06.2013 (Posteingang) die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, mit der er die vollumfängliche Klageabweisung erstrebt, und am 29.07.2013 die Berufungsbegründung eingereicht. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 LDSG. Die Speicherung der Daten sei zulässig. Die Speicherung der Daten und deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Für den Begriff "Aufgaben der verantwortlichen Stelle" im Sinne des § 15 LDSG sei nicht auf diejenige Organisationseinheit einer Behörde abzustellen, die die Daten tatsächlich speichere, wie z.B. die IT-Abteilung oder das Rechenzentrum, sondern auf die Behörde oder juristische Person, der diese Abteilung angehöre. Für die Frage, ob die streitgegenständlichen Dateien für die Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle noch erforderlich seien, komme es mithin auf den Aufgabenbereich des Staatsministeriums insgesamt an. Davon zu unterscheiden sei der Begriff des Zwecks der Speicherung im Sinne des § 15 LDSG. Der Zweck könne enger sein als die Aufgabe, aber niemals über diese hinausgehen. Der Zweck sei regelmäßig weiter als der konkrete Anlass der Erhebung. Er erschöpfe sich nicht in der Erledigung des einzelnen Verwaltungsverfahrens. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner Dokumente zur Vervollständigung der Sachakten erfüllten die Voraussetzungen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung.
21 
Das Verwaltungsgericht habe den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG in einer vom Gesetz nicht beabsichtigten Weise überdehnt. Die im Herbst 2010 durchgeführte Maßnahme stelle eine Datensicherung im Sinne des § 15 Abs. 4 LDSG dar. Mit dem Begriff Datenschutzkontrolle/Datensicherung/Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes sei aber keine subjektive Konkretisierung verbunden, die den Zweck auf den konkreten Anlass beschränke. Der Zweck der Maßnahme gehe in aller Regel über den konkreten Anlass hinaus. Ansatzpunkt seien stets die so genannten "Primärzwecke" in allgemeiner Form, z.B. Zwecke der Datensicherung und/oder der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage. Diese Primärzwecke sollten von der verantwortlichen Stelle vor der jeweils beabsichtigten Verarbeitung oder Nutzung festgelegt werden. Bei unterlassener ausdrücklicher Festlegung im Zeitpunkt der Maßnahme sei der objektive Zweck maßgeblich. Dieser sei dem erkennbar verfolgten Ziel zu entnehmen. Eine weitere Detaillierung in Richtung eines konkreten Anlasses, der den in § 15 Abs. 4 LDSG genannten Zwecken zuzuordnen wäre, habe der Gesetzgeber bewusst unterlassen. Finde eine Datensicherung aus Anlass vermuteter Gerätestörungen statt, so sei die Verwendung dieser Sicherung für die Wiederherstellung anderweitig verlorengegangener Daten nach § 15 Abs. 4 LDSG nicht ausgeschlossen.
22 
Die Wiedergewinnung verloren gegangener Originaldaten gehöre selbstverständlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Verwendungszwecken. Diene die Maßnahme der Sicherung bestimmter Datenbestände, so dürften diese bei Verlust über die angefertigten Sicherungskopien wiederhergestellt und zur Aufgabenerfüllung verwendet werden. Liege der Erhebung oder Speicherung keine (aufgabenspezifische) Rechtsvorschrift zu Grunde oder biete diese keinen geeigneten Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und habe auch der Betroffene keine ausdrückliche Verfügung getroffen, so seien die verfolgten Zwecke auf der Grundlage eines pragmatischen Verständnisses des Handelns der öffentlichen Stelle zu bestimmen. Es sei von einer typischen und sachgerechten Organisation der verantwortlichen Stelle auszugehen. Aufgabe des IT-Bereichs sei es, die für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlichen Daten zu sichern und die ordnungsgemäße Funktion der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums sicherzustellen. Genau dieser Aufgabe hätten die im Herbst 2010 bezüglich des klägerischen Accounts durchgeführten Maßnahmen gedient. Zum Zeitpunkt der Maßnahme habe noch keinerlei Kenntnis der Ursachen der aufgetretenen Datenverluste existiert. Ein rechtswidriger Zugriff von außen oder unbefugtes Handeln Dritter hätten im Zeitpunkt der Maßnahme von niemandem ausgeschlossen werden können. Auch deswegen greife die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil vertretene enge Festlegung auf bestimmte Verlustszenarien zu kurz. Durch das Ausscheiden des Klägers aus dem Amt des Ministerpräsidenten sei keine "Zweckerfüllung" eingetreten. Durch § 15 Abs. 4 LDSG werde nicht ausgeschlossen, dass die streitgegenständlichen Daten im Sinne ihrer engen Zweckbindung (Sicherungskopie) zur Herstellung der Originaldateien benutzt würden. Die wiederhergestellten Originaldateien dürften jedenfalls für diejenigen Zwecke verwendet werden, zu denen sie der Kläger ursprünglich angelegt habe. Daher halte sich die Aufnahme der Postfachdaten in bereits vorhandene Sachakten im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecke und der wahrgenommenen Aufgaben. Die Befugnis zur Wiedergewinnung der Originaldaten gelte unabhängig davon, auf welche Weise die Daten verloren gegangen seien. Der Zweck der Datensicherung umfasse alle Maßnahmen zum Schutz vor Datenverlusten. Hier seien die Sicherungskopien zum Schutz der Originaldateien angelegt worden. Dass die Originaldateien hier nicht versehentlich, sondern bewusst und entgegen der dem Kläger obliegenden Aktenführungspflichten nicht gesichert, sondern gelöscht worden seien, führe zu der objektiven Feststellung des Verlusts von Daten, die nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 LDSG zulässigerweise gespeichert werden dürften und aus der Sicht ordnungsgemäßen nachweisbaren staatlichen Handelns hätten gespeichert werden müssen. Lösche ein Mitarbeiter einer Behörde ganz bewusst auch solche dienstlichen Daten, die noch zu der konkreten Aufgabenwahrnehmung benötigt würden, so müsse die betroffene Behörde befugt sein, auf alle vorhandenen Sicherungskopien zurückzugreifen. Auch die Datensabotage oder missbräuchliche Nutzung durch eigene Mitarbeiter stelle einen Datenverlust dar, vor dem Maßnahmen zur Datensicherung schützen sollten.
23 
Speziell solche Daten, die im Zusammenhang mit den von dem Beklagten bereits erstinstanzlich genannten Verfahren stünden, seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums nach wie vor erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf die bereits anhängigen Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den entsprechenden Sachakten fehlten. Weder die Mitarbeiter noch die von den Mitarbeitern selbst zu dienstlichen Zwecken angelegten dienstlichen Inhalts-Dateien bedürften des vom Verwaltungsgericht angenommenen weiten Schutzes. Nach dem Sinn und Zweck der Sonderregelung in § 15 Abs. 4 LDSG solle durch die strikte Zweckbindung lediglich ausgeschlossen werden, dass die aus Bedürfnissen des Datenschutzes und der Datensicherheitzusätzlich erhobenen Datenbestände als Informationsgrundlage für andere Zwecke zur Verfügung stünden, weil dadurch der Einsatz wirksamer Datenschutz- und Sicherungsmethoden indirekt behindert würde. Mit der Wiederherstellung und dienstlichen Verwendung der zu dienstlichen Zwecken selbst angelegten oder zu diesem Zweck empfangenen Daten könne und müsse ein Mitarbeiter aber jederzeit rechnen. Durch die vom Verwaltungsgericht angenommene Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG werde zugleich das spezielle Regel-Ausnahmeprinzip des § 15 LDSG in einer vom Gesetz nicht beabsichtigten Weise verengt. Behörden und Unternehmen wären in einer Vielzahl von Fällen zur Aufgabe ihrer an sich höherrangigen und berechtigten Interessen gezwungen und letztlich dem Belieben ihrer unbefugt handelnden Mitarbeiter ausgesetzt, wenn und soweit diese (bewusst) dienstliche Dokumente vernichteten.
24 
Völlig unberücksichtigt habe das Verwaltungsgericht gelassen, dass Sinn und Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht sei, denjenigen zu schützen, der selbst in rechtswidriger Weise den Zwecken der Datensicherung zuwidergehandelt habe. Dem Kläger habe während seiner Amtszeit als Ministerpräsident auch im Hinblick auf die in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG genannten Belange die Pflicht oblegen, solche Daten zu sichern, die in die Sachakten des Staatsministeriums gehörten. Diese Sicherung sei unterblieben. Aufgrund der von dem Beklagten vorgelegten E-Mail-Schreiben des Klägers stehe fest, dass dieser z.B. im Zusammenhang mit dem Erwerb der EnBW-Anteile E-Mail-Schreiben erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Die gesamte Anbahnung des Erwerbs der EnBW-Anteile sei unter Ausschluss der zuständigen Ministerien und ihrer Ministerialebenen allein über das damalige Ministerpräsidentenbüro des Klägers vorbereitet und abgeschlossen worden. Die dem Erwerb zu Grunde liegenden Überlegungen und Informationen seien zwischen den beteiligten Parteien ganz überwiegend in digitaler Form ausgetauscht worden. Akten im klassischen Sinn seien zu diesem Vorgang nicht vorhanden. Auch die Akten zum Polizeieinsatz vom 30.09.2009 enthielten keine E-Mail-Nachrichten des Klägers, obwohl die Bevollmächtigten des Klägers gegenüber dem Verwaltungsgericht im Erörterungstermin vom 29.04.2013 erklärt hätten, dass die Staatsanwaltschaft den streitgegenständlichen Sicherungskopien zu diesem Thema insgesamt zwei bis drei Leitzordner E-Mails entnommen und beschlagnahmt habe.
25 
Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus der Amtszeit des Klägers bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Verwaltungs- und Regierungshandeln allgemein und in anderen Fällen betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Der Kläger behaupte gerade nicht, dass es sich bei den gespeicherten Postfach-Daten ausschließlich um den rein privaten Bereich betreffende E-Mails handele. Vielmehr habe er erstinstanzlich geltend gemacht, er habe während seiner Amtszeit als Ministerpräsident keinerlei Dokumentations- und Aktenführungspflicht unterlegen, und bringe nun vor, er habe alle maßgeblichen Unterlagen zu den Sachakten genommen. Der Kläger habe Dokumentations- und Aktenführungspflichten unterlegen. Die Vollständigkeit staatlicher Akten bilde die Grundlage rechtmäßigen staatlichen Handelns und sei Voraussetzung für jede Rechtskontrolle im Sinne von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Das Parlament habe Anteil an der Staatsleitung durch die ihm zustehenden Mitentscheidungskompetenzen und der ihm zugewiesenen parlamentarischen Kontrolle, deren Ziel es sei, das Handeln der Regierung transparent und verantwortlich zu machen. Die dem Staatsministerium durch Übersenden seitens des Untersuchungsausschusses bekannte, dem Gericht vorgelegte E-Mail-Korrespondenz des Klägers betreffe keinen der Kontrolle des Parlaments entzogenen Vorbehaltsbereich der Regierung. Es handle sich um den Gedankenaustausch eines Ministerpräsidenten mit einem außerhalb des Kabinetts stehenden Dritten im Zusammenhang mit einer beabsichtigten wirtschaftlichen Betätigung des Landes. Dem parlamentarischen Informationsrecht entspreche eine grundsätzliche Informationspflicht der Landesregierung. Die Informations- und Akteneinsichtsrechte - in Form von Rechtsansprüchen nach § 29 Abs. 1 LVwVfG, Art. 35 LV i.V.m. § 14 UAG, § 61 LTGO und im Ermessenswege nach allgemeinen Grundsätzen - setzten eine Pflicht zur Führung vollständiger und wahrheitsgetreuer Akten voraus. Die Aktenführungspflicht ergebe sich auch ohne ausdrücklichen Ausspruch in einem Gesetz oder einem Organisationsstatut aus der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht der Behörden und Verfassungsorgane zur objektiven Dokumentation des bisherigen wesentlichen sachbezogenen Geschehensablaufs und der möglichen Erkenntnisquellen für das zukünftige Handeln. Selbstverständlich sei das Staatsministerium verpflichtet, Daten, die den rein familiären Bereich beträfen, zu löschen. Eine diesbezügliche Trennung der Postfachdaten sei über die Absender- bzw. Empfängerdaten technisch möglich. Die Einsichtnahme in die Absender- bzw. Empfängerdaten sei dem Kläger auch zumutbar und keine Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Durch das Löschen der allein elektronisch gespeicherten dienstlichen Daten habe der Kläger die Aufgabenwahrnehmung des Beklagten in einigen Bereichen nahezu unmöglich gemacht. Dies lasse seine Schutzbedürftigkeit insgesamt entfallen.
26 
Der Beklagte beantragt,
27 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
28 
Der Kläger beantragt,
29 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
30 
Die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe Originaldateien entgegen der ihm obliegenden Aktenführungspflichten gelöscht, sei haltlos. Der Vortrag des Beklagten erfolge ohne ansatzweise substantiierte Darlegung. Auf der grundlosen Unterstellung, der Kläger habe gegen seine Aktenführungspflicht verstoßen, beruhe die Argumentation des Beklagten, dass es sich bei den streitgegenständlichen Daten um solche handele, die nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 LDSG zur Erfüllung der Aufgaben des Beklagten erforderlich seien, und dass der Beklagte befugt sein müsse, auf noch vorhandene Sicherungskopien zurückzugreifen. Es sei eine falsche Behauptung, dass im Staatsministerium wenige Schriftstücke aus der Amtszeit des Klägers vorhanden seien. Regierungshandeln unterliege nicht der Anordnung Schriftgut und nach dieser Verwaltungsvorschrift seien nur solche E-Mails zu den Akten zu nehmen, die "Entscheidungen" enthielten, es sei denn der Bearbeiter ordne ihre Aufbewahrung an. Eine elektronische Archivierung von E-Mails sei im Staatsministerium nicht erfolgt. Die Löschung von E-Mails sei Aufgabe des jeweiligen Adressaten gewesen. Zudem gebe es einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der einen nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließe, zu dem auch die Willensbildung der Regierung selbst zähle. Danach seien ausgetauschte Meinungen und Werturteile auch in öffentlichen Angelegenheiten nicht in Akten zu dokumentieren.
31 
Ob Daten zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG noch erforderlich seien, richte sich ausschließlich nach der Zweckbestimmung, die der Speicherung der Daten zu Grunde gelegen habe. Nicht mehr erforderlich seien die Daten, wenn die Aufgabe, zu deren Erfüllung sie gespeichert worden seien, endgültig entfallen sei. Dies werde aus der Systematik des § 15 Abs. 1 LDSG deutlich, indem dort zum Erforderlichkeitsgrundsatz (Nr. 1) kumulativ der Grundsatz der Zweckbindung (Nr. 2) hinzutrete. Daten seien daher zur Aufgabenerfüllung nur solange erforderlich, wie die konkrete Aufgabe aktuell sei. Es gehe vorliegend daher nicht darum, ob der Zweck, zu dem die streitgegenständlichen Daten gespeichert worden seien, über den konkreten Anlass - hier eine technische Störung des E-Mail-Accounts des Klägers im Oktober 2010 - hinausgehe. Bei der Frage, ob die Aufgabe entfallen sei, sei die mit dem Ausscheiden des Klägers aus dem Amt des Ministerpräsidenten verbundene Zeitkomponente maßgeblich, die vom Beklagten außer Acht gelassen werde. Mit diesem Ausscheiden seien die die weitere Speicherung rechtfertigenden Aufgaben entfallen. Die streitgegenständlichen Daten seien nicht zum Zweck der Datensicherung im Sinne der Sicherung ihrer fortwährenden Verfügbarkeit im EDV-System des Beklagten gespeichert worden. Eine Wiedergewinnung von Daten, die in Sicherungskopien gespeichert seien, nach § 15 Abs. 4 LDSG sei nur in den Grenzen der konkreten Aufgabe, zu deren Erfüllung die Speicherung erfolgt sei, zulässig. Vorliegend gehe es nicht um einen Datenverlust durch einen Systemfehler, dessen nachteiligen Folgen auf den ordnungsgemäßen Betrieb der Datenverarbeitungsanlage durch die streitgegenständlichen Sicherungskopien habe entgegengesteuert werden sollen, sondern der Kläger habe als Betroffener bewusst entschieden, diese Daten zu löschen. Die Daten sollten nach dem Anliegen des Beklagten nicht für den intendierten Sicherungszweck (Verlust durch Systemfehler), sondern zu anderen Zwecken, insbesondere der vermeintlich angezeigten Überprüfung der Vollständigkeit von Akten (§ 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG), angeblicher erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl (§ 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG) oder gar der Aufdeckung vermuteter Rechtsverstöße (§ 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG) herangezogen werden. Dies sei jedoch datenschutzrechtlich unzulässig. Die Annahme des Beklagten, die strikte Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG erfasse ausschließlich "zusätzlich" erhobene Datenbestände, verkenne, dass die strikte Zweckbindung ungeachtet des Inhalts der Sicherungskopie hier die streitgegenständlichen Daten erfasse. Der „unclean hands“-Einwand des Beklagten sei für den datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch aus § 23 Abs. 1 LDSG irrelevant. Andernfalls würde die durch § 15 Abs. 4 LDSG bewirkte strikte Zweckbindung ausgehöhlt. Eine Reduzierung des datenschutzrechtlichen Schutzniveaus ergebe sich hier weder daraus, dass die private IT-Nutzung nicht ausdrücklich gestattet worden sei, noch aus dem Umstand, dass der Kläger die Funktion des Ministerpräsidenten innegehabt habe. Die von dem Beklagten angeführten parlamentarischen Kontrollbefugnisse seien nicht dazu geeignet, den datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und die strikte Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG einzuschränken.
32 
Auf die ihm am 01.08.2013 zugestellte Berufungsbegründung hin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 30.08.2013, der am selben Tag beim Verwaltungsgerichtshof einging, Anschlussberufung eingelegt, mit der er seinen erstinstanzlichen Hauptantrag auf uneingeschränkte Löschung der streitgegenständlichen Dateien weiterverfolgt. Zur Begründung führt er aus, die streitgegenständlichen Daten seien als privat einzustufen und allenfalls nach § 2 Abs. 3 LArchG mit dem Einvernehmen des Klägers dem Landesarchiv anzubieten. Mit § 2 Abs. 3 LArchG seien keine Eingriffsbefugnisse verbunden. Auch unter der Annahme, dass kein Fall des § 2 Abs. 3 LArchG vorliege, komme man nicht zu einem Anbieten. Der Kläger in seiner Funktion als Ministerpräsident sei als Verfassungsorgan mit eigenen Organrechten zu betrachten gewesen. Der Kläger selbst sei also Stelle im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG. Die Übergabe durch die Stelle beziehe sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG ausschließlich auf Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötige. Potentielles Archivgut könnten also nur solche Unterlagen sein, die bei der Stelle im Vorfeld der Anbietung der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben dieser Stelle gedient hätten. Dies sei jedoch hier nicht der Fall. Die Daten hätten nicht der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten gedient, denn sie seien ausschließlich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden. Es bestehe also eine Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut dem Landesarchiv anzubieten seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts führe dazu, dass auch Daten, von denen bereits im Vorfeld der Anbietung an das Landesarchiv bekannt sei, dass sie wegen eines Fortfalls des Zwecks im Sinne des § 15 Abs. 4 LDSG nach § 23 Abs. 1 LDSG zu löschen seien, dem Landesarchiv zum Zwecke der Archivierung anzubieten seien. Aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei jedoch ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber danach differenziere, ob ein Löschungsanspruch vor oder nach der Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv erhoben werde. Zwar seien von den Stellen personenbezogene Daten infolge des § 23 Abs. 3 LDSG selbst dann vor der Löschung dem Landesarchiv anzubieten, wenn diese unzulässig gespeichert worden seien. Der die öffentlich-rechtliche Löschungspflicht der öffentlichen Hand widerspiegelnde subjektive Löschungsanspruch des Betroffenen gehe jedoch weiter und sei erst dann ausgeschlossen, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die (weitere) Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. Zudem folge aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, dass unzulässig gespeicherte Daten nicht der archivrechtlichen Anbietungspflicht des § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG unterlägen. Aus § 23 Abs. 3 LDSG im Zusammenspiel mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG lasse sich kein gesetzlicher Rahmen entnehmen, der dem an einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung anzulegenden Bestimmtheitsgrad genüge. Zudem müssten nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts alle in der Landesverwaltung eingehenden und versandten E-Mails vor ihrer Löschung dem Archiv angeboten werden; diese Kontrollüberlegung zeige, dass die Argumentation des Verwaltungsgerichts unzutreffend sei.
33 
Mit der Anschlussberufung beantragt der Kläger,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - teilweise zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, die Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers ... ...PST_20101116, ...PST_20101117 und ... ...PST_20101117_DUMPSTER sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen.
35 
Der Beklagte beantragt,
36 
die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
37 
Das Archivrecht gewährleiste mit den Anbietungs- und Übergabepflichten einerseits und den Sperrfristen andererseits einen angemessenen Ausgleich zwischen den divergierenden Geheimhaltungs- und Publizitätsinteressen der Beteiligten. Die streitgegenständlichen Dateien seien nicht als privat einzustufen. Jedenfalls in den Fällen, in denen der Kläger - wie hier - über seinen Dienstrechner und das ihm als Ministerpräsidenten zugewiesene dienstliche Mailkonto kommuniziert habe, seien die entstandenen Postfachdaten als amtlich einzuordnen. Alle Korrespondenz eines Regierungschefs mit Ausnahme familiärer Schreiben sei von der öffentlichen Amtsfunktion überlagert. Die streitgegenständlichen Sicherungskopien hätten der Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums insgesamt und der Aufgabenerfüllung des Klägers als damaligem Ministerpräsidenten gedient. Gemäß §§ 2, 3 LArchG sei es Aufgabe des Landesarchivs, die ihm angebotenen Unterlagen zu bewerten und die jeweils archivwürdigen Unterlagen auszuwählen. Ob diese in digitaler oder Papierform vorlägen, sei unerheblich. Nach der gesetzgeberischen Intention zu § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG seien Löschungsansprüche nach Landesdatenschutzrecht bei Archivgut ausgeschlossen. Dem eindeutigen Wortlaut nach seien gemäß § 23 Abs. 3 LDSG auch unzulässig gespeicherte Unterlagen anzubieten.
38 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten (2 Heftungen) vor.

Entscheidungsgründe

 
39 
Sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, aber unbegründet.
40 
I. Berufung des Beklagten
41 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Einreichung beim VGH, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 VwGO).
42 
2. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn der Kläger hat einen - durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv modifizierten (s. dazu unter II.) - Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (a). Einem solchen Löschungsanspruch stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (b) entgegen.
43 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
44 
aa) Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten, und sind daher - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat und die Beteiligten auch nicht in Frage stellen - personenbezogene Daten.
45 
bb) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
46 
cc) Die streitgegenständlichen Dateien sind für das Staatsministerium nicht mehr i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG zur Aufgabenerfüllung erforderlich.
47 
(1) Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist. Diese Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung folgt aus Wortlaut, Willen des Gesetzgebers, Sinn und Zweck der Vorschrift sowie den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Danach besteht zwischen dem Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG und der Regelung über Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten nach § 15 LDSG ein unmittelbarer Zusammenhang.
48 
Der Wortlaut von § 15 LDSG und § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG spricht zunächst nicht für diesen unmittelbaren Zusammenhang. Denn § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG macht den Löschungsanspruch davon abhängig, dass die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist, während nach 15 Abs. 1 LDSG die Zulässigkeit der Speicherung nicht nur die Erforderlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle voraussetzt, sondern auch dass die Speicherung für die Zwecke, für die die Daten erhoben worden sind, erfolgt. Den Gesichtspunkt der Zweckbindung spricht der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hingegen gar nicht an.
49 
Dem entspricht es, wenn in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu den insoweit gleich lautenden Normen der § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG, § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X die Erforderlichkeit verneint wird, wenn die Daten keine praktische Bedeutung mehr haben und deshalb ausgeschlossen werden könne, dass sie die Arbeit der zuständigen Behörde noch fördern könnten (vgl. Mallmann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 20 Rn. 42; Mester, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 20 Rn. 18; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 11; Brink, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 35 Rn. 39; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 84 Rn. 7; ähnlich Wedde, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, Kap. 4.4. Rn. 64, und ders., in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 20 Rn. 12, auf die „Aufgabe“ abstellend, zu deren Erfüllung die Daten gespeichert wurden; unklar Worms, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 20 BDSG Rn. 39; ähnlich auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164.92 - juris Rn. 3 m.w.N., zur Speicherung von Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach dem bad.-württ. Polizeigesetz; Beschl. v. 18.03.1994 - 11 B 76.93 - NJW 1994, 2499, zum Eintrag in der Führerscheinkartei). Nach dieser Auffassung dürfte die Erforderlichkeit noch gegeben sein - und bestünde folglich kein Löschungsanspruch des Betroffenen -, wenn der Zweck, zu dem die Daten gespeichert worden sind, inzwischen zwar erfüllt ist, die Daten jedoch allgemein für die Aufgaben der Behörde, mithin für andere Zwecke, als sie der Speicherung zugrunde lagen, noch von Bedeutung sein könnten.
50 
Gegen eine solche Auslegung der Norm spricht jedoch die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BDSG, denen auch im Wortlaut § 23 Abs. 1 Nr. 2 und § 15 Abs. 1 LDSG nachgebildet sind. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977 (Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 27.01.1977, BGBl. I, 201) bestimmte in § 9 Abs. 1:
51 
"Das Speichern oder Verändern personenbezogener Daten ist zulässig, wenn es zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.“
52 
Zur Sperrung und Löschung von Daten bestimmte § 14 BDSG 1977 unter anderem:
53 
„(2) Personenbezogene Daten sind zu sperren, wenn ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt. Sie sind ferner zu sperren, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist…
54 
(3) Personenbezogene Daten können gelöscht werden, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Sie sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder wenn es in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 der Betroffene verlangt.“
55 
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz 1977 war mithin sowohl für die Zulässigkeit von Datenspeicherung und -veränderung nach § 9 Abs. 1 als auch für den Löschungsanspruch nach § 14 Abs. 3 Satz 2 maßgebliches Kriterium die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle. Das Tatbestandsmerkmal der Zweckbindung bestand nicht.
56 
Der heutige Wortlaut von § 20 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 BDSG geht zurück auf die Novelle von 1990 (Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20.12.1990, BGBl. I, 2954). Mit diesem Gesetz reagierte der Gesetzgeber auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Es sei nötig geworden, aufgrund des Volkszählungsurteils dem Grundsatz der Zweckbindung durchgehend Geltung zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 36). Wesentlicher Inhalt der Neufassung sei:
57 
„a) Verstärkung der Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, enumerative Aufzählung der Ausnahmen,
58 
b) Verstärkung der Rechte des Betroffenen sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, insbesondere durch

- Löschungsrechte
…“
59 
(vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 37)
60 
Die Entstehungsgeschichte spricht mithin gerade nicht dafür, den Umfang der Zweckbindung bei der Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung einerseits und den Löschungsanspruch andererseits unterschiedlich zu bestimmen. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt nicht, dass ein Löschungsanspruch erst bestehen soll, wenn unabhängig von der Zweckbindung die Nutzung der gespeicherten Daten ganz allgemein für die Aufgabenerfüllung der Behörde nicht mehr erforderlich ist. Vielmehr wollte der Gesetzgeber im Gegenteil die Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten verstärken, ebenso die subjektiven Rechte des Betroffenen. Die Entstehungsgeschichte spricht mithin dafür, einen Zusammenhang zwischen Löschungsanspruch und Zweckbindungsgrundsatz zu bejahen.
61 
Zweck des Löschungsanspruchs nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG ist, die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Zweckbindung der erhobenen Daten durchzusetzen. Dies folgt nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist - wenn nicht der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LDSG) - nur zulässig, wenn das Landesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LDSG). Dies folgt notwendig daraus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist und ein solcher Eingriff einer bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Für den Bereich der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ist § 15 LDSG die gesetzliche Grundlage, die den Umfang der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 4 Abs. 1 LDSG regelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 15 LDSG nicht mehr zulässig, liegt ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, so dass - da das Grundrecht ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gibt - ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG gegeben sein muss. Wenn jedoch die Verarbeitung personenbezogener Daten weiterhin auf § 15 LDSG gestützt werden kann, ist eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff vorhanden; ein Löschungsanspruch besteht dann nicht. Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach § 15 LDSG korrespondieren mithin.
62 
(2) Nach diesem Maßstab ist die Kenntnis der streitgegenständlichen Daten im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich. Denn die Kenntnis ist nicht notwendig zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor; diese sind nicht anwendbar (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106, 115; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56; Dehoust, in: Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, SächsDSG, 2011, § 13 Rn. 37).
63 
(a) Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält, wie bereits der Wortlaut zeigt, ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Es besteht eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, a.a.O., 31 Rn. 1; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 22; Bieresborn, a.a.O., § 67c Rn. 13; Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB I, V, X, 2012, § 67c SGB X Rn. 13; Steinmeyer, in: Wannagat/Eichenhofer, SGB, § 67c SGB X Rn. 14 <83. Lfg.>). Durch den strikten Zweckbindungsgrundsatz soll verhindert werden, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden (vgl. Heckmann, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 14 Rn. 108; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, „…dass Daten, die nur den genannten Zwecken dienen, keiner anderen Verwendung zugeführt werden“ (so zur Parallelnorm des § 14 Abs. 4 die Beschlussempfehlung des BT-Innenausschusses zur Datenschutznovelle 1990, vgl. BT-Drucks. 11/7235, S. 88).
64 
Das strikte Zweckbindungsgebot des § 15 Abs. 4 LDSG gilt nur dann, wenn personenbezogene Daten ausschließlich zu den im Gesetz genannten Zwecken gespeichert werden (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 111; Buchner, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27, § 31 Rn. 5). Ob eine solche ausschließliche Zwecksetzung verfolgt wird, bestimmt die Daten verarbeitende Stelle im Rahmen der Festlegung des Zweckes (vgl. Buchner, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5). Ausschlaggebend ist mithin der von der verantwortlichen Stelle festgelegte Zweck (vgl. OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 02.03.2011 - OVG 60 PV 10.10 - juris Rn. 30, zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BlnDSG i.V.m. § 31 BDSG; Beschl. v. 14.03.2013 - OVG 62 PV 13.12 - juris Rn. 45 zu § 31 BDSG; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37). Die Festlegung des Verwendungszwecks durch die verantwortliche Stelle führt zu deren Selbstbindung (vgl. Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 24; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39; je zu § 14 Abs. 1 BDSG). Die Zweckbindung haftet der Datenverarbeitung bis zur Zweckerfüllung an (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 10, zu § 14 Abs. 1 BDSG).
65 
Diese Festlegung der Zweckbindung muss im Voraus erfolgen. Wurde sie unterlassen, so ist der objektive Verwendungszweck maßgeblich, der sich nach dem erkennbar verfolgten Ziel bestimmt (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110). Die öffentliche Stelle ist jedoch nicht frei in ihrer Festlegung des Zwecks. Sie hat es nicht in der Hand, durch eine allzu weite und unverbindliche Definition die Zweckbindung leerlaufen zu lassen; die Festlegung des Zwecks muss datenschutzrechtlich zulässig sein (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113, zu § 14 Abs. 4 BDSG; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37, 22, zu § 13 Abs. 4 SächsDSG).
66 
Sollen diese Daten für einen weiteren Zweck genutzt werden, bedarf es hierfür einer eigenständigen Legitimation durch eine Rechtsvorschrift (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30) Eine nachträgliche Änderung der Zweckbindung ohne spezielle gesetzliche Grundlage hierfür ist ausgeschlossen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 31 ff.).
67 
Die Vermeidung von Datenverlusten, Datenmanipulationen und unbefugtem Datenzugang sowie die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung von Datenbeständen gehören zum Zweck der Datensicherung sowie zum Zweck der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109, zur Datensicherung; Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 59, zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 1a: klare Trennung dieser Zwecke nicht möglich). Die Wiedergewinnung des gesicherten und verloren gegangenen Datenbestsands gehört daher grundsätzlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 112, 114; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 24).
68 
Zu Unrecht bringt der Beklagte vor, mit einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 4 LDSG sei eine zu enge Zweckbindung verbunden, die unabweisbare Bedürfnisse der Allgemeinheit, insbesondere im Hinblick auf Belange der Strafrechtspflege bei der Verfolgung von Straftaten unzulässig hintanstelle. Zwar wird in der rechtwissenschaftlichen Literatur vertreten, dass strafrechtliche Zugriffsnormen, auch über § 1 Abs. 3 BDSG bzw. § 2 Abs. 5 LDSG die strikte Zweckbindung des § 14 Abs. 4 BDSG bzw. § 15 Abs. 4 LDSG nicht überwinden könnten (so Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 62; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115 ; a.A. wohl Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29). Anderes gelte nur für die Verfolgung von Datenschutzdelikten; sie bewege sich im Rahmen des § 14 Abs. 4 BDSG (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4). Dies trifft jedoch nach Auffassung des Senats - ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre - nicht zu. Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglichen soll. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können; Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, a.a.O., § 1 Rn. 110; BT-Drucks. 7/1027, S. 16). Diesen Anforderungen des § 2 Abs. 5 LDSG an besondere Rechtsvorschriften entsprechen die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren; diese sind die allgemeinen Rechtsgrundlagen für Datenerhebungen durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. Dembowski, in: Roßnagel, a.a.O., Kap. 8.1 Rn. 17 ff.). Insbesondere ist § 161 Abs. 1 StPO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die allgemeine Erhebung personenbezogener Daten im Ermittlungsverfahren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.02.2009 - 2 BvR 1732, 1745/07 - NJW 2009, 1405 <1407>; Meyer-Goßner, stopp, 56. Aufl., § 161 Rn. 2). Die strafprozessualen Beweiserhebungsnormen sind daher besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die sich über die Zwecksetzung des § 15 Abs. 4 LDSG hinwegsetzen können. Die Zulässigkeit der Erhebung und Beschlagnahme personenbezogener Daten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren trotz einer bestehenden Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG legt schließlich die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG, dass eine datenschutzrechtliche Zweckänderung für Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist, nahe.
69 
(b) Nach diesem Maßstab wäre mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien eine mit § 15 Abs. 4 LDSG unvereinbare Zweckänderung verbunden. Der ursprünglich mit der Erstellung der Sicherungskopien verbundene konkrete Zweck kann jetzt nicht mehr erreicht werden (aa). Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien (bb). Ein allgemeiner, vom ursprünglich verfolgten Zweck unabhängiger Zweck der Datensicherung könnte zudem mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht zulässig verfolgt werden; denn der Zweck, zu dem die Originaldateien gespeichert wurden, ist weggefallen (cc).
70 
(aa) Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war maßgeblicher Zweck der Datensicherungen, eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können. Damit hat der Beklagte Zwecke der Datensicherung und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage i.S.d. § 15 Abs. 4 LDSG verfolgt.
71 
Diese Zwecke - eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Art zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können - hat der Beklagte selbst im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.01.2013 an das Verwaltungsgericht als diejenigen angegeben, zu denen die streitgegenständlichen Dateien erstellt wurden. An diese ursprünglich verfolgten Zwecke ist der Beklagte aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung gebunden. Diese Zwecke können bei Wiedergewinnung der in der Sicherungskopie enthaltenen Daten nun nicht mehr erreicht werden. Die Verfolgung anderer Zwecke schließt § 15 Abs. 4 LDSG aus.
72 
Auf einen allgemeinen, über den konkreten Anlass der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien hinausgehenden allgemeinen Sicherungszweck kann sich der Beklagte hier nicht berufen. Zwar kann der datenschutzrechtlich relevante Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG über den konkreten Anlass der Speicherung hinausgehen. Einen solchen allgemeinen Sicherungszweck verfolgte der Beklagte bei der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien jedoch nicht:
73 
Die Bestimmung des maßgeblichen Zwecks einer Maßnahme nach § 15 Abs. 4 LDSG folgt im Kern denselben Grundsätzen wie die Bestimmung des Zwecks einer Datenspeicherung und -erhebung nach § 15 Abs. 1 LDSG. Maßgeblich ist dabei - wie Dammann zutreffend ausführt - der materielle Gehalt des Zweckbindungsgrundsatzes. Er resultiert daraus, dass jede Ermächtigung einer öffentlichen Stelle, personenbezogene Daten zu erheben und zu speichern, nur im Hinblick auf bestimmte Zwecke ergeht und daher auch eine Verwendung der Daten grundsätzlich nur im Rahmen dieser Zwecke legitimiert. Daher ist bei der Frage, wie der jeweilige Zweck zu fassen ist, bei der jeweiligen rechtlichen Legitimationsgrundlage für das Erheben bzw. Speichern anzuknüpfen. Maßgeblich ist entweder die gesetzliche Grundlage oder die vom Betroffenen im Sinne einer informationellen Selbstbestimmung getroffene Verfügung. Dies entspricht dem Inhalt der Aufklärungspflicht nach § 4 Abs. 3 BGSG. Liegt der Erhebung und Speicherung keine aufgabenspezifische Rechtsvorschrift zu Grunde oder bietet diese keine geeigneten Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und hat auch der Betroffene keine einschränkende Verfügung getroffen, so kommt es auf den tatsächlich verfolgten Handlungszweck an. Dieser kann und wird häufig weiter sein als der konkrete Anlass der Speicherung (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39 ff., zu § 14 Abs. 1 BDSG).
74 
An einer Festlegung eines konkreten Zwecks hinsichtlich der streitgegenständlichen Dateien durch eine Rechtsvorschrift oder eine Verfügung des Betroffenen - hier des Klägers - fehlt es. Daher kommt es auf den tatsächlich verfolgten Zweck an. Dieser bestand nicht in der Herstellung von Sicherungskopien der Outlookdateien des Klägers für jeglichen Fall des Datenverlusts. Denn längerfristige allgemeine Sicherungsspeicherungen von Outlook-Postfachinhalten wurden - abgesehen von der begrenzten Speicherung gelöschter Mails für sieben Tage auf dem Server des Staatsministeriums und für 30 Tage im Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach - im Staatsministerium nicht vorgenommen. Nach der geübten Praxis im Staatsministerium entschied allein der Nutzer des Outlook-Postfachs, welche E-Mails er ausdruckte und den Akten beifügte und welche er löschte. Eine Speicherung von Postfachinhalten für allgemeine Zwecke war auch hier nicht beabsichtigt. Die streitgegenständlichen Dateien wurden vielmehr für den beschriebenen begrenzten Zweck - Behebung von Problemen im Outlook-Kalender des Klägers - hergestellt, zu dem sie nun nicht mehr verwendet werden können.
75 
(bb) Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG gelte nur für zusätzliche, bei der Datenschutzkontrolle etc., aus technischen Gründen anfallende Dateien wie Protokolle von Datenabrufen oder personenbezogene Daten der Mitarbeiter in der IT-Abteilung. Für die Zwecke der Datenschutzkontrolle und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage wird dies in der Literatur in der Tat angenommen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 110). Für im Rahmen der Datensicherung hergestellte Kopien kann dies jedenfalls nicht gelten (so wohl auch Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109). Eine Einschränkung des Schutzzwecks des § 15 Abs. 4 LDSG lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Für Datenkopien ist der Schutzzweck auch einschlägig. Denn es entspricht gerade dem Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG, dass zusätzlich angelegte Datenbestände nicht als allgemeine Informationsgrundlage dienen sollen. Hierunter fallen gerade nach Jahren immer noch vorhandene, vom ursprünglichen Speicherzweck losgelöste Kopien von Dateien
76 
(cc) Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass aus nach § 15 Abs. 4 LDSG hergestellten Sicherungskopien bei jeglichem Datenverlust die Originaldateien wiederhergestellt werden dürften, wäre eine solche Wiederherstellung hier unzulässig. Denn eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann (Zweckerreichung). Das folgt aus dem strengen Zweckbindungsgrundsatz des § 15 Abs. 4 LDSG. Dieser soll verhindern, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden. Damit wäre es unvereinbar, wenn gemäß § 15 Abs. 4 LDSG erstellte Sicherungskopien von der speichernden Stelle noch genutzt werden dürften, obwohl der Speicherungszweck der Originaldateien bereits entfallen ist. So liegt der Fall hier:
77 
Bei der Bestimmung des Zwecks der ursprünglichen Datenspeicherung nach § 15 Abs. 1 LDSG ist, wie dargelegt, auf die rechtliche Legitimationsgrundlage für die Datenspeicherung abzustellen. Eine Rechtsvorschrift, die die Speicherung von E-Mails von Landesbediensteten datenschutzrechtlich gestattet, existiert nicht. Eine gesonderte Regelung des E-Mail-Verkehrs im Staatsministerium erfolgte nicht, eine datenschutzrechtlich relevante Selbstverpflichtung des Klägers zum E-Mail-Verkehr fehlt daher. Da die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zugeordnet waren und der Nutzer des Postfachs selbst über die Verwendung der Postfachinhalte entscheiden durfte, diente die Speicherung von Postfachinhalten den persönlichen Belangen des Postfachinhabers. Dieser Zweck besteht, nachdem der Kläger seinen E-Mail-Account im Staatsministerium nicht mehr nutzt, nicht mehr. Andere datenschutzrechtlich i.S.v. § 15 Abs. 1 LDSG relevante Zwecke bestanden nicht. Selbst die Anlegung von Protokolldateien über die Internetnutzung diente nach den Sicherheitshinweisen im Antragsformular des Klägers auf Internetzugang vom 11.02.2010 Zwecken der Sicherheit der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums vor unerlaubten Zugriffen oder Angriffen von außen, nicht Datensicherungszwecken im allgemeinen. Der ursprünglich verfolgte Zweck der Speicherung der Originaldateien kann nicht mehr erreicht werden, diese dürfen daher nicht aus der Sicherungskopie wiederhergestellt werden.
78 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beklagten, nach der AnO Schriftgut und allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie folgenden Grundsätzen seien E-Mails aufgrund des Grundsatzes der Aktenvollständigkeit zu den Akten zu nehmen. Dass aus diesen Gründen E-Mails gespeichert werden, ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Grundlage noch aus einer datenschutzrechtlichen Einwilligung des Klägers. Ein datenschutzrechtlich relevanter Speicherzweck im Sinne des § 15 Abs. 1 LDSG liegt insoweit nicht vor.
79 
dd) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zum Löschungsanspruch des Klägers dargelegt, dass dieser sich nicht zusätzlich auf § 88 TKG berufen kann, dass § 36 LDSG keine Anwendung findet und dass § 23 Abs. 3 LDSG dem Grunde nach dem Löschungsanspruch nicht entgegensteht. Auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die die Beteiligten im Berufungsverfahren nicht angreifen, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
80 
b) Dem Löschungsanspruch des Klägers nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs (aa) noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (bb) entgegen.
81 
aa)Dem datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG kann im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Betroffene seinerseits offenkundig und schwerwiegend gegen eine gegenüber der die Daten speichernden Stelle bestehenden Pflicht oder Obliegenheit verstoßen hat, die im sachlichen Zusammenhang mit den zu löschenden Daten steht (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).
82 
(1) Beim Rechtsmissbrauch handelt es sich um einen besonderen Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben. Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den allgemeinen ungeschriebenen Grundsätzen, die sowohl im Verwaltungsrecht des Bundes als auch im Verwaltungsrecht der Länder existieren und Bürger und Verwaltung binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - BVerwGE 101, 58, juris Rn. 17; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <71>; Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 24.96 - BVerwGE 102, 194 <199>; Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24.02 - BVerwGE 118, 84 <89>; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 62 Rn. 29; Pitschas, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voß-kuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Bd. II., § 42 Rn. 94). Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann daher auch subjektiv-öffentlichen Ansprüchen des Bürgers gegen die öffentliche Hand entgegenstehen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 10, m.w.N.; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - a.a.O.; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162, juris Rn. 31, m.w.N.). Auch verfassungsrechtlich sind missbräuchlich erworbene Rechtspositionen des Bürgers nicht notwendig geschützt (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.05.2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24, juris Rn. 51, zur Rücknahme der erschlichenen Einbürgerung nach § 48 VwVfG; ebenso BVerwG, Urt. v. 03.06.2003 - 1 C 19.02 - BVerwGE 118, 216 <220>; ähnlich zur missbräuchlichen Berufung auf Grundfreiheiten: EuGH, Urt. v. 09.03.1999 - C-212/97 [Centros] - juris Rn. 24 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers schließen Grundrechte des Betroffenen daher nicht von vornherein aus, dass sich die öffentliche Hand ihm gegenüber auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen kann.
83 
Ein Fall der nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung ist die Verletzung eigener Pflichten (vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 46, m.w.N.). Dabei bedarf es eines Zusammenhangs zwischen dem beanspruchten und dem selbst geübten Verhalten, damit der geltend gemachte Rechtsanspruch angesichts des eigenen Verhaltens rechtsmissbräuchlich erscheint (vgl. Roth/Schubert, in: MK-BGB, 6. Aufl., § 242 Rn. 389).
84 
Der Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben steht hier, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 LDSG Fälle der zulässigen Zweckänderung geregelt und insbesondere in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG Belange des Allgemeinwohls bereits berücksichtigt hat. Eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass im Einzelfall ein Rückgriff auf die Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen ist, ist damit nicht verbunden (für eine Ausnahme von der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG oder vergleichbarer Normen in Sonderfällen auch: Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29, 35: Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115). Der Einwand, das Verfolgen eines Anspruchs verstoße gegen Treu und Glauben, kann als allgemeines, in der Rechtsordnung anerkanntes Prinzip Geltung im Verhältnis auch zu Verfassungsrechtsätzen wie der Bindung an Recht und Gesetz und dem Gesetzesvorbehalt beanspruchen. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs hat nämlich selbst eine Grundlage in der materialen Rechtsstaatlichkeit (vgl. Pitschas, a.a.O., m.w.N.). Die Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG wird folglich nicht dadurch infrage gestellt, dass der Bürger öffentlich-rechtliche Ansprüche mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht geltend machen kann (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, a.a.O.).
85 
Die Grundsätze von Treu und Glauben können in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht dazu führen, dass jeder Verstoß eines Betroffenen, der dem Grunde nach einen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat, gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten dem Löschungsanspruch hindernd entgegengehalten werden kann. Voraussetzung ist vielmehr ein offenkundiger und schwerwiegender Verstoß gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten (ähnlich in anderen Zusammenhängen: BVerwG, Urt. v. 08.02.1974 - VII C 35.73 - DÖV 1975, 137, juris Rn. 16 m.w.N.; Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE133, 85, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R - juris Rn. 37; BayVGH, Urt. v. 25.02.1977 - 6 X 77 - juris Rn. 26). Andernfalls könnte die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben dazu führen, dass eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Nutzung personenbezogener Daten zulässig würde. Dies wäre mit der Bedeutung des Gesetzesvorbehalts, der im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten wurzelt, unvereinbar. Der Gesetzesvorbehalt hat eine elementare freiheitssichernde Funktion. Indem er für jeden staatlichen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheit eine gesetzliche Grundlage fordert, gewährleistet er, dass die Freiheitseinschränkung auf den Willen des Souveräns zurückzuführen ist und der betroffene Bürger vorab erkennen kann, welche Freiheitseinschränkungen er zu erwarten hat. Im Datenschutzrecht kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Der Ausgleich zwischen den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Gesetzesvorbehalt, die im Ansatz gleichrangig nebeneinander stehen, ist daher in dem Sinne vorzunehmen, dass nur schwerwiegende und offensichtliche Verstöße gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten des Betroffenen dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG mit Erfolg entgegengehalten werden können.
86 
(2) Die Voraussetzungen eines offenkundigen und schwerwiegenden Verstoßes gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten liegen hier nicht vor. Zwar hat der Kläger möglicherweise gegen seine Pflicht zur Führung vollständiger Akten verstoßen (a). Ein solcher Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz der Aktenvollständigkeit stünde in dem für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung notwendigen Zusammenhang zum Löschungsanspruch. Denn beide Aspekte betreffen denselben Gegenstand (dieselben Dateien) und stehen auch inhaltlich in einem Zusammenhang, da es jeweils auch um die Frage geht, welche Dateien für die Aufgaben der Beklagten erforderlich sind. Ein solcher Verstoß wäre jedoch nicht offensichtlich und schwerwiegend (b).
87 
(a) Auch für Regierungshandeln besteht im Grundsatz eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten, die jedoch durch den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung begrenzt ist:
88 
(aa) Eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung zur Führung vollständiger Akten in Behörden einschließlich Ministerien fehlt. Die im Staatsministerium geltende AnO Schriftgut vom 22.12.2005 ist lediglich ein Erlass. Aus ihr lässt sich eine Pflicht, Dokumente zur Akte zu nehmen und eine vollständige Akte zu führen, nur mittelbar entnehmen: Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen (Nr. 1.2). Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen (Nr. 2). Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert (Nr. 3.1). Eine klare Bestimmung zur Führung vollständiger Akten fehlt jedoch in der AnO Schriftgut.
89 
Für E-Mails enthält die AnO Schriftgut keine ausdrückliche Regelung. Nach der Praxis im Staatsministerium entschied jeder Nutzer des Postfachs selbst, welche E-Mails er ausdruckt und den Akten beigefügt oder löscht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der in der von dem Beklagten vorgelegten Akte vorhandene Leitfaden für die Schriftgutverwaltung im Innenministerium vom März 2010. Er enthält u.a. die Regelung - auf die sich der Kläger zu Unrecht beruft -, dass E-Mails, die keine Entscheidungen enthalten, vernichtet werden, es sei denn, der Bearbeiter ordnet die Aufbewahrung an. Dieser Leitfaden des Innenministeriums galt im Staatsministerium nicht.
90 
Eine Pflicht, die erforderlichen Unterlagen zur Akte zu nehmen und die Akte vollständig zu führen, folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, wie sie die Rechtsprechung seit langem anerkennt: Der Grundsatz der Aktenvollständigkeit ist für die vollziehende Gewalt nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche ausdrückliche Regelung ist jedoch auch nicht erforderlich. Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält. Dies macht die Führung von Akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte. Das Prinzip der Aktenvollständigkeit folgt aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1983 - 2 BVR 244, 310/83 - NJW 1983, 2135; BVerwG, Beschl. v. 16.03.1988 - 1 B 153.87 - NJW 1988, 621 <622>; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 22.12.2000 - 2 L 38/99 - juris Rn. 55 f., m.w.N.; ebenso Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 29 Rn. 16).
91 
(bb) Für Handeln von Regierungen gelten diese für Verwaltungshandeln von Behörden entwickelten Grundsätze im Ansatz ebenso. Dies folgt zum einen daraus, dass auch ein Handeln der Regierung, vor allem außerhalb von Gesetzgebungsverfahren Verwaltungstätigkeit sein kann (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 20.12.2011 - 159/10 - juris Rn. 28). Im Hinblick auf eigentliches Regierungshandeln ergibt sich das zum anderen aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Zwar besteht ein nicht ausforschbarer Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der auch der Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, Grenzen setzt. Jedoch gebietet der Gewaltenteilungsgrundsatz - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auf das Land Baden-Württemberg übertragbar ist - eine Auslegung der Verfassung dahin, dass parlamentarische Kontrolle wirksam ausgeübt werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn die dazu nötigen Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dem Parlament auch nach Abschluss der jeweiligen Vorgänge grundsätzlich verschlossen blieben. Die Entscheidungen der Regierung unterlägen dem parlamentarischen Kontrollrecht dann nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Eine solche grundsätzliche Begrenzung der parlamentarischen Kontrolle wäre mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz unvereinbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 123 ff., 141, m.w.N.). Folglich müssen insoweit auch Pflichten zur vollständigen Aktenführung bestehen, da andernfalls die parlamentarische Kontrolle leerliefe.
92 
Dies gilt jedoch nicht für den geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt.Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht.Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83 u.a. - BVerfGE 67, 100, juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 - BVerfGE 77, 1, juris Rn. 140; Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
93 
In Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden parlamentarische Informationsrechte nicht grundsätzlich immer schon dann aus, wenn es sich um Informationen aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.Auch dem nachträglichen parlamentarischen Zugriff auf Informationen aus der Phase der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen setzt der Gewaltenteilungsgrundsatz Grenzen. Bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung geheimzuhaltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen nicht verpflichtet ist. Ein - sei es auch erst nach Abschluss des jeweiligen Entscheidungsprozesses einsetzender - schrankenloser parlamentarischer Informationsanspruch würde vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die das Gewaltenteilungsprinzip ihr zuweist.
94 
Der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet allerdings gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass - wie bereits dargelegt - parlamentarische Kontrolle wirksam sein kann. Die Entscheidungen der Regierung unterliegen daher dem parlamentarischen Kontrollrecht nicht nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Weitere Hintergründe könnten sonst nach Belieben unzugänglich gehalten werden, auch solche, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung politisch nicht beurteilt und die politische Verantwortung für Fehler, die gerade das Zustandekommen dieser Entscheidungen betreffen, nicht aufgeklärt werden kann.Parlamentarische Informationsrechte in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden danach nicht grundsätzlich immer dann aus, wenn es sich um Akten aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Ob zu erwarten ist, dass die Herausgabe solcher Informationen die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen. Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, sind umso schutzwürdiger, je näher sie der gouvernamentalen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Je weiter ein parlamentarisches Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss das parlamentarische Informationsbegehren sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einer parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht. Die Frage, ob die Vorlage von Akten aus dem Bereich der Vorbereitung abgeschlossener Regierungsentscheidungen, aus denen Aufschluss über die Willensbildung der Regierung und ihrer Mitglieder gewonnen werden kann, die Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, kann demnach nicht pauschal verneint werden. Ebensowenig ist sie aber pauschal zu bejahen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 123 ff., 141, m.w.N.)
95 
Dabei geht es - zumindest vor allem - um den Schutz der Willensbildung innerhalb der Regierung als Verfassungsorgan. Das Bundesverfassungsgericht hat daher die Ermittlung einer etwaigen Einflussnahme Dritter auf Mitglieder der Bundesregierung in einem zurückliegenden Zeitraum als einen Vorgang angesehen, der den nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung nicht berührte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987, a.a.O., juris Rn. 140). Auch die Vorlage von Akten, die nicht die Beratungen der Regierung als Kollegium, sondern deren Vorbereitung innerhalb der Ressorts und zwischen den Ressorts betreffen, berührt die Eigenverantwortung der Regierung nicht. Zu prüfen ist insoweit jedoch, ob die schützenswerte Freiheit und Offenheit des der Regierungsentscheidung über den Haushaltsentwurf vorgelagerten interministeriellen Abstimmungsprozesses durch die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen aus diesem Abstimmungsprozess beeinträchtigt wird; dies könnte anzunehmen sein, wenn die dadurch ausgelöste Befürchtung eventueller späterer Publizität geeignet wäre, eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten zu hemmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., juris Rn. 65 f.). Daher kann auch Kommunikation von Regierungsmitgliedern mit externen Beratern, die der Vorbereitung von Regierungshandeln dient, schützenswert sein. Solche Überlegungen mit externen Beratern können insbesondere Fragen der politischen Opportunität betreffen. Unbeeinträchtigte Kommunikation hierüber zu ermöglichen, kann wesentlich sein, um eine Regierungsentscheidung möglichst sachgerecht und ohne die einengende Befürchtung, dass Vorüberlegungen nachträglich einer Kontrolle unterliegen, vorbereiten zu können (ebenso StGH, Urt. v. 26.07.2007, a.a.O., Rn. 114 ff. zu Verhandlungen der Regierung mit einem privaten Dritten).
96 
(cc) Der danach für die Regierung mit Ausnahme des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bestehenden Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, steht die nach der Verwaltungspraxis des Staatsministeriums bestehende Befugnis, selbst zu entscheiden, welche E-Mails zur Akte genommen oder gelöscht werden, nicht entgegen. Eine solche Befugnis kann - gerade für einen Ministerpräsidenten, dem die Staatsleitung obliegt (vgl. zum Amtseid Art. 48 LV) - kein freies, sondern allenfalls ein pflichtgemäßes Ermessen begründen, das nur im Rahmen der dargestellten allgemeinen Grundsätze ausgeübt werden kann.
97 
(b) An einem offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen die Pflicht, vollständige Akten zu führen, fehlt es jedoch.
98 
Dies folgt bereits daraus, dass eine klare und eindeutige Regelung dieser Pflicht nicht bestand. Die AnO Schriftgut normiert eine solche Pflicht nicht ausdrücklich. Vielmehr bestand im Staatsministerium die Praxis, dass jeder Mitarbeiter selbst entscheiden durfte, welche E-Mails er zur Akte nimmt. Zwar kann daraus nur - wie dargelegt - ein pflichtgemäßes, kein freies Ermessen folgen, da sich eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten aus allgemeinen Grundsätzen ergibt. Jedoch sind diese Grundsätze, auch wenn sie im Hinblick auf Verwaltungshandeln für die pflichtigen Mitarbeiter allgemein bekannt sein sollten, nur ungeschriebene Prinzipien. Zudem sind sie, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung bisher - wenngleich ihre grundsätzliche Geltung für Regierungshandeln aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung folgt - nur auf die Verwaltungstätigkeit angewandt worden.
99 
Zudem war es, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob alle streitgegenständlichen Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen, zum damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsam, davon auszugehen, dass die Vorbereitung des zwischen den Beteiligten streitigen Erwerbs von Anteilen an der EnBW AG durch das Land Baden-Württemberg dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen kann. Die gespeicherten E-Mails stammen jedenfalls aus dem Zeitraum vor dem 18.11.2010 und betreffen daher den Zeitraum der Vorbereitung des Ankaufs, der grundsätzlich geeignet ist, in diesen geschützten Bereich zu gehören. Für die von dem Beklagten vorgelegten, nicht bei den Sachakten sich befindenden E-Mails war es damals nicht unvertretbar anzunehmen, diese würden als Informationen über die Vorbereitung und öffentlichkeitswirksame Darstellung des Anteilserwerbs dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen.
100 
bb) Dem Löschungsanspruch des Klägers aus § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen Pflichten aus Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Organtreue begründet keine nachwirkenden Pflichten.
101 
Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue haben oberste Staatsorgane bei der Ausübung ihrer Kompetenzen von Verfassungs wegen aufeinander Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1, 2/60 - BVerfGE 12, 205 <254>; Beschl. v. 04.06.1973 - 2 BvG 1/73 - BVerfGE 35, 193 <199>; Urt. v. 25.05.1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <39>; Urt. v. 12.07.1994 - 2 BvE 3/92 u.a. - BVerfGE 90, 286, juris Rn. 203; StGH, Urt. v. 21.10.2002 - 11/02 - ESVGH 53, 15, juris Rn. 84; Urt. v. 11.10.2007 - GR 1/07 - juris Rn. 58). Dieser Grundsatz vermag für sich genommen jedoch keine Rechte zu begründen. Vielmehr bedarf er, um seine Wirkung entfalten zu können, eines bereits bestehenden Verfassungsrechtsverhältnisses. Er ist insoweit akzessorischer Natur und kann ein vorhandenes Verfassungsrechtsverhältnis ausgestalten, aber nicht neu begründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.09.2013 - 2 BvE 6/08 u.a. - NVwZ 2013, 1468, juris Rn. 183, unter Bezugnahme auf die Grundsätze zum bundesfreundlichen Verhalten, vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 05.02.2001 - 2 BvG 1/00 - BVerfGE 104, 238 <248>).
102 
Voraussetzung für die Berufung auf den Grundsatz der Organtreue ist daher, dass dem Verfassungsorgan aktuell verfassungsrechtliche Zuständigkeiten zustehen. Die verfassungsrechtlich gebotene Organtreue kann nur solange eingefordert werden, wie das Verfassungsorgan selbst durch die Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet sei (vgl. HambVerfG, Urt. v. 27.04.2007 - 3/06 - juris Rn. 89). Nachwirkende Pflichten einer Person, die - wie der Kläger - Verfassungsorgan war, aber nicht mehr ist, bestehen daher nicht.
103 
II. Anschlussberufung des Klägers
104 
Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
105 
1. Die Anschlussberufung ist nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Anschlussberufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Begründung in Anschlussschrift, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 i.V.m. 124 a Abs. 3 Sätze 2, 4 und 5 VwGO).
106 
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen unbedingten Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien. Vielmehr ist sein Löschungsanspruch durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv beschränkt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen der Anschlussberufung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
107 
Unzutreffend ist der Kläger der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Daten als privat einzustufen seien und daher nur mit seinem Einvernehmen nach § 2 Abs. 3 LArchG angeboten werden dürften. Unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass § 2 Abs. 3 LArchG Daten aus privater Hand meint. Darum handelt es sich hier gerade nicht.
108 
Ohne Erfolg muss auch das Vorbringen bleiben, es handele sich bei den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht um Daten, die i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten als Stelle im Sinne von § 2 Abs. 1 LArchG gedient hätten, da sie lediglich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden seien. Für die behauptete Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut überhaupt dem Landesarchiv anzubieten sind, ist nichts ersichtlich. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG knüpft lediglich daran an, dass Unterlagen bei Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes entstanden sind und dort vorhanden sind und von diesen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden. Nach der eindeutigen Regelung des § 23 Abs. 3 LDSG sind auch Daten, deren Speicherung unzulässig war - z.B. da von vornherein keine Erforderlichkeit für die Speicherung gegeben war - dem Landesarchiv anzubieten. Der datenschutzrechtliche Erforderlichkeitsgrundsatz ist für die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv unerheblich.
109 
Unbegründet macht der Kläger geltend, aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG folge, dass der Löschungsanspruch des Betroffenen erst dann ausgeschlossen sei, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die weitere Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG regelt, dass Löschungsansprüche bei Archivgut ausgeschlossen sind. Für einen Umkehrschluss, dass vor Anbieten gegenüber dem Landesarchiv sich Löschungsansprüche gegenüber dem Archivrecht durchsetzten, fehlen Gründe.
110 
Schließlich ist auch keine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers gegeben. Die schlichte Behauptung, § 23 Abs. 3 LDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, ist nicht nachzuvollziehen. Warum den vom Kläger angesprochenen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt sein soll, erschließt sich nicht. Die sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Rechtsfolgen sind klar und eindeutig. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, bestehen zudem zahlreiche Schutzvorkehrungen zugunsten der etwaig in ihren Grundrechten Betroffenen.
111 
Erfolglos bleibt schließlich der Einwand des Klägers, nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts müssten alle bei der Landesverwaltung anfallenden E-Mails dem Landesarchiv angeboten werden und dies könne nicht richtig sein. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG sieht für die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes eine unbeschränkte Anbietungspflicht für alle Unterlagen vor. Unterlagen in diesem Sinne sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG insbesondere Schriftstücke, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme; dazu gehören mithin auch E-Mails. Eine § 2 Abs. 6 BArchG vergleichbare Norm - nach der Unterlagen, die nach Auffassung der anbietungspflichtigen Stellen und des zuständigen Archivs von offensichtlich geringer Bedeutung sind, nicht angeboten werden müssen - gibt es in Baden-Württemberg nicht. Einschränkungen können allerdings gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 LArchG gerade im Hinblick auf maschinenlesbare Informationen zwischen dem Landesarchiv und der anbietenden Stelle getroffen werden.
112 
III. Nebenentscheidungen
113 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei einem Anschlussrechtsmittel ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1980 - 1 B 802.90 - juris) diese einheitlich zu treffen (vgl. BFH, Beschl. v. 17.12.2002 - I R 87/00 - juris; OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u.a. - juris Rn. 158, m.w.N.).
114 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Das Landesdatenschutzgesetz und das Landesarchivgesetz sind Landesrecht. Ebenso haben der Einwand des Rechtsmissbrauchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 13, 14 und Urt. v. 14.08.1982 - 8 C 19.90 - BVerwGE 90, 310, juris Rn. 16) und die Grundsätze der Organtreue ihre Grundlage im Landesrecht.
115 
Beschluss vom 30. Juli 2014
116 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
5.000.—EUR
festgesetzt. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel sind, soweit sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG). Das gilt auch für den Fall eines unselbständigen Anschlussrechtsmittels (vgl. BGH -GrS-, Beschl. v. 05.10.1978 - GSZ 1/78 - BGHZ 72, 339; BayVGH, Urt. v. 22.07.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 50). Da die Rechtsmittel denselben Gegenstand betreffen, ist der Auffangwert von 5.000.-- EUR nur einmal festzusetzen (vgl. OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010, a.a.O., Rn. 160; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 07.09.2010 - 1 M 210/09 - juris Rn. 57).
117 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
39 
Sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, aber unbegründet.
40 
I. Berufung des Beklagten
41 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Einreichung beim VGH, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 VwGO).
42 
2. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn der Kläger hat einen - durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv modifizierten (s. dazu unter II.) - Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (a). Einem solchen Löschungsanspruch stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (b) entgegen.
43 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
44 
aa) Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten, und sind daher - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat und die Beteiligten auch nicht in Frage stellen - personenbezogene Daten.
45 
bb) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
46 
cc) Die streitgegenständlichen Dateien sind für das Staatsministerium nicht mehr i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG zur Aufgabenerfüllung erforderlich.
47 
(1) Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist. Diese Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung folgt aus Wortlaut, Willen des Gesetzgebers, Sinn und Zweck der Vorschrift sowie den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Danach besteht zwischen dem Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG und der Regelung über Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten nach § 15 LDSG ein unmittelbarer Zusammenhang.
48 
Der Wortlaut von § 15 LDSG und § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG spricht zunächst nicht für diesen unmittelbaren Zusammenhang. Denn § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG macht den Löschungsanspruch davon abhängig, dass die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist, während nach 15 Abs. 1 LDSG die Zulässigkeit der Speicherung nicht nur die Erforderlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle voraussetzt, sondern auch dass die Speicherung für die Zwecke, für die die Daten erhoben worden sind, erfolgt. Den Gesichtspunkt der Zweckbindung spricht der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hingegen gar nicht an.
49 
Dem entspricht es, wenn in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu den insoweit gleich lautenden Normen der § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG, § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X die Erforderlichkeit verneint wird, wenn die Daten keine praktische Bedeutung mehr haben und deshalb ausgeschlossen werden könne, dass sie die Arbeit der zuständigen Behörde noch fördern könnten (vgl. Mallmann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 20 Rn. 42; Mester, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 20 Rn. 18; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 11; Brink, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 35 Rn. 39; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 84 Rn. 7; ähnlich Wedde, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, Kap. 4.4. Rn. 64, und ders., in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 20 Rn. 12, auf die „Aufgabe“ abstellend, zu deren Erfüllung die Daten gespeichert wurden; unklar Worms, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 20 BDSG Rn. 39; ähnlich auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164.92 - juris Rn. 3 m.w.N., zur Speicherung von Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach dem bad.-württ. Polizeigesetz; Beschl. v. 18.03.1994 - 11 B 76.93 - NJW 1994, 2499, zum Eintrag in der Führerscheinkartei). Nach dieser Auffassung dürfte die Erforderlichkeit noch gegeben sein - und bestünde folglich kein Löschungsanspruch des Betroffenen -, wenn der Zweck, zu dem die Daten gespeichert worden sind, inzwischen zwar erfüllt ist, die Daten jedoch allgemein für die Aufgaben der Behörde, mithin für andere Zwecke, als sie der Speicherung zugrunde lagen, noch von Bedeutung sein könnten.
50 
Gegen eine solche Auslegung der Norm spricht jedoch die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BDSG, denen auch im Wortlaut § 23 Abs. 1 Nr. 2 und § 15 Abs. 1 LDSG nachgebildet sind. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977 (Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 27.01.1977, BGBl. I, 201) bestimmte in § 9 Abs. 1:
51 
"Das Speichern oder Verändern personenbezogener Daten ist zulässig, wenn es zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.“
52 
Zur Sperrung und Löschung von Daten bestimmte § 14 BDSG 1977 unter anderem:
53 
„(2) Personenbezogene Daten sind zu sperren, wenn ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt. Sie sind ferner zu sperren, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist…
54 
(3) Personenbezogene Daten können gelöscht werden, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Sie sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder wenn es in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 der Betroffene verlangt.“
55 
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz 1977 war mithin sowohl für die Zulässigkeit von Datenspeicherung und -veränderung nach § 9 Abs. 1 als auch für den Löschungsanspruch nach § 14 Abs. 3 Satz 2 maßgebliches Kriterium die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle. Das Tatbestandsmerkmal der Zweckbindung bestand nicht.
56 
Der heutige Wortlaut von § 20 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 BDSG geht zurück auf die Novelle von 1990 (Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20.12.1990, BGBl. I, 2954). Mit diesem Gesetz reagierte der Gesetzgeber auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Es sei nötig geworden, aufgrund des Volkszählungsurteils dem Grundsatz der Zweckbindung durchgehend Geltung zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 36). Wesentlicher Inhalt der Neufassung sei:
57 
„a) Verstärkung der Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, enumerative Aufzählung der Ausnahmen,
58 
b) Verstärkung der Rechte des Betroffenen sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, insbesondere durch

- Löschungsrechte
…“
59 
(vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 37)
60 
Die Entstehungsgeschichte spricht mithin gerade nicht dafür, den Umfang der Zweckbindung bei der Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung einerseits und den Löschungsanspruch andererseits unterschiedlich zu bestimmen. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt nicht, dass ein Löschungsanspruch erst bestehen soll, wenn unabhängig von der Zweckbindung die Nutzung der gespeicherten Daten ganz allgemein für die Aufgabenerfüllung der Behörde nicht mehr erforderlich ist. Vielmehr wollte der Gesetzgeber im Gegenteil die Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten verstärken, ebenso die subjektiven Rechte des Betroffenen. Die Entstehungsgeschichte spricht mithin dafür, einen Zusammenhang zwischen Löschungsanspruch und Zweckbindungsgrundsatz zu bejahen.
61 
Zweck des Löschungsanspruchs nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG ist, die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Zweckbindung der erhobenen Daten durchzusetzen. Dies folgt nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist - wenn nicht der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LDSG) - nur zulässig, wenn das Landesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LDSG). Dies folgt notwendig daraus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist und ein solcher Eingriff einer bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Für den Bereich der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ist § 15 LDSG die gesetzliche Grundlage, die den Umfang der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 4 Abs. 1 LDSG regelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 15 LDSG nicht mehr zulässig, liegt ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, so dass - da das Grundrecht ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gibt - ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG gegeben sein muss. Wenn jedoch die Verarbeitung personenbezogener Daten weiterhin auf § 15 LDSG gestützt werden kann, ist eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff vorhanden; ein Löschungsanspruch besteht dann nicht. Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach § 15 LDSG korrespondieren mithin.
62 
(2) Nach diesem Maßstab ist die Kenntnis der streitgegenständlichen Daten im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich. Denn die Kenntnis ist nicht notwendig zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor; diese sind nicht anwendbar (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106, 115; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56; Dehoust, in: Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, SächsDSG, 2011, § 13 Rn. 37).
63 
(a) Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält, wie bereits der Wortlaut zeigt, ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Es besteht eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, a.a.O., 31 Rn. 1; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 22; Bieresborn, a.a.O., § 67c Rn. 13; Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB I, V, X, 2012, § 67c SGB X Rn. 13; Steinmeyer, in: Wannagat/Eichenhofer, SGB, § 67c SGB X Rn. 14 <83. Lfg.>). Durch den strikten Zweckbindungsgrundsatz soll verhindert werden, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden (vgl. Heckmann, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 14 Rn. 108; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, „…dass Daten, die nur den genannten Zwecken dienen, keiner anderen Verwendung zugeführt werden“ (so zur Parallelnorm des § 14 Abs. 4 die Beschlussempfehlung des BT-Innenausschusses zur Datenschutznovelle 1990, vgl. BT-Drucks. 11/7235, S. 88).
64 
Das strikte Zweckbindungsgebot des § 15 Abs. 4 LDSG gilt nur dann, wenn personenbezogene Daten ausschließlich zu den im Gesetz genannten Zwecken gespeichert werden (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 111; Buchner, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27, § 31 Rn. 5). Ob eine solche ausschließliche Zwecksetzung verfolgt wird, bestimmt die Daten verarbeitende Stelle im Rahmen der Festlegung des Zweckes (vgl. Buchner, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5). Ausschlaggebend ist mithin der von der verantwortlichen Stelle festgelegte Zweck (vgl. OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 02.03.2011 - OVG 60 PV 10.10 - juris Rn. 30, zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BlnDSG i.V.m. § 31 BDSG; Beschl. v. 14.03.2013 - OVG 62 PV 13.12 - juris Rn. 45 zu § 31 BDSG; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37). Die Festlegung des Verwendungszwecks durch die verantwortliche Stelle führt zu deren Selbstbindung (vgl. Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 24; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39; je zu § 14 Abs. 1 BDSG). Die Zweckbindung haftet der Datenverarbeitung bis zur Zweckerfüllung an (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 10, zu § 14 Abs. 1 BDSG).
65 
Diese Festlegung der Zweckbindung muss im Voraus erfolgen. Wurde sie unterlassen, so ist der objektive Verwendungszweck maßgeblich, der sich nach dem erkennbar verfolgten Ziel bestimmt (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110). Die öffentliche Stelle ist jedoch nicht frei in ihrer Festlegung des Zwecks. Sie hat es nicht in der Hand, durch eine allzu weite und unverbindliche Definition die Zweckbindung leerlaufen zu lassen; die Festlegung des Zwecks muss datenschutzrechtlich zulässig sein (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113, zu § 14 Abs. 4 BDSG; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37, 22, zu § 13 Abs. 4 SächsDSG).
66 
Sollen diese Daten für einen weiteren Zweck genutzt werden, bedarf es hierfür einer eigenständigen Legitimation durch eine Rechtsvorschrift (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30) Eine nachträgliche Änderung der Zweckbindung ohne spezielle gesetzliche Grundlage hierfür ist ausgeschlossen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 31 ff.).
67 
Die Vermeidung von Datenverlusten, Datenmanipulationen und unbefugtem Datenzugang sowie die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung von Datenbeständen gehören zum Zweck der Datensicherung sowie zum Zweck der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109, zur Datensicherung; Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 59, zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 1a: klare Trennung dieser Zwecke nicht möglich). Die Wiedergewinnung des gesicherten und verloren gegangenen Datenbestsands gehört daher grundsätzlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 112, 114; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 24).
68 
Zu Unrecht bringt der Beklagte vor, mit einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 4 LDSG sei eine zu enge Zweckbindung verbunden, die unabweisbare Bedürfnisse der Allgemeinheit, insbesondere im Hinblick auf Belange der Strafrechtspflege bei der Verfolgung von Straftaten unzulässig hintanstelle. Zwar wird in der rechtwissenschaftlichen Literatur vertreten, dass strafrechtliche Zugriffsnormen, auch über § 1 Abs. 3 BDSG bzw. § 2 Abs. 5 LDSG die strikte Zweckbindung des § 14 Abs. 4 BDSG bzw. § 15 Abs. 4 LDSG nicht überwinden könnten (so Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 62; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115 ; a.A. wohl Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29). Anderes gelte nur für die Verfolgung von Datenschutzdelikten; sie bewege sich im Rahmen des § 14 Abs. 4 BDSG (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4). Dies trifft jedoch nach Auffassung des Senats - ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre - nicht zu. Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglichen soll. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können; Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, a.a.O., § 1 Rn. 110; BT-Drucks. 7/1027, S. 16). Diesen Anforderungen des § 2 Abs. 5 LDSG an besondere Rechtsvorschriften entsprechen die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren; diese sind die allgemeinen Rechtsgrundlagen für Datenerhebungen durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. Dembowski, in: Roßnagel, a.a.O., Kap. 8.1 Rn. 17 ff.). Insbesondere ist § 161 Abs. 1 StPO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die allgemeine Erhebung personenbezogener Daten im Ermittlungsverfahren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.02.2009 - 2 BvR 1732, 1745/07 - NJW 2009, 1405 <1407>; Meyer-Goßner, stopp, 56. Aufl., § 161 Rn. 2). Die strafprozessualen Beweiserhebungsnormen sind daher besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die sich über die Zwecksetzung des § 15 Abs. 4 LDSG hinwegsetzen können. Die Zulässigkeit der Erhebung und Beschlagnahme personenbezogener Daten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren trotz einer bestehenden Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG legt schließlich die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG, dass eine datenschutzrechtliche Zweckänderung für Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist, nahe.
69 
(b) Nach diesem Maßstab wäre mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien eine mit § 15 Abs. 4 LDSG unvereinbare Zweckänderung verbunden. Der ursprünglich mit der Erstellung der Sicherungskopien verbundene konkrete Zweck kann jetzt nicht mehr erreicht werden (aa). Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien (bb). Ein allgemeiner, vom ursprünglich verfolgten Zweck unabhängiger Zweck der Datensicherung könnte zudem mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht zulässig verfolgt werden; denn der Zweck, zu dem die Originaldateien gespeichert wurden, ist weggefallen (cc).
70 
(aa) Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war maßgeblicher Zweck der Datensicherungen, eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können. Damit hat der Beklagte Zwecke der Datensicherung und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage i.S.d. § 15 Abs. 4 LDSG verfolgt.
71 
Diese Zwecke - eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Art zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können - hat der Beklagte selbst im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.01.2013 an das Verwaltungsgericht als diejenigen angegeben, zu denen die streitgegenständlichen Dateien erstellt wurden. An diese ursprünglich verfolgten Zwecke ist der Beklagte aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung gebunden. Diese Zwecke können bei Wiedergewinnung der in der Sicherungskopie enthaltenen Daten nun nicht mehr erreicht werden. Die Verfolgung anderer Zwecke schließt § 15 Abs. 4 LDSG aus.
72 
Auf einen allgemeinen, über den konkreten Anlass der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien hinausgehenden allgemeinen Sicherungszweck kann sich der Beklagte hier nicht berufen. Zwar kann der datenschutzrechtlich relevante Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG über den konkreten Anlass der Speicherung hinausgehen. Einen solchen allgemeinen Sicherungszweck verfolgte der Beklagte bei der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien jedoch nicht:
73 
Die Bestimmung des maßgeblichen Zwecks einer Maßnahme nach § 15 Abs. 4 LDSG folgt im Kern denselben Grundsätzen wie die Bestimmung des Zwecks einer Datenspeicherung und -erhebung nach § 15 Abs. 1 LDSG. Maßgeblich ist dabei - wie Dammann zutreffend ausführt - der materielle Gehalt des Zweckbindungsgrundsatzes. Er resultiert daraus, dass jede Ermächtigung einer öffentlichen Stelle, personenbezogene Daten zu erheben und zu speichern, nur im Hinblick auf bestimmte Zwecke ergeht und daher auch eine Verwendung der Daten grundsätzlich nur im Rahmen dieser Zwecke legitimiert. Daher ist bei der Frage, wie der jeweilige Zweck zu fassen ist, bei der jeweiligen rechtlichen Legitimationsgrundlage für das Erheben bzw. Speichern anzuknüpfen. Maßgeblich ist entweder die gesetzliche Grundlage oder die vom Betroffenen im Sinne einer informationellen Selbstbestimmung getroffene Verfügung. Dies entspricht dem Inhalt der Aufklärungspflicht nach § 4 Abs. 3 BGSG. Liegt der Erhebung und Speicherung keine aufgabenspezifische Rechtsvorschrift zu Grunde oder bietet diese keine geeigneten Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und hat auch der Betroffene keine einschränkende Verfügung getroffen, so kommt es auf den tatsächlich verfolgten Handlungszweck an. Dieser kann und wird häufig weiter sein als der konkrete Anlass der Speicherung (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39 ff., zu § 14 Abs. 1 BDSG).
74 
An einer Festlegung eines konkreten Zwecks hinsichtlich der streitgegenständlichen Dateien durch eine Rechtsvorschrift oder eine Verfügung des Betroffenen - hier des Klägers - fehlt es. Daher kommt es auf den tatsächlich verfolgten Zweck an. Dieser bestand nicht in der Herstellung von Sicherungskopien der Outlookdateien des Klägers für jeglichen Fall des Datenverlusts. Denn längerfristige allgemeine Sicherungsspeicherungen von Outlook-Postfachinhalten wurden - abgesehen von der begrenzten Speicherung gelöschter Mails für sieben Tage auf dem Server des Staatsministeriums und für 30 Tage im Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach - im Staatsministerium nicht vorgenommen. Nach der geübten Praxis im Staatsministerium entschied allein der Nutzer des Outlook-Postfachs, welche E-Mails er ausdruckte und den Akten beifügte und welche er löschte. Eine Speicherung von Postfachinhalten für allgemeine Zwecke war auch hier nicht beabsichtigt. Die streitgegenständlichen Dateien wurden vielmehr für den beschriebenen begrenzten Zweck - Behebung von Problemen im Outlook-Kalender des Klägers - hergestellt, zu dem sie nun nicht mehr verwendet werden können.
75 
(bb) Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG gelte nur für zusätzliche, bei der Datenschutzkontrolle etc., aus technischen Gründen anfallende Dateien wie Protokolle von Datenabrufen oder personenbezogene Daten der Mitarbeiter in der IT-Abteilung. Für die Zwecke der Datenschutzkontrolle und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage wird dies in der Literatur in der Tat angenommen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 110). Für im Rahmen der Datensicherung hergestellte Kopien kann dies jedenfalls nicht gelten (so wohl auch Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109). Eine Einschränkung des Schutzzwecks des § 15 Abs. 4 LDSG lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Für Datenkopien ist der Schutzzweck auch einschlägig. Denn es entspricht gerade dem Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG, dass zusätzlich angelegte Datenbestände nicht als allgemeine Informationsgrundlage dienen sollen. Hierunter fallen gerade nach Jahren immer noch vorhandene, vom ursprünglichen Speicherzweck losgelöste Kopien von Dateien
76 
(cc) Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass aus nach § 15 Abs. 4 LDSG hergestellten Sicherungskopien bei jeglichem Datenverlust die Originaldateien wiederhergestellt werden dürften, wäre eine solche Wiederherstellung hier unzulässig. Denn eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann (Zweckerreichung). Das folgt aus dem strengen Zweckbindungsgrundsatz des § 15 Abs. 4 LDSG. Dieser soll verhindern, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden. Damit wäre es unvereinbar, wenn gemäß § 15 Abs. 4 LDSG erstellte Sicherungskopien von der speichernden Stelle noch genutzt werden dürften, obwohl der Speicherungszweck der Originaldateien bereits entfallen ist. So liegt der Fall hier:
77 
Bei der Bestimmung des Zwecks der ursprünglichen Datenspeicherung nach § 15 Abs. 1 LDSG ist, wie dargelegt, auf die rechtliche Legitimationsgrundlage für die Datenspeicherung abzustellen. Eine Rechtsvorschrift, die die Speicherung von E-Mails von Landesbediensteten datenschutzrechtlich gestattet, existiert nicht. Eine gesonderte Regelung des E-Mail-Verkehrs im Staatsministerium erfolgte nicht, eine datenschutzrechtlich relevante Selbstverpflichtung des Klägers zum E-Mail-Verkehr fehlt daher. Da die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zugeordnet waren und der Nutzer des Postfachs selbst über die Verwendung der Postfachinhalte entscheiden durfte, diente die Speicherung von Postfachinhalten den persönlichen Belangen des Postfachinhabers. Dieser Zweck besteht, nachdem der Kläger seinen E-Mail-Account im Staatsministerium nicht mehr nutzt, nicht mehr. Andere datenschutzrechtlich i.S.v. § 15 Abs. 1 LDSG relevante Zwecke bestanden nicht. Selbst die Anlegung von Protokolldateien über die Internetnutzung diente nach den Sicherheitshinweisen im Antragsformular des Klägers auf Internetzugang vom 11.02.2010 Zwecken der Sicherheit der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums vor unerlaubten Zugriffen oder Angriffen von außen, nicht Datensicherungszwecken im allgemeinen. Der ursprünglich verfolgte Zweck der Speicherung der Originaldateien kann nicht mehr erreicht werden, diese dürfen daher nicht aus der Sicherungskopie wiederhergestellt werden.
78 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beklagten, nach der AnO Schriftgut und allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie folgenden Grundsätzen seien E-Mails aufgrund des Grundsatzes der Aktenvollständigkeit zu den Akten zu nehmen. Dass aus diesen Gründen E-Mails gespeichert werden, ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Grundlage noch aus einer datenschutzrechtlichen Einwilligung des Klägers. Ein datenschutzrechtlich relevanter Speicherzweck im Sinne des § 15 Abs. 1 LDSG liegt insoweit nicht vor.
79 
dd) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zum Löschungsanspruch des Klägers dargelegt, dass dieser sich nicht zusätzlich auf § 88 TKG berufen kann, dass § 36 LDSG keine Anwendung findet und dass § 23 Abs. 3 LDSG dem Grunde nach dem Löschungsanspruch nicht entgegensteht. Auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die die Beteiligten im Berufungsverfahren nicht angreifen, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
80 
b) Dem Löschungsanspruch des Klägers nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs (aa) noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (bb) entgegen.
81 
aa)Dem datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG kann im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Betroffene seinerseits offenkundig und schwerwiegend gegen eine gegenüber der die Daten speichernden Stelle bestehenden Pflicht oder Obliegenheit verstoßen hat, die im sachlichen Zusammenhang mit den zu löschenden Daten steht (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).
82 
(1) Beim Rechtsmissbrauch handelt es sich um einen besonderen Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben. Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den allgemeinen ungeschriebenen Grundsätzen, die sowohl im Verwaltungsrecht des Bundes als auch im Verwaltungsrecht der Länder existieren und Bürger und Verwaltung binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - BVerwGE 101, 58, juris Rn. 17; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <71>; Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 24.96 - BVerwGE 102, 194 <199>; Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24.02 - BVerwGE 118, 84 <89>; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 62 Rn. 29; Pitschas, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voß-kuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Bd. II., § 42 Rn. 94). Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann daher auch subjektiv-öffentlichen Ansprüchen des Bürgers gegen die öffentliche Hand entgegenstehen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 10, m.w.N.; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - a.a.O.; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162, juris Rn. 31, m.w.N.). Auch verfassungsrechtlich sind missbräuchlich erworbene Rechtspositionen des Bürgers nicht notwendig geschützt (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.05.2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24, juris Rn. 51, zur Rücknahme der erschlichenen Einbürgerung nach § 48 VwVfG; ebenso BVerwG, Urt. v. 03.06.2003 - 1 C 19.02 - BVerwGE 118, 216 <220>; ähnlich zur missbräuchlichen Berufung auf Grundfreiheiten: EuGH, Urt. v. 09.03.1999 - C-212/97 [Centros] - juris Rn. 24 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers schließen Grundrechte des Betroffenen daher nicht von vornherein aus, dass sich die öffentliche Hand ihm gegenüber auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen kann.
83 
Ein Fall der nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung ist die Verletzung eigener Pflichten (vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 46, m.w.N.). Dabei bedarf es eines Zusammenhangs zwischen dem beanspruchten und dem selbst geübten Verhalten, damit der geltend gemachte Rechtsanspruch angesichts des eigenen Verhaltens rechtsmissbräuchlich erscheint (vgl. Roth/Schubert, in: MK-BGB, 6. Aufl., § 242 Rn. 389).
84 
Der Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben steht hier, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 LDSG Fälle der zulässigen Zweckänderung geregelt und insbesondere in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG Belange des Allgemeinwohls bereits berücksichtigt hat. Eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass im Einzelfall ein Rückgriff auf die Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen ist, ist damit nicht verbunden (für eine Ausnahme von der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG oder vergleichbarer Normen in Sonderfällen auch: Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29, 35: Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115). Der Einwand, das Verfolgen eines Anspruchs verstoße gegen Treu und Glauben, kann als allgemeines, in der Rechtsordnung anerkanntes Prinzip Geltung im Verhältnis auch zu Verfassungsrechtsätzen wie der Bindung an Recht und Gesetz und dem Gesetzesvorbehalt beanspruchen. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs hat nämlich selbst eine Grundlage in der materialen Rechtsstaatlichkeit (vgl. Pitschas, a.a.O., m.w.N.). Die Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG wird folglich nicht dadurch infrage gestellt, dass der Bürger öffentlich-rechtliche Ansprüche mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht geltend machen kann (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, a.a.O.).
85 
Die Grundsätze von Treu und Glauben können in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht dazu führen, dass jeder Verstoß eines Betroffenen, der dem Grunde nach einen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat, gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten dem Löschungsanspruch hindernd entgegengehalten werden kann. Voraussetzung ist vielmehr ein offenkundiger und schwerwiegender Verstoß gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten (ähnlich in anderen Zusammenhängen: BVerwG, Urt. v. 08.02.1974 - VII C 35.73 - DÖV 1975, 137, juris Rn. 16 m.w.N.; Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE133, 85, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R - juris Rn. 37; BayVGH, Urt. v. 25.02.1977 - 6 X 77 - juris Rn. 26). Andernfalls könnte die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben dazu führen, dass eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Nutzung personenbezogener Daten zulässig würde. Dies wäre mit der Bedeutung des Gesetzesvorbehalts, der im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten wurzelt, unvereinbar. Der Gesetzesvorbehalt hat eine elementare freiheitssichernde Funktion. Indem er für jeden staatlichen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheit eine gesetzliche Grundlage fordert, gewährleistet er, dass die Freiheitseinschränkung auf den Willen des Souveräns zurückzuführen ist und der betroffene Bürger vorab erkennen kann, welche Freiheitseinschränkungen er zu erwarten hat. Im Datenschutzrecht kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Der Ausgleich zwischen den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Gesetzesvorbehalt, die im Ansatz gleichrangig nebeneinander stehen, ist daher in dem Sinne vorzunehmen, dass nur schwerwiegende und offensichtliche Verstöße gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten des Betroffenen dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG mit Erfolg entgegengehalten werden können.
86 
(2) Die Voraussetzungen eines offenkundigen und schwerwiegenden Verstoßes gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten liegen hier nicht vor. Zwar hat der Kläger möglicherweise gegen seine Pflicht zur Führung vollständiger Akten verstoßen (a). Ein solcher Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz der Aktenvollständigkeit stünde in dem für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung notwendigen Zusammenhang zum Löschungsanspruch. Denn beide Aspekte betreffen denselben Gegenstand (dieselben Dateien) und stehen auch inhaltlich in einem Zusammenhang, da es jeweils auch um die Frage geht, welche Dateien für die Aufgaben der Beklagten erforderlich sind. Ein solcher Verstoß wäre jedoch nicht offensichtlich und schwerwiegend (b).
87 
(a) Auch für Regierungshandeln besteht im Grundsatz eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten, die jedoch durch den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung begrenzt ist:
88 
(aa) Eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung zur Führung vollständiger Akten in Behörden einschließlich Ministerien fehlt. Die im Staatsministerium geltende AnO Schriftgut vom 22.12.2005 ist lediglich ein Erlass. Aus ihr lässt sich eine Pflicht, Dokumente zur Akte zu nehmen und eine vollständige Akte zu führen, nur mittelbar entnehmen: Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen (Nr. 1.2). Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen (Nr. 2). Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert (Nr. 3.1). Eine klare Bestimmung zur Führung vollständiger Akten fehlt jedoch in der AnO Schriftgut.
89 
Für E-Mails enthält die AnO Schriftgut keine ausdrückliche Regelung. Nach der Praxis im Staatsministerium entschied jeder Nutzer des Postfachs selbst, welche E-Mails er ausdruckt und den Akten beigefügt oder löscht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der in der von dem Beklagten vorgelegten Akte vorhandene Leitfaden für die Schriftgutverwaltung im Innenministerium vom März 2010. Er enthält u.a. die Regelung - auf die sich der Kläger zu Unrecht beruft -, dass E-Mails, die keine Entscheidungen enthalten, vernichtet werden, es sei denn, der Bearbeiter ordnet die Aufbewahrung an. Dieser Leitfaden des Innenministeriums galt im Staatsministerium nicht.
90 
Eine Pflicht, die erforderlichen Unterlagen zur Akte zu nehmen und die Akte vollständig zu führen, folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, wie sie die Rechtsprechung seit langem anerkennt: Der Grundsatz der Aktenvollständigkeit ist für die vollziehende Gewalt nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche ausdrückliche Regelung ist jedoch auch nicht erforderlich. Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält. Dies macht die Führung von Akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte. Das Prinzip der Aktenvollständigkeit folgt aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1983 - 2 BVR 244, 310/83 - NJW 1983, 2135; BVerwG, Beschl. v. 16.03.1988 - 1 B 153.87 - NJW 1988, 621 <622>; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 22.12.2000 - 2 L 38/99 - juris Rn. 55 f., m.w.N.; ebenso Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 29 Rn. 16).
91 
(bb) Für Handeln von Regierungen gelten diese für Verwaltungshandeln von Behörden entwickelten Grundsätze im Ansatz ebenso. Dies folgt zum einen daraus, dass auch ein Handeln der Regierung, vor allem außerhalb von Gesetzgebungsverfahren Verwaltungstätigkeit sein kann (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 20.12.2011 - 159/10 - juris Rn. 28). Im Hinblick auf eigentliches Regierungshandeln ergibt sich das zum anderen aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Zwar besteht ein nicht ausforschbarer Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der auch der Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, Grenzen setzt. Jedoch gebietet der Gewaltenteilungsgrundsatz - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auf das Land Baden-Württemberg übertragbar ist - eine Auslegung der Verfassung dahin, dass parlamentarische Kontrolle wirksam ausgeübt werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn die dazu nötigen Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dem Parlament auch nach Abschluss der jeweiligen Vorgänge grundsätzlich verschlossen blieben. Die Entscheidungen der Regierung unterlägen dem parlamentarischen Kontrollrecht dann nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Eine solche grundsätzliche Begrenzung der parlamentarischen Kontrolle wäre mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz unvereinbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 123 ff., 141, m.w.N.). Folglich müssen insoweit auch Pflichten zur vollständigen Aktenführung bestehen, da andernfalls die parlamentarische Kontrolle leerliefe.
92 
Dies gilt jedoch nicht für den geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt.Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht.Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83 u.a. - BVerfGE 67, 100, juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 - BVerfGE 77, 1, juris Rn. 140; Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
93 
In Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden parlamentarische Informationsrechte nicht grundsätzlich immer schon dann aus, wenn es sich um Informationen aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.Auch dem nachträglichen parlamentarischen Zugriff auf Informationen aus der Phase der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen setzt der Gewaltenteilungsgrundsatz Grenzen. Bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung geheimzuhaltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen nicht verpflichtet ist. Ein - sei es auch erst nach Abschluss des jeweiligen Entscheidungsprozesses einsetzender - schrankenloser parlamentarischer Informationsanspruch würde vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die das Gewaltenteilungsprinzip ihr zuweist.
94 
Der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet allerdings gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass - wie bereits dargelegt - parlamentarische Kontrolle wirksam sein kann. Die Entscheidungen der Regierung unterliegen daher dem parlamentarischen Kontrollrecht nicht nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Weitere Hintergründe könnten sonst nach Belieben unzugänglich gehalten werden, auch solche, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung politisch nicht beurteilt und die politische Verantwortung für Fehler, die gerade das Zustandekommen dieser Entscheidungen betreffen, nicht aufgeklärt werden kann.Parlamentarische Informationsrechte in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden danach nicht grundsätzlich immer dann aus, wenn es sich um Akten aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Ob zu erwarten ist, dass die Herausgabe solcher Informationen die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen. Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, sind umso schutzwürdiger, je näher sie der gouvernamentalen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Je weiter ein parlamentarisches Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss das parlamentarische Informationsbegehren sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einer parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht. Die Frage, ob die Vorlage von Akten aus dem Bereich der Vorbereitung abgeschlossener Regierungsentscheidungen, aus denen Aufschluss über die Willensbildung der Regierung und ihrer Mitglieder gewonnen werden kann, die Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, kann demnach nicht pauschal verneint werden. Ebensowenig ist sie aber pauschal zu bejahen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 123 ff., 141, m.w.N.)
95 
Dabei geht es - zumindest vor allem - um den Schutz der Willensbildung innerhalb der Regierung als Verfassungsorgan. Das Bundesverfassungsgericht hat daher die Ermittlung einer etwaigen Einflussnahme Dritter auf Mitglieder der Bundesregierung in einem zurückliegenden Zeitraum als einen Vorgang angesehen, der den nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung nicht berührte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987, a.a.O., juris Rn. 140). Auch die Vorlage von Akten, die nicht die Beratungen der Regierung als Kollegium, sondern deren Vorbereitung innerhalb der Ressorts und zwischen den Ressorts betreffen, berührt die Eigenverantwortung der Regierung nicht. Zu prüfen ist insoweit jedoch, ob die schützenswerte Freiheit und Offenheit des der Regierungsentscheidung über den Haushaltsentwurf vorgelagerten interministeriellen Abstimmungsprozesses durch die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen aus diesem Abstimmungsprozess beeinträchtigt wird; dies könnte anzunehmen sein, wenn die dadurch ausgelöste Befürchtung eventueller späterer Publizität geeignet wäre, eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten zu hemmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., juris Rn. 65 f.). Daher kann auch Kommunikation von Regierungsmitgliedern mit externen Beratern, die der Vorbereitung von Regierungshandeln dient, schützenswert sein. Solche Überlegungen mit externen Beratern können insbesondere Fragen der politischen Opportunität betreffen. Unbeeinträchtigte Kommunikation hierüber zu ermöglichen, kann wesentlich sein, um eine Regierungsentscheidung möglichst sachgerecht und ohne die einengende Befürchtung, dass Vorüberlegungen nachträglich einer Kontrolle unterliegen, vorbereiten zu können (ebenso StGH, Urt. v. 26.07.2007, a.a.O., Rn. 114 ff. zu Verhandlungen der Regierung mit einem privaten Dritten).
96 
(cc) Der danach für die Regierung mit Ausnahme des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bestehenden Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, steht die nach der Verwaltungspraxis des Staatsministeriums bestehende Befugnis, selbst zu entscheiden, welche E-Mails zur Akte genommen oder gelöscht werden, nicht entgegen. Eine solche Befugnis kann - gerade für einen Ministerpräsidenten, dem die Staatsleitung obliegt (vgl. zum Amtseid Art. 48 LV) - kein freies, sondern allenfalls ein pflichtgemäßes Ermessen begründen, das nur im Rahmen der dargestellten allgemeinen Grundsätze ausgeübt werden kann.
97 
(b) An einem offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen die Pflicht, vollständige Akten zu führen, fehlt es jedoch.
98 
Dies folgt bereits daraus, dass eine klare und eindeutige Regelung dieser Pflicht nicht bestand. Die AnO Schriftgut normiert eine solche Pflicht nicht ausdrücklich. Vielmehr bestand im Staatsministerium die Praxis, dass jeder Mitarbeiter selbst entscheiden durfte, welche E-Mails er zur Akte nimmt. Zwar kann daraus nur - wie dargelegt - ein pflichtgemäßes, kein freies Ermessen folgen, da sich eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten aus allgemeinen Grundsätzen ergibt. Jedoch sind diese Grundsätze, auch wenn sie im Hinblick auf Verwaltungshandeln für die pflichtigen Mitarbeiter allgemein bekannt sein sollten, nur ungeschriebene Prinzipien. Zudem sind sie, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung bisher - wenngleich ihre grundsätzliche Geltung für Regierungshandeln aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung folgt - nur auf die Verwaltungstätigkeit angewandt worden.
99 
Zudem war es, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob alle streitgegenständlichen Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen, zum damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsam, davon auszugehen, dass die Vorbereitung des zwischen den Beteiligten streitigen Erwerbs von Anteilen an der EnBW AG durch das Land Baden-Württemberg dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen kann. Die gespeicherten E-Mails stammen jedenfalls aus dem Zeitraum vor dem 18.11.2010 und betreffen daher den Zeitraum der Vorbereitung des Ankaufs, der grundsätzlich geeignet ist, in diesen geschützten Bereich zu gehören. Für die von dem Beklagten vorgelegten, nicht bei den Sachakten sich befindenden E-Mails war es damals nicht unvertretbar anzunehmen, diese würden als Informationen über die Vorbereitung und öffentlichkeitswirksame Darstellung des Anteilserwerbs dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen.
100 
bb) Dem Löschungsanspruch des Klägers aus § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen Pflichten aus Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Organtreue begründet keine nachwirkenden Pflichten.
101 
Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue haben oberste Staatsorgane bei der Ausübung ihrer Kompetenzen von Verfassungs wegen aufeinander Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1, 2/60 - BVerfGE 12, 205 <254>; Beschl. v. 04.06.1973 - 2 BvG 1/73 - BVerfGE 35, 193 <199>; Urt. v. 25.05.1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <39>; Urt. v. 12.07.1994 - 2 BvE 3/92 u.a. - BVerfGE 90, 286, juris Rn. 203; StGH, Urt. v. 21.10.2002 - 11/02 - ESVGH 53, 15, juris Rn. 84; Urt. v. 11.10.2007 - GR 1/07 - juris Rn. 58). Dieser Grundsatz vermag für sich genommen jedoch keine Rechte zu begründen. Vielmehr bedarf er, um seine Wirkung entfalten zu können, eines bereits bestehenden Verfassungsrechtsverhältnisses. Er ist insoweit akzessorischer Natur und kann ein vorhandenes Verfassungsrechtsverhältnis ausgestalten, aber nicht neu begründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.09.2013 - 2 BvE 6/08 u.a. - NVwZ 2013, 1468, juris Rn. 183, unter Bezugnahme auf die Grundsätze zum bundesfreundlichen Verhalten, vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 05.02.2001 - 2 BvG 1/00 - BVerfGE 104, 238 <248>).
102 
Voraussetzung für die Berufung auf den Grundsatz der Organtreue ist daher, dass dem Verfassungsorgan aktuell verfassungsrechtliche Zuständigkeiten zustehen. Die verfassungsrechtlich gebotene Organtreue kann nur solange eingefordert werden, wie das Verfassungsorgan selbst durch die Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet sei (vgl. HambVerfG, Urt. v. 27.04.2007 - 3/06 - juris Rn. 89). Nachwirkende Pflichten einer Person, die - wie der Kläger - Verfassungsorgan war, aber nicht mehr ist, bestehen daher nicht.
103 
II. Anschlussberufung des Klägers
104 
Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
105 
1. Die Anschlussberufung ist nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Anschlussberufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Begründung in Anschlussschrift, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 i.V.m. 124 a Abs. 3 Sätze 2, 4 und 5 VwGO).
106 
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen unbedingten Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien. Vielmehr ist sein Löschungsanspruch durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv beschränkt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen der Anschlussberufung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
107 
Unzutreffend ist der Kläger der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Daten als privat einzustufen seien und daher nur mit seinem Einvernehmen nach § 2 Abs. 3 LArchG angeboten werden dürften. Unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass § 2 Abs. 3 LArchG Daten aus privater Hand meint. Darum handelt es sich hier gerade nicht.
108 
Ohne Erfolg muss auch das Vorbringen bleiben, es handele sich bei den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht um Daten, die i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten als Stelle im Sinne von § 2 Abs. 1 LArchG gedient hätten, da sie lediglich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden seien. Für die behauptete Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut überhaupt dem Landesarchiv anzubieten sind, ist nichts ersichtlich. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG knüpft lediglich daran an, dass Unterlagen bei Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes entstanden sind und dort vorhanden sind und von diesen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden. Nach der eindeutigen Regelung des § 23 Abs. 3 LDSG sind auch Daten, deren Speicherung unzulässig war - z.B. da von vornherein keine Erforderlichkeit für die Speicherung gegeben war - dem Landesarchiv anzubieten. Der datenschutzrechtliche Erforderlichkeitsgrundsatz ist für die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv unerheblich.
109 
Unbegründet macht der Kläger geltend, aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG folge, dass der Löschungsanspruch des Betroffenen erst dann ausgeschlossen sei, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die weitere Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG regelt, dass Löschungsansprüche bei Archivgut ausgeschlossen sind. Für einen Umkehrschluss, dass vor Anbieten gegenüber dem Landesarchiv sich Löschungsansprüche gegenüber dem Archivrecht durchsetzten, fehlen Gründe.
110 
Schließlich ist auch keine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers gegeben. Die schlichte Behauptung, § 23 Abs. 3 LDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, ist nicht nachzuvollziehen. Warum den vom Kläger angesprochenen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt sein soll, erschließt sich nicht. Die sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Rechtsfolgen sind klar und eindeutig. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, bestehen zudem zahlreiche Schutzvorkehrungen zugunsten der etwaig in ihren Grundrechten Betroffenen.
111 
Erfolglos bleibt schließlich der Einwand des Klägers, nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts müssten alle bei der Landesverwaltung anfallenden E-Mails dem Landesarchiv angeboten werden und dies könne nicht richtig sein. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG sieht für die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes eine unbeschränkte Anbietungspflicht für alle Unterlagen vor. Unterlagen in diesem Sinne sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG insbesondere Schriftstücke, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme; dazu gehören mithin auch E-Mails. Eine § 2 Abs. 6 BArchG vergleichbare Norm - nach der Unterlagen, die nach Auffassung der anbietungspflichtigen Stellen und des zuständigen Archivs von offensichtlich geringer Bedeutung sind, nicht angeboten werden müssen - gibt es in Baden-Württemberg nicht. Einschränkungen können allerdings gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 LArchG gerade im Hinblick auf maschinenlesbare Informationen zwischen dem Landesarchiv und der anbietenden Stelle getroffen werden.
112 
III. Nebenentscheidungen
113 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei einem Anschlussrechtsmittel ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1980 - 1 B 802.90 - juris) diese einheitlich zu treffen (vgl. BFH, Beschl. v. 17.12.2002 - I R 87/00 - juris; OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u.a. - juris Rn. 158, m.w.N.).
114 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Das Landesdatenschutzgesetz und das Landesarchivgesetz sind Landesrecht. Ebenso haben der Einwand des Rechtsmissbrauchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 13, 14 und Urt. v. 14.08.1982 - 8 C 19.90 - BVerwGE 90, 310, juris Rn. 16) und die Grundsätze der Organtreue ihre Grundlage im Landesrecht.
115 
Beschluss vom 30. Juli 2014
116 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
5.000.—EUR
festgesetzt. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel sind, soweit sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG). Das gilt auch für den Fall eines unselbständigen Anschlussrechtsmittels (vgl. BGH -GrS-, Beschl. v. 05.10.1978 - GSZ 1/78 - BGHZ 72, 339; BayVGH, Urt. v. 22.07.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 50). Da die Rechtsmittel denselben Gegenstand betreffen, ist der Auffangwert von 5.000.-- EUR nur einmal festzusetzen (vgl. OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010, a.a.O., Rn. 160; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 07.09.2010 - 1 M 210/09 - juris Rn. 57).
117 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit

1.
durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden,
2.
Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere Urheberrechte, durch das Zugänglichmachen von Umweltinformationen verletzt würden oder
3.
durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen,
ist der Antrag abzulehnen, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in den Nummern 1 und 3 genannten Gründe abgelehnt werden. Vor der Entscheidung über die Offenbarung der durch Satz 1 Nummer 1 bis 3 geschützten Informationen sind die Betroffenen anzuhören. Die informationspflichtige Stelle hat in der Regel von einer Betroffenheit im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 auszugehen, soweit übermittelte Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet sind. Soweit die informationspflichtige Stelle dies verlangt, haben mögliche Betroffene im Einzelnen darzulegen, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt.

(2) Umweltinformationen, die private Dritte einer informationspflichtigen Stelle übermittelt haben, ohne rechtlich dazu verpflichtet zu sein oder rechtlich verpflichtet werden zu können, und deren Offenbarung nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der Dritten hätte, dürfen ohne deren Einwilligung anderen nicht zugänglich gemacht werden, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in Satz 1 genannten Gründe abgelehnt werden.

Tenor

Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 -werden zurückgewiesen.

Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu ¼ und der Beklagte zu ¾.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der bis Mai 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg war, begehrt die Löschung von kopierten Daten aus seinem ihm vom Staatsministerium zur Verfügung gestellten E-Mail-Postfach.
Bei den vom Staatsministerium für seinen E-Mail-Verkehr genutzten Produkten (beim Server „Microsoft Exchange“ und im Clientbereich „Microsoft Outlook“) ist systembedingt jede E-Mail-Adresse Bestandteil einer Datenbank. Dort werden die eingehenden E-Mails in dem Postfach der E-Mail-Adresse gespeichert. Startet der Anwender auf seinem (Client-) PC das Programm Outlook, findet eine Synchronisation zwischen dem Exchange-Server und dem Outlook-Client-PC statt. Die Daten des Postfaches werden dabei in eine OST-Datei kopiert. Diese OST-Datei liegt üblicherweise auf dem PC des Anwenders. Durch das Verschieben einer E-Mail in den Ordner „gelöschte Objekte“ auf dem Client-PC und dessen Leerung können die E-Mails im Postfach durch den Anwender gelöscht werden. Auf dem Server werden diese E-Mails dadurch zunächst nicht direkt physikalisch gelöscht, aber als gelöscht gekennzeichnet. Der Server ist so eingestellt, dass die als gelöscht gekennzeichneten E-Mails innerhalb von sieben Tagen nach dem Löschen durch den Anwender wiederhergestellt werden können. Danach werden sie automatisch auf den Servern des Staatsministeriums gelöscht. Daneben bleiben die auf einem Server im Staatsministerium gelöschten Daten noch 30 Tage in einem Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach gespeichert. Die Löschung der Daten im Ausfallrechenzentrum erfolgt automatisch mit Ablauf der 30-Tage-Frist. Anschließend ist eine im Postfach gelöschte E-Mail nur noch verfügbar, wenn sie zuvor durch den Anwender in einer sogenannten PST-Datei archiviert wurde. Eine elektronische Langzeit-Speicherung gelöschter Mails ist nicht vorgesehen.
Für den Kläger wurde mit einem von seinem Büroleiter „i. A.“ am 11.02.2010 unterschriebenen Antragsformular beantragt, den Internetzugang auf seinem Arbeitsplatz-PC freizuschalten. Das Formular enthält unter anderen den Text: "Ich benötige den Zugang ausschließlich für dienstliche Zwecke. Mir ist bekannt, dass die Verbindung zum Internet aus Sicherheitsgründen protokolliert wird und bei Bedarf ausgewertet werden kann. Die Sicherheitshinweise auf der Rückseite dieses Antrags habe ich zur Kenntnis genommen." In diesen Sicherheitshinweisen ist unter anderem angeführt: „Der Internetzugang auf den Arbeitsplatz-PCs des Staatsministeriums wurde ausschließlich zu dienstlichen Zwecken eingerichtet. Die private Nutzung ist untersagt…Der gesamte Datenverkehr auf der Firewall des Staatsministeriums muss zur Sicherheit protokolliert werden. Nur auf diese Weise können unerlaubte Zugriffe oder Angriffe auf das Netz des Staatsministeriums identifiziert werden.“ Eine gesonderte Regelung zum Umgang mit den E-Mail-Accounts im Staatsministerium gab es nicht. Eine Kontrolle der Privatnutzung fand nicht statt. Die private IT-Nutzung durch die Mitarbeiter wurde stillschweigend geduldet.
Die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums ordnet das IT-Referat des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zu. Daraus folge, dass allein der Nutzer des Postfachs entscheide, welche E-Mails er ausdrucke und den Akten beifüge. Auch die Löschung von Postfachinhalten bleibe im Grundsatz allein dem Nutzer vorbehalten.
Für die Aktenführung im Staatsministerium wird grundsätzlich die „Gemeinsame Anordnung der Ministerien über die Verwaltung des Schriftguts der Behörden, Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes (AnO Schriftgut)“ vom 22.12.2005 angewandt. Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen. Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen. Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert.
Im Sommer/Herbst 2010 meldete das Büro des Klägers bei der IT-Abteilung des Staatsministeriums technische Probleme mit dem elektronischen Terminkalender des „Outlook“-Postfachs. Zur Klärung der Probleme beauftragte der IT-Bereich des Staatsministeriums die Firma ... mit der Fehlersuche. Für die Koordinierung wurde zudem das Informatikzentrum des Landes (IZLBW) eingeschaltet. Im Oktober/November 2010 erstellte ein mit Administratorrechten ausgestatteter Mitarbeiter des IT-Bereichs eine Kopie des auf dem Server des Staatsministeriums liegenden und dem Kläger zugewiesenen Original-Postfachs. Nachdem die Überprüfung durch die Firma ... im Dezember 2010 abgeschlossen war und der Fehler nicht hatte gefunden werden können, blieben die kopierten Daten weiter gespeichert. Die kopierten Postfach-Daten sollten nach Angaben des Beklagten vorgehalten werden, um sie bei einem erneuten Auftreten des Fehlers mit den neueren Postfach-Daten des Klägers oder fehlerbehafteten Postfach-Daten anderer Mitarbeiter vergleichen zu können.
Die beiden Original-E-Mail-Accounts des Klägers ([email protected] und [email protected]) wurden nach dem Regierungswechsel auf dem Server des Staatsministeriums gelöscht. Die endgültige Löschung im Ausfallrechenzentrum erfolgte durch das Überschreiben der Datenbank nach 30 Tagen. Die Festplatte aus dem PC des Klägers wurde diesem ausgehändigt.
Die kopierten Dateien waren zunächst auf einem Server im Staatsministerium gespeichert. Der Festplattenbereich war nur für den mit Administratorrechten ausgestatteten Mitarbeiter ... und für seinen Vertreter zugänglich und wurde seit Dezember 2010 mit einem Zeitstempel versehen. Mit einem solchen Zeitstempel wird jeder Zugriff auf die Daten dokumentiert. Bislang fand seitens des Staatsministeriums weder eine Sichtung noch eine sonstige Nutzung der Dateien statt. Der Zeitstempel steht unverändert auf Dezember 2010.
Im Sommer 2012 wurde das Staatsministerium auf die kopierten Dateien wieder aufmerksam. In einem Vermerk vom 23.08.2012 heißt es, man sei auf eine versehentlich nicht gelöschte Arbeitskopie des Postfaches von MP a.D. ... gestoßen, die am 20.10.2010 aufgrund von technischen Störungen zur Überprüfung durch eine externe Firma angelegt worden sei. In einem weiteren Vermerk vom 05.09.2012 ist ausgeführt, dieser Umstand sei in Vergessenheit geraten.
10 
Am 30.08.2012 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Stuttgart die Amtsräume des Staatsministeriums. Dabei stellte sie die Kopien des E-Mail-Postfachs des Klägers mithilfe einer forensischen Software vollständig sicher; sie befinden sich ausweislich eines Schreibens der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 10.09.2012 auf einem Datenträger des mit der weiteren Sichtung nach § 110 Abs. 1 StPO beauftragten Landeskriminalamts Baden-Württemberg. Hierüber unterrichtete die Staatsanwaltschaft die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 10.09.2012. Sie teilte weiter mit, die „Outlookexportdateien“ seien vorläufig sichergestellt worden, da eine sorgfältige Sichtung und Trennung der Daten am Durchsuchungsort nicht möglich gewesen sei. Die Dateien befänden sich auf einem Datenträger des Landeskriminalamts. In der Folgezeit wertete die Staatsanwaltschaft die Kopien des E-Mail-Postfachs für ihre Ermittlungen aus.
11 
Mit Anwaltsschreiben vom 12.09.2012 begehrte der Kläger vom Staatsministerium Auskunft, ob sich nach der Sicherstellung der Staatsanwaltschaft die Dateien beziehungsweise Kopien dieser Dateien noch im Besitz des Staatsministeriums befänden. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 17.09.2012 dem Rechtsanwalt des Klägers mit, dass im Staatsministerium Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers existierten, und bat um eine Einwilligung des Klägers in die Sichtung der Kopien, um private von dienstlichen Dateien zu trennen. Mit Anwaltsschreiben vom 19.09.2012 verweigerte der Kläger seine Einwilligung und forderte das Staatsministerium auf, die Dateien unverzüglich zu löschen. Dies lehnte das Staatsministerium mit Schreiben vom 27.09.2012 ab. Mit Anwaltsschreiben vom 18.10.2012 ließ es ergänzend mitteilen, die Daten könnten mit großer Wahrscheinlichkeit auch dienstliche Unterlagen enthalten. Daher werde vorgeschlagen, gemeinsam eine Trennung von privaten und dienstlichen Daten vorzunehmen. Diesen Vorschlag ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 30.10.2012 mit der Begründung ablehnen, dass sämtliche vom Staatsministerium gespeicherten Daten personenbezogen seien.
12 
Am 03.12.2012 verlagerte die Firma ... ... im Auftrag des Staatsministeriums die auf dem Server des Staatsministeriums liegenden Dateien in einen sogenannten „Datentresor“. Dieser „Tresor“ ist mit einem Passwort vor Zugriffen geschützt. Um diesen „Datentresor“ vor Verlust zu schützen, wurde er noch auf einen dem Staatsministerium zugewiesenen Serverbereich im Informatikzentrum des Landes Baden-Württemberg (IZLBW) kopiert. Zusätzlich wurden die Daten von der Firma ... ... auf einen externen Datenträger überspielt. Dieser Datenträger befindet sich in einem verschweißten Beutel in einem Tresor des Staatsministeriums. Das Passwort befindet sich in einem verschlossenen Umschlag in einem weiteren Tresor. Die auf dem Server im Staatsministerium befindlichen Kopien des Postfaches wurden sodann gelöscht. Bei diesen Maßnahmen wurde keine Einsicht in die Daten genommen.
13 
Der Kläger erhob am 15.10.2012 beim Verwaltungsgericht Stuttgart, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.11.2012 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwies, Klage auf Löschung der Dateien, hilfsweise auf Löschung nach Anbieten als Archivgut gegenüber dem Landesarchiv, weiter hilfsweise auf Neubescheidung. Zur Begründung machte er geltend, er habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Löschung der Daten nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG. In den E-Mails seien personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG enthalten. Das Nutzen der Daten für andere Zwecke als den der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage sei nach § 15 Abs. 4 LDSG unzulässig. Demgemäß könnten die Daten auch nicht mehr erforderlich im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sein. Die E-Mail-Kommunikation unterliege zudem dem Fernmeldegeheimnis und damit § 88 TKG. § 23 Abs. 3 LDSG, wonach vor einer Löschung die Daten dem Archiv zur Übernahme anzubieten seien, stehe seinem Begehren nicht entgegen. Die Daten seien seinem Persönlichkeitsbereich zuzuordnen und vollständig privat. Archivgut Privater könne das Landesarchiv nur mit deren Einvernehmen erfassen, und seine Zustimmung gebe er nicht. Jedenfalls sei die Archivierung nur unter der Prämisse einer Abschottung der Daten nach § 4 LArchG unter Wahrung der Sperrfristen gemäß § 6 Abs. 2 LArchG zulässig. Spätestens nach dem Anbieten gegenüber dem Landesarchiv habe der Beklagte die Daten zu löschen.
14 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Der Kläger habe keinen Löschungsanspruch. Die Speicherung der streitgegenständlichen Dateien sei zulässig. Sowohl die Speicherung der Dateien als auch deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Da der Kläger seine dienstliche E-Mail-Korrespondenz nicht vollständig zu den Sachakten genommen habe und der Verlauf der Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der Anteile der EnBW von der EdF nach wie vor in weiten Teilen nicht geklärt sei, bedürfe es einer Auswertung des E-Mail-Postfachs im Hinblick auf das vor der Internationalen Handelskammer in Paris anhängige Schiedsverfahren des Landes gegen die EdF, etwaige Schadensersatzansprüche des Landes nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und ein Akteneinsichtsgesuch zweier Privatpersonen nach dem Landesumweltinformationsgesetz, das sich unter anderem auch auf die Sicherungskopien beziehe. Weiter seien die Sicherungskopien Gegenstand einer Landtagsanfrage (LT-Drucks. 15/2640) gegenüber dem Staatsministerium gewesen. Die Staatsanwaltschaft lehne eine Akteneinsicht des Landes bislang unter Hinweis auf § 406e Abs. 2 StPO ab. Auf § 88 TKG könne sich der Kläger nicht berufen, ebensowenig auf § 15 Abs. 4 LDSG. Der Zweck der Datensicherung umfasse auch die Wiederherstellung verloren gegangener Datenbestände. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner E-Mail-Nachrichten zur Vervollständigung der Sachakten halte sich damit im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung. § 15 Abs. 4 LDSG wolle nur zweckändernde Maßnahmen und eine nachfolgende Datennutzung gegenüber Bediensteten ausschließen. Der Kläger sei aber gerade kein Bediensteter im datenschutzrechtlichen Sinne gewesen. Die beabsichtigte Datenverwendung sei gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG gerechtfertigt. Es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentationspflichten nicht nachgekommen sei. Zudem sei § 23 Abs. 3 LDSG zu beachten. Archivwürdige Daten unterlägen nicht der Löschungspflicht des § 23 LDSG.
15 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 27.05.2013 den Beklagten verpflichtet, die Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers ...PST_20101116, ...PST_20101117 und ... ...PST_20101117_DUMPSTER sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind, und im Übrigen die Klage abgewiesen (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - NVwZ-RR 2013, 428). Der Kläger habe nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG einen Anspruch auf Löschung dieser Dateien, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden seien. Es handele sich um personenbezogene Daten i.S.v. § 3 Abs. 1 LDSG. Denn die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers beträfen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich seine Kommunikation mit Dritten. Für das Staatsministerium als speichernde Stelle sei die Kenntnis der Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert worden seien und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen sei (§ 15 Abs. 4 LDSG). Es könne offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG im Hinblick auf die Dokumentationspflichten des Klägers, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt sei, denn diese Bestimmungen würden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. Diese Norm sei anwendbar. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“, aus dem der Beklagte die Unanwendbarkeit der Norm herleite, beziehe sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibe von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Die E-Mail-Postfach-Daten seien zu dem Zweck kopiert worden, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers stellten - in der im Herbst 2010 kopierten Form - daher personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert worden seien. Folglich scheide eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus. Zwar solle bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören. Dies könne aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen sei, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt worden sei. Darum gehe es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten gekommen sei noch der Beklagte die Daten weiter benötige, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Es sei auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung sei insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke, also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage, zulässig. Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setze voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert würden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgingen. Daran fehle es hier. Mit der Kopie seien keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt worden; vielmehr habe sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten erschöpft.
16 
Auf § 88 TKG könne sich der Kläger allerdings nicht berufen. Die Norm wolle allein das Fernmeldegeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG schützen, dessen Schutzbereich nicht betroffen sei. Es handele sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet habe. Zudem sei der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG.
17 
§ 36 Abs. 1 LDSG sei auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten gewesen sei. Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bilde die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt hätten, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten beziehe. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebühre der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gelte jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststehe oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1, 2 i.V.m. § 2 Abs. 3 UIG enthielten.
18 
Dem Löschungsanspruch stehe dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten seien. Die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv sei keine Zwecksetzung, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen könne. § 23 Abs. 3 LDSG befasse sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindere weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen.
19 
Das Archivrecht modifiziere allerdings den Umfang des klägerischen Anspruchs dahin, dass die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen seien, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden seien. Es handele sich bei den Daten nicht um „Archivgut eines Privaten“, das gemäß § 2 Abs. 3 LArchG nur mit Einvernehmen des Klägers dem Landesarchiv überantwortet werden könne. Die Vorschrift erfasse nur Daten „aus privater Hand“, nicht hingegen Daten wie die streitgegenständlichen, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten. Vor einer Löschung seien die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7, 8 LArchG zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirkten, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindere. Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht sei in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ - den auch das Bundesrecht kenne - auszugehen. Das Archivrecht enthalte eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz. Das genannte Vorrangverhältnis ergebe sich aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Denn vor einer Löschung seien Daten nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsehe - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7, 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergäben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden sei. Es scheide aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Vor der Übernahme in das Archiv könnten Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden, wie etwa eine (Teil-)Anonymisierung. Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht seien in § 4 und § 6 LArchG und in der Landesarchivbenutzungsordnung vorgesehen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestünden nicht. Das Landesarchiv Baden-Württemberg habe bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG schütze insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart würden. Träger des Grundrechts seien auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Der Kläger sei insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angehe. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsehe, könne er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Weiter komme dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute.
20 
Gegen das ihm am 31.05.2013 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte am 28.06.2013 (Posteingang) die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, mit der er die vollumfängliche Klageabweisung erstrebt, und am 29.07.2013 die Berufungsbegründung eingereicht. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 LDSG. Die Speicherung der Daten sei zulässig. Die Speicherung der Daten und deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Für den Begriff "Aufgaben der verantwortlichen Stelle" im Sinne des § 15 LDSG sei nicht auf diejenige Organisationseinheit einer Behörde abzustellen, die die Daten tatsächlich speichere, wie z.B. die IT-Abteilung oder das Rechenzentrum, sondern auf die Behörde oder juristische Person, der diese Abteilung angehöre. Für die Frage, ob die streitgegenständlichen Dateien für die Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle noch erforderlich seien, komme es mithin auf den Aufgabenbereich des Staatsministeriums insgesamt an. Davon zu unterscheiden sei der Begriff des Zwecks der Speicherung im Sinne des § 15 LDSG. Der Zweck könne enger sein als die Aufgabe, aber niemals über diese hinausgehen. Der Zweck sei regelmäßig weiter als der konkrete Anlass der Erhebung. Er erschöpfe sich nicht in der Erledigung des einzelnen Verwaltungsverfahrens. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner Dokumente zur Vervollständigung der Sachakten erfüllten die Voraussetzungen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung.
21 
Das Verwaltungsgericht habe den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG in einer vom Gesetz nicht beabsichtigten Weise überdehnt. Die im Herbst 2010 durchgeführte Maßnahme stelle eine Datensicherung im Sinne des § 15 Abs. 4 LDSG dar. Mit dem Begriff Datenschutzkontrolle/Datensicherung/Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes sei aber keine subjektive Konkretisierung verbunden, die den Zweck auf den konkreten Anlass beschränke. Der Zweck der Maßnahme gehe in aller Regel über den konkreten Anlass hinaus. Ansatzpunkt seien stets die so genannten "Primärzwecke" in allgemeiner Form, z.B. Zwecke der Datensicherung und/oder der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage. Diese Primärzwecke sollten von der verantwortlichen Stelle vor der jeweils beabsichtigten Verarbeitung oder Nutzung festgelegt werden. Bei unterlassener ausdrücklicher Festlegung im Zeitpunkt der Maßnahme sei der objektive Zweck maßgeblich. Dieser sei dem erkennbar verfolgten Ziel zu entnehmen. Eine weitere Detaillierung in Richtung eines konkreten Anlasses, der den in § 15 Abs. 4 LDSG genannten Zwecken zuzuordnen wäre, habe der Gesetzgeber bewusst unterlassen. Finde eine Datensicherung aus Anlass vermuteter Gerätestörungen statt, so sei die Verwendung dieser Sicherung für die Wiederherstellung anderweitig verlorengegangener Daten nach § 15 Abs. 4 LDSG nicht ausgeschlossen.
22 
Die Wiedergewinnung verloren gegangener Originaldaten gehöre selbstverständlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Verwendungszwecken. Diene die Maßnahme der Sicherung bestimmter Datenbestände, so dürften diese bei Verlust über die angefertigten Sicherungskopien wiederhergestellt und zur Aufgabenerfüllung verwendet werden. Liege der Erhebung oder Speicherung keine (aufgabenspezifische) Rechtsvorschrift zu Grunde oder biete diese keinen geeigneten Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und habe auch der Betroffene keine ausdrückliche Verfügung getroffen, so seien die verfolgten Zwecke auf der Grundlage eines pragmatischen Verständnisses des Handelns der öffentlichen Stelle zu bestimmen. Es sei von einer typischen und sachgerechten Organisation der verantwortlichen Stelle auszugehen. Aufgabe des IT-Bereichs sei es, die für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlichen Daten zu sichern und die ordnungsgemäße Funktion der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums sicherzustellen. Genau dieser Aufgabe hätten die im Herbst 2010 bezüglich des klägerischen Accounts durchgeführten Maßnahmen gedient. Zum Zeitpunkt der Maßnahme habe noch keinerlei Kenntnis der Ursachen der aufgetretenen Datenverluste existiert. Ein rechtswidriger Zugriff von außen oder unbefugtes Handeln Dritter hätten im Zeitpunkt der Maßnahme von niemandem ausgeschlossen werden können. Auch deswegen greife die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil vertretene enge Festlegung auf bestimmte Verlustszenarien zu kurz. Durch das Ausscheiden des Klägers aus dem Amt des Ministerpräsidenten sei keine "Zweckerfüllung" eingetreten. Durch § 15 Abs. 4 LDSG werde nicht ausgeschlossen, dass die streitgegenständlichen Daten im Sinne ihrer engen Zweckbindung (Sicherungskopie) zur Herstellung der Originaldateien benutzt würden. Die wiederhergestellten Originaldateien dürften jedenfalls für diejenigen Zwecke verwendet werden, zu denen sie der Kläger ursprünglich angelegt habe. Daher halte sich die Aufnahme der Postfachdaten in bereits vorhandene Sachakten im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecke und der wahrgenommenen Aufgaben. Die Befugnis zur Wiedergewinnung der Originaldaten gelte unabhängig davon, auf welche Weise die Daten verloren gegangen seien. Der Zweck der Datensicherung umfasse alle Maßnahmen zum Schutz vor Datenverlusten. Hier seien die Sicherungskopien zum Schutz der Originaldateien angelegt worden. Dass die Originaldateien hier nicht versehentlich, sondern bewusst und entgegen der dem Kläger obliegenden Aktenführungspflichten nicht gesichert, sondern gelöscht worden seien, führe zu der objektiven Feststellung des Verlusts von Daten, die nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 LDSG zulässigerweise gespeichert werden dürften und aus der Sicht ordnungsgemäßen nachweisbaren staatlichen Handelns hätten gespeichert werden müssen. Lösche ein Mitarbeiter einer Behörde ganz bewusst auch solche dienstlichen Daten, die noch zu der konkreten Aufgabenwahrnehmung benötigt würden, so müsse die betroffene Behörde befugt sein, auf alle vorhandenen Sicherungskopien zurückzugreifen. Auch die Datensabotage oder missbräuchliche Nutzung durch eigene Mitarbeiter stelle einen Datenverlust dar, vor dem Maßnahmen zur Datensicherung schützen sollten.
23 
Speziell solche Daten, die im Zusammenhang mit den von dem Beklagten bereits erstinstanzlich genannten Verfahren stünden, seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums nach wie vor erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf die bereits anhängigen Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den entsprechenden Sachakten fehlten. Weder die Mitarbeiter noch die von den Mitarbeitern selbst zu dienstlichen Zwecken angelegten dienstlichen Inhalts-Dateien bedürften des vom Verwaltungsgericht angenommenen weiten Schutzes. Nach dem Sinn und Zweck der Sonderregelung in § 15 Abs. 4 LDSG solle durch die strikte Zweckbindung lediglich ausgeschlossen werden, dass die aus Bedürfnissen des Datenschutzes und der Datensicherheitzusätzlich erhobenen Datenbestände als Informationsgrundlage für andere Zwecke zur Verfügung stünden, weil dadurch der Einsatz wirksamer Datenschutz- und Sicherungsmethoden indirekt behindert würde. Mit der Wiederherstellung und dienstlichen Verwendung der zu dienstlichen Zwecken selbst angelegten oder zu diesem Zweck empfangenen Daten könne und müsse ein Mitarbeiter aber jederzeit rechnen. Durch die vom Verwaltungsgericht angenommene Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG werde zugleich das spezielle Regel-Ausnahmeprinzip des § 15 LDSG in einer vom Gesetz nicht beabsichtigten Weise verengt. Behörden und Unternehmen wären in einer Vielzahl von Fällen zur Aufgabe ihrer an sich höherrangigen und berechtigten Interessen gezwungen und letztlich dem Belieben ihrer unbefugt handelnden Mitarbeiter ausgesetzt, wenn und soweit diese (bewusst) dienstliche Dokumente vernichteten.
24 
Völlig unberücksichtigt habe das Verwaltungsgericht gelassen, dass Sinn und Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht sei, denjenigen zu schützen, der selbst in rechtswidriger Weise den Zwecken der Datensicherung zuwidergehandelt habe. Dem Kläger habe während seiner Amtszeit als Ministerpräsident auch im Hinblick auf die in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG genannten Belange die Pflicht oblegen, solche Daten zu sichern, die in die Sachakten des Staatsministeriums gehörten. Diese Sicherung sei unterblieben. Aufgrund der von dem Beklagten vorgelegten E-Mail-Schreiben des Klägers stehe fest, dass dieser z.B. im Zusammenhang mit dem Erwerb der EnBW-Anteile E-Mail-Schreiben erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Die gesamte Anbahnung des Erwerbs der EnBW-Anteile sei unter Ausschluss der zuständigen Ministerien und ihrer Ministerialebenen allein über das damalige Ministerpräsidentenbüro des Klägers vorbereitet und abgeschlossen worden. Die dem Erwerb zu Grunde liegenden Überlegungen und Informationen seien zwischen den beteiligten Parteien ganz überwiegend in digitaler Form ausgetauscht worden. Akten im klassischen Sinn seien zu diesem Vorgang nicht vorhanden. Auch die Akten zum Polizeieinsatz vom 30.09.2009 enthielten keine E-Mail-Nachrichten des Klägers, obwohl die Bevollmächtigten des Klägers gegenüber dem Verwaltungsgericht im Erörterungstermin vom 29.04.2013 erklärt hätten, dass die Staatsanwaltschaft den streitgegenständlichen Sicherungskopien zu diesem Thema insgesamt zwei bis drei Leitzordner E-Mails entnommen und beschlagnahmt habe.
25 
Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus der Amtszeit des Klägers bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Verwaltungs- und Regierungshandeln allgemein und in anderen Fällen betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Der Kläger behaupte gerade nicht, dass es sich bei den gespeicherten Postfach-Daten ausschließlich um den rein privaten Bereich betreffende E-Mails handele. Vielmehr habe er erstinstanzlich geltend gemacht, er habe während seiner Amtszeit als Ministerpräsident keinerlei Dokumentations- und Aktenführungspflicht unterlegen, und bringe nun vor, er habe alle maßgeblichen Unterlagen zu den Sachakten genommen. Der Kläger habe Dokumentations- und Aktenführungspflichten unterlegen. Die Vollständigkeit staatlicher Akten bilde die Grundlage rechtmäßigen staatlichen Handelns und sei Voraussetzung für jede Rechtskontrolle im Sinne von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Das Parlament habe Anteil an der Staatsleitung durch die ihm zustehenden Mitentscheidungskompetenzen und der ihm zugewiesenen parlamentarischen Kontrolle, deren Ziel es sei, das Handeln der Regierung transparent und verantwortlich zu machen. Die dem Staatsministerium durch Übersenden seitens des Untersuchungsausschusses bekannte, dem Gericht vorgelegte E-Mail-Korrespondenz des Klägers betreffe keinen der Kontrolle des Parlaments entzogenen Vorbehaltsbereich der Regierung. Es handle sich um den Gedankenaustausch eines Ministerpräsidenten mit einem außerhalb des Kabinetts stehenden Dritten im Zusammenhang mit einer beabsichtigten wirtschaftlichen Betätigung des Landes. Dem parlamentarischen Informationsrecht entspreche eine grundsätzliche Informationspflicht der Landesregierung. Die Informations- und Akteneinsichtsrechte - in Form von Rechtsansprüchen nach § 29 Abs. 1 LVwVfG, Art. 35 LV i.V.m. § 14 UAG, § 61 LTGO und im Ermessenswege nach allgemeinen Grundsätzen - setzten eine Pflicht zur Führung vollständiger und wahrheitsgetreuer Akten voraus. Die Aktenführungspflicht ergebe sich auch ohne ausdrücklichen Ausspruch in einem Gesetz oder einem Organisationsstatut aus der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht der Behörden und Verfassungsorgane zur objektiven Dokumentation des bisherigen wesentlichen sachbezogenen Geschehensablaufs und der möglichen Erkenntnisquellen für das zukünftige Handeln. Selbstverständlich sei das Staatsministerium verpflichtet, Daten, die den rein familiären Bereich beträfen, zu löschen. Eine diesbezügliche Trennung der Postfachdaten sei über die Absender- bzw. Empfängerdaten technisch möglich. Die Einsichtnahme in die Absender- bzw. Empfängerdaten sei dem Kläger auch zumutbar und keine Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Durch das Löschen der allein elektronisch gespeicherten dienstlichen Daten habe der Kläger die Aufgabenwahrnehmung des Beklagten in einigen Bereichen nahezu unmöglich gemacht. Dies lasse seine Schutzbedürftigkeit insgesamt entfallen.
26 
Der Beklagte beantragt,
27 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
28 
Der Kläger beantragt,
29 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
30 
Die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe Originaldateien entgegen der ihm obliegenden Aktenführungspflichten gelöscht, sei haltlos. Der Vortrag des Beklagten erfolge ohne ansatzweise substantiierte Darlegung. Auf der grundlosen Unterstellung, der Kläger habe gegen seine Aktenführungspflicht verstoßen, beruhe die Argumentation des Beklagten, dass es sich bei den streitgegenständlichen Daten um solche handele, die nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 LDSG zur Erfüllung der Aufgaben des Beklagten erforderlich seien, und dass der Beklagte befugt sein müsse, auf noch vorhandene Sicherungskopien zurückzugreifen. Es sei eine falsche Behauptung, dass im Staatsministerium wenige Schriftstücke aus der Amtszeit des Klägers vorhanden seien. Regierungshandeln unterliege nicht der Anordnung Schriftgut und nach dieser Verwaltungsvorschrift seien nur solche E-Mails zu den Akten zu nehmen, die "Entscheidungen" enthielten, es sei denn der Bearbeiter ordne ihre Aufbewahrung an. Eine elektronische Archivierung von E-Mails sei im Staatsministerium nicht erfolgt. Die Löschung von E-Mails sei Aufgabe des jeweiligen Adressaten gewesen. Zudem gebe es einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der einen nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließe, zu dem auch die Willensbildung der Regierung selbst zähle. Danach seien ausgetauschte Meinungen und Werturteile auch in öffentlichen Angelegenheiten nicht in Akten zu dokumentieren.
31 
Ob Daten zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG noch erforderlich seien, richte sich ausschließlich nach der Zweckbestimmung, die der Speicherung der Daten zu Grunde gelegen habe. Nicht mehr erforderlich seien die Daten, wenn die Aufgabe, zu deren Erfüllung sie gespeichert worden seien, endgültig entfallen sei. Dies werde aus der Systematik des § 15 Abs. 1 LDSG deutlich, indem dort zum Erforderlichkeitsgrundsatz (Nr. 1) kumulativ der Grundsatz der Zweckbindung (Nr. 2) hinzutrete. Daten seien daher zur Aufgabenerfüllung nur solange erforderlich, wie die konkrete Aufgabe aktuell sei. Es gehe vorliegend daher nicht darum, ob der Zweck, zu dem die streitgegenständlichen Daten gespeichert worden seien, über den konkreten Anlass - hier eine technische Störung des E-Mail-Accounts des Klägers im Oktober 2010 - hinausgehe. Bei der Frage, ob die Aufgabe entfallen sei, sei die mit dem Ausscheiden des Klägers aus dem Amt des Ministerpräsidenten verbundene Zeitkomponente maßgeblich, die vom Beklagten außer Acht gelassen werde. Mit diesem Ausscheiden seien die die weitere Speicherung rechtfertigenden Aufgaben entfallen. Die streitgegenständlichen Daten seien nicht zum Zweck der Datensicherung im Sinne der Sicherung ihrer fortwährenden Verfügbarkeit im EDV-System des Beklagten gespeichert worden. Eine Wiedergewinnung von Daten, die in Sicherungskopien gespeichert seien, nach § 15 Abs. 4 LDSG sei nur in den Grenzen der konkreten Aufgabe, zu deren Erfüllung die Speicherung erfolgt sei, zulässig. Vorliegend gehe es nicht um einen Datenverlust durch einen Systemfehler, dessen nachteiligen Folgen auf den ordnungsgemäßen Betrieb der Datenverarbeitungsanlage durch die streitgegenständlichen Sicherungskopien habe entgegengesteuert werden sollen, sondern der Kläger habe als Betroffener bewusst entschieden, diese Daten zu löschen. Die Daten sollten nach dem Anliegen des Beklagten nicht für den intendierten Sicherungszweck (Verlust durch Systemfehler), sondern zu anderen Zwecken, insbesondere der vermeintlich angezeigten Überprüfung der Vollständigkeit von Akten (§ 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG), angeblicher erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl (§ 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG) oder gar der Aufdeckung vermuteter Rechtsverstöße (§ 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG) herangezogen werden. Dies sei jedoch datenschutzrechtlich unzulässig. Die Annahme des Beklagten, die strikte Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG erfasse ausschließlich "zusätzlich" erhobene Datenbestände, verkenne, dass die strikte Zweckbindung ungeachtet des Inhalts der Sicherungskopie hier die streitgegenständlichen Daten erfasse. Der „unclean hands“-Einwand des Beklagten sei für den datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch aus § 23 Abs. 1 LDSG irrelevant. Andernfalls würde die durch § 15 Abs. 4 LDSG bewirkte strikte Zweckbindung ausgehöhlt. Eine Reduzierung des datenschutzrechtlichen Schutzniveaus ergebe sich hier weder daraus, dass die private IT-Nutzung nicht ausdrücklich gestattet worden sei, noch aus dem Umstand, dass der Kläger die Funktion des Ministerpräsidenten innegehabt habe. Die von dem Beklagten angeführten parlamentarischen Kontrollbefugnisse seien nicht dazu geeignet, den datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und die strikte Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG einzuschränken.
32 
Auf die ihm am 01.08.2013 zugestellte Berufungsbegründung hin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 30.08.2013, der am selben Tag beim Verwaltungsgerichtshof einging, Anschlussberufung eingelegt, mit der er seinen erstinstanzlichen Hauptantrag auf uneingeschränkte Löschung der streitgegenständlichen Dateien weiterverfolgt. Zur Begründung führt er aus, die streitgegenständlichen Daten seien als privat einzustufen und allenfalls nach § 2 Abs. 3 LArchG mit dem Einvernehmen des Klägers dem Landesarchiv anzubieten. Mit § 2 Abs. 3 LArchG seien keine Eingriffsbefugnisse verbunden. Auch unter der Annahme, dass kein Fall des § 2 Abs. 3 LArchG vorliege, komme man nicht zu einem Anbieten. Der Kläger in seiner Funktion als Ministerpräsident sei als Verfassungsorgan mit eigenen Organrechten zu betrachten gewesen. Der Kläger selbst sei also Stelle im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG. Die Übergabe durch die Stelle beziehe sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG ausschließlich auf Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötige. Potentielles Archivgut könnten also nur solche Unterlagen sein, die bei der Stelle im Vorfeld der Anbietung der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben dieser Stelle gedient hätten. Dies sei jedoch hier nicht der Fall. Die Daten hätten nicht der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten gedient, denn sie seien ausschließlich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden. Es bestehe also eine Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut dem Landesarchiv anzubieten seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts führe dazu, dass auch Daten, von denen bereits im Vorfeld der Anbietung an das Landesarchiv bekannt sei, dass sie wegen eines Fortfalls des Zwecks im Sinne des § 15 Abs. 4 LDSG nach § 23 Abs. 1 LDSG zu löschen seien, dem Landesarchiv zum Zwecke der Archivierung anzubieten seien. Aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei jedoch ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber danach differenziere, ob ein Löschungsanspruch vor oder nach der Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv erhoben werde. Zwar seien von den Stellen personenbezogene Daten infolge des § 23 Abs. 3 LDSG selbst dann vor der Löschung dem Landesarchiv anzubieten, wenn diese unzulässig gespeichert worden seien. Der die öffentlich-rechtliche Löschungspflicht der öffentlichen Hand widerspiegelnde subjektive Löschungsanspruch des Betroffenen gehe jedoch weiter und sei erst dann ausgeschlossen, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die (weitere) Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. Zudem folge aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, dass unzulässig gespeicherte Daten nicht der archivrechtlichen Anbietungspflicht des § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG unterlägen. Aus § 23 Abs. 3 LDSG im Zusammenspiel mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG lasse sich kein gesetzlicher Rahmen entnehmen, der dem an einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung anzulegenden Bestimmtheitsgrad genüge. Zudem müssten nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts alle in der Landesverwaltung eingehenden und versandten E-Mails vor ihrer Löschung dem Archiv angeboten werden; diese Kontrollüberlegung zeige, dass die Argumentation des Verwaltungsgerichts unzutreffend sei.
33 
Mit der Anschlussberufung beantragt der Kläger,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - teilweise zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, die Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers ... ...PST_20101116, ...PST_20101117 und ... ...PST_20101117_DUMPSTER sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen.
35 
Der Beklagte beantragt,
36 
die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
37 
Das Archivrecht gewährleiste mit den Anbietungs- und Übergabepflichten einerseits und den Sperrfristen andererseits einen angemessenen Ausgleich zwischen den divergierenden Geheimhaltungs- und Publizitätsinteressen der Beteiligten. Die streitgegenständlichen Dateien seien nicht als privat einzustufen. Jedenfalls in den Fällen, in denen der Kläger - wie hier - über seinen Dienstrechner und das ihm als Ministerpräsidenten zugewiesene dienstliche Mailkonto kommuniziert habe, seien die entstandenen Postfachdaten als amtlich einzuordnen. Alle Korrespondenz eines Regierungschefs mit Ausnahme familiärer Schreiben sei von der öffentlichen Amtsfunktion überlagert. Die streitgegenständlichen Sicherungskopien hätten der Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums insgesamt und der Aufgabenerfüllung des Klägers als damaligem Ministerpräsidenten gedient. Gemäß §§ 2, 3 LArchG sei es Aufgabe des Landesarchivs, die ihm angebotenen Unterlagen zu bewerten und die jeweils archivwürdigen Unterlagen auszuwählen. Ob diese in digitaler oder Papierform vorlägen, sei unerheblich. Nach der gesetzgeberischen Intention zu § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG seien Löschungsansprüche nach Landesdatenschutzrecht bei Archivgut ausgeschlossen. Dem eindeutigen Wortlaut nach seien gemäß § 23 Abs. 3 LDSG auch unzulässig gespeicherte Unterlagen anzubieten.
38 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten (2 Heftungen) vor.

Entscheidungsgründe

 
39 
Sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, aber unbegründet.
40 
I. Berufung des Beklagten
41 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Einreichung beim VGH, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 VwGO).
42 
2. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn der Kläger hat einen - durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv modifizierten (s. dazu unter II.) - Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (a). Einem solchen Löschungsanspruch stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (b) entgegen.
43 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
44 
aa) Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten, und sind daher - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat und die Beteiligten auch nicht in Frage stellen - personenbezogene Daten.
45 
bb) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
46 
cc) Die streitgegenständlichen Dateien sind für das Staatsministerium nicht mehr i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG zur Aufgabenerfüllung erforderlich.
47 
(1) Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist. Diese Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung folgt aus Wortlaut, Willen des Gesetzgebers, Sinn und Zweck der Vorschrift sowie den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Danach besteht zwischen dem Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG und der Regelung über Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten nach § 15 LDSG ein unmittelbarer Zusammenhang.
48 
Der Wortlaut von § 15 LDSG und § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG spricht zunächst nicht für diesen unmittelbaren Zusammenhang. Denn § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG macht den Löschungsanspruch davon abhängig, dass die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist, während nach 15 Abs. 1 LDSG die Zulässigkeit der Speicherung nicht nur die Erforderlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle voraussetzt, sondern auch dass die Speicherung für die Zwecke, für die die Daten erhoben worden sind, erfolgt. Den Gesichtspunkt der Zweckbindung spricht der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hingegen gar nicht an.
49 
Dem entspricht es, wenn in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu den insoweit gleich lautenden Normen der § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG, § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X die Erforderlichkeit verneint wird, wenn die Daten keine praktische Bedeutung mehr haben und deshalb ausgeschlossen werden könne, dass sie die Arbeit der zuständigen Behörde noch fördern könnten (vgl. Mallmann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 20 Rn. 42; Mester, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 20 Rn. 18; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 11; Brink, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 35 Rn. 39; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 84 Rn. 7; ähnlich Wedde, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, Kap. 4.4. Rn. 64, und ders., in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 20 Rn. 12, auf die „Aufgabe“ abstellend, zu deren Erfüllung die Daten gespeichert wurden; unklar Worms, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 20 BDSG Rn. 39; ähnlich auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164.92 - juris Rn. 3 m.w.N., zur Speicherung von Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach dem bad.-württ. Polizeigesetz; Beschl. v. 18.03.1994 - 11 B 76.93 - NJW 1994, 2499, zum Eintrag in der Führerscheinkartei). Nach dieser Auffassung dürfte die Erforderlichkeit noch gegeben sein - und bestünde folglich kein Löschungsanspruch des Betroffenen -, wenn der Zweck, zu dem die Daten gespeichert worden sind, inzwischen zwar erfüllt ist, die Daten jedoch allgemein für die Aufgaben der Behörde, mithin für andere Zwecke, als sie der Speicherung zugrunde lagen, noch von Bedeutung sein könnten.
50 
Gegen eine solche Auslegung der Norm spricht jedoch die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BDSG, denen auch im Wortlaut § 23 Abs. 1 Nr. 2 und § 15 Abs. 1 LDSG nachgebildet sind. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977 (Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 27.01.1977, BGBl. I, 201) bestimmte in § 9 Abs. 1:
51 
"Das Speichern oder Verändern personenbezogener Daten ist zulässig, wenn es zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.“
52 
Zur Sperrung und Löschung von Daten bestimmte § 14 BDSG 1977 unter anderem:
53 
„(2) Personenbezogene Daten sind zu sperren, wenn ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt. Sie sind ferner zu sperren, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist…
54 
(3) Personenbezogene Daten können gelöscht werden, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Sie sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder wenn es in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 der Betroffene verlangt.“
55 
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz 1977 war mithin sowohl für die Zulässigkeit von Datenspeicherung und -veränderung nach § 9 Abs. 1 als auch für den Löschungsanspruch nach § 14 Abs. 3 Satz 2 maßgebliches Kriterium die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle. Das Tatbestandsmerkmal der Zweckbindung bestand nicht.
56 
Der heutige Wortlaut von § 20 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 BDSG geht zurück auf die Novelle von 1990 (Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20.12.1990, BGBl. I, 2954). Mit diesem Gesetz reagierte der Gesetzgeber auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Es sei nötig geworden, aufgrund des Volkszählungsurteils dem Grundsatz der Zweckbindung durchgehend Geltung zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 36). Wesentlicher Inhalt der Neufassung sei:
57 
„a) Verstärkung der Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, enumerative Aufzählung der Ausnahmen,
58 
b) Verstärkung der Rechte des Betroffenen sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, insbesondere durch

- Löschungsrechte
…“
59 
(vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 37)
60 
Die Entstehungsgeschichte spricht mithin gerade nicht dafür, den Umfang der Zweckbindung bei der Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung einerseits und den Löschungsanspruch andererseits unterschiedlich zu bestimmen. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt nicht, dass ein Löschungsanspruch erst bestehen soll, wenn unabhängig von der Zweckbindung die Nutzung der gespeicherten Daten ganz allgemein für die Aufgabenerfüllung der Behörde nicht mehr erforderlich ist. Vielmehr wollte der Gesetzgeber im Gegenteil die Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten verstärken, ebenso die subjektiven Rechte des Betroffenen. Die Entstehungsgeschichte spricht mithin dafür, einen Zusammenhang zwischen Löschungsanspruch und Zweckbindungsgrundsatz zu bejahen.
61 
Zweck des Löschungsanspruchs nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG ist, die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Zweckbindung der erhobenen Daten durchzusetzen. Dies folgt nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist - wenn nicht der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LDSG) - nur zulässig, wenn das Landesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LDSG). Dies folgt notwendig daraus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist und ein solcher Eingriff einer bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Für den Bereich der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ist § 15 LDSG die gesetzliche Grundlage, die den Umfang der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 4 Abs. 1 LDSG regelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 15 LDSG nicht mehr zulässig, liegt ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, so dass - da das Grundrecht ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gibt - ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG gegeben sein muss. Wenn jedoch die Verarbeitung personenbezogener Daten weiterhin auf § 15 LDSG gestützt werden kann, ist eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff vorhanden; ein Löschungsanspruch besteht dann nicht. Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach § 15 LDSG korrespondieren mithin.
62 
(2) Nach diesem Maßstab ist die Kenntnis der streitgegenständlichen Daten im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich. Denn die Kenntnis ist nicht notwendig zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor; diese sind nicht anwendbar (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106, 115; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56; Dehoust, in: Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, SächsDSG, 2011, § 13 Rn. 37).
63 
(a) Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält, wie bereits der Wortlaut zeigt, ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Es besteht eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, a.a.O., 31 Rn. 1; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 22; Bieresborn, a.a.O., § 67c Rn. 13; Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB I, V, X, 2012, § 67c SGB X Rn. 13; Steinmeyer, in: Wannagat/Eichenhofer, SGB, § 67c SGB X Rn. 14 <83. Lfg.>). Durch den strikten Zweckbindungsgrundsatz soll verhindert werden, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden (vgl. Heckmann, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 14 Rn. 108; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, „…dass Daten, die nur den genannten Zwecken dienen, keiner anderen Verwendung zugeführt werden“ (so zur Parallelnorm des § 14 Abs. 4 die Beschlussempfehlung des BT-Innenausschusses zur Datenschutznovelle 1990, vgl. BT-Drucks. 11/7235, S. 88).
64 
Das strikte Zweckbindungsgebot des § 15 Abs. 4 LDSG gilt nur dann, wenn personenbezogene Daten ausschließlich zu den im Gesetz genannten Zwecken gespeichert werden (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 111; Buchner, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27, § 31 Rn. 5). Ob eine solche ausschließliche Zwecksetzung verfolgt wird, bestimmt die Daten verarbeitende Stelle im Rahmen der Festlegung des Zweckes (vgl. Buchner, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5). Ausschlaggebend ist mithin der von der verantwortlichen Stelle festgelegte Zweck (vgl. OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 02.03.2011 - OVG 60 PV 10.10 - juris Rn. 30, zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BlnDSG i.V.m. § 31 BDSG; Beschl. v. 14.03.2013 - OVG 62 PV 13.12 - juris Rn. 45 zu § 31 BDSG; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37). Die Festlegung des Verwendungszwecks durch die verantwortliche Stelle führt zu deren Selbstbindung (vgl. Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 24; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39; je zu § 14 Abs. 1 BDSG). Die Zweckbindung haftet der Datenverarbeitung bis zur Zweckerfüllung an (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 10, zu § 14 Abs. 1 BDSG).
65 
Diese Festlegung der Zweckbindung muss im Voraus erfolgen. Wurde sie unterlassen, so ist der objektive Verwendungszweck maßgeblich, der sich nach dem erkennbar verfolgten Ziel bestimmt (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110). Die öffentliche Stelle ist jedoch nicht frei in ihrer Festlegung des Zwecks. Sie hat es nicht in der Hand, durch eine allzu weite und unverbindliche Definition die Zweckbindung leerlaufen zu lassen; die Festlegung des Zwecks muss datenschutzrechtlich zulässig sein (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113, zu § 14 Abs. 4 BDSG; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37, 22, zu § 13 Abs. 4 SächsDSG).
66 
Sollen diese Daten für einen weiteren Zweck genutzt werden, bedarf es hierfür einer eigenständigen Legitimation durch eine Rechtsvorschrift (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30) Eine nachträgliche Änderung der Zweckbindung ohne spezielle gesetzliche Grundlage hierfür ist ausgeschlossen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 31 ff.).
67 
Die Vermeidung von Datenverlusten, Datenmanipulationen und unbefugtem Datenzugang sowie die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung von Datenbeständen gehören zum Zweck der Datensicherung sowie zum Zweck der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109, zur Datensicherung; Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 59, zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 1a: klare Trennung dieser Zwecke nicht möglich). Die Wiedergewinnung des gesicherten und verloren gegangenen Datenbestsands gehört daher grundsätzlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 112, 114; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 24).
68 
Zu Unrecht bringt der Beklagte vor, mit einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 4 LDSG sei eine zu enge Zweckbindung verbunden, die unabweisbare Bedürfnisse der Allgemeinheit, insbesondere im Hinblick auf Belange der Strafrechtspflege bei der Verfolgung von Straftaten unzulässig hintanstelle. Zwar wird in der rechtwissenschaftlichen Literatur vertreten, dass strafrechtliche Zugriffsnormen, auch über § 1 Abs. 3 BDSG bzw. § 2 Abs. 5 LDSG die strikte Zweckbindung des § 14 Abs. 4 BDSG bzw. § 15 Abs. 4 LDSG nicht überwinden könnten (so Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 62; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115 ; a.A. wohl Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29). Anderes gelte nur für die Verfolgung von Datenschutzdelikten; sie bewege sich im Rahmen des § 14 Abs. 4 BDSG (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4). Dies trifft jedoch nach Auffassung des Senats - ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre - nicht zu. Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglichen soll. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können; Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, a.a.O., § 1 Rn. 110; BT-Drucks. 7/1027, S. 16). Diesen Anforderungen des § 2 Abs. 5 LDSG an besondere Rechtsvorschriften entsprechen die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren; diese sind die allgemeinen Rechtsgrundlagen für Datenerhebungen durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. Dembowski, in: Roßnagel, a.a.O., Kap. 8.1 Rn. 17 ff.). Insbesondere ist § 161 Abs. 1 StPO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die allgemeine Erhebung personenbezogener Daten im Ermittlungsverfahren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.02.2009 - 2 BvR 1732, 1745/07 - NJW 2009, 1405 <1407>; Meyer-Goßner, stopp, 56. Aufl., § 161 Rn. 2). Die strafprozessualen Beweiserhebungsnormen sind daher besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die sich über die Zwecksetzung des § 15 Abs. 4 LDSG hinwegsetzen können. Die Zulässigkeit der Erhebung und Beschlagnahme personenbezogener Daten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren trotz einer bestehenden Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG legt schließlich die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG, dass eine datenschutzrechtliche Zweckänderung für Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist, nahe.
69 
(b) Nach diesem Maßstab wäre mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien eine mit § 15 Abs. 4 LDSG unvereinbare Zweckänderung verbunden. Der ursprünglich mit der Erstellung der Sicherungskopien verbundene konkrete Zweck kann jetzt nicht mehr erreicht werden (aa). Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien (bb). Ein allgemeiner, vom ursprünglich verfolgten Zweck unabhängiger Zweck der Datensicherung könnte zudem mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht zulässig verfolgt werden; denn der Zweck, zu dem die Originaldateien gespeichert wurden, ist weggefallen (cc).
70 
(aa) Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war maßgeblicher Zweck der Datensicherungen, eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können. Damit hat der Beklagte Zwecke der Datensicherung und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage i.S.d. § 15 Abs. 4 LDSG verfolgt.
71 
Diese Zwecke - eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Art zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können - hat der Beklagte selbst im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.01.2013 an das Verwaltungsgericht als diejenigen angegeben, zu denen die streitgegenständlichen Dateien erstellt wurden. An diese ursprünglich verfolgten Zwecke ist der Beklagte aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung gebunden. Diese Zwecke können bei Wiedergewinnung der in der Sicherungskopie enthaltenen Daten nun nicht mehr erreicht werden. Die Verfolgung anderer Zwecke schließt § 15 Abs. 4 LDSG aus.
72 
Auf einen allgemeinen, über den konkreten Anlass der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien hinausgehenden allgemeinen Sicherungszweck kann sich der Beklagte hier nicht berufen. Zwar kann der datenschutzrechtlich relevante Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG über den konkreten Anlass der Speicherung hinausgehen. Einen solchen allgemeinen Sicherungszweck verfolgte der Beklagte bei der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien jedoch nicht:
73 
Die Bestimmung des maßgeblichen Zwecks einer Maßnahme nach § 15 Abs. 4 LDSG folgt im Kern denselben Grundsätzen wie die Bestimmung des Zwecks einer Datenspeicherung und -erhebung nach § 15 Abs. 1 LDSG. Maßgeblich ist dabei - wie Dammann zutreffend ausführt - der materielle Gehalt des Zweckbindungsgrundsatzes. Er resultiert daraus, dass jede Ermächtigung einer öffentlichen Stelle, personenbezogene Daten zu erheben und zu speichern, nur im Hinblick auf bestimmte Zwecke ergeht und daher auch eine Verwendung der Daten grundsätzlich nur im Rahmen dieser Zwecke legitimiert. Daher ist bei der Frage, wie der jeweilige Zweck zu fassen ist, bei der jeweiligen rechtlichen Legitimationsgrundlage für das Erheben bzw. Speichern anzuknüpfen. Maßgeblich ist entweder die gesetzliche Grundlage oder die vom Betroffenen im Sinne einer informationellen Selbstbestimmung getroffene Verfügung. Dies entspricht dem Inhalt der Aufklärungspflicht nach § 4 Abs. 3 BGSG. Liegt der Erhebung und Speicherung keine aufgabenspezifische Rechtsvorschrift zu Grunde oder bietet diese keine geeigneten Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und hat auch der Betroffene keine einschränkende Verfügung getroffen, so kommt es auf den tatsächlich verfolgten Handlungszweck an. Dieser kann und wird häufig weiter sein als der konkrete Anlass der Speicherung (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39 ff., zu § 14 Abs. 1 BDSG).
74 
An einer Festlegung eines konkreten Zwecks hinsichtlich der streitgegenständlichen Dateien durch eine Rechtsvorschrift oder eine Verfügung des Betroffenen - hier des Klägers - fehlt es. Daher kommt es auf den tatsächlich verfolgten Zweck an. Dieser bestand nicht in der Herstellung von Sicherungskopien der Outlookdateien des Klägers für jeglichen Fall des Datenverlusts. Denn längerfristige allgemeine Sicherungsspeicherungen von Outlook-Postfachinhalten wurden - abgesehen von der begrenzten Speicherung gelöschter Mails für sieben Tage auf dem Server des Staatsministeriums und für 30 Tage im Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach - im Staatsministerium nicht vorgenommen. Nach der geübten Praxis im Staatsministerium entschied allein der Nutzer des Outlook-Postfachs, welche E-Mails er ausdruckte und den Akten beifügte und welche er löschte. Eine Speicherung von Postfachinhalten für allgemeine Zwecke war auch hier nicht beabsichtigt. Die streitgegenständlichen Dateien wurden vielmehr für den beschriebenen begrenzten Zweck - Behebung von Problemen im Outlook-Kalender des Klägers - hergestellt, zu dem sie nun nicht mehr verwendet werden können.
75 
(bb) Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG gelte nur für zusätzliche, bei der Datenschutzkontrolle etc., aus technischen Gründen anfallende Dateien wie Protokolle von Datenabrufen oder personenbezogene Daten der Mitarbeiter in der IT-Abteilung. Für die Zwecke der Datenschutzkontrolle und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage wird dies in der Literatur in der Tat angenommen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 110). Für im Rahmen der Datensicherung hergestellte Kopien kann dies jedenfalls nicht gelten (so wohl auch Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109). Eine Einschränkung des Schutzzwecks des § 15 Abs. 4 LDSG lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Für Datenkopien ist der Schutzzweck auch einschlägig. Denn es entspricht gerade dem Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG, dass zusätzlich angelegte Datenbestände nicht als allgemeine Informationsgrundlage dienen sollen. Hierunter fallen gerade nach Jahren immer noch vorhandene, vom ursprünglichen Speicherzweck losgelöste Kopien von Dateien
76 
(cc) Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass aus nach § 15 Abs. 4 LDSG hergestellten Sicherungskopien bei jeglichem Datenverlust die Originaldateien wiederhergestellt werden dürften, wäre eine solche Wiederherstellung hier unzulässig. Denn eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann (Zweckerreichung). Das folgt aus dem strengen Zweckbindungsgrundsatz des § 15 Abs. 4 LDSG. Dieser soll verhindern, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden. Damit wäre es unvereinbar, wenn gemäß § 15 Abs. 4 LDSG erstellte Sicherungskopien von der speichernden Stelle noch genutzt werden dürften, obwohl der Speicherungszweck der Originaldateien bereits entfallen ist. So liegt der Fall hier:
77 
Bei der Bestimmung des Zwecks der ursprünglichen Datenspeicherung nach § 15 Abs. 1 LDSG ist, wie dargelegt, auf die rechtliche Legitimationsgrundlage für die Datenspeicherung abzustellen. Eine Rechtsvorschrift, die die Speicherung von E-Mails von Landesbediensteten datenschutzrechtlich gestattet, existiert nicht. Eine gesonderte Regelung des E-Mail-Verkehrs im Staatsministerium erfolgte nicht, eine datenschutzrechtlich relevante Selbstverpflichtung des Klägers zum E-Mail-Verkehr fehlt daher. Da die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zugeordnet waren und der Nutzer des Postfachs selbst über die Verwendung der Postfachinhalte entscheiden durfte, diente die Speicherung von Postfachinhalten den persönlichen Belangen des Postfachinhabers. Dieser Zweck besteht, nachdem der Kläger seinen E-Mail-Account im Staatsministerium nicht mehr nutzt, nicht mehr. Andere datenschutzrechtlich i.S.v. § 15 Abs. 1 LDSG relevante Zwecke bestanden nicht. Selbst die Anlegung von Protokolldateien über die Internetnutzung diente nach den Sicherheitshinweisen im Antragsformular des Klägers auf Internetzugang vom 11.02.2010 Zwecken der Sicherheit der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums vor unerlaubten Zugriffen oder Angriffen von außen, nicht Datensicherungszwecken im allgemeinen. Der ursprünglich verfolgte Zweck der Speicherung der Originaldateien kann nicht mehr erreicht werden, diese dürfen daher nicht aus der Sicherungskopie wiederhergestellt werden.
78 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beklagten, nach der AnO Schriftgut und allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie folgenden Grundsätzen seien E-Mails aufgrund des Grundsatzes der Aktenvollständigkeit zu den Akten zu nehmen. Dass aus diesen Gründen E-Mails gespeichert werden, ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Grundlage noch aus einer datenschutzrechtlichen Einwilligung des Klägers. Ein datenschutzrechtlich relevanter Speicherzweck im Sinne des § 15 Abs. 1 LDSG liegt insoweit nicht vor.
79 
dd) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zum Löschungsanspruch des Klägers dargelegt, dass dieser sich nicht zusätzlich auf § 88 TKG berufen kann, dass § 36 LDSG keine Anwendung findet und dass § 23 Abs. 3 LDSG dem Grunde nach dem Löschungsanspruch nicht entgegensteht. Auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die die Beteiligten im Berufungsverfahren nicht angreifen, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
80 
b) Dem Löschungsanspruch des Klägers nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs (aa) noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (bb) entgegen.
81 
aa)Dem datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG kann im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Betroffene seinerseits offenkundig und schwerwiegend gegen eine gegenüber der die Daten speichernden Stelle bestehenden Pflicht oder Obliegenheit verstoßen hat, die im sachlichen Zusammenhang mit den zu löschenden Daten steht (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).
82 
(1) Beim Rechtsmissbrauch handelt es sich um einen besonderen Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben. Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den allgemeinen ungeschriebenen Grundsätzen, die sowohl im Verwaltungsrecht des Bundes als auch im Verwaltungsrecht der Länder existieren und Bürger und Verwaltung binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - BVerwGE 101, 58, juris Rn. 17; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <71>; Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 24.96 - BVerwGE 102, 194 <199>; Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24.02 - BVerwGE 118, 84 <89>; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 62 Rn. 29; Pitschas, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voß-kuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Bd. II., § 42 Rn. 94). Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann daher auch subjektiv-öffentlichen Ansprüchen des Bürgers gegen die öffentliche Hand entgegenstehen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 10, m.w.N.; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - a.a.O.; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162, juris Rn. 31, m.w.N.). Auch verfassungsrechtlich sind missbräuchlich erworbene Rechtspositionen des Bürgers nicht notwendig geschützt (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.05.2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24, juris Rn. 51, zur Rücknahme der erschlichenen Einbürgerung nach § 48 VwVfG; ebenso BVerwG, Urt. v. 03.06.2003 - 1 C 19.02 - BVerwGE 118, 216 <220>; ähnlich zur missbräuchlichen Berufung auf Grundfreiheiten: EuGH, Urt. v. 09.03.1999 - C-212/97 [Centros] - juris Rn. 24 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers schließen Grundrechte des Betroffenen daher nicht von vornherein aus, dass sich die öffentliche Hand ihm gegenüber auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen kann.
83 
Ein Fall der nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung ist die Verletzung eigener Pflichten (vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 46, m.w.N.). Dabei bedarf es eines Zusammenhangs zwischen dem beanspruchten und dem selbst geübten Verhalten, damit der geltend gemachte Rechtsanspruch angesichts des eigenen Verhaltens rechtsmissbräuchlich erscheint (vgl. Roth/Schubert, in: MK-BGB, 6. Aufl., § 242 Rn. 389).
84 
Der Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben steht hier, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 LDSG Fälle der zulässigen Zweckänderung geregelt und insbesondere in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG Belange des Allgemeinwohls bereits berücksichtigt hat. Eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass im Einzelfall ein Rückgriff auf die Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen ist, ist damit nicht verbunden (für eine Ausnahme von der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG oder vergleichbarer Normen in Sonderfällen auch: Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29, 35: Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115). Der Einwand, das Verfolgen eines Anspruchs verstoße gegen Treu und Glauben, kann als allgemeines, in der Rechtsordnung anerkanntes Prinzip Geltung im Verhältnis auch zu Verfassungsrechtsätzen wie der Bindung an Recht und Gesetz und dem Gesetzesvorbehalt beanspruchen. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs hat nämlich selbst eine Grundlage in der materialen Rechtsstaatlichkeit (vgl. Pitschas, a.a.O., m.w.N.). Die Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG wird folglich nicht dadurch infrage gestellt, dass der Bürger öffentlich-rechtliche Ansprüche mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht geltend machen kann (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, a.a.O.).
85 
Die Grundsätze von Treu und Glauben können in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht dazu führen, dass jeder Verstoß eines Betroffenen, der dem Grunde nach einen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat, gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten dem Löschungsanspruch hindernd entgegengehalten werden kann. Voraussetzung ist vielmehr ein offenkundiger und schwerwiegender Verstoß gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten (ähnlich in anderen Zusammenhängen: BVerwG, Urt. v. 08.02.1974 - VII C 35.73 - DÖV 1975, 137, juris Rn. 16 m.w.N.; Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE133, 85, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R - juris Rn. 37; BayVGH, Urt. v. 25.02.1977 - 6 X 77 - juris Rn. 26). Andernfalls könnte die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben dazu führen, dass eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Nutzung personenbezogener Daten zulässig würde. Dies wäre mit der Bedeutung des Gesetzesvorbehalts, der im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten wurzelt, unvereinbar. Der Gesetzesvorbehalt hat eine elementare freiheitssichernde Funktion. Indem er für jeden staatlichen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheit eine gesetzliche Grundlage fordert, gewährleistet er, dass die Freiheitseinschränkung auf den Willen des Souveräns zurückzuführen ist und der betroffene Bürger vorab erkennen kann, welche Freiheitseinschränkungen er zu erwarten hat. Im Datenschutzrecht kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Der Ausgleich zwischen den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Gesetzesvorbehalt, die im Ansatz gleichrangig nebeneinander stehen, ist daher in dem Sinne vorzunehmen, dass nur schwerwiegende und offensichtliche Verstöße gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten des Betroffenen dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG mit Erfolg entgegengehalten werden können.
86 
(2) Die Voraussetzungen eines offenkundigen und schwerwiegenden Verstoßes gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten liegen hier nicht vor. Zwar hat der Kläger möglicherweise gegen seine Pflicht zur Führung vollständiger Akten verstoßen (a). Ein solcher Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz der Aktenvollständigkeit stünde in dem für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung notwendigen Zusammenhang zum Löschungsanspruch. Denn beide Aspekte betreffen denselben Gegenstand (dieselben Dateien) und stehen auch inhaltlich in einem Zusammenhang, da es jeweils auch um die Frage geht, welche Dateien für die Aufgaben der Beklagten erforderlich sind. Ein solcher Verstoß wäre jedoch nicht offensichtlich und schwerwiegend (b).
87 
(a) Auch für Regierungshandeln besteht im Grundsatz eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten, die jedoch durch den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung begrenzt ist:
88 
(aa) Eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung zur Führung vollständiger Akten in Behörden einschließlich Ministerien fehlt. Die im Staatsministerium geltende AnO Schriftgut vom 22.12.2005 ist lediglich ein Erlass. Aus ihr lässt sich eine Pflicht, Dokumente zur Akte zu nehmen und eine vollständige Akte zu führen, nur mittelbar entnehmen: Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen (Nr. 1.2). Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen (Nr. 2). Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert (Nr. 3.1). Eine klare Bestimmung zur Führung vollständiger Akten fehlt jedoch in der AnO Schriftgut.
89 
Für E-Mails enthält die AnO Schriftgut keine ausdrückliche Regelung. Nach der Praxis im Staatsministerium entschied jeder Nutzer des Postfachs selbst, welche E-Mails er ausdruckt und den Akten beigefügt oder löscht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der in der von dem Beklagten vorgelegten Akte vorhandene Leitfaden für die Schriftgutverwaltung im Innenministerium vom März 2010. Er enthält u.a. die Regelung - auf die sich der Kläger zu Unrecht beruft -, dass E-Mails, die keine Entscheidungen enthalten, vernichtet werden, es sei denn, der Bearbeiter ordnet die Aufbewahrung an. Dieser Leitfaden des Innenministeriums galt im Staatsministerium nicht.
90 
Eine Pflicht, die erforderlichen Unterlagen zur Akte zu nehmen und die Akte vollständig zu führen, folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, wie sie die Rechtsprechung seit langem anerkennt: Der Grundsatz der Aktenvollständigkeit ist für die vollziehende Gewalt nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche ausdrückliche Regelung ist jedoch auch nicht erforderlich. Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält. Dies macht die Führung von Akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte. Das Prinzip der Aktenvollständigkeit folgt aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1983 - 2 BVR 244, 310/83 - NJW 1983, 2135; BVerwG, Beschl. v. 16.03.1988 - 1 B 153.87 - NJW 1988, 621 <622>; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 22.12.2000 - 2 L 38/99 - juris Rn. 55 f., m.w.N.; ebenso Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 29 Rn. 16).
91 
(bb) Für Handeln von Regierungen gelten diese für Verwaltungshandeln von Behörden entwickelten Grundsätze im Ansatz ebenso. Dies folgt zum einen daraus, dass auch ein Handeln der Regierung, vor allem außerhalb von Gesetzgebungsverfahren Verwaltungstätigkeit sein kann (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 20.12.2011 - 159/10 - juris Rn. 28). Im Hinblick auf eigentliches Regierungshandeln ergibt sich das zum anderen aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Zwar besteht ein nicht ausforschbarer Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der auch der Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, Grenzen setzt. Jedoch gebietet der Gewaltenteilungsgrundsatz - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auf das Land Baden-Württemberg übertragbar ist - eine Auslegung der Verfassung dahin, dass parlamentarische Kontrolle wirksam ausgeübt werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn die dazu nötigen Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dem Parlament auch nach Abschluss der jeweiligen Vorgänge grundsätzlich verschlossen blieben. Die Entscheidungen der Regierung unterlägen dem parlamentarischen Kontrollrecht dann nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Eine solche grundsätzliche Begrenzung der parlamentarischen Kontrolle wäre mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz unvereinbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 123 ff., 141, m.w.N.). Folglich müssen insoweit auch Pflichten zur vollständigen Aktenführung bestehen, da andernfalls die parlamentarische Kontrolle leerliefe.
92 
Dies gilt jedoch nicht für den geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt.Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht.Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83 u.a. - BVerfGE 67, 100, juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 - BVerfGE 77, 1, juris Rn. 140; Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
93 
In Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden parlamentarische Informationsrechte nicht grundsätzlich immer schon dann aus, wenn es sich um Informationen aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.Auch dem nachträglichen parlamentarischen Zugriff auf Informationen aus der Phase der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen setzt der Gewaltenteilungsgrundsatz Grenzen. Bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung geheimzuhaltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen nicht verpflichtet ist. Ein - sei es auch erst nach Abschluss des jeweiligen Entscheidungsprozesses einsetzender - schrankenloser parlamentarischer Informationsanspruch würde vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die das Gewaltenteilungsprinzip ihr zuweist.
94 
Der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet allerdings gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass - wie bereits dargelegt - parlamentarische Kontrolle wirksam sein kann. Die Entscheidungen der Regierung unterliegen daher dem parlamentarischen Kontrollrecht nicht nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Weitere Hintergründe könnten sonst nach Belieben unzugänglich gehalten werden, auch solche, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung politisch nicht beurteilt und die politische Verantwortung für Fehler, die gerade das Zustandekommen dieser Entscheidungen betreffen, nicht aufgeklärt werden kann.Parlamentarische Informationsrechte in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden danach nicht grundsätzlich immer dann aus, wenn es sich um Akten aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Ob zu erwarten ist, dass die Herausgabe solcher Informationen die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen. Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, sind umso schutzwürdiger, je näher sie der gouvernamentalen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Je weiter ein parlamentarisches Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss das parlamentarische Informationsbegehren sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einer parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht. Die Frage, ob die Vorlage von Akten aus dem Bereich der Vorbereitung abgeschlossener Regierungsentscheidungen, aus denen Aufschluss über die Willensbildung der Regierung und ihrer Mitglieder gewonnen werden kann, die Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, kann demnach nicht pauschal verneint werden. Ebensowenig ist sie aber pauschal zu bejahen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 123 ff., 141, m.w.N.)
95 
Dabei geht es - zumindest vor allem - um den Schutz der Willensbildung innerhalb der Regierung als Verfassungsorgan. Das Bundesverfassungsgericht hat daher die Ermittlung einer etwaigen Einflussnahme Dritter auf Mitglieder der Bundesregierung in einem zurückliegenden Zeitraum als einen Vorgang angesehen, der den nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung nicht berührte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987, a.a.O., juris Rn. 140). Auch die Vorlage von Akten, die nicht die Beratungen der Regierung als Kollegium, sondern deren Vorbereitung innerhalb der Ressorts und zwischen den Ressorts betreffen, berührt die Eigenverantwortung der Regierung nicht. Zu prüfen ist insoweit jedoch, ob die schützenswerte Freiheit und Offenheit des der Regierungsentscheidung über den Haushaltsentwurf vorgelagerten interministeriellen Abstimmungsprozesses durch die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen aus diesem Abstimmungsprozess beeinträchtigt wird; dies könnte anzunehmen sein, wenn die dadurch ausgelöste Befürchtung eventueller späterer Publizität geeignet wäre, eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten zu hemmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., juris Rn. 65 f.). Daher kann auch Kommunikation von Regierungsmitgliedern mit externen Beratern, die der Vorbereitung von Regierungshandeln dient, schützenswert sein. Solche Überlegungen mit externen Beratern können insbesondere Fragen der politischen Opportunität betreffen. Unbeeinträchtigte Kommunikation hierüber zu ermöglichen, kann wesentlich sein, um eine Regierungsentscheidung möglichst sachgerecht und ohne die einengende Befürchtung, dass Vorüberlegungen nachträglich einer Kontrolle unterliegen, vorbereiten zu können (ebenso StGH, Urt. v. 26.07.2007, a.a.O., Rn. 114 ff. zu Verhandlungen der Regierung mit einem privaten Dritten).
96 
(cc) Der danach für die Regierung mit Ausnahme des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bestehenden Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, steht die nach der Verwaltungspraxis des Staatsministeriums bestehende Befugnis, selbst zu entscheiden, welche E-Mails zur Akte genommen oder gelöscht werden, nicht entgegen. Eine solche Befugnis kann - gerade für einen Ministerpräsidenten, dem die Staatsleitung obliegt (vgl. zum Amtseid Art. 48 LV) - kein freies, sondern allenfalls ein pflichtgemäßes Ermessen begründen, das nur im Rahmen der dargestellten allgemeinen Grundsätze ausgeübt werden kann.
97 
(b) An einem offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen die Pflicht, vollständige Akten zu führen, fehlt es jedoch.
98 
Dies folgt bereits daraus, dass eine klare und eindeutige Regelung dieser Pflicht nicht bestand. Die AnO Schriftgut normiert eine solche Pflicht nicht ausdrücklich. Vielmehr bestand im Staatsministerium die Praxis, dass jeder Mitarbeiter selbst entscheiden durfte, welche E-Mails er zur Akte nimmt. Zwar kann daraus nur - wie dargelegt - ein pflichtgemäßes, kein freies Ermessen folgen, da sich eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten aus allgemeinen Grundsätzen ergibt. Jedoch sind diese Grundsätze, auch wenn sie im Hinblick auf Verwaltungshandeln für die pflichtigen Mitarbeiter allgemein bekannt sein sollten, nur ungeschriebene Prinzipien. Zudem sind sie, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung bisher - wenngleich ihre grundsätzliche Geltung für Regierungshandeln aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung folgt - nur auf die Verwaltungstätigkeit angewandt worden.
99 
Zudem war es, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob alle streitgegenständlichen Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen, zum damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsam, davon auszugehen, dass die Vorbereitung des zwischen den Beteiligten streitigen Erwerbs von Anteilen an der EnBW AG durch das Land Baden-Württemberg dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen kann. Die gespeicherten E-Mails stammen jedenfalls aus dem Zeitraum vor dem 18.11.2010 und betreffen daher den Zeitraum der Vorbereitung des Ankaufs, der grundsätzlich geeignet ist, in diesen geschützten Bereich zu gehören. Für die von dem Beklagten vorgelegten, nicht bei den Sachakten sich befindenden E-Mails war es damals nicht unvertretbar anzunehmen, diese würden als Informationen über die Vorbereitung und öffentlichkeitswirksame Darstellung des Anteilserwerbs dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen.
100 
bb) Dem Löschungsanspruch des Klägers aus § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen Pflichten aus Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Organtreue begründet keine nachwirkenden Pflichten.
101 
Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue haben oberste Staatsorgane bei der Ausübung ihrer Kompetenzen von Verfassungs wegen aufeinander Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1, 2/60 - BVerfGE 12, 205 <254>; Beschl. v. 04.06.1973 - 2 BvG 1/73 - BVerfGE 35, 193 <199>; Urt. v. 25.05.1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <39>; Urt. v. 12.07.1994 - 2 BvE 3/92 u.a. - BVerfGE 90, 286, juris Rn. 203; StGH, Urt. v. 21.10.2002 - 11/02 - ESVGH 53, 15, juris Rn. 84; Urt. v. 11.10.2007 - GR 1/07 - juris Rn. 58). Dieser Grundsatz vermag für sich genommen jedoch keine Rechte zu begründen. Vielmehr bedarf er, um seine Wirkung entfalten zu können, eines bereits bestehenden Verfassungsrechtsverhältnisses. Er ist insoweit akzessorischer Natur und kann ein vorhandenes Verfassungsrechtsverhältnis ausgestalten, aber nicht neu begründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.09.2013 - 2 BvE 6/08 u.a. - NVwZ 2013, 1468, juris Rn. 183, unter Bezugnahme auf die Grundsätze zum bundesfreundlichen Verhalten, vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 05.02.2001 - 2 BvG 1/00 - BVerfGE 104, 238 <248>).
102 
Voraussetzung für die Berufung auf den Grundsatz der Organtreue ist daher, dass dem Verfassungsorgan aktuell verfassungsrechtliche Zuständigkeiten zustehen. Die verfassungsrechtlich gebotene Organtreue kann nur solange eingefordert werden, wie das Verfassungsorgan selbst durch die Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet sei (vgl. HambVerfG, Urt. v. 27.04.2007 - 3/06 - juris Rn. 89). Nachwirkende Pflichten einer Person, die - wie der Kläger - Verfassungsorgan war, aber nicht mehr ist, bestehen daher nicht.
103 
II. Anschlussberufung des Klägers
104 
Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
105 
1. Die Anschlussberufung ist nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Anschlussberufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Begründung in Anschlussschrift, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 i.V.m. 124 a Abs. 3 Sätze 2, 4 und 5 VwGO).
106 
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen unbedingten Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien. Vielmehr ist sein Löschungsanspruch durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv beschränkt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen der Anschlussberufung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
107 
Unzutreffend ist der Kläger der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Daten als privat einzustufen seien und daher nur mit seinem Einvernehmen nach § 2 Abs. 3 LArchG angeboten werden dürften. Unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass § 2 Abs. 3 LArchG Daten aus privater Hand meint. Darum handelt es sich hier gerade nicht.
108 
Ohne Erfolg muss auch das Vorbringen bleiben, es handele sich bei den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht um Daten, die i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten als Stelle im Sinne von § 2 Abs. 1 LArchG gedient hätten, da sie lediglich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden seien. Für die behauptete Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut überhaupt dem Landesarchiv anzubieten sind, ist nichts ersichtlich. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG knüpft lediglich daran an, dass Unterlagen bei Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes entstanden sind und dort vorhanden sind und von diesen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden. Nach der eindeutigen Regelung des § 23 Abs. 3 LDSG sind auch Daten, deren Speicherung unzulässig war - z.B. da von vornherein keine Erforderlichkeit für die Speicherung gegeben war - dem Landesarchiv anzubieten. Der datenschutzrechtliche Erforderlichkeitsgrundsatz ist für die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv unerheblich.
109 
Unbegründet macht der Kläger geltend, aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG folge, dass der Löschungsanspruch des Betroffenen erst dann ausgeschlossen sei, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die weitere Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG regelt, dass Löschungsansprüche bei Archivgut ausgeschlossen sind. Für einen Umkehrschluss, dass vor Anbieten gegenüber dem Landesarchiv sich Löschungsansprüche gegenüber dem Archivrecht durchsetzten, fehlen Gründe.
110 
Schließlich ist auch keine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers gegeben. Die schlichte Behauptung, § 23 Abs. 3 LDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, ist nicht nachzuvollziehen. Warum den vom Kläger angesprochenen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt sein soll, erschließt sich nicht. Die sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Rechtsfolgen sind klar und eindeutig. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, bestehen zudem zahlreiche Schutzvorkehrungen zugunsten der etwaig in ihren Grundrechten Betroffenen.
111 
Erfolglos bleibt schließlich der Einwand des Klägers, nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts müssten alle bei der Landesverwaltung anfallenden E-Mails dem Landesarchiv angeboten werden und dies könne nicht richtig sein. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG sieht für die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes eine unbeschränkte Anbietungspflicht für alle Unterlagen vor. Unterlagen in diesem Sinne sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG insbesondere Schriftstücke, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme; dazu gehören mithin auch E-Mails. Eine § 2 Abs. 6 BArchG vergleichbare Norm - nach der Unterlagen, die nach Auffassung der anbietungspflichtigen Stellen und des zuständigen Archivs von offensichtlich geringer Bedeutung sind, nicht angeboten werden müssen - gibt es in Baden-Württemberg nicht. Einschränkungen können allerdings gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 LArchG gerade im Hinblick auf maschinenlesbare Informationen zwischen dem Landesarchiv und der anbietenden Stelle getroffen werden.
112 
III. Nebenentscheidungen
113 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei einem Anschlussrechtsmittel ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1980 - 1 B 802.90 - juris) diese einheitlich zu treffen (vgl. BFH, Beschl. v. 17.12.2002 - I R 87/00 - juris; OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u.a. - juris Rn. 158, m.w.N.).
114 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Das Landesdatenschutzgesetz und das Landesarchivgesetz sind Landesrecht. Ebenso haben der Einwand des Rechtsmissbrauchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 13, 14 und Urt. v. 14.08.1982 - 8 C 19.90 - BVerwGE 90, 310, juris Rn. 16) und die Grundsätze der Organtreue ihre Grundlage im Landesrecht.
115 
Beschluss vom 30. Juli 2014
116 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
5.000.—EUR
festgesetzt. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel sind, soweit sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG). Das gilt auch für den Fall eines unselbständigen Anschlussrechtsmittels (vgl. BGH -GrS-, Beschl. v. 05.10.1978 - GSZ 1/78 - BGHZ 72, 339; BayVGH, Urt. v. 22.07.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 50). Da die Rechtsmittel denselben Gegenstand betreffen, ist der Auffangwert von 5.000.-- EUR nur einmal festzusetzen (vgl. OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010, a.a.O., Rn. 160; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 07.09.2010 - 1 M 210/09 - juris Rn. 57).
117 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
39 
Sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, aber unbegründet.
40 
I. Berufung des Beklagten
41 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Einreichung beim VGH, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 VwGO).
42 
2. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn der Kläger hat einen - durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv modifizierten (s. dazu unter II.) - Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (a). Einem solchen Löschungsanspruch stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (b) entgegen.
43 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
44 
aa) Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten, und sind daher - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat und die Beteiligten auch nicht in Frage stellen - personenbezogene Daten.
45 
bb) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
46 
cc) Die streitgegenständlichen Dateien sind für das Staatsministerium nicht mehr i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG zur Aufgabenerfüllung erforderlich.
47 
(1) Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist. Diese Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung folgt aus Wortlaut, Willen des Gesetzgebers, Sinn und Zweck der Vorschrift sowie den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Danach besteht zwischen dem Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG und der Regelung über Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten nach § 15 LDSG ein unmittelbarer Zusammenhang.
48 
Der Wortlaut von § 15 LDSG und § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG spricht zunächst nicht für diesen unmittelbaren Zusammenhang. Denn § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG macht den Löschungsanspruch davon abhängig, dass die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist, während nach 15 Abs. 1 LDSG die Zulässigkeit der Speicherung nicht nur die Erforderlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle voraussetzt, sondern auch dass die Speicherung für die Zwecke, für die die Daten erhoben worden sind, erfolgt. Den Gesichtspunkt der Zweckbindung spricht der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hingegen gar nicht an.
49 
Dem entspricht es, wenn in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu den insoweit gleich lautenden Normen der § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG, § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X die Erforderlichkeit verneint wird, wenn die Daten keine praktische Bedeutung mehr haben und deshalb ausgeschlossen werden könne, dass sie die Arbeit der zuständigen Behörde noch fördern könnten (vgl. Mallmann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 20 Rn. 42; Mester, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 20 Rn. 18; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 11; Brink, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 35 Rn. 39; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 84 Rn. 7; ähnlich Wedde, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, Kap. 4.4. Rn. 64, und ders., in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 20 Rn. 12, auf die „Aufgabe“ abstellend, zu deren Erfüllung die Daten gespeichert wurden; unklar Worms, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 20 BDSG Rn. 39; ähnlich auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164.92 - juris Rn. 3 m.w.N., zur Speicherung von Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach dem bad.-württ. Polizeigesetz; Beschl. v. 18.03.1994 - 11 B 76.93 - NJW 1994, 2499, zum Eintrag in der Führerscheinkartei). Nach dieser Auffassung dürfte die Erforderlichkeit noch gegeben sein - und bestünde folglich kein Löschungsanspruch des Betroffenen -, wenn der Zweck, zu dem die Daten gespeichert worden sind, inzwischen zwar erfüllt ist, die Daten jedoch allgemein für die Aufgaben der Behörde, mithin für andere Zwecke, als sie der Speicherung zugrunde lagen, noch von Bedeutung sein könnten.
50 
Gegen eine solche Auslegung der Norm spricht jedoch die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BDSG, denen auch im Wortlaut § 23 Abs. 1 Nr. 2 und § 15 Abs. 1 LDSG nachgebildet sind. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977 (Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 27.01.1977, BGBl. I, 201) bestimmte in § 9 Abs. 1:
51 
"Das Speichern oder Verändern personenbezogener Daten ist zulässig, wenn es zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.“
52 
Zur Sperrung und Löschung von Daten bestimmte § 14 BDSG 1977 unter anderem:
53 
„(2) Personenbezogene Daten sind zu sperren, wenn ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt. Sie sind ferner zu sperren, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist…
54 
(3) Personenbezogene Daten können gelöscht werden, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Sie sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder wenn es in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 der Betroffene verlangt.“
55 
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz 1977 war mithin sowohl für die Zulässigkeit von Datenspeicherung und -veränderung nach § 9 Abs. 1 als auch für den Löschungsanspruch nach § 14 Abs. 3 Satz 2 maßgebliches Kriterium die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle. Das Tatbestandsmerkmal der Zweckbindung bestand nicht.
56 
Der heutige Wortlaut von § 20 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 BDSG geht zurück auf die Novelle von 1990 (Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20.12.1990, BGBl. I, 2954). Mit diesem Gesetz reagierte der Gesetzgeber auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Es sei nötig geworden, aufgrund des Volkszählungsurteils dem Grundsatz der Zweckbindung durchgehend Geltung zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 36). Wesentlicher Inhalt der Neufassung sei:
57 
„a) Verstärkung der Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, enumerative Aufzählung der Ausnahmen,
58 
b) Verstärkung der Rechte des Betroffenen sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, insbesondere durch

- Löschungsrechte
…“
59 
(vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 37)
60 
Die Entstehungsgeschichte spricht mithin gerade nicht dafür, den Umfang der Zweckbindung bei der Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung einerseits und den Löschungsanspruch andererseits unterschiedlich zu bestimmen. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt nicht, dass ein Löschungsanspruch erst bestehen soll, wenn unabhängig von der Zweckbindung die Nutzung der gespeicherten Daten ganz allgemein für die Aufgabenerfüllung der Behörde nicht mehr erforderlich ist. Vielmehr wollte der Gesetzgeber im Gegenteil die Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten verstärken, ebenso die subjektiven Rechte des Betroffenen. Die Entstehungsgeschichte spricht mithin dafür, einen Zusammenhang zwischen Löschungsanspruch und Zweckbindungsgrundsatz zu bejahen.
61 
Zweck des Löschungsanspruchs nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG ist, die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Zweckbindung der erhobenen Daten durchzusetzen. Dies folgt nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist - wenn nicht der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LDSG) - nur zulässig, wenn das Landesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LDSG). Dies folgt notwendig daraus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist und ein solcher Eingriff einer bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Für den Bereich der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ist § 15 LDSG die gesetzliche Grundlage, die den Umfang der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 4 Abs. 1 LDSG regelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 15 LDSG nicht mehr zulässig, liegt ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, so dass - da das Grundrecht ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gibt - ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG gegeben sein muss. Wenn jedoch die Verarbeitung personenbezogener Daten weiterhin auf § 15 LDSG gestützt werden kann, ist eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff vorhanden; ein Löschungsanspruch besteht dann nicht. Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach § 15 LDSG korrespondieren mithin.
62 
(2) Nach diesem Maßstab ist die Kenntnis der streitgegenständlichen Daten im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich. Denn die Kenntnis ist nicht notwendig zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor; diese sind nicht anwendbar (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106, 115; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56; Dehoust, in: Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, SächsDSG, 2011, § 13 Rn. 37).
63 
(a) Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält, wie bereits der Wortlaut zeigt, ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Es besteht eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, a.a.O., 31 Rn. 1; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 22; Bieresborn, a.a.O., § 67c Rn. 13; Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB I, V, X, 2012, § 67c SGB X Rn. 13; Steinmeyer, in: Wannagat/Eichenhofer, SGB, § 67c SGB X Rn. 14 <83. Lfg.>). Durch den strikten Zweckbindungsgrundsatz soll verhindert werden, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden (vgl. Heckmann, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 14 Rn. 108; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, „…dass Daten, die nur den genannten Zwecken dienen, keiner anderen Verwendung zugeführt werden“ (so zur Parallelnorm des § 14 Abs. 4 die Beschlussempfehlung des BT-Innenausschusses zur Datenschutznovelle 1990, vgl. BT-Drucks. 11/7235, S. 88).
64 
Das strikte Zweckbindungsgebot des § 15 Abs. 4 LDSG gilt nur dann, wenn personenbezogene Daten ausschließlich zu den im Gesetz genannten Zwecken gespeichert werden (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 111; Buchner, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27, § 31 Rn. 5). Ob eine solche ausschließliche Zwecksetzung verfolgt wird, bestimmt die Daten verarbeitende Stelle im Rahmen der Festlegung des Zweckes (vgl. Buchner, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5). Ausschlaggebend ist mithin der von der verantwortlichen Stelle festgelegte Zweck (vgl. OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 02.03.2011 - OVG 60 PV 10.10 - juris Rn. 30, zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BlnDSG i.V.m. § 31 BDSG; Beschl. v. 14.03.2013 - OVG 62 PV 13.12 - juris Rn. 45 zu § 31 BDSG; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37). Die Festlegung des Verwendungszwecks durch die verantwortliche Stelle führt zu deren Selbstbindung (vgl. Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 24; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39; je zu § 14 Abs. 1 BDSG). Die Zweckbindung haftet der Datenverarbeitung bis zur Zweckerfüllung an (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 10, zu § 14 Abs. 1 BDSG).
65 
Diese Festlegung der Zweckbindung muss im Voraus erfolgen. Wurde sie unterlassen, so ist der objektive Verwendungszweck maßgeblich, der sich nach dem erkennbar verfolgten Ziel bestimmt (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110). Die öffentliche Stelle ist jedoch nicht frei in ihrer Festlegung des Zwecks. Sie hat es nicht in der Hand, durch eine allzu weite und unverbindliche Definition die Zweckbindung leerlaufen zu lassen; die Festlegung des Zwecks muss datenschutzrechtlich zulässig sein (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113, zu § 14 Abs. 4 BDSG; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37, 22, zu § 13 Abs. 4 SächsDSG).
66 
Sollen diese Daten für einen weiteren Zweck genutzt werden, bedarf es hierfür einer eigenständigen Legitimation durch eine Rechtsvorschrift (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30) Eine nachträgliche Änderung der Zweckbindung ohne spezielle gesetzliche Grundlage hierfür ist ausgeschlossen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 31 ff.).
67 
Die Vermeidung von Datenverlusten, Datenmanipulationen und unbefugtem Datenzugang sowie die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung von Datenbeständen gehören zum Zweck der Datensicherung sowie zum Zweck der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109, zur Datensicherung; Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 59, zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 1a: klare Trennung dieser Zwecke nicht möglich). Die Wiedergewinnung des gesicherten und verloren gegangenen Datenbestsands gehört daher grundsätzlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 112, 114; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 24).
68 
Zu Unrecht bringt der Beklagte vor, mit einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 4 LDSG sei eine zu enge Zweckbindung verbunden, die unabweisbare Bedürfnisse der Allgemeinheit, insbesondere im Hinblick auf Belange der Strafrechtspflege bei der Verfolgung von Straftaten unzulässig hintanstelle. Zwar wird in der rechtwissenschaftlichen Literatur vertreten, dass strafrechtliche Zugriffsnormen, auch über § 1 Abs. 3 BDSG bzw. § 2 Abs. 5 LDSG die strikte Zweckbindung des § 14 Abs. 4 BDSG bzw. § 15 Abs. 4 LDSG nicht überwinden könnten (so Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 62; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115 ; a.A. wohl Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29). Anderes gelte nur für die Verfolgung von Datenschutzdelikten; sie bewege sich im Rahmen des § 14 Abs. 4 BDSG (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4). Dies trifft jedoch nach Auffassung des Senats - ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre - nicht zu. Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglichen soll. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können; Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, a.a.O., § 1 Rn. 110; BT-Drucks. 7/1027, S. 16). Diesen Anforderungen des § 2 Abs. 5 LDSG an besondere Rechtsvorschriften entsprechen die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren; diese sind die allgemeinen Rechtsgrundlagen für Datenerhebungen durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. Dembowski, in: Roßnagel, a.a.O., Kap. 8.1 Rn. 17 ff.). Insbesondere ist § 161 Abs. 1 StPO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die allgemeine Erhebung personenbezogener Daten im Ermittlungsverfahren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.02.2009 - 2 BvR 1732, 1745/07 - NJW 2009, 1405 <1407>; Meyer-Goßner, stopp, 56. Aufl., § 161 Rn. 2). Die strafprozessualen Beweiserhebungsnormen sind daher besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die sich über die Zwecksetzung des § 15 Abs. 4 LDSG hinwegsetzen können. Die Zulässigkeit der Erhebung und Beschlagnahme personenbezogener Daten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren trotz einer bestehenden Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG legt schließlich die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG, dass eine datenschutzrechtliche Zweckänderung für Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist, nahe.
69 
(b) Nach diesem Maßstab wäre mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien eine mit § 15 Abs. 4 LDSG unvereinbare Zweckänderung verbunden. Der ursprünglich mit der Erstellung der Sicherungskopien verbundene konkrete Zweck kann jetzt nicht mehr erreicht werden (aa). Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien (bb). Ein allgemeiner, vom ursprünglich verfolgten Zweck unabhängiger Zweck der Datensicherung könnte zudem mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht zulässig verfolgt werden; denn der Zweck, zu dem die Originaldateien gespeichert wurden, ist weggefallen (cc).
70 
(aa) Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war maßgeblicher Zweck der Datensicherungen, eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können. Damit hat der Beklagte Zwecke der Datensicherung und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage i.S.d. § 15 Abs. 4 LDSG verfolgt.
71 
Diese Zwecke - eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Art zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können - hat der Beklagte selbst im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.01.2013 an das Verwaltungsgericht als diejenigen angegeben, zu denen die streitgegenständlichen Dateien erstellt wurden. An diese ursprünglich verfolgten Zwecke ist der Beklagte aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung gebunden. Diese Zwecke können bei Wiedergewinnung der in der Sicherungskopie enthaltenen Daten nun nicht mehr erreicht werden. Die Verfolgung anderer Zwecke schließt § 15 Abs. 4 LDSG aus.
72 
Auf einen allgemeinen, über den konkreten Anlass der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien hinausgehenden allgemeinen Sicherungszweck kann sich der Beklagte hier nicht berufen. Zwar kann der datenschutzrechtlich relevante Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG über den konkreten Anlass der Speicherung hinausgehen. Einen solchen allgemeinen Sicherungszweck verfolgte der Beklagte bei der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien jedoch nicht:
73 
Die Bestimmung des maßgeblichen Zwecks einer Maßnahme nach § 15 Abs. 4 LDSG folgt im Kern denselben Grundsätzen wie die Bestimmung des Zwecks einer Datenspeicherung und -erhebung nach § 15 Abs. 1 LDSG. Maßgeblich ist dabei - wie Dammann zutreffend ausführt - der materielle Gehalt des Zweckbindungsgrundsatzes. Er resultiert daraus, dass jede Ermächtigung einer öffentlichen Stelle, personenbezogene Daten zu erheben und zu speichern, nur im Hinblick auf bestimmte Zwecke ergeht und daher auch eine Verwendung der Daten grundsätzlich nur im Rahmen dieser Zwecke legitimiert. Daher ist bei der Frage, wie der jeweilige Zweck zu fassen ist, bei der jeweiligen rechtlichen Legitimationsgrundlage für das Erheben bzw. Speichern anzuknüpfen. Maßgeblich ist entweder die gesetzliche Grundlage oder die vom Betroffenen im Sinne einer informationellen Selbstbestimmung getroffene Verfügung. Dies entspricht dem Inhalt der Aufklärungspflicht nach § 4 Abs. 3 BGSG. Liegt der Erhebung und Speicherung keine aufgabenspezifische Rechtsvorschrift zu Grunde oder bietet diese keine geeigneten Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und hat auch der Betroffene keine einschränkende Verfügung getroffen, so kommt es auf den tatsächlich verfolgten Handlungszweck an. Dieser kann und wird häufig weiter sein als der konkrete Anlass der Speicherung (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39 ff., zu § 14 Abs. 1 BDSG).
74 
An einer Festlegung eines konkreten Zwecks hinsichtlich der streitgegenständlichen Dateien durch eine Rechtsvorschrift oder eine Verfügung des Betroffenen - hier des Klägers - fehlt es. Daher kommt es auf den tatsächlich verfolgten Zweck an. Dieser bestand nicht in der Herstellung von Sicherungskopien der Outlookdateien des Klägers für jeglichen Fall des Datenverlusts. Denn längerfristige allgemeine Sicherungsspeicherungen von Outlook-Postfachinhalten wurden - abgesehen von der begrenzten Speicherung gelöschter Mails für sieben Tage auf dem Server des Staatsministeriums und für 30 Tage im Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach - im Staatsministerium nicht vorgenommen. Nach der geübten Praxis im Staatsministerium entschied allein der Nutzer des Outlook-Postfachs, welche E-Mails er ausdruckte und den Akten beifügte und welche er löschte. Eine Speicherung von Postfachinhalten für allgemeine Zwecke war auch hier nicht beabsichtigt. Die streitgegenständlichen Dateien wurden vielmehr für den beschriebenen begrenzten Zweck - Behebung von Problemen im Outlook-Kalender des Klägers - hergestellt, zu dem sie nun nicht mehr verwendet werden können.
75 
(bb) Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG gelte nur für zusätzliche, bei der Datenschutzkontrolle etc., aus technischen Gründen anfallende Dateien wie Protokolle von Datenabrufen oder personenbezogene Daten der Mitarbeiter in der IT-Abteilung. Für die Zwecke der Datenschutzkontrolle und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage wird dies in der Literatur in der Tat angenommen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 110). Für im Rahmen der Datensicherung hergestellte Kopien kann dies jedenfalls nicht gelten (so wohl auch Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109). Eine Einschränkung des Schutzzwecks des § 15 Abs. 4 LDSG lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Für Datenkopien ist der Schutzzweck auch einschlägig. Denn es entspricht gerade dem Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG, dass zusätzlich angelegte Datenbestände nicht als allgemeine Informationsgrundlage dienen sollen. Hierunter fallen gerade nach Jahren immer noch vorhandene, vom ursprünglichen Speicherzweck losgelöste Kopien von Dateien
76 
(cc) Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass aus nach § 15 Abs. 4 LDSG hergestellten Sicherungskopien bei jeglichem Datenverlust die Originaldateien wiederhergestellt werden dürften, wäre eine solche Wiederherstellung hier unzulässig. Denn eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann (Zweckerreichung). Das folgt aus dem strengen Zweckbindungsgrundsatz des § 15 Abs. 4 LDSG. Dieser soll verhindern, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden. Damit wäre es unvereinbar, wenn gemäß § 15 Abs. 4 LDSG erstellte Sicherungskopien von der speichernden Stelle noch genutzt werden dürften, obwohl der Speicherungszweck der Originaldateien bereits entfallen ist. So liegt der Fall hier:
77 
Bei der Bestimmung des Zwecks der ursprünglichen Datenspeicherung nach § 15 Abs. 1 LDSG ist, wie dargelegt, auf die rechtliche Legitimationsgrundlage für die Datenspeicherung abzustellen. Eine Rechtsvorschrift, die die Speicherung von E-Mails von Landesbediensteten datenschutzrechtlich gestattet, existiert nicht. Eine gesonderte Regelung des E-Mail-Verkehrs im Staatsministerium erfolgte nicht, eine datenschutzrechtlich relevante Selbstverpflichtung des Klägers zum E-Mail-Verkehr fehlt daher. Da die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zugeordnet waren und der Nutzer des Postfachs selbst über die Verwendung der Postfachinhalte entscheiden durfte, diente die Speicherung von Postfachinhalten den persönlichen Belangen des Postfachinhabers. Dieser Zweck besteht, nachdem der Kläger seinen E-Mail-Account im Staatsministerium nicht mehr nutzt, nicht mehr. Andere datenschutzrechtlich i.S.v. § 15 Abs. 1 LDSG relevante Zwecke bestanden nicht. Selbst die Anlegung von Protokolldateien über die Internetnutzung diente nach den Sicherheitshinweisen im Antragsformular des Klägers auf Internetzugang vom 11.02.2010 Zwecken der Sicherheit der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums vor unerlaubten Zugriffen oder Angriffen von außen, nicht Datensicherungszwecken im allgemeinen. Der ursprünglich verfolgte Zweck der Speicherung der Originaldateien kann nicht mehr erreicht werden, diese dürfen daher nicht aus der Sicherungskopie wiederhergestellt werden.
78 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beklagten, nach der AnO Schriftgut und allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie folgenden Grundsätzen seien E-Mails aufgrund des Grundsatzes der Aktenvollständigkeit zu den Akten zu nehmen. Dass aus diesen Gründen E-Mails gespeichert werden, ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Grundlage noch aus einer datenschutzrechtlichen Einwilligung des Klägers. Ein datenschutzrechtlich relevanter Speicherzweck im Sinne des § 15 Abs. 1 LDSG liegt insoweit nicht vor.
79 
dd) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zum Löschungsanspruch des Klägers dargelegt, dass dieser sich nicht zusätzlich auf § 88 TKG berufen kann, dass § 36 LDSG keine Anwendung findet und dass § 23 Abs. 3 LDSG dem Grunde nach dem Löschungsanspruch nicht entgegensteht. Auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die die Beteiligten im Berufungsverfahren nicht angreifen, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
80 
b) Dem Löschungsanspruch des Klägers nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs (aa) noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (bb) entgegen.
81 
aa)Dem datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG kann im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Betroffene seinerseits offenkundig und schwerwiegend gegen eine gegenüber der die Daten speichernden Stelle bestehenden Pflicht oder Obliegenheit verstoßen hat, die im sachlichen Zusammenhang mit den zu löschenden Daten steht (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).
82 
(1) Beim Rechtsmissbrauch handelt es sich um einen besonderen Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben. Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den allgemeinen ungeschriebenen Grundsätzen, die sowohl im Verwaltungsrecht des Bundes als auch im Verwaltungsrecht der Länder existieren und Bürger und Verwaltung binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - BVerwGE 101, 58, juris Rn. 17; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <71>; Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 24.96 - BVerwGE 102, 194 <199>; Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24.02 - BVerwGE 118, 84 <89>; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 62 Rn. 29; Pitschas, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voß-kuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Bd. II., § 42 Rn. 94). Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann daher auch subjektiv-öffentlichen Ansprüchen des Bürgers gegen die öffentliche Hand entgegenstehen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 10, m.w.N.; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - a.a.O.; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162, juris Rn. 31, m.w.N.). Auch verfassungsrechtlich sind missbräuchlich erworbene Rechtspositionen des Bürgers nicht notwendig geschützt (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.05.2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24, juris Rn. 51, zur Rücknahme der erschlichenen Einbürgerung nach § 48 VwVfG; ebenso BVerwG, Urt. v. 03.06.2003 - 1 C 19.02 - BVerwGE 118, 216 <220>; ähnlich zur missbräuchlichen Berufung auf Grundfreiheiten: EuGH, Urt. v. 09.03.1999 - C-212/97 [Centros] - juris Rn. 24 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers schließen Grundrechte des Betroffenen daher nicht von vornherein aus, dass sich die öffentliche Hand ihm gegenüber auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen kann.
83 
Ein Fall der nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung ist die Verletzung eigener Pflichten (vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 46, m.w.N.). Dabei bedarf es eines Zusammenhangs zwischen dem beanspruchten und dem selbst geübten Verhalten, damit der geltend gemachte Rechtsanspruch angesichts des eigenen Verhaltens rechtsmissbräuchlich erscheint (vgl. Roth/Schubert, in: MK-BGB, 6. Aufl., § 242 Rn. 389).
84 
Der Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben steht hier, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 LDSG Fälle der zulässigen Zweckänderung geregelt und insbesondere in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG Belange des Allgemeinwohls bereits berücksichtigt hat. Eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass im Einzelfall ein Rückgriff auf die Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen ist, ist damit nicht verbunden (für eine Ausnahme von der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG oder vergleichbarer Normen in Sonderfällen auch: Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29, 35: Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115). Der Einwand, das Verfolgen eines Anspruchs verstoße gegen Treu und Glauben, kann als allgemeines, in der Rechtsordnung anerkanntes Prinzip Geltung im Verhältnis auch zu Verfassungsrechtsätzen wie der Bindung an Recht und Gesetz und dem Gesetzesvorbehalt beanspruchen. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs hat nämlich selbst eine Grundlage in der materialen Rechtsstaatlichkeit (vgl. Pitschas, a.a.O., m.w.N.). Die Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG wird folglich nicht dadurch infrage gestellt, dass der Bürger öffentlich-rechtliche Ansprüche mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht geltend machen kann (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, a.a.O.).
85 
Die Grundsätze von Treu und Glauben können in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht dazu führen, dass jeder Verstoß eines Betroffenen, der dem Grunde nach einen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat, gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten dem Löschungsanspruch hindernd entgegengehalten werden kann. Voraussetzung ist vielmehr ein offenkundiger und schwerwiegender Verstoß gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten (ähnlich in anderen Zusammenhängen: BVerwG, Urt. v. 08.02.1974 - VII C 35.73 - DÖV 1975, 137, juris Rn. 16 m.w.N.; Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE133, 85, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R - juris Rn. 37; BayVGH, Urt. v. 25.02.1977 - 6 X 77 - juris Rn. 26). Andernfalls könnte die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben dazu führen, dass eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Nutzung personenbezogener Daten zulässig würde. Dies wäre mit der Bedeutung des Gesetzesvorbehalts, der im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten wurzelt, unvereinbar. Der Gesetzesvorbehalt hat eine elementare freiheitssichernde Funktion. Indem er für jeden staatlichen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheit eine gesetzliche Grundlage fordert, gewährleistet er, dass die Freiheitseinschränkung auf den Willen des Souveräns zurückzuführen ist und der betroffene Bürger vorab erkennen kann, welche Freiheitseinschränkungen er zu erwarten hat. Im Datenschutzrecht kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Der Ausgleich zwischen den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Gesetzesvorbehalt, die im Ansatz gleichrangig nebeneinander stehen, ist daher in dem Sinne vorzunehmen, dass nur schwerwiegende und offensichtliche Verstöße gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten des Betroffenen dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG mit Erfolg entgegengehalten werden können.
86 
(2) Die Voraussetzungen eines offenkundigen und schwerwiegenden Verstoßes gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten liegen hier nicht vor. Zwar hat der Kläger möglicherweise gegen seine Pflicht zur Führung vollständiger Akten verstoßen (a). Ein solcher Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz der Aktenvollständigkeit stünde in dem für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung notwendigen Zusammenhang zum Löschungsanspruch. Denn beide Aspekte betreffen denselben Gegenstand (dieselben Dateien) und stehen auch inhaltlich in einem Zusammenhang, da es jeweils auch um die Frage geht, welche Dateien für die Aufgaben der Beklagten erforderlich sind. Ein solcher Verstoß wäre jedoch nicht offensichtlich und schwerwiegend (b).
87 
(a) Auch für Regierungshandeln besteht im Grundsatz eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten, die jedoch durch den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung begrenzt ist:
88 
(aa) Eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung zur Führung vollständiger Akten in Behörden einschließlich Ministerien fehlt. Die im Staatsministerium geltende AnO Schriftgut vom 22.12.2005 ist lediglich ein Erlass. Aus ihr lässt sich eine Pflicht, Dokumente zur Akte zu nehmen und eine vollständige Akte zu führen, nur mittelbar entnehmen: Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen (Nr. 1.2). Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen (Nr. 2). Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert (Nr. 3.1). Eine klare Bestimmung zur Führung vollständiger Akten fehlt jedoch in der AnO Schriftgut.
89 
Für E-Mails enthält die AnO Schriftgut keine ausdrückliche Regelung. Nach der Praxis im Staatsministerium entschied jeder Nutzer des Postfachs selbst, welche E-Mails er ausdruckt und den Akten beigefügt oder löscht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der in der von dem Beklagten vorgelegten Akte vorhandene Leitfaden für die Schriftgutverwaltung im Innenministerium vom März 2010. Er enthält u.a. die Regelung - auf die sich der Kläger zu Unrecht beruft -, dass E-Mails, die keine Entscheidungen enthalten, vernichtet werden, es sei denn, der Bearbeiter ordnet die Aufbewahrung an. Dieser Leitfaden des Innenministeriums galt im Staatsministerium nicht.
90 
Eine Pflicht, die erforderlichen Unterlagen zur Akte zu nehmen und die Akte vollständig zu führen, folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, wie sie die Rechtsprechung seit langem anerkennt: Der Grundsatz der Aktenvollständigkeit ist für die vollziehende Gewalt nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche ausdrückliche Regelung ist jedoch auch nicht erforderlich. Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält. Dies macht die Führung von Akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte. Das Prinzip der Aktenvollständigkeit folgt aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1983 - 2 BVR 244, 310/83 - NJW 1983, 2135; BVerwG, Beschl. v. 16.03.1988 - 1 B 153.87 - NJW 1988, 621 <622>; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 22.12.2000 - 2 L 38/99 - juris Rn. 55 f., m.w.N.; ebenso Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 29 Rn. 16).
91 
(bb) Für Handeln von Regierungen gelten diese für Verwaltungshandeln von Behörden entwickelten Grundsätze im Ansatz ebenso. Dies folgt zum einen daraus, dass auch ein Handeln der Regierung, vor allem außerhalb von Gesetzgebungsverfahren Verwaltungstätigkeit sein kann (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 20.12.2011 - 159/10 - juris Rn. 28). Im Hinblick auf eigentliches Regierungshandeln ergibt sich das zum anderen aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Zwar besteht ein nicht ausforschbarer Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der auch der Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, Grenzen setzt. Jedoch gebietet der Gewaltenteilungsgrundsatz - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auf das Land Baden-Württemberg übertragbar ist - eine Auslegung der Verfassung dahin, dass parlamentarische Kontrolle wirksam ausgeübt werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn die dazu nötigen Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dem Parlament auch nach Abschluss der jeweiligen Vorgänge grundsätzlich verschlossen blieben. Die Entscheidungen der Regierung unterlägen dem parlamentarischen Kontrollrecht dann nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Eine solche grundsätzliche Begrenzung der parlamentarischen Kontrolle wäre mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz unvereinbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 123 ff., 141, m.w.N.). Folglich müssen insoweit auch Pflichten zur vollständigen Aktenführung bestehen, da andernfalls die parlamentarische Kontrolle leerliefe.
92 
Dies gilt jedoch nicht für den geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt.Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht.Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83 u.a. - BVerfGE 67, 100, juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 - BVerfGE 77, 1, juris Rn. 140; Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
93 
In Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden parlamentarische Informationsrechte nicht grundsätzlich immer schon dann aus, wenn es sich um Informationen aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.Auch dem nachträglichen parlamentarischen Zugriff auf Informationen aus der Phase der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen setzt der Gewaltenteilungsgrundsatz Grenzen. Bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung geheimzuhaltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen nicht verpflichtet ist. Ein - sei es auch erst nach Abschluss des jeweiligen Entscheidungsprozesses einsetzender - schrankenloser parlamentarischer Informationsanspruch würde vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die das Gewaltenteilungsprinzip ihr zuweist.
94 
Der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet allerdings gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass - wie bereits dargelegt - parlamentarische Kontrolle wirksam sein kann. Die Entscheidungen der Regierung unterliegen daher dem parlamentarischen Kontrollrecht nicht nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Weitere Hintergründe könnten sonst nach Belieben unzugänglich gehalten werden, auch solche, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung politisch nicht beurteilt und die politische Verantwortung für Fehler, die gerade das Zustandekommen dieser Entscheidungen betreffen, nicht aufgeklärt werden kann.Parlamentarische Informationsrechte in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden danach nicht grundsätzlich immer dann aus, wenn es sich um Akten aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Ob zu erwarten ist, dass die Herausgabe solcher Informationen die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen. Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, sind umso schutzwürdiger, je näher sie der gouvernamentalen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Je weiter ein parlamentarisches Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss das parlamentarische Informationsbegehren sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einer parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht. Die Frage, ob die Vorlage von Akten aus dem Bereich der Vorbereitung abgeschlossener Regierungsentscheidungen, aus denen Aufschluss über die Willensbildung der Regierung und ihrer Mitglieder gewonnen werden kann, die Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, kann demnach nicht pauschal verneint werden. Ebensowenig ist sie aber pauschal zu bejahen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 123 ff., 141, m.w.N.)
95 
Dabei geht es - zumindest vor allem - um den Schutz der Willensbildung innerhalb der Regierung als Verfassungsorgan. Das Bundesverfassungsgericht hat daher die Ermittlung einer etwaigen Einflussnahme Dritter auf Mitglieder der Bundesregierung in einem zurückliegenden Zeitraum als einen Vorgang angesehen, der den nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung nicht berührte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987, a.a.O., juris Rn. 140). Auch die Vorlage von Akten, die nicht die Beratungen der Regierung als Kollegium, sondern deren Vorbereitung innerhalb der Ressorts und zwischen den Ressorts betreffen, berührt die Eigenverantwortung der Regierung nicht. Zu prüfen ist insoweit jedoch, ob die schützenswerte Freiheit und Offenheit des der Regierungsentscheidung über den Haushaltsentwurf vorgelagerten interministeriellen Abstimmungsprozesses durch die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen aus diesem Abstimmungsprozess beeinträchtigt wird; dies könnte anzunehmen sein, wenn die dadurch ausgelöste Befürchtung eventueller späterer Publizität geeignet wäre, eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten zu hemmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., juris Rn. 65 f.). Daher kann auch Kommunikation von Regierungsmitgliedern mit externen Beratern, die der Vorbereitung von Regierungshandeln dient, schützenswert sein. Solche Überlegungen mit externen Beratern können insbesondere Fragen der politischen Opportunität betreffen. Unbeeinträchtigte Kommunikation hierüber zu ermöglichen, kann wesentlich sein, um eine Regierungsentscheidung möglichst sachgerecht und ohne die einengende Befürchtung, dass Vorüberlegungen nachträglich einer Kontrolle unterliegen, vorbereiten zu können (ebenso StGH, Urt. v. 26.07.2007, a.a.O., Rn. 114 ff. zu Verhandlungen der Regierung mit einem privaten Dritten).
96 
(cc) Der danach für die Regierung mit Ausnahme des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bestehenden Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, steht die nach der Verwaltungspraxis des Staatsministeriums bestehende Befugnis, selbst zu entscheiden, welche E-Mails zur Akte genommen oder gelöscht werden, nicht entgegen. Eine solche Befugnis kann - gerade für einen Ministerpräsidenten, dem die Staatsleitung obliegt (vgl. zum Amtseid Art. 48 LV) - kein freies, sondern allenfalls ein pflichtgemäßes Ermessen begründen, das nur im Rahmen der dargestellten allgemeinen Grundsätze ausgeübt werden kann.
97 
(b) An einem offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen die Pflicht, vollständige Akten zu führen, fehlt es jedoch.
98 
Dies folgt bereits daraus, dass eine klare und eindeutige Regelung dieser Pflicht nicht bestand. Die AnO Schriftgut normiert eine solche Pflicht nicht ausdrücklich. Vielmehr bestand im Staatsministerium die Praxis, dass jeder Mitarbeiter selbst entscheiden durfte, welche E-Mails er zur Akte nimmt. Zwar kann daraus nur - wie dargelegt - ein pflichtgemäßes, kein freies Ermessen folgen, da sich eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten aus allgemeinen Grundsätzen ergibt. Jedoch sind diese Grundsätze, auch wenn sie im Hinblick auf Verwaltungshandeln für die pflichtigen Mitarbeiter allgemein bekannt sein sollten, nur ungeschriebene Prinzipien. Zudem sind sie, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung bisher - wenngleich ihre grundsätzliche Geltung für Regierungshandeln aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung folgt - nur auf die Verwaltungstätigkeit angewandt worden.
99 
Zudem war es, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob alle streitgegenständlichen Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen, zum damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsam, davon auszugehen, dass die Vorbereitung des zwischen den Beteiligten streitigen Erwerbs von Anteilen an der EnBW AG durch das Land Baden-Württemberg dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen kann. Die gespeicherten E-Mails stammen jedenfalls aus dem Zeitraum vor dem 18.11.2010 und betreffen daher den Zeitraum der Vorbereitung des Ankaufs, der grundsätzlich geeignet ist, in diesen geschützten Bereich zu gehören. Für die von dem Beklagten vorgelegten, nicht bei den Sachakten sich befindenden E-Mails war es damals nicht unvertretbar anzunehmen, diese würden als Informationen über die Vorbereitung und öffentlichkeitswirksame Darstellung des Anteilserwerbs dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen.
100 
bb) Dem Löschungsanspruch des Klägers aus § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen Pflichten aus Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Organtreue begründet keine nachwirkenden Pflichten.
101 
Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue haben oberste Staatsorgane bei der Ausübung ihrer Kompetenzen von Verfassungs wegen aufeinander Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1, 2/60 - BVerfGE 12, 205 <254>; Beschl. v. 04.06.1973 - 2 BvG 1/73 - BVerfGE 35, 193 <199>; Urt. v. 25.05.1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <39>; Urt. v. 12.07.1994 - 2 BvE 3/92 u.a. - BVerfGE 90, 286, juris Rn. 203; StGH, Urt. v. 21.10.2002 - 11/02 - ESVGH 53, 15, juris Rn. 84; Urt. v. 11.10.2007 - GR 1/07 - juris Rn. 58). Dieser Grundsatz vermag für sich genommen jedoch keine Rechte zu begründen. Vielmehr bedarf er, um seine Wirkung entfalten zu können, eines bereits bestehenden Verfassungsrechtsverhältnisses. Er ist insoweit akzessorischer Natur und kann ein vorhandenes Verfassungsrechtsverhältnis ausgestalten, aber nicht neu begründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.09.2013 - 2 BvE 6/08 u.a. - NVwZ 2013, 1468, juris Rn. 183, unter Bezugnahme auf die Grundsätze zum bundesfreundlichen Verhalten, vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 05.02.2001 - 2 BvG 1/00 - BVerfGE 104, 238 <248>).
102 
Voraussetzung für die Berufung auf den Grundsatz der Organtreue ist daher, dass dem Verfassungsorgan aktuell verfassungsrechtliche Zuständigkeiten zustehen. Die verfassungsrechtlich gebotene Organtreue kann nur solange eingefordert werden, wie das Verfassungsorgan selbst durch die Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet sei (vgl. HambVerfG, Urt. v. 27.04.2007 - 3/06 - juris Rn. 89). Nachwirkende Pflichten einer Person, die - wie der Kläger - Verfassungsorgan war, aber nicht mehr ist, bestehen daher nicht.
103 
II. Anschlussberufung des Klägers
104 
Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
105 
1. Die Anschlussberufung ist nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Anschlussberufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Begründung in Anschlussschrift, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 i.V.m. 124 a Abs. 3 Sätze 2, 4 und 5 VwGO).
106 
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen unbedingten Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien. Vielmehr ist sein Löschungsanspruch durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv beschränkt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen der Anschlussberufung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
107 
Unzutreffend ist der Kläger der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Daten als privat einzustufen seien und daher nur mit seinem Einvernehmen nach § 2 Abs. 3 LArchG angeboten werden dürften. Unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass § 2 Abs. 3 LArchG Daten aus privater Hand meint. Darum handelt es sich hier gerade nicht.
108 
Ohne Erfolg muss auch das Vorbringen bleiben, es handele sich bei den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht um Daten, die i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten als Stelle im Sinne von § 2 Abs. 1 LArchG gedient hätten, da sie lediglich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden seien. Für die behauptete Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut überhaupt dem Landesarchiv anzubieten sind, ist nichts ersichtlich. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG knüpft lediglich daran an, dass Unterlagen bei Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes entstanden sind und dort vorhanden sind und von diesen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden. Nach der eindeutigen Regelung des § 23 Abs. 3 LDSG sind auch Daten, deren Speicherung unzulässig war - z.B. da von vornherein keine Erforderlichkeit für die Speicherung gegeben war - dem Landesarchiv anzubieten. Der datenschutzrechtliche Erforderlichkeitsgrundsatz ist für die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv unerheblich.
109 
Unbegründet macht der Kläger geltend, aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG folge, dass der Löschungsanspruch des Betroffenen erst dann ausgeschlossen sei, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die weitere Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG regelt, dass Löschungsansprüche bei Archivgut ausgeschlossen sind. Für einen Umkehrschluss, dass vor Anbieten gegenüber dem Landesarchiv sich Löschungsansprüche gegenüber dem Archivrecht durchsetzten, fehlen Gründe.
110 
Schließlich ist auch keine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers gegeben. Die schlichte Behauptung, § 23 Abs. 3 LDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, ist nicht nachzuvollziehen. Warum den vom Kläger angesprochenen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt sein soll, erschließt sich nicht. Die sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Rechtsfolgen sind klar und eindeutig. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, bestehen zudem zahlreiche Schutzvorkehrungen zugunsten der etwaig in ihren Grundrechten Betroffenen.
111 
Erfolglos bleibt schließlich der Einwand des Klägers, nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts müssten alle bei der Landesverwaltung anfallenden E-Mails dem Landesarchiv angeboten werden und dies könne nicht richtig sein. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG sieht für die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes eine unbeschränkte Anbietungspflicht für alle Unterlagen vor. Unterlagen in diesem Sinne sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG insbesondere Schriftstücke, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme; dazu gehören mithin auch E-Mails. Eine § 2 Abs. 6 BArchG vergleichbare Norm - nach der Unterlagen, die nach Auffassung der anbietungspflichtigen Stellen und des zuständigen Archivs von offensichtlich geringer Bedeutung sind, nicht angeboten werden müssen - gibt es in Baden-Württemberg nicht. Einschränkungen können allerdings gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 LArchG gerade im Hinblick auf maschinenlesbare Informationen zwischen dem Landesarchiv und der anbietenden Stelle getroffen werden.
112 
III. Nebenentscheidungen
113 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei einem Anschlussrechtsmittel ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1980 - 1 B 802.90 - juris) diese einheitlich zu treffen (vgl. BFH, Beschl. v. 17.12.2002 - I R 87/00 - juris; OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u.a. - juris Rn. 158, m.w.N.).
114 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Das Landesdatenschutzgesetz und das Landesarchivgesetz sind Landesrecht. Ebenso haben der Einwand des Rechtsmissbrauchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 13, 14 und Urt. v. 14.08.1982 - 8 C 19.90 - BVerwGE 90, 310, juris Rn. 16) und die Grundsätze der Organtreue ihre Grundlage im Landesrecht.
115 
Beschluss vom 30. Juli 2014
116 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
5.000.—EUR
festgesetzt. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel sind, soweit sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG). Das gilt auch für den Fall eines unselbständigen Anschlussrechtsmittels (vgl. BGH -GrS-, Beschl. v. 05.10.1978 - GSZ 1/78 - BGHZ 72, 339; BayVGH, Urt. v. 22.07.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 50). Da die Rechtsmittel denselben Gegenstand betreffen, ist der Auffangwert von 5.000.-- EUR nur einmal festzusetzen (vgl. OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010, a.a.O., Rn. 160; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 07.09.2010 - 1 M 210/09 - juris Rn. 57).
117 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

1. Der Beklagte wird verpflichtet, die drei Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers, nämlich die Dateien mit den Bezeichnungen:

- ...,

- ...,

- ...,

sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu ¾, der Kläger zu ¼.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der bis Mai 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg war, begehrt die Löschung von kopierten Daten aus seinem ihm vom Staatsministerium zur Verfügung gestellten E-Mail-Postfach.
Bei den vom Staatsministerium für seinen E-Mail-Verkehr genutzten Produkten (beim Server „Microsoft Exchange“ und im Clientbereich „Microsoft Outlook“) ist systembedingt jede E-Mail-Adresse Bestandteil einer Datenbank. Dort werden die eingehenden E-Malls in dem Postfach der E-Mail-Adresse gespeichert. Startet der Anwender auf seinem (Client-) PC das Programm Outlook, findet eine Synchronisation zwischen dem Exchange-Server und dem Outlook-Client-PC statt. Die Daten des Postfaches werden dabei in eine OST-Datei kopiert. Diese OST-Datei liegt üblicherweise auf dem PC des Anwenders. Durch das Verschieben einer E-Mail in den Ordner „gelöschte Objekte“ auf dem Client-PC und dessen Leerung können die E-Mails im Postfach durch den Anwender gelöscht werden. Auf dem Server werden diese E-Mails dadurch zunächst nicht direkt physikalisch gelöscht, aber als gelöscht gekennzeichnet. Der Server ist so eingestellt, dass die als gelöscht gekennzeichneten E-Mails innerhalb von sieben Tagen nach dem Löschen durch den Anwender wiederhergestellt werden können. Danach werden sie automatisch auf den Servern des Staatsministeriums gelöscht. Daneben bleiben die auf einem Server im Staatsministerium gelöschten Daten noch 30 Tage in einem Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach gespeichert. Dies soll sicherstellen, dass die Postfachinhalte bei technischen Problemen beziehungsweise bei einer versehentlichen Löschung vorerst weiter verfügbar bleiben. Die Löschung der Daten im Ausfallrechenzentrum erfolgt automatisch mit Ablauf der 30-Tage-Frist. Anschließend ist eine im Postfach gelöschte E-Mail nur noch verfügbar, wenn sie zuvor durch den Anwender in einer sogenannten PST-Datei archiviert wurde. Eine elektronische Langzeit-Speicherung ist nicht vorgesehen.
Für den Kläger wurde mit einem von seinem Büroleiter „i. A.“ am 11.02.2010 unterschriebenen Antragsformular erklärt: „Hiermit beantrage ich, den Internetzugang auf meinem Arbeitsplatz-PC freizuschalten. Ich benötige den Zugang ausschließlich für dienstliche Zwecke. Mir ist bekannt, dass jede Verbindung zum Internet aus Sicherheitsgründen protokolliert wird und bei Bedarf ausgewertet werden kann. Die Sicherheitshinweise auf der Rückseite dieses Antrags habe ich zur Kenntnis genommen.“ In den Sicherheitshinweisen heißt es unter Nr. 1: „Der Internetzugang auf den Arbeitsplatz-PCs des Staatsministeriums wurde ausschließlich zu dienstlichen Zwecken eingerichtet. Die private Nutzung ist untersagt.“ Eine gesonderte Regelung für den Umgang mit E-Mails gab es im Staatsministerium nicht. Es lag auch keine ausdrückliche Gestattung der privaten IT-Nutzung (etwa durch eine Betriebsvereinbarung, arbeitsvertragliche Regelungen oder durch eine IT-Richtlinie) vor. Eine Kontrolle der Nutzung auf privaten Gebrauch fand nicht statt. Für die Aktenführung im Staatsministerium wird grundsätzlich die „Gemeinsame Anordnung der Ministerien über die Verwaltung des Schriftguts der Behörden, Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes (AnO Schriftgut)“ vom 22.12.2005 angewandt.
Im Sommer/Herbst 2010 meldete das Büro des Klägers bei der EDV-Abteilung des Staatsministeriums technische Probleme mit dem elektronischen Terminkalender des „Outlook“-Postfachs. Bemängelt wurde das Verschwinden eingetragener Termine und Fristen ohne erkennbaren Grund. Zur Klärung der Probleme beauftragte der IT-Bereich des Staatsministeriums die Firma ... mit der Fehlersuche. Für die Koordinierung wurde zudem das Informatikzentrum des Landes (IZLBW) eingeschaltet. Die Arbeiten wurden nicht in der Datenverarbeitungsanlage, das heißt in dem Datensystem selbst, sondern in Kopien durchgeführt.
Im Oktober/November 2010 erstellte ein mit Administratorrechten ausgestatteter Mitarbeiter des IT-Bereichs eine Kopie des auf dem Server des Staatsministeriums liegenden und dem Kläger zugewiesenen Original-Postfachs. Nachdem die Überprüfung durch die Firma ... im Dezember 2010 abgeschlossen war und der Fehler nicht hatte gefunden werden können, blieben die kopierten Daten weiter gespeichert. Die kopierten Postfach-Daten sollten nach Angaben des Beklagten vorgehalten werden, um sie bei einem erneuten Auftreten des Fehlers mit den neueren Postfach-Daten des Klägers oder fehlerbehafteten Postfach-Daten anderer Mitarbeiter vergleichen zu können.
Die beiden Original-E-Mail-Accounts des Klägers ([email protected] und [email protected]) wurden nach dem Regierungswechsel auf dem Server des Staatsministeriums gelöscht. Die endgültige Löschung im Ausfallrechenzentrum erfolgte durch das Überschreiben der Datenbank nach 30 Tagen.
Die kopierten Dateien waren zunächst auf einem Server im Staatsministerium gespeichert. Der Festplattenbereich war nur für den mit Administratorrechten ausgestatteten Mitarbeiter ... und für seinen Vertreter zugänglich und wurde seit Dezember 2010 mit einem Zeitstempel versehen. Mit einem solchen Zeitstempel wird jeder Zugriff auf die Daten dokumentiert. Bislang fand seitens des Staatsministeriums weder eine Sichtung noch eine sonstige Nutzung der Dateien statt. Der Zeitstempel steht unverändert auf Dezember 2010.
Im Sommer 2012 wurde das Staatsministerium auf die kopierten Dateien wieder aufmerksam. In einem Vermerk vom 23.08.2012 heißt es, man sei „auf eine versehentlich nicht gelöschte Arbeitskopie des Postfaches von MP a.D. ... gestoßen, die am 20.10.2010 aufgrund von technischen Störungen zur Überprüfung“ durch eine externe Firma angelegt worden sei. In einem weiteren Vermerk vom 05.09.2012 ist ausgeführt, dass die Daten in einer Arbeitsablage vorgefunden worden seien. Ein Mitarbeiter habe berichtet, dass es sich um Daten vom Oktober 2010 handele. Damals habe eine externe Firma untersucht, weshalb Termineinträge aus dem Postfach des Klägers sporadisch verschwunden seien. Zur Lösung des Problems sei seinerzeit den externen Dienstleistern eine Kopie des Postfachs zur Überprüfung auf einem separaten Plattenplatz zur Verfügung gestellt worden. Da die externen Dienstleister das Problem nicht hätten lösen können, habe man die Daten bis zum nächsten Vorfall erhalten wollen. Dieser Umstand sei „in Vergessenheit“ geraten.
Am 30.08.2012 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Stuttgart die Amtsräume des Staatsministeriums. Dabei stellte sie die Kopien des E-Mail-Postfachs des Klägers mithilfe einer forensischen Software sicher. Hierüber unterrichtete die Staatsanwaltschaft die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 10.09.2012. Sie teilte weiter mit, die „Outlookexportdateien“ seien vorläufig sichergestellt worden, da eine sorgfältige Sichtung und Trennung der Daten am Durchsuchungsort nicht möglich gewesen sei. Die Dateien befänden sich auf einem Datenträger des Landeskriminalamts. In der Folgezeit wertete die Staatsanwaltschaft die Kopien des E-Mail-Postfachs für ihre Ermittlungen aus und übergab Daten später auch an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ (zur Weitergabe von Daten des Klägers aus einer Wohnungsdurchsuchung siehe auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.11.2012 - 4a VAs 3/12 - Justiz 2013, 181).
10 
Mit Anwaltsschreiben vom 12.09.2012 begehrte der Kläger vom Staatsministerium Auskunft, ob sich nach der Sicherstellung der Staatsanwaltschaft die Dateien beziehungsweise Kopien dieser Dateien noch im Besitz des Staatsministeriums befänden.
11 
Mit Schreiben vom 17.09.2012 teilte der Beklage dem Rechtsanwalt des Klägers daraufhin mit, dass im Staatsministerium Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers existierten. Diese seien im Herbst 2010 von der EDV-Abteilung anlässlich der vom Kläger gemeldeten Störungen des elektronischen Terminkalenders seines Outlook-Postfachs angelegt worden. Unter Einschaltung eines externen Unternehmens habe die Fehlfunktion des Terminkalenders geprüft werden sollen. Im Anschluss seien die Arbeitskopien „in Vergessenheit geraten“. Der Beklagte bat außerdem um eine Einwilligung des Klägers in die Sichtung der Kopien, um private von dienstlichen Dateien zu trennen.
12 
Hierauf bestätigte der Kläger dem Staatsministerium mit Anwaltsschreiben vom 19.09.2012, dass die Sichtung der Dateien seiner Einwilligung bedürfe. Diese werde jedoch nicht erteilt. Das Staatsministerium wurde aufgefordert, die Dateien unverzüglich zu löschen und dies bis zum 27.09.2012 zu bestätigen.
13 
Mit Schreiben vom 27.09.2012 lehnte es das Staatsministerium ab, die Dateien zu löschen. Mit Anwaltsschreiben vom 18.10.2012 ließ es ergänzend mitteilen, die Daten könnten mit großer Wahrscheinlichkeit auch dienstliche Unterlagen enthalten. Daher werde vorgeschlagen, gemeinsam eine Trennung von privaten und dienstlichen Daten vorzunehmen. Dies könne so gestaltet werden, dass die Rechtsanwälte im Beisein der Datenschutzbeauftragten des Staatsministeriums und eines gemeinsam ausgewählten Notars zum Zwecke der Dokumentation die gespeicherten Daten durchsähen und die einvernehmlich als privat eingestuften gelöscht würden. Es bestehe Bereitschaft, eine Verschwiegenheitserklärung über die privaten Mails abzugeben. Diesen Vorschlag ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 30.10.2012 mit der Begründung ablehnen, dass sämtliche vom Staatsministerium gespeicherten Daten personenbezogen seien.
14 
Am 03.12.2012 verlagerte die Firma ... im Auftrag des Staatsministeriums die auf dem Server des Staatsministeriums liegenden Dateien in einen sogenannten „Datentresor“. Dieser „Tresor“ ist mit einem Passwort vor Zugriffen geschützt. Um diesen „Datentresor“ vor Verlust zu schützen, wurde er noch auf einen dem Staatsministerium zugewiesenen Serverbereich im Informatikzentrum des Landes Baden-Württemberg (IZLBW) kopiert. Zusätzlich wurden die Daten von der Firma ... auf einen externen Datenträger überspielt. Dieser Datenträger befindet sich in einem verschweißten Beutel in einem Tresor des Staatsministeriums. Das Passwort befindet sich in einem verschlossenen Umschlag in einem weiteren Tresor. Die auf dem Server im Staatsministerium befindlichen Kopien des Postfaches wurden sodann gelöscht. Bel diesen Maßnahmen wurde keine Einsicht in die Daten genommen.
15 
Der Kläger hat am 15.10.2012 beim Verwaltungsgericht Stuttgart, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.11.2012 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwiesen hat, Klage auf Löschung der Dateien erhoben. Zur Begründung macht er geltend, er habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Löschung der Daten:
16 
Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG seien personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich sei. In den E-Mails seien personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG enthalten, daher unterfielen sie dem Landesdatenschutzgesetz, dessen Aufgabe es ausweislich seines § 1 sei, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch die Verarbeitung und damit auch das Speichern (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 2 LDSG) seiner personenbezogenen Daten in seinem grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt werde. Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürften Daten, die ausschließlich zum Zwecke der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert würden, nur für diesen Zweck und damit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG beinhalte eine strikte, ausnahmslose Zweckbindung, weshalb auch § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG unanwendbar seien. Das Nutzen der Daten für andere Zwecke als den der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage sei also unzulässig und verletze sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung beziehungsweise das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme. Demgemäß könnten die Daten auch nicht mehr erforderlich im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sein.
17 
Dies folge auch daraus, dass die E-Mail-Kommunikation dem Fernmeldegeheimnis und damit § 88 TKG unterliege. Der Beklagte sei ihm gegenüber „Diensteanbieter“ im Sinne des § 3 Nr. 6 TKG.
18 
§ 23 Abs. 3 LDSG, wonach vor einer Löschung die Daten dem Archiv zur Übernahme anzubieten seien, stehe seinem Begehren nicht entgegen. Die Daten seien seinem Persönlichkeitsbereich zuzuordnen und vollständig privat. Archivgut Privater könne das Landesarchiv nur mit deren Einvernehmen erfassen, und seine Zustimmung gebe er nicht. Jedenfalls sei die Archivierung nur unter der Prämisse einer Abschottung der Daten nach § 4 LArchG unter Wahrung der Sperrfristen gemäß § 6 Abs. 2 LArchG zulässig. Spätestens nach dem Anbieten gegenüber dem Landesarchiv habe der Beklagte die Daten zu löschen.
19 
Der Kläger beantragt zuletzt,
20 
den Beklagten zu verpflichten, drei Dateien mit „Arbeitskopien“ seines Outlook-Postfachs, nämlich die Dateien mit den Bezeichnungen:
21 
- ...,
- ...,
- ...,
22 
sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen,
23 
hilfsweise: den Beklagten zu verpflichten, die genannten Dateien sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind,
24 
weiter hilfsweise: den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Staatsministeriums vom 27.09.2012 (ohne Aktenzeichen) zu verpflichten, den Antrag auf Löschung personenbezogener Daten vom 19.09.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
25 
Der Beklagte beantragt,
26 
die Klage abzuweisen.
27 
Er ist der Ansicht, der Kläger habe keinen Löschungsanspruch. Die Speicherung der streitgegenständlichen Dateien sei zulässig. Sowohl die Speicherung der Dateien als auch deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Da der Kläger seine dienstliche E-Mail-Korrespondenz nicht vollständig zu den Sachakten genommen habe, bedürfe es einer Auswertung des E-Mail-Postfachs. Vor der Internationalen Handelskammer in Paris sei ein Schiedsverfahren gegen die EdF anhängig, in dem das Land geltend mache, im Dezember 2010 einen Betrag von 834 Mio. EUR zu viel für die Anteile an der EnBW AG bezahlt zu haben. Da der Verlauf der Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der Anteile nach wie vor in weiten Teilen nicht geklärt sei, könnten die Sicherungskopien möglicherweise wichtige Hinweise liefern und die Position des Landes in diesem Verfahren entscheidend verbessern. Weiter sei das Land aus Gründen der Verjährung gezwungen, bis spätestens Ende Dezember 2013 mögliche Rechtsmittel gegenüber den am Kauf beteiligten Personen und Gesellschaften einzulegen. Für hier in Rede stehende Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB sei aber jeweils der Nachweis des subjektiven Tatbestandes - insbesondere die bewusste Inkaufnahme eines Vermögensschadens - notwendig. Die Staatsanwaltschaft lehne eine Akteneinsicht des Landes bislang unter Hinweis auf § 406e Abs. 2 StPO ab. Darüber hinaus liege dem Staatsministerium ein Akteneinsichtsgesuch der Herren ... und ... auf der Grundlage des Landesumweltinformationsgesetzes vor, das sich unter anderem auch auf die Sicherungskopien beziehe. Das Staatsministerium habe dieses Akteneinsichtsgesuch hinsichtlich der Kopien mit Verweis auf das laufende verwaltungsgerichtliche Verfahren abgelehnt. Seitens der Herren ... und ... sei dieser Ablehnung unter Hinweis auf das öffentliche Interesse an den Unterlagen widersprochen worden. Ein Klageverfahren sei absehbar. Weiter seien die Sicherungskopien auch bereits Gegenstand einer Landtagsanfrage (Drs. 15/2640) gegenüber dem Staatsministerium gewesen.
28 
Eine Unzulässigkeit der Datenverwendung ergebe sich nicht aus § 88 TKG. Weder sei er Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG noch der Kläger ein Dritter im Sinne des § 3 Nr. 10 TKG. Auch aus weiteren Gründen greife § 88 TKG nicht.
29 
Die Speicherung der streitgegenständlichen Postfach-Daten sei von § 15 LDSG gedeckt, auch wenn die Speicherung der Postfach-Daten zunächst wohl vornehmlich zu Zwecken der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage und der Datensicherung erfolgt sei. Der Zweck der Datensicherung im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG umfasse neben der Vermeidung von Datenverlusten, Datenverfälschungen und der Vermeidung eines unbefugten Datenzugangs auch die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung verloren gegangener Datenbestände. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner E-Mail-Nachrichten zur Vervollständigung der Sachakten halte sich damit im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung. Durch die jetzige Speicherung sollten verloren gegangene, dienstlich relevante und zu den Sachakten gehörende Schriftstücke gesichert und wiederhergestellt werden.
30 
Daneben wolle § 15 Abs. 4 LDSG dem Wortlaut nach nur zweckändernde Maßnahmen und eine nachfolgende Datennutzung gegenüber Bediensteten ausschließen. Der Kläger sei aber gerade kein Bediensteter im datenschutzrechtlichen Sinne gewesen. Arbeits- oder dienstrechtliche Maßnahmen kämen gegenüber dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt in Betracht. Der Informationsgehalt der Postfach-Daten solle zwar im Rahmen der Sachakten genutzt werden; dies allein würde aber noch keine Nutzung speziell gegenüber dem Kläger darstellen.
31 
Die beabsichtigte Datenverwendung sei gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG gerechtfertigt. Es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentationspflichten nicht nachgekommen sei. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von EnBW-Anteilen E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien.
32 
Zudem sei § 23 Abs. 3 LDSG zu beachten. Archivwürdige Daten unterlägen nicht der Löschungspflicht des § 23 LDSG. Dem Landesarchiv seien die Postfach-Daten zur Übernahme anzubieten. Durch § 23 Abs. 3 LDSG und §§ 3, 7 und 8 LArchG solle sichergestellt werden, dass dem Landesarchiv auch die dem Schutzbereich des Landesdatenschutzgesetzes unterfallenden Daten angeboten und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 LArchG zukämen, übergeben würden, um dort zu verbleiben.
33 
Mit Beschluss vom 04.03.2013 wurde der Beiladungsantrag der Antragsteller ... und von ... abgelehnt, die sich auf ihren beim Staatsministerium Baden-Württemberg gestellten Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen, auch betreffend die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten, berufen hatten.
34 
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die dem Gericht vorliegenden Akten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Über die Klage hat nach der hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bindenden Verweisung des Verwaltungsgerichts Stuttgart das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu entscheiden (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).
36 
Die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, mit dem ersten Hilfsantrag dagegen begründet.
37 
Die Ablehnung der begehrten Datenlöschung seitens des beklagten Landes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf die Löschung, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
38 
1. Anspruchsgrundlage ist § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (die womöglich ebenfalls in Betracht kommende Bestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 LDSG hinge von den gleichen Rechtsfragen ab, vgl. zum Anwendungsbereich bei nachträglichem Unzulässigwerden einer Speicherung: Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 39 mit Fußn. 73 sowie - betreffend die Parallelvorschrift § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X - Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 26). Danach sind personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat derjenige, um dessen personenbezogene Daten es geht, einen Anspruch auf Löschung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.03.2004 - 1 WB 32.03 - BVerwGE 120, 188 = NVwZ 2004, 626; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 2 und 35; zu der Parallelnorm des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X: BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - NZS 2011, 473). Unter Löschen ist dabei nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 LDSG das Unkenntlichmachen der gespeicherten personenbezogenen Daten zu verstehen. Kennzeichnend dafür ist, dass die Verfügungsmöglichkeit der speichernden Stelle irreversibel wegfällt (Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 28).
39 
2. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind hier erfüllt. Die Kenntnis der Daten, deren Löschung der Kläger begehrt, ist für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen ist (§ 15 Abs. 4 LDSG).
40 
a) Es handelt sich dabei um personenbezogene Daten im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes. Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 3 Rn. 7; BAG, Beschluss vom 27.05.1986 - 1 ABR 48/84 - BAGE 52, 88 = NJW 1987, 674; Urteil vom 13.01.1987 - 1 AZR 267/85 - BAGE 54, 67 = NZA 1987, 515; jeweils für Telefondaten; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997> für Inhalts- und Verbindungsdaten beim E-Mail-Verkehr).
41 
b) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium, denn das Staatsministerium ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG zu dem Begriff der auch hier gemeinten „verantwortlichen Stelle“; zum Begriff des „Speicherns“ § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDSG).
42 
c) Die fehlende Erforderlichkeit der weiteren Kenntnis der Daten ergibt sich daraus, dass § 15 Abs. 4 LDSG einer Nutzung der Daten für den vom Beklagten - außerhalb von an dieser Stelle nicht relevanten archivrechtlichen Belangen - allein noch vorgesehenen Zweck, nämlich die Auswertung des kopierten E-Mail-Accounts auf aktenrelevante Vorgänge, entgegensteht.
43 
Der Beklagte beruft sich - neben der Bezugnahme auf den Erlaubnistatbestand des § 15 Abs. 1 LDSG - auf § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG und ist der Ansicht, das weitere Speichern der E-Mail-Postfach-Daten sei zulässig, denn es müssten mit ihrer Hilfe Angaben des Klägers überprüft werden, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestünden. Möglicherweise sei der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentations- und Archivierungspflichten nicht nachgekommen. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an dem Unternehmen EnBW (vgl. dazu auch StGH, Urteil vom 06.10.2011 - GR 2/11, 2/11 - ESVGH 62, 9 = VBlBW 2012, 19) E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Insbesondere die den Ankauf der EnBW-Aktien betreffenden Daten seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf bereits anhängige Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den Sachakten fehlten. Im Zusammenhang mit diesem Vorbringen hat der Beklagte ein Konvolut mit E-Mail-Ausdrucken vorgelegt, die der Landtag von Baden-Württemberg dem Staatsministerium mit Schreiben vom 18.06.2012 übersandt hat. Es handelt sich um das Staatsministerium betreffende Korrespondenz (an das Staatsministerium gerichtet oder aus dem Staatsministerium gesendet), die die Bank ... an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ übergeben hat.
44 
Es kann jedoch offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt ist, denn diese Bestimmungen werden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. § 15 Abs. 4 LDSG steht der weiteren Datenspeicherung entgegen. Danach dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. Im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG sind § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG nach allgemeiner Auffassung unanwendbar, denn § 15 Abs. 4 LDSG ist die speziellere Regelung (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 106 m.w.N.; zur Parallelnorm des § 67c Abs. 4 SGB X etwa Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14).
45 
Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, § 15 Abs. 4 LDSG könne schon deshalb nicht einschlägig sein, weil der Kläger gar kein „Bediensteter“ (gewesen) sei, es sich aber allein um eine Schutzvorschrift für diese Personengruppe handele, kann dem nicht gefolgt werden. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“ bezieht sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibt von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Dies zeigt etwa ein Vergleich des § 15 Abs. 4 LDSG mit der bundesgesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 4 BDSG, wo der Bestandteil „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten“ fehlt (vgl. auch Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 mit Fußn.218). § 15 Abs. 4 LDSG erlaubt die Nutzung von personenbezogenen Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur entweder für diesen Zweck oder - daneben - für hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten.
46 
Der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG ist auch sonst erfüllt. Die E-Mail-Postfach-Daten stellen - in der im Herbst 2010 kopierten Form - personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden.
47 
Die E-Mail-Postfach-Daten wurden zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können (vgl. zur Anfertigung und Aufbewahrung von Kopien als womöglich „impliziter Nebenzweck“ eines anderen Hauptzweckes § 15 Abs. 3 Satz 1 LDSG sowie Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 47 f.; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 23 und 30 ff.).
48 
Dieser Zweck beinhaltet eine Speicherung ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
49 
Zwar ist der Zweck der Datenschutzkontrolle nicht gegeben. Unter Datenschutzkontrolle versteht man sowohl die externe Kontrolle durch den Landes- beziehungsweise Bundesdatenschutzbeauftragten, die interne Kontrolle durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten oder eine andere mit der Überwachung des Datenschutzes betraute Stelle als auch die im Rahmen der Dienstaufsicht über nachgeordnete Behörden wahrgenommene Datenschutzkontrolle. Gegenstand dessen ist etwa die Protokollierung von datenschutzrelevanten Vorgängen wie Datenabrufen oder -übermittlungen (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 108; ähnlich Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 38; Fromm in jurisPK-SGB X, 1. Aufl., § 67c Rn. 35; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8; Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14). Um derlei Daten geht es hier ersichtlich nicht.
50 
Es handelt sich aber um eine Kopie ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
51 
Der Begriff Datensicherung (vgl. dazu auch Art. 7 des Übereinkommens Nr. 108 des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten; ebenso die Begrifflichkeit etwa in ähnlichem Kontext in § 37 Abs. 1 Nr. 2 AZRG, § 19 Abs. 2, § 31 BDSG, § 83 Abs. 2 SGB X, § 489 Abs. 7 Satz 2 StPO) umfasst die nach § 9 LDSG gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ausführung des Landesdatenschutzgesetzes. Die Datensicherung wird davon insoweit erfasst, als sie sich auf vom Landesdatenschutzgesetz geschützte Daten bezieht und der Gewährleistung der Ausführung von Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes dient, zum Beispiel Zugriffsprotokolle, Firewalls, Anti-Spam-Systeme, Intrusion-Detection-Systeme (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 109). Sicherungskopien können als Maßnahmen der Datensicherung angesehen werden (vgl. Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 28; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 39; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8).
52 
Bei der Speicherung zur „Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage“ (ebenso die Begrifflichkeit etwa in § 9 Abs. 1 Satz 2 ATDG, § 9 Abs. 2 Satz 2 AZRG, § 106 Abs. 3 Satz 3 BBG, § 31 BDSG) geht es im Unterschied zu den ersten Fallgruppen (Kontrolle und Sicherheit) um die Gewährleistung des Betriebs als solchen. Der Begriff des Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage umfasst dabei neben den allgemeinen Systemfunktionen des DV-Systems auch deren organisatorische und technische Voraussetzungen - etwa in Form einer Rechenzentrumsorganisation einschließlich der Not- und Ausfallpläne - wie auch das einwandfreie Funktionieren der Anwendungsprogramme und der Kommunikations-/Netzsoftware. Die Zweckbindung bezieht sich allerdings nicht auf die Inhalte der einzelnen Anwendungsprogramme, sondern auf die zusätzlichen, nur DV-technisch bedingt gespeicherten Daten (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110). In Betracht kommen die personenbezogenen Daten der Mitarbeiter im Bereich der DV-Technik, etwa die Angaben der Datenerfassung, der Systemverwaltung und der Wartung, ferner Dateien, in denen die Zugangs- und Verarbeitungsberechtigungen von Mitarbeitern oder externen Nutzern geführt werden sowie das systeminterne Handling der Nutzerdaten während der Bearbeitungsdauer (vgl. abermals Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110; ähnlich Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 29).
53 
Ohne dass es hier einer abschließenden Klärung des Verhältnisses der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage zur Datensicherung ankommt (nach Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14 gehört die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage zur „Datensicherung“), umfasst jedenfalls einer dieser beiden Tatbestände die vorliegende Kopie eines E-Mail-Postfachs. Teilweise werden Sicherungskopien der Datensicherung zugeordnet (siehe die Nachweise am Ende des Absatzes zum Begriff der Datensicherung), teilweise der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112). Nach Sinn und Zweck bezieht sich § 15 Abs. 4 LDSG gerade auch auf solche Daten.
54 
Daher scheidet eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus, weshalb auch der Löschungsanspruch des Klägers durchgreifen muss. Zwar soll bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 und 114). Dies kann aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen ist, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt wurde. Im vorliegenden Fall wurden die E-Mail-Postfach-Daten allein zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Darum geht es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten kam noch der Beklagte die Daten weiter benötigt, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können.
55 
Ausgehend davon, dass der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG erfüllt ist, ist es auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung ist insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke (also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage) zulässig (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 114; Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 31 Rn. 5 f.).
56 
Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setzte voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert werden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgehen. Daran fehlt es hier. Mit der Kopie wurden keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt; vielmehr erschöpfte sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten. Die Erzeugung neuer Daten ist aber kein zwingendes Merkmal für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 LDSG. Sinn und Zweck dieser Bestimmung über eine strikte Zweckbindung ist es, eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zum Betroffenen und der Datensicherheit zu verhindern (Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13). Dem entspricht es, Sicherungskopien auch dann einer strikten Zweckbindung zu unterstellen, wenn es lediglich um die Vervielfältigung vorhandener Daten geht. Denn andernfalls würde die Akzeptanz der Erstellung von Sicherheitskopien im Hinblick auf die damit verbundene Ausweitung der Datenvorhaltung sinken, was der Datensicherheit abträglich wäre.
57 
d) Die Schutzbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes kommen dem Kläger allerdings nicht zusätzlich zugute. Ein (weiteres) rechtliches Hindernis der Datennutzung, worauf sich das Löschungsbegehren des Klägers (außerdem) stützen ließe, ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz nicht.
58 
Der Kläger beruft sich auf die mit „Fernmeldegeheimnis“ überschriebene Bestimmung des § 88 TKG. Gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen dem Fernmeldegeheimnis der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist nach § 88 Abs. 2 Satz 1 TKG jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist (§ 88 Abs. 2 Satz 2 TKG). Nach § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG ist es den nach § 88 Abs. 2 TKG Verpflichteten untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden (§ 88 Abs. 3 Satz 2 TKG). Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht (§ 88 Abs. 3 Satz 3 TKG).
59 
Der Schutzbereich des § 88 TKG ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet. § 88 TKG ist im Verhältnis zu den Datenschutzgesetzen eine spezielle Schutzvorschrift für personenbezogene Daten, die im Rahmen eines Telekommunikationsvorgangs anfallen (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 10). § 88 TKG hat allerdings wie Art. 10 GG allein den Schutz des Fernmeldegeheimnisses zum Ziel. § 88 TKG kann als einfachgesetzliche Ausprägung des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 GG bezeichnet werden (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 1). Ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG nicht eröffnet, so kann sich ein Betroffener auch nicht auf das für Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG geltende gesetzliche Verbot nach § 88 Abs. 2 und Abs. 3 TKG berufen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - NJW 2009, 2470). So liegt der Fall hier.
60 
Das Bundesverfassungsgericht grenzt den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG in ständiger Rechtsprechung auf die Bewahrung des privaten, vor der Öffentlichkeit und den Eingriffen unbefugter Dritter unbehelligt ablaufenden Austauschs von Informationen während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ein. Der Grundrechtsschutz des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst demgegenüber nicht die nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Inhalte und Verbindungsdaten, soweit dieser eigene Schutzvorkehrungen gegen den heimlichen Datenzugriff treffen kann. Die spezifischen Gefahren einer räumlich distanzierten Kommunikation, vor denen das Telekommunikationsgeheimnis schützen will, bestehen hier nicht fort (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O. unter Bezug auf BVerfG, Urteile vom 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04 - BVerfGE 115, 166 = NJW 2006, 976 und vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 = NJW 2008, 822; siehe ferner BVerfG, 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - BVerfGE 124, 43 = NJW 2009, 2431; LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - NZA-RR 2010, 406; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - DB 2011, 1281; LAG Hamm, Urteil vom 10.07.2012 - 14 Sa 1711/10 - DuD 2013, 50 = juris Rn. 175).
61 
Gemessen daran ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses des Art. 10 Abs. 1 GG hier hinsichtlich der streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten des Klägers nicht betroffen. Dies folgt daraus, dass es sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte handelt, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet hat. Vielmehr sind diese E-Mails erst nach dem Abschluss der Übertragung über den Empfänger der E-Mail in die Speichermedien des Beklagten gelangt (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O.).
62 
Der danach allein durch andere Grundrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gewährleistete Schutz der E-Mail-Postfachdaten wird nicht durch § 88 TKG, sondern durch das allgemeine Datenschutzrecht vermittelt.
63 
Daneben ist selbst bei unterstellter Eröffnung des Schutzbereichs des Fernmeldegeheimnisses der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - a.a.O. ; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - a.a.O. ; Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 24; Schöttler in jurisPR-ITR 4/2009 Anm. 2 m.w.N.; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 ff. m.w.N.). Nach § 3 Nr. 6 TKG ist „Diensteanbieter“ jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig a) Telekommunikationsdienste erbringt oder b) an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt. „Telekommunikationsdienste“ sind nach § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. In § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG wird eine geschäftsmäßige Erbringung von Telekommunikationsdiensten vorausgesetzt. Das „geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten“ ist in § 3 Nr. 10 TKG definiert als das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.
64 
Gemessen an diesen Vorgaben spricht gegen eine Anwendbarkeit von § 88 TKG insbesondere schon die Tatsache, dass der Beklagte dem Kläger eine private E-Mail-Nutzung nie ausdrücklich gestattet hatte. Eine Erlaubnis privater Nutzung kann durch bloß passives Verhalten der das E-Mail-Postfach stellenden Behörde, also allein durch die Duldung privater Nutzung, nicht entstehen (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997, 1998>). Somit konnte das besondere Schutzbedürfnis, dem das Telekommunikationsgesetz Rechnung tragen will, nicht auftreten.
65 
Selbst bei Annahme einer erlaubten privaten Nutzung steht zudem der Gesetzeszweck des Telekommunikationsgesetzes einer Heranziehung des § 88 TKG entgegen. § 1 TKG bringt zum Ausdruck, dass es sich um ein Gesetz zur Förderung des privaten Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation handelt, dass also auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Telekommunikationsanbietern sowie diejenigen zwischen den Telekommunikationsanbietern untereinander abgezielt wird. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es hingegen nicht, die unternehmens- beziehungsweise behördeninternen Rechtsbeziehungen - etwa zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - zu regeln (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1999>; a.A. insoweit allerdings etwa Naumann in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 37 Rn. 15; Seifert in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 32 Rn. 92 m.w.N.). Zwischen dem Kläger und dem Beklagten fehlte es somit an einer Beziehung, die eine Qualifizierung als „Diensteanbieter“ und „Dritter“ erlaubt.
66 
e) Zu einer abweichenden Beurteilung gibt auch § 36 Abs. 1 LDSG keinen Anlass. Danach dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten nur verarbeitet werden, soweit dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder zur Durchführung innerdienstlicher planerischer, organisatorischer, personeller, sozialer oder haushalts- und kostenrechnerischer Maßnahmen, insbesondere zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung es vorsieht.
67 
Die Vorschrift ist auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten war. Als Mitglied der Regierung stand der Kläger nach Maßgabe des Ministergesetzes zum Land in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (§ 1 MinG). Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LV, § 1 Abs. 1 GO LReg). Er führt den Vorsitz in der Regierung und leitet ihre Geschäfte (Art. 49 Abs. 1 Satz 2 LV, § 1 Abs. 4 GO LReg). Der Ministerpräsident bedient sich zur Führung seiner Geschäfte des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GO LReg). Dessen Leitung obliegt nach Weisung des Ministerpräsidenten dem beamteten Staatssekretär des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GO LReg). Ausgehend hiervon verbietet es sich, die Stellung eines Ministerpräsidenten als „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ zu kennzeichnen. Gegen die „Beschäftigten“-Eigenschaft des Klägers spricht zudem die Definition des entsprechenden Begriffes in § 3 Abs. 11 BDSG, die sich nicht auf ein Amt wie dasjenige des Ministerpräsidenten erstreckt.
68 
Im Übrigen dient § 36 Abs. 1 LDSG einer Verstärkung des Datenschutzes und kann hier nicht zu einer Senkung des Schutzniveaus gegenüber den allgemein geltenden Bestimmungen (§ 15 LDSG) führen.
69 
f) Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bildet die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium Baden-Württemberg einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt haben, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten bezieht (vgl. den ablehnenden Teil des bei der Gerichtsakte befindlichen Bescheids des Staatsministeriums Baden-Württemberg vom 18.01.2013, der nach Angaben des Beklagten noch nicht bestandskräftig ist).
70 
Nach § 3 Abs. 1 LUIG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe weiterer Bestimmungen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Allerdings ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt (§ 3 Abs. 1 LUIG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG).
71 
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sperrt der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen die Löschung der E-Mail-Postfachdaten nicht. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebührt der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststeht oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 LUIG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 UIG enthalten. In Betracht kämen wohl allenfalls Daten „über Maßnahmen oder Tätigkeiten“, die sich auf Umweltbestandteile oder auf Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG; zur weiten Auslegung des Begriffes Umweltinformation siehe etwa Rudisile, VBlBW 2013, 46 <47> m.w.N.). Die Antragsteller beziehen sich auf den „Komplex Baumfällungen für Stuttgart 21 im Oktober 2010 und damit zusammenhängende Vorgänge, Ereignisse, Aktionen und Maßnahmen aller Art vor, während und nach Oktober 2010“, haben einen Zusammenhang zwischen den E-Mail-Postfachdaten und dem benannten Interessensgebiet aber nicht weiter nachvollziehbar substantiiert. Ein Fall der „Entziehung des Informationsanspruchs“ durch Datenlöschung (vgl. dazu Schomerus in Hk-UIG, 2. Aufl. 2002, § 3 Rn. 99) ist unter diesen Umständen nicht gegeben.
72 
Dabei wird der von der Umweltinformationsrichtlinie gesetzte Rahmen (vgl. BT-Drucks. 15/3406, S. 19) nicht verkannt. Danach sind die Ablehnungsgründe für einen Umweltinformationsanspruch eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 RL 2003/4/EG). In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 RL 2003/4/EG). Nach dem Erwägungsgrund Nr. 16 zur Umweltinformationsrichtlinie beinhaltet das Recht auf Information, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Auch unter Berücksichtigung dessen liegt hier aus den vorstehend genannten Gründen jedoch ein Ablehnungsgrund vor.
73 
g) Dem Löschungsanspruch steht schließlich dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten sind (dazu im Folgenden aa). Das Archivrecht führt allerdings zu einer Modifikation des Anspruchsumfangs (dazu im Folgenden bb).
74 
aa) Das Landesarchiv verwahrt, erhält und erschließt als Archivgut alle Unterlagen, die von den Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes, deren Funktionsvorgängern oder von Rechtsvorgängern des Landes übernommen worden sind und die bleibenden Wert haben; es macht das Archivgut allgemein nutzbar (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LArchG). Unterlagen sind insbesondere Schriftstücke, Akten, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme (§ 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG).
75 
Das Landesarchivgesetz enthält bereichsspezifische Regelungen zur Ergänzung des Datenschutzrechts; es dient dem Ausgleich des Aufgabenkonflikts von Datenschutz und Archivwesen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 12). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG bieten die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Landesarchiv an. Anzubieten sind auch Unterlagen, die durch Rechtsvorschriften über Geheimhaltung geschützt sind, wenn die abgebende Stelle im Benehmen mit dem Landesarchiv festgestellt hat, dass schutzwürdige Belange des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls angemessen berücksichtigt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG). Die schutzwürdigen Belange einer Person werden angemessen berücksichtigt, wenn im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände festgestellt werden kann, dass das öffentliche Interesse an der Archivierung der Unterlagen das Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen erheblich überwiegt (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 unter Hinweis auf Rspr. des BVerfG).
76 
Daraus ergibt sich zunächst, dass die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv keine Zwecksetzung ist, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen kann (vgl. Nieders. OVG, Urteil vom 17.09.2002 - 11 LB 123/02 - NdsVBl. 2003, 105 = juris Rn. 77: Archivierung ist Zweckentfremdung, die einer spezifisch archivgesetzlichen Regelung bedarf; VG Darmstadt, Urteil vom 15.10.2003 - 5 E 1395/97 - NJW 2004, 1471 = juris Rn. 33). § 23 Abs. 3 LDSG befasst sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindert weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen. Die Vorschrift regelt lediglich als Modalität, dass vor dem Löschen nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG das Angebot zur Übernahme an das zuständige Archiv erfolgen muss. Dies wird auch durch § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG verdeutlicht, wonach Löschungsansprüche gemäß § 13 Abs. 3 LDSG (nach jetziger Rechtslage § 23 Abs. 1 LDSG) nach Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv ausgeschlossen sind. Umgekehrt trifft der Ausschluss auf nicht dem Landesarchiv übergebene Unterlagen gerade nicht zu.
77 
bb) Der Löschungsanspruch des Klägers kann allerdings insoweit nicht durchgreifen, als es um ein Verwahren, Erhalten und Erschließen der Daten als Archivgut beim Landesarchiv Baden-Württemberg für die Aufgaben des staatlichen Archivwesens geht, das nach den Vorschriften des Landesarchivgesetzes vorgenommen wird und bei dem die schutzwürdigen Belange des Klägers durch geeignete Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden. Deshalb sind die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.
78 
Soweit der Kläger meint, es handele sich bei den streitgegenständlichen Daten um „Archivgut eines Privaten“, das nur mit seinem Einvernehmen dem Landesarchiv überantwortet werden könne, trifft dies nicht zu. Nach § 2 Abs. 3 LArchG kann das Landesarchiv auch Archivgut „anderer Stellen und Privater“ mit deren Einvernehmen erfassen, verwahren, erhalten, erschließen und allgemein nutzbar machen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht. Diese Bestimmung ist hier aber nicht anwendbar, denn es handelt sich bei den Daten um solche, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten (vgl. § 2 Abs. 1 LArchG). § 2 Abs. 3 LArchG meint Daten „aus privater Hand“ (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Landtags, LT-Drucks. 9/4575, S. 13; siehe hierzu ferner LT-Drucks. 9/3345, S. 14). Ob beziehungsweise inwieweit der Inhalt der Daten privater Natur sein mag und ob die Speicherung der Daten beim Staatsministerium (noch) zu Recht erfolgt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
79 
Die Rechtslage sieht vor, dass vor einer Löschung die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren sind. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirken, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindert.
80 
Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht ist in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ auszugehen. Das Archivrecht enthält eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz.
81 
Zwar verhält sich das Landesarchivgesetz selbst nicht ausdrücklich zu der Frage, so dass aus diesem - isoliert betrachtet - nicht geschlossen werden kann, dass zu löschende oder zu vernichtende Unterlagen angeboten und archiviert werden dürfen (vgl. Uhl, Rechtsfragen der Aussonderung und Übernahme von Archivgut, in: Archivgesetzgebung in Deutschland, 1991, S. 61 <91>; siehe hingegen für anbietungspflichtige Unterlagen § 3 Abs. 2 Satz 4 ArchG, wonach diese grundsätzlich nur mit Zustimmung des Landesarchivs vernichtet werden dürfen).
82 
Das genannte Vorrangverhältnis ergibt sich aber bereits aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Danach unterbleibt die Löschung zwar nicht - wie bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 23 Abs. 4 und 5 LDSG -, wenn das Landesarchiv Unterlagen nach Maßgabe des Landesarchivgesetzes übernehmen will. Vor einer Löschung sind die Daten aber nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsieht - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergeben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden ist.
83 
Dieses Verständnis wird gestärkt durch einen Vergleich mit der Art, wie der Bundesgesetzgeber das Verhältnis des Archivrechts zum Datenschutzrecht in seinem Bereich geregelt hat. Es spricht viel dafür, dass das Landesdatenschutzgesetz in seiner Konzeption insoweit im Wesentlichen dem Bundesdatenschutzgesetz gleicht. Nach § 2 Abs. 7 BArchG bleiben Rechtsvorschriften über die Verpflichtung zur Vernichtung von Unterlagen unberührt, was - anders als in Baden-Württemberg, das eine solche Beschränkung nicht kennt - zunächst einen Vorrang von Löschungsvorschriften auch des allgemeinen Datenschutzrechts nahezulegen scheint. Das Bundesdatenschutzgesetz nimmt seine Löschungsverpflichtung im Verhältnis zum Archivrecht aber selbst zurück. Denn § 20 Abs. 9 BDSG lautet: „§ 2 Abs. 1 bis 6, 8 und 9 des Bundesarchivgesetzes ist anzuwenden.“ Nicht in Bezug genommen ist gerade § 2 Abs. 7 BArchG. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (BT-Drucks. 11/4306, S. 47) soll die Regelung ermöglichen, dass personenbezogene Daten, die zu löschen wären, dem Bundesarchiv angeboten werden und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 BArchG zukommt, zu übergeben sind. Es werde klargestellt, dass § 18 BDSG (jetzt § 20 BDSG; entspricht weitgehend § 23 LDSG) keine dem Bundesarchivgesetz vorgehende Rechtsvorschrift über die Vernichtung von Unterlagen im Sinne des § 2 Abs. 7 BArchG sei. Auch die Literatur leitet hieraus einen Vorrang des Archivrechts ab (so Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 39; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 98; Uhl, a.a.O., S. 61 <88>; siehe ferner Bannasch in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 20 Rn. 38; nicht überzeugend dagegen Manegold, Archivrecht, S. 225, wonach die Rechtslage im Bund nicht eindeutig bzw. unklar sei). Deutlich wird dieses Verhältnis auch in dem anders formulierten, aber insoweit nicht abweichend zu verstehenden § 20 Abs. 3 Sächs. DSG. Danach darf eine Löschung, wenn die Kenntnis von personenbezogenen Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist, erst erfolgen, nachdem die Daten dem zuständigen Archiv angeboten worden sind und dieses die Archivwürdigkeit verneint hat oder über sie nicht fristgemäß entschieden hat.
84 
Es scheidet auch aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers - etwa wegen der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG - „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Hiergegen spricht, dass vor der Übernahme in das Archiv Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden können, wie etwa eine (Teil-) Anonymisierung (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 f.). Das Landesarchiv übernimmt nur Unterlagen, denen historischer Wert zukommt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LArchG). Ferner sind in § 4 LArchG Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht getroffen: Das Archivgut ist durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen vor unbefugter Nutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung zu schützen (Satz 1). Die Verknüpfung personenbezogener Daten ist innerhalb der in § 6 genannten Sperrfristen nur zulässig, wenn die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigt sind (Satz 2). Unterlagen, denen kein bleibender Wert zukommt, sind zu vernichten (Satz 3). Ferner regelt § 6 Abs. 5 Satz 1 LArchG, dass für die Nutzung von Archivgut Sperrfristen gelten, und zwar auch für die Nutzung durch Behörden, Gerichte und sonstige Stellen des Landes, bei denen es entstanden ist oder die es abgegeben haben, wenn das Archivgut - wie hier - durch diese Stellen aufgrund von Rechtsvorschriften hätte vernichtet werden müssen. Die Nutzung von Archivgut kann schließlich aus den in § 6 Abs. 6 Satz 1 LArchG aufgezählten sowie anderen wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 6 Satz 2 LArchG) eingeschränkt oder versagt werden. Einzelheiten regelt die aufgrund von § 6 Abs. 6 Satz 4 LArchG erlassene Verordnung der Landesregierung über die Benutzung des Landesarchivs Baden-Württemberg (Landesarchivbenutzungsordnung - LArchBO) vom 10.04.2006 (GBl. S. 110 ff.). Danach ist etwa für die Nutzung von Archivgut grundsätzlich ein Nutzerausweis erforderlich, der schriftlich beantragt und bei jeder Nutzung vorgelegt werden muss (§ 2 Abs. 1, 3 LArchBO). Vor der Bestellung von Archivgut zur Einsichtnahme sind das Nutzungsvorhaben, die Daten eines etwaigen Auftraggebers sowie der Nutzungszweck anzugeben (§ 2 Abs. 6 LArchBO). Der Nutzer ist verpflichtet, Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte sowie schutzwürdige Belange Dritter zu beachten (§ 2 Abs. 7 LArchBO).
85 
Zweck der archivgesetzlichen Regelungen ist es gerade auch, die Abgabe solcher Unterlagen an das Archiv zu gewährleisten, die nach allgemeinen Datenschutzregelungen verweigert werden könnten oder gar müssten (vgl. Polley, NJW 1988, 2026 f.). Die archivgesetzlichen Normen beseitigen gewissermaßen die mit dem Datenschutzrecht begründeten Aufbewahrungshindernisse; Ablieferungssperren bestehen grundsätzlich nicht (vgl. Richter, BWVPrax 1988, 25 <26>; ähnlich ders., Die Landesarchivgesetzgebung in Baden-Württemberg, in: Bannasch, Archivrecht in Baden-Württemberg, 1990, S. 229 <237 f.>). Das Archivgut soll grundsätzlich vollständig in die Staatsarchive gelangen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 15). Die Archivierung bildet ein „Löschungssurrogat“ (so Manegold, Archivrecht, S. 61 u. S. 218); das Archiv kann als „Datentreuhänder“ und unabhängiger „Sachwalter“ angesehen werden (vgl. Manegold, a.a.O., S. 64).
86 
Da der Kläger nach seinem Hauptantrag seinen Löschungsanspruch so verstanden wissen will, dass auch eine Archivierung der E-Mail-Postfachdaten beim Landesarchiv nicht soll stattfinden können, ist die Klage insoweit teilweise abzuweisen. Der Beklagte hat dem Kläger gegenüber rechtsfehlerfrei deutlich gemacht hat, dass er die streitgegenständlichen Daten gemäß den Bestimmungen des Landesarchivgesetzes dem Landesarchiv zuführen will.
87 
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestehen nicht.
88 
Zwar sind in den Archivgesetzen mancher anderer Länder - abweichend von der Rechtslage in Baden-Württemberg oder im Bundesrecht - unzulässig erhobene beziehungsweise unzulässig gespeicherte Daten ausdrücklich von der Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv und damit von der dauerhaften Archivierung ausgenommen (vgl. den Überblick bei Manegold, Archivrecht, S. 221 ff.). Der Interessenausgleich, namentlich zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) einerseits und der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) andererseits, ist dort in anderer Weise vorgenommen worden. Von Verfassungs wegen geboten ist eine derartige strikte Ausnahmeklausel aber nicht, weil es daneben andere, im Landesarchivgesetz von Baden-Württemberg auch hinreichend verankerte Möglichkeiten des Persönlichkeitsschutzes gibt.
89 
Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes - wie bereits angesprochen - dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfGE 65, 1<41 f.>; vgl. BVerfGE 103, 21 <32 f.>). Dies umfasst nicht nur elektronisch speicherbare, sondern sämtliche personenbezogenen Daten (BVerfGE 78, 77 <84>). Dabei ist grundsätzlich gleichgültig, wo die Information gewonnen wurde oder welchen Inhalt sie hat; das Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abzulösen, datenmäßig zu fixieren - zu „verdinglichen“ - und jederzeit vor einem unüberschaubaren Personenkreis zu reproduzieren, dabei auch zu verändern oder zu manipulieren (BVerfGE 101, 361 <381>; 106, 28 <40>). Träger des Grundrechts sind auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Die Gefahr, dass das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abgelöst und in anderen Zusammenhängen vor einem unüberschaubaren Personenkreis reproduziert, dabei verändert oder manipuliert wird, besteht bei Amtsträgern nicht anders als bei anderen, und sie besteht auch - und vielleicht gerade - hinsichtlich seines Erscheinungsbildes „im Amt“. Die Folgen einer solchen beliebigen Darstellung treffen den Einzelnen nicht nur in seinem Amt - dessen Ausübung ja häufig zugleich sein Beruf ist -, sondern regelmäßig zugleich in seiner persönlichen und privaten Existenz. Amts- oder funktionsbezogene Informationen - selbst richtige und nicht nur manipulierte - können für einen Politiker existenzvernichtende Folgen mit schwerwiegenden Auswirkungen auch auf die Privatsphäre haben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 23.06.2004 - 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 = NJW 2004, 2462 m.w.N.). Die oben angeführten gesetzgeberischen Vorkehrungen im Landesarchivgesetz versprechen indes einen hinreichenden Schutz.
90 
Der Kläger ist insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angeht. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsieht, kann er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Ist die Übergabe an das Landesarchiv als erste Stufe des Archivierungsprozesses, die der Kläger hier bereits vorbeugend verhindern will, erfolgt, stehen ihm zudem auf einer zweiten Stufe aus dem Landesarchivgesetz folgende Rechte eigener Art zur Verfügung. Nach Maßgabe von § 5 LArchG hat er das Recht auf Auskunft, Einsicht und Gegendarstellung. Selbst nach dem Tod des Klägers steht dem Ehegatten, den Kindern oder den Eltern ein Gegendarstellungsrecht zu, wenn die Richtigkeit von Angaben zur Person bestritten wird und ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird (vgl. zum postmortalen Persönlichkeitsschutz im Archivrecht auch Bizer, NVwZ 1993, 653 ff.).
91 
Weiter kommt dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute. Danach sind die anbietungspflichtigen Unterlagen zu vernichten, wenn das Landesarchiv die Übernahme ablehnt oder nicht „innerhalb eines Jahres“ über die Übernahme entschieden hat und wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Der genaue Beginn der Jahresfrist ist gesetzlich nicht weiter konkretisiert.
92 
In Frage käme einerseits der Zeitpunkt, in dem der Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und zugleich die Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv nach § 23 Abs. 3 LDSG entstehen. Da es aber Fälle - wie den vorliegenden - geben kann, in denen der Löschungsanspruch und die Anbietungspflicht unklar und umstritten sind, erscheint ein starrer Fristlauf beginnend bereits mit dem Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG nicht sachgerecht. Diesem Einwand ließe sich mit einer Hemmung des Fristlaufs (vgl. § 209 BGB; dort zur Wirkung bei der Verjährung) begegnen, solange die Anbietungspflicht bestritten und noch keine bestands- oder rechtskräftige Entscheidung hierzu ergangen ist. Es bestehen aber noch weitergehende Bedenken gegen eine Anknüpfung an den Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG. Die Frist des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG ist nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck als Entscheidungsfrist für das Landesarchiv ausgestaltet. Das Landesarchiv kann frühestens mit der tatsächlichen Anbietung in die Prüfung eintreten, ob es Unterlagen übernehmen will. Daher kann die Jahresfrist erst mit der tatsächlichen Anbietung zu laufen beginnen.
93 
Mit dem Charakter als Entscheidungsfrist des Landesarchivs wäre es auch nicht vereinbar, die Jahresfrist unabhängig von der tatsächlichen Anbietung bereits dann beginnen zu lassen, wenn die Behörde von der Anbietungspflicht bezogen auf die konkreten Unterlagen Kenntnis erlangt oder die Anbietungspflicht hätte kennen müssen.
94 
Lässt man die Frist erst mit der tatsächlichen Anbietung beginnen, so gibt es zwar grundsätzlich keine oder nur eine schwache Handhabe gegen ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung. Dabei ist auch zu beachten, dass das Landesarchiv in Baden-Württemberg die Stellung einer Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg hat und nicht rechtlich verselbständigt ist (vgl. auch das Organisationsstatut vom 19.05.2006). Andererseits darf die Behörde mit den Unterlagen nichts Anderes unternehmen, als sie für das Anbieten gegenüber dem Archiv vorzuhalten. Jedenfalls bei einer völligen Abschottung der Daten vor jeglichem Zugriff - wie sie hier gewährleistet ist - erscheint dies hinnehmbar, zumal bei dem Beklagten keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung beziehungsweise für eine entsprechende Absicht ersichtlich sind. Die in § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG vorgesehene Jahresfrist ist daher derzeit noch nicht abgelaufen.
95 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
96 
Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen, weil der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG bisher obergerichtlich ungeklärt und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehend klärungsbedürftig ist.
97 
BESCHLUSS
98 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
99 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
35 
Über die Klage hat nach der hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bindenden Verweisung des Verwaltungsgerichts Stuttgart das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu entscheiden (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).
36 
Die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, mit dem ersten Hilfsantrag dagegen begründet.
37 
Die Ablehnung der begehrten Datenlöschung seitens des beklagten Landes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf die Löschung, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
38 
1. Anspruchsgrundlage ist § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (die womöglich ebenfalls in Betracht kommende Bestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 LDSG hinge von den gleichen Rechtsfragen ab, vgl. zum Anwendungsbereich bei nachträglichem Unzulässigwerden einer Speicherung: Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 39 mit Fußn. 73 sowie - betreffend die Parallelvorschrift § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X - Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 26). Danach sind personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat derjenige, um dessen personenbezogene Daten es geht, einen Anspruch auf Löschung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.03.2004 - 1 WB 32.03 - BVerwGE 120, 188 = NVwZ 2004, 626; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 2 und 35; zu der Parallelnorm des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X: BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - NZS 2011, 473). Unter Löschen ist dabei nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 LDSG das Unkenntlichmachen der gespeicherten personenbezogenen Daten zu verstehen. Kennzeichnend dafür ist, dass die Verfügungsmöglichkeit der speichernden Stelle irreversibel wegfällt (Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 28).
39 
2. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind hier erfüllt. Die Kenntnis der Daten, deren Löschung der Kläger begehrt, ist für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen ist (§ 15 Abs. 4 LDSG).
40 
a) Es handelt sich dabei um personenbezogene Daten im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes. Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 3 Rn. 7; BAG, Beschluss vom 27.05.1986 - 1 ABR 48/84 - BAGE 52, 88 = NJW 1987, 674; Urteil vom 13.01.1987 - 1 AZR 267/85 - BAGE 54, 67 = NZA 1987, 515; jeweils für Telefondaten; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997> für Inhalts- und Verbindungsdaten beim E-Mail-Verkehr).
41 
b) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium, denn das Staatsministerium ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG zu dem Begriff der auch hier gemeinten „verantwortlichen Stelle“; zum Begriff des „Speicherns“ § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDSG).
42 
c) Die fehlende Erforderlichkeit der weiteren Kenntnis der Daten ergibt sich daraus, dass § 15 Abs. 4 LDSG einer Nutzung der Daten für den vom Beklagten - außerhalb von an dieser Stelle nicht relevanten archivrechtlichen Belangen - allein noch vorgesehenen Zweck, nämlich die Auswertung des kopierten E-Mail-Accounts auf aktenrelevante Vorgänge, entgegensteht.
43 
Der Beklagte beruft sich - neben der Bezugnahme auf den Erlaubnistatbestand des § 15 Abs. 1 LDSG - auf § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG und ist der Ansicht, das weitere Speichern der E-Mail-Postfach-Daten sei zulässig, denn es müssten mit ihrer Hilfe Angaben des Klägers überprüft werden, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestünden. Möglicherweise sei der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentations- und Archivierungspflichten nicht nachgekommen. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an dem Unternehmen EnBW (vgl. dazu auch StGH, Urteil vom 06.10.2011 - GR 2/11, 2/11 - ESVGH 62, 9 = VBlBW 2012, 19) E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Insbesondere die den Ankauf der EnBW-Aktien betreffenden Daten seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf bereits anhängige Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den Sachakten fehlten. Im Zusammenhang mit diesem Vorbringen hat der Beklagte ein Konvolut mit E-Mail-Ausdrucken vorgelegt, die der Landtag von Baden-Württemberg dem Staatsministerium mit Schreiben vom 18.06.2012 übersandt hat. Es handelt sich um das Staatsministerium betreffende Korrespondenz (an das Staatsministerium gerichtet oder aus dem Staatsministerium gesendet), die die Bank ... an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ übergeben hat.
44 
Es kann jedoch offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt ist, denn diese Bestimmungen werden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. § 15 Abs. 4 LDSG steht der weiteren Datenspeicherung entgegen. Danach dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. Im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG sind § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG nach allgemeiner Auffassung unanwendbar, denn § 15 Abs. 4 LDSG ist die speziellere Regelung (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 106 m.w.N.; zur Parallelnorm des § 67c Abs. 4 SGB X etwa Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14).
45 
Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, § 15 Abs. 4 LDSG könne schon deshalb nicht einschlägig sein, weil der Kläger gar kein „Bediensteter“ (gewesen) sei, es sich aber allein um eine Schutzvorschrift für diese Personengruppe handele, kann dem nicht gefolgt werden. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“ bezieht sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibt von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Dies zeigt etwa ein Vergleich des § 15 Abs. 4 LDSG mit der bundesgesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 4 BDSG, wo der Bestandteil „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten“ fehlt (vgl. auch Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 mit Fußn.218). § 15 Abs. 4 LDSG erlaubt die Nutzung von personenbezogenen Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur entweder für diesen Zweck oder - daneben - für hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten.
46 
Der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG ist auch sonst erfüllt. Die E-Mail-Postfach-Daten stellen - in der im Herbst 2010 kopierten Form - personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden.
47 
Die E-Mail-Postfach-Daten wurden zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können (vgl. zur Anfertigung und Aufbewahrung von Kopien als womöglich „impliziter Nebenzweck“ eines anderen Hauptzweckes § 15 Abs. 3 Satz 1 LDSG sowie Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 47 f.; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 23 und 30 ff.).
48 
Dieser Zweck beinhaltet eine Speicherung ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
49 
Zwar ist der Zweck der Datenschutzkontrolle nicht gegeben. Unter Datenschutzkontrolle versteht man sowohl die externe Kontrolle durch den Landes- beziehungsweise Bundesdatenschutzbeauftragten, die interne Kontrolle durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten oder eine andere mit der Überwachung des Datenschutzes betraute Stelle als auch die im Rahmen der Dienstaufsicht über nachgeordnete Behörden wahrgenommene Datenschutzkontrolle. Gegenstand dessen ist etwa die Protokollierung von datenschutzrelevanten Vorgängen wie Datenabrufen oder -übermittlungen (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 108; ähnlich Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 38; Fromm in jurisPK-SGB X, 1. Aufl., § 67c Rn. 35; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8; Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14). Um derlei Daten geht es hier ersichtlich nicht.
50 
Es handelt sich aber um eine Kopie ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
51 
Der Begriff Datensicherung (vgl. dazu auch Art. 7 des Übereinkommens Nr. 108 des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten; ebenso die Begrifflichkeit etwa in ähnlichem Kontext in § 37 Abs. 1 Nr. 2 AZRG, § 19 Abs. 2, § 31 BDSG, § 83 Abs. 2 SGB X, § 489 Abs. 7 Satz 2 StPO) umfasst die nach § 9 LDSG gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ausführung des Landesdatenschutzgesetzes. Die Datensicherung wird davon insoweit erfasst, als sie sich auf vom Landesdatenschutzgesetz geschützte Daten bezieht und der Gewährleistung der Ausführung von Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes dient, zum Beispiel Zugriffsprotokolle, Firewalls, Anti-Spam-Systeme, Intrusion-Detection-Systeme (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 109). Sicherungskopien können als Maßnahmen der Datensicherung angesehen werden (vgl. Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 28; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 39; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8).
52 
Bei der Speicherung zur „Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage“ (ebenso die Begrifflichkeit etwa in § 9 Abs. 1 Satz 2 ATDG, § 9 Abs. 2 Satz 2 AZRG, § 106 Abs. 3 Satz 3 BBG, § 31 BDSG) geht es im Unterschied zu den ersten Fallgruppen (Kontrolle und Sicherheit) um die Gewährleistung des Betriebs als solchen. Der Begriff des Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage umfasst dabei neben den allgemeinen Systemfunktionen des DV-Systems auch deren organisatorische und technische Voraussetzungen - etwa in Form einer Rechenzentrumsorganisation einschließlich der Not- und Ausfallpläne - wie auch das einwandfreie Funktionieren der Anwendungsprogramme und der Kommunikations-/Netzsoftware. Die Zweckbindung bezieht sich allerdings nicht auf die Inhalte der einzelnen Anwendungsprogramme, sondern auf die zusätzlichen, nur DV-technisch bedingt gespeicherten Daten (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110). In Betracht kommen die personenbezogenen Daten der Mitarbeiter im Bereich der DV-Technik, etwa die Angaben der Datenerfassung, der Systemverwaltung und der Wartung, ferner Dateien, in denen die Zugangs- und Verarbeitungsberechtigungen von Mitarbeitern oder externen Nutzern geführt werden sowie das systeminterne Handling der Nutzerdaten während der Bearbeitungsdauer (vgl. abermals Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110; ähnlich Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 29).
53 
Ohne dass es hier einer abschließenden Klärung des Verhältnisses der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage zur Datensicherung ankommt (nach Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14 gehört die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage zur „Datensicherung“), umfasst jedenfalls einer dieser beiden Tatbestände die vorliegende Kopie eines E-Mail-Postfachs. Teilweise werden Sicherungskopien der Datensicherung zugeordnet (siehe die Nachweise am Ende des Absatzes zum Begriff der Datensicherung), teilweise der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112). Nach Sinn und Zweck bezieht sich § 15 Abs. 4 LDSG gerade auch auf solche Daten.
54 
Daher scheidet eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus, weshalb auch der Löschungsanspruch des Klägers durchgreifen muss. Zwar soll bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 und 114). Dies kann aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen ist, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt wurde. Im vorliegenden Fall wurden die E-Mail-Postfach-Daten allein zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Darum geht es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten kam noch der Beklagte die Daten weiter benötigt, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können.
55 
Ausgehend davon, dass der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG erfüllt ist, ist es auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung ist insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke (also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage) zulässig (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 114; Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 31 Rn. 5 f.).
56 
Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setzte voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert werden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgehen. Daran fehlt es hier. Mit der Kopie wurden keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt; vielmehr erschöpfte sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten. Die Erzeugung neuer Daten ist aber kein zwingendes Merkmal für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 LDSG. Sinn und Zweck dieser Bestimmung über eine strikte Zweckbindung ist es, eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zum Betroffenen und der Datensicherheit zu verhindern (Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13). Dem entspricht es, Sicherungskopien auch dann einer strikten Zweckbindung zu unterstellen, wenn es lediglich um die Vervielfältigung vorhandener Daten geht. Denn andernfalls würde die Akzeptanz der Erstellung von Sicherheitskopien im Hinblick auf die damit verbundene Ausweitung der Datenvorhaltung sinken, was der Datensicherheit abträglich wäre.
57 
d) Die Schutzbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes kommen dem Kläger allerdings nicht zusätzlich zugute. Ein (weiteres) rechtliches Hindernis der Datennutzung, worauf sich das Löschungsbegehren des Klägers (außerdem) stützen ließe, ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz nicht.
58 
Der Kläger beruft sich auf die mit „Fernmeldegeheimnis“ überschriebene Bestimmung des § 88 TKG. Gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen dem Fernmeldegeheimnis der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist nach § 88 Abs. 2 Satz 1 TKG jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist (§ 88 Abs. 2 Satz 2 TKG). Nach § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG ist es den nach § 88 Abs. 2 TKG Verpflichteten untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden (§ 88 Abs. 3 Satz 2 TKG). Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht (§ 88 Abs. 3 Satz 3 TKG).
59 
Der Schutzbereich des § 88 TKG ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet. § 88 TKG ist im Verhältnis zu den Datenschutzgesetzen eine spezielle Schutzvorschrift für personenbezogene Daten, die im Rahmen eines Telekommunikationsvorgangs anfallen (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 10). § 88 TKG hat allerdings wie Art. 10 GG allein den Schutz des Fernmeldegeheimnisses zum Ziel. § 88 TKG kann als einfachgesetzliche Ausprägung des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 GG bezeichnet werden (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 1). Ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG nicht eröffnet, so kann sich ein Betroffener auch nicht auf das für Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG geltende gesetzliche Verbot nach § 88 Abs. 2 und Abs. 3 TKG berufen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - NJW 2009, 2470). So liegt der Fall hier.
60 
Das Bundesverfassungsgericht grenzt den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG in ständiger Rechtsprechung auf die Bewahrung des privaten, vor der Öffentlichkeit und den Eingriffen unbefugter Dritter unbehelligt ablaufenden Austauschs von Informationen während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ein. Der Grundrechtsschutz des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst demgegenüber nicht die nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Inhalte und Verbindungsdaten, soweit dieser eigene Schutzvorkehrungen gegen den heimlichen Datenzugriff treffen kann. Die spezifischen Gefahren einer räumlich distanzierten Kommunikation, vor denen das Telekommunikationsgeheimnis schützen will, bestehen hier nicht fort (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O. unter Bezug auf BVerfG, Urteile vom 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04 - BVerfGE 115, 166 = NJW 2006, 976 und vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 = NJW 2008, 822; siehe ferner BVerfG, 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - BVerfGE 124, 43 = NJW 2009, 2431; LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - NZA-RR 2010, 406; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - DB 2011, 1281; LAG Hamm, Urteil vom 10.07.2012 - 14 Sa 1711/10 - DuD 2013, 50 = juris Rn. 175).
61 
Gemessen daran ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses des Art. 10 Abs. 1 GG hier hinsichtlich der streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten des Klägers nicht betroffen. Dies folgt daraus, dass es sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte handelt, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet hat. Vielmehr sind diese E-Mails erst nach dem Abschluss der Übertragung über den Empfänger der E-Mail in die Speichermedien des Beklagten gelangt (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O.).
62 
Der danach allein durch andere Grundrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gewährleistete Schutz der E-Mail-Postfachdaten wird nicht durch § 88 TKG, sondern durch das allgemeine Datenschutzrecht vermittelt.
63 
Daneben ist selbst bei unterstellter Eröffnung des Schutzbereichs des Fernmeldegeheimnisses der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - a.a.O. ; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - a.a.O. ; Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 24; Schöttler in jurisPR-ITR 4/2009 Anm. 2 m.w.N.; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 ff. m.w.N.). Nach § 3 Nr. 6 TKG ist „Diensteanbieter“ jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig a) Telekommunikationsdienste erbringt oder b) an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt. „Telekommunikationsdienste“ sind nach § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. In § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG wird eine geschäftsmäßige Erbringung von Telekommunikationsdiensten vorausgesetzt. Das „geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten“ ist in § 3 Nr. 10 TKG definiert als das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.
64 
Gemessen an diesen Vorgaben spricht gegen eine Anwendbarkeit von § 88 TKG insbesondere schon die Tatsache, dass der Beklagte dem Kläger eine private E-Mail-Nutzung nie ausdrücklich gestattet hatte. Eine Erlaubnis privater Nutzung kann durch bloß passives Verhalten der das E-Mail-Postfach stellenden Behörde, also allein durch die Duldung privater Nutzung, nicht entstehen (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997, 1998>). Somit konnte das besondere Schutzbedürfnis, dem das Telekommunikationsgesetz Rechnung tragen will, nicht auftreten.
65 
Selbst bei Annahme einer erlaubten privaten Nutzung steht zudem der Gesetzeszweck des Telekommunikationsgesetzes einer Heranziehung des § 88 TKG entgegen. § 1 TKG bringt zum Ausdruck, dass es sich um ein Gesetz zur Förderung des privaten Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation handelt, dass also auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Telekommunikationsanbietern sowie diejenigen zwischen den Telekommunikationsanbietern untereinander abgezielt wird. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es hingegen nicht, die unternehmens- beziehungsweise behördeninternen Rechtsbeziehungen - etwa zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - zu regeln (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1999>; a.A. insoweit allerdings etwa Naumann in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 37 Rn. 15; Seifert in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 32 Rn. 92 m.w.N.). Zwischen dem Kläger und dem Beklagten fehlte es somit an einer Beziehung, die eine Qualifizierung als „Diensteanbieter“ und „Dritter“ erlaubt.
66 
e) Zu einer abweichenden Beurteilung gibt auch § 36 Abs. 1 LDSG keinen Anlass. Danach dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten nur verarbeitet werden, soweit dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder zur Durchführung innerdienstlicher planerischer, organisatorischer, personeller, sozialer oder haushalts- und kostenrechnerischer Maßnahmen, insbesondere zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung es vorsieht.
67 
Die Vorschrift ist auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten war. Als Mitglied der Regierung stand der Kläger nach Maßgabe des Ministergesetzes zum Land in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (§ 1 MinG). Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LV, § 1 Abs. 1 GO LReg). Er führt den Vorsitz in der Regierung und leitet ihre Geschäfte (Art. 49 Abs. 1 Satz 2 LV, § 1 Abs. 4 GO LReg). Der Ministerpräsident bedient sich zur Führung seiner Geschäfte des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GO LReg). Dessen Leitung obliegt nach Weisung des Ministerpräsidenten dem beamteten Staatssekretär des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GO LReg). Ausgehend hiervon verbietet es sich, die Stellung eines Ministerpräsidenten als „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ zu kennzeichnen. Gegen die „Beschäftigten“-Eigenschaft des Klägers spricht zudem die Definition des entsprechenden Begriffes in § 3 Abs. 11 BDSG, die sich nicht auf ein Amt wie dasjenige des Ministerpräsidenten erstreckt.
68 
Im Übrigen dient § 36 Abs. 1 LDSG einer Verstärkung des Datenschutzes und kann hier nicht zu einer Senkung des Schutzniveaus gegenüber den allgemein geltenden Bestimmungen (§ 15 LDSG) führen.
69 
f) Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bildet die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium Baden-Württemberg einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt haben, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten bezieht (vgl. den ablehnenden Teil des bei der Gerichtsakte befindlichen Bescheids des Staatsministeriums Baden-Württemberg vom 18.01.2013, der nach Angaben des Beklagten noch nicht bestandskräftig ist).
70 
Nach § 3 Abs. 1 LUIG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe weiterer Bestimmungen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Allerdings ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt (§ 3 Abs. 1 LUIG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG).
71 
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sperrt der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen die Löschung der E-Mail-Postfachdaten nicht. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebührt der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststeht oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 LUIG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 UIG enthalten. In Betracht kämen wohl allenfalls Daten „über Maßnahmen oder Tätigkeiten“, die sich auf Umweltbestandteile oder auf Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG; zur weiten Auslegung des Begriffes Umweltinformation siehe etwa Rudisile, VBlBW 2013, 46 <47> m.w.N.). Die Antragsteller beziehen sich auf den „Komplex Baumfällungen für Stuttgart 21 im Oktober 2010 und damit zusammenhängende Vorgänge, Ereignisse, Aktionen und Maßnahmen aller Art vor, während und nach Oktober 2010“, haben einen Zusammenhang zwischen den E-Mail-Postfachdaten und dem benannten Interessensgebiet aber nicht weiter nachvollziehbar substantiiert. Ein Fall der „Entziehung des Informationsanspruchs“ durch Datenlöschung (vgl. dazu Schomerus in Hk-UIG, 2. Aufl. 2002, § 3 Rn. 99) ist unter diesen Umständen nicht gegeben.
72 
Dabei wird der von der Umweltinformationsrichtlinie gesetzte Rahmen (vgl. BT-Drucks. 15/3406, S. 19) nicht verkannt. Danach sind die Ablehnungsgründe für einen Umweltinformationsanspruch eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 RL 2003/4/EG). In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 RL 2003/4/EG). Nach dem Erwägungsgrund Nr. 16 zur Umweltinformationsrichtlinie beinhaltet das Recht auf Information, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Auch unter Berücksichtigung dessen liegt hier aus den vorstehend genannten Gründen jedoch ein Ablehnungsgrund vor.
73 
g) Dem Löschungsanspruch steht schließlich dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten sind (dazu im Folgenden aa). Das Archivrecht führt allerdings zu einer Modifikation des Anspruchsumfangs (dazu im Folgenden bb).
74 
aa) Das Landesarchiv verwahrt, erhält und erschließt als Archivgut alle Unterlagen, die von den Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes, deren Funktionsvorgängern oder von Rechtsvorgängern des Landes übernommen worden sind und die bleibenden Wert haben; es macht das Archivgut allgemein nutzbar (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LArchG). Unterlagen sind insbesondere Schriftstücke, Akten, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme (§ 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG).
75 
Das Landesarchivgesetz enthält bereichsspezifische Regelungen zur Ergänzung des Datenschutzrechts; es dient dem Ausgleich des Aufgabenkonflikts von Datenschutz und Archivwesen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 12). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG bieten die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Landesarchiv an. Anzubieten sind auch Unterlagen, die durch Rechtsvorschriften über Geheimhaltung geschützt sind, wenn die abgebende Stelle im Benehmen mit dem Landesarchiv festgestellt hat, dass schutzwürdige Belange des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls angemessen berücksichtigt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG). Die schutzwürdigen Belange einer Person werden angemessen berücksichtigt, wenn im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände festgestellt werden kann, dass das öffentliche Interesse an der Archivierung der Unterlagen das Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen erheblich überwiegt (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 unter Hinweis auf Rspr. des BVerfG).
76 
Daraus ergibt sich zunächst, dass die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv keine Zwecksetzung ist, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen kann (vgl. Nieders. OVG, Urteil vom 17.09.2002 - 11 LB 123/02 - NdsVBl. 2003, 105 = juris Rn. 77: Archivierung ist Zweckentfremdung, die einer spezifisch archivgesetzlichen Regelung bedarf; VG Darmstadt, Urteil vom 15.10.2003 - 5 E 1395/97 - NJW 2004, 1471 = juris Rn. 33). § 23 Abs. 3 LDSG befasst sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindert weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen. Die Vorschrift regelt lediglich als Modalität, dass vor dem Löschen nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG das Angebot zur Übernahme an das zuständige Archiv erfolgen muss. Dies wird auch durch § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG verdeutlicht, wonach Löschungsansprüche gemäß § 13 Abs. 3 LDSG (nach jetziger Rechtslage § 23 Abs. 1 LDSG) nach Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv ausgeschlossen sind. Umgekehrt trifft der Ausschluss auf nicht dem Landesarchiv übergebene Unterlagen gerade nicht zu.
77 
bb) Der Löschungsanspruch des Klägers kann allerdings insoweit nicht durchgreifen, als es um ein Verwahren, Erhalten und Erschließen der Daten als Archivgut beim Landesarchiv Baden-Württemberg für die Aufgaben des staatlichen Archivwesens geht, das nach den Vorschriften des Landesarchivgesetzes vorgenommen wird und bei dem die schutzwürdigen Belange des Klägers durch geeignete Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden. Deshalb sind die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.
78 
Soweit der Kläger meint, es handele sich bei den streitgegenständlichen Daten um „Archivgut eines Privaten“, das nur mit seinem Einvernehmen dem Landesarchiv überantwortet werden könne, trifft dies nicht zu. Nach § 2 Abs. 3 LArchG kann das Landesarchiv auch Archivgut „anderer Stellen und Privater“ mit deren Einvernehmen erfassen, verwahren, erhalten, erschließen und allgemein nutzbar machen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht. Diese Bestimmung ist hier aber nicht anwendbar, denn es handelt sich bei den Daten um solche, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten (vgl. § 2 Abs. 1 LArchG). § 2 Abs. 3 LArchG meint Daten „aus privater Hand“ (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Landtags, LT-Drucks. 9/4575, S. 13; siehe hierzu ferner LT-Drucks. 9/3345, S. 14). Ob beziehungsweise inwieweit der Inhalt der Daten privater Natur sein mag und ob die Speicherung der Daten beim Staatsministerium (noch) zu Recht erfolgt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
79 
Die Rechtslage sieht vor, dass vor einer Löschung die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren sind. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirken, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindert.
80 
Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht ist in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ auszugehen. Das Archivrecht enthält eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz.
81 
Zwar verhält sich das Landesarchivgesetz selbst nicht ausdrücklich zu der Frage, so dass aus diesem - isoliert betrachtet - nicht geschlossen werden kann, dass zu löschende oder zu vernichtende Unterlagen angeboten und archiviert werden dürfen (vgl. Uhl, Rechtsfragen der Aussonderung und Übernahme von Archivgut, in: Archivgesetzgebung in Deutschland, 1991, S. 61 <91>; siehe hingegen für anbietungspflichtige Unterlagen § 3 Abs. 2 Satz 4 ArchG, wonach diese grundsätzlich nur mit Zustimmung des Landesarchivs vernichtet werden dürfen).
82 
Das genannte Vorrangverhältnis ergibt sich aber bereits aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Danach unterbleibt die Löschung zwar nicht - wie bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 23 Abs. 4 und 5 LDSG -, wenn das Landesarchiv Unterlagen nach Maßgabe des Landesarchivgesetzes übernehmen will. Vor einer Löschung sind die Daten aber nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsieht - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergeben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden ist.
83 
Dieses Verständnis wird gestärkt durch einen Vergleich mit der Art, wie der Bundesgesetzgeber das Verhältnis des Archivrechts zum Datenschutzrecht in seinem Bereich geregelt hat. Es spricht viel dafür, dass das Landesdatenschutzgesetz in seiner Konzeption insoweit im Wesentlichen dem Bundesdatenschutzgesetz gleicht. Nach § 2 Abs. 7 BArchG bleiben Rechtsvorschriften über die Verpflichtung zur Vernichtung von Unterlagen unberührt, was - anders als in Baden-Württemberg, das eine solche Beschränkung nicht kennt - zunächst einen Vorrang von Löschungsvorschriften auch des allgemeinen Datenschutzrechts nahezulegen scheint. Das Bundesdatenschutzgesetz nimmt seine Löschungsverpflichtung im Verhältnis zum Archivrecht aber selbst zurück. Denn § 20 Abs. 9 BDSG lautet: „§ 2 Abs. 1 bis 6, 8 und 9 des Bundesarchivgesetzes ist anzuwenden.“ Nicht in Bezug genommen ist gerade § 2 Abs. 7 BArchG. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (BT-Drucks. 11/4306, S. 47) soll die Regelung ermöglichen, dass personenbezogene Daten, die zu löschen wären, dem Bundesarchiv angeboten werden und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 BArchG zukommt, zu übergeben sind. Es werde klargestellt, dass § 18 BDSG (jetzt § 20 BDSG; entspricht weitgehend § 23 LDSG) keine dem Bundesarchivgesetz vorgehende Rechtsvorschrift über die Vernichtung von Unterlagen im Sinne des § 2 Abs. 7 BArchG sei. Auch die Literatur leitet hieraus einen Vorrang des Archivrechts ab (so Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 39; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 98; Uhl, a.a.O., S. 61 <88>; siehe ferner Bannasch in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 20 Rn. 38; nicht überzeugend dagegen Manegold, Archivrecht, S. 225, wonach die Rechtslage im Bund nicht eindeutig bzw. unklar sei). Deutlich wird dieses Verhältnis auch in dem anders formulierten, aber insoweit nicht abweichend zu verstehenden § 20 Abs. 3 Sächs. DSG. Danach darf eine Löschung, wenn die Kenntnis von personenbezogenen Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist, erst erfolgen, nachdem die Daten dem zuständigen Archiv angeboten worden sind und dieses die Archivwürdigkeit verneint hat oder über sie nicht fristgemäß entschieden hat.
84 
Es scheidet auch aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers - etwa wegen der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG - „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Hiergegen spricht, dass vor der Übernahme in das Archiv Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden können, wie etwa eine (Teil-) Anonymisierung (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 f.). Das Landesarchiv übernimmt nur Unterlagen, denen historischer Wert zukommt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LArchG). Ferner sind in § 4 LArchG Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht getroffen: Das Archivgut ist durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen vor unbefugter Nutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung zu schützen (Satz 1). Die Verknüpfung personenbezogener Daten ist innerhalb der in § 6 genannten Sperrfristen nur zulässig, wenn die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigt sind (Satz 2). Unterlagen, denen kein bleibender Wert zukommt, sind zu vernichten (Satz 3). Ferner regelt § 6 Abs. 5 Satz 1 LArchG, dass für die Nutzung von Archivgut Sperrfristen gelten, und zwar auch für die Nutzung durch Behörden, Gerichte und sonstige Stellen des Landes, bei denen es entstanden ist oder die es abgegeben haben, wenn das Archivgut - wie hier - durch diese Stellen aufgrund von Rechtsvorschriften hätte vernichtet werden müssen. Die Nutzung von Archivgut kann schließlich aus den in § 6 Abs. 6 Satz 1 LArchG aufgezählten sowie anderen wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 6 Satz 2 LArchG) eingeschränkt oder versagt werden. Einzelheiten regelt die aufgrund von § 6 Abs. 6 Satz 4 LArchG erlassene Verordnung der Landesregierung über die Benutzung des Landesarchivs Baden-Württemberg (Landesarchivbenutzungsordnung - LArchBO) vom 10.04.2006 (GBl. S. 110 ff.). Danach ist etwa für die Nutzung von Archivgut grundsätzlich ein Nutzerausweis erforderlich, der schriftlich beantragt und bei jeder Nutzung vorgelegt werden muss (§ 2 Abs. 1, 3 LArchBO). Vor der Bestellung von Archivgut zur Einsichtnahme sind das Nutzungsvorhaben, die Daten eines etwaigen Auftraggebers sowie der Nutzungszweck anzugeben (§ 2 Abs. 6 LArchBO). Der Nutzer ist verpflichtet, Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte sowie schutzwürdige Belange Dritter zu beachten (§ 2 Abs. 7 LArchBO).
85 
Zweck der archivgesetzlichen Regelungen ist es gerade auch, die Abgabe solcher Unterlagen an das Archiv zu gewährleisten, die nach allgemeinen Datenschutzregelungen verweigert werden könnten oder gar müssten (vgl. Polley, NJW 1988, 2026 f.). Die archivgesetzlichen Normen beseitigen gewissermaßen die mit dem Datenschutzrecht begründeten Aufbewahrungshindernisse; Ablieferungssperren bestehen grundsätzlich nicht (vgl. Richter, BWVPrax 1988, 25 <26>; ähnlich ders., Die Landesarchivgesetzgebung in Baden-Württemberg, in: Bannasch, Archivrecht in Baden-Württemberg, 1990, S. 229 <237 f.>). Das Archivgut soll grundsätzlich vollständig in die Staatsarchive gelangen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 15). Die Archivierung bildet ein „Löschungssurrogat“ (so Manegold, Archivrecht, S. 61 u. S. 218); das Archiv kann als „Datentreuhänder“ und unabhängiger „Sachwalter“ angesehen werden (vgl. Manegold, a.a.O., S. 64).
86 
Da der Kläger nach seinem Hauptantrag seinen Löschungsanspruch so verstanden wissen will, dass auch eine Archivierung der E-Mail-Postfachdaten beim Landesarchiv nicht soll stattfinden können, ist die Klage insoweit teilweise abzuweisen. Der Beklagte hat dem Kläger gegenüber rechtsfehlerfrei deutlich gemacht hat, dass er die streitgegenständlichen Daten gemäß den Bestimmungen des Landesarchivgesetzes dem Landesarchiv zuführen will.
87 
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestehen nicht.
88 
Zwar sind in den Archivgesetzen mancher anderer Länder - abweichend von der Rechtslage in Baden-Württemberg oder im Bundesrecht - unzulässig erhobene beziehungsweise unzulässig gespeicherte Daten ausdrücklich von der Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv und damit von der dauerhaften Archivierung ausgenommen (vgl. den Überblick bei Manegold, Archivrecht, S. 221 ff.). Der Interessenausgleich, namentlich zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) einerseits und der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) andererseits, ist dort in anderer Weise vorgenommen worden. Von Verfassungs wegen geboten ist eine derartige strikte Ausnahmeklausel aber nicht, weil es daneben andere, im Landesarchivgesetz von Baden-Württemberg auch hinreichend verankerte Möglichkeiten des Persönlichkeitsschutzes gibt.
89 
Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes - wie bereits angesprochen - dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfGE 65, 1<41 f.>; vgl. BVerfGE 103, 21 <32 f.>). Dies umfasst nicht nur elektronisch speicherbare, sondern sämtliche personenbezogenen Daten (BVerfGE 78, 77 <84>). Dabei ist grundsätzlich gleichgültig, wo die Information gewonnen wurde oder welchen Inhalt sie hat; das Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abzulösen, datenmäßig zu fixieren - zu „verdinglichen“ - und jederzeit vor einem unüberschaubaren Personenkreis zu reproduzieren, dabei auch zu verändern oder zu manipulieren (BVerfGE 101, 361 <381>; 106, 28 <40>). Träger des Grundrechts sind auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Die Gefahr, dass das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abgelöst und in anderen Zusammenhängen vor einem unüberschaubaren Personenkreis reproduziert, dabei verändert oder manipuliert wird, besteht bei Amtsträgern nicht anders als bei anderen, und sie besteht auch - und vielleicht gerade - hinsichtlich seines Erscheinungsbildes „im Amt“. Die Folgen einer solchen beliebigen Darstellung treffen den Einzelnen nicht nur in seinem Amt - dessen Ausübung ja häufig zugleich sein Beruf ist -, sondern regelmäßig zugleich in seiner persönlichen und privaten Existenz. Amts- oder funktionsbezogene Informationen - selbst richtige und nicht nur manipulierte - können für einen Politiker existenzvernichtende Folgen mit schwerwiegenden Auswirkungen auch auf die Privatsphäre haben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 23.06.2004 - 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 = NJW 2004, 2462 m.w.N.). Die oben angeführten gesetzgeberischen Vorkehrungen im Landesarchivgesetz versprechen indes einen hinreichenden Schutz.
90 
Der Kläger ist insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angeht. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsieht, kann er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Ist die Übergabe an das Landesarchiv als erste Stufe des Archivierungsprozesses, die der Kläger hier bereits vorbeugend verhindern will, erfolgt, stehen ihm zudem auf einer zweiten Stufe aus dem Landesarchivgesetz folgende Rechte eigener Art zur Verfügung. Nach Maßgabe von § 5 LArchG hat er das Recht auf Auskunft, Einsicht und Gegendarstellung. Selbst nach dem Tod des Klägers steht dem Ehegatten, den Kindern oder den Eltern ein Gegendarstellungsrecht zu, wenn die Richtigkeit von Angaben zur Person bestritten wird und ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird (vgl. zum postmortalen Persönlichkeitsschutz im Archivrecht auch Bizer, NVwZ 1993, 653 ff.).
91 
Weiter kommt dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute. Danach sind die anbietungspflichtigen Unterlagen zu vernichten, wenn das Landesarchiv die Übernahme ablehnt oder nicht „innerhalb eines Jahres“ über die Übernahme entschieden hat und wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Der genaue Beginn der Jahresfrist ist gesetzlich nicht weiter konkretisiert.
92 
In Frage käme einerseits der Zeitpunkt, in dem der Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und zugleich die Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv nach § 23 Abs. 3 LDSG entstehen. Da es aber Fälle - wie den vorliegenden - geben kann, in denen der Löschungsanspruch und die Anbietungspflicht unklar und umstritten sind, erscheint ein starrer Fristlauf beginnend bereits mit dem Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG nicht sachgerecht. Diesem Einwand ließe sich mit einer Hemmung des Fristlaufs (vgl. § 209 BGB; dort zur Wirkung bei der Verjährung) begegnen, solange die Anbietungspflicht bestritten und noch keine bestands- oder rechtskräftige Entscheidung hierzu ergangen ist. Es bestehen aber noch weitergehende Bedenken gegen eine Anknüpfung an den Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG. Die Frist des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG ist nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck als Entscheidungsfrist für das Landesarchiv ausgestaltet. Das Landesarchiv kann frühestens mit der tatsächlichen Anbietung in die Prüfung eintreten, ob es Unterlagen übernehmen will. Daher kann die Jahresfrist erst mit der tatsächlichen Anbietung zu laufen beginnen.
93 
Mit dem Charakter als Entscheidungsfrist des Landesarchivs wäre es auch nicht vereinbar, die Jahresfrist unabhängig von der tatsächlichen Anbietung bereits dann beginnen zu lassen, wenn die Behörde von der Anbietungspflicht bezogen auf die konkreten Unterlagen Kenntnis erlangt oder die Anbietungspflicht hätte kennen müssen.
94 
Lässt man die Frist erst mit der tatsächlichen Anbietung beginnen, so gibt es zwar grundsätzlich keine oder nur eine schwache Handhabe gegen ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung. Dabei ist auch zu beachten, dass das Landesarchiv in Baden-Württemberg die Stellung einer Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg hat und nicht rechtlich verselbständigt ist (vgl. auch das Organisationsstatut vom 19.05.2006). Andererseits darf die Behörde mit den Unterlagen nichts Anderes unternehmen, als sie für das Anbieten gegenüber dem Archiv vorzuhalten. Jedenfalls bei einer völligen Abschottung der Daten vor jeglichem Zugriff - wie sie hier gewährleistet ist - erscheint dies hinnehmbar, zumal bei dem Beklagten keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung beziehungsweise für eine entsprechende Absicht ersichtlich sind. Die in § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG vorgesehene Jahresfrist ist daher derzeit noch nicht abgelaufen.
95 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
96 
Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen, weil der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG bisher obergerichtlich ungeklärt und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehend klärungsbedürftig ist.
97 
BESCHLUSS
98 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
99 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Soweit

1.
durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden,
2.
Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere Urheberrechte, durch das Zugänglichmachen von Umweltinformationen verletzt würden oder
3.
durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen,
ist der Antrag abzulehnen, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in den Nummern 1 und 3 genannten Gründe abgelehnt werden. Vor der Entscheidung über die Offenbarung der durch Satz 1 Nummer 1 bis 3 geschützten Informationen sind die Betroffenen anzuhören. Die informationspflichtige Stelle hat in der Regel von einer Betroffenheit im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 auszugehen, soweit übermittelte Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet sind. Soweit die informationspflichtige Stelle dies verlangt, haben mögliche Betroffene im Einzelnen darzulegen, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt.

(2) Umweltinformationen, die private Dritte einer informationspflichtigen Stelle übermittelt haben, ohne rechtlich dazu verpflichtet zu sein oder rechtlich verpflichtet werden zu können, und deren Offenbarung nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der Dritten hätte, dürfen ohne deren Einwilligung anderen nicht zugänglich gemacht werden, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in Satz 1 genannten Gründe abgelehnt werden.

Tenor

Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 -werden zurückgewiesen.

Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu ¼ und der Beklagte zu ¾.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der bis Mai 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg war, begehrt die Löschung von kopierten Daten aus seinem ihm vom Staatsministerium zur Verfügung gestellten E-Mail-Postfach.
Bei den vom Staatsministerium für seinen E-Mail-Verkehr genutzten Produkten (beim Server „Microsoft Exchange“ und im Clientbereich „Microsoft Outlook“) ist systembedingt jede E-Mail-Adresse Bestandteil einer Datenbank. Dort werden die eingehenden E-Mails in dem Postfach der E-Mail-Adresse gespeichert. Startet der Anwender auf seinem (Client-) PC das Programm Outlook, findet eine Synchronisation zwischen dem Exchange-Server und dem Outlook-Client-PC statt. Die Daten des Postfaches werden dabei in eine OST-Datei kopiert. Diese OST-Datei liegt üblicherweise auf dem PC des Anwenders. Durch das Verschieben einer E-Mail in den Ordner „gelöschte Objekte“ auf dem Client-PC und dessen Leerung können die E-Mails im Postfach durch den Anwender gelöscht werden. Auf dem Server werden diese E-Mails dadurch zunächst nicht direkt physikalisch gelöscht, aber als gelöscht gekennzeichnet. Der Server ist so eingestellt, dass die als gelöscht gekennzeichneten E-Mails innerhalb von sieben Tagen nach dem Löschen durch den Anwender wiederhergestellt werden können. Danach werden sie automatisch auf den Servern des Staatsministeriums gelöscht. Daneben bleiben die auf einem Server im Staatsministerium gelöschten Daten noch 30 Tage in einem Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach gespeichert. Die Löschung der Daten im Ausfallrechenzentrum erfolgt automatisch mit Ablauf der 30-Tage-Frist. Anschließend ist eine im Postfach gelöschte E-Mail nur noch verfügbar, wenn sie zuvor durch den Anwender in einer sogenannten PST-Datei archiviert wurde. Eine elektronische Langzeit-Speicherung gelöschter Mails ist nicht vorgesehen.
Für den Kläger wurde mit einem von seinem Büroleiter „i. A.“ am 11.02.2010 unterschriebenen Antragsformular beantragt, den Internetzugang auf seinem Arbeitsplatz-PC freizuschalten. Das Formular enthält unter anderen den Text: "Ich benötige den Zugang ausschließlich für dienstliche Zwecke. Mir ist bekannt, dass die Verbindung zum Internet aus Sicherheitsgründen protokolliert wird und bei Bedarf ausgewertet werden kann. Die Sicherheitshinweise auf der Rückseite dieses Antrags habe ich zur Kenntnis genommen." In diesen Sicherheitshinweisen ist unter anderem angeführt: „Der Internetzugang auf den Arbeitsplatz-PCs des Staatsministeriums wurde ausschließlich zu dienstlichen Zwecken eingerichtet. Die private Nutzung ist untersagt…Der gesamte Datenverkehr auf der Firewall des Staatsministeriums muss zur Sicherheit protokolliert werden. Nur auf diese Weise können unerlaubte Zugriffe oder Angriffe auf das Netz des Staatsministeriums identifiziert werden.“ Eine gesonderte Regelung zum Umgang mit den E-Mail-Accounts im Staatsministerium gab es nicht. Eine Kontrolle der Privatnutzung fand nicht statt. Die private IT-Nutzung durch die Mitarbeiter wurde stillschweigend geduldet.
Die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums ordnet das IT-Referat des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zu. Daraus folge, dass allein der Nutzer des Postfachs entscheide, welche E-Mails er ausdrucke und den Akten beifüge. Auch die Löschung von Postfachinhalten bleibe im Grundsatz allein dem Nutzer vorbehalten.
Für die Aktenführung im Staatsministerium wird grundsätzlich die „Gemeinsame Anordnung der Ministerien über die Verwaltung des Schriftguts der Behörden, Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes (AnO Schriftgut)“ vom 22.12.2005 angewandt. Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen. Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen. Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert.
Im Sommer/Herbst 2010 meldete das Büro des Klägers bei der IT-Abteilung des Staatsministeriums technische Probleme mit dem elektronischen Terminkalender des „Outlook“-Postfachs. Zur Klärung der Probleme beauftragte der IT-Bereich des Staatsministeriums die Firma ... mit der Fehlersuche. Für die Koordinierung wurde zudem das Informatikzentrum des Landes (IZLBW) eingeschaltet. Im Oktober/November 2010 erstellte ein mit Administratorrechten ausgestatteter Mitarbeiter des IT-Bereichs eine Kopie des auf dem Server des Staatsministeriums liegenden und dem Kläger zugewiesenen Original-Postfachs. Nachdem die Überprüfung durch die Firma ... im Dezember 2010 abgeschlossen war und der Fehler nicht hatte gefunden werden können, blieben die kopierten Daten weiter gespeichert. Die kopierten Postfach-Daten sollten nach Angaben des Beklagten vorgehalten werden, um sie bei einem erneuten Auftreten des Fehlers mit den neueren Postfach-Daten des Klägers oder fehlerbehafteten Postfach-Daten anderer Mitarbeiter vergleichen zu können.
Die beiden Original-E-Mail-Accounts des Klägers ([email protected] und [email protected]) wurden nach dem Regierungswechsel auf dem Server des Staatsministeriums gelöscht. Die endgültige Löschung im Ausfallrechenzentrum erfolgte durch das Überschreiben der Datenbank nach 30 Tagen. Die Festplatte aus dem PC des Klägers wurde diesem ausgehändigt.
Die kopierten Dateien waren zunächst auf einem Server im Staatsministerium gespeichert. Der Festplattenbereich war nur für den mit Administratorrechten ausgestatteten Mitarbeiter ... und für seinen Vertreter zugänglich und wurde seit Dezember 2010 mit einem Zeitstempel versehen. Mit einem solchen Zeitstempel wird jeder Zugriff auf die Daten dokumentiert. Bislang fand seitens des Staatsministeriums weder eine Sichtung noch eine sonstige Nutzung der Dateien statt. Der Zeitstempel steht unverändert auf Dezember 2010.
Im Sommer 2012 wurde das Staatsministerium auf die kopierten Dateien wieder aufmerksam. In einem Vermerk vom 23.08.2012 heißt es, man sei auf eine versehentlich nicht gelöschte Arbeitskopie des Postfaches von MP a.D. ... gestoßen, die am 20.10.2010 aufgrund von technischen Störungen zur Überprüfung durch eine externe Firma angelegt worden sei. In einem weiteren Vermerk vom 05.09.2012 ist ausgeführt, dieser Umstand sei in Vergessenheit geraten.
10 
Am 30.08.2012 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Stuttgart die Amtsräume des Staatsministeriums. Dabei stellte sie die Kopien des E-Mail-Postfachs des Klägers mithilfe einer forensischen Software vollständig sicher; sie befinden sich ausweislich eines Schreibens der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 10.09.2012 auf einem Datenträger des mit der weiteren Sichtung nach § 110 Abs. 1 StPO beauftragten Landeskriminalamts Baden-Württemberg. Hierüber unterrichtete die Staatsanwaltschaft die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 10.09.2012. Sie teilte weiter mit, die „Outlookexportdateien“ seien vorläufig sichergestellt worden, da eine sorgfältige Sichtung und Trennung der Daten am Durchsuchungsort nicht möglich gewesen sei. Die Dateien befänden sich auf einem Datenträger des Landeskriminalamts. In der Folgezeit wertete die Staatsanwaltschaft die Kopien des E-Mail-Postfachs für ihre Ermittlungen aus.
11 
Mit Anwaltsschreiben vom 12.09.2012 begehrte der Kläger vom Staatsministerium Auskunft, ob sich nach der Sicherstellung der Staatsanwaltschaft die Dateien beziehungsweise Kopien dieser Dateien noch im Besitz des Staatsministeriums befänden. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 17.09.2012 dem Rechtsanwalt des Klägers mit, dass im Staatsministerium Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers existierten, und bat um eine Einwilligung des Klägers in die Sichtung der Kopien, um private von dienstlichen Dateien zu trennen. Mit Anwaltsschreiben vom 19.09.2012 verweigerte der Kläger seine Einwilligung und forderte das Staatsministerium auf, die Dateien unverzüglich zu löschen. Dies lehnte das Staatsministerium mit Schreiben vom 27.09.2012 ab. Mit Anwaltsschreiben vom 18.10.2012 ließ es ergänzend mitteilen, die Daten könnten mit großer Wahrscheinlichkeit auch dienstliche Unterlagen enthalten. Daher werde vorgeschlagen, gemeinsam eine Trennung von privaten und dienstlichen Daten vorzunehmen. Diesen Vorschlag ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 30.10.2012 mit der Begründung ablehnen, dass sämtliche vom Staatsministerium gespeicherten Daten personenbezogen seien.
12 
Am 03.12.2012 verlagerte die Firma ... ... im Auftrag des Staatsministeriums die auf dem Server des Staatsministeriums liegenden Dateien in einen sogenannten „Datentresor“. Dieser „Tresor“ ist mit einem Passwort vor Zugriffen geschützt. Um diesen „Datentresor“ vor Verlust zu schützen, wurde er noch auf einen dem Staatsministerium zugewiesenen Serverbereich im Informatikzentrum des Landes Baden-Württemberg (IZLBW) kopiert. Zusätzlich wurden die Daten von der Firma ... ... auf einen externen Datenträger überspielt. Dieser Datenträger befindet sich in einem verschweißten Beutel in einem Tresor des Staatsministeriums. Das Passwort befindet sich in einem verschlossenen Umschlag in einem weiteren Tresor. Die auf dem Server im Staatsministerium befindlichen Kopien des Postfaches wurden sodann gelöscht. Bei diesen Maßnahmen wurde keine Einsicht in die Daten genommen.
13 
Der Kläger erhob am 15.10.2012 beim Verwaltungsgericht Stuttgart, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.11.2012 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwies, Klage auf Löschung der Dateien, hilfsweise auf Löschung nach Anbieten als Archivgut gegenüber dem Landesarchiv, weiter hilfsweise auf Neubescheidung. Zur Begründung machte er geltend, er habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Löschung der Daten nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG. In den E-Mails seien personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG enthalten. Das Nutzen der Daten für andere Zwecke als den der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage sei nach § 15 Abs. 4 LDSG unzulässig. Demgemäß könnten die Daten auch nicht mehr erforderlich im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sein. Die E-Mail-Kommunikation unterliege zudem dem Fernmeldegeheimnis und damit § 88 TKG. § 23 Abs. 3 LDSG, wonach vor einer Löschung die Daten dem Archiv zur Übernahme anzubieten seien, stehe seinem Begehren nicht entgegen. Die Daten seien seinem Persönlichkeitsbereich zuzuordnen und vollständig privat. Archivgut Privater könne das Landesarchiv nur mit deren Einvernehmen erfassen, und seine Zustimmung gebe er nicht. Jedenfalls sei die Archivierung nur unter der Prämisse einer Abschottung der Daten nach § 4 LArchG unter Wahrung der Sperrfristen gemäß § 6 Abs. 2 LArchG zulässig. Spätestens nach dem Anbieten gegenüber dem Landesarchiv habe der Beklagte die Daten zu löschen.
14 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Der Kläger habe keinen Löschungsanspruch. Die Speicherung der streitgegenständlichen Dateien sei zulässig. Sowohl die Speicherung der Dateien als auch deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Da der Kläger seine dienstliche E-Mail-Korrespondenz nicht vollständig zu den Sachakten genommen habe und der Verlauf der Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der Anteile der EnBW von der EdF nach wie vor in weiten Teilen nicht geklärt sei, bedürfe es einer Auswertung des E-Mail-Postfachs im Hinblick auf das vor der Internationalen Handelskammer in Paris anhängige Schiedsverfahren des Landes gegen die EdF, etwaige Schadensersatzansprüche des Landes nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und ein Akteneinsichtsgesuch zweier Privatpersonen nach dem Landesumweltinformationsgesetz, das sich unter anderem auch auf die Sicherungskopien beziehe. Weiter seien die Sicherungskopien Gegenstand einer Landtagsanfrage (LT-Drucks. 15/2640) gegenüber dem Staatsministerium gewesen. Die Staatsanwaltschaft lehne eine Akteneinsicht des Landes bislang unter Hinweis auf § 406e Abs. 2 StPO ab. Auf § 88 TKG könne sich der Kläger nicht berufen, ebensowenig auf § 15 Abs. 4 LDSG. Der Zweck der Datensicherung umfasse auch die Wiederherstellung verloren gegangener Datenbestände. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner E-Mail-Nachrichten zur Vervollständigung der Sachakten halte sich damit im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung. § 15 Abs. 4 LDSG wolle nur zweckändernde Maßnahmen und eine nachfolgende Datennutzung gegenüber Bediensteten ausschließen. Der Kläger sei aber gerade kein Bediensteter im datenschutzrechtlichen Sinne gewesen. Die beabsichtigte Datenverwendung sei gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG gerechtfertigt. Es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentationspflichten nicht nachgekommen sei. Zudem sei § 23 Abs. 3 LDSG zu beachten. Archivwürdige Daten unterlägen nicht der Löschungspflicht des § 23 LDSG.
15 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 27.05.2013 den Beklagten verpflichtet, die Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers ...PST_20101116, ...PST_20101117 und ... ...PST_20101117_DUMPSTER sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind, und im Übrigen die Klage abgewiesen (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - NVwZ-RR 2013, 428). Der Kläger habe nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG einen Anspruch auf Löschung dieser Dateien, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden seien. Es handele sich um personenbezogene Daten i.S.v. § 3 Abs. 1 LDSG. Denn die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers beträfen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich seine Kommunikation mit Dritten. Für das Staatsministerium als speichernde Stelle sei die Kenntnis der Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert worden seien und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen sei (§ 15 Abs. 4 LDSG). Es könne offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG im Hinblick auf die Dokumentationspflichten des Klägers, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt sei, denn diese Bestimmungen würden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. Diese Norm sei anwendbar. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“, aus dem der Beklagte die Unanwendbarkeit der Norm herleite, beziehe sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibe von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Die E-Mail-Postfach-Daten seien zu dem Zweck kopiert worden, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers stellten - in der im Herbst 2010 kopierten Form - daher personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert worden seien. Folglich scheide eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus. Zwar solle bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören. Dies könne aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen sei, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt worden sei. Darum gehe es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten gekommen sei noch der Beklagte die Daten weiter benötige, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Es sei auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung sei insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke, also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage, zulässig. Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setze voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert würden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgingen. Daran fehle es hier. Mit der Kopie seien keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt worden; vielmehr habe sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten erschöpft.
16 
Auf § 88 TKG könne sich der Kläger allerdings nicht berufen. Die Norm wolle allein das Fernmeldegeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG schützen, dessen Schutzbereich nicht betroffen sei. Es handele sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet habe. Zudem sei der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG.
17 
§ 36 Abs. 1 LDSG sei auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten gewesen sei. Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bilde die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt hätten, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten beziehe. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebühre der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gelte jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststehe oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1, 2 i.V.m. § 2 Abs. 3 UIG enthielten.
18 
Dem Löschungsanspruch stehe dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten seien. Die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv sei keine Zwecksetzung, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen könne. § 23 Abs. 3 LDSG befasse sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindere weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen.
19 
Das Archivrecht modifiziere allerdings den Umfang des klägerischen Anspruchs dahin, dass die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen seien, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden seien. Es handele sich bei den Daten nicht um „Archivgut eines Privaten“, das gemäß § 2 Abs. 3 LArchG nur mit Einvernehmen des Klägers dem Landesarchiv überantwortet werden könne. Die Vorschrift erfasse nur Daten „aus privater Hand“, nicht hingegen Daten wie die streitgegenständlichen, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten. Vor einer Löschung seien die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7, 8 LArchG zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirkten, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindere. Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht sei in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ - den auch das Bundesrecht kenne - auszugehen. Das Archivrecht enthalte eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz. Das genannte Vorrangverhältnis ergebe sich aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Denn vor einer Löschung seien Daten nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsehe - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7, 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergäben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden sei. Es scheide aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Vor der Übernahme in das Archiv könnten Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden, wie etwa eine (Teil-)Anonymisierung. Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht seien in § 4 und § 6 LArchG und in der Landesarchivbenutzungsordnung vorgesehen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestünden nicht. Das Landesarchiv Baden-Württemberg habe bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG schütze insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart würden. Träger des Grundrechts seien auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Der Kläger sei insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angehe. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsehe, könne er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Weiter komme dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute.
20 
Gegen das ihm am 31.05.2013 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte am 28.06.2013 (Posteingang) die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, mit der er die vollumfängliche Klageabweisung erstrebt, und am 29.07.2013 die Berufungsbegründung eingereicht. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 LDSG. Die Speicherung der Daten sei zulässig. Die Speicherung der Daten und deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Für den Begriff "Aufgaben der verantwortlichen Stelle" im Sinne des § 15 LDSG sei nicht auf diejenige Organisationseinheit einer Behörde abzustellen, die die Daten tatsächlich speichere, wie z.B. die IT-Abteilung oder das Rechenzentrum, sondern auf die Behörde oder juristische Person, der diese Abteilung angehöre. Für die Frage, ob die streitgegenständlichen Dateien für die Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle noch erforderlich seien, komme es mithin auf den Aufgabenbereich des Staatsministeriums insgesamt an. Davon zu unterscheiden sei der Begriff des Zwecks der Speicherung im Sinne des § 15 LDSG. Der Zweck könne enger sein als die Aufgabe, aber niemals über diese hinausgehen. Der Zweck sei regelmäßig weiter als der konkrete Anlass der Erhebung. Er erschöpfe sich nicht in der Erledigung des einzelnen Verwaltungsverfahrens. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner Dokumente zur Vervollständigung der Sachakten erfüllten die Voraussetzungen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung.
21 
Das Verwaltungsgericht habe den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG in einer vom Gesetz nicht beabsichtigten Weise überdehnt. Die im Herbst 2010 durchgeführte Maßnahme stelle eine Datensicherung im Sinne des § 15 Abs. 4 LDSG dar. Mit dem Begriff Datenschutzkontrolle/Datensicherung/Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes sei aber keine subjektive Konkretisierung verbunden, die den Zweck auf den konkreten Anlass beschränke. Der Zweck der Maßnahme gehe in aller Regel über den konkreten Anlass hinaus. Ansatzpunkt seien stets die so genannten "Primärzwecke" in allgemeiner Form, z.B. Zwecke der Datensicherung und/oder der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage. Diese Primärzwecke sollten von der verantwortlichen Stelle vor der jeweils beabsichtigten Verarbeitung oder Nutzung festgelegt werden. Bei unterlassener ausdrücklicher Festlegung im Zeitpunkt der Maßnahme sei der objektive Zweck maßgeblich. Dieser sei dem erkennbar verfolgten Ziel zu entnehmen. Eine weitere Detaillierung in Richtung eines konkreten Anlasses, der den in § 15 Abs. 4 LDSG genannten Zwecken zuzuordnen wäre, habe der Gesetzgeber bewusst unterlassen. Finde eine Datensicherung aus Anlass vermuteter Gerätestörungen statt, so sei die Verwendung dieser Sicherung für die Wiederherstellung anderweitig verlorengegangener Daten nach § 15 Abs. 4 LDSG nicht ausgeschlossen.
22 
Die Wiedergewinnung verloren gegangener Originaldaten gehöre selbstverständlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Verwendungszwecken. Diene die Maßnahme der Sicherung bestimmter Datenbestände, so dürften diese bei Verlust über die angefertigten Sicherungskopien wiederhergestellt und zur Aufgabenerfüllung verwendet werden. Liege der Erhebung oder Speicherung keine (aufgabenspezifische) Rechtsvorschrift zu Grunde oder biete diese keinen geeigneten Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und habe auch der Betroffene keine ausdrückliche Verfügung getroffen, so seien die verfolgten Zwecke auf der Grundlage eines pragmatischen Verständnisses des Handelns der öffentlichen Stelle zu bestimmen. Es sei von einer typischen und sachgerechten Organisation der verantwortlichen Stelle auszugehen. Aufgabe des IT-Bereichs sei es, die für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlichen Daten zu sichern und die ordnungsgemäße Funktion der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums sicherzustellen. Genau dieser Aufgabe hätten die im Herbst 2010 bezüglich des klägerischen Accounts durchgeführten Maßnahmen gedient. Zum Zeitpunkt der Maßnahme habe noch keinerlei Kenntnis der Ursachen der aufgetretenen Datenverluste existiert. Ein rechtswidriger Zugriff von außen oder unbefugtes Handeln Dritter hätten im Zeitpunkt der Maßnahme von niemandem ausgeschlossen werden können. Auch deswegen greife die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil vertretene enge Festlegung auf bestimmte Verlustszenarien zu kurz. Durch das Ausscheiden des Klägers aus dem Amt des Ministerpräsidenten sei keine "Zweckerfüllung" eingetreten. Durch § 15 Abs. 4 LDSG werde nicht ausgeschlossen, dass die streitgegenständlichen Daten im Sinne ihrer engen Zweckbindung (Sicherungskopie) zur Herstellung der Originaldateien benutzt würden. Die wiederhergestellten Originaldateien dürften jedenfalls für diejenigen Zwecke verwendet werden, zu denen sie der Kläger ursprünglich angelegt habe. Daher halte sich die Aufnahme der Postfachdaten in bereits vorhandene Sachakten im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecke und der wahrgenommenen Aufgaben. Die Befugnis zur Wiedergewinnung der Originaldaten gelte unabhängig davon, auf welche Weise die Daten verloren gegangen seien. Der Zweck der Datensicherung umfasse alle Maßnahmen zum Schutz vor Datenverlusten. Hier seien die Sicherungskopien zum Schutz der Originaldateien angelegt worden. Dass die Originaldateien hier nicht versehentlich, sondern bewusst und entgegen der dem Kläger obliegenden Aktenführungspflichten nicht gesichert, sondern gelöscht worden seien, führe zu der objektiven Feststellung des Verlusts von Daten, die nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 LDSG zulässigerweise gespeichert werden dürften und aus der Sicht ordnungsgemäßen nachweisbaren staatlichen Handelns hätten gespeichert werden müssen. Lösche ein Mitarbeiter einer Behörde ganz bewusst auch solche dienstlichen Daten, die noch zu der konkreten Aufgabenwahrnehmung benötigt würden, so müsse die betroffene Behörde befugt sein, auf alle vorhandenen Sicherungskopien zurückzugreifen. Auch die Datensabotage oder missbräuchliche Nutzung durch eigene Mitarbeiter stelle einen Datenverlust dar, vor dem Maßnahmen zur Datensicherung schützen sollten.
23 
Speziell solche Daten, die im Zusammenhang mit den von dem Beklagten bereits erstinstanzlich genannten Verfahren stünden, seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums nach wie vor erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf die bereits anhängigen Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den entsprechenden Sachakten fehlten. Weder die Mitarbeiter noch die von den Mitarbeitern selbst zu dienstlichen Zwecken angelegten dienstlichen Inhalts-Dateien bedürften des vom Verwaltungsgericht angenommenen weiten Schutzes. Nach dem Sinn und Zweck der Sonderregelung in § 15 Abs. 4 LDSG solle durch die strikte Zweckbindung lediglich ausgeschlossen werden, dass die aus Bedürfnissen des Datenschutzes und der Datensicherheitzusätzlich erhobenen Datenbestände als Informationsgrundlage für andere Zwecke zur Verfügung stünden, weil dadurch der Einsatz wirksamer Datenschutz- und Sicherungsmethoden indirekt behindert würde. Mit der Wiederherstellung und dienstlichen Verwendung der zu dienstlichen Zwecken selbst angelegten oder zu diesem Zweck empfangenen Daten könne und müsse ein Mitarbeiter aber jederzeit rechnen. Durch die vom Verwaltungsgericht angenommene Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG werde zugleich das spezielle Regel-Ausnahmeprinzip des § 15 LDSG in einer vom Gesetz nicht beabsichtigten Weise verengt. Behörden und Unternehmen wären in einer Vielzahl von Fällen zur Aufgabe ihrer an sich höherrangigen und berechtigten Interessen gezwungen und letztlich dem Belieben ihrer unbefugt handelnden Mitarbeiter ausgesetzt, wenn und soweit diese (bewusst) dienstliche Dokumente vernichteten.
24 
Völlig unberücksichtigt habe das Verwaltungsgericht gelassen, dass Sinn und Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht sei, denjenigen zu schützen, der selbst in rechtswidriger Weise den Zwecken der Datensicherung zuwidergehandelt habe. Dem Kläger habe während seiner Amtszeit als Ministerpräsident auch im Hinblick auf die in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG genannten Belange die Pflicht oblegen, solche Daten zu sichern, die in die Sachakten des Staatsministeriums gehörten. Diese Sicherung sei unterblieben. Aufgrund der von dem Beklagten vorgelegten E-Mail-Schreiben des Klägers stehe fest, dass dieser z.B. im Zusammenhang mit dem Erwerb der EnBW-Anteile E-Mail-Schreiben erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Die gesamte Anbahnung des Erwerbs der EnBW-Anteile sei unter Ausschluss der zuständigen Ministerien und ihrer Ministerialebenen allein über das damalige Ministerpräsidentenbüro des Klägers vorbereitet und abgeschlossen worden. Die dem Erwerb zu Grunde liegenden Überlegungen und Informationen seien zwischen den beteiligten Parteien ganz überwiegend in digitaler Form ausgetauscht worden. Akten im klassischen Sinn seien zu diesem Vorgang nicht vorhanden. Auch die Akten zum Polizeieinsatz vom 30.09.2009 enthielten keine E-Mail-Nachrichten des Klägers, obwohl die Bevollmächtigten des Klägers gegenüber dem Verwaltungsgericht im Erörterungstermin vom 29.04.2013 erklärt hätten, dass die Staatsanwaltschaft den streitgegenständlichen Sicherungskopien zu diesem Thema insgesamt zwei bis drei Leitzordner E-Mails entnommen und beschlagnahmt habe.
25 
Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus der Amtszeit des Klägers bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Verwaltungs- und Regierungshandeln allgemein und in anderen Fällen betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Der Kläger behaupte gerade nicht, dass es sich bei den gespeicherten Postfach-Daten ausschließlich um den rein privaten Bereich betreffende E-Mails handele. Vielmehr habe er erstinstanzlich geltend gemacht, er habe während seiner Amtszeit als Ministerpräsident keinerlei Dokumentations- und Aktenführungspflicht unterlegen, und bringe nun vor, er habe alle maßgeblichen Unterlagen zu den Sachakten genommen. Der Kläger habe Dokumentations- und Aktenführungspflichten unterlegen. Die Vollständigkeit staatlicher Akten bilde die Grundlage rechtmäßigen staatlichen Handelns und sei Voraussetzung für jede Rechtskontrolle im Sinne von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Das Parlament habe Anteil an der Staatsleitung durch die ihm zustehenden Mitentscheidungskompetenzen und der ihm zugewiesenen parlamentarischen Kontrolle, deren Ziel es sei, das Handeln der Regierung transparent und verantwortlich zu machen. Die dem Staatsministerium durch Übersenden seitens des Untersuchungsausschusses bekannte, dem Gericht vorgelegte E-Mail-Korrespondenz des Klägers betreffe keinen der Kontrolle des Parlaments entzogenen Vorbehaltsbereich der Regierung. Es handle sich um den Gedankenaustausch eines Ministerpräsidenten mit einem außerhalb des Kabinetts stehenden Dritten im Zusammenhang mit einer beabsichtigten wirtschaftlichen Betätigung des Landes. Dem parlamentarischen Informationsrecht entspreche eine grundsätzliche Informationspflicht der Landesregierung. Die Informations- und Akteneinsichtsrechte - in Form von Rechtsansprüchen nach § 29 Abs. 1 LVwVfG, Art. 35 LV i.V.m. § 14 UAG, § 61 LTGO und im Ermessenswege nach allgemeinen Grundsätzen - setzten eine Pflicht zur Führung vollständiger und wahrheitsgetreuer Akten voraus. Die Aktenführungspflicht ergebe sich auch ohne ausdrücklichen Ausspruch in einem Gesetz oder einem Organisationsstatut aus der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht der Behörden und Verfassungsorgane zur objektiven Dokumentation des bisherigen wesentlichen sachbezogenen Geschehensablaufs und der möglichen Erkenntnisquellen für das zukünftige Handeln. Selbstverständlich sei das Staatsministerium verpflichtet, Daten, die den rein familiären Bereich beträfen, zu löschen. Eine diesbezügliche Trennung der Postfachdaten sei über die Absender- bzw. Empfängerdaten technisch möglich. Die Einsichtnahme in die Absender- bzw. Empfängerdaten sei dem Kläger auch zumutbar und keine Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Durch das Löschen der allein elektronisch gespeicherten dienstlichen Daten habe der Kläger die Aufgabenwahrnehmung des Beklagten in einigen Bereichen nahezu unmöglich gemacht. Dies lasse seine Schutzbedürftigkeit insgesamt entfallen.
26 
Der Beklagte beantragt,
27 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
28 
Der Kläger beantragt,
29 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
30 
Die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe Originaldateien entgegen der ihm obliegenden Aktenführungspflichten gelöscht, sei haltlos. Der Vortrag des Beklagten erfolge ohne ansatzweise substantiierte Darlegung. Auf der grundlosen Unterstellung, der Kläger habe gegen seine Aktenführungspflicht verstoßen, beruhe die Argumentation des Beklagten, dass es sich bei den streitgegenständlichen Daten um solche handele, die nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 LDSG zur Erfüllung der Aufgaben des Beklagten erforderlich seien, und dass der Beklagte befugt sein müsse, auf noch vorhandene Sicherungskopien zurückzugreifen. Es sei eine falsche Behauptung, dass im Staatsministerium wenige Schriftstücke aus der Amtszeit des Klägers vorhanden seien. Regierungshandeln unterliege nicht der Anordnung Schriftgut und nach dieser Verwaltungsvorschrift seien nur solche E-Mails zu den Akten zu nehmen, die "Entscheidungen" enthielten, es sei denn der Bearbeiter ordne ihre Aufbewahrung an. Eine elektronische Archivierung von E-Mails sei im Staatsministerium nicht erfolgt. Die Löschung von E-Mails sei Aufgabe des jeweiligen Adressaten gewesen. Zudem gebe es einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der einen nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließe, zu dem auch die Willensbildung der Regierung selbst zähle. Danach seien ausgetauschte Meinungen und Werturteile auch in öffentlichen Angelegenheiten nicht in Akten zu dokumentieren.
31 
Ob Daten zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG noch erforderlich seien, richte sich ausschließlich nach der Zweckbestimmung, die der Speicherung der Daten zu Grunde gelegen habe. Nicht mehr erforderlich seien die Daten, wenn die Aufgabe, zu deren Erfüllung sie gespeichert worden seien, endgültig entfallen sei. Dies werde aus der Systematik des § 15 Abs. 1 LDSG deutlich, indem dort zum Erforderlichkeitsgrundsatz (Nr. 1) kumulativ der Grundsatz der Zweckbindung (Nr. 2) hinzutrete. Daten seien daher zur Aufgabenerfüllung nur solange erforderlich, wie die konkrete Aufgabe aktuell sei. Es gehe vorliegend daher nicht darum, ob der Zweck, zu dem die streitgegenständlichen Daten gespeichert worden seien, über den konkreten Anlass - hier eine technische Störung des E-Mail-Accounts des Klägers im Oktober 2010 - hinausgehe. Bei der Frage, ob die Aufgabe entfallen sei, sei die mit dem Ausscheiden des Klägers aus dem Amt des Ministerpräsidenten verbundene Zeitkomponente maßgeblich, die vom Beklagten außer Acht gelassen werde. Mit diesem Ausscheiden seien die die weitere Speicherung rechtfertigenden Aufgaben entfallen. Die streitgegenständlichen Daten seien nicht zum Zweck der Datensicherung im Sinne der Sicherung ihrer fortwährenden Verfügbarkeit im EDV-System des Beklagten gespeichert worden. Eine Wiedergewinnung von Daten, die in Sicherungskopien gespeichert seien, nach § 15 Abs. 4 LDSG sei nur in den Grenzen der konkreten Aufgabe, zu deren Erfüllung die Speicherung erfolgt sei, zulässig. Vorliegend gehe es nicht um einen Datenverlust durch einen Systemfehler, dessen nachteiligen Folgen auf den ordnungsgemäßen Betrieb der Datenverarbeitungsanlage durch die streitgegenständlichen Sicherungskopien habe entgegengesteuert werden sollen, sondern der Kläger habe als Betroffener bewusst entschieden, diese Daten zu löschen. Die Daten sollten nach dem Anliegen des Beklagten nicht für den intendierten Sicherungszweck (Verlust durch Systemfehler), sondern zu anderen Zwecken, insbesondere der vermeintlich angezeigten Überprüfung der Vollständigkeit von Akten (§ 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG), angeblicher erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl (§ 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG) oder gar der Aufdeckung vermuteter Rechtsverstöße (§ 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG) herangezogen werden. Dies sei jedoch datenschutzrechtlich unzulässig. Die Annahme des Beklagten, die strikte Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG erfasse ausschließlich "zusätzlich" erhobene Datenbestände, verkenne, dass die strikte Zweckbindung ungeachtet des Inhalts der Sicherungskopie hier die streitgegenständlichen Daten erfasse. Der „unclean hands“-Einwand des Beklagten sei für den datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch aus § 23 Abs. 1 LDSG irrelevant. Andernfalls würde die durch § 15 Abs. 4 LDSG bewirkte strikte Zweckbindung ausgehöhlt. Eine Reduzierung des datenschutzrechtlichen Schutzniveaus ergebe sich hier weder daraus, dass die private IT-Nutzung nicht ausdrücklich gestattet worden sei, noch aus dem Umstand, dass der Kläger die Funktion des Ministerpräsidenten innegehabt habe. Die von dem Beklagten angeführten parlamentarischen Kontrollbefugnisse seien nicht dazu geeignet, den datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und die strikte Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG einzuschränken.
32 
Auf die ihm am 01.08.2013 zugestellte Berufungsbegründung hin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 30.08.2013, der am selben Tag beim Verwaltungsgerichtshof einging, Anschlussberufung eingelegt, mit der er seinen erstinstanzlichen Hauptantrag auf uneingeschränkte Löschung der streitgegenständlichen Dateien weiterverfolgt. Zur Begründung führt er aus, die streitgegenständlichen Daten seien als privat einzustufen und allenfalls nach § 2 Abs. 3 LArchG mit dem Einvernehmen des Klägers dem Landesarchiv anzubieten. Mit § 2 Abs. 3 LArchG seien keine Eingriffsbefugnisse verbunden. Auch unter der Annahme, dass kein Fall des § 2 Abs. 3 LArchG vorliege, komme man nicht zu einem Anbieten. Der Kläger in seiner Funktion als Ministerpräsident sei als Verfassungsorgan mit eigenen Organrechten zu betrachten gewesen. Der Kläger selbst sei also Stelle im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG. Die Übergabe durch die Stelle beziehe sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG ausschließlich auf Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötige. Potentielles Archivgut könnten also nur solche Unterlagen sein, die bei der Stelle im Vorfeld der Anbietung der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben dieser Stelle gedient hätten. Dies sei jedoch hier nicht der Fall. Die Daten hätten nicht der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten gedient, denn sie seien ausschließlich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden. Es bestehe also eine Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut dem Landesarchiv anzubieten seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts führe dazu, dass auch Daten, von denen bereits im Vorfeld der Anbietung an das Landesarchiv bekannt sei, dass sie wegen eines Fortfalls des Zwecks im Sinne des § 15 Abs. 4 LDSG nach § 23 Abs. 1 LDSG zu löschen seien, dem Landesarchiv zum Zwecke der Archivierung anzubieten seien. Aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei jedoch ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber danach differenziere, ob ein Löschungsanspruch vor oder nach der Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv erhoben werde. Zwar seien von den Stellen personenbezogene Daten infolge des § 23 Abs. 3 LDSG selbst dann vor der Löschung dem Landesarchiv anzubieten, wenn diese unzulässig gespeichert worden seien. Der die öffentlich-rechtliche Löschungspflicht der öffentlichen Hand widerspiegelnde subjektive Löschungsanspruch des Betroffenen gehe jedoch weiter und sei erst dann ausgeschlossen, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die (weitere) Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. Zudem folge aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, dass unzulässig gespeicherte Daten nicht der archivrechtlichen Anbietungspflicht des § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG unterlägen. Aus § 23 Abs. 3 LDSG im Zusammenspiel mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG lasse sich kein gesetzlicher Rahmen entnehmen, der dem an einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung anzulegenden Bestimmtheitsgrad genüge. Zudem müssten nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts alle in der Landesverwaltung eingehenden und versandten E-Mails vor ihrer Löschung dem Archiv angeboten werden; diese Kontrollüberlegung zeige, dass die Argumentation des Verwaltungsgerichts unzutreffend sei.
33 
Mit der Anschlussberufung beantragt der Kläger,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - teilweise zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, die Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers ... ...PST_20101116, ...PST_20101117 und ... ...PST_20101117_DUMPSTER sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen.
35 
Der Beklagte beantragt,
36 
die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
37 
Das Archivrecht gewährleiste mit den Anbietungs- und Übergabepflichten einerseits und den Sperrfristen andererseits einen angemessenen Ausgleich zwischen den divergierenden Geheimhaltungs- und Publizitätsinteressen der Beteiligten. Die streitgegenständlichen Dateien seien nicht als privat einzustufen. Jedenfalls in den Fällen, in denen der Kläger - wie hier - über seinen Dienstrechner und das ihm als Ministerpräsidenten zugewiesene dienstliche Mailkonto kommuniziert habe, seien die entstandenen Postfachdaten als amtlich einzuordnen. Alle Korrespondenz eines Regierungschefs mit Ausnahme familiärer Schreiben sei von der öffentlichen Amtsfunktion überlagert. Die streitgegenständlichen Sicherungskopien hätten der Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums insgesamt und der Aufgabenerfüllung des Klägers als damaligem Ministerpräsidenten gedient. Gemäß §§ 2, 3 LArchG sei es Aufgabe des Landesarchivs, die ihm angebotenen Unterlagen zu bewerten und die jeweils archivwürdigen Unterlagen auszuwählen. Ob diese in digitaler oder Papierform vorlägen, sei unerheblich. Nach der gesetzgeberischen Intention zu § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG seien Löschungsansprüche nach Landesdatenschutzrecht bei Archivgut ausgeschlossen. Dem eindeutigen Wortlaut nach seien gemäß § 23 Abs. 3 LDSG auch unzulässig gespeicherte Unterlagen anzubieten.
38 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten (2 Heftungen) vor.

Entscheidungsgründe

 
39 
Sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, aber unbegründet.
40 
I. Berufung des Beklagten
41 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Einreichung beim VGH, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 VwGO).
42 
2. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn der Kläger hat einen - durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv modifizierten (s. dazu unter II.) - Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (a). Einem solchen Löschungsanspruch stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (b) entgegen.
43 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
44 
aa) Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten, und sind daher - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat und die Beteiligten auch nicht in Frage stellen - personenbezogene Daten.
45 
bb) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
46 
cc) Die streitgegenständlichen Dateien sind für das Staatsministerium nicht mehr i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG zur Aufgabenerfüllung erforderlich.
47 
(1) Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist. Diese Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung folgt aus Wortlaut, Willen des Gesetzgebers, Sinn und Zweck der Vorschrift sowie den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Danach besteht zwischen dem Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG und der Regelung über Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten nach § 15 LDSG ein unmittelbarer Zusammenhang.
48 
Der Wortlaut von § 15 LDSG und § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG spricht zunächst nicht für diesen unmittelbaren Zusammenhang. Denn § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG macht den Löschungsanspruch davon abhängig, dass die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist, während nach 15 Abs. 1 LDSG die Zulässigkeit der Speicherung nicht nur die Erforderlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle voraussetzt, sondern auch dass die Speicherung für die Zwecke, für die die Daten erhoben worden sind, erfolgt. Den Gesichtspunkt der Zweckbindung spricht der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hingegen gar nicht an.
49 
Dem entspricht es, wenn in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu den insoweit gleich lautenden Normen der § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG, § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X die Erforderlichkeit verneint wird, wenn die Daten keine praktische Bedeutung mehr haben und deshalb ausgeschlossen werden könne, dass sie die Arbeit der zuständigen Behörde noch fördern könnten (vgl. Mallmann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 20 Rn. 42; Mester, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 20 Rn. 18; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 11; Brink, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 35 Rn. 39; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 84 Rn. 7; ähnlich Wedde, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, Kap. 4.4. Rn. 64, und ders., in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 20 Rn. 12, auf die „Aufgabe“ abstellend, zu deren Erfüllung die Daten gespeichert wurden; unklar Worms, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 20 BDSG Rn. 39; ähnlich auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164.92 - juris Rn. 3 m.w.N., zur Speicherung von Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach dem bad.-württ. Polizeigesetz; Beschl. v. 18.03.1994 - 11 B 76.93 - NJW 1994, 2499, zum Eintrag in der Führerscheinkartei). Nach dieser Auffassung dürfte die Erforderlichkeit noch gegeben sein - und bestünde folglich kein Löschungsanspruch des Betroffenen -, wenn der Zweck, zu dem die Daten gespeichert worden sind, inzwischen zwar erfüllt ist, die Daten jedoch allgemein für die Aufgaben der Behörde, mithin für andere Zwecke, als sie der Speicherung zugrunde lagen, noch von Bedeutung sein könnten.
50 
Gegen eine solche Auslegung der Norm spricht jedoch die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BDSG, denen auch im Wortlaut § 23 Abs. 1 Nr. 2 und § 15 Abs. 1 LDSG nachgebildet sind. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977 (Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 27.01.1977, BGBl. I, 201) bestimmte in § 9 Abs. 1:
51 
"Das Speichern oder Verändern personenbezogener Daten ist zulässig, wenn es zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.“
52 
Zur Sperrung und Löschung von Daten bestimmte § 14 BDSG 1977 unter anderem:
53 
„(2) Personenbezogene Daten sind zu sperren, wenn ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt. Sie sind ferner zu sperren, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist…
54 
(3) Personenbezogene Daten können gelöscht werden, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Sie sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder wenn es in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 der Betroffene verlangt.“
55 
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz 1977 war mithin sowohl für die Zulässigkeit von Datenspeicherung und -veränderung nach § 9 Abs. 1 als auch für den Löschungsanspruch nach § 14 Abs. 3 Satz 2 maßgebliches Kriterium die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle. Das Tatbestandsmerkmal der Zweckbindung bestand nicht.
56 
Der heutige Wortlaut von § 20 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 BDSG geht zurück auf die Novelle von 1990 (Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20.12.1990, BGBl. I, 2954). Mit diesem Gesetz reagierte der Gesetzgeber auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Es sei nötig geworden, aufgrund des Volkszählungsurteils dem Grundsatz der Zweckbindung durchgehend Geltung zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 36). Wesentlicher Inhalt der Neufassung sei:
57 
„a) Verstärkung der Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, enumerative Aufzählung der Ausnahmen,
58 
b) Verstärkung der Rechte des Betroffenen sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, insbesondere durch

- Löschungsrechte
…“
59 
(vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 37)
60 
Die Entstehungsgeschichte spricht mithin gerade nicht dafür, den Umfang der Zweckbindung bei der Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung einerseits und den Löschungsanspruch andererseits unterschiedlich zu bestimmen. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt nicht, dass ein Löschungsanspruch erst bestehen soll, wenn unabhängig von der Zweckbindung die Nutzung der gespeicherten Daten ganz allgemein für die Aufgabenerfüllung der Behörde nicht mehr erforderlich ist. Vielmehr wollte der Gesetzgeber im Gegenteil die Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten verstärken, ebenso die subjektiven Rechte des Betroffenen. Die Entstehungsgeschichte spricht mithin dafür, einen Zusammenhang zwischen Löschungsanspruch und Zweckbindungsgrundsatz zu bejahen.
61 
Zweck des Löschungsanspruchs nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG ist, die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Zweckbindung der erhobenen Daten durchzusetzen. Dies folgt nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist - wenn nicht der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LDSG) - nur zulässig, wenn das Landesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LDSG). Dies folgt notwendig daraus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist und ein solcher Eingriff einer bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Für den Bereich der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ist § 15 LDSG die gesetzliche Grundlage, die den Umfang der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 4 Abs. 1 LDSG regelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 15 LDSG nicht mehr zulässig, liegt ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, so dass - da das Grundrecht ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gibt - ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG gegeben sein muss. Wenn jedoch die Verarbeitung personenbezogener Daten weiterhin auf § 15 LDSG gestützt werden kann, ist eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff vorhanden; ein Löschungsanspruch besteht dann nicht. Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach § 15 LDSG korrespondieren mithin.
62 
(2) Nach diesem Maßstab ist die Kenntnis der streitgegenständlichen Daten im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich. Denn die Kenntnis ist nicht notwendig zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor; diese sind nicht anwendbar (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106, 115; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56; Dehoust, in: Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, SächsDSG, 2011, § 13 Rn. 37).
63 
(a) Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält, wie bereits der Wortlaut zeigt, ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Es besteht eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, a.a.O., 31 Rn. 1; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 22; Bieresborn, a.a.O., § 67c Rn. 13; Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB I, V, X, 2012, § 67c SGB X Rn. 13; Steinmeyer, in: Wannagat/Eichenhofer, SGB, § 67c SGB X Rn. 14 <83. Lfg.>). Durch den strikten Zweckbindungsgrundsatz soll verhindert werden, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden (vgl. Heckmann, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 14 Rn. 108; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, „…dass Daten, die nur den genannten Zwecken dienen, keiner anderen Verwendung zugeführt werden“ (so zur Parallelnorm des § 14 Abs. 4 die Beschlussempfehlung des BT-Innenausschusses zur Datenschutznovelle 1990, vgl. BT-Drucks. 11/7235, S. 88).
64 
Das strikte Zweckbindungsgebot des § 15 Abs. 4 LDSG gilt nur dann, wenn personenbezogene Daten ausschließlich zu den im Gesetz genannten Zwecken gespeichert werden (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 111; Buchner, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27, § 31 Rn. 5). Ob eine solche ausschließliche Zwecksetzung verfolgt wird, bestimmt die Daten verarbeitende Stelle im Rahmen der Festlegung des Zweckes (vgl. Buchner, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5). Ausschlaggebend ist mithin der von der verantwortlichen Stelle festgelegte Zweck (vgl. OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 02.03.2011 - OVG 60 PV 10.10 - juris Rn. 30, zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BlnDSG i.V.m. § 31 BDSG; Beschl. v. 14.03.2013 - OVG 62 PV 13.12 - juris Rn. 45 zu § 31 BDSG; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37). Die Festlegung des Verwendungszwecks durch die verantwortliche Stelle führt zu deren Selbstbindung (vgl. Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 24; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39; je zu § 14 Abs. 1 BDSG). Die Zweckbindung haftet der Datenverarbeitung bis zur Zweckerfüllung an (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 10, zu § 14 Abs. 1 BDSG).
65 
Diese Festlegung der Zweckbindung muss im Voraus erfolgen. Wurde sie unterlassen, so ist der objektive Verwendungszweck maßgeblich, der sich nach dem erkennbar verfolgten Ziel bestimmt (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110). Die öffentliche Stelle ist jedoch nicht frei in ihrer Festlegung des Zwecks. Sie hat es nicht in der Hand, durch eine allzu weite und unverbindliche Definition die Zweckbindung leerlaufen zu lassen; die Festlegung des Zwecks muss datenschutzrechtlich zulässig sein (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113, zu § 14 Abs. 4 BDSG; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37, 22, zu § 13 Abs. 4 SächsDSG).
66 
Sollen diese Daten für einen weiteren Zweck genutzt werden, bedarf es hierfür einer eigenständigen Legitimation durch eine Rechtsvorschrift (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30) Eine nachträgliche Änderung der Zweckbindung ohne spezielle gesetzliche Grundlage hierfür ist ausgeschlossen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 31 ff.).
67 
Die Vermeidung von Datenverlusten, Datenmanipulationen und unbefugtem Datenzugang sowie die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung von Datenbeständen gehören zum Zweck der Datensicherung sowie zum Zweck der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109, zur Datensicherung; Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 59, zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 1a: klare Trennung dieser Zwecke nicht möglich). Die Wiedergewinnung des gesicherten und verloren gegangenen Datenbestsands gehört daher grundsätzlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 112, 114; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 24).
68 
Zu Unrecht bringt der Beklagte vor, mit einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 4 LDSG sei eine zu enge Zweckbindung verbunden, die unabweisbare Bedürfnisse der Allgemeinheit, insbesondere im Hinblick auf Belange der Strafrechtspflege bei der Verfolgung von Straftaten unzulässig hintanstelle. Zwar wird in der rechtwissenschaftlichen Literatur vertreten, dass strafrechtliche Zugriffsnormen, auch über § 1 Abs. 3 BDSG bzw. § 2 Abs. 5 LDSG die strikte Zweckbindung des § 14 Abs. 4 BDSG bzw. § 15 Abs. 4 LDSG nicht überwinden könnten (so Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 62; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115 ; a.A. wohl Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29). Anderes gelte nur für die Verfolgung von Datenschutzdelikten; sie bewege sich im Rahmen des § 14 Abs. 4 BDSG (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4). Dies trifft jedoch nach Auffassung des Senats - ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre - nicht zu. Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglichen soll. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können; Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, a.a.O., § 1 Rn. 110; BT-Drucks. 7/1027, S. 16). Diesen Anforderungen des § 2 Abs. 5 LDSG an besondere Rechtsvorschriften entsprechen die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren; diese sind die allgemeinen Rechtsgrundlagen für Datenerhebungen durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. Dembowski, in: Roßnagel, a.a.O., Kap. 8.1 Rn. 17 ff.). Insbesondere ist § 161 Abs. 1 StPO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die allgemeine Erhebung personenbezogener Daten im Ermittlungsverfahren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.02.2009 - 2 BvR 1732, 1745/07 - NJW 2009, 1405 <1407>; Meyer-Goßner, stopp, 56. Aufl., § 161 Rn. 2). Die strafprozessualen Beweiserhebungsnormen sind daher besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die sich über die Zwecksetzung des § 15 Abs. 4 LDSG hinwegsetzen können. Die Zulässigkeit der Erhebung und Beschlagnahme personenbezogener Daten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren trotz einer bestehenden Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG legt schließlich die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG, dass eine datenschutzrechtliche Zweckänderung für Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist, nahe.
69 
(b) Nach diesem Maßstab wäre mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien eine mit § 15 Abs. 4 LDSG unvereinbare Zweckänderung verbunden. Der ursprünglich mit der Erstellung der Sicherungskopien verbundene konkrete Zweck kann jetzt nicht mehr erreicht werden (aa). Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien (bb). Ein allgemeiner, vom ursprünglich verfolgten Zweck unabhängiger Zweck der Datensicherung könnte zudem mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht zulässig verfolgt werden; denn der Zweck, zu dem die Originaldateien gespeichert wurden, ist weggefallen (cc).
70 
(aa) Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war maßgeblicher Zweck der Datensicherungen, eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können. Damit hat der Beklagte Zwecke der Datensicherung und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage i.S.d. § 15 Abs. 4 LDSG verfolgt.
71 
Diese Zwecke - eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Art zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können - hat der Beklagte selbst im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.01.2013 an das Verwaltungsgericht als diejenigen angegeben, zu denen die streitgegenständlichen Dateien erstellt wurden. An diese ursprünglich verfolgten Zwecke ist der Beklagte aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung gebunden. Diese Zwecke können bei Wiedergewinnung der in der Sicherungskopie enthaltenen Daten nun nicht mehr erreicht werden. Die Verfolgung anderer Zwecke schließt § 15 Abs. 4 LDSG aus.
72 
Auf einen allgemeinen, über den konkreten Anlass der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien hinausgehenden allgemeinen Sicherungszweck kann sich der Beklagte hier nicht berufen. Zwar kann der datenschutzrechtlich relevante Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG über den konkreten Anlass der Speicherung hinausgehen. Einen solchen allgemeinen Sicherungszweck verfolgte der Beklagte bei der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien jedoch nicht:
73 
Die Bestimmung des maßgeblichen Zwecks einer Maßnahme nach § 15 Abs. 4 LDSG folgt im Kern denselben Grundsätzen wie die Bestimmung des Zwecks einer Datenspeicherung und -erhebung nach § 15 Abs. 1 LDSG. Maßgeblich ist dabei - wie Dammann zutreffend ausführt - der materielle Gehalt des Zweckbindungsgrundsatzes. Er resultiert daraus, dass jede Ermächtigung einer öffentlichen Stelle, personenbezogene Daten zu erheben und zu speichern, nur im Hinblick auf bestimmte Zwecke ergeht und daher auch eine Verwendung der Daten grundsätzlich nur im Rahmen dieser Zwecke legitimiert. Daher ist bei der Frage, wie der jeweilige Zweck zu fassen ist, bei der jeweiligen rechtlichen Legitimationsgrundlage für das Erheben bzw. Speichern anzuknüpfen. Maßgeblich ist entweder die gesetzliche Grundlage oder die vom Betroffenen im Sinne einer informationellen Selbstbestimmung getroffene Verfügung. Dies entspricht dem Inhalt der Aufklärungspflicht nach § 4 Abs. 3 BGSG. Liegt der Erhebung und Speicherung keine aufgabenspezifische Rechtsvorschrift zu Grunde oder bietet diese keine geeigneten Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und hat auch der Betroffene keine einschränkende Verfügung getroffen, so kommt es auf den tatsächlich verfolgten Handlungszweck an. Dieser kann und wird häufig weiter sein als der konkrete Anlass der Speicherung (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39 ff., zu § 14 Abs. 1 BDSG).
74 
An einer Festlegung eines konkreten Zwecks hinsichtlich der streitgegenständlichen Dateien durch eine Rechtsvorschrift oder eine Verfügung des Betroffenen - hier des Klägers - fehlt es. Daher kommt es auf den tatsächlich verfolgten Zweck an. Dieser bestand nicht in der Herstellung von Sicherungskopien der Outlookdateien des Klägers für jeglichen Fall des Datenverlusts. Denn längerfristige allgemeine Sicherungsspeicherungen von Outlook-Postfachinhalten wurden - abgesehen von der begrenzten Speicherung gelöschter Mails für sieben Tage auf dem Server des Staatsministeriums und für 30 Tage im Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach - im Staatsministerium nicht vorgenommen. Nach der geübten Praxis im Staatsministerium entschied allein der Nutzer des Outlook-Postfachs, welche E-Mails er ausdruckte und den Akten beifügte und welche er löschte. Eine Speicherung von Postfachinhalten für allgemeine Zwecke war auch hier nicht beabsichtigt. Die streitgegenständlichen Dateien wurden vielmehr für den beschriebenen begrenzten Zweck - Behebung von Problemen im Outlook-Kalender des Klägers - hergestellt, zu dem sie nun nicht mehr verwendet werden können.
75 
(bb) Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG gelte nur für zusätzliche, bei der Datenschutzkontrolle etc., aus technischen Gründen anfallende Dateien wie Protokolle von Datenabrufen oder personenbezogene Daten der Mitarbeiter in der IT-Abteilung. Für die Zwecke der Datenschutzkontrolle und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage wird dies in der Literatur in der Tat angenommen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 110). Für im Rahmen der Datensicherung hergestellte Kopien kann dies jedenfalls nicht gelten (so wohl auch Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109). Eine Einschränkung des Schutzzwecks des § 15 Abs. 4 LDSG lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Für Datenkopien ist der Schutzzweck auch einschlägig. Denn es entspricht gerade dem Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG, dass zusätzlich angelegte Datenbestände nicht als allgemeine Informationsgrundlage dienen sollen. Hierunter fallen gerade nach Jahren immer noch vorhandene, vom ursprünglichen Speicherzweck losgelöste Kopien von Dateien
76 
(cc) Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass aus nach § 15 Abs. 4 LDSG hergestellten Sicherungskopien bei jeglichem Datenverlust die Originaldateien wiederhergestellt werden dürften, wäre eine solche Wiederherstellung hier unzulässig. Denn eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann (Zweckerreichung). Das folgt aus dem strengen Zweckbindungsgrundsatz des § 15 Abs. 4 LDSG. Dieser soll verhindern, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden. Damit wäre es unvereinbar, wenn gemäß § 15 Abs. 4 LDSG erstellte Sicherungskopien von der speichernden Stelle noch genutzt werden dürften, obwohl der Speicherungszweck der Originaldateien bereits entfallen ist. So liegt der Fall hier:
77 
Bei der Bestimmung des Zwecks der ursprünglichen Datenspeicherung nach § 15 Abs. 1 LDSG ist, wie dargelegt, auf die rechtliche Legitimationsgrundlage für die Datenspeicherung abzustellen. Eine Rechtsvorschrift, die die Speicherung von E-Mails von Landesbediensteten datenschutzrechtlich gestattet, existiert nicht. Eine gesonderte Regelung des E-Mail-Verkehrs im Staatsministerium erfolgte nicht, eine datenschutzrechtlich relevante Selbstverpflichtung des Klägers zum E-Mail-Verkehr fehlt daher. Da die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zugeordnet waren und der Nutzer des Postfachs selbst über die Verwendung der Postfachinhalte entscheiden durfte, diente die Speicherung von Postfachinhalten den persönlichen Belangen des Postfachinhabers. Dieser Zweck besteht, nachdem der Kläger seinen E-Mail-Account im Staatsministerium nicht mehr nutzt, nicht mehr. Andere datenschutzrechtlich i.S.v. § 15 Abs. 1 LDSG relevante Zwecke bestanden nicht. Selbst die Anlegung von Protokolldateien über die Internetnutzung diente nach den Sicherheitshinweisen im Antragsformular des Klägers auf Internetzugang vom 11.02.2010 Zwecken der Sicherheit der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums vor unerlaubten Zugriffen oder Angriffen von außen, nicht Datensicherungszwecken im allgemeinen. Der ursprünglich verfolgte Zweck der Speicherung der Originaldateien kann nicht mehr erreicht werden, diese dürfen daher nicht aus der Sicherungskopie wiederhergestellt werden.
78 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beklagten, nach der AnO Schriftgut und allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie folgenden Grundsätzen seien E-Mails aufgrund des Grundsatzes der Aktenvollständigkeit zu den Akten zu nehmen. Dass aus diesen Gründen E-Mails gespeichert werden, ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Grundlage noch aus einer datenschutzrechtlichen Einwilligung des Klägers. Ein datenschutzrechtlich relevanter Speicherzweck im Sinne des § 15 Abs. 1 LDSG liegt insoweit nicht vor.
79 
dd) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zum Löschungsanspruch des Klägers dargelegt, dass dieser sich nicht zusätzlich auf § 88 TKG berufen kann, dass § 36 LDSG keine Anwendung findet und dass § 23 Abs. 3 LDSG dem Grunde nach dem Löschungsanspruch nicht entgegensteht. Auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die die Beteiligten im Berufungsverfahren nicht angreifen, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
80 
b) Dem Löschungsanspruch des Klägers nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs (aa) noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (bb) entgegen.
81 
aa)Dem datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG kann im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Betroffene seinerseits offenkundig und schwerwiegend gegen eine gegenüber der die Daten speichernden Stelle bestehenden Pflicht oder Obliegenheit verstoßen hat, die im sachlichen Zusammenhang mit den zu löschenden Daten steht (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).
82 
(1) Beim Rechtsmissbrauch handelt es sich um einen besonderen Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben. Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den allgemeinen ungeschriebenen Grundsätzen, die sowohl im Verwaltungsrecht des Bundes als auch im Verwaltungsrecht der Länder existieren und Bürger und Verwaltung binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - BVerwGE 101, 58, juris Rn. 17; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <71>; Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 24.96 - BVerwGE 102, 194 <199>; Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24.02 - BVerwGE 118, 84 <89>; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 62 Rn. 29; Pitschas, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voß-kuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Bd. II., § 42 Rn. 94). Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann daher auch subjektiv-öffentlichen Ansprüchen des Bürgers gegen die öffentliche Hand entgegenstehen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 10, m.w.N.; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - a.a.O.; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162, juris Rn. 31, m.w.N.). Auch verfassungsrechtlich sind missbräuchlich erworbene Rechtspositionen des Bürgers nicht notwendig geschützt (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.05.2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24, juris Rn. 51, zur Rücknahme der erschlichenen Einbürgerung nach § 48 VwVfG; ebenso BVerwG, Urt. v. 03.06.2003 - 1 C 19.02 - BVerwGE 118, 216 <220>; ähnlich zur missbräuchlichen Berufung auf Grundfreiheiten: EuGH, Urt. v. 09.03.1999 - C-212/97 [Centros] - juris Rn. 24 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers schließen Grundrechte des Betroffenen daher nicht von vornherein aus, dass sich die öffentliche Hand ihm gegenüber auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen kann.
83 
Ein Fall der nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung ist die Verletzung eigener Pflichten (vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 46, m.w.N.). Dabei bedarf es eines Zusammenhangs zwischen dem beanspruchten und dem selbst geübten Verhalten, damit der geltend gemachte Rechtsanspruch angesichts des eigenen Verhaltens rechtsmissbräuchlich erscheint (vgl. Roth/Schubert, in: MK-BGB, 6. Aufl., § 242 Rn. 389).
84 
Der Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben steht hier, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 LDSG Fälle der zulässigen Zweckänderung geregelt und insbesondere in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG Belange des Allgemeinwohls bereits berücksichtigt hat. Eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass im Einzelfall ein Rückgriff auf die Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen ist, ist damit nicht verbunden (für eine Ausnahme von der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG oder vergleichbarer Normen in Sonderfällen auch: Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29, 35: Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115). Der Einwand, das Verfolgen eines Anspruchs verstoße gegen Treu und Glauben, kann als allgemeines, in der Rechtsordnung anerkanntes Prinzip Geltung im Verhältnis auch zu Verfassungsrechtsätzen wie der Bindung an Recht und Gesetz und dem Gesetzesvorbehalt beanspruchen. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs hat nämlich selbst eine Grundlage in der materialen Rechtsstaatlichkeit (vgl. Pitschas, a.a.O., m.w.N.). Die Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG wird folglich nicht dadurch infrage gestellt, dass der Bürger öffentlich-rechtliche Ansprüche mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht geltend machen kann (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, a.a.O.).
85 
Die Grundsätze von Treu und Glauben können in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht dazu führen, dass jeder Verstoß eines Betroffenen, der dem Grunde nach einen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat, gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten dem Löschungsanspruch hindernd entgegengehalten werden kann. Voraussetzung ist vielmehr ein offenkundiger und schwerwiegender Verstoß gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten (ähnlich in anderen Zusammenhängen: BVerwG, Urt. v. 08.02.1974 - VII C 35.73 - DÖV 1975, 137, juris Rn. 16 m.w.N.; Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE133, 85, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R - juris Rn. 37; BayVGH, Urt. v. 25.02.1977 - 6 X 77 - juris Rn. 26). Andernfalls könnte die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben dazu führen, dass eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Nutzung personenbezogener Daten zulässig würde. Dies wäre mit der Bedeutung des Gesetzesvorbehalts, der im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten wurzelt, unvereinbar. Der Gesetzesvorbehalt hat eine elementare freiheitssichernde Funktion. Indem er für jeden staatlichen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheit eine gesetzliche Grundlage fordert, gewährleistet er, dass die Freiheitseinschränkung auf den Willen des Souveräns zurückzuführen ist und der betroffene Bürger vorab erkennen kann, welche Freiheitseinschränkungen er zu erwarten hat. Im Datenschutzrecht kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Der Ausgleich zwischen den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Gesetzesvorbehalt, die im Ansatz gleichrangig nebeneinander stehen, ist daher in dem Sinne vorzunehmen, dass nur schwerwiegende und offensichtliche Verstöße gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten des Betroffenen dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG mit Erfolg entgegengehalten werden können.
86 
(2) Die Voraussetzungen eines offenkundigen und schwerwiegenden Verstoßes gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten liegen hier nicht vor. Zwar hat der Kläger möglicherweise gegen seine Pflicht zur Führung vollständiger Akten verstoßen (a). Ein solcher Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz der Aktenvollständigkeit stünde in dem für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung notwendigen Zusammenhang zum Löschungsanspruch. Denn beide Aspekte betreffen denselben Gegenstand (dieselben Dateien) und stehen auch inhaltlich in einem Zusammenhang, da es jeweils auch um die Frage geht, welche Dateien für die Aufgaben der Beklagten erforderlich sind. Ein solcher Verstoß wäre jedoch nicht offensichtlich und schwerwiegend (b).
87 
(a) Auch für Regierungshandeln besteht im Grundsatz eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten, die jedoch durch den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung begrenzt ist:
88 
(aa) Eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung zur Führung vollständiger Akten in Behörden einschließlich Ministerien fehlt. Die im Staatsministerium geltende AnO Schriftgut vom 22.12.2005 ist lediglich ein Erlass. Aus ihr lässt sich eine Pflicht, Dokumente zur Akte zu nehmen und eine vollständige Akte zu führen, nur mittelbar entnehmen: Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen (Nr. 1.2). Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen (Nr. 2). Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert (Nr. 3.1). Eine klare Bestimmung zur Führung vollständiger Akten fehlt jedoch in der AnO Schriftgut.
89 
Für E-Mails enthält die AnO Schriftgut keine ausdrückliche Regelung. Nach der Praxis im Staatsministerium entschied jeder Nutzer des Postfachs selbst, welche E-Mails er ausdruckt und den Akten beigefügt oder löscht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der in der von dem Beklagten vorgelegten Akte vorhandene Leitfaden für die Schriftgutverwaltung im Innenministerium vom März 2010. Er enthält u.a. die Regelung - auf die sich der Kläger zu Unrecht beruft -, dass E-Mails, die keine Entscheidungen enthalten, vernichtet werden, es sei denn, der Bearbeiter ordnet die Aufbewahrung an. Dieser Leitfaden des Innenministeriums galt im Staatsministerium nicht.
90 
Eine Pflicht, die erforderlichen Unterlagen zur Akte zu nehmen und die Akte vollständig zu führen, folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, wie sie die Rechtsprechung seit langem anerkennt: Der Grundsatz der Aktenvollständigkeit ist für die vollziehende Gewalt nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche ausdrückliche Regelung ist jedoch auch nicht erforderlich. Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält. Dies macht die Führung von Akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte. Das Prinzip der Aktenvollständigkeit folgt aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1983 - 2 BVR 244, 310/83 - NJW 1983, 2135; BVerwG, Beschl. v. 16.03.1988 - 1 B 153.87 - NJW 1988, 621 <622>; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 22.12.2000 - 2 L 38/99 - juris Rn. 55 f., m.w.N.; ebenso Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 29 Rn. 16).
91 
(bb) Für Handeln von Regierungen gelten diese für Verwaltungshandeln von Behörden entwickelten Grundsätze im Ansatz ebenso. Dies folgt zum einen daraus, dass auch ein Handeln der Regierung, vor allem außerhalb von Gesetzgebungsverfahren Verwaltungstätigkeit sein kann (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 20.12.2011 - 159/10 - juris Rn. 28). Im Hinblick auf eigentliches Regierungshandeln ergibt sich das zum anderen aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Zwar besteht ein nicht ausforschbarer Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der auch der Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, Grenzen setzt. Jedoch gebietet der Gewaltenteilungsgrundsatz - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auf das Land Baden-Württemberg übertragbar ist - eine Auslegung der Verfassung dahin, dass parlamentarische Kontrolle wirksam ausgeübt werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn die dazu nötigen Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dem Parlament auch nach Abschluss der jeweiligen Vorgänge grundsätzlich verschlossen blieben. Die Entscheidungen der Regierung unterlägen dem parlamentarischen Kontrollrecht dann nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Eine solche grundsätzliche Begrenzung der parlamentarischen Kontrolle wäre mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz unvereinbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 123 ff., 141, m.w.N.). Folglich müssen insoweit auch Pflichten zur vollständigen Aktenführung bestehen, da andernfalls die parlamentarische Kontrolle leerliefe.
92 
Dies gilt jedoch nicht für den geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt.Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht.Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83 u.a. - BVerfGE 67, 100, juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 - BVerfGE 77, 1, juris Rn. 140; Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
93 
In Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden parlamentarische Informationsrechte nicht grundsätzlich immer schon dann aus, wenn es sich um Informationen aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.Auch dem nachträglichen parlamentarischen Zugriff auf Informationen aus der Phase der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen setzt der Gewaltenteilungsgrundsatz Grenzen. Bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung geheimzuhaltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen nicht verpflichtet ist. Ein - sei es auch erst nach Abschluss des jeweiligen Entscheidungsprozesses einsetzender - schrankenloser parlamentarischer Informationsanspruch würde vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die das Gewaltenteilungsprinzip ihr zuweist.
94 
Der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet allerdings gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass - wie bereits dargelegt - parlamentarische Kontrolle wirksam sein kann. Die Entscheidungen der Regierung unterliegen daher dem parlamentarischen Kontrollrecht nicht nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Weitere Hintergründe könnten sonst nach Belieben unzugänglich gehalten werden, auch solche, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung politisch nicht beurteilt und die politische Verantwortung für Fehler, die gerade das Zustandekommen dieser Entscheidungen betreffen, nicht aufgeklärt werden kann.Parlamentarische Informationsrechte in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden danach nicht grundsätzlich immer dann aus, wenn es sich um Akten aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Ob zu erwarten ist, dass die Herausgabe solcher Informationen die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen. Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, sind umso schutzwürdiger, je näher sie der gouvernamentalen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Je weiter ein parlamentarisches Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss das parlamentarische Informationsbegehren sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einer parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht. Die Frage, ob die Vorlage von Akten aus dem Bereich der Vorbereitung abgeschlossener Regierungsentscheidungen, aus denen Aufschluss über die Willensbildung der Regierung und ihrer Mitglieder gewonnen werden kann, die Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, kann demnach nicht pauschal verneint werden. Ebensowenig ist sie aber pauschal zu bejahen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 123 ff., 141, m.w.N.)
95 
Dabei geht es - zumindest vor allem - um den Schutz der Willensbildung innerhalb der Regierung als Verfassungsorgan. Das Bundesverfassungsgericht hat daher die Ermittlung einer etwaigen Einflussnahme Dritter auf Mitglieder der Bundesregierung in einem zurückliegenden Zeitraum als einen Vorgang angesehen, der den nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung nicht berührte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987, a.a.O., juris Rn. 140). Auch die Vorlage von Akten, die nicht die Beratungen der Regierung als Kollegium, sondern deren Vorbereitung innerhalb der Ressorts und zwischen den Ressorts betreffen, berührt die Eigenverantwortung der Regierung nicht. Zu prüfen ist insoweit jedoch, ob die schützenswerte Freiheit und Offenheit des der Regierungsentscheidung über den Haushaltsentwurf vorgelagerten interministeriellen Abstimmungsprozesses durch die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen aus diesem Abstimmungsprozess beeinträchtigt wird; dies könnte anzunehmen sein, wenn die dadurch ausgelöste Befürchtung eventueller späterer Publizität geeignet wäre, eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten zu hemmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., juris Rn. 65 f.). Daher kann auch Kommunikation von Regierungsmitgliedern mit externen Beratern, die der Vorbereitung von Regierungshandeln dient, schützenswert sein. Solche Überlegungen mit externen Beratern können insbesondere Fragen der politischen Opportunität betreffen. Unbeeinträchtigte Kommunikation hierüber zu ermöglichen, kann wesentlich sein, um eine Regierungsentscheidung möglichst sachgerecht und ohne die einengende Befürchtung, dass Vorüberlegungen nachträglich einer Kontrolle unterliegen, vorbereiten zu können (ebenso StGH, Urt. v. 26.07.2007, a.a.O., Rn. 114 ff. zu Verhandlungen der Regierung mit einem privaten Dritten).
96 
(cc) Der danach für die Regierung mit Ausnahme des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bestehenden Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, steht die nach der Verwaltungspraxis des Staatsministeriums bestehende Befugnis, selbst zu entscheiden, welche E-Mails zur Akte genommen oder gelöscht werden, nicht entgegen. Eine solche Befugnis kann - gerade für einen Ministerpräsidenten, dem die Staatsleitung obliegt (vgl. zum Amtseid Art. 48 LV) - kein freies, sondern allenfalls ein pflichtgemäßes Ermessen begründen, das nur im Rahmen der dargestellten allgemeinen Grundsätze ausgeübt werden kann.
97 
(b) An einem offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen die Pflicht, vollständige Akten zu führen, fehlt es jedoch.
98 
Dies folgt bereits daraus, dass eine klare und eindeutige Regelung dieser Pflicht nicht bestand. Die AnO Schriftgut normiert eine solche Pflicht nicht ausdrücklich. Vielmehr bestand im Staatsministerium die Praxis, dass jeder Mitarbeiter selbst entscheiden durfte, welche E-Mails er zur Akte nimmt. Zwar kann daraus nur - wie dargelegt - ein pflichtgemäßes, kein freies Ermessen folgen, da sich eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten aus allgemeinen Grundsätzen ergibt. Jedoch sind diese Grundsätze, auch wenn sie im Hinblick auf Verwaltungshandeln für die pflichtigen Mitarbeiter allgemein bekannt sein sollten, nur ungeschriebene Prinzipien. Zudem sind sie, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung bisher - wenngleich ihre grundsätzliche Geltung für Regierungshandeln aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung folgt - nur auf die Verwaltungstätigkeit angewandt worden.
99 
Zudem war es, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob alle streitgegenständlichen Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen, zum damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsam, davon auszugehen, dass die Vorbereitung des zwischen den Beteiligten streitigen Erwerbs von Anteilen an der EnBW AG durch das Land Baden-Württemberg dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen kann. Die gespeicherten E-Mails stammen jedenfalls aus dem Zeitraum vor dem 18.11.2010 und betreffen daher den Zeitraum der Vorbereitung des Ankaufs, der grundsätzlich geeignet ist, in diesen geschützten Bereich zu gehören. Für die von dem Beklagten vorgelegten, nicht bei den Sachakten sich befindenden E-Mails war es damals nicht unvertretbar anzunehmen, diese würden als Informationen über die Vorbereitung und öffentlichkeitswirksame Darstellung des Anteilserwerbs dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen.
100 
bb) Dem Löschungsanspruch des Klägers aus § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen Pflichten aus Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Organtreue begründet keine nachwirkenden Pflichten.
101 
Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue haben oberste Staatsorgane bei der Ausübung ihrer Kompetenzen von Verfassungs wegen aufeinander Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1, 2/60 - BVerfGE 12, 205 <254>; Beschl. v. 04.06.1973 - 2 BvG 1/73 - BVerfGE 35, 193 <199>; Urt. v. 25.05.1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <39>; Urt. v. 12.07.1994 - 2 BvE 3/92 u.a. - BVerfGE 90, 286, juris Rn. 203; StGH, Urt. v. 21.10.2002 - 11/02 - ESVGH 53, 15, juris Rn. 84; Urt. v. 11.10.2007 - GR 1/07 - juris Rn. 58). Dieser Grundsatz vermag für sich genommen jedoch keine Rechte zu begründen. Vielmehr bedarf er, um seine Wirkung entfalten zu können, eines bereits bestehenden Verfassungsrechtsverhältnisses. Er ist insoweit akzessorischer Natur und kann ein vorhandenes Verfassungsrechtsverhältnis ausgestalten, aber nicht neu begründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.09.2013 - 2 BvE 6/08 u.a. - NVwZ 2013, 1468, juris Rn. 183, unter Bezugnahme auf die Grundsätze zum bundesfreundlichen Verhalten, vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 05.02.2001 - 2 BvG 1/00 - BVerfGE 104, 238 <248>).
102 
Voraussetzung für die Berufung auf den Grundsatz der Organtreue ist daher, dass dem Verfassungsorgan aktuell verfassungsrechtliche Zuständigkeiten zustehen. Die verfassungsrechtlich gebotene Organtreue kann nur solange eingefordert werden, wie das Verfassungsorgan selbst durch die Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet sei (vgl. HambVerfG, Urt. v. 27.04.2007 - 3/06 - juris Rn. 89). Nachwirkende Pflichten einer Person, die - wie der Kläger - Verfassungsorgan war, aber nicht mehr ist, bestehen daher nicht.
103 
II. Anschlussberufung des Klägers
104 
Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
105 
1. Die Anschlussberufung ist nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Anschlussberufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Begründung in Anschlussschrift, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 i.V.m. 124 a Abs. 3 Sätze 2, 4 und 5 VwGO).
106 
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen unbedingten Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien. Vielmehr ist sein Löschungsanspruch durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv beschränkt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen der Anschlussberufung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
107 
Unzutreffend ist der Kläger der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Daten als privat einzustufen seien und daher nur mit seinem Einvernehmen nach § 2 Abs. 3 LArchG angeboten werden dürften. Unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass § 2 Abs. 3 LArchG Daten aus privater Hand meint. Darum handelt es sich hier gerade nicht.
108 
Ohne Erfolg muss auch das Vorbringen bleiben, es handele sich bei den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht um Daten, die i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten als Stelle im Sinne von § 2 Abs. 1 LArchG gedient hätten, da sie lediglich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden seien. Für die behauptete Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut überhaupt dem Landesarchiv anzubieten sind, ist nichts ersichtlich. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG knüpft lediglich daran an, dass Unterlagen bei Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes entstanden sind und dort vorhanden sind und von diesen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden. Nach der eindeutigen Regelung des § 23 Abs. 3 LDSG sind auch Daten, deren Speicherung unzulässig war - z.B. da von vornherein keine Erforderlichkeit für die Speicherung gegeben war - dem Landesarchiv anzubieten. Der datenschutzrechtliche Erforderlichkeitsgrundsatz ist für die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv unerheblich.
109 
Unbegründet macht der Kläger geltend, aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG folge, dass der Löschungsanspruch des Betroffenen erst dann ausgeschlossen sei, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die weitere Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG regelt, dass Löschungsansprüche bei Archivgut ausgeschlossen sind. Für einen Umkehrschluss, dass vor Anbieten gegenüber dem Landesarchiv sich Löschungsansprüche gegenüber dem Archivrecht durchsetzten, fehlen Gründe.
110 
Schließlich ist auch keine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers gegeben. Die schlichte Behauptung, § 23 Abs. 3 LDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, ist nicht nachzuvollziehen. Warum den vom Kläger angesprochenen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt sein soll, erschließt sich nicht. Die sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Rechtsfolgen sind klar und eindeutig. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, bestehen zudem zahlreiche Schutzvorkehrungen zugunsten der etwaig in ihren Grundrechten Betroffenen.
111 
Erfolglos bleibt schließlich der Einwand des Klägers, nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts müssten alle bei der Landesverwaltung anfallenden E-Mails dem Landesarchiv angeboten werden und dies könne nicht richtig sein. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG sieht für die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes eine unbeschränkte Anbietungspflicht für alle Unterlagen vor. Unterlagen in diesem Sinne sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG insbesondere Schriftstücke, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme; dazu gehören mithin auch E-Mails. Eine § 2 Abs. 6 BArchG vergleichbare Norm - nach der Unterlagen, die nach Auffassung der anbietungspflichtigen Stellen und des zuständigen Archivs von offensichtlich geringer Bedeutung sind, nicht angeboten werden müssen - gibt es in Baden-Württemberg nicht. Einschränkungen können allerdings gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 LArchG gerade im Hinblick auf maschinenlesbare Informationen zwischen dem Landesarchiv und der anbietenden Stelle getroffen werden.
112 
III. Nebenentscheidungen
113 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei einem Anschlussrechtsmittel ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1980 - 1 B 802.90 - juris) diese einheitlich zu treffen (vgl. BFH, Beschl. v. 17.12.2002 - I R 87/00 - juris; OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u.a. - juris Rn. 158, m.w.N.).
114 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Das Landesdatenschutzgesetz und das Landesarchivgesetz sind Landesrecht. Ebenso haben der Einwand des Rechtsmissbrauchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 13, 14 und Urt. v. 14.08.1982 - 8 C 19.90 - BVerwGE 90, 310, juris Rn. 16) und die Grundsätze der Organtreue ihre Grundlage im Landesrecht.
115 
Beschluss vom 30. Juli 2014
116 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
5.000.—EUR
festgesetzt. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel sind, soweit sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG). Das gilt auch für den Fall eines unselbständigen Anschlussrechtsmittels (vgl. BGH -GrS-, Beschl. v. 05.10.1978 - GSZ 1/78 - BGHZ 72, 339; BayVGH, Urt. v. 22.07.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 50). Da die Rechtsmittel denselben Gegenstand betreffen, ist der Auffangwert von 5.000.-- EUR nur einmal festzusetzen (vgl. OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010, a.a.O., Rn. 160; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 07.09.2010 - 1 M 210/09 - juris Rn. 57).
117 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
39 
Sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, aber unbegründet.
40 
I. Berufung des Beklagten
41 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Einreichung beim VGH, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 VwGO).
42 
2. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn der Kläger hat einen - durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv modifizierten (s. dazu unter II.) - Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (a). Einem solchen Löschungsanspruch stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (b) entgegen.
43 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
44 
aa) Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten, und sind daher - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat und die Beteiligten auch nicht in Frage stellen - personenbezogene Daten.
45 
bb) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
46 
cc) Die streitgegenständlichen Dateien sind für das Staatsministerium nicht mehr i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG zur Aufgabenerfüllung erforderlich.
47 
(1) Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist. Diese Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung folgt aus Wortlaut, Willen des Gesetzgebers, Sinn und Zweck der Vorschrift sowie den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Danach besteht zwischen dem Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG und der Regelung über Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten nach § 15 LDSG ein unmittelbarer Zusammenhang.
48 
Der Wortlaut von § 15 LDSG und § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG spricht zunächst nicht für diesen unmittelbaren Zusammenhang. Denn § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG macht den Löschungsanspruch davon abhängig, dass die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist, während nach 15 Abs. 1 LDSG die Zulässigkeit der Speicherung nicht nur die Erforderlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle voraussetzt, sondern auch dass die Speicherung für die Zwecke, für die die Daten erhoben worden sind, erfolgt. Den Gesichtspunkt der Zweckbindung spricht der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hingegen gar nicht an.
49 
Dem entspricht es, wenn in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu den insoweit gleich lautenden Normen der § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG, § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X die Erforderlichkeit verneint wird, wenn die Daten keine praktische Bedeutung mehr haben und deshalb ausgeschlossen werden könne, dass sie die Arbeit der zuständigen Behörde noch fördern könnten (vgl. Mallmann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 20 Rn. 42; Mester, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 20 Rn. 18; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 11; Brink, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 35 Rn. 39; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 84 Rn. 7; ähnlich Wedde, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, Kap. 4.4. Rn. 64, und ders., in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 20 Rn. 12, auf die „Aufgabe“ abstellend, zu deren Erfüllung die Daten gespeichert wurden; unklar Worms, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 20 BDSG Rn. 39; ähnlich auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164.92 - juris Rn. 3 m.w.N., zur Speicherung von Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach dem bad.-württ. Polizeigesetz; Beschl. v. 18.03.1994 - 11 B 76.93 - NJW 1994, 2499, zum Eintrag in der Führerscheinkartei). Nach dieser Auffassung dürfte die Erforderlichkeit noch gegeben sein - und bestünde folglich kein Löschungsanspruch des Betroffenen -, wenn der Zweck, zu dem die Daten gespeichert worden sind, inzwischen zwar erfüllt ist, die Daten jedoch allgemein für die Aufgaben der Behörde, mithin für andere Zwecke, als sie der Speicherung zugrunde lagen, noch von Bedeutung sein könnten.
50 
Gegen eine solche Auslegung der Norm spricht jedoch die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BDSG, denen auch im Wortlaut § 23 Abs. 1 Nr. 2 und § 15 Abs. 1 LDSG nachgebildet sind. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977 (Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 27.01.1977, BGBl. I, 201) bestimmte in § 9 Abs. 1:
51 
"Das Speichern oder Verändern personenbezogener Daten ist zulässig, wenn es zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.“
52 
Zur Sperrung und Löschung von Daten bestimmte § 14 BDSG 1977 unter anderem:
53 
„(2) Personenbezogene Daten sind zu sperren, wenn ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt. Sie sind ferner zu sperren, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist…
54 
(3) Personenbezogene Daten können gelöscht werden, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Sie sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder wenn es in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 der Betroffene verlangt.“
55 
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz 1977 war mithin sowohl für die Zulässigkeit von Datenspeicherung und -veränderung nach § 9 Abs. 1 als auch für den Löschungsanspruch nach § 14 Abs. 3 Satz 2 maßgebliches Kriterium die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle. Das Tatbestandsmerkmal der Zweckbindung bestand nicht.
56 
Der heutige Wortlaut von § 20 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 BDSG geht zurück auf die Novelle von 1990 (Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20.12.1990, BGBl. I, 2954). Mit diesem Gesetz reagierte der Gesetzgeber auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Es sei nötig geworden, aufgrund des Volkszählungsurteils dem Grundsatz der Zweckbindung durchgehend Geltung zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 36). Wesentlicher Inhalt der Neufassung sei:
57 
„a) Verstärkung der Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, enumerative Aufzählung der Ausnahmen,
58 
b) Verstärkung der Rechte des Betroffenen sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, insbesondere durch

- Löschungsrechte
…“
59 
(vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 37)
60 
Die Entstehungsgeschichte spricht mithin gerade nicht dafür, den Umfang der Zweckbindung bei der Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung einerseits und den Löschungsanspruch andererseits unterschiedlich zu bestimmen. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt nicht, dass ein Löschungsanspruch erst bestehen soll, wenn unabhängig von der Zweckbindung die Nutzung der gespeicherten Daten ganz allgemein für die Aufgabenerfüllung der Behörde nicht mehr erforderlich ist. Vielmehr wollte der Gesetzgeber im Gegenteil die Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten verstärken, ebenso die subjektiven Rechte des Betroffenen. Die Entstehungsgeschichte spricht mithin dafür, einen Zusammenhang zwischen Löschungsanspruch und Zweckbindungsgrundsatz zu bejahen.
61 
Zweck des Löschungsanspruchs nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG ist, die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Zweckbindung der erhobenen Daten durchzusetzen. Dies folgt nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist - wenn nicht der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LDSG) - nur zulässig, wenn das Landesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LDSG). Dies folgt notwendig daraus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist und ein solcher Eingriff einer bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Für den Bereich der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ist § 15 LDSG die gesetzliche Grundlage, die den Umfang der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 4 Abs. 1 LDSG regelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 15 LDSG nicht mehr zulässig, liegt ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, so dass - da das Grundrecht ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gibt - ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG gegeben sein muss. Wenn jedoch die Verarbeitung personenbezogener Daten weiterhin auf § 15 LDSG gestützt werden kann, ist eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff vorhanden; ein Löschungsanspruch besteht dann nicht. Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach § 15 LDSG korrespondieren mithin.
62 
(2) Nach diesem Maßstab ist die Kenntnis der streitgegenständlichen Daten im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich. Denn die Kenntnis ist nicht notwendig zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor; diese sind nicht anwendbar (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106, 115; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56; Dehoust, in: Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, SächsDSG, 2011, § 13 Rn. 37).
63 
(a) Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält, wie bereits der Wortlaut zeigt, ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Es besteht eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, a.a.O., 31 Rn. 1; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 22; Bieresborn, a.a.O., § 67c Rn. 13; Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB I, V, X, 2012, § 67c SGB X Rn. 13; Steinmeyer, in: Wannagat/Eichenhofer, SGB, § 67c SGB X Rn. 14 <83. Lfg.>). Durch den strikten Zweckbindungsgrundsatz soll verhindert werden, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden (vgl. Heckmann, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 14 Rn. 108; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, „…dass Daten, die nur den genannten Zwecken dienen, keiner anderen Verwendung zugeführt werden“ (so zur Parallelnorm des § 14 Abs. 4 die Beschlussempfehlung des BT-Innenausschusses zur Datenschutznovelle 1990, vgl. BT-Drucks. 11/7235, S. 88).
64 
Das strikte Zweckbindungsgebot des § 15 Abs. 4 LDSG gilt nur dann, wenn personenbezogene Daten ausschließlich zu den im Gesetz genannten Zwecken gespeichert werden (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 111; Buchner, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27, § 31 Rn. 5). Ob eine solche ausschließliche Zwecksetzung verfolgt wird, bestimmt die Daten verarbeitende Stelle im Rahmen der Festlegung des Zweckes (vgl. Buchner, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5). Ausschlaggebend ist mithin der von der verantwortlichen Stelle festgelegte Zweck (vgl. OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 02.03.2011 - OVG 60 PV 10.10 - juris Rn. 30, zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BlnDSG i.V.m. § 31 BDSG; Beschl. v. 14.03.2013 - OVG 62 PV 13.12 - juris Rn. 45 zu § 31 BDSG; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37). Die Festlegung des Verwendungszwecks durch die verantwortliche Stelle führt zu deren Selbstbindung (vgl. Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 24; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39; je zu § 14 Abs. 1 BDSG). Die Zweckbindung haftet der Datenverarbeitung bis zur Zweckerfüllung an (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 10, zu § 14 Abs. 1 BDSG).
65 
Diese Festlegung der Zweckbindung muss im Voraus erfolgen. Wurde sie unterlassen, so ist der objektive Verwendungszweck maßgeblich, der sich nach dem erkennbar verfolgten Ziel bestimmt (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110). Die öffentliche Stelle ist jedoch nicht frei in ihrer Festlegung des Zwecks. Sie hat es nicht in der Hand, durch eine allzu weite und unverbindliche Definition die Zweckbindung leerlaufen zu lassen; die Festlegung des Zwecks muss datenschutzrechtlich zulässig sein (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113, zu § 14 Abs. 4 BDSG; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37, 22, zu § 13 Abs. 4 SächsDSG).
66 
Sollen diese Daten für einen weiteren Zweck genutzt werden, bedarf es hierfür einer eigenständigen Legitimation durch eine Rechtsvorschrift (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30) Eine nachträgliche Änderung der Zweckbindung ohne spezielle gesetzliche Grundlage hierfür ist ausgeschlossen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 31 ff.).
67 
Die Vermeidung von Datenverlusten, Datenmanipulationen und unbefugtem Datenzugang sowie die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung von Datenbeständen gehören zum Zweck der Datensicherung sowie zum Zweck der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109, zur Datensicherung; Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 59, zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 1a: klare Trennung dieser Zwecke nicht möglich). Die Wiedergewinnung des gesicherten und verloren gegangenen Datenbestsands gehört daher grundsätzlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 112, 114; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 24).
68 
Zu Unrecht bringt der Beklagte vor, mit einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 4 LDSG sei eine zu enge Zweckbindung verbunden, die unabweisbare Bedürfnisse der Allgemeinheit, insbesondere im Hinblick auf Belange der Strafrechtspflege bei der Verfolgung von Straftaten unzulässig hintanstelle. Zwar wird in der rechtwissenschaftlichen Literatur vertreten, dass strafrechtliche Zugriffsnormen, auch über § 1 Abs. 3 BDSG bzw. § 2 Abs. 5 LDSG die strikte Zweckbindung des § 14 Abs. 4 BDSG bzw. § 15 Abs. 4 LDSG nicht überwinden könnten (so Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 62; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115 ; a.A. wohl Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29). Anderes gelte nur für die Verfolgung von Datenschutzdelikten; sie bewege sich im Rahmen des § 14 Abs. 4 BDSG (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4). Dies trifft jedoch nach Auffassung des Senats - ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre - nicht zu. Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglichen soll. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können; Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, a.a.O., § 1 Rn. 110; BT-Drucks. 7/1027, S. 16). Diesen Anforderungen des § 2 Abs. 5 LDSG an besondere Rechtsvorschriften entsprechen die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren; diese sind die allgemeinen Rechtsgrundlagen für Datenerhebungen durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. Dembowski, in: Roßnagel, a.a.O., Kap. 8.1 Rn. 17 ff.). Insbesondere ist § 161 Abs. 1 StPO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die allgemeine Erhebung personenbezogener Daten im Ermittlungsverfahren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.02.2009 - 2 BvR 1732, 1745/07 - NJW 2009, 1405 <1407>; Meyer-Goßner, stopp, 56. Aufl., § 161 Rn. 2). Die strafprozessualen Beweiserhebungsnormen sind daher besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die sich über die Zwecksetzung des § 15 Abs. 4 LDSG hinwegsetzen können. Die Zulässigkeit der Erhebung und Beschlagnahme personenbezogener Daten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren trotz einer bestehenden Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG legt schließlich die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG, dass eine datenschutzrechtliche Zweckänderung für Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist, nahe.
69 
(b) Nach diesem Maßstab wäre mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien eine mit § 15 Abs. 4 LDSG unvereinbare Zweckänderung verbunden. Der ursprünglich mit der Erstellung der Sicherungskopien verbundene konkrete Zweck kann jetzt nicht mehr erreicht werden (aa). Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien (bb). Ein allgemeiner, vom ursprünglich verfolgten Zweck unabhängiger Zweck der Datensicherung könnte zudem mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht zulässig verfolgt werden; denn der Zweck, zu dem die Originaldateien gespeichert wurden, ist weggefallen (cc).
70 
(aa) Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war maßgeblicher Zweck der Datensicherungen, eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können. Damit hat der Beklagte Zwecke der Datensicherung und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage i.S.d. § 15 Abs. 4 LDSG verfolgt.
71 
Diese Zwecke - eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Art zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können - hat der Beklagte selbst im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.01.2013 an das Verwaltungsgericht als diejenigen angegeben, zu denen die streitgegenständlichen Dateien erstellt wurden. An diese ursprünglich verfolgten Zwecke ist der Beklagte aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung gebunden. Diese Zwecke können bei Wiedergewinnung der in der Sicherungskopie enthaltenen Daten nun nicht mehr erreicht werden. Die Verfolgung anderer Zwecke schließt § 15 Abs. 4 LDSG aus.
72 
Auf einen allgemeinen, über den konkreten Anlass der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien hinausgehenden allgemeinen Sicherungszweck kann sich der Beklagte hier nicht berufen. Zwar kann der datenschutzrechtlich relevante Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG über den konkreten Anlass der Speicherung hinausgehen. Einen solchen allgemeinen Sicherungszweck verfolgte der Beklagte bei der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien jedoch nicht:
73 
Die Bestimmung des maßgeblichen Zwecks einer Maßnahme nach § 15 Abs. 4 LDSG folgt im Kern denselben Grundsätzen wie die Bestimmung des Zwecks einer Datenspeicherung und -erhebung nach § 15 Abs. 1 LDSG. Maßgeblich ist dabei - wie Dammann zutreffend ausführt - der materielle Gehalt des Zweckbindungsgrundsatzes. Er resultiert daraus, dass jede Ermächtigung einer öffentlichen Stelle, personenbezogene Daten zu erheben und zu speichern, nur im Hinblick auf bestimmte Zwecke ergeht und daher auch eine Verwendung der Daten grundsätzlich nur im Rahmen dieser Zwecke legitimiert. Daher ist bei der Frage, wie der jeweilige Zweck zu fassen ist, bei der jeweiligen rechtlichen Legitimationsgrundlage für das Erheben bzw. Speichern anzuknüpfen. Maßgeblich ist entweder die gesetzliche Grundlage oder die vom Betroffenen im Sinne einer informationellen Selbstbestimmung getroffene Verfügung. Dies entspricht dem Inhalt der Aufklärungspflicht nach § 4 Abs. 3 BGSG. Liegt der Erhebung und Speicherung keine aufgabenspezifische Rechtsvorschrift zu Grunde oder bietet diese keine geeigneten Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und hat auch der Betroffene keine einschränkende Verfügung getroffen, so kommt es auf den tatsächlich verfolgten Handlungszweck an. Dieser kann und wird häufig weiter sein als der konkrete Anlass der Speicherung (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39 ff., zu § 14 Abs. 1 BDSG).
74 
An einer Festlegung eines konkreten Zwecks hinsichtlich der streitgegenständlichen Dateien durch eine Rechtsvorschrift oder eine Verfügung des Betroffenen - hier des Klägers - fehlt es. Daher kommt es auf den tatsächlich verfolgten Zweck an. Dieser bestand nicht in der Herstellung von Sicherungskopien der Outlookdateien des Klägers für jeglichen Fall des Datenverlusts. Denn längerfristige allgemeine Sicherungsspeicherungen von Outlook-Postfachinhalten wurden - abgesehen von der begrenzten Speicherung gelöschter Mails für sieben Tage auf dem Server des Staatsministeriums und für 30 Tage im Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach - im Staatsministerium nicht vorgenommen. Nach der geübten Praxis im Staatsministerium entschied allein der Nutzer des Outlook-Postfachs, welche E-Mails er ausdruckte und den Akten beifügte und welche er löschte. Eine Speicherung von Postfachinhalten für allgemeine Zwecke war auch hier nicht beabsichtigt. Die streitgegenständlichen Dateien wurden vielmehr für den beschriebenen begrenzten Zweck - Behebung von Problemen im Outlook-Kalender des Klägers - hergestellt, zu dem sie nun nicht mehr verwendet werden können.
75 
(bb) Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG gelte nur für zusätzliche, bei der Datenschutzkontrolle etc., aus technischen Gründen anfallende Dateien wie Protokolle von Datenabrufen oder personenbezogene Daten der Mitarbeiter in der IT-Abteilung. Für die Zwecke der Datenschutzkontrolle und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage wird dies in der Literatur in der Tat angenommen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 110). Für im Rahmen der Datensicherung hergestellte Kopien kann dies jedenfalls nicht gelten (so wohl auch Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109). Eine Einschränkung des Schutzzwecks des § 15 Abs. 4 LDSG lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Für Datenkopien ist der Schutzzweck auch einschlägig. Denn es entspricht gerade dem Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG, dass zusätzlich angelegte Datenbestände nicht als allgemeine Informationsgrundlage dienen sollen. Hierunter fallen gerade nach Jahren immer noch vorhandene, vom ursprünglichen Speicherzweck losgelöste Kopien von Dateien
76 
(cc) Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass aus nach § 15 Abs. 4 LDSG hergestellten Sicherungskopien bei jeglichem Datenverlust die Originaldateien wiederhergestellt werden dürften, wäre eine solche Wiederherstellung hier unzulässig. Denn eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann (Zweckerreichung). Das folgt aus dem strengen Zweckbindungsgrundsatz des § 15 Abs. 4 LDSG. Dieser soll verhindern, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden. Damit wäre es unvereinbar, wenn gemäß § 15 Abs. 4 LDSG erstellte Sicherungskopien von der speichernden Stelle noch genutzt werden dürften, obwohl der Speicherungszweck der Originaldateien bereits entfallen ist. So liegt der Fall hier:
77 
Bei der Bestimmung des Zwecks der ursprünglichen Datenspeicherung nach § 15 Abs. 1 LDSG ist, wie dargelegt, auf die rechtliche Legitimationsgrundlage für die Datenspeicherung abzustellen. Eine Rechtsvorschrift, die die Speicherung von E-Mails von Landesbediensteten datenschutzrechtlich gestattet, existiert nicht. Eine gesonderte Regelung des E-Mail-Verkehrs im Staatsministerium erfolgte nicht, eine datenschutzrechtlich relevante Selbstverpflichtung des Klägers zum E-Mail-Verkehr fehlt daher. Da die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zugeordnet waren und der Nutzer des Postfachs selbst über die Verwendung der Postfachinhalte entscheiden durfte, diente die Speicherung von Postfachinhalten den persönlichen Belangen des Postfachinhabers. Dieser Zweck besteht, nachdem der Kläger seinen E-Mail-Account im Staatsministerium nicht mehr nutzt, nicht mehr. Andere datenschutzrechtlich i.S.v. § 15 Abs. 1 LDSG relevante Zwecke bestanden nicht. Selbst die Anlegung von Protokolldateien über die Internetnutzung diente nach den Sicherheitshinweisen im Antragsformular des Klägers auf Internetzugang vom 11.02.2010 Zwecken der Sicherheit der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums vor unerlaubten Zugriffen oder Angriffen von außen, nicht Datensicherungszwecken im allgemeinen. Der ursprünglich verfolgte Zweck der Speicherung der Originaldateien kann nicht mehr erreicht werden, diese dürfen daher nicht aus der Sicherungskopie wiederhergestellt werden.
78 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beklagten, nach der AnO Schriftgut und allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie folgenden Grundsätzen seien E-Mails aufgrund des Grundsatzes der Aktenvollständigkeit zu den Akten zu nehmen. Dass aus diesen Gründen E-Mails gespeichert werden, ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Grundlage noch aus einer datenschutzrechtlichen Einwilligung des Klägers. Ein datenschutzrechtlich relevanter Speicherzweck im Sinne des § 15 Abs. 1 LDSG liegt insoweit nicht vor.
79 
dd) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zum Löschungsanspruch des Klägers dargelegt, dass dieser sich nicht zusätzlich auf § 88 TKG berufen kann, dass § 36 LDSG keine Anwendung findet und dass § 23 Abs. 3 LDSG dem Grunde nach dem Löschungsanspruch nicht entgegensteht. Auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die die Beteiligten im Berufungsverfahren nicht angreifen, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
80 
b) Dem Löschungsanspruch des Klägers nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs (aa) noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (bb) entgegen.
81 
aa)Dem datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG kann im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Betroffene seinerseits offenkundig und schwerwiegend gegen eine gegenüber der die Daten speichernden Stelle bestehenden Pflicht oder Obliegenheit verstoßen hat, die im sachlichen Zusammenhang mit den zu löschenden Daten steht (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).
82 
(1) Beim Rechtsmissbrauch handelt es sich um einen besonderen Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben. Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den allgemeinen ungeschriebenen Grundsätzen, die sowohl im Verwaltungsrecht des Bundes als auch im Verwaltungsrecht der Länder existieren und Bürger und Verwaltung binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - BVerwGE 101, 58, juris Rn. 17; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <71>; Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 24.96 - BVerwGE 102, 194 <199>; Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24.02 - BVerwGE 118, 84 <89>; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 62 Rn. 29; Pitschas, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voß-kuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Bd. II., § 42 Rn. 94). Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann daher auch subjektiv-öffentlichen Ansprüchen des Bürgers gegen die öffentliche Hand entgegenstehen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 10, m.w.N.; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - a.a.O.; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162, juris Rn. 31, m.w.N.). Auch verfassungsrechtlich sind missbräuchlich erworbene Rechtspositionen des Bürgers nicht notwendig geschützt (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.05.2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24, juris Rn. 51, zur Rücknahme der erschlichenen Einbürgerung nach § 48 VwVfG; ebenso BVerwG, Urt. v. 03.06.2003 - 1 C 19.02 - BVerwGE 118, 216 <220>; ähnlich zur missbräuchlichen Berufung auf Grundfreiheiten: EuGH, Urt. v. 09.03.1999 - C-212/97 [Centros] - juris Rn. 24 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers schließen Grundrechte des Betroffenen daher nicht von vornherein aus, dass sich die öffentliche Hand ihm gegenüber auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen kann.
83 
Ein Fall der nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung ist die Verletzung eigener Pflichten (vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 46, m.w.N.). Dabei bedarf es eines Zusammenhangs zwischen dem beanspruchten und dem selbst geübten Verhalten, damit der geltend gemachte Rechtsanspruch angesichts des eigenen Verhaltens rechtsmissbräuchlich erscheint (vgl. Roth/Schubert, in: MK-BGB, 6. Aufl., § 242 Rn. 389).
84 
Der Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben steht hier, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 LDSG Fälle der zulässigen Zweckänderung geregelt und insbesondere in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG Belange des Allgemeinwohls bereits berücksichtigt hat. Eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass im Einzelfall ein Rückgriff auf die Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen ist, ist damit nicht verbunden (für eine Ausnahme von der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG oder vergleichbarer Normen in Sonderfällen auch: Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29, 35: Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115). Der Einwand, das Verfolgen eines Anspruchs verstoße gegen Treu und Glauben, kann als allgemeines, in der Rechtsordnung anerkanntes Prinzip Geltung im Verhältnis auch zu Verfassungsrechtsätzen wie der Bindung an Recht und Gesetz und dem Gesetzesvorbehalt beanspruchen. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs hat nämlich selbst eine Grundlage in der materialen Rechtsstaatlichkeit (vgl. Pitschas, a.a.O., m.w.N.). Die Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG wird folglich nicht dadurch infrage gestellt, dass der Bürger öffentlich-rechtliche Ansprüche mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht geltend machen kann (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, a.a.O.).
85 
Die Grundsätze von Treu und Glauben können in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht dazu führen, dass jeder Verstoß eines Betroffenen, der dem Grunde nach einen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat, gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten dem Löschungsanspruch hindernd entgegengehalten werden kann. Voraussetzung ist vielmehr ein offenkundiger und schwerwiegender Verstoß gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten (ähnlich in anderen Zusammenhängen: BVerwG, Urt. v. 08.02.1974 - VII C 35.73 - DÖV 1975, 137, juris Rn. 16 m.w.N.; Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE133, 85, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R - juris Rn. 37; BayVGH, Urt. v. 25.02.1977 - 6 X 77 - juris Rn. 26). Andernfalls könnte die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben dazu führen, dass eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Nutzung personenbezogener Daten zulässig würde. Dies wäre mit der Bedeutung des Gesetzesvorbehalts, der im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten wurzelt, unvereinbar. Der Gesetzesvorbehalt hat eine elementare freiheitssichernde Funktion. Indem er für jeden staatlichen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheit eine gesetzliche Grundlage fordert, gewährleistet er, dass die Freiheitseinschränkung auf den Willen des Souveräns zurückzuführen ist und der betroffene Bürger vorab erkennen kann, welche Freiheitseinschränkungen er zu erwarten hat. Im Datenschutzrecht kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Der Ausgleich zwischen den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Gesetzesvorbehalt, die im Ansatz gleichrangig nebeneinander stehen, ist daher in dem Sinne vorzunehmen, dass nur schwerwiegende und offensichtliche Verstöße gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten des Betroffenen dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG mit Erfolg entgegengehalten werden können.
86 
(2) Die Voraussetzungen eines offenkundigen und schwerwiegenden Verstoßes gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten liegen hier nicht vor. Zwar hat der Kläger möglicherweise gegen seine Pflicht zur Führung vollständiger Akten verstoßen (a). Ein solcher Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz der Aktenvollständigkeit stünde in dem für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung notwendigen Zusammenhang zum Löschungsanspruch. Denn beide Aspekte betreffen denselben Gegenstand (dieselben Dateien) und stehen auch inhaltlich in einem Zusammenhang, da es jeweils auch um die Frage geht, welche Dateien für die Aufgaben der Beklagten erforderlich sind. Ein solcher Verstoß wäre jedoch nicht offensichtlich und schwerwiegend (b).
87 
(a) Auch für Regierungshandeln besteht im Grundsatz eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten, die jedoch durch den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung begrenzt ist:
88 
(aa) Eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung zur Führung vollständiger Akten in Behörden einschließlich Ministerien fehlt. Die im Staatsministerium geltende AnO Schriftgut vom 22.12.2005 ist lediglich ein Erlass. Aus ihr lässt sich eine Pflicht, Dokumente zur Akte zu nehmen und eine vollständige Akte zu führen, nur mittelbar entnehmen: Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen (Nr. 1.2). Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen (Nr. 2). Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert (Nr. 3.1). Eine klare Bestimmung zur Führung vollständiger Akten fehlt jedoch in der AnO Schriftgut.
89 
Für E-Mails enthält die AnO Schriftgut keine ausdrückliche Regelung. Nach der Praxis im Staatsministerium entschied jeder Nutzer des Postfachs selbst, welche E-Mails er ausdruckt und den Akten beigefügt oder löscht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der in der von dem Beklagten vorgelegten Akte vorhandene Leitfaden für die Schriftgutverwaltung im Innenministerium vom März 2010. Er enthält u.a. die Regelung - auf die sich der Kläger zu Unrecht beruft -, dass E-Mails, die keine Entscheidungen enthalten, vernichtet werden, es sei denn, der Bearbeiter ordnet die Aufbewahrung an. Dieser Leitfaden des Innenministeriums galt im Staatsministerium nicht.
90 
Eine Pflicht, die erforderlichen Unterlagen zur Akte zu nehmen und die Akte vollständig zu führen, folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, wie sie die Rechtsprechung seit langem anerkennt: Der Grundsatz der Aktenvollständigkeit ist für die vollziehende Gewalt nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche ausdrückliche Regelung ist jedoch auch nicht erforderlich. Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält. Dies macht die Führung von Akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte. Das Prinzip der Aktenvollständigkeit folgt aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1983 - 2 BVR 244, 310/83 - NJW 1983, 2135; BVerwG, Beschl. v. 16.03.1988 - 1 B 153.87 - NJW 1988, 621 <622>; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 22.12.2000 - 2 L 38/99 - juris Rn. 55 f., m.w.N.; ebenso Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 29 Rn. 16).
91 
(bb) Für Handeln von Regierungen gelten diese für Verwaltungshandeln von Behörden entwickelten Grundsätze im Ansatz ebenso. Dies folgt zum einen daraus, dass auch ein Handeln der Regierung, vor allem außerhalb von Gesetzgebungsverfahren Verwaltungstätigkeit sein kann (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 20.12.2011 - 159/10 - juris Rn. 28). Im Hinblick auf eigentliches Regierungshandeln ergibt sich das zum anderen aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Zwar besteht ein nicht ausforschbarer Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der auch der Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, Grenzen setzt. Jedoch gebietet der Gewaltenteilungsgrundsatz - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auf das Land Baden-Württemberg übertragbar ist - eine Auslegung der Verfassung dahin, dass parlamentarische Kontrolle wirksam ausgeübt werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn die dazu nötigen Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dem Parlament auch nach Abschluss der jeweiligen Vorgänge grundsätzlich verschlossen blieben. Die Entscheidungen der Regierung unterlägen dem parlamentarischen Kontrollrecht dann nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Eine solche grundsätzliche Begrenzung der parlamentarischen Kontrolle wäre mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz unvereinbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 123 ff., 141, m.w.N.). Folglich müssen insoweit auch Pflichten zur vollständigen Aktenführung bestehen, da andernfalls die parlamentarische Kontrolle leerliefe.
92 
Dies gilt jedoch nicht für den geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt.Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht.Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83 u.a. - BVerfGE 67, 100, juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 - BVerfGE 77, 1, juris Rn. 140; Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
93 
In Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden parlamentarische Informationsrechte nicht grundsätzlich immer schon dann aus, wenn es sich um Informationen aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.Auch dem nachträglichen parlamentarischen Zugriff auf Informationen aus der Phase der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen setzt der Gewaltenteilungsgrundsatz Grenzen. Bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung geheimzuhaltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen nicht verpflichtet ist. Ein - sei es auch erst nach Abschluss des jeweiligen Entscheidungsprozesses einsetzender - schrankenloser parlamentarischer Informationsanspruch würde vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die das Gewaltenteilungsprinzip ihr zuweist.
94 
Der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet allerdings gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass - wie bereits dargelegt - parlamentarische Kontrolle wirksam sein kann. Die Entscheidungen der Regierung unterliegen daher dem parlamentarischen Kontrollrecht nicht nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Weitere Hintergründe könnten sonst nach Belieben unzugänglich gehalten werden, auch solche, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung politisch nicht beurteilt und die politische Verantwortung für Fehler, die gerade das Zustandekommen dieser Entscheidungen betreffen, nicht aufgeklärt werden kann.Parlamentarische Informationsrechte in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden danach nicht grundsätzlich immer dann aus, wenn es sich um Akten aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Ob zu erwarten ist, dass die Herausgabe solcher Informationen die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen. Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, sind umso schutzwürdiger, je näher sie der gouvernamentalen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Je weiter ein parlamentarisches Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss das parlamentarische Informationsbegehren sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einer parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht. Die Frage, ob die Vorlage von Akten aus dem Bereich der Vorbereitung abgeschlossener Regierungsentscheidungen, aus denen Aufschluss über die Willensbildung der Regierung und ihrer Mitglieder gewonnen werden kann, die Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, kann demnach nicht pauschal verneint werden. Ebensowenig ist sie aber pauschal zu bejahen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 123 ff., 141, m.w.N.)
95 
Dabei geht es - zumindest vor allem - um den Schutz der Willensbildung innerhalb der Regierung als Verfassungsorgan. Das Bundesverfassungsgericht hat daher die Ermittlung einer etwaigen Einflussnahme Dritter auf Mitglieder der Bundesregierung in einem zurückliegenden Zeitraum als einen Vorgang angesehen, der den nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung nicht berührte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987, a.a.O., juris Rn. 140). Auch die Vorlage von Akten, die nicht die Beratungen der Regierung als Kollegium, sondern deren Vorbereitung innerhalb der Ressorts und zwischen den Ressorts betreffen, berührt die Eigenverantwortung der Regierung nicht. Zu prüfen ist insoweit jedoch, ob die schützenswerte Freiheit und Offenheit des der Regierungsentscheidung über den Haushaltsentwurf vorgelagerten interministeriellen Abstimmungsprozesses durch die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen aus diesem Abstimmungsprozess beeinträchtigt wird; dies könnte anzunehmen sein, wenn die dadurch ausgelöste Befürchtung eventueller späterer Publizität geeignet wäre, eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten zu hemmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., juris Rn. 65 f.). Daher kann auch Kommunikation von Regierungsmitgliedern mit externen Beratern, die der Vorbereitung von Regierungshandeln dient, schützenswert sein. Solche Überlegungen mit externen Beratern können insbesondere Fragen der politischen Opportunität betreffen. Unbeeinträchtigte Kommunikation hierüber zu ermöglichen, kann wesentlich sein, um eine Regierungsentscheidung möglichst sachgerecht und ohne die einengende Befürchtung, dass Vorüberlegungen nachträglich einer Kontrolle unterliegen, vorbereiten zu können (ebenso StGH, Urt. v. 26.07.2007, a.a.O., Rn. 114 ff. zu Verhandlungen der Regierung mit einem privaten Dritten).
96 
(cc) Der danach für die Regierung mit Ausnahme des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bestehenden Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, steht die nach der Verwaltungspraxis des Staatsministeriums bestehende Befugnis, selbst zu entscheiden, welche E-Mails zur Akte genommen oder gelöscht werden, nicht entgegen. Eine solche Befugnis kann - gerade für einen Ministerpräsidenten, dem die Staatsleitung obliegt (vgl. zum Amtseid Art. 48 LV) - kein freies, sondern allenfalls ein pflichtgemäßes Ermessen begründen, das nur im Rahmen der dargestellten allgemeinen Grundsätze ausgeübt werden kann.
97 
(b) An einem offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen die Pflicht, vollständige Akten zu führen, fehlt es jedoch.
98 
Dies folgt bereits daraus, dass eine klare und eindeutige Regelung dieser Pflicht nicht bestand. Die AnO Schriftgut normiert eine solche Pflicht nicht ausdrücklich. Vielmehr bestand im Staatsministerium die Praxis, dass jeder Mitarbeiter selbst entscheiden durfte, welche E-Mails er zur Akte nimmt. Zwar kann daraus nur - wie dargelegt - ein pflichtgemäßes, kein freies Ermessen folgen, da sich eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten aus allgemeinen Grundsätzen ergibt. Jedoch sind diese Grundsätze, auch wenn sie im Hinblick auf Verwaltungshandeln für die pflichtigen Mitarbeiter allgemein bekannt sein sollten, nur ungeschriebene Prinzipien. Zudem sind sie, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung bisher - wenngleich ihre grundsätzliche Geltung für Regierungshandeln aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung folgt - nur auf die Verwaltungstätigkeit angewandt worden.
99 
Zudem war es, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob alle streitgegenständlichen Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen, zum damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsam, davon auszugehen, dass die Vorbereitung des zwischen den Beteiligten streitigen Erwerbs von Anteilen an der EnBW AG durch das Land Baden-Württemberg dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen kann. Die gespeicherten E-Mails stammen jedenfalls aus dem Zeitraum vor dem 18.11.2010 und betreffen daher den Zeitraum der Vorbereitung des Ankaufs, der grundsätzlich geeignet ist, in diesen geschützten Bereich zu gehören. Für die von dem Beklagten vorgelegten, nicht bei den Sachakten sich befindenden E-Mails war es damals nicht unvertretbar anzunehmen, diese würden als Informationen über die Vorbereitung und öffentlichkeitswirksame Darstellung des Anteilserwerbs dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen.
100 
bb) Dem Löschungsanspruch des Klägers aus § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen Pflichten aus Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Organtreue begründet keine nachwirkenden Pflichten.
101 
Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue haben oberste Staatsorgane bei der Ausübung ihrer Kompetenzen von Verfassungs wegen aufeinander Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1, 2/60 - BVerfGE 12, 205 <254>; Beschl. v. 04.06.1973 - 2 BvG 1/73 - BVerfGE 35, 193 <199>; Urt. v. 25.05.1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <39>; Urt. v. 12.07.1994 - 2 BvE 3/92 u.a. - BVerfGE 90, 286, juris Rn. 203; StGH, Urt. v. 21.10.2002 - 11/02 - ESVGH 53, 15, juris Rn. 84; Urt. v. 11.10.2007 - GR 1/07 - juris Rn. 58). Dieser Grundsatz vermag für sich genommen jedoch keine Rechte zu begründen. Vielmehr bedarf er, um seine Wirkung entfalten zu können, eines bereits bestehenden Verfassungsrechtsverhältnisses. Er ist insoweit akzessorischer Natur und kann ein vorhandenes Verfassungsrechtsverhältnis ausgestalten, aber nicht neu begründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.09.2013 - 2 BvE 6/08 u.a. - NVwZ 2013, 1468, juris Rn. 183, unter Bezugnahme auf die Grundsätze zum bundesfreundlichen Verhalten, vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 05.02.2001 - 2 BvG 1/00 - BVerfGE 104, 238 <248>).
102 
Voraussetzung für die Berufung auf den Grundsatz der Organtreue ist daher, dass dem Verfassungsorgan aktuell verfassungsrechtliche Zuständigkeiten zustehen. Die verfassungsrechtlich gebotene Organtreue kann nur solange eingefordert werden, wie das Verfassungsorgan selbst durch die Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet sei (vgl. HambVerfG, Urt. v. 27.04.2007 - 3/06 - juris Rn. 89). Nachwirkende Pflichten einer Person, die - wie der Kläger - Verfassungsorgan war, aber nicht mehr ist, bestehen daher nicht.
103 
II. Anschlussberufung des Klägers
104 
Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
105 
1. Die Anschlussberufung ist nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Anschlussberufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Begründung in Anschlussschrift, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 i.V.m. 124 a Abs. 3 Sätze 2, 4 und 5 VwGO).
106 
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen unbedingten Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien. Vielmehr ist sein Löschungsanspruch durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv beschränkt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen der Anschlussberufung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
107 
Unzutreffend ist der Kläger der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Daten als privat einzustufen seien und daher nur mit seinem Einvernehmen nach § 2 Abs. 3 LArchG angeboten werden dürften. Unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass § 2 Abs. 3 LArchG Daten aus privater Hand meint. Darum handelt es sich hier gerade nicht.
108 
Ohne Erfolg muss auch das Vorbringen bleiben, es handele sich bei den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht um Daten, die i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten als Stelle im Sinne von § 2 Abs. 1 LArchG gedient hätten, da sie lediglich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden seien. Für die behauptete Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut überhaupt dem Landesarchiv anzubieten sind, ist nichts ersichtlich. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG knüpft lediglich daran an, dass Unterlagen bei Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes entstanden sind und dort vorhanden sind und von diesen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden. Nach der eindeutigen Regelung des § 23 Abs. 3 LDSG sind auch Daten, deren Speicherung unzulässig war - z.B. da von vornherein keine Erforderlichkeit für die Speicherung gegeben war - dem Landesarchiv anzubieten. Der datenschutzrechtliche Erforderlichkeitsgrundsatz ist für die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv unerheblich.
109 
Unbegründet macht der Kläger geltend, aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG folge, dass der Löschungsanspruch des Betroffenen erst dann ausgeschlossen sei, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die weitere Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG regelt, dass Löschungsansprüche bei Archivgut ausgeschlossen sind. Für einen Umkehrschluss, dass vor Anbieten gegenüber dem Landesarchiv sich Löschungsansprüche gegenüber dem Archivrecht durchsetzten, fehlen Gründe.
110 
Schließlich ist auch keine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers gegeben. Die schlichte Behauptung, § 23 Abs. 3 LDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, ist nicht nachzuvollziehen. Warum den vom Kläger angesprochenen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt sein soll, erschließt sich nicht. Die sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Rechtsfolgen sind klar und eindeutig. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, bestehen zudem zahlreiche Schutzvorkehrungen zugunsten der etwaig in ihren Grundrechten Betroffenen.
111 
Erfolglos bleibt schließlich der Einwand des Klägers, nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts müssten alle bei der Landesverwaltung anfallenden E-Mails dem Landesarchiv angeboten werden und dies könne nicht richtig sein. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG sieht für die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes eine unbeschränkte Anbietungspflicht für alle Unterlagen vor. Unterlagen in diesem Sinne sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG insbesondere Schriftstücke, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme; dazu gehören mithin auch E-Mails. Eine § 2 Abs. 6 BArchG vergleichbare Norm - nach der Unterlagen, die nach Auffassung der anbietungspflichtigen Stellen und des zuständigen Archivs von offensichtlich geringer Bedeutung sind, nicht angeboten werden müssen - gibt es in Baden-Württemberg nicht. Einschränkungen können allerdings gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 LArchG gerade im Hinblick auf maschinenlesbare Informationen zwischen dem Landesarchiv und der anbietenden Stelle getroffen werden.
112 
III. Nebenentscheidungen
113 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei einem Anschlussrechtsmittel ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1980 - 1 B 802.90 - juris) diese einheitlich zu treffen (vgl. BFH, Beschl. v. 17.12.2002 - I R 87/00 - juris; OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u.a. - juris Rn. 158, m.w.N.).
114 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Das Landesdatenschutzgesetz und das Landesarchivgesetz sind Landesrecht. Ebenso haben der Einwand des Rechtsmissbrauchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 13, 14 und Urt. v. 14.08.1982 - 8 C 19.90 - BVerwGE 90, 310, juris Rn. 16) und die Grundsätze der Organtreue ihre Grundlage im Landesrecht.
115 
Beschluss vom 30. Juli 2014
116 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
5.000.—EUR
festgesetzt. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel sind, soweit sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG). Das gilt auch für den Fall eines unselbständigen Anschlussrechtsmittels (vgl. BGH -GrS-, Beschl. v. 05.10.1978 - GSZ 1/78 - BGHZ 72, 339; BayVGH, Urt. v. 22.07.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 50). Da die Rechtsmittel denselben Gegenstand betreffen, ist der Auffangwert von 5.000.-- EUR nur einmal festzusetzen (vgl. OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010, a.a.O., Rn. 160; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 07.09.2010 - 1 M 210/09 - juris Rn. 57).
117 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit

1.
durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden,
2.
Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere Urheberrechte, durch das Zugänglichmachen von Umweltinformationen verletzt würden oder
3.
durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen,
ist der Antrag abzulehnen, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in den Nummern 1 und 3 genannten Gründe abgelehnt werden. Vor der Entscheidung über die Offenbarung der durch Satz 1 Nummer 1 bis 3 geschützten Informationen sind die Betroffenen anzuhören. Die informationspflichtige Stelle hat in der Regel von einer Betroffenheit im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 auszugehen, soweit übermittelte Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet sind. Soweit die informationspflichtige Stelle dies verlangt, haben mögliche Betroffene im Einzelnen darzulegen, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt.

(2) Umweltinformationen, die private Dritte einer informationspflichtigen Stelle übermittelt haben, ohne rechtlich dazu verpflichtet zu sein oder rechtlich verpflichtet werden zu können, und deren Offenbarung nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der Dritten hätte, dürfen ohne deren Einwilligung anderen nicht zugänglich gemacht werden, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in Satz 1 genannten Gründe abgelehnt werden.

Tenor

Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 -werden zurückgewiesen.

Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu ¼ und der Beklagte zu ¾.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der bis Mai 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg war, begehrt die Löschung von kopierten Daten aus seinem ihm vom Staatsministerium zur Verfügung gestellten E-Mail-Postfach.
Bei den vom Staatsministerium für seinen E-Mail-Verkehr genutzten Produkten (beim Server „Microsoft Exchange“ und im Clientbereich „Microsoft Outlook“) ist systembedingt jede E-Mail-Adresse Bestandteil einer Datenbank. Dort werden die eingehenden E-Mails in dem Postfach der E-Mail-Adresse gespeichert. Startet der Anwender auf seinem (Client-) PC das Programm Outlook, findet eine Synchronisation zwischen dem Exchange-Server und dem Outlook-Client-PC statt. Die Daten des Postfaches werden dabei in eine OST-Datei kopiert. Diese OST-Datei liegt üblicherweise auf dem PC des Anwenders. Durch das Verschieben einer E-Mail in den Ordner „gelöschte Objekte“ auf dem Client-PC und dessen Leerung können die E-Mails im Postfach durch den Anwender gelöscht werden. Auf dem Server werden diese E-Mails dadurch zunächst nicht direkt physikalisch gelöscht, aber als gelöscht gekennzeichnet. Der Server ist so eingestellt, dass die als gelöscht gekennzeichneten E-Mails innerhalb von sieben Tagen nach dem Löschen durch den Anwender wiederhergestellt werden können. Danach werden sie automatisch auf den Servern des Staatsministeriums gelöscht. Daneben bleiben die auf einem Server im Staatsministerium gelöschten Daten noch 30 Tage in einem Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach gespeichert. Die Löschung der Daten im Ausfallrechenzentrum erfolgt automatisch mit Ablauf der 30-Tage-Frist. Anschließend ist eine im Postfach gelöschte E-Mail nur noch verfügbar, wenn sie zuvor durch den Anwender in einer sogenannten PST-Datei archiviert wurde. Eine elektronische Langzeit-Speicherung gelöschter Mails ist nicht vorgesehen.
Für den Kläger wurde mit einem von seinem Büroleiter „i. A.“ am 11.02.2010 unterschriebenen Antragsformular beantragt, den Internetzugang auf seinem Arbeitsplatz-PC freizuschalten. Das Formular enthält unter anderen den Text: "Ich benötige den Zugang ausschließlich für dienstliche Zwecke. Mir ist bekannt, dass die Verbindung zum Internet aus Sicherheitsgründen protokolliert wird und bei Bedarf ausgewertet werden kann. Die Sicherheitshinweise auf der Rückseite dieses Antrags habe ich zur Kenntnis genommen." In diesen Sicherheitshinweisen ist unter anderem angeführt: „Der Internetzugang auf den Arbeitsplatz-PCs des Staatsministeriums wurde ausschließlich zu dienstlichen Zwecken eingerichtet. Die private Nutzung ist untersagt…Der gesamte Datenverkehr auf der Firewall des Staatsministeriums muss zur Sicherheit protokolliert werden. Nur auf diese Weise können unerlaubte Zugriffe oder Angriffe auf das Netz des Staatsministeriums identifiziert werden.“ Eine gesonderte Regelung zum Umgang mit den E-Mail-Accounts im Staatsministerium gab es nicht. Eine Kontrolle der Privatnutzung fand nicht statt. Die private IT-Nutzung durch die Mitarbeiter wurde stillschweigend geduldet.
Die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums ordnet das IT-Referat des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zu. Daraus folge, dass allein der Nutzer des Postfachs entscheide, welche E-Mails er ausdrucke und den Akten beifüge. Auch die Löschung von Postfachinhalten bleibe im Grundsatz allein dem Nutzer vorbehalten.
Für die Aktenführung im Staatsministerium wird grundsätzlich die „Gemeinsame Anordnung der Ministerien über die Verwaltung des Schriftguts der Behörden, Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes (AnO Schriftgut)“ vom 22.12.2005 angewandt. Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen. Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen. Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert.
Im Sommer/Herbst 2010 meldete das Büro des Klägers bei der IT-Abteilung des Staatsministeriums technische Probleme mit dem elektronischen Terminkalender des „Outlook“-Postfachs. Zur Klärung der Probleme beauftragte der IT-Bereich des Staatsministeriums die Firma ... mit der Fehlersuche. Für die Koordinierung wurde zudem das Informatikzentrum des Landes (IZLBW) eingeschaltet. Im Oktober/November 2010 erstellte ein mit Administratorrechten ausgestatteter Mitarbeiter des IT-Bereichs eine Kopie des auf dem Server des Staatsministeriums liegenden und dem Kläger zugewiesenen Original-Postfachs. Nachdem die Überprüfung durch die Firma ... im Dezember 2010 abgeschlossen war und der Fehler nicht hatte gefunden werden können, blieben die kopierten Daten weiter gespeichert. Die kopierten Postfach-Daten sollten nach Angaben des Beklagten vorgehalten werden, um sie bei einem erneuten Auftreten des Fehlers mit den neueren Postfach-Daten des Klägers oder fehlerbehafteten Postfach-Daten anderer Mitarbeiter vergleichen zu können.
Die beiden Original-E-Mail-Accounts des Klägers ([email protected] und [email protected]) wurden nach dem Regierungswechsel auf dem Server des Staatsministeriums gelöscht. Die endgültige Löschung im Ausfallrechenzentrum erfolgte durch das Überschreiben der Datenbank nach 30 Tagen. Die Festplatte aus dem PC des Klägers wurde diesem ausgehändigt.
Die kopierten Dateien waren zunächst auf einem Server im Staatsministerium gespeichert. Der Festplattenbereich war nur für den mit Administratorrechten ausgestatteten Mitarbeiter ... und für seinen Vertreter zugänglich und wurde seit Dezember 2010 mit einem Zeitstempel versehen. Mit einem solchen Zeitstempel wird jeder Zugriff auf die Daten dokumentiert. Bislang fand seitens des Staatsministeriums weder eine Sichtung noch eine sonstige Nutzung der Dateien statt. Der Zeitstempel steht unverändert auf Dezember 2010.
Im Sommer 2012 wurde das Staatsministerium auf die kopierten Dateien wieder aufmerksam. In einem Vermerk vom 23.08.2012 heißt es, man sei auf eine versehentlich nicht gelöschte Arbeitskopie des Postfaches von MP a.D. ... gestoßen, die am 20.10.2010 aufgrund von technischen Störungen zur Überprüfung durch eine externe Firma angelegt worden sei. In einem weiteren Vermerk vom 05.09.2012 ist ausgeführt, dieser Umstand sei in Vergessenheit geraten.
10 
Am 30.08.2012 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Stuttgart die Amtsräume des Staatsministeriums. Dabei stellte sie die Kopien des E-Mail-Postfachs des Klägers mithilfe einer forensischen Software vollständig sicher; sie befinden sich ausweislich eines Schreibens der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 10.09.2012 auf einem Datenträger des mit der weiteren Sichtung nach § 110 Abs. 1 StPO beauftragten Landeskriminalamts Baden-Württemberg. Hierüber unterrichtete die Staatsanwaltschaft die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 10.09.2012. Sie teilte weiter mit, die „Outlookexportdateien“ seien vorläufig sichergestellt worden, da eine sorgfältige Sichtung und Trennung der Daten am Durchsuchungsort nicht möglich gewesen sei. Die Dateien befänden sich auf einem Datenträger des Landeskriminalamts. In der Folgezeit wertete die Staatsanwaltschaft die Kopien des E-Mail-Postfachs für ihre Ermittlungen aus.
11 
Mit Anwaltsschreiben vom 12.09.2012 begehrte der Kläger vom Staatsministerium Auskunft, ob sich nach der Sicherstellung der Staatsanwaltschaft die Dateien beziehungsweise Kopien dieser Dateien noch im Besitz des Staatsministeriums befänden. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 17.09.2012 dem Rechtsanwalt des Klägers mit, dass im Staatsministerium Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers existierten, und bat um eine Einwilligung des Klägers in die Sichtung der Kopien, um private von dienstlichen Dateien zu trennen. Mit Anwaltsschreiben vom 19.09.2012 verweigerte der Kläger seine Einwilligung und forderte das Staatsministerium auf, die Dateien unverzüglich zu löschen. Dies lehnte das Staatsministerium mit Schreiben vom 27.09.2012 ab. Mit Anwaltsschreiben vom 18.10.2012 ließ es ergänzend mitteilen, die Daten könnten mit großer Wahrscheinlichkeit auch dienstliche Unterlagen enthalten. Daher werde vorgeschlagen, gemeinsam eine Trennung von privaten und dienstlichen Daten vorzunehmen. Diesen Vorschlag ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 30.10.2012 mit der Begründung ablehnen, dass sämtliche vom Staatsministerium gespeicherten Daten personenbezogen seien.
12 
Am 03.12.2012 verlagerte die Firma ... ... im Auftrag des Staatsministeriums die auf dem Server des Staatsministeriums liegenden Dateien in einen sogenannten „Datentresor“. Dieser „Tresor“ ist mit einem Passwort vor Zugriffen geschützt. Um diesen „Datentresor“ vor Verlust zu schützen, wurde er noch auf einen dem Staatsministerium zugewiesenen Serverbereich im Informatikzentrum des Landes Baden-Württemberg (IZLBW) kopiert. Zusätzlich wurden die Daten von der Firma ... ... auf einen externen Datenträger überspielt. Dieser Datenträger befindet sich in einem verschweißten Beutel in einem Tresor des Staatsministeriums. Das Passwort befindet sich in einem verschlossenen Umschlag in einem weiteren Tresor. Die auf dem Server im Staatsministerium befindlichen Kopien des Postfaches wurden sodann gelöscht. Bei diesen Maßnahmen wurde keine Einsicht in die Daten genommen.
13 
Der Kläger erhob am 15.10.2012 beim Verwaltungsgericht Stuttgart, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.11.2012 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwies, Klage auf Löschung der Dateien, hilfsweise auf Löschung nach Anbieten als Archivgut gegenüber dem Landesarchiv, weiter hilfsweise auf Neubescheidung. Zur Begründung machte er geltend, er habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Löschung der Daten nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG. In den E-Mails seien personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG enthalten. Das Nutzen der Daten für andere Zwecke als den der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage sei nach § 15 Abs. 4 LDSG unzulässig. Demgemäß könnten die Daten auch nicht mehr erforderlich im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sein. Die E-Mail-Kommunikation unterliege zudem dem Fernmeldegeheimnis und damit § 88 TKG. § 23 Abs. 3 LDSG, wonach vor einer Löschung die Daten dem Archiv zur Übernahme anzubieten seien, stehe seinem Begehren nicht entgegen. Die Daten seien seinem Persönlichkeitsbereich zuzuordnen und vollständig privat. Archivgut Privater könne das Landesarchiv nur mit deren Einvernehmen erfassen, und seine Zustimmung gebe er nicht. Jedenfalls sei die Archivierung nur unter der Prämisse einer Abschottung der Daten nach § 4 LArchG unter Wahrung der Sperrfristen gemäß § 6 Abs. 2 LArchG zulässig. Spätestens nach dem Anbieten gegenüber dem Landesarchiv habe der Beklagte die Daten zu löschen.
14 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Der Kläger habe keinen Löschungsanspruch. Die Speicherung der streitgegenständlichen Dateien sei zulässig. Sowohl die Speicherung der Dateien als auch deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Da der Kläger seine dienstliche E-Mail-Korrespondenz nicht vollständig zu den Sachakten genommen habe und der Verlauf der Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der Anteile der EnBW von der EdF nach wie vor in weiten Teilen nicht geklärt sei, bedürfe es einer Auswertung des E-Mail-Postfachs im Hinblick auf das vor der Internationalen Handelskammer in Paris anhängige Schiedsverfahren des Landes gegen die EdF, etwaige Schadensersatzansprüche des Landes nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und ein Akteneinsichtsgesuch zweier Privatpersonen nach dem Landesumweltinformationsgesetz, das sich unter anderem auch auf die Sicherungskopien beziehe. Weiter seien die Sicherungskopien Gegenstand einer Landtagsanfrage (LT-Drucks. 15/2640) gegenüber dem Staatsministerium gewesen. Die Staatsanwaltschaft lehne eine Akteneinsicht des Landes bislang unter Hinweis auf § 406e Abs. 2 StPO ab. Auf § 88 TKG könne sich der Kläger nicht berufen, ebensowenig auf § 15 Abs. 4 LDSG. Der Zweck der Datensicherung umfasse auch die Wiederherstellung verloren gegangener Datenbestände. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner E-Mail-Nachrichten zur Vervollständigung der Sachakten halte sich damit im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung. § 15 Abs. 4 LDSG wolle nur zweckändernde Maßnahmen und eine nachfolgende Datennutzung gegenüber Bediensteten ausschließen. Der Kläger sei aber gerade kein Bediensteter im datenschutzrechtlichen Sinne gewesen. Die beabsichtigte Datenverwendung sei gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG gerechtfertigt. Es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentationspflichten nicht nachgekommen sei. Zudem sei § 23 Abs. 3 LDSG zu beachten. Archivwürdige Daten unterlägen nicht der Löschungspflicht des § 23 LDSG.
15 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 27.05.2013 den Beklagten verpflichtet, die Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers ...PST_20101116, ...PST_20101117 und ... ...PST_20101117_DUMPSTER sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind, und im Übrigen die Klage abgewiesen (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - NVwZ-RR 2013, 428). Der Kläger habe nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG einen Anspruch auf Löschung dieser Dateien, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden seien. Es handele sich um personenbezogene Daten i.S.v. § 3 Abs. 1 LDSG. Denn die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers beträfen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich seine Kommunikation mit Dritten. Für das Staatsministerium als speichernde Stelle sei die Kenntnis der Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert worden seien und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen sei (§ 15 Abs. 4 LDSG). Es könne offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG im Hinblick auf die Dokumentationspflichten des Klägers, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt sei, denn diese Bestimmungen würden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. Diese Norm sei anwendbar. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“, aus dem der Beklagte die Unanwendbarkeit der Norm herleite, beziehe sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibe von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Die E-Mail-Postfach-Daten seien zu dem Zweck kopiert worden, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers stellten - in der im Herbst 2010 kopierten Form - daher personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert worden seien. Folglich scheide eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus. Zwar solle bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören. Dies könne aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen sei, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt worden sei. Darum gehe es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten gekommen sei noch der Beklagte die Daten weiter benötige, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Es sei auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung sei insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke, also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage, zulässig. Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setze voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert würden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgingen. Daran fehle es hier. Mit der Kopie seien keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt worden; vielmehr habe sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten erschöpft.
16 
Auf § 88 TKG könne sich der Kläger allerdings nicht berufen. Die Norm wolle allein das Fernmeldegeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG schützen, dessen Schutzbereich nicht betroffen sei. Es handele sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet habe. Zudem sei der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG.
17 
§ 36 Abs. 1 LDSG sei auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten gewesen sei. Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bilde die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt hätten, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten beziehe. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebühre der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gelte jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststehe oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1, 2 i.V.m. § 2 Abs. 3 UIG enthielten.
18 
Dem Löschungsanspruch stehe dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten seien. Die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv sei keine Zwecksetzung, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen könne. § 23 Abs. 3 LDSG befasse sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindere weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen.
19 
Das Archivrecht modifiziere allerdings den Umfang des klägerischen Anspruchs dahin, dass die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen seien, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden seien. Es handele sich bei den Daten nicht um „Archivgut eines Privaten“, das gemäß § 2 Abs. 3 LArchG nur mit Einvernehmen des Klägers dem Landesarchiv überantwortet werden könne. Die Vorschrift erfasse nur Daten „aus privater Hand“, nicht hingegen Daten wie die streitgegenständlichen, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten. Vor einer Löschung seien die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7, 8 LArchG zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirkten, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindere. Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht sei in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ - den auch das Bundesrecht kenne - auszugehen. Das Archivrecht enthalte eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz. Das genannte Vorrangverhältnis ergebe sich aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Denn vor einer Löschung seien Daten nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsehe - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7, 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergäben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden sei. Es scheide aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Vor der Übernahme in das Archiv könnten Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden, wie etwa eine (Teil-)Anonymisierung. Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht seien in § 4 und § 6 LArchG und in der Landesarchivbenutzungsordnung vorgesehen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestünden nicht. Das Landesarchiv Baden-Württemberg habe bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG schütze insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart würden. Träger des Grundrechts seien auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Der Kläger sei insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angehe. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsehe, könne er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Weiter komme dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute.
20 
Gegen das ihm am 31.05.2013 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte am 28.06.2013 (Posteingang) die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, mit der er die vollumfängliche Klageabweisung erstrebt, und am 29.07.2013 die Berufungsbegründung eingereicht. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 LDSG. Die Speicherung der Daten sei zulässig. Die Speicherung der Daten und deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Für den Begriff "Aufgaben der verantwortlichen Stelle" im Sinne des § 15 LDSG sei nicht auf diejenige Organisationseinheit einer Behörde abzustellen, die die Daten tatsächlich speichere, wie z.B. die IT-Abteilung oder das Rechenzentrum, sondern auf die Behörde oder juristische Person, der diese Abteilung angehöre. Für die Frage, ob die streitgegenständlichen Dateien für die Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle noch erforderlich seien, komme es mithin auf den Aufgabenbereich des Staatsministeriums insgesamt an. Davon zu unterscheiden sei der Begriff des Zwecks der Speicherung im Sinne des § 15 LDSG. Der Zweck könne enger sein als die Aufgabe, aber niemals über diese hinausgehen. Der Zweck sei regelmäßig weiter als der konkrete Anlass der Erhebung. Er erschöpfe sich nicht in der Erledigung des einzelnen Verwaltungsverfahrens. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner Dokumente zur Vervollständigung der Sachakten erfüllten die Voraussetzungen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung.
21 
Das Verwaltungsgericht habe den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG in einer vom Gesetz nicht beabsichtigten Weise überdehnt. Die im Herbst 2010 durchgeführte Maßnahme stelle eine Datensicherung im Sinne des § 15 Abs. 4 LDSG dar. Mit dem Begriff Datenschutzkontrolle/Datensicherung/Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes sei aber keine subjektive Konkretisierung verbunden, die den Zweck auf den konkreten Anlass beschränke. Der Zweck der Maßnahme gehe in aller Regel über den konkreten Anlass hinaus. Ansatzpunkt seien stets die so genannten "Primärzwecke" in allgemeiner Form, z.B. Zwecke der Datensicherung und/oder der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage. Diese Primärzwecke sollten von der verantwortlichen Stelle vor der jeweils beabsichtigten Verarbeitung oder Nutzung festgelegt werden. Bei unterlassener ausdrücklicher Festlegung im Zeitpunkt der Maßnahme sei der objektive Zweck maßgeblich. Dieser sei dem erkennbar verfolgten Ziel zu entnehmen. Eine weitere Detaillierung in Richtung eines konkreten Anlasses, der den in § 15 Abs. 4 LDSG genannten Zwecken zuzuordnen wäre, habe der Gesetzgeber bewusst unterlassen. Finde eine Datensicherung aus Anlass vermuteter Gerätestörungen statt, so sei die Verwendung dieser Sicherung für die Wiederherstellung anderweitig verlorengegangener Daten nach § 15 Abs. 4 LDSG nicht ausgeschlossen.
22 
Die Wiedergewinnung verloren gegangener Originaldaten gehöre selbstverständlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Verwendungszwecken. Diene die Maßnahme der Sicherung bestimmter Datenbestände, so dürften diese bei Verlust über die angefertigten Sicherungskopien wiederhergestellt und zur Aufgabenerfüllung verwendet werden. Liege der Erhebung oder Speicherung keine (aufgabenspezifische) Rechtsvorschrift zu Grunde oder biete diese keinen geeigneten Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und habe auch der Betroffene keine ausdrückliche Verfügung getroffen, so seien die verfolgten Zwecke auf der Grundlage eines pragmatischen Verständnisses des Handelns der öffentlichen Stelle zu bestimmen. Es sei von einer typischen und sachgerechten Organisation der verantwortlichen Stelle auszugehen. Aufgabe des IT-Bereichs sei es, die für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlichen Daten zu sichern und die ordnungsgemäße Funktion der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums sicherzustellen. Genau dieser Aufgabe hätten die im Herbst 2010 bezüglich des klägerischen Accounts durchgeführten Maßnahmen gedient. Zum Zeitpunkt der Maßnahme habe noch keinerlei Kenntnis der Ursachen der aufgetretenen Datenverluste existiert. Ein rechtswidriger Zugriff von außen oder unbefugtes Handeln Dritter hätten im Zeitpunkt der Maßnahme von niemandem ausgeschlossen werden können. Auch deswegen greife die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil vertretene enge Festlegung auf bestimmte Verlustszenarien zu kurz. Durch das Ausscheiden des Klägers aus dem Amt des Ministerpräsidenten sei keine "Zweckerfüllung" eingetreten. Durch § 15 Abs. 4 LDSG werde nicht ausgeschlossen, dass die streitgegenständlichen Daten im Sinne ihrer engen Zweckbindung (Sicherungskopie) zur Herstellung der Originaldateien benutzt würden. Die wiederhergestellten Originaldateien dürften jedenfalls für diejenigen Zwecke verwendet werden, zu denen sie der Kläger ursprünglich angelegt habe. Daher halte sich die Aufnahme der Postfachdaten in bereits vorhandene Sachakten im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecke und der wahrgenommenen Aufgaben. Die Befugnis zur Wiedergewinnung der Originaldaten gelte unabhängig davon, auf welche Weise die Daten verloren gegangen seien. Der Zweck der Datensicherung umfasse alle Maßnahmen zum Schutz vor Datenverlusten. Hier seien die Sicherungskopien zum Schutz der Originaldateien angelegt worden. Dass die Originaldateien hier nicht versehentlich, sondern bewusst und entgegen der dem Kläger obliegenden Aktenführungspflichten nicht gesichert, sondern gelöscht worden seien, führe zu der objektiven Feststellung des Verlusts von Daten, die nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 LDSG zulässigerweise gespeichert werden dürften und aus der Sicht ordnungsgemäßen nachweisbaren staatlichen Handelns hätten gespeichert werden müssen. Lösche ein Mitarbeiter einer Behörde ganz bewusst auch solche dienstlichen Daten, die noch zu der konkreten Aufgabenwahrnehmung benötigt würden, so müsse die betroffene Behörde befugt sein, auf alle vorhandenen Sicherungskopien zurückzugreifen. Auch die Datensabotage oder missbräuchliche Nutzung durch eigene Mitarbeiter stelle einen Datenverlust dar, vor dem Maßnahmen zur Datensicherung schützen sollten.
23 
Speziell solche Daten, die im Zusammenhang mit den von dem Beklagten bereits erstinstanzlich genannten Verfahren stünden, seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums nach wie vor erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf die bereits anhängigen Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den entsprechenden Sachakten fehlten. Weder die Mitarbeiter noch die von den Mitarbeitern selbst zu dienstlichen Zwecken angelegten dienstlichen Inhalts-Dateien bedürften des vom Verwaltungsgericht angenommenen weiten Schutzes. Nach dem Sinn und Zweck der Sonderregelung in § 15 Abs. 4 LDSG solle durch die strikte Zweckbindung lediglich ausgeschlossen werden, dass die aus Bedürfnissen des Datenschutzes und der Datensicherheitzusätzlich erhobenen Datenbestände als Informationsgrundlage für andere Zwecke zur Verfügung stünden, weil dadurch der Einsatz wirksamer Datenschutz- und Sicherungsmethoden indirekt behindert würde. Mit der Wiederherstellung und dienstlichen Verwendung der zu dienstlichen Zwecken selbst angelegten oder zu diesem Zweck empfangenen Daten könne und müsse ein Mitarbeiter aber jederzeit rechnen. Durch die vom Verwaltungsgericht angenommene Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG werde zugleich das spezielle Regel-Ausnahmeprinzip des § 15 LDSG in einer vom Gesetz nicht beabsichtigten Weise verengt. Behörden und Unternehmen wären in einer Vielzahl von Fällen zur Aufgabe ihrer an sich höherrangigen und berechtigten Interessen gezwungen und letztlich dem Belieben ihrer unbefugt handelnden Mitarbeiter ausgesetzt, wenn und soweit diese (bewusst) dienstliche Dokumente vernichteten.
24 
Völlig unberücksichtigt habe das Verwaltungsgericht gelassen, dass Sinn und Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht sei, denjenigen zu schützen, der selbst in rechtswidriger Weise den Zwecken der Datensicherung zuwidergehandelt habe. Dem Kläger habe während seiner Amtszeit als Ministerpräsident auch im Hinblick auf die in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG genannten Belange die Pflicht oblegen, solche Daten zu sichern, die in die Sachakten des Staatsministeriums gehörten. Diese Sicherung sei unterblieben. Aufgrund der von dem Beklagten vorgelegten E-Mail-Schreiben des Klägers stehe fest, dass dieser z.B. im Zusammenhang mit dem Erwerb der EnBW-Anteile E-Mail-Schreiben erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Die gesamte Anbahnung des Erwerbs der EnBW-Anteile sei unter Ausschluss der zuständigen Ministerien und ihrer Ministerialebenen allein über das damalige Ministerpräsidentenbüro des Klägers vorbereitet und abgeschlossen worden. Die dem Erwerb zu Grunde liegenden Überlegungen und Informationen seien zwischen den beteiligten Parteien ganz überwiegend in digitaler Form ausgetauscht worden. Akten im klassischen Sinn seien zu diesem Vorgang nicht vorhanden. Auch die Akten zum Polizeieinsatz vom 30.09.2009 enthielten keine E-Mail-Nachrichten des Klägers, obwohl die Bevollmächtigten des Klägers gegenüber dem Verwaltungsgericht im Erörterungstermin vom 29.04.2013 erklärt hätten, dass die Staatsanwaltschaft den streitgegenständlichen Sicherungskopien zu diesem Thema insgesamt zwei bis drei Leitzordner E-Mails entnommen und beschlagnahmt habe.
25 
Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus der Amtszeit des Klägers bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Verwaltungs- und Regierungshandeln allgemein und in anderen Fällen betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Der Kläger behaupte gerade nicht, dass es sich bei den gespeicherten Postfach-Daten ausschließlich um den rein privaten Bereich betreffende E-Mails handele. Vielmehr habe er erstinstanzlich geltend gemacht, er habe während seiner Amtszeit als Ministerpräsident keinerlei Dokumentations- und Aktenführungspflicht unterlegen, und bringe nun vor, er habe alle maßgeblichen Unterlagen zu den Sachakten genommen. Der Kläger habe Dokumentations- und Aktenführungspflichten unterlegen. Die Vollständigkeit staatlicher Akten bilde die Grundlage rechtmäßigen staatlichen Handelns und sei Voraussetzung für jede Rechtskontrolle im Sinne von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Das Parlament habe Anteil an der Staatsleitung durch die ihm zustehenden Mitentscheidungskompetenzen und der ihm zugewiesenen parlamentarischen Kontrolle, deren Ziel es sei, das Handeln der Regierung transparent und verantwortlich zu machen. Die dem Staatsministerium durch Übersenden seitens des Untersuchungsausschusses bekannte, dem Gericht vorgelegte E-Mail-Korrespondenz des Klägers betreffe keinen der Kontrolle des Parlaments entzogenen Vorbehaltsbereich der Regierung. Es handle sich um den Gedankenaustausch eines Ministerpräsidenten mit einem außerhalb des Kabinetts stehenden Dritten im Zusammenhang mit einer beabsichtigten wirtschaftlichen Betätigung des Landes. Dem parlamentarischen Informationsrecht entspreche eine grundsätzliche Informationspflicht der Landesregierung. Die Informations- und Akteneinsichtsrechte - in Form von Rechtsansprüchen nach § 29 Abs. 1 LVwVfG, Art. 35 LV i.V.m. § 14 UAG, § 61 LTGO und im Ermessenswege nach allgemeinen Grundsätzen - setzten eine Pflicht zur Führung vollständiger und wahrheitsgetreuer Akten voraus. Die Aktenführungspflicht ergebe sich auch ohne ausdrücklichen Ausspruch in einem Gesetz oder einem Organisationsstatut aus der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht der Behörden und Verfassungsorgane zur objektiven Dokumentation des bisherigen wesentlichen sachbezogenen Geschehensablaufs und der möglichen Erkenntnisquellen für das zukünftige Handeln. Selbstverständlich sei das Staatsministerium verpflichtet, Daten, die den rein familiären Bereich beträfen, zu löschen. Eine diesbezügliche Trennung der Postfachdaten sei über die Absender- bzw. Empfängerdaten technisch möglich. Die Einsichtnahme in die Absender- bzw. Empfängerdaten sei dem Kläger auch zumutbar und keine Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Durch das Löschen der allein elektronisch gespeicherten dienstlichen Daten habe der Kläger die Aufgabenwahrnehmung des Beklagten in einigen Bereichen nahezu unmöglich gemacht. Dies lasse seine Schutzbedürftigkeit insgesamt entfallen.
26 
Der Beklagte beantragt,
27 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
28 
Der Kläger beantragt,
29 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
30 
Die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe Originaldateien entgegen der ihm obliegenden Aktenführungspflichten gelöscht, sei haltlos. Der Vortrag des Beklagten erfolge ohne ansatzweise substantiierte Darlegung. Auf der grundlosen Unterstellung, der Kläger habe gegen seine Aktenführungspflicht verstoßen, beruhe die Argumentation des Beklagten, dass es sich bei den streitgegenständlichen Daten um solche handele, die nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 LDSG zur Erfüllung der Aufgaben des Beklagten erforderlich seien, und dass der Beklagte befugt sein müsse, auf noch vorhandene Sicherungskopien zurückzugreifen. Es sei eine falsche Behauptung, dass im Staatsministerium wenige Schriftstücke aus der Amtszeit des Klägers vorhanden seien. Regierungshandeln unterliege nicht der Anordnung Schriftgut und nach dieser Verwaltungsvorschrift seien nur solche E-Mails zu den Akten zu nehmen, die "Entscheidungen" enthielten, es sei denn der Bearbeiter ordne ihre Aufbewahrung an. Eine elektronische Archivierung von E-Mails sei im Staatsministerium nicht erfolgt. Die Löschung von E-Mails sei Aufgabe des jeweiligen Adressaten gewesen. Zudem gebe es einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der einen nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließe, zu dem auch die Willensbildung der Regierung selbst zähle. Danach seien ausgetauschte Meinungen und Werturteile auch in öffentlichen Angelegenheiten nicht in Akten zu dokumentieren.
31 
Ob Daten zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG noch erforderlich seien, richte sich ausschließlich nach der Zweckbestimmung, die der Speicherung der Daten zu Grunde gelegen habe. Nicht mehr erforderlich seien die Daten, wenn die Aufgabe, zu deren Erfüllung sie gespeichert worden seien, endgültig entfallen sei. Dies werde aus der Systematik des § 15 Abs. 1 LDSG deutlich, indem dort zum Erforderlichkeitsgrundsatz (Nr. 1) kumulativ der Grundsatz der Zweckbindung (Nr. 2) hinzutrete. Daten seien daher zur Aufgabenerfüllung nur solange erforderlich, wie die konkrete Aufgabe aktuell sei. Es gehe vorliegend daher nicht darum, ob der Zweck, zu dem die streitgegenständlichen Daten gespeichert worden seien, über den konkreten Anlass - hier eine technische Störung des E-Mail-Accounts des Klägers im Oktober 2010 - hinausgehe. Bei der Frage, ob die Aufgabe entfallen sei, sei die mit dem Ausscheiden des Klägers aus dem Amt des Ministerpräsidenten verbundene Zeitkomponente maßgeblich, die vom Beklagten außer Acht gelassen werde. Mit diesem Ausscheiden seien die die weitere Speicherung rechtfertigenden Aufgaben entfallen. Die streitgegenständlichen Daten seien nicht zum Zweck der Datensicherung im Sinne der Sicherung ihrer fortwährenden Verfügbarkeit im EDV-System des Beklagten gespeichert worden. Eine Wiedergewinnung von Daten, die in Sicherungskopien gespeichert seien, nach § 15 Abs. 4 LDSG sei nur in den Grenzen der konkreten Aufgabe, zu deren Erfüllung die Speicherung erfolgt sei, zulässig. Vorliegend gehe es nicht um einen Datenverlust durch einen Systemfehler, dessen nachteiligen Folgen auf den ordnungsgemäßen Betrieb der Datenverarbeitungsanlage durch die streitgegenständlichen Sicherungskopien habe entgegengesteuert werden sollen, sondern der Kläger habe als Betroffener bewusst entschieden, diese Daten zu löschen. Die Daten sollten nach dem Anliegen des Beklagten nicht für den intendierten Sicherungszweck (Verlust durch Systemfehler), sondern zu anderen Zwecken, insbesondere der vermeintlich angezeigten Überprüfung der Vollständigkeit von Akten (§ 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG), angeblicher erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl (§ 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG) oder gar der Aufdeckung vermuteter Rechtsverstöße (§ 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG) herangezogen werden. Dies sei jedoch datenschutzrechtlich unzulässig. Die Annahme des Beklagten, die strikte Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG erfasse ausschließlich "zusätzlich" erhobene Datenbestände, verkenne, dass die strikte Zweckbindung ungeachtet des Inhalts der Sicherungskopie hier die streitgegenständlichen Daten erfasse. Der „unclean hands“-Einwand des Beklagten sei für den datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch aus § 23 Abs. 1 LDSG irrelevant. Andernfalls würde die durch § 15 Abs. 4 LDSG bewirkte strikte Zweckbindung ausgehöhlt. Eine Reduzierung des datenschutzrechtlichen Schutzniveaus ergebe sich hier weder daraus, dass die private IT-Nutzung nicht ausdrücklich gestattet worden sei, noch aus dem Umstand, dass der Kläger die Funktion des Ministerpräsidenten innegehabt habe. Die von dem Beklagten angeführten parlamentarischen Kontrollbefugnisse seien nicht dazu geeignet, den datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und die strikte Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG einzuschränken.
32 
Auf die ihm am 01.08.2013 zugestellte Berufungsbegründung hin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 30.08.2013, der am selben Tag beim Verwaltungsgerichtshof einging, Anschlussberufung eingelegt, mit der er seinen erstinstanzlichen Hauptantrag auf uneingeschränkte Löschung der streitgegenständlichen Dateien weiterverfolgt. Zur Begründung führt er aus, die streitgegenständlichen Daten seien als privat einzustufen und allenfalls nach § 2 Abs. 3 LArchG mit dem Einvernehmen des Klägers dem Landesarchiv anzubieten. Mit § 2 Abs. 3 LArchG seien keine Eingriffsbefugnisse verbunden. Auch unter der Annahme, dass kein Fall des § 2 Abs. 3 LArchG vorliege, komme man nicht zu einem Anbieten. Der Kläger in seiner Funktion als Ministerpräsident sei als Verfassungsorgan mit eigenen Organrechten zu betrachten gewesen. Der Kläger selbst sei also Stelle im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG. Die Übergabe durch die Stelle beziehe sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG ausschließlich auf Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötige. Potentielles Archivgut könnten also nur solche Unterlagen sein, die bei der Stelle im Vorfeld der Anbietung der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben dieser Stelle gedient hätten. Dies sei jedoch hier nicht der Fall. Die Daten hätten nicht der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten gedient, denn sie seien ausschließlich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden. Es bestehe also eine Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut dem Landesarchiv anzubieten seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts führe dazu, dass auch Daten, von denen bereits im Vorfeld der Anbietung an das Landesarchiv bekannt sei, dass sie wegen eines Fortfalls des Zwecks im Sinne des § 15 Abs. 4 LDSG nach § 23 Abs. 1 LDSG zu löschen seien, dem Landesarchiv zum Zwecke der Archivierung anzubieten seien. Aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei jedoch ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber danach differenziere, ob ein Löschungsanspruch vor oder nach der Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv erhoben werde. Zwar seien von den Stellen personenbezogene Daten infolge des § 23 Abs. 3 LDSG selbst dann vor der Löschung dem Landesarchiv anzubieten, wenn diese unzulässig gespeichert worden seien. Der die öffentlich-rechtliche Löschungspflicht der öffentlichen Hand widerspiegelnde subjektive Löschungsanspruch des Betroffenen gehe jedoch weiter und sei erst dann ausgeschlossen, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die (weitere) Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. Zudem folge aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, dass unzulässig gespeicherte Daten nicht der archivrechtlichen Anbietungspflicht des § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG unterlägen. Aus § 23 Abs. 3 LDSG im Zusammenspiel mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG lasse sich kein gesetzlicher Rahmen entnehmen, der dem an einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung anzulegenden Bestimmtheitsgrad genüge. Zudem müssten nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts alle in der Landesverwaltung eingehenden und versandten E-Mails vor ihrer Löschung dem Archiv angeboten werden; diese Kontrollüberlegung zeige, dass die Argumentation des Verwaltungsgerichts unzutreffend sei.
33 
Mit der Anschlussberufung beantragt der Kläger,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - teilweise zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, die Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers ... ...PST_20101116, ...PST_20101117 und ... ...PST_20101117_DUMPSTER sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen.
35 
Der Beklagte beantragt,
36 
die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
37 
Das Archivrecht gewährleiste mit den Anbietungs- und Übergabepflichten einerseits und den Sperrfristen andererseits einen angemessenen Ausgleich zwischen den divergierenden Geheimhaltungs- und Publizitätsinteressen der Beteiligten. Die streitgegenständlichen Dateien seien nicht als privat einzustufen. Jedenfalls in den Fällen, in denen der Kläger - wie hier - über seinen Dienstrechner und das ihm als Ministerpräsidenten zugewiesene dienstliche Mailkonto kommuniziert habe, seien die entstandenen Postfachdaten als amtlich einzuordnen. Alle Korrespondenz eines Regierungschefs mit Ausnahme familiärer Schreiben sei von der öffentlichen Amtsfunktion überlagert. Die streitgegenständlichen Sicherungskopien hätten der Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums insgesamt und der Aufgabenerfüllung des Klägers als damaligem Ministerpräsidenten gedient. Gemäß §§ 2, 3 LArchG sei es Aufgabe des Landesarchivs, die ihm angebotenen Unterlagen zu bewerten und die jeweils archivwürdigen Unterlagen auszuwählen. Ob diese in digitaler oder Papierform vorlägen, sei unerheblich. Nach der gesetzgeberischen Intention zu § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG seien Löschungsansprüche nach Landesdatenschutzrecht bei Archivgut ausgeschlossen. Dem eindeutigen Wortlaut nach seien gemäß § 23 Abs. 3 LDSG auch unzulässig gespeicherte Unterlagen anzubieten.
38 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten (2 Heftungen) vor.

Entscheidungsgründe

 
39 
Sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, aber unbegründet.
40 
I. Berufung des Beklagten
41 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Einreichung beim VGH, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 VwGO).
42 
2. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn der Kläger hat einen - durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv modifizierten (s. dazu unter II.) - Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (a). Einem solchen Löschungsanspruch stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (b) entgegen.
43 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
44 
aa) Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten, und sind daher - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat und die Beteiligten auch nicht in Frage stellen - personenbezogene Daten.
45 
bb) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
46 
cc) Die streitgegenständlichen Dateien sind für das Staatsministerium nicht mehr i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG zur Aufgabenerfüllung erforderlich.
47 
(1) Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist. Diese Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung folgt aus Wortlaut, Willen des Gesetzgebers, Sinn und Zweck der Vorschrift sowie den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Danach besteht zwischen dem Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG und der Regelung über Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten nach § 15 LDSG ein unmittelbarer Zusammenhang.
48 
Der Wortlaut von § 15 LDSG und § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG spricht zunächst nicht für diesen unmittelbaren Zusammenhang. Denn § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG macht den Löschungsanspruch davon abhängig, dass die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist, während nach 15 Abs. 1 LDSG die Zulässigkeit der Speicherung nicht nur die Erforderlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle voraussetzt, sondern auch dass die Speicherung für die Zwecke, für die die Daten erhoben worden sind, erfolgt. Den Gesichtspunkt der Zweckbindung spricht der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hingegen gar nicht an.
49 
Dem entspricht es, wenn in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu den insoweit gleich lautenden Normen der § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG, § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X die Erforderlichkeit verneint wird, wenn die Daten keine praktische Bedeutung mehr haben und deshalb ausgeschlossen werden könne, dass sie die Arbeit der zuständigen Behörde noch fördern könnten (vgl. Mallmann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 20 Rn. 42; Mester, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 20 Rn. 18; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 11; Brink, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 35 Rn. 39; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 84 Rn. 7; ähnlich Wedde, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, Kap. 4.4. Rn. 64, und ders., in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 20 Rn. 12, auf die „Aufgabe“ abstellend, zu deren Erfüllung die Daten gespeichert wurden; unklar Worms, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 20 BDSG Rn. 39; ähnlich auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164.92 - juris Rn. 3 m.w.N., zur Speicherung von Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach dem bad.-württ. Polizeigesetz; Beschl. v. 18.03.1994 - 11 B 76.93 - NJW 1994, 2499, zum Eintrag in der Führerscheinkartei). Nach dieser Auffassung dürfte die Erforderlichkeit noch gegeben sein - und bestünde folglich kein Löschungsanspruch des Betroffenen -, wenn der Zweck, zu dem die Daten gespeichert worden sind, inzwischen zwar erfüllt ist, die Daten jedoch allgemein für die Aufgaben der Behörde, mithin für andere Zwecke, als sie der Speicherung zugrunde lagen, noch von Bedeutung sein könnten.
50 
Gegen eine solche Auslegung der Norm spricht jedoch die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BDSG, denen auch im Wortlaut § 23 Abs. 1 Nr. 2 und § 15 Abs. 1 LDSG nachgebildet sind. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977 (Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 27.01.1977, BGBl. I, 201) bestimmte in § 9 Abs. 1:
51 
"Das Speichern oder Verändern personenbezogener Daten ist zulässig, wenn es zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.“
52 
Zur Sperrung und Löschung von Daten bestimmte § 14 BDSG 1977 unter anderem:
53 
„(2) Personenbezogene Daten sind zu sperren, wenn ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt. Sie sind ferner zu sperren, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist…
54 
(3) Personenbezogene Daten können gelöscht werden, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Sie sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder wenn es in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 der Betroffene verlangt.“
55 
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz 1977 war mithin sowohl für die Zulässigkeit von Datenspeicherung und -veränderung nach § 9 Abs. 1 als auch für den Löschungsanspruch nach § 14 Abs. 3 Satz 2 maßgebliches Kriterium die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle. Das Tatbestandsmerkmal der Zweckbindung bestand nicht.
56 
Der heutige Wortlaut von § 20 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 BDSG geht zurück auf die Novelle von 1990 (Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20.12.1990, BGBl. I, 2954). Mit diesem Gesetz reagierte der Gesetzgeber auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Es sei nötig geworden, aufgrund des Volkszählungsurteils dem Grundsatz der Zweckbindung durchgehend Geltung zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 36). Wesentlicher Inhalt der Neufassung sei:
57 
„a) Verstärkung der Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, enumerative Aufzählung der Ausnahmen,
58 
b) Verstärkung der Rechte des Betroffenen sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, insbesondere durch

- Löschungsrechte
…“
59 
(vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 37)
60 
Die Entstehungsgeschichte spricht mithin gerade nicht dafür, den Umfang der Zweckbindung bei der Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung einerseits und den Löschungsanspruch andererseits unterschiedlich zu bestimmen. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt nicht, dass ein Löschungsanspruch erst bestehen soll, wenn unabhängig von der Zweckbindung die Nutzung der gespeicherten Daten ganz allgemein für die Aufgabenerfüllung der Behörde nicht mehr erforderlich ist. Vielmehr wollte der Gesetzgeber im Gegenteil die Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten verstärken, ebenso die subjektiven Rechte des Betroffenen. Die Entstehungsgeschichte spricht mithin dafür, einen Zusammenhang zwischen Löschungsanspruch und Zweckbindungsgrundsatz zu bejahen.
61 
Zweck des Löschungsanspruchs nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG ist, die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Zweckbindung der erhobenen Daten durchzusetzen. Dies folgt nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist - wenn nicht der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LDSG) - nur zulässig, wenn das Landesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LDSG). Dies folgt notwendig daraus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist und ein solcher Eingriff einer bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Für den Bereich der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ist § 15 LDSG die gesetzliche Grundlage, die den Umfang der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 4 Abs. 1 LDSG regelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 15 LDSG nicht mehr zulässig, liegt ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, so dass - da das Grundrecht ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gibt - ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG gegeben sein muss. Wenn jedoch die Verarbeitung personenbezogener Daten weiterhin auf § 15 LDSG gestützt werden kann, ist eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff vorhanden; ein Löschungsanspruch besteht dann nicht. Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach § 15 LDSG korrespondieren mithin.
62 
(2) Nach diesem Maßstab ist die Kenntnis der streitgegenständlichen Daten im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich. Denn die Kenntnis ist nicht notwendig zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor; diese sind nicht anwendbar (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106, 115; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56; Dehoust, in: Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, SächsDSG, 2011, § 13 Rn. 37).
63 
(a) Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält, wie bereits der Wortlaut zeigt, ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Es besteht eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, a.a.O., 31 Rn. 1; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 22; Bieresborn, a.a.O., § 67c Rn. 13; Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB I, V, X, 2012, § 67c SGB X Rn. 13; Steinmeyer, in: Wannagat/Eichenhofer, SGB, § 67c SGB X Rn. 14 <83. Lfg.>). Durch den strikten Zweckbindungsgrundsatz soll verhindert werden, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden (vgl. Heckmann, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 14 Rn. 108; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, „…dass Daten, die nur den genannten Zwecken dienen, keiner anderen Verwendung zugeführt werden“ (so zur Parallelnorm des § 14 Abs. 4 die Beschlussempfehlung des BT-Innenausschusses zur Datenschutznovelle 1990, vgl. BT-Drucks. 11/7235, S. 88).
64 
Das strikte Zweckbindungsgebot des § 15 Abs. 4 LDSG gilt nur dann, wenn personenbezogene Daten ausschließlich zu den im Gesetz genannten Zwecken gespeichert werden (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 111; Buchner, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27, § 31 Rn. 5). Ob eine solche ausschließliche Zwecksetzung verfolgt wird, bestimmt die Daten verarbeitende Stelle im Rahmen der Festlegung des Zweckes (vgl. Buchner, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5). Ausschlaggebend ist mithin der von der verantwortlichen Stelle festgelegte Zweck (vgl. OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 02.03.2011 - OVG 60 PV 10.10 - juris Rn. 30, zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BlnDSG i.V.m. § 31 BDSG; Beschl. v. 14.03.2013 - OVG 62 PV 13.12 - juris Rn. 45 zu § 31 BDSG; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37). Die Festlegung des Verwendungszwecks durch die verantwortliche Stelle führt zu deren Selbstbindung (vgl. Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 24; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39; je zu § 14 Abs. 1 BDSG). Die Zweckbindung haftet der Datenverarbeitung bis zur Zweckerfüllung an (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 10, zu § 14 Abs. 1 BDSG).
65 
Diese Festlegung der Zweckbindung muss im Voraus erfolgen. Wurde sie unterlassen, so ist der objektive Verwendungszweck maßgeblich, der sich nach dem erkennbar verfolgten Ziel bestimmt (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110). Die öffentliche Stelle ist jedoch nicht frei in ihrer Festlegung des Zwecks. Sie hat es nicht in der Hand, durch eine allzu weite und unverbindliche Definition die Zweckbindung leerlaufen zu lassen; die Festlegung des Zwecks muss datenschutzrechtlich zulässig sein (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113, zu § 14 Abs. 4 BDSG; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37, 22, zu § 13 Abs. 4 SächsDSG).
66 
Sollen diese Daten für einen weiteren Zweck genutzt werden, bedarf es hierfür einer eigenständigen Legitimation durch eine Rechtsvorschrift (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30) Eine nachträgliche Änderung der Zweckbindung ohne spezielle gesetzliche Grundlage hierfür ist ausgeschlossen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 31 ff.).
67 
Die Vermeidung von Datenverlusten, Datenmanipulationen und unbefugtem Datenzugang sowie die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung von Datenbeständen gehören zum Zweck der Datensicherung sowie zum Zweck der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109, zur Datensicherung; Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 59, zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 1a: klare Trennung dieser Zwecke nicht möglich). Die Wiedergewinnung des gesicherten und verloren gegangenen Datenbestsands gehört daher grundsätzlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 112, 114; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 24).
68 
Zu Unrecht bringt der Beklagte vor, mit einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 4 LDSG sei eine zu enge Zweckbindung verbunden, die unabweisbare Bedürfnisse der Allgemeinheit, insbesondere im Hinblick auf Belange der Strafrechtspflege bei der Verfolgung von Straftaten unzulässig hintanstelle. Zwar wird in der rechtwissenschaftlichen Literatur vertreten, dass strafrechtliche Zugriffsnormen, auch über § 1 Abs. 3 BDSG bzw. § 2 Abs. 5 LDSG die strikte Zweckbindung des § 14 Abs. 4 BDSG bzw. § 15 Abs. 4 LDSG nicht überwinden könnten (so Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 62; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115 ; a.A. wohl Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29). Anderes gelte nur für die Verfolgung von Datenschutzdelikten; sie bewege sich im Rahmen des § 14 Abs. 4 BDSG (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4). Dies trifft jedoch nach Auffassung des Senats - ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre - nicht zu. Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglichen soll. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können; Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, a.a.O., § 1 Rn. 110; BT-Drucks. 7/1027, S. 16). Diesen Anforderungen des § 2 Abs. 5 LDSG an besondere Rechtsvorschriften entsprechen die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren; diese sind die allgemeinen Rechtsgrundlagen für Datenerhebungen durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. Dembowski, in: Roßnagel, a.a.O., Kap. 8.1 Rn. 17 ff.). Insbesondere ist § 161 Abs. 1 StPO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die allgemeine Erhebung personenbezogener Daten im Ermittlungsverfahren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.02.2009 - 2 BvR 1732, 1745/07 - NJW 2009, 1405 <1407>; Meyer-Goßner, stopp, 56. Aufl., § 161 Rn. 2). Die strafprozessualen Beweiserhebungsnormen sind daher besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die sich über die Zwecksetzung des § 15 Abs. 4 LDSG hinwegsetzen können. Die Zulässigkeit der Erhebung und Beschlagnahme personenbezogener Daten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren trotz einer bestehenden Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG legt schließlich die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG, dass eine datenschutzrechtliche Zweckänderung für Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist, nahe.
69 
(b) Nach diesem Maßstab wäre mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien eine mit § 15 Abs. 4 LDSG unvereinbare Zweckänderung verbunden. Der ursprünglich mit der Erstellung der Sicherungskopien verbundene konkrete Zweck kann jetzt nicht mehr erreicht werden (aa). Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien (bb). Ein allgemeiner, vom ursprünglich verfolgten Zweck unabhängiger Zweck der Datensicherung könnte zudem mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht zulässig verfolgt werden; denn der Zweck, zu dem die Originaldateien gespeichert wurden, ist weggefallen (cc).
70 
(aa) Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war maßgeblicher Zweck der Datensicherungen, eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können. Damit hat der Beklagte Zwecke der Datensicherung und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage i.S.d. § 15 Abs. 4 LDSG verfolgt.
71 
Diese Zwecke - eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Art zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können - hat der Beklagte selbst im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.01.2013 an das Verwaltungsgericht als diejenigen angegeben, zu denen die streitgegenständlichen Dateien erstellt wurden. An diese ursprünglich verfolgten Zwecke ist der Beklagte aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung gebunden. Diese Zwecke können bei Wiedergewinnung der in der Sicherungskopie enthaltenen Daten nun nicht mehr erreicht werden. Die Verfolgung anderer Zwecke schließt § 15 Abs. 4 LDSG aus.
72 
Auf einen allgemeinen, über den konkreten Anlass der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien hinausgehenden allgemeinen Sicherungszweck kann sich der Beklagte hier nicht berufen. Zwar kann der datenschutzrechtlich relevante Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG über den konkreten Anlass der Speicherung hinausgehen. Einen solchen allgemeinen Sicherungszweck verfolgte der Beklagte bei der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien jedoch nicht:
73 
Die Bestimmung des maßgeblichen Zwecks einer Maßnahme nach § 15 Abs. 4 LDSG folgt im Kern denselben Grundsätzen wie die Bestimmung des Zwecks einer Datenspeicherung und -erhebung nach § 15 Abs. 1 LDSG. Maßgeblich ist dabei - wie Dammann zutreffend ausführt - der materielle Gehalt des Zweckbindungsgrundsatzes. Er resultiert daraus, dass jede Ermächtigung einer öffentlichen Stelle, personenbezogene Daten zu erheben und zu speichern, nur im Hinblick auf bestimmte Zwecke ergeht und daher auch eine Verwendung der Daten grundsätzlich nur im Rahmen dieser Zwecke legitimiert. Daher ist bei der Frage, wie der jeweilige Zweck zu fassen ist, bei der jeweiligen rechtlichen Legitimationsgrundlage für das Erheben bzw. Speichern anzuknüpfen. Maßgeblich ist entweder die gesetzliche Grundlage oder die vom Betroffenen im Sinne einer informationellen Selbstbestimmung getroffene Verfügung. Dies entspricht dem Inhalt der Aufklärungspflicht nach § 4 Abs. 3 BGSG. Liegt der Erhebung und Speicherung keine aufgabenspezifische Rechtsvorschrift zu Grunde oder bietet diese keine geeigneten Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und hat auch der Betroffene keine einschränkende Verfügung getroffen, so kommt es auf den tatsächlich verfolgten Handlungszweck an. Dieser kann und wird häufig weiter sein als der konkrete Anlass der Speicherung (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39 ff., zu § 14 Abs. 1 BDSG).
74 
An einer Festlegung eines konkreten Zwecks hinsichtlich der streitgegenständlichen Dateien durch eine Rechtsvorschrift oder eine Verfügung des Betroffenen - hier des Klägers - fehlt es. Daher kommt es auf den tatsächlich verfolgten Zweck an. Dieser bestand nicht in der Herstellung von Sicherungskopien der Outlookdateien des Klägers für jeglichen Fall des Datenverlusts. Denn längerfristige allgemeine Sicherungsspeicherungen von Outlook-Postfachinhalten wurden - abgesehen von der begrenzten Speicherung gelöschter Mails für sieben Tage auf dem Server des Staatsministeriums und für 30 Tage im Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach - im Staatsministerium nicht vorgenommen. Nach der geübten Praxis im Staatsministerium entschied allein der Nutzer des Outlook-Postfachs, welche E-Mails er ausdruckte und den Akten beifügte und welche er löschte. Eine Speicherung von Postfachinhalten für allgemeine Zwecke war auch hier nicht beabsichtigt. Die streitgegenständlichen Dateien wurden vielmehr für den beschriebenen begrenzten Zweck - Behebung von Problemen im Outlook-Kalender des Klägers - hergestellt, zu dem sie nun nicht mehr verwendet werden können.
75 
(bb) Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG gelte nur für zusätzliche, bei der Datenschutzkontrolle etc., aus technischen Gründen anfallende Dateien wie Protokolle von Datenabrufen oder personenbezogene Daten der Mitarbeiter in der IT-Abteilung. Für die Zwecke der Datenschutzkontrolle und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage wird dies in der Literatur in der Tat angenommen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 110). Für im Rahmen der Datensicherung hergestellte Kopien kann dies jedenfalls nicht gelten (so wohl auch Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109). Eine Einschränkung des Schutzzwecks des § 15 Abs. 4 LDSG lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Für Datenkopien ist der Schutzzweck auch einschlägig. Denn es entspricht gerade dem Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG, dass zusätzlich angelegte Datenbestände nicht als allgemeine Informationsgrundlage dienen sollen. Hierunter fallen gerade nach Jahren immer noch vorhandene, vom ursprünglichen Speicherzweck losgelöste Kopien von Dateien
76 
(cc) Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass aus nach § 15 Abs. 4 LDSG hergestellten Sicherungskopien bei jeglichem Datenverlust die Originaldateien wiederhergestellt werden dürften, wäre eine solche Wiederherstellung hier unzulässig. Denn eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann (Zweckerreichung). Das folgt aus dem strengen Zweckbindungsgrundsatz des § 15 Abs. 4 LDSG. Dieser soll verhindern, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden. Damit wäre es unvereinbar, wenn gemäß § 15 Abs. 4 LDSG erstellte Sicherungskopien von der speichernden Stelle noch genutzt werden dürften, obwohl der Speicherungszweck der Originaldateien bereits entfallen ist. So liegt der Fall hier:
77 
Bei der Bestimmung des Zwecks der ursprünglichen Datenspeicherung nach § 15 Abs. 1 LDSG ist, wie dargelegt, auf die rechtliche Legitimationsgrundlage für die Datenspeicherung abzustellen. Eine Rechtsvorschrift, die die Speicherung von E-Mails von Landesbediensteten datenschutzrechtlich gestattet, existiert nicht. Eine gesonderte Regelung des E-Mail-Verkehrs im Staatsministerium erfolgte nicht, eine datenschutzrechtlich relevante Selbstverpflichtung des Klägers zum E-Mail-Verkehr fehlt daher. Da die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zugeordnet waren und der Nutzer des Postfachs selbst über die Verwendung der Postfachinhalte entscheiden durfte, diente die Speicherung von Postfachinhalten den persönlichen Belangen des Postfachinhabers. Dieser Zweck besteht, nachdem der Kläger seinen E-Mail-Account im Staatsministerium nicht mehr nutzt, nicht mehr. Andere datenschutzrechtlich i.S.v. § 15 Abs. 1 LDSG relevante Zwecke bestanden nicht. Selbst die Anlegung von Protokolldateien über die Internetnutzung diente nach den Sicherheitshinweisen im Antragsformular des Klägers auf Internetzugang vom 11.02.2010 Zwecken der Sicherheit der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums vor unerlaubten Zugriffen oder Angriffen von außen, nicht Datensicherungszwecken im allgemeinen. Der ursprünglich verfolgte Zweck der Speicherung der Originaldateien kann nicht mehr erreicht werden, diese dürfen daher nicht aus der Sicherungskopie wiederhergestellt werden.
78 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beklagten, nach der AnO Schriftgut und allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie folgenden Grundsätzen seien E-Mails aufgrund des Grundsatzes der Aktenvollständigkeit zu den Akten zu nehmen. Dass aus diesen Gründen E-Mails gespeichert werden, ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Grundlage noch aus einer datenschutzrechtlichen Einwilligung des Klägers. Ein datenschutzrechtlich relevanter Speicherzweck im Sinne des § 15 Abs. 1 LDSG liegt insoweit nicht vor.
79 
dd) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zum Löschungsanspruch des Klägers dargelegt, dass dieser sich nicht zusätzlich auf § 88 TKG berufen kann, dass § 36 LDSG keine Anwendung findet und dass § 23 Abs. 3 LDSG dem Grunde nach dem Löschungsanspruch nicht entgegensteht. Auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die die Beteiligten im Berufungsverfahren nicht angreifen, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
80 
b) Dem Löschungsanspruch des Klägers nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs (aa) noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (bb) entgegen.
81 
aa)Dem datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG kann im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Betroffene seinerseits offenkundig und schwerwiegend gegen eine gegenüber der die Daten speichernden Stelle bestehenden Pflicht oder Obliegenheit verstoßen hat, die im sachlichen Zusammenhang mit den zu löschenden Daten steht (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).
82 
(1) Beim Rechtsmissbrauch handelt es sich um einen besonderen Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben. Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den allgemeinen ungeschriebenen Grundsätzen, die sowohl im Verwaltungsrecht des Bundes als auch im Verwaltungsrecht der Länder existieren und Bürger und Verwaltung binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - BVerwGE 101, 58, juris Rn. 17; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <71>; Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 24.96 - BVerwGE 102, 194 <199>; Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24.02 - BVerwGE 118, 84 <89>; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 62 Rn. 29; Pitschas, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voß-kuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Bd. II., § 42 Rn. 94). Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann daher auch subjektiv-öffentlichen Ansprüchen des Bürgers gegen die öffentliche Hand entgegenstehen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 10, m.w.N.; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - a.a.O.; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162, juris Rn. 31, m.w.N.). Auch verfassungsrechtlich sind missbräuchlich erworbene Rechtspositionen des Bürgers nicht notwendig geschützt (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.05.2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24, juris Rn. 51, zur Rücknahme der erschlichenen Einbürgerung nach § 48 VwVfG; ebenso BVerwG, Urt. v. 03.06.2003 - 1 C 19.02 - BVerwGE 118, 216 <220>; ähnlich zur missbräuchlichen Berufung auf Grundfreiheiten: EuGH, Urt. v. 09.03.1999 - C-212/97 [Centros] - juris Rn. 24 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers schließen Grundrechte des Betroffenen daher nicht von vornherein aus, dass sich die öffentliche Hand ihm gegenüber auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen kann.
83 
Ein Fall der nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung ist die Verletzung eigener Pflichten (vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 46, m.w.N.). Dabei bedarf es eines Zusammenhangs zwischen dem beanspruchten und dem selbst geübten Verhalten, damit der geltend gemachte Rechtsanspruch angesichts des eigenen Verhaltens rechtsmissbräuchlich erscheint (vgl. Roth/Schubert, in: MK-BGB, 6. Aufl., § 242 Rn. 389).
84 
Der Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben steht hier, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 LDSG Fälle der zulässigen Zweckänderung geregelt und insbesondere in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG Belange des Allgemeinwohls bereits berücksichtigt hat. Eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass im Einzelfall ein Rückgriff auf die Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen ist, ist damit nicht verbunden (für eine Ausnahme von der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG oder vergleichbarer Normen in Sonderfällen auch: Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29, 35: Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115). Der Einwand, das Verfolgen eines Anspruchs verstoße gegen Treu und Glauben, kann als allgemeines, in der Rechtsordnung anerkanntes Prinzip Geltung im Verhältnis auch zu Verfassungsrechtsätzen wie der Bindung an Recht und Gesetz und dem Gesetzesvorbehalt beanspruchen. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs hat nämlich selbst eine Grundlage in der materialen Rechtsstaatlichkeit (vgl. Pitschas, a.a.O., m.w.N.). Die Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG wird folglich nicht dadurch infrage gestellt, dass der Bürger öffentlich-rechtliche Ansprüche mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht geltend machen kann (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, a.a.O.).
85 
Die Grundsätze von Treu und Glauben können in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht dazu führen, dass jeder Verstoß eines Betroffenen, der dem Grunde nach einen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat, gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten dem Löschungsanspruch hindernd entgegengehalten werden kann. Voraussetzung ist vielmehr ein offenkundiger und schwerwiegender Verstoß gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten (ähnlich in anderen Zusammenhängen: BVerwG, Urt. v. 08.02.1974 - VII C 35.73 - DÖV 1975, 137, juris Rn. 16 m.w.N.; Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE133, 85, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R - juris Rn. 37; BayVGH, Urt. v. 25.02.1977 - 6 X 77 - juris Rn. 26). Andernfalls könnte die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben dazu führen, dass eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Nutzung personenbezogener Daten zulässig würde. Dies wäre mit der Bedeutung des Gesetzesvorbehalts, der im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten wurzelt, unvereinbar. Der Gesetzesvorbehalt hat eine elementare freiheitssichernde Funktion. Indem er für jeden staatlichen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheit eine gesetzliche Grundlage fordert, gewährleistet er, dass die Freiheitseinschränkung auf den Willen des Souveräns zurückzuführen ist und der betroffene Bürger vorab erkennen kann, welche Freiheitseinschränkungen er zu erwarten hat. Im Datenschutzrecht kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Der Ausgleich zwischen den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Gesetzesvorbehalt, die im Ansatz gleichrangig nebeneinander stehen, ist daher in dem Sinne vorzunehmen, dass nur schwerwiegende und offensichtliche Verstöße gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten des Betroffenen dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG mit Erfolg entgegengehalten werden können.
86 
(2) Die Voraussetzungen eines offenkundigen und schwerwiegenden Verstoßes gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten liegen hier nicht vor. Zwar hat der Kläger möglicherweise gegen seine Pflicht zur Führung vollständiger Akten verstoßen (a). Ein solcher Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz der Aktenvollständigkeit stünde in dem für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung notwendigen Zusammenhang zum Löschungsanspruch. Denn beide Aspekte betreffen denselben Gegenstand (dieselben Dateien) und stehen auch inhaltlich in einem Zusammenhang, da es jeweils auch um die Frage geht, welche Dateien für die Aufgaben der Beklagten erforderlich sind. Ein solcher Verstoß wäre jedoch nicht offensichtlich und schwerwiegend (b).
87 
(a) Auch für Regierungshandeln besteht im Grundsatz eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten, die jedoch durch den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung begrenzt ist:
88 
(aa) Eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung zur Führung vollständiger Akten in Behörden einschließlich Ministerien fehlt. Die im Staatsministerium geltende AnO Schriftgut vom 22.12.2005 ist lediglich ein Erlass. Aus ihr lässt sich eine Pflicht, Dokumente zur Akte zu nehmen und eine vollständige Akte zu führen, nur mittelbar entnehmen: Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen (Nr. 1.2). Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen (Nr. 2). Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert (Nr. 3.1). Eine klare Bestimmung zur Führung vollständiger Akten fehlt jedoch in der AnO Schriftgut.
89 
Für E-Mails enthält die AnO Schriftgut keine ausdrückliche Regelung. Nach der Praxis im Staatsministerium entschied jeder Nutzer des Postfachs selbst, welche E-Mails er ausdruckt und den Akten beigefügt oder löscht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der in der von dem Beklagten vorgelegten Akte vorhandene Leitfaden für die Schriftgutverwaltung im Innenministerium vom März 2010. Er enthält u.a. die Regelung - auf die sich der Kläger zu Unrecht beruft -, dass E-Mails, die keine Entscheidungen enthalten, vernichtet werden, es sei denn, der Bearbeiter ordnet die Aufbewahrung an. Dieser Leitfaden des Innenministeriums galt im Staatsministerium nicht.
90 
Eine Pflicht, die erforderlichen Unterlagen zur Akte zu nehmen und die Akte vollständig zu führen, folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, wie sie die Rechtsprechung seit langem anerkennt: Der Grundsatz der Aktenvollständigkeit ist für die vollziehende Gewalt nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche ausdrückliche Regelung ist jedoch auch nicht erforderlich. Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält. Dies macht die Führung von Akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte. Das Prinzip der Aktenvollständigkeit folgt aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1983 - 2 BVR 244, 310/83 - NJW 1983, 2135; BVerwG, Beschl. v. 16.03.1988 - 1 B 153.87 - NJW 1988, 621 <622>; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 22.12.2000 - 2 L 38/99 - juris Rn. 55 f., m.w.N.; ebenso Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 29 Rn. 16).
91 
(bb) Für Handeln von Regierungen gelten diese für Verwaltungshandeln von Behörden entwickelten Grundsätze im Ansatz ebenso. Dies folgt zum einen daraus, dass auch ein Handeln der Regierung, vor allem außerhalb von Gesetzgebungsverfahren Verwaltungstätigkeit sein kann (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 20.12.2011 - 159/10 - juris Rn. 28). Im Hinblick auf eigentliches Regierungshandeln ergibt sich das zum anderen aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Zwar besteht ein nicht ausforschbarer Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der auch der Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, Grenzen setzt. Jedoch gebietet der Gewaltenteilungsgrundsatz - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auf das Land Baden-Württemberg übertragbar ist - eine Auslegung der Verfassung dahin, dass parlamentarische Kontrolle wirksam ausgeübt werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn die dazu nötigen Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dem Parlament auch nach Abschluss der jeweiligen Vorgänge grundsätzlich verschlossen blieben. Die Entscheidungen der Regierung unterlägen dem parlamentarischen Kontrollrecht dann nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Eine solche grundsätzliche Begrenzung der parlamentarischen Kontrolle wäre mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz unvereinbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 123 ff., 141, m.w.N.). Folglich müssen insoweit auch Pflichten zur vollständigen Aktenführung bestehen, da andernfalls die parlamentarische Kontrolle leerliefe.
92 
Dies gilt jedoch nicht für den geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt.Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht.Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83 u.a. - BVerfGE 67, 100, juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 - BVerfGE 77, 1, juris Rn. 140; Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
93 
In Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden parlamentarische Informationsrechte nicht grundsätzlich immer schon dann aus, wenn es sich um Informationen aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.Auch dem nachträglichen parlamentarischen Zugriff auf Informationen aus der Phase der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen setzt der Gewaltenteilungsgrundsatz Grenzen. Bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung geheimzuhaltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen nicht verpflichtet ist. Ein - sei es auch erst nach Abschluss des jeweiligen Entscheidungsprozesses einsetzender - schrankenloser parlamentarischer Informationsanspruch würde vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die das Gewaltenteilungsprinzip ihr zuweist.
94 
Der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet allerdings gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass - wie bereits dargelegt - parlamentarische Kontrolle wirksam sein kann. Die Entscheidungen der Regierung unterliegen daher dem parlamentarischen Kontrollrecht nicht nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Weitere Hintergründe könnten sonst nach Belieben unzugänglich gehalten werden, auch solche, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung politisch nicht beurteilt und die politische Verantwortung für Fehler, die gerade das Zustandekommen dieser Entscheidungen betreffen, nicht aufgeklärt werden kann.Parlamentarische Informationsrechte in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden danach nicht grundsätzlich immer dann aus, wenn es sich um Akten aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Ob zu erwarten ist, dass die Herausgabe solcher Informationen die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen. Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, sind umso schutzwürdiger, je näher sie der gouvernamentalen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Je weiter ein parlamentarisches Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss das parlamentarische Informationsbegehren sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einer parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht. Die Frage, ob die Vorlage von Akten aus dem Bereich der Vorbereitung abgeschlossener Regierungsentscheidungen, aus denen Aufschluss über die Willensbildung der Regierung und ihrer Mitglieder gewonnen werden kann, die Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, kann demnach nicht pauschal verneint werden. Ebensowenig ist sie aber pauschal zu bejahen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 123 ff., 141, m.w.N.)
95 
Dabei geht es - zumindest vor allem - um den Schutz der Willensbildung innerhalb der Regierung als Verfassungsorgan. Das Bundesverfassungsgericht hat daher die Ermittlung einer etwaigen Einflussnahme Dritter auf Mitglieder der Bundesregierung in einem zurückliegenden Zeitraum als einen Vorgang angesehen, der den nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung nicht berührte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987, a.a.O., juris Rn. 140). Auch die Vorlage von Akten, die nicht die Beratungen der Regierung als Kollegium, sondern deren Vorbereitung innerhalb der Ressorts und zwischen den Ressorts betreffen, berührt die Eigenverantwortung der Regierung nicht. Zu prüfen ist insoweit jedoch, ob die schützenswerte Freiheit und Offenheit des der Regierungsentscheidung über den Haushaltsentwurf vorgelagerten interministeriellen Abstimmungsprozesses durch die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen aus diesem Abstimmungsprozess beeinträchtigt wird; dies könnte anzunehmen sein, wenn die dadurch ausgelöste Befürchtung eventueller späterer Publizität geeignet wäre, eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten zu hemmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., juris Rn. 65 f.). Daher kann auch Kommunikation von Regierungsmitgliedern mit externen Beratern, die der Vorbereitung von Regierungshandeln dient, schützenswert sein. Solche Überlegungen mit externen Beratern können insbesondere Fragen der politischen Opportunität betreffen. Unbeeinträchtigte Kommunikation hierüber zu ermöglichen, kann wesentlich sein, um eine Regierungsentscheidung möglichst sachgerecht und ohne die einengende Befürchtung, dass Vorüberlegungen nachträglich einer Kontrolle unterliegen, vorbereiten zu können (ebenso StGH, Urt. v. 26.07.2007, a.a.O., Rn. 114 ff. zu Verhandlungen der Regierung mit einem privaten Dritten).
96 
(cc) Der danach für die Regierung mit Ausnahme des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bestehenden Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, steht die nach der Verwaltungspraxis des Staatsministeriums bestehende Befugnis, selbst zu entscheiden, welche E-Mails zur Akte genommen oder gelöscht werden, nicht entgegen. Eine solche Befugnis kann - gerade für einen Ministerpräsidenten, dem die Staatsleitung obliegt (vgl. zum Amtseid Art. 48 LV) - kein freies, sondern allenfalls ein pflichtgemäßes Ermessen begründen, das nur im Rahmen der dargestellten allgemeinen Grundsätze ausgeübt werden kann.
97 
(b) An einem offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen die Pflicht, vollständige Akten zu führen, fehlt es jedoch.
98 
Dies folgt bereits daraus, dass eine klare und eindeutige Regelung dieser Pflicht nicht bestand. Die AnO Schriftgut normiert eine solche Pflicht nicht ausdrücklich. Vielmehr bestand im Staatsministerium die Praxis, dass jeder Mitarbeiter selbst entscheiden durfte, welche E-Mails er zur Akte nimmt. Zwar kann daraus nur - wie dargelegt - ein pflichtgemäßes, kein freies Ermessen folgen, da sich eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten aus allgemeinen Grundsätzen ergibt. Jedoch sind diese Grundsätze, auch wenn sie im Hinblick auf Verwaltungshandeln für die pflichtigen Mitarbeiter allgemein bekannt sein sollten, nur ungeschriebene Prinzipien. Zudem sind sie, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung bisher - wenngleich ihre grundsätzliche Geltung für Regierungshandeln aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung folgt - nur auf die Verwaltungstätigkeit angewandt worden.
99 
Zudem war es, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob alle streitgegenständlichen Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen, zum damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsam, davon auszugehen, dass die Vorbereitung des zwischen den Beteiligten streitigen Erwerbs von Anteilen an der EnBW AG durch das Land Baden-Württemberg dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen kann. Die gespeicherten E-Mails stammen jedenfalls aus dem Zeitraum vor dem 18.11.2010 und betreffen daher den Zeitraum der Vorbereitung des Ankaufs, der grundsätzlich geeignet ist, in diesen geschützten Bereich zu gehören. Für die von dem Beklagten vorgelegten, nicht bei den Sachakten sich befindenden E-Mails war es damals nicht unvertretbar anzunehmen, diese würden als Informationen über die Vorbereitung und öffentlichkeitswirksame Darstellung des Anteilserwerbs dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen.
100 
bb) Dem Löschungsanspruch des Klägers aus § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen Pflichten aus Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Organtreue begründet keine nachwirkenden Pflichten.
101 
Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue haben oberste Staatsorgane bei der Ausübung ihrer Kompetenzen von Verfassungs wegen aufeinander Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1, 2/60 - BVerfGE 12, 205 <254>; Beschl. v. 04.06.1973 - 2 BvG 1/73 - BVerfGE 35, 193 <199>; Urt. v. 25.05.1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <39>; Urt. v. 12.07.1994 - 2 BvE 3/92 u.a. - BVerfGE 90, 286, juris Rn. 203; StGH, Urt. v. 21.10.2002 - 11/02 - ESVGH 53, 15, juris Rn. 84; Urt. v. 11.10.2007 - GR 1/07 - juris Rn. 58). Dieser Grundsatz vermag für sich genommen jedoch keine Rechte zu begründen. Vielmehr bedarf er, um seine Wirkung entfalten zu können, eines bereits bestehenden Verfassungsrechtsverhältnisses. Er ist insoweit akzessorischer Natur und kann ein vorhandenes Verfassungsrechtsverhältnis ausgestalten, aber nicht neu begründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.09.2013 - 2 BvE 6/08 u.a. - NVwZ 2013, 1468, juris Rn. 183, unter Bezugnahme auf die Grundsätze zum bundesfreundlichen Verhalten, vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 05.02.2001 - 2 BvG 1/00 - BVerfGE 104, 238 <248>).
102 
Voraussetzung für die Berufung auf den Grundsatz der Organtreue ist daher, dass dem Verfassungsorgan aktuell verfassungsrechtliche Zuständigkeiten zustehen. Die verfassungsrechtlich gebotene Organtreue kann nur solange eingefordert werden, wie das Verfassungsorgan selbst durch die Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet sei (vgl. HambVerfG, Urt. v. 27.04.2007 - 3/06 - juris Rn. 89). Nachwirkende Pflichten einer Person, die - wie der Kläger - Verfassungsorgan war, aber nicht mehr ist, bestehen daher nicht.
103 
II. Anschlussberufung des Klägers
104 
Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
105 
1. Die Anschlussberufung ist nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Anschlussberufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Begründung in Anschlussschrift, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 i.V.m. 124 a Abs. 3 Sätze 2, 4 und 5 VwGO).
106 
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen unbedingten Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien. Vielmehr ist sein Löschungsanspruch durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv beschränkt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen der Anschlussberufung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
107 
Unzutreffend ist der Kläger der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Daten als privat einzustufen seien und daher nur mit seinem Einvernehmen nach § 2 Abs. 3 LArchG angeboten werden dürften. Unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass § 2 Abs. 3 LArchG Daten aus privater Hand meint. Darum handelt es sich hier gerade nicht.
108 
Ohne Erfolg muss auch das Vorbringen bleiben, es handele sich bei den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht um Daten, die i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten als Stelle im Sinne von § 2 Abs. 1 LArchG gedient hätten, da sie lediglich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden seien. Für die behauptete Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut überhaupt dem Landesarchiv anzubieten sind, ist nichts ersichtlich. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG knüpft lediglich daran an, dass Unterlagen bei Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes entstanden sind und dort vorhanden sind und von diesen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden. Nach der eindeutigen Regelung des § 23 Abs. 3 LDSG sind auch Daten, deren Speicherung unzulässig war - z.B. da von vornherein keine Erforderlichkeit für die Speicherung gegeben war - dem Landesarchiv anzubieten. Der datenschutzrechtliche Erforderlichkeitsgrundsatz ist für die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv unerheblich.
109 
Unbegründet macht der Kläger geltend, aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG folge, dass der Löschungsanspruch des Betroffenen erst dann ausgeschlossen sei, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die weitere Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG regelt, dass Löschungsansprüche bei Archivgut ausgeschlossen sind. Für einen Umkehrschluss, dass vor Anbieten gegenüber dem Landesarchiv sich Löschungsansprüche gegenüber dem Archivrecht durchsetzten, fehlen Gründe.
110 
Schließlich ist auch keine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers gegeben. Die schlichte Behauptung, § 23 Abs. 3 LDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, ist nicht nachzuvollziehen. Warum den vom Kläger angesprochenen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt sein soll, erschließt sich nicht. Die sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Rechtsfolgen sind klar und eindeutig. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, bestehen zudem zahlreiche Schutzvorkehrungen zugunsten der etwaig in ihren Grundrechten Betroffenen.
111 
Erfolglos bleibt schließlich der Einwand des Klägers, nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts müssten alle bei der Landesverwaltung anfallenden E-Mails dem Landesarchiv angeboten werden und dies könne nicht richtig sein. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG sieht für die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes eine unbeschränkte Anbietungspflicht für alle Unterlagen vor. Unterlagen in diesem Sinne sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG insbesondere Schriftstücke, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme; dazu gehören mithin auch E-Mails. Eine § 2 Abs. 6 BArchG vergleichbare Norm - nach der Unterlagen, die nach Auffassung der anbietungspflichtigen Stellen und des zuständigen Archivs von offensichtlich geringer Bedeutung sind, nicht angeboten werden müssen - gibt es in Baden-Württemberg nicht. Einschränkungen können allerdings gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 LArchG gerade im Hinblick auf maschinenlesbare Informationen zwischen dem Landesarchiv und der anbietenden Stelle getroffen werden.
112 
III. Nebenentscheidungen
113 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei einem Anschlussrechtsmittel ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1980 - 1 B 802.90 - juris) diese einheitlich zu treffen (vgl. BFH, Beschl. v. 17.12.2002 - I R 87/00 - juris; OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u.a. - juris Rn. 158, m.w.N.).
114 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Das Landesdatenschutzgesetz und das Landesarchivgesetz sind Landesrecht. Ebenso haben der Einwand des Rechtsmissbrauchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 13, 14 und Urt. v. 14.08.1982 - 8 C 19.90 - BVerwGE 90, 310, juris Rn. 16) und die Grundsätze der Organtreue ihre Grundlage im Landesrecht.
115 
Beschluss vom 30. Juli 2014
116 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
5.000.—EUR
festgesetzt. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel sind, soweit sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG). Das gilt auch für den Fall eines unselbständigen Anschlussrechtsmittels (vgl. BGH -GrS-, Beschl. v. 05.10.1978 - GSZ 1/78 - BGHZ 72, 339; BayVGH, Urt. v. 22.07.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 50). Da die Rechtsmittel denselben Gegenstand betreffen, ist der Auffangwert von 5.000.-- EUR nur einmal festzusetzen (vgl. OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010, a.a.O., Rn. 160; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 07.09.2010 - 1 M 210/09 - juris Rn. 57).
117 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
39 
Sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, aber unbegründet.
40 
I. Berufung des Beklagten
41 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Einreichung beim VGH, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 VwGO).
42 
2. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn der Kläger hat einen - durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv modifizierten (s. dazu unter II.) - Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (a). Einem solchen Löschungsanspruch stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (b) entgegen.
43 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
44 
aa) Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten, und sind daher - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat und die Beteiligten auch nicht in Frage stellen - personenbezogene Daten.
45 
bb) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
46 
cc) Die streitgegenständlichen Dateien sind für das Staatsministerium nicht mehr i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG zur Aufgabenerfüllung erforderlich.
47 
(1) Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist. Diese Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung folgt aus Wortlaut, Willen des Gesetzgebers, Sinn und Zweck der Vorschrift sowie den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Danach besteht zwischen dem Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG und der Regelung über Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten nach § 15 LDSG ein unmittelbarer Zusammenhang.
48 
Der Wortlaut von § 15 LDSG und § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG spricht zunächst nicht für diesen unmittelbaren Zusammenhang. Denn § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG macht den Löschungsanspruch davon abhängig, dass die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist, während nach 15 Abs. 1 LDSG die Zulässigkeit der Speicherung nicht nur die Erforderlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle voraussetzt, sondern auch dass die Speicherung für die Zwecke, für die die Daten erhoben worden sind, erfolgt. Den Gesichtspunkt der Zweckbindung spricht der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hingegen gar nicht an.
49 
Dem entspricht es, wenn in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu den insoweit gleich lautenden Normen der § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG, § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X die Erforderlichkeit verneint wird, wenn die Daten keine praktische Bedeutung mehr haben und deshalb ausgeschlossen werden könne, dass sie die Arbeit der zuständigen Behörde noch fördern könnten (vgl. Mallmann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 20 Rn. 42; Mester, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 20 Rn. 18; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 11; Brink, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 35 Rn. 39; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 84 Rn. 7; ähnlich Wedde, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, Kap. 4.4. Rn. 64, und ders., in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 20 Rn. 12, auf die „Aufgabe“ abstellend, zu deren Erfüllung die Daten gespeichert wurden; unklar Worms, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 20 BDSG Rn. 39; ähnlich auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164.92 - juris Rn. 3 m.w.N., zur Speicherung von Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach dem bad.-württ. Polizeigesetz; Beschl. v. 18.03.1994 - 11 B 76.93 - NJW 1994, 2499, zum Eintrag in der Führerscheinkartei). Nach dieser Auffassung dürfte die Erforderlichkeit noch gegeben sein - und bestünde folglich kein Löschungsanspruch des Betroffenen -, wenn der Zweck, zu dem die Daten gespeichert worden sind, inzwischen zwar erfüllt ist, die Daten jedoch allgemein für die Aufgaben der Behörde, mithin für andere Zwecke, als sie der Speicherung zugrunde lagen, noch von Bedeutung sein könnten.
50 
Gegen eine solche Auslegung der Norm spricht jedoch die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BDSG, denen auch im Wortlaut § 23 Abs. 1 Nr. 2 und § 15 Abs. 1 LDSG nachgebildet sind. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977 (Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 27.01.1977, BGBl. I, 201) bestimmte in § 9 Abs. 1:
51 
"Das Speichern oder Verändern personenbezogener Daten ist zulässig, wenn es zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.“
52 
Zur Sperrung und Löschung von Daten bestimmte § 14 BDSG 1977 unter anderem:
53 
„(2) Personenbezogene Daten sind zu sperren, wenn ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt. Sie sind ferner zu sperren, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist…
54 
(3) Personenbezogene Daten können gelöscht werden, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Sie sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder wenn es in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 der Betroffene verlangt.“
55 
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz 1977 war mithin sowohl für die Zulässigkeit von Datenspeicherung und -veränderung nach § 9 Abs. 1 als auch für den Löschungsanspruch nach § 14 Abs. 3 Satz 2 maßgebliches Kriterium die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle. Das Tatbestandsmerkmal der Zweckbindung bestand nicht.
56 
Der heutige Wortlaut von § 20 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 BDSG geht zurück auf die Novelle von 1990 (Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20.12.1990, BGBl. I, 2954). Mit diesem Gesetz reagierte der Gesetzgeber auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Es sei nötig geworden, aufgrund des Volkszählungsurteils dem Grundsatz der Zweckbindung durchgehend Geltung zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 36). Wesentlicher Inhalt der Neufassung sei:
57 
„a) Verstärkung der Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, enumerative Aufzählung der Ausnahmen,
58 
b) Verstärkung der Rechte des Betroffenen sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, insbesondere durch

- Löschungsrechte
…“
59 
(vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 37)
60 
Die Entstehungsgeschichte spricht mithin gerade nicht dafür, den Umfang der Zweckbindung bei der Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung einerseits und den Löschungsanspruch andererseits unterschiedlich zu bestimmen. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt nicht, dass ein Löschungsanspruch erst bestehen soll, wenn unabhängig von der Zweckbindung die Nutzung der gespeicherten Daten ganz allgemein für die Aufgabenerfüllung der Behörde nicht mehr erforderlich ist. Vielmehr wollte der Gesetzgeber im Gegenteil die Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten verstärken, ebenso die subjektiven Rechte des Betroffenen. Die Entstehungsgeschichte spricht mithin dafür, einen Zusammenhang zwischen Löschungsanspruch und Zweckbindungsgrundsatz zu bejahen.
61 
Zweck des Löschungsanspruchs nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG ist, die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Zweckbindung der erhobenen Daten durchzusetzen. Dies folgt nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist - wenn nicht der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LDSG) - nur zulässig, wenn das Landesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LDSG). Dies folgt notwendig daraus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist und ein solcher Eingriff einer bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Für den Bereich der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ist § 15 LDSG die gesetzliche Grundlage, die den Umfang der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 4 Abs. 1 LDSG regelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 15 LDSG nicht mehr zulässig, liegt ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, so dass - da das Grundrecht ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gibt - ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG gegeben sein muss. Wenn jedoch die Verarbeitung personenbezogener Daten weiterhin auf § 15 LDSG gestützt werden kann, ist eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff vorhanden; ein Löschungsanspruch besteht dann nicht. Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach § 15 LDSG korrespondieren mithin.
62 
(2) Nach diesem Maßstab ist die Kenntnis der streitgegenständlichen Daten im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich. Denn die Kenntnis ist nicht notwendig zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor; diese sind nicht anwendbar (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106, 115; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56; Dehoust, in: Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, SächsDSG, 2011, § 13 Rn. 37).
63 
(a) Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält, wie bereits der Wortlaut zeigt, ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Es besteht eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, a.a.O., 31 Rn. 1; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 22; Bieresborn, a.a.O., § 67c Rn. 13; Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB I, V, X, 2012, § 67c SGB X Rn. 13; Steinmeyer, in: Wannagat/Eichenhofer, SGB, § 67c SGB X Rn. 14 <83. Lfg.>). Durch den strikten Zweckbindungsgrundsatz soll verhindert werden, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden (vgl. Heckmann, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 14 Rn. 108; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, „…dass Daten, die nur den genannten Zwecken dienen, keiner anderen Verwendung zugeführt werden“ (so zur Parallelnorm des § 14 Abs. 4 die Beschlussempfehlung des BT-Innenausschusses zur Datenschutznovelle 1990, vgl. BT-Drucks. 11/7235, S. 88).
64 
Das strikte Zweckbindungsgebot des § 15 Abs. 4 LDSG gilt nur dann, wenn personenbezogene Daten ausschließlich zu den im Gesetz genannten Zwecken gespeichert werden (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 111; Buchner, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27, § 31 Rn. 5). Ob eine solche ausschließliche Zwecksetzung verfolgt wird, bestimmt die Daten verarbeitende Stelle im Rahmen der Festlegung des Zweckes (vgl. Buchner, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5). Ausschlaggebend ist mithin der von der verantwortlichen Stelle festgelegte Zweck (vgl. OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 02.03.2011 - OVG 60 PV 10.10 - juris Rn. 30, zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BlnDSG i.V.m. § 31 BDSG; Beschl. v. 14.03.2013 - OVG 62 PV 13.12 - juris Rn. 45 zu § 31 BDSG; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37). Die Festlegung des Verwendungszwecks durch die verantwortliche Stelle führt zu deren Selbstbindung (vgl. Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 24; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39; je zu § 14 Abs. 1 BDSG). Die Zweckbindung haftet der Datenverarbeitung bis zur Zweckerfüllung an (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 10, zu § 14 Abs. 1 BDSG).
65 
Diese Festlegung der Zweckbindung muss im Voraus erfolgen. Wurde sie unterlassen, so ist der objektive Verwendungszweck maßgeblich, der sich nach dem erkennbar verfolgten Ziel bestimmt (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110). Die öffentliche Stelle ist jedoch nicht frei in ihrer Festlegung des Zwecks. Sie hat es nicht in der Hand, durch eine allzu weite und unverbindliche Definition die Zweckbindung leerlaufen zu lassen; die Festlegung des Zwecks muss datenschutzrechtlich zulässig sein (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113, zu § 14 Abs. 4 BDSG; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37, 22, zu § 13 Abs. 4 SächsDSG).
66 
Sollen diese Daten für einen weiteren Zweck genutzt werden, bedarf es hierfür einer eigenständigen Legitimation durch eine Rechtsvorschrift (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30) Eine nachträgliche Änderung der Zweckbindung ohne spezielle gesetzliche Grundlage hierfür ist ausgeschlossen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 31 ff.).
67 
Die Vermeidung von Datenverlusten, Datenmanipulationen und unbefugtem Datenzugang sowie die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung von Datenbeständen gehören zum Zweck der Datensicherung sowie zum Zweck der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109, zur Datensicherung; Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 59, zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 1a: klare Trennung dieser Zwecke nicht möglich). Die Wiedergewinnung des gesicherten und verloren gegangenen Datenbestsands gehört daher grundsätzlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 112, 114; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 24).
68 
Zu Unrecht bringt der Beklagte vor, mit einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 4 LDSG sei eine zu enge Zweckbindung verbunden, die unabweisbare Bedürfnisse der Allgemeinheit, insbesondere im Hinblick auf Belange der Strafrechtspflege bei der Verfolgung von Straftaten unzulässig hintanstelle. Zwar wird in der rechtwissenschaftlichen Literatur vertreten, dass strafrechtliche Zugriffsnormen, auch über § 1 Abs. 3 BDSG bzw. § 2 Abs. 5 LDSG die strikte Zweckbindung des § 14 Abs. 4 BDSG bzw. § 15 Abs. 4 LDSG nicht überwinden könnten (so Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 62; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115 ; a.A. wohl Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29). Anderes gelte nur für die Verfolgung von Datenschutzdelikten; sie bewege sich im Rahmen des § 14 Abs. 4 BDSG (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4). Dies trifft jedoch nach Auffassung des Senats - ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre - nicht zu. Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglichen soll. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können; Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, a.a.O., § 1 Rn. 110; BT-Drucks. 7/1027, S. 16). Diesen Anforderungen des § 2 Abs. 5 LDSG an besondere Rechtsvorschriften entsprechen die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren; diese sind die allgemeinen Rechtsgrundlagen für Datenerhebungen durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. Dembowski, in: Roßnagel, a.a.O., Kap. 8.1 Rn. 17 ff.). Insbesondere ist § 161 Abs. 1 StPO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die allgemeine Erhebung personenbezogener Daten im Ermittlungsverfahren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.02.2009 - 2 BvR 1732, 1745/07 - NJW 2009, 1405 <1407>; Meyer-Goßner, stopp, 56. Aufl., § 161 Rn. 2). Die strafprozessualen Beweiserhebungsnormen sind daher besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die sich über die Zwecksetzung des § 15 Abs. 4 LDSG hinwegsetzen können. Die Zulässigkeit der Erhebung und Beschlagnahme personenbezogener Daten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren trotz einer bestehenden Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG legt schließlich die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG, dass eine datenschutzrechtliche Zweckänderung für Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist, nahe.
69 
(b) Nach diesem Maßstab wäre mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien eine mit § 15 Abs. 4 LDSG unvereinbare Zweckänderung verbunden. Der ursprünglich mit der Erstellung der Sicherungskopien verbundene konkrete Zweck kann jetzt nicht mehr erreicht werden (aa). Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien (bb). Ein allgemeiner, vom ursprünglich verfolgten Zweck unabhängiger Zweck der Datensicherung könnte zudem mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht zulässig verfolgt werden; denn der Zweck, zu dem die Originaldateien gespeichert wurden, ist weggefallen (cc).
70 
(aa) Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war maßgeblicher Zweck der Datensicherungen, eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können. Damit hat der Beklagte Zwecke der Datensicherung und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage i.S.d. § 15 Abs. 4 LDSG verfolgt.
71 
Diese Zwecke - eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Art zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können - hat der Beklagte selbst im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.01.2013 an das Verwaltungsgericht als diejenigen angegeben, zu denen die streitgegenständlichen Dateien erstellt wurden. An diese ursprünglich verfolgten Zwecke ist der Beklagte aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung gebunden. Diese Zwecke können bei Wiedergewinnung der in der Sicherungskopie enthaltenen Daten nun nicht mehr erreicht werden. Die Verfolgung anderer Zwecke schließt § 15 Abs. 4 LDSG aus.
72 
Auf einen allgemeinen, über den konkreten Anlass der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien hinausgehenden allgemeinen Sicherungszweck kann sich der Beklagte hier nicht berufen. Zwar kann der datenschutzrechtlich relevante Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG über den konkreten Anlass der Speicherung hinausgehen. Einen solchen allgemeinen Sicherungszweck verfolgte der Beklagte bei der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien jedoch nicht:
73 
Die Bestimmung des maßgeblichen Zwecks einer Maßnahme nach § 15 Abs. 4 LDSG folgt im Kern denselben Grundsätzen wie die Bestimmung des Zwecks einer Datenspeicherung und -erhebung nach § 15 Abs. 1 LDSG. Maßgeblich ist dabei - wie Dammann zutreffend ausführt - der materielle Gehalt des Zweckbindungsgrundsatzes. Er resultiert daraus, dass jede Ermächtigung einer öffentlichen Stelle, personenbezogene Daten zu erheben und zu speichern, nur im Hinblick auf bestimmte Zwecke ergeht und daher auch eine Verwendung der Daten grundsätzlich nur im Rahmen dieser Zwecke legitimiert. Daher ist bei der Frage, wie der jeweilige Zweck zu fassen ist, bei der jeweiligen rechtlichen Legitimationsgrundlage für das Erheben bzw. Speichern anzuknüpfen. Maßgeblich ist entweder die gesetzliche Grundlage oder die vom Betroffenen im Sinne einer informationellen Selbstbestimmung getroffene Verfügung. Dies entspricht dem Inhalt der Aufklärungspflicht nach § 4 Abs. 3 BGSG. Liegt der Erhebung und Speicherung keine aufgabenspezifische Rechtsvorschrift zu Grunde oder bietet diese keine geeigneten Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und hat auch der Betroffene keine einschränkende Verfügung getroffen, so kommt es auf den tatsächlich verfolgten Handlungszweck an. Dieser kann und wird häufig weiter sein als der konkrete Anlass der Speicherung (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39 ff., zu § 14 Abs. 1 BDSG).
74 
An einer Festlegung eines konkreten Zwecks hinsichtlich der streitgegenständlichen Dateien durch eine Rechtsvorschrift oder eine Verfügung des Betroffenen - hier des Klägers - fehlt es. Daher kommt es auf den tatsächlich verfolgten Zweck an. Dieser bestand nicht in der Herstellung von Sicherungskopien der Outlookdateien des Klägers für jeglichen Fall des Datenverlusts. Denn längerfristige allgemeine Sicherungsspeicherungen von Outlook-Postfachinhalten wurden - abgesehen von der begrenzten Speicherung gelöschter Mails für sieben Tage auf dem Server des Staatsministeriums und für 30 Tage im Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach - im Staatsministerium nicht vorgenommen. Nach der geübten Praxis im Staatsministerium entschied allein der Nutzer des Outlook-Postfachs, welche E-Mails er ausdruckte und den Akten beifügte und welche er löschte. Eine Speicherung von Postfachinhalten für allgemeine Zwecke war auch hier nicht beabsichtigt. Die streitgegenständlichen Dateien wurden vielmehr für den beschriebenen begrenzten Zweck - Behebung von Problemen im Outlook-Kalender des Klägers - hergestellt, zu dem sie nun nicht mehr verwendet werden können.
75 
(bb) Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG gelte nur für zusätzliche, bei der Datenschutzkontrolle etc., aus technischen Gründen anfallende Dateien wie Protokolle von Datenabrufen oder personenbezogene Daten der Mitarbeiter in der IT-Abteilung. Für die Zwecke der Datenschutzkontrolle und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage wird dies in der Literatur in der Tat angenommen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 110). Für im Rahmen der Datensicherung hergestellte Kopien kann dies jedenfalls nicht gelten (so wohl auch Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109). Eine Einschränkung des Schutzzwecks des § 15 Abs. 4 LDSG lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Für Datenkopien ist der Schutzzweck auch einschlägig. Denn es entspricht gerade dem Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG, dass zusätzlich angelegte Datenbestände nicht als allgemeine Informationsgrundlage dienen sollen. Hierunter fallen gerade nach Jahren immer noch vorhandene, vom ursprünglichen Speicherzweck losgelöste Kopien von Dateien
76 
(cc) Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass aus nach § 15 Abs. 4 LDSG hergestellten Sicherungskopien bei jeglichem Datenverlust die Originaldateien wiederhergestellt werden dürften, wäre eine solche Wiederherstellung hier unzulässig. Denn eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann (Zweckerreichung). Das folgt aus dem strengen Zweckbindungsgrundsatz des § 15 Abs. 4 LDSG. Dieser soll verhindern, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden. Damit wäre es unvereinbar, wenn gemäß § 15 Abs. 4 LDSG erstellte Sicherungskopien von der speichernden Stelle noch genutzt werden dürften, obwohl der Speicherungszweck der Originaldateien bereits entfallen ist. So liegt der Fall hier:
77 
Bei der Bestimmung des Zwecks der ursprünglichen Datenspeicherung nach § 15 Abs. 1 LDSG ist, wie dargelegt, auf die rechtliche Legitimationsgrundlage für die Datenspeicherung abzustellen. Eine Rechtsvorschrift, die die Speicherung von E-Mails von Landesbediensteten datenschutzrechtlich gestattet, existiert nicht. Eine gesonderte Regelung des E-Mail-Verkehrs im Staatsministerium erfolgte nicht, eine datenschutzrechtlich relevante Selbstverpflichtung des Klägers zum E-Mail-Verkehr fehlt daher. Da die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zugeordnet waren und der Nutzer des Postfachs selbst über die Verwendung der Postfachinhalte entscheiden durfte, diente die Speicherung von Postfachinhalten den persönlichen Belangen des Postfachinhabers. Dieser Zweck besteht, nachdem der Kläger seinen E-Mail-Account im Staatsministerium nicht mehr nutzt, nicht mehr. Andere datenschutzrechtlich i.S.v. § 15 Abs. 1 LDSG relevante Zwecke bestanden nicht. Selbst die Anlegung von Protokolldateien über die Internetnutzung diente nach den Sicherheitshinweisen im Antragsformular des Klägers auf Internetzugang vom 11.02.2010 Zwecken der Sicherheit der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums vor unerlaubten Zugriffen oder Angriffen von außen, nicht Datensicherungszwecken im allgemeinen. Der ursprünglich verfolgte Zweck der Speicherung der Originaldateien kann nicht mehr erreicht werden, diese dürfen daher nicht aus der Sicherungskopie wiederhergestellt werden.
78 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beklagten, nach der AnO Schriftgut und allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie folgenden Grundsätzen seien E-Mails aufgrund des Grundsatzes der Aktenvollständigkeit zu den Akten zu nehmen. Dass aus diesen Gründen E-Mails gespeichert werden, ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Grundlage noch aus einer datenschutzrechtlichen Einwilligung des Klägers. Ein datenschutzrechtlich relevanter Speicherzweck im Sinne des § 15 Abs. 1 LDSG liegt insoweit nicht vor.
79 
dd) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zum Löschungsanspruch des Klägers dargelegt, dass dieser sich nicht zusätzlich auf § 88 TKG berufen kann, dass § 36 LDSG keine Anwendung findet und dass § 23 Abs. 3 LDSG dem Grunde nach dem Löschungsanspruch nicht entgegensteht. Auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die die Beteiligten im Berufungsverfahren nicht angreifen, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
80 
b) Dem Löschungsanspruch des Klägers nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs (aa) noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (bb) entgegen.
81 
aa)Dem datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG kann im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Betroffene seinerseits offenkundig und schwerwiegend gegen eine gegenüber der die Daten speichernden Stelle bestehenden Pflicht oder Obliegenheit verstoßen hat, die im sachlichen Zusammenhang mit den zu löschenden Daten steht (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).
82 
(1) Beim Rechtsmissbrauch handelt es sich um einen besonderen Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben. Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den allgemeinen ungeschriebenen Grundsätzen, die sowohl im Verwaltungsrecht des Bundes als auch im Verwaltungsrecht der Länder existieren und Bürger und Verwaltung binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - BVerwGE 101, 58, juris Rn. 17; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <71>; Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 24.96 - BVerwGE 102, 194 <199>; Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24.02 - BVerwGE 118, 84 <89>; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 62 Rn. 29; Pitschas, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voß-kuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Bd. II., § 42 Rn. 94). Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann daher auch subjektiv-öffentlichen Ansprüchen des Bürgers gegen die öffentliche Hand entgegenstehen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 10, m.w.N.; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - a.a.O.; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162, juris Rn. 31, m.w.N.). Auch verfassungsrechtlich sind missbräuchlich erworbene Rechtspositionen des Bürgers nicht notwendig geschützt (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.05.2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24, juris Rn. 51, zur Rücknahme der erschlichenen Einbürgerung nach § 48 VwVfG; ebenso BVerwG, Urt. v. 03.06.2003 - 1 C 19.02 - BVerwGE 118, 216 <220>; ähnlich zur missbräuchlichen Berufung auf Grundfreiheiten: EuGH, Urt. v. 09.03.1999 - C-212/97 [Centros] - juris Rn. 24 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers schließen Grundrechte des Betroffenen daher nicht von vornherein aus, dass sich die öffentliche Hand ihm gegenüber auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen kann.
83 
Ein Fall der nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung ist die Verletzung eigener Pflichten (vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 46, m.w.N.). Dabei bedarf es eines Zusammenhangs zwischen dem beanspruchten und dem selbst geübten Verhalten, damit der geltend gemachte Rechtsanspruch angesichts des eigenen Verhaltens rechtsmissbräuchlich erscheint (vgl. Roth/Schubert, in: MK-BGB, 6. Aufl., § 242 Rn. 389).
84 
Der Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben steht hier, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 LDSG Fälle der zulässigen Zweckänderung geregelt und insbesondere in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG Belange des Allgemeinwohls bereits berücksichtigt hat. Eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass im Einzelfall ein Rückgriff auf die Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen ist, ist damit nicht verbunden (für eine Ausnahme von der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG oder vergleichbarer Normen in Sonderfällen auch: Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29, 35: Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115). Der Einwand, das Verfolgen eines Anspruchs verstoße gegen Treu und Glauben, kann als allgemeines, in der Rechtsordnung anerkanntes Prinzip Geltung im Verhältnis auch zu Verfassungsrechtsätzen wie der Bindung an Recht und Gesetz und dem Gesetzesvorbehalt beanspruchen. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs hat nämlich selbst eine Grundlage in der materialen Rechtsstaatlichkeit (vgl. Pitschas, a.a.O., m.w.N.). Die Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG wird folglich nicht dadurch infrage gestellt, dass der Bürger öffentlich-rechtliche Ansprüche mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht geltend machen kann (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, a.a.O.).
85 
Die Grundsätze von Treu und Glauben können in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht dazu führen, dass jeder Verstoß eines Betroffenen, der dem Grunde nach einen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat, gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten dem Löschungsanspruch hindernd entgegengehalten werden kann. Voraussetzung ist vielmehr ein offenkundiger und schwerwiegender Verstoß gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten (ähnlich in anderen Zusammenhängen: BVerwG, Urt. v. 08.02.1974 - VII C 35.73 - DÖV 1975, 137, juris Rn. 16 m.w.N.; Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE133, 85, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R - juris Rn. 37; BayVGH, Urt. v. 25.02.1977 - 6 X 77 - juris Rn. 26). Andernfalls könnte die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben dazu führen, dass eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Nutzung personenbezogener Daten zulässig würde. Dies wäre mit der Bedeutung des Gesetzesvorbehalts, der im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten wurzelt, unvereinbar. Der Gesetzesvorbehalt hat eine elementare freiheitssichernde Funktion. Indem er für jeden staatlichen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheit eine gesetzliche Grundlage fordert, gewährleistet er, dass die Freiheitseinschränkung auf den Willen des Souveräns zurückzuführen ist und der betroffene Bürger vorab erkennen kann, welche Freiheitseinschränkungen er zu erwarten hat. Im Datenschutzrecht kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Der Ausgleich zwischen den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Gesetzesvorbehalt, die im Ansatz gleichrangig nebeneinander stehen, ist daher in dem Sinne vorzunehmen, dass nur schwerwiegende und offensichtliche Verstöße gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten des Betroffenen dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG mit Erfolg entgegengehalten werden können.
86 
(2) Die Voraussetzungen eines offenkundigen und schwerwiegenden Verstoßes gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten liegen hier nicht vor. Zwar hat der Kläger möglicherweise gegen seine Pflicht zur Führung vollständiger Akten verstoßen (a). Ein solcher Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz der Aktenvollständigkeit stünde in dem für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung notwendigen Zusammenhang zum Löschungsanspruch. Denn beide Aspekte betreffen denselben Gegenstand (dieselben Dateien) und stehen auch inhaltlich in einem Zusammenhang, da es jeweils auch um die Frage geht, welche Dateien für die Aufgaben der Beklagten erforderlich sind. Ein solcher Verstoß wäre jedoch nicht offensichtlich und schwerwiegend (b).
87 
(a) Auch für Regierungshandeln besteht im Grundsatz eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten, die jedoch durch den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung begrenzt ist:
88 
(aa) Eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung zur Führung vollständiger Akten in Behörden einschließlich Ministerien fehlt. Die im Staatsministerium geltende AnO Schriftgut vom 22.12.2005 ist lediglich ein Erlass. Aus ihr lässt sich eine Pflicht, Dokumente zur Akte zu nehmen und eine vollständige Akte zu führen, nur mittelbar entnehmen: Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen (Nr. 1.2). Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen (Nr. 2). Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert (Nr. 3.1). Eine klare Bestimmung zur Führung vollständiger Akten fehlt jedoch in der AnO Schriftgut.
89 
Für E-Mails enthält die AnO Schriftgut keine ausdrückliche Regelung. Nach der Praxis im Staatsministerium entschied jeder Nutzer des Postfachs selbst, welche E-Mails er ausdruckt und den Akten beigefügt oder löscht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der in der von dem Beklagten vorgelegten Akte vorhandene Leitfaden für die Schriftgutverwaltung im Innenministerium vom März 2010. Er enthält u.a. die Regelung - auf die sich der Kläger zu Unrecht beruft -, dass E-Mails, die keine Entscheidungen enthalten, vernichtet werden, es sei denn, der Bearbeiter ordnet die Aufbewahrung an. Dieser Leitfaden des Innenministeriums galt im Staatsministerium nicht.
90 
Eine Pflicht, die erforderlichen Unterlagen zur Akte zu nehmen und die Akte vollständig zu führen, folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, wie sie die Rechtsprechung seit langem anerkennt: Der Grundsatz der Aktenvollständigkeit ist für die vollziehende Gewalt nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche ausdrückliche Regelung ist jedoch auch nicht erforderlich. Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält. Dies macht die Führung von Akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte. Das Prinzip der Aktenvollständigkeit folgt aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1983 - 2 BVR 244, 310/83 - NJW 1983, 2135; BVerwG, Beschl. v. 16.03.1988 - 1 B 153.87 - NJW 1988, 621 <622>; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 22.12.2000 - 2 L 38/99 - juris Rn. 55 f., m.w.N.; ebenso Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 29 Rn. 16).
91 
(bb) Für Handeln von Regierungen gelten diese für Verwaltungshandeln von Behörden entwickelten Grundsätze im Ansatz ebenso. Dies folgt zum einen daraus, dass auch ein Handeln der Regierung, vor allem außerhalb von Gesetzgebungsverfahren Verwaltungstätigkeit sein kann (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 20.12.2011 - 159/10 - juris Rn. 28). Im Hinblick auf eigentliches Regierungshandeln ergibt sich das zum anderen aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Zwar besteht ein nicht ausforschbarer Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der auch der Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, Grenzen setzt. Jedoch gebietet der Gewaltenteilungsgrundsatz - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auf das Land Baden-Württemberg übertragbar ist - eine Auslegung der Verfassung dahin, dass parlamentarische Kontrolle wirksam ausgeübt werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn die dazu nötigen Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dem Parlament auch nach Abschluss der jeweiligen Vorgänge grundsätzlich verschlossen blieben. Die Entscheidungen der Regierung unterlägen dem parlamentarischen Kontrollrecht dann nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Eine solche grundsätzliche Begrenzung der parlamentarischen Kontrolle wäre mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz unvereinbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 123 ff., 141, m.w.N.). Folglich müssen insoweit auch Pflichten zur vollständigen Aktenführung bestehen, da andernfalls die parlamentarische Kontrolle leerliefe.
92 
Dies gilt jedoch nicht für den geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt.Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht.Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83 u.a. - BVerfGE 67, 100, juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 - BVerfGE 77, 1, juris Rn. 140; Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
93 
In Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden parlamentarische Informationsrechte nicht grundsätzlich immer schon dann aus, wenn es sich um Informationen aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.Auch dem nachträglichen parlamentarischen Zugriff auf Informationen aus der Phase der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen setzt der Gewaltenteilungsgrundsatz Grenzen. Bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung geheimzuhaltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen nicht verpflichtet ist. Ein - sei es auch erst nach Abschluss des jeweiligen Entscheidungsprozesses einsetzender - schrankenloser parlamentarischer Informationsanspruch würde vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die das Gewaltenteilungsprinzip ihr zuweist.
94 
Der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet allerdings gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass - wie bereits dargelegt - parlamentarische Kontrolle wirksam sein kann. Die Entscheidungen der Regierung unterliegen daher dem parlamentarischen Kontrollrecht nicht nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Weitere Hintergründe könnten sonst nach Belieben unzugänglich gehalten werden, auch solche, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung politisch nicht beurteilt und die politische Verantwortung für Fehler, die gerade das Zustandekommen dieser Entscheidungen betreffen, nicht aufgeklärt werden kann.Parlamentarische Informationsrechte in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden danach nicht grundsätzlich immer dann aus, wenn es sich um Akten aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Ob zu erwarten ist, dass die Herausgabe solcher Informationen die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen. Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, sind umso schutzwürdiger, je näher sie der gouvernamentalen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Je weiter ein parlamentarisches Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss das parlamentarische Informationsbegehren sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einer parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht. Die Frage, ob die Vorlage von Akten aus dem Bereich der Vorbereitung abgeschlossener Regierungsentscheidungen, aus denen Aufschluss über die Willensbildung der Regierung und ihrer Mitglieder gewonnen werden kann, die Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, kann demnach nicht pauschal verneint werden. Ebensowenig ist sie aber pauschal zu bejahen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 123 ff., 141, m.w.N.)
95 
Dabei geht es - zumindest vor allem - um den Schutz der Willensbildung innerhalb der Regierung als Verfassungsorgan. Das Bundesverfassungsgericht hat daher die Ermittlung einer etwaigen Einflussnahme Dritter auf Mitglieder der Bundesregierung in einem zurückliegenden Zeitraum als einen Vorgang angesehen, der den nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung nicht berührte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987, a.a.O., juris Rn. 140). Auch die Vorlage von Akten, die nicht die Beratungen der Regierung als Kollegium, sondern deren Vorbereitung innerhalb der Ressorts und zwischen den Ressorts betreffen, berührt die Eigenverantwortung der Regierung nicht. Zu prüfen ist insoweit jedoch, ob die schützenswerte Freiheit und Offenheit des der Regierungsentscheidung über den Haushaltsentwurf vorgelagerten interministeriellen Abstimmungsprozesses durch die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen aus diesem Abstimmungsprozess beeinträchtigt wird; dies könnte anzunehmen sein, wenn die dadurch ausgelöste Befürchtung eventueller späterer Publizität geeignet wäre, eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten zu hemmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., juris Rn. 65 f.). Daher kann auch Kommunikation von Regierungsmitgliedern mit externen Beratern, die der Vorbereitung von Regierungshandeln dient, schützenswert sein. Solche Überlegungen mit externen Beratern können insbesondere Fragen der politischen Opportunität betreffen. Unbeeinträchtigte Kommunikation hierüber zu ermöglichen, kann wesentlich sein, um eine Regierungsentscheidung möglichst sachgerecht und ohne die einengende Befürchtung, dass Vorüberlegungen nachträglich einer Kontrolle unterliegen, vorbereiten zu können (ebenso StGH, Urt. v. 26.07.2007, a.a.O., Rn. 114 ff. zu Verhandlungen der Regierung mit einem privaten Dritten).
96 
(cc) Der danach für die Regierung mit Ausnahme des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bestehenden Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, steht die nach der Verwaltungspraxis des Staatsministeriums bestehende Befugnis, selbst zu entscheiden, welche E-Mails zur Akte genommen oder gelöscht werden, nicht entgegen. Eine solche Befugnis kann - gerade für einen Ministerpräsidenten, dem die Staatsleitung obliegt (vgl. zum Amtseid Art. 48 LV) - kein freies, sondern allenfalls ein pflichtgemäßes Ermessen begründen, das nur im Rahmen der dargestellten allgemeinen Grundsätze ausgeübt werden kann.
97 
(b) An einem offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen die Pflicht, vollständige Akten zu führen, fehlt es jedoch.
98 
Dies folgt bereits daraus, dass eine klare und eindeutige Regelung dieser Pflicht nicht bestand. Die AnO Schriftgut normiert eine solche Pflicht nicht ausdrücklich. Vielmehr bestand im Staatsministerium die Praxis, dass jeder Mitarbeiter selbst entscheiden durfte, welche E-Mails er zur Akte nimmt. Zwar kann daraus nur - wie dargelegt - ein pflichtgemäßes, kein freies Ermessen folgen, da sich eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten aus allgemeinen Grundsätzen ergibt. Jedoch sind diese Grundsätze, auch wenn sie im Hinblick auf Verwaltungshandeln für die pflichtigen Mitarbeiter allgemein bekannt sein sollten, nur ungeschriebene Prinzipien. Zudem sind sie, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung bisher - wenngleich ihre grundsätzliche Geltung für Regierungshandeln aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung folgt - nur auf die Verwaltungstätigkeit angewandt worden.
99 
Zudem war es, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob alle streitgegenständlichen Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen, zum damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsam, davon auszugehen, dass die Vorbereitung des zwischen den Beteiligten streitigen Erwerbs von Anteilen an der EnBW AG durch das Land Baden-Württemberg dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen kann. Die gespeicherten E-Mails stammen jedenfalls aus dem Zeitraum vor dem 18.11.2010 und betreffen daher den Zeitraum der Vorbereitung des Ankaufs, der grundsätzlich geeignet ist, in diesen geschützten Bereich zu gehören. Für die von dem Beklagten vorgelegten, nicht bei den Sachakten sich befindenden E-Mails war es damals nicht unvertretbar anzunehmen, diese würden als Informationen über die Vorbereitung und öffentlichkeitswirksame Darstellung des Anteilserwerbs dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen.
100 
bb) Dem Löschungsanspruch des Klägers aus § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen Pflichten aus Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Organtreue begründet keine nachwirkenden Pflichten.
101 
Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue haben oberste Staatsorgane bei der Ausübung ihrer Kompetenzen von Verfassungs wegen aufeinander Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1, 2/60 - BVerfGE 12, 205 <254>; Beschl. v. 04.06.1973 - 2 BvG 1/73 - BVerfGE 35, 193 <199>; Urt. v. 25.05.1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <39>; Urt. v. 12.07.1994 - 2 BvE 3/92 u.a. - BVerfGE 90, 286, juris Rn. 203; StGH, Urt. v. 21.10.2002 - 11/02 - ESVGH 53, 15, juris Rn. 84; Urt. v. 11.10.2007 - GR 1/07 - juris Rn. 58). Dieser Grundsatz vermag für sich genommen jedoch keine Rechte zu begründen. Vielmehr bedarf er, um seine Wirkung entfalten zu können, eines bereits bestehenden Verfassungsrechtsverhältnisses. Er ist insoweit akzessorischer Natur und kann ein vorhandenes Verfassungsrechtsverhältnis ausgestalten, aber nicht neu begründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.09.2013 - 2 BvE 6/08 u.a. - NVwZ 2013, 1468, juris Rn. 183, unter Bezugnahme auf die Grundsätze zum bundesfreundlichen Verhalten, vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 05.02.2001 - 2 BvG 1/00 - BVerfGE 104, 238 <248>).
102 
Voraussetzung für die Berufung auf den Grundsatz der Organtreue ist daher, dass dem Verfassungsorgan aktuell verfassungsrechtliche Zuständigkeiten zustehen. Die verfassungsrechtlich gebotene Organtreue kann nur solange eingefordert werden, wie das Verfassungsorgan selbst durch die Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet sei (vgl. HambVerfG, Urt. v. 27.04.2007 - 3/06 - juris Rn. 89). Nachwirkende Pflichten einer Person, die - wie der Kläger - Verfassungsorgan war, aber nicht mehr ist, bestehen daher nicht.
103 
II. Anschlussberufung des Klägers
104 
Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
105 
1. Die Anschlussberufung ist nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Anschlussberufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Begründung in Anschlussschrift, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 i.V.m. 124 a Abs. 3 Sätze 2, 4 und 5 VwGO).
106 
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen unbedingten Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien. Vielmehr ist sein Löschungsanspruch durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv beschränkt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen der Anschlussberufung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
107 
Unzutreffend ist der Kläger der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Daten als privat einzustufen seien und daher nur mit seinem Einvernehmen nach § 2 Abs. 3 LArchG angeboten werden dürften. Unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass § 2 Abs. 3 LArchG Daten aus privater Hand meint. Darum handelt es sich hier gerade nicht.
108 
Ohne Erfolg muss auch das Vorbringen bleiben, es handele sich bei den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht um Daten, die i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten als Stelle im Sinne von § 2 Abs. 1 LArchG gedient hätten, da sie lediglich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden seien. Für die behauptete Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut überhaupt dem Landesarchiv anzubieten sind, ist nichts ersichtlich. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG knüpft lediglich daran an, dass Unterlagen bei Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes entstanden sind und dort vorhanden sind und von diesen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden. Nach der eindeutigen Regelung des § 23 Abs. 3 LDSG sind auch Daten, deren Speicherung unzulässig war - z.B. da von vornherein keine Erforderlichkeit für die Speicherung gegeben war - dem Landesarchiv anzubieten. Der datenschutzrechtliche Erforderlichkeitsgrundsatz ist für die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv unerheblich.
109 
Unbegründet macht der Kläger geltend, aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG folge, dass der Löschungsanspruch des Betroffenen erst dann ausgeschlossen sei, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die weitere Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG regelt, dass Löschungsansprüche bei Archivgut ausgeschlossen sind. Für einen Umkehrschluss, dass vor Anbieten gegenüber dem Landesarchiv sich Löschungsansprüche gegenüber dem Archivrecht durchsetzten, fehlen Gründe.
110 
Schließlich ist auch keine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers gegeben. Die schlichte Behauptung, § 23 Abs. 3 LDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, ist nicht nachzuvollziehen. Warum den vom Kläger angesprochenen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt sein soll, erschließt sich nicht. Die sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Rechtsfolgen sind klar und eindeutig. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, bestehen zudem zahlreiche Schutzvorkehrungen zugunsten der etwaig in ihren Grundrechten Betroffenen.
111 
Erfolglos bleibt schließlich der Einwand des Klägers, nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts müssten alle bei der Landesverwaltung anfallenden E-Mails dem Landesarchiv angeboten werden und dies könne nicht richtig sein. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG sieht für die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes eine unbeschränkte Anbietungspflicht für alle Unterlagen vor. Unterlagen in diesem Sinne sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG insbesondere Schriftstücke, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme; dazu gehören mithin auch E-Mails. Eine § 2 Abs. 6 BArchG vergleichbare Norm - nach der Unterlagen, die nach Auffassung der anbietungspflichtigen Stellen und des zuständigen Archivs von offensichtlich geringer Bedeutung sind, nicht angeboten werden müssen - gibt es in Baden-Württemberg nicht. Einschränkungen können allerdings gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 LArchG gerade im Hinblick auf maschinenlesbare Informationen zwischen dem Landesarchiv und der anbietenden Stelle getroffen werden.
112 
III. Nebenentscheidungen
113 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei einem Anschlussrechtsmittel ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1980 - 1 B 802.90 - juris) diese einheitlich zu treffen (vgl. BFH, Beschl. v. 17.12.2002 - I R 87/00 - juris; OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u.a. - juris Rn. 158, m.w.N.).
114 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Das Landesdatenschutzgesetz und das Landesarchivgesetz sind Landesrecht. Ebenso haben der Einwand des Rechtsmissbrauchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 13, 14 und Urt. v. 14.08.1982 - 8 C 19.90 - BVerwGE 90, 310, juris Rn. 16) und die Grundsätze der Organtreue ihre Grundlage im Landesrecht.
115 
Beschluss vom 30. Juli 2014
116 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
5.000.—EUR
festgesetzt. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel sind, soweit sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG). Das gilt auch für den Fall eines unselbständigen Anschlussrechtsmittels (vgl. BGH -GrS-, Beschl. v. 05.10.1978 - GSZ 1/78 - BGHZ 72, 339; BayVGH, Urt. v. 22.07.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 50). Da die Rechtsmittel denselben Gegenstand betreffen, ist der Auffangwert von 5.000.-- EUR nur einmal festzusetzen (vgl. OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010, a.a.O., Rn. 160; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 07.09.2010 - 1 M 210/09 - juris Rn. 57).
117 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit

1.
durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden,
2.
Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere Urheberrechte, durch das Zugänglichmachen von Umweltinformationen verletzt würden oder
3.
durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen,
ist der Antrag abzulehnen, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in den Nummern 1 und 3 genannten Gründe abgelehnt werden. Vor der Entscheidung über die Offenbarung der durch Satz 1 Nummer 1 bis 3 geschützten Informationen sind die Betroffenen anzuhören. Die informationspflichtige Stelle hat in der Regel von einer Betroffenheit im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 auszugehen, soweit übermittelte Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet sind. Soweit die informationspflichtige Stelle dies verlangt, haben mögliche Betroffene im Einzelnen darzulegen, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt.

(2) Umweltinformationen, die private Dritte einer informationspflichtigen Stelle übermittelt haben, ohne rechtlich dazu verpflichtet zu sein oder rechtlich verpflichtet werden zu können, und deren Offenbarung nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der Dritten hätte, dürfen ohne deren Einwilligung anderen nicht zugänglich gemacht werden, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in Satz 1 genannten Gründe abgelehnt werden.

Tenor

Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 -werden zurückgewiesen.

Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu ¼ und der Beklagte zu ¾.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der bis Mai 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg war, begehrt die Löschung von kopierten Daten aus seinem ihm vom Staatsministerium zur Verfügung gestellten E-Mail-Postfach.
Bei den vom Staatsministerium für seinen E-Mail-Verkehr genutzten Produkten (beim Server „Microsoft Exchange“ und im Clientbereich „Microsoft Outlook“) ist systembedingt jede E-Mail-Adresse Bestandteil einer Datenbank. Dort werden die eingehenden E-Mails in dem Postfach der E-Mail-Adresse gespeichert. Startet der Anwender auf seinem (Client-) PC das Programm Outlook, findet eine Synchronisation zwischen dem Exchange-Server und dem Outlook-Client-PC statt. Die Daten des Postfaches werden dabei in eine OST-Datei kopiert. Diese OST-Datei liegt üblicherweise auf dem PC des Anwenders. Durch das Verschieben einer E-Mail in den Ordner „gelöschte Objekte“ auf dem Client-PC und dessen Leerung können die E-Mails im Postfach durch den Anwender gelöscht werden. Auf dem Server werden diese E-Mails dadurch zunächst nicht direkt physikalisch gelöscht, aber als gelöscht gekennzeichnet. Der Server ist so eingestellt, dass die als gelöscht gekennzeichneten E-Mails innerhalb von sieben Tagen nach dem Löschen durch den Anwender wiederhergestellt werden können. Danach werden sie automatisch auf den Servern des Staatsministeriums gelöscht. Daneben bleiben die auf einem Server im Staatsministerium gelöschten Daten noch 30 Tage in einem Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach gespeichert. Die Löschung der Daten im Ausfallrechenzentrum erfolgt automatisch mit Ablauf der 30-Tage-Frist. Anschließend ist eine im Postfach gelöschte E-Mail nur noch verfügbar, wenn sie zuvor durch den Anwender in einer sogenannten PST-Datei archiviert wurde. Eine elektronische Langzeit-Speicherung gelöschter Mails ist nicht vorgesehen.
Für den Kläger wurde mit einem von seinem Büroleiter „i. A.“ am 11.02.2010 unterschriebenen Antragsformular beantragt, den Internetzugang auf seinem Arbeitsplatz-PC freizuschalten. Das Formular enthält unter anderen den Text: "Ich benötige den Zugang ausschließlich für dienstliche Zwecke. Mir ist bekannt, dass die Verbindung zum Internet aus Sicherheitsgründen protokolliert wird und bei Bedarf ausgewertet werden kann. Die Sicherheitshinweise auf der Rückseite dieses Antrags habe ich zur Kenntnis genommen." In diesen Sicherheitshinweisen ist unter anderem angeführt: „Der Internetzugang auf den Arbeitsplatz-PCs des Staatsministeriums wurde ausschließlich zu dienstlichen Zwecken eingerichtet. Die private Nutzung ist untersagt…Der gesamte Datenverkehr auf der Firewall des Staatsministeriums muss zur Sicherheit protokolliert werden. Nur auf diese Weise können unerlaubte Zugriffe oder Angriffe auf das Netz des Staatsministeriums identifiziert werden.“ Eine gesonderte Regelung zum Umgang mit den E-Mail-Accounts im Staatsministerium gab es nicht. Eine Kontrolle der Privatnutzung fand nicht statt. Die private IT-Nutzung durch die Mitarbeiter wurde stillschweigend geduldet.
Die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums ordnet das IT-Referat des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zu. Daraus folge, dass allein der Nutzer des Postfachs entscheide, welche E-Mails er ausdrucke und den Akten beifüge. Auch die Löschung von Postfachinhalten bleibe im Grundsatz allein dem Nutzer vorbehalten.
Für die Aktenführung im Staatsministerium wird grundsätzlich die „Gemeinsame Anordnung der Ministerien über die Verwaltung des Schriftguts der Behörden, Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes (AnO Schriftgut)“ vom 22.12.2005 angewandt. Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen. Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen. Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert.
Im Sommer/Herbst 2010 meldete das Büro des Klägers bei der IT-Abteilung des Staatsministeriums technische Probleme mit dem elektronischen Terminkalender des „Outlook“-Postfachs. Zur Klärung der Probleme beauftragte der IT-Bereich des Staatsministeriums die Firma ... mit der Fehlersuche. Für die Koordinierung wurde zudem das Informatikzentrum des Landes (IZLBW) eingeschaltet. Im Oktober/November 2010 erstellte ein mit Administratorrechten ausgestatteter Mitarbeiter des IT-Bereichs eine Kopie des auf dem Server des Staatsministeriums liegenden und dem Kläger zugewiesenen Original-Postfachs. Nachdem die Überprüfung durch die Firma ... im Dezember 2010 abgeschlossen war und der Fehler nicht hatte gefunden werden können, blieben die kopierten Daten weiter gespeichert. Die kopierten Postfach-Daten sollten nach Angaben des Beklagten vorgehalten werden, um sie bei einem erneuten Auftreten des Fehlers mit den neueren Postfach-Daten des Klägers oder fehlerbehafteten Postfach-Daten anderer Mitarbeiter vergleichen zu können.
Die beiden Original-E-Mail-Accounts des Klägers ([email protected] und [email protected]) wurden nach dem Regierungswechsel auf dem Server des Staatsministeriums gelöscht. Die endgültige Löschung im Ausfallrechenzentrum erfolgte durch das Überschreiben der Datenbank nach 30 Tagen. Die Festplatte aus dem PC des Klägers wurde diesem ausgehändigt.
Die kopierten Dateien waren zunächst auf einem Server im Staatsministerium gespeichert. Der Festplattenbereich war nur für den mit Administratorrechten ausgestatteten Mitarbeiter ... und für seinen Vertreter zugänglich und wurde seit Dezember 2010 mit einem Zeitstempel versehen. Mit einem solchen Zeitstempel wird jeder Zugriff auf die Daten dokumentiert. Bislang fand seitens des Staatsministeriums weder eine Sichtung noch eine sonstige Nutzung der Dateien statt. Der Zeitstempel steht unverändert auf Dezember 2010.
Im Sommer 2012 wurde das Staatsministerium auf die kopierten Dateien wieder aufmerksam. In einem Vermerk vom 23.08.2012 heißt es, man sei auf eine versehentlich nicht gelöschte Arbeitskopie des Postfaches von MP a.D. ... gestoßen, die am 20.10.2010 aufgrund von technischen Störungen zur Überprüfung durch eine externe Firma angelegt worden sei. In einem weiteren Vermerk vom 05.09.2012 ist ausgeführt, dieser Umstand sei in Vergessenheit geraten.
10 
Am 30.08.2012 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Stuttgart die Amtsräume des Staatsministeriums. Dabei stellte sie die Kopien des E-Mail-Postfachs des Klägers mithilfe einer forensischen Software vollständig sicher; sie befinden sich ausweislich eines Schreibens der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 10.09.2012 auf einem Datenträger des mit der weiteren Sichtung nach § 110 Abs. 1 StPO beauftragten Landeskriminalamts Baden-Württemberg. Hierüber unterrichtete die Staatsanwaltschaft die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 10.09.2012. Sie teilte weiter mit, die „Outlookexportdateien“ seien vorläufig sichergestellt worden, da eine sorgfältige Sichtung und Trennung der Daten am Durchsuchungsort nicht möglich gewesen sei. Die Dateien befänden sich auf einem Datenträger des Landeskriminalamts. In der Folgezeit wertete die Staatsanwaltschaft die Kopien des E-Mail-Postfachs für ihre Ermittlungen aus.
11 
Mit Anwaltsschreiben vom 12.09.2012 begehrte der Kläger vom Staatsministerium Auskunft, ob sich nach der Sicherstellung der Staatsanwaltschaft die Dateien beziehungsweise Kopien dieser Dateien noch im Besitz des Staatsministeriums befänden. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 17.09.2012 dem Rechtsanwalt des Klägers mit, dass im Staatsministerium Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers existierten, und bat um eine Einwilligung des Klägers in die Sichtung der Kopien, um private von dienstlichen Dateien zu trennen. Mit Anwaltsschreiben vom 19.09.2012 verweigerte der Kläger seine Einwilligung und forderte das Staatsministerium auf, die Dateien unverzüglich zu löschen. Dies lehnte das Staatsministerium mit Schreiben vom 27.09.2012 ab. Mit Anwaltsschreiben vom 18.10.2012 ließ es ergänzend mitteilen, die Daten könnten mit großer Wahrscheinlichkeit auch dienstliche Unterlagen enthalten. Daher werde vorgeschlagen, gemeinsam eine Trennung von privaten und dienstlichen Daten vorzunehmen. Diesen Vorschlag ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 30.10.2012 mit der Begründung ablehnen, dass sämtliche vom Staatsministerium gespeicherten Daten personenbezogen seien.
12 
Am 03.12.2012 verlagerte die Firma ... ... im Auftrag des Staatsministeriums die auf dem Server des Staatsministeriums liegenden Dateien in einen sogenannten „Datentresor“. Dieser „Tresor“ ist mit einem Passwort vor Zugriffen geschützt. Um diesen „Datentresor“ vor Verlust zu schützen, wurde er noch auf einen dem Staatsministerium zugewiesenen Serverbereich im Informatikzentrum des Landes Baden-Württemberg (IZLBW) kopiert. Zusätzlich wurden die Daten von der Firma ... ... auf einen externen Datenträger überspielt. Dieser Datenträger befindet sich in einem verschweißten Beutel in einem Tresor des Staatsministeriums. Das Passwort befindet sich in einem verschlossenen Umschlag in einem weiteren Tresor. Die auf dem Server im Staatsministerium befindlichen Kopien des Postfaches wurden sodann gelöscht. Bei diesen Maßnahmen wurde keine Einsicht in die Daten genommen.
13 
Der Kläger erhob am 15.10.2012 beim Verwaltungsgericht Stuttgart, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.11.2012 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwies, Klage auf Löschung der Dateien, hilfsweise auf Löschung nach Anbieten als Archivgut gegenüber dem Landesarchiv, weiter hilfsweise auf Neubescheidung. Zur Begründung machte er geltend, er habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Löschung der Daten nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG. In den E-Mails seien personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG enthalten. Das Nutzen der Daten für andere Zwecke als den der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage sei nach § 15 Abs. 4 LDSG unzulässig. Demgemäß könnten die Daten auch nicht mehr erforderlich im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sein. Die E-Mail-Kommunikation unterliege zudem dem Fernmeldegeheimnis und damit § 88 TKG. § 23 Abs. 3 LDSG, wonach vor einer Löschung die Daten dem Archiv zur Übernahme anzubieten seien, stehe seinem Begehren nicht entgegen. Die Daten seien seinem Persönlichkeitsbereich zuzuordnen und vollständig privat. Archivgut Privater könne das Landesarchiv nur mit deren Einvernehmen erfassen, und seine Zustimmung gebe er nicht. Jedenfalls sei die Archivierung nur unter der Prämisse einer Abschottung der Daten nach § 4 LArchG unter Wahrung der Sperrfristen gemäß § 6 Abs. 2 LArchG zulässig. Spätestens nach dem Anbieten gegenüber dem Landesarchiv habe der Beklagte die Daten zu löschen.
14 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Der Kläger habe keinen Löschungsanspruch. Die Speicherung der streitgegenständlichen Dateien sei zulässig. Sowohl die Speicherung der Dateien als auch deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Da der Kläger seine dienstliche E-Mail-Korrespondenz nicht vollständig zu den Sachakten genommen habe und der Verlauf der Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der Anteile der EnBW von der EdF nach wie vor in weiten Teilen nicht geklärt sei, bedürfe es einer Auswertung des E-Mail-Postfachs im Hinblick auf das vor der Internationalen Handelskammer in Paris anhängige Schiedsverfahren des Landes gegen die EdF, etwaige Schadensersatzansprüche des Landes nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und ein Akteneinsichtsgesuch zweier Privatpersonen nach dem Landesumweltinformationsgesetz, das sich unter anderem auch auf die Sicherungskopien beziehe. Weiter seien die Sicherungskopien Gegenstand einer Landtagsanfrage (LT-Drucks. 15/2640) gegenüber dem Staatsministerium gewesen. Die Staatsanwaltschaft lehne eine Akteneinsicht des Landes bislang unter Hinweis auf § 406e Abs. 2 StPO ab. Auf § 88 TKG könne sich der Kläger nicht berufen, ebensowenig auf § 15 Abs. 4 LDSG. Der Zweck der Datensicherung umfasse auch die Wiederherstellung verloren gegangener Datenbestände. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner E-Mail-Nachrichten zur Vervollständigung der Sachakten halte sich damit im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung. § 15 Abs. 4 LDSG wolle nur zweckändernde Maßnahmen und eine nachfolgende Datennutzung gegenüber Bediensteten ausschließen. Der Kläger sei aber gerade kein Bediensteter im datenschutzrechtlichen Sinne gewesen. Die beabsichtigte Datenverwendung sei gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG gerechtfertigt. Es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentationspflichten nicht nachgekommen sei. Zudem sei § 23 Abs. 3 LDSG zu beachten. Archivwürdige Daten unterlägen nicht der Löschungspflicht des § 23 LDSG.
15 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 27.05.2013 den Beklagten verpflichtet, die Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers ...PST_20101116, ...PST_20101117 und ... ...PST_20101117_DUMPSTER sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind, und im Übrigen die Klage abgewiesen (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - NVwZ-RR 2013, 428). Der Kläger habe nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG einen Anspruch auf Löschung dieser Dateien, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden seien. Es handele sich um personenbezogene Daten i.S.v. § 3 Abs. 1 LDSG. Denn die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers beträfen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich seine Kommunikation mit Dritten. Für das Staatsministerium als speichernde Stelle sei die Kenntnis der Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert worden seien und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen sei (§ 15 Abs. 4 LDSG). Es könne offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG im Hinblick auf die Dokumentationspflichten des Klägers, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt sei, denn diese Bestimmungen würden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. Diese Norm sei anwendbar. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“, aus dem der Beklagte die Unanwendbarkeit der Norm herleite, beziehe sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibe von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Die E-Mail-Postfach-Daten seien zu dem Zweck kopiert worden, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers stellten - in der im Herbst 2010 kopierten Form - daher personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert worden seien. Folglich scheide eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus. Zwar solle bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören. Dies könne aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen sei, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt worden sei. Darum gehe es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten gekommen sei noch der Beklagte die Daten weiter benötige, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Es sei auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung sei insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke, also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage, zulässig. Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setze voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert würden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgingen. Daran fehle es hier. Mit der Kopie seien keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt worden; vielmehr habe sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten erschöpft.
16 
Auf § 88 TKG könne sich der Kläger allerdings nicht berufen. Die Norm wolle allein das Fernmeldegeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG schützen, dessen Schutzbereich nicht betroffen sei. Es handele sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet habe. Zudem sei der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG.
17 
§ 36 Abs. 1 LDSG sei auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten gewesen sei. Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bilde die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt hätten, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten beziehe. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebühre der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gelte jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststehe oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1, 2 i.V.m. § 2 Abs. 3 UIG enthielten.
18 
Dem Löschungsanspruch stehe dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten seien. Die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv sei keine Zwecksetzung, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen könne. § 23 Abs. 3 LDSG befasse sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindere weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen.
19 
Das Archivrecht modifiziere allerdings den Umfang des klägerischen Anspruchs dahin, dass die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen seien, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden seien. Es handele sich bei den Daten nicht um „Archivgut eines Privaten“, das gemäß § 2 Abs. 3 LArchG nur mit Einvernehmen des Klägers dem Landesarchiv überantwortet werden könne. Die Vorschrift erfasse nur Daten „aus privater Hand“, nicht hingegen Daten wie die streitgegenständlichen, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten. Vor einer Löschung seien die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7, 8 LArchG zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirkten, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindere. Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht sei in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ - den auch das Bundesrecht kenne - auszugehen. Das Archivrecht enthalte eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz. Das genannte Vorrangverhältnis ergebe sich aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Denn vor einer Löschung seien Daten nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsehe - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7, 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergäben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden sei. Es scheide aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Vor der Übernahme in das Archiv könnten Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden, wie etwa eine (Teil-)Anonymisierung. Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht seien in § 4 und § 6 LArchG und in der Landesarchivbenutzungsordnung vorgesehen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestünden nicht. Das Landesarchiv Baden-Württemberg habe bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG schütze insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart würden. Träger des Grundrechts seien auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Der Kläger sei insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angehe. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsehe, könne er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Weiter komme dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute.
20 
Gegen das ihm am 31.05.2013 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte am 28.06.2013 (Posteingang) die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, mit der er die vollumfängliche Klageabweisung erstrebt, und am 29.07.2013 die Berufungsbegründung eingereicht. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 LDSG. Die Speicherung der Daten sei zulässig. Die Speicherung der Daten und deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Für den Begriff "Aufgaben der verantwortlichen Stelle" im Sinne des § 15 LDSG sei nicht auf diejenige Organisationseinheit einer Behörde abzustellen, die die Daten tatsächlich speichere, wie z.B. die IT-Abteilung oder das Rechenzentrum, sondern auf die Behörde oder juristische Person, der diese Abteilung angehöre. Für die Frage, ob die streitgegenständlichen Dateien für die Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle noch erforderlich seien, komme es mithin auf den Aufgabenbereich des Staatsministeriums insgesamt an. Davon zu unterscheiden sei der Begriff des Zwecks der Speicherung im Sinne des § 15 LDSG. Der Zweck könne enger sein als die Aufgabe, aber niemals über diese hinausgehen. Der Zweck sei regelmäßig weiter als der konkrete Anlass der Erhebung. Er erschöpfe sich nicht in der Erledigung des einzelnen Verwaltungsverfahrens. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner Dokumente zur Vervollständigung der Sachakten erfüllten die Voraussetzungen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung.
21 
Das Verwaltungsgericht habe den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG in einer vom Gesetz nicht beabsichtigten Weise überdehnt. Die im Herbst 2010 durchgeführte Maßnahme stelle eine Datensicherung im Sinne des § 15 Abs. 4 LDSG dar. Mit dem Begriff Datenschutzkontrolle/Datensicherung/Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes sei aber keine subjektive Konkretisierung verbunden, die den Zweck auf den konkreten Anlass beschränke. Der Zweck der Maßnahme gehe in aller Regel über den konkreten Anlass hinaus. Ansatzpunkt seien stets die so genannten "Primärzwecke" in allgemeiner Form, z.B. Zwecke der Datensicherung und/oder der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage. Diese Primärzwecke sollten von der verantwortlichen Stelle vor der jeweils beabsichtigten Verarbeitung oder Nutzung festgelegt werden. Bei unterlassener ausdrücklicher Festlegung im Zeitpunkt der Maßnahme sei der objektive Zweck maßgeblich. Dieser sei dem erkennbar verfolgten Ziel zu entnehmen. Eine weitere Detaillierung in Richtung eines konkreten Anlasses, der den in § 15 Abs. 4 LDSG genannten Zwecken zuzuordnen wäre, habe der Gesetzgeber bewusst unterlassen. Finde eine Datensicherung aus Anlass vermuteter Gerätestörungen statt, so sei die Verwendung dieser Sicherung für die Wiederherstellung anderweitig verlorengegangener Daten nach § 15 Abs. 4 LDSG nicht ausgeschlossen.
22 
Die Wiedergewinnung verloren gegangener Originaldaten gehöre selbstverständlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Verwendungszwecken. Diene die Maßnahme der Sicherung bestimmter Datenbestände, so dürften diese bei Verlust über die angefertigten Sicherungskopien wiederhergestellt und zur Aufgabenerfüllung verwendet werden. Liege der Erhebung oder Speicherung keine (aufgabenspezifische) Rechtsvorschrift zu Grunde oder biete diese keinen geeigneten Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und habe auch der Betroffene keine ausdrückliche Verfügung getroffen, so seien die verfolgten Zwecke auf der Grundlage eines pragmatischen Verständnisses des Handelns der öffentlichen Stelle zu bestimmen. Es sei von einer typischen und sachgerechten Organisation der verantwortlichen Stelle auszugehen. Aufgabe des IT-Bereichs sei es, die für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlichen Daten zu sichern und die ordnungsgemäße Funktion der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums sicherzustellen. Genau dieser Aufgabe hätten die im Herbst 2010 bezüglich des klägerischen Accounts durchgeführten Maßnahmen gedient. Zum Zeitpunkt der Maßnahme habe noch keinerlei Kenntnis der Ursachen der aufgetretenen Datenverluste existiert. Ein rechtswidriger Zugriff von außen oder unbefugtes Handeln Dritter hätten im Zeitpunkt der Maßnahme von niemandem ausgeschlossen werden können. Auch deswegen greife die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil vertretene enge Festlegung auf bestimmte Verlustszenarien zu kurz. Durch das Ausscheiden des Klägers aus dem Amt des Ministerpräsidenten sei keine "Zweckerfüllung" eingetreten. Durch § 15 Abs. 4 LDSG werde nicht ausgeschlossen, dass die streitgegenständlichen Daten im Sinne ihrer engen Zweckbindung (Sicherungskopie) zur Herstellung der Originaldateien benutzt würden. Die wiederhergestellten Originaldateien dürften jedenfalls für diejenigen Zwecke verwendet werden, zu denen sie der Kläger ursprünglich angelegt habe. Daher halte sich die Aufnahme der Postfachdaten in bereits vorhandene Sachakten im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecke und der wahrgenommenen Aufgaben. Die Befugnis zur Wiedergewinnung der Originaldaten gelte unabhängig davon, auf welche Weise die Daten verloren gegangen seien. Der Zweck der Datensicherung umfasse alle Maßnahmen zum Schutz vor Datenverlusten. Hier seien die Sicherungskopien zum Schutz der Originaldateien angelegt worden. Dass die Originaldateien hier nicht versehentlich, sondern bewusst und entgegen der dem Kläger obliegenden Aktenführungspflichten nicht gesichert, sondern gelöscht worden seien, führe zu der objektiven Feststellung des Verlusts von Daten, die nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 LDSG zulässigerweise gespeichert werden dürften und aus der Sicht ordnungsgemäßen nachweisbaren staatlichen Handelns hätten gespeichert werden müssen. Lösche ein Mitarbeiter einer Behörde ganz bewusst auch solche dienstlichen Daten, die noch zu der konkreten Aufgabenwahrnehmung benötigt würden, so müsse die betroffene Behörde befugt sein, auf alle vorhandenen Sicherungskopien zurückzugreifen. Auch die Datensabotage oder missbräuchliche Nutzung durch eigene Mitarbeiter stelle einen Datenverlust dar, vor dem Maßnahmen zur Datensicherung schützen sollten.
23 
Speziell solche Daten, die im Zusammenhang mit den von dem Beklagten bereits erstinstanzlich genannten Verfahren stünden, seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums nach wie vor erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf die bereits anhängigen Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den entsprechenden Sachakten fehlten. Weder die Mitarbeiter noch die von den Mitarbeitern selbst zu dienstlichen Zwecken angelegten dienstlichen Inhalts-Dateien bedürften des vom Verwaltungsgericht angenommenen weiten Schutzes. Nach dem Sinn und Zweck der Sonderregelung in § 15 Abs. 4 LDSG solle durch die strikte Zweckbindung lediglich ausgeschlossen werden, dass die aus Bedürfnissen des Datenschutzes und der Datensicherheitzusätzlich erhobenen Datenbestände als Informationsgrundlage für andere Zwecke zur Verfügung stünden, weil dadurch der Einsatz wirksamer Datenschutz- und Sicherungsmethoden indirekt behindert würde. Mit der Wiederherstellung und dienstlichen Verwendung der zu dienstlichen Zwecken selbst angelegten oder zu diesem Zweck empfangenen Daten könne und müsse ein Mitarbeiter aber jederzeit rechnen. Durch die vom Verwaltungsgericht angenommene Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG werde zugleich das spezielle Regel-Ausnahmeprinzip des § 15 LDSG in einer vom Gesetz nicht beabsichtigten Weise verengt. Behörden und Unternehmen wären in einer Vielzahl von Fällen zur Aufgabe ihrer an sich höherrangigen und berechtigten Interessen gezwungen und letztlich dem Belieben ihrer unbefugt handelnden Mitarbeiter ausgesetzt, wenn und soweit diese (bewusst) dienstliche Dokumente vernichteten.
24 
Völlig unberücksichtigt habe das Verwaltungsgericht gelassen, dass Sinn und Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht sei, denjenigen zu schützen, der selbst in rechtswidriger Weise den Zwecken der Datensicherung zuwidergehandelt habe. Dem Kläger habe während seiner Amtszeit als Ministerpräsident auch im Hinblick auf die in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG genannten Belange die Pflicht oblegen, solche Daten zu sichern, die in die Sachakten des Staatsministeriums gehörten. Diese Sicherung sei unterblieben. Aufgrund der von dem Beklagten vorgelegten E-Mail-Schreiben des Klägers stehe fest, dass dieser z.B. im Zusammenhang mit dem Erwerb der EnBW-Anteile E-Mail-Schreiben erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Die gesamte Anbahnung des Erwerbs der EnBW-Anteile sei unter Ausschluss der zuständigen Ministerien und ihrer Ministerialebenen allein über das damalige Ministerpräsidentenbüro des Klägers vorbereitet und abgeschlossen worden. Die dem Erwerb zu Grunde liegenden Überlegungen und Informationen seien zwischen den beteiligten Parteien ganz überwiegend in digitaler Form ausgetauscht worden. Akten im klassischen Sinn seien zu diesem Vorgang nicht vorhanden. Auch die Akten zum Polizeieinsatz vom 30.09.2009 enthielten keine E-Mail-Nachrichten des Klägers, obwohl die Bevollmächtigten des Klägers gegenüber dem Verwaltungsgericht im Erörterungstermin vom 29.04.2013 erklärt hätten, dass die Staatsanwaltschaft den streitgegenständlichen Sicherungskopien zu diesem Thema insgesamt zwei bis drei Leitzordner E-Mails entnommen und beschlagnahmt habe.
25 
Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus der Amtszeit des Klägers bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Verwaltungs- und Regierungshandeln allgemein und in anderen Fällen betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Der Kläger behaupte gerade nicht, dass es sich bei den gespeicherten Postfach-Daten ausschließlich um den rein privaten Bereich betreffende E-Mails handele. Vielmehr habe er erstinstanzlich geltend gemacht, er habe während seiner Amtszeit als Ministerpräsident keinerlei Dokumentations- und Aktenführungspflicht unterlegen, und bringe nun vor, er habe alle maßgeblichen Unterlagen zu den Sachakten genommen. Der Kläger habe Dokumentations- und Aktenführungspflichten unterlegen. Die Vollständigkeit staatlicher Akten bilde die Grundlage rechtmäßigen staatlichen Handelns und sei Voraussetzung für jede Rechtskontrolle im Sinne von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Das Parlament habe Anteil an der Staatsleitung durch die ihm zustehenden Mitentscheidungskompetenzen und der ihm zugewiesenen parlamentarischen Kontrolle, deren Ziel es sei, das Handeln der Regierung transparent und verantwortlich zu machen. Die dem Staatsministerium durch Übersenden seitens des Untersuchungsausschusses bekannte, dem Gericht vorgelegte E-Mail-Korrespondenz des Klägers betreffe keinen der Kontrolle des Parlaments entzogenen Vorbehaltsbereich der Regierung. Es handle sich um den Gedankenaustausch eines Ministerpräsidenten mit einem außerhalb des Kabinetts stehenden Dritten im Zusammenhang mit einer beabsichtigten wirtschaftlichen Betätigung des Landes. Dem parlamentarischen Informationsrecht entspreche eine grundsätzliche Informationspflicht der Landesregierung. Die Informations- und Akteneinsichtsrechte - in Form von Rechtsansprüchen nach § 29 Abs. 1 LVwVfG, Art. 35 LV i.V.m. § 14 UAG, § 61 LTGO und im Ermessenswege nach allgemeinen Grundsätzen - setzten eine Pflicht zur Führung vollständiger und wahrheitsgetreuer Akten voraus. Die Aktenführungspflicht ergebe sich auch ohne ausdrücklichen Ausspruch in einem Gesetz oder einem Organisationsstatut aus der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht der Behörden und Verfassungsorgane zur objektiven Dokumentation des bisherigen wesentlichen sachbezogenen Geschehensablaufs und der möglichen Erkenntnisquellen für das zukünftige Handeln. Selbstverständlich sei das Staatsministerium verpflichtet, Daten, die den rein familiären Bereich beträfen, zu löschen. Eine diesbezügliche Trennung der Postfachdaten sei über die Absender- bzw. Empfängerdaten technisch möglich. Die Einsichtnahme in die Absender- bzw. Empfängerdaten sei dem Kläger auch zumutbar und keine Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Durch das Löschen der allein elektronisch gespeicherten dienstlichen Daten habe der Kläger die Aufgabenwahrnehmung des Beklagten in einigen Bereichen nahezu unmöglich gemacht. Dies lasse seine Schutzbedürftigkeit insgesamt entfallen.
26 
Der Beklagte beantragt,
27 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
28 
Der Kläger beantragt,
29 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
30 
Die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe Originaldateien entgegen der ihm obliegenden Aktenführungspflichten gelöscht, sei haltlos. Der Vortrag des Beklagten erfolge ohne ansatzweise substantiierte Darlegung. Auf der grundlosen Unterstellung, der Kläger habe gegen seine Aktenführungspflicht verstoßen, beruhe die Argumentation des Beklagten, dass es sich bei den streitgegenständlichen Daten um solche handele, die nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 LDSG zur Erfüllung der Aufgaben des Beklagten erforderlich seien, und dass der Beklagte befugt sein müsse, auf noch vorhandene Sicherungskopien zurückzugreifen. Es sei eine falsche Behauptung, dass im Staatsministerium wenige Schriftstücke aus der Amtszeit des Klägers vorhanden seien. Regierungshandeln unterliege nicht der Anordnung Schriftgut und nach dieser Verwaltungsvorschrift seien nur solche E-Mails zu den Akten zu nehmen, die "Entscheidungen" enthielten, es sei denn der Bearbeiter ordne ihre Aufbewahrung an. Eine elektronische Archivierung von E-Mails sei im Staatsministerium nicht erfolgt. Die Löschung von E-Mails sei Aufgabe des jeweiligen Adressaten gewesen. Zudem gebe es einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der einen nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließe, zu dem auch die Willensbildung der Regierung selbst zähle. Danach seien ausgetauschte Meinungen und Werturteile auch in öffentlichen Angelegenheiten nicht in Akten zu dokumentieren.
31 
Ob Daten zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG noch erforderlich seien, richte sich ausschließlich nach der Zweckbestimmung, die der Speicherung der Daten zu Grunde gelegen habe. Nicht mehr erforderlich seien die Daten, wenn die Aufgabe, zu deren Erfüllung sie gespeichert worden seien, endgültig entfallen sei. Dies werde aus der Systematik des § 15 Abs. 1 LDSG deutlich, indem dort zum Erforderlichkeitsgrundsatz (Nr. 1) kumulativ der Grundsatz der Zweckbindung (Nr. 2) hinzutrete. Daten seien daher zur Aufgabenerfüllung nur solange erforderlich, wie die konkrete Aufgabe aktuell sei. Es gehe vorliegend daher nicht darum, ob der Zweck, zu dem die streitgegenständlichen Daten gespeichert worden seien, über den konkreten Anlass - hier eine technische Störung des E-Mail-Accounts des Klägers im Oktober 2010 - hinausgehe. Bei der Frage, ob die Aufgabe entfallen sei, sei die mit dem Ausscheiden des Klägers aus dem Amt des Ministerpräsidenten verbundene Zeitkomponente maßgeblich, die vom Beklagten außer Acht gelassen werde. Mit diesem Ausscheiden seien die die weitere Speicherung rechtfertigenden Aufgaben entfallen. Die streitgegenständlichen Daten seien nicht zum Zweck der Datensicherung im Sinne der Sicherung ihrer fortwährenden Verfügbarkeit im EDV-System des Beklagten gespeichert worden. Eine Wiedergewinnung von Daten, die in Sicherungskopien gespeichert seien, nach § 15 Abs. 4 LDSG sei nur in den Grenzen der konkreten Aufgabe, zu deren Erfüllung die Speicherung erfolgt sei, zulässig. Vorliegend gehe es nicht um einen Datenverlust durch einen Systemfehler, dessen nachteiligen Folgen auf den ordnungsgemäßen Betrieb der Datenverarbeitungsanlage durch die streitgegenständlichen Sicherungskopien habe entgegengesteuert werden sollen, sondern der Kläger habe als Betroffener bewusst entschieden, diese Daten zu löschen. Die Daten sollten nach dem Anliegen des Beklagten nicht für den intendierten Sicherungszweck (Verlust durch Systemfehler), sondern zu anderen Zwecken, insbesondere der vermeintlich angezeigten Überprüfung der Vollständigkeit von Akten (§ 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG), angeblicher erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl (§ 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG) oder gar der Aufdeckung vermuteter Rechtsverstöße (§ 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG) herangezogen werden. Dies sei jedoch datenschutzrechtlich unzulässig. Die Annahme des Beklagten, die strikte Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG erfasse ausschließlich "zusätzlich" erhobene Datenbestände, verkenne, dass die strikte Zweckbindung ungeachtet des Inhalts der Sicherungskopie hier die streitgegenständlichen Daten erfasse. Der „unclean hands“-Einwand des Beklagten sei für den datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch aus § 23 Abs. 1 LDSG irrelevant. Andernfalls würde die durch § 15 Abs. 4 LDSG bewirkte strikte Zweckbindung ausgehöhlt. Eine Reduzierung des datenschutzrechtlichen Schutzniveaus ergebe sich hier weder daraus, dass die private IT-Nutzung nicht ausdrücklich gestattet worden sei, noch aus dem Umstand, dass der Kläger die Funktion des Ministerpräsidenten innegehabt habe. Die von dem Beklagten angeführten parlamentarischen Kontrollbefugnisse seien nicht dazu geeignet, den datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und die strikte Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG einzuschränken.
32 
Auf die ihm am 01.08.2013 zugestellte Berufungsbegründung hin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 30.08.2013, der am selben Tag beim Verwaltungsgerichtshof einging, Anschlussberufung eingelegt, mit der er seinen erstinstanzlichen Hauptantrag auf uneingeschränkte Löschung der streitgegenständlichen Dateien weiterverfolgt. Zur Begründung führt er aus, die streitgegenständlichen Daten seien als privat einzustufen und allenfalls nach § 2 Abs. 3 LArchG mit dem Einvernehmen des Klägers dem Landesarchiv anzubieten. Mit § 2 Abs. 3 LArchG seien keine Eingriffsbefugnisse verbunden. Auch unter der Annahme, dass kein Fall des § 2 Abs. 3 LArchG vorliege, komme man nicht zu einem Anbieten. Der Kläger in seiner Funktion als Ministerpräsident sei als Verfassungsorgan mit eigenen Organrechten zu betrachten gewesen. Der Kläger selbst sei also Stelle im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG. Die Übergabe durch die Stelle beziehe sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG ausschließlich auf Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötige. Potentielles Archivgut könnten also nur solche Unterlagen sein, die bei der Stelle im Vorfeld der Anbietung der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben dieser Stelle gedient hätten. Dies sei jedoch hier nicht der Fall. Die Daten hätten nicht der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten gedient, denn sie seien ausschließlich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden. Es bestehe also eine Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut dem Landesarchiv anzubieten seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts führe dazu, dass auch Daten, von denen bereits im Vorfeld der Anbietung an das Landesarchiv bekannt sei, dass sie wegen eines Fortfalls des Zwecks im Sinne des § 15 Abs. 4 LDSG nach § 23 Abs. 1 LDSG zu löschen seien, dem Landesarchiv zum Zwecke der Archivierung anzubieten seien. Aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei jedoch ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber danach differenziere, ob ein Löschungsanspruch vor oder nach der Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv erhoben werde. Zwar seien von den Stellen personenbezogene Daten infolge des § 23 Abs. 3 LDSG selbst dann vor der Löschung dem Landesarchiv anzubieten, wenn diese unzulässig gespeichert worden seien. Der die öffentlich-rechtliche Löschungspflicht der öffentlichen Hand widerspiegelnde subjektive Löschungsanspruch des Betroffenen gehe jedoch weiter und sei erst dann ausgeschlossen, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die (weitere) Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. Zudem folge aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, dass unzulässig gespeicherte Daten nicht der archivrechtlichen Anbietungspflicht des § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG unterlägen. Aus § 23 Abs. 3 LDSG im Zusammenspiel mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG lasse sich kein gesetzlicher Rahmen entnehmen, der dem an einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung anzulegenden Bestimmtheitsgrad genüge. Zudem müssten nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts alle in der Landesverwaltung eingehenden und versandten E-Mails vor ihrer Löschung dem Archiv angeboten werden; diese Kontrollüberlegung zeige, dass die Argumentation des Verwaltungsgerichts unzutreffend sei.
33 
Mit der Anschlussberufung beantragt der Kläger,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - teilweise zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, die Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers ... ...PST_20101116, ...PST_20101117 und ... ...PST_20101117_DUMPSTER sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen.
35 
Der Beklagte beantragt,
36 
die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
37 
Das Archivrecht gewährleiste mit den Anbietungs- und Übergabepflichten einerseits und den Sperrfristen andererseits einen angemessenen Ausgleich zwischen den divergierenden Geheimhaltungs- und Publizitätsinteressen der Beteiligten. Die streitgegenständlichen Dateien seien nicht als privat einzustufen. Jedenfalls in den Fällen, in denen der Kläger - wie hier - über seinen Dienstrechner und das ihm als Ministerpräsidenten zugewiesene dienstliche Mailkonto kommuniziert habe, seien die entstandenen Postfachdaten als amtlich einzuordnen. Alle Korrespondenz eines Regierungschefs mit Ausnahme familiärer Schreiben sei von der öffentlichen Amtsfunktion überlagert. Die streitgegenständlichen Sicherungskopien hätten der Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums insgesamt und der Aufgabenerfüllung des Klägers als damaligem Ministerpräsidenten gedient. Gemäß §§ 2, 3 LArchG sei es Aufgabe des Landesarchivs, die ihm angebotenen Unterlagen zu bewerten und die jeweils archivwürdigen Unterlagen auszuwählen. Ob diese in digitaler oder Papierform vorlägen, sei unerheblich. Nach der gesetzgeberischen Intention zu § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG seien Löschungsansprüche nach Landesdatenschutzrecht bei Archivgut ausgeschlossen. Dem eindeutigen Wortlaut nach seien gemäß § 23 Abs. 3 LDSG auch unzulässig gespeicherte Unterlagen anzubieten.
38 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten (2 Heftungen) vor.

Entscheidungsgründe

 
39 
Sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, aber unbegründet.
40 
I. Berufung des Beklagten
41 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Einreichung beim VGH, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 VwGO).
42 
2. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn der Kläger hat einen - durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv modifizierten (s. dazu unter II.) - Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (a). Einem solchen Löschungsanspruch stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (b) entgegen.
43 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
44 
aa) Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten, und sind daher - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat und die Beteiligten auch nicht in Frage stellen - personenbezogene Daten.
45 
bb) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
46 
cc) Die streitgegenständlichen Dateien sind für das Staatsministerium nicht mehr i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG zur Aufgabenerfüllung erforderlich.
47 
(1) Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist. Diese Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung folgt aus Wortlaut, Willen des Gesetzgebers, Sinn und Zweck der Vorschrift sowie den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Danach besteht zwischen dem Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG und der Regelung über Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten nach § 15 LDSG ein unmittelbarer Zusammenhang.
48 
Der Wortlaut von § 15 LDSG und § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG spricht zunächst nicht für diesen unmittelbaren Zusammenhang. Denn § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG macht den Löschungsanspruch davon abhängig, dass die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist, während nach 15 Abs. 1 LDSG die Zulässigkeit der Speicherung nicht nur die Erforderlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle voraussetzt, sondern auch dass die Speicherung für die Zwecke, für die die Daten erhoben worden sind, erfolgt. Den Gesichtspunkt der Zweckbindung spricht der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hingegen gar nicht an.
49 
Dem entspricht es, wenn in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu den insoweit gleich lautenden Normen der § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG, § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X die Erforderlichkeit verneint wird, wenn die Daten keine praktische Bedeutung mehr haben und deshalb ausgeschlossen werden könne, dass sie die Arbeit der zuständigen Behörde noch fördern könnten (vgl. Mallmann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 20 Rn. 42; Mester, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 20 Rn. 18; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 11; Brink, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 35 Rn. 39; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 84 Rn. 7; ähnlich Wedde, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, Kap. 4.4. Rn. 64, und ders., in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 20 Rn. 12, auf die „Aufgabe“ abstellend, zu deren Erfüllung die Daten gespeichert wurden; unklar Worms, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 20 BDSG Rn. 39; ähnlich auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164.92 - juris Rn. 3 m.w.N., zur Speicherung von Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach dem bad.-württ. Polizeigesetz; Beschl. v. 18.03.1994 - 11 B 76.93 - NJW 1994, 2499, zum Eintrag in der Führerscheinkartei). Nach dieser Auffassung dürfte die Erforderlichkeit noch gegeben sein - und bestünde folglich kein Löschungsanspruch des Betroffenen -, wenn der Zweck, zu dem die Daten gespeichert worden sind, inzwischen zwar erfüllt ist, die Daten jedoch allgemein für die Aufgaben der Behörde, mithin für andere Zwecke, als sie der Speicherung zugrunde lagen, noch von Bedeutung sein könnten.
50 
Gegen eine solche Auslegung der Norm spricht jedoch die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BDSG, denen auch im Wortlaut § 23 Abs. 1 Nr. 2 und § 15 Abs. 1 LDSG nachgebildet sind. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977 (Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 27.01.1977, BGBl. I, 201) bestimmte in § 9 Abs. 1:
51 
"Das Speichern oder Verändern personenbezogener Daten ist zulässig, wenn es zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.“
52 
Zur Sperrung und Löschung von Daten bestimmte § 14 BDSG 1977 unter anderem:
53 
„(2) Personenbezogene Daten sind zu sperren, wenn ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt. Sie sind ferner zu sperren, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist…
54 
(3) Personenbezogene Daten können gelöscht werden, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Sie sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder wenn es in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 der Betroffene verlangt.“
55 
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz 1977 war mithin sowohl für die Zulässigkeit von Datenspeicherung und -veränderung nach § 9 Abs. 1 als auch für den Löschungsanspruch nach § 14 Abs. 3 Satz 2 maßgebliches Kriterium die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle. Das Tatbestandsmerkmal der Zweckbindung bestand nicht.
56 
Der heutige Wortlaut von § 20 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 BDSG geht zurück auf die Novelle von 1990 (Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20.12.1990, BGBl. I, 2954). Mit diesem Gesetz reagierte der Gesetzgeber auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Es sei nötig geworden, aufgrund des Volkszählungsurteils dem Grundsatz der Zweckbindung durchgehend Geltung zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 36). Wesentlicher Inhalt der Neufassung sei:
57 
„a) Verstärkung der Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, enumerative Aufzählung der Ausnahmen,
58 
b) Verstärkung der Rechte des Betroffenen sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, insbesondere durch

- Löschungsrechte
…“
59 
(vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 37)
60 
Die Entstehungsgeschichte spricht mithin gerade nicht dafür, den Umfang der Zweckbindung bei der Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung einerseits und den Löschungsanspruch andererseits unterschiedlich zu bestimmen. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt nicht, dass ein Löschungsanspruch erst bestehen soll, wenn unabhängig von der Zweckbindung die Nutzung der gespeicherten Daten ganz allgemein für die Aufgabenerfüllung der Behörde nicht mehr erforderlich ist. Vielmehr wollte der Gesetzgeber im Gegenteil die Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten verstärken, ebenso die subjektiven Rechte des Betroffenen. Die Entstehungsgeschichte spricht mithin dafür, einen Zusammenhang zwischen Löschungsanspruch und Zweckbindungsgrundsatz zu bejahen.
61 
Zweck des Löschungsanspruchs nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG ist, die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Zweckbindung der erhobenen Daten durchzusetzen. Dies folgt nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist - wenn nicht der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LDSG) - nur zulässig, wenn das Landesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LDSG). Dies folgt notwendig daraus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist und ein solcher Eingriff einer bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Für den Bereich der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ist § 15 LDSG die gesetzliche Grundlage, die den Umfang der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 4 Abs. 1 LDSG regelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 15 LDSG nicht mehr zulässig, liegt ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, so dass - da das Grundrecht ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gibt - ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG gegeben sein muss. Wenn jedoch die Verarbeitung personenbezogener Daten weiterhin auf § 15 LDSG gestützt werden kann, ist eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff vorhanden; ein Löschungsanspruch besteht dann nicht. Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach § 15 LDSG korrespondieren mithin.
62 
(2) Nach diesem Maßstab ist die Kenntnis der streitgegenständlichen Daten im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich. Denn die Kenntnis ist nicht notwendig zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor; diese sind nicht anwendbar (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106, 115; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56; Dehoust, in: Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, SächsDSG, 2011, § 13 Rn. 37).
63 
(a) Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält, wie bereits der Wortlaut zeigt, ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Es besteht eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, a.a.O., 31 Rn. 1; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 22; Bieresborn, a.a.O., § 67c Rn. 13; Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB I, V, X, 2012, § 67c SGB X Rn. 13; Steinmeyer, in: Wannagat/Eichenhofer, SGB, § 67c SGB X Rn. 14 <83. Lfg.>). Durch den strikten Zweckbindungsgrundsatz soll verhindert werden, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden (vgl. Heckmann, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 14 Rn. 108; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, „…dass Daten, die nur den genannten Zwecken dienen, keiner anderen Verwendung zugeführt werden“ (so zur Parallelnorm des § 14 Abs. 4 die Beschlussempfehlung des BT-Innenausschusses zur Datenschutznovelle 1990, vgl. BT-Drucks. 11/7235, S. 88).
64 
Das strikte Zweckbindungsgebot des § 15 Abs. 4 LDSG gilt nur dann, wenn personenbezogene Daten ausschließlich zu den im Gesetz genannten Zwecken gespeichert werden (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 111; Buchner, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27, § 31 Rn. 5). Ob eine solche ausschließliche Zwecksetzung verfolgt wird, bestimmt die Daten verarbeitende Stelle im Rahmen der Festlegung des Zweckes (vgl. Buchner, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5). Ausschlaggebend ist mithin der von der verantwortlichen Stelle festgelegte Zweck (vgl. OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 02.03.2011 - OVG 60 PV 10.10 - juris Rn. 30, zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BlnDSG i.V.m. § 31 BDSG; Beschl. v. 14.03.2013 - OVG 62 PV 13.12 - juris Rn. 45 zu § 31 BDSG; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37). Die Festlegung des Verwendungszwecks durch die verantwortliche Stelle führt zu deren Selbstbindung (vgl. Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 24; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39; je zu § 14 Abs. 1 BDSG). Die Zweckbindung haftet der Datenverarbeitung bis zur Zweckerfüllung an (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 10, zu § 14 Abs. 1 BDSG).
65 
Diese Festlegung der Zweckbindung muss im Voraus erfolgen. Wurde sie unterlassen, so ist der objektive Verwendungszweck maßgeblich, der sich nach dem erkennbar verfolgten Ziel bestimmt (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110). Die öffentliche Stelle ist jedoch nicht frei in ihrer Festlegung des Zwecks. Sie hat es nicht in der Hand, durch eine allzu weite und unverbindliche Definition die Zweckbindung leerlaufen zu lassen; die Festlegung des Zwecks muss datenschutzrechtlich zulässig sein (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113, zu § 14 Abs. 4 BDSG; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37, 22, zu § 13 Abs. 4 SächsDSG).
66 
Sollen diese Daten für einen weiteren Zweck genutzt werden, bedarf es hierfür einer eigenständigen Legitimation durch eine Rechtsvorschrift (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30) Eine nachträgliche Änderung der Zweckbindung ohne spezielle gesetzliche Grundlage hierfür ist ausgeschlossen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 31 ff.).
67 
Die Vermeidung von Datenverlusten, Datenmanipulationen und unbefugtem Datenzugang sowie die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung von Datenbeständen gehören zum Zweck der Datensicherung sowie zum Zweck der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109, zur Datensicherung; Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 59, zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 1a: klare Trennung dieser Zwecke nicht möglich). Die Wiedergewinnung des gesicherten und verloren gegangenen Datenbestsands gehört daher grundsätzlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 112, 114; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 24).
68 
Zu Unrecht bringt der Beklagte vor, mit einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 4 LDSG sei eine zu enge Zweckbindung verbunden, die unabweisbare Bedürfnisse der Allgemeinheit, insbesondere im Hinblick auf Belange der Strafrechtspflege bei der Verfolgung von Straftaten unzulässig hintanstelle. Zwar wird in der rechtwissenschaftlichen Literatur vertreten, dass strafrechtliche Zugriffsnormen, auch über § 1 Abs. 3 BDSG bzw. § 2 Abs. 5 LDSG die strikte Zweckbindung des § 14 Abs. 4 BDSG bzw. § 15 Abs. 4 LDSG nicht überwinden könnten (so Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 62; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115 ; a.A. wohl Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29). Anderes gelte nur für die Verfolgung von Datenschutzdelikten; sie bewege sich im Rahmen des § 14 Abs. 4 BDSG (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4). Dies trifft jedoch nach Auffassung des Senats - ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre - nicht zu. Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglichen soll. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können; Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, a.a.O., § 1 Rn. 110; BT-Drucks. 7/1027, S. 16). Diesen Anforderungen des § 2 Abs. 5 LDSG an besondere Rechtsvorschriften entsprechen die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren; diese sind die allgemeinen Rechtsgrundlagen für Datenerhebungen durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. Dembowski, in: Roßnagel, a.a.O., Kap. 8.1 Rn. 17 ff.). Insbesondere ist § 161 Abs. 1 StPO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die allgemeine Erhebung personenbezogener Daten im Ermittlungsverfahren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.02.2009 - 2 BvR 1732, 1745/07 - NJW 2009, 1405 <1407>; Meyer-Goßner, stopp, 56. Aufl., § 161 Rn. 2). Die strafprozessualen Beweiserhebungsnormen sind daher besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die sich über die Zwecksetzung des § 15 Abs. 4 LDSG hinwegsetzen können. Die Zulässigkeit der Erhebung und Beschlagnahme personenbezogener Daten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren trotz einer bestehenden Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG legt schließlich die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG, dass eine datenschutzrechtliche Zweckänderung für Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist, nahe.
69 
(b) Nach diesem Maßstab wäre mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien eine mit § 15 Abs. 4 LDSG unvereinbare Zweckänderung verbunden. Der ursprünglich mit der Erstellung der Sicherungskopien verbundene konkrete Zweck kann jetzt nicht mehr erreicht werden (aa). Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien (bb). Ein allgemeiner, vom ursprünglich verfolgten Zweck unabhängiger Zweck der Datensicherung könnte zudem mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht zulässig verfolgt werden; denn der Zweck, zu dem die Originaldateien gespeichert wurden, ist weggefallen (cc).
70 
(aa) Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war maßgeblicher Zweck der Datensicherungen, eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können. Damit hat der Beklagte Zwecke der Datensicherung und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage i.S.d. § 15 Abs. 4 LDSG verfolgt.
71 
Diese Zwecke - eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Art zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können - hat der Beklagte selbst im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.01.2013 an das Verwaltungsgericht als diejenigen angegeben, zu denen die streitgegenständlichen Dateien erstellt wurden. An diese ursprünglich verfolgten Zwecke ist der Beklagte aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung gebunden. Diese Zwecke können bei Wiedergewinnung der in der Sicherungskopie enthaltenen Daten nun nicht mehr erreicht werden. Die Verfolgung anderer Zwecke schließt § 15 Abs. 4 LDSG aus.
72 
Auf einen allgemeinen, über den konkreten Anlass der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien hinausgehenden allgemeinen Sicherungszweck kann sich der Beklagte hier nicht berufen. Zwar kann der datenschutzrechtlich relevante Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG über den konkreten Anlass der Speicherung hinausgehen. Einen solchen allgemeinen Sicherungszweck verfolgte der Beklagte bei der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien jedoch nicht:
73 
Die Bestimmung des maßgeblichen Zwecks einer Maßnahme nach § 15 Abs. 4 LDSG folgt im Kern denselben Grundsätzen wie die Bestimmung des Zwecks einer Datenspeicherung und -erhebung nach § 15 Abs. 1 LDSG. Maßgeblich ist dabei - wie Dammann zutreffend ausführt - der materielle Gehalt des Zweckbindungsgrundsatzes. Er resultiert daraus, dass jede Ermächtigung einer öffentlichen Stelle, personenbezogene Daten zu erheben und zu speichern, nur im Hinblick auf bestimmte Zwecke ergeht und daher auch eine Verwendung der Daten grundsätzlich nur im Rahmen dieser Zwecke legitimiert. Daher ist bei der Frage, wie der jeweilige Zweck zu fassen ist, bei der jeweiligen rechtlichen Legitimationsgrundlage für das Erheben bzw. Speichern anzuknüpfen. Maßgeblich ist entweder die gesetzliche Grundlage oder die vom Betroffenen im Sinne einer informationellen Selbstbestimmung getroffene Verfügung. Dies entspricht dem Inhalt der Aufklärungspflicht nach § 4 Abs. 3 BGSG. Liegt der Erhebung und Speicherung keine aufgabenspezifische Rechtsvorschrift zu Grunde oder bietet diese keine geeigneten Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und hat auch der Betroffene keine einschränkende Verfügung getroffen, so kommt es auf den tatsächlich verfolgten Handlungszweck an. Dieser kann und wird häufig weiter sein als der konkrete Anlass der Speicherung (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39 ff., zu § 14 Abs. 1 BDSG).
74 
An einer Festlegung eines konkreten Zwecks hinsichtlich der streitgegenständlichen Dateien durch eine Rechtsvorschrift oder eine Verfügung des Betroffenen - hier des Klägers - fehlt es. Daher kommt es auf den tatsächlich verfolgten Zweck an. Dieser bestand nicht in der Herstellung von Sicherungskopien der Outlookdateien des Klägers für jeglichen Fall des Datenverlusts. Denn längerfristige allgemeine Sicherungsspeicherungen von Outlook-Postfachinhalten wurden - abgesehen von der begrenzten Speicherung gelöschter Mails für sieben Tage auf dem Server des Staatsministeriums und für 30 Tage im Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach - im Staatsministerium nicht vorgenommen. Nach der geübten Praxis im Staatsministerium entschied allein der Nutzer des Outlook-Postfachs, welche E-Mails er ausdruckte und den Akten beifügte und welche er löschte. Eine Speicherung von Postfachinhalten für allgemeine Zwecke war auch hier nicht beabsichtigt. Die streitgegenständlichen Dateien wurden vielmehr für den beschriebenen begrenzten Zweck - Behebung von Problemen im Outlook-Kalender des Klägers - hergestellt, zu dem sie nun nicht mehr verwendet werden können.
75 
(bb) Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG gelte nur für zusätzliche, bei der Datenschutzkontrolle etc., aus technischen Gründen anfallende Dateien wie Protokolle von Datenabrufen oder personenbezogene Daten der Mitarbeiter in der IT-Abteilung. Für die Zwecke der Datenschutzkontrolle und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage wird dies in der Literatur in der Tat angenommen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 110). Für im Rahmen der Datensicherung hergestellte Kopien kann dies jedenfalls nicht gelten (so wohl auch Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109). Eine Einschränkung des Schutzzwecks des § 15 Abs. 4 LDSG lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Für Datenkopien ist der Schutzzweck auch einschlägig. Denn es entspricht gerade dem Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG, dass zusätzlich angelegte Datenbestände nicht als allgemeine Informationsgrundlage dienen sollen. Hierunter fallen gerade nach Jahren immer noch vorhandene, vom ursprünglichen Speicherzweck losgelöste Kopien von Dateien
76 
(cc) Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass aus nach § 15 Abs. 4 LDSG hergestellten Sicherungskopien bei jeglichem Datenverlust die Originaldateien wiederhergestellt werden dürften, wäre eine solche Wiederherstellung hier unzulässig. Denn eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann (Zweckerreichung). Das folgt aus dem strengen Zweckbindungsgrundsatz des § 15 Abs. 4 LDSG. Dieser soll verhindern, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden. Damit wäre es unvereinbar, wenn gemäß § 15 Abs. 4 LDSG erstellte Sicherungskopien von der speichernden Stelle noch genutzt werden dürften, obwohl der Speicherungszweck der Originaldateien bereits entfallen ist. So liegt der Fall hier:
77 
Bei der Bestimmung des Zwecks der ursprünglichen Datenspeicherung nach § 15 Abs. 1 LDSG ist, wie dargelegt, auf die rechtliche Legitimationsgrundlage für die Datenspeicherung abzustellen. Eine Rechtsvorschrift, die die Speicherung von E-Mails von Landesbediensteten datenschutzrechtlich gestattet, existiert nicht. Eine gesonderte Regelung des E-Mail-Verkehrs im Staatsministerium erfolgte nicht, eine datenschutzrechtlich relevante Selbstverpflichtung des Klägers zum E-Mail-Verkehr fehlt daher. Da die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zugeordnet waren und der Nutzer des Postfachs selbst über die Verwendung der Postfachinhalte entscheiden durfte, diente die Speicherung von Postfachinhalten den persönlichen Belangen des Postfachinhabers. Dieser Zweck besteht, nachdem der Kläger seinen E-Mail-Account im Staatsministerium nicht mehr nutzt, nicht mehr. Andere datenschutzrechtlich i.S.v. § 15 Abs. 1 LDSG relevante Zwecke bestanden nicht. Selbst die Anlegung von Protokolldateien über die Internetnutzung diente nach den Sicherheitshinweisen im Antragsformular des Klägers auf Internetzugang vom 11.02.2010 Zwecken der Sicherheit der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums vor unerlaubten Zugriffen oder Angriffen von außen, nicht Datensicherungszwecken im allgemeinen. Der ursprünglich verfolgte Zweck der Speicherung der Originaldateien kann nicht mehr erreicht werden, diese dürfen daher nicht aus der Sicherungskopie wiederhergestellt werden.
78 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beklagten, nach der AnO Schriftgut und allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie folgenden Grundsätzen seien E-Mails aufgrund des Grundsatzes der Aktenvollständigkeit zu den Akten zu nehmen. Dass aus diesen Gründen E-Mails gespeichert werden, ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Grundlage noch aus einer datenschutzrechtlichen Einwilligung des Klägers. Ein datenschutzrechtlich relevanter Speicherzweck im Sinne des § 15 Abs. 1 LDSG liegt insoweit nicht vor.
79 
dd) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zum Löschungsanspruch des Klägers dargelegt, dass dieser sich nicht zusätzlich auf § 88 TKG berufen kann, dass § 36 LDSG keine Anwendung findet und dass § 23 Abs. 3 LDSG dem Grunde nach dem Löschungsanspruch nicht entgegensteht. Auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die die Beteiligten im Berufungsverfahren nicht angreifen, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
80 
b) Dem Löschungsanspruch des Klägers nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs (aa) noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (bb) entgegen.
81 
aa)Dem datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG kann im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Betroffene seinerseits offenkundig und schwerwiegend gegen eine gegenüber der die Daten speichernden Stelle bestehenden Pflicht oder Obliegenheit verstoßen hat, die im sachlichen Zusammenhang mit den zu löschenden Daten steht (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).
82 
(1) Beim Rechtsmissbrauch handelt es sich um einen besonderen Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben. Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den allgemeinen ungeschriebenen Grundsätzen, die sowohl im Verwaltungsrecht des Bundes als auch im Verwaltungsrecht der Länder existieren und Bürger und Verwaltung binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - BVerwGE 101, 58, juris Rn. 17; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <71>; Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 24.96 - BVerwGE 102, 194 <199>; Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24.02 - BVerwGE 118, 84 <89>; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 62 Rn. 29; Pitschas, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voß-kuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Bd. II., § 42 Rn. 94). Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann daher auch subjektiv-öffentlichen Ansprüchen des Bürgers gegen die öffentliche Hand entgegenstehen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 10, m.w.N.; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - a.a.O.; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162, juris Rn. 31, m.w.N.). Auch verfassungsrechtlich sind missbräuchlich erworbene Rechtspositionen des Bürgers nicht notwendig geschützt (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.05.2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24, juris Rn. 51, zur Rücknahme der erschlichenen Einbürgerung nach § 48 VwVfG; ebenso BVerwG, Urt. v. 03.06.2003 - 1 C 19.02 - BVerwGE 118, 216 <220>; ähnlich zur missbräuchlichen Berufung auf Grundfreiheiten: EuGH, Urt. v. 09.03.1999 - C-212/97 [Centros] - juris Rn. 24 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers schließen Grundrechte des Betroffenen daher nicht von vornherein aus, dass sich die öffentliche Hand ihm gegenüber auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen kann.
83 
Ein Fall der nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung ist die Verletzung eigener Pflichten (vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 46, m.w.N.). Dabei bedarf es eines Zusammenhangs zwischen dem beanspruchten und dem selbst geübten Verhalten, damit der geltend gemachte Rechtsanspruch angesichts des eigenen Verhaltens rechtsmissbräuchlich erscheint (vgl. Roth/Schubert, in: MK-BGB, 6. Aufl., § 242 Rn. 389).
84 
Der Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben steht hier, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 LDSG Fälle der zulässigen Zweckänderung geregelt und insbesondere in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG Belange des Allgemeinwohls bereits berücksichtigt hat. Eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass im Einzelfall ein Rückgriff auf die Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen ist, ist damit nicht verbunden (für eine Ausnahme von der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG oder vergleichbarer Normen in Sonderfällen auch: Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29, 35: Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115). Der Einwand, das Verfolgen eines Anspruchs verstoße gegen Treu und Glauben, kann als allgemeines, in der Rechtsordnung anerkanntes Prinzip Geltung im Verhältnis auch zu Verfassungsrechtsätzen wie der Bindung an Recht und Gesetz und dem Gesetzesvorbehalt beanspruchen. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs hat nämlich selbst eine Grundlage in der materialen Rechtsstaatlichkeit (vgl. Pitschas, a.a.O., m.w.N.). Die Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG wird folglich nicht dadurch infrage gestellt, dass der Bürger öffentlich-rechtliche Ansprüche mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht geltend machen kann (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, a.a.O.).
85 
Die Grundsätze von Treu und Glauben können in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht dazu führen, dass jeder Verstoß eines Betroffenen, der dem Grunde nach einen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat, gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten dem Löschungsanspruch hindernd entgegengehalten werden kann. Voraussetzung ist vielmehr ein offenkundiger und schwerwiegender Verstoß gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten (ähnlich in anderen Zusammenhängen: BVerwG, Urt. v. 08.02.1974 - VII C 35.73 - DÖV 1975, 137, juris Rn. 16 m.w.N.; Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE133, 85, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R - juris Rn. 37; BayVGH, Urt. v. 25.02.1977 - 6 X 77 - juris Rn. 26). Andernfalls könnte die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben dazu führen, dass eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Nutzung personenbezogener Daten zulässig würde. Dies wäre mit der Bedeutung des Gesetzesvorbehalts, der im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten wurzelt, unvereinbar. Der Gesetzesvorbehalt hat eine elementare freiheitssichernde Funktion. Indem er für jeden staatlichen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheit eine gesetzliche Grundlage fordert, gewährleistet er, dass die Freiheitseinschränkung auf den Willen des Souveräns zurückzuführen ist und der betroffene Bürger vorab erkennen kann, welche Freiheitseinschränkungen er zu erwarten hat. Im Datenschutzrecht kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Der Ausgleich zwischen den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Gesetzesvorbehalt, die im Ansatz gleichrangig nebeneinander stehen, ist daher in dem Sinne vorzunehmen, dass nur schwerwiegende und offensichtliche Verstöße gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten des Betroffenen dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG mit Erfolg entgegengehalten werden können.
86 
(2) Die Voraussetzungen eines offenkundigen und schwerwiegenden Verstoßes gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten liegen hier nicht vor. Zwar hat der Kläger möglicherweise gegen seine Pflicht zur Führung vollständiger Akten verstoßen (a). Ein solcher Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz der Aktenvollständigkeit stünde in dem für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung notwendigen Zusammenhang zum Löschungsanspruch. Denn beide Aspekte betreffen denselben Gegenstand (dieselben Dateien) und stehen auch inhaltlich in einem Zusammenhang, da es jeweils auch um die Frage geht, welche Dateien für die Aufgaben der Beklagten erforderlich sind. Ein solcher Verstoß wäre jedoch nicht offensichtlich und schwerwiegend (b).
87 
(a) Auch für Regierungshandeln besteht im Grundsatz eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten, die jedoch durch den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung begrenzt ist:
88 
(aa) Eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung zur Führung vollständiger Akten in Behörden einschließlich Ministerien fehlt. Die im Staatsministerium geltende AnO Schriftgut vom 22.12.2005 ist lediglich ein Erlass. Aus ihr lässt sich eine Pflicht, Dokumente zur Akte zu nehmen und eine vollständige Akte zu führen, nur mittelbar entnehmen: Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen (Nr. 1.2). Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen (Nr. 2). Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert (Nr. 3.1). Eine klare Bestimmung zur Führung vollständiger Akten fehlt jedoch in der AnO Schriftgut.
89 
Für E-Mails enthält die AnO Schriftgut keine ausdrückliche Regelung. Nach der Praxis im Staatsministerium entschied jeder Nutzer des Postfachs selbst, welche E-Mails er ausdruckt und den Akten beigefügt oder löscht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der in der von dem Beklagten vorgelegten Akte vorhandene Leitfaden für die Schriftgutverwaltung im Innenministerium vom März 2010. Er enthält u.a. die Regelung - auf die sich der Kläger zu Unrecht beruft -, dass E-Mails, die keine Entscheidungen enthalten, vernichtet werden, es sei denn, der Bearbeiter ordnet die Aufbewahrung an. Dieser Leitfaden des Innenministeriums galt im Staatsministerium nicht.
90 
Eine Pflicht, die erforderlichen Unterlagen zur Akte zu nehmen und die Akte vollständig zu führen, folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, wie sie die Rechtsprechung seit langem anerkennt: Der Grundsatz der Aktenvollständigkeit ist für die vollziehende Gewalt nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche ausdrückliche Regelung ist jedoch auch nicht erforderlich. Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält. Dies macht die Führung von Akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte. Das Prinzip der Aktenvollständigkeit folgt aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1983 - 2 BVR 244, 310/83 - NJW 1983, 2135; BVerwG, Beschl. v. 16.03.1988 - 1 B 153.87 - NJW 1988, 621 <622>; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 22.12.2000 - 2 L 38/99 - juris Rn. 55 f., m.w.N.; ebenso Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 29 Rn. 16).
91 
(bb) Für Handeln von Regierungen gelten diese für Verwaltungshandeln von Behörden entwickelten Grundsätze im Ansatz ebenso. Dies folgt zum einen daraus, dass auch ein Handeln der Regierung, vor allem außerhalb von Gesetzgebungsverfahren Verwaltungstätigkeit sein kann (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 20.12.2011 - 159/10 - juris Rn. 28). Im Hinblick auf eigentliches Regierungshandeln ergibt sich das zum anderen aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Zwar besteht ein nicht ausforschbarer Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der auch der Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, Grenzen setzt. Jedoch gebietet der Gewaltenteilungsgrundsatz - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auf das Land Baden-Württemberg übertragbar ist - eine Auslegung der Verfassung dahin, dass parlamentarische Kontrolle wirksam ausgeübt werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn die dazu nötigen Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dem Parlament auch nach Abschluss der jeweiligen Vorgänge grundsätzlich verschlossen blieben. Die Entscheidungen der Regierung unterlägen dem parlamentarischen Kontrollrecht dann nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Eine solche grundsätzliche Begrenzung der parlamentarischen Kontrolle wäre mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz unvereinbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 123 ff., 141, m.w.N.). Folglich müssen insoweit auch Pflichten zur vollständigen Aktenführung bestehen, da andernfalls die parlamentarische Kontrolle leerliefe.
92 
Dies gilt jedoch nicht für den geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt.Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht.Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83 u.a. - BVerfGE 67, 100, juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 - BVerfGE 77, 1, juris Rn. 140; Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
93 
In Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden parlamentarische Informationsrechte nicht grundsätzlich immer schon dann aus, wenn es sich um Informationen aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.Auch dem nachträglichen parlamentarischen Zugriff auf Informationen aus der Phase der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen setzt der Gewaltenteilungsgrundsatz Grenzen. Bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung geheimzuhaltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen nicht verpflichtet ist. Ein - sei es auch erst nach Abschluss des jeweiligen Entscheidungsprozesses einsetzender - schrankenloser parlamentarischer Informationsanspruch würde vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die das Gewaltenteilungsprinzip ihr zuweist.
94 
Der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet allerdings gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass - wie bereits dargelegt - parlamentarische Kontrolle wirksam sein kann. Die Entscheidungen der Regierung unterliegen daher dem parlamentarischen Kontrollrecht nicht nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Weitere Hintergründe könnten sonst nach Belieben unzugänglich gehalten werden, auch solche, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung politisch nicht beurteilt und die politische Verantwortung für Fehler, die gerade das Zustandekommen dieser Entscheidungen betreffen, nicht aufgeklärt werden kann.Parlamentarische Informationsrechte in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden danach nicht grundsätzlich immer dann aus, wenn es sich um Akten aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Ob zu erwarten ist, dass die Herausgabe solcher Informationen die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen. Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, sind umso schutzwürdiger, je näher sie der gouvernamentalen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Je weiter ein parlamentarisches Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss das parlamentarische Informationsbegehren sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einer parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht. Die Frage, ob die Vorlage von Akten aus dem Bereich der Vorbereitung abgeschlossener Regierungsentscheidungen, aus denen Aufschluss über die Willensbildung der Regierung und ihrer Mitglieder gewonnen werden kann, die Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, kann demnach nicht pauschal verneint werden. Ebensowenig ist sie aber pauschal zu bejahen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 123 ff., 141, m.w.N.)
95 
Dabei geht es - zumindest vor allem - um den Schutz der Willensbildung innerhalb der Regierung als Verfassungsorgan. Das Bundesverfassungsgericht hat daher die Ermittlung einer etwaigen Einflussnahme Dritter auf Mitglieder der Bundesregierung in einem zurückliegenden Zeitraum als einen Vorgang angesehen, der den nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung nicht berührte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987, a.a.O., juris Rn. 140). Auch die Vorlage von Akten, die nicht die Beratungen der Regierung als Kollegium, sondern deren Vorbereitung innerhalb der Ressorts und zwischen den Ressorts betreffen, berührt die Eigenverantwortung der Regierung nicht. Zu prüfen ist insoweit jedoch, ob die schützenswerte Freiheit und Offenheit des der Regierungsentscheidung über den Haushaltsentwurf vorgelagerten interministeriellen Abstimmungsprozesses durch die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen aus diesem Abstimmungsprozess beeinträchtigt wird; dies könnte anzunehmen sein, wenn die dadurch ausgelöste Befürchtung eventueller späterer Publizität geeignet wäre, eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten zu hemmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., juris Rn. 65 f.). Daher kann auch Kommunikation von Regierungsmitgliedern mit externen Beratern, die der Vorbereitung von Regierungshandeln dient, schützenswert sein. Solche Überlegungen mit externen Beratern können insbesondere Fragen der politischen Opportunität betreffen. Unbeeinträchtigte Kommunikation hierüber zu ermöglichen, kann wesentlich sein, um eine Regierungsentscheidung möglichst sachgerecht und ohne die einengende Befürchtung, dass Vorüberlegungen nachträglich einer Kontrolle unterliegen, vorbereiten zu können (ebenso StGH, Urt. v. 26.07.2007, a.a.O., Rn. 114 ff. zu Verhandlungen der Regierung mit einem privaten Dritten).
96 
(cc) Der danach für die Regierung mit Ausnahme des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bestehenden Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, steht die nach der Verwaltungspraxis des Staatsministeriums bestehende Befugnis, selbst zu entscheiden, welche E-Mails zur Akte genommen oder gelöscht werden, nicht entgegen. Eine solche Befugnis kann - gerade für einen Ministerpräsidenten, dem die Staatsleitung obliegt (vgl. zum Amtseid Art. 48 LV) - kein freies, sondern allenfalls ein pflichtgemäßes Ermessen begründen, das nur im Rahmen der dargestellten allgemeinen Grundsätze ausgeübt werden kann.
97 
(b) An einem offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen die Pflicht, vollständige Akten zu führen, fehlt es jedoch.
98 
Dies folgt bereits daraus, dass eine klare und eindeutige Regelung dieser Pflicht nicht bestand. Die AnO Schriftgut normiert eine solche Pflicht nicht ausdrücklich. Vielmehr bestand im Staatsministerium die Praxis, dass jeder Mitarbeiter selbst entscheiden durfte, welche E-Mails er zur Akte nimmt. Zwar kann daraus nur - wie dargelegt - ein pflichtgemäßes, kein freies Ermessen folgen, da sich eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten aus allgemeinen Grundsätzen ergibt. Jedoch sind diese Grundsätze, auch wenn sie im Hinblick auf Verwaltungshandeln für die pflichtigen Mitarbeiter allgemein bekannt sein sollten, nur ungeschriebene Prinzipien. Zudem sind sie, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung bisher - wenngleich ihre grundsätzliche Geltung für Regierungshandeln aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung folgt - nur auf die Verwaltungstätigkeit angewandt worden.
99 
Zudem war es, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob alle streitgegenständlichen Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen, zum damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsam, davon auszugehen, dass die Vorbereitung des zwischen den Beteiligten streitigen Erwerbs von Anteilen an der EnBW AG durch das Land Baden-Württemberg dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen kann. Die gespeicherten E-Mails stammen jedenfalls aus dem Zeitraum vor dem 18.11.2010 und betreffen daher den Zeitraum der Vorbereitung des Ankaufs, der grundsätzlich geeignet ist, in diesen geschützten Bereich zu gehören. Für die von dem Beklagten vorgelegten, nicht bei den Sachakten sich befindenden E-Mails war es damals nicht unvertretbar anzunehmen, diese würden als Informationen über die Vorbereitung und öffentlichkeitswirksame Darstellung des Anteilserwerbs dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen.
100 
bb) Dem Löschungsanspruch des Klägers aus § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen Pflichten aus Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Organtreue begründet keine nachwirkenden Pflichten.
101 
Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue haben oberste Staatsorgane bei der Ausübung ihrer Kompetenzen von Verfassungs wegen aufeinander Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1, 2/60 - BVerfGE 12, 205 <254>; Beschl. v. 04.06.1973 - 2 BvG 1/73 - BVerfGE 35, 193 <199>; Urt. v. 25.05.1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <39>; Urt. v. 12.07.1994 - 2 BvE 3/92 u.a. - BVerfGE 90, 286, juris Rn. 203; StGH, Urt. v. 21.10.2002 - 11/02 - ESVGH 53, 15, juris Rn. 84; Urt. v. 11.10.2007 - GR 1/07 - juris Rn. 58). Dieser Grundsatz vermag für sich genommen jedoch keine Rechte zu begründen. Vielmehr bedarf er, um seine Wirkung entfalten zu können, eines bereits bestehenden Verfassungsrechtsverhältnisses. Er ist insoweit akzessorischer Natur und kann ein vorhandenes Verfassungsrechtsverhältnis ausgestalten, aber nicht neu begründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.09.2013 - 2 BvE 6/08 u.a. - NVwZ 2013, 1468, juris Rn. 183, unter Bezugnahme auf die Grundsätze zum bundesfreundlichen Verhalten, vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 05.02.2001 - 2 BvG 1/00 - BVerfGE 104, 238 <248>).
102 
Voraussetzung für die Berufung auf den Grundsatz der Organtreue ist daher, dass dem Verfassungsorgan aktuell verfassungsrechtliche Zuständigkeiten zustehen. Die verfassungsrechtlich gebotene Organtreue kann nur solange eingefordert werden, wie das Verfassungsorgan selbst durch die Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet sei (vgl. HambVerfG, Urt. v. 27.04.2007 - 3/06 - juris Rn. 89). Nachwirkende Pflichten einer Person, die - wie der Kläger - Verfassungsorgan war, aber nicht mehr ist, bestehen daher nicht.
103 
II. Anschlussberufung des Klägers
104 
Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
105 
1. Die Anschlussberufung ist nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Anschlussberufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Begründung in Anschlussschrift, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 i.V.m. 124 a Abs. 3 Sätze 2, 4 und 5 VwGO).
106 
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen unbedingten Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien. Vielmehr ist sein Löschungsanspruch durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv beschränkt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen der Anschlussberufung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
107 
Unzutreffend ist der Kläger der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Daten als privat einzustufen seien und daher nur mit seinem Einvernehmen nach § 2 Abs. 3 LArchG angeboten werden dürften. Unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass § 2 Abs. 3 LArchG Daten aus privater Hand meint. Darum handelt es sich hier gerade nicht.
108 
Ohne Erfolg muss auch das Vorbringen bleiben, es handele sich bei den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht um Daten, die i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten als Stelle im Sinne von § 2 Abs. 1 LArchG gedient hätten, da sie lediglich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden seien. Für die behauptete Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut überhaupt dem Landesarchiv anzubieten sind, ist nichts ersichtlich. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG knüpft lediglich daran an, dass Unterlagen bei Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes entstanden sind und dort vorhanden sind und von diesen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden. Nach der eindeutigen Regelung des § 23 Abs. 3 LDSG sind auch Daten, deren Speicherung unzulässig war - z.B. da von vornherein keine Erforderlichkeit für die Speicherung gegeben war - dem Landesarchiv anzubieten. Der datenschutzrechtliche Erforderlichkeitsgrundsatz ist für die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv unerheblich.
109 
Unbegründet macht der Kläger geltend, aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG folge, dass der Löschungsanspruch des Betroffenen erst dann ausgeschlossen sei, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die weitere Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG regelt, dass Löschungsansprüche bei Archivgut ausgeschlossen sind. Für einen Umkehrschluss, dass vor Anbieten gegenüber dem Landesarchiv sich Löschungsansprüche gegenüber dem Archivrecht durchsetzten, fehlen Gründe.
110 
Schließlich ist auch keine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers gegeben. Die schlichte Behauptung, § 23 Abs. 3 LDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, ist nicht nachzuvollziehen. Warum den vom Kläger angesprochenen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt sein soll, erschließt sich nicht. Die sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Rechtsfolgen sind klar und eindeutig. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, bestehen zudem zahlreiche Schutzvorkehrungen zugunsten der etwaig in ihren Grundrechten Betroffenen.
111 
Erfolglos bleibt schließlich der Einwand des Klägers, nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts müssten alle bei der Landesverwaltung anfallenden E-Mails dem Landesarchiv angeboten werden und dies könne nicht richtig sein. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG sieht für die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes eine unbeschränkte Anbietungspflicht für alle Unterlagen vor. Unterlagen in diesem Sinne sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG insbesondere Schriftstücke, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme; dazu gehören mithin auch E-Mails. Eine § 2 Abs. 6 BArchG vergleichbare Norm - nach der Unterlagen, die nach Auffassung der anbietungspflichtigen Stellen und des zuständigen Archivs von offensichtlich geringer Bedeutung sind, nicht angeboten werden müssen - gibt es in Baden-Württemberg nicht. Einschränkungen können allerdings gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 LArchG gerade im Hinblick auf maschinenlesbare Informationen zwischen dem Landesarchiv und der anbietenden Stelle getroffen werden.
112 
III. Nebenentscheidungen
113 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei einem Anschlussrechtsmittel ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1980 - 1 B 802.90 - juris) diese einheitlich zu treffen (vgl. BFH, Beschl. v. 17.12.2002 - I R 87/00 - juris; OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u.a. - juris Rn. 158, m.w.N.).
114 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Das Landesdatenschutzgesetz und das Landesarchivgesetz sind Landesrecht. Ebenso haben der Einwand des Rechtsmissbrauchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 13, 14 und Urt. v. 14.08.1982 - 8 C 19.90 - BVerwGE 90, 310, juris Rn. 16) und die Grundsätze der Organtreue ihre Grundlage im Landesrecht.
115 
Beschluss vom 30. Juli 2014
116 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
5.000.—EUR
festgesetzt. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel sind, soweit sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG). Das gilt auch für den Fall eines unselbständigen Anschlussrechtsmittels (vgl. BGH -GrS-, Beschl. v. 05.10.1978 - GSZ 1/78 - BGHZ 72, 339; BayVGH, Urt. v. 22.07.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 50). Da die Rechtsmittel denselben Gegenstand betreffen, ist der Auffangwert von 5.000.-- EUR nur einmal festzusetzen (vgl. OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010, a.a.O., Rn. 160; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 07.09.2010 - 1 M 210/09 - juris Rn. 57).
117 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
39 
Sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, aber unbegründet.
40 
I. Berufung des Beklagten
41 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Einreichung beim VGH, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 VwGO).
42 
2. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn der Kläger hat einen - durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv modifizierten (s. dazu unter II.) - Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (a). Einem solchen Löschungsanspruch stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (b) entgegen.
43 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
44 
aa) Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten, und sind daher - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat und die Beteiligten auch nicht in Frage stellen - personenbezogene Daten.
45 
bb) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
46 
cc) Die streitgegenständlichen Dateien sind für das Staatsministerium nicht mehr i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG zur Aufgabenerfüllung erforderlich.
47 
(1) Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist. Diese Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung folgt aus Wortlaut, Willen des Gesetzgebers, Sinn und Zweck der Vorschrift sowie den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Danach besteht zwischen dem Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG und der Regelung über Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten nach § 15 LDSG ein unmittelbarer Zusammenhang.
48 
Der Wortlaut von § 15 LDSG und § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG spricht zunächst nicht für diesen unmittelbaren Zusammenhang. Denn § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG macht den Löschungsanspruch davon abhängig, dass die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist, während nach 15 Abs. 1 LDSG die Zulässigkeit der Speicherung nicht nur die Erforderlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle voraussetzt, sondern auch dass die Speicherung für die Zwecke, für die die Daten erhoben worden sind, erfolgt. Den Gesichtspunkt der Zweckbindung spricht der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hingegen gar nicht an.
49 
Dem entspricht es, wenn in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu den insoweit gleich lautenden Normen der § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG, § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X die Erforderlichkeit verneint wird, wenn die Daten keine praktische Bedeutung mehr haben und deshalb ausgeschlossen werden könne, dass sie die Arbeit der zuständigen Behörde noch fördern könnten (vgl. Mallmann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 20 Rn. 42; Mester, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 20 Rn. 18; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 11; Brink, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 35 Rn. 39; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 84 Rn. 7; ähnlich Wedde, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, Kap. 4.4. Rn. 64, und ders., in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 20 Rn. 12, auf die „Aufgabe“ abstellend, zu deren Erfüllung die Daten gespeichert wurden; unklar Worms, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 20 BDSG Rn. 39; ähnlich auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164.92 - juris Rn. 3 m.w.N., zur Speicherung von Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach dem bad.-württ. Polizeigesetz; Beschl. v. 18.03.1994 - 11 B 76.93 - NJW 1994, 2499, zum Eintrag in der Führerscheinkartei). Nach dieser Auffassung dürfte die Erforderlichkeit noch gegeben sein - und bestünde folglich kein Löschungsanspruch des Betroffenen -, wenn der Zweck, zu dem die Daten gespeichert worden sind, inzwischen zwar erfüllt ist, die Daten jedoch allgemein für die Aufgaben der Behörde, mithin für andere Zwecke, als sie der Speicherung zugrunde lagen, noch von Bedeutung sein könnten.
50 
Gegen eine solche Auslegung der Norm spricht jedoch die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BDSG, denen auch im Wortlaut § 23 Abs. 1 Nr. 2 und § 15 Abs. 1 LDSG nachgebildet sind. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977 (Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 27.01.1977, BGBl. I, 201) bestimmte in § 9 Abs. 1:
51 
"Das Speichern oder Verändern personenbezogener Daten ist zulässig, wenn es zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.“
52 
Zur Sperrung und Löschung von Daten bestimmte § 14 BDSG 1977 unter anderem:
53 
„(2) Personenbezogene Daten sind zu sperren, wenn ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt. Sie sind ferner zu sperren, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist…
54 
(3) Personenbezogene Daten können gelöscht werden, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Sie sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder wenn es in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 der Betroffene verlangt.“
55 
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz 1977 war mithin sowohl für die Zulässigkeit von Datenspeicherung und -veränderung nach § 9 Abs. 1 als auch für den Löschungsanspruch nach § 14 Abs. 3 Satz 2 maßgebliches Kriterium die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle. Das Tatbestandsmerkmal der Zweckbindung bestand nicht.
56 
Der heutige Wortlaut von § 20 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 BDSG geht zurück auf die Novelle von 1990 (Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20.12.1990, BGBl. I, 2954). Mit diesem Gesetz reagierte der Gesetzgeber auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Es sei nötig geworden, aufgrund des Volkszählungsurteils dem Grundsatz der Zweckbindung durchgehend Geltung zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 36). Wesentlicher Inhalt der Neufassung sei:
57 
„a) Verstärkung der Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, enumerative Aufzählung der Ausnahmen,
58 
b) Verstärkung der Rechte des Betroffenen sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, insbesondere durch

- Löschungsrechte
…“
59 
(vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 37)
60 
Die Entstehungsgeschichte spricht mithin gerade nicht dafür, den Umfang der Zweckbindung bei der Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung einerseits und den Löschungsanspruch andererseits unterschiedlich zu bestimmen. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt nicht, dass ein Löschungsanspruch erst bestehen soll, wenn unabhängig von der Zweckbindung die Nutzung der gespeicherten Daten ganz allgemein für die Aufgabenerfüllung der Behörde nicht mehr erforderlich ist. Vielmehr wollte der Gesetzgeber im Gegenteil die Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten verstärken, ebenso die subjektiven Rechte des Betroffenen. Die Entstehungsgeschichte spricht mithin dafür, einen Zusammenhang zwischen Löschungsanspruch und Zweckbindungsgrundsatz zu bejahen.
61 
Zweck des Löschungsanspruchs nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG ist, die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Zweckbindung der erhobenen Daten durchzusetzen. Dies folgt nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist - wenn nicht der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LDSG) - nur zulässig, wenn das Landesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LDSG). Dies folgt notwendig daraus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist und ein solcher Eingriff einer bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Für den Bereich der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ist § 15 LDSG die gesetzliche Grundlage, die den Umfang der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 4 Abs. 1 LDSG regelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 15 LDSG nicht mehr zulässig, liegt ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, so dass - da das Grundrecht ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gibt - ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG gegeben sein muss. Wenn jedoch die Verarbeitung personenbezogener Daten weiterhin auf § 15 LDSG gestützt werden kann, ist eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff vorhanden; ein Löschungsanspruch besteht dann nicht. Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach § 15 LDSG korrespondieren mithin.
62 
(2) Nach diesem Maßstab ist die Kenntnis der streitgegenständlichen Daten im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich. Denn die Kenntnis ist nicht notwendig zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor; diese sind nicht anwendbar (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106, 115; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56; Dehoust, in: Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, SächsDSG, 2011, § 13 Rn. 37).
63 
(a) Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält, wie bereits der Wortlaut zeigt, ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Es besteht eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, a.a.O., 31 Rn. 1; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 22; Bieresborn, a.a.O., § 67c Rn. 13; Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB I, V, X, 2012, § 67c SGB X Rn. 13; Steinmeyer, in: Wannagat/Eichenhofer, SGB, § 67c SGB X Rn. 14 <83. Lfg.>). Durch den strikten Zweckbindungsgrundsatz soll verhindert werden, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden (vgl. Heckmann, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 14 Rn. 108; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, „…dass Daten, die nur den genannten Zwecken dienen, keiner anderen Verwendung zugeführt werden“ (so zur Parallelnorm des § 14 Abs. 4 die Beschlussempfehlung des BT-Innenausschusses zur Datenschutznovelle 1990, vgl. BT-Drucks. 11/7235, S. 88).
64 
Das strikte Zweckbindungsgebot des § 15 Abs. 4 LDSG gilt nur dann, wenn personenbezogene Daten ausschließlich zu den im Gesetz genannten Zwecken gespeichert werden (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 111; Buchner, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27, § 31 Rn. 5). Ob eine solche ausschließliche Zwecksetzung verfolgt wird, bestimmt die Daten verarbeitende Stelle im Rahmen der Festlegung des Zweckes (vgl. Buchner, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5). Ausschlaggebend ist mithin der von der verantwortlichen Stelle festgelegte Zweck (vgl. OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 02.03.2011 - OVG 60 PV 10.10 - juris Rn. 30, zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BlnDSG i.V.m. § 31 BDSG; Beschl. v. 14.03.2013 - OVG 62 PV 13.12 - juris Rn. 45 zu § 31 BDSG; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37). Die Festlegung des Verwendungszwecks durch die verantwortliche Stelle führt zu deren Selbstbindung (vgl. Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 24; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39; je zu § 14 Abs. 1 BDSG). Die Zweckbindung haftet der Datenverarbeitung bis zur Zweckerfüllung an (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 10, zu § 14 Abs. 1 BDSG).
65 
Diese Festlegung der Zweckbindung muss im Voraus erfolgen. Wurde sie unterlassen, so ist der objektive Verwendungszweck maßgeblich, der sich nach dem erkennbar verfolgten Ziel bestimmt (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110). Die öffentliche Stelle ist jedoch nicht frei in ihrer Festlegung des Zwecks. Sie hat es nicht in der Hand, durch eine allzu weite und unverbindliche Definition die Zweckbindung leerlaufen zu lassen; die Festlegung des Zwecks muss datenschutzrechtlich zulässig sein (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113, zu § 14 Abs. 4 BDSG; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37, 22, zu § 13 Abs. 4 SächsDSG).
66 
Sollen diese Daten für einen weiteren Zweck genutzt werden, bedarf es hierfür einer eigenständigen Legitimation durch eine Rechtsvorschrift (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30) Eine nachträgliche Änderung der Zweckbindung ohne spezielle gesetzliche Grundlage hierfür ist ausgeschlossen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 31 ff.).
67 
Die Vermeidung von Datenverlusten, Datenmanipulationen und unbefugtem Datenzugang sowie die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung von Datenbeständen gehören zum Zweck der Datensicherung sowie zum Zweck der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109, zur Datensicherung; Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 59, zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 1a: klare Trennung dieser Zwecke nicht möglich). Die Wiedergewinnung des gesicherten und verloren gegangenen Datenbestsands gehört daher grundsätzlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 112, 114; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 24).
68 
Zu Unrecht bringt der Beklagte vor, mit einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 4 LDSG sei eine zu enge Zweckbindung verbunden, die unabweisbare Bedürfnisse der Allgemeinheit, insbesondere im Hinblick auf Belange der Strafrechtspflege bei der Verfolgung von Straftaten unzulässig hintanstelle. Zwar wird in der rechtwissenschaftlichen Literatur vertreten, dass strafrechtliche Zugriffsnormen, auch über § 1 Abs. 3 BDSG bzw. § 2 Abs. 5 LDSG die strikte Zweckbindung des § 14 Abs. 4 BDSG bzw. § 15 Abs. 4 LDSG nicht überwinden könnten (so Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 62; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115 ; a.A. wohl Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29). Anderes gelte nur für die Verfolgung von Datenschutzdelikten; sie bewege sich im Rahmen des § 14 Abs. 4 BDSG (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4). Dies trifft jedoch nach Auffassung des Senats - ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre - nicht zu. Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglichen soll. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können; Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, a.a.O., § 1 Rn. 110; BT-Drucks. 7/1027, S. 16). Diesen Anforderungen des § 2 Abs. 5 LDSG an besondere Rechtsvorschriften entsprechen die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren; diese sind die allgemeinen Rechtsgrundlagen für Datenerhebungen durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. Dembowski, in: Roßnagel, a.a.O., Kap. 8.1 Rn. 17 ff.). Insbesondere ist § 161 Abs. 1 StPO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die allgemeine Erhebung personenbezogener Daten im Ermittlungsverfahren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.02.2009 - 2 BvR 1732, 1745/07 - NJW 2009, 1405 <1407>; Meyer-Goßner, stopp, 56. Aufl., § 161 Rn. 2). Die strafprozessualen Beweiserhebungsnormen sind daher besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die sich über die Zwecksetzung des § 15 Abs. 4 LDSG hinwegsetzen können. Die Zulässigkeit der Erhebung und Beschlagnahme personenbezogener Daten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren trotz einer bestehenden Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG legt schließlich die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG, dass eine datenschutzrechtliche Zweckänderung für Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist, nahe.
69 
(b) Nach diesem Maßstab wäre mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien eine mit § 15 Abs. 4 LDSG unvereinbare Zweckänderung verbunden. Der ursprünglich mit der Erstellung der Sicherungskopien verbundene konkrete Zweck kann jetzt nicht mehr erreicht werden (aa). Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien (bb). Ein allgemeiner, vom ursprünglich verfolgten Zweck unabhängiger Zweck der Datensicherung könnte zudem mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht zulässig verfolgt werden; denn der Zweck, zu dem die Originaldateien gespeichert wurden, ist weggefallen (cc).
70 
(aa) Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war maßgeblicher Zweck der Datensicherungen, eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können. Damit hat der Beklagte Zwecke der Datensicherung und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage i.S.d. § 15 Abs. 4 LDSG verfolgt.
71 
Diese Zwecke - eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Art zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können - hat der Beklagte selbst im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.01.2013 an das Verwaltungsgericht als diejenigen angegeben, zu denen die streitgegenständlichen Dateien erstellt wurden. An diese ursprünglich verfolgten Zwecke ist der Beklagte aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung gebunden. Diese Zwecke können bei Wiedergewinnung der in der Sicherungskopie enthaltenen Daten nun nicht mehr erreicht werden. Die Verfolgung anderer Zwecke schließt § 15 Abs. 4 LDSG aus.
72 
Auf einen allgemeinen, über den konkreten Anlass der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien hinausgehenden allgemeinen Sicherungszweck kann sich der Beklagte hier nicht berufen. Zwar kann der datenschutzrechtlich relevante Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG über den konkreten Anlass der Speicherung hinausgehen. Einen solchen allgemeinen Sicherungszweck verfolgte der Beklagte bei der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien jedoch nicht:
73 
Die Bestimmung des maßgeblichen Zwecks einer Maßnahme nach § 15 Abs. 4 LDSG folgt im Kern denselben Grundsätzen wie die Bestimmung des Zwecks einer Datenspeicherung und -erhebung nach § 15 Abs. 1 LDSG. Maßgeblich ist dabei - wie Dammann zutreffend ausführt - der materielle Gehalt des Zweckbindungsgrundsatzes. Er resultiert daraus, dass jede Ermächtigung einer öffentlichen Stelle, personenbezogene Daten zu erheben und zu speichern, nur im Hinblick auf bestimmte Zwecke ergeht und daher auch eine Verwendung der Daten grundsätzlich nur im Rahmen dieser Zwecke legitimiert. Daher ist bei der Frage, wie der jeweilige Zweck zu fassen ist, bei der jeweiligen rechtlichen Legitimationsgrundlage für das Erheben bzw. Speichern anzuknüpfen. Maßgeblich ist entweder die gesetzliche Grundlage oder die vom Betroffenen im Sinne einer informationellen Selbstbestimmung getroffene Verfügung. Dies entspricht dem Inhalt der Aufklärungspflicht nach § 4 Abs. 3 BGSG. Liegt der Erhebung und Speicherung keine aufgabenspezifische Rechtsvorschrift zu Grunde oder bietet diese keine geeigneten Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und hat auch der Betroffene keine einschränkende Verfügung getroffen, so kommt es auf den tatsächlich verfolgten Handlungszweck an. Dieser kann und wird häufig weiter sein als der konkrete Anlass der Speicherung (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39 ff., zu § 14 Abs. 1 BDSG).
74 
An einer Festlegung eines konkreten Zwecks hinsichtlich der streitgegenständlichen Dateien durch eine Rechtsvorschrift oder eine Verfügung des Betroffenen - hier des Klägers - fehlt es. Daher kommt es auf den tatsächlich verfolgten Zweck an. Dieser bestand nicht in der Herstellung von Sicherungskopien der Outlookdateien des Klägers für jeglichen Fall des Datenverlusts. Denn längerfristige allgemeine Sicherungsspeicherungen von Outlook-Postfachinhalten wurden - abgesehen von der begrenzten Speicherung gelöschter Mails für sieben Tage auf dem Server des Staatsministeriums und für 30 Tage im Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach - im Staatsministerium nicht vorgenommen. Nach der geübten Praxis im Staatsministerium entschied allein der Nutzer des Outlook-Postfachs, welche E-Mails er ausdruckte und den Akten beifügte und welche er löschte. Eine Speicherung von Postfachinhalten für allgemeine Zwecke war auch hier nicht beabsichtigt. Die streitgegenständlichen Dateien wurden vielmehr für den beschriebenen begrenzten Zweck - Behebung von Problemen im Outlook-Kalender des Klägers - hergestellt, zu dem sie nun nicht mehr verwendet werden können.
75 
(bb) Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG gelte nur für zusätzliche, bei der Datenschutzkontrolle etc., aus technischen Gründen anfallende Dateien wie Protokolle von Datenabrufen oder personenbezogene Daten der Mitarbeiter in der IT-Abteilung. Für die Zwecke der Datenschutzkontrolle und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage wird dies in der Literatur in der Tat angenommen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 110). Für im Rahmen der Datensicherung hergestellte Kopien kann dies jedenfalls nicht gelten (so wohl auch Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109). Eine Einschränkung des Schutzzwecks des § 15 Abs. 4 LDSG lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Für Datenkopien ist der Schutzzweck auch einschlägig. Denn es entspricht gerade dem Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG, dass zusätzlich angelegte Datenbestände nicht als allgemeine Informationsgrundlage dienen sollen. Hierunter fallen gerade nach Jahren immer noch vorhandene, vom ursprünglichen Speicherzweck losgelöste Kopien von Dateien
76 
(cc) Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass aus nach § 15 Abs. 4 LDSG hergestellten Sicherungskopien bei jeglichem Datenverlust die Originaldateien wiederhergestellt werden dürften, wäre eine solche Wiederherstellung hier unzulässig. Denn eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann (Zweckerreichung). Das folgt aus dem strengen Zweckbindungsgrundsatz des § 15 Abs. 4 LDSG. Dieser soll verhindern, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden. Damit wäre es unvereinbar, wenn gemäß § 15 Abs. 4 LDSG erstellte Sicherungskopien von der speichernden Stelle noch genutzt werden dürften, obwohl der Speicherungszweck der Originaldateien bereits entfallen ist. So liegt der Fall hier:
77 
Bei der Bestimmung des Zwecks der ursprünglichen Datenspeicherung nach § 15 Abs. 1 LDSG ist, wie dargelegt, auf die rechtliche Legitimationsgrundlage für die Datenspeicherung abzustellen. Eine Rechtsvorschrift, die die Speicherung von E-Mails von Landesbediensteten datenschutzrechtlich gestattet, existiert nicht. Eine gesonderte Regelung des E-Mail-Verkehrs im Staatsministerium erfolgte nicht, eine datenschutzrechtlich relevante Selbstverpflichtung des Klägers zum E-Mail-Verkehr fehlt daher. Da die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zugeordnet waren und der Nutzer des Postfachs selbst über die Verwendung der Postfachinhalte entscheiden durfte, diente die Speicherung von Postfachinhalten den persönlichen Belangen des Postfachinhabers. Dieser Zweck besteht, nachdem der Kläger seinen E-Mail-Account im Staatsministerium nicht mehr nutzt, nicht mehr. Andere datenschutzrechtlich i.S.v. § 15 Abs. 1 LDSG relevante Zwecke bestanden nicht. Selbst die Anlegung von Protokolldateien über die Internetnutzung diente nach den Sicherheitshinweisen im Antragsformular des Klägers auf Internetzugang vom 11.02.2010 Zwecken der Sicherheit der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums vor unerlaubten Zugriffen oder Angriffen von außen, nicht Datensicherungszwecken im allgemeinen. Der ursprünglich verfolgte Zweck der Speicherung der Originaldateien kann nicht mehr erreicht werden, diese dürfen daher nicht aus der Sicherungskopie wiederhergestellt werden.
78 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beklagten, nach der AnO Schriftgut und allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie folgenden Grundsätzen seien E-Mails aufgrund des Grundsatzes der Aktenvollständigkeit zu den Akten zu nehmen. Dass aus diesen Gründen E-Mails gespeichert werden, ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Grundlage noch aus einer datenschutzrechtlichen Einwilligung des Klägers. Ein datenschutzrechtlich relevanter Speicherzweck im Sinne des § 15 Abs. 1 LDSG liegt insoweit nicht vor.
79 
dd) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zum Löschungsanspruch des Klägers dargelegt, dass dieser sich nicht zusätzlich auf § 88 TKG berufen kann, dass § 36 LDSG keine Anwendung findet und dass § 23 Abs. 3 LDSG dem Grunde nach dem Löschungsanspruch nicht entgegensteht. Auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die die Beteiligten im Berufungsverfahren nicht angreifen, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
80 
b) Dem Löschungsanspruch des Klägers nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs (aa) noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (bb) entgegen.
81 
aa)Dem datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG kann im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Betroffene seinerseits offenkundig und schwerwiegend gegen eine gegenüber der die Daten speichernden Stelle bestehenden Pflicht oder Obliegenheit verstoßen hat, die im sachlichen Zusammenhang mit den zu löschenden Daten steht (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).
82 
(1) Beim Rechtsmissbrauch handelt es sich um einen besonderen Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben. Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den allgemeinen ungeschriebenen Grundsätzen, die sowohl im Verwaltungsrecht des Bundes als auch im Verwaltungsrecht der Länder existieren und Bürger und Verwaltung binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - BVerwGE 101, 58, juris Rn. 17; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <71>; Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 24.96 - BVerwGE 102, 194 <199>; Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24.02 - BVerwGE 118, 84 <89>; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 62 Rn. 29; Pitschas, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voß-kuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Bd. II., § 42 Rn. 94). Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann daher auch subjektiv-öffentlichen Ansprüchen des Bürgers gegen die öffentliche Hand entgegenstehen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 10, m.w.N.; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - a.a.O.; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162, juris Rn. 31, m.w.N.). Auch verfassungsrechtlich sind missbräuchlich erworbene Rechtspositionen des Bürgers nicht notwendig geschützt (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.05.2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24, juris Rn. 51, zur Rücknahme der erschlichenen Einbürgerung nach § 48 VwVfG; ebenso BVerwG, Urt. v. 03.06.2003 - 1 C 19.02 - BVerwGE 118, 216 <220>; ähnlich zur missbräuchlichen Berufung auf Grundfreiheiten: EuGH, Urt. v. 09.03.1999 - C-212/97 [Centros] - juris Rn. 24 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers schließen Grundrechte des Betroffenen daher nicht von vornherein aus, dass sich die öffentliche Hand ihm gegenüber auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen kann.
83 
Ein Fall der nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung ist die Verletzung eigener Pflichten (vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 46, m.w.N.). Dabei bedarf es eines Zusammenhangs zwischen dem beanspruchten und dem selbst geübten Verhalten, damit der geltend gemachte Rechtsanspruch angesichts des eigenen Verhaltens rechtsmissbräuchlich erscheint (vgl. Roth/Schubert, in: MK-BGB, 6. Aufl., § 242 Rn. 389).
84 
Der Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben steht hier, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 LDSG Fälle der zulässigen Zweckänderung geregelt und insbesondere in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG Belange des Allgemeinwohls bereits berücksichtigt hat. Eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass im Einzelfall ein Rückgriff auf die Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen ist, ist damit nicht verbunden (für eine Ausnahme von der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG oder vergleichbarer Normen in Sonderfällen auch: Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29, 35: Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115). Der Einwand, das Verfolgen eines Anspruchs verstoße gegen Treu und Glauben, kann als allgemeines, in der Rechtsordnung anerkanntes Prinzip Geltung im Verhältnis auch zu Verfassungsrechtsätzen wie der Bindung an Recht und Gesetz und dem Gesetzesvorbehalt beanspruchen. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs hat nämlich selbst eine Grundlage in der materialen Rechtsstaatlichkeit (vgl. Pitschas, a.a.O., m.w.N.). Die Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG wird folglich nicht dadurch infrage gestellt, dass der Bürger öffentlich-rechtliche Ansprüche mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht geltend machen kann (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, a.a.O.).
85 
Die Grundsätze von Treu und Glauben können in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht dazu führen, dass jeder Verstoß eines Betroffenen, der dem Grunde nach einen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat, gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten dem Löschungsanspruch hindernd entgegengehalten werden kann. Voraussetzung ist vielmehr ein offenkundiger und schwerwiegender Verstoß gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten (ähnlich in anderen Zusammenhängen: BVerwG, Urt. v. 08.02.1974 - VII C 35.73 - DÖV 1975, 137, juris Rn. 16 m.w.N.; Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE133, 85, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R - juris Rn. 37; BayVGH, Urt. v. 25.02.1977 - 6 X 77 - juris Rn. 26). Andernfalls könnte die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben dazu führen, dass eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Nutzung personenbezogener Daten zulässig würde. Dies wäre mit der Bedeutung des Gesetzesvorbehalts, der im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten wurzelt, unvereinbar. Der Gesetzesvorbehalt hat eine elementare freiheitssichernde Funktion. Indem er für jeden staatlichen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheit eine gesetzliche Grundlage fordert, gewährleistet er, dass die Freiheitseinschränkung auf den Willen des Souveräns zurückzuführen ist und der betroffene Bürger vorab erkennen kann, welche Freiheitseinschränkungen er zu erwarten hat. Im Datenschutzrecht kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Der Ausgleich zwischen den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Gesetzesvorbehalt, die im Ansatz gleichrangig nebeneinander stehen, ist daher in dem Sinne vorzunehmen, dass nur schwerwiegende und offensichtliche Verstöße gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten des Betroffenen dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG mit Erfolg entgegengehalten werden können.
86 
(2) Die Voraussetzungen eines offenkundigen und schwerwiegenden Verstoßes gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten liegen hier nicht vor. Zwar hat der Kläger möglicherweise gegen seine Pflicht zur Führung vollständiger Akten verstoßen (a). Ein solcher Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz der Aktenvollständigkeit stünde in dem für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung notwendigen Zusammenhang zum Löschungsanspruch. Denn beide Aspekte betreffen denselben Gegenstand (dieselben Dateien) und stehen auch inhaltlich in einem Zusammenhang, da es jeweils auch um die Frage geht, welche Dateien für die Aufgaben der Beklagten erforderlich sind. Ein solcher Verstoß wäre jedoch nicht offensichtlich und schwerwiegend (b).
87 
(a) Auch für Regierungshandeln besteht im Grundsatz eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten, die jedoch durch den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung begrenzt ist:
88 
(aa) Eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung zur Führung vollständiger Akten in Behörden einschließlich Ministerien fehlt. Die im Staatsministerium geltende AnO Schriftgut vom 22.12.2005 ist lediglich ein Erlass. Aus ihr lässt sich eine Pflicht, Dokumente zur Akte zu nehmen und eine vollständige Akte zu führen, nur mittelbar entnehmen: Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen (Nr. 1.2). Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen (Nr. 2). Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert (Nr. 3.1). Eine klare Bestimmung zur Führung vollständiger Akten fehlt jedoch in der AnO Schriftgut.
89 
Für E-Mails enthält die AnO Schriftgut keine ausdrückliche Regelung. Nach der Praxis im Staatsministerium entschied jeder Nutzer des Postfachs selbst, welche E-Mails er ausdruckt und den Akten beigefügt oder löscht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der in der von dem Beklagten vorgelegten Akte vorhandene Leitfaden für die Schriftgutverwaltung im Innenministerium vom März 2010. Er enthält u.a. die Regelung - auf die sich der Kläger zu Unrecht beruft -, dass E-Mails, die keine Entscheidungen enthalten, vernichtet werden, es sei denn, der Bearbeiter ordnet die Aufbewahrung an. Dieser Leitfaden des Innenministeriums galt im Staatsministerium nicht.
90 
Eine Pflicht, die erforderlichen Unterlagen zur Akte zu nehmen und die Akte vollständig zu führen, folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, wie sie die Rechtsprechung seit langem anerkennt: Der Grundsatz der Aktenvollständigkeit ist für die vollziehende Gewalt nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche ausdrückliche Regelung ist jedoch auch nicht erforderlich. Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält. Dies macht die Führung von Akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte. Das Prinzip der Aktenvollständigkeit folgt aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1983 - 2 BVR 244, 310/83 - NJW 1983, 2135; BVerwG, Beschl. v. 16.03.1988 - 1 B 153.87 - NJW 1988, 621 <622>; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 22.12.2000 - 2 L 38/99 - juris Rn. 55 f., m.w.N.; ebenso Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 29 Rn. 16).
91 
(bb) Für Handeln von Regierungen gelten diese für Verwaltungshandeln von Behörden entwickelten Grundsätze im Ansatz ebenso. Dies folgt zum einen daraus, dass auch ein Handeln der Regierung, vor allem außerhalb von Gesetzgebungsverfahren Verwaltungstätigkeit sein kann (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 20.12.2011 - 159/10 - juris Rn. 28). Im Hinblick auf eigentliches Regierungshandeln ergibt sich das zum anderen aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Zwar besteht ein nicht ausforschbarer Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der auch der Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, Grenzen setzt. Jedoch gebietet der Gewaltenteilungsgrundsatz - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auf das Land Baden-Württemberg übertragbar ist - eine Auslegung der Verfassung dahin, dass parlamentarische Kontrolle wirksam ausgeübt werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn die dazu nötigen Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dem Parlament auch nach Abschluss der jeweiligen Vorgänge grundsätzlich verschlossen blieben. Die Entscheidungen der Regierung unterlägen dem parlamentarischen Kontrollrecht dann nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Eine solche grundsätzliche Begrenzung der parlamentarischen Kontrolle wäre mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz unvereinbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 123 ff., 141, m.w.N.). Folglich müssen insoweit auch Pflichten zur vollständigen Aktenführung bestehen, da andernfalls die parlamentarische Kontrolle leerliefe.
92 
Dies gilt jedoch nicht für den geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt.Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht.Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83 u.a. - BVerfGE 67, 100, juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 - BVerfGE 77, 1, juris Rn. 140; Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
93 
In Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden parlamentarische Informationsrechte nicht grundsätzlich immer schon dann aus, wenn es sich um Informationen aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.Auch dem nachträglichen parlamentarischen Zugriff auf Informationen aus der Phase der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen setzt der Gewaltenteilungsgrundsatz Grenzen. Bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung geheimzuhaltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen nicht verpflichtet ist. Ein - sei es auch erst nach Abschluss des jeweiligen Entscheidungsprozesses einsetzender - schrankenloser parlamentarischer Informationsanspruch würde vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die das Gewaltenteilungsprinzip ihr zuweist.
94 
Der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet allerdings gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass - wie bereits dargelegt - parlamentarische Kontrolle wirksam sein kann. Die Entscheidungen der Regierung unterliegen daher dem parlamentarischen Kontrollrecht nicht nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Weitere Hintergründe könnten sonst nach Belieben unzugänglich gehalten werden, auch solche, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung politisch nicht beurteilt und die politische Verantwortung für Fehler, die gerade das Zustandekommen dieser Entscheidungen betreffen, nicht aufgeklärt werden kann.Parlamentarische Informationsrechte in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden danach nicht grundsätzlich immer dann aus, wenn es sich um Akten aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Ob zu erwarten ist, dass die Herausgabe solcher Informationen die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen. Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, sind umso schutzwürdiger, je näher sie der gouvernamentalen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Je weiter ein parlamentarisches Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss das parlamentarische Informationsbegehren sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einer parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht. Die Frage, ob die Vorlage von Akten aus dem Bereich der Vorbereitung abgeschlossener Regierungsentscheidungen, aus denen Aufschluss über die Willensbildung der Regierung und ihrer Mitglieder gewonnen werden kann, die Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, kann demnach nicht pauschal verneint werden. Ebensowenig ist sie aber pauschal zu bejahen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 123 ff., 141, m.w.N.)
95 
Dabei geht es - zumindest vor allem - um den Schutz der Willensbildung innerhalb der Regierung als Verfassungsorgan. Das Bundesverfassungsgericht hat daher die Ermittlung einer etwaigen Einflussnahme Dritter auf Mitglieder der Bundesregierung in einem zurückliegenden Zeitraum als einen Vorgang angesehen, der den nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung nicht berührte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987, a.a.O., juris Rn. 140). Auch die Vorlage von Akten, die nicht die Beratungen der Regierung als Kollegium, sondern deren Vorbereitung innerhalb der Ressorts und zwischen den Ressorts betreffen, berührt die Eigenverantwortung der Regierung nicht. Zu prüfen ist insoweit jedoch, ob die schützenswerte Freiheit und Offenheit des der Regierungsentscheidung über den Haushaltsentwurf vorgelagerten interministeriellen Abstimmungsprozesses durch die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen aus diesem Abstimmungsprozess beeinträchtigt wird; dies könnte anzunehmen sein, wenn die dadurch ausgelöste Befürchtung eventueller späterer Publizität geeignet wäre, eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten zu hemmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., juris Rn. 65 f.). Daher kann auch Kommunikation von Regierungsmitgliedern mit externen Beratern, die der Vorbereitung von Regierungshandeln dient, schützenswert sein. Solche Überlegungen mit externen Beratern können insbesondere Fragen der politischen Opportunität betreffen. Unbeeinträchtigte Kommunikation hierüber zu ermöglichen, kann wesentlich sein, um eine Regierungsentscheidung möglichst sachgerecht und ohne die einengende Befürchtung, dass Vorüberlegungen nachträglich einer Kontrolle unterliegen, vorbereiten zu können (ebenso StGH, Urt. v. 26.07.2007, a.a.O., Rn. 114 ff. zu Verhandlungen der Regierung mit einem privaten Dritten).
96 
(cc) Der danach für die Regierung mit Ausnahme des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bestehenden Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, steht die nach der Verwaltungspraxis des Staatsministeriums bestehende Befugnis, selbst zu entscheiden, welche E-Mails zur Akte genommen oder gelöscht werden, nicht entgegen. Eine solche Befugnis kann - gerade für einen Ministerpräsidenten, dem die Staatsleitung obliegt (vgl. zum Amtseid Art. 48 LV) - kein freies, sondern allenfalls ein pflichtgemäßes Ermessen begründen, das nur im Rahmen der dargestellten allgemeinen Grundsätze ausgeübt werden kann.
97 
(b) An einem offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen die Pflicht, vollständige Akten zu führen, fehlt es jedoch.
98 
Dies folgt bereits daraus, dass eine klare und eindeutige Regelung dieser Pflicht nicht bestand. Die AnO Schriftgut normiert eine solche Pflicht nicht ausdrücklich. Vielmehr bestand im Staatsministerium die Praxis, dass jeder Mitarbeiter selbst entscheiden durfte, welche E-Mails er zur Akte nimmt. Zwar kann daraus nur - wie dargelegt - ein pflichtgemäßes, kein freies Ermessen folgen, da sich eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten aus allgemeinen Grundsätzen ergibt. Jedoch sind diese Grundsätze, auch wenn sie im Hinblick auf Verwaltungshandeln für die pflichtigen Mitarbeiter allgemein bekannt sein sollten, nur ungeschriebene Prinzipien. Zudem sind sie, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung bisher - wenngleich ihre grundsätzliche Geltung für Regierungshandeln aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung folgt - nur auf die Verwaltungstätigkeit angewandt worden.
99 
Zudem war es, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob alle streitgegenständlichen Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen, zum damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsam, davon auszugehen, dass die Vorbereitung des zwischen den Beteiligten streitigen Erwerbs von Anteilen an der EnBW AG durch das Land Baden-Württemberg dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen kann. Die gespeicherten E-Mails stammen jedenfalls aus dem Zeitraum vor dem 18.11.2010 und betreffen daher den Zeitraum der Vorbereitung des Ankaufs, der grundsätzlich geeignet ist, in diesen geschützten Bereich zu gehören. Für die von dem Beklagten vorgelegten, nicht bei den Sachakten sich befindenden E-Mails war es damals nicht unvertretbar anzunehmen, diese würden als Informationen über die Vorbereitung und öffentlichkeitswirksame Darstellung des Anteilserwerbs dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen.
100 
bb) Dem Löschungsanspruch des Klägers aus § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen Pflichten aus Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Organtreue begründet keine nachwirkenden Pflichten.
101 
Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue haben oberste Staatsorgane bei der Ausübung ihrer Kompetenzen von Verfassungs wegen aufeinander Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1, 2/60 - BVerfGE 12, 205 <254>; Beschl. v. 04.06.1973 - 2 BvG 1/73 - BVerfGE 35, 193 <199>; Urt. v. 25.05.1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <39>; Urt. v. 12.07.1994 - 2 BvE 3/92 u.a. - BVerfGE 90, 286, juris Rn. 203; StGH, Urt. v. 21.10.2002 - 11/02 - ESVGH 53, 15, juris Rn. 84; Urt. v. 11.10.2007 - GR 1/07 - juris Rn. 58). Dieser Grundsatz vermag für sich genommen jedoch keine Rechte zu begründen. Vielmehr bedarf er, um seine Wirkung entfalten zu können, eines bereits bestehenden Verfassungsrechtsverhältnisses. Er ist insoweit akzessorischer Natur und kann ein vorhandenes Verfassungsrechtsverhältnis ausgestalten, aber nicht neu begründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.09.2013 - 2 BvE 6/08 u.a. - NVwZ 2013, 1468, juris Rn. 183, unter Bezugnahme auf die Grundsätze zum bundesfreundlichen Verhalten, vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 05.02.2001 - 2 BvG 1/00 - BVerfGE 104, 238 <248>).
102 
Voraussetzung für die Berufung auf den Grundsatz der Organtreue ist daher, dass dem Verfassungsorgan aktuell verfassungsrechtliche Zuständigkeiten zustehen. Die verfassungsrechtlich gebotene Organtreue kann nur solange eingefordert werden, wie das Verfassungsorgan selbst durch die Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet sei (vgl. HambVerfG, Urt. v. 27.04.2007 - 3/06 - juris Rn. 89). Nachwirkende Pflichten einer Person, die - wie der Kläger - Verfassungsorgan war, aber nicht mehr ist, bestehen daher nicht.
103 
II. Anschlussberufung des Klägers
104 
Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
105 
1. Die Anschlussberufung ist nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Anschlussberufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Begründung in Anschlussschrift, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 i.V.m. 124 a Abs. 3 Sätze 2, 4 und 5 VwGO).
106 
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen unbedingten Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien. Vielmehr ist sein Löschungsanspruch durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv beschränkt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen der Anschlussberufung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
107 
Unzutreffend ist der Kläger der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Daten als privat einzustufen seien und daher nur mit seinem Einvernehmen nach § 2 Abs. 3 LArchG angeboten werden dürften. Unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass § 2 Abs. 3 LArchG Daten aus privater Hand meint. Darum handelt es sich hier gerade nicht.
108 
Ohne Erfolg muss auch das Vorbringen bleiben, es handele sich bei den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht um Daten, die i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten als Stelle im Sinne von § 2 Abs. 1 LArchG gedient hätten, da sie lediglich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden seien. Für die behauptete Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut überhaupt dem Landesarchiv anzubieten sind, ist nichts ersichtlich. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG knüpft lediglich daran an, dass Unterlagen bei Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes entstanden sind und dort vorhanden sind und von diesen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden. Nach der eindeutigen Regelung des § 23 Abs. 3 LDSG sind auch Daten, deren Speicherung unzulässig war - z.B. da von vornherein keine Erforderlichkeit für die Speicherung gegeben war - dem Landesarchiv anzubieten. Der datenschutzrechtliche Erforderlichkeitsgrundsatz ist für die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv unerheblich.
109 
Unbegründet macht der Kläger geltend, aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG folge, dass der Löschungsanspruch des Betroffenen erst dann ausgeschlossen sei, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die weitere Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG regelt, dass Löschungsansprüche bei Archivgut ausgeschlossen sind. Für einen Umkehrschluss, dass vor Anbieten gegenüber dem Landesarchiv sich Löschungsansprüche gegenüber dem Archivrecht durchsetzten, fehlen Gründe.
110 
Schließlich ist auch keine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers gegeben. Die schlichte Behauptung, § 23 Abs. 3 LDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, ist nicht nachzuvollziehen. Warum den vom Kläger angesprochenen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt sein soll, erschließt sich nicht. Die sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Rechtsfolgen sind klar und eindeutig. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, bestehen zudem zahlreiche Schutzvorkehrungen zugunsten der etwaig in ihren Grundrechten Betroffenen.
111 
Erfolglos bleibt schließlich der Einwand des Klägers, nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts müssten alle bei der Landesverwaltung anfallenden E-Mails dem Landesarchiv angeboten werden und dies könne nicht richtig sein. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG sieht für die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes eine unbeschränkte Anbietungspflicht für alle Unterlagen vor. Unterlagen in diesem Sinne sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG insbesondere Schriftstücke, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme; dazu gehören mithin auch E-Mails. Eine § 2 Abs. 6 BArchG vergleichbare Norm - nach der Unterlagen, die nach Auffassung der anbietungspflichtigen Stellen und des zuständigen Archivs von offensichtlich geringer Bedeutung sind, nicht angeboten werden müssen - gibt es in Baden-Württemberg nicht. Einschränkungen können allerdings gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 LArchG gerade im Hinblick auf maschinenlesbare Informationen zwischen dem Landesarchiv und der anbietenden Stelle getroffen werden.
112 
III. Nebenentscheidungen
113 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei einem Anschlussrechtsmittel ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1980 - 1 B 802.90 - juris) diese einheitlich zu treffen (vgl. BFH, Beschl. v. 17.12.2002 - I R 87/00 - juris; OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u.a. - juris Rn. 158, m.w.N.).
114 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Das Landesdatenschutzgesetz und das Landesarchivgesetz sind Landesrecht. Ebenso haben der Einwand des Rechtsmissbrauchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 13, 14 und Urt. v. 14.08.1982 - 8 C 19.90 - BVerwGE 90, 310, juris Rn. 16) und die Grundsätze der Organtreue ihre Grundlage im Landesrecht.
115 
Beschluss vom 30. Juli 2014
116 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
5.000.—EUR
festgesetzt. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel sind, soweit sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG). Das gilt auch für den Fall eines unselbständigen Anschlussrechtsmittels (vgl. BGH -GrS-, Beschl. v. 05.10.1978 - GSZ 1/78 - BGHZ 72, 339; BayVGH, Urt. v. 22.07.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 50). Da die Rechtsmittel denselben Gegenstand betreffen, ist der Auffangwert von 5.000.-- EUR nur einmal festzusetzen (vgl. OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010, a.a.O., Rn. 160; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 07.09.2010 - 1 M 210/09 - juris Rn. 57).
117 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit

1.
durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden,
2.
Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere Urheberrechte, durch das Zugänglichmachen von Umweltinformationen verletzt würden oder
3.
durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen,
ist der Antrag abzulehnen, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in den Nummern 1 und 3 genannten Gründe abgelehnt werden. Vor der Entscheidung über die Offenbarung der durch Satz 1 Nummer 1 bis 3 geschützten Informationen sind die Betroffenen anzuhören. Die informationspflichtige Stelle hat in der Regel von einer Betroffenheit im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 auszugehen, soweit übermittelte Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet sind. Soweit die informationspflichtige Stelle dies verlangt, haben mögliche Betroffene im Einzelnen darzulegen, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt.

(2) Umweltinformationen, die private Dritte einer informationspflichtigen Stelle übermittelt haben, ohne rechtlich dazu verpflichtet zu sein oder rechtlich verpflichtet werden zu können, und deren Offenbarung nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der Dritten hätte, dürfen ohne deren Einwilligung anderen nicht zugänglich gemacht werden, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in Satz 1 genannten Gründe abgelehnt werden.

(1) Jede Person hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 Absatz 1 verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Daneben bleiben andere Ansprüche auf Zugang zu Informationen unberührt.

(2) Der Zugang kann durch Auskunftserteilung, Gewährung von Akteneinsicht oder in sonstiger Weise eröffnet werden. Wird eine bestimmte Art des Informationszugangs beantragt, so darf dieser nur aus gewichtigen Gründen auf andere Art eröffnet werden. Als gewichtiger Grund gilt insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand. Soweit Umweltinformationen der antragstellenden Person bereits auf andere, leicht zugängliche Art, insbesondere durch Verbreitung nach § 10, zur Verfügung stehen, kann die informationspflichtige Stelle die Person auf diese Art des Informationszugangs verweisen.

(3) Soweit ein Anspruch nach Absatz 1 besteht, sind die Umweltinformationen der antragstellenden Person unter Berücksichtigung etwaiger von ihr angegebener Zeitpunkte, spätestens jedoch mit Ablauf der Frist nach Satz 2 Nummer 1 oder Nummer 2 zugänglich zu machen. Die Frist beginnt mit Eingang des Antrags bei der informationspflichtigen Stelle, die über die Informationen verfügt, und endet

1.
mit Ablauf eines Monats oder
2.
soweit Umweltinformationen derart umfangreich und komplex sind, dass die in Nummer 1 genannte Frist nicht eingehalten werden kann, mit Ablauf von zwei Monaten.

(1) Soweit

1.
durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden,
2.
Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere Urheberrechte, durch das Zugänglichmachen von Umweltinformationen verletzt würden oder
3.
durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen,
ist der Antrag abzulehnen, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in den Nummern 1 und 3 genannten Gründe abgelehnt werden. Vor der Entscheidung über die Offenbarung der durch Satz 1 Nummer 1 bis 3 geschützten Informationen sind die Betroffenen anzuhören. Die informationspflichtige Stelle hat in der Regel von einer Betroffenheit im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 auszugehen, soweit übermittelte Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet sind. Soweit die informationspflichtige Stelle dies verlangt, haben mögliche Betroffene im Einzelnen darzulegen, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt.

(2) Umweltinformationen, die private Dritte einer informationspflichtigen Stelle übermittelt haben, ohne rechtlich dazu verpflichtet zu sein oder rechtlich verpflichtet werden zu können, und deren Offenbarung nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der Dritten hätte, dürfen ohne deren Einwilligung anderen nicht zugänglich gemacht werden, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in Satz 1 genannten Gründe abgelehnt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.