Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Nov. 2016 - 1 S 472/16

bei uns veröffentlicht am30.11.2016

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Januar 2016 - 4 K 1915/15 - wird teilweise geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Löschung von Daten, die der Polizeivollzugsdienst über ihn in dem polizeilichen Auskunftssystem POLAS-BW gespeichert hat.
Gegen den am 04.11.1989 geborenen Kläger wurden wegen verschiedener Vorfälle aus dem Zeitraum 2010 bis Oktober 2012 folgende strafrechtliche Ermittlungsverfahren geführt:
- Das Amtsgericht Freiburg verurteilte ihn zu einer Geldauflage wegen einer am 12.06.2010 begangenen Körperverletzung (Az.: ......).
- Am 08.02.2012 gab es gegen 21.50 Uhr eine Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und seiner früheren Freundin ..., in deren Verlauf ... den Kläger angespuckt und ihm eine Ohrfeige versetzt haben soll. Dem Kläger wurde vorgeworfen, ... gewaltsam festgehalten, sie am Einsteigen in ihren Pkw gehindert sowie ihr und ihrem neuen Freund gedroht zu haben, sie und ihre Familien umzubringen. Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 16.03.2012 (Az: ...) wurde das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da die Tatbeteiligten die Vorwürfe jeweils bestritten und den Sachverhalt kontrovers geschildert hätten und keine unabhängigen Zeugen vorhanden seien.
- Zu einem weiteren Vorfall vom 08.02.2012 wurde dem Kläger vorgeworfen, gegen 23.00 Uhr ... mehrfach mit der Faust ins Gesicht geschlagen und ihm mehrere Fußtritte gegen Beine und Oberkörper versetzt zu haben, sodass dieser eine Gehirnerschütterung erlitten habe. Das Verfahren wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 26.07.2012 (Az: ...) mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil nicht zweifelsfrei zu belegen sei, dass der Kläger sich nicht nur gegen Angriffe des... habe schützen und zur Wehr setzen wollen.
- Am 27.10.2012 gab es gegen 01.00 Uhr eine Auseinandersetzung zwischen zwei Türstehern einer Diskothek in Person des Klägers und eines Kollegen von ihm auf der einen Seite und einer Gruppe mehrerer Männer auf der anderen Seite, in deren Verlauf der Kläger einem ...... mit einem Schlagstock auf die Hand geschlagen habe. Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 05.03.2013 (Az: ......) wurde das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da dem Kläger aufgrund kontroverser Aussagen der am Geschehen Beteiligten nicht habe nachgewiesen werden können, dass er nicht in Notwehr gehandelt habe.
Am 21.02.2012 kreuzte ein Mitarbeiter des Polizeipräsidiums Freiburg auf dem Formblatt „Aussonderungsprüfung / Einzelfalllöschung" an: Keine Änderungen der Speicher- und Aufbewahrungsfristen; das Feld für eine Begründung wurde nicht ausgefüllt. Auf einem solchen Formblatt kreuzte ein Mitarbeiter des Polizeipräsidiums Freiburg am 20.08.2012 wiederum an, dass sich die Speicher- und Aufbewahrungsfristen nicht ändern, und vermerkte handschriftlich zur Begründung unter a) Tatverdacht „§ 170 (2) StPO, Restverdacht aufgrund d. Aussagen der Beteiligten selbst sowie Zeugenaussagen" und unter b) Wiederholungsgefahr „ja, Vortaten im gleichen Deliktsbereich, Aggressionspotential". Am 08.05.2013 kreuzte ein Mitarbeiter des Polizeipräsidiums Freiburg auf einem solchen Formblatt erneut an, dass sich die Speicher- und Aufbewahrungsfristen nicht ändern, und führte zur Begründung maschinenschriftlich unter a) Tatverdacht: „Angaben des Geschädigten" und unter b) Wiederholungsgefahr: „Ja Mehrfachtäter, einschlägig" an.
Am 20.11.2012 stellte der Kläger bei der Polizeidirektion Freiburg einen Antrag auf Löschung seiner personenbezogenen Daten. Diesen Antrag lehnte die Polizeidirektion Freiburg mit Bescheid vom 25.11.2012 ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Voraussetzungen für die Speicherung von Daten lägen bei dem Kläger weiterhin vor. Er sei einmal wegen einer am 12.06.2010 begangenen gefährlichen Körperverletzung zu einer Geldauflage verurteilt worden und gegen ihn sei wegen zweier Körperverletzungsdelikte am 08.02.2012 und wegen einer gefährlichen Körperverletzung und Beleidigung am 27.10.2012 strafrechtlich ermittelt worden. Die Verfahren wegen der Körperverletzungen am 08.02.2012 seien von der Staatsanwaltschaft Freiburg gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, das Verfahren wegen der Taten am 27.10.2012 sei noch anhängig. Nach kriminalistischer Erfahrung und unter Einbeziehung aller Tatsachen zu Art und Ausführung der Taten und seiner Persönlichkeit bestehe bei dem Kläger eine Wiederholungsgefahr. Die gespeicherten Daten seien geeignet, künftige polizeiliche Ermittlungen zu fördern. Falls keine neuen Erkenntnisse hinzuträten, sei eine Überprüfung der Löschung dieser Daten zum 08.02.2017 vorgesehen. Gegen den Bescheid vom 25.11.2012 legte der Kläger keinen Rechtsbehelf ein.
Im Anschluss daran wurde dem Kläger bezüglich eines Vorfalls vom 22.12.2012 vorgeworfen, ebenfalls in seiner Eigenschaft als Türsteher einer Diskothek Gäste dieser Diskothek, die ihrerseits andere Gäste angegriffen hätten, durch Faustschläge verletzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft stellte dieses Verfahren gegen den Kläger mit Verfügung vom 30.07.2013 (Az: ......) wegen fehlenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO ein, weil sein Einschreiten zur Verhinderung der Verletzung anderer gerechtfertigt gewesen sei.
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Am 26.02.2015 stellte der Kläger beim Polizeipräsidium Freiburg erneut einen Antrag auf Löschung des Vorfalls aus dem Jahr 2010 aus dem Polizeiregister. Mit Schreiben vom 02.03.2015 teilte das Polizeipräsidium Freiburg dem Kläger mit: Derselbe Antrag sei bereits mit Bescheid vom 25.11.2012 abgelehnt worden. Es seien keine Gesichtspunkte für eine andere Bewertung und für eine Verkürzung der Löschungsfrist zu erkennen. Im Gegenteil sei der Kläger durch einen neuen Datensatz erfasst worden. Dadurch verlängere sich die Frist zur Datenaussonderung vom 08.02.2017 bis zum 22.12.2017.
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Mit Schreiben vom 31.03.2015 wiederholte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten seinen Antrag auf Löschung seiner personenbezogenen Daten. Er lebe seit dem 12.06.2010 straffrei. Der Verdacht der Köperverletzung am 08.02.2012 habe sich nicht erhärten lassen. Das Verfahren sei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Deshalb sei keine Speicherung nach § 38 PolG zulässig.
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Darauf antwortete das Polizeipräsidium Freiburg mit Schreiben vom 09.04.2015: Der neuerliche Antrag könne als Antrag auf Wiederaufgreifen des durch Bescheid vom 25.11.2012 bestandskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens ausgelegt werden. Dafür sei jedoch die Frist des § 51 Abs. 3 LVwVfG verstrichen. Dem Antrag könne aber auch aus materiellen Gründen nicht entsprochen werden. Denn aus den Verfügungen über die Einstellung der Strafverfahren gegen den Kläger ergebe sich nicht, dass er die ihm vorgeworfen Straftaten nicht oder nicht in rechtswidriger Weise begangen habe.
13 
Mit Schreiben vom 29.04.2015 bat der Kläger ausdrücklich um Neubescheidung seines Löschungsantrags. Die Bestandskraft des alten (rechtswidrigen) Bescheids stehe dem nicht entgegen. Falls nicht bis zum 13.05.2015 über seinen Antrag entschieden sei, werde er Klage auf Löschung beim Verwaltungsgericht erheben.
14 
Mit Schreiben vom 05.05.2015 teilte das Polizeipräsidium Freiburg dem Kläger mit, dass es sein Schreiben als Antrag auf Löschung der Daten im Zusammenhang mit dem Strafverfahren wegen Körperverletzung vom 22.12.2012 auslege und dass es zeitnah darüber entscheiden werde. Für eine Neubescheidung des bestandskräftigen Bescheids vom 25.11.2012 bestehe keine Veranlassung. Mit weiterem Schreiben vom 12.05.2015 teilte das Polizeipräsidium Freiburg dem Kläger mit, dass die Daten im Zusammenhang mit dem Strafverfahren wegen Körperverletzung vom 22.12.2012 gelöscht würden, da nach der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Freiburg insoweit kein Restverdacht gegen den Kläger mehr vorliege.
15 
Am 30.07.2015 erhob der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht auf Löschung sämtlicher vom Polizeivollzugsdienst über ihn gespeicherten personenbezogenen Daten. Zur Begründung trug er vor, dass er sich beim Staat bewerben wolle und wegen der Eintragungen Nachteile bei der Bewerberauswahl befürchte. Wegen der Eintragungen in den polizeilichen Informationssystemen sei er bereits drei Mal mit Bewerbungen bei Behörden gescheitert. Er beabsichtige, sich weiterhin zu bewerben. Aus den Verfügungen der Staatsanwaltschaft über die Einstellung der gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren ergäben sich keine Gründe für das Bestehen eines Restverdachts gegen ihn. Es sei unzulässig, wenn die Polizei immer von einem solchen Restverdacht ausgehe, selbst wenn der Betroffene völlig unschuldig sei und die strafrechtlichen Vorwürfe auf falschen Beschuldigungen beruhten. Gewissheit über das Vorliegen einer Straftat habe man erst nach einer Hauptverhandlung. Wenn aber die Staatsanwaltschaft die Verfahren aus Gründen der Opportunität und der Prozessökonomie einstelle, könne dies bei der polizeilichen Datenverarbeitung zu Lasten des Betreffenden gehen. Speziell bei der ihm vorgeworfenen Tat am 27.10.2012 habe es sich um Notwehr gehandelt. Bei der Tat am 08.02.2012 um 21.50 Uhr sei die Aussage seiner Ex-Freundin falsch gewürdigt worden. Die Formulierung in einer Einstellungsverfügung könne nicht entscheidend sein. Aus einer Einstellung wegen widersprechender Aussagen von Beteiligten ließen sich keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Tat ziehen und damit keine Restzweifel begründen. Seit 2012 sei er in keiner Weise mehr aufgefallen. Sein familiäres Umfeld spreche gegen eine Negativprognose; sein jüngerer Bruder sei Beamter beim Finanzamt.
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Der Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, der Antrag des Klägers auf Löschung seiner Daten sei bereits mit Bescheid vom 25.11.2012 bestandskräftig abgelehnt worden. Er habe aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Anspruch auf die begehrte Löschung seiner Daten. Die Daten hätten nach § 38 Abs. 1 bis 3 PolG gespeichert werden dürfen. Bei den beiden am 08.02.2012 und der am 27.10.2012 begangenen Körperverletzung ergebe sich aus den Einstellungsverfügungen der Staatsanwaltschaft nicht, dass er die Taten nicht oder nicht rechtswidrig begangen habe, wie das nach § 38 Abs. 2 Satz 2 PolG für eine Löschung der Daten erforderlich sei. Diese Taten seien deshalb anders zu beurteilen als der gelöschte Vorwurf der Körperverletzung am 22.12.2012, bei dem der Kläger nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft gerechtfertigt gehandelt habe. Die drei eingestellten Verfahren wegen Körperverletzungsdelikten am 08.02.2012 und 27.10.2012 hätten daher neben der abgeurteilten Tat vom 12.06.2010 nach § 38 Abs. 3 Satz 1 und 3 PolG auch über zwei Jahre hinaus gespeichert werden dürfen, weil wegen der wiederholten Tatbegehung innerhalb von zwei Jahren tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Kläger auch künftig eine Straftat begehen werde. Darüber hinaus sei während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens ein weiterer Eintrag über den Kläger wegen einer Körperverletzung und Beleidigung am 24.05.2015 erfolgt. Das Ermittlungsverfahren sei inzwischen durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 11.12.2015 (Az. ...) nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, weil der Geschädigte keinen Strafantrag gestellt habe und das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung nicht bejaht worden sei, da es zu keinen erheblichen Verletzungen gekommen sei und die Beteiligten die Situation als Durcheinander und mehr als Gerangel statt als Schlägerei bezeichnet hätten.
17 
Das Verwaltungsgericht verpflichtete mit Urteil vom 12.01.2016 den Beklagten, die vom Polizeivollzugsdienst über den Kläger gespeicherten Eintragungen zum Vorfall vom 12.06.2010 im System POLAS-BW zu löschen und die dazugehörigen Unterlagen zu vernichten, und wies im Übrigen die Klage ab. Bezüglich des Vorfalls vom 12.06.2010 habe der Kläger einen Löschungsanspruch nach § 38 Abs. 1 Satz 4 PolG und/oder § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG. Ermächtigungsgrundlage für die Speicherung dieses Vorfalls sei § 38 PolG in der ab dem 22.11.2008 geltenden Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008. Dass die Daten über die Verurteilung des Klägers wegen der am 12.06.2010 begangenen gefährlichen Körperverletzung zu Recht gespeichert worden seien, werde auch vom Kläger im Grunde nicht bestritten. Die genannten Vorschriften erlaubten eine Speicherung von Daten über einen Vorfall jedoch zunächst nur für die Dauer von zwei Jahren. Eine Speicherung über diesen Zeitraum hinaus sei nur nach Maßgabe von § 38 Abs. 3 PolG zulässig. Bei der Beurteilung der nach § 38 Abs. 3 PolG erforderlichen Wiederholungsgefahr stehe dem Polizeivollzugsdienst ein Prognosespielraum zu. Insoweit überprüften die Gerichte, ob eine ausreichende Rechtsgrundlage für den Beurteilungsspielraum bestehe und ob die Behörde von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei, Verfahrensvorschriften eingehalten, den gesetzlichen Rahmen zutreffend erkannt, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet und keine sachfremden Erwägungen angestellt habe. Zur Rechtmäßigkeit der Prognose der Wiederholungsgefahr nach § 38 Abs. 3 PolG bedürfe es daher einer auf den Einzelfall bezogenen, auf schlüssigen, verwertbaren nachvollziehbar dokumentierten Tatsachen beruhenden Entscheidung. Danach lägen die Voraussetzungen für eine Speicherung des Vorfalls vom 12.06.2010 über die Dauer von zwei Jahren hinaus nicht vor. Denn es fehle an einer nach den vorstehenden Ausführungen erforderlichen rechtzeitigen Dokumentation der Bejahung bzw. Begründung einer Wiederholungsgefahr. Nach den von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen habe der Polizeivollzugsdienst erstmals am 20.08.2012 stichwortartig in den Akten vermerkt, dass bei dem Kläger eine Wiederholungsgefahr bestehe. Der Vermerk sei damit erst nach Ablauf des Zwei-Jahreszeitraum für die Speicherung eines Prüffalls erstellt worden. Der Zeitpunkt, an dem der Polizeivollzugsdienst den Vorfall vom 12.06.2010 in POLAS-BW eingetragen habe, und damit auch der genaue Zeitpunkt, ab dem der Zwei-Jahreszeitraum exakt zu laufen begonnen habe, lasse sich den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen nicht sicher entnehmen. Die gesamten Umstände des Falls und die Einlassungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ließen aber den Schluss zu, dass die Speicherung tatsächlich im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Tat vom 12.06.2010 erfolgt sei. Der Zwei-Jahreszeitraum für die Speicherung des ersten den Kläger betreffenden Vorfalls vom 12.06.2010 ende damit im Juni 2012. Der Vermerk vom 20.08.2012 sei daher verspätet erstellt worden und stehe nicht in dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Ablauf des Zwei-Jahreszeitraums. Auf die Bestandskraft des Bescheids der Polizeidirektion Freiburg vom 25.11.2012 könne sich der Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil sich die Sach- und Rechtslage danach unter anderem insoweit auch zu Gunsten des Klägers verändert habe, als die Zweijahresfrist für die Speicherung des Vorfalls abgelaufen und eine weitere Speicherung nur nach Prüfung der Wiederholungsgefahr und Dokumentation dieser Prüfung zulässig gewesen sei. Abgesehen davon müsse die Polizei dem mit einer langjährigen Datenspeicherung einhergehenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung fortlaufend Rechnung tragen und entweder aufgrund konkreter Erkenntnisse oder im Rahmen gesetzlicher Überprüfungsfristen sowie nach Ablauf anderer gesetzlicher Prüfzeiträume, wie zum Beispiel des Zwei-Jahreszeitraums nach § 38 Abs. 2 Satz 1 PolG die Rechtmäßigkeit gespeicherter personenbezogener Daten unter Kontrolle halten und gegebenenfalls auch nach Erlass eines bestandskräftigen Bescheids, mit dem eine Datenlöschung abgelehnt worden sei, im Wege von Ermessensentscheidungen nach Maßgabe der § 51 Abs. 5, § 48 Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 LVwVfG überprüfen. Demgegenüber habe der Kläger keinen Anspruch auf Löschung der Daten über die zwei Vorfälle vom 08.02.2012 sowie die Vorfälle vom 27.10.2012 und vom 24.05.2015. Die Speicherung dieser Daten sei rechtmäßig erfolgt. Die Voraussetzungen für ihre Löschung lägen nicht vor.
18 
Der Beklagte hat die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegt, mit der er die vollständige Abweisung der Klage begehrt. Zur Begründung trägt er vor, das angefochtene Urteil erfasse die Regelungssystematik des § 38 Abs. 3 PolG nicht vollständig. § 38 Abs. 3 PolG habe zwei Alternativen. Die weitere Speicherung sei zum einen zulässig, wenn bezüglich der betroffenen Person die Prognose der Wiederholungsgefahr gestellt werden könne. In Fällen mittlerer und leichter Kriminalität sei es jedoch nach der alten Rechtslage im Zeitpunkt der Speicherung der Daten häufig schwierig gewesen, diese positiv anzustellen. Um praktische Schwierigkeiten bei der Anwendung der Vorschrift zu vermeiden und mit dem Ziel, den Kreis der Personen, über die Daten gespeichert würden, auf diejenigen zu begrenzen, der für die polizeiliche Arbeit tatsächlich relevant sei, sei durch das Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes vom 18.11.2008 die zweite Alternative in § 38 Abs. 3 Satz 3 eingefügt worden. Seither sei eine über die Zwei-Jahresfrist hinausgehende Weiterverwendung der Daten auch dann zulässig, wenn die betroffene Person während der zweijährigen Prüffrist in den Verdacht geraten sei, eine weitere Straftat begangen zu haben. Die Person gelte nach dieser gesetzlichen Fiktion per se als Wiederholungstäter. Damit werde in diesen Fällen die Negativprognose auf eine sichere Basis gestellt und lasse sich in der Praxis anhand objektiver Kriterien eindeutig und überprüfbar stellen.
19 
Das Verwaltungsgericht habe im angefochtenen Urteil zwar beide Varianten von § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG zutreffend dargestellt, die zweite Variante finde bei der weiteren Würdigung jedoch keine Beachtung. Unstreitig sei die Rechtmäßigkeit der Speicherung der am 12.06.2010 begangenen gefährlichen Körperverletzung, da die Schuld des Klägers aufgrund eines rechtskräftigen Urteils feststehe. Dieser Vorgang sei gemäß § 38 Abs. 2 PolG als sogenannter Prüffall in POLAS-BW erfasst worden und wäre insoweit nach Ablauf einer Speicherfrist von zwei Jahren am 12.06.2012 wieder gelöscht worden. Der Kläger sei jedoch am 08.02.2012, also vier Monate vor Ablauf der zweijährigen Prüffrist, erneut in den Verdacht geraten, eine weitere Körperverletzung begangen zu haben. Es sei bezüglich dieses Vorgangs nicht rechtskräftig freigesprochen worden, aus der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft vom 19.03.2012 ergebe sich auch nicht positiv, dass der Kläger die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen habe. Daher sei dieser zweite Vorgang rechtmäßig in POLAS-BW erfasst worden. Wegen dieses einschlägigen Verdachts aufgrund des Vorfalls vom 08.02.2012 gelte der Kläger gemäß § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG hinsichtlich der am 12.06.2010 begangenen gefährlichen Körperverletzung per se als Wiederholungstäter. Insoweit komme es auf die weitergehende Prüfung und Begründung einer Wiederholungsgefahr nach § 38 Abs. 3 Satz 1 PolG vorliegend nicht an.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12.01.2016 - 4 K 1915/15 - teilweise zu ändern und die Klage abzuweisen.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
die Berufung zurückzuweisen.
24 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts, des Beklagten und der Staatsanwaltschaft Freiburg zu den Verfahren ...... vor.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist teilweise zu ändern. Die Klage ist vollständig abzuweisen.
26 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO).
27 
2. Die Berufung ist begründet. Die auf Löschung aller über den Kläger in POLAS-BW gespeicherten personenbezogenen Daten gerichtete Klage ist vollständig abzuweisen. Der Kläger hat auch bezüglich der über den Vorfall vom 12.06.2010 in POLAS-BW über ihn gespeicherten Daten keinen Anspruch auf Löschung nach § 38 Abs. 1 Satz 4 PolG oder § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG. Denn ein etwaiger Löschungsanspruch ist durch den Bescheid der Polizeidirektion Freiburg vom 25.11.2012 bestandskräftig abgelehnt worden (a). Ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im engeren (b) oder im weiteren Sinne (c) besteht nicht.
28 
Dem Senat ist nicht verwehrt, die Klage im Hinblick auf die Bestandskraft des Bescheids vom 25.11.2012 vollständig abzuweisen, obwohl sich der Beklagte zweitinstanzlich hierauf nicht beruft. Mit der zulässigen Berufung ist dem Berufungsgericht innerhalb des Streitgegenstands die vollständige Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils eröffnet. Das Berufungsurteil muss sich auch im Falle des Erfolgs der Berufung nicht auf die mit der Berufungsbegründung angeführten Punkte stützen. Denn die Berufungsbegründung wird nicht dadurch mangelhaft, dass die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils und die Berufungsbegründung nicht übereinstimmen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.04.2000 - 9 M 170/00 - NVwZ 2000, 1042).
29 
a) Der Beklagte hat mit Bescheid vom 25.11.2012 auch über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Löschung der in POLAS-BW über den Kläger gespeicherten Daten zum Vorfall vom 12.06.2010 entschieden. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheid ist unanfechtbar geworden, da der Kläger hiergegen keinen Widerspruch eingelegt hat. Die Bestandskraft des Bescheides hat - in den Grenzen der Regelungen über das Wiederaufgreifen des Verfahrens im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG und das Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 LVwVfG (s. dazu unter b und c) - zur Folge, dass der Kläger aufgrund der abschließenden Entscheidung im genannten Bescheid nicht erneut geltend machen kann, er habe einen Anspruch auf Löschung dieser Daten.
30 
b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG. Die Behörde hat nach § 51 Abs. 1 LVwVfG auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2), oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (Nr. 3). Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 LVwVfG). Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat (§ 51 Abs. 3 Satz 1 und 2 LVwVfG).
31 
Eine nachträgliche Änderung der Sachlage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG liegt nur vor, wenn sich die Sachlage nach Erlass des Verwaltungsakts geändert hat. Insoweit reicht es nicht aus, wenn Tatsachen erst nachträglich bekannt werden, aber im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts bereits vorlagen (vgl. Engels, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 51 Rn. 33; Ziekow, VwVfG, 2. Aufl., § 51 Rn. 7; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl., § 51 Rn. 25; Falkenbach, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 51 Rn. 30).
32 
Die Kenntnis vom Wiederaufgreifensgrund i.S.d. § 51 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG erhält der Betroffene, wenn er die sichere Kenntnis der Tatsachen gewinnt, die den Wiederaufgreifensgrund erfüllen. Ein rechtliche Einordnung als Wiederaufgreifensgrund ist für den Fristbeginn nicht erforderlich (vgl. Baumeister, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 51 Rn. 43; Ramsauer, a.a.O., § 51 Rn. 47; je m.w.N).
33 
Ist ein Antrag nach § 51 Abs. 1 LVwVfG gestellt, sind die Verwaltungsgerichte nicht befugt, andere als vom Antragsteller selbst geltend gemachte Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens der Prüfung des Antrags zugrunde zu legen.Denn das Erfordernis der Antragstellung und deren Fristgebundenheit nach § 51 Abs. 1 und 3 LVwVfG haben zur Folge, dass der Antragsteller die seiner Ansicht nach vorliegenden Voraussetzungen für einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens selbst vortragen muss (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 30.08.1988 - 9 C 47/87 - NVwZ 1989, 161, m.w.N.; Beschl. v. 11.12.1989 - 9 B 320/89 - NVwZ 1990, 359; Baumeister, a.a.O., § 51 Rn. 47 f.).
34 
Im vorliegenden Fall scheidet die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 LVwVfG bereits deshalb aus, weil der Kläger mit seinen Schreiben vom 31.03.2015 und 29.04.2015 die Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 Satz 1 LVwVfG nicht eingehalten hat. Der Antrag auf Neubescheidung ist - nachdem der Kläger im Schreiben vom 26.02.2015 lediglich die Löschung beantragt hat, ohne in irgendeiner Weise ein Wiederaufgreifen geltend zu machen - im Schreiben vom 31.03.2015 darauf gestützt, dass der Kläger seit dem 12.06.2010 straffrei lebe, sich der Verdacht der Körperverletzung vom 08.02.2012 nicht habe erhärten lassen und das Verfahren daher gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei und auch das Verfahren wegen Körperverletzung vom 27.10.2012 eingestellt worden sei. Die Einstellung des Verfahrens wegen des Vorfalls am 08.02.2012 um 21.50 Uhr erfolgte mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 16.03.2012, diejenige wegen des Vorfalls vom 08.02.2012 um 23.00 Uhr mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 26.07.2012. Das Verfahren wegen des Vorfalls am 27.10.2012 stellte die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 05.03.2013 ein. Mit Erhalt der Einstellungsverfügungen hatte der Kläger Kenntnis von den Tatsachen, auf die er seinen Wiederaufnahmeantrag stützt. Dieser wurde jedoch erst über zwei Jahre nach Kenntnis der geltend gemachten Umstände gestellt. Die Einstellungsverfügungen vom 16.03.2012 und vom 26.07.2012 können zudem keine neue Sachlage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG herbeiführen, da sie im Zeitpunkt des bestandskräftigen Bescheids vom 25.11.2012 bereits vorlagen.
35 
Auch eine fehlende bzw. verspätete Dokumentation der Wiederholungsgefahr nach Ablauf der Zwei-Jahresfrist im Anschluss an die Tat vom 12.06.2010 kann entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts einen Anspruch auf Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 1 LVwVfG nicht begründen. Das Verwaltungsgericht hat - von den Beteiligten nicht angegriffen - zugrunde gelegt, dass die Speicherung des Vorfalls vom 12.06.2010 in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Tat erfolgt ist und daher die Dokumentation der Wiederholungsgefahr mit dem Vermerk vom 20.08.2012 nach Ablauf des Zwei-Jahreszeitraums des § 38 Abs. 2 PolG erfolgt ist (UA S. 13, 14). Sowohl der Ablauf des Zwei-Jahreszeitraums als auch der Vermerk vom 20.08.2012 liegen zeitlich vor Erlass des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 25.11.2012. Daher fehlt es insoweit es an einer nachträglich entstandenen neuen Sachlage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG.
36 
c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rücknahme oder Widerruf des Bescheids des Beklagten vom 25.11.2012 nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 LVwVfG (sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne).
37 
Nach § 51 Abs. 5 LVwVfG bleiben die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG und des § 49 Abs. 1 LVwVfG unberührt. Die in § 51 Abs. 5 LVwVfG verankerte Ermächtigung der Behörde, nach pflichtgemäßem Ermessen zugunsten des Betroffenen ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren im Ermessenswege wiederaufzugreifen, ermöglicht auch bei rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahren die nachträgliche Kontrolle inhaltlich unrichtiger Entscheidungen. Trifft die Behörde eine positive Entscheidung zum Wiederaufgreifen, wird hierdurch die Bestandskraft durchbrochen und der Weg für eine neue Sachentscheidung eröffnet. Mit der Befugnis zum Wiederaufgreifen korrespondiert ein gerichtlich einklagbarer Anspruch des Betroffenen auf fehlerfreie Ermessensausübung. Dabei handelt die Behörde grundsätzlich ermessensfehlerfrei, wenn sie ein Wiederaufgreifen im Hinblick auf die rechtskräftige Bestätigung ihrer Entscheidung in dem früheren Verwaltungsverfahren und das Fehlen der Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG ablehnt. In diesen Fällen bedarf es regelmäßig keiner weiteren ins Einzelne gehenden Ermessenserwägungen der Behörde. Umstände, die ausnahmsweise eine erneute Sachentscheidung und damit ein Wiederaufgreifen gebieten, müssen in ihrer Bedeutung und ihrem Gewicht mit einem der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 LVwVfG geregelten zwingenden Wiederaufgreifensgründe vergleichbar sein. Allein der Umstand, dass der bestandskräftige Verwaltungsakt nicht rechtmäßig verfügt werden durfte, genügt hierfür nicht. Dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit kommt nämlich prinzipiell kein größeres Gewicht zu als dem Gebot der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist. Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit verdichtet sich das Ermessen der Behörde zugunsten des Betroffenen, wenn das Festhalten an dem bestandskräftigen Verwaltungsakt schlechthin unerträglich wäre (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.2009 - 1 C 15.08 - BVerwGE 135, 121; Urt. v. 13.12.2011 - 5 C 9.11 - juris Rn. 29; BayVGH, Beschl. v. 09.03.2015 - 12 ZB 12.1640 - juris; je m.w.N.; Ramsauer, a.a.O., § 51 Rn. 6).
38 
Daran gemessen ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte ein Wiederaufgreifen des abgeschlossenen Verfahrens unter Hinweis auf den Bescheid vom 25.11.2012 und die versäumte Frist für einen Wiederaufgreifensantrag nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG abgelehnt hat. Das Festhalten am bestandskräftigen Bescheid vom 25.11.2012 ist nicht schlechthin unerträglich. Aufgrund der Verurteilung durch das Amtsgericht Freiburg vom 30.11.2010 steht fest, dass der Kläger am 12.06.2010 eine gefährliche Körperverletzung begangen hat. Wie das Verwaltungsgericht im erstinstanzlichen Urteil zutreffend und vom Kläger nicht angegriffen ausgeführt hat, ist bezüglich der beiden Vorfälle vom 08.02.2012 ebenso wie bezüglich der Vorfälle vom 17.10.2012 und 24.05.2015 ein Restverdacht zulasten des Klägers gegeben. Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 und 2 PolG für die Speicherung der Daten aus der Tat vom 12.06.2010 sind daher insoweit erfüllt. Auch der vom Verwaltungsgericht beanstandete Umstand, dass die Dokumentation der Wiederholungsgefahr für den Vorfall vom 12.06.2010 erst am 20.08.2012 erfolgte, macht das Festhalten am Bescheid vom 25.11.2012 nicht schlechthin unerträglich. Denn die Dokumentation der Wiederholungsgefahr erfolgte relativ bald nach Ablauf des Zwei-Jahreszeitraums. Zudem setzt § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG nach seinem Wortlaut keine gesonderte Feststellung einer Wiederholungsgefahr voraus.
39 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht dem Festhalten an dem rechtskräftigen Bescheid vom 25.11.2012 nicht entgegen, dass die Polizei dem mit einer langjährigen Datenspeicherung einhergehenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung fortlaufend Rechnung tragen müsse. Zwar trifft der Ausgangspunkt zu, dass die Speicherung personenbezogener Daten nach § 38 PolG während der Speicherdauer einen dauerhaften Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung bewirkt. Dies führt jedoch nicht zu von § 51 LVwVfG abweichenden Rechtsfolgen. Denn der Wiederaufgreifensgrund des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG kann von vornherein nur für Veränderungen gelten, die die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung unmittelbar berühren. Die Regelung erfasst somit praktisch nur Dauerverwaltungsakte (vgl. Ramsauer, § 51 Rn. 27). Der Umstand, dass die Speicherung personenbezogener Daten nach § 38 PolG zu einer dauerhaften Belastung des Betroffenen führt, ist somit im Hinblick auf § 51 Abs. 1 LVwVfG kein Ausnahmefall, sondern die typischerweise gegebene Situation. Dieser Umstand bewirkt insoweit eine Pflicht der Behörde, die Rechtmäßigkeit der Datenspeicherung unter Kontrolle zu halten, als sie zum einen über einen Wiederaufgreifensantrag unter Beachtung der Regelungen des § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG und des § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, 49 Abs. 1 LVwVfG zu entscheiden und zum anderen die Rechtmäßigkeit der weiteren Speicherung der personenbezogenen Daten nach Ablauf der gesetzlichen Speicherfristen zu prüfen hat. Nur im Ausnahmefall ist die Löschung vor Ablauf der Regelspeicherfristen geboten, wenn die Überprüfung im Einzelfall ergibt, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (vgl. dazu ausf. Senat, Urt. v. 10.02.2015 - 1 S 554/13 - VBlBW 2015, 506). Für einen solchen Ausnahmefall ist hier nichts ersichtlich. Mit den Regelungen des § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG und des § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, 49 Abs. 1 LVwVfG sowie der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der weiteren Speicherung der personenbezogenen Daten nach Ablauf der gesetzlichen Speicherfristen ist dem Umstand, dass ein dauernder Eingriff vorliegt, daher ausreichend Rechnung getragen.
40 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 30. November 2016
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
25 
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist teilweise zu ändern. Die Klage ist vollständig abzuweisen.
26 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO).
27 
2. Die Berufung ist begründet. Die auf Löschung aller über den Kläger in POLAS-BW gespeicherten personenbezogenen Daten gerichtete Klage ist vollständig abzuweisen. Der Kläger hat auch bezüglich der über den Vorfall vom 12.06.2010 in POLAS-BW über ihn gespeicherten Daten keinen Anspruch auf Löschung nach § 38 Abs. 1 Satz 4 PolG oder § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG. Denn ein etwaiger Löschungsanspruch ist durch den Bescheid der Polizeidirektion Freiburg vom 25.11.2012 bestandskräftig abgelehnt worden (a). Ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im engeren (b) oder im weiteren Sinne (c) besteht nicht.
28 
Dem Senat ist nicht verwehrt, die Klage im Hinblick auf die Bestandskraft des Bescheids vom 25.11.2012 vollständig abzuweisen, obwohl sich der Beklagte zweitinstanzlich hierauf nicht beruft. Mit der zulässigen Berufung ist dem Berufungsgericht innerhalb des Streitgegenstands die vollständige Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils eröffnet. Das Berufungsurteil muss sich auch im Falle des Erfolgs der Berufung nicht auf die mit der Berufungsbegründung angeführten Punkte stützen. Denn die Berufungsbegründung wird nicht dadurch mangelhaft, dass die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils und die Berufungsbegründung nicht übereinstimmen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.04.2000 - 9 M 170/00 - NVwZ 2000, 1042).
29 
a) Der Beklagte hat mit Bescheid vom 25.11.2012 auch über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Löschung der in POLAS-BW über den Kläger gespeicherten Daten zum Vorfall vom 12.06.2010 entschieden. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheid ist unanfechtbar geworden, da der Kläger hiergegen keinen Widerspruch eingelegt hat. Die Bestandskraft des Bescheides hat - in den Grenzen der Regelungen über das Wiederaufgreifen des Verfahrens im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG und das Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 LVwVfG (s. dazu unter b und c) - zur Folge, dass der Kläger aufgrund der abschließenden Entscheidung im genannten Bescheid nicht erneut geltend machen kann, er habe einen Anspruch auf Löschung dieser Daten.
30 
b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG. Die Behörde hat nach § 51 Abs. 1 LVwVfG auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2), oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (Nr. 3). Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 LVwVfG). Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat (§ 51 Abs. 3 Satz 1 und 2 LVwVfG).
31 
Eine nachträgliche Änderung der Sachlage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG liegt nur vor, wenn sich die Sachlage nach Erlass des Verwaltungsakts geändert hat. Insoweit reicht es nicht aus, wenn Tatsachen erst nachträglich bekannt werden, aber im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts bereits vorlagen (vgl. Engels, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 51 Rn. 33; Ziekow, VwVfG, 2. Aufl., § 51 Rn. 7; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl., § 51 Rn. 25; Falkenbach, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 51 Rn. 30).
32 
Die Kenntnis vom Wiederaufgreifensgrund i.S.d. § 51 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG erhält der Betroffene, wenn er die sichere Kenntnis der Tatsachen gewinnt, die den Wiederaufgreifensgrund erfüllen. Ein rechtliche Einordnung als Wiederaufgreifensgrund ist für den Fristbeginn nicht erforderlich (vgl. Baumeister, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 51 Rn. 43; Ramsauer, a.a.O., § 51 Rn. 47; je m.w.N).
33 
Ist ein Antrag nach § 51 Abs. 1 LVwVfG gestellt, sind die Verwaltungsgerichte nicht befugt, andere als vom Antragsteller selbst geltend gemachte Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens der Prüfung des Antrags zugrunde zu legen.Denn das Erfordernis der Antragstellung und deren Fristgebundenheit nach § 51 Abs. 1 und 3 LVwVfG haben zur Folge, dass der Antragsteller die seiner Ansicht nach vorliegenden Voraussetzungen für einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens selbst vortragen muss (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 30.08.1988 - 9 C 47/87 - NVwZ 1989, 161, m.w.N.; Beschl. v. 11.12.1989 - 9 B 320/89 - NVwZ 1990, 359; Baumeister, a.a.O., § 51 Rn. 47 f.).
34 
Im vorliegenden Fall scheidet die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 LVwVfG bereits deshalb aus, weil der Kläger mit seinen Schreiben vom 31.03.2015 und 29.04.2015 die Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 Satz 1 LVwVfG nicht eingehalten hat. Der Antrag auf Neubescheidung ist - nachdem der Kläger im Schreiben vom 26.02.2015 lediglich die Löschung beantragt hat, ohne in irgendeiner Weise ein Wiederaufgreifen geltend zu machen - im Schreiben vom 31.03.2015 darauf gestützt, dass der Kläger seit dem 12.06.2010 straffrei lebe, sich der Verdacht der Körperverletzung vom 08.02.2012 nicht habe erhärten lassen und das Verfahren daher gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei und auch das Verfahren wegen Körperverletzung vom 27.10.2012 eingestellt worden sei. Die Einstellung des Verfahrens wegen des Vorfalls am 08.02.2012 um 21.50 Uhr erfolgte mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 16.03.2012, diejenige wegen des Vorfalls vom 08.02.2012 um 23.00 Uhr mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 26.07.2012. Das Verfahren wegen des Vorfalls am 27.10.2012 stellte die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 05.03.2013 ein. Mit Erhalt der Einstellungsverfügungen hatte der Kläger Kenntnis von den Tatsachen, auf die er seinen Wiederaufnahmeantrag stützt. Dieser wurde jedoch erst über zwei Jahre nach Kenntnis der geltend gemachten Umstände gestellt. Die Einstellungsverfügungen vom 16.03.2012 und vom 26.07.2012 können zudem keine neue Sachlage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG herbeiführen, da sie im Zeitpunkt des bestandskräftigen Bescheids vom 25.11.2012 bereits vorlagen.
35 
Auch eine fehlende bzw. verspätete Dokumentation der Wiederholungsgefahr nach Ablauf der Zwei-Jahresfrist im Anschluss an die Tat vom 12.06.2010 kann entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts einen Anspruch auf Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 1 LVwVfG nicht begründen. Das Verwaltungsgericht hat - von den Beteiligten nicht angegriffen - zugrunde gelegt, dass die Speicherung des Vorfalls vom 12.06.2010 in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Tat erfolgt ist und daher die Dokumentation der Wiederholungsgefahr mit dem Vermerk vom 20.08.2012 nach Ablauf des Zwei-Jahreszeitraums des § 38 Abs. 2 PolG erfolgt ist (UA S. 13, 14). Sowohl der Ablauf des Zwei-Jahreszeitraums als auch der Vermerk vom 20.08.2012 liegen zeitlich vor Erlass des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 25.11.2012. Daher fehlt es insoweit es an einer nachträglich entstandenen neuen Sachlage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG.
36 
c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rücknahme oder Widerruf des Bescheids des Beklagten vom 25.11.2012 nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 LVwVfG (sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne).
37 
Nach § 51 Abs. 5 LVwVfG bleiben die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG und des § 49 Abs. 1 LVwVfG unberührt. Die in § 51 Abs. 5 LVwVfG verankerte Ermächtigung der Behörde, nach pflichtgemäßem Ermessen zugunsten des Betroffenen ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren im Ermessenswege wiederaufzugreifen, ermöglicht auch bei rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahren die nachträgliche Kontrolle inhaltlich unrichtiger Entscheidungen. Trifft die Behörde eine positive Entscheidung zum Wiederaufgreifen, wird hierdurch die Bestandskraft durchbrochen und der Weg für eine neue Sachentscheidung eröffnet. Mit der Befugnis zum Wiederaufgreifen korrespondiert ein gerichtlich einklagbarer Anspruch des Betroffenen auf fehlerfreie Ermessensausübung. Dabei handelt die Behörde grundsätzlich ermessensfehlerfrei, wenn sie ein Wiederaufgreifen im Hinblick auf die rechtskräftige Bestätigung ihrer Entscheidung in dem früheren Verwaltungsverfahren und das Fehlen der Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG ablehnt. In diesen Fällen bedarf es regelmäßig keiner weiteren ins Einzelne gehenden Ermessenserwägungen der Behörde. Umstände, die ausnahmsweise eine erneute Sachentscheidung und damit ein Wiederaufgreifen gebieten, müssen in ihrer Bedeutung und ihrem Gewicht mit einem der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 LVwVfG geregelten zwingenden Wiederaufgreifensgründe vergleichbar sein. Allein der Umstand, dass der bestandskräftige Verwaltungsakt nicht rechtmäßig verfügt werden durfte, genügt hierfür nicht. Dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit kommt nämlich prinzipiell kein größeres Gewicht zu als dem Gebot der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist. Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit verdichtet sich das Ermessen der Behörde zugunsten des Betroffenen, wenn das Festhalten an dem bestandskräftigen Verwaltungsakt schlechthin unerträglich wäre (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.2009 - 1 C 15.08 - BVerwGE 135, 121; Urt. v. 13.12.2011 - 5 C 9.11 - juris Rn. 29; BayVGH, Beschl. v. 09.03.2015 - 12 ZB 12.1640 - juris; je m.w.N.; Ramsauer, a.a.O., § 51 Rn. 6).
38 
Daran gemessen ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte ein Wiederaufgreifen des abgeschlossenen Verfahrens unter Hinweis auf den Bescheid vom 25.11.2012 und die versäumte Frist für einen Wiederaufgreifensantrag nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG abgelehnt hat. Das Festhalten am bestandskräftigen Bescheid vom 25.11.2012 ist nicht schlechthin unerträglich. Aufgrund der Verurteilung durch das Amtsgericht Freiburg vom 30.11.2010 steht fest, dass der Kläger am 12.06.2010 eine gefährliche Körperverletzung begangen hat. Wie das Verwaltungsgericht im erstinstanzlichen Urteil zutreffend und vom Kläger nicht angegriffen ausgeführt hat, ist bezüglich der beiden Vorfälle vom 08.02.2012 ebenso wie bezüglich der Vorfälle vom 17.10.2012 und 24.05.2015 ein Restverdacht zulasten des Klägers gegeben. Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 und 2 PolG für die Speicherung der Daten aus der Tat vom 12.06.2010 sind daher insoweit erfüllt. Auch der vom Verwaltungsgericht beanstandete Umstand, dass die Dokumentation der Wiederholungsgefahr für den Vorfall vom 12.06.2010 erst am 20.08.2012 erfolgte, macht das Festhalten am Bescheid vom 25.11.2012 nicht schlechthin unerträglich. Denn die Dokumentation der Wiederholungsgefahr erfolgte relativ bald nach Ablauf des Zwei-Jahreszeitraums. Zudem setzt § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG nach seinem Wortlaut keine gesonderte Feststellung einer Wiederholungsgefahr voraus.
39 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht dem Festhalten an dem rechtskräftigen Bescheid vom 25.11.2012 nicht entgegen, dass die Polizei dem mit einer langjährigen Datenspeicherung einhergehenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung fortlaufend Rechnung tragen müsse. Zwar trifft der Ausgangspunkt zu, dass die Speicherung personenbezogener Daten nach § 38 PolG während der Speicherdauer einen dauerhaften Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung bewirkt. Dies führt jedoch nicht zu von § 51 LVwVfG abweichenden Rechtsfolgen. Denn der Wiederaufgreifensgrund des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG kann von vornherein nur für Veränderungen gelten, die die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung unmittelbar berühren. Die Regelung erfasst somit praktisch nur Dauerverwaltungsakte (vgl. Ramsauer, § 51 Rn. 27). Der Umstand, dass die Speicherung personenbezogener Daten nach § 38 PolG zu einer dauerhaften Belastung des Betroffenen führt, ist somit im Hinblick auf § 51 Abs. 1 LVwVfG kein Ausnahmefall, sondern die typischerweise gegebene Situation. Dieser Umstand bewirkt insoweit eine Pflicht der Behörde, die Rechtmäßigkeit der Datenspeicherung unter Kontrolle zu halten, als sie zum einen über einen Wiederaufgreifensantrag unter Beachtung der Regelungen des § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG und des § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, 49 Abs. 1 LVwVfG zu entscheiden und zum anderen die Rechtmäßigkeit der weiteren Speicherung der personenbezogenen Daten nach Ablauf der gesetzlichen Speicherfristen zu prüfen hat. Nur im Ausnahmefall ist die Löschung vor Ablauf der Regelspeicherfristen geboten, wenn die Überprüfung im Einzelfall ergibt, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (vgl. dazu ausf. Senat, Urt. v. 10.02.2015 - 1 S 554/13 - VBlBW 2015, 506). Für einen solchen Ausnahmefall ist hier nichts ersichtlich. Mit den Regelungen des § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG und des § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, 49 Abs. 1 LVwVfG sowie der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der weiteren Speicherung der personenbezogenen Daten nach Ablauf der gesetzlichen Speicherfristen ist dem Umstand, dass ein dauernder Eingriff vorliegt, daher ausreichend Rechnung getragen.
40 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 30. November 2016
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Nov. 2016 - 1 S 472/16

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Nov. 2016 - 1 S 472/16 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Zivilprozessordnung - ZPO | § 580 Restitutionsklage


Die Restitutionsklage findet statt:1.wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;2.wenn eine Urkunde, auf die das Urteil

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Nov. 2016 - 1 S 472/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. März 2015 - 12 ZB 12.1640

bei uns veröffentlicht am 09.03.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt. Gründe I. D

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 10. Feb. 2015 - 1 S 554/13

bei uns veröffentlicht am 10.02.2015

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.10.2011 - 5 K 1777/09 -wird geändert. Es wird festgestellt, dass die Speicherung von Daten des Klägers zu seinen PKWs und zu folgenden Anlässen rechtswidrig war:1) 12.08.1999/Bietigheim-Bissi
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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 26. Jan. 2017 - 4 K 471/16.NW

bei uns veröffentlicht am 26.01.2017

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt die Wiederaufnahme eines bauordnungsrechtlichen Verfahre

Referenzen

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über den Status einer von der Klägerin initiierten und pflegerisch betreuten „Einrichtung“ zur Intensivpflege nach dem Bayerischen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG).

1. Die Klägerin, vormals in Gestalt der „P. V.- Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ auftretend, seit Ende 2009/Anfang 2010 als „P. V. Außerklinische Intensivpflege GmbH“ und seit 1. Juli 2013 unter „G. Gesellschaft für medizinische Intensivpflege Bayern mbH“ firmierend, betreibt einen Pflegedienst und bietet dabei u. a. die Vermittlung von Betreuungsplätzen in der von ihr als „ambulant betreute Wohngemeinschaft“ bezeichneten Einrichtung in der R.-Straße ... in M. an. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt auf der 24-stündigen, intensivpflegerischen Betreuung von beatmungspflichtigen Patienten und Wachkomapatienten.

2. Nach einer anonymen Anzeige fand am 4. März 2009 eine Begehung der Einrichtung durch die Heimaufsicht der Beklagten statt. Dabei ergab sich, dass entgegen entsprechender Vorgaben seit dem 17. Februar 2009 mit der Belegung der Einrichtung begonnen worden war und sich dort sieben Bewohner befanden, die intensivpflegerisch betreut wurden. Ferner wurden gravierende bauliche Mängel, in erster Linie im Hinblick auf unzureichenden Brandschutz festgestellt. Daraufhin untersagte die Heimaufsicht der Beklagten noch vor Ort telefonisch den weiteren Betrieb der Einrichtung. Zugleich wurde der „P. V.- Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ für jeden neu aufgenommenen Bewohner ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 EUR angedroht. Darüber hinaus ordnete die Lokalbaukommission der Beklagten mit Bescheid vom 6. März 2009 gegenüber der „P. V.- Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ die Aufgabe der bestehenden Nutzung der Einrichtung an und untersagte ihr zugleich die zukünftige Nutzung, da aus brandschutztechnischer Sicht eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit der Nutzer im Sinne von Art. 54 BayBO bestehe.

3. Nach vorheriger Anhörung erließ die Beklagte einen auf den 11. März 2009 datierten, den Bevollmächtigten der Klägerin am 3. April 2009 zugestellten Bescheid, in dem zunächst unter Ziffer I. 1. festgestellt wurde, dass das „von der P.V. Außerklinische Intensivpflege GmbH & Co. KG, vertreten durch (…), initiierte Wohnangebot für intensivpflichtige Erwachsene und Kinder in der R.-Straße ... (…)“ eine stationäre Einrichtung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG darstelle. Ferner wurde in Ziffer 2. die bereits bei der Begehung am 4. März 2009 mündlich ausgesprochene Untersagung, weitere Bewohnerinnen und Bewohner aufzunehmen, bis zur Vorlage einer baurechtlichen Nutzungsgenehmigung für eine stationäre Einrichtung bestätigt. Aufgrund der Nutzungsuntersagungen löste die Klägerin die „Wohngemeinschaft“ Mitte März 2009 auf und verlegte die bisherigen Bewohner in andere Einrichtungen. Der Bescheid vom 11. März 2009 wurde von der Klägerin nicht angefochten. Er erwuchs daraufhin in Bestandskraft. Nach vorheriger Anzeige bei der Beklagten nahm die Klägerin die Betreuung von intensivpflichtigen Patienten ab dem 31. August 2009 in der R.-Straße wieder auf.

4. Mit Schreiben vom 21. Januar 2011 stellte die Klägerin den Antrag, den Bescheid vom 11. März 2009 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei der von ihr pflegerisch betreuten Einrichtung in der R.-Straße in M. um eine ambulant betreute Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG handele, hilfsweise für den Fall, dass der Rücknahmeantrag abgelehnt werde, allein das Vorliegen einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG festzustellen. Ende 2009 sei eine Änderung auf der Geschäftsführungsebene der Klägerin sowie eine Rechtsformänderung erfolgt, die ihrerseits strukturelle Änderungen in der Einrichtung nach sich gezogen habe. Der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2009 erweise sich nunmehr aufgrund einer veränderten Sach- und Rechtslage als rechtswidrig; er sei daher nach Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG aufzuheben und abzuändern. Der dem Einstufungsbescheid zugrunde liegende Sachverhalt als auch die Rechtslage hätten sich derart verändert, dass eine Einstufung als stationäre Einrichtung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG nicht mehr erfolgen könne. Die aktuellen Gegebenheiten begründeten nunmehr das Vorliegen einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG. Angesichts der Löschung der damaligen Gesellschaft im Handelsregister erweise sich auch die Bindungswirkung des Bescheids vom 11. März 2009 als fraglich. Für den Fall der Ablehnung des Rücknahmeantrags sei jedenfalls eine erneute Statusfeststellung nach dem Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes notwendig.

5. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 11. August 2011 mit, dass sie bei einer Routineprüfung am 19. Juli 2011 nochmals eine Statuseinschätzung der Einrichtung vorgenommen habe. Die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG lägen nach wie vor nicht vor. Die in der Einrichtung lebenden Bewohner seien aufgrund ihrer Schwerstpflegebedürftigkeit nicht in der Lage, einen gemeinsamen Haushalt im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG zu führen. Die gem. Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PfleWoqG vorausgesetzte Selbstbestimmung fehle gänzlich. Ebenso entspreche die angestrebte Platzzahl von 15 Bewohnern nicht den Vorgaben des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 5 PfleWoqG.

6. Mit Schriftsatz vom 29. November 2011 erhob die Klägerin in der Folge Untätigkeitsklage und beantragte zuletzt, den Bescheid vom 11. März 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den bislang nicht verbeschiedenen Antrag der Klägerin vom 21. Januar 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Beim Schreiben der Beklagten vom 31. August 2011 handele es sich nach deren eigenem Dafürhalten nur um einen informatorischen Bericht, nicht hingegen um einen Verwaltungsakt.

7. Mit Urteil vom 24. Mai 2012 wies das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet ab. Die Beklagte habe mit bestandskräftigem Bescheid vom 11. März 2009 festgestellt, dass es sich bei dem von der „P. V. Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ initiierten Wohnungsangebot für intensivpflichtige Erwachsene und Kinder in der R.-Straße XX um eine stationäre Einrichtung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG handele. Hierin liege ein feststellender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Die Klägerin besitze indes keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 11. März 2009. Ein derartiger, allenfalls bei einer Ermessensreduzierung auf Null bestehender Anspruch würde die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bescheids voraussetzen. Der Bescheid vom 11. März 2009 sei jedoch rechtmäßig ergangen.

Ebenso wenig besitze die Klägerin einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 BayVwVfG. Das Gericht könne keine Veränderung der Sach- und Rechtslage erkennen. Weder die Rechtsnachfolge der ursprünglichen „P. V. Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ durch die Klägerin noch die geringfügige Abänderung in der Ausgestaltung der Räume in der R.-Straße bildeten eine relevante Änderung. Überdies sei der Abänderungsantrag nicht innerhalb der gesetzlichen Frist des Art. 51 Abs. 3 BayVwVfG gestellt worden.

8. Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sie ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten sowie grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ferner Verfahrensmängel geltend macht.

Hinsichtlich der sonstigen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die klageweise geltend gemachten Verpflichtungsanträge (1.) sind entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bereits mangels Klagebefugnis unzulässig (2.). Auf das Vorliegen bzw. die Darlegung von Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO kommt es deshalb nicht mehr entscheidungserheblich an.

1. Die Klägerin verfolgt, ausgehend von den zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Klageanträgen, gegenüber der Beklagten im Wege der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zwei Verpflichtungsbegehren im Sinne von § 42 Abs. 2 2. Alternative VwGO. Zunächst beansprucht sie bei sinngemäßer Auslegung die Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung der in Ziffer I. 1. des bestandkräftigen Bescheids vom 11. März 2009 erfolgten „Statusfeststellung“ der von ihr initiierten und betreuten Pflegeeinrichtung in der R.-Straße. Da zu den weiteren Regelungsinhalten des Bescheids vom 11. März 2009 kein Sachvortrag erfolgte, unterfallen diese trotz der unbeschränkten, auf den gesamten Bescheid vom 11. März 2009 gerichteten Antragsformulierung dem nachträglichen Aufhebungsverlangen offenkundig nicht. Richtete sich die Aufhebung nach Art 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG oder Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG, läge sie überdies im Ermessen der Beklagten, so dass insoweit grundsätzlich ein Verbescheidungsausspruch in Betracht käme. Demgegenüber zielt der zweite Klageantrag auf die Verpflichtung der Beklagten, die streitgegenständliche Einrichtung in der R.-Straße nunmehr als ambulant betreute Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG einzustufen. Ein Verbescheidungsausspruch scheidet insoweit aus, da die Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des Art. 2 PfleWoqG keine Ermessensentscheidung beinhaltet.

2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind beide Verpflichtungsbegehren jedoch bereits unzulässig, da der Klägerin die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis fehlt (2.1). Darüber hinaus besäße sie für die Klage auch kein Rechtsschutzbedürfnis (2.2). Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage sind auch im Berufungszulassungsverfahren durch den Senat von Amts wegen zu prüfen, da bei einer bereits unzulässigen Klageerhebung die Zulassung der Berufung von vornherein ausscheidet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, Vorb. § 124 Rn. 29, 32; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 98, 101, 102a; Frey in Gärditz, VwGO, 2013, Vorb. § 124 Rn. 72; BayVGH, B.v. 26.3.2003 - 8 ZB 02.2918 - NVwZ 2004, 629). Eine Bindung des Berufungsgerichts an die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts besteht im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage nicht.

2.1 Nach § 42 Abs. 2 VwGO setzt die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage - auch in Form der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO - voraus, dass die Klägerin durch die Unterlassung des beanspruchten Verwaltungsakts in eigenen, subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt ist. Demzufolge muss sich aus ihrem Sachvortrag die Möglichkeit ergeben, dass sie einen Anspruch auf den Erlass des klageweise erstrebten Verwaltungsakts besitzt. Umgekehrt fehlt es an der Klagebefugnis, wenn der behauptete Anspruch offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise besteht (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.1997 - 1 C 29/95 - BVerwGE 104, 115 ff. Rn. 18; BayVGH, B.v. 28.3.2011 - 12 ZB 10.31111 - juris Rn. 8). Letzteres ist vorliegend sowohl mit Blick auf die Aufhebung der „Statusfeststellung“ in Ziffer 1. des Bescheids vom 11. März 2009 (2.1.1) als auch im Hinblick auf die erstrebte Neufeststellung des „Status“ der Einrichtung in der R.-Straße der Fall (2.1.2).

2.1.1. Die von der Klägerin beanspruchte nachträgliche Aufhebung der bestandskräftigen „Statusfeststellung“ in Ziffer 1. des Bescheids vom 11. März 2009 kommt - wenn überhaupt -, so nur nach Art. 51 BayVwVfG im Wege einer Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens im engeren Sinne bzw. nach Art. 48 oder Art. 49 BayVwVfG (Wiederaufnahme im weiteren Sinn) in Betracht. Das Verfahrensrecht des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) findet nach § 1 Abs. 1 SGB X keine Anwendung. Die Annahme einer Klagebefugnis erfordert daher einen Sachvortrag der Klägerin, aus dem sich die Möglichkeit ergibt, dass ihr einer der genannten Aufhebungsansprüche zusteht. Scheidet bereits nach ihrem eigenen Vorbringen das Bestehen eines Aufhebungsanspruchs aus, fehlt es an der Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO.

2.1.1.1 Ein Anspruch auf Aufhebung der „Statusfeststellung“ in Ziffer 1. des Bescheids vom 11. März 2009 scheidet im Fall der Klägerin bereits deshalb von vornherein aus, weil sich die Regelungswirkungen dieser „Feststellung“ mit der Schließung und Abwicklung der Einrichtung in der R.-Straße im März 2009 erschöpft haben, sich mithin die „Statusfeststellung“ im Sinne von Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG auf sonstige Weise erledigt hat.

Ziffer I. 1. des Bescheids vom 11. März 2009 bezog sich auf die von der „P. V.- Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ initiierte Einrichtung in der R.-Straße, mit deren Belegung am 17. Februar 2009 begonnen und deren Betrieb durch eine anlässlich der Begehung am 4. März 2009 mündlich ausgesprochene Untersagung nach Art. 15 PfleWoqG beendet wurde. In der Folge hat die „P. V.- Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ die Einrichtung durch Verlegung der Bewohner komplett abgewickelt und der Beklagten erst Ende Juli 2009 unter Vorlage eines neuen Konzepts die beabsichtigte Neuaufnahme des Betriebs einer Pflegeeinrichtung angezeigt. Eine weitere „Statusfeststellung“ durch Verwaltungsakt erfolgte seitens der Beklagten nicht mehr. Mithin haben sich die Rechtswirkungen der „Statusfeststellung“ im Bescheid vom 11. März 2009 allein auf die - ohne fristgerechte Anzeige ab 17. Februar 2009 betriebene und im März 2009 wieder stillgelegte - Pflegeeinrichtung bezogen. Mit der Abwicklung der Einrichtung hat sich die „Statusfeststellung“ erledigt. Eine die Bestandskraft des Bescheids vom 11. März 2009 durchbrechende Wiederaufnahme eines bereits erledigten Verwaltungsakts nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 51 Rn. 14) kommt damit ebenso wenig in Betracht wie eine Rücknahme der erledigten „Statusfeststellung“ nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 48 Rn. 19; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 38; Suerbaum in Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2014, § 48 Rn. 39) oder deren Widerruf nach Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 49 Rn. 10; Suerbaum in Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2014, § 49 Rn. 45).

2.1.1.2 Hinzu kommt, dass Ziffer I. 1. des Bescheids vom 11. März 2009 sich nicht an die Klägerin des vorliegenden Verfahrens richtet, sie folglich nicht selbst betrifft. Nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Regelung bezieht sich die Feststellung des Vorliegens einer stationären Einrichtung auf das „von der P. V., Außerklinische Intensivpflege, GmbH & Co. KG, vertreten durch Frau S.-B.“ initiierte Wohnangebot in der R.-Straße. Wie die Klägerin, die „P. V. Außerklinische Intensivpflege GmbH“ selbst unter Infragestellung der Fortgeltung des Bescheids vom 11. März 2009 vorgetragen hat, ist im Zuge einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung Ende 2009 /Anfang 2010 die Kommanditgesellschaft aus dem Handelsregister gelöscht worden und Frau S.-B. aus der Geschäftsführung ausgeschieden. Damit ist zugleich der Adressat des Bescheids vom 11. März 2009 untergegangen. Dessen Rechtswirkungen könnten sich daher überhaupt nur dann auf die Klägerin erstrecken, wenn diese zivilrechtlich Rechtsnachfolgerin der Kommanditgesellschaft geworden wäre und sich aus dem materiellen Recht - im vorliegenden Fall aus der Regelungssystematik des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes - eine Erstreckung der Bindungswirkung der „Statusfeststellung“ auf die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ableiten ließe (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 43 Rn. 13 ff.; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 259 ff.). Zumindest Letzteres scheidet im vorliegenden Fall erkennbar aus. Denn die Einstufung einer Einrichtung nach Art. 2 PfleWoqG stellt keinen lediglich sachbezogenen, gewissermaßen „dinglichen“ Verwaltungsakt dar, dessen Rechtswirkungen sich automatisch auf einen Rechtsnachfolger erstrecken, sondern wird maßgeblich von der Person des Trägers bzw. im Fall der ambulant betreuten Wohngemeinschaft nach Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG des Initiators mitbestimmt. Ist die Klägerin nicht Adressatin des bestandkräftigen Bescheids vom 11. März 2009, kann sie seine nachträgliche Aufhebung im Zuge eines Wiederaufgreifens des Verfahrens nicht beanspruchen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 51 Rn. 10).

2.1.1.3 Schließlich scheidet im vorliegenden Fall die Wiederaufnahme des Verfahrens im engeren Sinn nach Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG bereits deshalb aus, weil die Klägerin mit ihrem Antrag vom 9. Januar 2011 die Dreimonatsfrist des Art. 51 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG nicht eingehalten hat (vgl. BVerwG, U.v.28.2.1997 - 1 C 29.95 - BVerwGE 104, 115 ff. Rn. 25). Der entsprechenden Feststellung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil ist sie im Zulassungsverfahren nicht entgegengetreten. Die Nichteinhaltung der Frist zur Geltendmachung von Wiederaufnahmegründen wirkt darüber hinaus auch auf die Wiederaufnahme im weiteren Sinn nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG bzw. Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG im Rahmen der behördlichen Ermessensentscheidung zurück (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 51 Rn. 6; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 51 Rn. 132).

2.1.1.4 Eine Klagebefugnis kann die Klägerin im vorliegenden Fall schließlich auch nicht unmittelbar aus der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ableiten, weil ihr andernfalls jeglicher verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz gegen die „Statusfeststellung“ abgeschnitten wäre. Vielmehr besitzt sie, wie die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren zutreffend vorgetragen hat, die Möglichkeit, Maßnahmen der Beklagten auf der Grundlage des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes mit Rechtsmitteln anzufechten, in deren Rahmen inzident auch der Status der Einrichtung als Tatbestandsmerkmal überprüft würde. Von der Möglichkeit, den ursprünglichen „Statusbescheid“ vom 11. März 2009 anzufechten, hat die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin indes keinen Gebrauch gemacht.

2.1.2 Der Klägerin fehlt im Hinblick auf die angestrebte Verpflichtung der Beklagten, den „Status“ der von ihr initiierten und betreuten Pflegeeinrichtung als ambulant betreute Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG durch Verwaltungsakt festzustellen, ebenfalls die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis.

Wie sie selbst im Zulassungsverfahren wiederholt vorträgt, sieht das Bayerische Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG) den Erlass eines statusbestimmenden, feststellenden Verwaltungsakts für Pflegeeinrichtungen nicht vor. Zwar enthält Art. 2 PfleWoqG die Legaldefinitionen verschiedener Betreuungsformen, an die je unterschiedliche ordnungsrechtliche Befugnisse der Beklagten als Heimaufsicht anknüpfen. Von daher ist nach der Systematik des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes im Rahmen des Erlasses ordnungsrechtlicher Verwaltungsakte vorab inzident der „Status“ der betroffenen Einrichtung zu prüfen. Eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zum Erlass eines statusbestimmenden Verwaltungsakts besteht indes nicht.

Auch enthält weder die Gesetzesbegründung zu Art. 4 PfleWoqG (LT-Drucks. 15/10182 S. 24 f.), der die Anzeigepflicht bei stationären Einrichtungen regelt und den die Beklagte als Rechtsgrundlage für die „Statusfeststellung“ angibt, noch zu Art. 2 PfleWoqG (LT-Drucks. 15/10182 S. 18 ff.), der die einzelnen Betreuungsformen legal definiert, einen Hinweis darauf, dass die Norm Rechtsgrundlage für einen statusbestimmenden Verwaltungsakt darstellen soll. Auch im Übrigen finden sich in der Gesetzesbegründung keine Anhaltspunkte für die Möglichkeit, den Status einer bestimmten Betreuungseinrichtung durch Verwaltungsakt festzulegen.

Selbst wenn man jedoch von einer - ungeschrieben aus dem Regelungskontext abgeleiteten - Kompetenz der Beklagten zum Erlass statusbestimmender Verwaltungsakte ausginge, würde hiermit kein Anspruch der Klägerin auf Erlass eines gesetzlich nicht vorgesehenen, feststellenden Verwaltungsakts korrespondieren. Denn das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage schließt einen entsprechenden Anspruch grundsätzlich aus (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 35 Rn. 25; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 220 aE; VGH Baden-Württemberg, U.v. 9.1.2007 - 10 S 1386/06 - NJW 2007, 1706 ff. Rn. 30 ff.). Für den klageweise erstrebten Erlass eines Verwaltungsakts, der keine Rechtsgrundlage besitzt, besteht daher ersichtlich keine Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO.

Eine Klagebefugnis lässt sich bei der vorliegenden Fallkonstellation ferner auch nicht daraus ableiten, dass die Beklagte unter Inanspruchnahme ihrer Verwaltungsaktsbefugnis eine Statusfeststellung durch Verwaltungsakt, nämlich in Ziffer I. 1. des Bescheids vom 11. März 2009, getroffen hat, da diese Feststellung, wie oben sub. 2.1.1 ausgeführt, für die aktuell bestehende „Wohngemeinschaft“ keine Geltung mehr beansprucht. Die Klägerin ist auch insoweit nicht rechtsschutzlos gestellt, als sie, wie bereits dargelegt, die Möglichkeit besitzt, gegen sie auf der Grundlage des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes ergehende ordnungsrechtliche Verfügungen gerichtlich überprüfen zu lassen, was die inzidente Prüfung des „Status“ der Einrichtung in der R.-Straße einschließt.

2.2 Darüber hinaus würde der Klägerin als ambulantem Pflegedienst für die streitgegenständlichen Verpflichtungsanträge auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Dies ergibt sich für die Aufhebung der Statusfeststellung in Ziffer I. 1. des Bescheids vom 11. März 2009 bereits aus dem Entfallen der Rechtswirkungen bzw. der fehlenden Adressatenstellung der Klägerin.

2.2.1 Dies gilt in gleicher Weise auch für die beantragte Neufeststellung des „Status“ der Einrichtung in der R.-Straße nach dem Pflege- und Wohnqualitätsgesetz. Soweit sich die Klägerin diesbezüglich in der Zulassungsbegründung wie auch im Klageverfahren erster Instanz in erster Linie, auf die Wechselwirkung zwischen der Einstufung einer Pflegeeinrichtung nach landesrechtlichem Ordnungsrecht und dem bundesrechtlich geregelten Sozialleistungsrecht, namentlich des Fünften und des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V, SGB XI), beruft, könnte sie hiermit ebenfalls nicht durchdringen, mag dies auch offenkundig ihr (wirtschaftliches) Hauptinteresse bilden.

Der Annahme einer Bindungswirkung - selbst eines Rechtsreflexes - der ordnungsrechtlichen Einstufung der Einrichtung nach Landesrecht für das bundesrechtliche Leistungsrecht stehen bereits rechtssystematische Gründe entgegen. Denn die Föderalisierung des Heimrechts hat dazu geführt, dass verschiedene und insbesondere neue Wohnformen für ältere und pflegebedürftige Menschen je nach Bundesland unterschiedlich definiert werden. Demgegenüber liegt dem bundesrechtlichen Leistungsrecht ein einheitlicher Begriff einer ambulant betreuten Wohngruppe zugrunde. Die Definition und gegenseitige Abgrenzung neuer Wohnformen, wie insbesondere die der ambulant betreuten Wohngemeinschaft, muss daher bereits aus kompetenziellen Gründen eigenständig und unabhängig voneinander erfolgen. So führt die heimrechtliche Qualifikation einer Einrichtung als ambulant betreute Wohngemeinschaft nach Landesrecht nicht automatisch zu einer sozialleistungsrechtlich identischen Qualifikation im Bundesrecht. Umgekehrt besitzt entgegen der Auffassung der Klägerin die leistungsrechtliche Qualifikation einer Einrichtung nach Bundesrecht für die ordnungsrechtliche Einstufung einer Einrichtung nach Landesrecht keine Bindungswirkung. Beide Rechtsmaterien sind voneinander unabhängig (so ausdrücklich auch Burmeister/Gaßner/König/Müller, Bayerisches Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2009, Art. 2 Rn. 3).

Soweit sich die Klägerin im vorliegenden Zusammenhang beispielhaft auf den in § 38a Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) geregelten Wohngruppenzuschlag beruft, kann sie auch aus dieser Regelung kein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage ableiten. Dies folgt bereits daraus, dass der Wohngruppenzuschlag nicht eine Leistung an die Klägerin als ambulanten Pflegedienst darstellt, sondern den Pflegebedürftigen selbst zufließt. Ein rechtliches Interesse mit Bezug auf den Wohngruppenzuschlag kommt der Klägerin folglich nicht zu. Überdies hat der Gesetzgeber den Wohngruppenzuschlag ab 1. Januar 2015 neu geregelt, die Bezugnahme auf landesrechtliches Heimrecht gestrichen und „quasi-stationäre“ Einrichtungen wie die der Klägerin aus dem Geltungsbereich nunmehr ausgenommen. Auch aus den Regelungen für den Abschluss von Pflegevereinbarungen mit den jeweiligen Leistungsträgern nach § 72 SGB XI lässt sich kein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin ableiten. Hier ist, wie bereits dargelegt, das föderalisierte Heimrecht vom bundesrechtlichen Leistungsrecht entkoppelt. Ebenso wenig bietet die Zusammenarbeit des medizinischen Dienstes der Krankenkassen und der Heimaufsicht bei der Qualitätskontrolle nach § 117 SGB XI Anhaltspunkte für eine präjudizielle Bindung der Einstufung einer Einrichtung für die jeweils andere Ebene.

2.2.2 Schließlich kann die Klägerin auch aus dem UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl. II 2008, S. 1419 ff.) kein eigenes Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die ordnungsrechtliche Qualifikation der Einrichtung in der R.-Straße ableiten. Nach Art. 19 der UN-Behindertenrechtskonvention gewährleisten die Vertragsstaaten das Recht aller Menschen mit Behinderungen, gleichberechtigt die Möglichkeit zu besitzen, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, ohne zugleich verpflichtet zu sein, in besonderen Wohnformen zu leben. Ungeachtet des Umstands, dass die Vermittlung eines subjektiven Rechtsanspruchs durch diese Norm des Völkervertragsrechts strittig ist (vgl. z. B. LSG Nordrhein-Westfalen, B.v. 6.2.2014 - L 20 SO 436/13 B ER - juris Rn. 57 ff.) und unklar bleibt, inwieweit die ordnungsrechtliche Einstufung einer von einem Pflegebedürftigen frei gewählten Einrichtung zu einem Leben in einer „fremdbestimmten Wohnform“ führt, würde die Norm jedenfalls keinen Anspruch der Klägerin als ambulanter Pflegedienst, sondern allenfalls des Behinderten selbst begründen.

Die Zulässigkeit der vorliegenden Klage würde mithin auch am fehlenden Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin scheitern. Auf das Vorliegen bzw. die Darlegung von Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO kommt es deshalb nicht mehr entscheidungserheblich an.

3. Die Klägerin trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird nach § 52 Abs. 2 GKG mit 5.000 EUR festgesetzt. Mit diesem Beschluss wird das angefochtene Urteil nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.10.2011 - 5 K 1777/09 -wird geändert. Es wird festgestellt, dass die Speicherung von Daten des Klägers zu seinen PKWs und zu folgenden Anlässen rechtswidrig war:

1) 12.08.1999/Bietigheim-Bissingen

2) 07.02.2000/Neckarwestheim

3) 07.06.2000/Neckarwestheim

4) 05.02.2002/Kirchheim am Neckar

5) 01.05.2003/Ludwigsburg

6) 10.11.2003/Bietigheim-Bissingen

7) 21.05.2004/Ludwigsburg

8) 01.10.2004/Neckarwestheim

9) 20.11.2005/Bietigheim-Bissingen

10) 11.11.2006/Rheintalstrecke, Hockenheim

11) 11.11.2006/Schwetzingen (Ermittlungsersuchen)

12) 14.01.2007/Neckarwestheim.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt der Beklagte, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger und der Beklagte je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Speicherung von Daten zu seiner Person durch das Landeskriminalamt Baden-Württemberg (im Folgenden: Landeskriminalamt), die Ereignisse zwischen 1999 und 2007 im Zusammenhang mit Protesten gegen die Nutzung von Atomenergie in Atomkraftwerken betreffen, von Anfang an rechtswidrig war.
Mit Schreiben vom 23.07.2007 stellte der Kläger beim Landeskriminalamt einen Antrag auf Auskunft über sämtliche zu seiner Person gespeicherte Daten. Das Landeskriminalamt erteilte dem Kläger mit Schreiben vom 25.09.2007 die Auskunft, nach § 38 PolG sei ein Ermittlungsverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz am 08.07.2007 gespeichert. Die Ermittlungsverfahren der Polizeidirektion Ludwigsburg wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr am 20.11.2005 sowie der Polizeidirektion Heidelberg wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr am 11.11.2006 seien gelöscht worden. Eine weitergehende Auskunftserteilung unterbleibe gemäß § 45 PolG i.V.m. § 21 Abs. 5 LDSG.
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 01.10.2007 bei der Polizeidirektion Ludwigsburg Auskunft über zu seiner Person gespeicherte polizeiliche Daten, das diese mit Schreiben vom 05.10.2007 an das Landeskriminalamt weiterleitete.
Mit Schreiben vom 01.12.2007, beim Landeskriminalamt eingegangen am 03.12.2007, wandte sich der Kläger gegen die versagte Auskunft im Schreiben des Landeskriminalamts vom 25.09.2007. Das Landeskriminalamt antwortete mit Schreiben vom 07.02.2008, das Ermittlungsverfahren der Polizeidirektion Ludwigsburg wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz am 08.07.2007 sei von der Polizeidirektion Ludwigsburg in ihrem Lagebild Informationssystem (LABIS) und in ihrer Kriminalakte und von der Polizei des Landes im Aktenverwaltungssystem Staatsschutz und der Arbeitsdatei Politisch motivierte Kriminalität in Baden-Württemberg (AD PMK) gespeichert. Alle anderen Erkenntnisse über den Kläger, die im Aktenverwaltungssystem Staatsschutz und in der AD PMK gespeichert gewesen seien, seien gelöscht worden, da die Voraussetzungen für eine weitere Speicherung nicht mehr gegeben gewesen seien. Bezüglich der gelöschten Erkenntnisse könne nach wie vor keine Auskunft erteilt werden. Eine Übermittlung der Daten des Klägers an Empfänger oder Gruppen von Empfängern sei nicht vorgesehen. Die Polizeidirektion Ludwigsburg führe den Kläger in keiner Datei als „Leiter" des „Aktionsbündnisses Castor-Widerstand ...".
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte mit Schreiben vom 12.03.2008 dem Landeskriminalamt mit, dass er den Kläger vertrete. Das Schreiben des Klägers vom 01.12.2007 sei von Anfang an als Widerspruch gegen die mit Schreiben des Landeskriminalamts vom 25.09.2007 verweigerte Auskunft zu verstehen. Mit Bescheid vom 27.03.2009 wies das Landeskriminalamt den Widerspruch des Klägers vom 12.03.2008 gegen den Bescheid des Landeskriminalamts vom 07.02.2008 zurück. Zur Begründung führte es aus, dem Kläger stehe nach wie vor kein Anspruch auf die beantragte weitergehende Auskunft zu. Es sei nicht auszuschließen, dass die zu Zwecken der Datenschutzkontrolle gespeicherten personenbezogenen Daten im Falle einer weitergehenden Auskunft die künftige polizeiliche Aufgabenwahrnehmung gefährdeten, da die Daten Rückschlüsse auf die Ermittlungstätigkeit der Polizei ermöglichten und deshalb geeignet wären, die Effektivität der Ermittlungstätigkeit zu gefährden.
Am 30.04.2009 erhob der Kläger gegen den Bescheid des Landeskriminalamts vom 07.02.2008 in Gestalt von dessen Widerspruchsbescheid vom 27.03.2009 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem Ziel, den Beklagten zu verpflichten, die weiterhin verweigerten Auskünfte über beim Beklagten gespeicherte Daten zu erteilen. Der Beklagte trat der Klage entgegen. Das Innenministerium Baden-Württemberg erklärte mit Schreiben vom 14.07.2010 als oberste Dienstbehörde gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO, dass die Verfahrensakten insoweit herausgegeben werden könnten, als sie auskunftsfähige Daten enthielten. Im Übrigen verweigerte das Innenministerium die Vorlage der Akten an das Verwaltungsgericht, weil sie dem Wohle des Landes Nachteile bereite. Der Kläger trat der Sperrerklärung des Innenministeriums entgegen.
Mit Bescheid vom 21.03.2011 erteilte das Landeskriminalamt dem Kläger Auskunft zu den Erkenntnissen, hinsichtlich derer im Ausgangsbescheid vom 07.02.2008 die Auskunft verweigert worden war, sowie über die in der AD PMK und in der Datei INPOL-Fall „Innere Sicherheit“ (IFIS) gespeicherten Erkenntnisse. Den Bescheid vom 07.02.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2009 hob es insoweit auf, als er dem entgegenstehe. Die Auskunft im Bescheid des Landeskriminalamts vom 21.03.2011 lautete (vgl. Bl. 143 ff. der VG-Akte):
„Gelöschte Erkenntnisse:
In der AD PMK
10 
Straftaten/Ordnungswidrigkeiten:
11 
11.11.2006/Rheintalstrecke, Gemarkung Hockenheim
Am Tattag gegen 20.20 Uhr leitete der Zugführer des Castortransportes etwa bei Bahn-km 18,4 Fahrtrichtung Schwetzingen eine Schnellbremsung ein, da eine Person mit ausgestreckten Armen in Richtung der Gleise gerannt war. Die Person, die das Notsignal gegeben hatte, konnte bisher nicht ermittelt werden.
Quelle: PD Heidelberg
12 
14.01.2007/Neckarwestheim
Am Tattag fand vor dem GKN Neckarwestheim, Tor 1, eine öffentliche Versammlung statt, an der ca. 80 Personen teilnahmen. Die Versammlung wurde durch das Aktionsbündnis Castor-Widerstand ... veranstaltet und trotz längerer Planung bei der zuständigen Behörde nicht angemeldet.
Quelle: PD Ludwigsburg
13 
Allgemeine Ereignisse:
14 
12.08.1999/Bietigheim-Bissingen
Um einen Nukleartransport „Excellox 6" zum AKW Neckarwestheim zu verhindern bzw. zu blockieren, wurden von mehreren Personen der Castor-Gegner die Gleise im Bahnhof Bietigheim-Bissingen besetzt.
Quelle: PD Ludwigsburg
15 
07.02.2000/Neckarwestheim
Blockade des Parkplatzes bzw. der Zufahrt zum Kernkraftwerk Neckarwestheim.
Quelle: PD Ludwigsburg
16 
07.06.2000/Neckarwestheim
Bei der Demonstration anlässlich Excellox-Transport von Walheim zum GKN Neckarwestheim wurden Personenkontrollen durchgeführt.
Quelle: PD Ludwigsburg
17 
05.02.2002/Kirchheim am Neckar
Anlässlich des Straßentransportes wurden durch Raumschutzkräfte mehrere Personen kontrolliert, welche der Anti-Akw-Szene zuzuordnen sind.
Quelle: PD Ludwigsburg
18 
01.05.2003/Ludwigsburg
Anmeldung eines Demonstrationszuges mit Kundgebung zum 1. Mai 2003 Quelle: PD Ludwigsburg
19 
10.11.2003/Bietigheim-Bissingen
Zu der von Herrn ... ab 16.00 Uhr angemeldeten Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz in Bietigheim-Bissingen trafen ab ca. 15.50 Uhr die ersten Teilnehmer ein. Ab ca. 16.30 Uhr wurden im Bereich der dortigen Skulptur sowie an den Säulen der Bedachung des angrenzenden Busbahnhofes mehrere Transparente und Plakate mit Castorbezug aufgehängt.
Quelle: PD Ludwigsburg
20 
21.05.2004/Ludwigsburg
Vom „Aktionsbündnis Castor-Widerstand ..." wurde eine Einladung zum Infostand in der Fußgängerzone beim Stadtkirchenplatz in Ludwigsburg am Tattag ins Internet eingestellt. Das Thema lautet: „Keine AKWs! Euroreaktor EPR stoppen!" Außerdem werden an diesem Tag Unterschriften für die europäische Petition für den Ausstieg aus der Atomkraft gesammelt.
Quelle: PD Ludwigsburg
21 
01.10.2004/Neckarwestheim
Am Tattag in der Zeit von 15.50 Uhr bis 18 Uhr demonstrierten 11 Personen vor dem Tor 1 des GKN Neckarwestheim. Es wurden zwei Transparente gezeigt: ENBW Gefahrstrom vom Netz! Strom aus Uran, Kohle und TI? Steinzeit? Nein Danke!
Quelle: PD Heilbronn
22 
20.11.2005/Bietigheim-Bissingen
Blockierung des Castor-Transportes um 16.35 Uhr.
Quelle: PD Ludwigsburg
23 
Maßnahmen:
24 
11.11.2006/Schwetzingen (Ermittlungsersuchen)
Ersuchen der PD Heidelberg vom 04.01.2007, Az.: 4784/06, um Vernehmung von zwei Beschuldigten. Zur Durchführung wurden sie jeweils am 08.01.2007 schriftlich vorgeladen. Dieser Aufforderung kamen beide jedoch nicht nach. Am Tattag gegen 20.20 Uhr leitete der Zugführer des Castortransportes etwa bei Bahn-km 18,0 Fahrtrichtung Schwetzingen eine Schnellbremsung ein, da er ein Notsignal neben den Gleisen wahrgenommen hatte.
Quelle: PD Ludwigsburg
25 
Sonstige Erkenntnisse (Quelle: PD Ludwigsburg):
26 
 Adresse
 ... ..., ... ...
 Fahrzeuge
 ..., Opel, 000 T98 Monocab (01.10.2004)
        
 ... ..., Citroen, 240 N 2 ZX
27 
In IFIS
28 
In IFIS
29 
20.11.2005/Vorgangsnummer 3437/05-D12
Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr - Unglücksfall
Aktenführende Dienststelle: PD Ludwigsburg
30 
11.11.2006/Vorgangsnummer 4784/06
Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr
Aktenführende Dienststelle: PD Heidelberg
31 
Gespeicherte Erkenntnisse:
32 
In der AD PMK
33 
Straftaten/Ordnungswidrigkeiten:
34 
08.07.2007/Gemmrigheim
Herr ... veranstaltete eine öffentliche Veranstaltung unter freiem Himmel, ohne die erforderliche Anmeldung durchgeführt zu haben. Er ist durch die zuständige Behörde am 04.07.2007 telefonisch darauf hingewiesen worden, dass für die Demonstration eine Anmeldung erforderlich ist, er verweigerte die Anmeldung.
Quelle: PD Ludwigsburg
35 
15.04.2009/Neckarwestheim
Herr ... hat sich durch sein Handeln vor Ort als Verantwortlicher für eine nicht angemeldete Demonstration vor GKN Neckarwestheim am Tattag hervorgetan.
Quelle: PD Ludwigsburg
36 
Sonstige Speicherungen (Quelle: PD Ludwigsburg)
37 
 Adresse
 ... ... ... ..., ... ...
38 
Die Frist zur Überprüfung der Löschung der in der AD PMK gespeicherten personenbezogenen Daten und Vernichtung der entsprechenden Unterlagen ist - soweit diesbezüglich keine neuen Erkenntnisse gespeichert werden müssen - zum 29.03.2011 vorgesehen.
39 
In IFIS
40 
08.07.2007/Vorgangsnummer ST/0113343/2007
Versammlungsgesetz
Aktenführende Dienststelle: PD Ludwigsburg
41 
15.04.2009/Vorgangsnummer 0493021/2009
Versammlungsgesetz
Aktenführende Dienststelle: PD Ludwigsburg
42 
Die Frist zur Überprüfung der Löschung der in der IFIS gespeicherten personenbezogenen Daten und Vernichtung der entsprechenden Unterlagen ist - soweit diesbezüglich keine neuen Erkenntnisse gespeichert werden müssen - zum 15.04.2014 vorgesehen.“
43 
Der Kläger beanstandete daraufhin, bei den gelöschten Erkenntnissen finde sich kein einziger Hinweis darüber, dass er tatsächlich auch in einem Zusammenhang mit den Vorfällen stehe bzw. überhaupt in Person dort anwesend gewesen sei. Die Auskunft erwecke den Eindruck, dass aufgrund des Wissens des Landeskriminalamts über die Atomkraft-Gegnerschaft des Klägers alle Ereignisse in dessen weiterem Wohnbereich erfasst und gespeichert worden seien. Die Auskunft sei nachzubessern. Mit Schreiben vom 27.05.2011 und 26.09.2011 erteilte das Landeskriminalamt weitere Auskünfte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 27.05.2011 (Bl. 191 ff. der VG-Akte) und 26.09.2011 (Bl. 205 ff. der VG-Akte) Bezug genommen.
44 
Die Beteiligten erklärten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich des Auskunftsbegehrens für alle Angaben bis zum 15.04.2009 übereinstimmend für erledigt. Hinsichtlich der gelöschten Daten beantragte der Kläger, festzustellen, dass die Erfassung und Speicherung der Daten des Klägers in den polizeilichen Auskunftssystemen des Beklagten, die von dem Beklagten beauskunftet worden sind, von Anfang an rechtswidrig gewesen sind. Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.
45 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 17.10.2011 die Klage abgewiesen. Die verbleibende Klage bezüglich der gelöschten Daten sei als allgemeine Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) zwar statthaft, aber mangels Feststellungsinteresse unzulässig. Die Feststellungsklage sei mangels Vorliegens eines Verwaltungsaktes nicht subsidiär. Die streitigen Datenspeicherungen seien mangels einer Bekanntgabe an den Kläger keine Verwaltungsakte, sondern Realakte, die dazu geeignet seien, Regelungen vorzubereiten. Sie würden auch nicht infolge einer nachträglichen Information des Betroffenen zu Verwaltungsakten. Da zwischen den Beteiligten umstritten sei, ob die Speicherung einer Vielzahl von personenbezogenen Daten des Klägers rechtmäßig gewesen sei, liege ein streitiges Rechtsverhältnis vor. Ob mit dem auf die „beauskunfteten Daten“ bezogenen Klageantrag das Rechtsverhältnis hinreichend konkret bezeichnet sei und unter welchen Voraussetzungen ein in der Vergangenheit liegendes Rechtsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein könne, brauche nicht entschieden zu werden. Denn es fehle am Feststellungsinteresse. Eine Wiederholungsgefahr sei zu verneinen. Die beauskunfteten Vorgänge beträfen eine Vielzahl von nach Zeitpunkt, Ort und Anlass unterschiedlichen Ereignissen in einem Zeitraum von einem Jahrzehnt. Es handele sich daher um mehrere, vom Kläger nicht näher konkretisierte vergangene Rechtsverhältnisse. Aufgrund der nicht hinreichend substantiierten einzelnen Sachverhalte fehle eine verlässliche Grundlage für die zu treffende Prognose, ob sich ein, mehrere oder alle beauskunfteten Vorgänge in naher Zukunft wiederholen würden. Dem Kläger stehe auch kein Rehabilitationsinteresse zur Seite. Die Speicherung personenbezogener Daten des Klägers habe sich innerhalb der (vollzugs-)polizeilichen Verwaltung des Beklagten vollzogen. Sie habe als Realakt mangels Bekanntgabe an den Kläger schon keine äußere Wirksamkeit entfaltet und sei auch nicht anderweitig der Öffentlichkeit bekannt geworden. Sie habe keine ehrenrührige Wirkung. Die Daten seien Dritten - nichtstaatlichen Stellen oder Personen - nicht bekannt. Der Kläger habe auch kein Feststellungsinteresse, um einen Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozess vorbereiten zu können. Er habe nicht ansatzweise die anspruchsbegründenden Umstände eines datenschutzrechtlichen Schadensersatzanspruchs dargelegt. Ein Anspruch aus § 25 LDSG setze voraus, dass durch eine unzulässige oder unrichtige Verarbeitung (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LDSG) personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 1 LDSG) des Klägers in oder aus Dateien einer öffentlichen Stelle des Beklagten dem Kläger ein Schaden zugefügt worden sei. Der Kläger lasse offen, ob ihm überhaupt ein Schaden zugefügt worden sei. Er mache einen Schadensersatzanspruch „ins Blaue hinein" geltend. Schließlich sei auch ein Feststellungsinteresse wegen eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs zu verneinen. Es fehle bereits an einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff. Bei der Speicherung personenbezogener Daten des Klägers handele es sich gerade nicht um sich schnell erledigende Akte.
46 
Mit der durch Beschluss des Senats vom 12.03.2013 zugelassenen Berufung wendet sich der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts. Er beantragt:
47 
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.10.2011 - 5 K 1777/09 wird geändert. Es wird festgestellt, dass die Erhebung und Speicherung der über den Kläger gesammelten Daten zu nachfolgenden Anlässen rechtswidrig war:
48 
1) 12.08.1999/Bietigheim-Bissingen
2) 07.02.2000/Neckarwestheim
3) 07.06.2000/Neckarwestheim
4) 05.02.2002/Kirchheim am Neckar
5) 01.05.2003/Ludwigsburg
6) 10.11.2003/Bietigheim-Bissingen
7) 21.05.2004/Ludwigsburg
8) 01.10.2004/Neckarwestheim
9) 20.11.2005/Bietigheim-Bissingen/Castortransport
10) 11.11.2006/angebliche Blockade
11) 11.11.2006/Schwetzingen (Ermittlungsersuchen) (= Doppelspeicherung zu 10.) 11.11.2006/angebliche Blockade)
12) 14.01.2007/Neckarwestheim - Speicherung als Zeuge
13) Speicherung von dem KIäger zugeordneten PKW-Daten
49 
Er habe ein Feststellungsinteresse. Es bestehe Wiederholungsgefahr, da alle streitigen Datenspeicherungen im Zusammenhang mit den Protesten des Klägers gegen die Nutzung der Atomenergie stünden, die er fortführen werde, solange Atomkraftwerke betrieben würden. Er habe sich auch in den Jahren 2011 bis 2013 an Versammlungen gegen die Nutzung der Atomenergie beteiligt und sei - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargelegt - 2014 Anmelder und Leiter von Demonstrationen hierzu gewesen. Die Wiederholungsgefahr könne nicht im Hinblick darauf verneint werden, dass es sich um mehrere nicht näher konkretisierte Rechtsverhältnisse im Zeitraum eines Jahrzehnts handele. Die mehreren in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisse stünden in einem eindeutigen Bezug zueinander, da sie allesamt die Proteste des Klägers gegen die Nutzung der Atomenergie beträfen. Es könne sich nicht zum Nachteil des Klägers auswirken, dass es im Zusammenhang mit seinen grundrechtlich geschützten Aktivitäten nicht nur zu einer, sondern zu mehreren Datenspeicherungen gekommen sei. Der Kläger habe ein Rehabilitationsinteresse. Der Eingriff in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei schwerwiegend. Daraus resultiere eine Diskriminierungswirkung. Ob die Datenspeicherung äußere Wirkung entfaltet habe, sei unerheblich. Andernfalls wäre der gesamte Bereich sicherheitsbehördlicher Datenverarbeitung gerichtlicher Kontrolle entzogen. In das Persönlichkeitsrecht des Klägers sei zudem durch seine Qualifizierung als bekannter Straftäter und Überzeugungstäter in schwerwiegender Weise eingegriffen. Schließlich seien die polizeilichen Maßnahmen öffentlich bekannt geworden, wie die Berichte der Ludwigsburger Kreiszeitung vom ... und ..., der Stuttgarter Zeitung vom ..., des Heftes ... des Friedensforums und die Rückfrage der Versammlungsbehörde beim Arbeitgeber des Klägers im Vorfeld des für den 08.07.2007 vorgesehenen Anti-AKW-Spaziergangs zeigten. Der Kläger müsse sich die Möglichkeit eines Amtshaftungsprozesses vorbehalten. Die Geltendmachung eines Anspruchs nach § 23 LDSG sei nicht von vornherein aussichtslos. Daten des Klägers seien über Jahre hinweg rechtswidrig gespeichert worden. Diese würden bei entsprechenden Polizeieinsätzen entgegen der Darstellung des Beklagten für alle am Einsatz beteiligten Beamten freigeschaltet. Aufgrund dieser weit gehenden Zugriffsmöglichkeiten auf die über den Kläger gespeicherten Daten habe er ein Interesse daran, die Berechtigung der Speicherung überprüfen zu lassen. Schließlich liege ein tiefgreifender Grundrechtseingriff in das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG vor. Er sei als politisch links motiviert, Überzeugungstäter und bekannter Straftäter bezeichnet worden, obwohl keine einzige Verurteilung vorgelegen habe und die meisten über den Kläger gespeicherten Vorfälle gar keine Straftaten zum Inhalt gehabt hätten. Auch die Möglichkeit des Abgleichs der zum Kläger gespeicherten Daten mit anderen Dateien der Sicherheitsbehörden stelle einen tiefgreifenden Eingriff dar. Zwar handele es sich nicht um einen Fall sich typischerweise schnell erledigender Hoheitsakte, jedoch gehe es um die typischerweise lang andauernde Speicherung von Daten.
50 
Die Klage sei auch begründet. Er begehre die Feststellung der Rechtswidrigkeit nicht nur der Speicherung, sondern auch der Erhebung von Daten. Dies sei bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen, in dem er die „Erfassung und Speicherung“ von Daten zum Verfahrensgegenstand gemacht habe. Er sei im Zusammenhang mit Protesten gegen die Nutzung der Atomkraft nie straffällig geworden. Die Annahme einer politisch motivierten Tat setze voraus, dass über die begangene Straftat hinaus Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Täter mit seiner Tat den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen, politische Ziele erreichen oder verhindern oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen oder gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung wenden wolle. Weil die Speicherung in der AD PMK einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte der Betroffenen darstelle, verlange schon der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, strenge Anforderungen an die Darlegung der Speicherungsvoraussetzungen zu stellen. Zu den einzelnen Ereignissen sei auszuführen: Der Vorfall am 12.08.1999 in Bietigheim-Bissingen rechtfertige keine Speicherung. Die an dieser Demonstration beteiligten Personen hätten keineswegs die Gleise 10 und 11 blockiert, sondern sich ordnungsgemäß auf den Bahnsteigen der Gleise 10 und 11 im Bahnhof befunden. Nachdem die deshalb von vornherein rechtlich nicht begründete Aufforderung der Polizei, die Bahnsteige zu räumen, von den Demonstranten, darunter dem Kläger, befolgt worden sei und diese sich durch die dort gelegene Bahnunterführung vom Bahnhof entfernt hätten, sei eine Personalienfeststellung der Beteiligten vorgenommen worden. Bei dem Vorfall am 07.02.2000 in Neckarwestheim sei es zu keinerlei Behinderungen gekommen, da keinerlei Transporte durchgeführt worden seien, die hätten behindert werden können. Bei dem Tor 1 des Kraftwerks handele es sich um ein Tor, das nicht für den Transport von Gütern benutzt werde, sondern um einen Publikumszugang. Es sei zu keinerlei Blockade gekommen und die Demonstranten, darunter der Kläger, hätten ihre Aktion bereits beendet gehabt, als die Polizei hinzugekommen sei. Auch bei den Aktionen am 07.06.2000 in Neckarwestheim und am 04.05.2002 in Kirchheim am Neckar gebe es keinerlei Hinweise auf irgendeine Straftat des Klägers. Die Tatsache einer Personenkontrolle rechtfertige keine polizeiliche Erfassung. Die Teilnahme an Demonstrationen sei ein grundrechtlich geschütztes Verhalten. Für den 01.05.2003 in Ludwigsburg und den 10.11.2003 in Bietigheim-Bissingen habe der Kläger jeweils eine Demonstration angemeldet. Dies sei keine Straftat und könne daher eine Speicherung des Klägers nicht rechtfertigen. Die Demonstrationen seien ordnungsgemäß und ohne jede Störung verlaufen. Bei dem am 21.05.2004 in Ludwigsburg in der Fußgängerzone aufgebauten Informationsstand habe es sich um einen ordnungsgemäß angemeldeten Informationsstand gehandelt. Irgendwelche strafbaren Handlungen seien in diesem Zusammenhang nicht vorgekommen und würden von dem Beklagten nicht behauptet. Am 01.10.2004 habe in Neckarwestheim eine Spontandemonstrationen einiger Personen einschließlich des Klägers stattgefunden, nachdem man von einem unmittelbar bevorstehenden Castor-Transport erfahren habe. Dabei seien zwei Transparente mit den von dem Beklagten wiedergegebenen Texten gezeigt worden. Ein Rechtsverstoß des Klägers sei nicht ersichtlich. Bei dem Castor-Transport am 20.11.2005 in Bietigheim-Bissingen hätten sich die Demonstranten erst dann in den Gleisbereich begeben, als ihnen auch von der Polizei bestätigt worden sei, dass der Zug bereits einige Kilometer zuvor zum Halten gekommen sei. Die Behauptung des Beklagten, dass es in dem örtlichen Bereich, an dem sich der Kläger aufgehalten hatte, zu einer schnellen Bremsung des Castortransports gekommen sei, sei unrichtig. Aus diesem Grund sei schließlich das Verfahren von der Staatsanwaltschaft Heilbronn nach § 170 Abs. 2 StPO aus Rechtsgründen eingestellt worden. Zu dem Vorfall am 11.11.2006 erinnere sich der Kläger genau, dass er seinerzeit an einer Protestdemonstration gegen den Castor-Transport teilgenommen habe. Er habe sich in Begleitung einiger weiterer Personen neben dem Gleiskörper befunden und dort mit Protestschildern auf die Vorbeifahrt des Zuges gewartet, die sich verzögert habe. Dabei habe der Kläger wie auch die anderen Demonstrationsteilnehmer den üblicherweise unmittelbar vor dem Castortransport herfliegenden Hubschrauber wahrgenommen, der sich jedoch nicht mehr angenähert habe. Aus dieser Wahrnehmung hätten sie gefolgert, dass der Zug an dem wohl etwa drei bis vier Kilometer entfernten Ort, über dem der Hubschrauber unverändert gekreist sei, bereits zum Halten gekommen sei. Dieser Sachverhalt sei ihnen von den anwesenden Polizisten bestätigt worden. Erst nachdem auf diese Weise zweifelsfrei festgestellt gewesen sei, dass kein Zug ankommen würde, hätten sich der Kläger und die anderen Demonstranten auf den Gleiskörper begeben. Erst nach einiger Zeit seien sie aufgefordert worden, die Gleise wieder zu verlassen. Dieser Aufforderung seien sie sofort gefolgt. Trotzdem seien von allen die Personalien festgestellt worden. Bei dem Ermittlungsersuchen zum Vorfall vom 11.11.2006 in Schwetzingen handele es sich um eine Doppelspeicherung zu der angeblichen Blockade an diesem Tag. Der Kläger könne sich auf diese Informationen keinen Reim machen. Möglicherweise sei es so gewesen, dass man gegen den Kläger im Zusammenhang mit dem mehrere Kilometer zuvor erfolgten Stopp des Zuges gleichzeitig ein weiteres Ermittlungsverfahren geführt habe. Möglicherweise habe man gegen den Kläger zwei Ermittlungsverfahren wegen unterschiedlicher Taten an unterschiedlichen Orten geführt, er könne sich jedoch nicht an beiden Orten gleichzeitig befunden haben. Bezüglich des Vorfalls am 14.01.2007 in Neckarwestheim, hinsichtlich dessen der Kläger als Zeuge gespeichert gewesen sei, sei dem Kläger niemals ein strafrechtlicher Vorwurf gemacht worden. Zu den gespeicherten Fahrzeugen sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger nie ein Fahrzeug 00T98 Monocab (01.10.2004) besessen habe. Den Opel habe der Kläger vor dem Citroen besessen. Die Speicherung von Typ und Kennzeichnen eines nicht mehr vom Kläger geführten Fahrzeugs dürfte schon deshalb nicht mehr zulässig sein, weil es nicht mehr erforderlich sei. Auch die Speicherung des aktuellen und überdies nicht vom Kläger allein genutzten Fahrzeugs sei nicht zulässig. Es liege keinerlei Vorwurf vor, der im Zusammenhang mit dem Führen eines PKWs stünde.
51 
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten. Zu der Klageerweiterung durch Einbeziehung auch der Erhebung von Daten in die Feststellungsklage werde keine Einwilligung erteilt. Er beantragt,
52 
die Berufung zurückzuweisen.
53 
Die Klage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Zutreffend habe das Verwaltungsgericht ausgeführt, es fehle an einer verlässlichen Grundlage für die zu treffende Prognose einer Wiederholungsgefahr, da der Kläger die vergangenen Rechtsverhältnisses nicht näher konkretisiert habe. Die Behauptung des Klägers, die Polizei werde ihn anlässlich legaler Proteste gegen die Nutzung der Atomenergie in unzulässiger Weise erfassen und speichern, sei eine vage Vermutung und könne eine konkrete Wiederholungsgefahr nicht belegen. Bei rechtskonformem Verhalten des Klägers sei davon auszugehen, dass mit einer Speicherung seiner Daten nicht zu rechnen sei. Allein die Absicht des Klägers, sich auch zukünftig an Demonstrationen zu beteiligen, genüge für die Bejahung einer Wiederholungsgefahr nicht. Ein Rehabilitationsinteresse stehe dem Kläger nicht zu. Die streitbefangenen Datenspeicherungen seien nicht geeignet, ehrenrührige Wirkungen zu entfalten. In der Öffentlichkeit habe es noch nie eine überwiegend negative Einstellung gegenüber Atomkraftgegnern gegeben. Dies gelte erst recht seit den Ereignissen in Fukushima. Die Speicherung personenbezogener Daten des Klägers sei von Seiten der Polizei ebenso wenig der Öffentlichkeit bekannt gemacht worden wie der Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht. Der Kläger selbst sei offensichtlich mit Informationen über die Datenspeicherungen an die Öffentlichkeit gegangen. Der Artikel in der Ludwigsburger Kreiszeitung vom ... sei so detailliert, dass er nur auf vom Kläger erhaltenen Informationen beruhen könne. Auch dem Artikel aus der Stuttgarter Zeitung vom ... sei zu entnehmen, dass der Kläger von sich aus Aussagen zu seiner Teilnahme an vergangenen - nicht rechtmäßigen - Aktionen gemacht habe. Wie vom Landratsamt Ludwigsburg im Schreiben vom 20.08.2007 ausgeführt, seien bei dem Anruf beim Arbeitgeber des Klägers Angaben zum Grund der Kontaktaufnahme aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gemacht worden. Die Anrufe des Landratsamts hätten dem Zweck gedient, die Erreichbarkeit des Klägers in Erfahrung zu bringen; darüber hinaus seien keinerlei Rückfragen gestellt worden. Eine konkrete Herabsetzung seiner Person durch die Speicherung in den polizeilichen Dateien trage der Kläger nicht vor. Auch ein Feststellungsinteresse zur Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozesses sei zu verneinen. Zutreffend habe das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Kläger insoweit anspruchsbegründende Umstände nicht dargelegt habe. Der Fall des Klägers sei einer Prüfung durch den Landesbeauftragten für den Datenschutz unterzogen worden. Zwischen dem Beklagten und dem Landesbeauftragten sei keine Einigung hinsichtlich des Umfangs der Auskunftserteilung erzielt worden. Die Datenspeicherung hingegen sei nicht beanstandet worden. Unzutreffend sei die Darstellung des Klägers zum polizeilichen Zugriff auf die AD PMK, eine Freischaltung bei polizeilichen Einsätzen gebe es nicht. Auch fehle es an einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe.
54 
Die Klage sei zudem unbegründet, da die Speicherungen zur Person des Klägers zulässig und erforderlich gewesen seien. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten gehörten sowohl die Verhütung von Straftaten als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten. Abhängig von der Qualität der über den Kläger gewonnenen Erkenntnisse sei er als Beschuldigter, potentieller Straftäter oder Zeuge zu führen. Rechtsgrundlage hierfür sei § 38 PolG bzw. § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 5 PolG. Gemäß Ziffer 3.1 des Verfahrensverzeichnisses zur AD PMK diene diese der zentralen Speicherung von Daten und Erkenntnissen aus dem Bereich der politisch motivierten Kriminalität. Beim Berufungskläger handele es sich nicht nur um eine als Atomkraftgegner engagierte, sondern auch um eine in diesem Zusammenhang straffällig gewordene Person. Er habe sich nicht nur an legalen Aktionen beteiligt. Zur Frage, ob bei Personen, die als potentielle Straftäter i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG eingestuft worden seien, weitere Daten zugespeichert werden dürften, habe das Innenministerium in der Stellungnahme der Landesregierung zum 27. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für Datenschutz die Auffassung vertreten, dass die Speicherung politisch motivierter Vorkommnisse nicht losgelöst von geschehenen oder drohenden Straftaten erfolgen könne, dass eine Person nur dann als potenzieller Straftäter eingestuft werden dürfe, wenn Anhaltspunkte den Schluss auf die künftige Begehung von Straftaten zuließen, dass eine solche Einstufung nicht allein auf Verhaltensweisen gestützt werden dürfe, die eine zulässige Wahrnehmung von Grundrechten darstellten, und dass jedoch für den Fall, dass eine Person aufgrund anderer Anhaltspunkte als potenzieller Straftäter anzusehen sei, nicht erforderlich sei, dass jedes weitere zu dieser Person gespeicherte Datum ebenfalls diese Voraussetzungen erfülle (LT-Drs. 14/1269). Hieran habe die Landesregierung in der Stellungnahme zum 28. Tätigkeitsbericht festgehalten (LT-Drs. 14/2366), das Landeskriminalamt teile diese Auffassung.
55 
Bei den inzwischen gelöschten Daten sei der Kläger zu den Vorfällen vom 12.08.1999 in Bietigheim-Bissingen, vom 20.11.2005 in Bietigheim-Bisssingen und vom 11.11.2006 in Hockenheim/Schwetzingen als Beschuldigter geführt worden. Die Daten stammten aus Ermittlungsverfahren. Die Speicherungsberechtigung habe sich aus § 38 PolG ergeben. Zum Ereignis vom 12.08.1999 in Bietigheim-Bissingen stehe der Darstellung des Klägers entgegen, dass das auch gegen den Kläger geführte Verfahren wegen Nötigung beim Amtsgericht Besigheim gemäß § 153 StPO eingestellt worden sei. Wegen des Vorfalls am 20.11.2005 in Bietigheim-Bissingen sei das Verfahren wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr von der Staatsanwaltschaft Heilbronn am 24.06.2006 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Der Verfahrensausgang habe der Polizeidirektion Ludwigsburg zum Zeitpunkt der Überprüfung durch den Landesbeauftragten noch nicht vorgelegen und habe erst eingeholt werden müssen. Nach dessen Erhalt sei die Löschung erfolgt, da die rechtlichen Voraussetzungen für eine weitere Speicherung nicht mehr gegeben gewesen seien. Der Tatverdacht nach § 38 PolG ergebe sich bereits aus den strafprozessualen Ermittlungen. Dass ein Ereignis mit strafrechtlichem Hintergrund erst dann gespeichert werden könnte, wenn der justizielle Verfahrensausgang vorliege, werde von der Gesetzeslage nicht gefordert. Am 11.11.2006 sei der Castortransport zwischen Schwetzingen und Hockenheim von zehn auf den Gleisen befindlichen Personen blockiert worden. Unter ihnen habe sich der Kläger befunden. Die Blockade sei gegen 21:00 Uhr durch die Polizei aufgelöst und die Teilnehmer von den Gleisen verbracht worden. Gegen die Teilnehmer sei wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr und Nötigung ermittelt worden. Der Kläger sei Beschuldigter wegen eines Eingriffs in den Bahnverkehr gewesen. Die in dem Verfahren ermittelnde Polizeidirektion Heidelberg habe ein Ersuchen an die Polizeidirektion Ludwigsburg mit der Bitte um Vernehmung des Klägers gesandt. Das Verfahren sei von der Staatsanwaltschaft Mannheim eingestellt worden, worauf die Löschung der Daten erfolgt sei. Die Speicherung des Ereignisses selbst sei in die Zuständigkeit der Polizeidirektion Heidelberg gefallen, während für die Speicherung des Tätigwerdens im Rahmen des Ermittlungsersuchens die Polizeidirektion Ludwigsburg zuständig gewesen sein. Beiden Speicherungen liege jedoch der gleiche Sachverhalt zu Grunde.
56 
Bei den Vorfällen vom 07.02.2000 und vom 10.11.2003 ergebe sich die Speicherberechtigung nicht aus § 38 PolG, wie im Schriftsatz vom 14.06.2013 ausgeführt, sondern - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt - aus § 37 PolG. Am 07.02.2000 sei es vor Tor 1 des Kraftwerks Neckarwestheim zu einer Blockadeaktion gekommen. Über die komplette Zufahrtsstraße sei eine Blockade aus Transparenten und leeren Fässern mit Atomsymbolen aufgebaut worden. Nachdem die angeforderten Kräfte eingetroffen seien, hätten die Blockierer ihre Blockade freiwillig aufgegeben, ohne Aufforderung durch die Polizei. Von sämtlichen Personen, darunter dem Kläger, seien die Personalien erhoben worden, da noch habe geklärt werden müssen, ob Anklage wegen Nötigung erfolge. Er habe erklärt, dass diese Aktion eine Taktik der Nadelstiche im Hinblick auf die laufenden Konsensgespräche in Berlin sei, mehr würde das nicht bedeuten. Die Speicherung sei aufgrund der Einstufung des Klägers als potentieller Straftäter im Sinn des § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG in Anwendung der dargelegten Ausführungen des Innenministeriums zur Frage, ob bei solchen Personen weitere Daten zugespeichert werden dürften, erfolgt. Dies gelte auch für das Ereignis vom 10.11.2003 in Bietigheim-Bissingen. Zu der vom Kläger ab 16:00 Uhr angemeldeten Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz seien ab ca. 15:50 Uhr die ersten Teilnehmer eingetroffen. Ab ca. 16:30 Uhr seien im Bereich der dortigen Skulptur sowie an den Säulen der Bedachung des angrenzenden Busbahnhofs mehrere Transparente mit Castor-Bezug aufgehängt worden. Zwar sei im Rahmen der angemeldeten Kundgebung ein strafbares Verhalten des Klägers nicht feststellbar gewesen. Die Speicherung des Ereignisses sei jedoch zur Dokumentation seiner Aktivitäten im Hinblick auf die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten erforderlich gewesen.
57 
Bei den inzwischen gelöschten Daten sei der Kläger zu dem Vorfall am 14.01.2007 in Neckarwestheim als Zeuge geführt worden. Die Speicherungsberechtigung habe sich aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 5 PolG i.V.m. Ziff. 5.6 des Verfahrensverzeichnisses ergeben. Am 14.01.2007 habe vor dem Kraftwerk Neckarwestheim, Tor 1 eine öffentliche Versammlung stattgefunden, an der ca. 80 Personen teilgenommen hätten. Die Versammlung sei durch das Aktionsbündnis Castor-Widerstand ... veranstaltet und trotz längerer Planung bei der zuständigen Behörde nicht angemeldet worden. Der Kläger sei Zeuge in einem Ermittlungsverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz gewesen.
58 
Bezüglich der gelöschten Daten zu den Ereignissen am 07.06.2000 in Neckarwestheim, am 05.02.2002 in Kirchheim am Neckar, am 01.05.2003 in Ludwigsburg, am 21.05.2004 Ludwigsburg und am 01.10.2004 in Neckarwestheim werde davon ausgegangen, dass die Speicherung in Anwendung der dargelegten Auffassung des Innenministeriums zur Frage, ob bei Personen, die als potenzielle Straftäter im Sinne des § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG eingestuft worden seien, weitere Daten zugespeichert werden dürften, rechtmäßig erfolgt sei. Mangels Aktenrückhalts ließen sich hierzu jedoch keine weiteren Aussagen treffen. Am 07.06.2000 in Neckarwestheim seien bei einer Demonstration anlässlich eines Excellox-Transports von Walheim zum Kraftwerk Neckarwestheim Personenkontrollen durchgeführt worden. Am 05.02.2002 in Kirchheim am Neckar seien anlässlich des Straßentransports durch Raumschutzkräfte mehrere Personen kontrolliert worden, welche der Anti-AKW-Szene zuzuordnen seien. Für den 01.05.2003 sei in Ludwigsburg ein Demonstrationszug mit Kundgebung angemeldet worden. Für den 01.05.2004 sei vom Aktionsbündnis Castor-Widerstand ... eine Einladung zum Infostand in der Fußgängerzone beim Stadtkirchenplatz in Ludwigsburg ins Internet eingestellt worden. Das Thema habe gelautet: "Keine AKWs! Euroreaktor EPR stoppen!" Außerdem seien an diesem Tag Unterschriften für die europäische Petition für den Ausstieg aus der Atomkraft gesammelt worden. Am 01.10.2004 hätten in Neckarwestheim von 15:50 Uhr bis 18:00 Uhr elf Personen vor dem Tor 1 des Kraftwerks demonstriert. Es seien zwei Transparente gezeigt worden: EnBW Gefahrstrom vom Netz! Strom aus Uran, Kohle und TI? Steinzeit? Nein danke!
59 
Die Speicherungsberechtigung zu den gelöschten Fahrzeugdaten des Klägers ergebe sich aus §§ 37, 38 PolG i.V.m. Ziff. 4 des Verfahrensverzeichnisses und Ziff. 4 des hierzu ergangenen Datenspiegels. Die Speicherung von Fahrzeugdaten erfolge nur dann, wenn der Betroffene das Fahrzeug im Zusammenhang mit erfassten Ereignissen auch benutzt habe bzw. Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Betroffene das Fahrzeug im Zusammenhang mit zukünftigen Ereignissen nutzen werde. Den Akten sei zu entnehmen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Vorfalls am 01.10.2004 Halter eines Opels mit dem Kennzeichen ... ... gewesen sei. Bei der Bezeichnung "T98 Monocab" handele es sich um die offizielle Typenbezeichnung für den Opel Zafira. Das Fahrzeug sei am 08.01.2008 noch gespeichert gewesen, bei der nächsten Abfrage vom 25.03.2009 jedoch nicht mehr. Das Fahrzeug Citroën 240 N 2 ZX mit dem Kennzeichen ... ... sei nur bei der am 25.07.2007 erfolgten Abfrage aufgeführt gewesen, bei der Abfrage am 05.12.2007 nicht mehr.
60 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten vor.

Entscheidungsgründe

 
61 
A. Zulässigkeit der Berufung
62 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO).
63 
B. Begründetheit der Berufung
64 
Die Klage ist zulässig und begründet, soweit der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Speicherung von Daten zu seinen PKWs und zu den bezeichneten Anlässen begehrt (1). Im Übrigen, soweit der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erhebung von Daten beantragt, ist die Klage unzulässig (2).
65 
1. Die als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthafte Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der vorgenommenen Speicherungen ist zulässig (a) und begründet (b).
66 
a) Die allgemeine Feststellungsklage ist zulässig. Die streitigen Rechtsverhältnisse sind konkret bezeichnet. Für die begehrte Feststellung hat der Kläger auch ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr. Offen bleiben kann daher, ob aus anderen Gründen ein Feststellungsinteresse folgt.
67 
Ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn der Kläger mit einer Wiederholung der erledigten Maßnahme rechnen muss. Es müssen konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt einer vergleichbaren Belastung bzw. einer erneuten Ablehnung des Begehrens bei einem vergleichbaren und abzusehenden Sachverhalt vorgetragen werden. Ein solches Interesse setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige behördliche Maßnahme erlassen wird. Nicht ausreichend ist die vage oder abstrakte Möglichkeit einer Wiederholung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.01.1995 - 8 B 168.94 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 272; Senat, Urt. v. 24.11.1994 - 1 S 2909/93 - DVBl 1995, 367; Beschl. v. 16.07.2012 - 1 S 997/12 -; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.07.2010 - 10 S 2400/09 - ESVGH 61, 51; OVG NRW, Urt. v. 24.11.1998 - 5 A 1107/96 - NJW 1999, 2202). Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt damit zum einen die Möglichkeit eines vergleichbaren Verhaltens des Betroffenen voraus, das seiner Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen führt. Zum anderen ist Voraussetzung, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. zu Versammlungen: BVerfG, Kammerbeschl. v. 08.02.2011 - 1 BVR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405, m.w.N.). An einer Wiederholungsgefahr fehlt es daher, wenn die erledigte behördliche Maßnahme auf den konkreten Umständen des Einzelfalles beruht und erkennbar ist, dass die Behörde bei vergleichbaren Sachverhalten nicht generell in dieser Weise vorgeht (vgl. OVG NRW, a.a.O.). Der Kläger hat die Umstände vorzutragen, aus denen sich das Feststellungsinteresse ergibt (st. Rspr., vgl. nur Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 267, m.w.N.).
68 
Dies zugrunde gelegt, liegt hier Wiederholungsgefahr vor. Der Kläger hat in der Vergangenheit an einer Vielzahl von Protestaktionen gegen die Nutzung der Atomenergie teilgenommen. Er hat nachvollziehbar vorgetragen, dass er weiterhin beabsichtigt, solche Aktionen wahrzunehmen. Bezüglich der Fortsetzung der Proteste geht der Beklagte selbst ausdrücklich von Wiederholungsgefahr aus. Es ist hinreichend wahrscheinlich damit zu rechnen, dass der Beklagte auch in Zukunft personenbezogene Daten des Klägers, die sich aufgrund solcher Proteste ergeben, speichert. Denn der Beklagte hält im vorliegenden Verfahren an seiner Rechtsauffassung fest, dass der Kläger ein potenzieller Straftäter und daher die Zuspeicherung auch von solchen Daten rechtmäßig sei, die sich aus Ereignissen ergeben, bei denen der Kläger seine Grundrechte wahrgenommen und sich kein Tatverdacht gegen ihn ergeben hat.
69 
Der Umstand, dass die Speicherungen in der Vergangenheit unterschiedliche Ereignisse betrafen, ist unerheblich. Allen gespeicherten Vorfällen ist gemeinsam, dass es sich um Protestaktionen gegen die Nutzung der Atomenergie handelte. Für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr ist nicht erforderlich, dass die Anlässe, die zu Datenspeicherungen durch den Beklagten führen können, in jeder Hinsicht gleichartig sind. Entscheidend ist allein, dass im Hinblick auf die streitigen Rechtsverhältnisse i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO, mithin hinsichtlich der von dem Beklagten vorgenommenen Speicherungen Wiederholungsgefahr besteht, dass also bei einem vergleichbaren Verhalten des Klägers mit der Wiederholung der erledigten Maßnahme durch die Behörde zu rechnen ist. Dies ist, wie ausgeführt, der Fall.
70 
b) Die Klage ist begründet. Die Speicherung von Daten des Klägers zu seinen PKWs und zu den bezeichneten Anlässen ist rechtswidrig.
71 
aa) Ermächtigungsgrundlage für die hier streitigen Speicherungen kann § 37 Abs. 1 PolG oder § 38 Abs. 1 PolG sein. § 38 Abs. 1 PolG in der Fassung vom 13.01.1992 (GBl. S. 1, ber. S. 596, GBl. 1993, S. 155), bestimmte:
72 
„Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten, die ihm im Rahmen von Ermittlungsverfahren bekannt geworden sind, speichern, verändern und nutzen, soweit und solange dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ist die Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten erforderlich, wenn die betroffene Person verdächtig ist, eine Straftat begangen zu haben, und tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie künftig eine Straftat begehen wird. Tatsächliche Anhaltspunkte können sich insbesondere aus Art, Ausführung und Schwere der Tat ergeben. Die Daten sind zu löschen, wenn die Voraussetzungen für die Speicherung entfallen sind.“
73 
Für die hier streitgegenständlichen Speicherungen ist § 38 Abs. 1 PolG in dieser Fassung vom 13.01.1992 (im Folgenden: § 38 PolG a.F.) maßgeblich. Das Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390) - das eine Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten bis zu einer Dauer von zwei Jahren unabhängig von einer Wiederholungsgefahr erlaubt, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte der Verdacht besteht, dass die betroffene Person eine Straftat begangen hat - ist in zeitlicher Hinsicht hier nicht anwendbar, da die streitigen Speicherungen zuvor erfolgten.
74 
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 PolG - seit 1992 unverändert - kann die Polizei personenbezogene Daten speichern, verändern und nutzen, soweit und solange dies zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Bei der Speicherung in Dateien muss erkennbar sein, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört (§ 37 Abs. 1 Satz 2 PolG). Ebenso muss feststellbar sein, bei welcher Stelle die der Speicherung zugrundeliegenden Unterlagen geführt werden (§ 37 Abs. 1 Satz 3 PolG).
75 
Der Polizeivollzugsdienst kann nach dem in § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG in Bezug genommenen § 20 Abs. 3 PolG u.a. Daten über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, (Nr. 1) und über Zeugen, Hinweisgeber oder sonstige Auskunftspersonen (Nr. 5) erheben, soweit dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist.
76 
bb) Der Verdacht i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG a.F., eine Straftat begangen zu haben, kann sich aus einer strafrechtlichen Verurteilung ergeben. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats begründet auch eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO oder nach § 153a StPO einen Tatverdacht i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG a.F. gegen den Betroffenen. Denn der hinreichende Tatverdacht ist Voraussetzung für die Zulässigkeit von Einstellungen nach § 153 StPO und § 153a StPO. Selbst die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO oder ein Freispruch schließt einen gegen den Beschuldigten fortbestehenden Tatverdacht nicht notwendig aus; sofern die Verdachtsmomente nicht ausgeräumt sind, ist eine Speicherung daher auch in diesen Fällen zulässig und mit der durch das Rechtsstaatsprinzip und Art. 6 Abs. 2 EMRK verbürgten Unschuldsvermutung vereinbar (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992 - 1 S 668/90 - ESVGH 42, 291 = VBlBW 1993, 13, m.w.N.; Urt v. 27.09.1999 - 1 S 1781/98 - NVwZ-RR 2000, 287; Beschl. v. 20.02.2001 - 1 S 2054/00 - NVwZ 2001, 1289; Beschl. v. 29.09.2003 - 1 S 2145/02 -, m.w.N.; ähnlich BVerwG, Urt. v. 09.06.2010 - 6 C 5.09 - BVerwGE 137, 113, juris Rn. 26; OVG Schles.-Holst., Urt. v. 05.05.1998 - 4 L 1/98 - juris; HessVGH, Urt. 16.12.2004 - 11 UE 2982/02 - juris Rn. 39; BayVGH, Beschl. v. 02.09.2008 - 10 C 08.2087 - juris - und Beschl. v. 10.06.2013 - 10 C 13.62 - juris -).
77 
Die Wiederholungsgefahr kann sich aus Art, Ausführung und Schwere der Tat ergeben, § 38 Abs. 1 Satz 3 PolG a.F. Diese Aufzählung ist nicht abschließend (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992 und Beschl. v. 20.02.2001, je a.a.O.).
78 
Liegen Tatverdacht und Wiederholungsgefahr vor, kann die Behörde im Regelfall davon ausgehen, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten bis zum Ablauf der gesetzlichen Regelspeicherfristen nach § 38 Abs. 2 Satz 2 PolG a.F. geboten und damit zulässig ist. Dies entspricht der Wertung des Gesetzgebers, der mit diesen Fristen nicht nur den Zeitpunkt bestimmt, nach dem der Polizeivollzugsdienst spätestens von Amts wegen zu überprüfen hat, ob die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten noch erforderlich ist, sondern damit zugleich den zeitlichen Rahmen absteckt, nach dessen Ablauf die personenbezogenen Daten im Regelfall zu löschen sind. Bis zum Ablauf dieser Fristen jedoch geht der Gesetzgeber grundsätzlich von der Erforderlichkeit der nach § 38 Abs. 1 PolG a.F. zulässigerweise gespeicherten Daten aus (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.; Urt v. 27.09.1999, a.a.O.; Beschl. v. 29.09.2003, a.a.O.; Urt. v. 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214; ähnlich BVerwG, Urt. v. 09.06.2010, a.a.O. Rn. 31, und Urt. v. 22.10.2003 - 6 C 3.03 - juris Rn. 17 zum BKAG). Die Löschung der Daten vor Ablauf der Regelspeicherfristen ist im Ausnahmefall geboten, wenn die Überprüfung im Einzelfall ergibt, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Dies kann der Fall sein, wenn nichts dafür spricht, dass der Betroffene erneut strafrechtlich in Erscheinung treten wird und deshalb ausgeschlossen werden kann, dass die vorhandenen Daten die Arbeit der Polizei noch fördern können, die Wiederholungsgefahr also weggefallen ist oder wenn besondere Umstände die Unverhältnismäßigkeit der weiteren Datenspeicherung für den Betroffenen begründen (vgl. ausf. Senat, Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.; ebenso Senat, Urt v. 27.09.1999, a.a.O.; Urt. v. 18.12.2003, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 30.86 - NJW 1990, 2768; Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164/92 - juris Rn. 3 f., m.w.N.).
79 
Die Speichervoraussetzungen sind für jede Speicherung gesondert zu prüfen (vgl. Senat, Urt. v. 18.12.2003, a.a.O.). Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Speicherung ist dabei auf die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Speicherung der entsprechenden Information erfolgt ist. Denn das Gesetz geht davon aus, dass eine Speicherung nur erfolgt, wenn zum Zeitpunkt der Speicherung die gesetzlichen Voraussetzungen für die Speicherung vorliegen. Daher entsteht bei einer von vornherein unzulässigen Speicherung auch umgehend ein Löschungsanspruch nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PolG (vgl. Wolf/Stephan/Deger, PolG, 7. Aufl., § 46 Rn. 5; SaarlOVG, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - juris Rn. 73).
80 
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten aus Ermittlungsverfahren durch den Polizeivollzugsdienst und gegebenenfalls für die Löschung dieser Daten räumen der Behörde kein Ermessen ein. Auch die gesetzlich geforderte Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Speicherung der Daten und dem gegenläufigen persönlichen Interesse des Betroffenen, wie sie durch den Erforderlichkeitsvorbehalt in § 38 Abs. 1 Satz 1 PolG a.F. ("... soweit und solange ... erforderlich ist.") nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorausgesetzt wird, ist der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterworfen. Bei der Beurteilung der sich aus den tatsächlichen Anhaltspunkten erschließenden Wiederholungsgefahr (§ 38 Abs. 1 Sätze 2 und 3 PolG a.F.) steht dem Polizeivollzugsdienst allerdings ein Prognosespielraum zu (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992 und Urt. v. 27.09.1999, je a.a.O.). Denn diese Prognose der Wiederholungsgefahr besteht nicht lediglich in der Feststellung von Tatsachen und deren Subsumtion. Die Prognoseentscheidung enthält vielmehr eine vorausschauende Beurteilung und ist insofern ein Akt wertender Erkenntnis, in den auch polizeiliches Erfahrungswissen einfließt.
81 
Dieser Prognosespielraum ist verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber kann - wie hier in § 38 Abs. 1 Sätze 2, 3 PolG a.F. - durch eine gesetzliche Regelung der Exekutive einen Prognosespielraum eröffnen und insoweit die Rechtskontrolle durch die Gerichte einschränken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.05.2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1, juris Rn. 73 ff.). Die Gerichte überprüfen jedoch, ob eine ausreichende Rechtsgrundlage für den Beurteilungsspielraum besteht und ob die Behörde von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, Verfahrensvorschriften eingehalten hat, den gesetzlichen Rahmen zutreffend erkannt hat, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe beachtet und keine sachfremden Erwägungen angestellt hat (vgl. Stuhlfauth, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 40 Rn. 80 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 40 Rn. 115).
82 
Ob die Behörde, der ein Beurteilungsspielraum durch das Gesetz eingeräumt ist, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums eingehalten und die richtigen Bewertungsmaßstäbe angewendet hat, kann nur anhand einer die gerichtliche Nachprüfung ermöglichenden Begründung der Behörde überprüft werden. Fehlt es an einer diesen Anforderungen genügenden Begründung, unterliegt die behördliche Entscheidung der gerichtlichen Aufhebung (so bereits BGH, Urt. v. 16.12.1971 - I C 31/68 - NJW 1972, 596 <598>, zum GjS). Es bedarf daher zur Rechtmäßigkeit der Prognose der Wiederholungsgefahr nach § 38 Abs. 1 Sätze 2, 3 PolG a.F. einer auf den Einzelfall bezogenen, auf schlüssigen, verwertbaren und nachvollziehbar dokumentierten Tatsachen beruhenden Entscheidung (ebenso zur Prognose der Gefahr künftiger Straftaten für die Speicherung von DNA-Identifizierungsmustern: BVerfG, Kammerbeschl. v. 14.12.2000 - 2 BvR 1741/99 u.a. - juris Rn. 59, v. 15.03.2001 - 1 BvR 1841/00 u.a. - juris Rn. 39, und v. 20.12.2001 - 2 BvR 429/01 u.a. - juris Rn.19; vgl. bereits BVerfG, Beschl. v. 22.05.1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334, juris Rn. 50, zur Mitteilung der eine Beurteilungsentscheidung tragenden Umstände). Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums vom 18.07.1997 zum Polizeigesetz (GABl. 1997, 406) - die nach der Auskunft des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zumindest bis zum 31.12.2013 galt - sieht zu § 38 Abs. 1 PolG vor, dass die die Prognoseentscheidung tragenden Gründe in der Akte festzuhalten sind, um diese später - auch im Hinblick auf ein mögliches verwaltungsgerichtliches Verfahren - nachvollziehen zu können.
83 
cc) Bei § 37 PolG handelt es sich um eine echte Ermächtigungsgrundlage (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 37 Rn. 8). Voraussetzung ist jedenfalls, dass die Speicherung zur Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben erforderlich ist. Zu diesen zählen Gefahrenabwehr, vorbeugende Bekämpfung von Straftaten, Vorbereitung auf die Gefahrenabwehr, Schutz privater Rechte nach § 2 Abs. 2 PolG und die Vollzugshilfe nach § 60 Abs. 4 PolG (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 37 Rn. 10).
84 
dd) Nach diesem Maßstab sind alle hier streitigen Speicherungen rechtswidrig.
85 
(1) Die erste Speicherung zum Vorfall vom 12.08.1999 in Bietigheim-Bissingen ist rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 PolG a.F. liegen nicht vor. Zwar wurde das Strafverfahren gegen den Kläger wegen Nötigung vom Amtsgericht Besigheim mit Beschluss vom 19.09.2001 nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. Tatsächliche Anhaltspunkte i.S.v. § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG a.F. für eine seinerzeitige Prognose, dass der Kläger künftig eine Straftat begehen werde, sind jedoch nicht feststellbar. Die notwendige nachvollziehbare Dokumentation der Wiederholungsgefahr liegt nicht vor. Dies gilt auch angesichts des Vorbringens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, die die Wiederholungsgefahr begründenden Umstände habe sicherlich der örtliche Polizeibeamte in der Ermittlungsakte vermerkt. Eine ausreichende Dokumentation der Wiederholungsgefahr ist in den vorgelegten Akten, von denen der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat versichert hat, sie seien vollständig, nicht feststellbar. Die materielle Beweislast für das Vorliegen einer ausreichenden Dokumentation der die Wiederholungsgefahr stützenden Umstände trägt der Beklagte. Für eine weitere Sachaufklärung besteht kein Anlass. Der Beklagte hat bereits nicht bestimmt und nachvollziehbar behauptet, dass eine Dokumentation der Wiederholungsgefahr in anderen Akten vorliegt. Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 PolG a.F. liegen schließlich auch deswegen nicht vor, weil - unabhängig von der Frage der Dokumentation der die Wiederholungsgefahr begründenden Umstände - weder vorgetragen noch ersichtlich ist, woraus sich die Wiederholungsgefahr in der Sache ergeben haben soll.
86 
Die Speicherung zum Vorfall vom 12.08.1999 in Bietigheim-Bissingen ist auch nicht nach § 37 Abs. 1 PolG rechtmäßig. Auf diese Ermächtigungsgrundlage beruft sich der Beklagte bereits nicht. Eine auf § 37 Abs. 1 PolG beruhende Speicherung wäre auch bereits deswegen rechtswidrig, weil nach § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG bei der Speicherung in Dateien erkennbar sein muss, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört. Diesem Erfordernis ist nicht Genüge getan. Die Speicherung enthält hierzu keine Angaben.
87 
(2) Die zeitlich nachfolgenden Speicherungen zu den Ereignissen am 07.02.2000 in Neckarwestheim, am 07.06.2000 in Neckarwestheim, am 05.02.2002 in Kirchheim am Neckar, am 01.05.2003 in Ludwigsburg, am 10.11.2003 in Bietigheim-Bissingen, am 21.05.2004 in Ludwigsburg und am 01.10.2004 in Neckarwestheim sind rechtswidrig. Der Beklagte macht hierzu jeweils geltend, die Speicherungsberechtigung ergebe sich aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG (potenzieller Straftäter). Die Speicherungen sind bereits deswegen rechtswidrig, weil nach § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG bei der Speicherung in Dateien erkennbar sein muss, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört. Diesem Erfordernis ist bei keiner dieser Speicherungen Genüge getan. Die Speicherungen enthalten hierzu keine Angaben.
88 
Auch das Vorbringen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass die vorgelegten Ausdrucke der Speicherungen lediglich diejenigen seien, die aus Gründen der Datenschutzkontrolle anlässlich der Überprüfungen der Speicherungen zur Person des Klägers durch den Landesbeauftragten für Datenschutz erstellt worden seien, und dass die Speicherungen im Normalfall erkennen ließen, welcher der Personengruppen im Sinne von § 20 Abs. 2 bis 5 PolG der Betroffene zugeordnet werde, begründet nicht die Rechtmäßigkeit der Speicherungen. Der Beklagte kann, wie er in der mündlichen Verhandlung einräumte, die Speicherungen in der Form, wie sie ursprünglich vorgenommen wurden, nicht mehr vorlegen, da sie gelöscht wurden. Es lässt sich mithin nicht feststellen, ob die Zuordnung zu einer Personengruppe nach § 20 Abs. 2 bis 5 PolG erkennbar war. Auch insoweit trägt der Beklagte die materielle Beweislast.
89 
Die Speicherungsberechtigung kann sich auch deswegen nicht aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergeben, weil § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG tatsächliche Anhaltspunkte voraussetzt, dass die betreffende Person zukünftig Straftaten begeht. Auch insoweit bedarf es der Dokumentation der Umstände, aus denen sich die Gefahr der künftigen Begehung von Straftaten ergibt. Daran fehlt es in allen genannten Fällen. Keiner Entscheidung bedarf daher die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen zu einem Betroffenen, bei dem der Verdacht einer Straftat und die Wiederholungsgefahr rechtmäßig bejaht wurden, personenbezogene Daten, die sich aufgrund eines rechtmäßigen Verhaltens ergeben haben, zugespeichert werden dürfen.
90 
Auch aus § 38 Abs. 1 PolG - auf den sich der Beklagte zu den genannten Fällen nicht beruft - kann sich die Speicherungsberechtigung nicht ergeben. Zum Ereignis am 07.02.2000 in Neckarwestheim behauptet der Beklagte bereits kein Verhalten des Klägers, das den Verdacht einer Straftat darstellt. Bei den übrigen Vorfällen handelt es sich nicht um Daten, die im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens bekannt geworden sind.
91 
(3) Die Speicherung zum Ereignis am 20.11.2005 in Bietigheim-Bissingen ist rechtswidrig. § 38 Abs. 1 PolG a.F. kann nicht Ermächtigungsgrundlage für diese Speicherung sein, da es an der notwendigen Dokumentation der Wiederholungsgefahr fehlt. Die Berechtigung zur Speicherung ergibt sich auch nicht aus § 37 PolG, da entgegen § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG nicht erkennbar ist, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört, und die notwendige Dokumentation der Gefahr der künftigen Begehung von Straftaten nach § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG fehlt.
92 
(4) Die beiden Speicherungen zum Vorfall vom 11.11.2006 in Schwetzingen/Hockenheim sind rechtswidrig. § 38 Abs. 1 PolG a.F. kann jeweils nicht Ermächtigungsgrundlage für diese Speicherungen sein, da es an der notwendigen Dokumentation der Wiederholungsgefahr fehlt. Die Berechtigung zur Speicherung ergibt sich auch in keinem der Fälle aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, da auch insoweit die notwendige Dokumentation der Gefahr der künftigen Begehung von Straftaten fehlt.
93 
(5) Die Speicherung zum Ereignis am 14.01.2007 in Neckarwestheim ist rechtswidrig. Der Beklagte macht hierzu geltend, die Speicherungsberechtigung ergebe sich aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 5 PolG (Zeuge). Die Speicherung ist rechtswidrig, weil nach § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG bei der Speicherung in Dateien erkennbar sein muss, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört. Diesem Erfordernis ist nicht Genüge getan. Die Speicherung enthält hierzu keine Angaben.
94 
(6) Die Speicherung der PKW-Daten des Klägers ist rechtswidrig. Für die Erforderlichkeit der Speicherung der Daten ist nichts ersichtlich. Nach Aktenlage bereitete die Identifizierung des Klägers - auf dessen Anwesenheit sein in der Nähe einer Protestaktion abgestellter PKW hindeuten kann - nie Probleme. Anhaltspunkte für ein heimliches Vorgehen des Klägers bei seinen Protesten fehlen, wie auch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärte. Auch die vom Beklagten angeführte Verhinderung des Untergrabens von Bahngleisen anlässlich eines Castortransports - die der Polizei erleichtert werden solle, wenn sie den Halter eines im Wald, in der Nähe der Castortransportstrecke abgestellten PKWs schnell ermitteln kann - kann die Speicherung nicht rechtfertigen. Anhaltspunkte, dass der Kläger an solchen Aktionen beteiligt gewesen sein könnte, sind nicht erkennbar.
95 
2. Die Klage ist unzulässig und daher abzuweisen, soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass die Erhebung von Daten zu seiner Person rechtswidrig war. Die Erhebung von Daten nach § 20 PolG war nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens (a). Mit der Erstreckung der Klage in der Berufungsinstanz auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Erhebung von Daten nach § 20 PolG liegt eine Klageerweiterung vor, die unzulässig ist (b).
96 
a) In erster Instanz hatte der Kläger zunächst Klage gegen das Land, vertreten durch das Landeskriminalamt, erhoben mit dem Begehren, den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide des Landeskriminalamts zu verpflichten, Auskunft über die bei dem Beklagten zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen (vgl. Bl. 1 VG-Akte). Nach der Erteilung der Auskunft stellte er die Klage im Schriftsatz vom 17.08.2011 (vgl. Bl. 161, 169 VG-Akte) und in der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2011 (vgl. Bl. 231 VG-Akte) - mit geringfügigen Abweichungen in der Formulierung - um auf Feststellung, dass die Erfassung und Speicherung der Daten des Klägers in den polizeilichen Auskunftssystemen des Beklagten von Anfang an rechtswidrig gewesen sind. Den Begriff der Erhebung aus § 20 PolG verwendete der Kläger dabei nicht. Vielmehr machte der Kläger nach der Umstellung der Klage auf den Feststellungsantrag keinerlei Unterschied zwischen Erfassung und Speicherung der Daten. Als maßgebliche Rechtsgrundlage sah er insoweit allein § 38 Abs. 1 PolG an, den er in seinem Wortlaut auch wiedergab (vgl. Bl. 169 VG-Akte). Auf § 20 PolG ging er in keiner Weise ein. Unter Erfassung verstand er inhaltlich die Speicherung in polizeilichen Dateien. So führte er bereits im Schriftsatz vom 22.12.2010 zur Vorlage der vollständigen Akten durch den Beklagten aus, dem Gericht müsse die Möglichkeit eröffnet werden, "in sachgerechter Weise über die vom Kläger im Anschluss an die Auskunftserteilung angestrebte gerichtliche Feststellung über die Rechtmäßigkeit seiner Erfassung in den polizeilichen Dateien befinden zu können.“ (Bl. 131 VG-Akte). Dasselbe Verständnis zeigt sich auch im Schriftsatz vom 06.10.2011, in dem es heißt: "Regelmäßig handelt es sich bei der Erfassung von Bürgern durch die Polizei um erhebliche Eingriffe in deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Erst recht gilt dies, wenn dies nicht nur allgemeine Polizeidateien betrifft." (Bl. 237 VG-Akte).
97 
b) Die Klageerweiterung ist nach § 91 VwGO unzulässig, da der Beklagte in sie nicht eingewilligt hat und sie nicht sachdienlich ist.
98 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, in die Klageerweiterung nicht einzuwilligen. Er hat auch nicht zuvor durch rügeloses Einlassen auf einen Schriftsatz des Klägers im Sinne von § 91 Abs. 2 VwGO in die Klageerweiterung eingewilligt. Erst auf die ausdrückliche Frage des Senats in der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, dass auch die Erhebung von Daten im Sinne von § 20 PolG Streitgegenstand sein soll. Dies war für den Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt nicht zu erkennen. Denn der Kläger verwandte den Begriff der Erfassung auch im Berufungsverfahren bis dahin im Sinne einer Speicherung der Daten nach § 38 PolG. So führte er in seiner Berufungsbegründung im Schriftsatz vom 20.04.2013 - ebenso wie in der Begründung seines Zulassungsantrags im Schriftsatz vom 27.01.2012 (Bl. 41, 79 der Berufungsakte) - unter "III. Begründetheit der Feststellungsklage" aus: „Weil das angegriffene Urteil jedes Rechtsschutzinteresse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit in Abrede gestellt hat, hat es sich überhaupt nicht mehr, auch nicht in fürsorglicher Weise mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Erfassung und Speicherung des Klägers in den polizeilichen Dateien, und hierbei insbesondere in der Arbeitsdatei Politisch Motivierte Kriminalität (AD PMK) rechtmäßig gewesen ist oder nicht. Tatsächlich hätte das Verwaltungsgericht bei richtiger Rechtsanwendung feststellen müssen, dass die Speicherung der Daten über den Kläger rechtswidrig gewesen ist." (Bl. 135, 179 der Berufungsakte) Direkt im Anschluss hieran gab der Prozessbevollmächtigte des Klägers erneut nur § 38 PolG als maßgebliche Vorschrift im Wortlaut wieder und ging auf § 20 PolG nicht ein. Da eine Klageerweiterung auf die Erhebung von Daten nach § 20 PolG bis zur mündlichen Verhandlung nicht hinreichend erkennbar war, bestand folglich für den Beklagten kein Anlass zu prüfen, ob er in eine Klageerweiterung einwilligt. Sein Verhalten kann mithin kein rügeloses Einlassen darstellen. Zudem bestritt der Beklagte die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens des Klägers ganz allgemein, so dass es auch insoweit an einer Einwilligung i.S.v. § 91 Abs. 2 VwGO fehlt (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1999 - 4 C 4.98 - BVerwGE 109, 74 <79>; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 91 Rn. 28; Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl., § 91 Rn. 22, m.w.N. auch zur Gegenauffassung).
99 
Die Klageerweiterung ist nicht sachdienlich. Sachdienlichkeit ist zu bejahen, wenn für die geänderte Klage der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt und die Klageänderung die endgültige Beilegung des Rechtsstreits fördert. Sachdienlichkeit fehlt dagegen, wenn durch die Klageänderung ein gänzlich neuer Prozessstoff eingeführt würde, der die Grundlagen des Rechtsstreits ändert, insbesondere wenn bei einer entscheidungsreifen Klage nunmehr weitere Ermittlungen nötig würden (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.05.2001 - 12 B 99.1875 - juris Rn. 41; Urt. v. 15.01.2007 - 11 B 06.1633 - juris Rn. 57; je m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 124 Rn. 3, § 91 Rn. 18 ff.). So liegt der Fall hier. Um zu entscheiden, ob die Erhebung der Daten nach § 20 PolG rechtmäßig ist, müsste eine weitere umfangreiche Sachaufklärung bei den Polizeidienststellen erfolgen, die die Datenerhebung vorgenommen haben. Denn die Datenerhebungen erfolgten nicht durch das Landeskriminalamt.
100 
C. Nebenentscheidungen
101 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Beklagte zu tragen, da der Kläger mit seinem erstinstanzlichen Begehren, die Rechtswidrigkeit der Speicherung der gelöschten Daten festzustellen, vollständig obsiegt. Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte, da der Kläger hinsichtlich der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erhebung von Daten unterliegt, hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Speicherung von Daten obsiegt.
102 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
103 
Beschluss vom 10. Februar 2015
104 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird abweichend von der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 14.03.2013 nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 130.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Verfahren im ersten Rechtszug wird von Amts wegen nach § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 65.000,-- EUR abgeändert.
105 
Gründe
106 
Für jede Erhebung oder Speicherung von Daten ist der Auffangstreitwert von 5.000.-- EUR festzusetzen. Jede Erhebung oder Speicherung von Daten stellt einen selbständigen Akt hoheitlicher Gewalt dar und unterliegt je für sich einer Beurteilung der Rechtmäßigkeit. Sind mehrere Erhebungen und Speicherungen Gegenstand eines Gerichtsverfahrens, handelt es sich daher um mehrere Streitgegenstände i.S.d. § 39 Abs. 1 GKG, die zusammenzurechnen sind.
107 
In der Berufungsinstanz ist die Erhebung von Daten in 13 Fällen und die Speicherung von Daten in 13 Fällen Streitgegenstand. Daher ist der Streitwert für das Berufungsverfahren auf 130.000.-- EUR (26 x 5.000.-- EUR) festzusetzen.
108 
Erstinstanzlich war die Speicherung von Daten in 13 Fällen Streitgegenstand. Daher ist der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf 65.000.-- EUR (13 x 5.000.-- EUR) von Amts wegen abzuändern. Die Befugnis des Rechtsmittelgerichts zur Abänderung von Amts wegen besteht auch in zeitlicher Hinsicht noch, da die erstinstanzliche Entscheidung in der Hauptsache noch nicht rechtskräftig ist (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG).
109 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
61 
A. Zulässigkeit der Berufung
62 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO).
63 
B. Begründetheit der Berufung
64 
Die Klage ist zulässig und begründet, soweit der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Speicherung von Daten zu seinen PKWs und zu den bezeichneten Anlässen begehrt (1). Im Übrigen, soweit der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erhebung von Daten beantragt, ist die Klage unzulässig (2).
65 
1. Die als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthafte Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der vorgenommenen Speicherungen ist zulässig (a) und begründet (b).
66 
a) Die allgemeine Feststellungsklage ist zulässig. Die streitigen Rechtsverhältnisse sind konkret bezeichnet. Für die begehrte Feststellung hat der Kläger auch ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr. Offen bleiben kann daher, ob aus anderen Gründen ein Feststellungsinteresse folgt.
67 
Ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn der Kläger mit einer Wiederholung der erledigten Maßnahme rechnen muss. Es müssen konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt einer vergleichbaren Belastung bzw. einer erneuten Ablehnung des Begehrens bei einem vergleichbaren und abzusehenden Sachverhalt vorgetragen werden. Ein solches Interesse setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige behördliche Maßnahme erlassen wird. Nicht ausreichend ist die vage oder abstrakte Möglichkeit einer Wiederholung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.01.1995 - 8 B 168.94 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 272; Senat, Urt. v. 24.11.1994 - 1 S 2909/93 - DVBl 1995, 367; Beschl. v. 16.07.2012 - 1 S 997/12 -; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.07.2010 - 10 S 2400/09 - ESVGH 61, 51; OVG NRW, Urt. v. 24.11.1998 - 5 A 1107/96 - NJW 1999, 2202). Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt damit zum einen die Möglichkeit eines vergleichbaren Verhaltens des Betroffenen voraus, das seiner Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen führt. Zum anderen ist Voraussetzung, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. zu Versammlungen: BVerfG, Kammerbeschl. v. 08.02.2011 - 1 BVR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405, m.w.N.). An einer Wiederholungsgefahr fehlt es daher, wenn die erledigte behördliche Maßnahme auf den konkreten Umständen des Einzelfalles beruht und erkennbar ist, dass die Behörde bei vergleichbaren Sachverhalten nicht generell in dieser Weise vorgeht (vgl. OVG NRW, a.a.O.). Der Kläger hat die Umstände vorzutragen, aus denen sich das Feststellungsinteresse ergibt (st. Rspr., vgl. nur Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 267, m.w.N.).
68 
Dies zugrunde gelegt, liegt hier Wiederholungsgefahr vor. Der Kläger hat in der Vergangenheit an einer Vielzahl von Protestaktionen gegen die Nutzung der Atomenergie teilgenommen. Er hat nachvollziehbar vorgetragen, dass er weiterhin beabsichtigt, solche Aktionen wahrzunehmen. Bezüglich der Fortsetzung der Proteste geht der Beklagte selbst ausdrücklich von Wiederholungsgefahr aus. Es ist hinreichend wahrscheinlich damit zu rechnen, dass der Beklagte auch in Zukunft personenbezogene Daten des Klägers, die sich aufgrund solcher Proteste ergeben, speichert. Denn der Beklagte hält im vorliegenden Verfahren an seiner Rechtsauffassung fest, dass der Kläger ein potenzieller Straftäter und daher die Zuspeicherung auch von solchen Daten rechtmäßig sei, die sich aus Ereignissen ergeben, bei denen der Kläger seine Grundrechte wahrgenommen und sich kein Tatverdacht gegen ihn ergeben hat.
69 
Der Umstand, dass die Speicherungen in der Vergangenheit unterschiedliche Ereignisse betrafen, ist unerheblich. Allen gespeicherten Vorfällen ist gemeinsam, dass es sich um Protestaktionen gegen die Nutzung der Atomenergie handelte. Für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr ist nicht erforderlich, dass die Anlässe, die zu Datenspeicherungen durch den Beklagten führen können, in jeder Hinsicht gleichartig sind. Entscheidend ist allein, dass im Hinblick auf die streitigen Rechtsverhältnisse i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO, mithin hinsichtlich der von dem Beklagten vorgenommenen Speicherungen Wiederholungsgefahr besteht, dass also bei einem vergleichbaren Verhalten des Klägers mit der Wiederholung der erledigten Maßnahme durch die Behörde zu rechnen ist. Dies ist, wie ausgeführt, der Fall.
70 
b) Die Klage ist begründet. Die Speicherung von Daten des Klägers zu seinen PKWs und zu den bezeichneten Anlässen ist rechtswidrig.
71 
aa) Ermächtigungsgrundlage für die hier streitigen Speicherungen kann § 37 Abs. 1 PolG oder § 38 Abs. 1 PolG sein. § 38 Abs. 1 PolG in der Fassung vom 13.01.1992 (GBl. S. 1, ber. S. 596, GBl. 1993, S. 155), bestimmte:
72 
„Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten, die ihm im Rahmen von Ermittlungsverfahren bekannt geworden sind, speichern, verändern und nutzen, soweit und solange dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ist die Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten erforderlich, wenn die betroffene Person verdächtig ist, eine Straftat begangen zu haben, und tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie künftig eine Straftat begehen wird. Tatsächliche Anhaltspunkte können sich insbesondere aus Art, Ausführung und Schwere der Tat ergeben. Die Daten sind zu löschen, wenn die Voraussetzungen für die Speicherung entfallen sind.“
73 
Für die hier streitgegenständlichen Speicherungen ist § 38 Abs. 1 PolG in dieser Fassung vom 13.01.1992 (im Folgenden: § 38 PolG a.F.) maßgeblich. Das Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390) - das eine Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten bis zu einer Dauer von zwei Jahren unabhängig von einer Wiederholungsgefahr erlaubt, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte der Verdacht besteht, dass die betroffene Person eine Straftat begangen hat - ist in zeitlicher Hinsicht hier nicht anwendbar, da die streitigen Speicherungen zuvor erfolgten.
74 
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 PolG - seit 1992 unverändert - kann die Polizei personenbezogene Daten speichern, verändern und nutzen, soweit und solange dies zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Bei der Speicherung in Dateien muss erkennbar sein, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört (§ 37 Abs. 1 Satz 2 PolG). Ebenso muss feststellbar sein, bei welcher Stelle die der Speicherung zugrundeliegenden Unterlagen geführt werden (§ 37 Abs. 1 Satz 3 PolG).
75 
Der Polizeivollzugsdienst kann nach dem in § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG in Bezug genommenen § 20 Abs. 3 PolG u.a. Daten über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, (Nr. 1) und über Zeugen, Hinweisgeber oder sonstige Auskunftspersonen (Nr. 5) erheben, soweit dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist.
76 
bb) Der Verdacht i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG a.F., eine Straftat begangen zu haben, kann sich aus einer strafrechtlichen Verurteilung ergeben. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats begründet auch eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO oder nach § 153a StPO einen Tatverdacht i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG a.F. gegen den Betroffenen. Denn der hinreichende Tatverdacht ist Voraussetzung für die Zulässigkeit von Einstellungen nach § 153 StPO und § 153a StPO. Selbst die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO oder ein Freispruch schließt einen gegen den Beschuldigten fortbestehenden Tatverdacht nicht notwendig aus; sofern die Verdachtsmomente nicht ausgeräumt sind, ist eine Speicherung daher auch in diesen Fällen zulässig und mit der durch das Rechtsstaatsprinzip und Art. 6 Abs. 2 EMRK verbürgten Unschuldsvermutung vereinbar (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992 - 1 S 668/90 - ESVGH 42, 291 = VBlBW 1993, 13, m.w.N.; Urt v. 27.09.1999 - 1 S 1781/98 - NVwZ-RR 2000, 287; Beschl. v. 20.02.2001 - 1 S 2054/00 - NVwZ 2001, 1289; Beschl. v. 29.09.2003 - 1 S 2145/02 -, m.w.N.; ähnlich BVerwG, Urt. v. 09.06.2010 - 6 C 5.09 - BVerwGE 137, 113, juris Rn. 26; OVG Schles.-Holst., Urt. v. 05.05.1998 - 4 L 1/98 - juris; HessVGH, Urt. 16.12.2004 - 11 UE 2982/02 - juris Rn. 39; BayVGH, Beschl. v. 02.09.2008 - 10 C 08.2087 - juris - und Beschl. v. 10.06.2013 - 10 C 13.62 - juris -).
77 
Die Wiederholungsgefahr kann sich aus Art, Ausführung und Schwere der Tat ergeben, § 38 Abs. 1 Satz 3 PolG a.F. Diese Aufzählung ist nicht abschließend (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992 und Beschl. v. 20.02.2001, je a.a.O.).
78 
Liegen Tatverdacht und Wiederholungsgefahr vor, kann die Behörde im Regelfall davon ausgehen, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten bis zum Ablauf der gesetzlichen Regelspeicherfristen nach § 38 Abs. 2 Satz 2 PolG a.F. geboten und damit zulässig ist. Dies entspricht der Wertung des Gesetzgebers, der mit diesen Fristen nicht nur den Zeitpunkt bestimmt, nach dem der Polizeivollzugsdienst spätestens von Amts wegen zu überprüfen hat, ob die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten noch erforderlich ist, sondern damit zugleich den zeitlichen Rahmen absteckt, nach dessen Ablauf die personenbezogenen Daten im Regelfall zu löschen sind. Bis zum Ablauf dieser Fristen jedoch geht der Gesetzgeber grundsätzlich von der Erforderlichkeit der nach § 38 Abs. 1 PolG a.F. zulässigerweise gespeicherten Daten aus (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.; Urt v. 27.09.1999, a.a.O.; Beschl. v. 29.09.2003, a.a.O.; Urt. v. 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214; ähnlich BVerwG, Urt. v. 09.06.2010, a.a.O. Rn. 31, und Urt. v. 22.10.2003 - 6 C 3.03 - juris Rn. 17 zum BKAG). Die Löschung der Daten vor Ablauf der Regelspeicherfristen ist im Ausnahmefall geboten, wenn die Überprüfung im Einzelfall ergibt, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Dies kann der Fall sein, wenn nichts dafür spricht, dass der Betroffene erneut strafrechtlich in Erscheinung treten wird und deshalb ausgeschlossen werden kann, dass die vorhandenen Daten die Arbeit der Polizei noch fördern können, die Wiederholungsgefahr also weggefallen ist oder wenn besondere Umstände die Unverhältnismäßigkeit der weiteren Datenspeicherung für den Betroffenen begründen (vgl. ausf. Senat, Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.; ebenso Senat, Urt v. 27.09.1999, a.a.O.; Urt. v. 18.12.2003, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 30.86 - NJW 1990, 2768; Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164/92 - juris Rn. 3 f., m.w.N.).
79 
Die Speichervoraussetzungen sind für jede Speicherung gesondert zu prüfen (vgl. Senat, Urt. v. 18.12.2003, a.a.O.). Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Speicherung ist dabei auf die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Speicherung der entsprechenden Information erfolgt ist. Denn das Gesetz geht davon aus, dass eine Speicherung nur erfolgt, wenn zum Zeitpunkt der Speicherung die gesetzlichen Voraussetzungen für die Speicherung vorliegen. Daher entsteht bei einer von vornherein unzulässigen Speicherung auch umgehend ein Löschungsanspruch nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PolG (vgl. Wolf/Stephan/Deger, PolG, 7. Aufl., § 46 Rn. 5; SaarlOVG, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - juris Rn. 73).
80 
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten aus Ermittlungsverfahren durch den Polizeivollzugsdienst und gegebenenfalls für die Löschung dieser Daten räumen der Behörde kein Ermessen ein. Auch die gesetzlich geforderte Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Speicherung der Daten und dem gegenläufigen persönlichen Interesse des Betroffenen, wie sie durch den Erforderlichkeitsvorbehalt in § 38 Abs. 1 Satz 1 PolG a.F. ("... soweit und solange ... erforderlich ist.") nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorausgesetzt wird, ist der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterworfen. Bei der Beurteilung der sich aus den tatsächlichen Anhaltspunkten erschließenden Wiederholungsgefahr (§ 38 Abs. 1 Sätze 2 und 3 PolG a.F.) steht dem Polizeivollzugsdienst allerdings ein Prognosespielraum zu (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992 und Urt. v. 27.09.1999, je a.a.O.). Denn diese Prognose der Wiederholungsgefahr besteht nicht lediglich in der Feststellung von Tatsachen und deren Subsumtion. Die Prognoseentscheidung enthält vielmehr eine vorausschauende Beurteilung und ist insofern ein Akt wertender Erkenntnis, in den auch polizeiliches Erfahrungswissen einfließt.
81 
Dieser Prognosespielraum ist verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber kann - wie hier in § 38 Abs. 1 Sätze 2, 3 PolG a.F. - durch eine gesetzliche Regelung der Exekutive einen Prognosespielraum eröffnen und insoweit die Rechtskontrolle durch die Gerichte einschränken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.05.2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1, juris Rn. 73 ff.). Die Gerichte überprüfen jedoch, ob eine ausreichende Rechtsgrundlage für den Beurteilungsspielraum besteht und ob die Behörde von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, Verfahrensvorschriften eingehalten hat, den gesetzlichen Rahmen zutreffend erkannt hat, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe beachtet und keine sachfremden Erwägungen angestellt hat (vgl. Stuhlfauth, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 40 Rn. 80 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 40 Rn. 115).
82 
Ob die Behörde, der ein Beurteilungsspielraum durch das Gesetz eingeräumt ist, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums eingehalten und die richtigen Bewertungsmaßstäbe angewendet hat, kann nur anhand einer die gerichtliche Nachprüfung ermöglichenden Begründung der Behörde überprüft werden. Fehlt es an einer diesen Anforderungen genügenden Begründung, unterliegt die behördliche Entscheidung der gerichtlichen Aufhebung (so bereits BGH, Urt. v. 16.12.1971 - I C 31/68 - NJW 1972, 596 <598>, zum GjS). Es bedarf daher zur Rechtmäßigkeit der Prognose der Wiederholungsgefahr nach § 38 Abs. 1 Sätze 2, 3 PolG a.F. einer auf den Einzelfall bezogenen, auf schlüssigen, verwertbaren und nachvollziehbar dokumentierten Tatsachen beruhenden Entscheidung (ebenso zur Prognose der Gefahr künftiger Straftaten für die Speicherung von DNA-Identifizierungsmustern: BVerfG, Kammerbeschl. v. 14.12.2000 - 2 BvR 1741/99 u.a. - juris Rn. 59, v. 15.03.2001 - 1 BvR 1841/00 u.a. - juris Rn. 39, und v. 20.12.2001 - 2 BvR 429/01 u.a. - juris Rn.19; vgl. bereits BVerfG, Beschl. v. 22.05.1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334, juris Rn. 50, zur Mitteilung der eine Beurteilungsentscheidung tragenden Umstände). Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums vom 18.07.1997 zum Polizeigesetz (GABl. 1997, 406) - die nach der Auskunft des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zumindest bis zum 31.12.2013 galt - sieht zu § 38 Abs. 1 PolG vor, dass die die Prognoseentscheidung tragenden Gründe in der Akte festzuhalten sind, um diese später - auch im Hinblick auf ein mögliches verwaltungsgerichtliches Verfahren - nachvollziehen zu können.
83 
cc) Bei § 37 PolG handelt es sich um eine echte Ermächtigungsgrundlage (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 37 Rn. 8). Voraussetzung ist jedenfalls, dass die Speicherung zur Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben erforderlich ist. Zu diesen zählen Gefahrenabwehr, vorbeugende Bekämpfung von Straftaten, Vorbereitung auf die Gefahrenabwehr, Schutz privater Rechte nach § 2 Abs. 2 PolG und die Vollzugshilfe nach § 60 Abs. 4 PolG (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 37 Rn. 10).
84 
dd) Nach diesem Maßstab sind alle hier streitigen Speicherungen rechtswidrig.
85 
(1) Die erste Speicherung zum Vorfall vom 12.08.1999 in Bietigheim-Bissingen ist rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 PolG a.F. liegen nicht vor. Zwar wurde das Strafverfahren gegen den Kläger wegen Nötigung vom Amtsgericht Besigheim mit Beschluss vom 19.09.2001 nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. Tatsächliche Anhaltspunkte i.S.v. § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG a.F. für eine seinerzeitige Prognose, dass der Kläger künftig eine Straftat begehen werde, sind jedoch nicht feststellbar. Die notwendige nachvollziehbare Dokumentation der Wiederholungsgefahr liegt nicht vor. Dies gilt auch angesichts des Vorbringens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, die die Wiederholungsgefahr begründenden Umstände habe sicherlich der örtliche Polizeibeamte in der Ermittlungsakte vermerkt. Eine ausreichende Dokumentation der Wiederholungsgefahr ist in den vorgelegten Akten, von denen der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat versichert hat, sie seien vollständig, nicht feststellbar. Die materielle Beweislast für das Vorliegen einer ausreichenden Dokumentation der die Wiederholungsgefahr stützenden Umstände trägt der Beklagte. Für eine weitere Sachaufklärung besteht kein Anlass. Der Beklagte hat bereits nicht bestimmt und nachvollziehbar behauptet, dass eine Dokumentation der Wiederholungsgefahr in anderen Akten vorliegt. Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 PolG a.F. liegen schließlich auch deswegen nicht vor, weil - unabhängig von der Frage der Dokumentation der die Wiederholungsgefahr begründenden Umstände - weder vorgetragen noch ersichtlich ist, woraus sich die Wiederholungsgefahr in der Sache ergeben haben soll.
86 
Die Speicherung zum Vorfall vom 12.08.1999 in Bietigheim-Bissingen ist auch nicht nach § 37 Abs. 1 PolG rechtmäßig. Auf diese Ermächtigungsgrundlage beruft sich der Beklagte bereits nicht. Eine auf § 37 Abs. 1 PolG beruhende Speicherung wäre auch bereits deswegen rechtswidrig, weil nach § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG bei der Speicherung in Dateien erkennbar sein muss, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört. Diesem Erfordernis ist nicht Genüge getan. Die Speicherung enthält hierzu keine Angaben.
87 
(2) Die zeitlich nachfolgenden Speicherungen zu den Ereignissen am 07.02.2000 in Neckarwestheim, am 07.06.2000 in Neckarwestheim, am 05.02.2002 in Kirchheim am Neckar, am 01.05.2003 in Ludwigsburg, am 10.11.2003 in Bietigheim-Bissingen, am 21.05.2004 in Ludwigsburg und am 01.10.2004 in Neckarwestheim sind rechtswidrig. Der Beklagte macht hierzu jeweils geltend, die Speicherungsberechtigung ergebe sich aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG (potenzieller Straftäter). Die Speicherungen sind bereits deswegen rechtswidrig, weil nach § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG bei der Speicherung in Dateien erkennbar sein muss, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört. Diesem Erfordernis ist bei keiner dieser Speicherungen Genüge getan. Die Speicherungen enthalten hierzu keine Angaben.
88 
Auch das Vorbringen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass die vorgelegten Ausdrucke der Speicherungen lediglich diejenigen seien, die aus Gründen der Datenschutzkontrolle anlässlich der Überprüfungen der Speicherungen zur Person des Klägers durch den Landesbeauftragten für Datenschutz erstellt worden seien, und dass die Speicherungen im Normalfall erkennen ließen, welcher der Personengruppen im Sinne von § 20 Abs. 2 bis 5 PolG der Betroffene zugeordnet werde, begründet nicht die Rechtmäßigkeit der Speicherungen. Der Beklagte kann, wie er in der mündlichen Verhandlung einräumte, die Speicherungen in der Form, wie sie ursprünglich vorgenommen wurden, nicht mehr vorlegen, da sie gelöscht wurden. Es lässt sich mithin nicht feststellen, ob die Zuordnung zu einer Personengruppe nach § 20 Abs. 2 bis 5 PolG erkennbar war. Auch insoweit trägt der Beklagte die materielle Beweislast.
89 
Die Speicherungsberechtigung kann sich auch deswegen nicht aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergeben, weil § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG tatsächliche Anhaltspunkte voraussetzt, dass die betreffende Person zukünftig Straftaten begeht. Auch insoweit bedarf es der Dokumentation der Umstände, aus denen sich die Gefahr der künftigen Begehung von Straftaten ergibt. Daran fehlt es in allen genannten Fällen. Keiner Entscheidung bedarf daher die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen zu einem Betroffenen, bei dem der Verdacht einer Straftat und die Wiederholungsgefahr rechtmäßig bejaht wurden, personenbezogene Daten, die sich aufgrund eines rechtmäßigen Verhaltens ergeben haben, zugespeichert werden dürfen.
90 
Auch aus § 38 Abs. 1 PolG - auf den sich der Beklagte zu den genannten Fällen nicht beruft - kann sich die Speicherungsberechtigung nicht ergeben. Zum Ereignis am 07.02.2000 in Neckarwestheim behauptet der Beklagte bereits kein Verhalten des Klägers, das den Verdacht einer Straftat darstellt. Bei den übrigen Vorfällen handelt es sich nicht um Daten, die im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens bekannt geworden sind.
91 
(3) Die Speicherung zum Ereignis am 20.11.2005 in Bietigheim-Bissingen ist rechtswidrig. § 38 Abs. 1 PolG a.F. kann nicht Ermächtigungsgrundlage für diese Speicherung sein, da es an der notwendigen Dokumentation der Wiederholungsgefahr fehlt. Die Berechtigung zur Speicherung ergibt sich auch nicht aus § 37 PolG, da entgegen § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG nicht erkennbar ist, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört, und die notwendige Dokumentation der Gefahr der künftigen Begehung von Straftaten nach § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG fehlt.
92 
(4) Die beiden Speicherungen zum Vorfall vom 11.11.2006 in Schwetzingen/Hockenheim sind rechtswidrig. § 38 Abs. 1 PolG a.F. kann jeweils nicht Ermächtigungsgrundlage für diese Speicherungen sein, da es an der notwendigen Dokumentation der Wiederholungsgefahr fehlt. Die Berechtigung zur Speicherung ergibt sich auch in keinem der Fälle aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, da auch insoweit die notwendige Dokumentation der Gefahr der künftigen Begehung von Straftaten fehlt.
93 
(5) Die Speicherung zum Ereignis am 14.01.2007 in Neckarwestheim ist rechtswidrig. Der Beklagte macht hierzu geltend, die Speicherungsberechtigung ergebe sich aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 5 PolG (Zeuge). Die Speicherung ist rechtswidrig, weil nach § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG bei der Speicherung in Dateien erkennbar sein muss, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört. Diesem Erfordernis ist nicht Genüge getan. Die Speicherung enthält hierzu keine Angaben.
94 
(6) Die Speicherung der PKW-Daten des Klägers ist rechtswidrig. Für die Erforderlichkeit der Speicherung der Daten ist nichts ersichtlich. Nach Aktenlage bereitete die Identifizierung des Klägers - auf dessen Anwesenheit sein in der Nähe einer Protestaktion abgestellter PKW hindeuten kann - nie Probleme. Anhaltspunkte für ein heimliches Vorgehen des Klägers bei seinen Protesten fehlen, wie auch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärte. Auch die vom Beklagten angeführte Verhinderung des Untergrabens von Bahngleisen anlässlich eines Castortransports - die der Polizei erleichtert werden solle, wenn sie den Halter eines im Wald, in der Nähe der Castortransportstrecke abgestellten PKWs schnell ermitteln kann - kann die Speicherung nicht rechtfertigen. Anhaltspunkte, dass der Kläger an solchen Aktionen beteiligt gewesen sein könnte, sind nicht erkennbar.
95 
2. Die Klage ist unzulässig und daher abzuweisen, soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass die Erhebung von Daten zu seiner Person rechtswidrig war. Die Erhebung von Daten nach § 20 PolG war nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens (a). Mit der Erstreckung der Klage in der Berufungsinstanz auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Erhebung von Daten nach § 20 PolG liegt eine Klageerweiterung vor, die unzulässig ist (b).
96 
a) In erster Instanz hatte der Kläger zunächst Klage gegen das Land, vertreten durch das Landeskriminalamt, erhoben mit dem Begehren, den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide des Landeskriminalamts zu verpflichten, Auskunft über die bei dem Beklagten zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen (vgl. Bl. 1 VG-Akte). Nach der Erteilung der Auskunft stellte er die Klage im Schriftsatz vom 17.08.2011 (vgl. Bl. 161, 169 VG-Akte) und in der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2011 (vgl. Bl. 231 VG-Akte) - mit geringfügigen Abweichungen in der Formulierung - um auf Feststellung, dass die Erfassung und Speicherung der Daten des Klägers in den polizeilichen Auskunftssystemen des Beklagten von Anfang an rechtswidrig gewesen sind. Den Begriff der Erhebung aus § 20 PolG verwendete der Kläger dabei nicht. Vielmehr machte der Kläger nach der Umstellung der Klage auf den Feststellungsantrag keinerlei Unterschied zwischen Erfassung und Speicherung der Daten. Als maßgebliche Rechtsgrundlage sah er insoweit allein § 38 Abs. 1 PolG an, den er in seinem Wortlaut auch wiedergab (vgl. Bl. 169 VG-Akte). Auf § 20 PolG ging er in keiner Weise ein. Unter Erfassung verstand er inhaltlich die Speicherung in polizeilichen Dateien. So führte er bereits im Schriftsatz vom 22.12.2010 zur Vorlage der vollständigen Akten durch den Beklagten aus, dem Gericht müsse die Möglichkeit eröffnet werden, "in sachgerechter Weise über die vom Kläger im Anschluss an die Auskunftserteilung angestrebte gerichtliche Feststellung über die Rechtmäßigkeit seiner Erfassung in den polizeilichen Dateien befinden zu können.“ (Bl. 131 VG-Akte). Dasselbe Verständnis zeigt sich auch im Schriftsatz vom 06.10.2011, in dem es heißt: "Regelmäßig handelt es sich bei der Erfassung von Bürgern durch die Polizei um erhebliche Eingriffe in deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Erst recht gilt dies, wenn dies nicht nur allgemeine Polizeidateien betrifft." (Bl. 237 VG-Akte).
97 
b) Die Klageerweiterung ist nach § 91 VwGO unzulässig, da der Beklagte in sie nicht eingewilligt hat und sie nicht sachdienlich ist.
98 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, in die Klageerweiterung nicht einzuwilligen. Er hat auch nicht zuvor durch rügeloses Einlassen auf einen Schriftsatz des Klägers im Sinne von § 91 Abs. 2 VwGO in die Klageerweiterung eingewilligt. Erst auf die ausdrückliche Frage des Senats in der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, dass auch die Erhebung von Daten im Sinne von § 20 PolG Streitgegenstand sein soll. Dies war für den Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt nicht zu erkennen. Denn der Kläger verwandte den Begriff der Erfassung auch im Berufungsverfahren bis dahin im Sinne einer Speicherung der Daten nach § 38 PolG. So führte er in seiner Berufungsbegründung im Schriftsatz vom 20.04.2013 - ebenso wie in der Begründung seines Zulassungsantrags im Schriftsatz vom 27.01.2012 (Bl. 41, 79 der Berufungsakte) - unter "III. Begründetheit der Feststellungsklage" aus: „Weil das angegriffene Urteil jedes Rechtsschutzinteresse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit in Abrede gestellt hat, hat es sich überhaupt nicht mehr, auch nicht in fürsorglicher Weise mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Erfassung und Speicherung des Klägers in den polizeilichen Dateien, und hierbei insbesondere in der Arbeitsdatei Politisch Motivierte Kriminalität (AD PMK) rechtmäßig gewesen ist oder nicht. Tatsächlich hätte das Verwaltungsgericht bei richtiger Rechtsanwendung feststellen müssen, dass die Speicherung der Daten über den Kläger rechtswidrig gewesen ist." (Bl. 135, 179 der Berufungsakte) Direkt im Anschluss hieran gab der Prozessbevollmächtigte des Klägers erneut nur § 38 PolG als maßgebliche Vorschrift im Wortlaut wieder und ging auf § 20 PolG nicht ein. Da eine Klageerweiterung auf die Erhebung von Daten nach § 20 PolG bis zur mündlichen Verhandlung nicht hinreichend erkennbar war, bestand folglich für den Beklagten kein Anlass zu prüfen, ob er in eine Klageerweiterung einwilligt. Sein Verhalten kann mithin kein rügeloses Einlassen darstellen. Zudem bestritt der Beklagte die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens des Klägers ganz allgemein, so dass es auch insoweit an einer Einwilligung i.S.v. § 91 Abs. 2 VwGO fehlt (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1999 - 4 C 4.98 - BVerwGE 109, 74 <79>; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 91 Rn. 28; Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl., § 91 Rn. 22, m.w.N. auch zur Gegenauffassung).
99 
Die Klageerweiterung ist nicht sachdienlich. Sachdienlichkeit ist zu bejahen, wenn für die geänderte Klage der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt und die Klageänderung die endgültige Beilegung des Rechtsstreits fördert. Sachdienlichkeit fehlt dagegen, wenn durch die Klageänderung ein gänzlich neuer Prozessstoff eingeführt würde, der die Grundlagen des Rechtsstreits ändert, insbesondere wenn bei einer entscheidungsreifen Klage nunmehr weitere Ermittlungen nötig würden (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.05.2001 - 12 B 99.1875 - juris Rn. 41; Urt. v. 15.01.2007 - 11 B 06.1633 - juris Rn. 57; je m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 124 Rn. 3, § 91 Rn. 18 ff.). So liegt der Fall hier. Um zu entscheiden, ob die Erhebung der Daten nach § 20 PolG rechtmäßig ist, müsste eine weitere umfangreiche Sachaufklärung bei den Polizeidienststellen erfolgen, die die Datenerhebung vorgenommen haben. Denn die Datenerhebungen erfolgten nicht durch das Landeskriminalamt.
100 
C. Nebenentscheidungen
101 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Beklagte zu tragen, da der Kläger mit seinem erstinstanzlichen Begehren, die Rechtswidrigkeit der Speicherung der gelöschten Daten festzustellen, vollständig obsiegt. Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte, da der Kläger hinsichtlich der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erhebung von Daten unterliegt, hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Speicherung von Daten obsiegt.
102 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
103 
Beschluss vom 10. Februar 2015
104 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird abweichend von der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 14.03.2013 nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 130.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Verfahren im ersten Rechtszug wird von Amts wegen nach § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 65.000,-- EUR abgeändert.
105 
Gründe
106 
Für jede Erhebung oder Speicherung von Daten ist der Auffangstreitwert von 5.000.-- EUR festzusetzen. Jede Erhebung oder Speicherung von Daten stellt einen selbständigen Akt hoheitlicher Gewalt dar und unterliegt je für sich einer Beurteilung der Rechtmäßigkeit. Sind mehrere Erhebungen und Speicherungen Gegenstand eines Gerichtsverfahrens, handelt es sich daher um mehrere Streitgegenstände i.S.d. § 39 Abs. 1 GKG, die zusammenzurechnen sind.
107 
In der Berufungsinstanz ist die Erhebung von Daten in 13 Fällen und die Speicherung von Daten in 13 Fällen Streitgegenstand. Daher ist der Streitwert für das Berufungsverfahren auf 130.000.-- EUR (26 x 5.000.-- EUR) festzusetzen.
108 
Erstinstanzlich war die Speicherung von Daten in 13 Fällen Streitgegenstand. Daher ist der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf 65.000.-- EUR (13 x 5.000.-- EUR) von Amts wegen abzuändern. Die Befugnis des Rechtsmittelgerichts zur Abänderung von Amts wegen besteht auch in zeitlicher Hinsicht noch, da die erstinstanzliche Entscheidung in der Hauptsache noch nicht rechtskräftig ist (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG).
109 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über den Status einer von der Klägerin initiierten und pflegerisch betreuten „Einrichtung“ zur Intensivpflege nach dem Bayerischen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG).

1. Die Klägerin, vormals in Gestalt der „P. V.- Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ auftretend, seit Ende 2009/Anfang 2010 als „P. V. Außerklinische Intensivpflege GmbH“ und seit 1. Juli 2013 unter „G. Gesellschaft für medizinische Intensivpflege Bayern mbH“ firmierend, betreibt einen Pflegedienst und bietet dabei u. a. die Vermittlung von Betreuungsplätzen in der von ihr als „ambulant betreute Wohngemeinschaft“ bezeichneten Einrichtung in der R.-Straße ... in M. an. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt auf der 24-stündigen, intensivpflegerischen Betreuung von beatmungspflichtigen Patienten und Wachkomapatienten.

2. Nach einer anonymen Anzeige fand am 4. März 2009 eine Begehung der Einrichtung durch die Heimaufsicht der Beklagten statt. Dabei ergab sich, dass entgegen entsprechender Vorgaben seit dem 17. Februar 2009 mit der Belegung der Einrichtung begonnen worden war und sich dort sieben Bewohner befanden, die intensivpflegerisch betreut wurden. Ferner wurden gravierende bauliche Mängel, in erster Linie im Hinblick auf unzureichenden Brandschutz festgestellt. Daraufhin untersagte die Heimaufsicht der Beklagten noch vor Ort telefonisch den weiteren Betrieb der Einrichtung. Zugleich wurde der „P. V.- Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ für jeden neu aufgenommenen Bewohner ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 EUR angedroht. Darüber hinaus ordnete die Lokalbaukommission der Beklagten mit Bescheid vom 6. März 2009 gegenüber der „P. V.- Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ die Aufgabe der bestehenden Nutzung der Einrichtung an und untersagte ihr zugleich die zukünftige Nutzung, da aus brandschutztechnischer Sicht eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit der Nutzer im Sinne von Art. 54 BayBO bestehe.

3. Nach vorheriger Anhörung erließ die Beklagte einen auf den 11. März 2009 datierten, den Bevollmächtigten der Klägerin am 3. April 2009 zugestellten Bescheid, in dem zunächst unter Ziffer I. 1. festgestellt wurde, dass das „von der P.V. Außerklinische Intensivpflege GmbH & Co. KG, vertreten durch (…), initiierte Wohnangebot für intensivpflichtige Erwachsene und Kinder in der R.-Straße ... (…)“ eine stationäre Einrichtung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG darstelle. Ferner wurde in Ziffer 2. die bereits bei der Begehung am 4. März 2009 mündlich ausgesprochene Untersagung, weitere Bewohnerinnen und Bewohner aufzunehmen, bis zur Vorlage einer baurechtlichen Nutzungsgenehmigung für eine stationäre Einrichtung bestätigt. Aufgrund der Nutzungsuntersagungen löste die Klägerin die „Wohngemeinschaft“ Mitte März 2009 auf und verlegte die bisherigen Bewohner in andere Einrichtungen. Der Bescheid vom 11. März 2009 wurde von der Klägerin nicht angefochten. Er erwuchs daraufhin in Bestandskraft. Nach vorheriger Anzeige bei der Beklagten nahm die Klägerin die Betreuung von intensivpflichtigen Patienten ab dem 31. August 2009 in der R.-Straße wieder auf.

4. Mit Schreiben vom 21. Januar 2011 stellte die Klägerin den Antrag, den Bescheid vom 11. März 2009 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei der von ihr pflegerisch betreuten Einrichtung in der R.-Straße in M. um eine ambulant betreute Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG handele, hilfsweise für den Fall, dass der Rücknahmeantrag abgelehnt werde, allein das Vorliegen einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG festzustellen. Ende 2009 sei eine Änderung auf der Geschäftsführungsebene der Klägerin sowie eine Rechtsformänderung erfolgt, die ihrerseits strukturelle Änderungen in der Einrichtung nach sich gezogen habe. Der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2009 erweise sich nunmehr aufgrund einer veränderten Sach- und Rechtslage als rechtswidrig; er sei daher nach Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG aufzuheben und abzuändern. Der dem Einstufungsbescheid zugrunde liegende Sachverhalt als auch die Rechtslage hätten sich derart verändert, dass eine Einstufung als stationäre Einrichtung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG nicht mehr erfolgen könne. Die aktuellen Gegebenheiten begründeten nunmehr das Vorliegen einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG. Angesichts der Löschung der damaligen Gesellschaft im Handelsregister erweise sich auch die Bindungswirkung des Bescheids vom 11. März 2009 als fraglich. Für den Fall der Ablehnung des Rücknahmeantrags sei jedenfalls eine erneute Statusfeststellung nach dem Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes notwendig.

5. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 11. August 2011 mit, dass sie bei einer Routineprüfung am 19. Juli 2011 nochmals eine Statuseinschätzung der Einrichtung vorgenommen habe. Die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG lägen nach wie vor nicht vor. Die in der Einrichtung lebenden Bewohner seien aufgrund ihrer Schwerstpflegebedürftigkeit nicht in der Lage, einen gemeinsamen Haushalt im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG zu führen. Die gem. Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PfleWoqG vorausgesetzte Selbstbestimmung fehle gänzlich. Ebenso entspreche die angestrebte Platzzahl von 15 Bewohnern nicht den Vorgaben des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 5 PfleWoqG.

6. Mit Schriftsatz vom 29. November 2011 erhob die Klägerin in der Folge Untätigkeitsklage und beantragte zuletzt, den Bescheid vom 11. März 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den bislang nicht verbeschiedenen Antrag der Klägerin vom 21. Januar 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Beim Schreiben der Beklagten vom 31. August 2011 handele es sich nach deren eigenem Dafürhalten nur um einen informatorischen Bericht, nicht hingegen um einen Verwaltungsakt.

7. Mit Urteil vom 24. Mai 2012 wies das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet ab. Die Beklagte habe mit bestandskräftigem Bescheid vom 11. März 2009 festgestellt, dass es sich bei dem von der „P. V. Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ initiierten Wohnungsangebot für intensivpflichtige Erwachsene und Kinder in der R.-Straße XX um eine stationäre Einrichtung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG handele. Hierin liege ein feststellender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Die Klägerin besitze indes keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 11. März 2009. Ein derartiger, allenfalls bei einer Ermessensreduzierung auf Null bestehender Anspruch würde die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bescheids voraussetzen. Der Bescheid vom 11. März 2009 sei jedoch rechtmäßig ergangen.

Ebenso wenig besitze die Klägerin einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 BayVwVfG. Das Gericht könne keine Veränderung der Sach- und Rechtslage erkennen. Weder die Rechtsnachfolge der ursprünglichen „P. V. Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ durch die Klägerin noch die geringfügige Abänderung in der Ausgestaltung der Räume in der R.-Straße bildeten eine relevante Änderung. Überdies sei der Abänderungsantrag nicht innerhalb der gesetzlichen Frist des Art. 51 Abs. 3 BayVwVfG gestellt worden.

8. Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sie ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten sowie grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ferner Verfahrensmängel geltend macht.

Hinsichtlich der sonstigen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die klageweise geltend gemachten Verpflichtungsanträge (1.) sind entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bereits mangels Klagebefugnis unzulässig (2.). Auf das Vorliegen bzw. die Darlegung von Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO kommt es deshalb nicht mehr entscheidungserheblich an.

1. Die Klägerin verfolgt, ausgehend von den zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Klageanträgen, gegenüber der Beklagten im Wege der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zwei Verpflichtungsbegehren im Sinne von § 42 Abs. 2 2. Alternative VwGO. Zunächst beansprucht sie bei sinngemäßer Auslegung die Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung der in Ziffer I. 1. des bestandkräftigen Bescheids vom 11. März 2009 erfolgten „Statusfeststellung“ der von ihr initiierten und betreuten Pflegeeinrichtung in der R.-Straße. Da zu den weiteren Regelungsinhalten des Bescheids vom 11. März 2009 kein Sachvortrag erfolgte, unterfallen diese trotz der unbeschränkten, auf den gesamten Bescheid vom 11. März 2009 gerichteten Antragsformulierung dem nachträglichen Aufhebungsverlangen offenkundig nicht. Richtete sich die Aufhebung nach Art 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG oder Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG, läge sie überdies im Ermessen der Beklagten, so dass insoweit grundsätzlich ein Verbescheidungsausspruch in Betracht käme. Demgegenüber zielt der zweite Klageantrag auf die Verpflichtung der Beklagten, die streitgegenständliche Einrichtung in der R.-Straße nunmehr als ambulant betreute Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG einzustufen. Ein Verbescheidungsausspruch scheidet insoweit aus, da die Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des Art. 2 PfleWoqG keine Ermessensentscheidung beinhaltet.

2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind beide Verpflichtungsbegehren jedoch bereits unzulässig, da der Klägerin die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis fehlt (2.1). Darüber hinaus besäße sie für die Klage auch kein Rechtsschutzbedürfnis (2.2). Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage sind auch im Berufungszulassungsverfahren durch den Senat von Amts wegen zu prüfen, da bei einer bereits unzulässigen Klageerhebung die Zulassung der Berufung von vornherein ausscheidet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, Vorb. § 124 Rn. 29, 32; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 98, 101, 102a; Frey in Gärditz, VwGO, 2013, Vorb. § 124 Rn. 72; BayVGH, B.v. 26.3.2003 - 8 ZB 02.2918 - NVwZ 2004, 629). Eine Bindung des Berufungsgerichts an die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts besteht im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage nicht.

2.1 Nach § 42 Abs. 2 VwGO setzt die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage - auch in Form der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO - voraus, dass die Klägerin durch die Unterlassung des beanspruchten Verwaltungsakts in eigenen, subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt ist. Demzufolge muss sich aus ihrem Sachvortrag die Möglichkeit ergeben, dass sie einen Anspruch auf den Erlass des klageweise erstrebten Verwaltungsakts besitzt. Umgekehrt fehlt es an der Klagebefugnis, wenn der behauptete Anspruch offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise besteht (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.1997 - 1 C 29/95 - BVerwGE 104, 115 ff. Rn. 18; BayVGH, B.v. 28.3.2011 - 12 ZB 10.31111 - juris Rn. 8). Letzteres ist vorliegend sowohl mit Blick auf die Aufhebung der „Statusfeststellung“ in Ziffer 1. des Bescheids vom 11. März 2009 (2.1.1) als auch im Hinblick auf die erstrebte Neufeststellung des „Status“ der Einrichtung in der R.-Straße der Fall (2.1.2).

2.1.1. Die von der Klägerin beanspruchte nachträgliche Aufhebung der bestandskräftigen „Statusfeststellung“ in Ziffer 1. des Bescheids vom 11. März 2009 kommt - wenn überhaupt -, so nur nach Art. 51 BayVwVfG im Wege einer Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens im engeren Sinne bzw. nach Art. 48 oder Art. 49 BayVwVfG (Wiederaufnahme im weiteren Sinn) in Betracht. Das Verfahrensrecht des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) findet nach § 1 Abs. 1 SGB X keine Anwendung. Die Annahme einer Klagebefugnis erfordert daher einen Sachvortrag der Klägerin, aus dem sich die Möglichkeit ergibt, dass ihr einer der genannten Aufhebungsansprüche zusteht. Scheidet bereits nach ihrem eigenen Vorbringen das Bestehen eines Aufhebungsanspruchs aus, fehlt es an der Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO.

2.1.1.1 Ein Anspruch auf Aufhebung der „Statusfeststellung“ in Ziffer 1. des Bescheids vom 11. März 2009 scheidet im Fall der Klägerin bereits deshalb von vornherein aus, weil sich die Regelungswirkungen dieser „Feststellung“ mit der Schließung und Abwicklung der Einrichtung in der R.-Straße im März 2009 erschöpft haben, sich mithin die „Statusfeststellung“ im Sinne von Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG auf sonstige Weise erledigt hat.

Ziffer I. 1. des Bescheids vom 11. März 2009 bezog sich auf die von der „P. V.- Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ initiierte Einrichtung in der R.-Straße, mit deren Belegung am 17. Februar 2009 begonnen und deren Betrieb durch eine anlässlich der Begehung am 4. März 2009 mündlich ausgesprochene Untersagung nach Art. 15 PfleWoqG beendet wurde. In der Folge hat die „P. V.- Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ die Einrichtung durch Verlegung der Bewohner komplett abgewickelt und der Beklagten erst Ende Juli 2009 unter Vorlage eines neuen Konzepts die beabsichtigte Neuaufnahme des Betriebs einer Pflegeeinrichtung angezeigt. Eine weitere „Statusfeststellung“ durch Verwaltungsakt erfolgte seitens der Beklagten nicht mehr. Mithin haben sich die Rechtswirkungen der „Statusfeststellung“ im Bescheid vom 11. März 2009 allein auf die - ohne fristgerechte Anzeige ab 17. Februar 2009 betriebene und im März 2009 wieder stillgelegte - Pflegeeinrichtung bezogen. Mit der Abwicklung der Einrichtung hat sich die „Statusfeststellung“ erledigt. Eine die Bestandskraft des Bescheids vom 11. März 2009 durchbrechende Wiederaufnahme eines bereits erledigten Verwaltungsakts nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 51 Rn. 14) kommt damit ebenso wenig in Betracht wie eine Rücknahme der erledigten „Statusfeststellung“ nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 48 Rn. 19; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 38; Suerbaum in Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2014, § 48 Rn. 39) oder deren Widerruf nach Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 49 Rn. 10; Suerbaum in Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2014, § 49 Rn. 45).

2.1.1.2 Hinzu kommt, dass Ziffer I. 1. des Bescheids vom 11. März 2009 sich nicht an die Klägerin des vorliegenden Verfahrens richtet, sie folglich nicht selbst betrifft. Nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Regelung bezieht sich die Feststellung des Vorliegens einer stationären Einrichtung auf das „von der P. V., Außerklinische Intensivpflege, GmbH & Co. KG, vertreten durch Frau S.-B.“ initiierte Wohnangebot in der R.-Straße. Wie die Klägerin, die „P. V. Außerklinische Intensivpflege GmbH“ selbst unter Infragestellung der Fortgeltung des Bescheids vom 11. März 2009 vorgetragen hat, ist im Zuge einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung Ende 2009 /Anfang 2010 die Kommanditgesellschaft aus dem Handelsregister gelöscht worden und Frau S.-B. aus der Geschäftsführung ausgeschieden. Damit ist zugleich der Adressat des Bescheids vom 11. März 2009 untergegangen. Dessen Rechtswirkungen könnten sich daher überhaupt nur dann auf die Klägerin erstrecken, wenn diese zivilrechtlich Rechtsnachfolgerin der Kommanditgesellschaft geworden wäre und sich aus dem materiellen Recht - im vorliegenden Fall aus der Regelungssystematik des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes - eine Erstreckung der Bindungswirkung der „Statusfeststellung“ auf die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ableiten ließe (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 43 Rn. 13 ff.; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 259 ff.). Zumindest Letzteres scheidet im vorliegenden Fall erkennbar aus. Denn die Einstufung einer Einrichtung nach Art. 2 PfleWoqG stellt keinen lediglich sachbezogenen, gewissermaßen „dinglichen“ Verwaltungsakt dar, dessen Rechtswirkungen sich automatisch auf einen Rechtsnachfolger erstrecken, sondern wird maßgeblich von der Person des Trägers bzw. im Fall der ambulant betreuten Wohngemeinschaft nach Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG des Initiators mitbestimmt. Ist die Klägerin nicht Adressatin des bestandkräftigen Bescheids vom 11. März 2009, kann sie seine nachträgliche Aufhebung im Zuge eines Wiederaufgreifens des Verfahrens nicht beanspruchen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 51 Rn. 10).

2.1.1.3 Schließlich scheidet im vorliegenden Fall die Wiederaufnahme des Verfahrens im engeren Sinn nach Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG bereits deshalb aus, weil die Klägerin mit ihrem Antrag vom 9. Januar 2011 die Dreimonatsfrist des Art. 51 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG nicht eingehalten hat (vgl. BVerwG, U.v.28.2.1997 - 1 C 29.95 - BVerwGE 104, 115 ff. Rn. 25). Der entsprechenden Feststellung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil ist sie im Zulassungsverfahren nicht entgegengetreten. Die Nichteinhaltung der Frist zur Geltendmachung von Wiederaufnahmegründen wirkt darüber hinaus auch auf die Wiederaufnahme im weiteren Sinn nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG bzw. Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG im Rahmen der behördlichen Ermessensentscheidung zurück (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 51 Rn. 6; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 51 Rn. 132).

2.1.1.4 Eine Klagebefugnis kann die Klägerin im vorliegenden Fall schließlich auch nicht unmittelbar aus der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ableiten, weil ihr andernfalls jeglicher verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz gegen die „Statusfeststellung“ abgeschnitten wäre. Vielmehr besitzt sie, wie die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren zutreffend vorgetragen hat, die Möglichkeit, Maßnahmen der Beklagten auf der Grundlage des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes mit Rechtsmitteln anzufechten, in deren Rahmen inzident auch der Status der Einrichtung als Tatbestandsmerkmal überprüft würde. Von der Möglichkeit, den ursprünglichen „Statusbescheid“ vom 11. März 2009 anzufechten, hat die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin indes keinen Gebrauch gemacht.

2.1.2 Der Klägerin fehlt im Hinblick auf die angestrebte Verpflichtung der Beklagten, den „Status“ der von ihr initiierten und betreuten Pflegeeinrichtung als ambulant betreute Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG durch Verwaltungsakt festzustellen, ebenfalls die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis.

Wie sie selbst im Zulassungsverfahren wiederholt vorträgt, sieht das Bayerische Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG) den Erlass eines statusbestimmenden, feststellenden Verwaltungsakts für Pflegeeinrichtungen nicht vor. Zwar enthält Art. 2 PfleWoqG die Legaldefinitionen verschiedener Betreuungsformen, an die je unterschiedliche ordnungsrechtliche Befugnisse der Beklagten als Heimaufsicht anknüpfen. Von daher ist nach der Systematik des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes im Rahmen des Erlasses ordnungsrechtlicher Verwaltungsakte vorab inzident der „Status“ der betroffenen Einrichtung zu prüfen. Eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zum Erlass eines statusbestimmenden Verwaltungsakts besteht indes nicht.

Auch enthält weder die Gesetzesbegründung zu Art. 4 PfleWoqG (LT-Drucks. 15/10182 S. 24 f.), der die Anzeigepflicht bei stationären Einrichtungen regelt und den die Beklagte als Rechtsgrundlage für die „Statusfeststellung“ angibt, noch zu Art. 2 PfleWoqG (LT-Drucks. 15/10182 S. 18 ff.), der die einzelnen Betreuungsformen legal definiert, einen Hinweis darauf, dass die Norm Rechtsgrundlage für einen statusbestimmenden Verwaltungsakt darstellen soll. Auch im Übrigen finden sich in der Gesetzesbegründung keine Anhaltspunkte für die Möglichkeit, den Status einer bestimmten Betreuungseinrichtung durch Verwaltungsakt festzulegen.

Selbst wenn man jedoch von einer - ungeschrieben aus dem Regelungskontext abgeleiteten - Kompetenz der Beklagten zum Erlass statusbestimmender Verwaltungsakte ausginge, würde hiermit kein Anspruch der Klägerin auf Erlass eines gesetzlich nicht vorgesehenen, feststellenden Verwaltungsakts korrespondieren. Denn das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage schließt einen entsprechenden Anspruch grundsätzlich aus (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 35 Rn. 25; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 220 aE; VGH Baden-Württemberg, U.v. 9.1.2007 - 10 S 1386/06 - NJW 2007, 1706 ff. Rn. 30 ff.). Für den klageweise erstrebten Erlass eines Verwaltungsakts, der keine Rechtsgrundlage besitzt, besteht daher ersichtlich keine Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO.

Eine Klagebefugnis lässt sich bei der vorliegenden Fallkonstellation ferner auch nicht daraus ableiten, dass die Beklagte unter Inanspruchnahme ihrer Verwaltungsaktsbefugnis eine Statusfeststellung durch Verwaltungsakt, nämlich in Ziffer I. 1. des Bescheids vom 11. März 2009, getroffen hat, da diese Feststellung, wie oben sub. 2.1.1 ausgeführt, für die aktuell bestehende „Wohngemeinschaft“ keine Geltung mehr beansprucht. Die Klägerin ist auch insoweit nicht rechtsschutzlos gestellt, als sie, wie bereits dargelegt, die Möglichkeit besitzt, gegen sie auf der Grundlage des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes ergehende ordnungsrechtliche Verfügungen gerichtlich überprüfen zu lassen, was die inzidente Prüfung des „Status“ der Einrichtung in der R.-Straße einschließt.

2.2 Darüber hinaus würde der Klägerin als ambulantem Pflegedienst für die streitgegenständlichen Verpflichtungsanträge auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Dies ergibt sich für die Aufhebung der Statusfeststellung in Ziffer I. 1. des Bescheids vom 11. März 2009 bereits aus dem Entfallen der Rechtswirkungen bzw. der fehlenden Adressatenstellung der Klägerin.

2.2.1 Dies gilt in gleicher Weise auch für die beantragte Neufeststellung des „Status“ der Einrichtung in der R.-Straße nach dem Pflege- und Wohnqualitätsgesetz. Soweit sich die Klägerin diesbezüglich in der Zulassungsbegründung wie auch im Klageverfahren erster Instanz in erster Linie, auf die Wechselwirkung zwischen der Einstufung einer Pflegeeinrichtung nach landesrechtlichem Ordnungsrecht und dem bundesrechtlich geregelten Sozialleistungsrecht, namentlich des Fünften und des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V, SGB XI), beruft, könnte sie hiermit ebenfalls nicht durchdringen, mag dies auch offenkundig ihr (wirtschaftliches) Hauptinteresse bilden.

Der Annahme einer Bindungswirkung - selbst eines Rechtsreflexes - der ordnungsrechtlichen Einstufung der Einrichtung nach Landesrecht für das bundesrechtliche Leistungsrecht stehen bereits rechtssystematische Gründe entgegen. Denn die Föderalisierung des Heimrechts hat dazu geführt, dass verschiedene und insbesondere neue Wohnformen für ältere und pflegebedürftige Menschen je nach Bundesland unterschiedlich definiert werden. Demgegenüber liegt dem bundesrechtlichen Leistungsrecht ein einheitlicher Begriff einer ambulant betreuten Wohngruppe zugrunde. Die Definition und gegenseitige Abgrenzung neuer Wohnformen, wie insbesondere die der ambulant betreuten Wohngemeinschaft, muss daher bereits aus kompetenziellen Gründen eigenständig und unabhängig voneinander erfolgen. So führt die heimrechtliche Qualifikation einer Einrichtung als ambulant betreute Wohngemeinschaft nach Landesrecht nicht automatisch zu einer sozialleistungsrechtlich identischen Qualifikation im Bundesrecht. Umgekehrt besitzt entgegen der Auffassung der Klägerin die leistungsrechtliche Qualifikation einer Einrichtung nach Bundesrecht für die ordnungsrechtliche Einstufung einer Einrichtung nach Landesrecht keine Bindungswirkung. Beide Rechtsmaterien sind voneinander unabhängig (so ausdrücklich auch Burmeister/Gaßner/König/Müller, Bayerisches Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2009, Art. 2 Rn. 3).

Soweit sich die Klägerin im vorliegenden Zusammenhang beispielhaft auf den in § 38a Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) geregelten Wohngruppenzuschlag beruft, kann sie auch aus dieser Regelung kein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage ableiten. Dies folgt bereits daraus, dass der Wohngruppenzuschlag nicht eine Leistung an die Klägerin als ambulanten Pflegedienst darstellt, sondern den Pflegebedürftigen selbst zufließt. Ein rechtliches Interesse mit Bezug auf den Wohngruppenzuschlag kommt der Klägerin folglich nicht zu. Überdies hat der Gesetzgeber den Wohngruppenzuschlag ab 1. Januar 2015 neu geregelt, die Bezugnahme auf landesrechtliches Heimrecht gestrichen und „quasi-stationäre“ Einrichtungen wie die der Klägerin aus dem Geltungsbereich nunmehr ausgenommen. Auch aus den Regelungen für den Abschluss von Pflegevereinbarungen mit den jeweiligen Leistungsträgern nach § 72 SGB XI lässt sich kein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin ableiten. Hier ist, wie bereits dargelegt, das föderalisierte Heimrecht vom bundesrechtlichen Leistungsrecht entkoppelt. Ebenso wenig bietet die Zusammenarbeit des medizinischen Dienstes der Krankenkassen und der Heimaufsicht bei der Qualitätskontrolle nach § 117 SGB XI Anhaltspunkte für eine präjudizielle Bindung der Einstufung einer Einrichtung für die jeweils andere Ebene.

2.2.2 Schließlich kann die Klägerin auch aus dem UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl. II 2008, S. 1419 ff.) kein eigenes Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die ordnungsrechtliche Qualifikation der Einrichtung in der R.-Straße ableiten. Nach Art. 19 der UN-Behindertenrechtskonvention gewährleisten die Vertragsstaaten das Recht aller Menschen mit Behinderungen, gleichberechtigt die Möglichkeit zu besitzen, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, ohne zugleich verpflichtet zu sein, in besonderen Wohnformen zu leben. Ungeachtet des Umstands, dass die Vermittlung eines subjektiven Rechtsanspruchs durch diese Norm des Völkervertragsrechts strittig ist (vgl. z. B. LSG Nordrhein-Westfalen, B.v. 6.2.2014 - L 20 SO 436/13 B ER - juris Rn. 57 ff.) und unklar bleibt, inwieweit die ordnungsrechtliche Einstufung einer von einem Pflegebedürftigen frei gewählten Einrichtung zu einem Leben in einer „fremdbestimmten Wohnform“ führt, würde die Norm jedenfalls keinen Anspruch der Klägerin als ambulanter Pflegedienst, sondern allenfalls des Behinderten selbst begründen.

Die Zulässigkeit der vorliegenden Klage würde mithin auch am fehlenden Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin scheitern. Auf das Vorliegen bzw. die Darlegung von Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO kommt es deshalb nicht mehr entscheidungserheblich an.

3. Die Klägerin trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird nach § 52 Abs. 2 GKG mit 5.000 EUR festgesetzt. Mit diesem Beschluss wird das angefochtene Urteil nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.10.2011 - 5 K 1777/09 -wird geändert. Es wird festgestellt, dass die Speicherung von Daten des Klägers zu seinen PKWs und zu folgenden Anlässen rechtswidrig war:

1) 12.08.1999/Bietigheim-Bissingen

2) 07.02.2000/Neckarwestheim

3) 07.06.2000/Neckarwestheim

4) 05.02.2002/Kirchheim am Neckar

5) 01.05.2003/Ludwigsburg

6) 10.11.2003/Bietigheim-Bissingen

7) 21.05.2004/Ludwigsburg

8) 01.10.2004/Neckarwestheim

9) 20.11.2005/Bietigheim-Bissingen

10) 11.11.2006/Rheintalstrecke, Hockenheim

11) 11.11.2006/Schwetzingen (Ermittlungsersuchen)

12) 14.01.2007/Neckarwestheim.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt der Beklagte, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger und der Beklagte je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Speicherung von Daten zu seiner Person durch das Landeskriminalamt Baden-Württemberg (im Folgenden: Landeskriminalamt), die Ereignisse zwischen 1999 und 2007 im Zusammenhang mit Protesten gegen die Nutzung von Atomenergie in Atomkraftwerken betreffen, von Anfang an rechtswidrig war.
Mit Schreiben vom 23.07.2007 stellte der Kläger beim Landeskriminalamt einen Antrag auf Auskunft über sämtliche zu seiner Person gespeicherte Daten. Das Landeskriminalamt erteilte dem Kläger mit Schreiben vom 25.09.2007 die Auskunft, nach § 38 PolG sei ein Ermittlungsverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz am 08.07.2007 gespeichert. Die Ermittlungsverfahren der Polizeidirektion Ludwigsburg wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr am 20.11.2005 sowie der Polizeidirektion Heidelberg wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr am 11.11.2006 seien gelöscht worden. Eine weitergehende Auskunftserteilung unterbleibe gemäß § 45 PolG i.V.m. § 21 Abs. 5 LDSG.
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 01.10.2007 bei der Polizeidirektion Ludwigsburg Auskunft über zu seiner Person gespeicherte polizeiliche Daten, das diese mit Schreiben vom 05.10.2007 an das Landeskriminalamt weiterleitete.
Mit Schreiben vom 01.12.2007, beim Landeskriminalamt eingegangen am 03.12.2007, wandte sich der Kläger gegen die versagte Auskunft im Schreiben des Landeskriminalamts vom 25.09.2007. Das Landeskriminalamt antwortete mit Schreiben vom 07.02.2008, das Ermittlungsverfahren der Polizeidirektion Ludwigsburg wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz am 08.07.2007 sei von der Polizeidirektion Ludwigsburg in ihrem Lagebild Informationssystem (LABIS) und in ihrer Kriminalakte und von der Polizei des Landes im Aktenverwaltungssystem Staatsschutz und der Arbeitsdatei Politisch motivierte Kriminalität in Baden-Württemberg (AD PMK) gespeichert. Alle anderen Erkenntnisse über den Kläger, die im Aktenverwaltungssystem Staatsschutz und in der AD PMK gespeichert gewesen seien, seien gelöscht worden, da die Voraussetzungen für eine weitere Speicherung nicht mehr gegeben gewesen seien. Bezüglich der gelöschten Erkenntnisse könne nach wie vor keine Auskunft erteilt werden. Eine Übermittlung der Daten des Klägers an Empfänger oder Gruppen von Empfängern sei nicht vorgesehen. Die Polizeidirektion Ludwigsburg führe den Kläger in keiner Datei als „Leiter" des „Aktionsbündnisses Castor-Widerstand ...".
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte mit Schreiben vom 12.03.2008 dem Landeskriminalamt mit, dass er den Kläger vertrete. Das Schreiben des Klägers vom 01.12.2007 sei von Anfang an als Widerspruch gegen die mit Schreiben des Landeskriminalamts vom 25.09.2007 verweigerte Auskunft zu verstehen. Mit Bescheid vom 27.03.2009 wies das Landeskriminalamt den Widerspruch des Klägers vom 12.03.2008 gegen den Bescheid des Landeskriminalamts vom 07.02.2008 zurück. Zur Begründung führte es aus, dem Kläger stehe nach wie vor kein Anspruch auf die beantragte weitergehende Auskunft zu. Es sei nicht auszuschließen, dass die zu Zwecken der Datenschutzkontrolle gespeicherten personenbezogenen Daten im Falle einer weitergehenden Auskunft die künftige polizeiliche Aufgabenwahrnehmung gefährdeten, da die Daten Rückschlüsse auf die Ermittlungstätigkeit der Polizei ermöglichten und deshalb geeignet wären, die Effektivität der Ermittlungstätigkeit zu gefährden.
Am 30.04.2009 erhob der Kläger gegen den Bescheid des Landeskriminalamts vom 07.02.2008 in Gestalt von dessen Widerspruchsbescheid vom 27.03.2009 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem Ziel, den Beklagten zu verpflichten, die weiterhin verweigerten Auskünfte über beim Beklagten gespeicherte Daten zu erteilen. Der Beklagte trat der Klage entgegen. Das Innenministerium Baden-Württemberg erklärte mit Schreiben vom 14.07.2010 als oberste Dienstbehörde gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO, dass die Verfahrensakten insoweit herausgegeben werden könnten, als sie auskunftsfähige Daten enthielten. Im Übrigen verweigerte das Innenministerium die Vorlage der Akten an das Verwaltungsgericht, weil sie dem Wohle des Landes Nachteile bereite. Der Kläger trat der Sperrerklärung des Innenministeriums entgegen.
Mit Bescheid vom 21.03.2011 erteilte das Landeskriminalamt dem Kläger Auskunft zu den Erkenntnissen, hinsichtlich derer im Ausgangsbescheid vom 07.02.2008 die Auskunft verweigert worden war, sowie über die in der AD PMK und in der Datei INPOL-Fall „Innere Sicherheit“ (IFIS) gespeicherten Erkenntnisse. Den Bescheid vom 07.02.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2009 hob es insoweit auf, als er dem entgegenstehe. Die Auskunft im Bescheid des Landeskriminalamts vom 21.03.2011 lautete (vgl. Bl. 143 ff. der VG-Akte):
„Gelöschte Erkenntnisse:
In der AD PMK
10 
Straftaten/Ordnungswidrigkeiten:
11 
11.11.2006/Rheintalstrecke, Gemarkung Hockenheim
Am Tattag gegen 20.20 Uhr leitete der Zugführer des Castortransportes etwa bei Bahn-km 18,4 Fahrtrichtung Schwetzingen eine Schnellbremsung ein, da eine Person mit ausgestreckten Armen in Richtung der Gleise gerannt war. Die Person, die das Notsignal gegeben hatte, konnte bisher nicht ermittelt werden.
Quelle: PD Heidelberg
12 
14.01.2007/Neckarwestheim
Am Tattag fand vor dem GKN Neckarwestheim, Tor 1, eine öffentliche Versammlung statt, an der ca. 80 Personen teilnahmen. Die Versammlung wurde durch das Aktionsbündnis Castor-Widerstand ... veranstaltet und trotz längerer Planung bei der zuständigen Behörde nicht angemeldet.
Quelle: PD Ludwigsburg
13 
Allgemeine Ereignisse:
14 
12.08.1999/Bietigheim-Bissingen
Um einen Nukleartransport „Excellox 6" zum AKW Neckarwestheim zu verhindern bzw. zu blockieren, wurden von mehreren Personen der Castor-Gegner die Gleise im Bahnhof Bietigheim-Bissingen besetzt.
Quelle: PD Ludwigsburg
15 
07.02.2000/Neckarwestheim
Blockade des Parkplatzes bzw. der Zufahrt zum Kernkraftwerk Neckarwestheim.
Quelle: PD Ludwigsburg
16 
07.06.2000/Neckarwestheim
Bei der Demonstration anlässlich Excellox-Transport von Walheim zum GKN Neckarwestheim wurden Personenkontrollen durchgeführt.
Quelle: PD Ludwigsburg
17 
05.02.2002/Kirchheim am Neckar
Anlässlich des Straßentransportes wurden durch Raumschutzkräfte mehrere Personen kontrolliert, welche der Anti-Akw-Szene zuzuordnen sind.
Quelle: PD Ludwigsburg
18 
01.05.2003/Ludwigsburg
Anmeldung eines Demonstrationszuges mit Kundgebung zum 1. Mai 2003 Quelle: PD Ludwigsburg
19 
10.11.2003/Bietigheim-Bissingen
Zu der von Herrn ... ab 16.00 Uhr angemeldeten Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz in Bietigheim-Bissingen trafen ab ca. 15.50 Uhr die ersten Teilnehmer ein. Ab ca. 16.30 Uhr wurden im Bereich der dortigen Skulptur sowie an den Säulen der Bedachung des angrenzenden Busbahnhofes mehrere Transparente und Plakate mit Castorbezug aufgehängt.
Quelle: PD Ludwigsburg
20 
21.05.2004/Ludwigsburg
Vom „Aktionsbündnis Castor-Widerstand ..." wurde eine Einladung zum Infostand in der Fußgängerzone beim Stadtkirchenplatz in Ludwigsburg am Tattag ins Internet eingestellt. Das Thema lautet: „Keine AKWs! Euroreaktor EPR stoppen!" Außerdem werden an diesem Tag Unterschriften für die europäische Petition für den Ausstieg aus der Atomkraft gesammelt.
Quelle: PD Ludwigsburg
21 
01.10.2004/Neckarwestheim
Am Tattag in der Zeit von 15.50 Uhr bis 18 Uhr demonstrierten 11 Personen vor dem Tor 1 des GKN Neckarwestheim. Es wurden zwei Transparente gezeigt: ENBW Gefahrstrom vom Netz! Strom aus Uran, Kohle und TI? Steinzeit? Nein Danke!
Quelle: PD Heilbronn
22 
20.11.2005/Bietigheim-Bissingen
Blockierung des Castor-Transportes um 16.35 Uhr.
Quelle: PD Ludwigsburg
23 
Maßnahmen:
24 
11.11.2006/Schwetzingen (Ermittlungsersuchen)
Ersuchen der PD Heidelberg vom 04.01.2007, Az.: 4784/06, um Vernehmung von zwei Beschuldigten. Zur Durchführung wurden sie jeweils am 08.01.2007 schriftlich vorgeladen. Dieser Aufforderung kamen beide jedoch nicht nach. Am Tattag gegen 20.20 Uhr leitete der Zugführer des Castortransportes etwa bei Bahn-km 18,0 Fahrtrichtung Schwetzingen eine Schnellbremsung ein, da er ein Notsignal neben den Gleisen wahrgenommen hatte.
Quelle: PD Ludwigsburg
25 
Sonstige Erkenntnisse (Quelle: PD Ludwigsburg):
26 
 Adresse
 ... ..., ... ...
 Fahrzeuge
 ..., Opel, 000 T98 Monocab (01.10.2004)
        
 ... ..., Citroen, 240 N 2 ZX
27 
In IFIS
28 
In IFIS
29 
20.11.2005/Vorgangsnummer 3437/05-D12
Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr - Unglücksfall
Aktenführende Dienststelle: PD Ludwigsburg
30 
11.11.2006/Vorgangsnummer 4784/06
Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr
Aktenführende Dienststelle: PD Heidelberg
31 
Gespeicherte Erkenntnisse:
32 
In der AD PMK
33 
Straftaten/Ordnungswidrigkeiten:
34 
08.07.2007/Gemmrigheim
Herr ... veranstaltete eine öffentliche Veranstaltung unter freiem Himmel, ohne die erforderliche Anmeldung durchgeführt zu haben. Er ist durch die zuständige Behörde am 04.07.2007 telefonisch darauf hingewiesen worden, dass für die Demonstration eine Anmeldung erforderlich ist, er verweigerte die Anmeldung.
Quelle: PD Ludwigsburg
35 
15.04.2009/Neckarwestheim
Herr ... hat sich durch sein Handeln vor Ort als Verantwortlicher für eine nicht angemeldete Demonstration vor GKN Neckarwestheim am Tattag hervorgetan.
Quelle: PD Ludwigsburg
36 
Sonstige Speicherungen (Quelle: PD Ludwigsburg)
37 
 Adresse
 ... ... ... ..., ... ...
38 
Die Frist zur Überprüfung der Löschung der in der AD PMK gespeicherten personenbezogenen Daten und Vernichtung der entsprechenden Unterlagen ist - soweit diesbezüglich keine neuen Erkenntnisse gespeichert werden müssen - zum 29.03.2011 vorgesehen.
39 
In IFIS
40 
08.07.2007/Vorgangsnummer ST/0113343/2007
Versammlungsgesetz
Aktenführende Dienststelle: PD Ludwigsburg
41 
15.04.2009/Vorgangsnummer 0493021/2009
Versammlungsgesetz
Aktenführende Dienststelle: PD Ludwigsburg
42 
Die Frist zur Überprüfung der Löschung der in der IFIS gespeicherten personenbezogenen Daten und Vernichtung der entsprechenden Unterlagen ist - soweit diesbezüglich keine neuen Erkenntnisse gespeichert werden müssen - zum 15.04.2014 vorgesehen.“
43 
Der Kläger beanstandete daraufhin, bei den gelöschten Erkenntnissen finde sich kein einziger Hinweis darüber, dass er tatsächlich auch in einem Zusammenhang mit den Vorfällen stehe bzw. überhaupt in Person dort anwesend gewesen sei. Die Auskunft erwecke den Eindruck, dass aufgrund des Wissens des Landeskriminalamts über die Atomkraft-Gegnerschaft des Klägers alle Ereignisse in dessen weiterem Wohnbereich erfasst und gespeichert worden seien. Die Auskunft sei nachzubessern. Mit Schreiben vom 27.05.2011 und 26.09.2011 erteilte das Landeskriminalamt weitere Auskünfte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 27.05.2011 (Bl. 191 ff. der VG-Akte) und 26.09.2011 (Bl. 205 ff. der VG-Akte) Bezug genommen.
44 
Die Beteiligten erklärten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich des Auskunftsbegehrens für alle Angaben bis zum 15.04.2009 übereinstimmend für erledigt. Hinsichtlich der gelöschten Daten beantragte der Kläger, festzustellen, dass die Erfassung und Speicherung der Daten des Klägers in den polizeilichen Auskunftssystemen des Beklagten, die von dem Beklagten beauskunftet worden sind, von Anfang an rechtswidrig gewesen sind. Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.
45 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 17.10.2011 die Klage abgewiesen. Die verbleibende Klage bezüglich der gelöschten Daten sei als allgemeine Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) zwar statthaft, aber mangels Feststellungsinteresse unzulässig. Die Feststellungsklage sei mangels Vorliegens eines Verwaltungsaktes nicht subsidiär. Die streitigen Datenspeicherungen seien mangels einer Bekanntgabe an den Kläger keine Verwaltungsakte, sondern Realakte, die dazu geeignet seien, Regelungen vorzubereiten. Sie würden auch nicht infolge einer nachträglichen Information des Betroffenen zu Verwaltungsakten. Da zwischen den Beteiligten umstritten sei, ob die Speicherung einer Vielzahl von personenbezogenen Daten des Klägers rechtmäßig gewesen sei, liege ein streitiges Rechtsverhältnis vor. Ob mit dem auf die „beauskunfteten Daten“ bezogenen Klageantrag das Rechtsverhältnis hinreichend konkret bezeichnet sei und unter welchen Voraussetzungen ein in der Vergangenheit liegendes Rechtsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein könne, brauche nicht entschieden zu werden. Denn es fehle am Feststellungsinteresse. Eine Wiederholungsgefahr sei zu verneinen. Die beauskunfteten Vorgänge beträfen eine Vielzahl von nach Zeitpunkt, Ort und Anlass unterschiedlichen Ereignissen in einem Zeitraum von einem Jahrzehnt. Es handele sich daher um mehrere, vom Kläger nicht näher konkretisierte vergangene Rechtsverhältnisse. Aufgrund der nicht hinreichend substantiierten einzelnen Sachverhalte fehle eine verlässliche Grundlage für die zu treffende Prognose, ob sich ein, mehrere oder alle beauskunfteten Vorgänge in naher Zukunft wiederholen würden. Dem Kläger stehe auch kein Rehabilitationsinteresse zur Seite. Die Speicherung personenbezogener Daten des Klägers habe sich innerhalb der (vollzugs-)polizeilichen Verwaltung des Beklagten vollzogen. Sie habe als Realakt mangels Bekanntgabe an den Kläger schon keine äußere Wirksamkeit entfaltet und sei auch nicht anderweitig der Öffentlichkeit bekannt geworden. Sie habe keine ehrenrührige Wirkung. Die Daten seien Dritten - nichtstaatlichen Stellen oder Personen - nicht bekannt. Der Kläger habe auch kein Feststellungsinteresse, um einen Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozess vorbereiten zu können. Er habe nicht ansatzweise die anspruchsbegründenden Umstände eines datenschutzrechtlichen Schadensersatzanspruchs dargelegt. Ein Anspruch aus § 25 LDSG setze voraus, dass durch eine unzulässige oder unrichtige Verarbeitung (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LDSG) personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 1 LDSG) des Klägers in oder aus Dateien einer öffentlichen Stelle des Beklagten dem Kläger ein Schaden zugefügt worden sei. Der Kläger lasse offen, ob ihm überhaupt ein Schaden zugefügt worden sei. Er mache einen Schadensersatzanspruch „ins Blaue hinein" geltend. Schließlich sei auch ein Feststellungsinteresse wegen eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs zu verneinen. Es fehle bereits an einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff. Bei der Speicherung personenbezogener Daten des Klägers handele es sich gerade nicht um sich schnell erledigende Akte.
46 
Mit der durch Beschluss des Senats vom 12.03.2013 zugelassenen Berufung wendet sich der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts. Er beantragt:
47 
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.10.2011 - 5 K 1777/09 wird geändert. Es wird festgestellt, dass die Erhebung und Speicherung der über den Kläger gesammelten Daten zu nachfolgenden Anlässen rechtswidrig war:
48 
1) 12.08.1999/Bietigheim-Bissingen
2) 07.02.2000/Neckarwestheim
3) 07.06.2000/Neckarwestheim
4) 05.02.2002/Kirchheim am Neckar
5) 01.05.2003/Ludwigsburg
6) 10.11.2003/Bietigheim-Bissingen
7) 21.05.2004/Ludwigsburg
8) 01.10.2004/Neckarwestheim
9) 20.11.2005/Bietigheim-Bissingen/Castortransport
10) 11.11.2006/angebliche Blockade
11) 11.11.2006/Schwetzingen (Ermittlungsersuchen) (= Doppelspeicherung zu 10.) 11.11.2006/angebliche Blockade)
12) 14.01.2007/Neckarwestheim - Speicherung als Zeuge
13) Speicherung von dem KIäger zugeordneten PKW-Daten
49 
Er habe ein Feststellungsinteresse. Es bestehe Wiederholungsgefahr, da alle streitigen Datenspeicherungen im Zusammenhang mit den Protesten des Klägers gegen die Nutzung der Atomenergie stünden, die er fortführen werde, solange Atomkraftwerke betrieben würden. Er habe sich auch in den Jahren 2011 bis 2013 an Versammlungen gegen die Nutzung der Atomenergie beteiligt und sei - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargelegt - 2014 Anmelder und Leiter von Demonstrationen hierzu gewesen. Die Wiederholungsgefahr könne nicht im Hinblick darauf verneint werden, dass es sich um mehrere nicht näher konkretisierte Rechtsverhältnisse im Zeitraum eines Jahrzehnts handele. Die mehreren in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisse stünden in einem eindeutigen Bezug zueinander, da sie allesamt die Proteste des Klägers gegen die Nutzung der Atomenergie beträfen. Es könne sich nicht zum Nachteil des Klägers auswirken, dass es im Zusammenhang mit seinen grundrechtlich geschützten Aktivitäten nicht nur zu einer, sondern zu mehreren Datenspeicherungen gekommen sei. Der Kläger habe ein Rehabilitationsinteresse. Der Eingriff in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei schwerwiegend. Daraus resultiere eine Diskriminierungswirkung. Ob die Datenspeicherung äußere Wirkung entfaltet habe, sei unerheblich. Andernfalls wäre der gesamte Bereich sicherheitsbehördlicher Datenverarbeitung gerichtlicher Kontrolle entzogen. In das Persönlichkeitsrecht des Klägers sei zudem durch seine Qualifizierung als bekannter Straftäter und Überzeugungstäter in schwerwiegender Weise eingegriffen. Schließlich seien die polizeilichen Maßnahmen öffentlich bekannt geworden, wie die Berichte der Ludwigsburger Kreiszeitung vom ... und ..., der Stuttgarter Zeitung vom ..., des Heftes ... des Friedensforums und die Rückfrage der Versammlungsbehörde beim Arbeitgeber des Klägers im Vorfeld des für den 08.07.2007 vorgesehenen Anti-AKW-Spaziergangs zeigten. Der Kläger müsse sich die Möglichkeit eines Amtshaftungsprozesses vorbehalten. Die Geltendmachung eines Anspruchs nach § 23 LDSG sei nicht von vornherein aussichtslos. Daten des Klägers seien über Jahre hinweg rechtswidrig gespeichert worden. Diese würden bei entsprechenden Polizeieinsätzen entgegen der Darstellung des Beklagten für alle am Einsatz beteiligten Beamten freigeschaltet. Aufgrund dieser weit gehenden Zugriffsmöglichkeiten auf die über den Kläger gespeicherten Daten habe er ein Interesse daran, die Berechtigung der Speicherung überprüfen zu lassen. Schließlich liege ein tiefgreifender Grundrechtseingriff in das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG vor. Er sei als politisch links motiviert, Überzeugungstäter und bekannter Straftäter bezeichnet worden, obwohl keine einzige Verurteilung vorgelegen habe und die meisten über den Kläger gespeicherten Vorfälle gar keine Straftaten zum Inhalt gehabt hätten. Auch die Möglichkeit des Abgleichs der zum Kläger gespeicherten Daten mit anderen Dateien der Sicherheitsbehörden stelle einen tiefgreifenden Eingriff dar. Zwar handele es sich nicht um einen Fall sich typischerweise schnell erledigender Hoheitsakte, jedoch gehe es um die typischerweise lang andauernde Speicherung von Daten.
50 
Die Klage sei auch begründet. Er begehre die Feststellung der Rechtswidrigkeit nicht nur der Speicherung, sondern auch der Erhebung von Daten. Dies sei bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen, in dem er die „Erfassung und Speicherung“ von Daten zum Verfahrensgegenstand gemacht habe. Er sei im Zusammenhang mit Protesten gegen die Nutzung der Atomkraft nie straffällig geworden. Die Annahme einer politisch motivierten Tat setze voraus, dass über die begangene Straftat hinaus Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Täter mit seiner Tat den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen, politische Ziele erreichen oder verhindern oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen oder gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung wenden wolle. Weil die Speicherung in der AD PMK einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte der Betroffenen darstelle, verlange schon der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, strenge Anforderungen an die Darlegung der Speicherungsvoraussetzungen zu stellen. Zu den einzelnen Ereignissen sei auszuführen: Der Vorfall am 12.08.1999 in Bietigheim-Bissingen rechtfertige keine Speicherung. Die an dieser Demonstration beteiligten Personen hätten keineswegs die Gleise 10 und 11 blockiert, sondern sich ordnungsgemäß auf den Bahnsteigen der Gleise 10 und 11 im Bahnhof befunden. Nachdem die deshalb von vornherein rechtlich nicht begründete Aufforderung der Polizei, die Bahnsteige zu räumen, von den Demonstranten, darunter dem Kläger, befolgt worden sei und diese sich durch die dort gelegene Bahnunterführung vom Bahnhof entfernt hätten, sei eine Personalienfeststellung der Beteiligten vorgenommen worden. Bei dem Vorfall am 07.02.2000 in Neckarwestheim sei es zu keinerlei Behinderungen gekommen, da keinerlei Transporte durchgeführt worden seien, die hätten behindert werden können. Bei dem Tor 1 des Kraftwerks handele es sich um ein Tor, das nicht für den Transport von Gütern benutzt werde, sondern um einen Publikumszugang. Es sei zu keinerlei Blockade gekommen und die Demonstranten, darunter der Kläger, hätten ihre Aktion bereits beendet gehabt, als die Polizei hinzugekommen sei. Auch bei den Aktionen am 07.06.2000 in Neckarwestheim und am 04.05.2002 in Kirchheim am Neckar gebe es keinerlei Hinweise auf irgendeine Straftat des Klägers. Die Tatsache einer Personenkontrolle rechtfertige keine polizeiliche Erfassung. Die Teilnahme an Demonstrationen sei ein grundrechtlich geschütztes Verhalten. Für den 01.05.2003 in Ludwigsburg und den 10.11.2003 in Bietigheim-Bissingen habe der Kläger jeweils eine Demonstration angemeldet. Dies sei keine Straftat und könne daher eine Speicherung des Klägers nicht rechtfertigen. Die Demonstrationen seien ordnungsgemäß und ohne jede Störung verlaufen. Bei dem am 21.05.2004 in Ludwigsburg in der Fußgängerzone aufgebauten Informationsstand habe es sich um einen ordnungsgemäß angemeldeten Informationsstand gehandelt. Irgendwelche strafbaren Handlungen seien in diesem Zusammenhang nicht vorgekommen und würden von dem Beklagten nicht behauptet. Am 01.10.2004 habe in Neckarwestheim eine Spontandemonstrationen einiger Personen einschließlich des Klägers stattgefunden, nachdem man von einem unmittelbar bevorstehenden Castor-Transport erfahren habe. Dabei seien zwei Transparente mit den von dem Beklagten wiedergegebenen Texten gezeigt worden. Ein Rechtsverstoß des Klägers sei nicht ersichtlich. Bei dem Castor-Transport am 20.11.2005 in Bietigheim-Bissingen hätten sich die Demonstranten erst dann in den Gleisbereich begeben, als ihnen auch von der Polizei bestätigt worden sei, dass der Zug bereits einige Kilometer zuvor zum Halten gekommen sei. Die Behauptung des Beklagten, dass es in dem örtlichen Bereich, an dem sich der Kläger aufgehalten hatte, zu einer schnellen Bremsung des Castortransports gekommen sei, sei unrichtig. Aus diesem Grund sei schließlich das Verfahren von der Staatsanwaltschaft Heilbronn nach § 170 Abs. 2 StPO aus Rechtsgründen eingestellt worden. Zu dem Vorfall am 11.11.2006 erinnere sich der Kläger genau, dass er seinerzeit an einer Protestdemonstration gegen den Castor-Transport teilgenommen habe. Er habe sich in Begleitung einiger weiterer Personen neben dem Gleiskörper befunden und dort mit Protestschildern auf die Vorbeifahrt des Zuges gewartet, die sich verzögert habe. Dabei habe der Kläger wie auch die anderen Demonstrationsteilnehmer den üblicherweise unmittelbar vor dem Castortransport herfliegenden Hubschrauber wahrgenommen, der sich jedoch nicht mehr angenähert habe. Aus dieser Wahrnehmung hätten sie gefolgert, dass der Zug an dem wohl etwa drei bis vier Kilometer entfernten Ort, über dem der Hubschrauber unverändert gekreist sei, bereits zum Halten gekommen sei. Dieser Sachverhalt sei ihnen von den anwesenden Polizisten bestätigt worden. Erst nachdem auf diese Weise zweifelsfrei festgestellt gewesen sei, dass kein Zug ankommen würde, hätten sich der Kläger und die anderen Demonstranten auf den Gleiskörper begeben. Erst nach einiger Zeit seien sie aufgefordert worden, die Gleise wieder zu verlassen. Dieser Aufforderung seien sie sofort gefolgt. Trotzdem seien von allen die Personalien festgestellt worden. Bei dem Ermittlungsersuchen zum Vorfall vom 11.11.2006 in Schwetzingen handele es sich um eine Doppelspeicherung zu der angeblichen Blockade an diesem Tag. Der Kläger könne sich auf diese Informationen keinen Reim machen. Möglicherweise sei es so gewesen, dass man gegen den Kläger im Zusammenhang mit dem mehrere Kilometer zuvor erfolgten Stopp des Zuges gleichzeitig ein weiteres Ermittlungsverfahren geführt habe. Möglicherweise habe man gegen den Kläger zwei Ermittlungsverfahren wegen unterschiedlicher Taten an unterschiedlichen Orten geführt, er könne sich jedoch nicht an beiden Orten gleichzeitig befunden haben. Bezüglich des Vorfalls am 14.01.2007 in Neckarwestheim, hinsichtlich dessen der Kläger als Zeuge gespeichert gewesen sei, sei dem Kläger niemals ein strafrechtlicher Vorwurf gemacht worden. Zu den gespeicherten Fahrzeugen sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger nie ein Fahrzeug 00T98 Monocab (01.10.2004) besessen habe. Den Opel habe der Kläger vor dem Citroen besessen. Die Speicherung von Typ und Kennzeichnen eines nicht mehr vom Kläger geführten Fahrzeugs dürfte schon deshalb nicht mehr zulässig sein, weil es nicht mehr erforderlich sei. Auch die Speicherung des aktuellen und überdies nicht vom Kläger allein genutzten Fahrzeugs sei nicht zulässig. Es liege keinerlei Vorwurf vor, der im Zusammenhang mit dem Führen eines PKWs stünde.
51 
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten. Zu der Klageerweiterung durch Einbeziehung auch der Erhebung von Daten in die Feststellungsklage werde keine Einwilligung erteilt. Er beantragt,
52 
die Berufung zurückzuweisen.
53 
Die Klage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Zutreffend habe das Verwaltungsgericht ausgeführt, es fehle an einer verlässlichen Grundlage für die zu treffende Prognose einer Wiederholungsgefahr, da der Kläger die vergangenen Rechtsverhältnisses nicht näher konkretisiert habe. Die Behauptung des Klägers, die Polizei werde ihn anlässlich legaler Proteste gegen die Nutzung der Atomenergie in unzulässiger Weise erfassen und speichern, sei eine vage Vermutung und könne eine konkrete Wiederholungsgefahr nicht belegen. Bei rechtskonformem Verhalten des Klägers sei davon auszugehen, dass mit einer Speicherung seiner Daten nicht zu rechnen sei. Allein die Absicht des Klägers, sich auch zukünftig an Demonstrationen zu beteiligen, genüge für die Bejahung einer Wiederholungsgefahr nicht. Ein Rehabilitationsinteresse stehe dem Kläger nicht zu. Die streitbefangenen Datenspeicherungen seien nicht geeignet, ehrenrührige Wirkungen zu entfalten. In der Öffentlichkeit habe es noch nie eine überwiegend negative Einstellung gegenüber Atomkraftgegnern gegeben. Dies gelte erst recht seit den Ereignissen in Fukushima. Die Speicherung personenbezogener Daten des Klägers sei von Seiten der Polizei ebenso wenig der Öffentlichkeit bekannt gemacht worden wie der Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht. Der Kläger selbst sei offensichtlich mit Informationen über die Datenspeicherungen an die Öffentlichkeit gegangen. Der Artikel in der Ludwigsburger Kreiszeitung vom ... sei so detailliert, dass er nur auf vom Kläger erhaltenen Informationen beruhen könne. Auch dem Artikel aus der Stuttgarter Zeitung vom ... sei zu entnehmen, dass der Kläger von sich aus Aussagen zu seiner Teilnahme an vergangenen - nicht rechtmäßigen - Aktionen gemacht habe. Wie vom Landratsamt Ludwigsburg im Schreiben vom 20.08.2007 ausgeführt, seien bei dem Anruf beim Arbeitgeber des Klägers Angaben zum Grund der Kontaktaufnahme aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gemacht worden. Die Anrufe des Landratsamts hätten dem Zweck gedient, die Erreichbarkeit des Klägers in Erfahrung zu bringen; darüber hinaus seien keinerlei Rückfragen gestellt worden. Eine konkrete Herabsetzung seiner Person durch die Speicherung in den polizeilichen Dateien trage der Kläger nicht vor. Auch ein Feststellungsinteresse zur Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozesses sei zu verneinen. Zutreffend habe das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Kläger insoweit anspruchsbegründende Umstände nicht dargelegt habe. Der Fall des Klägers sei einer Prüfung durch den Landesbeauftragten für den Datenschutz unterzogen worden. Zwischen dem Beklagten und dem Landesbeauftragten sei keine Einigung hinsichtlich des Umfangs der Auskunftserteilung erzielt worden. Die Datenspeicherung hingegen sei nicht beanstandet worden. Unzutreffend sei die Darstellung des Klägers zum polizeilichen Zugriff auf die AD PMK, eine Freischaltung bei polizeilichen Einsätzen gebe es nicht. Auch fehle es an einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe.
54 
Die Klage sei zudem unbegründet, da die Speicherungen zur Person des Klägers zulässig und erforderlich gewesen seien. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten gehörten sowohl die Verhütung von Straftaten als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten. Abhängig von der Qualität der über den Kläger gewonnenen Erkenntnisse sei er als Beschuldigter, potentieller Straftäter oder Zeuge zu führen. Rechtsgrundlage hierfür sei § 38 PolG bzw. § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 5 PolG. Gemäß Ziffer 3.1 des Verfahrensverzeichnisses zur AD PMK diene diese der zentralen Speicherung von Daten und Erkenntnissen aus dem Bereich der politisch motivierten Kriminalität. Beim Berufungskläger handele es sich nicht nur um eine als Atomkraftgegner engagierte, sondern auch um eine in diesem Zusammenhang straffällig gewordene Person. Er habe sich nicht nur an legalen Aktionen beteiligt. Zur Frage, ob bei Personen, die als potentielle Straftäter i.S.d. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG eingestuft worden seien, weitere Daten zugespeichert werden dürften, habe das Innenministerium in der Stellungnahme der Landesregierung zum 27. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für Datenschutz die Auffassung vertreten, dass die Speicherung politisch motivierter Vorkommnisse nicht losgelöst von geschehenen oder drohenden Straftaten erfolgen könne, dass eine Person nur dann als potenzieller Straftäter eingestuft werden dürfe, wenn Anhaltspunkte den Schluss auf die künftige Begehung von Straftaten zuließen, dass eine solche Einstufung nicht allein auf Verhaltensweisen gestützt werden dürfe, die eine zulässige Wahrnehmung von Grundrechten darstellten, und dass jedoch für den Fall, dass eine Person aufgrund anderer Anhaltspunkte als potenzieller Straftäter anzusehen sei, nicht erforderlich sei, dass jedes weitere zu dieser Person gespeicherte Datum ebenfalls diese Voraussetzungen erfülle (LT-Drs. 14/1269). Hieran habe die Landesregierung in der Stellungnahme zum 28. Tätigkeitsbericht festgehalten (LT-Drs. 14/2366), das Landeskriminalamt teile diese Auffassung.
55 
Bei den inzwischen gelöschten Daten sei der Kläger zu den Vorfällen vom 12.08.1999 in Bietigheim-Bissingen, vom 20.11.2005 in Bietigheim-Bisssingen und vom 11.11.2006 in Hockenheim/Schwetzingen als Beschuldigter geführt worden. Die Daten stammten aus Ermittlungsverfahren. Die Speicherungsberechtigung habe sich aus § 38 PolG ergeben. Zum Ereignis vom 12.08.1999 in Bietigheim-Bissingen stehe der Darstellung des Klägers entgegen, dass das auch gegen den Kläger geführte Verfahren wegen Nötigung beim Amtsgericht Besigheim gemäß § 153 StPO eingestellt worden sei. Wegen des Vorfalls am 20.11.2005 in Bietigheim-Bissingen sei das Verfahren wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr von der Staatsanwaltschaft Heilbronn am 24.06.2006 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Der Verfahrensausgang habe der Polizeidirektion Ludwigsburg zum Zeitpunkt der Überprüfung durch den Landesbeauftragten noch nicht vorgelegen und habe erst eingeholt werden müssen. Nach dessen Erhalt sei die Löschung erfolgt, da die rechtlichen Voraussetzungen für eine weitere Speicherung nicht mehr gegeben gewesen seien. Der Tatverdacht nach § 38 PolG ergebe sich bereits aus den strafprozessualen Ermittlungen. Dass ein Ereignis mit strafrechtlichem Hintergrund erst dann gespeichert werden könnte, wenn der justizielle Verfahrensausgang vorliege, werde von der Gesetzeslage nicht gefordert. Am 11.11.2006 sei der Castortransport zwischen Schwetzingen und Hockenheim von zehn auf den Gleisen befindlichen Personen blockiert worden. Unter ihnen habe sich der Kläger befunden. Die Blockade sei gegen 21:00 Uhr durch die Polizei aufgelöst und die Teilnehmer von den Gleisen verbracht worden. Gegen die Teilnehmer sei wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr und Nötigung ermittelt worden. Der Kläger sei Beschuldigter wegen eines Eingriffs in den Bahnverkehr gewesen. Die in dem Verfahren ermittelnde Polizeidirektion Heidelberg habe ein Ersuchen an die Polizeidirektion Ludwigsburg mit der Bitte um Vernehmung des Klägers gesandt. Das Verfahren sei von der Staatsanwaltschaft Mannheim eingestellt worden, worauf die Löschung der Daten erfolgt sei. Die Speicherung des Ereignisses selbst sei in die Zuständigkeit der Polizeidirektion Heidelberg gefallen, während für die Speicherung des Tätigwerdens im Rahmen des Ermittlungsersuchens die Polizeidirektion Ludwigsburg zuständig gewesen sein. Beiden Speicherungen liege jedoch der gleiche Sachverhalt zu Grunde.
56 
Bei den Vorfällen vom 07.02.2000 und vom 10.11.2003 ergebe sich die Speicherberechtigung nicht aus § 38 PolG, wie im Schriftsatz vom 14.06.2013 ausgeführt, sondern - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt - aus § 37 PolG. Am 07.02.2000 sei es vor Tor 1 des Kraftwerks Neckarwestheim zu einer Blockadeaktion gekommen. Über die komplette Zufahrtsstraße sei eine Blockade aus Transparenten und leeren Fässern mit Atomsymbolen aufgebaut worden. Nachdem die angeforderten Kräfte eingetroffen seien, hätten die Blockierer ihre Blockade freiwillig aufgegeben, ohne Aufforderung durch die Polizei. Von sämtlichen Personen, darunter dem Kläger, seien die Personalien erhoben worden, da noch habe geklärt werden müssen, ob Anklage wegen Nötigung erfolge. Er habe erklärt, dass diese Aktion eine Taktik der Nadelstiche im Hinblick auf die laufenden Konsensgespräche in Berlin sei, mehr würde das nicht bedeuten. Die Speicherung sei aufgrund der Einstufung des Klägers als potentieller Straftäter im Sinn des § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG in Anwendung der dargelegten Ausführungen des Innenministeriums zur Frage, ob bei solchen Personen weitere Daten zugespeichert werden dürften, erfolgt. Dies gelte auch für das Ereignis vom 10.11.2003 in Bietigheim-Bissingen. Zu der vom Kläger ab 16:00 Uhr angemeldeten Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz seien ab ca. 15:50 Uhr die ersten Teilnehmer eingetroffen. Ab ca. 16:30 Uhr seien im Bereich der dortigen Skulptur sowie an den Säulen der Bedachung des angrenzenden Busbahnhofs mehrere Transparente mit Castor-Bezug aufgehängt worden. Zwar sei im Rahmen der angemeldeten Kundgebung ein strafbares Verhalten des Klägers nicht feststellbar gewesen. Die Speicherung des Ereignisses sei jedoch zur Dokumentation seiner Aktivitäten im Hinblick auf die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten erforderlich gewesen.
57 
Bei den inzwischen gelöschten Daten sei der Kläger zu dem Vorfall am 14.01.2007 in Neckarwestheim als Zeuge geführt worden. Die Speicherungsberechtigung habe sich aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 5 PolG i.V.m. Ziff. 5.6 des Verfahrensverzeichnisses ergeben. Am 14.01.2007 habe vor dem Kraftwerk Neckarwestheim, Tor 1 eine öffentliche Versammlung stattgefunden, an der ca. 80 Personen teilgenommen hätten. Die Versammlung sei durch das Aktionsbündnis Castor-Widerstand ... veranstaltet und trotz längerer Planung bei der zuständigen Behörde nicht angemeldet worden. Der Kläger sei Zeuge in einem Ermittlungsverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz gewesen.
58 
Bezüglich der gelöschten Daten zu den Ereignissen am 07.06.2000 in Neckarwestheim, am 05.02.2002 in Kirchheim am Neckar, am 01.05.2003 in Ludwigsburg, am 21.05.2004 Ludwigsburg und am 01.10.2004 in Neckarwestheim werde davon ausgegangen, dass die Speicherung in Anwendung der dargelegten Auffassung des Innenministeriums zur Frage, ob bei Personen, die als potenzielle Straftäter im Sinne des § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG eingestuft worden seien, weitere Daten zugespeichert werden dürften, rechtmäßig erfolgt sei. Mangels Aktenrückhalts ließen sich hierzu jedoch keine weiteren Aussagen treffen. Am 07.06.2000 in Neckarwestheim seien bei einer Demonstration anlässlich eines Excellox-Transports von Walheim zum Kraftwerk Neckarwestheim Personenkontrollen durchgeführt worden. Am 05.02.2002 in Kirchheim am Neckar seien anlässlich des Straßentransports durch Raumschutzkräfte mehrere Personen kontrolliert worden, welche der Anti-AKW-Szene zuzuordnen seien. Für den 01.05.2003 sei in Ludwigsburg ein Demonstrationszug mit Kundgebung angemeldet worden. Für den 01.05.2004 sei vom Aktionsbündnis Castor-Widerstand ... eine Einladung zum Infostand in der Fußgängerzone beim Stadtkirchenplatz in Ludwigsburg ins Internet eingestellt worden. Das Thema habe gelautet: "Keine AKWs! Euroreaktor EPR stoppen!" Außerdem seien an diesem Tag Unterschriften für die europäische Petition für den Ausstieg aus der Atomkraft gesammelt worden. Am 01.10.2004 hätten in Neckarwestheim von 15:50 Uhr bis 18:00 Uhr elf Personen vor dem Tor 1 des Kraftwerks demonstriert. Es seien zwei Transparente gezeigt worden: EnBW Gefahrstrom vom Netz! Strom aus Uran, Kohle und TI? Steinzeit? Nein danke!
59 
Die Speicherungsberechtigung zu den gelöschten Fahrzeugdaten des Klägers ergebe sich aus §§ 37, 38 PolG i.V.m. Ziff. 4 des Verfahrensverzeichnisses und Ziff. 4 des hierzu ergangenen Datenspiegels. Die Speicherung von Fahrzeugdaten erfolge nur dann, wenn der Betroffene das Fahrzeug im Zusammenhang mit erfassten Ereignissen auch benutzt habe bzw. Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Betroffene das Fahrzeug im Zusammenhang mit zukünftigen Ereignissen nutzen werde. Den Akten sei zu entnehmen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Vorfalls am 01.10.2004 Halter eines Opels mit dem Kennzeichen ... ... gewesen sei. Bei der Bezeichnung "T98 Monocab" handele es sich um die offizielle Typenbezeichnung für den Opel Zafira. Das Fahrzeug sei am 08.01.2008 noch gespeichert gewesen, bei der nächsten Abfrage vom 25.03.2009 jedoch nicht mehr. Das Fahrzeug Citroën 240 N 2 ZX mit dem Kennzeichen ... ... sei nur bei der am 25.07.2007 erfolgten Abfrage aufgeführt gewesen, bei der Abfrage am 05.12.2007 nicht mehr.
60 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten vor.

Entscheidungsgründe

 
61 
A. Zulässigkeit der Berufung
62 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO).
63 
B. Begründetheit der Berufung
64 
Die Klage ist zulässig und begründet, soweit der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Speicherung von Daten zu seinen PKWs und zu den bezeichneten Anlässen begehrt (1). Im Übrigen, soweit der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erhebung von Daten beantragt, ist die Klage unzulässig (2).
65 
1. Die als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthafte Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der vorgenommenen Speicherungen ist zulässig (a) und begründet (b).
66 
a) Die allgemeine Feststellungsklage ist zulässig. Die streitigen Rechtsverhältnisse sind konkret bezeichnet. Für die begehrte Feststellung hat der Kläger auch ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr. Offen bleiben kann daher, ob aus anderen Gründen ein Feststellungsinteresse folgt.
67 
Ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn der Kläger mit einer Wiederholung der erledigten Maßnahme rechnen muss. Es müssen konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt einer vergleichbaren Belastung bzw. einer erneuten Ablehnung des Begehrens bei einem vergleichbaren und abzusehenden Sachverhalt vorgetragen werden. Ein solches Interesse setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige behördliche Maßnahme erlassen wird. Nicht ausreichend ist die vage oder abstrakte Möglichkeit einer Wiederholung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.01.1995 - 8 B 168.94 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 272; Senat, Urt. v. 24.11.1994 - 1 S 2909/93 - DVBl 1995, 367; Beschl. v. 16.07.2012 - 1 S 997/12 -; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.07.2010 - 10 S 2400/09 - ESVGH 61, 51; OVG NRW, Urt. v. 24.11.1998 - 5 A 1107/96 - NJW 1999, 2202). Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt damit zum einen die Möglichkeit eines vergleichbaren Verhaltens des Betroffenen voraus, das seiner Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen führt. Zum anderen ist Voraussetzung, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. zu Versammlungen: BVerfG, Kammerbeschl. v. 08.02.2011 - 1 BVR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405, m.w.N.). An einer Wiederholungsgefahr fehlt es daher, wenn die erledigte behördliche Maßnahme auf den konkreten Umständen des Einzelfalles beruht und erkennbar ist, dass die Behörde bei vergleichbaren Sachverhalten nicht generell in dieser Weise vorgeht (vgl. OVG NRW, a.a.O.). Der Kläger hat die Umstände vorzutragen, aus denen sich das Feststellungsinteresse ergibt (st. Rspr., vgl. nur Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 267, m.w.N.).
68 
Dies zugrunde gelegt, liegt hier Wiederholungsgefahr vor. Der Kläger hat in der Vergangenheit an einer Vielzahl von Protestaktionen gegen die Nutzung der Atomenergie teilgenommen. Er hat nachvollziehbar vorgetragen, dass er weiterhin beabsichtigt, solche Aktionen wahrzunehmen. Bezüglich der Fortsetzung der Proteste geht der Beklagte selbst ausdrücklich von Wiederholungsgefahr aus. Es ist hinreichend wahrscheinlich damit zu rechnen, dass der Beklagte auch in Zukunft personenbezogene Daten des Klägers, die sich aufgrund solcher Proteste ergeben, speichert. Denn der Beklagte hält im vorliegenden Verfahren an seiner Rechtsauffassung fest, dass der Kläger ein potenzieller Straftäter und daher die Zuspeicherung auch von solchen Daten rechtmäßig sei, die sich aus Ereignissen ergeben, bei denen der Kläger seine Grundrechte wahrgenommen und sich kein Tatverdacht gegen ihn ergeben hat.
69 
Der Umstand, dass die Speicherungen in der Vergangenheit unterschiedliche Ereignisse betrafen, ist unerheblich. Allen gespeicherten Vorfällen ist gemeinsam, dass es sich um Protestaktionen gegen die Nutzung der Atomenergie handelte. Für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr ist nicht erforderlich, dass die Anlässe, die zu Datenspeicherungen durch den Beklagten führen können, in jeder Hinsicht gleichartig sind. Entscheidend ist allein, dass im Hinblick auf die streitigen Rechtsverhältnisse i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO, mithin hinsichtlich der von dem Beklagten vorgenommenen Speicherungen Wiederholungsgefahr besteht, dass also bei einem vergleichbaren Verhalten des Klägers mit der Wiederholung der erledigten Maßnahme durch die Behörde zu rechnen ist. Dies ist, wie ausgeführt, der Fall.
70 
b) Die Klage ist begründet. Die Speicherung von Daten des Klägers zu seinen PKWs und zu den bezeichneten Anlässen ist rechtswidrig.
71 
aa) Ermächtigungsgrundlage für die hier streitigen Speicherungen kann § 37 Abs. 1 PolG oder § 38 Abs. 1 PolG sein. § 38 Abs. 1 PolG in der Fassung vom 13.01.1992 (GBl. S. 1, ber. S. 596, GBl. 1993, S. 155), bestimmte:
72 
„Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten, die ihm im Rahmen von Ermittlungsverfahren bekannt geworden sind, speichern, verändern und nutzen, soweit und solange dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ist die Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten erforderlich, wenn die betroffene Person verdächtig ist, eine Straftat begangen zu haben, und tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie künftig eine Straftat begehen wird. Tatsächliche Anhaltspunkte können sich insbesondere aus Art, Ausführung und Schwere der Tat ergeben. Die Daten sind zu löschen, wenn die Voraussetzungen für die Speicherung entfallen sind.“
73 
Für die hier streitgegenständlichen Speicherungen ist § 38 Abs. 1 PolG in dieser Fassung vom 13.01.1992 (im Folgenden: § 38 PolG a.F.) maßgeblich. Das Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390) - das eine Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten bis zu einer Dauer von zwei Jahren unabhängig von einer Wiederholungsgefahr erlaubt, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte der Verdacht besteht, dass die betroffene Person eine Straftat begangen hat - ist in zeitlicher Hinsicht hier nicht anwendbar, da die streitigen Speicherungen zuvor erfolgten.
74 
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 PolG - seit 1992 unverändert - kann die Polizei personenbezogene Daten speichern, verändern und nutzen, soweit und solange dies zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Bei der Speicherung in Dateien muss erkennbar sein, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört (§ 37 Abs. 1 Satz 2 PolG). Ebenso muss feststellbar sein, bei welcher Stelle die der Speicherung zugrundeliegenden Unterlagen geführt werden (§ 37 Abs. 1 Satz 3 PolG).
75 
Der Polizeivollzugsdienst kann nach dem in § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG in Bezug genommenen § 20 Abs. 3 PolG u.a. Daten über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, (Nr. 1) und über Zeugen, Hinweisgeber oder sonstige Auskunftspersonen (Nr. 5) erheben, soweit dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist.
76 
bb) Der Verdacht i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG a.F., eine Straftat begangen zu haben, kann sich aus einer strafrechtlichen Verurteilung ergeben. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats begründet auch eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO oder nach § 153a StPO einen Tatverdacht i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG a.F. gegen den Betroffenen. Denn der hinreichende Tatverdacht ist Voraussetzung für die Zulässigkeit von Einstellungen nach § 153 StPO und § 153a StPO. Selbst die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO oder ein Freispruch schließt einen gegen den Beschuldigten fortbestehenden Tatverdacht nicht notwendig aus; sofern die Verdachtsmomente nicht ausgeräumt sind, ist eine Speicherung daher auch in diesen Fällen zulässig und mit der durch das Rechtsstaatsprinzip und Art. 6 Abs. 2 EMRK verbürgten Unschuldsvermutung vereinbar (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992 - 1 S 668/90 - ESVGH 42, 291 = VBlBW 1993, 13, m.w.N.; Urt v. 27.09.1999 - 1 S 1781/98 - NVwZ-RR 2000, 287; Beschl. v. 20.02.2001 - 1 S 2054/00 - NVwZ 2001, 1289; Beschl. v. 29.09.2003 - 1 S 2145/02 -, m.w.N.; ähnlich BVerwG, Urt. v. 09.06.2010 - 6 C 5.09 - BVerwGE 137, 113, juris Rn. 26; OVG Schles.-Holst., Urt. v. 05.05.1998 - 4 L 1/98 - juris; HessVGH, Urt. 16.12.2004 - 11 UE 2982/02 - juris Rn. 39; BayVGH, Beschl. v. 02.09.2008 - 10 C 08.2087 - juris - und Beschl. v. 10.06.2013 - 10 C 13.62 - juris -).
77 
Die Wiederholungsgefahr kann sich aus Art, Ausführung und Schwere der Tat ergeben, § 38 Abs. 1 Satz 3 PolG a.F. Diese Aufzählung ist nicht abschließend (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992 und Beschl. v. 20.02.2001, je a.a.O.).
78 
Liegen Tatverdacht und Wiederholungsgefahr vor, kann die Behörde im Regelfall davon ausgehen, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten bis zum Ablauf der gesetzlichen Regelspeicherfristen nach § 38 Abs. 2 Satz 2 PolG a.F. geboten und damit zulässig ist. Dies entspricht der Wertung des Gesetzgebers, der mit diesen Fristen nicht nur den Zeitpunkt bestimmt, nach dem der Polizeivollzugsdienst spätestens von Amts wegen zu überprüfen hat, ob die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten noch erforderlich ist, sondern damit zugleich den zeitlichen Rahmen absteckt, nach dessen Ablauf die personenbezogenen Daten im Regelfall zu löschen sind. Bis zum Ablauf dieser Fristen jedoch geht der Gesetzgeber grundsätzlich von der Erforderlichkeit der nach § 38 Abs. 1 PolG a.F. zulässigerweise gespeicherten Daten aus (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.; Urt v. 27.09.1999, a.a.O.; Beschl. v. 29.09.2003, a.a.O.; Urt. v. 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214; ähnlich BVerwG, Urt. v. 09.06.2010, a.a.O. Rn. 31, und Urt. v. 22.10.2003 - 6 C 3.03 - juris Rn. 17 zum BKAG). Die Löschung der Daten vor Ablauf der Regelspeicherfristen ist im Ausnahmefall geboten, wenn die Überprüfung im Einzelfall ergibt, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Dies kann der Fall sein, wenn nichts dafür spricht, dass der Betroffene erneut strafrechtlich in Erscheinung treten wird und deshalb ausgeschlossen werden kann, dass die vorhandenen Daten die Arbeit der Polizei noch fördern können, die Wiederholungsgefahr also weggefallen ist oder wenn besondere Umstände die Unverhältnismäßigkeit der weiteren Datenspeicherung für den Betroffenen begründen (vgl. ausf. Senat, Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.; ebenso Senat, Urt v. 27.09.1999, a.a.O.; Urt. v. 18.12.2003, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 30.86 - NJW 1990, 2768; Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164/92 - juris Rn. 3 f., m.w.N.).
79 
Die Speichervoraussetzungen sind für jede Speicherung gesondert zu prüfen (vgl. Senat, Urt. v. 18.12.2003, a.a.O.). Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Speicherung ist dabei auf die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Speicherung der entsprechenden Information erfolgt ist. Denn das Gesetz geht davon aus, dass eine Speicherung nur erfolgt, wenn zum Zeitpunkt der Speicherung die gesetzlichen Voraussetzungen für die Speicherung vorliegen. Daher entsteht bei einer von vornherein unzulässigen Speicherung auch umgehend ein Löschungsanspruch nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PolG (vgl. Wolf/Stephan/Deger, PolG, 7. Aufl., § 46 Rn. 5; SaarlOVG, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - juris Rn. 73).
80 
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten aus Ermittlungsverfahren durch den Polizeivollzugsdienst und gegebenenfalls für die Löschung dieser Daten räumen der Behörde kein Ermessen ein. Auch die gesetzlich geforderte Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Speicherung der Daten und dem gegenläufigen persönlichen Interesse des Betroffenen, wie sie durch den Erforderlichkeitsvorbehalt in § 38 Abs. 1 Satz 1 PolG a.F. ("... soweit und solange ... erforderlich ist.") nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorausgesetzt wird, ist der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterworfen. Bei der Beurteilung der sich aus den tatsächlichen Anhaltspunkten erschließenden Wiederholungsgefahr (§ 38 Abs. 1 Sätze 2 und 3 PolG a.F.) steht dem Polizeivollzugsdienst allerdings ein Prognosespielraum zu (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992 und Urt. v. 27.09.1999, je a.a.O.). Denn diese Prognose der Wiederholungsgefahr besteht nicht lediglich in der Feststellung von Tatsachen und deren Subsumtion. Die Prognoseentscheidung enthält vielmehr eine vorausschauende Beurteilung und ist insofern ein Akt wertender Erkenntnis, in den auch polizeiliches Erfahrungswissen einfließt.
81 
Dieser Prognosespielraum ist verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber kann - wie hier in § 38 Abs. 1 Sätze 2, 3 PolG a.F. - durch eine gesetzliche Regelung der Exekutive einen Prognosespielraum eröffnen und insoweit die Rechtskontrolle durch die Gerichte einschränken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.05.2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1, juris Rn. 73 ff.). Die Gerichte überprüfen jedoch, ob eine ausreichende Rechtsgrundlage für den Beurteilungsspielraum besteht und ob die Behörde von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, Verfahrensvorschriften eingehalten hat, den gesetzlichen Rahmen zutreffend erkannt hat, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe beachtet und keine sachfremden Erwägungen angestellt hat (vgl. Stuhlfauth, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 40 Rn. 80 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 40 Rn. 115).
82 
Ob die Behörde, der ein Beurteilungsspielraum durch das Gesetz eingeräumt ist, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums eingehalten und die richtigen Bewertungsmaßstäbe angewendet hat, kann nur anhand einer die gerichtliche Nachprüfung ermöglichenden Begründung der Behörde überprüft werden. Fehlt es an einer diesen Anforderungen genügenden Begründung, unterliegt die behördliche Entscheidung der gerichtlichen Aufhebung (so bereits BGH, Urt. v. 16.12.1971 - I C 31/68 - NJW 1972, 596 <598>, zum GjS). Es bedarf daher zur Rechtmäßigkeit der Prognose der Wiederholungsgefahr nach § 38 Abs. 1 Sätze 2, 3 PolG a.F. einer auf den Einzelfall bezogenen, auf schlüssigen, verwertbaren und nachvollziehbar dokumentierten Tatsachen beruhenden Entscheidung (ebenso zur Prognose der Gefahr künftiger Straftaten für die Speicherung von DNA-Identifizierungsmustern: BVerfG, Kammerbeschl. v. 14.12.2000 - 2 BvR 1741/99 u.a. - juris Rn. 59, v. 15.03.2001 - 1 BvR 1841/00 u.a. - juris Rn. 39, und v. 20.12.2001 - 2 BvR 429/01 u.a. - juris Rn.19; vgl. bereits BVerfG, Beschl. v. 22.05.1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334, juris Rn. 50, zur Mitteilung der eine Beurteilungsentscheidung tragenden Umstände). Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums vom 18.07.1997 zum Polizeigesetz (GABl. 1997, 406) - die nach der Auskunft des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zumindest bis zum 31.12.2013 galt - sieht zu § 38 Abs. 1 PolG vor, dass die die Prognoseentscheidung tragenden Gründe in der Akte festzuhalten sind, um diese später - auch im Hinblick auf ein mögliches verwaltungsgerichtliches Verfahren - nachvollziehen zu können.
83 
cc) Bei § 37 PolG handelt es sich um eine echte Ermächtigungsgrundlage (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 37 Rn. 8). Voraussetzung ist jedenfalls, dass die Speicherung zur Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben erforderlich ist. Zu diesen zählen Gefahrenabwehr, vorbeugende Bekämpfung von Straftaten, Vorbereitung auf die Gefahrenabwehr, Schutz privater Rechte nach § 2 Abs. 2 PolG und die Vollzugshilfe nach § 60 Abs. 4 PolG (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 37 Rn. 10).
84 
dd) Nach diesem Maßstab sind alle hier streitigen Speicherungen rechtswidrig.
85 
(1) Die erste Speicherung zum Vorfall vom 12.08.1999 in Bietigheim-Bissingen ist rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 PolG a.F. liegen nicht vor. Zwar wurde das Strafverfahren gegen den Kläger wegen Nötigung vom Amtsgericht Besigheim mit Beschluss vom 19.09.2001 nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. Tatsächliche Anhaltspunkte i.S.v. § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG a.F. für eine seinerzeitige Prognose, dass der Kläger künftig eine Straftat begehen werde, sind jedoch nicht feststellbar. Die notwendige nachvollziehbare Dokumentation der Wiederholungsgefahr liegt nicht vor. Dies gilt auch angesichts des Vorbringens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, die die Wiederholungsgefahr begründenden Umstände habe sicherlich der örtliche Polizeibeamte in der Ermittlungsakte vermerkt. Eine ausreichende Dokumentation der Wiederholungsgefahr ist in den vorgelegten Akten, von denen der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat versichert hat, sie seien vollständig, nicht feststellbar. Die materielle Beweislast für das Vorliegen einer ausreichenden Dokumentation der die Wiederholungsgefahr stützenden Umstände trägt der Beklagte. Für eine weitere Sachaufklärung besteht kein Anlass. Der Beklagte hat bereits nicht bestimmt und nachvollziehbar behauptet, dass eine Dokumentation der Wiederholungsgefahr in anderen Akten vorliegt. Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 PolG a.F. liegen schließlich auch deswegen nicht vor, weil - unabhängig von der Frage der Dokumentation der die Wiederholungsgefahr begründenden Umstände - weder vorgetragen noch ersichtlich ist, woraus sich die Wiederholungsgefahr in der Sache ergeben haben soll.
86 
Die Speicherung zum Vorfall vom 12.08.1999 in Bietigheim-Bissingen ist auch nicht nach § 37 Abs. 1 PolG rechtmäßig. Auf diese Ermächtigungsgrundlage beruft sich der Beklagte bereits nicht. Eine auf § 37 Abs. 1 PolG beruhende Speicherung wäre auch bereits deswegen rechtswidrig, weil nach § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG bei der Speicherung in Dateien erkennbar sein muss, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört. Diesem Erfordernis ist nicht Genüge getan. Die Speicherung enthält hierzu keine Angaben.
87 
(2) Die zeitlich nachfolgenden Speicherungen zu den Ereignissen am 07.02.2000 in Neckarwestheim, am 07.06.2000 in Neckarwestheim, am 05.02.2002 in Kirchheim am Neckar, am 01.05.2003 in Ludwigsburg, am 10.11.2003 in Bietigheim-Bissingen, am 21.05.2004 in Ludwigsburg und am 01.10.2004 in Neckarwestheim sind rechtswidrig. Der Beklagte macht hierzu jeweils geltend, die Speicherungsberechtigung ergebe sich aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG (potenzieller Straftäter). Die Speicherungen sind bereits deswegen rechtswidrig, weil nach § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG bei der Speicherung in Dateien erkennbar sein muss, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört. Diesem Erfordernis ist bei keiner dieser Speicherungen Genüge getan. Die Speicherungen enthalten hierzu keine Angaben.
88 
Auch das Vorbringen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass die vorgelegten Ausdrucke der Speicherungen lediglich diejenigen seien, die aus Gründen der Datenschutzkontrolle anlässlich der Überprüfungen der Speicherungen zur Person des Klägers durch den Landesbeauftragten für Datenschutz erstellt worden seien, und dass die Speicherungen im Normalfall erkennen ließen, welcher der Personengruppen im Sinne von § 20 Abs. 2 bis 5 PolG der Betroffene zugeordnet werde, begründet nicht die Rechtmäßigkeit der Speicherungen. Der Beklagte kann, wie er in der mündlichen Verhandlung einräumte, die Speicherungen in der Form, wie sie ursprünglich vorgenommen wurden, nicht mehr vorlegen, da sie gelöscht wurden. Es lässt sich mithin nicht feststellen, ob die Zuordnung zu einer Personengruppe nach § 20 Abs. 2 bis 5 PolG erkennbar war. Auch insoweit trägt der Beklagte die materielle Beweislast.
89 
Die Speicherungsberechtigung kann sich auch deswegen nicht aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergeben, weil § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG tatsächliche Anhaltspunkte voraussetzt, dass die betreffende Person zukünftig Straftaten begeht. Auch insoweit bedarf es der Dokumentation der Umstände, aus denen sich die Gefahr der künftigen Begehung von Straftaten ergibt. Daran fehlt es in allen genannten Fällen. Keiner Entscheidung bedarf daher die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen zu einem Betroffenen, bei dem der Verdacht einer Straftat und die Wiederholungsgefahr rechtmäßig bejaht wurden, personenbezogene Daten, die sich aufgrund eines rechtmäßigen Verhaltens ergeben haben, zugespeichert werden dürfen.
90 
Auch aus § 38 Abs. 1 PolG - auf den sich der Beklagte zu den genannten Fällen nicht beruft - kann sich die Speicherungsberechtigung nicht ergeben. Zum Ereignis am 07.02.2000 in Neckarwestheim behauptet der Beklagte bereits kein Verhalten des Klägers, das den Verdacht einer Straftat darstellt. Bei den übrigen Vorfällen handelt es sich nicht um Daten, die im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens bekannt geworden sind.
91 
(3) Die Speicherung zum Ereignis am 20.11.2005 in Bietigheim-Bissingen ist rechtswidrig. § 38 Abs. 1 PolG a.F. kann nicht Ermächtigungsgrundlage für diese Speicherung sein, da es an der notwendigen Dokumentation der Wiederholungsgefahr fehlt. Die Berechtigung zur Speicherung ergibt sich auch nicht aus § 37 PolG, da entgegen § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG nicht erkennbar ist, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört, und die notwendige Dokumentation der Gefahr der künftigen Begehung von Straftaten nach § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG fehlt.
92 
(4) Die beiden Speicherungen zum Vorfall vom 11.11.2006 in Schwetzingen/Hockenheim sind rechtswidrig. § 38 Abs. 1 PolG a.F. kann jeweils nicht Ermächtigungsgrundlage für diese Speicherungen sein, da es an der notwendigen Dokumentation der Wiederholungsgefahr fehlt. Die Berechtigung zur Speicherung ergibt sich auch in keinem der Fälle aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, da auch insoweit die notwendige Dokumentation der Gefahr der künftigen Begehung von Straftaten fehlt.
93 
(5) Die Speicherung zum Ereignis am 14.01.2007 in Neckarwestheim ist rechtswidrig. Der Beklagte macht hierzu geltend, die Speicherungsberechtigung ergebe sich aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 5 PolG (Zeuge). Die Speicherung ist rechtswidrig, weil nach § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG bei der Speicherung in Dateien erkennbar sein muss, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört. Diesem Erfordernis ist nicht Genüge getan. Die Speicherung enthält hierzu keine Angaben.
94 
(6) Die Speicherung der PKW-Daten des Klägers ist rechtswidrig. Für die Erforderlichkeit der Speicherung der Daten ist nichts ersichtlich. Nach Aktenlage bereitete die Identifizierung des Klägers - auf dessen Anwesenheit sein in der Nähe einer Protestaktion abgestellter PKW hindeuten kann - nie Probleme. Anhaltspunkte für ein heimliches Vorgehen des Klägers bei seinen Protesten fehlen, wie auch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärte. Auch die vom Beklagten angeführte Verhinderung des Untergrabens von Bahngleisen anlässlich eines Castortransports - die der Polizei erleichtert werden solle, wenn sie den Halter eines im Wald, in der Nähe der Castortransportstrecke abgestellten PKWs schnell ermitteln kann - kann die Speicherung nicht rechtfertigen. Anhaltspunkte, dass der Kläger an solchen Aktionen beteiligt gewesen sein könnte, sind nicht erkennbar.
95 
2. Die Klage ist unzulässig und daher abzuweisen, soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass die Erhebung von Daten zu seiner Person rechtswidrig war. Die Erhebung von Daten nach § 20 PolG war nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens (a). Mit der Erstreckung der Klage in der Berufungsinstanz auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Erhebung von Daten nach § 20 PolG liegt eine Klageerweiterung vor, die unzulässig ist (b).
96 
a) In erster Instanz hatte der Kläger zunächst Klage gegen das Land, vertreten durch das Landeskriminalamt, erhoben mit dem Begehren, den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide des Landeskriminalamts zu verpflichten, Auskunft über die bei dem Beklagten zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen (vgl. Bl. 1 VG-Akte). Nach der Erteilung der Auskunft stellte er die Klage im Schriftsatz vom 17.08.2011 (vgl. Bl. 161, 169 VG-Akte) und in der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2011 (vgl. Bl. 231 VG-Akte) - mit geringfügigen Abweichungen in der Formulierung - um auf Feststellung, dass die Erfassung und Speicherung der Daten des Klägers in den polizeilichen Auskunftssystemen des Beklagten von Anfang an rechtswidrig gewesen sind. Den Begriff der Erhebung aus § 20 PolG verwendete der Kläger dabei nicht. Vielmehr machte der Kläger nach der Umstellung der Klage auf den Feststellungsantrag keinerlei Unterschied zwischen Erfassung und Speicherung der Daten. Als maßgebliche Rechtsgrundlage sah er insoweit allein § 38 Abs. 1 PolG an, den er in seinem Wortlaut auch wiedergab (vgl. Bl. 169 VG-Akte). Auf § 20 PolG ging er in keiner Weise ein. Unter Erfassung verstand er inhaltlich die Speicherung in polizeilichen Dateien. So führte er bereits im Schriftsatz vom 22.12.2010 zur Vorlage der vollständigen Akten durch den Beklagten aus, dem Gericht müsse die Möglichkeit eröffnet werden, "in sachgerechter Weise über die vom Kläger im Anschluss an die Auskunftserteilung angestrebte gerichtliche Feststellung über die Rechtmäßigkeit seiner Erfassung in den polizeilichen Dateien befinden zu können.“ (Bl. 131 VG-Akte). Dasselbe Verständnis zeigt sich auch im Schriftsatz vom 06.10.2011, in dem es heißt: "Regelmäßig handelt es sich bei der Erfassung von Bürgern durch die Polizei um erhebliche Eingriffe in deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Erst recht gilt dies, wenn dies nicht nur allgemeine Polizeidateien betrifft." (Bl. 237 VG-Akte).
97 
b) Die Klageerweiterung ist nach § 91 VwGO unzulässig, da der Beklagte in sie nicht eingewilligt hat und sie nicht sachdienlich ist.
98 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, in die Klageerweiterung nicht einzuwilligen. Er hat auch nicht zuvor durch rügeloses Einlassen auf einen Schriftsatz des Klägers im Sinne von § 91 Abs. 2 VwGO in die Klageerweiterung eingewilligt. Erst auf die ausdrückliche Frage des Senats in der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, dass auch die Erhebung von Daten im Sinne von § 20 PolG Streitgegenstand sein soll. Dies war für den Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt nicht zu erkennen. Denn der Kläger verwandte den Begriff der Erfassung auch im Berufungsverfahren bis dahin im Sinne einer Speicherung der Daten nach § 38 PolG. So führte er in seiner Berufungsbegründung im Schriftsatz vom 20.04.2013 - ebenso wie in der Begründung seines Zulassungsantrags im Schriftsatz vom 27.01.2012 (Bl. 41, 79 der Berufungsakte) - unter "III. Begründetheit der Feststellungsklage" aus: „Weil das angegriffene Urteil jedes Rechtsschutzinteresse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit in Abrede gestellt hat, hat es sich überhaupt nicht mehr, auch nicht in fürsorglicher Weise mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Erfassung und Speicherung des Klägers in den polizeilichen Dateien, und hierbei insbesondere in der Arbeitsdatei Politisch Motivierte Kriminalität (AD PMK) rechtmäßig gewesen ist oder nicht. Tatsächlich hätte das Verwaltungsgericht bei richtiger Rechtsanwendung feststellen müssen, dass die Speicherung der Daten über den Kläger rechtswidrig gewesen ist." (Bl. 135, 179 der Berufungsakte) Direkt im Anschluss hieran gab der Prozessbevollmächtigte des Klägers erneut nur § 38 PolG als maßgebliche Vorschrift im Wortlaut wieder und ging auf § 20 PolG nicht ein. Da eine Klageerweiterung auf die Erhebung von Daten nach § 20 PolG bis zur mündlichen Verhandlung nicht hinreichend erkennbar war, bestand folglich für den Beklagten kein Anlass zu prüfen, ob er in eine Klageerweiterung einwilligt. Sein Verhalten kann mithin kein rügeloses Einlassen darstellen. Zudem bestritt der Beklagte die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens des Klägers ganz allgemein, so dass es auch insoweit an einer Einwilligung i.S.v. § 91 Abs. 2 VwGO fehlt (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1999 - 4 C 4.98 - BVerwGE 109, 74 <79>; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 91 Rn. 28; Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl., § 91 Rn. 22, m.w.N. auch zur Gegenauffassung).
99 
Die Klageerweiterung ist nicht sachdienlich. Sachdienlichkeit ist zu bejahen, wenn für die geänderte Klage der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt und die Klageänderung die endgültige Beilegung des Rechtsstreits fördert. Sachdienlichkeit fehlt dagegen, wenn durch die Klageänderung ein gänzlich neuer Prozessstoff eingeführt würde, der die Grundlagen des Rechtsstreits ändert, insbesondere wenn bei einer entscheidungsreifen Klage nunmehr weitere Ermittlungen nötig würden (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.05.2001 - 12 B 99.1875 - juris Rn. 41; Urt. v. 15.01.2007 - 11 B 06.1633 - juris Rn. 57; je m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 124 Rn. 3, § 91 Rn. 18 ff.). So liegt der Fall hier. Um zu entscheiden, ob die Erhebung der Daten nach § 20 PolG rechtmäßig ist, müsste eine weitere umfangreiche Sachaufklärung bei den Polizeidienststellen erfolgen, die die Datenerhebung vorgenommen haben. Denn die Datenerhebungen erfolgten nicht durch das Landeskriminalamt.
100 
C. Nebenentscheidungen
101 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Beklagte zu tragen, da der Kläger mit seinem erstinstanzlichen Begehren, die Rechtswidrigkeit der Speicherung der gelöschten Daten festzustellen, vollständig obsiegt. Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte, da der Kläger hinsichtlich der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erhebung von Daten unterliegt, hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Speicherung von Daten obsiegt.
102 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
103 
Beschluss vom 10. Februar 2015
104 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird abweichend von der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 14.03.2013 nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 130.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Verfahren im ersten Rechtszug wird von Amts wegen nach § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 65.000,-- EUR abgeändert.
105 
Gründe
106 
Für jede Erhebung oder Speicherung von Daten ist der Auffangstreitwert von 5.000.-- EUR festzusetzen. Jede Erhebung oder Speicherung von Daten stellt einen selbständigen Akt hoheitlicher Gewalt dar und unterliegt je für sich einer Beurteilung der Rechtmäßigkeit. Sind mehrere Erhebungen und Speicherungen Gegenstand eines Gerichtsverfahrens, handelt es sich daher um mehrere Streitgegenstände i.S.d. § 39 Abs. 1 GKG, die zusammenzurechnen sind.
107 
In der Berufungsinstanz ist die Erhebung von Daten in 13 Fällen und die Speicherung von Daten in 13 Fällen Streitgegenstand. Daher ist der Streitwert für das Berufungsverfahren auf 130.000.-- EUR (26 x 5.000.-- EUR) festzusetzen.
108 
Erstinstanzlich war die Speicherung von Daten in 13 Fällen Streitgegenstand. Daher ist der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf 65.000.-- EUR (13 x 5.000.-- EUR) von Amts wegen abzuändern. Die Befugnis des Rechtsmittelgerichts zur Abänderung von Amts wegen besteht auch in zeitlicher Hinsicht noch, da die erstinstanzliche Entscheidung in der Hauptsache noch nicht rechtskräftig ist (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG).
109 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
61 
A. Zulässigkeit der Berufung
62 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO).
63 
B. Begründetheit der Berufung
64 
Die Klage ist zulässig und begründet, soweit der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Speicherung von Daten zu seinen PKWs und zu den bezeichneten Anlässen begehrt (1). Im Übrigen, soweit der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erhebung von Daten beantragt, ist die Klage unzulässig (2).
65 
1. Die als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthafte Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der vorgenommenen Speicherungen ist zulässig (a) und begründet (b).
66 
a) Die allgemeine Feststellungsklage ist zulässig. Die streitigen Rechtsverhältnisse sind konkret bezeichnet. Für die begehrte Feststellung hat der Kläger auch ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr. Offen bleiben kann daher, ob aus anderen Gründen ein Feststellungsinteresse folgt.
67 
Ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn der Kläger mit einer Wiederholung der erledigten Maßnahme rechnen muss. Es müssen konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt einer vergleichbaren Belastung bzw. einer erneuten Ablehnung des Begehrens bei einem vergleichbaren und abzusehenden Sachverhalt vorgetragen werden. Ein solches Interesse setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige behördliche Maßnahme erlassen wird. Nicht ausreichend ist die vage oder abstrakte Möglichkeit einer Wiederholung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.01.1995 - 8 B 168.94 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 272; Senat, Urt. v. 24.11.1994 - 1 S 2909/93 - DVBl 1995, 367; Beschl. v. 16.07.2012 - 1 S 997/12 -; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.07.2010 - 10 S 2400/09 - ESVGH 61, 51; OVG NRW, Urt. v. 24.11.1998 - 5 A 1107/96 - NJW 1999, 2202). Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt damit zum einen die Möglichkeit eines vergleichbaren Verhaltens des Betroffenen voraus, das seiner Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen führt. Zum anderen ist Voraussetzung, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. zu Versammlungen: BVerfG, Kammerbeschl. v. 08.02.2011 - 1 BVR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405, m.w.N.). An einer Wiederholungsgefahr fehlt es daher, wenn die erledigte behördliche Maßnahme auf den konkreten Umständen des Einzelfalles beruht und erkennbar ist, dass die Behörde bei vergleichbaren Sachverhalten nicht generell in dieser Weise vorgeht (vgl. OVG NRW, a.a.O.). Der Kläger hat die Umstände vorzutragen, aus denen sich das Feststellungsinteresse ergibt (st. Rspr., vgl. nur Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 267, m.w.N.).
68 
Dies zugrunde gelegt, liegt hier Wiederholungsgefahr vor. Der Kläger hat in der Vergangenheit an einer Vielzahl von Protestaktionen gegen die Nutzung der Atomenergie teilgenommen. Er hat nachvollziehbar vorgetragen, dass er weiterhin beabsichtigt, solche Aktionen wahrzunehmen. Bezüglich der Fortsetzung der Proteste geht der Beklagte selbst ausdrücklich von Wiederholungsgefahr aus. Es ist hinreichend wahrscheinlich damit zu rechnen, dass der Beklagte auch in Zukunft personenbezogene Daten des Klägers, die sich aufgrund solcher Proteste ergeben, speichert. Denn der Beklagte hält im vorliegenden Verfahren an seiner Rechtsauffassung fest, dass der Kläger ein potenzieller Straftäter und daher die Zuspeicherung auch von solchen Daten rechtmäßig sei, die sich aus Ereignissen ergeben, bei denen der Kläger seine Grundrechte wahrgenommen und sich kein Tatverdacht gegen ihn ergeben hat.
69 
Der Umstand, dass die Speicherungen in der Vergangenheit unterschiedliche Ereignisse betrafen, ist unerheblich. Allen gespeicherten Vorfällen ist gemeinsam, dass es sich um Protestaktionen gegen die Nutzung der Atomenergie handelte. Für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr ist nicht erforderlich, dass die Anlässe, die zu Datenspeicherungen durch den Beklagten führen können, in jeder Hinsicht gleichartig sind. Entscheidend ist allein, dass im Hinblick auf die streitigen Rechtsverhältnisse i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO, mithin hinsichtlich der von dem Beklagten vorgenommenen Speicherungen Wiederholungsgefahr besteht, dass also bei einem vergleichbaren Verhalten des Klägers mit der Wiederholung der erledigten Maßnahme durch die Behörde zu rechnen ist. Dies ist, wie ausgeführt, der Fall.
70 
b) Die Klage ist begründet. Die Speicherung von Daten des Klägers zu seinen PKWs und zu den bezeichneten Anlässen ist rechtswidrig.
71 
aa) Ermächtigungsgrundlage für die hier streitigen Speicherungen kann § 37 Abs. 1 PolG oder § 38 Abs. 1 PolG sein. § 38 Abs. 1 PolG in der Fassung vom 13.01.1992 (GBl. S. 1, ber. S. 596, GBl. 1993, S. 155), bestimmte:
72 
„Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten, die ihm im Rahmen von Ermittlungsverfahren bekannt geworden sind, speichern, verändern und nutzen, soweit und solange dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ist die Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten erforderlich, wenn die betroffene Person verdächtig ist, eine Straftat begangen zu haben, und tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie künftig eine Straftat begehen wird. Tatsächliche Anhaltspunkte können sich insbesondere aus Art, Ausführung und Schwere der Tat ergeben. Die Daten sind zu löschen, wenn die Voraussetzungen für die Speicherung entfallen sind.“
73 
Für die hier streitgegenständlichen Speicherungen ist § 38 Abs. 1 PolG in dieser Fassung vom 13.01.1992 (im Folgenden: § 38 PolG a.F.) maßgeblich. Das Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390) - das eine Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten bis zu einer Dauer von zwei Jahren unabhängig von einer Wiederholungsgefahr erlaubt, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte der Verdacht besteht, dass die betroffene Person eine Straftat begangen hat - ist in zeitlicher Hinsicht hier nicht anwendbar, da die streitigen Speicherungen zuvor erfolgten.
74 
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 PolG - seit 1992 unverändert - kann die Polizei personenbezogene Daten speichern, verändern und nutzen, soweit und solange dies zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Bei der Speicherung in Dateien muss erkennbar sein, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört (§ 37 Abs. 1 Satz 2 PolG). Ebenso muss feststellbar sein, bei welcher Stelle die der Speicherung zugrundeliegenden Unterlagen geführt werden (§ 37 Abs. 1 Satz 3 PolG).
75 
Der Polizeivollzugsdienst kann nach dem in § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG in Bezug genommenen § 20 Abs. 3 PolG u.a. Daten über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, (Nr. 1) und über Zeugen, Hinweisgeber oder sonstige Auskunftspersonen (Nr. 5) erheben, soweit dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist.
76 
bb) Der Verdacht i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG a.F., eine Straftat begangen zu haben, kann sich aus einer strafrechtlichen Verurteilung ergeben. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats begründet auch eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO oder nach § 153a StPO einen Tatverdacht i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG a.F. gegen den Betroffenen. Denn der hinreichende Tatverdacht ist Voraussetzung für die Zulässigkeit von Einstellungen nach § 153 StPO und § 153a StPO. Selbst die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO oder ein Freispruch schließt einen gegen den Beschuldigten fortbestehenden Tatverdacht nicht notwendig aus; sofern die Verdachtsmomente nicht ausgeräumt sind, ist eine Speicherung daher auch in diesen Fällen zulässig und mit der durch das Rechtsstaatsprinzip und Art. 6 Abs. 2 EMRK verbürgten Unschuldsvermutung vereinbar (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992 - 1 S 668/90 - ESVGH 42, 291 = VBlBW 1993, 13, m.w.N.; Urt v. 27.09.1999 - 1 S 1781/98 - NVwZ-RR 2000, 287; Beschl. v. 20.02.2001 - 1 S 2054/00 - NVwZ 2001, 1289; Beschl. v. 29.09.2003 - 1 S 2145/02 -, m.w.N.; ähnlich BVerwG, Urt. v. 09.06.2010 - 6 C 5.09 - BVerwGE 137, 113, juris Rn. 26; OVG Schles.-Holst., Urt. v. 05.05.1998 - 4 L 1/98 - juris; HessVGH, Urt. 16.12.2004 - 11 UE 2982/02 - juris Rn. 39; BayVGH, Beschl. v. 02.09.2008 - 10 C 08.2087 - juris - und Beschl. v. 10.06.2013 - 10 C 13.62 - juris -).
77 
Die Wiederholungsgefahr kann sich aus Art, Ausführung und Schwere der Tat ergeben, § 38 Abs. 1 Satz 3 PolG a.F. Diese Aufzählung ist nicht abschließend (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992 und Beschl. v. 20.02.2001, je a.a.O.).
78 
Liegen Tatverdacht und Wiederholungsgefahr vor, kann die Behörde im Regelfall davon ausgehen, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten bis zum Ablauf der gesetzlichen Regelspeicherfristen nach § 38 Abs. 2 Satz 2 PolG a.F. geboten und damit zulässig ist. Dies entspricht der Wertung des Gesetzgebers, der mit diesen Fristen nicht nur den Zeitpunkt bestimmt, nach dem der Polizeivollzugsdienst spätestens von Amts wegen zu überprüfen hat, ob die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten noch erforderlich ist, sondern damit zugleich den zeitlichen Rahmen absteckt, nach dessen Ablauf die personenbezogenen Daten im Regelfall zu löschen sind. Bis zum Ablauf dieser Fristen jedoch geht der Gesetzgeber grundsätzlich von der Erforderlichkeit der nach § 38 Abs. 1 PolG a.F. zulässigerweise gespeicherten Daten aus (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.; Urt v. 27.09.1999, a.a.O.; Beschl. v. 29.09.2003, a.a.O.; Urt. v. 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214; ähnlich BVerwG, Urt. v. 09.06.2010, a.a.O. Rn. 31, und Urt. v. 22.10.2003 - 6 C 3.03 - juris Rn. 17 zum BKAG). Die Löschung der Daten vor Ablauf der Regelspeicherfristen ist im Ausnahmefall geboten, wenn die Überprüfung im Einzelfall ergibt, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Dies kann der Fall sein, wenn nichts dafür spricht, dass der Betroffene erneut strafrechtlich in Erscheinung treten wird und deshalb ausgeschlossen werden kann, dass die vorhandenen Daten die Arbeit der Polizei noch fördern können, die Wiederholungsgefahr also weggefallen ist oder wenn besondere Umstände die Unverhältnismäßigkeit der weiteren Datenspeicherung für den Betroffenen begründen (vgl. ausf. Senat, Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.; ebenso Senat, Urt v. 27.09.1999, a.a.O.; Urt. v. 18.12.2003, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 30.86 - NJW 1990, 2768; Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164/92 - juris Rn. 3 f., m.w.N.).
79 
Die Speichervoraussetzungen sind für jede Speicherung gesondert zu prüfen (vgl. Senat, Urt. v. 18.12.2003, a.a.O.). Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Speicherung ist dabei auf die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Speicherung der entsprechenden Information erfolgt ist. Denn das Gesetz geht davon aus, dass eine Speicherung nur erfolgt, wenn zum Zeitpunkt der Speicherung die gesetzlichen Voraussetzungen für die Speicherung vorliegen. Daher entsteht bei einer von vornherein unzulässigen Speicherung auch umgehend ein Löschungsanspruch nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PolG (vgl. Wolf/Stephan/Deger, PolG, 7. Aufl., § 46 Rn. 5; SaarlOVG, Urt. v. 18.12.1996 - 9 R 26/95 - juris Rn. 73).
80 
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten aus Ermittlungsverfahren durch den Polizeivollzugsdienst und gegebenenfalls für die Löschung dieser Daten räumen der Behörde kein Ermessen ein. Auch die gesetzlich geforderte Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Speicherung der Daten und dem gegenläufigen persönlichen Interesse des Betroffenen, wie sie durch den Erforderlichkeitsvorbehalt in § 38 Abs. 1 Satz 1 PolG a.F. ("... soweit und solange ... erforderlich ist.") nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorausgesetzt wird, ist der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterworfen. Bei der Beurteilung der sich aus den tatsächlichen Anhaltspunkten erschließenden Wiederholungsgefahr (§ 38 Abs. 1 Sätze 2 und 3 PolG a.F.) steht dem Polizeivollzugsdienst allerdings ein Prognosespielraum zu (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992 und Urt. v. 27.09.1999, je a.a.O.). Denn diese Prognose der Wiederholungsgefahr besteht nicht lediglich in der Feststellung von Tatsachen und deren Subsumtion. Die Prognoseentscheidung enthält vielmehr eine vorausschauende Beurteilung und ist insofern ein Akt wertender Erkenntnis, in den auch polizeiliches Erfahrungswissen einfließt.
81 
Dieser Prognosespielraum ist verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber kann - wie hier in § 38 Abs. 1 Sätze 2, 3 PolG a.F. - durch eine gesetzliche Regelung der Exekutive einen Prognosespielraum eröffnen und insoweit die Rechtskontrolle durch die Gerichte einschränken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.05.2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1, juris Rn. 73 ff.). Die Gerichte überprüfen jedoch, ob eine ausreichende Rechtsgrundlage für den Beurteilungsspielraum besteht und ob die Behörde von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, Verfahrensvorschriften eingehalten hat, den gesetzlichen Rahmen zutreffend erkannt hat, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe beachtet und keine sachfremden Erwägungen angestellt hat (vgl. Stuhlfauth, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 40 Rn. 80 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 40 Rn. 115).
82 
Ob die Behörde, der ein Beurteilungsspielraum durch das Gesetz eingeräumt ist, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums eingehalten und die richtigen Bewertungsmaßstäbe angewendet hat, kann nur anhand einer die gerichtliche Nachprüfung ermöglichenden Begründung der Behörde überprüft werden. Fehlt es an einer diesen Anforderungen genügenden Begründung, unterliegt die behördliche Entscheidung der gerichtlichen Aufhebung (so bereits BGH, Urt. v. 16.12.1971 - I C 31/68 - NJW 1972, 596 <598>, zum GjS). Es bedarf daher zur Rechtmäßigkeit der Prognose der Wiederholungsgefahr nach § 38 Abs. 1 Sätze 2, 3 PolG a.F. einer auf den Einzelfall bezogenen, auf schlüssigen, verwertbaren und nachvollziehbar dokumentierten Tatsachen beruhenden Entscheidung (ebenso zur Prognose der Gefahr künftiger Straftaten für die Speicherung von DNA-Identifizierungsmustern: BVerfG, Kammerbeschl. v. 14.12.2000 - 2 BvR 1741/99 u.a. - juris Rn. 59, v. 15.03.2001 - 1 BvR 1841/00 u.a. - juris Rn. 39, und v. 20.12.2001 - 2 BvR 429/01 u.a. - juris Rn.19; vgl. bereits BVerfG, Beschl. v. 22.05.1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334, juris Rn. 50, zur Mitteilung der eine Beurteilungsentscheidung tragenden Umstände). Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums vom 18.07.1997 zum Polizeigesetz (GABl. 1997, 406) - die nach der Auskunft des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zumindest bis zum 31.12.2013 galt - sieht zu § 38 Abs. 1 PolG vor, dass die die Prognoseentscheidung tragenden Gründe in der Akte festzuhalten sind, um diese später - auch im Hinblick auf ein mögliches verwaltungsgerichtliches Verfahren - nachvollziehen zu können.
83 
cc) Bei § 37 PolG handelt es sich um eine echte Ermächtigungsgrundlage (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 37 Rn. 8). Voraussetzung ist jedenfalls, dass die Speicherung zur Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben erforderlich ist. Zu diesen zählen Gefahrenabwehr, vorbeugende Bekämpfung von Straftaten, Vorbereitung auf die Gefahrenabwehr, Schutz privater Rechte nach § 2 Abs. 2 PolG und die Vollzugshilfe nach § 60 Abs. 4 PolG (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 37 Rn. 10).
84 
dd) Nach diesem Maßstab sind alle hier streitigen Speicherungen rechtswidrig.
85 
(1) Die erste Speicherung zum Vorfall vom 12.08.1999 in Bietigheim-Bissingen ist rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 PolG a.F. liegen nicht vor. Zwar wurde das Strafverfahren gegen den Kläger wegen Nötigung vom Amtsgericht Besigheim mit Beschluss vom 19.09.2001 nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. Tatsächliche Anhaltspunkte i.S.v. § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG a.F. für eine seinerzeitige Prognose, dass der Kläger künftig eine Straftat begehen werde, sind jedoch nicht feststellbar. Die notwendige nachvollziehbare Dokumentation der Wiederholungsgefahr liegt nicht vor. Dies gilt auch angesichts des Vorbringens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, die die Wiederholungsgefahr begründenden Umstände habe sicherlich der örtliche Polizeibeamte in der Ermittlungsakte vermerkt. Eine ausreichende Dokumentation der Wiederholungsgefahr ist in den vorgelegten Akten, von denen der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat versichert hat, sie seien vollständig, nicht feststellbar. Die materielle Beweislast für das Vorliegen einer ausreichenden Dokumentation der die Wiederholungsgefahr stützenden Umstände trägt der Beklagte. Für eine weitere Sachaufklärung besteht kein Anlass. Der Beklagte hat bereits nicht bestimmt und nachvollziehbar behauptet, dass eine Dokumentation der Wiederholungsgefahr in anderen Akten vorliegt. Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 PolG a.F. liegen schließlich auch deswegen nicht vor, weil - unabhängig von der Frage der Dokumentation der die Wiederholungsgefahr begründenden Umstände - weder vorgetragen noch ersichtlich ist, woraus sich die Wiederholungsgefahr in der Sache ergeben haben soll.
86 
Die Speicherung zum Vorfall vom 12.08.1999 in Bietigheim-Bissingen ist auch nicht nach § 37 Abs. 1 PolG rechtmäßig. Auf diese Ermächtigungsgrundlage beruft sich der Beklagte bereits nicht. Eine auf § 37 Abs. 1 PolG beruhende Speicherung wäre auch bereits deswegen rechtswidrig, weil nach § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG bei der Speicherung in Dateien erkennbar sein muss, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört. Diesem Erfordernis ist nicht Genüge getan. Die Speicherung enthält hierzu keine Angaben.
87 
(2) Die zeitlich nachfolgenden Speicherungen zu den Ereignissen am 07.02.2000 in Neckarwestheim, am 07.06.2000 in Neckarwestheim, am 05.02.2002 in Kirchheim am Neckar, am 01.05.2003 in Ludwigsburg, am 10.11.2003 in Bietigheim-Bissingen, am 21.05.2004 in Ludwigsburg und am 01.10.2004 in Neckarwestheim sind rechtswidrig. Der Beklagte macht hierzu jeweils geltend, die Speicherungsberechtigung ergebe sich aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG (potenzieller Straftäter). Die Speicherungen sind bereits deswegen rechtswidrig, weil nach § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG bei der Speicherung in Dateien erkennbar sein muss, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört. Diesem Erfordernis ist bei keiner dieser Speicherungen Genüge getan. Die Speicherungen enthalten hierzu keine Angaben.
88 
Auch das Vorbringen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass die vorgelegten Ausdrucke der Speicherungen lediglich diejenigen seien, die aus Gründen der Datenschutzkontrolle anlässlich der Überprüfungen der Speicherungen zur Person des Klägers durch den Landesbeauftragten für Datenschutz erstellt worden seien, und dass die Speicherungen im Normalfall erkennen ließen, welcher der Personengruppen im Sinne von § 20 Abs. 2 bis 5 PolG der Betroffene zugeordnet werde, begründet nicht die Rechtmäßigkeit der Speicherungen. Der Beklagte kann, wie er in der mündlichen Verhandlung einräumte, die Speicherungen in der Form, wie sie ursprünglich vorgenommen wurden, nicht mehr vorlegen, da sie gelöscht wurden. Es lässt sich mithin nicht feststellen, ob die Zuordnung zu einer Personengruppe nach § 20 Abs. 2 bis 5 PolG erkennbar war. Auch insoweit trägt der Beklagte die materielle Beweislast.
89 
Die Speicherungsberechtigung kann sich auch deswegen nicht aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergeben, weil § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG tatsächliche Anhaltspunkte voraussetzt, dass die betreffende Person zukünftig Straftaten begeht. Auch insoweit bedarf es der Dokumentation der Umstände, aus denen sich die Gefahr der künftigen Begehung von Straftaten ergibt. Daran fehlt es in allen genannten Fällen. Keiner Entscheidung bedarf daher die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen zu einem Betroffenen, bei dem der Verdacht einer Straftat und die Wiederholungsgefahr rechtmäßig bejaht wurden, personenbezogene Daten, die sich aufgrund eines rechtmäßigen Verhaltens ergeben haben, zugespeichert werden dürfen.
90 
Auch aus § 38 Abs. 1 PolG - auf den sich der Beklagte zu den genannten Fällen nicht beruft - kann sich die Speicherungsberechtigung nicht ergeben. Zum Ereignis am 07.02.2000 in Neckarwestheim behauptet der Beklagte bereits kein Verhalten des Klägers, das den Verdacht einer Straftat darstellt. Bei den übrigen Vorfällen handelt es sich nicht um Daten, die im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens bekannt geworden sind.
91 
(3) Die Speicherung zum Ereignis am 20.11.2005 in Bietigheim-Bissingen ist rechtswidrig. § 38 Abs. 1 PolG a.F. kann nicht Ermächtigungsgrundlage für diese Speicherung sein, da es an der notwendigen Dokumentation der Wiederholungsgefahr fehlt. Die Berechtigung zur Speicherung ergibt sich auch nicht aus § 37 PolG, da entgegen § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG nicht erkennbar ist, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört, und die notwendige Dokumentation der Gefahr der künftigen Begehung von Straftaten nach § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG fehlt.
92 
(4) Die beiden Speicherungen zum Vorfall vom 11.11.2006 in Schwetzingen/Hockenheim sind rechtswidrig. § 38 Abs. 1 PolG a.F. kann jeweils nicht Ermächtigungsgrundlage für diese Speicherungen sein, da es an der notwendigen Dokumentation der Wiederholungsgefahr fehlt. Die Berechtigung zur Speicherung ergibt sich auch in keinem der Fälle aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, da auch insoweit die notwendige Dokumentation der Gefahr der künftigen Begehung von Straftaten fehlt.
93 
(5) Die Speicherung zum Ereignis am 14.01.2007 in Neckarwestheim ist rechtswidrig. Der Beklagte macht hierzu geltend, die Speicherungsberechtigung ergebe sich aus § 37 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 5 PolG (Zeuge). Die Speicherung ist rechtswidrig, weil nach § 37 Abs. 1 Satz 2 PolG bei der Speicherung in Dateien erkennbar sein muss, welcher der in § 20 Abs. 2 bis 5 PolG genannten Personengruppen der Betroffene angehört. Diesem Erfordernis ist nicht Genüge getan. Die Speicherung enthält hierzu keine Angaben.
94 
(6) Die Speicherung der PKW-Daten des Klägers ist rechtswidrig. Für die Erforderlichkeit der Speicherung der Daten ist nichts ersichtlich. Nach Aktenlage bereitete die Identifizierung des Klägers - auf dessen Anwesenheit sein in der Nähe einer Protestaktion abgestellter PKW hindeuten kann - nie Probleme. Anhaltspunkte für ein heimliches Vorgehen des Klägers bei seinen Protesten fehlen, wie auch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärte. Auch die vom Beklagten angeführte Verhinderung des Untergrabens von Bahngleisen anlässlich eines Castortransports - die der Polizei erleichtert werden solle, wenn sie den Halter eines im Wald, in der Nähe der Castortransportstrecke abgestellten PKWs schnell ermitteln kann - kann die Speicherung nicht rechtfertigen. Anhaltspunkte, dass der Kläger an solchen Aktionen beteiligt gewesen sein könnte, sind nicht erkennbar.
95 
2. Die Klage ist unzulässig und daher abzuweisen, soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass die Erhebung von Daten zu seiner Person rechtswidrig war. Die Erhebung von Daten nach § 20 PolG war nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens (a). Mit der Erstreckung der Klage in der Berufungsinstanz auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Erhebung von Daten nach § 20 PolG liegt eine Klageerweiterung vor, die unzulässig ist (b).
96 
a) In erster Instanz hatte der Kläger zunächst Klage gegen das Land, vertreten durch das Landeskriminalamt, erhoben mit dem Begehren, den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide des Landeskriminalamts zu verpflichten, Auskunft über die bei dem Beklagten zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen (vgl. Bl. 1 VG-Akte). Nach der Erteilung der Auskunft stellte er die Klage im Schriftsatz vom 17.08.2011 (vgl. Bl. 161, 169 VG-Akte) und in der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2011 (vgl. Bl. 231 VG-Akte) - mit geringfügigen Abweichungen in der Formulierung - um auf Feststellung, dass die Erfassung und Speicherung der Daten des Klägers in den polizeilichen Auskunftssystemen des Beklagten von Anfang an rechtswidrig gewesen sind. Den Begriff der Erhebung aus § 20 PolG verwendete der Kläger dabei nicht. Vielmehr machte der Kläger nach der Umstellung der Klage auf den Feststellungsantrag keinerlei Unterschied zwischen Erfassung und Speicherung der Daten. Als maßgebliche Rechtsgrundlage sah er insoweit allein § 38 Abs. 1 PolG an, den er in seinem Wortlaut auch wiedergab (vgl. Bl. 169 VG-Akte). Auf § 20 PolG ging er in keiner Weise ein. Unter Erfassung verstand er inhaltlich die Speicherung in polizeilichen Dateien. So führte er bereits im Schriftsatz vom 22.12.2010 zur Vorlage der vollständigen Akten durch den Beklagten aus, dem Gericht müsse die Möglichkeit eröffnet werden, "in sachgerechter Weise über die vom Kläger im Anschluss an die Auskunftserteilung angestrebte gerichtliche Feststellung über die Rechtmäßigkeit seiner Erfassung in den polizeilichen Dateien befinden zu können.“ (Bl. 131 VG-Akte). Dasselbe Verständnis zeigt sich auch im Schriftsatz vom 06.10.2011, in dem es heißt: "Regelmäßig handelt es sich bei der Erfassung von Bürgern durch die Polizei um erhebliche Eingriffe in deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Erst recht gilt dies, wenn dies nicht nur allgemeine Polizeidateien betrifft." (Bl. 237 VG-Akte).
97 
b) Die Klageerweiterung ist nach § 91 VwGO unzulässig, da der Beklagte in sie nicht eingewilligt hat und sie nicht sachdienlich ist.
98 
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, in die Klageerweiterung nicht einzuwilligen. Er hat auch nicht zuvor durch rügeloses Einlassen auf einen Schriftsatz des Klägers im Sinne von § 91 Abs. 2 VwGO in die Klageerweiterung eingewilligt. Erst auf die ausdrückliche Frage des Senats in der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, dass auch die Erhebung von Daten im Sinne von § 20 PolG Streitgegenstand sein soll. Dies war für den Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt nicht zu erkennen. Denn der Kläger verwandte den Begriff der Erfassung auch im Berufungsverfahren bis dahin im Sinne einer Speicherung der Daten nach § 38 PolG. So führte er in seiner Berufungsbegründung im Schriftsatz vom 20.04.2013 - ebenso wie in der Begründung seines Zulassungsantrags im Schriftsatz vom 27.01.2012 (Bl. 41, 79 der Berufungsakte) - unter "III. Begründetheit der Feststellungsklage" aus: „Weil das angegriffene Urteil jedes Rechtsschutzinteresse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit in Abrede gestellt hat, hat es sich überhaupt nicht mehr, auch nicht in fürsorglicher Weise mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Erfassung und Speicherung des Klägers in den polizeilichen Dateien, und hierbei insbesondere in der Arbeitsdatei Politisch Motivierte Kriminalität (AD PMK) rechtmäßig gewesen ist oder nicht. Tatsächlich hätte das Verwaltungsgericht bei richtiger Rechtsanwendung feststellen müssen, dass die Speicherung der Daten über den Kläger rechtswidrig gewesen ist." (Bl. 135, 179 der Berufungsakte) Direkt im Anschluss hieran gab der Prozessbevollmächtigte des Klägers erneut nur § 38 PolG als maßgebliche Vorschrift im Wortlaut wieder und ging auf § 20 PolG nicht ein. Da eine Klageerweiterung auf die Erhebung von Daten nach § 20 PolG bis zur mündlichen Verhandlung nicht hinreichend erkennbar war, bestand folglich für den Beklagten kein Anlass zu prüfen, ob er in eine Klageerweiterung einwilligt. Sein Verhalten kann mithin kein rügeloses Einlassen darstellen. Zudem bestritt der Beklagte die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens des Klägers ganz allgemein, so dass es auch insoweit an einer Einwilligung i.S.v. § 91 Abs. 2 VwGO fehlt (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1999 - 4 C 4.98 - BVerwGE 109, 74 <79>; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 91 Rn. 28; Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl., § 91 Rn. 22, m.w.N. auch zur Gegenauffassung).
99 
Die Klageerweiterung ist nicht sachdienlich. Sachdienlichkeit ist zu bejahen, wenn für die geänderte Klage der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt und die Klageänderung die endgültige Beilegung des Rechtsstreits fördert. Sachdienlichkeit fehlt dagegen, wenn durch die Klageänderung ein gänzlich neuer Prozessstoff eingeführt würde, der die Grundlagen des Rechtsstreits ändert, insbesondere wenn bei einer entscheidungsreifen Klage nunmehr weitere Ermittlungen nötig würden (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.05.2001 - 12 B 99.1875 - juris Rn. 41; Urt. v. 15.01.2007 - 11 B 06.1633 - juris Rn. 57; je m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 124 Rn. 3, § 91 Rn. 18 ff.). So liegt der Fall hier. Um zu entscheiden, ob die Erhebung der Daten nach § 20 PolG rechtmäßig ist, müsste eine weitere umfangreiche Sachaufklärung bei den Polizeidienststellen erfolgen, die die Datenerhebung vorgenommen haben. Denn die Datenerhebungen erfolgten nicht durch das Landeskriminalamt.
100 
C. Nebenentscheidungen
101 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Beklagte zu tragen, da der Kläger mit seinem erstinstanzlichen Begehren, die Rechtswidrigkeit der Speicherung der gelöschten Daten festzustellen, vollständig obsiegt. Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte, da der Kläger hinsichtlich der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erhebung von Daten unterliegt, hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Speicherung von Daten obsiegt.
102 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
103 
Beschluss vom 10. Februar 2015
104 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird abweichend von der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 14.03.2013 nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 130.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Verfahren im ersten Rechtszug wird von Amts wegen nach § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 65.000,-- EUR abgeändert.
105 
Gründe
106 
Für jede Erhebung oder Speicherung von Daten ist der Auffangstreitwert von 5.000.-- EUR festzusetzen. Jede Erhebung oder Speicherung von Daten stellt einen selbständigen Akt hoheitlicher Gewalt dar und unterliegt je für sich einer Beurteilung der Rechtmäßigkeit. Sind mehrere Erhebungen und Speicherungen Gegenstand eines Gerichtsverfahrens, handelt es sich daher um mehrere Streitgegenstände i.S.d. § 39 Abs. 1 GKG, die zusammenzurechnen sind.
107 
In der Berufungsinstanz ist die Erhebung von Daten in 13 Fällen und die Speicherung von Daten in 13 Fällen Streitgegenstand. Daher ist der Streitwert für das Berufungsverfahren auf 130.000.-- EUR (26 x 5.000.-- EUR) festzusetzen.
108 
Erstinstanzlich war die Speicherung von Daten in 13 Fällen Streitgegenstand. Daher ist der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf 65.000.-- EUR (13 x 5.000.-- EUR) von Amts wegen abzuändern. Die Befugnis des Rechtsmittelgerichts zur Abänderung von Amts wegen besteht auch in zeitlicher Hinsicht noch, da die erstinstanzliche Entscheidung in der Hauptsache noch nicht rechtskräftig ist (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG).
109 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.