Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. März 2015 - 12 ZB 12.1640

bei uns veröffentlicht am09.03.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 17 K 11.6021, 24.05.2012

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über den Status einer von der Klägerin initiierten und pflegerisch betreuten „Einrichtung“ zur Intensivpflege nach dem Bayerischen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG).

1. Die Klägerin, vormals in Gestalt der „P. V.- Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ auftretend, seit Ende 2009/Anfang 2010 als „P. V. Außerklinische Intensivpflege GmbH“ und seit 1. Juli 2013 unter „G. Gesellschaft für medizinische Intensivpflege Bayern mbH“ firmierend, betreibt einen Pflegedienst und bietet dabei u. a. die Vermittlung von Betreuungsplätzen in der von ihr als „ambulant betreute Wohngemeinschaft“ bezeichneten Einrichtung in der R.-Straße ... in M. an. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt auf der 24-stündigen, intensivpflegerischen Betreuung von beatmungspflichtigen Patienten und Wachkomapatienten.

2. Nach einer anonymen Anzeige fand am 4. März 2009 eine Begehung der Einrichtung durch die Heimaufsicht der Beklagten statt. Dabei ergab sich, dass entgegen entsprechender Vorgaben seit dem 17. Februar 2009 mit der Belegung der Einrichtung begonnen worden war und sich dort sieben Bewohner befanden, die intensivpflegerisch betreut wurden. Ferner wurden gravierende bauliche Mängel, in erster Linie im Hinblick auf unzureichenden Brandschutz festgestellt. Daraufhin untersagte die Heimaufsicht der Beklagten noch vor Ort telefonisch den weiteren Betrieb der Einrichtung. Zugleich wurde der „P. V.- Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ für jeden neu aufgenommenen Bewohner ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 EUR angedroht. Darüber hinaus ordnete die Lokalbaukommission der Beklagten mit Bescheid vom 6. März 2009 gegenüber der „P. V.- Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ die Aufgabe der bestehenden Nutzung der Einrichtung an und untersagte ihr zugleich die zukünftige Nutzung, da aus brandschutztechnischer Sicht eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit der Nutzer im Sinne von Art. 54 BayBO bestehe.

3. Nach vorheriger Anhörung erließ die Beklagte einen auf den 11. März 2009 datierten, den Bevollmächtigten der Klägerin am 3. April 2009 zugestellten Bescheid, in dem zunächst unter Ziffer I. 1. festgestellt wurde, dass das „von der P.V. Außerklinische Intensivpflege GmbH & Co. KG, vertreten durch (…), initiierte Wohnangebot für intensivpflichtige Erwachsene und Kinder in der R.-Straße ... (…)“ eine stationäre Einrichtung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG darstelle. Ferner wurde in Ziffer 2. die bereits bei der Begehung am 4. März 2009 mündlich ausgesprochene Untersagung, weitere Bewohnerinnen und Bewohner aufzunehmen, bis zur Vorlage einer baurechtlichen Nutzungsgenehmigung für eine stationäre Einrichtung bestätigt. Aufgrund der Nutzungsuntersagungen löste die Klägerin die „Wohngemeinschaft“ Mitte März 2009 auf und verlegte die bisherigen Bewohner in andere Einrichtungen. Der Bescheid vom 11. März 2009 wurde von der Klägerin nicht angefochten. Er erwuchs daraufhin in Bestandskraft. Nach vorheriger Anzeige bei der Beklagten nahm die Klägerin die Betreuung von intensivpflichtigen Patienten ab dem 31. August 2009 in der R.-Straße wieder auf.

4. Mit Schreiben vom 21. Januar 2011 stellte die Klägerin den Antrag, den Bescheid vom 11. März 2009 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei der von ihr pflegerisch betreuten Einrichtung in der R.-Straße in M. um eine ambulant betreute Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG handele, hilfsweise für den Fall, dass der Rücknahmeantrag abgelehnt werde, allein das Vorliegen einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG festzustellen. Ende 2009 sei eine Änderung auf der Geschäftsführungsebene der Klägerin sowie eine Rechtsformänderung erfolgt, die ihrerseits strukturelle Änderungen in der Einrichtung nach sich gezogen habe. Der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2009 erweise sich nunmehr aufgrund einer veränderten Sach- und Rechtslage als rechtswidrig; er sei daher nach Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG aufzuheben und abzuändern. Der dem Einstufungsbescheid zugrunde liegende Sachverhalt als auch die Rechtslage hätten sich derart verändert, dass eine Einstufung als stationäre Einrichtung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG nicht mehr erfolgen könne. Die aktuellen Gegebenheiten begründeten nunmehr das Vorliegen einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG. Angesichts der Löschung der damaligen Gesellschaft im Handelsregister erweise sich auch die Bindungswirkung des Bescheids vom 11. März 2009 als fraglich. Für den Fall der Ablehnung des Rücknahmeantrags sei jedenfalls eine erneute Statusfeststellung nach dem Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes notwendig.

5. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 11. August 2011 mit, dass sie bei einer Routineprüfung am 19. Juli 2011 nochmals eine Statuseinschätzung der Einrichtung vorgenommen habe. Die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG lägen nach wie vor nicht vor. Die in der Einrichtung lebenden Bewohner seien aufgrund ihrer Schwerstpflegebedürftigkeit nicht in der Lage, einen gemeinsamen Haushalt im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG zu führen. Die gem. Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PfleWoqG vorausgesetzte Selbstbestimmung fehle gänzlich. Ebenso entspreche die angestrebte Platzzahl von 15 Bewohnern nicht den Vorgaben des Art. 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 5 PfleWoqG.

6. Mit Schriftsatz vom 29. November 2011 erhob die Klägerin in der Folge Untätigkeitsklage und beantragte zuletzt, den Bescheid vom 11. März 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den bislang nicht verbeschiedenen Antrag der Klägerin vom 21. Januar 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Beim Schreiben der Beklagten vom 31. August 2011 handele es sich nach deren eigenem Dafürhalten nur um einen informatorischen Bericht, nicht hingegen um einen Verwaltungsakt.

7. Mit Urteil vom 24. Mai 2012 wies das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet ab. Die Beklagte habe mit bestandskräftigem Bescheid vom 11. März 2009 festgestellt, dass es sich bei dem von der „P. V. Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ initiierten Wohnungsangebot für intensivpflichtige Erwachsene und Kinder in der R.-Straße XX um eine stationäre Einrichtung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG handele. Hierin liege ein feststellender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Die Klägerin besitze indes keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 11. März 2009. Ein derartiger, allenfalls bei einer Ermessensreduzierung auf Null bestehender Anspruch würde die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bescheids voraussetzen. Der Bescheid vom 11. März 2009 sei jedoch rechtmäßig ergangen.

Ebenso wenig besitze die Klägerin einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 BayVwVfG. Das Gericht könne keine Veränderung der Sach- und Rechtslage erkennen. Weder die Rechtsnachfolge der ursprünglichen „P. V. Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ durch die Klägerin noch die geringfügige Abänderung in der Ausgestaltung der Räume in der R.-Straße bildeten eine relevante Änderung. Überdies sei der Abänderungsantrag nicht innerhalb der gesetzlichen Frist des Art. 51 Abs. 3 BayVwVfG gestellt worden.

8. Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sie ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten sowie grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ferner Verfahrensmängel geltend macht.

Hinsichtlich der sonstigen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die klageweise geltend gemachten Verpflichtungsanträge (1.) sind entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bereits mangels Klagebefugnis unzulässig (2.). Auf das Vorliegen bzw. die Darlegung von Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO kommt es deshalb nicht mehr entscheidungserheblich an.

1. Die Klägerin verfolgt, ausgehend von den zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Klageanträgen, gegenüber der Beklagten im Wege der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zwei Verpflichtungsbegehren im Sinne von § 42 Abs. 2 2. Alternative VwGO. Zunächst beansprucht sie bei sinngemäßer Auslegung die Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung der in Ziffer I. 1. des bestandkräftigen Bescheids vom 11. März 2009 erfolgten „Statusfeststellung“ der von ihr initiierten und betreuten Pflegeeinrichtung in der R.-Straße. Da zu den weiteren Regelungsinhalten des Bescheids vom 11. März 2009 kein Sachvortrag erfolgte, unterfallen diese trotz der unbeschränkten, auf den gesamten Bescheid vom 11. März 2009 gerichteten Antragsformulierung dem nachträglichen Aufhebungsverlangen offenkundig nicht. Richtete sich die Aufhebung nach Art 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG oder Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG, läge sie überdies im Ermessen der Beklagten, so dass insoweit grundsätzlich ein Verbescheidungsausspruch in Betracht käme. Demgegenüber zielt der zweite Klageantrag auf die Verpflichtung der Beklagten, die streitgegenständliche Einrichtung in der R.-Straße nunmehr als ambulant betreute Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG einzustufen. Ein Verbescheidungsausspruch scheidet insoweit aus, da die Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des Art. 2 PfleWoqG keine Ermessensentscheidung beinhaltet.

2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind beide Verpflichtungsbegehren jedoch bereits unzulässig, da der Klägerin die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis fehlt (2.1). Darüber hinaus besäße sie für die Klage auch kein Rechtsschutzbedürfnis (2.2). Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage sind auch im Berufungszulassungsverfahren durch den Senat von Amts wegen zu prüfen, da bei einer bereits unzulässigen Klageerhebung die Zulassung der Berufung von vornherein ausscheidet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, Vorb. § 124 Rn. 29, 32; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 98, 101, 102a; Frey in Gärditz, VwGO, 2013, Vorb. § 124 Rn. 72; BayVGH, B.v. 26.3.2003 - 8 ZB 02.2918 - NVwZ 2004, 629). Eine Bindung des Berufungsgerichts an die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts besteht im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage nicht.

2.1 Nach § 42 Abs. 2 VwGO setzt die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage - auch in Form der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO - voraus, dass die Klägerin durch die Unterlassung des beanspruchten Verwaltungsakts in eigenen, subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt ist. Demzufolge muss sich aus ihrem Sachvortrag die Möglichkeit ergeben, dass sie einen Anspruch auf den Erlass des klageweise erstrebten Verwaltungsakts besitzt. Umgekehrt fehlt es an der Klagebefugnis, wenn der behauptete Anspruch offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise besteht (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.1997 - 1 C 29/95 - BVerwGE 104, 115 ff. Rn. 18; BayVGH, B.v. 28.3.2011 - 12 ZB 10.31111 - juris Rn. 8). Letzteres ist vorliegend sowohl mit Blick auf die Aufhebung der „Statusfeststellung“ in Ziffer 1. des Bescheids vom 11. März 2009 (2.1.1) als auch im Hinblick auf die erstrebte Neufeststellung des „Status“ der Einrichtung in der R.-Straße der Fall (2.1.2).

2.1.1. Die von der Klägerin beanspruchte nachträgliche Aufhebung der bestandskräftigen „Statusfeststellung“ in Ziffer 1. des Bescheids vom 11. März 2009 kommt - wenn überhaupt -, so nur nach Art. 51 BayVwVfG im Wege einer Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens im engeren Sinne bzw. nach Art. 48 oder Art. 49 BayVwVfG (Wiederaufnahme im weiteren Sinn) in Betracht. Das Verfahrensrecht des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) findet nach § 1 Abs. 1 SGB X keine Anwendung. Die Annahme einer Klagebefugnis erfordert daher einen Sachvortrag der Klägerin, aus dem sich die Möglichkeit ergibt, dass ihr einer der genannten Aufhebungsansprüche zusteht. Scheidet bereits nach ihrem eigenen Vorbringen das Bestehen eines Aufhebungsanspruchs aus, fehlt es an der Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO.

2.1.1.1 Ein Anspruch auf Aufhebung der „Statusfeststellung“ in Ziffer 1. des Bescheids vom 11. März 2009 scheidet im Fall der Klägerin bereits deshalb von vornherein aus, weil sich die Regelungswirkungen dieser „Feststellung“ mit der Schließung und Abwicklung der Einrichtung in der R.-Straße im März 2009 erschöpft haben, sich mithin die „Statusfeststellung“ im Sinne von Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG auf sonstige Weise erledigt hat.

Ziffer I. 1. des Bescheids vom 11. März 2009 bezog sich auf die von der „P. V.- Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ initiierte Einrichtung in der R.-Straße, mit deren Belegung am 17. Februar 2009 begonnen und deren Betrieb durch eine anlässlich der Begehung am 4. März 2009 mündlich ausgesprochene Untersagung nach Art. 15 PfleWoqG beendet wurde. In der Folge hat die „P. V.- Außerklinische Intensivpflege C. S.-B. GmbH & Co. KG“ die Einrichtung durch Verlegung der Bewohner komplett abgewickelt und der Beklagten erst Ende Juli 2009 unter Vorlage eines neuen Konzepts die beabsichtigte Neuaufnahme des Betriebs einer Pflegeeinrichtung angezeigt. Eine weitere „Statusfeststellung“ durch Verwaltungsakt erfolgte seitens der Beklagten nicht mehr. Mithin haben sich die Rechtswirkungen der „Statusfeststellung“ im Bescheid vom 11. März 2009 allein auf die - ohne fristgerechte Anzeige ab 17. Februar 2009 betriebene und im März 2009 wieder stillgelegte - Pflegeeinrichtung bezogen. Mit der Abwicklung der Einrichtung hat sich die „Statusfeststellung“ erledigt. Eine die Bestandskraft des Bescheids vom 11. März 2009 durchbrechende Wiederaufnahme eines bereits erledigten Verwaltungsakts nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 51 Rn. 14) kommt damit ebenso wenig in Betracht wie eine Rücknahme der erledigten „Statusfeststellung“ nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 48 Rn. 19; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 38; Suerbaum in Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2014, § 48 Rn. 39) oder deren Widerruf nach Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 49 Rn. 10; Suerbaum in Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2014, § 49 Rn. 45).

2.1.1.2 Hinzu kommt, dass Ziffer I. 1. des Bescheids vom 11. März 2009 sich nicht an die Klägerin des vorliegenden Verfahrens richtet, sie folglich nicht selbst betrifft. Nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Regelung bezieht sich die Feststellung des Vorliegens einer stationären Einrichtung auf das „von der P. V., Außerklinische Intensivpflege, GmbH & Co. KG, vertreten durch Frau S.-B.“ initiierte Wohnangebot in der R.-Straße. Wie die Klägerin, die „P. V. Außerklinische Intensivpflege GmbH“ selbst unter Infragestellung der Fortgeltung des Bescheids vom 11. März 2009 vorgetragen hat, ist im Zuge einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung Ende 2009 /Anfang 2010 die Kommanditgesellschaft aus dem Handelsregister gelöscht worden und Frau S.-B. aus der Geschäftsführung ausgeschieden. Damit ist zugleich der Adressat des Bescheids vom 11. März 2009 untergegangen. Dessen Rechtswirkungen könnten sich daher überhaupt nur dann auf die Klägerin erstrecken, wenn diese zivilrechtlich Rechtsnachfolgerin der Kommanditgesellschaft geworden wäre und sich aus dem materiellen Recht - im vorliegenden Fall aus der Regelungssystematik des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes - eine Erstreckung der Bindungswirkung der „Statusfeststellung“ auf die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ableiten ließe (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 43 Rn. 13 ff.; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 259 ff.). Zumindest Letzteres scheidet im vorliegenden Fall erkennbar aus. Denn die Einstufung einer Einrichtung nach Art. 2 PfleWoqG stellt keinen lediglich sachbezogenen, gewissermaßen „dinglichen“ Verwaltungsakt dar, dessen Rechtswirkungen sich automatisch auf einen Rechtsnachfolger erstrecken, sondern wird maßgeblich von der Person des Trägers bzw. im Fall der ambulant betreuten Wohngemeinschaft nach Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG des Initiators mitbestimmt. Ist die Klägerin nicht Adressatin des bestandkräftigen Bescheids vom 11. März 2009, kann sie seine nachträgliche Aufhebung im Zuge eines Wiederaufgreifens des Verfahrens nicht beanspruchen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 51 Rn. 10).

2.1.1.3 Schließlich scheidet im vorliegenden Fall die Wiederaufnahme des Verfahrens im engeren Sinn nach Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG bereits deshalb aus, weil die Klägerin mit ihrem Antrag vom 9. Januar 2011 die Dreimonatsfrist des Art. 51 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG nicht eingehalten hat (vgl. BVerwG, U.v.28.2.1997 - 1 C 29.95 - BVerwGE 104, 115 ff. Rn. 25). Der entsprechenden Feststellung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil ist sie im Zulassungsverfahren nicht entgegengetreten. Die Nichteinhaltung der Frist zur Geltendmachung von Wiederaufnahmegründen wirkt darüber hinaus auch auf die Wiederaufnahme im weiteren Sinn nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG bzw. Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG im Rahmen der behördlichen Ermessensentscheidung zurück (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 51 Rn. 6; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 51 Rn. 132).

2.1.1.4 Eine Klagebefugnis kann die Klägerin im vorliegenden Fall schließlich auch nicht unmittelbar aus der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ableiten, weil ihr andernfalls jeglicher verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz gegen die „Statusfeststellung“ abgeschnitten wäre. Vielmehr besitzt sie, wie die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren zutreffend vorgetragen hat, die Möglichkeit, Maßnahmen der Beklagten auf der Grundlage des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes mit Rechtsmitteln anzufechten, in deren Rahmen inzident auch der Status der Einrichtung als Tatbestandsmerkmal überprüft würde. Von der Möglichkeit, den ursprünglichen „Statusbescheid“ vom 11. März 2009 anzufechten, hat die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin indes keinen Gebrauch gemacht.

2.1.2 Der Klägerin fehlt im Hinblick auf die angestrebte Verpflichtung der Beklagten, den „Status“ der von ihr initiierten und betreuten Pflegeeinrichtung als ambulant betreute Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG durch Verwaltungsakt festzustellen, ebenfalls die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis.

Wie sie selbst im Zulassungsverfahren wiederholt vorträgt, sieht das Bayerische Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG) den Erlass eines statusbestimmenden, feststellenden Verwaltungsakts für Pflegeeinrichtungen nicht vor. Zwar enthält Art. 2 PfleWoqG die Legaldefinitionen verschiedener Betreuungsformen, an die je unterschiedliche ordnungsrechtliche Befugnisse der Beklagten als Heimaufsicht anknüpfen. Von daher ist nach der Systematik des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes im Rahmen des Erlasses ordnungsrechtlicher Verwaltungsakte vorab inzident der „Status“ der betroffenen Einrichtung zu prüfen. Eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zum Erlass eines statusbestimmenden Verwaltungsakts besteht indes nicht.

Auch enthält weder die Gesetzesbegründung zu Art. 4 PfleWoqG (LT-Drucks. 15/10182 S. 24 f.), der die Anzeigepflicht bei stationären Einrichtungen regelt und den die Beklagte als Rechtsgrundlage für die „Statusfeststellung“ angibt, noch zu Art. 2 PfleWoqG (LT-Drucks. 15/10182 S. 18 ff.), der die einzelnen Betreuungsformen legal definiert, einen Hinweis darauf, dass die Norm Rechtsgrundlage für einen statusbestimmenden Verwaltungsakt darstellen soll. Auch im Übrigen finden sich in der Gesetzesbegründung keine Anhaltspunkte für die Möglichkeit, den Status einer bestimmten Betreuungseinrichtung durch Verwaltungsakt festzulegen.

Selbst wenn man jedoch von einer - ungeschrieben aus dem Regelungskontext abgeleiteten - Kompetenz der Beklagten zum Erlass statusbestimmender Verwaltungsakte ausginge, würde hiermit kein Anspruch der Klägerin auf Erlass eines gesetzlich nicht vorgesehenen, feststellenden Verwaltungsakts korrespondieren. Denn das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage schließt einen entsprechenden Anspruch grundsätzlich aus (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 35 Rn. 25; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 220 aE; VGH Baden-Württemberg, U.v. 9.1.2007 - 10 S 1386/06 - NJW 2007, 1706 ff. Rn. 30 ff.). Für den klageweise erstrebten Erlass eines Verwaltungsakts, der keine Rechtsgrundlage besitzt, besteht daher ersichtlich keine Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO.

Eine Klagebefugnis lässt sich bei der vorliegenden Fallkonstellation ferner auch nicht daraus ableiten, dass die Beklagte unter Inanspruchnahme ihrer Verwaltungsaktsbefugnis eine Statusfeststellung durch Verwaltungsakt, nämlich in Ziffer I. 1. des Bescheids vom 11. März 2009, getroffen hat, da diese Feststellung, wie oben sub. 2.1.1 ausgeführt, für die aktuell bestehende „Wohngemeinschaft“ keine Geltung mehr beansprucht. Die Klägerin ist auch insoweit nicht rechtsschutzlos gestellt, als sie, wie bereits dargelegt, die Möglichkeit besitzt, gegen sie auf der Grundlage des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes ergehende ordnungsrechtliche Verfügungen gerichtlich überprüfen zu lassen, was die inzidente Prüfung des „Status“ der Einrichtung in der R.-Straße einschließt.

2.2 Darüber hinaus würde der Klägerin als ambulantem Pflegedienst für die streitgegenständlichen Verpflichtungsanträge auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Dies ergibt sich für die Aufhebung der Statusfeststellung in Ziffer I. 1. des Bescheids vom 11. März 2009 bereits aus dem Entfallen der Rechtswirkungen bzw. der fehlenden Adressatenstellung der Klägerin.

2.2.1 Dies gilt in gleicher Weise auch für die beantragte Neufeststellung des „Status“ der Einrichtung in der R.-Straße nach dem Pflege- und Wohnqualitätsgesetz. Soweit sich die Klägerin diesbezüglich in der Zulassungsbegründung wie auch im Klageverfahren erster Instanz in erster Linie, auf die Wechselwirkung zwischen der Einstufung einer Pflegeeinrichtung nach landesrechtlichem Ordnungsrecht und dem bundesrechtlich geregelten Sozialleistungsrecht, namentlich des Fünften und des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V, SGB XI), beruft, könnte sie hiermit ebenfalls nicht durchdringen, mag dies auch offenkundig ihr (wirtschaftliches) Hauptinteresse bilden.

Der Annahme einer Bindungswirkung - selbst eines Rechtsreflexes - der ordnungsrechtlichen Einstufung der Einrichtung nach Landesrecht für das bundesrechtliche Leistungsrecht stehen bereits rechtssystematische Gründe entgegen. Denn die Föderalisierung des Heimrechts hat dazu geführt, dass verschiedene und insbesondere neue Wohnformen für ältere und pflegebedürftige Menschen je nach Bundesland unterschiedlich definiert werden. Demgegenüber liegt dem bundesrechtlichen Leistungsrecht ein einheitlicher Begriff einer ambulant betreuten Wohngruppe zugrunde. Die Definition und gegenseitige Abgrenzung neuer Wohnformen, wie insbesondere die der ambulant betreuten Wohngemeinschaft, muss daher bereits aus kompetenziellen Gründen eigenständig und unabhängig voneinander erfolgen. So führt die heimrechtliche Qualifikation einer Einrichtung als ambulant betreute Wohngemeinschaft nach Landesrecht nicht automatisch zu einer sozialleistungsrechtlich identischen Qualifikation im Bundesrecht. Umgekehrt besitzt entgegen der Auffassung der Klägerin die leistungsrechtliche Qualifikation einer Einrichtung nach Bundesrecht für die ordnungsrechtliche Einstufung einer Einrichtung nach Landesrecht keine Bindungswirkung. Beide Rechtsmaterien sind voneinander unabhängig (so ausdrücklich auch Burmeister/Gaßner/König/Müller, Bayerisches Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2009, Art. 2 Rn. 3).

Soweit sich die Klägerin im vorliegenden Zusammenhang beispielhaft auf den in § 38a Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) geregelten Wohngruppenzuschlag beruft, kann sie auch aus dieser Regelung kein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage ableiten. Dies folgt bereits daraus, dass der Wohngruppenzuschlag nicht eine Leistung an die Klägerin als ambulanten Pflegedienst darstellt, sondern den Pflegebedürftigen selbst zufließt. Ein rechtliches Interesse mit Bezug auf den Wohngruppenzuschlag kommt der Klägerin folglich nicht zu. Überdies hat der Gesetzgeber den Wohngruppenzuschlag ab 1. Januar 2015 neu geregelt, die Bezugnahme auf landesrechtliches Heimrecht gestrichen und „quasi-stationäre“ Einrichtungen wie die der Klägerin aus dem Geltungsbereich nunmehr ausgenommen. Auch aus den Regelungen für den Abschluss von Pflegevereinbarungen mit den jeweiligen Leistungsträgern nach § 72 SGB XI lässt sich kein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin ableiten. Hier ist, wie bereits dargelegt, das föderalisierte Heimrecht vom bundesrechtlichen Leistungsrecht entkoppelt. Ebenso wenig bietet die Zusammenarbeit des medizinischen Dienstes der Krankenkassen und der Heimaufsicht bei der Qualitätskontrolle nach § 117 SGB XI Anhaltspunkte für eine präjudizielle Bindung der Einstufung einer Einrichtung für die jeweils andere Ebene.

2.2.2 Schließlich kann die Klägerin auch aus dem UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl. II 2008, S. 1419 ff.) kein eigenes Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die ordnungsrechtliche Qualifikation der Einrichtung in der R.-Straße ableiten. Nach Art. 19 der UN-Behindertenrechtskonvention gewährleisten die Vertragsstaaten das Recht aller Menschen mit Behinderungen, gleichberechtigt die Möglichkeit zu besitzen, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, ohne zugleich verpflichtet zu sein, in besonderen Wohnformen zu leben. Ungeachtet des Umstands, dass die Vermittlung eines subjektiven Rechtsanspruchs durch diese Norm des Völkervertragsrechts strittig ist (vgl. z. B. LSG Nordrhein-Westfalen, B.v. 6.2.2014 - L 20 SO 436/13 B ER - juris Rn. 57 ff.) und unklar bleibt, inwieweit die ordnungsrechtliche Einstufung einer von einem Pflegebedürftigen frei gewählten Einrichtung zu einem Leben in einer „fremdbestimmten Wohnform“ führt, würde die Norm jedenfalls keinen Anspruch der Klägerin als ambulanter Pflegedienst, sondern allenfalls des Behinderten selbst begründen.

Die Zulässigkeit der vorliegenden Klage würde mithin auch am fehlenden Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin scheitern. Auf das Vorliegen bzw. die Darlegung von Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO kommt es deshalb nicht mehr entscheidungserheblich an.

3. Die Klägerin trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird nach § 52 Abs. 2 GKG mit 5.000 EUR festgesetzt. Mit diesem Beschluss wird das angefochtene Urteil nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. März 2015 - 12 ZB 12.1640 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Jan. 2007 - 10 S 1386/06

bei uns veröffentlicht am 09.01.2007

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. März 2006 - 10 K 712/05 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge. Die Revision wird nic
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Verwaltungsgericht München Urteil, 29. Okt. 2015 - M 17 K 14.4341

bei uns veröffentlicht am 29.10.2015

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherhe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Apr. 2017 - 12 ZB 13.2101

bei uns veröffentlicht am 21.04.2017

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt. Gründe

Verwaltungsgericht München Urteil, 29. Okt. 2015 - M 17 K 14.380

bei uns veröffentlicht am 29.10.2015

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinte

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 12. Juni 2015 - AN 14 K 14.01511

bei uns veröffentlicht am 12.06.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Tatbestand Mit Bescheid des Landratsamtes … vom 7. August 2006 wurde der dem Kläger am 13. November 20

Referenzen

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, die nach diesem Gesetzbuch ausgeübt wird. Für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Ausführung von besonderen Teilen dieses Gesetzbuches, die nach Inkrafttreten der Vorschriften dieses Kapitels Bestandteil des Sozialgesetzbuches werden, gilt dies nur, soweit diese besonderen Teile mit Zustimmung des Bundesrates die Vorschriften dieses Kapitels für anwendbar erklären. Die Vorschriften gelten nicht für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten.

(2) Behörde im Sinne dieses Gesetzbuches ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. März 2006 - 10 K 712/05 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Höhe eines Punkteabzugs nach § 4 Abs. 4 Satz 1 StVG.
Nach Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes an das Landratsamt Rems-Murr-Kreis vom 11.05.2004 beging der Kläger seit dem 19.01.2001 folgende Verkehrsverstöße, die vom Kraftfahrt-Bundesamt in diesem Schreiben nach der Anlage 13 zu § 40 FeV unverbindlich mit 10 Punkten bewertet wurden:
- Tattag: 19.01.2001; Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 28 km/h; Datum der Entscheidung 28.02.2001; Datum der Rechtskraft 20.03.2001
- Tattag: 22.08.2002, Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 39 km/h; Datum der Entscheidung 25.10.2002; Datum der Rechtskraft 23.11.2002
- Tattag: 01.09.2003; Überholen trotz Überholverbots, Datum der Entscheidung 18.09.2003; Datum der Rechtskraft 09.10.2003
- Tattag: 13.09.2003, Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 27 km/h; Datum der Entscheidung 15.04.2004 (Urteil des Amtsgerichts Bad Mergentheim); Datum der Rechtskraft 28.04.2004.
Vom 22.11. bis zum 12.12.2003 nahm der Kläger an einem Aufbauseminar für Punktauffällige (§ 4 Abs. 8 StVG) teil. Auf der vom Kläger dem Landratsamt am 17.12.2003 vorgelegten Teilnahmebescheinigung vom 12.12.2003 vermerkte das Landratsamt „4 Punkte Rabatt“.
Mit Schreiben vom 09.06.2004 wies das Landratsamt den Kläger darauf hin, dass seine Verkehrsverstöße nach Anlage 13 zu § 40 FeV mit 10 Punkten zu bewerten seien, verwarnte den Kläger und wies ihn auf die Möglichkeit der Teilnahme an einem Aufbauseminar hin. Der durch die Teilnahme zu erwerbende Punkterabatt betrage bei einem Stand von nicht mehr als 8 Punkten 4 Punkte und bei einem Stand zwischen 9 und 13 Punkten 2 Punkte. Für das Schreiben wurden eine Gebühr von 17,90 EUR und Auslagen von 5,60 EUR angesetzt und der Kläger zur Zahlung innerhalb von 14 Tagen aufgefordert.
Mit Schreiben vom 16.06.2004 verwies der Kläger auf das von ihm im Zeitraum vom 22.11. bis zum 12.12.2003 besuchte Aufbauseminar, legte die Teilnahmebescheinigung vom 12.12.2003 erneut vor und bat um Überprüfung seines Punktestandes. Da er bereits an einem Aufbauseminar teilgenommen habe, habe er tatsächlich nur 6 Punkte. Deshalb treffe auch die vom Landratsamt in Anwendung gebrachte Gebühr auf ihn nicht zu.
10 
Am 23.06.2004 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, bereits vor der Teilnahme an dem Aufbauseminar seien für ihn 10 Punkte im Verkehrszentralregister eingetragen gewesen. Dementsprechend könne ihm nur ein Rabatt von 2 Punkten eingeräumt werden. Angesichts eines Punktestandes von 8 Punkten sei die Verwarnung zu Recht erfolgt und der geforderte Betrag von 23,50 EUR zu zahlen.
11 
Gegen dieses Schreiben brachte der Kläger in der Folgezeit vor, dass bis Ende 2003 lediglich 7 Punkte im Verkehrszentralregister eingetragen gewesen seien. Er bat um Rücknahme der Verwarnung, der Aufforderung zur Zahlung der Gebühr sowie um Richtigstellung des Punktestandes im Verkehrszentralregister. Zur Begründung wies er darauf hin, dass sich die Anwendung des Punktsystems nach § 4 StVG nur an rechtskräftigen Entscheidungen orientieren könne. Denn jede Eintragung setze eine rechtskräftige Entscheidung voraus. Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 4 StVG sei für den Punktestand das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.
12 
Mit Schreiben vom 17.08.2004 lehnte das Landratsamt die Korrektur des Punktestandes von 8 auf 6 Punkte sowie die Rücknahme der Verwarnung ab. Hinsichtlich der Teilnahmebescheinigung sei das Ausstellungsdatum maßgebend. In Bezug auf die Verkehrsverstöße werde auf den Tag der Tat und nicht auf die Rechtskraft der Entscheidung abgestellt. Dementsprechend habe der Kläger bereits vor seiner Teilnahme am Aufbauseminar einen Punktestand von 10 Punkten erreicht, so dass der Punkterabatt infolge der Teilnahme am Aufbauseminar lediglich 2 Punkte betrage.
13 
Der Kläger betrachtete das Schreiben des Landratsamtes vom 17.08.2004 als beschwerdefähige Entscheidung und erhob hiergegen mit Schreiben vom 31.08.2004 förmlich Widerspruch. Im Rahmen von Maßnahmen nach dem Punktsystem sei im Hinblick auf den Punktestand auf die Rechtskraft der Entscheidung abzustellen.
14 
Den Widerspruch des Klägers gegen das Schreiben vom 17.08.2004 wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 01.02.2005 zurück und setzte hierfür nach § 1 Abs. 1 GebOSt i.V.m. Gebührennummer 400 der Anlage zu § 1 GebOSt eine Widerspruchsgebühr von 50,- EUR fest. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus: Maßgeblich sei der Tag des Verstoßes, auch wenn die nach dem Punktsystem erforderliche Maßnahme erst nach Rechtskraft der Ahndung dieses Verstoßes ergriffen werde. Nur das Abstellen auf den Tag der Tat gewährleiste, dass Aufbauseminare nicht „auf Vorschuss“ besucht werden, um einen höheren Punkterabatt dadurch zu erlangen, dass der Betreffende im Wissen um seinen erneuten Verstoß die Rechtskraft der Ahndung dieses Verstoßes durch Rechtsmittel hinauszögere. Ein solches Vorgehen sei weder im Sinne des Gesetzgebers noch im Interesse der Verkehrssicherheit. Auch aus der zum 01.02.2005 in Kraft getretenen Änderung des § 29 Abs. 6 StVG ergebe sich, dass der Gesetzgeber auf das Tattagprinzip abstelle.
15 
Am 21.02.2005 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem Antrag Klage erhoben, den Bescheid des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis vom 17.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.02.2005 aufzuheben und ihm aufgrund der Teilnahme an einem Aufbauseminar gemäß § 4 Abs. 8 StVG in der Zeit vom 22.11. bis 12.12.2003 einen Punkterabatt in Höhe von 4 Punkten zu gewähren. Zur Begründung hat er ausgeführt: Maßgeblich sei der Zeitpunkt der Eintritt der Rechtskraft der den Verkehrsverstößen folgenden strafgerichtlichen oder ordnungsbehördlichen Maßnahmen. Die Erfassung der Verstöße im Verkehrszentralregister setze die Rechtskraft der Entscheidungen über deren Ahndung voraus, die nach § 4 Abs. 3 Satz 2 StVG auch die Fahrerlaubnisbehörde binde. Der Bezug des Punktsystems auf die Rechtskraft der ergriffenen Maßnahme diene auch dem Schutz des Betroffenen, der durch Einlegung von Rechtsbehelfen die Aufhebung der strafgerichtlichen bzw. ordnungsbehördlichen Entscheidungen erreichen und auf den Eintritt der Rechtskraft Einfluss nehmen könne. Die zum 01.02.2005 eingetretene Änderung des § 29 StVG könne den früheren Willen des Gesetzgebers des § 4 StVG nicht belegen und betreffe zudem einen anderen Gesichtspunkt.
16 
Zur Begründung des Antrags auf Klageabweisung hat der Beklagte vorgetragen: Für § 4 Abs. 4 StVG komme es nicht darauf an, ob die den Verkehrsverstoß ahndende Maßnahme zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung bereits rechtskräftig gewesen sei. Mit dem Punkterabatt solle die möglichst frühzeitige freiwillige Teilnahme an einem Aufbauseminar honoriert werden. Eine frühe Teilnahme an einem solchen Seminar, um noch vor Eintritt der Rechtskraft einer ahndenden Maßnahme von einem höheren Punkterabatt zu profitieren, sei nicht mehr als freiwillig anzusehen. Käme es auf den Zeitpunkt der Rechtskraft an, wäre es denkbar, dass zunächst eine Verwarnung auszusprechen und danach die Teilnahme an einem Aufbauseminar anzuordnen sei, ohne dass in der Zwischenzeit der Betroffene eine neue Tat begangen habe, nur weil zuvor begangene Taten rechtskräftig geahndet worden seien. Dies könne nicht Sinn und Zweck der Regelung sein.
17 
Mit Urteil vom 23.03.2006 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis vom 17.08.2004 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.02.2005 verpflichtet festzustellen, dass die Teilnahme des Klägers an einem Aufbauseminar gemäß § 4 Abs. 8 StVG in der Zeit zwischen dem 22.11. und dem 12.12.2003 zu einem Punkterabatt in Höhe von 4 Punkten geführt hat. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klage sei zulässig. Bei der vom Kläger begehrten Bescheinigung handele es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt. Wegen der Bedeutung des Punktestandes habe der Kläger auch ein schutzwürdiges Interesse an der verbindlichen Feststellung des Punktestandes. Die Klage sei auch begründet. Die am 17.12.2003 erfolgte Vorlage der Teilnahmebescheinigung am Aufbauseminar habe gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 StVG zu einem Rabatt von 4 Punkten und nicht lediglich von 2 Punkten geführt. Für das „Erreichen“ einer bestimmten Punktzahl im Sinne des § 4 StVG komme es auf die Rechtskraft der das Verhalten ahndenden Maßnahme an. Dies ergebe sich auch aus § 4 Abs. 6 StVG. Kenntnis könne das Kraftfahrt-Bundesamt erst durch Mitteilung eintragungsfähiger Umstände gemäß § 28 Abs. 4 StVG erlangen. Einzutragen seien aber nur rechtskräftige Entscheidungen (§ 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 StVG). „Bei Erreichen“ könne daher nur so verstanden werden, dass das Punktekonto erst mit Eintragungsfähigkeit eines Verstoßes anwachse, die Eintragung nicht lediglich der Feststellung diene, das Punktekonto sei bereits wegen früheren Begehens eines jetzt dauerhaft bestätigten Verstoßes zum Zeitpunkt angestiegen. Das abzulehnende Tattagprinzip unterstelle, dass derjenige, der ein Rechtsmittel einlege, sich einen angesichts der absehbaren Erfolglosigkeit dieses Rechtsmittels unlauteren Vorteil verschaffen wolle, der ihm zu nehmen sei. Diese Annahme sei aber rechtsstaatlichen Grundsätzen fremd und könne daher auch nicht als Wille des Gesetzgebers unterstellt werden.
18 
Am 25.04.2006 hat der Beklagte die Zulassung der Berufung gegen das ihm am 29.03.2006 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts beantragt. Der Zulassungsbeschluss des Senats ist dem Beklagten am 22.06.2006 zugestellt worden. Am 13.07.2006 hat der Beklagte zur Begründung der Berufung vorgetragen: Für die Anwendung von § 4 Abs. 4 StVG komme es nicht auf die bis zum diesem Zeitpunkt rechtskräftig geahndeten Verkehrsverstöße, sondern darauf an, welche mit Punkten zu bewertenden Verstöße vom Fahrerlaubnisinhaber bis zum maßgeblichen Stichtag bereits begangen worden seien. Es seien sämtliche Verstöße zu berücksichtigen, auch wenn die Ahndung erst später rechtskräftig werde. Lediglich das Tattagprinzip werde dem Sinn und Zweck des Punktsystems gerecht, erzieherisch auf den Mehrfachtäter einzuwirken. Die Warnfunktion der ersten beiden Maßnahmenstufen könne nur greifen, wenn den Mehrfachtäter die Warnung so rechtzeitig erreiche, dass er sein weiteres Verhalten darauf einstellen und durch eine Verhaltensänderung das weitere Anwachsen seines Punktekontos vermeiden könne. Dies sei nur beim Tattagprinzip gewährleistet. Demgegenüber führe das Rechtskraftprinzip sogar dazu, dass sich der Punktestand nach Vornahme einer Maßnahme nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG selbst dann erhöhe, wenn der Fahrerlaubnisinhaber eingedenk der nach dem Punktsystem vorgesehenen Warnung sein Verhalten geändert und sich keinen weiteren Verkehrsverstoß mehr zu Schulden habe kommen lassen. Das Rechtskraftprinzip könne sogar dazu führen, dass nach Besuch eines Aufbauseminars der Punktestand wegen vor der Anordnung des Aufbauseminars begangener Verstöße, deren Ahndung erst danach rechtskräftig geworden sei, ohne weitere Verkehrsverstöße auf 18 Punkte mit der Folge anwachse, dass die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen sei. Die Entwicklung der gesetzlichen Bestimmungen spreche ebenfalls für das Tattagprinzip. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei das Kraftfahrt-Bundesamt auch bei Zugrundelegung des Tattagprinzips in der Lage, seiner Pflicht nach § 4 Abs. 6 StVG nachzukommen. Durch § 29 Abs. 6 Satz 2 StVG habe der Gesetzgeber dort das Tattagprinzip gesetzlich verankert. Es sei systemwidrig, im Bereich des Punktrabatts auf das Rechtskraftprinzip abzustellen. Das Tattagprinzip bringe auch keinen Nachteil im Hinblick auf eventuelle Rechtsmittel gegen die Entscheidung über den Verkehrsverstoß. Dieses Prinzip führe lediglich dazu, dass die nicht mit den eigentlichen Erfolgsaussichten des Rechtsmittels verknüpften zusätzlichen Anreize zur Einlegung des Rechtsmittels vermieden werden.
19 
Der Beklagte beantragt,
20 
unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. März 2006 - 10 K 712/05 - die Klage auch im Hinblick auf den Hilfsantrag abzuweisen.
21 
Der Kläger beantragt,
22 
die Berufung zurückzuweisen,
23 
hilfsweise,
24 
festzustellen, dass seine durch die Bescheinigung vom 12.12.2003 bescheinigte Teilnahme an einem Aufbauseminar zu einem Rabatt von 4 Punkten geführt hat.
25 
Maßgeblich für die Anwendung des § 4 Abs. 4 Satz 1 StVG sei sein Punktestand am 12.12.2003 gewesen. Zu diesem Zeitpunkt seien lediglich 7 Punkte registriert gewesen, so dass ein Rabatt von 4 Punkten zu gewähren sei. Für das Rechtskraftprinzip spreche, dass die jeweilige Führerscheinstelle über erfolgte Verurteilungen des Fahrerlaubnisinhabers lediglich durch Meldungen über das Kraftfahrt-Bundesamt erfahre und dieses nur rechtskräftige Entscheidungen registriere.
26 
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, auf die Akte des Landratsamtes sowie auf die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Beklagten ist zulässig. Der Beklagte hat innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung diese am 13.07.2006 begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 124a Abs. 6 Satz 1 und 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
28 
Die Berufung des Beklagten ist auch begründet.
29 
In Bezug auf den Hauptantrag (Verpflichtungsklage,1) ist die Klage jedenfalls unbegründet. Im Hinblick auf den erst im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag ist die Klage bereits unzulässig (2).
30 
1) Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis vom 17.08.2004 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.02.2005 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet festzustellen, dass die Teilnahme des Klägers an einem Aufbauseminar gemäß § 4 Abs. 8 StVG in der Zeit zwischen dem 22.11. und dem 12.12.2003 zu einem Punkteabzug in Höhe von vier Punkten geführt hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klage des Klägers auf Erlass dieses feststellenden Verwaltungsakts bereits wegen fehlender Klagebefugnis unzulässig ist. Jedenfalls ist die Verpflichtungsklage auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts mit dem vom Kläger begehrten Inhalt unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Erlass eines solchen Verwaltungsakts hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
31 
Der Regelung des § 4 StVG kann keine Anspruchsgrundlage entnommen werden. Im Straßenverkehrsgesetz sind Verwaltungsakte, die den Punktestand eines Inhabers einer Fahrerlaubnis nach Maßgabe des Punktsystems des § 4 StVG im Hinblick auf ein bestimmtes Ereignis und/oder einen bestimmten Zeitpunkt verbindlich feststellen, nicht vorgesehen. Weder findet sich eine entsprechende ausdrückliche Regelung noch lässt sich eine solche im Wege der Auslegung ermitteln (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 12.12.1979 - 8 C 77.78 - Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 4; Urt. v. 29.11.1985 - 8 C 105.83 -, BVerwGE 72, 265, 268 m.w.Nachw.). Mit § 4 StVG hat der Gesetzgeber eine den Geboten der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit genügende komplexe Regelung geschaffen, die durch ihr abgestuftes System behördlicher Maßnahmen bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis dem Schutz der Allgemeinheit vor der Gefährdung durch mehrfach mit Verkehrsverstößen auffällig gewordene Kraftfahrzeugführer oder -halter dient (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze, BR-Drucks. 821/96, S. 52 f. und 71 ff.). Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung und auch der weiteren Entstehungsgeschichte des § 4 StVG (vgl. insbesondere Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/7888) sind keine Anhaltspunkte für die Annahme zu entnehmen, der Gesetzgeber habe den Erlass feststellender Verwaltungsakte hinsichtlich des Punktestandes eines Fahrerlaubnisinhabers vorgesehen. Die Bestimmung des § 4 StVG enthält sowohl eine Vielzahl von detaillierten Vorgaben zur Berechnung des Punktestandes eines Fahrerlaubnisinhabers - abhängig u.a. von der Inanspruchnahme von Hilfestellungen durch Aufbauseminare und verkehrspsychologische Beratung - als auch zahlreiche Handlungsermächtigungen für die zuständige Fahrerlaubnisbehörde. Wenn der Gesetzgeber der Ansicht gewesen wäre, es sei wegen der Zweckdienlichkeit einer verbindlichen Festlegung des Punktestandes eines Fahrerlaubnisinhabers oder eines Teilaspekts - hier die Auswirkung der Teilnahme an einem Aufbauseminar nach § 4 Abs. 4 Satz 1 StVG auf den Punktestand - geboten, den Erlass solcher Verwaltungsakte vorzusehen, so hätte er dies ohne Weiteres regeln können. Insbesondere die Vorschriften der Absätze 4 und 5 - und auch Absatz 2 Satz 2 - des § 4 StVG sprechen gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe den Punktestand verbindlich feststellende Verwaltungsakte vorgesehen. Denn trotz genauer Vorgaben für die Bestimmung des für Maßnahmen nach § 4 Abs. 3 Satz 1 StVG maßgeblichen Punktestandes („Punkteabzug“) hat der Gesetzgeber den Erlass von feststellenden Verwaltungsakten nicht geregelt. Nach der Konzeption des Gesetzgebers sind die Bewertungen der nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 StVG zu erfassenden Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nach Maßgabe der Anlage 13 zu § 40 StVG und auch ein etwaiger Punkteabzug lediglich als ein Element bei der Berechnung des Punktestandes im Rahmen einer Entscheidung nach dem Punktsystem des § 4 StVG zu berücksichtigen.
32 
Auch § 41 Abs. 1 FeV, der § 4 Abs. 3 StVG ergänzt, kann nach Wortlaut und Systematik nicht als Anspruchsgrundlage ausgelegt werden (vgl. Entwurf einer Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, BR-Drucks. 443/98, S. 293). Die Fahrerlaubnis-Verordnung als Rechtsverordnung spricht nur von Unterrichtung des Betroffenen durch die Fahrerlaubnisbehörde. Damit ist aber lediglich eine Mitteilung der Behörde an den betreffenden Fahrerlaubnisinhaber über den nach Ansicht der Behörde maßgeblichen Punktestand geregelt, den die Fahrerlaubnisbehörde auf der Grundlage der Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes (§ 4 Abs. 6 StVG) ermittelt. Auch der Umstand, dass es sich bei der Fahrerlaubnis-Verordnung lediglich um eine Rechtsverordnung handelt, spricht gegen die Annahme, dass ihr § 41 Abs. 1 Grundlage für einen einklagbaren Anspruch (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) auf Erlass eines Verwaltungsakts ist, der in Bezug auf den Punktestand eine verbindliche Feststellung enthält. Denn § 4 StVG kann, wie oben dargelegt, nicht in diesem Sinne ausgelegt werden. Sollte § 41 Abs. 1 FeV eine hiervon abweichende Bedeutung haben, so hätte es hinsichtlich der Verordnungsermächtigung einer insoweit eindeutigen gesetzlichen Regelung bedurft. Eine solche ist aber den für den Erlass der Fahrerlaubnis-Verordnung maßgeblichen gesetzlichen Regelungen nicht zu entnehmen.
33 
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil auch keine konkrete Anspruchsgrundlage genannt, sondern in erster Linie auf das schutzwürdige Interesse des Klägers an einer verbindlichen Feststellung seines Punktestandes im Sinne von § 4 StVG abgestellt, wenn dieser zwischen ihm und der Fahrerlaubnisbehörde umstritten ist. Die Frage des berechtigten Interesses am Erlass eines einen bestimmten Umstand feststellenden Verwaltungsakts ist aber von der vorrangigen Frage zu trennen, ob der Betreffende nach der Rechtsordnung einen Anspruch auf Erlass eines solchen Verwaltungsaktes hat. Mit der Regelung des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist die Auffassung unvereinbar, der Betroffene könne in jedem Fall, in dem er eine verbindliche Regelung eines bestimmten Sachverhalts durch einen Verwaltungsakt für wünschenswert hält, auch den Erlass eines solchen Verwaltungsaktes unabhängig davon verlangen, ob der Normgeber einen solchen Verwaltungsakt vorgesehen hat. Bestandteil des Streitgegenstandes der Verpflichtungsklage ist die Feststellung, dass die Weigerung der Behörde in dem für das Verpflichtungsbegehren entscheidenden Zeitpunkt, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen, die Rechtsordnung verletzt (BVerwG, Urt. v. 24.01.1992 - 7 C 24.91 -, BVerwGE 89, 354). In Bezug auf den geltend gemachten Anspruch kann hiervon aufgrund von Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des § 4 StVG nicht ausgegangen werden.
34 
Der Kläger kann auch nicht vortragen, das Gebot des effektiven Rechtsschutzes erfordere, dass die Fahrerlaubnisbehörde auf Antrag zum Erlass von Verwaltungsakten verpflichtet sei, die in Bezug auf das Punktsystem eine verbindliche Feststellung treffen. Es ist dem Kläger unbenommen, bei jeder von der Behörde nach § 4 StVG in Anknüpfung an seinen Punktestand getroffenen Maßnahme - und auch in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - geltend zu machen, der Besuch des Aufbauseminars im Zeitraum vom 22.11. bis zum 12.12.2003 habe nicht nur zu einem Abzug von 2, sondern tatsächlich zu einem solchen von 4 Punkten geführt. Unter Umständen kann der Kläger auch vorbeugenden Rechtsschutz in Anspruch nehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.11.1985 - 8 C 105.83 -, BVerwGE 72, 265).
35 
2) Die hilfsweise erhobene Klage auf Feststellung, dass die durch die Bescheinigung vom 12.12.2003 nachgewiesene Teilnahme an einem Aufbauseminar zu einem Abzug von 4 Punkten geführt hat, ist unzulässig.
36 
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Rechtsauffassung zu folgen ist, wonach die Punktebewertung aufgrund ihres internen Charakters und ihrer bloßen Hilfsfunktion kein isoliertes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO begründet (vgl. VG München, Urt. v. 14.07.2000 - M 6a K 00.3 -, juris, Rn. 25; VG Ansbach, Urt. v. 16.10.1975 - AN 9997-V/75, DAR 1976, 52 f; Lässig, JuS 1990, 459, 461). Hierfür könnte sprechen, dass unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO nur die rechtlichen Beziehungen zu verstehen sind, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.01.1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 m.w.Nachw.). Derzeit wirkt sich aber der unter Berücksichtigung der Teilnahme am Aufbauseminar zu ermittelnde Punktestand des Klägers - mit Ausnahme der im Verwarnungsschreiben vom 09.06.12.2004 enthaltenen Forderung nach Zahlung des Gesamtbetrages von 23,50 EUR - nicht in dem vorgenannten Sinne aus.
37 
Die Feststellungsklage ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil dem Kläger derzeit das erforderliche Feststellungsinteresse fehlt. Das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung ist nicht gleichbedeutend mit einem „rechtlichen Interesse“, sondern schließt darüber hinaus jedes als schutzwürdig anzusehendes Interesse, insbesondere auch wirtschaftlicher oder ideeller Art, ein (BVerwG, Urt. v. 26.01.1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262, 271 m.w.Nachw.). Das Gesetz verlangt in § 43 Abs. 1 VwGO aber ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Bestehens des Rechtsverhältnisses. Im vorliegenden Fall stehen jedoch keine weiteren konkreten Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde gegenüber dem Kläger an, die an seinen Punktestand im Sinne von § 4 StVG anknüpfen und bei denen es damit auf den mit der Teilnahme am Aufbauseminar verbundenen Punkteabzug tatsächlich ankommt. Der Sache nach geht es dem Kläger mit der Feststellungsklage um die Klärung einer Rechtsfrage für eine zukünftige Fallkonstellation. Für den damit verlangten vorbeugenden Rechtsschutz ist aber kein Raum, wenn es dem Betroffenen zuzumuten ist, die befürchtete Maßnahme der Verwaltung abzuwarten, und er auf einen als ausreichend anzusehenden nachträglichen Rechtsschutz, gegebenenfalls mit einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, verwiesen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.05.1987 - 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207, Rn. 23 ff.). Danach ist dem Kläger das berechtigte Interesse an der baldigen Feststellung abzusprechen. Denn es ist ihm ohne Weiteres zuzumuten, eine etwaige - von einem weiteren Fehlverhalten seinerseits im Straßenverkehr abhängige - Maßnahme der Fahrerlaubnisbehörde im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 1 StVG abzuwarten und im Rahmen des gerichtlichen Rechtsschutzes gegen diese Maßnahme geltend zu machen, dass der Besuch des Aufbauseminars entgegen der Ansicht des Landratsamtes zu einem Abzug von 4 Punkten geführt habe. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Eintritt der zukünftigen Fallkonstellation, für die die zwischen den Beteiligten umstrittene Rechtsfrage von Bedeutung ist, ungewiss ist. Denn erhöhte sich der Punktestand des Klägers im Anschluss an die gerichtliche Auseinandersetzung nicht mehr, wäre die Inanspruchnahme der Gerichte sinnlos. In diesem Fall diente der Rechtsstreit lediglich dazu, Rechtsfragen gleichsam um ihrer selbst willen zu lösen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 - 11 C 13.99 -, BVerwGE 111, 276). Das Entsprechende gilt für die Möglichkeit eines Wechsels der örtlichen Zuständigkeit der Fahrerlaubnisbehörde nach § 73 Abs. 2 FeV. Denn verzöge der betroffene Fahrerlaubnisinhaber, nachdem er - bei Bejahung des Feststellungsinteresses - ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hinsichtlich der Berechnung seines Punktestandes unter Anwendung des § 4 Abs. 4 Satz 1 StVG im Vorfeld einer Maßnahme nach § 4 Abs. 3 Satz 1 StVG erwirkt hätte, in ein anderes Bundesland, so wäre dieses an das Feststellungsurteil nach § 121 VwGO nicht gebunden. Dies gilt auch für einen Umzug des Fahrerlaubnisinhabers innerhalb eines Landes, soweit dann ein anderer als der am Gerichtsverfahren beteiligte Rechtsträger zuständig ist. Das Interesse eines Fahrerlaubnisinhabers, im Vorfeld einer - weiteren - Maßnahme nach § 4 Abs. 3 Satz 1 StVG rechtsverbindlich zu erfahren, in welchem Umfang er sich weitere mit Punkten zu bewertende Verkehrsverstöße „noch erlauben“ kann, bis die Fahrerlaubnisbehörde nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 Satz 1 StVG - erneut - zu reagieren hat, ist rechtlich nicht schutzwürdig. Eine solche Klarstellung könnte den betreffenden Fahrerlaubnisinhaber mit der Folge weiterer Zuwiderhandlungen in der Haltung bestätigen, dass Verkehrsvorschriften nicht grundsätzlich, sondern erst dann zu beachten sind, wenn durch einen erneuten Verkehrsverstoß eine - weitere - Maßnahme nach § 4 Abs. 3 Satz 1 StVG droht. Die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften beanspruchen aber im Interesse des Schutzes der hochrangigen Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer uneingeschränkt Geltung.
38 
Das in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzte Interesse an der baldigen Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses folgt hier auch nicht aus dem Umstand, dass das Landratsamt dem Kläger im Verwarnungsschreiben vom 09.06.2004 die Zahlung eines Gesamtbetrages von 23,50 EUR aufgegeben hat und durch eine Entscheidung über die Feststellungsklage zugleich eine der tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Zahlungsverpflichtung geklärt werden könnte. Denn bei dieser Zahlungsverpflichtung handelt es sich im Gegensatz zur Verwarnung um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 LVwVfG. Zur Klärung der Frage, ob dieser rechtmäßig ist, sieht die Verwaltungsgerichtsordnung in § 42 Abs. 1 und § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die besonderen Regelungen unterliegende Anfechtungsklage (vgl. z.B. §§ 68 ff. oder § 74 Abs. 1 VwGO) vor. Der Kläger hat durch sein eigenhändiges Schreiben an das Landratsamt vom 16.06.2004, beim Landratsamt eingegangen am 18.06.2004 (AS 11), im Sinne von § 68 und § 70 Abs. 1 VwGO auch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er die Gebührenfestsetzung in Höhe von 17,90 EUR - und damit zugleich die Forderung nach Auslagenersatz in Höhe von 5,60 EUR - als rechtswidrig ansieht und deren Aufhebung begehrt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.11.1970 - VII C 33.70 -, Buchholz 310 § 70 VwGO Nr. 4). Wie die Beklagtenvertreter in der Berufungsverhandlung mitgeteilt haben, ist dieses Widerspruchsverfahren aber nicht weiter betrieben worden. Wird jedoch über einen Widerspruch ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist sachlich entschieden, so kann der Kläger nach § 75 VwGO Untätigkeitsklage erheben. Der Klägervertreter hat in der Berufungsverhandlung auch klargestellt, dass dieser Widerspruch weiter verfolgt wird, falls im vorliegenden Klageverfahren keine sachliche Entscheidung über die Höhe des mit der Teilnahme des Klägers am Aufbauseminar verbundenen Punkteabzugs getroffen werden sollte. Die Existenz der für die Anfechtungsklage geltenden besonderen Bestimmungen schließt es aus, durch die Annahme des für die Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresses die für die Klärung der Rechtmäßigkeit einer Zahlungsverpflichtung einschlägige Anfechtungsklage überflüssig zu machen.
39 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss
42 
Der Streitwert des Verfahrens wird für beide Rechtszüge unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 23. März 2006 auf je 5.000,- EUR festgesetzt (§ 63 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 2 und § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
27 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Beklagten ist zulässig. Der Beklagte hat innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung diese am 13.07.2006 begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 124a Abs. 6 Satz 1 und 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
28 
Die Berufung des Beklagten ist auch begründet.
29 
In Bezug auf den Hauptantrag (Verpflichtungsklage,1) ist die Klage jedenfalls unbegründet. Im Hinblick auf den erst im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag ist die Klage bereits unzulässig (2).
30 
1) Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis vom 17.08.2004 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.02.2005 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet festzustellen, dass die Teilnahme des Klägers an einem Aufbauseminar gemäß § 4 Abs. 8 StVG in der Zeit zwischen dem 22.11. und dem 12.12.2003 zu einem Punkteabzug in Höhe von vier Punkten geführt hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klage des Klägers auf Erlass dieses feststellenden Verwaltungsakts bereits wegen fehlender Klagebefugnis unzulässig ist. Jedenfalls ist die Verpflichtungsklage auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts mit dem vom Kläger begehrten Inhalt unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Erlass eines solchen Verwaltungsakts hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
31 
Der Regelung des § 4 StVG kann keine Anspruchsgrundlage entnommen werden. Im Straßenverkehrsgesetz sind Verwaltungsakte, die den Punktestand eines Inhabers einer Fahrerlaubnis nach Maßgabe des Punktsystems des § 4 StVG im Hinblick auf ein bestimmtes Ereignis und/oder einen bestimmten Zeitpunkt verbindlich feststellen, nicht vorgesehen. Weder findet sich eine entsprechende ausdrückliche Regelung noch lässt sich eine solche im Wege der Auslegung ermitteln (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 12.12.1979 - 8 C 77.78 - Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 4; Urt. v. 29.11.1985 - 8 C 105.83 -, BVerwGE 72, 265, 268 m.w.Nachw.). Mit § 4 StVG hat der Gesetzgeber eine den Geboten der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit genügende komplexe Regelung geschaffen, die durch ihr abgestuftes System behördlicher Maßnahmen bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis dem Schutz der Allgemeinheit vor der Gefährdung durch mehrfach mit Verkehrsverstößen auffällig gewordene Kraftfahrzeugführer oder -halter dient (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze, BR-Drucks. 821/96, S. 52 f. und 71 ff.). Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung und auch der weiteren Entstehungsgeschichte des § 4 StVG (vgl. insbesondere Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/7888) sind keine Anhaltspunkte für die Annahme zu entnehmen, der Gesetzgeber habe den Erlass feststellender Verwaltungsakte hinsichtlich des Punktestandes eines Fahrerlaubnisinhabers vorgesehen. Die Bestimmung des § 4 StVG enthält sowohl eine Vielzahl von detaillierten Vorgaben zur Berechnung des Punktestandes eines Fahrerlaubnisinhabers - abhängig u.a. von der Inanspruchnahme von Hilfestellungen durch Aufbauseminare und verkehrspsychologische Beratung - als auch zahlreiche Handlungsermächtigungen für die zuständige Fahrerlaubnisbehörde. Wenn der Gesetzgeber der Ansicht gewesen wäre, es sei wegen der Zweckdienlichkeit einer verbindlichen Festlegung des Punktestandes eines Fahrerlaubnisinhabers oder eines Teilaspekts - hier die Auswirkung der Teilnahme an einem Aufbauseminar nach § 4 Abs. 4 Satz 1 StVG auf den Punktestand - geboten, den Erlass solcher Verwaltungsakte vorzusehen, so hätte er dies ohne Weiteres regeln können. Insbesondere die Vorschriften der Absätze 4 und 5 - und auch Absatz 2 Satz 2 - des § 4 StVG sprechen gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe den Punktestand verbindlich feststellende Verwaltungsakte vorgesehen. Denn trotz genauer Vorgaben für die Bestimmung des für Maßnahmen nach § 4 Abs. 3 Satz 1 StVG maßgeblichen Punktestandes („Punkteabzug“) hat der Gesetzgeber den Erlass von feststellenden Verwaltungsakten nicht geregelt. Nach der Konzeption des Gesetzgebers sind die Bewertungen der nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 StVG zu erfassenden Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nach Maßgabe der Anlage 13 zu § 40 StVG und auch ein etwaiger Punkteabzug lediglich als ein Element bei der Berechnung des Punktestandes im Rahmen einer Entscheidung nach dem Punktsystem des § 4 StVG zu berücksichtigen.
32 
Auch § 41 Abs. 1 FeV, der § 4 Abs. 3 StVG ergänzt, kann nach Wortlaut und Systematik nicht als Anspruchsgrundlage ausgelegt werden (vgl. Entwurf einer Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, BR-Drucks. 443/98, S. 293). Die Fahrerlaubnis-Verordnung als Rechtsverordnung spricht nur von Unterrichtung des Betroffenen durch die Fahrerlaubnisbehörde. Damit ist aber lediglich eine Mitteilung der Behörde an den betreffenden Fahrerlaubnisinhaber über den nach Ansicht der Behörde maßgeblichen Punktestand geregelt, den die Fahrerlaubnisbehörde auf der Grundlage der Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes (§ 4 Abs. 6 StVG) ermittelt. Auch der Umstand, dass es sich bei der Fahrerlaubnis-Verordnung lediglich um eine Rechtsverordnung handelt, spricht gegen die Annahme, dass ihr § 41 Abs. 1 Grundlage für einen einklagbaren Anspruch (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) auf Erlass eines Verwaltungsakts ist, der in Bezug auf den Punktestand eine verbindliche Feststellung enthält. Denn § 4 StVG kann, wie oben dargelegt, nicht in diesem Sinne ausgelegt werden. Sollte § 41 Abs. 1 FeV eine hiervon abweichende Bedeutung haben, so hätte es hinsichtlich der Verordnungsermächtigung einer insoweit eindeutigen gesetzlichen Regelung bedurft. Eine solche ist aber den für den Erlass der Fahrerlaubnis-Verordnung maßgeblichen gesetzlichen Regelungen nicht zu entnehmen.
33 
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil auch keine konkrete Anspruchsgrundlage genannt, sondern in erster Linie auf das schutzwürdige Interesse des Klägers an einer verbindlichen Feststellung seines Punktestandes im Sinne von § 4 StVG abgestellt, wenn dieser zwischen ihm und der Fahrerlaubnisbehörde umstritten ist. Die Frage des berechtigten Interesses am Erlass eines einen bestimmten Umstand feststellenden Verwaltungsakts ist aber von der vorrangigen Frage zu trennen, ob der Betreffende nach der Rechtsordnung einen Anspruch auf Erlass eines solchen Verwaltungsaktes hat. Mit der Regelung des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist die Auffassung unvereinbar, der Betroffene könne in jedem Fall, in dem er eine verbindliche Regelung eines bestimmten Sachverhalts durch einen Verwaltungsakt für wünschenswert hält, auch den Erlass eines solchen Verwaltungsaktes unabhängig davon verlangen, ob der Normgeber einen solchen Verwaltungsakt vorgesehen hat. Bestandteil des Streitgegenstandes der Verpflichtungsklage ist die Feststellung, dass die Weigerung der Behörde in dem für das Verpflichtungsbegehren entscheidenden Zeitpunkt, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen, die Rechtsordnung verletzt (BVerwG, Urt. v. 24.01.1992 - 7 C 24.91 -, BVerwGE 89, 354). In Bezug auf den geltend gemachten Anspruch kann hiervon aufgrund von Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des § 4 StVG nicht ausgegangen werden.
34 
Der Kläger kann auch nicht vortragen, das Gebot des effektiven Rechtsschutzes erfordere, dass die Fahrerlaubnisbehörde auf Antrag zum Erlass von Verwaltungsakten verpflichtet sei, die in Bezug auf das Punktsystem eine verbindliche Feststellung treffen. Es ist dem Kläger unbenommen, bei jeder von der Behörde nach § 4 StVG in Anknüpfung an seinen Punktestand getroffenen Maßnahme - und auch in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - geltend zu machen, der Besuch des Aufbauseminars im Zeitraum vom 22.11. bis zum 12.12.2003 habe nicht nur zu einem Abzug von 2, sondern tatsächlich zu einem solchen von 4 Punkten geführt. Unter Umständen kann der Kläger auch vorbeugenden Rechtsschutz in Anspruch nehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.11.1985 - 8 C 105.83 -, BVerwGE 72, 265).
35 
2) Die hilfsweise erhobene Klage auf Feststellung, dass die durch die Bescheinigung vom 12.12.2003 nachgewiesene Teilnahme an einem Aufbauseminar zu einem Abzug von 4 Punkten geführt hat, ist unzulässig.
36 
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Rechtsauffassung zu folgen ist, wonach die Punktebewertung aufgrund ihres internen Charakters und ihrer bloßen Hilfsfunktion kein isoliertes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO begründet (vgl. VG München, Urt. v. 14.07.2000 - M 6a K 00.3 -, juris, Rn. 25; VG Ansbach, Urt. v. 16.10.1975 - AN 9997-V/75, DAR 1976, 52 f; Lässig, JuS 1990, 459, 461). Hierfür könnte sprechen, dass unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO nur die rechtlichen Beziehungen zu verstehen sind, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.01.1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 m.w.Nachw.). Derzeit wirkt sich aber der unter Berücksichtigung der Teilnahme am Aufbauseminar zu ermittelnde Punktestand des Klägers - mit Ausnahme der im Verwarnungsschreiben vom 09.06.12.2004 enthaltenen Forderung nach Zahlung des Gesamtbetrages von 23,50 EUR - nicht in dem vorgenannten Sinne aus.
37 
Die Feststellungsklage ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil dem Kläger derzeit das erforderliche Feststellungsinteresse fehlt. Das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung ist nicht gleichbedeutend mit einem „rechtlichen Interesse“, sondern schließt darüber hinaus jedes als schutzwürdig anzusehendes Interesse, insbesondere auch wirtschaftlicher oder ideeller Art, ein (BVerwG, Urt. v. 26.01.1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262, 271 m.w.Nachw.). Das Gesetz verlangt in § 43 Abs. 1 VwGO aber ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Bestehens des Rechtsverhältnisses. Im vorliegenden Fall stehen jedoch keine weiteren konkreten Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde gegenüber dem Kläger an, die an seinen Punktestand im Sinne von § 4 StVG anknüpfen und bei denen es damit auf den mit der Teilnahme am Aufbauseminar verbundenen Punkteabzug tatsächlich ankommt. Der Sache nach geht es dem Kläger mit der Feststellungsklage um die Klärung einer Rechtsfrage für eine zukünftige Fallkonstellation. Für den damit verlangten vorbeugenden Rechtsschutz ist aber kein Raum, wenn es dem Betroffenen zuzumuten ist, die befürchtete Maßnahme der Verwaltung abzuwarten, und er auf einen als ausreichend anzusehenden nachträglichen Rechtsschutz, gegebenenfalls mit einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, verwiesen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.05.1987 - 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207, Rn. 23 ff.). Danach ist dem Kläger das berechtigte Interesse an der baldigen Feststellung abzusprechen. Denn es ist ihm ohne Weiteres zuzumuten, eine etwaige - von einem weiteren Fehlverhalten seinerseits im Straßenverkehr abhängige - Maßnahme der Fahrerlaubnisbehörde im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 1 StVG abzuwarten und im Rahmen des gerichtlichen Rechtsschutzes gegen diese Maßnahme geltend zu machen, dass der Besuch des Aufbauseminars entgegen der Ansicht des Landratsamtes zu einem Abzug von 4 Punkten geführt habe. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Eintritt der zukünftigen Fallkonstellation, für die die zwischen den Beteiligten umstrittene Rechtsfrage von Bedeutung ist, ungewiss ist. Denn erhöhte sich der Punktestand des Klägers im Anschluss an die gerichtliche Auseinandersetzung nicht mehr, wäre die Inanspruchnahme der Gerichte sinnlos. In diesem Fall diente der Rechtsstreit lediglich dazu, Rechtsfragen gleichsam um ihrer selbst willen zu lösen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 - 11 C 13.99 -, BVerwGE 111, 276). Das Entsprechende gilt für die Möglichkeit eines Wechsels der örtlichen Zuständigkeit der Fahrerlaubnisbehörde nach § 73 Abs. 2 FeV. Denn verzöge der betroffene Fahrerlaubnisinhaber, nachdem er - bei Bejahung des Feststellungsinteresses - ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hinsichtlich der Berechnung seines Punktestandes unter Anwendung des § 4 Abs. 4 Satz 1 StVG im Vorfeld einer Maßnahme nach § 4 Abs. 3 Satz 1 StVG erwirkt hätte, in ein anderes Bundesland, so wäre dieses an das Feststellungsurteil nach § 121 VwGO nicht gebunden. Dies gilt auch für einen Umzug des Fahrerlaubnisinhabers innerhalb eines Landes, soweit dann ein anderer als der am Gerichtsverfahren beteiligte Rechtsträger zuständig ist. Das Interesse eines Fahrerlaubnisinhabers, im Vorfeld einer - weiteren - Maßnahme nach § 4 Abs. 3 Satz 1 StVG rechtsverbindlich zu erfahren, in welchem Umfang er sich weitere mit Punkten zu bewertende Verkehrsverstöße „noch erlauben“ kann, bis die Fahrerlaubnisbehörde nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 Satz 1 StVG - erneut - zu reagieren hat, ist rechtlich nicht schutzwürdig. Eine solche Klarstellung könnte den betreffenden Fahrerlaubnisinhaber mit der Folge weiterer Zuwiderhandlungen in der Haltung bestätigen, dass Verkehrsvorschriften nicht grundsätzlich, sondern erst dann zu beachten sind, wenn durch einen erneuten Verkehrsverstoß eine - weitere - Maßnahme nach § 4 Abs. 3 Satz 1 StVG droht. Die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften beanspruchen aber im Interesse des Schutzes der hochrangigen Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer uneingeschränkt Geltung.
38 
Das in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzte Interesse an der baldigen Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses folgt hier auch nicht aus dem Umstand, dass das Landratsamt dem Kläger im Verwarnungsschreiben vom 09.06.2004 die Zahlung eines Gesamtbetrages von 23,50 EUR aufgegeben hat und durch eine Entscheidung über die Feststellungsklage zugleich eine der tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Zahlungsverpflichtung geklärt werden könnte. Denn bei dieser Zahlungsverpflichtung handelt es sich im Gegensatz zur Verwarnung um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 LVwVfG. Zur Klärung der Frage, ob dieser rechtmäßig ist, sieht die Verwaltungsgerichtsordnung in § 42 Abs. 1 und § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die besonderen Regelungen unterliegende Anfechtungsklage (vgl. z.B. §§ 68 ff. oder § 74 Abs. 1 VwGO) vor. Der Kläger hat durch sein eigenhändiges Schreiben an das Landratsamt vom 16.06.2004, beim Landratsamt eingegangen am 18.06.2004 (AS 11), im Sinne von § 68 und § 70 Abs. 1 VwGO auch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er die Gebührenfestsetzung in Höhe von 17,90 EUR - und damit zugleich die Forderung nach Auslagenersatz in Höhe von 5,60 EUR - als rechtswidrig ansieht und deren Aufhebung begehrt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.11.1970 - VII C 33.70 -, Buchholz 310 § 70 VwGO Nr. 4). Wie die Beklagtenvertreter in der Berufungsverhandlung mitgeteilt haben, ist dieses Widerspruchsverfahren aber nicht weiter betrieben worden. Wird jedoch über einen Widerspruch ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist sachlich entschieden, so kann der Kläger nach § 75 VwGO Untätigkeitsklage erheben. Der Klägervertreter hat in der Berufungsverhandlung auch klargestellt, dass dieser Widerspruch weiter verfolgt wird, falls im vorliegenden Klageverfahren keine sachliche Entscheidung über die Höhe des mit der Teilnahme des Klägers am Aufbauseminar verbundenen Punkteabzugs getroffen werden sollte. Die Existenz der für die Anfechtungsklage geltenden besonderen Bestimmungen schließt es aus, durch die Annahme des für die Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresses die für die Klärung der Rechtmäßigkeit einer Zahlungsverpflichtung einschlägige Anfechtungsklage überflüssig zu machen.
39 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss
42 
Der Streitwert des Verfahrens wird für beide Rechtszüge unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 23. März 2006 auf je 5.000,- EUR festgesetzt (§ 63 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 2 und § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 214 Euro monatlich, wenn

1.
sie mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung leben und davon mindestens zwei weitere Personen pflegebedürftig im Sinne der §§ 14, 15 sind,
2.
sie Leistungen nach den §§ 36, 37, 38, 45a oder § 45b beziehen,
3.
eine Person durch die Mitglieder der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten oder die Wohngruppenmitglieder bei der Haushaltsführung zu unterstützen, und
4.
keine Versorgungsform einschließlich teilstationärer Pflege vorliegt, in der ein Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Absatz 1 für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten nicht erbracht wird, sondern die Versorgung in der Wohngruppe auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfelds sichergestellt werden kann.

Leistungen der Tages- und Nachtpflege gemäß § 41 können neben den Leistungen nach dieser Vorschrift nur in Anspruch genommen werden, wenn gegenüber der zuständigen Pflegekasse durch eine Prüfung des Medizinischen Dienstes nachgewiesen ist, dass die Pflege in der ambulant betreuten Wohngruppe ohne teilstationäre Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt ist; dies gilt entsprechend für die Versicherten der privaten Pflege-Pflichtversicherung.

(2) Die Pflegekassen sind berechtigt, zur Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen bei dem Antragsteller folgende Daten zu verarbeiten und folgende Unterlagen anzufordern:

1.
eine formlose Bestätigung des Antragstellers, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nummer 1 erfüllt sind,
2.
die Adresse und das Gründungsdatum der Wohngruppe,
3.
den Mietvertrag einschließlich eines Grundrisses der Wohnung und den Pflegevertrag nach § 120,
4.
Vorname, Name, Anschrift und Telefonnummer sowie Unterschrift der Person nach Absatz 1 Nummer 3 und
5.
die vereinbarten Aufgaben der Person nach Absatz 1 Nummer 3.

(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen (§ 84 Abs. 4) festzulegen, die von der Pflegeeinrichtung während der Dauer des Vertrages für die Versicherten zu erbringen sind (Versorgungsauftrag).

(2) Der Versorgungsvertrag wird zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung oder einer vertretungsberechtigten Vereinigung gleicher Träger und den Landesverbänden der Pflegekassen im Einvernehmen mit den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe im Land abgeschlossen, soweit nicht nach Landesrecht der örtliche Träger für die Pflegeeinrichtung zuständig ist; für mehrere oder alle selbständig wirtschaftenden Einrichtungen (§ 71 Abs. 1 und 2) einschließlich für einzelne, eingestreute Pflegeplätze eines Pflegeeinrichtungsträgers, die vor Ort organisatorisch miteinander verbunden sind, kann, insbesondere zur Sicherstellung einer quartiersnahen Unterstützung zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen, ein einheitlicher Versorgungsvertrag (Gesamtversorgungsvertrag) geschlossen werden. Er ist für die Pflegeeinrichtung und für alle Pflegekassen im Inland unmittelbar verbindlich. Bei Betreuungsdiensten nach § 71 Absatz 1a sind bereits vorliegende Vereinbarungen aus der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste zu beachten.

(3) Versorgungsverträge dürfen nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die

1.
den Anforderungen des § 71 genügen,
2.
die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten und die Vorgaben des Absatzes 3a oder Absatzes 3b erfüllen,
3.
sich verpflichten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln,
4.
sich verpflichten, die ordnungsgemäße Durchführung von Qualitätsprüfungen zu ermöglichen,
5.
sich verpflichten, an dem Verfahren zur Übermittlung von Daten nach § 35 Absatz 6 des Infektionsschutzgesetzes teilzunehmen, sofern es sich bei ihnen um stationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 71 Absatz 2 handelt;
ein Anspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrages besteht, soweit und solange die Pflegeeinrichtung diese Voraussetzungen erfüllt. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren geeigneten Pflegeeinrichtungen sollen die Versorgungsverträge vorrangig mit freigemeinnützigen und privaten Trägern abgeschlossen werden. Bei ambulanten Pflegediensten ist in den Versorgungsverträgen der Einzugsbereich festzulegen, in dem die Leistungen ressourcenschonend und effizient zu erbringen sind.

(3a) Ab dem 1. September 2022 dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, Gehälter zahlen, die in Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbart ist, an die die jeweiligen Pflegeeinrichtungen gebunden sind.

(3b) Mit Pflegeeinrichtungen, die nicht an Tarifverträge oder kirchliche Arbeitsrechtsregelungen für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, gebunden sind, dürfen Versorgungsverträge ab dem 1. September 2022 nur abgeschlossen werden, wenn diese Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, eine Entlohnung zahlen, die

1.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen räumlicher, zeitlicher, fachlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist,
2.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen fachlicher Geltungsbereich mindestens eine andere Pflegeeinrichtung in der Region erfasst, in der die Pflegeeinrichtung betrieben wird, und dessen zeitlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist,
3.
die Höhe der Entlohnung von Nummer 1 oder Nummer 2 entsprechenden kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht unterschreitet oder
4.
hinsichtlich der Entlohnungsbestandteile nach Satz 2 Nummer 1 bis 5, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der in § 82c Absatz 2 Satz 4 genannten Qualifikationsgruppen jeweils im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der jeweiligen regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und hinsichtlich der pflegetypischen Zuschläge nach Satz 2 Nummer 6, die den in Satz 1 genannten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, jeweils in der nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten Höhe, nicht unterschreitet.
Zur Entlohnung im Sinne dieses Gesetzes zählen
1.
der Grundlohn,
2.
regelmäßige Jahressonderzahlungen,
3.
vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers,
4.
pflegetypische Zulagen,
5.
der Lohn für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sowie
6.
pflegetypische Zuschläge.
Pflegetypische Zuschläge im Sinne von Satz 2 Nummer 6 sind Nachtzuschläge, Sonntagszuschläge und Feiertagszuschläge. Diese sind von den Pflegeeinrichtungen im Fall von Satz 1 Nummer 4 unter den folgenden Voraussetzungen zu zahlen:
1.
Nachtzuschläge für eine Tätigkeit in der Nacht, mindestens im Zeitraum zwischen 23 und 6 Uhr,
2.
Sonntagszuschläge für eine Tätigkeit an Sonntagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr,
3.
Feiertagszuschläge für eine Tätigkeit an gesetzlichen Feiertagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr.
Die in Satz 1 genannten Pflegeeinrichtungen haben die Entlohnung im Sinne von Satz 1, soweit mit ihr die Voraussetzungen nach dieser Vorschrift erfüllt werden, in Geld zu zahlen. Tritt im Fall von Satz 1 Nummer 1 bis 3 eine Änderung im Hinblick auf die in dem jeweiligen Tarifvertrag oder in den jeweiligen kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbarte Entlohnung ein, haben die in Satz 1 genannten Pflegeeinrichtungen die erforderlichen Anpassungen der von ihnen gezahlten Entlohnung spätestens innerhalb von zwei Monaten vorzunehmen, nachdem die jeweilige Änderung nach § 82c Absatz 5 veröffentlicht wurde. Erhöhen sich im Fall von Satz 1 Nummer 4 die nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 oder die nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, haben die Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, die höhere Entlohnung im Zeitraum ab dem 1. Dezember 2022 spätestens ab dem 1. Februar 2023, nach dem 1. Februar 2023 jeweils spätestens ab dem 1. Januar des Jahres, das auf die Veröffentlichung der Werte nach § 82c Absatz 5 folgt, zu zahlen. Zur Erfüllung der Vorgaben von Satz 1 Nummer 4 sind im Zeitraum vom 1. September 2022 bis zum 31. Januar 2023 die aufgrund der Mitteilung nach Absatz 3e in der am 20. Juli 2021 geltenden Fassung und auf der Grundlage von § 82c Absatz 5 in der am 20. Juli 2021 geltenden Fassung veröffentlichten regional üblichen Entgeltniveaus in drei Qualifikationsgruppen und pflegetypischen Zuschläge nach den Sätzen 3 und Satz 4 maßgebend.

(3c) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt in Richtlinien, erstmals bis zum Ablauf des 30. September 2021, das Nähere insbesondere zu den Verfahrens- und Prüfgrundsätzen für die Einhaltung der Vorgaben der Absätze 3a und 3b sowie zu den nach Absatz 3e Satz 1 Nummer 2 erforderlichen Angaben fest. In den Richtlinien ist auch festzulegen, welche Folgen eintreten, wenn eine Pflegeeinrichtung ihre Mitteilungspflicht nach Absatz 3d Satz 2 oder Absatz 3e nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt. Die in den Richtlinien vorgesehenen Folgen müssen verhältnismäßig sein und im Einzelfall durch den jeweiligen Landesverband der Pflegekassen gegenüber der Pflegeeinrichtung verhältnismäßig angewendet werden. Bei der Festlegung hat der Spitzenverband Bund der Pflegekassen die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe zu beteiligen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales genehmigt. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. Die Richtlinien sind für die Pflegekassen und ihre Verbände sowie für die Pflegeeinrichtungen verbindlich.

(3d) Pflegeeinrichtungen haben den Landesverbänden der Pflegekassen zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b mitzuteilen,

1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind,
2.
welcher Tarifvertrag oder welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in den Fällen des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 1 bis 3 für sie maßgebend ist oder sind oder
3.
ob im Fall des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 4 die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 für sie maßgebend sind.
Im Jahr 2022 sind alle Pflegeeinrichtungen verpflichtet, den Landesverbänden der Pflegekassen die in Satz 1 in der am 20. Juli 2021 geltenden Fassung genannten Angaben spätestens bis zum Ablauf des 28. Februar 2022 mitzuteilen. Die Mitteilung nach Satz 2 gilt, sofern die Pflegeeinrichtung dem nicht widerspricht, als Antrag auf entsprechende Anpassung des Versorgungsvertrags mit Wirkung zum 1. September 2022.

(3e) Pflegeeinrichtungen, die im Sinne von Absatz 3a an Tarifverträge oder an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebunden sind, haben dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen bis zum Ablauf des 31. August jeden Jahres Folgendes mitzuteilen:

1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind,
2.
Angaben über die sich aus diesen Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ergebende am 1. August des Jahres gezahlte Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, soweit diese Angaben zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen nach den Absätzen 3a und 3b oder zur Ermittlung des oder der regional üblichen Entlohnungsniveaus sowie der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 erforderlich sind.
Der Mitteilung ist die jeweils am 1. August des Jahres geltende durchgeschriebene Fassung des mitgeteilten Tarifvertrags oder der mitgeteilten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen beizufügen. Tritt nach der Mitteilung nach Satz 1 eine Änderung im Hinblick auf die Wirksamkeit oder den Inhalt des mitgeteilten Tarifvertrags oder der mitgeteilten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ein, haben die in Satz 1 genannten Pflegeeinrichtungen dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen diese Änderung unverzüglich mitzuteilen und dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen unverzüglich die aktuelle, durchgeschriebene Fassung des geänderten Tarifvertrags oder der geänderten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen zu übermitteln.

(3f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert unter Beteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 die Wirkungen der Regelungen der Absätze 3a und 3b und des § 82c.

(3g) Versorgungsverträge, die mit Pflegeeinrichtungen vor dem 1. September 2022 abgeschlossen wurden, sind spätestens bis zum Ablauf des 31. August 2022 mit Wirkung ab dem 1. September 2022 an die Vorgaben des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b anzupassen.

(4) Mit Abschluß des Versorgungsvertrages wird die Pflegeeinrichtung für die Dauer des Vertrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten zugelassen. Die zugelassene Pflegeeinrichtung ist im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten verpflichtet; dazu gehört bei ambulanten Pflegediensten auch die Durchführung von Beratungseinsätzen nach § 37 Absatz 3 auf Anforderung des Pflegebedürftigen. Die Pflegekassen sind verpflichtet, die Leistungen der Pflegeeinrichtung nach Maßgabe des Achten Kapitels zu vergüten.

(5) (aufgehoben)

(1) Die Landesverbände der Pflegekassen sowie der Medizinische Dienst und der Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. arbeiten mit den nach heimrechtlichen Vorschriften zuständigen Aufsichtsbehörden bei der Zulassung und der Überprüfung der Pflegeeinrichtungen eng zusammen, um ihre wechselseitigen Aufgaben nach diesem Buch und nach den heimrechtlichen Vorschriften insbesondere durch

1.
regelmäßige gegenseitige Information und Beratung,
2.
Terminabsprachen für eine gemeinsame oder arbeitsteilige Überprüfung von Pflegeeinrichtungen und
3.
Verständigung über die im Einzelfall notwendigen Maßnahmen
wirksam aufeinander abzustimmen. Dabei ist sicherzustellen, dass Doppelprüfungen nach Möglichkeit vermieden werden. Zur Erfüllung dieser Aufgaben sind die Landesverbände der Pflegekassen sowie der Medizinische Dienst und der Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. verpflichtet, in den Arbeitsgemeinschaften nach den heimrechtlichen Vorschriften mitzuwirken und sich an entsprechenden Vereinbarungen zu beteiligen.

(2) Die Landesverbände der Pflegekassen sowie der Medizinische Dienst und der Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. können mit den nach heimrechtlichen Vorschriften zuständigen Aufsichtsbehörden oder den obersten Landesbehörden ein Modellvorhaben vereinbaren, das darauf zielt, eine abgestimmte Vorgehensweise bei der Prüfung der Qualität von Pflegeeinrichtungen nach diesem Buch und nach heimrechtlichen Vorschriften zu erarbeiten. Von den Richtlinien nach § 114a Absatz 7 und den nach § 115 Absatz 1a bundesweit getroffenen Vereinbarungen kann dabei für die Zwecke und die Dauer des Modellvorhabens abgewichen werden. Die Verantwortung der Pflegekassen und ihrer Verbände für die inhaltliche Bestimmung, Sicherung und Prüfung der Pflege-, Versorgungs- und Betreuungsqualität nach diesem Buch kann durch eine Zusammenarbeit mit den nach heimrechtlichen Vorschriften zuständigen Aufsichtsbehörden oder den obersten Landesbehörden weder eingeschränkt noch erweitert werden.

(3) Zur Verwirklichung der engen Zusammenarbeit sind die Landesverbände der Pflegekassen sowie der Medizinische Dienst und der Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. berechtigt und auf Anforderung verpflichtet, der nach heimrechtlichen Vorschriften zuständigen Aufsichtsbehörde die ihnen nach diesem Buch zugänglichen Daten über die Pflegeeinrichtungen, insbesondere über die Zahl und Art der Pflegeplätze und der betreuten Personen (Belegung), über die personelle und sächliche Ausstattung sowie über die Leistungen und Vergütungen der Pflegeeinrichtungen, mitzuteilen. Personenbezogene Daten sind vor der Datenübermittlung zu anonymisieren.

(4) Erkenntnisse aus der Prüfung von Pflegeeinrichtungen sind vom Medizinischen Dienst, dem Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. oder von den sonstigen Sachverständigen oder Stellen, die Qualitätsprüfungen nach diesem Buch durchführen, unverzüglich der nach heimrechtlichen Vorschriften zuständigen Aufsichtsbehörde mitzuteilen, soweit sie zur Vorbereitung und Durchführung von aufsichtsrechtlichen Maßnahmen nach den heimrechtlichen Vorschriften erforderlich sind. § 115 Abs. 1 Satz 1 bleibt hiervon unberührt.

(5) Die Pflegekassen und ihre Verbände sowie der Medizinische Dienst und der Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. tragen die ihnen durch die Zusammenarbeit mit den nach heimrechtlichen Vorschriften zuständigen Aufsichtsbehörden entstehenden Kosten. Eine Beteiligung an den Kosten der nach heimrechtlichen Vorschriften zuständigen Aufsichtsbehörden oder anderer von nach heimrechtlichen Vorschriften zuständigen Aufsichtsbehörde beteiligter Stellen oder Gremien ist unzulässig.

(6) Durch Anordnungen der nach heimrechtlichen Vorschriften zuständigen Aufsichtsbehörde bedingte Mehr- oder Minderkosten sind, soweit sie dem Grunde nach vergütungsfähig im Sinne des § 82 Abs. 1 sind, in der nächstmöglichen Pflegesatzvereinbarung zu berücksichtigen. Der Widerspruch oder die Klage einer Vertragspartei oder eines Beteiligten nach § 85 Abs. 2 gegen die Anordnung hat keine aufschiebende Wirkung.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.