Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 06. Nov. 2013 - 1 S 244/13

bei uns veröffentlicht am06.11.2013

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. Oktober 2012 - 11 K 1376/12 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt eine erneute Entscheidung über seinen Antrag auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
Der am ...1971 geborene Kläger ist bosnischer Staatsangehöriger. Er reiste 1993 in das Bundesgebiet ein. Am 15.04.1994 heiratete er eine zwischenzeitlich eingebürgerte Landsmännin. Aus der Ehe gingen zwei 1995 und 1998 geborene Töchter hervor, die ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.
Am 27.02.1995 wurde dem Kläger erstmals eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Seit dem 20.10.2011 ist er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 AufenthG.
Mit Urteil des Amtsgerichts Schwäbisch Hall vom 21.06.2000 wurde der Kläger wegen Diebstahls in drei Fällen in Tatmehrheit mit Urkundenfälschung, Diebstahl und Beihilfe zum Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Mit Wirkung vom 31.07.2003 wurde die Strafe erlassen.
Erstmals hatte der Kläger im September 2006 seine Einbürgerung beantragt. Nachdem ihm das Landratsamt Schwäbisch Hall unter Hinweis auf die strafgerichtliche Verurteilung und die Dauer der Tilgungsfrist bis 2015 die Ablehnung des Antrags in Aussicht gestellt hatte, nahm er den Einbürgerungsantrag am 01.03.2007 zurück.
Am 19.01.2011 beantragte der Kläger erneut die Einbürgerung. Nach vorheriger Anhörung lehnte das Landratsamt Schwäbisch Hall den Antrag mit Bescheid vom 29.07.2011 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Ein Einbürgerungsanspruch bestehe nicht, weil die rechtskräftige Verurteilung vom 21.06.2000 nicht unberücksichtigt bleiben könne und auch keine nur unerhebliche Überschreitung der Erheblichkeitsgrenzen vorliege. Bei der Ermessenseinbürgerung gelte nichts anderes. Verurteilungen könnten im Einbürgerungsverfahren nur dann als unschädlich angesehen werden, wenn sie aus dem Bundeszentralregister getilgt seien. Davon sei hier frühestens im Jahr 2015 auszugehen. Es sei auch kein Grund ersichtlich, der beim Kläger eine Verkürzung der Vorwerfbarkeit der Straffälligkeit in Abweichung davon rechtfertigen könnte. Die Tilgung stehe nicht unmittelbar bevor und es drohe keine Staatenlosigkeit oder ein Verlust des Arbeitsplatzes. Derzeit bestehe auch kein öffentliches Interesse an der Einbürgerung des Klägers.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2012 als unbegründet zurück.
Am 24.04.2012 erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten, über seinen Einbürgerungsanspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Er habe zwar keinen Rechtsanspruch auf Einbürgerung, doch sei deren Versagung ermessensfehlerhaft. Der Beklagte verkenne schon den Unterschied zwischen § 8 und § 10 StAG. § 12 a StAG schließe bei entsprechender strafgerichtlicher Verurteilung nur den Einbürgerungsanspruch aus. Für eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung reiche der bloße Verweis auf § 51 BZRG nicht aus. Vorliegend sei ermessensrelevant, dass der Kläger sich seit annähernd 20 Jahren in Deutschland aufhalte, die einzige Verurteilung im Jahr 2000 erfolgt sei, er sich seither vorbildlich verhalten habe und ihm die Strafe 2003 erlassen worden sei. Zudem habe der Beklagte § 9 StAG nicht beachtet. Trotz dieser Soll-Vorschrift habe der Beklagte keine Verkürzung der Tilgungsfrist erwogen, obwohl es sich um eine erstmalige Verurteilung gehandelt habe und die Gefahr künftiger Straftaten nicht bestehe. Der Beklagte handele auch widersprüchlich, wenn er dem Kläger einerseits eine Niederlassungserlaubnis erteile und andererseits die Einbürgerung verweigere.
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Er führte aus, es sei kein Grund ersichtlich, der eine Verkürzung der Vorwerfbarkeit der Straffälligkeit in Abweichung von den Tilgungsfristen rechtfertigen könnte. Es bestehe auch im Rahmen von § 8 StAG kein öffentliches Interesse an der Einbürgerung und ein besonderer Härtegrund sei nicht ersichtlich. Ebenso scheide eine Einbürgerung nach § 9 StAG aus, weil dafür auch alle Voraussetzungen nach § 8 StAG erfüllt sein müssten. Die Niederlassungserlaubnis sei dem Kläger nicht von der Einbürgerungs-, sondern von der Ausländerbehörde erteilt worden und zudem seien die jeweiligen Voraussetzungen unterschiedlich.
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Mit Urteil vom 08.10.2012 (- 11 K 1376/12 - juris) hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Beklagten unter Aufhebung des Ausgangs- und des Widerspruchsbescheides verpflichtet, über den Einbürgerungsanspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zwar habe der Kläger aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung keinen Einbürgerungsanspruch nach § 10 oder § 9 StAG, doch sei nach § 9 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 StAG eine Ermessensentscheidung über den Einbürgerungsantrag aus Gründen des öffentlichen Interesses geboten. Der Begriff des öffentlichen Interesses sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der weit zu verstehen und insbesondere im Zusammenhang mit den zahlreichen Einbürgerungserleichterungen bei der Ermessensausübung nach § 8 StAG zu sehen sei, in welchen das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung des dadurch privilegierten Personenkreises zum Ausdruck komme. Jedenfalls in Fällen wie hier erweitere sich der privilegierte Personenkreis durch die Verweisung in § 9 Abs. 1 StAG, so dass bei der Bestimmung des öffentlichen Interesses und bei der Ausübung des Ermessens nach § 8 Abs. 2 StAG die Ziele zu berücksichtigen seien, die der Gesetzgeber mit § 9 Abs. 1 StAG verfolgt habe: Nach § 9 Abs. 1 StAG sollten Ehepartner Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 StAG zur Herstellung einer einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit in der Familie eingebürgert werden. Dies sei Ausfluss des Art. 6 Abs. 1 GG, der den Staat verpflichte, die Einheit und Selbstverantwortung der Familie zu respektieren und zu fördern und der dahin wirke, dass eine einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie wünschenswert sei, weil sie ihren Zusammenhalt regelmäßig fördere. Die Behörde halte sich regelmäßig im Rahmen ihres Ermessens nach § 8 Abs. 2 StAG, wenn sie sich bei der Beurteilung der Frage, ob die Einbürgerung im staatlichen Interesse liege, auch von dem Prinzip der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Familie leiten lasse, denn dieses Prinzip spreche dann, wenn andere von der Einbürgerung berührte staatliche Interessen gewahrt seien, für die Einbürgerung ausländischer Ehegatten deutscher Staatsangehöriger. Die Kernfamilie des Klägers bestehe aus deutschen Staatsangehörigen, nur der Kläger verfüge nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit. Somit könne nach diesen Grundsätzen durch seine Einbürgerung dem Grundsatz der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Familie Rechnung getragen werden. Es sei damit grundsätzlich vom Vorliegen eines dahin gehenden öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers auszugehen. Dies habe vorliegend zur Folge, dass der Kläger eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung über seine Einbürgerung zum jetzigen Zeitpunkt verlangen könne. Ob andere von der Einbürgerung berührte staatliche Interessen gewahrt würden, sei Gegenstand der Abwägung im Rahmen der Ermessensbetätigung. Dass dies nicht der Ausschluss der Ermessenseinbürgerung im Hinblick auf die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers sein könne, ergebe sich aber schon aus der eindeutigen Regelung in § 8 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 StAG.
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Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 31.01.2013 - 1 S 2357/12 - zugelassenen Berufung trägt der Beklagte unter Bezugnahme auf die Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung im Wesentlichen vor: Das öffentliche Interesse, die Einbürgerung bei fehlender strafrechtlicher Unbescholtenheit zu versagen, gehe dem Interesse des Klägers an der Einbürgerung vor. Eine strafgerichtliche Verurteilung könne grundsätzlich bis zur Tilgung im Bundeszentralregister vorgehalten werden. Die Privilegierung des § 9 StAG bestehe darin, dass aus einer Kann-Einbürgerung nach Maßgabe des § 8 StAG bei Ehegatten Deutscher eine Soll-Einbürgerung werde. § 9 StAG gehe aber nicht so weit, dass von den Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 StAG abgesehen werde. Das Verwaltungsgericht verkenne diese Systematik, indem es annehme, dass durch die Ehegatteneigenschaft des Klägers das Ermessen nach § 8 Abs. 2 StAG eröffnet werde. Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Staatsangehörigkeit innerhalb der Familie begründe nicht stets ein öffentliches Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG. Ein solches bestehe vielmehr nur dann, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbewerbers abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung bestehe, das es ausnahmsweise rechtfertigen könne, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit einzubürgern. Diese Voraussetzungen lägen hier gerade nicht vor. Dass die Ehefrau des Klägers Deutsche sei, sei der Anwendung des § 9 StAG immanent. Auch die deutsche Staatsangehörigkeit der Kinder vermöge ein staatliches Interesse an der Einbürgerung des Klägers nicht zu begründen.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. Oktober 2012 - 11 K 1376/12 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Nur bei Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Kernfamilie werde die verfassungsrechtliche Verpflichtung des Staates zum Schutz der Ehe und Familie ausreichend erfüllt. Wenn der Beklagte Recht hätte, wäre im Falle einer Straffälligkeit die Staatsangehörigkeit des Ehepartners und der Kernfamilie völlig bedeutungslos. Dies habe der Gesetzgeber nicht gewollt und hätte es verfassungsrechtlich auch nicht wollen dürfen. Das angefochtene Urteil habe keineswegs zur Folge, dass jeder straffällige Ausländer mit deutschem Ehepartner eingebürgert werden müsse. Vielmehr sei lediglich eine Ermessensbetätigung erforderlich. Eine strafgerichtliche Verurteilung könne dabei im Einzelfall durchaus die Einbürgerung ausschließen.
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Dem Senat liegen die Einbürgerungsakten des Landratsamtes Schwäbisch Hall, die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart und die Akten des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die angefallenen Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
18 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
II.
19 
Die Berufung ist auch begründet. Die zulässige Klage des Klägers auf Neubescheidung seines Antrags auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht begründet. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung nach § 10, § 9 und § 8 StAG nicht vorliegen und auch kein Einbürgerungsermessen eröffnet ist, kann der Kläger keine Neubescheidung nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO beanspruchen.
20 
1. Zutreffend gehen alle Beteiligten davon aus, dass der Kläger keinen Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG hat. Einem solchen Anspruch steht entgegen, dass der Kläger die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG (Straffreiheit) nicht erfüllt.
21 
a) Die im Bundeszentralregister eingetragene Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung kann noch verwertet werden, weil sie noch nicht getilgt und die Tilgungsfrist, die gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 BZRG 17 Jahre beträgt, noch nicht abgelaufen ist. Damit besteht noch kein Verwertungsverbot nach § 51 Abs. 1 BZRG. Eine Verurteilung ist zu berücksichtigen, solange noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.11.2005 - 13 S 2223/04 - InfAuslR 2006, 93; Urt. v. 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris). Die Einbürgerungsbehörde ist grundsätzlich an die Tilgungsentscheidungen des Bundeszentralregisters gebunden (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 12 a Rn. 16). Dies ist mit Blick auf die Möglichkeit des Einbürgerungsbewerbers, in besonderen Fällen eine vorzeitige Tilgung gemäß § 49 BZRG zu beantragen, auch bei atypischen Fallgestaltungen nicht unangemessen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.11.2005 - 13 S 2223/04 - a.a.O.; VG Gießen, Urt. v. 10.09.2001 - 10 E 4067/00 - InfAuslR 2002, 40; OVG NRW, Beschl. v. 28.09.2009 - 18 B 1398/09 - juris zur vergleichbaren Problematik bei Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis).
22 
b) Welche Verurteilungen bei der Einbürgerung außer Betracht bleiben, ist in § 12 a Abs. 1 StAG abschließend geregelt. Die hier erfolgte Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung kann nicht nach § 12 a Abs. 1 Satz 3 StAG außer Betracht bleiben, weil sie die Unbeachtlichkeits-grenze des § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG (drei Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung) erheblich übersteigt. Bereits ein Überschreiten der Unbeachtlich-keitsgrenze um ein Drittel ist nicht mehr geringfügig im Sinn des § 12 a Abs. 1 Satz 3 StAG (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 - 5 C 5.11 - BVerwGE 142, 145 = NVwZ 2012, 1250 = InfAuslR 2012, 273).
23 
2. Die Verurteilung des Klägers steht nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch der Ermessenseinbürgerung und nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 StAG der Solleinbürgerung als Ehegatte einer Deutschen entgegen. § 12 a Abs. 1 StAG findet in der seit dem 28.08.2007 geltenden Fassung des Gesetzes vom 19.08.2007 (BGBl I S. 1970) nicht mehr nur bei der Anspruchseinbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG, sondern auch bei der Einbürgerung nach den §§ 8, 9 StAG Anwendung (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 - 5 C 5.11 - a.a.O. Rn. 37; Berlit, a.a.O., § 12 a Rn. 13.3). Die Verurteilung kann daher auch bei Anwendung dieser Vorschriften nicht außer Betracht bleiben.
24 
3. Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, eine Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 2 (i.V.m. § 9 Abs. 1) StAG zu treffen. Nach dieser Vorschrift kann im Einzelfall aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte von der Voraussetzung der Straffreiheit in § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG abgesehen werden. § 8 Abs. 2 StAG ist auch dann noch anwendbar, wenn - wie hier - die Grenze der Bagatellstraftaten mehr als geringfügig im Sinne von § 12 a Abs. 1 Satz 3 StAG überschritten worden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 - 5 C 5.11 - a.a.O. Rn. 38).
25 
a) Eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG liegt nicht vor. Denn eine solche Härte muss durch atypische Umstände des Einzelfalles bedingt sein und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert werden können (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 - 5 C 5.11 - a.a.O. Rn. 39). Als Beispiel für einen Härtefall, der durch diese Ausnahmeregelung vermieden werden kann und soll, führt der Gesetzgeber die Konstellation an, dass etwa die ausländische Ehefrau aufgrund einer zur Durchführung eines Entlassungsverfahrens erteilten Einbürgerungszusicherung aus ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit ausgeschieden ist, nun aber ihrer Einbürgerung - auch bei unverschuldet eingetretener Arbeitslosigkeit ihres deutschen Ehegatten - mangelnde Unterhaltsfähigkeit entgegensteht und sie dadurch staatenlos geworden ist (BT-Drs. 15/420, S. 116). Dieser Beispielsfall zeigt zum einen, dass der Gesetzgeber für die Annahme einer „besonderen Härte“ mehr verlangt, als dass Gründe vorliegen, die einer Einbürgerung zwar grundsätzlich entgegenstehen, von denen jedoch unter bestimmten Umständen - wie etwa im Falle der nicht zu vertretenden Inanspruchnahme von Sozialleistungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG) - abgesehen werden kann. Zum anderen verdeutlicht er die Zielrichtung der Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 2 StAG: Sie soll es ermöglichen, solchen Härten zu begegnen, die gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden bzw. durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert würden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 - 5 C 5.11 - a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 5 A 1820/08.Z -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.05.2009 - 13 S 2428/08 -; OVG Bln-Bbg, Beschl. v. 11.06.2009 - OVG 5 M 30.08 -; SaarlOVG, Beschl. v. 10.06.2010 - 1 A 88/10 -; alle in juris). Für ein Absehen vom Erfordernis der Straffreiheit gelten zudem besonders strenge Anforderungen, weil bereits die Voraussetzungen des § 12 a Abs. 1 StAG zugunsten des Einbürgerungsbewerbers eingreifen (vgl. Marx, in: GK-AufenthG, § 8 Rn. 113). Daran gemessen sind hier keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Versagung der Ermessenseinbürgerung und der Solleinbürgerung nach § 9 Abs. 1 StAG wegen Straffälligkeit den Kläger gegenüber anderen Einbürgerungsbewerbern in vergleichbarer Lage besonders hart trifft. Er hat eine unbefristete Niederlassungserlaubnis und damit einen gesicherten Aufenthaltsstatus. Zudem hat er mit Blick darauf, dass die im Bundeszentralregister eingetragene Verurteilung bei weiterer Straffreiheit im Jahr 2017 zu tilgen sein wird, mittelfristig eine konkrete Einbürgerungsperspektive. Es wird nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich, dass die Versagung der Einbürgerung zum jetzigen Zeitpunkt negative Auswirkungen auf die ehelichen und familiären Lebensverhältnisse des Klägers hätte.
26 
b) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts fehlt es auch an einem öffentlichen Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG.
27 
Der Gesetzgeber hat den Begriff des öffentlichen Interesses nicht näher definiert. Auch die Gesetzesmaterialien sind insoweit unergiebig. In der Gesetzesbegründung wird lediglich ein Beispielsfall für eine besondere Härte angeführt (BT-Drs. 15/420, S. 116).
28 
In der Kommentarliteratur wird teilweise gefordert, den Begriff des öffentlichen Interesses weit auszulegen. Ein solches manifestiere sich grundsätzlich in allen in der Verwaltungspraxis anerkannten und in der StAR-VwV bezeichneten Einbürgerungserleichterungen, die im Rahmen des durch § 8 Abs. 1 StAG eröffneten Ermessens zu beachten seien (vgl. Marx, in: GK-StAR, § 8 Rn. 157 ff.).
29 
Diese Auffassung vermag nicht zu überzeugen. Sie übersieht den Ausnahmecharakter des § 8 Abs. 2 StAG und verträgt sich auch schlecht mit der - allgemein anerkannten - engen Auslegung des Begriffs der besonderen Härte in derselben Vorschrift (vgl. oben a). Sie beruht offenbar auf der Annahme, der Begriff des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei identisch mit dem in den Nummern 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV (ebenso jetzt: Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Integration BW zum Staatsangehörigkeitsgesetz vom 08.07.2013 - VwV StAG -) umschriebenen öffentlichen Interesse, das in den Fällen des § 8 Abs. 1 StAG im Rahmen des Einbürgerungsermessens eine dem Einbürgerungsbewerber positive Entscheidung ermöglichen kann. Wenngleich die Verwendung des Begriffs „öffentliches Interesse“ in Absatz 2 der Vorschrift dieses Verständnis auf den ersten Blick durchaus rechtfertigen könnte, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass die Annahme, der Gesetzgeber habe das Tatbestandsmerkmal „öffentliches Interesse“ im Sinn der zur Förderung einer einheitlichen Handhabung des Einbürgerungsermessens erlassenen Vorgaben der Verwaltungsvorschriften zu § 8 Abs. 1 StAG verstanden wissen wollen, nicht tragfähig ist (so zutreffend SaarlOVG, Urt. v. 28.06.2012 - 1 A 35/12 - juris Rn. 50 ff.). Zu Recht führt das Saarländische Oberverwaltungsgericht aus, dass eine weite Auslegung zu widersinnigen Ergebnissen führen würde und die Tatbestandsmerkmale der Unbescholtenheit und der Unterhaltsfähigkeit im Sinn der Nrn. 2 und 4 des § 8 Abs. 1 StAG ihrer Bedeutung als das Einbürgerungsermessen erst eröffnende Tatbestandsvoraussetzungen vollständig enthoben wären, ohne dass dies nach dem sachlichen Zusammenhang gerechtfertigt wäre. Das öffentliche Interesse in den Verwaltungsvorschriften zu § 8 Abs. 1 und in § 8 Abs. 2 StAG jeweils inhaltsgleich zu verstehen, hieße, dass einerseits eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 1 der Vorschrift nur in Betracht kommt, wenn u.a. die tatbe-standlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und 4 und gleichzeitig die im Rahmen der Ermessensbetätigung nach den Verwaltungsvorschriften zu prüfenden Kriterien, von deren Vorliegen das Bestehen eines öffentlichen Interesses abhängt, allesamt erfüllt sind, dass andererseits aber eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 2 der Vorschrift bei Vorliegen der gleichen das öffentliche Interesse bestimmenden Kriterien ohne Weiteres auch möglich wäre, wenn der Einbürgerungsbewerber die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und/oder 4 nicht erfüllt. Dies kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. (SaarlOVG, a.a.O. Rn. 54).
30 
Ein öffentliches Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG ist danach nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG) und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG) einzubürgern (SaarlOVG, a.a.O., Rn. 61; ebenso NdsOVG, Beschl. v. 07.01.2013 - 13 PA 243/12 - juris; so jetzt auch Nr. 8.2 VwV StAG vom 08.07.2013).
31 
Auch in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts finden sich Anhaltspunkte für eine solche enge Auslegung des Begriffs des öffentlichen Interesses. In seinem Urteil vom 20.03.2012 (a.a.O. Rn. 40) hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Fall, in dem ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG wegen Nichterfüllung des Unbescholtenheitserfordernisses ausgeschlossen war, beanstandet, dass es an der nötigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung fehle, ob ein öffentliches Interesse im Sinne des Absatzes 2 der Vorschrift besteht. Denn das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, nicht zum Anlass genommen zu überprüfen, ob und inwieweit dies zutreffe und wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien. Damit hat es, ohne die tatbe-standlichen Anforderungen eines öffentlichen Interesses im Sinne des Absatzes 2 näher zu definieren, deren Vorliegen jedenfalls nicht davon abhängig gemacht, ob eine der in der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zu Absatz 1 der Vorschrift allgemein anerkannten, das öffentliche Interesse im Sinne des Absatzes 1 kennzeichnenden Einbürgerungserleichterungen greift, sondern bezogen auf den konkreten Sachverhalt die Prüfung gefordert, ob die Wahrnehmung einer repräsentativen Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG begründet. Dies kann nur dahingehend verstanden werden, dass im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein spezifisch staatliches Interesse an einem ausnahmsweisen Absehen von den strengen Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 2 und/oder Nr. 4 besteht (SaarlOVG, Urt. v. 28.06.2012 - 1 A 35/12 - a.a.O. Rn. 62).
32 
Für ein öffentliches Interesse in diesem Sinne ist vorliegend nichts ersichtlich.
33 
c) Nichts anderes gilt bei der Anwendung des § 8 Abs. 2 StAG auf einen Einbürgerungsbewerber, dessen Ehegatte oder Lebenspartner Deutscher ist, im Rahmen des § 9 StAG. Mit der Verweisung in § 9 Abs. 1 StAG macht der Gesetzgeber die Solleinbürgerung eines mit einem Deutschen verheirateten Einbürgerungsbewerbers von der Erfüllung der Voraussetzungen des § 8 StAG abhängig. Diese Entscheidung des Gesetzgebers würde konterkariert, wenn man bei Ehegatten Deutscher, die die Einbürgerung begehren, jedoch keinen Einbürgerungsanspruch nach § 10 oder § 9 StAG haben, stets ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung bejahen würde. Eine Regelung des Inhalts, dass bei Ehegatten oder Lebenspartnern Deutscher unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 stets nach Ermessen über die Einbürgerung zu entscheiden ist, hat der Gesetzgeber gerade nicht getroffen.
34 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine solche Regelung, soweit es um Ehegatten Deutscher geht, auch nicht verfassungsrechtlich aufgrund des Schutzgebotes des Art. 6 Abs. 1 GG geboten. Dieses Schutzgebot hat zwar auch für staatsangehörigkeitsrechtliche Regelungen Bedeutung. Es wirkt hier vornehmlich dahin, dass eine einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie wünschenswert erscheint (BVerfG, Beschl. v. 21.05.1974 - 1 BvL 22/71 u.a. - BVerfGE 37, 217 <253>). Dabei handelt es sich aber nicht um ein Prinzip, das allen anderen staatsangehörigkeitsrechtlichen Grundsätzen gegenüber ohne weiteres Vorrang hätte. Der Grundsatz der Familieneinheit hat ohnehin im deutschen und ausländischen Staatsangehörigkeitsrecht an Bedeutung verloren, seitdem die Eheschließung im allgemeinen nicht mehr zur Änderung der Staatsangehörigkeit der Frau führt (BVerfG, Beschl. v. 21.05.1974, a.a.O. S. 253; BVerwG, Urt. v. 18.08.1981 - 1 C 185.79 - BVerwGE 64, 7 <11 f.>). Der Gesetzgeber hat in dem vorliegend maßgebenden Zusammenhang den Schutz von Ehe und Familie durch § 9 StAG innerhalb des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums, der es erlaubt, anderen öffentlichen Belangen den Vorrang einzuräumen, verfassungskonform ausgestaltet (Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl., § 9 StAG Rn. 9 m.w.N.). Bei Fehlen der in § 9 StAG normierten Voraussetzungen ist daher die Behörde regelmäßig nicht verpflichtet, allein wegen der Ehe des Ausländers mit einem Deutschen die Einbürgerung nach § 8 StAG vorzunehmen (BVerwG, Urt. v. 18.08.1981, a.a.O. S. 11 f.; BVerwG, Urt. v. 17.05.1983 - 1 C 163.80 - BVerwGE 67, 177 <183>) oder auch nur von den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG abzusehen (NdsOVG, Urt. v. 13.02.2013 - 13 LC 33/11 - EZAR NF 75 Nr. 11 = juris Rn. 53). Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - die unterschiedliche Staatsangehörigkeit innerhalb der Familie aufgrund des gesicherten unbefristeten Aufenthaltsrechts des Einbürgerungsbewerbers und der mittelfristig bestehenden Einbürgerungsperspektive keine erkennbaren negativen Auswirkungen auf seine ehelichen und familiären Lebensverhältnisse hat.
III.
35 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
36 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
37 
Beschluss vom 6. November 2013
38 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedr. in Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., Anh. § 164 Rn. 14) auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
39 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
18 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
II.
19 
Die Berufung ist auch begründet. Die zulässige Klage des Klägers auf Neubescheidung seines Antrags auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht begründet. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung nach § 10, § 9 und § 8 StAG nicht vorliegen und auch kein Einbürgerungsermessen eröffnet ist, kann der Kläger keine Neubescheidung nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO beanspruchen.
20 
1. Zutreffend gehen alle Beteiligten davon aus, dass der Kläger keinen Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG hat. Einem solchen Anspruch steht entgegen, dass der Kläger die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG (Straffreiheit) nicht erfüllt.
21 
a) Die im Bundeszentralregister eingetragene Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung kann noch verwertet werden, weil sie noch nicht getilgt und die Tilgungsfrist, die gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 BZRG 17 Jahre beträgt, noch nicht abgelaufen ist. Damit besteht noch kein Verwertungsverbot nach § 51 Abs. 1 BZRG. Eine Verurteilung ist zu berücksichtigen, solange noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.11.2005 - 13 S 2223/04 - InfAuslR 2006, 93; Urt. v. 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris). Die Einbürgerungsbehörde ist grundsätzlich an die Tilgungsentscheidungen des Bundeszentralregisters gebunden (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 12 a Rn. 16). Dies ist mit Blick auf die Möglichkeit des Einbürgerungsbewerbers, in besonderen Fällen eine vorzeitige Tilgung gemäß § 49 BZRG zu beantragen, auch bei atypischen Fallgestaltungen nicht unangemessen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.11.2005 - 13 S 2223/04 - a.a.O.; VG Gießen, Urt. v. 10.09.2001 - 10 E 4067/00 - InfAuslR 2002, 40; OVG NRW, Beschl. v. 28.09.2009 - 18 B 1398/09 - juris zur vergleichbaren Problematik bei Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis).
22 
b) Welche Verurteilungen bei der Einbürgerung außer Betracht bleiben, ist in § 12 a Abs. 1 StAG abschließend geregelt. Die hier erfolgte Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung kann nicht nach § 12 a Abs. 1 Satz 3 StAG außer Betracht bleiben, weil sie die Unbeachtlichkeits-grenze des § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG (drei Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung) erheblich übersteigt. Bereits ein Überschreiten der Unbeachtlich-keitsgrenze um ein Drittel ist nicht mehr geringfügig im Sinn des § 12 a Abs. 1 Satz 3 StAG (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 - 5 C 5.11 - BVerwGE 142, 145 = NVwZ 2012, 1250 = InfAuslR 2012, 273).
23 
2. Die Verurteilung des Klägers steht nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch der Ermessenseinbürgerung und nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 StAG der Solleinbürgerung als Ehegatte einer Deutschen entgegen. § 12 a Abs. 1 StAG findet in der seit dem 28.08.2007 geltenden Fassung des Gesetzes vom 19.08.2007 (BGBl I S. 1970) nicht mehr nur bei der Anspruchseinbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG, sondern auch bei der Einbürgerung nach den §§ 8, 9 StAG Anwendung (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 - 5 C 5.11 - a.a.O. Rn. 37; Berlit, a.a.O., § 12 a Rn. 13.3). Die Verurteilung kann daher auch bei Anwendung dieser Vorschriften nicht außer Betracht bleiben.
24 
3. Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, eine Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 2 (i.V.m. § 9 Abs. 1) StAG zu treffen. Nach dieser Vorschrift kann im Einzelfall aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte von der Voraussetzung der Straffreiheit in § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG abgesehen werden. § 8 Abs. 2 StAG ist auch dann noch anwendbar, wenn - wie hier - die Grenze der Bagatellstraftaten mehr als geringfügig im Sinne von § 12 a Abs. 1 Satz 3 StAG überschritten worden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 - 5 C 5.11 - a.a.O. Rn. 38).
25 
a) Eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG liegt nicht vor. Denn eine solche Härte muss durch atypische Umstände des Einzelfalles bedingt sein und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert werden können (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 - 5 C 5.11 - a.a.O. Rn. 39). Als Beispiel für einen Härtefall, der durch diese Ausnahmeregelung vermieden werden kann und soll, führt der Gesetzgeber die Konstellation an, dass etwa die ausländische Ehefrau aufgrund einer zur Durchführung eines Entlassungsverfahrens erteilten Einbürgerungszusicherung aus ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit ausgeschieden ist, nun aber ihrer Einbürgerung - auch bei unverschuldet eingetretener Arbeitslosigkeit ihres deutschen Ehegatten - mangelnde Unterhaltsfähigkeit entgegensteht und sie dadurch staatenlos geworden ist (BT-Drs. 15/420, S. 116). Dieser Beispielsfall zeigt zum einen, dass der Gesetzgeber für die Annahme einer „besonderen Härte“ mehr verlangt, als dass Gründe vorliegen, die einer Einbürgerung zwar grundsätzlich entgegenstehen, von denen jedoch unter bestimmten Umständen - wie etwa im Falle der nicht zu vertretenden Inanspruchnahme von Sozialleistungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG) - abgesehen werden kann. Zum anderen verdeutlicht er die Zielrichtung der Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 2 StAG: Sie soll es ermöglichen, solchen Härten zu begegnen, die gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden bzw. durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert würden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 - 5 C 5.11 - a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 5 A 1820/08.Z -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.05.2009 - 13 S 2428/08 -; OVG Bln-Bbg, Beschl. v. 11.06.2009 - OVG 5 M 30.08 -; SaarlOVG, Beschl. v. 10.06.2010 - 1 A 88/10 -; alle in juris). Für ein Absehen vom Erfordernis der Straffreiheit gelten zudem besonders strenge Anforderungen, weil bereits die Voraussetzungen des § 12 a Abs. 1 StAG zugunsten des Einbürgerungsbewerbers eingreifen (vgl. Marx, in: GK-AufenthG, § 8 Rn. 113). Daran gemessen sind hier keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Versagung der Ermessenseinbürgerung und der Solleinbürgerung nach § 9 Abs. 1 StAG wegen Straffälligkeit den Kläger gegenüber anderen Einbürgerungsbewerbern in vergleichbarer Lage besonders hart trifft. Er hat eine unbefristete Niederlassungserlaubnis und damit einen gesicherten Aufenthaltsstatus. Zudem hat er mit Blick darauf, dass die im Bundeszentralregister eingetragene Verurteilung bei weiterer Straffreiheit im Jahr 2017 zu tilgen sein wird, mittelfristig eine konkrete Einbürgerungsperspektive. Es wird nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich, dass die Versagung der Einbürgerung zum jetzigen Zeitpunkt negative Auswirkungen auf die ehelichen und familiären Lebensverhältnisse des Klägers hätte.
26 
b) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts fehlt es auch an einem öffentlichen Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG.
27 
Der Gesetzgeber hat den Begriff des öffentlichen Interesses nicht näher definiert. Auch die Gesetzesmaterialien sind insoweit unergiebig. In der Gesetzesbegründung wird lediglich ein Beispielsfall für eine besondere Härte angeführt (BT-Drs. 15/420, S. 116).
28 
In der Kommentarliteratur wird teilweise gefordert, den Begriff des öffentlichen Interesses weit auszulegen. Ein solches manifestiere sich grundsätzlich in allen in der Verwaltungspraxis anerkannten und in der StAR-VwV bezeichneten Einbürgerungserleichterungen, die im Rahmen des durch § 8 Abs. 1 StAG eröffneten Ermessens zu beachten seien (vgl. Marx, in: GK-StAR, § 8 Rn. 157 ff.).
29 
Diese Auffassung vermag nicht zu überzeugen. Sie übersieht den Ausnahmecharakter des § 8 Abs. 2 StAG und verträgt sich auch schlecht mit der - allgemein anerkannten - engen Auslegung des Begriffs der besonderen Härte in derselben Vorschrift (vgl. oben a). Sie beruht offenbar auf der Annahme, der Begriff des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei identisch mit dem in den Nummern 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV (ebenso jetzt: Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Integration BW zum Staatsangehörigkeitsgesetz vom 08.07.2013 - VwV StAG -) umschriebenen öffentlichen Interesse, das in den Fällen des § 8 Abs. 1 StAG im Rahmen des Einbürgerungsermessens eine dem Einbürgerungsbewerber positive Entscheidung ermöglichen kann. Wenngleich die Verwendung des Begriffs „öffentliches Interesse“ in Absatz 2 der Vorschrift dieses Verständnis auf den ersten Blick durchaus rechtfertigen könnte, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass die Annahme, der Gesetzgeber habe das Tatbestandsmerkmal „öffentliches Interesse“ im Sinn der zur Förderung einer einheitlichen Handhabung des Einbürgerungsermessens erlassenen Vorgaben der Verwaltungsvorschriften zu § 8 Abs. 1 StAG verstanden wissen wollen, nicht tragfähig ist (so zutreffend SaarlOVG, Urt. v. 28.06.2012 - 1 A 35/12 - juris Rn. 50 ff.). Zu Recht führt das Saarländische Oberverwaltungsgericht aus, dass eine weite Auslegung zu widersinnigen Ergebnissen führen würde und die Tatbestandsmerkmale der Unbescholtenheit und der Unterhaltsfähigkeit im Sinn der Nrn. 2 und 4 des § 8 Abs. 1 StAG ihrer Bedeutung als das Einbürgerungsermessen erst eröffnende Tatbestandsvoraussetzungen vollständig enthoben wären, ohne dass dies nach dem sachlichen Zusammenhang gerechtfertigt wäre. Das öffentliche Interesse in den Verwaltungsvorschriften zu § 8 Abs. 1 und in § 8 Abs. 2 StAG jeweils inhaltsgleich zu verstehen, hieße, dass einerseits eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 1 der Vorschrift nur in Betracht kommt, wenn u.a. die tatbe-standlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und 4 und gleichzeitig die im Rahmen der Ermessensbetätigung nach den Verwaltungsvorschriften zu prüfenden Kriterien, von deren Vorliegen das Bestehen eines öffentlichen Interesses abhängt, allesamt erfüllt sind, dass andererseits aber eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 2 der Vorschrift bei Vorliegen der gleichen das öffentliche Interesse bestimmenden Kriterien ohne Weiteres auch möglich wäre, wenn der Einbürgerungsbewerber die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und/oder 4 nicht erfüllt. Dies kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. (SaarlOVG, a.a.O. Rn. 54).
30 
Ein öffentliches Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG ist danach nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG) und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG) einzubürgern (SaarlOVG, a.a.O., Rn. 61; ebenso NdsOVG, Beschl. v. 07.01.2013 - 13 PA 243/12 - juris; so jetzt auch Nr. 8.2 VwV StAG vom 08.07.2013).
31 
Auch in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts finden sich Anhaltspunkte für eine solche enge Auslegung des Begriffs des öffentlichen Interesses. In seinem Urteil vom 20.03.2012 (a.a.O. Rn. 40) hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Fall, in dem ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG wegen Nichterfüllung des Unbescholtenheitserfordernisses ausgeschlossen war, beanstandet, dass es an der nötigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung fehle, ob ein öffentliches Interesse im Sinne des Absatzes 2 der Vorschrift besteht. Denn das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, nicht zum Anlass genommen zu überprüfen, ob und inwieweit dies zutreffe und wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien. Damit hat es, ohne die tatbe-standlichen Anforderungen eines öffentlichen Interesses im Sinne des Absatzes 2 näher zu definieren, deren Vorliegen jedenfalls nicht davon abhängig gemacht, ob eine der in der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zu Absatz 1 der Vorschrift allgemein anerkannten, das öffentliche Interesse im Sinne des Absatzes 1 kennzeichnenden Einbürgerungserleichterungen greift, sondern bezogen auf den konkreten Sachverhalt die Prüfung gefordert, ob die Wahrnehmung einer repräsentativen Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG begründet. Dies kann nur dahingehend verstanden werden, dass im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein spezifisch staatliches Interesse an einem ausnahmsweisen Absehen von den strengen Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 2 und/oder Nr. 4 besteht (SaarlOVG, Urt. v. 28.06.2012 - 1 A 35/12 - a.a.O. Rn. 62).
32 
Für ein öffentliches Interesse in diesem Sinne ist vorliegend nichts ersichtlich.
33 
c) Nichts anderes gilt bei der Anwendung des § 8 Abs. 2 StAG auf einen Einbürgerungsbewerber, dessen Ehegatte oder Lebenspartner Deutscher ist, im Rahmen des § 9 StAG. Mit der Verweisung in § 9 Abs. 1 StAG macht der Gesetzgeber die Solleinbürgerung eines mit einem Deutschen verheirateten Einbürgerungsbewerbers von der Erfüllung der Voraussetzungen des § 8 StAG abhängig. Diese Entscheidung des Gesetzgebers würde konterkariert, wenn man bei Ehegatten Deutscher, die die Einbürgerung begehren, jedoch keinen Einbürgerungsanspruch nach § 10 oder § 9 StAG haben, stets ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung bejahen würde. Eine Regelung des Inhalts, dass bei Ehegatten oder Lebenspartnern Deutscher unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 stets nach Ermessen über die Einbürgerung zu entscheiden ist, hat der Gesetzgeber gerade nicht getroffen.
34 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine solche Regelung, soweit es um Ehegatten Deutscher geht, auch nicht verfassungsrechtlich aufgrund des Schutzgebotes des Art. 6 Abs. 1 GG geboten. Dieses Schutzgebot hat zwar auch für staatsangehörigkeitsrechtliche Regelungen Bedeutung. Es wirkt hier vornehmlich dahin, dass eine einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie wünschenswert erscheint (BVerfG, Beschl. v. 21.05.1974 - 1 BvL 22/71 u.a. - BVerfGE 37, 217 <253>). Dabei handelt es sich aber nicht um ein Prinzip, das allen anderen staatsangehörigkeitsrechtlichen Grundsätzen gegenüber ohne weiteres Vorrang hätte. Der Grundsatz der Familieneinheit hat ohnehin im deutschen und ausländischen Staatsangehörigkeitsrecht an Bedeutung verloren, seitdem die Eheschließung im allgemeinen nicht mehr zur Änderung der Staatsangehörigkeit der Frau führt (BVerfG, Beschl. v. 21.05.1974, a.a.O. S. 253; BVerwG, Urt. v. 18.08.1981 - 1 C 185.79 - BVerwGE 64, 7 <11 f.>). Der Gesetzgeber hat in dem vorliegend maßgebenden Zusammenhang den Schutz von Ehe und Familie durch § 9 StAG innerhalb des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums, der es erlaubt, anderen öffentlichen Belangen den Vorrang einzuräumen, verfassungskonform ausgestaltet (Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl., § 9 StAG Rn. 9 m.w.N.). Bei Fehlen der in § 9 StAG normierten Voraussetzungen ist daher die Behörde regelmäßig nicht verpflichtet, allein wegen der Ehe des Ausländers mit einem Deutschen die Einbürgerung nach § 8 StAG vorzunehmen (BVerwG, Urt. v. 18.08.1981, a.a.O. S. 11 f.; BVerwG, Urt. v. 17.05.1983 - 1 C 163.80 - BVerwGE 67, 177 <183>) oder auch nur von den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG abzusehen (NdsOVG, Urt. v. 13.02.2013 - 13 LC 33/11 - EZAR NF 75 Nr. 11 = juris Rn. 53). Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - die unterschiedliche Staatsangehörigkeit innerhalb der Familie aufgrund des gesicherten unbefristeten Aufenthaltsrechts des Einbürgerungsbewerbers und der mittelfristig bestehenden Einbürgerungsperspektive keine erkennbaren negativen Auswirkungen auf seine ehelichen und familiären Lebensverhältnisse hat.
III.
35 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
36 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
37 
Beschluss vom 6. November 2013
38 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedr. in Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., Anh. § 164 Rn. 14) auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
39 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 29.07.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 27.03.2012 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, über den Einbürgerungsanspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt eine erneute Entscheidung über seinen Einbürgerungsantrag.
Der 1971 geborene Kläger stammt aus Bosnien-Herzegowina. Er reiste 1993 ins Bundesgebiet ein.
Am 15.04.1994 heiratete er eine Landsmännin, die später eingebürgert wurde. Aus der Ehe gingen die 1995 und 1998 geborenen Töchter Milana und Nicolina hervor. Auch die Kinder besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit.
Am 10.12.2003 wurde dem Kläger erstmals eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Am 05.11.2009 erhielt er eine Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG und seit dem 20.10.2011 ist er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis.
Am 21.06.2000 wurde der Kläger vom Amtsgericht Schwäbisch Hall wegen Diebstahls in drei Fällen in Tatmehrheit mit Urkundenfälschung, Diebstahl, Beihilfe zum Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren, auf Bewährung ausgesetzt für die Daher von 3 Jahren, verurteilt. Mit Wirkung vom 31.07.2003 wurde die Strafe erlassen.
Erstmals beantragte der Kläger im September 2006 seine Einbürgerung. Nachdem ihm der Beklagte unter Hinweis auf die strafgerichtliche Verurteilung und die Dauer der Tilgungsfrist bis 2015 die Ablehnung des Antrags in Aussicht gestellt hatte, nahm der Kläger den Einbürgerungsantrag am 01.03.2007 zurück.
Am 19.01.2011 beantragte der Kläger erneut die Einbürgerung. Der Kläger wurde wiederum - und zwar mit Schreiben vom 04.04.2011 - zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags angehört. Eine Äußerung dazu erfolgte nicht. Mit Bescheid vom 29.07.2011 lehnte der Beklagte sodann die Einbürgerung ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Ein Einbürgerungsanspruch bestehe in der Regel nicht, wenn der Einbürgerungsbewerber wegen Straftaten rechtskräftig verurteilt wurde und diese über den gesetzlichen Erheblichkeitsgrenzen liegen. Die Verurteilung vom 21.06.2000 könne nicht unberücksichtigt bleiben und stelle auch keine unerhebliche Überschreitung der Erheblichkeitsgrenzen dar. Auch bei der Ermessenseinbürgerung gelte nichts anderes. Nur dann könnten Verurteilungen im Einbürgerungsverfahren als unschädlich angesehen werden, wenn sie aus dem Bundeszentralregister getilgt seien. Davon sei beim Kläger frühestens im Jahr 2015 auszugehen. Es sei auch kein Grund ersichtlich, der beim Kläger eine Verkürzung der Vorwerfbarkeit der Straffälligkeit in Abweichung davon rechtfertigen könnte. Die Tilgung stehe nicht unmittelbar bevor und es drohe keine Staatenlosigkeit oder ein Jobverlust. Derzeit bestehe kein öffentliches Interesse an der Einbürgerung des Klägers.
Den nicht näher begründeten Widerspruch des Klägers vom 31.08.2011 wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2012 aus den Gründen des Ausgangsbescheids zurück.
Am 24.04.2012 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erheben und zur Begründung ausführen lassen: Zwar bestehe kein Rechtsanspruch auf die Einbürgerung, jedoch sei deren Versagung ermessensfehlerhaft. Der Beklagte verkenne schon den Unterschied zwischen § 8 und § 10 StAG, § 12a StAG schließe bei entsprechender strafgerichtlicher Verurteilung nur den Einbürgerungsanspruch aus. Für eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung reiche der bloße Verweis auf § 51 BZRG nicht aus. Vorliegend sei ermessensrelevant, dass sich der Kläger seit annähernd 20 Jahren in Deutschland aufhalte, die einzige Verurteilung im Jahr 2000 erfolgt sei, sich der Kläger seither vorbildlich verhalten habe und ihm die Strafe 2003 auch erlassen worden sei. Auch habe der Beklagte § 9 StAG nicht beachtet. Trotz dieser Sollensregelung habe der Beklagte keine Verkürzung der Tilgungsfrist erwogen; es habe sich um eine erstmalige Verurteilung gehandelt, es bestehe nicht die Gefahr künftiger Straftaten. Auch handele der Beklagte widersprüchlich, wenn er dem Kläger einerseits eine Niederlassungserlaubnis erteile und andererseits die Einbürgerung verweigere.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
den Bescheid des Beklagten vom 29.07.2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 27.03.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Einbürgerungsanspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Ergänzend zur Begründung der angefochtenen Bescheide bringt er noch vor: Es sei kein Grund ersichtlich, der eine Verkürzung der Vorwerfbarkeit der Straffälligkeit in Abweichung von den Tilgungsfristen rechtfertigen könnte. Bei einer solchen Entscheidung spielten die Schwere und Häufigkeit der Straftaten, der zeitliche Abstand, die Beseitigung früherer negativer Umstände, der Tilgungszeitpunkt und eine evtl. vorliegende Staatenlosigkeit eine Rolle. Der Beklagte sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Verurteilung zum jetzigen Zeitpunkt nicht außer Betracht bleiben könne. Die Schwere der Straftaten zeige, dass der Kläger die Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland nicht in ausreichendem Maße respektiere, sodass noch kein ausreichender Integrationsgrad bestehe, der einen Ausnahmetatbestand rechtfertigen könne. Die Verurteilung liege erst 11 Jahre zurück, die Tilgung stehe nicht unmittelbar bevor, die Dauer der Tilgungsfrist mache deutlich, dass es sich nicht um Bagatelldelikte gehandelt habe. Es bestehe auch im Rahmen von § 8 StAG kein öffentliches Interesse an der Einbürgerung und es sei auch kein besonderer Härtegrund ersichtlich. Ebenso scheide eine Einbürgerung nach § 9 StAG aus, weil dafür auch alle Voraussetzungen nach § 8 StAG erfüllt sein müssten. Die Niederlassungserlaubnis sei dem Kläger nicht von der Einbürgerungs-, sondern von der Ausländerbehörde erteilt worden und außerdem seien die jeweiligen Voraussetzungen unterschiedlich.
15 
Den in der mündlichen Verhandlung am 08.10.2012 zwischen den Beteiligten geschlossenen gerichtlichen Vergleich hat der Beklagte mit am 10.10.2012 eingegangenem Schreiben widerrufen.
16 
Dem Gericht lagen die Behördenakten vor. Hierauf, auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Gerichtsakten wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Das Gericht konnte mit Zustimmung der Beteiligten durch den Berichterstatter anstelle der Kammer entscheiden (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO).
18 
Da der gerichtliche Vergleich vom 08.10.2012 vom Beklagten innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen worden ist, ist er unwirksam und ist somit streitig zu entscheiden. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und eine Möglichkeit zur weiteren Stellungnahme für den Beklagten waren nicht geboten, weil dieser in der mündlichen Verhandlung ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme hatte.
19 
Die Klage ist als Neubescheidungsklage zulässig und auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtsfehlerhaft und verletzen den Kläger in seinem Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens über seine Einbürgerung (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).
20 
Die Beteiligten gehen zunächst zurecht und übereinstimmend davon aus, dass der Kläger seine Einbürgerung nicht beanspruchen kann. Denn aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung vom 21.06.2000 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren sind gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAG die Voraussetzungen für einen Anspruch nicht erfüllt. Wie der Beklagte zutreffend entschieden hat, bleibt die Straftat wegen der Dauer der Freiheitsstrafe auch nicht nach § 12a Abs. 1 S. 1 StAG außer Betracht. Ebenfalls zutreffend gehen die angefochtenen Bescheide weiter davon aus, dass die zweijährige Freiheitsstrafe auch die sog. Geringfügigkeitsgrenze nach § 12a Abs. 1 S. 1 und 3 StAG überschreitet, so dass das hiernach mögliche Ermessen, die Straftat außer Betracht zu lassen, schon nicht eröffnet ist (vgl. zu den Geringfügigkeitsgrenzen BVerwG, Urteil vom 20. 03.2012, - 5 C 5/11 -, ).
21 
Der Kläger hat auch keinen Rechtsanspruch aus § 9 StAG.
22 
Nach dieser Vorschrift sollen Ehegatten oder Lebenspartner Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 StAG eingebürgert werden, wenn die weiteren Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 StAG vorliegen. Liegt kein atypischer Sachverhalt vor, so handelt es sich auch im Hinblick auf den Verweis in § 9 Abs. 1 auf die Tatbestandsvoraussetzungen in § 8 StAG um eine Anspruchsnorm, sodass kein Ermessen der Behörde besteht (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.08.1981, - 1 C 185/79 -, und vom 16.05.1983, - 1 C 28/81 -, ).
23 
Vorliegend besteht Einigkeit auch dahin, dass kein atypischer Fall im Sinne von § 9 Abs. 1 StAG (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 31.03.1987, - 1 C 29/84 -, ) gegeben ist und der Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 1 und, allerdings mit Ausnahme der Ziff. 2, auch diejenigen nach § 8 Abs. 1 StAG erfüllt. Damit besteht aber auch unter Annahme eines Regelfalles nach § 9 Abs. 1 StAG kein Rechtsanspruch auf eine Einbürgerung.
24 
Jedoch ermöglicht § 8 Abs. 2 StAG eine behördliche Ermessenentscheidung darüber, u.a. von den Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 2 aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abzusehen. Diese Ermessensermächtigung wird von derjenigen nach § 12a Abs. 1 S. 2 und 3 StAG nicht ausgeschlossen oder verdrängt, sondern setzt im Gegensatz voraus, dass diese nicht greift (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2012, aaO.), was - wie schon ausgeführt - hier der Fall ist.
25 
Vorliegend ist das Ermessen nach § 8 Abs. 2 StAG zwar nicht eröffnet, weil die Einbürgerung des Klägers zur Vermeidung einer besonderen Härte geboten erschiene. Denn diese Voraussetzung liegt nicht vor. Eine besondere Härte setzt das Vorliegen eines atypischen Sachverhaltes voraus, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise (qualifiziert) beschwert, wenn oder weil er nicht oder erst später eingebürgert wird. Das heißt, die Härte müsste durch die frühere Einbürgerung beseitigt werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 06.05.2009, - 13 S 2428/08 -, ; Marx. aaO., Rz. 112). Die Gründe, die der Kläger vorliegend geltend gemacht hat (insbesondere: es handele sich um die erste Verurteilung, diese liege im Jahr 2000 und damit lange zurück, er habe sich seither vorbildlich verhalten, ihm sei 2003 die Strafe erlassen und am 20.10.2011 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden), lassen aber keinen Schluss auf einen Nachteil zu, den der Kläger mit der Aufschiebung seiner Einbürgerung, die ihm nach Tilgung der Straftat im Jahr 2015 in Aussicht gestellt wird, zu erleiden hätte.
26 
Jedoch ist eine Ermessensentscheidung aus Gründen des öffentlichen Interesses geboten. Es handelt sich dabei (ebenfalls) um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der letztlich von den Verwaltungsgerichten auszulegen ist. Nach Marx (aaO., Rz. 157 ff. zu § 8) ist er weit zu verstehen und insbesondere im Zusammenhang mit den zahlreichen Einbürgerungserleichterungen bei der Ermessensausübung nach § 8 StAG zu sehen, in welchen das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung des dadurch privilegierten Personenkreises zum Ausdruck kommt. Jedenfalls in Fällen wie hier erweitert sich der privilegierte Personenkreis durch die Verweisung in § 9 Abs. 1 StAG, so dass bei der Bestimmung des öffentlichen Interesses und bei der Ausübung des Ermessens nach § 8 Abs. 2 StAG die Ziele zu berücksichtigen sind, die der Gesetzgeber mit § 9 Abs. 1 StAG verfolgt hat: Nach § 9 Abs. 1 StAG sollen Ehepartner Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 StAGzur Herstellung einer einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit in der Familie eingebürgert werden. Dies ist Ausfluss aus Art. 6 Abs. 1 GG, der den Staat verpflichtet, die Einheit und Selbstverantwortung der Familie zu respektieren und zu fördern und wirkt dahin, dass eine einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie wünschenswert ist (vgl. Verwaltungsgericht Wiesbaden, Urteil vom 04.08.2008, - 6 K 574/08.WI -, , unter Hinweis auf Marx, Gemeinschaftskommentar zum StAR, § 9 Rz. 1 ff.), weil sie ihren Zusammenhalt regelmäßig fördert. Die Behörde hält sich regelmäßig im Rahmen ihres Ermessens nach § 8 Abs. 2 StAG, wenn sie sich bei der Beurteilung der Frage, ob die Einbürgerung im staatlichen Interesse liegt, auch von dem Prinzip der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Familie leiten lässt, denn dieses Prinzip spricht dann, wenn andere von der Einbürgerung berührte staatliche Interessen gewahrt sind, für die Einbürgerung ausländischer Ehegatten deutscher Staatsangehöriger (BVerwG, Beschluss vom 29.07.1985, - 1 B 78.85 -, , mit weiteren Nachweisen).
27 
Die Kernfamilie des Klägers besteht aus deutschen Staatsangehörigen, nur der Kläger verfügt nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit. Somit kann nach diesen Grundsätzen durch seine Einbürgerung dem Grundsatz der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Familie Rechnung getragen werden. Es ist damit grundsätzlich vom Vorliegen eines dahin gehenden öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers auszugehen.
28 
Dies hat vorliegend (nur) zur Folge, dass der Kläger eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung über seine Einbürgerung zum jetzigen Zeitpunkt verlangen kann, soweit die übrigen Einbürgerungsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 StAG (s.o.) auch weiterhin vorliegen. Ob andere von der Einbürgerung berührte staatliche Interessen gewahrt werden, ist Gegenstand der Abwägung im Rahmen der Ermessensbetätigung. Dass dies nicht der Ausschluss der Ermessenseinbürgerung im Hinblick auf die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers sein kann, ergibt sich aber schon aus der eindeutigen Regelung in § 8 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 StAG.
29 
Da Ausgangs- und Widerspruchsbescheid ausdrücklich davon ausgegangen sind, dass das Ermessen nach § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 StAG gar nicht erst eröffnet ist, sind die angefochtenen Bescheide schon deshalb rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die als Neubescheidungsklage musste daher unter deren Aufhebung in vollem Umfange Erfolg haben.
30 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
17 
Das Gericht konnte mit Zustimmung der Beteiligten durch den Berichterstatter anstelle der Kammer entscheiden (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO).
18 
Da der gerichtliche Vergleich vom 08.10.2012 vom Beklagten innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen worden ist, ist er unwirksam und ist somit streitig zu entscheiden. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und eine Möglichkeit zur weiteren Stellungnahme für den Beklagten waren nicht geboten, weil dieser in der mündlichen Verhandlung ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme hatte.
19 
Die Klage ist als Neubescheidungsklage zulässig und auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtsfehlerhaft und verletzen den Kläger in seinem Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens über seine Einbürgerung (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).
20 
Die Beteiligten gehen zunächst zurecht und übereinstimmend davon aus, dass der Kläger seine Einbürgerung nicht beanspruchen kann. Denn aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung vom 21.06.2000 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren sind gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAG die Voraussetzungen für einen Anspruch nicht erfüllt. Wie der Beklagte zutreffend entschieden hat, bleibt die Straftat wegen der Dauer der Freiheitsstrafe auch nicht nach § 12a Abs. 1 S. 1 StAG außer Betracht. Ebenfalls zutreffend gehen die angefochtenen Bescheide weiter davon aus, dass die zweijährige Freiheitsstrafe auch die sog. Geringfügigkeitsgrenze nach § 12a Abs. 1 S. 1 und 3 StAG überschreitet, so dass das hiernach mögliche Ermessen, die Straftat außer Betracht zu lassen, schon nicht eröffnet ist (vgl. zu den Geringfügigkeitsgrenzen BVerwG, Urteil vom 20. 03.2012, - 5 C 5/11 -, ).
21 
Der Kläger hat auch keinen Rechtsanspruch aus § 9 StAG.
22 
Nach dieser Vorschrift sollen Ehegatten oder Lebenspartner Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 StAG eingebürgert werden, wenn die weiteren Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 StAG vorliegen. Liegt kein atypischer Sachverhalt vor, so handelt es sich auch im Hinblick auf den Verweis in § 9 Abs. 1 auf die Tatbestandsvoraussetzungen in § 8 StAG um eine Anspruchsnorm, sodass kein Ermessen der Behörde besteht (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.08.1981, - 1 C 185/79 -, und vom 16.05.1983, - 1 C 28/81 -, ).
23 
Vorliegend besteht Einigkeit auch dahin, dass kein atypischer Fall im Sinne von § 9 Abs. 1 StAG (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 31.03.1987, - 1 C 29/84 -, ) gegeben ist und der Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 1 und, allerdings mit Ausnahme der Ziff. 2, auch diejenigen nach § 8 Abs. 1 StAG erfüllt. Damit besteht aber auch unter Annahme eines Regelfalles nach § 9 Abs. 1 StAG kein Rechtsanspruch auf eine Einbürgerung.
24 
Jedoch ermöglicht § 8 Abs. 2 StAG eine behördliche Ermessenentscheidung darüber, u.a. von den Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 2 aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abzusehen. Diese Ermessensermächtigung wird von derjenigen nach § 12a Abs. 1 S. 2 und 3 StAG nicht ausgeschlossen oder verdrängt, sondern setzt im Gegensatz voraus, dass diese nicht greift (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2012, aaO.), was - wie schon ausgeführt - hier der Fall ist.
25 
Vorliegend ist das Ermessen nach § 8 Abs. 2 StAG zwar nicht eröffnet, weil die Einbürgerung des Klägers zur Vermeidung einer besonderen Härte geboten erschiene. Denn diese Voraussetzung liegt nicht vor. Eine besondere Härte setzt das Vorliegen eines atypischen Sachverhaltes voraus, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise (qualifiziert) beschwert, wenn oder weil er nicht oder erst später eingebürgert wird. Das heißt, die Härte müsste durch die frühere Einbürgerung beseitigt werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 06.05.2009, - 13 S 2428/08 -, ; Marx. aaO., Rz. 112). Die Gründe, die der Kläger vorliegend geltend gemacht hat (insbesondere: es handele sich um die erste Verurteilung, diese liege im Jahr 2000 und damit lange zurück, er habe sich seither vorbildlich verhalten, ihm sei 2003 die Strafe erlassen und am 20.10.2011 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden), lassen aber keinen Schluss auf einen Nachteil zu, den der Kläger mit der Aufschiebung seiner Einbürgerung, die ihm nach Tilgung der Straftat im Jahr 2015 in Aussicht gestellt wird, zu erleiden hätte.
26 
Jedoch ist eine Ermessensentscheidung aus Gründen des öffentlichen Interesses geboten. Es handelt sich dabei (ebenfalls) um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der letztlich von den Verwaltungsgerichten auszulegen ist. Nach Marx (aaO., Rz. 157 ff. zu § 8) ist er weit zu verstehen und insbesondere im Zusammenhang mit den zahlreichen Einbürgerungserleichterungen bei der Ermessensausübung nach § 8 StAG zu sehen, in welchen das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung des dadurch privilegierten Personenkreises zum Ausdruck kommt. Jedenfalls in Fällen wie hier erweitert sich der privilegierte Personenkreis durch die Verweisung in § 9 Abs. 1 StAG, so dass bei der Bestimmung des öffentlichen Interesses und bei der Ausübung des Ermessens nach § 8 Abs. 2 StAG die Ziele zu berücksichtigen sind, die der Gesetzgeber mit § 9 Abs. 1 StAG verfolgt hat: Nach § 9 Abs. 1 StAG sollen Ehepartner Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 StAGzur Herstellung einer einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit in der Familie eingebürgert werden. Dies ist Ausfluss aus Art. 6 Abs. 1 GG, der den Staat verpflichtet, die Einheit und Selbstverantwortung der Familie zu respektieren und zu fördern und wirkt dahin, dass eine einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie wünschenswert ist (vgl. Verwaltungsgericht Wiesbaden, Urteil vom 04.08.2008, - 6 K 574/08.WI -, , unter Hinweis auf Marx, Gemeinschaftskommentar zum StAR, § 9 Rz. 1 ff.), weil sie ihren Zusammenhalt regelmäßig fördert. Die Behörde hält sich regelmäßig im Rahmen ihres Ermessens nach § 8 Abs. 2 StAG, wenn sie sich bei der Beurteilung der Frage, ob die Einbürgerung im staatlichen Interesse liegt, auch von dem Prinzip der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Familie leiten lässt, denn dieses Prinzip spricht dann, wenn andere von der Einbürgerung berührte staatliche Interessen gewahrt sind, für die Einbürgerung ausländischer Ehegatten deutscher Staatsangehöriger (BVerwG, Beschluss vom 29.07.1985, - 1 B 78.85 -, , mit weiteren Nachweisen).
27 
Die Kernfamilie des Klägers besteht aus deutschen Staatsangehörigen, nur der Kläger verfügt nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit. Somit kann nach diesen Grundsätzen durch seine Einbürgerung dem Grundsatz der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Familie Rechnung getragen werden. Es ist damit grundsätzlich vom Vorliegen eines dahin gehenden öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers auszugehen.
28 
Dies hat vorliegend (nur) zur Folge, dass der Kläger eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung über seine Einbürgerung zum jetzigen Zeitpunkt verlangen kann, soweit die übrigen Einbürgerungsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 StAG (s.o.) auch weiterhin vorliegen. Ob andere von der Einbürgerung berührte staatliche Interessen gewahrt werden, ist Gegenstand der Abwägung im Rahmen der Ermessensbetätigung. Dass dies nicht der Ausschluss der Ermessenseinbürgerung im Hinblick auf die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers sein kann, ergibt sich aber schon aus der eindeutigen Regelung in § 8 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 StAG.
29 
Da Ausgangs- und Widerspruchsbescheid ausdrücklich davon ausgegangen sind, dass das Ermessen nach § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 StAG gar nicht erst eröffnet ist, sind die angefochtenen Bescheide schon deshalb rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die als Neubescheidungsklage musste daher unter deren Aufhebung in vollem Umfange Erfolg haben.
30 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn

1.
das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht,
2.
der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert,
3.
der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,
4.
der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde,
5.
dem Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen, oder
6.
der Ausländer einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt.

(2) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird ferner abgesehen, wenn der Ausländer die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt.

(3) Weitere Ausnahmen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 können nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge vorgesehen werden.

(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden.

(2) Aus der Tat oder der Verurteilung entstandene Rechte Dritter, gesetzliche Rechtsfolgen der Tat oder der Verurteilung und Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tat oder der Verurteilung ergangen sind, bleiben unberührt.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 29.07.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 27.03.2012 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, über den Einbürgerungsanspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt eine erneute Entscheidung über seinen Einbürgerungsantrag.
Der 1971 geborene Kläger stammt aus Bosnien-Herzegowina. Er reiste 1993 ins Bundesgebiet ein.
Am 15.04.1994 heiratete er eine Landsmännin, die später eingebürgert wurde. Aus der Ehe gingen die 1995 und 1998 geborenen Töchter Milana und Nicolina hervor. Auch die Kinder besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit.
Am 10.12.2003 wurde dem Kläger erstmals eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Am 05.11.2009 erhielt er eine Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG und seit dem 20.10.2011 ist er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis.
Am 21.06.2000 wurde der Kläger vom Amtsgericht Schwäbisch Hall wegen Diebstahls in drei Fällen in Tatmehrheit mit Urkundenfälschung, Diebstahl, Beihilfe zum Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren, auf Bewährung ausgesetzt für die Daher von 3 Jahren, verurteilt. Mit Wirkung vom 31.07.2003 wurde die Strafe erlassen.
Erstmals beantragte der Kläger im September 2006 seine Einbürgerung. Nachdem ihm der Beklagte unter Hinweis auf die strafgerichtliche Verurteilung und die Dauer der Tilgungsfrist bis 2015 die Ablehnung des Antrags in Aussicht gestellt hatte, nahm der Kläger den Einbürgerungsantrag am 01.03.2007 zurück.
Am 19.01.2011 beantragte der Kläger erneut die Einbürgerung. Der Kläger wurde wiederum - und zwar mit Schreiben vom 04.04.2011 - zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags angehört. Eine Äußerung dazu erfolgte nicht. Mit Bescheid vom 29.07.2011 lehnte der Beklagte sodann die Einbürgerung ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Ein Einbürgerungsanspruch bestehe in der Regel nicht, wenn der Einbürgerungsbewerber wegen Straftaten rechtskräftig verurteilt wurde und diese über den gesetzlichen Erheblichkeitsgrenzen liegen. Die Verurteilung vom 21.06.2000 könne nicht unberücksichtigt bleiben und stelle auch keine unerhebliche Überschreitung der Erheblichkeitsgrenzen dar. Auch bei der Ermessenseinbürgerung gelte nichts anderes. Nur dann könnten Verurteilungen im Einbürgerungsverfahren als unschädlich angesehen werden, wenn sie aus dem Bundeszentralregister getilgt seien. Davon sei beim Kläger frühestens im Jahr 2015 auszugehen. Es sei auch kein Grund ersichtlich, der beim Kläger eine Verkürzung der Vorwerfbarkeit der Straffälligkeit in Abweichung davon rechtfertigen könnte. Die Tilgung stehe nicht unmittelbar bevor und es drohe keine Staatenlosigkeit oder ein Jobverlust. Derzeit bestehe kein öffentliches Interesse an der Einbürgerung des Klägers.
Den nicht näher begründeten Widerspruch des Klägers vom 31.08.2011 wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2012 aus den Gründen des Ausgangsbescheids zurück.
Am 24.04.2012 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erheben und zur Begründung ausführen lassen: Zwar bestehe kein Rechtsanspruch auf die Einbürgerung, jedoch sei deren Versagung ermessensfehlerhaft. Der Beklagte verkenne schon den Unterschied zwischen § 8 und § 10 StAG, § 12a StAG schließe bei entsprechender strafgerichtlicher Verurteilung nur den Einbürgerungsanspruch aus. Für eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung reiche der bloße Verweis auf § 51 BZRG nicht aus. Vorliegend sei ermessensrelevant, dass sich der Kläger seit annähernd 20 Jahren in Deutschland aufhalte, die einzige Verurteilung im Jahr 2000 erfolgt sei, sich der Kläger seither vorbildlich verhalten habe und ihm die Strafe 2003 auch erlassen worden sei. Auch habe der Beklagte § 9 StAG nicht beachtet. Trotz dieser Sollensregelung habe der Beklagte keine Verkürzung der Tilgungsfrist erwogen; es habe sich um eine erstmalige Verurteilung gehandelt, es bestehe nicht die Gefahr künftiger Straftaten. Auch handele der Beklagte widersprüchlich, wenn er dem Kläger einerseits eine Niederlassungserlaubnis erteile und andererseits die Einbürgerung verweigere.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
den Bescheid des Beklagten vom 29.07.2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 27.03.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Einbürgerungsanspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Ergänzend zur Begründung der angefochtenen Bescheide bringt er noch vor: Es sei kein Grund ersichtlich, der eine Verkürzung der Vorwerfbarkeit der Straffälligkeit in Abweichung von den Tilgungsfristen rechtfertigen könnte. Bei einer solchen Entscheidung spielten die Schwere und Häufigkeit der Straftaten, der zeitliche Abstand, die Beseitigung früherer negativer Umstände, der Tilgungszeitpunkt und eine evtl. vorliegende Staatenlosigkeit eine Rolle. Der Beklagte sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Verurteilung zum jetzigen Zeitpunkt nicht außer Betracht bleiben könne. Die Schwere der Straftaten zeige, dass der Kläger die Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland nicht in ausreichendem Maße respektiere, sodass noch kein ausreichender Integrationsgrad bestehe, der einen Ausnahmetatbestand rechtfertigen könne. Die Verurteilung liege erst 11 Jahre zurück, die Tilgung stehe nicht unmittelbar bevor, die Dauer der Tilgungsfrist mache deutlich, dass es sich nicht um Bagatelldelikte gehandelt habe. Es bestehe auch im Rahmen von § 8 StAG kein öffentliches Interesse an der Einbürgerung und es sei auch kein besonderer Härtegrund ersichtlich. Ebenso scheide eine Einbürgerung nach § 9 StAG aus, weil dafür auch alle Voraussetzungen nach § 8 StAG erfüllt sein müssten. Die Niederlassungserlaubnis sei dem Kläger nicht von der Einbürgerungs-, sondern von der Ausländerbehörde erteilt worden und außerdem seien die jeweiligen Voraussetzungen unterschiedlich.
15 
Den in der mündlichen Verhandlung am 08.10.2012 zwischen den Beteiligten geschlossenen gerichtlichen Vergleich hat der Beklagte mit am 10.10.2012 eingegangenem Schreiben widerrufen.
16 
Dem Gericht lagen die Behördenakten vor. Hierauf, auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Gerichtsakten wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Das Gericht konnte mit Zustimmung der Beteiligten durch den Berichterstatter anstelle der Kammer entscheiden (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO).
18 
Da der gerichtliche Vergleich vom 08.10.2012 vom Beklagten innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen worden ist, ist er unwirksam und ist somit streitig zu entscheiden. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und eine Möglichkeit zur weiteren Stellungnahme für den Beklagten waren nicht geboten, weil dieser in der mündlichen Verhandlung ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme hatte.
19 
Die Klage ist als Neubescheidungsklage zulässig und auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtsfehlerhaft und verletzen den Kläger in seinem Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens über seine Einbürgerung (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).
20 
Die Beteiligten gehen zunächst zurecht und übereinstimmend davon aus, dass der Kläger seine Einbürgerung nicht beanspruchen kann. Denn aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung vom 21.06.2000 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren sind gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAG die Voraussetzungen für einen Anspruch nicht erfüllt. Wie der Beklagte zutreffend entschieden hat, bleibt die Straftat wegen der Dauer der Freiheitsstrafe auch nicht nach § 12a Abs. 1 S. 1 StAG außer Betracht. Ebenfalls zutreffend gehen die angefochtenen Bescheide weiter davon aus, dass die zweijährige Freiheitsstrafe auch die sog. Geringfügigkeitsgrenze nach § 12a Abs. 1 S. 1 und 3 StAG überschreitet, so dass das hiernach mögliche Ermessen, die Straftat außer Betracht zu lassen, schon nicht eröffnet ist (vgl. zu den Geringfügigkeitsgrenzen BVerwG, Urteil vom 20. 03.2012, - 5 C 5/11 -, ).
21 
Der Kläger hat auch keinen Rechtsanspruch aus § 9 StAG.
22 
Nach dieser Vorschrift sollen Ehegatten oder Lebenspartner Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 StAG eingebürgert werden, wenn die weiteren Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 StAG vorliegen. Liegt kein atypischer Sachverhalt vor, so handelt es sich auch im Hinblick auf den Verweis in § 9 Abs. 1 auf die Tatbestandsvoraussetzungen in § 8 StAG um eine Anspruchsnorm, sodass kein Ermessen der Behörde besteht (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.08.1981, - 1 C 185/79 -, und vom 16.05.1983, - 1 C 28/81 -, ).
23 
Vorliegend besteht Einigkeit auch dahin, dass kein atypischer Fall im Sinne von § 9 Abs. 1 StAG (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 31.03.1987, - 1 C 29/84 -, ) gegeben ist und der Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 1 und, allerdings mit Ausnahme der Ziff. 2, auch diejenigen nach § 8 Abs. 1 StAG erfüllt. Damit besteht aber auch unter Annahme eines Regelfalles nach § 9 Abs. 1 StAG kein Rechtsanspruch auf eine Einbürgerung.
24 
Jedoch ermöglicht § 8 Abs. 2 StAG eine behördliche Ermessenentscheidung darüber, u.a. von den Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 2 aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abzusehen. Diese Ermessensermächtigung wird von derjenigen nach § 12a Abs. 1 S. 2 und 3 StAG nicht ausgeschlossen oder verdrängt, sondern setzt im Gegensatz voraus, dass diese nicht greift (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2012, aaO.), was - wie schon ausgeführt - hier der Fall ist.
25 
Vorliegend ist das Ermessen nach § 8 Abs. 2 StAG zwar nicht eröffnet, weil die Einbürgerung des Klägers zur Vermeidung einer besonderen Härte geboten erschiene. Denn diese Voraussetzung liegt nicht vor. Eine besondere Härte setzt das Vorliegen eines atypischen Sachverhaltes voraus, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise (qualifiziert) beschwert, wenn oder weil er nicht oder erst später eingebürgert wird. Das heißt, die Härte müsste durch die frühere Einbürgerung beseitigt werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 06.05.2009, - 13 S 2428/08 -, ; Marx. aaO., Rz. 112). Die Gründe, die der Kläger vorliegend geltend gemacht hat (insbesondere: es handele sich um die erste Verurteilung, diese liege im Jahr 2000 und damit lange zurück, er habe sich seither vorbildlich verhalten, ihm sei 2003 die Strafe erlassen und am 20.10.2011 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden), lassen aber keinen Schluss auf einen Nachteil zu, den der Kläger mit der Aufschiebung seiner Einbürgerung, die ihm nach Tilgung der Straftat im Jahr 2015 in Aussicht gestellt wird, zu erleiden hätte.
26 
Jedoch ist eine Ermessensentscheidung aus Gründen des öffentlichen Interesses geboten. Es handelt sich dabei (ebenfalls) um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der letztlich von den Verwaltungsgerichten auszulegen ist. Nach Marx (aaO., Rz. 157 ff. zu § 8) ist er weit zu verstehen und insbesondere im Zusammenhang mit den zahlreichen Einbürgerungserleichterungen bei der Ermessensausübung nach § 8 StAG zu sehen, in welchen das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung des dadurch privilegierten Personenkreises zum Ausdruck kommt. Jedenfalls in Fällen wie hier erweitert sich der privilegierte Personenkreis durch die Verweisung in § 9 Abs. 1 StAG, so dass bei der Bestimmung des öffentlichen Interesses und bei der Ausübung des Ermessens nach § 8 Abs. 2 StAG die Ziele zu berücksichtigen sind, die der Gesetzgeber mit § 9 Abs. 1 StAG verfolgt hat: Nach § 9 Abs. 1 StAG sollen Ehepartner Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 StAGzur Herstellung einer einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit in der Familie eingebürgert werden. Dies ist Ausfluss aus Art. 6 Abs. 1 GG, der den Staat verpflichtet, die Einheit und Selbstverantwortung der Familie zu respektieren und zu fördern und wirkt dahin, dass eine einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie wünschenswert ist (vgl. Verwaltungsgericht Wiesbaden, Urteil vom 04.08.2008, - 6 K 574/08.WI -, , unter Hinweis auf Marx, Gemeinschaftskommentar zum StAR, § 9 Rz. 1 ff.), weil sie ihren Zusammenhalt regelmäßig fördert. Die Behörde hält sich regelmäßig im Rahmen ihres Ermessens nach § 8 Abs. 2 StAG, wenn sie sich bei der Beurteilung der Frage, ob die Einbürgerung im staatlichen Interesse liegt, auch von dem Prinzip der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Familie leiten lässt, denn dieses Prinzip spricht dann, wenn andere von der Einbürgerung berührte staatliche Interessen gewahrt sind, für die Einbürgerung ausländischer Ehegatten deutscher Staatsangehöriger (BVerwG, Beschluss vom 29.07.1985, - 1 B 78.85 -, , mit weiteren Nachweisen).
27 
Die Kernfamilie des Klägers besteht aus deutschen Staatsangehörigen, nur der Kläger verfügt nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit. Somit kann nach diesen Grundsätzen durch seine Einbürgerung dem Grundsatz der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Familie Rechnung getragen werden. Es ist damit grundsätzlich vom Vorliegen eines dahin gehenden öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers auszugehen.
28 
Dies hat vorliegend (nur) zur Folge, dass der Kläger eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung über seine Einbürgerung zum jetzigen Zeitpunkt verlangen kann, soweit die übrigen Einbürgerungsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 StAG (s.o.) auch weiterhin vorliegen. Ob andere von der Einbürgerung berührte staatliche Interessen gewahrt werden, ist Gegenstand der Abwägung im Rahmen der Ermessensbetätigung. Dass dies nicht der Ausschluss der Ermessenseinbürgerung im Hinblick auf die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers sein kann, ergibt sich aber schon aus der eindeutigen Regelung in § 8 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 StAG.
29 
Da Ausgangs- und Widerspruchsbescheid ausdrücklich davon ausgegangen sind, dass das Ermessen nach § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 StAG gar nicht erst eröffnet ist, sind die angefochtenen Bescheide schon deshalb rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die als Neubescheidungsklage musste daher unter deren Aufhebung in vollem Umfange Erfolg haben.
30 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
17 
Das Gericht konnte mit Zustimmung der Beteiligten durch den Berichterstatter anstelle der Kammer entscheiden (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO).
18 
Da der gerichtliche Vergleich vom 08.10.2012 vom Beklagten innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen worden ist, ist er unwirksam und ist somit streitig zu entscheiden. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und eine Möglichkeit zur weiteren Stellungnahme für den Beklagten waren nicht geboten, weil dieser in der mündlichen Verhandlung ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme hatte.
19 
Die Klage ist als Neubescheidungsklage zulässig und auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtsfehlerhaft und verletzen den Kläger in seinem Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens über seine Einbürgerung (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).
20 
Die Beteiligten gehen zunächst zurecht und übereinstimmend davon aus, dass der Kläger seine Einbürgerung nicht beanspruchen kann. Denn aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung vom 21.06.2000 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren sind gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAG die Voraussetzungen für einen Anspruch nicht erfüllt. Wie der Beklagte zutreffend entschieden hat, bleibt die Straftat wegen der Dauer der Freiheitsstrafe auch nicht nach § 12a Abs. 1 S. 1 StAG außer Betracht. Ebenfalls zutreffend gehen die angefochtenen Bescheide weiter davon aus, dass die zweijährige Freiheitsstrafe auch die sog. Geringfügigkeitsgrenze nach § 12a Abs. 1 S. 1 und 3 StAG überschreitet, so dass das hiernach mögliche Ermessen, die Straftat außer Betracht zu lassen, schon nicht eröffnet ist (vgl. zu den Geringfügigkeitsgrenzen BVerwG, Urteil vom 20. 03.2012, - 5 C 5/11 -, ).
21 
Der Kläger hat auch keinen Rechtsanspruch aus § 9 StAG.
22 
Nach dieser Vorschrift sollen Ehegatten oder Lebenspartner Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 StAG eingebürgert werden, wenn die weiteren Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 StAG vorliegen. Liegt kein atypischer Sachverhalt vor, so handelt es sich auch im Hinblick auf den Verweis in § 9 Abs. 1 auf die Tatbestandsvoraussetzungen in § 8 StAG um eine Anspruchsnorm, sodass kein Ermessen der Behörde besteht (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.08.1981, - 1 C 185/79 -, und vom 16.05.1983, - 1 C 28/81 -, ).
23 
Vorliegend besteht Einigkeit auch dahin, dass kein atypischer Fall im Sinne von § 9 Abs. 1 StAG (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 31.03.1987, - 1 C 29/84 -, ) gegeben ist und der Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 1 und, allerdings mit Ausnahme der Ziff. 2, auch diejenigen nach § 8 Abs. 1 StAG erfüllt. Damit besteht aber auch unter Annahme eines Regelfalles nach § 9 Abs. 1 StAG kein Rechtsanspruch auf eine Einbürgerung.
24 
Jedoch ermöglicht § 8 Abs. 2 StAG eine behördliche Ermessenentscheidung darüber, u.a. von den Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 2 aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abzusehen. Diese Ermessensermächtigung wird von derjenigen nach § 12a Abs. 1 S. 2 und 3 StAG nicht ausgeschlossen oder verdrängt, sondern setzt im Gegensatz voraus, dass diese nicht greift (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2012, aaO.), was - wie schon ausgeführt - hier der Fall ist.
25 
Vorliegend ist das Ermessen nach § 8 Abs. 2 StAG zwar nicht eröffnet, weil die Einbürgerung des Klägers zur Vermeidung einer besonderen Härte geboten erschiene. Denn diese Voraussetzung liegt nicht vor. Eine besondere Härte setzt das Vorliegen eines atypischen Sachverhaltes voraus, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise (qualifiziert) beschwert, wenn oder weil er nicht oder erst später eingebürgert wird. Das heißt, die Härte müsste durch die frühere Einbürgerung beseitigt werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 06.05.2009, - 13 S 2428/08 -, ; Marx. aaO., Rz. 112). Die Gründe, die der Kläger vorliegend geltend gemacht hat (insbesondere: es handele sich um die erste Verurteilung, diese liege im Jahr 2000 und damit lange zurück, er habe sich seither vorbildlich verhalten, ihm sei 2003 die Strafe erlassen und am 20.10.2011 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden), lassen aber keinen Schluss auf einen Nachteil zu, den der Kläger mit der Aufschiebung seiner Einbürgerung, die ihm nach Tilgung der Straftat im Jahr 2015 in Aussicht gestellt wird, zu erleiden hätte.
26 
Jedoch ist eine Ermessensentscheidung aus Gründen des öffentlichen Interesses geboten. Es handelt sich dabei (ebenfalls) um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der letztlich von den Verwaltungsgerichten auszulegen ist. Nach Marx (aaO., Rz. 157 ff. zu § 8) ist er weit zu verstehen und insbesondere im Zusammenhang mit den zahlreichen Einbürgerungserleichterungen bei der Ermessensausübung nach § 8 StAG zu sehen, in welchen das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung des dadurch privilegierten Personenkreises zum Ausdruck kommt. Jedenfalls in Fällen wie hier erweitert sich der privilegierte Personenkreis durch die Verweisung in § 9 Abs. 1 StAG, so dass bei der Bestimmung des öffentlichen Interesses und bei der Ausübung des Ermessens nach § 8 Abs. 2 StAG die Ziele zu berücksichtigen sind, die der Gesetzgeber mit § 9 Abs. 1 StAG verfolgt hat: Nach § 9 Abs. 1 StAG sollen Ehepartner Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 StAGzur Herstellung einer einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit in der Familie eingebürgert werden. Dies ist Ausfluss aus Art. 6 Abs. 1 GG, der den Staat verpflichtet, die Einheit und Selbstverantwortung der Familie zu respektieren und zu fördern und wirkt dahin, dass eine einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie wünschenswert ist (vgl. Verwaltungsgericht Wiesbaden, Urteil vom 04.08.2008, - 6 K 574/08.WI -, , unter Hinweis auf Marx, Gemeinschaftskommentar zum StAR, § 9 Rz. 1 ff.), weil sie ihren Zusammenhalt regelmäßig fördert. Die Behörde hält sich regelmäßig im Rahmen ihres Ermessens nach § 8 Abs. 2 StAG, wenn sie sich bei der Beurteilung der Frage, ob die Einbürgerung im staatlichen Interesse liegt, auch von dem Prinzip der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Familie leiten lässt, denn dieses Prinzip spricht dann, wenn andere von der Einbürgerung berührte staatliche Interessen gewahrt sind, für die Einbürgerung ausländischer Ehegatten deutscher Staatsangehöriger (BVerwG, Beschluss vom 29.07.1985, - 1 B 78.85 -, , mit weiteren Nachweisen).
27 
Die Kernfamilie des Klägers besteht aus deutschen Staatsangehörigen, nur der Kläger verfügt nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit. Somit kann nach diesen Grundsätzen durch seine Einbürgerung dem Grundsatz der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Familie Rechnung getragen werden. Es ist damit grundsätzlich vom Vorliegen eines dahin gehenden öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers auszugehen.
28 
Dies hat vorliegend (nur) zur Folge, dass der Kläger eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung über seine Einbürgerung zum jetzigen Zeitpunkt verlangen kann, soweit die übrigen Einbürgerungsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 StAG (s.o.) auch weiterhin vorliegen. Ob andere von der Einbürgerung berührte staatliche Interessen gewahrt werden, ist Gegenstand der Abwägung im Rahmen der Ermessensbetätigung. Dass dies nicht der Ausschluss der Ermessenseinbürgerung im Hinblick auf die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers sein kann, ergibt sich aber schon aus der eindeutigen Regelung in § 8 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 StAG.
29 
Da Ausgangs- und Widerspruchsbescheid ausdrücklich davon ausgegangen sind, dass das Ermessen nach § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 StAG gar nicht erst eröffnet ist, sind die angefochtenen Bescheide schon deshalb rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die als Neubescheidungsklage musste daher unter deren Aufhebung in vollem Umfange Erfolg haben.
30 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 29.07.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 27.03.2012 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, über den Einbürgerungsanspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt eine erneute Entscheidung über seinen Einbürgerungsantrag.
Der 1971 geborene Kläger stammt aus Bosnien-Herzegowina. Er reiste 1993 ins Bundesgebiet ein.
Am 15.04.1994 heiratete er eine Landsmännin, die später eingebürgert wurde. Aus der Ehe gingen die 1995 und 1998 geborenen Töchter Milana und Nicolina hervor. Auch die Kinder besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit.
Am 10.12.2003 wurde dem Kläger erstmals eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Am 05.11.2009 erhielt er eine Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG und seit dem 20.10.2011 ist er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis.
Am 21.06.2000 wurde der Kläger vom Amtsgericht Schwäbisch Hall wegen Diebstahls in drei Fällen in Tatmehrheit mit Urkundenfälschung, Diebstahl, Beihilfe zum Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren, auf Bewährung ausgesetzt für die Daher von 3 Jahren, verurteilt. Mit Wirkung vom 31.07.2003 wurde die Strafe erlassen.
Erstmals beantragte der Kläger im September 2006 seine Einbürgerung. Nachdem ihm der Beklagte unter Hinweis auf die strafgerichtliche Verurteilung und die Dauer der Tilgungsfrist bis 2015 die Ablehnung des Antrags in Aussicht gestellt hatte, nahm der Kläger den Einbürgerungsantrag am 01.03.2007 zurück.
Am 19.01.2011 beantragte der Kläger erneut die Einbürgerung. Der Kläger wurde wiederum - und zwar mit Schreiben vom 04.04.2011 - zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags angehört. Eine Äußerung dazu erfolgte nicht. Mit Bescheid vom 29.07.2011 lehnte der Beklagte sodann die Einbürgerung ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Ein Einbürgerungsanspruch bestehe in der Regel nicht, wenn der Einbürgerungsbewerber wegen Straftaten rechtskräftig verurteilt wurde und diese über den gesetzlichen Erheblichkeitsgrenzen liegen. Die Verurteilung vom 21.06.2000 könne nicht unberücksichtigt bleiben und stelle auch keine unerhebliche Überschreitung der Erheblichkeitsgrenzen dar. Auch bei der Ermessenseinbürgerung gelte nichts anderes. Nur dann könnten Verurteilungen im Einbürgerungsverfahren als unschädlich angesehen werden, wenn sie aus dem Bundeszentralregister getilgt seien. Davon sei beim Kläger frühestens im Jahr 2015 auszugehen. Es sei auch kein Grund ersichtlich, der beim Kläger eine Verkürzung der Vorwerfbarkeit der Straffälligkeit in Abweichung davon rechtfertigen könnte. Die Tilgung stehe nicht unmittelbar bevor und es drohe keine Staatenlosigkeit oder ein Jobverlust. Derzeit bestehe kein öffentliches Interesse an der Einbürgerung des Klägers.
Den nicht näher begründeten Widerspruch des Klägers vom 31.08.2011 wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2012 aus den Gründen des Ausgangsbescheids zurück.
Am 24.04.2012 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erheben und zur Begründung ausführen lassen: Zwar bestehe kein Rechtsanspruch auf die Einbürgerung, jedoch sei deren Versagung ermessensfehlerhaft. Der Beklagte verkenne schon den Unterschied zwischen § 8 und § 10 StAG, § 12a StAG schließe bei entsprechender strafgerichtlicher Verurteilung nur den Einbürgerungsanspruch aus. Für eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung reiche der bloße Verweis auf § 51 BZRG nicht aus. Vorliegend sei ermessensrelevant, dass sich der Kläger seit annähernd 20 Jahren in Deutschland aufhalte, die einzige Verurteilung im Jahr 2000 erfolgt sei, sich der Kläger seither vorbildlich verhalten habe und ihm die Strafe 2003 auch erlassen worden sei. Auch habe der Beklagte § 9 StAG nicht beachtet. Trotz dieser Sollensregelung habe der Beklagte keine Verkürzung der Tilgungsfrist erwogen; es habe sich um eine erstmalige Verurteilung gehandelt, es bestehe nicht die Gefahr künftiger Straftaten. Auch handele der Beklagte widersprüchlich, wenn er dem Kläger einerseits eine Niederlassungserlaubnis erteile und andererseits die Einbürgerung verweigere.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
den Bescheid des Beklagten vom 29.07.2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 27.03.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Einbürgerungsanspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Ergänzend zur Begründung der angefochtenen Bescheide bringt er noch vor: Es sei kein Grund ersichtlich, der eine Verkürzung der Vorwerfbarkeit der Straffälligkeit in Abweichung von den Tilgungsfristen rechtfertigen könnte. Bei einer solchen Entscheidung spielten die Schwere und Häufigkeit der Straftaten, der zeitliche Abstand, die Beseitigung früherer negativer Umstände, der Tilgungszeitpunkt und eine evtl. vorliegende Staatenlosigkeit eine Rolle. Der Beklagte sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Verurteilung zum jetzigen Zeitpunkt nicht außer Betracht bleiben könne. Die Schwere der Straftaten zeige, dass der Kläger die Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland nicht in ausreichendem Maße respektiere, sodass noch kein ausreichender Integrationsgrad bestehe, der einen Ausnahmetatbestand rechtfertigen könne. Die Verurteilung liege erst 11 Jahre zurück, die Tilgung stehe nicht unmittelbar bevor, die Dauer der Tilgungsfrist mache deutlich, dass es sich nicht um Bagatelldelikte gehandelt habe. Es bestehe auch im Rahmen von § 8 StAG kein öffentliches Interesse an der Einbürgerung und es sei auch kein besonderer Härtegrund ersichtlich. Ebenso scheide eine Einbürgerung nach § 9 StAG aus, weil dafür auch alle Voraussetzungen nach § 8 StAG erfüllt sein müssten. Die Niederlassungserlaubnis sei dem Kläger nicht von der Einbürgerungs-, sondern von der Ausländerbehörde erteilt worden und außerdem seien die jeweiligen Voraussetzungen unterschiedlich.
15 
Den in der mündlichen Verhandlung am 08.10.2012 zwischen den Beteiligten geschlossenen gerichtlichen Vergleich hat der Beklagte mit am 10.10.2012 eingegangenem Schreiben widerrufen.
16 
Dem Gericht lagen die Behördenakten vor. Hierauf, auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Gerichtsakten wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Das Gericht konnte mit Zustimmung der Beteiligten durch den Berichterstatter anstelle der Kammer entscheiden (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO).
18 
Da der gerichtliche Vergleich vom 08.10.2012 vom Beklagten innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen worden ist, ist er unwirksam und ist somit streitig zu entscheiden. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und eine Möglichkeit zur weiteren Stellungnahme für den Beklagten waren nicht geboten, weil dieser in der mündlichen Verhandlung ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme hatte.
19 
Die Klage ist als Neubescheidungsklage zulässig und auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtsfehlerhaft und verletzen den Kläger in seinem Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens über seine Einbürgerung (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).
20 
Die Beteiligten gehen zunächst zurecht und übereinstimmend davon aus, dass der Kläger seine Einbürgerung nicht beanspruchen kann. Denn aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung vom 21.06.2000 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren sind gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAG die Voraussetzungen für einen Anspruch nicht erfüllt. Wie der Beklagte zutreffend entschieden hat, bleibt die Straftat wegen der Dauer der Freiheitsstrafe auch nicht nach § 12a Abs. 1 S. 1 StAG außer Betracht. Ebenfalls zutreffend gehen die angefochtenen Bescheide weiter davon aus, dass die zweijährige Freiheitsstrafe auch die sog. Geringfügigkeitsgrenze nach § 12a Abs. 1 S. 1 und 3 StAG überschreitet, so dass das hiernach mögliche Ermessen, die Straftat außer Betracht zu lassen, schon nicht eröffnet ist (vgl. zu den Geringfügigkeitsgrenzen BVerwG, Urteil vom 20. 03.2012, - 5 C 5/11 -, ).
21 
Der Kläger hat auch keinen Rechtsanspruch aus § 9 StAG.
22 
Nach dieser Vorschrift sollen Ehegatten oder Lebenspartner Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 StAG eingebürgert werden, wenn die weiteren Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 StAG vorliegen. Liegt kein atypischer Sachverhalt vor, so handelt es sich auch im Hinblick auf den Verweis in § 9 Abs. 1 auf die Tatbestandsvoraussetzungen in § 8 StAG um eine Anspruchsnorm, sodass kein Ermessen der Behörde besteht (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.08.1981, - 1 C 185/79 -, und vom 16.05.1983, - 1 C 28/81 -, ).
23 
Vorliegend besteht Einigkeit auch dahin, dass kein atypischer Fall im Sinne von § 9 Abs. 1 StAG (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 31.03.1987, - 1 C 29/84 -, ) gegeben ist und der Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 1 und, allerdings mit Ausnahme der Ziff. 2, auch diejenigen nach § 8 Abs. 1 StAG erfüllt. Damit besteht aber auch unter Annahme eines Regelfalles nach § 9 Abs. 1 StAG kein Rechtsanspruch auf eine Einbürgerung.
24 
Jedoch ermöglicht § 8 Abs. 2 StAG eine behördliche Ermessenentscheidung darüber, u.a. von den Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 2 aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abzusehen. Diese Ermessensermächtigung wird von derjenigen nach § 12a Abs. 1 S. 2 und 3 StAG nicht ausgeschlossen oder verdrängt, sondern setzt im Gegensatz voraus, dass diese nicht greift (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2012, aaO.), was - wie schon ausgeführt - hier der Fall ist.
25 
Vorliegend ist das Ermessen nach § 8 Abs. 2 StAG zwar nicht eröffnet, weil die Einbürgerung des Klägers zur Vermeidung einer besonderen Härte geboten erschiene. Denn diese Voraussetzung liegt nicht vor. Eine besondere Härte setzt das Vorliegen eines atypischen Sachverhaltes voraus, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise (qualifiziert) beschwert, wenn oder weil er nicht oder erst später eingebürgert wird. Das heißt, die Härte müsste durch die frühere Einbürgerung beseitigt werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 06.05.2009, - 13 S 2428/08 -, ; Marx. aaO., Rz. 112). Die Gründe, die der Kläger vorliegend geltend gemacht hat (insbesondere: es handele sich um die erste Verurteilung, diese liege im Jahr 2000 und damit lange zurück, er habe sich seither vorbildlich verhalten, ihm sei 2003 die Strafe erlassen und am 20.10.2011 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden), lassen aber keinen Schluss auf einen Nachteil zu, den der Kläger mit der Aufschiebung seiner Einbürgerung, die ihm nach Tilgung der Straftat im Jahr 2015 in Aussicht gestellt wird, zu erleiden hätte.
26 
Jedoch ist eine Ermessensentscheidung aus Gründen des öffentlichen Interesses geboten. Es handelt sich dabei (ebenfalls) um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der letztlich von den Verwaltungsgerichten auszulegen ist. Nach Marx (aaO., Rz. 157 ff. zu § 8) ist er weit zu verstehen und insbesondere im Zusammenhang mit den zahlreichen Einbürgerungserleichterungen bei der Ermessensausübung nach § 8 StAG zu sehen, in welchen das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung des dadurch privilegierten Personenkreises zum Ausdruck kommt. Jedenfalls in Fällen wie hier erweitert sich der privilegierte Personenkreis durch die Verweisung in § 9 Abs. 1 StAG, so dass bei der Bestimmung des öffentlichen Interesses und bei der Ausübung des Ermessens nach § 8 Abs. 2 StAG die Ziele zu berücksichtigen sind, die der Gesetzgeber mit § 9 Abs. 1 StAG verfolgt hat: Nach § 9 Abs. 1 StAG sollen Ehepartner Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 StAGzur Herstellung einer einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit in der Familie eingebürgert werden. Dies ist Ausfluss aus Art. 6 Abs. 1 GG, der den Staat verpflichtet, die Einheit und Selbstverantwortung der Familie zu respektieren und zu fördern und wirkt dahin, dass eine einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie wünschenswert ist (vgl. Verwaltungsgericht Wiesbaden, Urteil vom 04.08.2008, - 6 K 574/08.WI -, , unter Hinweis auf Marx, Gemeinschaftskommentar zum StAR, § 9 Rz. 1 ff.), weil sie ihren Zusammenhalt regelmäßig fördert. Die Behörde hält sich regelmäßig im Rahmen ihres Ermessens nach § 8 Abs. 2 StAG, wenn sie sich bei der Beurteilung der Frage, ob die Einbürgerung im staatlichen Interesse liegt, auch von dem Prinzip der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Familie leiten lässt, denn dieses Prinzip spricht dann, wenn andere von der Einbürgerung berührte staatliche Interessen gewahrt sind, für die Einbürgerung ausländischer Ehegatten deutscher Staatsangehöriger (BVerwG, Beschluss vom 29.07.1985, - 1 B 78.85 -, , mit weiteren Nachweisen).
27 
Die Kernfamilie des Klägers besteht aus deutschen Staatsangehörigen, nur der Kläger verfügt nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit. Somit kann nach diesen Grundsätzen durch seine Einbürgerung dem Grundsatz der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Familie Rechnung getragen werden. Es ist damit grundsätzlich vom Vorliegen eines dahin gehenden öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers auszugehen.
28 
Dies hat vorliegend (nur) zur Folge, dass der Kläger eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung über seine Einbürgerung zum jetzigen Zeitpunkt verlangen kann, soweit die übrigen Einbürgerungsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 StAG (s.o.) auch weiterhin vorliegen. Ob andere von der Einbürgerung berührte staatliche Interessen gewahrt werden, ist Gegenstand der Abwägung im Rahmen der Ermessensbetätigung. Dass dies nicht der Ausschluss der Ermessenseinbürgerung im Hinblick auf die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers sein kann, ergibt sich aber schon aus der eindeutigen Regelung in § 8 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 StAG.
29 
Da Ausgangs- und Widerspruchsbescheid ausdrücklich davon ausgegangen sind, dass das Ermessen nach § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 StAG gar nicht erst eröffnet ist, sind die angefochtenen Bescheide schon deshalb rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die als Neubescheidungsklage musste daher unter deren Aufhebung in vollem Umfange Erfolg haben.
30 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
17 
Das Gericht konnte mit Zustimmung der Beteiligten durch den Berichterstatter anstelle der Kammer entscheiden (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO).
18 
Da der gerichtliche Vergleich vom 08.10.2012 vom Beklagten innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen worden ist, ist er unwirksam und ist somit streitig zu entscheiden. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und eine Möglichkeit zur weiteren Stellungnahme für den Beklagten waren nicht geboten, weil dieser in der mündlichen Verhandlung ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme hatte.
19 
Die Klage ist als Neubescheidungsklage zulässig und auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtsfehlerhaft und verletzen den Kläger in seinem Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens über seine Einbürgerung (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).
20 
Die Beteiligten gehen zunächst zurecht und übereinstimmend davon aus, dass der Kläger seine Einbürgerung nicht beanspruchen kann. Denn aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung vom 21.06.2000 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren sind gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAG die Voraussetzungen für einen Anspruch nicht erfüllt. Wie der Beklagte zutreffend entschieden hat, bleibt die Straftat wegen der Dauer der Freiheitsstrafe auch nicht nach § 12a Abs. 1 S. 1 StAG außer Betracht. Ebenfalls zutreffend gehen die angefochtenen Bescheide weiter davon aus, dass die zweijährige Freiheitsstrafe auch die sog. Geringfügigkeitsgrenze nach § 12a Abs. 1 S. 1 und 3 StAG überschreitet, so dass das hiernach mögliche Ermessen, die Straftat außer Betracht zu lassen, schon nicht eröffnet ist (vgl. zu den Geringfügigkeitsgrenzen BVerwG, Urteil vom 20. 03.2012, - 5 C 5/11 -, ).
21 
Der Kläger hat auch keinen Rechtsanspruch aus § 9 StAG.
22 
Nach dieser Vorschrift sollen Ehegatten oder Lebenspartner Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 StAG eingebürgert werden, wenn die weiteren Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 StAG vorliegen. Liegt kein atypischer Sachverhalt vor, so handelt es sich auch im Hinblick auf den Verweis in § 9 Abs. 1 auf die Tatbestandsvoraussetzungen in § 8 StAG um eine Anspruchsnorm, sodass kein Ermessen der Behörde besteht (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.08.1981, - 1 C 185/79 -, und vom 16.05.1983, - 1 C 28/81 -, ).
23 
Vorliegend besteht Einigkeit auch dahin, dass kein atypischer Fall im Sinne von § 9 Abs. 1 StAG (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 31.03.1987, - 1 C 29/84 -, ) gegeben ist und der Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 1 und, allerdings mit Ausnahme der Ziff. 2, auch diejenigen nach § 8 Abs. 1 StAG erfüllt. Damit besteht aber auch unter Annahme eines Regelfalles nach § 9 Abs. 1 StAG kein Rechtsanspruch auf eine Einbürgerung.
24 
Jedoch ermöglicht § 8 Abs. 2 StAG eine behördliche Ermessenentscheidung darüber, u.a. von den Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 2 aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abzusehen. Diese Ermessensermächtigung wird von derjenigen nach § 12a Abs. 1 S. 2 und 3 StAG nicht ausgeschlossen oder verdrängt, sondern setzt im Gegensatz voraus, dass diese nicht greift (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2012, aaO.), was - wie schon ausgeführt - hier der Fall ist.
25 
Vorliegend ist das Ermessen nach § 8 Abs. 2 StAG zwar nicht eröffnet, weil die Einbürgerung des Klägers zur Vermeidung einer besonderen Härte geboten erschiene. Denn diese Voraussetzung liegt nicht vor. Eine besondere Härte setzt das Vorliegen eines atypischen Sachverhaltes voraus, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise (qualifiziert) beschwert, wenn oder weil er nicht oder erst später eingebürgert wird. Das heißt, die Härte müsste durch die frühere Einbürgerung beseitigt werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 06.05.2009, - 13 S 2428/08 -, ; Marx. aaO., Rz. 112). Die Gründe, die der Kläger vorliegend geltend gemacht hat (insbesondere: es handele sich um die erste Verurteilung, diese liege im Jahr 2000 und damit lange zurück, er habe sich seither vorbildlich verhalten, ihm sei 2003 die Strafe erlassen und am 20.10.2011 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden), lassen aber keinen Schluss auf einen Nachteil zu, den der Kläger mit der Aufschiebung seiner Einbürgerung, die ihm nach Tilgung der Straftat im Jahr 2015 in Aussicht gestellt wird, zu erleiden hätte.
26 
Jedoch ist eine Ermessensentscheidung aus Gründen des öffentlichen Interesses geboten. Es handelt sich dabei (ebenfalls) um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der letztlich von den Verwaltungsgerichten auszulegen ist. Nach Marx (aaO., Rz. 157 ff. zu § 8) ist er weit zu verstehen und insbesondere im Zusammenhang mit den zahlreichen Einbürgerungserleichterungen bei der Ermessensausübung nach § 8 StAG zu sehen, in welchen das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung des dadurch privilegierten Personenkreises zum Ausdruck kommt. Jedenfalls in Fällen wie hier erweitert sich der privilegierte Personenkreis durch die Verweisung in § 9 Abs. 1 StAG, so dass bei der Bestimmung des öffentlichen Interesses und bei der Ausübung des Ermessens nach § 8 Abs. 2 StAG die Ziele zu berücksichtigen sind, die der Gesetzgeber mit § 9 Abs. 1 StAG verfolgt hat: Nach § 9 Abs. 1 StAG sollen Ehepartner Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 StAGzur Herstellung einer einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit in der Familie eingebürgert werden. Dies ist Ausfluss aus Art. 6 Abs. 1 GG, der den Staat verpflichtet, die Einheit und Selbstverantwortung der Familie zu respektieren und zu fördern und wirkt dahin, dass eine einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie wünschenswert ist (vgl. Verwaltungsgericht Wiesbaden, Urteil vom 04.08.2008, - 6 K 574/08.WI -, , unter Hinweis auf Marx, Gemeinschaftskommentar zum StAR, § 9 Rz. 1 ff.), weil sie ihren Zusammenhalt regelmäßig fördert. Die Behörde hält sich regelmäßig im Rahmen ihres Ermessens nach § 8 Abs. 2 StAG, wenn sie sich bei der Beurteilung der Frage, ob die Einbürgerung im staatlichen Interesse liegt, auch von dem Prinzip der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Familie leiten lässt, denn dieses Prinzip spricht dann, wenn andere von der Einbürgerung berührte staatliche Interessen gewahrt sind, für die Einbürgerung ausländischer Ehegatten deutscher Staatsangehöriger (BVerwG, Beschluss vom 29.07.1985, - 1 B 78.85 -, , mit weiteren Nachweisen).
27 
Die Kernfamilie des Klägers besteht aus deutschen Staatsangehörigen, nur der Kläger verfügt nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit. Somit kann nach diesen Grundsätzen durch seine Einbürgerung dem Grundsatz der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Familie Rechnung getragen werden. Es ist damit grundsätzlich vom Vorliegen eines dahin gehenden öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers auszugehen.
28 
Dies hat vorliegend (nur) zur Folge, dass der Kläger eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung über seine Einbürgerung zum jetzigen Zeitpunkt verlangen kann, soweit die übrigen Einbürgerungsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 StAG (s.o.) auch weiterhin vorliegen. Ob andere von der Einbürgerung berührte staatliche Interessen gewahrt werden, ist Gegenstand der Abwägung im Rahmen der Ermessensbetätigung. Dass dies nicht der Ausschluss der Ermessenseinbürgerung im Hinblick auf die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers sein kann, ergibt sich aber schon aus der eindeutigen Regelung in § 8 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 StAG.
29 
Da Ausgangs- und Widerspruchsbescheid ausdrücklich davon ausgegangen sind, dass das Ermessen nach § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 StAG gar nicht erst eröffnet ist, sind die angefochtenen Bescheide schon deshalb rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die als Neubescheidungsklage musste daher unter deren Aufhebung in vollem Umfange Erfolg haben.
30 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden.

(2) Aus der Tat oder der Verurteilung entstandene Rechte Dritter, gesetzliche Rechtsfolgen der Tat oder der Verurteilung und Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tat oder der Verurteilung ergangen sind, bleiben unberührt.

Tenor

Soweit die Berufung zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5. Dezember 2003 - 1 K 80/03 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.
Er wurde am 4.4.1970 in der Türkei geboren und ist türkischer Staatsangehöriger. Im Jahr 1993 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 7.7.1997 als Asylberechtigter anerkannt wurde. Seit August 1997 ist er im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis; zudem besitzt er einen am 18.8.1997 ausgestellten Reiseausweis. Der Kläger ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
1. Verurteilung wegen Landfriedensbruch in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20 DM durch Strafbefehl des Amtsgerichts Mannheim vom 19.3.1996,
2. Verurteilung wegen Erschleichen von Leistungen zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 20 DM durch Strafbefehl des Amtsgerichts Heidelberg vom 18.8.1998,
3. Verurteilung wegen Erschleichen von Leistungen zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20 DM durch Strafbefehl des Amtsgerichts Heidelberg vom 15.10.1998,
4. Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus durch Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14.12.1999; die Vollstreckung der Maßregel wurde zur Bewährung ausgesetzt.
Der Anordnung der Unterbringung lag im wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger litt spätestens seit Anfang 1998 an wahnhaften Verfolgungsideen. Unter dem Einfluss dieser Krankheit griff er am Morgen des 21.3.1998 in einem Männerwohnheim in Mannheim einen Heimbetreuer mit Reizgas an, weil er sich für bedroht hielt. Anschließend schlug er den Betreuer mit der Faust zu Boden. Nach dem Eingreifen von Polizeibeamten beleidigte er eine Beamtin. In seinem Urteil ging das Landgericht Mannheim davon aus, der Kläger habe ohne Schuld gehandelt, da er wegen einer krankhaften seelischen Störung unfähig gewesen sei, das Unrecht der Tat einzusehen und danach zu handeln (§ 20 StGB). Die Vollstreckung der Maßregel wurde entsprechend der Empfehlung des Sachverständigen nach § 67 b StGB zur Bewährung ausgesetzt. Damit trat Führungsaufsicht ein (§ 67 b Abs. 2 StGB). Mit Beschluss vom 14.12.1999 setzte das Landgericht Mannheim die Bewährungszeit auf drei Jahre fest. Gleichzeitig wurde der Kläger einem Bewährungshelfer unterstellt. Zudem wurde er mit seinem Einverständnis angewiesen, in einem betreuten Wohnheim Wohnung zu nehmen, sich einer fachärztlichen Behandlung zu unterziehen, die vom Arzt angeordneten Medikamente weisungsgemäß einzunehmen und in vom behandelnden Arzt anzuordnenden Zeiträumen einen „Medikamentenspiegel“ fertigen zu lassen.
Mit Antrag vom 9.1.2001, beim Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis eingegangen am 15.1.2001, beantragte der Kläger seine Einbürgerung. Zur Begründung gab er an: Er lebe seit acht Jahren hier. Er sei politischer Flüchtling und könne deshalb nicht in seine Heimat Türkei zurück. Er wolle hier leben, Deutschland solle seine Heimat werden. Weil es für ihn als Flüchtling schwierig sei, über das türkische Konsulat die türkische Staatsangehörigkeit aufzugeben, und dies jedenfalls langwierig und kompliziert sei, wolle er gern den sogenannten Doppelpass.
Mit Bescheid vom 5.6.2002 lehnte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis den Antrag mit der Begründung ab, die Bearbeitung des Einbürgerungsantrags sei auf der Rechtsgrundlage des § 85 AuslG erfolgt. Nach § 87 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 6 AuslG müsse der Kläger die türkische Staatsangehörigkeit nicht aufgeben, da er anerkannter Asylberechtigter sei. Der Antrag auf Einbürgerung sei jedoch nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG abzulehnen, da die Anordnung der Unterbringung einer Verurteilung wegen einer Straftat gleichstehe und § 88 Abs. 1 AuslG nicht eingreife. Eine Verurteilung wegen einer Straftat schließe eine Einbürgerung nach § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG aus, sofern sie nicht gem. § 88 AuslG unbeachtlich sei. Trotz der Schuldunfähigkeit des Klägers bei Begehung der Tat liege eine Verurteilung wegen einer Straftat vor. Gehe man vom allgemeinen Sprachgebrauch aus, so setze eine Straftat zwar voraus, dass sie auch schuldhaft begangen worden sei; dieser Ansatzpunkt greife aber letztlich zu kurz. Denn es sei festzustellen, dass die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung wegen Schuldunfähigkeit des Täters bei der Tat einer im Urteil zu treffenden und zu begründenden Feststellung bedürfe, dass der Täter eine rechtswidrige strafbare Handlung begangen habe. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Nr. 2 BZRG sei diese Verurteilung in das Bundeszentralregister aufzunehmen. Diese im Bundeszentralregister vermerkten Einträge über Verurteilungen seien nach korrekter Auslegung des Gesetzeszwecks aber Verurteilungen wegen Straftaten. Auch der Sinn und Zweck der §§ 85 f. AuslG spreche für eine weite Auslegung des Begriffs „Straftat". Denn es solle eine umfängliche Abwägung aller möglichen entscheidungsrelevanten Tatsachen stattfinden. Ausnahmen von der Beachtlichkeit solcher strafrechtlicher Verurteilungen, die eine Maßregel der Besserung oder Sicherung zum Gegenstand hätten, enthalte § 88 AuslG nicht. Daher könne die Verurteilung nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und einer sich in dessen Grenzen haltenden Auslegung nicht unbeachtlich bleiben. Der Einwand, durch diese Anwendung des Gesetzes würden schuldunfähige Täter benachteiligt, da ihre Tat bei Vorliegen der Schuldfähigkeit möglicherweise unter die Beachtlichkeitsausnahmen des § 88 AuslG gefallen wäre, sei schwerwiegend. Dennoch sei eine analoge Anwendung des § 88 AuslG im vorliegenden Fall nicht möglich. Insbesondere könne keine hypothetische Strafzumessung erfolgen. Die relevante Verurteilung könne erst unberücksichtigt bleiben, wenn die Tilgung aus dem Bundeszentralregister erfolgt sei. Laut schriftlicher Mitteilung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof werde eine Verurteilung zu Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus jedoch nicht getilgt. Erst mit Vollendung des 90. Lebensjahres werde die Verurteilung aus dem Register entfernt. Eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG komme auf Grund der nicht nur vereinzelten bzw. geringfügigen begangenen Straftaten ebenfalls nicht in Betracht.
10 
Zur Begründung seines am 14.6.2002 erhobenen Widerspruchs führte der Kläger im wesentlichen aus: Es scheine ihm nicht richtig zu sein, dass Sinn und Zweck der §§ 85 ff. AuslG für eine weite Auslegung des Begriffs „Straftat" sprächen. Sinn und Zweck bestehe offensichtlich vielmehr darin, Ausländer, die sich nicht im Rahmen der bestehenden Gesetze bewegten, nicht einzubürgern. Dies gelte sinnvollerweise aber nur, wenn man ihnen ihr regelwidriges Verhalten auch vorwerfen könne, d. h. wenn sie schuldhaft Normen des Einbürgerungslandes verletzten.
11 
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2002 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück. Die Behörde führte aus, die Einbürgerung scheitere an der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers durch das Landgericht Mannheim. Trotz Schuldunfähigkeit bei Begehung der Tat liege eine Verurteilung wegen einer Straftat i. S. von § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG vor, die nicht nach § 88 AuslG außer Betracht bleiben könne. Nach Sinn und Zweck sei die Regelung des § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG weit auszulegen. Sie diene unter anderem der Gefahrenabwehr. Einen Einbürgerungsanspruch solle nicht erhalten, wer durch sein Verhalten seine Unfähigkeit zur Eingliederung in das hiesige Rechtssystem dokumentiere und/oder eine Gefährdung für die Allgemeinheit darstelle.
12 
Am 13.1.2003 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 5.6.2002 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 13.12.2002 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, ihn einzubürgern. Er hat vorgetragen, die dreijährige Bewährung, die das Landgericht Mannheim ihm auferlegt habe, sei im April 2003 erfolgreich abgelaufen. Weitere Straftaten habe er nicht begangen, es seien auch keine weiteren Ermittlungs- oder Strafverfahren gegen ihn anhängig.
13 
Mit Urteil vom 5.12.2003 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Auch die Anordnung einer Maßregel der Sicherung auf Grund einer rechtswidrig begangenen gefährlichen Körperverletzung stelle eine Verurteilung dar. Dies ergebe sich aus § 4 BZRG. Danach fielen unter den Begriff „Verurteilung" rechtskräftige Entscheidungen, durch die ein deutsches Gericht im Geltungsbereich des BZRG wegen einer rechtswidrigen Tat auf Strafe erkannt, eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder nach § 27 JGG die Schuld eines Jugendlichen oder Heranwachsenden festgestellt habe. Der Einordnung der Tat als Straftat i. S. des Ausländergesetzes stehe nicht entgegen, dass der Kläger die gefährliche Körperverletzung und die Beleidigung schuldunfähig begangen habe. Das Schuldprinzip präge das Strafrecht, nicht aber das Ordnungsrecht, dem das Ausländerrecht und das Staatsangehörigkeitsrecht angehörten. Zweck des Ordnungsrechts sei die Beseitigung von Störungen und die Abwehr von Gefahren, die der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung drohten. Für die Gefahrenabwehr sei es irrelevant, ob der Störer die Gefahr schuldhaft oder schuldlos verursache. Für die Vorschriften über die Einbürgerung gelte nichts anderes. Zweck der Regelung über die Straffreiheit als Bedingung der Einbürgerung sei der Schutz der Rechtsgüter der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Normzweck lasse eine Einbürgerung von Ausländern nicht zu, die Rechtsgüter verletzt hätten, sei es durch eine rechtswidrige und schuldhafte Tat, sei es im Zustand der Schuldunfähigkeit. Für die Auffassung, dass das Tatbestandsmerkmal „Verurteilung wegen einer Straftat" in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG auch die Verurteilung zu einer Maßregel einschließe, spreche auch § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG. Nach dieser Bestimmung bleibe die Verhängung von Erziehungsmaßregeln nach dem Jugendgerichtsgesetz bei der Anwendung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG außer Betracht. Hätte der Gesetzgeber auch Maßregeln der Besserung und Sicherung nach dem Erwachsenenstrafrecht ausnehmen wollen, hätte eine entsprechende Regelung in § 88 AuslG nahe gelegen. Der Gesetzgeber habe eine solche Ausnahme aber nicht vorgesehen. Daran seien die Behörden und Gerichte gebunden. Die Kammer verkenne nicht, dass die von ihr vertretene Auffassung den Anschein erwecke, sie führe im Einzelfall zu einem unvertretbaren Ergebnis, weil ein Ausländer, der schuldhaft straffällig geworden sei, nach § 88 Abs. 1 und 2 AuslG besser behandelt werde als der zu einer Maßregel der Sicherung verurteilte Straftäter. Diese Ungleichbehandlung werde indessen durch den bereits erwähnten Zweck der Einbürgerungsregelung gerechtfertigt. Im übrigen komme gem. § 8 StAG eine Einbürgerung nach Ermessen in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung seien allerdings derzeit nicht erfüllt.
14 
Gegen das ihm am 19.2.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.3.2004 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 16.9.2004 hat der Senat die Berufung zugelassen. Der Beschluss wurde dem Kläger am 11.10.2004 zugestellt.
15 
Mit am 11.11.2004 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger die Berufung begründet und ausgeführt: § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG meine nach richtiger Gesetzesinterpretation nur die Fälle der Verurteilung zu einer Strafe wegen einer rechtswidrigund schuldhaft begangenen Straftat, sei also keine taugliche Norm, seinen Einbürgerungsantrag zurückzuweisen.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5.12.2003 -1 K 80/03 - zu ändern, den Bescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 5.6.2002 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 13.12.2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.
18 
Der Beklagte beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt zur Begründung ergänzend aus:
21 
Umstritten sei im vorliegenden Fall nur die Voraussetzung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG. Ausgehend vom Wortsinn ergebe sich, dass mit der Begriffswahl „Straftat" eine Abgrenzung zu Ordnungswidrigkeiten, Verstößen gegen andere Vorschriften und zu durch Einstellung beendeten Verfahren habe erfolgen sollen. Straftat i. S. des § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG meine ein mit Strafe bedrohtes Handeln oder Unterlassen, wobei auf die Strafdrohung und nicht auf die tatsächliche Strafverhängung abzustellen sei. Dies bedeute, dass eine relevante Straftat bereits dann vorliege, wenn der objektive und subjektive Tatbestand sowie die Rechtswidrigkeit erfüllt seien. Unerheblich bleibe, ob tatsächlich eine Strafe verhängt werde oder ob hierauf mangels Schuldvorwurf verzichtet werden müsse. Der Klägervertreter weise zu Recht darauf hin, dass zur Auslegung des Begriffs „Verurteilung" im Ausländergesetz nicht auf Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes zurückgegriffen werden könne. Dasselbe müsse jedoch auch hinsichtlich des Strafgesetzbuchs gelten. Dessen Terminologie könne nicht unbesehen auf das Ausländergesetz übertragen werden. Es gehe vorliegend um die Frage der Würdigkeit, eingebürgert zu werden, und um Gefahrenabwehr. Diese Ansicht lasse sich auch historisch belegen. Nach den Materialien zu einer früheren Änderung des Ausländergesetzes habe von einer „strafrechtlichen Bescholtenheit" nicht abgesehen werden sollen. Ein unbescholtener Lebenswandel im Sinne der Fassung der Vorschriften über die Einbürgerung bis zum Jahr 1990 habe jedoch auch schon bei der Begehung von Ordnungswidrigkeiten oder Verstößen gegen Vorschriften ordnungsrechtlichen Charakters verneint werden können. Eine im schuldunfähigen Zustand begangene gefährliche Körperverletzung und eine Beleidigung hätten einen anderen Charakter als der Verstoß gegen eine Ordnungsvorschrift, sodass im vorliegenden Fall nicht mehr von einem unbescholtenen Lebenswandel gesprochen werden könne. Des weiteren sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den Vorschriften des Ausländerrechts um besonderes Polizeirecht handle, weshalb es auf die Schuldfähigkeit bzw. auf die Vorwerfbarkeit einer Handlung nicht ankommen könne. Auch der Vortrag des Klägers, er sei zum heutigen Zeitpunkt als ungefährlich einzustufen, könne ihm keinen Anspruch auf Einbürgerung vermitteln.
22 
Die Beteiligten haben im Berufungsverfahren auf mündliche Verhandlung verzichtet.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der dem Senat vorliegenden Akten des Beklagten, des Regierungspräsidiums Karlsruhe und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Mit dem Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
25 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Nachdem der Kläger innerhalb der Frist zur Begründung der Berufung nur noch die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung beantragt hat, ist das Berufungsverfahren allerdings einzustellen, soweit er ursprünglich (weitergehend) die Verpflichtung der Beklagten zur Einbürgerung begehrt hat. Denn mit dieser Beschränkung des Klagebegehrens hat er die Berufung teilweise zurückgenommen (§ 126 Abs. 1 VwGO).
26 
Soweit die Berufung danach noch anhängig ist, ist sie nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit der Kläger eine Einbürgerungszusicherung begehrt.
27 
Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung ist § 10 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950), da er den Antrag auf Einbürgerung nach dem 16.3.1999 gestellt hat (vgl. § 40 c StAG; zur Zulässigkeit der Erteilung einer Einbürgerungszusicherung VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.7.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116; BVerwG, Urteil vom 31.3.1987 - 1 C 26/86 -, NJW 1987, 2180). Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setzt die Einbürgerung eines Ausländers voraus, dass er „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist“. Zu Recht haben der Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass der Kläger diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil das Landgericht Mannheim mit Urteil vom 14.12.1999 nach § 61 Nr. 1, § 63 StGB seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat. Denn auch dabei handelt es sich um eine Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG.
28 
Ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung eine Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG darstellt, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt (bejahend Berlit in: GK-StAR, Stand: Oktober 2005, Rnr. 287 ff. zu § 10; Makarov/v. Mangoldt, Dt. Staatsangehörigkeitsrecht, Stand: Juni 1998, Rnr. 47 zu § 85 AuslG; VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005 - VG 2 A 26.03 -, InfAuslR 2005, 427 m.w.N.; VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung; a.A. VG Würzburg, Urteil vom 21.4.2004 - W 6 K 03.1130 -, InfAuslR 2004, 311).
29 
Eine ausdrückliche Regelung findet sich weder im Staatsangehörigkeitsgesetz noch fand sie sich in der zuvor einschlägigen Bestimmung des § 85 AuslG. Auch die Gesetzesbegründung äußert sich hierzu nicht. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG bedarf daher der Auslegung. Bei dieser Auslegung kommt es nicht allein auf den Wortlaut der Vorschrift an, sondern es ist grundsätzlich der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, der sich neben dem Wortlaut der Norm aus ihrem Zusammenhang, ihrem Zweck und aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt, wobei diese Auslegungsmethoden einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.3.1974 - III C 99.71 -, BVerwGE 45, 65; Urteil vom 16.11.1981 - 6 C 72/78 -, BVerwGE 64, 209 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 17.5.1960 - 2 BvL 11/59, 11/60 -, BVerfGE 11, 126).
30 
Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG legt es angesichts des strafrechtlichen Bezugs der Begriffe „Verurteilung“ und „Straftat“ nahe, bei der Auslegung zunächst deren strafrechtliche Bedeutung ins Auge zu fassen. Das Strafgesetzbuch enthält weder eine Legaldefinition des Begriffs „Verurteilung" noch des Begriffs „Straftat". § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB definiert lediglich den Begriff der „rechtswidrigen Tat", nicht aber den Begriff „Straftat". Allerdings ist in der Rechtsprechung der Strafgerichte anerkannt, dass die Verurteilung eines Angeklagten grundsätzlich dessen Schuldfähigkeit voraussetzt. So führt etwa der Bundesgerichtshof hierzu aus, dass ein Angeklagter in der Urteilsformel ausdrücklich freigesprochen werden muss, wenn sich das Gericht an seiner „Verurteilung“ gehindert sieht, weil er die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) begangen hat und das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB anordnet (vgl. BGH, Beschluss vom 11.6.2002 - 3 StR 158/02 -, juris, m. w. N.; Urteil vom 9.3.1983 - 3 StR 500/82 -, NStZ 1983, 280). Dies wird durch einzelne Bestimmungen des Strafgesetzbuchs gestützt, so etwa durch § 69 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 StGB, in denen übereinstimmend davon die Rede ist, dass jemand „verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt (wird), weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist". Auch der Begriff „Straftat“ wird jedenfalls im Strafrecht regelmäßig so verstanden, dass er eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung voraussetzt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., vor § 13 Rnr. 2; Stree in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., Rnr. 3a zu § 56f; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.1.1998 - 1 Ws 6/98 -, Justiz 1998, 569 m.w.N.).
31 
Diese strafrechtliche Verwendung der Begriffe schließt es jedoch nicht von vornherein aus, die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung im Sinn des Staatsangehörigkeitsrechts anzusehen. Je nach dem Norm- und Sinnzusammenhang kann den verwendeten Begriffen nämlich eine unterschiedliche Bedeutung zukommen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die strafrechtliche Auslegung des Begriffes „Verurteilung“ erkennbar daran ausgerichtet ist, ob gegen den Täter eine Strafe im Sinne der §§ 38 ff. StGB (insbesondere eine Freiheits- oder Geldstrafe) verhängt werden kann. Dies schließt es aber nicht aus, diesen Begriff im vorliegenden staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang anders - insbesondere weiter - zu verstehen. Hierfür spricht zunächst, dass § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG gerade nicht von der Verurteilungzu einer Strafe , sondern von der Verurteilung wegen einer Straftat spricht, insoweit also weiter gefasst ist. Zudem wird auch eine Maßregel der Besserung und Sicherung durch Urteil angeordnet; so war es auch beim Kläger. Nach § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe nämlich auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet worden ist. Ferner ist nach § 260 Abs. 4 Satz 4 StPO in der Urteilsformel u.a. zum Ausdruck zu bringen, wenn die Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt wird. Unter Berücksichtigung dessen lässt es der allgemeine Sprachgebrauch daher zu, auch die in einem Urteil erfolgende Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als „Verurteilung“ anzusehen. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Begriff „Straftat“ im allgemeinen Sprachgebrauch stets nur im dargestellten engen strafrechtlichen Sinn verstanden wird. Vielmehr wird allgemein von der Begehung von Straftaten häufig auch dann gesprochen, wenn die Handlung des Täters einen Straftatbestand erfüllt und rechtswidrig gewesen ist, dieser aber - etwa aus Altersgründen (§ 19 StGB) - schuldunfähig ist und daher noch keine Straftat im strafrechtlichen Sinn begehen kann (vgl. hierzu auch VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005, a.a.O.).
32 
Ist es danach vom Wortlaut her jedenfalls nicht ausgeschlossen, als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung anzusehen, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob ein weiteres Begriffsverständnis als das strafrechtsdogmatische dem objektivierten Willen des Gesetzgebers entspricht. Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte, des Zwecks und des Regelungszusammenhangs der Vorschrift ist diese Frage zu bejahen.
33 
Die für eine Einbürgerung früher maßgebliche Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 RuStAG verlangte bis zur Änderung durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.6.1993 (BGBl. I S. 1062) als Voraussetzung für die Einbürgerung, dass der Einbürgerungsbewerber „einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hat“ (vgl. hierzu Hailbronner, StAngR, 1991, § 8 RuStAG, Rnr. 16 ff.). Der Begriff der „Unbescholtenheit“ erfasste nach damaliger Auffassung nicht nur strafrechtlich relevantes Fehlverhalten, sondern erstreckte sich auch auf Verstöße gegen Vorschriften ordnungsrechtlichen Charakters jedenfalls dann, wenn sie eine nachhaltige Missachtung der Rechtsordnung darstellten (vgl. hierzu Berlit, a.a.O., Rnr. 281 zu § 10 StAG m.w.N.). Der Einbürgerungsbewerber musste in seinem Lebenswandel und den daraus erkennbaren charakterlichen Eigenschaften gewissen Kriterien genügt haben und noch genügen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.2.1977 - I B 74.75 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 7). Derartige charakterliche Mängel konnten aber auch bei solchen Straftätern vorliegen, die wegen einer psychischen Erkrankung schuldunfähig und zwangsweise untergebracht waren (vgl. hierzu VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O., m.w.N.). Mit dem Ausländergesetz vom 9.7.1990 (BGBl. I S. 1354) in der bis Ende 1999 geltenden Fassung des Gesetzes vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2970) wurde erstmals eine Anspruchseinbürgerung für Ausländer vorgesehen, welche für „junge Ausländer" in § 85 Abs. 1 Nr. 4 AuslG a.F. und für sonstige Ausländer mit langem Aufenthalt in § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. die Voraussetzung enthielt, dass der Ausländer „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist". Der ursprüngliche Regierungsentwurf hatte zunächst nur die Anspruchseinbürgerung junger Ausländer vorgesehen und hierfür vorausgesetzt, dass der Ausländer „außer solchen Straftaten, die nur mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz geahndet werden, keine Straftaten begangen hat“. In der Begründung zu dem Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) hieß es hierzu, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, doch sollten typische Jugendverfehlungen nicht zum Ausschluss der erleichterten Einbürgerung führen. Auf Grund der Änderungen im Gesetzgebungsverfahren entstanden dann jedoch die anders lautenden Bestimmungen des § 85 Abs. 1 Nr. 4 und § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F.. Diese Regelungen hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15.7.1999 (BGBl. I S. 1618) in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG in der seit dem 1.1.2000 geltenden Fassung übernommen. Schließlich wurden die §§ 85 bis 91 AuslG durch das Zuwanderungsgesetz vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950) in §§ 10 bis 12b StAG überführt, ohne dass hinsichtlich der hier zu entscheidenden Frage Änderungen erfolgt sind.
34 
Aus dieser Entstehungsgeschichte lässt sich nicht zwingend ableiten, dass eine „Verurteilung wegen einer Straftat“ nach dem Willen des Gesetzgebers auch dann vorliegen soll, wenn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird. Allerdings könnte der Umstand, dass im früheren Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) ausgeführt worden ist, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, dafür sprechen, dass der Gesetzgeber damals eine begriffliche Anbindung an den früher verwendeten Begriff der „Unbescholtenheit“ angestrebt hat. Dies würde es nahe legen, dass auch ein im strafrechtlichen Sinne schuldloses Fehlverhalten weiterhin für die Einbürgerung von Bedeutung sein soll (vgl. VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O.). Nach der dargestellten Entstehungsgeschichte lässt sich aber auch nicht ausschließen, dass der Gesetzgeber an Fälle der hier vorliegenden Art überhaupt nicht gedacht hat.
35 
Letztlich sprechen Sinn und Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG und der Regelungszusammenhang mit dem Registerrecht entscheidend dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat anzusehen. Der Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG besteht darin, die Einbürgerung von Personen auszuschließen, die sich trotz ihres längeren Aufenthaltes nicht in die (bundesdeutsche) Gesellschaft integriert haben bzw. bei denen es an einer dauerhaften Hinwendung zur deutschen Rechtsordnung fehlt oder hieran zumindest erhebliche Zweifel bestehen. Der Staat soll von einer Verpflichtung zur Einbürgerung solcher Ausländer freigestellt werden, die mit Rücksicht auf die Begehung von gewichtigen Straftaten die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verdienen oder bei denen dies derzeit jedenfalls als möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.12.1993 - 2 BvR 2632/93 -, NJW 1994, 2016; Makarov/v.Mangoldt, a.a.O., Rnr. 45, 47 zu § 85 AuslG). Bestätigt wird dies durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG, wonach sich der Ausländer zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen und außerdem u.a. erklären muss, dass er keine gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichteten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, liegt § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG vor diesem Hintergrund gerade auch die Vorstellung zu Grunde, eine Verpflichtung zur Einbürgerung eines Ausländers - und damit zu einer dauerhaften Aufenthaltsverfestigung - dann nicht entstehen zu lassen, wenn von diesem Gefahren für Rechtsgüter der Bundesrepublik Deutschland ausgehen. Dieser Gesetzeszweck spricht dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen. Für die Frage, ob von einem Ausländer, der gegen eine Strafvorschrift verstoßen hat, eine Gefahr für Rechtsgüter ausgeht, kommt es nämlich nicht entscheidend darauf an, ob dieser schuldhaft gehandelt hat. Vielmehr kann eine solche Gefahr - wie auch im vorliegenden Fall - beispielsweise auch beim Vorliegen einer krankheitsbedingten Schuldunfähigkeit bestehen. Dies wird gerade daran deutlich, dass eine Maßregel der Besserung und Sicherung nur angeordnet werden kann, wenn vom Täter infolge seines Zustandes eine Gefahr ausgeht (vgl. §§ 63, 64 Abs. 1, 66 Abs. 1 Nr. 3, 68 Abs. 1, 69 Abs. 1 und 70 Abs. 1 StGB).
36 
Gestützt wird diese vom strafrechtlichen Begriffsverständnis abweichende, weitere Auslegung auch durch die Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes, welche im Zusammenhang mit einer Einbürgerung deshalb von besonderer Bedeutung sind, weil dessen Auskunftsregelungen auch die Einbürgerungsbehörden betreffen (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 6 BZRG). So nennt § 4 BZRG unter der Überschrift „Verurteilungen“ u.a. die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 4 Nr. 2 BZRG). Zudem geht § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG davon aus, dass es sich bei der dort u.a. genannten Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) um eine Verurteilung handelt; gleiches gilt z.B. für § 32 Abs. 2 Nr. 8 und § 49 Abs. 1 Satz 3 BZRG.
37 
Der Annahme, dass nach der Intention des Staatsangehörigkeitsrechts auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG erfasst wird, lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, eine solche Gesetzesauslegung führe im Einzelfall zu unvertretbaren Ergebnissen. Zwar sind nach § 12a StAG die dort genannten Verurteilungen von vornherein für einen Anspruch auf Einbürgerung unbeachtlich, während die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Einbürgerungsanspruch grundsätzlich immer entgegensteht. Deshalb wird etwa von Makarov/v. Mangoldt, (a.a.O., Rdnr. 47 zu § 85 AuslG) darauf hingewiesen, in einigen Fällen könne ungeachtet der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung die rechtswidrige Tat von verhältnismäßig geringem Gewicht und nicht von der Art sein, die normalerweise den Einbürgerungsanspruch als ausgeschlossen erscheinen lassen müsste; dies soll etwa bei selbständiger Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB in Betracht kommen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zu diesem Einwand jedoch ausgeführt, dass von einem Ausländer, der zu einer geringen Strafe verurteilt worden ist, auf die Dauer grundsätzlich keine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen wird, während gleiches für denjenigen, gegen den eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, gerade nicht gilt. Mit der Regelung des § 12 a StAG, wonach u. a. Verurteilungen zu Geldstrafe und zu Freiheitsstrafe bis zu einer bestimmten Höhe im Rahmen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG außer Betracht bleiben, gibt der Gesetzgeber zwar zu erkennen, dass er in diesen Fällen nicht vom Bestehen einer Gefahr durch die Einbürgerung des betreffenden Ausländers ausgeht. Eine solche pauschale Gefahrenprognose kommt bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung, welche gerade eine vom Täter ausgehende - individuelle - Gefahr voraussetzt, aber nicht in Betracht. Vielmehr bedarf es hier grundsätzlich einer Beurteilung im Einzelfall.
38 
Eine solche Gesetzesauslegung führt auch nicht zu unzumutbaren Ergebnissen, da die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Anspruch auf Einbürgerung nicht in jedem Fall dauerhaft entgegenstehen muss. Nach § 45 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 24 Abs. 2 BZRG wird zwar die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus grundsätzlich erst nach dem 90. Lebensjahr getilgt. Im übrigen beträgt die Tilgungsfrist für die Anordnung einer (sonstigen) Maßregel der Besserung und Sicherung aber regelmäßig nur fünf Jahre (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG). Nach § 49 Abs. 1 BZRG besteht zudem auch bei der Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus die Möglichkeit, dass der Generalbundesanwalt auf Antrag oder von Amts wegen anordnet, dass Eintragungen entgegen den §§ 45, 46 zu tilgen sind, falls die Vollstreckung erledigt ist und das öffentliche Interesse der Anordnung nicht entgegensteht. Nach Satz 2 dieser Bestimmung soll der Generalbundesanwalt das erkennende Gericht und die sonst zuständige Behörde hören, wenn der Betroffene im Geltungsbereich des Gesetzes wohnt. Nach Satz 3 soll er auch einen in der Psychiatrie erfahrenen medizinischen Sachverständigen hören, wenn die Eintragung eine Verurteilung betrifft, durch welche eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist. Damit ist hinreichend gewährleistet, dass ein Ausländer auch bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach (folgenlosem) Ablauf der fünfjährigen Tilgungsfrist oder - wenn diese nicht einschlägig ist - jedenfalls im Wege der Tilgung nach § 49 BZRG einen Einbürgerungsanspruch erlangen kann, soweit von ihm keine Gefahr mehr ausgeht. Gleichzeitig wird hiermit dem Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG Rechnung getragen, im Einzelfall eine Beurteilung der von dem Ausländer möglicherweise ausgehenden Gefahren zu ermöglichen und einen Einbürgerungsanspruch dann auszuschließen, wenn diese Prognose ungünstig ausfällt. Zudem kommt jedenfalls dann, wenn der Ausländer bei geringfügigen Verstößen gegen Rechtsvorschriften keinen Ausweisungsgrund erfüllt, zumindest eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG in Betracht. Angesichts dessen kann nach Auffassung des Senats nicht angenommen werden, dass die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG in den Fällen der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung zu einer unzulässigen Schlechterstellung der Betroffenen im Vergleich zu denjenigen Ausländern führt, deren Verurteilung nach § 12 a Abs. 1 StAG außer Betracht bleibt. Vielmehr hält sich diese differenzierte Regelung noch im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit; sie ist durch die dargestellten Unterschiede bei der Gefahrenprognose hinsichtlich einer strafrechtlichen Verurteilung einerseits und der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung andererseits hinreichend gerechtfertigt. Danach bedarf es auch der teilweise vorgeschlagenen alternativen Lösungswege - Parallelwertung, welche Strafe bei schuldhaftem Handeln voraussichtlich verhängt worden wäre (VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung) bzw. erweiternde Auslegung des § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG (so Berlit, a.a.O., Rnr. 289 zu § 10 StAG) - nicht, um auch in Fällen geringfügigerer Verstöße sachgerechte Ergebnisse zu erreichen.
39 
Im Ergebnis steht der Einbürgerung des Klägers somit § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG entgegen. Der Kläger hat weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass aufgrund eines Antrags nach § 49 Abs. 1 BZRG die gegen ihn verhängte Maßregel inzwischen gelöscht worden ist.
40 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nach § 8 StAG kommt vorliegend nicht in Betracht. Auf Grund der von ihm begangenen strafrechtlichen Verstöße erfüllt er nämlich einen Ausweisungsgrund, weil er einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Dabei sind sowohl die in den Jahren 1996 und 1998 erfolgten Verurteilungen zu Geldstrafen als auch die im Jahr 1999 angeordnete Maßregel der Besserung und Sicherung berücksichtigungsfähig (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.7.2004 - 11 S 535/04 -, EzAR 034 Nr. 18). Ob eine Ausweisung auf dieser Grundlage tatsächlich erfolgen könnte, ist im Rahmen des § 8 StAG unbeachtlich. Soweit in ausländerrechtlichen Vorschriften wie etwa § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auf das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes abgestellt wird, ist dieser Begriff nämlich mit dem Begriff „Ausweisungstatbestand“ gleichzusetzen (vgl. Renner, AuslR, 7.A., Rnr. 13 zur Vorgängervorschrift des § 7 AuslG). Dies bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob eine Ausweisung im Einzelfall auch fehlerfrei verfügt werden könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.8.1996 - 1 C 8/94 -, BVerwGE 102, 12; Beschluss vom 24.7.1997 - 1 B 122/97 -, juris; Renner, AuslR, Rdnr. 15 zu § 7 AuslG m. w. N.). Diese Auslegung gilt aber auch im Rahmen des § 8 StAG. Auch hier genügt das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes für die Ablehnung der Einbürgerung, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ausländerbehörde eine Ausweisung beabsichtigt oder ob eine solche im konkreten Fall erfolgen könnte (vgl. Hailbronner/Renner, StAR, 4. Aufl., Rdnr. 23 zu § 8 StAG m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 31.5.1994 - 1 C 5/93 -, BVerwGE 96, 86). Zudem steht die Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG im Ermessen der Einbürgerungsbehörde. Der Kläger hat aber weder vorgetragen noch ist sonst erkennbar, dass dieses Ermessen in seinem Fall - das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG unterstellt - dergestalt reduziert wäre, dass nur die Erteilung der begehrten Einbürgerungszusicherung in Betracht käme.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO, soweit die Berufung zurückgenommen worden ist, im übrigen aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil der Frage, ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen ist, grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Gründe

 
24 
Mit dem Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
25 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Nachdem der Kläger innerhalb der Frist zur Begründung der Berufung nur noch die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung beantragt hat, ist das Berufungsverfahren allerdings einzustellen, soweit er ursprünglich (weitergehend) die Verpflichtung der Beklagten zur Einbürgerung begehrt hat. Denn mit dieser Beschränkung des Klagebegehrens hat er die Berufung teilweise zurückgenommen (§ 126 Abs. 1 VwGO).
26 
Soweit die Berufung danach noch anhängig ist, ist sie nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit der Kläger eine Einbürgerungszusicherung begehrt.
27 
Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung ist § 10 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950), da er den Antrag auf Einbürgerung nach dem 16.3.1999 gestellt hat (vgl. § 40 c StAG; zur Zulässigkeit der Erteilung einer Einbürgerungszusicherung VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.7.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116; BVerwG, Urteil vom 31.3.1987 - 1 C 26/86 -, NJW 1987, 2180). Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setzt die Einbürgerung eines Ausländers voraus, dass er „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist“. Zu Recht haben der Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass der Kläger diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil das Landgericht Mannheim mit Urteil vom 14.12.1999 nach § 61 Nr. 1, § 63 StGB seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat. Denn auch dabei handelt es sich um eine Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG.
28 
Ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung eine Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG darstellt, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt (bejahend Berlit in: GK-StAR, Stand: Oktober 2005, Rnr. 287 ff. zu § 10; Makarov/v. Mangoldt, Dt. Staatsangehörigkeitsrecht, Stand: Juni 1998, Rnr. 47 zu § 85 AuslG; VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005 - VG 2 A 26.03 -, InfAuslR 2005, 427 m.w.N.; VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung; a.A. VG Würzburg, Urteil vom 21.4.2004 - W 6 K 03.1130 -, InfAuslR 2004, 311).
29 
Eine ausdrückliche Regelung findet sich weder im Staatsangehörigkeitsgesetz noch fand sie sich in der zuvor einschlägigen Bestimmung des § 85 AuslG. Auch die Gesetzesbegründung äußert sich hierzu nicht. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG bedarf daher der Auslegung. Bei dieser Auslegung kommt es nicht allein auf den Wortlaut der Vorschrift an, sondern es ist grundsätzlich der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, der sich neben dem Wortlaut der Norm aus ihrem Zusammenhang, ihrem Zweck und aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt, wobei diese Auslegungsmethoden einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.3.1974 - III C 99.71 -, BVerwGE 45, 65; Urteil vom 16.11.1981 - 6 C 72/78 -, BVerwGE 64, 209 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 17.5.1960 - 2 BvL 11/59, 11/60 -, BVerfGE 11, 126).
30 
Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG legt es angesichts des strafrechtlichen Bezugs der Begriffe „Verurteilung“ und „Straftat“ nahe, bei der Auslegung zunächst deren strafrechtliche Bedeutung ins Auge zu fassen. Das Strafgesetzbuch enthält weder eine Legaldefinition des Begriffs „Verurteilung" noch des Begriffs „Straftat". § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB definiert lediglich den Begriff der „rechtswidrigen Tat", nicht aber den Begriff „Straftat". Allerdings ist in der Rechtsprechung der Strafgerichte anerkannt, dass die Verurteilung eines Angeklagten grundsätzlich dessen Schuldfähigkeit voraussetzt. So führt etwa der Bundesgerichtshof hierzu aus, dass ein Angeklagter in der Urteilsformel ausdrücklich freigesprochen werden muss, wenn sich das Gericht an seiner „Verurteilung“ gehindert sieht, weil er die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) begangen hat und das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB anordnet (vgl. BGH, Beschluss vom 11.6.2002 - 3 StR 158/02 -, juris, m. w. N.; Urteil vom 9.3.1983 - 3 StR 500/82 -, NStZ 1983, 280). Dies wird durch einzelne Bestimmungen des Strafgesetzbuchs gestützt, so etwa durch § 69 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 StGB, in denen übereinstimmend davon die Rede ist, dass jemand „verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt (wird), weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist". Auch der Begriff „Straftat“ wird jedenfalls im Strafrecht regelmäßig so verstanden, dass er eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung voraussetzt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., vor § 13 Rnr. 2; Stree in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., Rnr. 3a zu § 56f; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.1.1998 - 1 Ws 6/98 -, Justiz 1998, 569 m.w.N.).
31 
Diese strafrechtliche Verwendung der Begriffe schließt es jedoch nicht von vornherein aus, die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung im Sinn des Staatsangehörigkeitsrechts anzusehen. Je nach dem Norm- und Sinnzusammenhang kann den verwendeten Begriffen nämlich eine unterschiedliche Bedeutung zukommen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die strafrechtliche Auslegung des Begriffes „Verurteilung“ erkennbar daran ausgerichtet ist, ob gegen den Täter eine Strafe im Sinne der §§ 38 ff. StGB (insbesondere eine Freiheits- oder Geldstrafe) verhängt werden kann. Dies schließt es aber nicht aus, diesen Begriff im vorliegenden staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang anders - insbesondere weiter - zu verstehen. Hierfür spricht zunächst, dass § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG gerade nicht von der Verurteilungzu einer Strafe , sondern von der Verurteilung wegen einer Straftat spricht, insoweit also weiter gefasst ist. Zudem wird auch eine Maßregel der Besserung und Sicherung durch Urteil angeordnet; so war es auch beim Kläger. Nach § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe nämlich auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet worden ist. Ferner ist nach § 260 Abs. 4 Satz 4 StPO in der Urteilsformel u.a. zum Ausdruck zu bringen, wenn die Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt wird. Unter Berücksichtigung dessen lässt es der allgemeine Sprachgebrauch daher zu, auch die in einem Urteil erfolgende Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als „Verurteilung“ anzusehen. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Begriff „Straftat“ im allgemeinen Sprachgebrauch stets nur im dargestellten engen strafrechtlichen Sinn verstanden wird. Vielmehr wird allgemein von der Begehung von Straftaten häufig auch dann gesprochen, wenn die Handlung des Täters einen Straftatbestand erfüllt und rechtswidrig gewesen ist, dieser aber - etwa aus Altersgründen (§ 19 StGB) - schuldunfähig ist und daher noch keine Straftat im strafrechtlichen Sinn begehen kann (vgl. hierzu auch VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005, a.a.O.).
32 
Ist es danach vom Wortlaut her jedenfalls nicht ausgeschlossen, als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung anzusehen, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob ein weiteres Begriffsverständnis als das strafrechtsdogmatische dem objektivierten Willen des Gesetzgebers entspricht. Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte, des Zwecks und des Regelungszusammenhangs der Vorschrift ist diese Frage zu bejahen.
33 
Die für eine Einbürgerung früher maßgebliche Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 RuStAG verlangte bis zur Änderung durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.6.1993 (BGBl. I S. 1062) als Voraussetzung für die Einbürgerung, dass der Einbürgerungsbewerber „einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hat“ (vgl. hierzu Hailbronner, StAngR, 1991, § 8 RuStAG, Rnr. 16 ff.). Der Begriff der „Unbescholtenheit“ erfasste nach damaliger Auffassung nicht nur strafrechtlich relevantes Fehlverhalten, sondern erstreckte sich auch auf Verstöße gegen Vorschriften ordnungsrechtlichen Charakters jedenfalls dann, wenn sie eine nachhaltige Missachtung der Rechtsordnung darstellten (vgl. hierzu Berlit, a.a.O., Rnr. 281 zu § 10 StAG m.w.N.). Der Einbürgerungsbewerber musste in seinem Lebenswandel und den daraus erkennbaren charakterlichen Eigenschaften gewissen Kriterien genügt haben und noch genügen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.2.1977 - I B 74.75 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 7). Derartige charakterliche Mängel konnten aber auch bei solchen Straftätern vorliegen, die wegen einer psychischen Erkrankung schuldunfähig und zwangsweise untergebracht waren (vgl. hierzu VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O., m.w.N.). Mit dem Ausländergesetz vom 9.7.1990 (BGBl. I S. 1354) in der bis Ende 1999 geltenden Fassung des Gesetzes vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2970) wurde erstmals eine Anspruchseinbürgerung für Ausländer vorgesehen, welche für „junge Ausländer" in § 85 Abs. 1 Nr. 4 AuslG a.F. und für sonstige Ausländer mit langem Aufenthalt in § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. die Voraussetzung enthielt, dass der Ausländer „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist". Der ursprüngliche Regierungsentwurf hatte zunächst nur die Anspruchseinbürgerung junger Ausländer vorgesehen und hierfür vorausgesetzt, dass der Ausländer „außer solchen Straftaten, die nur mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz geahndet werden, keine Straftaten begangen hat“. In der Begründung zu dem Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) hieß es hierzu, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, doch sollten typische Jugendverfehlungen nicht zum Ausschluss der erleichterten Einbürgerung führen. Auf Grund der Änderungen im Gesetzgebungsverfahren entstanden dann jedoch die anders lautenden Bestimmungen des § 85 Abs. 1 Nr. 4 und § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F.. Diese Regelungen hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15.7.1999 (BGBl. I S. 1618) in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG in der seit dem 1.1.2000 geltenden Fassung übernommen. Schließlich wurden die §§ 85 bis 91 AuslG durch das Zuwanderungsgesetz vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950) in §§ 10 bis 12b StAG überführt, ohne dass hinsichtlich der hier zu entscheidenden Frage Änderungen erfolgt sind.
34 
Aus dieser Entstehungsgeschichte lässt sich nicht zwingend ableiten, dass eine „Verurteilung wegen einer Straftat“ nach dem Willen des Gesetzgebers auch dann vorliegen soll, wenn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird. Allerdings könnte der Umstand, dass im früheren Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) ausgeführt worden ist, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, dafür sprechen, dass der Gesetzgeber damals eine begriffliche Anbindung an den früher verwendeten Begriff der „Unbescholtenheit“ angestrebt hat. Dies würde es nahe legen, dass auch ein im strafrechtlichen Sinne schuldloses Fehlverhalten weiterhin für die Einbürgerung von Bedeutung sein soll (vgl. VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O.). Nach der dargestellten Entstehungsgeschichte lässt sich aber auch nicht ausschließen, dass der Gesetzgeber an Fälle der hier vorliegenden Art überhaupt nicht gedacht hat.
35 
Letztlich sprechen Sinn und Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG und der Regelungszusammenhang mit dem Registerrecht entscheidend dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat anzusehen. Der Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG besteht darin, die Einbürgerung von Personen auszuschließen, die sich trotz ihres längeren Aufenthaltes nicht in die (bundesdeutsche) Gesellschaft integriert haben bzw. bei denen es an einer dauerhaften Hinwendung zur deutschen Rechtsordnung fehlt oder hieran zumindest erhebliche Zweifel bestehen. Der Staat soll von einer Verpflichtung zur Einbürgerung solcher Ausländer freigestellt werden, die mit Rücksicht auf die Begehung von gewichtigen Straftaten die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verdienen oder bei denen dies derzeit jedenfalls als möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.12.1993 - 2 BvR 2632/93 -, NJW 1994, 2016; Makarov/v.Mangoldt, a.a.O., Rnr. 45, 47 zu § 85 AuslG). Bestätigt wird dies durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG, wonach sich der Ausländer zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen und außerdem u.a. erklären muss, dass er keine gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichteten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, liegt § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG vor diesem Hintergrund gerade auch die Vorstellung zu Grunde, eine Verpflichtung zur Einbürgerung eines Ausländers - und damit zu einer dauerhaften Aufenthaltsverfestigung - dann nicht entstehen zu lassen, wenn von diesem Gefahren für Rechtsgüter der Bundesrepublik Deutschland ausgehen. Dieser Gesetzeszweck spricht dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen. Für die Frage, ob von einem Ausländer, der gegen eine Strafvorschrift verstoßen hat, eine Gefahr für Rechtsgüter ausgeht, kommt es nämlich nicht entscheidend darauf an, ob dieser schuldhaft gehandelt hat. Vielmehr kann eine solche Gefahr - wie auch im vorliegenden Fall - beispielsweise auch beim Vorliegen einer krankheitsbedingten Schuldunfähigkeit bestehen. Dies wird gerade daran deutlich, dass eine Maßregel der Besserung und Sicherung nur angeordnet werden kann, wenn vom Täter infolge seines Zustandes eine Gefahr ausgeht (vgl. §§ 63, 64 Abs. 1, 66 Abs. 1 Nr. 3, 68 Abs. 1, 69 Abs. 1 und 70 Abs. 1 StGB).
36 
Gestützt wird diese vom strafrechtlichen Begriffsverständnis abweichende, weitere Auslegung auch durch die Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes, welche im Zusammenhang mit einer Einbürgerung deshalb von besonderer Bedeutung sind, weil dessen Auskunftsregelungen auch die Einbürgerungsbehörden betreffen (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 6 BZRG). So nennt § 4 BZRG unter der Überschrift „Verurteilungen“ u.a. die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 4 Nr. 2 BZRG). Zudem geht § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG davon aus, dass es sich bei der dort u.a. genannten Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) um eine Verurteilung handelt; gleiches gilt z.B. für § 32 Abs. 2 Nr. 8 und § 49 Abs. 1 Satz 3 BZRG.
37 
Der Annahme, dass nach der Intention des Staatsangehörigkeitsrechts auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG erfasst wird, lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, eine solche Gesetzesauslegung führe im Einzelfall zu unvertretbaren Ergebnissen. Zwar sind nach § 12a StAG die dort genannten Verurteilungen von vornherein für einen Anspruch auf Einbürgerung unbeachtlich, während die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Einbürgerungsanspruch grundsätzlich immer entgegensteht. Deshalb wird etwa von Makarov/v. Mangoldt, (a.a.O., Rdnr. 47 zu § 85 AuslG) darauf hingewiesen, in einigen Fällen könne ungeachtet der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung die rechtswidrige Tat von verhältnismäßig geringem Gewicht und nicht von der Art sein, die normalerweise den Einbürgerungsanspruch als ausgeschlossen erscheinen lassen müsste; dies soll etwa bei selbständiger Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB in Betracht kommen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zu diesem Einwand jedoch ausgeführt, dass von einem Ausländer, der zu einer geringen Strafe verurteilt worden ist, auf die Dauer grundsätzlich keine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen wird, während gleiches für denjenigen, gegen den eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, gerade nicht gilt. Mit der Regelung des § 12 a StAG, wonach u. a. Verurteilungen zu Geldstrafe und zu Freiheitsstrafe bis zu einer bestimmten Höhe im Rahmen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG außer Betracht bleiben, gibt der Gesetzgeber zwar zu erkennen, dass er in diesen Fällen nicht vom Bestehen einer Gefahr durch die Einbürgerung des betreffenden Ausländers ausgeht. Eine solche pauschale Gefahrenprognose kommt bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung, welche gerade eine vom Täter ausgehende - individuelle - Gefahr voraussetzt, aber nicht in Betracht. Vielmehr bedarf es hier grundsätzlich einer Beurteilung im Einzelfall.
38 
Eine solche Gesetzesauslegung führt auch nicht zu unzumutbaren Ergebnissen, da die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Anspruch auf Einbürgerung nicht in jedem Fall dauerhaft entgegenstehen muss. Nach § 45 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 24 Abs. 2 BZRG wird zwar die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus grundsätzlich erst nach dem 90. Lebensjahr getilgt. Im übrigen beträgt die Tilgungsfrist für die Anordnung einer (sonstigen) Maßregel der Besserung und Sicherung aber regelmäßig nur fünf Jahre (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG). Nach § 49 Abs. 1 BZRG besteht zudem auch bei der Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus die Möglichkeit, dass der Generalbundesanwalt auf Antrag oder von Amts wegen anordnet, dass Eintragungen entgegen den §§ 45, 46 zu tilgen sind, falls die Vollstreckung erledigt ist und das öffentliche Interesse der Anordnung nicht entgegensteht. Nach Satz 2 dieser Bestimmung soll der Generalbundesanwalt das erkennende Gericht und die sonst zuständige Behörde hören, wenn der Betroffene im Geltungsbereich des Gesetzes wohnt. Nach Satz 3 soll er auch einen in der Psychiatrie erfahrenen medizinischen Sachverständigen hören, wenn die Eintragung eine Verurteilung betrifft, durch welche eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist. Damit ist hinreichend gewährleistet, dass ein Ausländer auch bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach (folgenlosem) Ablauf der fünfjährigen Tilgungsfrist oder - wenn diese nicht einschlägig ist - jedenfalls im Wege der Tilgung nach § 49 BZRG einen Einbürgerungsanspruch erlangen kann, soweit von ihm keine Gefahr mehr ausgeht. Gleichzeitig wird hiermit dem Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG Rechnung getragen, im Einzelfall eine Beurteilung der von dem Ausländer möglicherweise ausgehenden Gefahren zu ermöglichen und einen Einbürgerungsanspruch dann auszuschließen, wenn diese Prognose ungünstig ausfällt. Zudem kommt jedenfalls dann, wenn der Ausländer bei geringfügigen Verstößen gegen Rechtsvorschriften keinen Ausweisungsgrund erfüllt, zumindest eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG in Betracht. Angesichts dessen kann nach Auffassung des Senats nicht angenommen werden, dass die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG in den Fällen der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung zu einer unzulässigen Schlechterstellung der Betroffenen im Vergleich zu denjenigen Ausländern führt, deren Verurteilung nach § 12 a Abs. 1 StAG außer Betracht bleibt. Vielmehr hält sich diese differenzierte Regelung noch im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit; sie ist durch die dargestellten Unterschiede bei der Gefahrenprognose hinsichtlich einer strafrechtlichen Verurteilung einerseits und der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung andererseits hinreichend gerechtfertigt. Danach bedarf es auch der teilweise vorgeschlagenen alternativen Lösungswege - Parallelwertung, welche Strafe bei schuldhaftem Handeln voraussichtlich verhängt worden wäre (VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung) bzw. erweiternde Auslegung des § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG (so Berlit, a.a.O., Rnr. 289 zu § 10 StAG) - nicht, um auch in Fällen geringfügigerer Verstöße sachgerechte Ergebnisse zu erreichen.
39 
Im Ergebnis steht der Einbürgerung des Klägers somit § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG entgegen. Der Kläger hat weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass aufgrund eines Antrags nach § 49 Abs. 1 BZRG die gegen ihn verhängte Maßregel inzwischen gelöscht worden ist.
40 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nach § 8 StAG kommt vorliegend nicht in Betracht. Auf Grund der von ihm begangenen strafrechtlichen Verstöße erfüllt er nämlich einen Ausweisungsgrund, weil er einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Dabei sind sowohl die in den Jahren 1996 und 1998 erfolgten Verurteilungen zu Geldstrafen als auch die im Jahr 1999 angeordnete Maßregel der Besserung und Sicherung berücksichtigungsfähig (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.7.2004 - 11 S 535/04 -, EzAR 034 Nr. 18). Ob eine Ausweisung auf dieser Grundlage tatsächlich erfolgen könnte, ist im Rahmen des § 8 StAG unbeachtlich. Soweit in ausländerrechtlichen Vorschriften wie etwa § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auf das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes abgestellt wird, ist dieser Begriff nämlich mit dem Begriff „Ausweisungstatbestand“ gleichzusetzen (vgl. Renner, AuslR, 7.A., Rnr. 13 zur Vorgängervorschrift des § 7 AuslG). Dies bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob eine Ausweisung im Einzelfall auch fehlerfrei verfügt werden könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.8.1996 - 1 C 8/94 -, BVerwGE 102, 12; Beschluss vom 24.7.1997 - 1 B 122/97 -, juris; Renner, AuslR, Rdnr. 15 zu § 7 AuslG m. w. N.). Diese Auslegung gilt aber auch im Rahmen des § 8 StAG. Auch hier genügt das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes für die Ablehnung der Einbürgerung, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ausländerbehörde eine Ausweisung beabsichtigt oder ob eine solche im konkreten Fall erfolgen könnte (vgl. Hailbronner/Renner, StAR, 4. Aufl., Rdnr. 23 zu § 8 StAG m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 31.5.1994 - 1 C 5/93 -, BVerwGE 96, 86). Zudem steht die Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG im Ermessen der Einbürgerungsbehörde. Der Kläger hat aber weder vorgetragen noch ist sonst erkennbar, dass dieses Ermessen in seinem Fall - das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG unterstellt - dergestalt reduziert wäre, dass nur die Erteilung der begehrten Einbürgerungszusicherung in Betracht käme.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO, soweit die Berufung zurückgenommen worden ist, im übrigen aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil der Frage, ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen ist, grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Sonstige Literatur

 
43 
Rechtsmittelbelehrung
44 
Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu.
45 
Die Revision ist bei dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils schriftlich einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) eingelegt wird.
46 
Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
47 
Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen.
48 
Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.
49 
Für das Revisionsverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Revision und für die Revisionsbegründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
50 
Beschluss vom 10.11.2005
51 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. auf 8.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr. 1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718, sowie Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327).
52 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
Der am … 1971 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo. Er kam Ende 1991 in das Bundesgebiet und stellte einen Asylantrag. Nachdem er am 01.09.1995 eine deutsche Staatsangehörige geheiratet hatte, nahm er seinen Asylantrag zurück. In der Folgezeit erhielt er fortlaufend verlängerte Aufenthaltserlaubnisse, zuletzt bis 06.12.2002. Seit 21.05.2002 ist der Kläger im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, jetzt Niederlassungserlaubnis. Der Kläger lebt nach wie vor in ehelicher Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehörigen. Aus dieser Ehe sind mittlerweile zwei Kinder hervorgegangen, die ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit haben.
Nach einer aktuellen Auskunft aus dem Zentralregister vom 11.03.2009 wurde der Kläger bestraft durch
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1993 (2 C 222/93) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen je 60,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts S. vom 29.03.1994 (11 CS 156/94) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit einer wiederholten Zuwiderhandlung gegen eine Aufenthaltsbeschränkung nach dem Asylverfahrensgesetz zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen je 60,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 29.09.1994 (2 DS 166/94) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen je 45,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 19.01.1995 (2 DS 316/94) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 20.07.1995 (2 DS 18/95) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 19.01.1995 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von sieben Monaten und zwei Wochen, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1996 (2 DS 61/96) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung der Verurteilungen vom 19.01.1995 und 20.07.1995 zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
10 
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 14.05.1998 (2 DS 23938/98 1248 VRS) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, wobei eine Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt und schließlich mit Wirkung vom 03.11.2002 erlassen wurde;
11 
- Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 14.02.2008 (5 Cs 12 Js 9814/07) wegen Betrugs zu einer Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen je 30,- EUR.
12 
Am 07.02.2003 beantragte der Kläger beim Landratsamt Schwäbisch Hall, ihn in den deutschen Staatsverband einzubürgern, nachdem er einen ersten Einbürgerungsantrag im Jahre 2000 zurückgenommen hatte.
13 
Am 19.09.2003 erteilte der Beklagte dem Kläger eine bis 18.09.2005 gültige Einbürgerungszusicherung. Darin wird dem Kläger die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass der Verlust der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen werde.
14 
In der Folgezeit zog sich die Ausstellung serbisch-montenegrinischer Dokumente durch das Generalkonsulat vom Serbien-Montenegro hin.
15 
Im April 2005 verweigerte das Regierungspräsidium Stuttgart seine Zustimmung zur Einbürgerung. Da die letzte Verurteilung des Klägers im Jahre 1998 nicht insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden sei, sondern lediglich ein Strafrest nach Teilverbüßung dieser Haftstrafe, sei die Grundlage für eine Ermessensentscheidung schon nicht gegeben. Mit Erlass vom 19.05.2005 wies das Regierungspräsidium Stuttgart das Landratsamt auf eine seit dem 10.03.2005 geänderte Erlasslage für serbisch-montenegrinische Staatsangehörige hin, wonach erst dann eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit erfolgen könne, wenn von Seiten der serbisch-montenegrinischen Behörden nicht innerhalb eines Zeitraumes von nunmehr zwei Jahren über einen entsprechenden Antrag des Einbürgerungsbewerbers auf Ausstellung eines Reisepasses, eines Staatsangehörigkeitsnachweises bzw. auf Nachregistrierung entschieden sei.
16 
Das Landratsamt hörte daraufhin den Kläger mit Schreiben vom 07.07.2005 zu einer beabsichtigten Ablehnung seines Einbürgerungsantrages an. Zur Begründung wurde auf seine im Bundeszentralregister eingetragenen Vorstrafen verwiesen, die erst im Jahre 2013 Tilgungsreife erreichten.
17 
Daraufhin beantragte der Kläger beim Generalbundesanwalt die vorzeitige Tilgung sämtlicher Freiheitsstrafen, die über ihn im Bundeszentralregister geführt werden. Diesen Antrag lehnte der Generalbundesanwalt ab unter Hinweis darauf, damit würde im Fall des Klägers eine Voraussetzung für seine Einbürgerung erst geschaffen. Dies liefe aber im Ergebnis auf eine Entscheidung des Generalbundesanwalts anstelle der eigentlich zuständigen Behörde über den Einbürgerungsantrag des Klägers hinaus. Dies sei kein zweckentsprechender Gebrauch der Tilgungsmöglichkeit des § 49 Abs. 1 BZRG.
18 
Mit Verfügung vom 19.01.2006 lehnte das Landratsamt Schwäbisch Hall den Einbürgerungsantrag ab und führte zur Begründung aus: Der noch unter Geltung des § 85 AuslG gestellte Einbürgerungsantrag sei nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 01.01.2005 nach den Vorschriften des Staatsangehörigkeitsgesetzes zu bescheiden. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setze ein Einbürgerungsanspruch voraus, dass der Einbürgerungsbewerber nicht wegen einer Straftat verurteilt sei. Ausnahmen von dieser Regelung ergäben sich aus § 12 a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StAG sowie in Einzelfällen aus Satz 2 dieser Vorschrift. Vorliegend ergebe sich, dass die nach der Auskunft aus dem Bundeszentralregister beim Kläger vorliegenden strafrechtlichen Verurteilungen Nr. 5 und 6 eine Ermessensentscheidung der Einbürgerungsbehörde über ihre Berücksichtigung erforderten. Diese führe im jetzigen Zeitpunkt unter Abwägung des Für und Wider dazu, dass diese nicht außer Betracht bleiben könnten. Hinsichtlich der letzten Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang im Jahre 1998 lägen noch nicht einmal die Voraussetzungen einer Einzelfallentscheidung vor. Die damalige Freiheitsstrafe von sechs Monaten sei nicht insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden. Der Kläger könne auch nicht nach § 8 StAG eingebürgert werden. Voraussetzung hierfür sei, dass der Einbürgerungsbewerber keinen Ausweisungsgrund nach den §§ 53, 54 oder 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 AufenthG erfülle. Mit den abgeurteilten Straftaten lägen bei ihm aber Rechtsverstöße vor, die weder vereinzelt noch geringfügig gewesen seien. Wie lange ihm danach eine Straftat im Einbürgerungsverfahren auch nach § 8 StAG vorgeworfen werden könne, richte sich mangels eigener Regelungen nach den Eintragungen im Bundeszentralregister. Da die Tilgungsreife frühestens im Jahre 2013 eintreten könne, sei eine Einbürgerung auch nach § 8 StAG derzeit nicht möglich.
19 
Gegen diesen ihm am 23.01.2006 zugestellten Bescheid legte der Kläger am 23.02.2006 Widerspruch ein.
20 
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2006 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde nach Bezugnahme auf den Bescheid des Landratsamts ergänzend ausgeführt: Zwar werde nicht verkannt, dass beim Kläger in letzter Zeit eine charakterliche Stabilisierung eingetreten sei. Er lebe seit einigen Jahren straffrei in Deutschland mit Frau und Kindern. Das öffentliche Interesse, die Einbürgerung bei fehlender strafrechtlicher Unbescholtenheit grundsätzlich zu versagen, überlagere jedoch seine Interessen. Vor Ablauf der Tilgungsfrist im Bundeszentralregister sei eine Einbürgerung daher nicht möglich. Auch die leichteren Reisemöglichkeiten mit einem deutschen Pass, die Schwierigkeiten bei der Erlangung eines serbisch-montenegrinischen Reisepasses für Kosovaren und schließlich eine dem Kläger in Aussicht gestellte Arbeitsstelle bei einer Schweizer Firma rechtfertigten keinen Ausnahmetatbestand.
21 
Der Kläger hat am 18. August 2006 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und ausgeführt: Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles müssten auch die gegen ihn am 20.07.1995 und am 09.05.1996 verhängten Freiheitsstrafen, die insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden seien, außer Betracht bleiben. Er lebe nunmehr seit acht Jahren straffrei in der Bundesrepublik Deutschland. Bei den abgeurteilten Straftaten habe es sich ausschließlich um Straßenverkehrsdelikte gehandelt. Er sei auf die Einbürgerung dringend angewiesen, um die ihm angebotene Arbeitsstelle in der Schweiz anzunehmen und dadurch für seine Familie den Unterhalt zu sichern. Sämtliche anderen Familienmitglieder, die Ehefrau und zwei Kinder, besäßen die deutsche Staatsangehörigkeit.
22 
Der Kläger ist im laufenden Verfahren in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes Waldshut verzogen. Mit Schreiben vom 28.08.2007 erteilte das Landratsamts Waldshut gemäß § 3 Abs. 3 LVwVfG seine Zustimmung zur Fortsetzung des Verfahrens durch das Landratsamt Schwäbisch Hall.
23 
Durch Urteil vom 26.11.2007 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, über den Einbürgerungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; im Übrigen hat es den weitergehenden Verpflichtungsantrag abgewiesen.
24 
Zur Begründung hat es ausgeführt: Gemäß § 40c StAG in der seit 28.08.2007 geltenden Fassung seien auf Einbürgerungsanträge, die - wie hier - vor dem 30.03.2007 gestellt worden seien, die §§ 8 bis 14 StAG in ihrer vor dem 28.08.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit diese günstigere Bestimmungen enthielten. Da dies für die hier in Rede stehenden Rechtsfragen sämtlich der Fall sei, kämen für die begehrte Einbürgerung als Rechtsgrundlage daher die §§ 8 ff. StAG i.d.F. des Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 zur Anwendung.
25 
Zutreffend gehe der Beklagte allerdings davon aus, dass dem Kläger eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. habe versagt werden dürfen. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung fehle es zumindest an der Voraussetzung nach Nr. 5 der Norm, da der Kläger bereits mehrfach wegen einer Straftat verurteilt worden sei. Für diesen Fall bestimme § 12 a StAG a.F., dass Strafen bis zu einer bestimmten Höhe außer Betracht zu bleiben hätten und darüber hinausgehend, dass die Einbürgerungsbehörde im Einzelfall nach Ermessen zu entscheiden habe, ob eine Straftat außer Betracht bleiben könne, wenn der Einbürgerungsbewerber zu einer höheren Strafe verurteilt worden sei. Das Gericht könne sich nicht der Rechtsansicht des Beklagten anschließen, die letzte gegen den Kläger ausgesprochene Verurteilung vom 14.05.1998 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung stelle eine Straftat dar, die in keinem Fall im Ermessenswege infolge einer Entscheidung der Einbürgerungsbehörde außer Betracht bleiben könne. Soweit sich der Beklagte auf den Standpunkt stelle, eine das „Nichtberücksichtigungsermessen“ gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eröffnende „höhere Strafe“ könne nur eine Strafe sein, die insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden sei, gehe dies fehl. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der Wortlaut nicht eindeutig. Das der Einbürgerungsbehörde eingeräumte Nichtberücksichtigungsermessen könne hinsichtlich jedweder Strafe ausgeübt werden, die, weil sie ein einzelnes Merkmal überschreite, nicht unter Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 der Vorschrift falle. Auch angesichts der Weite des nach § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eingeräumten Nichtberücksichtigungsermessens bestehe kein überzeugender Grund, die Strafaussetzung zur Bewährung bereits als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in Abs. 1 Satz 2 „hineinzuinterpretieren“, indem bei kurzzeitigen Freiheitsstrafen , die nicht zur Bewährung ausgesetzt worden seien, eine Ermessensmöglichkeit schon von vorneherein verneint werde. Gleichwohl ergebe sich daraus nicht die Rechtswidrigkeit der Entscheidung, dem Kläger eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG a.F. zu versagen. Denn zu Recht habe der Beklagte erkannt, schon wegen Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine Ermessensentscheidung hinsichtlich der beiden zur Bewährung ausgesetzten Verurteilungen nach Nr. 5 und Nr. 6 des Strafregisterauszuges treffen zu müssen. Diese Ermessensentscheidung sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. i.V.m. § 12 a Abs. 1 StAG a. F. sei bei der Prüfung, ob eine strafrechtliche Verurteilung den Einbürgerungsanspruch eines Ausländers aus § 10 StAG a.F. hindere, eine jeweils einzelne Betrachtung geboten. Lägen (eine oder mehrere) strafrechtliche Verurteilungen vor, die nicht generell gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 StAG a. F. außer Betracht bleiben müssten, so erfolge nicht etwa eine generelle Ermessensprüfung, ob der Betreffende gleichwohl eingebürgert werden könne. Die Ermessensprüfung orientiere sich vielmehr an jeder einzelnen strafrechtlichen Verurteilung. Entscheide sich die Einbürgerungsbehörde in Ausübung des ihr so eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens, auch nur hinsichtlich einer einzigen insoweit zu prüfenden strafrechtlichen Verurteilung, diese nicht außer Betracht zu lassen und sei ihr jedenfalls insoweit kein Ermessensfehler anzulasten, scheide eine Einbürgerung in Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. aus. So liege es hier. Der Beklagte habe erkannt, dass die strafrechtlichen Verurteilungen nach Nr. 5 und nach Nr. 6 des Strafregisterauszuges des Klägers nicht generell nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. außer Betracht bleiben könnten, da der Strafausspruch jeweils zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Die Ermessensbetätigung der Behörden, diese beiden strafrechtlichen Verurteilungen einbürgerungsrechtlich nicht unberücksichtigt zu lassen, sei nicht zu beanstanden. Es komme hinsichtlich der zu prüfenden Ermessensbetätigung auf die letzte behördliche Entscheidung, also auf den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.07.2006 an. Dessen Ausführungen berücksichtigten zutreffend alle mit den strafrechtlichen Verurteilungen in Zusammenhang stehenden Umstände und hätten diese in nicht zu beanstandender Weise abgewogen. Es sei nicht zu verkennen, dass - wie dort ausgeführt - eine Verurteilung zu einer, wenn auch zur Bewährung ausgesetzten, Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen bereits eine erhebliche Strafe darstelle. Ebenfalls habe vom Beklagten negativ berücksichtigt werden dürfen, dass der Kläger immer wieder wegen desselben Deliktes strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und daher eine gewisse Renitenz in der Missachtung der Rechtsordnung aufgewiesen habe. Soweit demgegenüber der angegriffene Ausgangsbescheid des Beklagten im Rahmen der Betätigung des Nichtberücksichtigungsermessens möglicherweise die persönlichen Interessen des Klägers zu wenig berücksichtigt habe, sei dieser Mangel jedenfalls durch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.07.2006 geheilt worden. Dort seien die in letzter Zeit offenbar eingetretene charakterliche Stabilisierung des Klägers, seine familiären Umstände, seine Arbeitsplatzsituation, die mit einem deutschen Pass verbundenen besseren Reisemöglichkeiten sowie allgemein die Passproblematik serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger aus dem Kosovo berücksichtigt worden.
26 
Der Kläger erfülle aber die wesentlichen Voraussetzungen für einen Einbürgerungsanspruch nach den §§ 8 und 9 StAG a.F. Auch insoweit finde gemäß § 40 c StAG die bis zum 28.08.2007 geltende Fassung des § 9 StAG Anwendung, da diese für den Kläger günstiger sei. Die maßgeblichen Voraussetzungen für die Einbürgerung des Klägers lägen insoweit auch vor. Soweit § 9 StAG a.F. auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 StAG a. F. verweise, seien auch diese erfüllt. Für die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 StAG a. F. sei dies zwischen den Beteiligten unstrittig. Dies gelte aber auch für die Voraussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F., da der Kläger, jedenfalls derzeit, keinen Ausweisungsgrund nach §§ 53, 54 oder 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes mehr erfülle. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. sei durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.06.1993 neu gefasst worden. Mit der Gesetzesänderung habe der Begriff des „unbescholtenen Lebenswandels" durch wesentlich konkretere Kriterien ersetzt werden sollen, nämlich das Vorliegen bestimmter Ausweisungsgründe im Zeitpunkt der Entscheidung über das Einbürgerungsbegehren. Die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. enthalte ebenso wenig wie vergleichbare ausländerrechtliche Vorschriften (vgl. etwa §§ 5 Abs. 1 Nr. 2; 28 Abs. 2 AufenthG) eine zeitlich genau bestimmbare Grenze für die Erfüllung bzw. das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes. Allerdings ergebe sich bereits aus der Verwendung der jeweiligen Präsens-Form, dass es sich jedenfalls um eine aktuelle Betrachtungsweise und nicht um die Berücksichtigung historischer Vorgänge („...erfüllt hat.“ bzw. „... vorgelegen haben.“) handeln müsse. Wann ein Ausweisungsgrund nicht mehr aktuell vorliege und daher nicht mehr herangezogen werden dürfe, lasse sich nicht allgemein festlegen; hierzu komme es auf die Art und den Inhalt des jeweiligen Ausweisungsgrundes an.
27 
Nicht überzeugend sei die vom Beklagten vertretene Auffassung, die aus den Jahren 1993 bis 1998 herrührenden Ausweisungsgründe stünden einer Einbürgerung des Klägers bis zur Tilgung im Bundeszentralregister entgegen. Der Beklagte stelle damit auf das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG ab. Das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG markiere auch für Einbürgerungsverfahren grundsätzlich - von der vorliegend nicht einschlägigen Ausnahme des § 52 Abs. 1 Nr. 1 BZRG abgesehen - die äußerste zeitliche Grenze einer im Rechtsverkehr möglichen Verwertung. Aus dem Verwertungsverbot lasse sich jedoch nicht - aufgrund eines Umkehrschlusses - auf die rechtlich gebotene Verwertbarkeit der Eintragung vor Ablauf der Tilgungsfrist schließen. Denn es könne nicht übersehen werden, dass die Tilgungsfristen in § 46 Abs. 1 Nr. 1 - 4 BZRG - fünf, zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre, gegebenenfalls erhöht um die jeweils ausgesprochene Freiheitsstrafe - äußerst pauschal gehalten seien und mit ihren Fünf-Jahres-Sprüngen auch vergleichsweise wenig Raum für eine Einzelfallbetrachtung böten. Dies möge für ein Registergesetz im Sinne einer Verwaltungspraktikabilität hinnehmbar sein. Um den früher in § 8 Abs. 1 StAG verwendeten Begriff des „unbescholtenen Lebenswandels“ durch wesentlich konkretere Kriterien zu ersetzen, was ausdrücklich Sinn der gesetzgeberischen Reform des Jahres 1993 gewesen sei, erscheine ein generelles Abstellen auf noch nicht getilgte Eintragungen im Bundeszentralregister zur Beantwortung der Frage, ob ein Einbürgerungsbewerber aktuell einen Ausweisungsgrund erfülle, daher eher ungeeignet. Insbesondere, wenn ein Einbürgerungsbewerber etwa die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) - c) BZRG nur geringfügig überschreite, sei es kaum zu rechtfertigen, ihm deshalb die Möglichkeit einer Einbürgerung statt für zehn Jahre sogleich für fünfzehn Jahre zu versagen. Bei der Frage, wie lange eine Straftat nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. als Ausweisungsgrund einem Einbürgerungsbewerber entgegengehalten werden dürfe, seien vielmehr Sinn und Zweck des jeweiligen Ausweisungsgrundes von maßgeblicher Bedeutung. Liege dem Ausweisungsgrund eine Straftat zugrunde, so seien das der Verurteilung zugrunde liegende Verhalten zu berücksichtigen, die Schwere und Eigenart des Delikts sowie die ausgesprochene Strafhöhe. Lägen die vorwerfbaren Taten mehrere Jahre zurück, so sei von Bedeutung, wie sich der Ausländer in der Folgezeit verhalten habe und auch, welche künftige Rückfallprognose dem Einbürgerungsbewerber noch ausgestellt werden müsse. Danach könne heute nicht mehr davon ausgegangen werden, der Kläger erfülle noch einen Ausweisungsgrund. Bei den vom Kläger in den Jahren 1993 bis 1998 begangenen Straftaten handele es sich jeweils um Straßenverkehrsdelikte, nahezu ausschließlich um Fahren ohne Fahrerlaubnis. Eigentums- oder gar Gewaltkriminalität sei dem Kläger nicht vorzuwerfen. Innerhalb der Biografie des Klägers nähmen sich diese Straftaten „episodenhaft“ aus. Seit 1998 sei der Kläger nicht mehr auffällig geworden. Nachdem er zwischenzeitlich im Besitz einer deutschen Fahrerlaubnis sei, könne nahezu ausgeschlossen werden, dass sich bei ihm Vergleichbares wiederhole. Zwar habe der Kläger in dem genannten Zeitraum eine auffällige Renitenz zur Missachtung der Rechtsordnung an den Tag gelegt, in dem er sich zahlreichen jeweils vorangegangenen Urteilen wegen einer Straftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht gebeugt, sondern sein Verhalten zunächst fortgesetzt habe. Allerdings habe der Kläger offenkundig dieses Verhalten lediglich auf diesem einen Rechtsgebiet gezeigt. Eine anderweitige Neigung zur Missachtung der Rechtsordnung sei beim Kläger weder in dem genannten Zeitraum zu Tage getreten, noch habe sich solches in den vergangenen beinahe 10 Jahren anderweitig gezeigt. Nachdem der Kläger zwischenzeitlich mit einer deutschen Staatsangehörigen eine Familie gegründet habe, sei ersichtlich, dass bei ihm eine charakterliche Stabilisierung eingetreten sei. Die vor beinahe 10 Jahren teilweise und kurzzeitig verbüßte Haftstrafe habe offenkundig beim Kläger in seinem Verhalten eine Zäsur bewirkt. Es könne daher heute nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Kläger aktuell noch einen Ausweisungsgrund erfülle. Unabhängig von Vorstehendem lägen beim Kläger die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StAG a. F. aber auch noch aus einem weiteren Grund vor. Der Kläger erfülle schon deshalb keinen Ausweisungsgrund nach §§ 54 Nr. 1, 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG mehr, weil diese ursprünglich gegebenen Ausweisungsgründe zwischenzeitlich staatsangehörigkeitsrechtlich „verbraucht“ seien. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass ein Ausweisungsgrund in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und solange entgegengehalten werden dürfe, als er noch „aktuell" und nicht „verbraucht“ sei bzw. die zuständige Behörde auf seine Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent "verzichtet" habe. Ein solcher Verbrauch der beim Kläger ursprünglich vorliegenden Ausweisungsgründe sei im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier durch die dem Kläger am 19.09.2003 erteilte Einbürgerungszusicherung eingetreten. Nachdem der Beklagte nach Erkennen seines Fehlers insoweit die vorangegangene Einbürgerungszusicherung auch nicht etwa zurückgenommen habe, liege zum jetzigen Zeitpunkt ein Ausweisungsgrund, der dem Kläger gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a. F. entgegengehalten werden könnte, nicht mehr vor. Der Kläger habe somit einen Anspruch darauf, dass der Beklagte sein Einbürgerungsbegehren nach §§ 8, 9 StAG a. F. neu bescheide.
28 
Das Urteil wurde dem Beklagten am 20.03.2008 zugestellt. Auf den von ihm am 15.04.2008 gestellten und am 15.05.2008 begründeten Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 25.08.2008 die Berufung zugelassen.
29 
Am 23.09.2008 hat der Beklagte unter Stellung eines Antrags die Berufung wie folgt begründet:
30 
Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht § 8 StAG in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung angewandt. Der nach § 40c StAG anzustellende Günstigkeitsvergleich, der für jede Einbürgerungsvoraussetzung anzustellen sei, führe zu den Ergebnis, dass die neue Fassung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG die günstigere Bestimmung sei. Denn während es nach der alten Fassung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 auf das bloße Vorliegen von bestimmten Ausweisungsgründen angekommen sei und daher auch strafrechtlich unerhebliches Verhalten der Einbürgerung habe entgegen stehen können, seien jetzt nur noch Verurteilungen wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe oder die Anordnung einer Maßregel relevant, soweit die in § 12a Abs. 1 Nr. 1 StAG genannten Bagatellgrenzen überschritten würden. Derartige Verurteilungen, welche die Grenze des § 12a Abs. 1 StAG überstiegen, seien auch unter den Begriff der vereinzelten und geringfügigen Rechtsversstöße nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG zu rechnen und stellten daher regelmäßig einen Ausweisungsgrund dar, machten jedoch nur eine Teilmenge aller denkbaren Ausweisungsgründe aus, weshalb die neue Fassung günstiger sei. Bei Anwendung des neuen Rechts stünden die vom Kläger begangenen Straftaten, die nicht getilgt seien, einer Einbürgerung entgegen und seien auch im Rahmen des durch § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eröffneten Ermessens zu Recht unberücksichtigt geblieben und auch nach § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG n.F. nicht zu berücksichtigen. Die Taten könnten auch ausnahmslos berücksichtigt werden, da gem. § 46 Abs. 1 Nr. 2 BZRG Tilgungsreife erst im Jahre 2013 eintreten werde.
31 
Die Entscheidung sei allerdings auch dann unrichtig, wenn man § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG in der alten Fassung anwende. Denn der Kläger erfülle einen Ausweisungsgrund, der nicht verbraucht sei. Für die Frage, ob ein Ausweisungsgrund vorliege, komme es allein darauf an, ob dieser erfüllt sei, nicht jedoch darauf, ob tatsächlich eine Ausweisung erfolgen könne. Im vorliegenden Fall sei der Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG einschlägig, weil der Kläger insgesamt wegen desselben Vergehens zu erheblichen Freiheitsstrafen verurteilt worden sei. Beim Kläger habe ein unbelehrbares Verhalten vorgelegen. Die Verstöße seien weder vereinzelt noch geringfügig gewesen. Die Vorwerfbarkeit sei auch nicht nachträglich entfallen. In Ermangelung einschlägiger Regelungen in den §§ 8 und 9 StAG könne hinsichtlich der Verwertbarkeit strafrechtlicher Verurteilungen auf die Bestimmungen des Bundeszentralregistergesetzes zurückgegriffen werden. Der Ausweisungsgrund wäre daher nur dann unbeachtlich, wenn die zugrunde liegenden Straftaten getilgt wären, was jedoch nicht der Fall sei. Entgegen der früheren Rechtslage, nach der auf einen „unbescholtenen Lebenswandel“ abgestellt worden sei, sei nunmehr auch aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit keine umfassende Abwägungsentscheidung mehr zu treffen, sofern festgestellt worden sei, dass der Verstoß weder vereinzelt noch geringfügig gewesen sei. Im Übrigen könne der Sichtweise des Verwaltungsgerichts auch aus systematischen Erwägungen nicht gefolgt werden. Denn in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung sei eine Abwägungsentscheidung bei Straftaten auf den Fall des § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG beschränkt gewesen. Wäre bei § 8 Abs. 1 Nr. 1 StAG auch eine solche Abwägungsentscheidung gewollt gewesen, so hätte es nahe gelegen, in § 8 Abs. 2 nicht nur die Möglichkeit eines Dispenses von den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 4 vorzusehen, sondern dort auch auf § 8 Abs. 1 Nr. 2 Bezug zu nehmen. Erst die neue Fassung des § 8 Abs. 2 habe eine Erweiterung um den Fall des Abs. 1 Nr. 2 vorgenommen. Wäre die Entscheidung des Verwaltungsgerichts richtig, so hätte es dieser Anpassung nicht bedurft.
32 
Die vom Kläger begangenen Straftaten seien auch nicht durch die Einbürgerungszusicherung verbraucht. Mit der Einbürgerungszusicherung nach § 38 LVwVfG werde dem Einbürgerungsbewerber die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass er den Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit nachweise. Mit Ablauf der Frist von zwei Jahren habe deren Wirkung geendet, eine Verlängerung sei nicht erfolgt. Hätte die Einbürgerungszusicherung die ihr vom Verwaltungsgericht beigemessene Wirkung, so nähme sie im Hinblick auf sämtliche Einzelfragen der Einbürgerung mit Ausnahme der Hinnahme der Mehrstaatigkeit die endgültige Entscheidung über den Einbürgerungsantrag verbindlich vorweg und wäre ein vorgezogener Ausschnitt aus der umfassenderen Einbürgerung und als solcher eine Art feststellender Verwaltungsakt. Ihre Wirkungen glichen denjenigen des Vorbescheids im Baurecht. Dies entspreche jedoch nicht den gesetzlichen Vorgaben. Die Einbürgerungszusicherung nehme nicht einen Abschnitt des später erlassenen Verwaltungsakts vorweg, sondern sage lediglich dessen Erlass zu. Dies habe zur Folge, dass die Zusicherung mit Ablauf der Frist ihre Wirkungen verliere. Zwar könne es ausnahmsweise Fälle geben, in denen die Behörde nach Treu und Glauben sich nicht auf einen Fristablauf berufen könne, wenn der Einbürgerungsbewerber die einzige Bedingung erfüllt habe, sich die Behörde jedoch gleichwohl geweigert habe, die Einbürgerung vorzunehmen und deshalb die Frist abgelaufen sei. So lägen die Dinge hier jedoch nicht. Ein schutzwürdiges Vertrauen und Interesse des Klägers bestehe daher nicht.
33 
Der Beklagte beantragt,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
35 
Der Kläger beantragt,
36 
die Berufung zurückzuweisen.
37 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und führt noch aus: Der vom Beklagten befürwortete Rückgriff auf die Regelungen des Bundeszentralregistergesetz finde im Gesetz keine Stütze und sei nicht sachgerecht. Das Verwaltungsgericht führe richtigerweise aus, dass die Tilgungsfristen wegen der großen Zeitsprünge wenig Raum für eine Einzelfallbetrachtung böten. Es müsse berücksichtigt werden, dass er die Taten nicht mehr begehen könne, weil er seit 2002 einen Führerschein besitze. Er lebe seit 10 Jahren völlig straffrei. Seine aktuelle Arbeitslosigkeit stehe der Einbürgerung nicht entgegen. Er habe Leistungen der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung erworben, die mindestens 12 Monate bezahlt würden. Durch eine zusätzliche Tätigkeit bei Mc Donalds werde er rund 200,00 EUR hinzuverdienen. Er habe auch seit Januar eine Stelle in der Schweiz erhalten. Er sei Grenzgänger, was aber auf Dauer nur möglich sei, wenn er deutscher Staatsangehöriger sei. Ansonsten könne er nur mit einem Visum zwischen den Ländern verkehren. Ohne die deutsche Staatsangehörigkeit werde er die Stelle wieder verlieren. Er habe sich im Übrigen bei verschiedenen Zeitarbeitsfirmen beworben.
38 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf deren Schriftsätze verwiesen.
39 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts Schwäbisch Hall, die Widerspruchakten des Regierungspräsidiums Stuttgart, die Strafakten des Amtsgerichts Backnang und Waldshut-Tiengen und die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
40 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemäß begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
41 
1. Was die Behandlung und Beurteilung eines möglichen Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches hinzuzufügen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO).
42 
Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu folgen wäre, dass „eine höhere Strafe“ im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht selbst ausgegangen ist.
43 
2. Der Kläger, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen; auch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht.
44 
Nachdem der Kläger seinen Einbürgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor dem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rücksicht auf § 40c StAG zunächst der Frage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht für den Kläger günstigere Einbürgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit - was die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsächlichen Verhältnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre. Zur Beantwortung der Frage, welche Bestimmungen für den Einbürgerungsbewerber günstiger sind, ist jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl. Berlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine Alternativprüfung vorzunehmen.
45 
a) Unverändert geblieben ist allerdings die zwingende Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Einbürgerungsbewerber seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht mehr der Fall.
46 
Seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorübergehend, sondern grundsätzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw. verweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere familiärer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsätzlich sind hiernach alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu würdigen, wobei es in erster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstände ankommt (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Kläger jedenfalls zu Beginn dieses Jahres seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen Jahres eine Stelle in der Schweiz, nämlich in B. gefunden hat und nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich seit 01.12.2008 regelmäßig in der Schweiz aufhält, ist er im April diesen Jahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in W. wurde vollständig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G. leben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Kläger und seiner Familie dort eine vollständige eigene Wohnung zur Verfügung steht. Dort können sich der Kläger und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien aufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag zunächst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunächst der von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand könnte möglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Kläger habe inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht gerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult hat, und das sogar noch während des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss gezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist und nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Kläger selbst davon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll.
47 
b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers einer Einbürgerung zwingend entgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der früher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob auch vor Eintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten werden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen können - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der Tilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht bleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht vor. Die höhere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da von einem nur geringfügigen Überschreiten des Rahmens nach den Sätzen 1 und 2 nicht die Rede sein kann.
48 
Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen Absatz 2 abgesehen werden. Ein öffentliches Interesse ist nicht erkennbar. Aber auch eine besondere Härte liegt nicht vor. Hierzu muss zunächst ein atypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw. erst später eingebürgert würde; die Härte muss also gerade infolge der Einbürgerung bzw. der frühzeitigeren Einbürgerung beseitigt werden können. Dies wäre vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat aus dem Jahre 2008 dazu geführt hätte, dass die früheren Straftaten nicht getilgt werden können, diese letzte Tat Bagatellcharakter hätte und ihm ein weiteres vorläufiges Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden dargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einbürgerungschädliche Folge der erheblichen und beharrlichen Kriminalität des Klägers und der hiermit verbundenen längeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Härte darin zu erblicken sein könnte, dass der Kläger ohne Einbürgerung nicht unter erleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann, bedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von seiner Ausbildung oder seinen Befähigungen her zwingend auf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein könnte.
49 
Nach der früheren Rechtslage steht der Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG zwingend entgegen, dass Kläger einen der im Einzelnen enumerativ aufgezählten Ausweisungsgründe erfüllt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rücksicht auf die erheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie können mangels Tilgungsreife dem Kläger auch heute noch vorgehalten werden.
50 
Zunächst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung über den ausländerrechtlichen „Verbrauch“ von Ausweisungsgründen bei Erteilung oder Verlängerung eines Titels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das Staatsangehörigkeitsrecht übertragen werden kann. Die die gegenteilige Sichtweise befürwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.), der das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, übersieht, dass es keinen nachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der Staatsangehörigkeitsbehörde durch eine Ausländerbehörde vorzunehmen, die „lediglich“ über eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts eines Ausländers oder einer Ausländerin zu entscheiden hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann erfüllt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte. Dies entspricht der einhelligen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zum Ausländer- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehörigkeitsrecht gilt nichts anderes (vgl. ausdrücklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris).
51 
Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig dahin gehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen könne, wenn dieser noch gegenwärtig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung überholt ist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem Tatbestandsmerkmal „vorliegen“ bzw. „erfüllt“ folgen (so wohl auch Senatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualität im Schwerpunkt und vornehmlich für die Fälle eines „Verbrauchs“ des Ausweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmäßig vertrauenstiftenden Handlung der Ausländerbehörde, wie etwa der Verlängerung eines Aufenthaltstitels, erörtert wird (vgl. ausdrücklich Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur „aktuelle“ Ausweisungsgründe vorgehalten werden können, der Präzisierung. Denn das Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen den verschiedenen Ausweisungsgründen. Diese haben nämlich keine identische Struktur. So kennt das Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgründe, die allein darauf abstellen, dass es in der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist (vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…“) bzw. der Ausländer oder die Ausländerin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung begangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…“ bzw. „…nicht mitgewirkt hat…“). Die anderen Ausweisungsgründe stellen hingegen allein darauf ab, dass gegenwärtig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus aktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt“ ein Ausweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor“, wenn der Zeitpunkt der Verurteilung schon länger zurück liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext kommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgründe des § 55 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualität auf einer anderen - zweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der konkreten Ermessensausübung, ob eine Ausweisung verfügt werden soll, zu erörtern; zum anderen bei der Prüfung der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der Hand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur vereinzelt oder geringfügig begangen wurde und damit gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Art und Weise eine Ausweisungsverfügung oder eine Verweigerung eines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher Zusammenhang mit den aktuellen Lebensverhältnissen des Ausländers oder der Ausländerin mehr besteht. Dies gilt umso mehr für andere Rechtsverstöße und unzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner Tilgung im Bundeszentralregister unterliegen können.
52 
Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf bestimmte Ausweisungsgründe verweist und damit nur unvollständig die dargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur übernimmt, fällt der zweite Prüfungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualität des Ausweisungsgrundes muss daher im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext als eine im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verortende immanente Grenze des Einbürgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das Tatbestandsmerkmal „erfüllt“ entsprechend verfassungskonform interpretiert werden.
53 
Was die Berücksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als Ausweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung anderer aussagekräftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im Staatsangehörigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die Verurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden kann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in diesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Länge der Tilgungsfrist bildet die Schwere der begangenen Straftat durchaus realitätsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3 Nr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsätzlich durchaus geeignet, auch gegenwartsbezogen Schlüsse auf die Aktualität des Ausweisungsgrundes und damit ein weiterhin gegen eine Einbürgerung sprechendes öffentliches Interesse zu ermöglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt der Aktualität und damit auch dem der Verhältnismäßigkeit das Gewicht des Ausweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die Höhe der verhängten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafür sein kann, ob gegenwärtig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur kann (vgl. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten auszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes zu unangemessenen und daher unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Da infolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an sich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten vorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier unmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrechts korrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der letzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber v.a. geringfügigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und daher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so wäre es von vornherein verfehlt, länger zurückliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits getilgt werden könnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen wäre, noch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall darüber hinaus mit Blick auf die zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen.
54 
So liegen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Eine vollständige Tilgung wird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin, dass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelöst hat. Selbst wenn man daher zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jähriger Straffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte Straftat als vereinzelter oder geringfügiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu werten wäre, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5 Jahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlängerung der laufenden Tilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die immerhin vorsätzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfügig anzusehen wäre und ob den vom Kläger erhobenen Einwänden gegen die Verurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft überhaupt nachzugehen wäre. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfähiger Grund ausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die früheren Verurteilungen nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Denn in der Kette der von ihm begangenen Straftaten kommt eine hartnäckige und unbelehrbare Missachtung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Kläger hat durch seine Taten unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche Beschränkungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner Interessen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Kläger im Urteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche Mängel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwärtig auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten, ausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen, durch weiteren Zeitablauf zusätzliche und endgültige Gewissheit zu erlangen, dass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klägers zur Rechtsordnung überwunden ist.
55 
Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermöglicht keine Entscheidung zugunsten des Klägers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung überhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG war in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie dargelegt, schon keine Härte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Umständen eine einfach-gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden müsste, soweit diesem Gesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht entgegengehalten werden dürfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann offen bleiben, ob im Rahmen des Günstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht günstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach altem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden könnten.
56 
c) Ein „Verbrauch“ der Ausweisungsgründe ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Kläger unter dem 19.09.2003 eine Einbürgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt hatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist ihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge für den Beklagten nicht mehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge würde die zeitliche Befristung unterlaufen und der Zusicherung eine über diesen Zeitpunkt hinausreichende Wirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfängers erkennbar (vgl. den Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht beigemessen werden sollte, weshalb auch kein über die zeitliche Geltung hinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer Befristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern und insbesondere eine Rücknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit überflüssig zu machen. Andernfalls käme der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend ausführt, der Charakter einer bereits endgültigen „Teilgenehmigung“ zu, mit der einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits verbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt würden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist auch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines verwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese Ausweisungsgründe verbraucht sind und später nicht mehr entgegen gehalten werden können, nicht tragfähig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels wird in jeder Hinsicht uneingeschränkt und endgültig die begehrte Rechtsposition eingeräumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit. Gegen Treu und Glauben würde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann verstoßen, wenn der Einbürgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hätte und die Behörde sich nunmehr auf den Fristablauf berufen würde. Dieser Fall ist aber hier nicht gegeben.
57 
3. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Gründen.
58 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
60 
Beschluss vom 06. Mai .2009
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar

Gründe

 
40 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemäß begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
41 
1. Was die Behandlung und Beurteilung eines möglichen Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches hinzuzufügen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO).
42 
Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu folgen wäre, dass „eine höhere Strafe“ im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht selbst ausgegangen ist.
43 
2. Der Kläger, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen; auch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht.
44 
Nachdem der Kläger seinen Einbürgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor dem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rücksicht auf § 40c StAG zunächst der Frage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht für den Kläger günstigere Einbürgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit - was die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsächlichen Verhältnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre. Zur Beantwortung der Frage, welche Bestimmungen für den Einbürgerungsbewerber günstiger sind, ist jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl. Berlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine Alternativprüfung vorzunehmen.
45 
a) Unverändert geblieben ist allerdings die zwingende Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Einbürgerungsbewerber seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht mehr der Fall.
46 
Seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorübergehend, sondern grundsätzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw. verweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere familiärer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsätzlich sind hiernach alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu würdigen, wobei es in erster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstände ankommt (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Kläger jedenfalls zu Beginn dieses Jahres seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen Jahres eine Stelle in der Schweiz, nämlich in B. gefunden hat und nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich seit 01.12.2008 regelmäßig in der Schweiz aufhält, ist er im April diesen Jahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in W. wurde vollständig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G. leben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Kläger und seiner Familie dort eine vollständige eigene Wohnung zur Verfügung steht. Dort können sich der Kläger und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien aufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag zunächst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunächst der von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand könnte möglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Kläger habe inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht gerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult hat, und das sogar noch während des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss gezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist und nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Kläger selbst davon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll.
47 
b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers einer Einbürgerung zwingend entgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der früher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob auch vor Eintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten werden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen können - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der Tilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht bleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht vor. Die höhere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da von einem nur geringfügigen Überschreiten des Rahmens nach den Sätzen 1 und 2 nicht die Rede sein kann.
48 
Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen Absatz 2 abgesehen werden. Ein öffentliches Interesse ist nicht erkennbar. Aber auch eine besondere Härte liegt nicht vor. Hierzu muss zunächst ein atypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw. erst später eingebürgert würde; die Härte muss also gerade infolge der Einbürgerung bzw. der frühzeitigeren Einbürgerung beseitigt werden können. Dies wäre vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat aus dem Jahre 2008 dazu geführt hätte, dass die früheren Straftaten nicht getilgt werden können, diese letzte Tat Bagatellcharakter hätte und ihm ein weiteres vorläufiges Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden dargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einbürgerungschädliche Folge der erheblichen und beharrlichen Kriminalität des Klägers und der hiermit verbundenen längeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Härte darin zu erblicken sein könnte, dass der Kläger ohne Einbürgerung nicht unter erleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann, bedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von seiner Ausbildung oder seinen Befähigungen her zwingend auf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein könnte.
49 
Nach der früheren Rechtslage steht der Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG zwingend entgegen, dass Kläger einen der im Einzelnen enumerativ aufgezählten Ausweisungsgründe erfüllt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rücksicht auf die erheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie können mangels Tilgungsreife dem Kläger auch heute noch vorgehalten werden.
50 
Zunächst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung über den ausländerrechtlichen „Verbrauch“ von Ausweisungsgründen bei Erteilung oder Verlängerung eines Titels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das Staatsangehörigkeitsrecht übertragen werden kann. Die die gegenteilige Sichtweise befürwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.), der das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, übersieht, dass es keinen nachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der Staatsangehörigkeitsbehörde durch eine Ausländerbehörde vorzunehmen, die „lediglich“ über eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts eines Ausländers oder einer Ausländerin zu entscheiden hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann erfüllt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte. Dies entspricht der einhelligen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zum Ausländer- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehörigkeitsrecht gilt nichts anderes (vgl. ausdrücklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris).
51 
Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig dahin gehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen könne, wenn dieser noch gegenwärtig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung überholt ist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem Tatbestandsmerkmal „vorliegen“ bzw. „erfüllt“ folgen (so wohl auch Senatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualität im Schwerpunkt und vornehmlich für die Fälle eines „Verbrauchs“ des Ausweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmäßig vertrauenstiftenden Handlung der Ausländerbehörde, wie etwa der Verlängerung eines Aufenthaltstitels, erörtert wird (vgl. ausdrücklich Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur „aktuelle“ Ausweisungsgründe vorgehalten werden können, der Präzisierung. Denn das Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen den verschiedenen Ausweisungsgründen. Diese haben nämlich keine identische Struktur. So kennt das Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgründe, die allein darauf abstellen, dass es in der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist (vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…“) bzw. der Ausländer oder die Ausländerin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung begangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…“ bzw. „…nicht mitgewirkt hat…“). Die anderen Ausweisungsgründe stellen hingegen allein darauf ab, dass gegenwärtig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus aktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt“ ein Ausweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor“, wenn der Zeitpunkt der Verurteilung schon länger zurück liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext kommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgründe des § 55 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualität auf einer anderen - zweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der konkreten Ermessensausübung, ob eine Ausweisung verfügt werden soll, zu erörtern; zum anderen bei der Prüfung der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der Hand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur vereinzelt oder geringfügig begangen wurde und damit gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Art und Weise eine Ausweisungsverfügung oder eine Verweigerung eines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher Zusammenhang mit den aktuellen Lebensverhältnissen des Ausländers oder der Ausländerin mehr besteht. Dies gilt umso mehr für andere Rechtsverstöße und unzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner Tilgung im Bundeszentralregister unterliegen können.
52 
Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf bestimmte Ausweisungsgründe verweist und damit nur unvollständig die dargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur übernimmt, fällt der zweite Prüfungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualität des Ausweisungsgrundes muss daher im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext als eine im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verortende immanente Grenze des Einbürgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das Tatbestandsmerkmal „erfüllt“ entsprechend verfassungskonform interpretiert werden.
53 
Was die Berücksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als Ausweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung anderer aussagekräftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im Staatsangehörigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die Verurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden kann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in diesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Länge der Tilgungsfrist bildet die Schwere der begangenen Straftat durchaus realitätsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3 Nr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsätzlich durchaus geeignet, auch gegenwartsbezogen Schlüsse auf die Aktualität des Ausweisungsgrundes und damit ein weiterhin gegen eine Einbürgerung sprechendes öffentliches Interesse zu ermöglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt der Aktualität und damit auch dem der Verhältnismäßigkeit das Gewicht des Ausweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die Höhe der verhängten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafür sein kann, ob gegenwärtig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur kann (vgl. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten auszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes zu unangemessenen und daher unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Da infolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an sich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten vorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier unmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrechts korrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der letzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber v.a. geringfügigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und daher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so wäre es von vornherein verfehlt, länger zurückliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits getilgt werden könnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen wäre, noch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall darüber hinaus mit Blick auf die zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen.
54 
So liegen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Eine vollständige Tilgung wird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin, dass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelöst hat. Selbst wenn man daher zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jähriger Straffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte Straftat als vereinzelter oder geringfügiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu werten wäre, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5 Jahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlängerung der laufenden Tilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die immerhin vorsätzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfügig anzusehen wäre und ob den vom Kläger erhobenen Einwänden gegen die Verurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft überhaupt nachzugehen wäre. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfähiger Grund ausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die früheren Verurteilungen nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Denn in der Kette der von ihm begangenen Straftaten kommt eine hartnäckige und unbelehrbare Missachtung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Kläger hat durch seine Taten unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche Beschränkungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner Interessen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Kläger im Urteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche Mängel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwärtig auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten, ausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen, durch weiteren Zeitablauf zusätzliche und endgültige Gewissheit zu erlangen, dass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klägers zur Rechtsordnung überwunden ist.
55 
Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermöglicht keine Entscheidung zugunsten des Klägers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung überhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG war in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie dargelegt, schon keine Härte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Umständen eine einfach-gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden müsste, soweit diesem Gesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht entgegengehalten werden dürfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann offen bleiben, ob im Rahmen des Günstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht günstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach altem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden könnten.
56 
c) Ein „Verbrauch“ der Ausweisungsgründe ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Kläger unter dem 19.09.2003 eine Einbürgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt hatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist ihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge für den Beklagten nicht mehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge würde die zeitliche Befristung unterlaufen und der Zusicherung eine über diesen Zeitpunkt hinausreichende Wirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfängers erkennbar (vgl. den Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht beigemessen werden sollte, weshalb auch kein über die zeitliche Geltung hinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer Befristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern und insbesondere eine Rücknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit überflüssig zu machen. Andernfalls käme der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend ausführt, der Charakter einer bereits endgültigen „Teilgenehmigung“ zu, mit der einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits verbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt würden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist auch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines verwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese Ausweisungsgründe verbraucht sind und später nicht mehr entgegen gehalten werden können, nicht tragfähig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels wird in jeder Hinsicht uneingeschränkt und endgültig die begehrte Rechtsposition eingeräumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit. Gegen Treu und Glauben würde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann verstoßen, wenn der Einbürgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hätte und die Behörde sich nunmehr auf den Fristablauf berufen würde. Dieser Fall ist aber hier nicht gegeben.
57 
3. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Gründen.
58 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
60 
Beschluss vom 06. Mai .2009
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar

(1) Die Registerbehörde kann auf Antrag oder von Amts wegen anordnen, daß Eintragungen entgegen den §§ 45, 46 zu tilgen sind, falls die Vollstreckung erledigt ist und das öffentliche Interesse der Anordnung nicht entgegensteht. Die Registerbehörde soll das erkennende Gericht und die sonst zuständige Behörde hören. Betrifft die Eintragung eine Verurteilung, durch welche eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, so soll sie auch die Stellungnahme eines oder einer in der Psychiatrie erfahrenen medizinischen Sachverständigen einholen.

(2) Hat der Verurteilte infolge der Verurteilung durch ein Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, oder das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, verloren, so darf eine Anordnung nach Absatz 1 nicht ergehen, solange er diese Fähigkeit oder dieses Recht nicht wiedererlangt hat.

(3) Gegen die Ablehnung einer Anordnung nach Absatz 1 steht dem Antragsteller innerhalb zwei Wochen nach der Bekanntgabe der Entscheidung die Beschwerde zu. Hilft die Registerbehörde der Beschwerde nicht ab, so entscheidet das Bundesministerium der Justiz.

Tenor

Soweit die Berufung zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5. Dezember 2003 - 1 K 80/03 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.
Er wurde am 4.4.1970 in der Türkei geboren und ist türkischer Staatsangehöriger. Im Jahr 1993 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 7.7.1997 als Asylberechtigter anerkannt wurde. Seit August 1997 ist er im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis; zudem besitzt er einen am 18.8.1997 ausgestellten Reiseausweis. Der Kläger ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
1. Verurteilung wegen Landfriedensbruch in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20 DM durch Strafbefehl des Amtsgerichts Mannheim vom 19.3.1996,
2. Verurteilung wegen Erschleichen von Leistungen zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 20 DM durch Strafbefehl des Amtsgerichts Heidelberg vom 18.8.1998,
3. Verurteilung wegen Erschleichen von Leistungen zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20 DM durch Strafbefehl des Amtsgerichts Heidelberg vom 15.10.1998,
4. Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus durch Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14.12.1999; die Vollstreckung der Maßregel wurde zur Bewährung ausgesetzt.
Der Anordnung der Unterbringung lag im wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger litt spätestens seit Anfang 1998 an wahnhaften Verfolgungsideen. Unter dem Einfluss dieser Krankheit griff er am Morgen des 21.3.1998 in einem Männerwohnheim in Mannheim einen Heimbetreuer mit Reizgas an, weil er sich für bedroht hielt. Anschließend schlug er den Betreuer mit der Faust zu Boden. Nach dem Eingreifen von Polizeibeamten beleidigte er eine Beamtin. In seinem Urteil ging das Landgericht Mannheim davon aus, der Kläger habe ohne Schuld gehandelt, da er wegen einer krankhaften seelischen Störung unfähig gewesen sei, das Unrecht der Tat einzusehen und danach zu handeln (§ 20 StGB). Die Vollstreckung der Maßregel wurde entsprechend der Empfehlung des Sachverständigen nach § 67 b StGB zur Bewährung ausgesetzt. Damit trat Führungsaufsicht ein (§ 67 b Abs. 2 StGB). Mit Beschluss vom 14.12.1999 setzte das Landgericht Mannheim die Bewährungszeit auf drei Jahre fest. Gleichzeitig wurde der Kläger einem Bewährungshelfer unterstellt. Zudem wurde er mit seinem Einverständnis angewiesen, in einem betreuten Wohnheim Wohnung zu nehmen, sich einer fachärztlichen Behandlung zu unterziehen, die vom Arzt angeordneten Medikamente weisungsgemäß einzunehmen und in vom behandelnden Arzt anzuordnenden Zeiträumen einen „Medikamentenspiegel“ fertigen zu lassen.
Mit Antrag vom 9.1.2001, beim Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis eingegangen am 15.1.2001, beantragte der Kläger seine Einbürgerung. Zur Begründung gab er an: Er lebe seit acht Jahren hier. Er sei politischer Flüchtling und könne deshalb nicht in seine Heimat Türkei zurück. Er wolle hier leben, Deutschland solle seine Heimat werden. Weil es für ihn als Flüchtling schwierig sei, über das türkische Konsulat die türkische Staatsangehörigkeit aufzugeben, und dies jedenfalls langwierig und kompliziert sei, wolle er gern den sogenannten Doppelpass.
Mit Bescheid vom 5.6.2002 lehnte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis den Antrag mit der Begründung ab, die Bearbeitung des Einbürgerungsantrags sei auf der Rechtsgrundlage des § 85 AuslG erfolgt. Nach § 87 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 6 AuslG müsse der Kläger die türkische Staatsangehörigkeit nicht aufgeben, da er anerkannter Asylberechtigter sei. Der Antrag auf Einbürgerung sei jedoch nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG abzulehnen, da die Anordnung der Unterbringung einer Verurteilung wegen einer Straftat gleichstehe und § 88 Abs. 1 AuslG nicht eingreife. Eine Verurteilung wegen einer Straftat schließe eine Einbürgerung nach § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG aus, sofern sie nicht gem. § 88 AuslG unbeachtlich sei. Trotz der Schuldunfähigkeit des Klägers bei Begehung der Tat liege eine Verurteilung wegen einer Straftat vor. Gehe man vom allgemeinen Sprachgebrauch aus, so setze eine Straftat zwar voraus, dass sie auch schuldhaft begangen worden sei; dieser Ansatzpunkt greife aber letztlich zu kurz. Denn es sei festzustellen, dass die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung wegen Schuldunfähigkeit des Täters bei der Tat einer im Urteil zu treffenden und zu begründenden Feststellung bedürfe, dass der Täter eine rechtswidrige strafbare Handlung begangen habe. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Nr. 2 BZRG sei diese Verurteilung in das Bundeszentralregister aufzunehmen. Diese im Bundeszentralregister vermerkten Einträge über Verurteilungen seien nach korrekter Auslegung des Gesetzeszwecks aber Verurteilungen wegen Straftaten. Auch der Sinn und Zweck der §§ 85 f. AuslG spreche für eine weite Auslegung des Begriffs „Straftat". Denn es solle eine umfängliche Abwägung aller möglichen entscheidungsrelevanten Tatsachen stattfinden. Ausnahmen von der Beachtlichkeit solcher strafrechtlicher Verurteilungen, die eine Maßregel der Besserung oder Sicherung zum Gegenstand hätten, enthalte § 88 AuslG nicht. Daher könne die Verurteilung nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und einer sich in dessen Grenzen haltenden Auslegung nicht unbeachtlich bleiben. Der Einwand, durch diese Anwendung des Gesetzes würden schuldunfähige Täter benachteiligt, da ihre Tat bei Vorliegen der Schuldfähigkeit möglicherweise unter die Beachtlichkeitsausnahmen des § 88 AuslG gefallen wäre, sei schwerwiegend. Dennoch sei eine analoge Anwendung des § 88 AuslG im vorliegenden Fall nicht möglich. Insbesondere könne keine hypothetische Strafzumessung erfolgen. Die relevante Verurteilung könne erst unberücksichtigt bleiben, wenn die Tilgung aus dem Bundeszentralregister erfolgt sei. Laut schriftlicher Mitteilung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof werde eine Verurteilung zu Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus jedoch nicht getilgt. Erst mit Vollendung des 90. Lebensjahres werde die Verurteilung aus dem Register entfernt. Eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG komme auf Grund der nicht nur vereinzelten bzw. geringfügigen begangenen Straftaten ebenfalls nicht in Betracht.
10 
Zur Begründung seines am 14.6.2002 erhobenen Widerspruchs führte der Kläger im wesentlichen aus: Es scheine ihm nicht richtig zu sein, dass Sinn und Zweck der §§ 85 ff. AuslG für eine weite Auslegung des Begriffs „Straftat" sprächen. Sinn und Zweck bestehe offensichtlich vielmehr darin, Ausländer, die sich nicht im Rahmen der bestehenden Gesetze bewegten, nicht einzubürgern. Dies gelte sinnvollerweise aber nur, wenn man ihnen ihr regelwidriges Verhalten auch vorwerfen könne, d. h. wenn sie schuldhaft Normen des Einbürgerungslandes verletzten.
11 
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2002 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück. Die Behörde führte aus, die Einbürgerung scheitere an der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers durch das Landgericht Mannheim. Trotz Schuldunfähigkeit bei Begehung der Tat liege eine Verurteilung wegen einer Straftat i. S. von § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG vor, die nicht nach § 88 AuslG außer Betracht bleiben könne. Nach Sinn und Zweck sei die Regelung des § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG weit auszulegen. Sie diene unter anderem der Gefahrenabwehr. Einen Einbürgerungsanspruch solle nicht erhalten, wer durch sein Verhalten seine Unfähigkeit zur Eingliederung in das hiesige Rechtssystem dokumentiere und/oder eine Gefährdung für die Allgemeinheit darstelle.
12 
Am 13.1.2003 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 5.6.2002 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 13.12.2002 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, ihn einzubürgern. Er hat vorgetragen, die dreijährige Bewährung, die das Landgericht Mannheim ihm auferlegt habe, sei im April 2003 erfolgreich abgelaufen. Weitere Straftaten habe er nicht begangen, es seien auch keine weiteren Ermittlungs- oder Strafverfahren gegen ihn anhängig.
13 
Mit Urteil vom 5.12.2003 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Auch die Anordnung einer Maßregel der Sicherung auf Grund einer rechtswidrig begangenen gefährlichen Körperverletzung stelle eine Verurteilung dar. Dies ergebe sich aus § 4 BZRG. Danach fielen unter den Begriff „Verurteilung" rechtskräftige Entscheidungen, durch die ein deutsches Gericht im Geltungsbereich des BZRG wegen einer rechtswidrigen Tat auf Strafe erkannt, eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder nach § 27 JGG die Schuld eines Jugendlichen oder Heranwachsenden festgestellt habe. Der Einordnung der Tat als Straftat i. S. des Ausländergesetzes stehe nicht entgegen, dass der Kläger die gefährliche Körperverletzung und die Beleidigung schuldunfähig begangen habe. Das Schuldprinzip präge das Strafrecht, nicht aber das Ordnungsrecht, dem das Ausländerrecht und das Staatsangehörigkeitsrecht angehörten. Zweck des Ordnungsrechts sei die Beseitigung von Störungen und die Abwehr von Gefahren, die der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung drohten. Für die Gefahrenabwehr sei es irrelevant, ob der Störer die Gefahr schuldhaft oder schuldlos verursache. Für die Vorschriften über die Einbürgerung gelte nichts anderes. Zweck der Regelung über die Straffreiheit als Bedingung der Einbürgerung sei der Schutz der Rechtsgüter der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Normzweck lasse eine Einbürgerung von Ausländern nicht zu, die Rechtsgüter verletzt hätten, sei es durch eine rechtswidrige und schuldhafte Tat, sei es im Zustand der Schuldunfähigkeit. Für die Auffassung, dass das Tatbestandsmerkmal „Verurteilung wegen einer Straftat" in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG auch die Verurteilung zu einer Maßregel einschließe, spreche auch § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG. Nach dieser Bestimmung bleibe die Verhängung von Erziehungsmaßregeln nach dem Jugendgerichtsgesetz bei der Anwendung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG außer Betracht. Hätte der Gesetzgeber auch Maßregeln der Besserung und Sicherung nach dem Erwachsenenstrafrecht ausnehmen wollen, hätte eine entsprechende Regelung in § 88 AuslG nahe gelegen. Der Gesetzgeber habe eine solche Ausnahme aber nicht vorgesehen. Daran seien die Behörden und Gerichte gebunden. Die Kammer verkenne nicht, dass die von ihr vertretene Auffassung den Anschein erwecke, sie führe im Einzelfall zu einem unvertretbaren Ergebnis, weil ein Ausländer, der schuldhaft straffällig geworden sei, nach § 88 Abs. 1 und 2 AuslG besser behandelt werde als der zu einer Maßregel der Sicherung verurteilte Straftäter. Diese Ungleichbehandlung werde indessen durch den bereits erwähnten Zweck der Einbürgerungsregelung gerechtfertigt. Im übrigen komme gem. § 8 StAG eine Einbürgerung nach Ermessen in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung seien allerdings derzeit nicht erfüllt.
14 
Gegen das ihm am 19.2.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.3.2004 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 16.9.2004 hat der Senat die Berufung zugelassen. Der Beschluss wurde dem Kläger am 11.10.2004 zugestellt.
15 
Mit am 11.11.2004 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger die Berufung begründet und ausgeführt: § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG meine nach richtiger Gesetzesinterpretation nur die Fälle der Verurteilung zu einer Strafe wegen einer rechtswidrigund schuldhaft begangenen Straftat, sei also keine taugliche Norm, seinen Einbürgerungsantrag zurückzuweisen.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5.12.2003 -1 K 80/03 - zu ändern, den Bescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 5.6.2002 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 13.12.2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.
18 
Der Beklagte beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt zur Begründung ergänzend aus:
21 
Umstritten sei im vorliegenden Fall nur die Voraussetzung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG. Ausgehend vom Wortsinn ergebe sich, dass mit der Begriffswahl „Straftat" eine Abgrenzung zu Ordnungswidrigkeiten, Verstößen gegen andere Vorschriften und zu durch Einstellung beendeten Verfahren habe erfolgen sollen. Straftat i. S. des § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG meine ein mit Strafe bedrohtes Handeln oder Unterlassen, wobei auf die Strafdrohung und nicht auf die tatsächliche Strafverhängung abzustellen sei. Dies bedeute, dass eine relevante Straftat bereits dann vorliege, wenn der objektive und subjektive Tatbestand sowie die Rechtswidrigkeit erfüllt seien. Unerheblich bleibe, ob tatsächlich eine Strafe verhängt werde oder ob hierauf mangels Schuldvorwurf verzichtet werden müsse. Der Klägervertreter weise zu Recht darauf hin, dass zur Auslegung des Begriffs „Verurteilung" im Ausländergesetz nicht auf Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes zurückgegriffen werden könne. Dasselbe müsse jedoch auch hinsichtlich des Strafgesetzbuchs gelten. Dessen Terminologie könne nicht unbesehen auf das Ausländergesetz übertragen werden. Es gehe vorliegend um die Frage der Würdigkeit, eingebürgert zu werden, und um Gefahrenabwehr. Diese Ansicht lasse sich auch historisch belegen. Nach den Materialien zu einer früheren Änderung des Ausländergesetzes habe von einer „strafrechtlichen Bescholtenheit" nicht abgesehen werden sollen. Ein unbescholtener Lebenswandel im Sinne der Fassung der Vorschriften über die Einbürgerung bis zum Jahr 1990 habe jedoch auch schon bei der Begehung von Ordnungswidrigkeiten oder Verstößen gegen Vorschriften ordnungsrechtlichen Charakters verneint werden können. Eine im schuldunfähigen Zustand begangene gefährliche Körperverletzung und eine Beleidigung hätten einen anderen Charakter als der Verstoß gegen eine Ordnungsvorschrift, sodass im vorliegenden Fall nicht mehr von einem unbescholtenen Lebenswandel gesprochen werden könne. Des weiteren sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den Vorschriften des Ausländerrechts um besonderes Polizeirecht handle, weshalb es auf die Schuldfähigkeit bzw. auf die Vorwerfbarkeit einer Handlung nicht ankommen könne. Auch der Vortrag des Klägers, er sei zum heutigen Zeitpunkt als ungefährlich einzustufen, könne ihm keinen Anspruch auf Einbürgerung vermitteln.
22 
Die Beteiligten haben im Berufungsverfahren auf mündliche Verhandlung verzichtet.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der dem Senat vorliegenden Akten des Beklagten, des Regierungspräsidiums Karlsruhe und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Mit dem Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
25 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Nachdem der Kläger innerhalb der Frist zur Begründung der Berufung nur noch die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung beantragt hat, ist das Berufungsverfahren allerdings einzustellen, soweit er ursprünglich (weitergehend) die Verpflichtung der Beklagten zur Einbürgerung begehrt hat. Denn mit dieser Beschränkung des Klagebegehrens hat er die Berufung teilweise zurückgenommen (§ 126 Abs. 1 VwGO).
26 
Soweit die Berufung danach noch anhängig ist, ist sie nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit der Kläger eine Einbürgerungszusicherung begehrt.
27 
Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung ist § 10 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950), da er den Antrag auf Einbürgerung nach dem 16.3.1999 gestellt hat (vgl. § 40 c StAG; zur Zulässigkeit der Erteilung einer Einbürgerungszusicherung VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.7.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116; BVerwG, Urteil vom 31.3.1987 - 1 C 26/86 -, NJW 1987, 2180). Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setzt die Einbürgerung eines Ausländers voraus, dass er „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist“. Zu Recht haben der Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass der Kläger diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil das Landgericht Mannheim mit Urteil vom 14.12.1999 nach § 61 Nr. 1, § 63 StGB seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat. Denn auch dabei handelt es sich um eine Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG.
28 
Ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung eine Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG darstellt, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt (bejahend Berlit in: GK-StAR, Stand: Oktober 2005, Rnr. 287 ff. zu § 10; Makarov/v. Mangoldt, Dt. Staatsangehörigkeitsrecht, Stand: Juni 1998, Rnr. 47 zu § 85 AuslG; VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005 - VG 2 A 26.03 -, InfAuslR 2005, 427 m.w.N.; VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung; a.A. VG Würzburg, Urteil vom 21.4.2004 - W 6 K 03.1130 -, InfAuslR 2004, 311).
29 
Eine ausdrückliche Regelung findet sich weder im Staatsangehörigkeitsgesetz noch fand sie sich in der zuvor einschlägigen Bestimmung des § 85 AuslG. Auch die Gesetzesbegründung äußert sich hierzu nicht. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG bedarf daher der Auslegung. Bei dieser Auslegung kommt es nicht allein auf den Wortlaut der Vorschrift an, sondern es ist grundsätzlich der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, der sich neben dem Wortlaut der Norm aus ihrem Zusammenhang, ihrem Zweck und aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt, wobei diese Auslegungsmethoden einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.3.1974 - III C 99.71 -, BVerwGE 45, 65; Urteil vom 16.11.1981 - 6 C 72/78 -, BVerwGE 64, 209 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 17.5.1960 - 2 BvL 11/59, 11/60 -, BVerfGE 11, 126).
30 
Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG legt es angesichts des strafrechtlichen Bezugs der Begriffe „Verurteilung“ und „Straftat“ nahe, bei der Auslegung zunächst deren strafrechtliche Bedeutung ins Auge zu fassen. Das Strafgesetzbuch enthält weder eine Legaldefinition des Begriffs „Verurteilung" noch des Begriffs „Straftat". § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB definiert lediglich den Begriff der „rechtswidrigen Tat", nicht aber den Begriff „Straftat". Allerdings ist in der Rechtsprechung der Strafgerichte anerkannt, dass die Verurteilung eines Angeklagten grundsätzlich dessen Schuldfähigkeit voraussetzt. So führt etwa der Bundesgerichtshof hierzu aus, dass ein Angeklagter in der Urteilsformel ausdrücklich freigesprochen werden muss, wenn sich das Gericht an seiner „Verurteilung“ gehindert sieht, weil er die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) begangen hat und das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB anordnet (vgl. BGH, Beschluss vom 11.6.2002 - 3 StR 158/02 -, juris, m. w. N.; Urteil vom 9.3.1983 - 3 StR 500/82 -, NStZ 1983, 280). Dies wird durch einzelne Bestimmungen des Strafgesetzbuchs gestützt, so etwa durch § 69 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 StGB, in denen übereinstimmend davon die Rede ist, dass jemand „verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt (wird), weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist". Auch der Begriff „Straftat“ wird jedenfalls im Strafrecht regelmäßig so verstanden, dass er eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung voraussetzt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., vor § 13 Rnr. 2; Stree in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., Rnr. 3a zu § 56f; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.1.1998 - 1 Ws 6/98 -, Justiz 1998, 569 m.w.N.).
31 
Diese strafrechtliche Verwendung der Begriffe schließt es jedoch nicht von vornherein aus, die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung im Sinn des Staatsangehörigkeitsrechts anzusehen. Je nach dem Norm- und Sinnzusammenhang kann den verwendeten Begriffen nämlich eine unterschiedliche Bedeutung zukommen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die strafrechtliche Auslegung des Begriffes „Verurteilung“ erkennbar daran ausgerichtet ist, ob gegen den Täter eine Strafe im Sinne der §§ 38 ff. StGB (insbesondere eine Freiheits- oder Geldstrafe) verhängt werden kann. Dies schließt es aber nicht aus, diesen Begriff im vorliegenden staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang anders - insbesondere weiter - zu verstehen. Hierfür spricht zunächst, dass § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG gerade nicht von der Verurteilungzu einer Strafe , sondern von der Verurteilung wegen einer Straftat spricht, insoweit also weiter gefasst ist. Zudem wird auch eine Maßregel der Besserung und Sicherung durch Urteil angeordnet; so war es auch beim Kläger. Nach § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe nämlich auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet worden ist. Ferner ist nach § 260 Abs. 4 Satz 4 StPO in der Urteilsformel u.a. zum Ausdruck zu bringen, wenn die Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt wird. Unter Berücksichtigung dessen lässt es der allgemeine Sprachgebrauch daher zu, auch die in einem Urteil erfolgende Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als „Verurteilung“ anzusehen. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Begriff „Straftat“ im allgemeinen Sprachgebrauch stets nur im dargestellten engen strafrechtlichen Sinn verstanden wird. Vielmehr wird allgemein von der Begehung von Straftaten häufig auch dann gesprochen, wenn die Handlung des Täters einen Straftatbestand erfüllt und rechtswidrig gewesen ist, dieser aber - etwa aus Altersgründen (§ 19 StGB) - schuldunfähig ist und daher noch keine Straftat im strafrechtlichen Sinn begehen kann (vgl. hierzu auch VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005, a.a.O.).
32 
Ist es danach vom Wortlaut her jedenfalls nicht ausgeschlossen, als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung anzusehen, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob ein weiteres Begriffsverständnis als das strafrechtsdogmatische dem objektivierten Willen des Gesetzgebers entspricht. Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte, des Zwecks und des Regelungszusammenhangs der Vorschrift ist diese Frage zu bejahen.
33 
Die für eine Einbürgerung früher maßgebliche Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 RuStAG verlangte bis zur Änderung durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.6.1993 (BGBl. I S. 1062) als Voraussetzung für die Einbürgerung, dass der Einbürgerungsbewerber „einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hat“ (vgl. hierzu Hailbronner, StAngR, 1991, § 8 RuStAG, Rnr. 16 ff.). Der Begriff der „Unbescholtenheit“ erfasste nach damaliger Auffassung nicht nur strafrechtlich relevantes Fehlverhalten, sondern erstreckte sich auch auf Verstöße gegen Vorschriften ordnungsrechtlichen Charakters jedenfalls dann, wenn sie eine nachhaltige Missachtung der Rechtsordnung darstellten (vgl. hierzu Berlit, a.a.O., Rnr. 281 zu § 10 StAG m.w.N.). Der Einbürgerungsbewerber musste in seinem Lebenswandel und den daraus erkennbaren charakterlichen Eigenschaften gewissen Kriterien genügt haben und noch genügen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.2.1977 - I B 74.75 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 7). Derartige charakterliche Mängel konnten aber auch bei solchen Straftätern vorliegen, die wegen einer psychischen Erkrankung schuldunfähig und zwangsweise untergebracht waren (vgl. hierzu VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O., m.w.N.). Mit dem Ausländergesetz vom 9.7.1990 (BGBl. I S. 1354) in der bis Ende 1999 geltenden Fassung des Gesetzes vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2970) wurde erstmals eine Anspruchseinbürgerung für Ausländer vorgesehen, welche für „junge Ausländer" in § 85 Abs. 1 Nr. 4 AuslG a.F. und für sonstige Ausländer mit langem Aufenthalt in § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. die Voraussetzung enthielt, dass der Ausländer „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist". Der ursprüngliche Regierungsentwurf hatte zunächst nur die Anspruchseinbürgerung junger Ausländer vorgesehen und hierfür vorausgesetzt, dass der Ausländer „außer solchen Straftaten, die nur mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz geahndet werden, keine Straftaten begangen hat“. In der Begründung zu dem Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) hieß es hierzu, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, doch sollten typische Jugendverfehlungen nicht zum Ausschluss der erleichterten Einbürgerung führen. Auf Grund der Änderungen im Gesetzgebungsverfahren entstanden dann jedoch die anders lautenden Bestimmungen des § 85 Abs. 1 Nr. 4 und § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F.. Diese Regelungen hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15.7.1999 (BGBl. I S. 1618) in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG in der seit dem 1.1.2000 geltenden Fassung übernommen. Schließlich wurden die §§ 85 bis 91 AuslG durch das Zuwanderungsgesetz vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950) in §§ 10 bis 12b StAG überführt, ohne dass hinsichtlich der hier zu entscheidenden Frage Änderungen erfolgt sind.
34 
Aus dieser Entstehungsgeschichte lässt sich nicht zwingend ableiten, dass eine „Verurteilung wegen einer Straftat“ nach dem Willen des Gesetzgebers auch dann vorliegen soll, wenn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird. Allerdings könnte der Umstand, dass im früheren Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) ausgeführt worden ist, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, dafür sprechen, dass der Gesetzgeber damals eine begriffliche Anbindung an den früher verwendeten Begriff der „Unbescholtenheit“ angestrebt hat. Dies würde es nahe legen, dass auch ein im strafrechtlichen Sinne schuldloses Fehlverhalten weiterhin für die Einbürgerung von Bedeutung sein soll (vgl. VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O.). Nach der dargestellten Entstehungsgeschichte lässt sich aber auch nicht ausschließen, dass der Gesetzgeber an Fälle der hier vorliegenden Art überhaupt nicht gedacht hat.
35 
Letztlich sprechen Sinn und Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG und der Regelungszusammenhang mit dem Registerrecht entscheidend dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat anzusehen. Der Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG besteht darin, die Einbürgerung von Personen auszuschließen, die sich trotz ihres längeren Aufenthaltes nicht in die (bundesdeutsche) Gesellschaft integriert haben bzw. bei denen es an einer dauerhaften Hinwendung zur deutschen Rechtsordnung fehlt oder hieran zumindest erhebliche Zweifel bestehen. Der Staat soll von einer Verpflichtung zur Einbürgerung solcher Ausländer freigestellt werden, die mit Rücksicht auf die Begehung von gewichtigen Straftaten die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verdienen oder bei denen dies derzeit jedenfalls als möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.12.1993 - 2 BvR 2632/93 -, NJW 1994, 2016; Makarov/v.Mangoldt, a.a.O., Rnr. 45, 47 zu § 85 AuslG). Bestätigt wird dies durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG, wonach sich der Ausländer zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen und außerdem u.a. erklären muss, dass er keine gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichteten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, liegt § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG vor diesem Hintergrund gerade auch die Vorstellung zu Grunde, eine Verpflichtung zur Einbürgerung eines Ausländers - und damit zu einer dauerhaften Aufenthaltsverfestigung - dann nicht entstehen zu lassen, wenn von diesem Gefahren für Rechtsgüter der Bundesrepublik Deutschland ausgehen. Dieser Gesetzeszweck spricht dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen. Für die Frage, ob von einem Ausländer, der gegen eine Strafvorschrift verstoßen hat, eine Gefahr für Rechtsgüter ausgeht, kommt es nämlich nicht entscheidend darauf an, ob dieser schuldhaft gehandelt hat. Vielmehr kann eine solche Gefahr - wie auch im vorliegenden Fall - beispielsweise auch beim Vorliegen einer krankheitsbedingten Schuldunfähigkeit bestehen. Dies wird gerade daran deutlich, dass eine Maßregel der Besserung und Sicherung nur angeordnet werden kann, wenn vom Täter infolge seines Zustandes eine Gefahr ausgeht (vgl. §§ 63, 64 Abs. 1, 66 Abs. 1 Nr. 3, 68 Abs. 1, 69 Abs. 1 und 70 Abs. 1 StGB).
36 
Gestützt wird diese vom strafrechtlichen Begriffsverständnis abweichende, weitere Auslegung auch durch die Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes, welche im Zusammenhang mit einer Einbürgerung deshalb von besonderer Bedeutung sind, weil dessen Auskunftsregelungen auch die Einbürgerungsbehörden betreffen (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 6 BZRG). So nennt § 4 BZRG unter der Überschrift „Verurteilungen“ u.a. die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 4 Nr. 2 BZRG). Zudem geht § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG davon aus, dass es sich bei der dort u.a. genannten Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) um eine Verurteilung handelt; gleiches gilt z.B. für § 32 Abs. 2 Nr. 8 und § 49 Abs. 1 Satz 3 BZRG.
37 
Der Annahme, dass nach der Intention des Staatsangehörigkeitsrechts auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG erfasst wird, lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, eine solche Gesetzesauslegung führe im Einzelfall zu unvertretbaren Ergebnissen. Zwar sind nach § 12a StAG die dort genannten Verurteilungen von vornherein für einen Anspruch auf Einbürgerung unbeachtlich, während die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Einbürgerungsanspruch grundsätzlich immer entgegensteht. Deshalb wird etwa von Makarov/v. Mangoldt, (a.a.O., Rdnr. 47 zu § 85 AuslG) darauf hingewiesen, in einigen Fällen könne ungeachtet der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung die rechtswidrige Tat von verhältnismäßig geringem Gewicht und nicht von der Art sein, die normalerweise den Einbürgerungsanspruch als ausgeschlossen erscheinen lassen müsste; dies soll etwa bei selbständiger Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB in Betracht kommen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zu diesem Einwand jedoch ausgeführt, dass von einem Ausländer, der zu einer geringen Strafe verurteilt worden ist, auf die Dauer grundsätzlich keine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen wird, während gleiches für denjenigen, gegen den eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, gerade nicht gilt. Mit der Regelung des § 12 a StAG, wonach u. a. Verurteilungen zu Geldstrafe und zu Freiheitsstrafe bis zu einer bestimmten Höhe im Rahmen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG außer Betracht bleiben, gibt der Gesetzgeber zwar zu erkennen, dass er in diesen Fällen nicht vom Bestehen einer Gefahr durch die Einbürgerung des betreffenden Ausländers ausgeht. Eine solche pauschale Gefahrenprognose kommt bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung, welche gerade eine vom Täter ausgehende - individuelle - Gefahr voraussetzt, aber nicht in Betracht. Vielmehr bedarf es hier grundsätzlich einer Beurteilung im Einzelfall.
38 
Eine solche Gesetzesauslegung führt auch nicht zu unzumutbaren Ergebnissen, da die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Anspruch auf Einbürgerung nicht in jedem Fall dauerhaft entgegenstehen muss. Nach § 45 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 24 Abs. 2 BZRG wird zwar die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus grundsätzlich erst nach dem 90. Lebensjahr getilgt. Im übrigen beträgt die Tilgungsfrist für die Anordnung einer (sonstigen) Maßregel der Besserung und Sicherung aber regelmäßig nur fünf Jahre (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG). Nach § 49 Abs. 1 BZRG besteht zudem auch bei der Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus die Möglichkeit, dass der Generalbundesanwalt auf Antrag oder von Amts wegen anordnet, dass Eintragungen entgegen den §§ 45, 46 zu tilgen sind, falls die Vollstreckung erledigt ist und das öffentliche Interesse der Anordnung nicht entgegensteht. Nach Satz 2 dieser Bestimmung soll der Generalbundesanwalt das erkennende Gericht und die sonst zuständige Behörde hören, wenn der Betroffene im Geltungsbereich des Gesetzes wohnt. Nach Satz 3 soll er auch einen in der Psychiatrie erfahrenen medizinischen Sachverständigen hören, wenn die Eintragung eine Verurteilung betrifft, durch welche eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist. Damit ist hinreichend gewährleistet, dass ein Ausländer auch bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach (folgenlosem) Ablauf der fünfjährigen Tilgungsfrist oder - wenn diese nicht einschlägig ist - jedenfalls im Wege der Tilgung nach § 49 BZRG einen Einbürgerungsanspruch erlangen kann, soweit von ihm keine Gefahr mehr ausgeht. Gleichzeitig wird hiermit dem Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG Rechnung getragen, im Einzelfall eine Beurteilung der von dem Ausländer möglicherweise ausgehenden Gefahren zu ermöglichen und einen Einbürgerungsanspruch dann auszuschließen, wenn diese Prognose ungünstig ausfällt. Zudem kommt jedenfalls dann, wenn der Ausländer bei geringfügigen Verstößen gegen Rechtsvorschriften keinen Ausweisungsgrund erfüllt, zumindest eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG in Betracht. Angesichts dessen kann nach Auffassung des Senats nicht angenommen werden, dass die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG in den Fällen der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung zu einer unzulässigen Schlechterstellung der Betroffenen im Vergleich zu denjenigen Ausländern führt, deren Verurteilung nach § 12 a Abs. 1 StAG außer Betracht bleibt. Vielmehr hält sich diese differenzierte Regelung noch im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit; sie ist durch die dargestellten Unterschiede bei der Gefahrenprognose hinsichtlich einer strafrechtlichen Verurteilung einerseits und der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung andererseits hinreichend gerechtfertigt. Danach bedarf es auch der teilweise vorgeschlagenen alternativen Lösungswege - Parallelwertung, welche Strafe bei schuldhaftem Handeln voraussichtlich verhängt worden wäre (VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung) bzw. erweiternde Auslegung des § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG (so Berlit, a.a.O., Rnr. 289 zu § 10 StAG) - nicht, um auch in Fällen geringfügigerer Verstöße sachgerechte Ergebnisse zu erreichen.
39 
Im Ergebnis steht der Einbürgerung des Klägers somit § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG entgegen. Der Kläger hat weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass aufgrund eines Antrags nach § 49 Abs. 1 BZRG die gegen ihn verhängte Maßregel inzwischen gelöscht worden ist.
40 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nach § 8 StAG kommt vorliegend nicht in Betracht. Auf Grund der von ihm begangenen strafrechtlichen Verstöße erfüllt er nämlich einen Ausweisungsgrund, weil er einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Dabei sind sowohl die in den Jahren 1996 und 1998 erfolgten Verurteilungen zu Geldstrafen als auch die im Jahr 1999 angeordnete Maßregel der Besserung und Sicherung berücksichtigungsfähig (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.7.2004 - 11 S 535/04 -, EzAR 034 Nr. 18). Ob eine Ausweisung auf dieser Grundlage tatsächlich erfolgen könnte, ist im Rahmen des § 8 StAG unbeachtlich. Soweit in ausländerrechtlichen Vorschriften wie etwa § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auf das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes abgestellt wird, ist dieser Begriff nämlich mit dem Begriff „Ausweisungstatbestand“ gleichzusetzen (vgl. Renner, AuslR, 7.A., Rnr. 13 zur Vorgängervorschrift des § 7 AuslG). Dies bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob eine Ausweisung im Einzelfall auch fehlerfrei verfügt werden könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.8.1996 - 1 C 8/94 -, BVerwGE 102, 12; Beschluss vom 24.7.1997 - 1 B 122/97 -, juris; Renner, AuslR, Rdnr. 15 zu § 7 AuslG m. w. N.). Diese Auslegung gilt aber auch im Rahmen des § 8 StAG. Auch hier genügt das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes für die Ablehnung der Einbürgerung, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ausländerbehörde eine Ausweisung beabsichtigt oder ob eine solche im konkreten Fall erfolgen könnte (vgl. Hailbronner/Renner, StAR, 4. Aufl., Rdnr. 23 zu § 8 StAG m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 31.5.1994 - 1 C 5/93 -, BVerwGE 96, 86). Zudem steht die Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG im Ermessen der Einbürgerungsbehörde. Der Kläger hat aber weder vorgetragen noch ist sonst erkennbar, dass dieses Ermessen in seinem Fall - das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG unterstellt - dergestalt reduziert wäre, dass nur die Erteilung der begehrten Einbürgerungszusicherung in Betracht käme.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO, soweit die Berufung zurückgenommen worden ist, im übrigen aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil der Frage, ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen ist, grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Gründe

 
24 
Mit dem Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
25 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Nachdem der Kläger innerhalb der Frist zur Begründung der Berufung nur noch die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung beantragt hat, ist das Berufungsverfahren allerdings einzustellen, soweit er ursprünglich (weitergehend) die Verpflichtung der Beklagten zur Einbürgerung begehrt hat. Denn mit dieser Beschränkung des Klagebegehrens hat er die Berufung teilweise zurückgenommen (§ 126 Abs. 1 VwGO).
26 
Soweit die Berufung danach noch anhängig ist, ist sie nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit der Kläger eine Einbürgerungszusicherung begehrt.
27 
Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung ist § 10 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950), da er den Antrag auf Einbürgerung nach dem 16.3.1999 gestellt hat (vgl. § 40 c StAG; zur Zulässigkeit der Erteilung einer Einbürgerungszusicherung VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.7.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116; BVerwG, Urteil vom 31.3.1987 - 1 C 26/86 -, NJW 1987, 2180). Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setzt die Einbürgerung eines Ausländers voraus, dass er „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist“. Zu Recht haben der Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass der Kläger diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil das Landgericht Mannheim mit Urteil vom 14.12.1999 nach § 61 Nr. 1, § 63 StGB seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat. Denn auch dabei handelt es sich um eine Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG.
28 
Ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung eine Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG darstellt, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt (bejahend Berlit in: GK-StAR, Stand: Oktober 2005, Rnr. 287 ff. zu § 10; Makarov/v. Mangoldt, Dt. Staatsangehörigkeitsrecht, Stand: Juni 1998, Rnr. 47 zu § 85 AuslG; VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005 - VG 2 A 26.03 -, InfAuslR 2005, 427 m.w.N.; VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung; a.A. VG Würzburg, Urteil vom 21.4.2004 - W 6 K 03.1130 -, InfAuslR 2004, 311).
29 
Eine ausdrückliche Regelung findet sich weder im Staatsangehörigkeitsgesetz noch fand sie sich in der zuvor einschlägigen Bestimmung des § 85 AuslG. Auch die Gesetzesbegründung äußert sich hierzu nicht. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG bedarf daher der Auslegung. Bei dieser Auslegung kommt es nicht allein auf den Wortlaut der Vorschrift an, sondern es ist grundsätzlich der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, der sich neben dem Wortlaut der Norm aus ihrem Zusammenhang, ihrem Zweck und aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt, wobei diese Auslegungsmethoden einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.3.1974 - III C 99.71 -, BVerwGE 45, 65; Urteil vom 16.11.1981 - 6 C 72/78 -, BVerwGE 64, 209 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 17.5.1960 - 2 BvL 11/59, 11/60 -, BVerfGE 11, 126).
30 
Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG legt es angesichts des strafrechtlichen Bezugs der Begriffe „Verurteilung“ und „Straftat“ nahe, bei der Auslegung zunächst deren strafrechtliche Bedeutung ins Auge zu fassen. Das Strafgesetzbuch enthält weder eine Legaldefinition des Begriffs „Verurteilung" noch des Begriffs „Straftat". § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB definiert lediglich den Begriff der „rechtswidrigen Tat", nicht aber den Begriff „Straftat". Allerdings ist in der Rechtsprechung der Strafgerichte anerkannt, dass die Verurteilung eines Angeklagten grundsätzlich dessen Schuldfähigkeit voraussetzt. So führt etwa der Bundesgerichtshof hierzu aus, dass ein Angeklagter in der Urteilsformel ausdrücklich freigesprochen werden muss, wenn sich das Gericht an seiner „Verurteilung“ gehindert sieht, weil er die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) begangen hat und das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB anordnet (vgl. BGH, Beschluss vom 11.6.2002 - 3 StR 158/02 -, juris, m. w. N.; Urteil vom 9.3.1983 - 3 StR 500/82 -, NStZ 1983, 280). Dies wird durch einzelne Bestimmungen des Strafgesetzbuchs gestützt, so etwa durch § 69 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 StGB, in denen übereinstimmend davon die Rede ist, dass jemand „verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt (wird), weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist". Auch der Begriff „Straftat“ wird jedenfalls im Strafrecht regelmäßig so verstanden, dass er eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung voraussetzt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., vor § 13 Rnr. 2; Stree in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., Rnr. 3a zu § 56f; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.1.1998 - 1 Ws 6/98 -, Justiz 1998, 569 m.w.N.).
31 
Diese strafrechtliche Verwendung der Begriffe schließt es jedoch nicht von vornherein aus, die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung im Sinn des Staatsangehörigkeitsrechts anzusehen. Je nach dem Norm- und Sinnzusammenhang kann den verwendeten Begriffen nämlich eine unterschiedliche Bedeutung zukommen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die strafrechtliche Auslegung des Begriffes „Verurteilung“ erkennbar daran ausgerichtet ist, ob gegen den Täter eine Strafe im Sinne der §§ 38 ff. StGB (insbesondere eine Freiheits- oder Geldstrafe) verhängt werden kann. Dies schließt es aber nicht aus, diesen Begriff im vorliegenden staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang anders - insbesondere weiter - zu verstehen. Hierfür spricht zunächst, dass § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG gerade nicht von der Verurteilungzu einer Strafe , sondern von der Verurteilung wegen einer Straftat spricht, insoweit also weiter gefasst ist. Zudem wird auch eine Maßregel der Besserung und Sicherung durch Urteil angeordnet; so war es auch beim Kläger. Nach § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe nämlich auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet worden ist. Ferner ist nach § 260 Abs. 4 Satz 4 StPO in der Urteilsformel u.a. zum Ausdruck zu bringen, wenn die Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt wird. Unter Berücksichtigung dessen lässt es der allgemeine Sprachgebrauch daher zu, auch die in einem Urteil erfolgende Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als „Verurteilung“ anzusehen. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Begriff „Straftat“ im allgemeinen Sprachgebrauch stets nur im dargestellten engen strafrechtlichen Sinn verstanden wird. Vielmehr wird allgemein von der Begehung von Straftaten häufig auch dann gesprochen, wenn die Handlung des Täters einen Straftatbestand erfüllt und rechtswidrig gewesen ist, dieser aber - etwa aus Altersgründen (§ 19 StGB) - schuldunfähig ist und daher noch keine Straftat im strafrechtlichen Sinn begehen kann (vgl. hierzu auch VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005, a.a.O.).
32 
Ist es danach vom Wortlaut her jedenfalls nicht ausgeschlossen, als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung anzusehen, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob ein weiteres Begriffsverständnis als das strafrechtsdogmatische dem objektivierten Willen des Gesetzgebers entspricht. Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte, des Zwecks und des Regelungszusammenhangs der Vorschrift ist diese Frage zu bejahen.
33 
Die für eine Einbürgerung früher maßgebliche Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 RuStAG verlangte bis zur Änderung durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.6.1993 (BGBl. I S. 1062) als Voraussetzung für die Einbürgerung, dass der Einbürgerungsbewerber „einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hat“ (vgl. hierzu Hailbronner, StAngR, 1991, § 8 RuStAG, Rnr. 16 ff.). Der Begriff der „Unbescholtenheit“ erfasste nach damaliger Auffassung nicht nur strafrechtlich relevantes Fehlverhalten, sondern erstreckte sich auch auf Verstöße gegen Vorschriften ordnungsrechtlichen Charakters jedenfalls dann, wenn sie eine nachhaltige Missachtung der Rechtsordnung darstellten (vgl. hierzu Berlit, a.a.O., Rnr. 281 zu § 10 StAG m.w.N.). Der Einbürgerungsbewerber musste in seinem Lebenswandel und den daraus erkennbaren charakterlichen Eigenschaften gewissen Kriterien genügt haben und noch genügen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.2.1977 - I B 74.75 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 7). Derartige charakterliche Mängel konnten aber auch bei solchen Straftätern vorliegen, die wegen einer psychischen Erkrankung schuldunfähig und zwangsweise untergebracht waren (vgl. hierzu VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O., m.w.N.). Mit dem Ausländergesetz vom 9.7.1990 (BGBl. I S. 1354) in der bis Ende 1999 geltenden Fassung des Gesetzes vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2970) wurde erstmals eine Anspruchseinbürgerung für Ausländer vorgesehen, welche für „junge Ausländer" in § 85 Abs. 1 Nr. 4 AuslG a.F. und für sonstige Ausländer mit langem Aufenthalt in § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. die Voraussetzung enthielt, dass der Ausländer „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist". Der ursprüngliche Regierungsentwurf hatte zunächst nur die Anspruchseinbürgerung junger Ausländer vorgesehen und hierfür vorausgesetzt, dass der Ausländer „außer solchen Straftaten, die nur mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz geahndet werden, keine Straftaten begangen hat“. In der Begründung zu dem Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) hieß es hierzu, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, doch sollten typische Jugendverfehlungen nicht zum Ausschluss der erleichterten Einbürgerung führen. Auf Grund der Änderungen im Gesetzgebungsverfahren entstanden dann jedoch die anders lautenden Bestimmungen des § 85 Abs. 1 Nr. 4 und § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F.. Diese Regelungen hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15.7.1999 (BGBl. I S. 1618) in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG in der seit dem 1.1.2000 geltenden Fassung übernommen. Schließlich wurden die §§ 85 bis 91 AuslG durch das Zuwanderungsgesetz vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950) in §§ 10 bis 12b StAG überführt, ohne dass hinsichtlich der hier zu entscheidenden Frage Änderungen erfolgt sind.
34 
Aus dieser Entstehungsgeschichte lässt sich nicht zwingend ableiten, dass eine „Verurteilung wegen einer Straftat“ nach dem Willen des Gesetzgebers auch dann vorliegen soll, wenn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird. Allerdings könnte der Umstand, dass im früheren Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) ausgeführt worden ist, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, dafür sprechen, dass der Gesetzgeber damals eine begriffliche Anbindung an den früher verwendeten Begriff der „Unbescholtenheit“ angestrebt hat. Dies würde es nahe legen, dass auch ein im strafrechtlichen Sinne schuldloses Fehlverhalten weiterhin für die Einbürgerung von Bedeutung sein soll (vgl. VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O.). Nach der dargestellten Entstehungsgeschichte lässt sich aber auch nicht ausschließen, dass der Gesetzgeber an Fälle der hier vorliegenden Art überhaupt nicht gedacht hat.
35 
Letztlich sprechen Sinn und Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG und der Regelungszusammenhang mit dem Registerrecht entscheidend dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat anzusehen. Der Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG besteht darin, die Einbürgerung von Personen auszuschließen, die sich trotz ihres längeren Aufenthaltes nicht in die (bundesdeutsche) Gesellschaft integriert haben bzw. bei denen es an einer dauerhaften Hinwendung zur deutschen Rechtsordnung fehlt oder hieran zumindest erhebliche Zweifel bestehen. Der Staat soll von einer Verpflichtung zur Einbürgerung solcher Ausländer freigestellt werden, die mit Rücksicht auf die Begehung von gewichtigen Straftaten die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verdienen oder bei denen dies derzeit jedenfalls als möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.12.1993 - 2 BvR 2632/93 -, NJW 1994, 2016; Makarov/v.Mangoldt, a.a.O., Rnr. 45, 47 zu § 85 AuslG). Bestätigt wird dies durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG, wonach sich der Ausländer zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen und außerdem u.a. erklären muss, dass er keine gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichteten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, liegt § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG vor diesem Hintergrund gerade auch die Vorstellung zu Grunde, eine Verpflichtung zur Einbürgerung eines Ausländers - und damit zu einer dauerhaften Aufenthaltsverfestigung - dann nicht entstehen zu lassen, wenn von diesem Gefahren für Rechtsgüter der Bundesrepublik Deutschland ausgehen. Dieser Gesetzeszweck spricht dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen. Für die Frage, ob von einem Ausländer, der gegen eine Strafvorschrift verstoßen hat, eine Gefahr für Rechtsgüter ausgeht, kommt es nämlich nicht entscheidend darauf an, ob dieser schuldhaft gehandelt hat. Vielmehr kann eine solche Gefahr - wie auch im vorliegenden Fall - beispielsweise auch beim Vorliegen einer krankheitsbedingten Schuldunfähigkeit bestehen. Dies wird gerade daran deutlich, dass eine Maßregel der Besserung und Sicherung nur angeordnet werden kann, wenn vom Täter infolge seines Zustandes eine Gefahr ausgeht (vgl. §§ 63, 64 Abs. 1, 66 Abs. 1 Nr. 3, 68 Abs. 1, 69 Abs. 1 und 70 Abs. 1 StGB).
36 
Gestützt wird diese vom strafrechtlichen Begriffsverständnis abweichende, weitere Auslegung auch durch die Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes, welche im Zusammenhang mit einer Einbürgerung deshalb von besonderer Bedeutung sind, weil dessen Auskunftsregelungen auch die Einbürgerungsbehörden betreffen (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 6 BZRG). So nennt § 4 BZRG unter der Überschrift „Verurteilungen“ u.a. die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 4 Nr. 2 BZRG). Zudem geht § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG davon aus, dass es sich bei der dort u.a. genannten Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) um eine Verurteilung handelt; gleiches gilt z.B. für § 32 Abs. 2 Nr. 8 und § 49 Abs. 1 Satz 3 BZRG.
37 
Der Annahme, dass nach der Intention des Staatsangehörigkeitsrechts auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG erfasst wird, lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, eine solche Gesetzesauslegung führe im Einzelfall zu unvertretbaren Ergebnissen. Zwar sind nach § 12a StAG die dort genannten Verurteilungen von vornherein für einen Anspruch auf Einbürgerung unbeachtlich, während die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Einbürgerungsanspruch grundsätzlich immer entgegensteht. Deshalb wird etwa von Makarov/v. Mangoldt, (a.a.O., Rdnr. 47 zu § 85 AuslG) darauf hingewiesen, in einigen Fällen könne ungeachtet der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung die rechtswidrige Tat von verhältnismäßig geringem Gewicht und nicht von der Art sein, die normalerweise den Einbürgerungsanspruch als ausgeschlossen erscheinen lassen müsste; dies soll etwa bei selbständiger Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB in Betracht kommen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zu diesem Einwand jedoch ausgeführt, dass von einem Ausländer, der zu einer geringen Strafe verurteilt worden ist, auf die Dauer grundsätzlich keine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen wird, während gleiches für denjenigen, gegen den eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, gerade nicht gilt. Mit der Regelung des § 12 a StAG, wonach u. a. Verurteilungen zu Geldstrafe und zu Freiheitsstrafe bis zu einer bestimmten Höhe im Rahmen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG außer Betracht bleiben, gibt der Gesetzgeber zwar zu erkennen, dass er in diesen Fällen nicht vom Bestehen einer Gefahr durch die Einbürgerung des betreffenden Ausländers ausgeht. Eine solche pauschale Gefahrenprognose kommt bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung, welche gerade eine vom Täter ausgehende - individuelle - Gefahr voraussetzt, aber nicht in Betracht. Vielmehr bedarf es hier grundsätzlich einer Beurteilung im Einzelfall.
38 
Eine solche Gesetzesauslegung führt auch nicht zu unzumutbaren Ergebnissen, da die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Anspruch auf Einbürgerung nicht in jedem Fall dauerhaft entgegenstehen muss. Nach § 45 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 24 Abs. 2 BZRG wird zwar die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus grundsätzlich erst nach dem 90. Lebensjahr getilgt. Im übrigen beträgt die Tilgungsfrist für die Anordnung einer (sonstigen) Maßregel der Besserung und Sicherung aber regelmäßig nur fünf Jahre (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG). Nach § 49 Abs. 1 BZRG besteht zudem auch bei der Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus die Möglichkeit, dass der Generalbundesanwalt auf Antrag oder von Amts wegen anordnet, dass Eintragungen entgegen den §§ 45, 46 zu tilgen sind, falls die Vollstreckung erledigt ist und das öffentliche Interesse der Anordnung nicht entgegensteht. Nach Satz 2 dieser Bestimmung soll der Generalbundesanwalt das erkennende Gericht und die sonst zuständige Behörde hören, wenn der Betroffene im Geltungsbereich des Gesetzes wohnt. Nach Satz 3 soll er auch einen in der Psychiatrie erfahrenen medizinischen Sachverständigen hören, wenn die Eintragung eine Verurteilung betrifft, durch welche eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist. Damit ist hinreichend gewährleistet, dass ein Ausländer auch bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach (folgenlosem) Ablauf der fünfjährigen Tilgungsfrist oder - wenn diese nicht einschlägig ist - jedenfalls im Wege der Tilgung nach § 49 BZRG einen Einbürgerungsanspruch erlangen kann, soweit von ihm keine Gefahr mehr ausgeht. Gleichzeitig wird hiermit dem Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG Rechnung getragen, im Einzelfall eine Beurteilung der von dem Ausländer möglicherweise ausgehenden Gefahren zu ermöglichen und einen Einbürgerungsanspruch dann auszuschließen, wenn diese Prognose ungünstig ausfällt. Zudem kommt jedenfalls dann, wenn der Ausländer bei geringfügigen Verstößen gegen Rechtsvorschriften keinen Ausweisungsgrund erfüllt, zumindest eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG in Betracht. Angesichts dessen kann nach Auffassung des Senats nicht angenommen werden, dass die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG in den Fällen der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung zu einer unzulässigen Schlechterstellung der Betroffenen im Vergleich zu denjenigen Ausländern führt, deren Verurteilung nach § 12 a Abs. 1 StAG außer Betracht bleibt. Vielmehr hält sich diese differenzierte Regelung noch im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit; sie ist durch die dargestellten Unterschiede bei der Gefahrenprognose hinsichtlich einer strafrechtlichen Verurteilung einerseits und der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung andererseits hinreichend gerechtfertigt. Danach bedarf es auch der teilweise vorgeschlagenen alternativen Lösungswege - Parallelwertung, welche Strafe bei schuldhaftem Handeln voraussichtlich verhängt worden wäre (VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung) bzw. erweiternde Auslegung des § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG (so Berlit, a.a.O., Rnr. 289 zu § 10 StAG) - nicht, um auch in Fällen geringfügigerer Verstöße sachgerechte Ergebnisse zu erreichen.
39 
Im Ergebnis steht der Einbürgerung des Klägers somit § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG entgegen. Der Kläger hat weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass aufgrund eines Antrags nach § 49 Abs. 1 BZRG die gegen ihn verhängte Maßregel inzwischen gelöscht worden ist.
40 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nach § 8 StAG kommt vorliegend nicht in Betracht. Auf Grund der von ihm begangenen strafrechtlichen Verstöße erfüllt er nämlich einen Ausweisungsgrund, weil er einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Dabei sind sowohl die in den Jahren 1996 und 1998 erfolgten Verurteilungen zu Geldstrafen als auch die im Jahr 1999 angeordnete Maßregel der Besserung und Sicherung berücksichtigungsfähig (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.7.2004 - 11 S 535/04 -, EzAR 034 Nr. 18). Ob eine Ausweisung auf dieser Grundlage tatsächlich erfolgen könnte, ist im Rahmen des § 8 StAG unbeachtlich. Soweit in ausländerrechtlichen Vorschriften wie etwa § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auf das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes abgestellt wird, ist dieser Begriff nämlich mit dem Begriff „Ausweisungstatbestand“ gleichzusetzen (vgl. Renner, AuslR, 7.A., Rnr. 13 zur Vorgängervorschrift des § 7 AuslG). Dies bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob eine Ausweisung im Einzelfall auch fehlerfrei verfügt werden könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.8.1996 - 1 C 8/94 -, BVerwGE 102, 12; Beschluss vom 24.7.1997 - 1 B 122/97 -, juris; Renner, AuslR, Rdnr. 15 zu § 7 AuslG m. w. N.). Diese Auslegung gilt aber auch im Rahmen des § 8 StAG. Auch hier genügt das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes für die Ablehnung der Einbürgerung, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ausländerbehörde eine Ausweisung beabsichtigt oder ob eine solche im konkreten Fall erfolgen könnte (vgl. Hailbronner/Renner, StAR, 4. Aufl., Rdnr. 23 zu § 8 StAG m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 31.5.1994 - 1 C 5/93 -, BVerwGE 96, 86). Zudem steht die Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG im Ermessen der Einbürgerungsbehörde. Der Kläger hat aber weder vorgetragen noch ist sonst erkennbar, dass dieses Ermessen in seinem Fall - das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG unterstellt - dergestalt reduziert wäre, dass nur die Erteilung der begehrten Einbürgerungszusicherung in Betracht käme.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO, soweit die Berufung zurückgenommen worden ist, im übrigen aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil der Frage, ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen ist, grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Sonstige Literatur

 
43 
Rechtsmittelbelehrung
44 
Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu.
45 
Die Revision ist bei dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils schriftlich einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) eingelegt wird.
46 
Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
47 
Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen.
48 
Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.
49 
Für das Revisionsverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Revision und für die Revisionsbegründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
50 
Beschluss vom 10.11.2005
51 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. auf 8.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr. 1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718, sowie Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327).
52 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
Der am … 1971 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo. Er kam Ende 1991 in das Bundesgebiet und stellte einen Asylantrag. Nachdem er am 01.09.1995 eine deutsche Staatsangehörige geheiratet hatte, nahm er seinen Asylantrag zurück. In der Folgezeit erhielt er fortlaufend verlängerte Aufenthaltserlaubnisse, zuletzt bis 06.12.2002. Seit 21.05.2002 ist der Kläger im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, jetzt Niederlassungserlaubnis. Der Kläger lebt nach wie vor in ehelicher Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehörigen. Aus dieser Ehe sind mittlerweile zwei Kinder hervorgegangen, die ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit haben.
Nach einer aktuellen Auskunft aus dem Zentralregister vom 11.03.2009 wurde der Kläger bestraft durch
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1993 (2 C 222/93) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen je 60,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts S. vom 29.03.1994 (11 CS 156/94) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit einer wiederholten Zuwiderhandlung gegen eine Aufenthaltsbeschränkung nach dem Asylverfahrensgesetz zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen je 60,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 29.09.1994 (2 DS 166/94) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen je 45,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 19.01.1995 (2 DS 316/94) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 20.07.1995 (2 DS 18/95) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 19.01.1995 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von sieben Monaten und zwei Wochen, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1996 (2 DS 61/96) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung der Verurteilungen vom 19.01.1995 und 20.07.1995 zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
10 
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 14.05.1998 (2 DS 23938/98 1248 VRS) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, wobei eine Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt und schließlich mit Wirkung vom 03.11.2002 erlassen wurde;
11 
- Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 14.02.2008 (5 Cs 12 Js 9814/07) wegen Betrugs zu einer Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen je 30,- EUR.
12 
Am 07.02.2003 beantragte der Kläger beim Landratsamt Schwäbisch Hall, ihn in den deutschen Staatsverband einzubürgern, nachdem er einen ersten Einbürgerungsantrag im Jahre 2000 zurückgenommen hatte.
13 
Am 19.09.2003 erteilte der Beklagte dem Kläger eine bis 18.09.2005 gültige Einbürgerungszusicherung. Darin wird dem Kläger die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass der Verlust der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen werde.
14 
In der Folgezeit zog sich die Ausstellung serbisch-montenegrinischer Dokumente durch das Generalkonsulat vom Serbien-Montenegro hin.
15 
Im April 2005 verweigerte das Regierungspräsidium Stuttgart seine Zustimmung zur Einbürgerung. Da die letzte Verurteilung des Klägers im Jahre 1998 nicht insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden sei, sondern lediglich ein Strafrest nach Teilverbüßung dieser Haftstrafe, sei die Grundlage für eine Ermessensentscheidung schon nicht gegeben. Mit Erlass vom 19.05.2005 wies das Regierungspräsidium Stuttgart das Landratsamt auf eine seit dem 10.03.2005 geänderte Erlasslage für serbisch-montenegrinische Staatsangehörige hin, wonach erst dann eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit erfolgen könne, wenn von Seiten der serbisch-montenegrinischen Behörden nicht innerhalb eines Zeitraumes von nunmehr zwei Jahren über einen entsprechenden Antrag des Einbürgerungsbewerbers auf Ausstellung eines Reisepasses, eines Staatsangehörigkeitsnachweises bzw. auf Nachregistrierung entschieden sei.
16 
Das Landratsamt hörte daraufhin den Kläger mit Schreiben vom 07.07.2005 zu einer beabsichtigten Ablehnung seines Einbürgerungsantrages an. Zur Begründung wurde auf seine im Bundeszentralregister eingetragenen Vorstrafen verwiesen, die erst im Jahre 2013 Tilgungsreife erreichten.
17 
Daraufhin beantragte der Kläger beim Generalbundesanwalt die vorzeitige Tilgung sämtlicher Freiheitsstrafen, die über ihn im Bundeszentralregister geführt werden. Diesen Antrag lehnte der Generalbundesanwalt ab unter Hinweis darauf, damit würde im Fall des Klägers eine Voraussetzung für seine Einbürgerung erst geschaffen. Dies liefe aber im Ergebnis auf eine Entscheidung des Generalbundesanwalts anstelle der eigentlich zuständigen Behörde über den Einbürgerungsantrag des Klägers hinaus. Dies sei kein zweckentsprechender Gebrauch der Tilgungsmöglichkeit des § 49 Abs. 1 BZRG.
18 
Mit Verfügung vom 19.01.2006 lehnte das Landratsamt Schwäbisch Hall den Einbürgerungsantrag ab und führte zur Begründung aus: Der noch unter Geltung des § 85 AuslG gestellte Einbürgerungsantrag sei nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 01.01.2005 nach den Vorschriften des Staatsangehörigkeitsgesetzes zu bescheiden. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setze ein Einbürgerungsanspruch voraus, dass der Einbürgerungsbewerber nicht wegen einer Straftat verurteilt sei. Ausnahmen von dieser Regelung ergäben sich aus § 12 a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StAG sowie in Einzelfällen aus Satz 2 dieser Vorschrift. Vorliegend ergebe sich, dass die nach der Auskunft aus dem Bundeszentralregister beim Kläger vorliegenden strafrechtlichen Verurteilungen Nr. 5 und 6 eine Ermessensentscheidung der Einbürgerungsbehörde über ihre Berücksichtigung erforderten. Diese führe im jetzigen Zeitpunkt unter Abwägung des Für und Wider dazu, dass diese nicht außer Betracht bleiben könnten. Hinsichtlich der letzten Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang im Jahre 1998 lägen noch nicht einmal die Voraussetzungen einer Einzelfallentscheidung vor. Die damalige Freiheitsstrafe von sechs Monaten sei nicht insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden. Der Kläger könne auch nicht nach § 8 StAG eingebürgert werden. Voraussetzung hierfür sei, dass der Einbürgerungsbewerber keinen Ausweisungsgrund nach den §§ 53, 54 oder 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 AufenthG erfülle. Mit den abgeurteilten Straftaten lägen bei ihm aber Rechtsverstöße vor, die weder vereinzelt noch geringfügig gewesen seien. Wie lange ihm danach eine Straftat im Einbürgerungsverfahren auch nach § 8 StAG vorgeworfen werden könne, richte sich mangels eigener Regelungen nach den Eintragungen im Bundeszentralregister. Da die Tilgungsreife frühestens im Jahre 2013 eintreten könne, sei eine Einbürgerung auch nach § 8 StAG derzeit nicht möglich.
19 
Gegen diesen ihm am 23.01.2006 zugestellten Bescheid legte der Kläger am 23.02.2006 Widerspruch ein.
20 
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2006 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde nach Bezugnahme auf den Bescheid des Landratsamts ergänzend ausgeführt: Zwar werde nicht verkannt, dass beim Kläger in letzter Zeit eine charakterliche Stabilisierung eingetreten sei. Er lebe seit einigen Jahren straffrei in Deutschland mit Frau und Kindern. Das öffentliche Interesse, die Einbürgerung bei fehlender strafrechtlicher Unbescholtenheit grundsätzlich zu versagen, überlagere jedoch seine Interessen. Vor Ablauf der Tilgungsfrist im Bundeszentralregister sei eine Einbürgerung daher nicht möglich. Auch die leichteren Reisemöglichkeiten mit einem deutschen Pass, die Schwierigkeiten bei der Erlangung eines serbisch-montenegrinischen Reisepasses für Kosovaren und schließlich eine dem Kläger in Aussicht gestellte Arbeitsstelle bei einer Schweizer Firma rechtfertigten keinen Ausnahmetatbestand.
21 
Der Kläger hat am 18. August 2006 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und ausgeführt: Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles müssten auch die gegen ihn am 20.07.1995 und am 09.05.1996 verhängten Freiheitsstrafen, die insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden seien, außer Betracht bleiben. Er lebe nunmehr seit acht Jahren straffrei in der Bundesrepublik Deutschland. Bei den abgeurteilten Straftaten habe es sich ausschließlich um Straßenverkehrsdelikte gehandelt. Er sei auf die Einbürgerung dringend angewiesen, um die ihm angebotene Arbeitsstelle in der Schweiz anzunehmen und dadurch für seine Familie den Unterhalt zu sichern. Sämtliche anderen Familienmitglieder, die Ehefrau und zwei Kinder, besäßen die deutsche Staatsangehörigkeit.
22 
Der Kläger ist im laufenden Verfahren in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes Waldshut verzogen. Mit Schreiben vom 28.08.2007 erteilte das Landratsamts Waldshut gemäß § 3 Abs. 3 LVwVfG seine Zustimmung zur Fortsetzung des Verfahrens durch das Landratsamt Schwäbisch Hall.
23 
Durch Urteil vom 26.11.2007 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, über den Einbürgerungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; im Übrigen hat es den weitergehenden Verpflichtungsantrag abgewiesen.
24 
Zur Begründung hat es ausgeführt: Gemäß § 40c StAG in der seit 28.08.2007 geltenden Fassung seien auf Einbürgerungsanträge, die - wie hier - vor dem 30.03.2007 gestellt worden seien, die §§ 8 bis 14 StAG in ihrer vor dem 28.08.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit diese günstigere Bestimmungen enthielten. Da dies für die hier in Rede stehenden Rechtsfragen sämtlich der Fall sei, kämen für die begehrte Einbürgerung als Rechtsgrundlage daher die §§ 8 ff. StAG i.d.F. des Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 zur Anwendung.
25 
Zutreffend gehe der Beklagte allerdings davon aus, dass dem Kläger eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. habe versagt werden dürfen. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung fehle es zumindest an der Voraussetzung nach Nr. 5 der Norm, da der Kläger bereits mehrfach wegen einer Straftat verurteilt worden sei. Für diesen Fall bestimme § 12 a StAG a.F., dass Strafen bis zu einer bestimmten Höhe außer Betracht zu bleiben hätten und darüber hinausgehend, dass die Einbürgerungsbehörde im Einzelfall nach Ermessen zu entscheiden habe, ob eine Straftat außer Betracht bleiben könne, wenn der Einbürgerungsbewerber zu einer höheren Strafe verurteilt worden sei. Das Gericht könne sich nicht der Rechtsansicht des Beklagten anschließen, die letzte gegen den Kläger ausgesprochene Verurteilung vom 14.05.1998 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung stelle eine Straftat dar, die in keinem Fall im Ermessenswege infolge einer Entscheidung der Einbürgerungsbehörde außer Betracht bleiben könne. Soweit sich der Beklagte auf den Standpunkt stelle, eine das „Nichtberücksichtigungsermessen“ gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eröffnende „höhere Strafe“ könne nur eine Strafe sein, die insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden sei, gehe dies fehl. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der Wortlaut nicht eindeutig. Das der Einbürgerungsbehörde eingeräumte Nichtberücksichtigungsermessen könne hinsichtlich jedweder Strafe ausgeübt werden, die, weil sie ein einzelnes Merkmal überschreite, nicht unter Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 der Vorschrift falle. Auch angesichts der Weite des nach § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eingeräumten Nichtberücksichtigungsermessens bestehe kein überzeugender Grund, die Strafaussetzung zur Bewährung bereits als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in Abs. 1 Satz 2 „hineinzuinterpretieren“, indem bei kurzzeitigen Freiheitsstrafen , die nicht zur Bewährung ausgesetzt worden seien, eine Ermessensmöglichkeit schon von vorneherein verneint werde. Gleichwohl ergebe sich daraus nicht die Rechtswidrigkeit der Entscheidung, dem Kläger eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG a.F. zu versagen. Denn zu Recht habe der Beklagte erkannt, schon wegen Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine Ermessensentscheidung hinsichtlich der beiden zur Bewährung ausgesetzten Verurteilungen nach Nr. 5 und Nr. 6 des Strafregisterauszuges treffen zu müssen. Diese Ermessensentscheidung sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. i.V.m. § 12 a Abs. 1 StAG a. F. sei bei der Prüfung, ob eine strafrechtliche Verurteilung den Einbürgerungsanspruch eines Ausländers aus § 10 StAG a.F. hindere, eine jeweils einzelne Betrachtung geboten. Lägen (eine oder mehrere) strafrechtliche Verurteilungen vor, die nicht generell gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 StAG a. F. außer Betracht bleiben müssten, so erfolge nicht etwa eine generelle Ermessensprüfung, ob der Betreffende gleichwohl eingebürgert werden könne. Die Ermessensprüfung orientiere sich vielmehr an jeder einzelnen strafrechtlichen Verurteilung. Entscheide sich die Einbürgerungsbehörde in Ausübung des ihr so eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens, auch nur hinsichtlich einer einzigen insoweit zu prüfenden strafrechtlichen Verurteilung, diese nicht außer Betracht zu lassen und sei ihr jedenfalls insoweit kein Ermessensfehler anzulasten, scheide eine Einbürgerung in Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. aus. So liege es hier. Der Beklagte habe erkannt, dass die strafrechtlichen Verurteilungen nach Nr. 5 und nach Nr. 6 des Strafregisterauszuges des Klägers nicht generell nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. außer Betracht bleiben könnten, da der Strafausspruch jeweils zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Die Ermessensbetätigung der Behörden, diese beiden strafrechtlichen Verurteilungen einbürgerungsrechtlich nicht unberücksichtigt zu lassen, sei nicht zu beanstanden. Es komme hinsichtlich der zu prüfenden Ermessensbetätigung auf die letzte behördliche Entscheidung, also auf den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.07.2006 an. Dessen Ausführungen berücksichtigten zutreffend alle mit den strafrechtlichen Verurteilungen in Zusammenhang stehenden Umstände und hätten diese in nicht zu beanstandender Weise abgewogen. Es sei nicht zu verkennen, dass - wie dort ausgeführt - eine Verurteilung zu einer, wenn auch zur Bewährung ausgesetzten, Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen bereits eine erhebliche Strafe darstelle. Ebenfalls habe vom Beklagten negativ berücksichtigt werden dürfen, dass der Kläger immer wieder wegen desselben Deliktes strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und daher eine gewisse Renitenz in der Missachtung der Rechtsordnung aufgewiesen habe. Soweit demgegenüber der angegriffene Ausgangsbescheid des Beklagten im Rahmen der Betätigung des Nichtberücksichtigungsermessens möglicherweise die persönlichen Interessen des Klägers zu wenig berücksichtigt habe, sei dieser Mangel jedenfalls durch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.07.2006 geheilt worden. Dort seien die in letzter Zeit offenbar eingetretene charakterliche Stabilisierung des Klägers, seine familiären Umstände, seine Arbeitsplatzsituation, die mit einem deutschen Pass verbundenen besseren Reisemöglichkeiten sowie allgemein die Passproblematik serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger aus dem Kosovo berücksichtigt worden.
26 
Der Kläger erfülle aber die wesentlichen Voraussetzungen für einen Einbürgerungsanspruch nach den §§ 8 und 9 StAG a.F. Auch insoweit finde gemäß § 40 c StAG die bis zum 28.08.2007 geltende Fassung des § 9 StAG Anwendung, da diese für den Kläger günstiger sei. Die maßgeblichen Voraussetzungen für die Einbürgerung des Klägers lägen insoweit auch vor. Soweit § 9 StAG a.F. auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 StAG a. F. verweise, seien auch diese erfüllt. Für die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 StAG a. F. sei dies zwischen den Beteiligten unstrittig. Dies gelte aber auch für die Voraussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F., da der Kläger, jedenfalls derzeit, keinen Ausweisungsgrund nach §§ 53, 54 oder 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes mehr erfülle. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. sei durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.06.1993 neu gefasst worden. Mit der Gesetzesänderung habe der Begriff des „unbescholtenen Lebenswandels" durch wesentlich konkretere Kriterien ersetzt werden sollen, nämlich das Vorliegen bestimmter Ausweisungsgründe im Zeitpunkt der Entscheidung über das Einbürgerungsbegehren. Die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. enthalte ebenso wenig wie vergleichbare ausländerrechtliche Vorschriften (vgl. etwa §§ 5 Abs. 1 Nr. 2; 28 Abs. 2 AufenthG) eine zeitlich genau bestimmbare Grenze für die Erfüllung bzw. das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes. Allerdings ergebe sich bereits aus der Verwendung der jeweiligen Präsens-Form, dass es sich jedenfalls um eine aktuelle Betrachtungsweise und nicht um die Berücksichtigung historischer Vorgänge („...erfüllt hat.“ bzw. „... vorgelegen haben.“) handeln müsse. Wann ein Ausweisungsgrund nicht mehr aktuell vorliege und daher nicht mehr herangezogen werden dürfe, lasse sich nicht allgemein festlegen; hierzu komme es auf die Art und den Inhalt des jeweiligen Ausweisungsgrundes an.
27 
Nicht überzeugend sei die vom Beklagten vertretene Auffassung, die aus den Jahren 1993 bis 1998 herrührenden Ausweisungsgründe stünden einer Einbürgerung des Klägers bis zur Tilgung im Bundeszentralregister entgegen. Der Beklagte stelle damit auf das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG ab. Das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG markiere auch für Einbürgerungsverfahren grundsätzlich - von der vorliegend nicht einschlägigen Ausnahme des § 52 Abs. 1 Nr. 1 BZRG abgesehen - die äußerste zeitliche Grenze einer im Rechtsverkehr möglichen Verwertung. Aus dem Verwertungsverbot lasse sich jedoch nicht - aufgrund eines Umkehrschlusses - auf die rechtlich gebotene Verwertbarkeit der Eintragung vor Ablauf der Tilgungsfrist schließen. Denn es könne nicht übersehen werden, dass die Tilgungsfristen in § 46 Abs. 1 Nr. 1 - 4 BZRG - fünf, zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre, gegebenenfalls erhöht um die jeweils ausgesprochene Freiheitsstrafe - äußerst pauschal gehalten seien und mit ihren Fünf-Jahres-Sprüngen auch vergleichsweise wenig Raum für eine Einzelfallbetrachtung böten. Dies möge für ein Registergesetz im Sinne einer Verwaltungspraktikabilität hinnehmbar sein. Um den früher in § 8 Abs. 1 StAG verwendeten Begriff des „unbescholtenen Lebenswandels“ durch wesentlich konkretere Kriterien zu ersetzen, was ausdrücklich Sinn der gesetzgeberischen Reform des Jahres 1993 gewesen sei, erscheine ein generelles Abstellen auf noch nicht getilgte Eintragungen im Bundeszentralregister zur Beantwortung der Frage, ob ein Einbürgerungsbewerber aktuell einen Ausweisungsgrund erfülle, daher eher ungeeignet. Insbesondere, wenn ein Einbürgerungsbewerber etwa die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) - c) BZRG nur geringfügig überschreite, sei es kaum zu rechtfertigen, ihm deshalb die Möglichkeit einer Einbürgerung statt für zehn Jahre sogleich für fünfzehn Jahre zu versagen. Bei der Frage, wie lange eine Straftat nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. als Ausweisungsgrund einem Einbürgerungsbewerber entgegengehalten werden dürfe, seien vielmehr Sinn und Zweck des jeweiligen Ausweisungsgrundes von maßgeblicher Bedeutung. Liege dem Ausweisungsgrund eine Straftat zugrunde, so seien das der Verurteilung zugrunde liegende Verhalten zu berücksichtigen, die Schwere und Eigenart des Delikts sowie die ausgesprochene Strafhöhe. Lägen die vorwerfbaren Taten mehrere Jahre zurück, so sei von Bedeutung, wie sich der Ausländer in der Folgezeit verhalten habe und auch, welche künftige Rückfallprognose dem Einbürgerungsbewerber noch ausgestellt werden müsse. Danach könne heute nicht mehr davon ausgegangen werden, der Kläger erfülle noch einen Ausweisungsgrund. Bei den vom Kläger in den Jahren 1993 bis 1998 begangenen Straftaten handele es sich jeweils um Straßenverkehrsdelikte, nahezu ausschließlich um Fahren ohne Fahrerlaubnis. Eigentums- oder gar Gewaltkriminalität sei dem Kläger nicht vorzuwerfen. Innerhalb der Biografie des Klägers nähmen sich diese Straftaten „episodenhaft“ aus. Seit 1998 sei der Kläger nicht mehr auffällig geworden. Nachdem er zwischenzeitlich im Besitz einer deutschen Fahrerlaubnis sei, könne nahezu ausgeschlossen werden, dass sich bei ihm Vergleichbares wiederhole. Zwar habe der Kläger in dem genannten Zeitraum eine auffällige Renitenz zur Missachtung der Rechtsordnung an den Tag gelegt, in dem er sich zahlreichen jeweils vorangegangenen Urteilen wegen einer Straftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht gebeugt, sondern sein Verhalten zunächst fortgesetzt habe. Allerdings habe der Kläger offenkundig dieses Verhalten lediglich auf diesem einen Rechtsgebiet gezeigt. Eine anderweitige Neigung zur Missachtung der Rechtsordnung sei beim Kläger weder in dem genannten Zeitraum zu Tage getreten, noch habe sich solches in den vergangenen beinahe 10 Jahren anderweitig gezeigt. Nachdem der Kläger zwischenzeitlich mit einer deutschen Staatsangehörigen eine Familie gegründet habe, sei ersichtlich, dass bei ihm eine charakterliche Stabilisierung eingetreten sei. Die vor beinahe 10 Jahren teilweise und kurzzeitig verbüßte Haftstrafe habe offenkundig beim Kläger in seinem Verhalten eine Zäsur bewirkt. Es könne daher heute nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Kläger aktuell noch einen Ausweisungsgrund erfülle. Unabhängig von Vorstehendem lägen beim Kläger die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StAG a. F. aber auch noch aus einem weiteren Grund vor. Der Kläger erfülle schon deshalb keinen Ausweisungsgrund nach §§ 54 Nr. 1, 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG mehr, weil diese ursprünglich gegebenen Ausweisungsgründe zwischenzeitlich staatsangehörigkeitsrechtlich „verbraucht“ seien. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass ein Ausweisungsgrund in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und solange entgegengehalten werden dürfe, als er noch „aktuell" und nicht „verbraucht“ sei bzw. die zuständige Behörde auf seine Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent "verzichtet" habe. Ein solcher Verbrauch der beim Kläger ursprünglich vorliegenden Ausweisungsgründe sei im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier durch die dem Kläger am 19.09.2003 erteilte Einbürgerungszusicherung eingetreten. Nachdem der Beklagte nach Erkennen seines Fehlers insoweit die vorangegangene Einbürgerungszusicherung auch nicht etwa zurückgenommen habe, liege zum jetzigen Zeitpunkt ein Ausweisungsgrund, der dem Kläger gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a. F. entgegengehalten werden könnte, nicht mehr vor. Der Kläger habe somit einen Anspruch darauf, dass der Beklagte sein Einbürgerungsbegehren nach §§ 8, 9 StAG a. F. neu bescheide.
28 
Das Urteil wurde dem Beklagten am 20.03.2008 zugestellt. Auf den von ihm am 15.04.2008 gestellten und am 15.05.2008 begründeten Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 25.08.2008 die Berufung zugelassen.
29 
Am 23.09.2008 hat der Beklagte unter Stellung eines Antrags die Berufung wie folgt begründet:
30 
Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht § 8 StAG in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung angewandt. Der nach § 40c StAG anzustellende Günstigkeitsvergleich, der für jede Einbürgerungsvoraussetzung anzustellen sei, führe zu den Ergebnis, dass die neue Fassung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG die günstigere Bestimmung sei. Denn während es nach der alten Fassung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 auf das bloße Vorliegen von bestimmten Ausweisungsgründen angekommen sei und daher auch strafrechtlich unerhebliches Verhalten der Einbürgerung habe entgegen stehen können, seien jetzt nur noch Verurteilungen wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe oder die Anordnung einer Maßregel relevant, soweit die in § 12a Abs. 1 Nr. 1 StAG genannten Bagatellgrenzen überschritten würden. Derartige Verurteilungen, welche die Grenze des § 12a Abs. 1 StAG überstiegen, seien auch unter den Begriff der vereinzelten und geringfügigen Rechtsversstöße nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG zu rechnen und stellten daher regelmäßig einen Ausweisungsgrund dar, machten jedoch nur eine Teilmenge aller denkbaren Ausweisungsgründe aus, weshalb die neue Fassung günstiger sei. Bei Anwendung des neuen Rechts stünden die vom Kläger begangenen Straftaten, die nicht getilgt seien, einer Einbürgerung entgegen und seien auch im Rahmen des durch § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eröffneten Ermessens zu Recht unberücksichtigt geblieben und auch nach § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG n.F. nicht zu berücksichtigen. Die Taten könnten auch ausnahmslos berücksichtigt werden, da gem. § 46 Abs. 1 Nr. 2 BZRG Tilgungsreife erst im Jahre 2013 eintreten werde.
31 
Die Entscheidung sei allerdings auch dann unrichtig, wenn man § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG in der alten Fassung anwende. Denn der Kläger erfülle einen Ausweisungsgrund, der nicht verbraucht sei. Für die Frage, ob ein Ausweisungsgrund vorliege, komme es allein darauf an, ob dieser erfüllt sei, nicht jedoch darauf, ob tatsächlich eine Ausweisung erfolgen könne. Im vorliegenden Fall sei der Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG einschlägig, weil der Kläger insgesamt wegen desselben Vergehens zu erheblichen Freiheitsstrafen verurteilt worden sei. Beim Kläger habe ein unbelehrbares Verhalten vorgelegen. Die Verstöße seien weder vereinzelt noch geringfügig gewesen. Die Vorwerfbarkeit sei auch nicht nachträglich entfallen. In Ermangelung einschlägiger Regelungen in den §§ 8 und 9 StAG könne hinsichtlich der Verwertbarkeit strafrechtlicher Verurteilungen auf die Bestimmungen des Bundeszentralregistergesetzes zurückgegriffen werden. Der Ausweisungsgrund wäre daher nur dann unbeachtlich, wenn die zugrunde liegenden Straftaten getilgt wären, was jedoch nicht der Fall sei. Entgegen der früheren Rechtslage, nach der auf einen „unbescholtenen Lebenswandel“ abgestellt worden sei, sei nunmehr auch aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit keine umfassende Abwägungsentscheidung mehr zu treffen, sofern festgestellt worden sei, dass der Verstoß weder vereinzelt noch geringfügig gewesen sei. Im Übrigen könne der Sichtweise des Verwaltungsgerichts auch aus systematischen Erwägungen nicht gefolgt werden. Denn in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung sei eine Abwägungsentscheidung bei Straftaten auf den Fall des § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG beschränkt gewesen. Wäre bei § 8 Abs. 1 Nr. 1 StAG auch eine solche Abwägungsentscheidung gewollt gewesen, so hätte es nahe gelegen, in § 8 Abs. 2 nicht nur die Möglichkeit eines Dispenses von den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 4 vorzusehen, sondern dort auch auf § 8 Abs. 1 Nr. 2 Bezug zu nehmen. Erst die neue Fassung des § 8 Abs. 2 habe eine Erweiterung um den Fall des Abs. 1 Nr. 2 vorgenommen. Wäre die Entscheidung des Verwaltungsgerichts richtig, so hätte es dieser Anpassung nicht bedurft.
32 
Die vom Kläger begangenen Straftaten seien auch nicht durch die Einbürgerungszusicherung verbraucht. Mit der Einbürgerungszusicherung nach § 38 LVwVfG werde dem Einbürgerungsbewerber die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass er den Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit nachweise. Mit Ablauf der Frist von zwei Jahren habe deren Wirkung geendet, eine Verlängerung sei nicht erfolgt. Hätte die Einbürgerungszusicherung die ihr vom Verwaltungsgericht beigemessene Wirkung, so nähme sie im Hinblick auf sämtliche Einzelfragen der Einbürgerung mit Ausnahme der Hinnahme der Mehrstaatigkeit die endgültige Entscheidung über den Einbürgerungsantrag verbindlich vorweg und wäre ein vorgezogener Ausschnitt aus der umfassenderen Einbürgerung und als solcher eine Art feststellender Verwaltungsakt. Ihre Wirkungen glichen denjenigen des Vorbescheids im Baurecht. Dies entspreche jedoch nicht den gesetzlichen Vorgaben. Die Einbürgerungszusicherung nehme nicht einen Abschnitt des später erlassenen Verwaltungsakts vorweg, sondern sage lediglich dessen Erlass zu. Dies habe zur Folge, dass die Zusicherung mit Ablauf der Frist ihre Wirkungen verliere. Zwar könne es ausnahmsweise Fälle geben, in denen die Behörde nach Treu und Glauben sich nicht auf einen Fristablauf berufen könne, wenn der Einbürgerungsbewerber die einzige Bedingung erfüllt habe, sich die Behörde jedoch gleichwohl geweigert habe, die Einbürgerung vorzunehmen und deshalb die Frist abgelaufen sei. So lägen die Dinge hier jedoch nicht. Ein schutzwürdiges Vertrauen und Interesse des Klägers bestehe daher nicht.
33 
Der Beklagte beantragt,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
35 
Der Kläger beantragt,
36 
die Berufung zurückzuweisen.
37 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und führt noch aus: Der vom Beklagten befürwortete Rückgriff auf die Regelungen des Bundeszentralregistergesetz finde im Gesetz keine Stütze und sei nicht sachgerecht. Das Verwaltungsgericht führe richtigerweise aus, dass die Tilgungsfristen wegen der großen Zeitsprünge wenig Raum für eine Einzelfallbetrachtung böten. Es müsse berücksichtigt werden, dass er die Taten nicht mehr begehen könne, weil er seit 2002 einen Führerschein besitze. Er lebe seit 10 Jahren völlig straffrei. Seine aktuelle Arbeitslosigkeit stehe der Einbürgerung nicht entgegen. Er habe Leistungen der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung erworben, die mindestens 12 Monate bezahlt würden. Durch eine zusätzliche Tätigkeit bei Mc Donalds werde er rund 200,00 EUR hinzuverdienen. Er habe auch seit Januar eine Stelle in der Schweiz erhalten. Er sei Grenzgänger, was aber auf Dauer nur möglich sei, wenn er deutscher Staatsangehöriger sei. Ansonsten könne er nur mit einem Visum zwischen den Ländern verkehren. Ohne die deutsche Staatsangehörigkeit werde er die Stelle wieder verlieren. Er habe sich im Übrigen bei verschiedenen Zeitarbeitsfirmen beworben.
38 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf deren Schriftsätze verwiesen.
39 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts Schwäbisch Hall, die Widerspruchakten des Regierungspräsidiums Stuttgart, die Strafakten des Amtsgerichts Backnang und Waldshut-Tiengen und die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
40 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemäß begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
41 
1. Was die Behandlung und Beurteilung eines möglichen Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches hinzuzufügen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO).
42 
Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu folgen wäre, dass „eine höhere Strafe“ im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht selbst ausgegangen ist.
43 
2. Der Kläger, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen; auch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht.
44 
Nachdem der Kläger seinen Einbürgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor dem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rücksicht auf § 40c StAG zunächst der Frage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht für den Kläger günstigere Einbürgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit - was die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsächlichen Verhältnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre. Zur Beantwortung der Frage, welche Bestimmungen für den Einbürgerungsbewerber günstiger sind, ist jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl. Berlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine Alternativprüfung vorzunehmen.
45 
a) Unverändert geblieben ist allerdings die zwingende Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Einbürgerungsbewerber seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht mehr der Fall.
46 
Seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorübergehend, sondern grundsätzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw. verweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere familiärer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsätzlich sind hiernach alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu würdigen, wobei es in erster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstände ankommt (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Kläger jedenfalls zu Beginn dieses Jahres seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen Jahres eine Stelle in der Schweiz, nämlich in B. gefunden hat und nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich seit 01.12.2008 regelmäßig in der Schweiz aufhält, ist er im April diesen Jahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in W. wurde vollständig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G. leben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Kläger und seiner Familie dort eine vollständige eigene Wohnung zur Verfügung steht. Dort können sich der Kläger und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien aufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag zunächst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunächst der von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand könnte möglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Kläger habe inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht gerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult hat, und das sogar noch während des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss gezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist und nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Kläger selbst davon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll.
47 
b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers einer Einbürgerung zwingend entgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der früher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob auch vor Eintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten werden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen können - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der Tilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht bleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht vor. Die höhere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da von einem nur geringfügigen Überschreiten des Rahmens nach den Sätzen 1 und 2 nicht die Rede sein kann.
48 
Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen Absatz 2 abgesehen werden. Ein öffentliches Interesse ist nicht erkennbar. Aber auch eine besondere Härte liegt nicht vor. Hierzu muss zunächst ein atypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw. erst später eingebürgert würde; die Härte muss also gerade infolge der Einbürgerung bzw. der frühzeitigeren Einbürgerung beseitigt werden können. Dies wäre vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat aus dem Jahre 2008 dazu geführt hätte, dass die früheren Straftaten nicht getilgt werden können, diese letzte Tat Bagatellcharakter hätte und ihm ein weiteres vorläufiges Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden dargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einbürgerungschädliche Folge der erheblichen und beharrlichen Kriminalität des Klägers und der hiermit verbundenen längeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Härte darin zu erblicken sein könnte, dass der Kläger ohne Einbürgerung nicht unter erleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann, bedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von seiner Ausbildung oder seinen Befähigungen her zwingend auf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein könnte.
49 
Nach der früheren Rechtslage steht der Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG zwingend entgegen, dass Kläger einen der im Einzelnen enumerativ aufgezählten Ausweisungsgründe erfüllt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rücksicht auf die erheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie können mangels Tilgungsreife dem Kläger auch heute noch vorgehalten werden.
50 
Zunächst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung über den ausländerrechtlichen „Verbrauch“ von Ausweisungsgründen bei Erteilung oder Verlängerung eines Titels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das Staatsangehörigkeitsrecht übertragen werden kann. Die die gegenteilige Sichtweise befürwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.), der das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, übersieht, dass es keinen nachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der Staatsangehörigkeitsbehörde durch eine Ausländerbehörde vorzunehmen, die „lediglich“ über eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts eines Ausländers oder einer Ausländerin zu entscheiden hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann erfüllt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte. Dies entspricht der einhelligen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zum Ausländer- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehörigkeitsrecht gilt nichts anderes (vgl. ausdrücklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris).
51 
Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig dahin gehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen könne, wenn dieser noch gegenwärtig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung überholt ist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem Tatbestandsmerkmal „vorliegen“ bzw. „erfüllt“ folgen (so wohl auch Senatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualität im Schwerpunkt und vornehmlich für die Fälle eines „Verbrauchs“ des Ausweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmäßig vertrauenstiftenden Handlung der Ausländerbehörde, wie etwa der Verlängerung eines Aufenthaltstitels, erörtert wird (vgl. ausdrücklich Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur „aktuelle“ Ausweisungsgründe vorgehalten werden können, der Präzisierung. Denn das Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen den verschiedenen Ausweisungsgründen. Diese haben nämlich keine identische Struktur. So kennt das Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgründe, die allein darauf abstellen, dass es in der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist (vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…“) bzw. der Ausländer oder die Ausländerin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung begangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…“ bzw. „…nicht mitgewirkt hat…“). Die anderen Ausweisungsgründe stellen hingegen allein darauf ab, dass gegenwärtig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus aktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt“ ein Ausweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor“, wenn der Zeitpunkt der Verurteilung schon länger zurück liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext kommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgründe des § 55 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualität auf einer anderen - zweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der konkreten Ermessensausübung, ob eine Ausweisung verfügt werden soll, zu erörtern; zum anderen bei der Prüfung der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der Hand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur vereinzelt oder geringfügig begangen wurde und damit gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Art und Weise eine Ausweisungsverfügung oder eine Verweigerung eines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher Zusammenhang mit den aktuellen Lebensverhältnissen des Ausländers oder der Ausländerin mehr besteht. Dies gilt umso mehr für andere Rechtsverstöße und unzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner Tilgung im Bundeszentralregister unterliegen können.
52 
Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf bestimmte Ausweisungsgründe verweist und damit nur unvollständig die dargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur übernimmt, fällt der zweite Prüfungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualität des Ausweisungsgrundes muss daher im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext als eine im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verortende immanente Grenze des Einbürgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das Tatbestandsmerkmal „erfüllt“ entsprechend verfassungskonform interpretiert werden.
53 
Was die Berücksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als Ausweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung anderer aussagekräftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im Staatsangehörigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die Verurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden kann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in diesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Länge der Tilgungsfrist bildet die Schwere der begangenen Straftat durchaus realitätsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3 Nr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsätzlich durchaus geeignet, auch gegenwartsbezogen Schlüsse auf die Aktualität des Ausweisungsgrundes und damit ein weiterhin gegen eine Einbürgerung sprechendes öffentliches Interesse zu ermöglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt der Aktualität und damit auch dem der Verhältnismäßigkeit das Gewicht des Ausweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die Höhe der verhängten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafür sein kann, ob gegenwärtig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur kann (vgl. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten auszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes zu unangemessenen und daher unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Da infolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an sich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten vorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier unmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrechts korrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der letzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber v.a. geringfügigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und daher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so wäre es von vornherein verfehlt, länger zurückliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits getilgt werden könnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen wäre, noch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall darüber hinaus mit Blick auf die zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen.
54 
So liegen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Eine vollständige Tilgung wird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin, dass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelöst hat. Selbst wenn man daher zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jähriger Straffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte Straftat als vereinzelter oder geringfügiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu werten wäre, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5 Jahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlängerung der laufenden Tilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die immerhin vorsätzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfügig anzusehen wäre und ob den vom Kläger erhobenen Einwänden gegen die Verurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft überhaupt nachzugehen wäre. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfähiger Grund ausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die früheren Verurteilungen nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Denn in der Kette der von ihm begangenen Straftaten kommt eine hartnäckige und unbelehrbare Missachtung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Kläger hat durch seine Taten unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche Beschränkungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner Interessen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Kläger im Urteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche Mängel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwärtig auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten, ausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen, durch weiteren Zeitablauf zusätzliche und endgültige Gewissheit zu erlangen, dass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klägers zur Rechtsordnung überwunden ist.
55 
Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermöglicht keine Entscheidung zugunsten des Klägers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung überhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG war in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie dargelegt, schon keine Härte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Umständen eine einfach-gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden müsste, soweit diesem Gesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht entgegengehalten werden dürfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann offen bleiben, ob im Rahmen des Günstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht günstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach altem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden könnten.
56 
c) Ein „Verbrauch“ der Ausweisungsgründe ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Kläger unter dem 19.09.2003 eine Einbürgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt hatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist ihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge für den Beklagten nicht mehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge würde die zeitliche Befristung unterlaufen und der Zusicherung eine über diesen Zeitpunkt hinausreichende Wirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfängers erkennbar (vgl. den Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht beigemessen werden sollte, weshalb auch kein über die zeitliche Geltung hinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer Befristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern und insbesondere eine Rücknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit überflüssig zu machen. Andernfalls käme der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend ausführt, der Charakter einer bereits endgültigen „Teilgenehmigung“ zu, mit der einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits verbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt würden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist auch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines verwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese Ausweisungsgründe verbraucht sind und später nicht mehr entgegen gehalten werden können, nicht tragfähig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels wird in jeder Hinsicht uneingeschränkt und endgültig die begehrte Rechtsposition eingeräumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit. Gegen Treu und Glauben würde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann verstoßen, wenn der Einbürgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hätte und die Behörde sich nunmehr auf den Fristablauf berufen würde. Dieser Fall ist aber hier nicht gegeben.
57 
3. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Gründen.
58 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
60 
Beschluss vom 06. Mai .2009
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar

Gründe

 
40 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemäß begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
41 
1. Was die Behandlung und Beurteilung eines möglichen Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches hinzuzufügen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO).
42 
Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu folgen wäre, dass „eine höhere Strafe“ im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht selbst ausgegangen ist.
43 
2. Der Kläger, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen; auch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht.
44 
Nachdem der Kläger seinen Einbürgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor dem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rücksicht auf § 40c StAG zunächst der Frage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht für den Kläger günstigere Einbürgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit - was die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsächlichen Verhältnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre. Zur Beantwortung der Frage, welche Bestimmungen für den Einbürgerungsbewerber günstiger sind, ist jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl. Berlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine Alternativprüfung vorzunehmen.
45 
a) Unverändert geblieben ist allerdings die zwingende Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Einbürgerungsbewerber seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht mehr der Fall.
46 
Seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorübergehend, sondern grundsätzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw. verweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere familiärer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsätzlich sind hiernach alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu würdigen, wobei es in erster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstände ankommt (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Kläger jedenfalls zu Beginn dieses Jahres seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen Jahres eine Stelle in der Schweiz, nämlich in B. gefunden hat und nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich seit 01.12.2008 regelmäßig in der Schweiz aufhält, ist er im April diesen Jahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in W. wurde vollständig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G. leben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Kläger und seiner Familie dort eine vollständige eigene Wohnung zur Verfügung steht. Dort können sich der Kläger und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien aufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag zunächst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunächst der von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand könnte möglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Kläger habe inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht gerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult hat, und das sogar noch während des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss gezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist und nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Kläger selbst davon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll.
47 
b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers einer Einbürgerung zwingend entgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der früher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob auch vor Eintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten werden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen können - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der Tilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht bleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht vor. Die höhere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da von einem nur geringfügigen Überschreiten des Rahmens nach den Sätzen 1 und 2 nicht die Rede sein kann.
48 
Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen Absatz 2 abgesehen werden. Ein öffentliches Interesse ist nicht erkennbar. Aber auch eine besondere Härte liegt nicht vor. Hierzu muss zunächst ein atypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw. erst später eingebürgert würde; die Härte muss also gerade infolge der Einbürgerung bzw. der frühzeitigeren Einbürgerung beseitigt werden können. Dies wäre vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat aus dem Jahre 2008 dazu geführt hätte, dass die früheren Straftaten nicht getilgt werden können, diese letzte Tat Bagatellcharakter hätte und ihm ein weiteres vorläufiges Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden dargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einbürgerungschädliche Folge der erheblichen und beharrlichen Kriminalität des Klägers und der hiermit verbundenen längeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Härte darin zu erblicken sein könnte, dass der Kläger ohne Einbürgerung nicht unter erleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann, bedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von seiner Ausbildung oder seinen Befähigungen her zwingend auf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein könnte.
49 
Nach der früheren Rechtslage steht der Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG zwingend entgegen, dass Kläger einen der im Einzelnen enumerativ aufgezählten Ausweisungsgründe erfüllt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rücksicht auf die erheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie können mangels Tilgungsreife dem Kläger auch heute noch vorgehalten werden.
50 
Zunächst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung über den ausländerrechtlichen „Verbrauch“ von Ausweisungsgründen bei Erteilung oder Verlängerung eines Titels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das Staatsangehörigkeitsrecht übertragen werden kann. Die die gegenteilige Sichtweise befürwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.), der das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, übersieht, dass es keinen nachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der Staatsangehörigkeitsbehörde durch eine Ausländerbehörde vorzunehmen, die „lediglich“ über eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts eines Ausländers oder einer Ausländerin zu entscheiden hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann erfüllt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte. Dies entspricht der einhelligen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zum Ausländer- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehörigkeitsrecht gilt nichts anderes (vgl. ausdrücklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris).
51 
Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig dahin gehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen könne, wenn dieser noch gegenwärtig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung überholt ist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem Tatbestandsmerkmal „vorliegen“ bzw. „erfüllt“ folgen (so wohl auch Senatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualität im Schwerpunkt und vornehmlich für die Fälle eines „Verbrauchs“ des Ausweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmäßig vertrauenstiftenden Handlung der Ausländerbehörde, wie etwa der Verlängerung eines Aufenthaltstitels, erörtert wird (vgl. ausdrücklich Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur „aktuelle“ Ausweisungsgründe vorgehalten werden können, der Präzisierung. Denn das Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen den verschiedenen Ausweisungsgründen. Diese haben nämlich keine identische Struktur. So kennt das Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgründe, die allein darauf abstellen, dass es in der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist (vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…“) bzw. der Ausländer oder die Ausländerin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung begangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…“ bzw. „…nicht mitgewirkt hat…“). Die anderen Ausweisungsgründe stellen hingegen allein darauf ab, dass gegenwärtig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus aktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt“ ein Ausweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor“, wenn der Zeitpunkt der Verurteilung schon länger zurück liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext kommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgründe des § 55 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualität auf einer anderen - zweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der konkreten Ermessensausübung, ob eine Ausweisung verfügt werden soll, zu erörtern; zum anderen bei der Prüfung der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der Hand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur vereinzelt oder geringfügig begangen wurde und damit gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Art und Weise eine Ausweisungsverfügung oder eine Verweigerung eines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher Zusammenhang mit den aktuellen Lebensverhältnissen des Ausländers oder der Ausländerin mehr besteht. Dies gilt umso mehr für andere Rechtsverstöße und unzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner Tilgung im Bundeszentralregister unterliegen können.
52 
Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf bestimmte Ausweisungsgründe verweist und damit nur unvollständig die dargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur übernimmt, fällt der zweite Prüfungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualität des Ausweisungsgrundes muss daher im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext als eine im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verortende immanente Grenze des Einbürgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das Tatbestandsmerkmal „erfüllt“ entsprechend verfassungskonform interpretiert werden.
53 
Was die Berücksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als Ausweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung anderer aussagekräftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im Staatsangehörigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die Verurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden kann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in diesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Länge der Tilgungsfrist bildet die Schwere der begangenen Straftat durchaus realitätsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3 Nr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsätzlich durchaus geeignet, auch gegenwartsbezogen Schlüsse auf die Aktualität des Ausweisungsgrundes und damit ein weiterhin gegen eine Einbürgerung sprechendes öffentliches Interesse zu ermöglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt der Aktualität und damit auch dem der Verhältnismäßigkeit das Gewicht des Ausweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die Höhe der verhängten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafür sein kann, ob gegenwärtig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur kann (vgl. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten auszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes zu unangemessenen und daher unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Da infolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an sich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten vorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier unmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrechts korrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der letzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber v.a. geringfügigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und daher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so wäre es von vornherein verfehlt, länger zurückliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits getilgt werden könnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen wäre, noch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall darüber hinaus mit Blick auf die zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen.
54 
So liegen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Eine vollständige Tilgung wird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin, dass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelöst hat. Selbst wenn man daher zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jähriger Straffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte Straftat als vereinzelter oder geringfügiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu werten wäre, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5 Jahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlängerung der laufenden Tilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die immerhin vorsätzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfügig anzusehen wäre und ob den vom Kläger erhobenen Einwänden gegen die Verurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft überhaupt nachzugehen wäre. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfähiger Grund ausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die früheren Verurteilungen nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Denn in der Kette der von ihm begangenen Straftaten kommt eine hartnäckige und unbelehrbare Missachtung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Kläger hat durch seine Taten unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche Beschränkungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner Interessen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Kläger im Urteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche Mängel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwärtig auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten, ausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen, durch weiteren Zeitablauf zusätzliche und endgültige Gewissheit zu erlangen, dass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klägers zur Rechtsordnung überwunden ist.
55 
Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermöglicht keine Entscheidung zugunsten des Klägers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung überhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG war in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie dargelegt, schon keine Härte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Umständen eine einfach-gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden müsste, soweit diesem Gesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht entgegengehalten werden dürfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann offen bleiben, ob im Rahmen des Günstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht günstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach altem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden könnten.
56 
c) Ein „Verbrauch“ der Ausweisungsgründe ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Kläger unter dem 19.09.2003 eine Einbürgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt hatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist ihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge für den Beklagten nicht mehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge würde die zeitliche Befristung unterlaufen und der Zusicherung eine über diesen Zeitpunkt hinausreichende Wirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfängers erkennbar (vgl. den Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht beigemessen werden sollte, weshalb auch kein über die zeitliche Geltung hinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer Befristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern und insbesondere eine Rücknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit überflüssig zu machen. Andernfalls käme der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend ausführt, der Charakter einer bereits endgültigen „Teilgenehmigung“ zu, mit der einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits verbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt würden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist auch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines verwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese Ausweisungsgründe verbraucht sind und später nicht mehr entgegen gehalten werden können, nicht tragfähig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels wird in jeder Hinsicht uneingeschränkt und endgültig die begehrte Rechtsposition eingeräumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit. Gegen Treu und Glauben würde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann verstoßen, wenn der Einbürgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hätte und die Behörde sich nunmehr auf den Fristablauf berufen würde. Dieser Fall ist aber hier nicht gegeben.
57 
3. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Gründen.
58 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
60 
Beschluss vom 06. Mai .2009
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2010 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 2 K 530/09 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist irakischer Staatsangehöriger. Er lebt seit dem Jahre 2000 in der Bundesrepublik Deutschland. Am 17.4.2003 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige. Die am 23.1.2004 geborene Tochter besitzt ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit.

Der Kläger ist wegen Urkundenfälschung, Verletzung der Buchführungspflicht und mehrfachen Betrugs vorbestraft (vgl. im Einzelnen die Auflistung auf S. 3/4 des erstinstanzlichen Urteils). Zuletzt verurteilte ihn das Amtsgericht Nürnberg am 13.9.2007 wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungsfrist endet am 12.9.2010.

Den am 10.1.2008 gestellten Einbürgerungsantrag des Klägers wies der Beklagte durch Bescheid vom 12.5.2009 mit Blick auf dessen Vorstrafen zurück. Die anschließende Klage hat das Verwaltungsgericht durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 9.2.2010 ergangenes Urteil abgewiesen. Dagegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Berufungszulassungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die in der Antragsbegründung vom 16.4.2010 angeführten Gründe, die allein der Senat zu prüfen hat (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO), geben keine Veranlassung, die Berufung gegen das Urteil vom 9.2.2010 zuzulassen. Insbesondere ergeben sich daraus im Verständnis des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat, ohne dass eine Frage von besonderer rechtlicher und/oder tatsächlicher Schwierigkeit oder von grundsätzlicher Bedeutung zu beantworten wäre (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 VwGO).

a) Ein Anspruch des Klägers auf Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG scheitert an seinen Vorstrafen. Das ist in dem angegriffenen Urteil - ausgehend von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG - unter ausführlicher Würdigung sowohl der Unbeachtlichkeitsschwelle des § 12 a Abs. 1 Sätze 1 und 2 StAG als auch der Nichtberücksichtigungsregelung des § 12 a Abs. 1 Satz 3 StAG dargelegt. Nach der „Umrechnungsformel“ des § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG ergeben die weiterhin berücksichtigungsfähigen Vorstrafen des Klägers eine Freiheitsstrafe von insgesamt 16 Monaten. Dass damit die bei drei Monaten liegende „Bagatellgrenze“ des § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG mehr als nur „geringfügig“ überschritten ist, liegt auf der Hand. Ergänzende Ausführungen sind nicht veranlasst.

b) Eine Kann-Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG scheitert - auch bei der nach Auffassung des Senats

ebenso Marx in StAR - Gemeinschaftskommentar - Stand: April 2010 -, § 8 Rdnrn. 93 und 95/96, und Nr. 8.1.1.2 Abs. 2 der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern - VAH - vom 17.4.2009, abgedruckt in StAR - Gemeinschaftskommentar, VII-3; a.A. Berlit, Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht durch das EU-Richtlinienumsetzungsgesetz, InfAuslR 2007, 457 (465),

schon vom Wortlaut der Bestimmung her („bei der Einbürgerung“) gebotenen unmittelbaren Anwendung des § 12 a Abs. 1 Sätze 1 und 2 StAG - ebenfalls an den Vorstrafen des Klägers (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG).

Allerdings eröffnet § 8 Abs. 2 StAG die Möglichkeit („kann“), im Einzelfall von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG „aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abzusehen“. Darauf, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein solcher Härtefall vorliegt, zielt ersichtlich die Begründung des Berufungszulassungsantrags des Klägers. Dem kann indes nicht gefolgt werden.

Zustimmung verdient allerdings die Auffassung, dass § 8 Abs. 2 StAG auch nach der gebotenen unmittelbaren Anwendung des § 12 a Abs. 1 Sätze 1 und 2 StAG „einen Restbestand an Flexibilität in Bezug auf das Unbescholtenheitserfordernis gewährt“

so die Formulierung bei Berlit, a.a.O., S. 465, linke Spalte unten,

das allerdings durch das Merkmal der Vermeidung einer besonderen Härte „tatbestandlich gebunden“ ist

so Berlit, a.a.O., rechte Spalte oben.

Dieses Tatbestandsmerkmal ist, wie der Kontext, in dem es steht, und die gesetzgeberische Entscheidung, die § 12 a Abs. 1 Sätze 1 bis 3 StAG enthält, belegen, eng auszulegen. Deshalb fällt an dieser Stelle - erneut - das beträchtliche Maß ins Gewicht, in dem die Vorstrafen des Klägers die „Bagatellgrenze“ des § 12 a Abs. 1 Satz 1 StAG überschreiten. Hinzu kommt, dass die aus der letzten Vorstrafe resultierende Bewährungszeit noch nicht abgelaufen ist (vgl. § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG). Ob dies allein bereits ausreicht, eine Anwendung des § 8 Abs. 2 StAG auszuschließen

so die Verwaltungspraxis; kritisch dazu Marx, a.a.O., § 8 Rdnr. 104,

liegt zwar nahe, lässt der Senat aber ebenso wie das Verwaltungsgericht letztlich offen. Den Ausschlag gibt jedenfalls, dass die in § 8 Abs. 2 StAG geforderte „besondere Härte“ durch atypische Umstände des Einzelfalls bedingt und zudem gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen sein muss, also - mit anderen Worten - durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert würde

so die einschlägige Rechtsprechung, u.a. HessVGH, Beschluss vom 21.10.2008 - 5 A 1820/08.Z -, juris Rdnr. 5; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 9.10.2009 - 13 S 1609/09 -, juris Rdnr. 45, und OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.6.2009 - 5 M 30.08 -, juris Rdnr. 2.

Daran fehlt es hier selbst unter Zugrundelegung des Vortrags des Klägers. Ganz in den Vordergrund stellt dieser in seinem Schriftsatz vom 16.4.2010, seine im Irak lebenden Eltern und Verwandten akzeptierten seine europäische Ehefrau nicht und bedrohten deshalb sowohl sein Leben als auch das seiner Ehefrau und seiner Tochter, wobei in diesem Zusammenhang auch der christliche Glaube seiner Ehefrau eine Rolle spiele. Was an dieser Problematik eine Einbürgerung des Klägers ändern würde, erschließt sich dem Senat nicht und wird vom Kläger auch nicht aufgezeigt. Dessen weiter ins Feld geführten, ebenfalls nicht näher konkretisierten Schwierigkeiten bei der Ausübung seines selbständigen Gewerbes dürften ihre Ursache zumindest ganz überwiegend in seinen zahlreichen gewerbebezogenen Vorstrafen, weniger dagegen in seiner Staatsangehörigkeit haben. Was das dann noch angesprochene Misstrauen beziehungsweise Vorurteil gegen ihn wegen von Irakern ausgehenden Terrorgefahren anlangt, dürfte Anknüpfungspunkt hierfür eher ein möglicherweise fremdländisches Aussehen als seine sich nicht ohne Weiteres erschließende Staatsangehörigkeit sein. Vor allem aber trifft das Argument des Verwaltungsgerichts zu, dass die angeführten Umstände eine Vielzahl anderer Einbürgerungsbewerber in gleicher Weise treffen und deshalb ungeeignet sind, gerade den Fall des Klägers zu einem besonderen Härtefall zu machen, in dem trotz der Zahl und des Gewichtes seiner Vorstrafen durch Einbürgerung Abhilfe zu schaffen wäre.

c) Aus der Sonderregelung des § 9 StAG über die Einbürgerung von mit Deutschen verheirateten Ausländern kann der Kläger ebenfalls nichts zu seinen Gunsten herleiten. Diese Bestimmung verstärkt lediglich für den darin genannten Personenkreis den Kann-Anspruch des § 8 Abs. 1 StAG zu einem Soll-Anspruch, setzt dabei aber voraus, dass die Voraussetzungen des § 8 StAG erfüllt sind. Gerade daran fehlt es indes fallbezogen.

d) Schließlich ist es nicht Aufgabe des Senats, im vorliegenden Zusammenhang den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem der Kläger frühestens eingebürgert werden kann. Vielmehr genügt an dieser Stelle die Feststellung, dass sich jedenfalls derzeit eine Einbürgerung verbietet.

Nach allem ist der Zulassungsantrag zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung rechtfertigt sich aus den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 3 GKG in Verbindung mit der Empfehlung Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. September 2011 - 2 K 209/10 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, ein 1943 geborener libanesischer Staatsangehöriger, der seit 1979 mit Ehefrau und Kindern im Bundesgebiet lebt, begehrt seine Einbürgerung.

Nach negativem Abschluss seines Asylverfahrens wurde ihm am 27.10.1992 eine befristete Aufenthaltsbefugnis bzw. -erlaubnis aus humanitären Gründen erteilt, deren Geltung von der Ausländerbehörde jeweils verlängert wurde und die ihre Rechtsgrundlage seit dem 1.1.2005 in § 23 Abs. 1 AufenthG findet. Der Kläger war vom 12.4. bis zum 30.9.1980 - damals ohne Arbeitserlaubnis - und vom 31.8. bis zum 22.12.1982 erwerbstätig. Seit dem 22.10.1991 verfügte er bis zum Eintritt in das Rentenalter durchgehend über eine Arbeitserlaubnis für eine berufliche Tätigkeit jeder Art.

Ein Antrag vom 31.8.1992 auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis wurde durch Bescheid der Ausländerbehörde vom 5.1.1993 unter Hinweis auf das gesetzlich vorgegebene Erfordernis, dass der Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert sein müsse, abgelehnt. In den Folgejahren sind drei Versuche, eine Arbeitsstelle anzutreten, aktenkundig geworden. Eine 1996 initiierte Beschäftigung in Berlin scheiterte daran, dass der Kläger die von der Ausländerbehörde Berlin insoweit geforderte Einstellungszusicherung des künftigen Arbeitgebers nicht beibrachte. Ein weiterer Versuch, 1996 zwecks Arbeitsaufnahme nach Hamburg umzuziehen, schlug fehl, weil die dortige Ausländerbehörde davon ausging, dass der Bezug weiterer Sozialhilfe nicht auszuschließen sei und den Umzug daher ablehnte. Aus den gleichen Gründen wurde 2005 ein erneuter Antrag, zwecks Aufnahme einer Beschäftigung nach Berlin umzusiedeln, von der dortigen Ausländerbehörde abgelehnt.

Am 6.3.2003 beantragte der Kläger seine Einbürgerung.

Er nahm am 17.4.2004 an einem Deutschkurs teil, den er nicht bestand, da er bei einer Bestehensgrenze von 61 Punkten lediglich 26 Punkte erreichte.

Unter Hinweis hierauf und die Tatsache, dass der Kläger den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen bestreiten konnte, wobei er letzteres nach den Auskünften der Arbeits- und Sozialverwaltung mangels ausreichender Bemühungen um eine Arbeitsstelle zu vertreten habe, teilte der Beklagte dem Kläger mit Anhörungsschreiben vom 27.6.2006 mit, dass eine positive Bescheidung seines Einbürgerungsantrags nicht in Betracht komme.

Mit Schreiben vom 17.7.2006 bekundete der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass dieser stets in der Lage sei, auch umfangreiche, schwierige Sachverhalte sowie deren rechtliche Bewertung in einem deutsch geführten Gespräch zu verstehen und richtig zu bewerten. Zudem dürften sich seine Sprachkenntnisse seit dem Sprachtest 2004 weiter verbessert haben. Die Inanspruchnahme von Sozialleistungen habe der Kläger nicht zu vertreten. Er habe sich bereits kurz nach seinem Eintreffen in Deutschland eigenständig um Arbeit bemüht, damals aber keine Arbeitserlaubnis erhalten. 2005 sei eine Arbeitsaufnahme in Berlin an der Verweigerung der Zustimmung der Ausländerbehörde Berlin gescheitert. Er habe keinen Beruf gelernt und sei 63 Jahre alt, weswegen es so gut wie ausgeschlossen sei, dass er noch eine Stelle finden werde. Von mutwilliger Nichtarbeit könne keine Rede sein. Im Übrigen sei im Rahmen der Ermessensentscheidung die Dauer seines Aufenthalts und die Tatsache zu berücksichtigen, dass sechs seiner sieben Kinder in Deutschland leben und größtenteils längst eingebürgert seien. Die Beziehungen zu seinem Heimatland seien - mit Ausnahme weniger Besuche - abgerissen. Er beabsichtige, seinen Lebensabend in Deutschland zu verbringen.

In der Folge absolvierte der Kläger auf Vorschlag des Beklagten einen Integrationskurs Deutsch und nahm am 7.11.2008 erneut an einem Deutschtest teil, bei dem er bei einer Bestehensgrenze von 61 Punkten 56 Punkte erreichte.

Bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 nahm der Kläger keine Erwerbstätigkeit mehr auf und lebte mit seiner Familie von Sozialleistungen. Seit Erreichen des Rentenalters bezieht er mangels Anspruchs auf eine Altersrente Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.

Auf erneute Anhörungsschreiben des Beklagten vom 8.12.2008 und vom 26.6.2009 machte der Kläger ergänzend geltend, sich seit vielen Jahren in die hiesigen Lebensverhältnisse eingefügt zu haben. Er habe auch nicht lediglich auf Veranlassung des Sozialamtes beim Arbeitsamt vorgesprochen, sondern sich wiederholt und regelmäßig bei den Arbeitsämtern in H., V. und A-Stadt als arbeitssuchend gemeldet. Das Nichtbestehen der Sprachtests erkläre sich nicht aus mangelnden Sprachkenntnissen, sondern fehlender Vorbildung, die er altersbedingt nicht mehr ausgleichen könne.

Am 14.7.2009 beantragte der Kläger bei der Ausländerbehörde die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Der Antrag wurde durch Bescheid vom 19.11.2009 mangels dauerhafter Sicherung des Lebensunterhalts aus eigenen Mitteln abgelehnt. Der den diesbezüglich eingelegten Widerspruch zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 19.2.2010 ist in Bestandskraft erwachsen.

In einer beklagtenseits erbetenen Stellungnahme des Landesverwaltungsamtes vom 29.10.2009 heißt es, die 1980 seitens des Klägers begehrte Arbeitserlaubnis für eine Hilfsarbeitertätigkeit sei damals aus arbeitsmarktpolitischen Gründen abgelehnt worden. Am 31.8.1982 sei dem Kläger eine bis 22.12.1982 befristete Arbeitserlaubnis für eine Aushilfstätigkeit mit geringfügiger Beschäftigung erteilt worden. Einem Aktenvermerk vom 18.11.1996 zufolge wäre nach Auskunft der Ausländerbehörde Berlin eine Arbeitsaufnahme in Berlin möglich gewesen, wenn der Kläger eine Einstellungszusicherung vorgelegt und ein entsprechendes Einkommen nachgewiesen hätte. Dies sei nicht geschehen. Hinsichtlich des stattdessen am 12.12.1996 vorgelegten Arbeitsvertrags betreffend eine Beschäftigung in Hamburg sei ein Umzug von der dortigen Ausländerbehörde wegen der nicht auszuschließenden Möglichkeit weiterer Sozialhilfebedürftigkeit abgelehnt worden. Aus dem gleichen Grund habe die Ausländerbehörde Berlin einem Umzug zwecks Arbeitsaufnahme im Jahr 2005 nicht zugestimmt.

Mit Schreiben vom 26.11.2009 unterrichtete der Beklagte den Kläger über den Inhalt der Auskunft des Landesverwaltungsamtes. Der Kläger hielt dem entgegen, der Umstand, dass sich lediglich zwei Arbeitsverträge in den Akten befänden, könne nicht belegen, dass ansonsten keine Erwerbsbemühungen seinerseits stattgefunden hätten.

Durch Bescheid vom 3.3.2010, der am gleichen Tag zur Post gegeben wurde, lehnte der Beklagte den Einbürgerungsantrag des Klägers ab. Ein Anspruch auf Einbürgerung scheitere am Fehlen ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache. Da der Kläger mit 36 Jahren eingereist sei, habe er in jungen Jahren Zeit genug gehabt, die erforderlichen Sprachkenntnisse zu erwerben, so dass er sich nicht auf altersbedingte Defizite berufen könne. Daneben fehle es an den wirtschaftlichen Voraussetzungen, da der Kläger den Bezug öffentlicher Mittel mangels hinreichender Eigenbemühungen zu vertreten habe. Hindernisse infolge der ausländerrechtlichen Situation hätten jedenfalls seit dem 22.10.1991 nicht bestanden, weil der Kläger seitdem durchgehend - zunächst befristet und seit dem 22.7.2001 unbefristet - über eine Arbeitserlaubnis für eine berufliche Tätigkeit jeder Art verfügt habe. Die Versuche, zwecks Arbeitsaufnahme nach Berlin beziehungsweise Hamburg umzusiedeln, seien - bedingt durch den fehlenden Nachweis eines ausreichenden Verdienstes - gescheitert. Eine Einbürgerung im Ermessensweg sei ausgeschlossen, weil der nach den Nrn. 8.1.2.1.1 und 8.1.2.1.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise erforderliche Nachweis der Sprachkenntnisse nicht erbracht sei und es zudem an der Unterhaltsfähigkeit fehle. Auch liege seine Einbürgerung weder im öffentlichen Interesse, noch stelle ihre Versagung eine besondere Härte für den Kläger dar.

Mit seiner durch seine nunmehrige Prozessbevollmächtigte am 12.3.2010 erhobenen Klage hat der Kläger sein Einbürgerungsbegehren unter Hinweis auf Nr. 8.1.3.7 der Vorläufigen Anwendungshinweise weiterverfolgt. Hiernach sei den Anforderungen an die Sprachkenntnisse ausnahmsweise Genüge getan, wenn Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet und seit 12 Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben in deutscher Sprache mündlich verständigen können. Dies habe der Beklagte bei der nach § 8 StAG zu treffenden Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Voraussetzungen gelte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Vertretenmüssen im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG einen gewissen Gegenwartsbezug voraussetze. Hiernach dürften aktuell nicht rückgängig zu machende Fernwirkungen vergangenen zurechenbaren Verhaltens einem Einbürgerungsbewerber nicht ohne jede zeitliche Grenze entgegengehalten werden.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 3.3.2010 zu verpflichten, ihn einzubürgern,

hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 3.3.2010 zu verpflichten, über den Antrag auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat seine Ansicht bekräftigt, wonach einer Anspruchseinbürgerung die unzureichenden Sprachkenntnisse entgegenstünden und eine Ermessenseinbürgerung wegen des Leistungsbezugs des Klägers ausgeschlossen sei. Im Rahmen des § 8 StAG sei die Frage des Vertretenmüssens ohne Relevanz. Eine besondere Härte oder ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG liege offensichtlich nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27.09.2011.ergangenes Urteil, der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 17.10.2011, abgewiesen. Eine Einbürgerung nach § 10 StAG scheide aus, da der Kläger keinen für die Einbürgerung geeigneten Aufenthaltstitel inne habe. Der Kläger verfüge nicht über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht, sondern nur über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG, die nach den ausdrücklichen und durch Sinn und Zweck der Vorschrift gedeckten Vorgaben des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG zur Begründung eines Einbürgerungsanspruchs nicht ausreiche. Der auf Einbürgerung unter Ermessensgesichtspunkten nach Maßgabe des § 8 StAG gerichtete Hilfsantrag müsse ebenfalls ohne Erfolg bleiben. Insoweit sei entscheidend, dass der Kläger die in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG formulierten Anforderungen an die Unterhaltsfähigkeit nicht erfülle und die Voraussetzungen, unter denen nach § 8 Abs. 2 StAG eine Ausnahme von diesem Erfordernis möglich sei, nach den konkreten Umständen nicht vorlägen. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG stehe der Leistungsbezug einer positiven Ermessensentscheidung auch dann entgegen, wenn dieser im Einzelfall nicht zu vertreten sei. Auf die klägerseits in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gegenwartsbezug des Vertretenmüssens komme es daher nicht an. Ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG sei nicht ersichtlich, da der Kläger keine besonderen Integrationsleistungen erbracht habe. Dass er geltend mache, sich in das soziale Leben der Bundesrepublik Deutschland eingegliedert zu haben und sich im Alltagsleben ohne Probleme in deutscher Sprache verständigen zu können, entspreche nur dem Mindeststandard und belege keine besondere Integrationsleistung. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür aktenkundig, dass der Kläger einen maßgeblichen Beitrag zur Ermöglichung der Einbürgerung seiner Kinder geleistet habe. Ebenso wenig sei die Annahme einer besonderen Härte gerechtfertigt. Zwar gehöre der Kläger als „ältere Person mit langem Inlandsaufenthalt“ zu dem in Nr. 8.2 letzter Satz der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren besonders erwähnten Personenkreis, bei dem Gesichtspunkte der Vermeidung einer besonderen Härte grundsätzlich in Betracht kämen. Allerdings sei nicht erkennbar, inwieweit sich seine persönliche Situation durch eine Einbürgerung verbessern würde. Eben sowenig sei dargelegt, dass ihm ein weiteres Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Ihm werde auch ohne die begehrte Einbürgerung nicht verwehrt, seinen Lebensabend in Deutschland zu verbringen.

Auf den am 26.10.2011 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen den den Hilfsantrag abweisenden Teil des erstinstanzlichen Urteils hat der Senat die Berufung beschränkt auf die Abweisung des Hilfsantrags durch Beschluss vom 2.2.2012, der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 8.2.2012, unter gleichzeitiger Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das zweitinstanzliche Verfahren zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung bekräftigt der Kläger in seinem am 29.2.2012 eingegangenen Schriftsatz seine Argumentation, wonach die fehlende Sicherung des Lebensunterhalts eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG nicht zwingend ausschließe. Es bedürfe im Rahmen der Ermessenserwägungen einer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gegenwartsbezug des Vertretenmüssens. Auch habe das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass das Ermessen bei Prüfung der Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung nicht derart ausgeübt werden solle, dass der Maßstab ein strengerer sei als bei der Anspruchseinbürgerung. Hiernach sei im Rahmen des § 8 StAG nach Maßgabe der konkreten Umstände eine Absenkung der Sprachanforderungen bis hin zum vollständigen Verzicht auf Kenntnisse der Schriftsprache gestattet. Zudem sei Nr. 8.1.1.4 der Vorläufigen Anwendungshinweise in den Blick zu nehmen, wo auf die Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 2 StAG verwiesen werde. Hiernach sei der Einbürgerungsbehörde ein Ermessen eröffnet, das öffentliche Interesse zu werten und in Beziehung zu dem Versagungsinteresse wegen fehlender Unterhaltsfähigkeit zu setzen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 27.9.2011 zu verpflichten, seinen Bescheid vom 3.3.2010 aufzuheben und über den Antrag auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, von dem einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG entgegenstehenden Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit könne nicht gem. § 8 Abs. 2 StAG abgesehen werden, denn es fehle - wie das Verwaltungsgericht ausgeführt habe - an einer besonderen Härte und ebenso am Bestehen eines öffentlichen Interesses im Sinne der genannten Vorschrift. In letzterem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Ausnahmevorschrift insbesondere die Einbürgerung staatsangehörigkeitsrechtlich besonders Schutzbedürftiger im Blick gehabt habe. Soweit daneben auch andere Gruppen - wie lebensältere Personen mit langem Inlandsaufenthalt - privilegiert sein könnten, sei zu beachten, dass die diesbezüglichen Vorgaben der Anwendungshinweise „60 Jahre“ und „12-jähriger Aufenthalt“ nur Ausdruck einer Regelvermutung der faktlichen Integration dieser Personen seien, die aber im Einzelfall durch die Persönlichkeit und Vita des Betroffenen widerlegt sein könne. Fallbezogen widerlege die gesamte Vita des Klägers auch bei Außerachtlassung des Leistungsbezugs dessen faktische Integration, so dass ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG tatbestandlich nicht bestehe. Dies spiegele sich auch in dem ungewöhnlichen Umstand wider, dass der Kläger trotz seines 30-jährigen Aufenthalts in Deutschland noch immer keinen verfestigten (Dauer-)Aufenthaltstitel habe. Fordere man - wie das Verwaltungsgericht - für die Feststellung eines öffentlichen Interesses zudem besondere Integrationsleistungen des Einbürgerungsbewerbers, so scheide die Annahme eines öffentlichen Interesses im Falle des Klägers erst recht aus. Selbst wenn man die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 StAG noch bejahen und damit den Weg zu einer Ausübung des Ermessens unter umfassender Würdigung der für und gegen den Kläger bzw. dessen Integration sprechenden Umstände eröffnen würde, könne dies im Ergebnis nicht zu einer dem Kläger günstigen Entscheidung führen. Zugunsten des Klägers sei zu berücksichtigen, dass er bereits seit über 30 Jahren in Deutschland lebe und zwischenzeitlich „lebensälter“ sei, was Änderungen seines Integrationsstandes und seiner wirtschaftlichen Verhältnisse erschwere bzw. ausschließe. Außerdem könne er sich zumindest auf einfache Art verständigen. Gegebenenfalls könne für die Integration eines Einbürgerungsbewerbers auch eine positive und durchgängige Integration seiner gesamten Familie sprechen, die jedoch hinsichtlich der Familie des Klägers nach Aktenlage gerade nicht festzustellen sei. Gegen seine Integration sprächen seine (allenfalls) „alltagstauglichen Deutschkenntnisse“. Er erfülle noch nicht einmal das nach altem Recht zu fordernde Sprachniveau A 2, wobei nicht erkennbar sei, warum er, der bereits mit Mitte dreißig nach Deutschland gekommen sei, nicht erfolgreich Deutsch gelernt habe. Seit 1996 habe er freien Zugang zum Arbeitsmarkt gehabt. Dass er dennoch keine Erwerbsmöglichkeit gefunden habe, erkläre sich nicht allein aus seiner mangelnden beruflichen Vorbildung. Er habe wegen seiner unterbliebenen bzw. nur geringfügigen Erwerbstätigkeit hinreichende zeitliche Möglichkeiten gehabt, seine Deutschkenntnisse und damit auch seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Da Sprachkenntnisse ein wesentlicher Faktor für eine wirtschaftliche Integration seien, seien ihm seine fehlenden Spracherwerbsbemühungen vorzuhalten. In Folge der früheren Versäumnisse sei er nun zeitlebens auf öffentliche Leistungen angewiesen. Anders als im Rahmen eines Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG, der gerade einer gelungenen Integration entspringe, sei der Zeitfaktor im Rahmen der Ermessensausübung durchaus berücksichtigungsfähig. Insoweit könne nicht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG zurückgegriffen werden. Eine Beschränkung des Betrachtungszeitraums auf acht Jahre würde in diesem Zusammenhang stets dazu führen, dass bei „älteren Personen“ auf die Mindestvoraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG irgendwann generell zu verzichten wäre, was über die Zielsetzung des § 8 Abs. 2 StAG, eine umfassende Ermessensausübung zu eröffnen, hinausgehen würde. Fallbezogen seien die wirtschaftliche Situation und Erwerbsbiographie auch der Grund, weswegen der Kläger überhaupt „nur“ einen „schwachen“ Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 AufenthG besitze, weswegen eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG ausgeschlossen sei. Eine Gewichtung der zeitlichen Komponente des Vertretenmüssens des Leistungsbezugs im Rahmen des § 8 StAG sei indes nach allem Gesagten nicht geboten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (2 Hefte, 1 Ordner), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, muss aber in der Sache ohne Erfolg bleiben.

Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage hinsichtlich des Hilfsantrags, den allein der Kläger im Berufungsverfahren weiterverfolgt, zu Recht abgewiesen. Ihm ist zudem darin zuzustimmen, dass dem Kläger mit Blick auf das Fehlen eines insoweit geeigneten Aufenthaltstitels kein aus § 10 StAG herleitbarer Anspruch auf Einbürgerung zusteht. Dies hat der Kläger ausweislich der Beschränkung seines Berufungsbegehrens akzeptiert. Sein im Berufungsverfahren weiter verfolgter Antrag, den Beklagten zu verpflichten, über seinen Einbürgerungsantrag in Anwendung des § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 StAG erneut nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ist unbegründet.

1. Ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch auf Neubescheidung setzt zunächst voraus, dass die durch die Vorschrift vorgegebenen gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Ist dies zu bejahen, so steht die Einbürgerung im grundsätzlich weiten Ermessen des Beklagten als zuständiger Einbürgerungsbehörde.(Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht - GK-StAR -, Stand 25. Erg.lfg. August 2011, § 8 Rdnr. 170 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 27.5.2010 - 5 C 8/09 -, NVwZ 2010, 1502 ff.)

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 8 Abs. 1 StAG ist geklärt, dass der Einbürgerungsbehörde ein Einbürgerungsermessen nach dieser Vorschrift nur eingeräumt ist, wenn neben den sonstigen in der Vorschrift aufgeführten und vorliegend außer Streit stehenden Voraussetzungen das auf den Nachweis der wirtschaftlichen Integration zielende Tatbestandsmerkmal der Nr. 4 erfüllt ist.(BVerwG, Urteil vom 27.2.1958 - I C 99.56 -, BVerwGE 6, 207 ff.) Hiernach muss der Ausländer im Stande sein, sich und seine Angehörigen aus eigener Kraft zu ernähren. Ist dies nicht der Fall, weil der Ausländer auf den Bezug von (ergänzenden) Sozialleistungen angewiesen ist, spielt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der obergerichtlichen Rechtsprechung(OVG Berlin, Beschluss vom 9.10.1995 - 5 M 25.95 -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.3.1996 - 13 S 1908/95 -, jeweils juris) zu § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG keine Rolle, ob der Ausländer seine Bedürftigkeit zu vertreten hat. Auf Kritik von Seiten der Kommentarliteratur(GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnr. 124), wonach dieses keine Ausnahmen zulassende Verständnis des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG den seit Inkrafttreten der Vorschrift im Jahr 1914 zu verzeichnenden sozialpolitischen Veränderungen nicht angemessen Rechnung trage, hat das Bundesverwaltungsgericht seine am Wortlaut orientierte Auslegung der Vorschrift in der Vergangenheit mehrfach bekräftigt. Es hat dies damit begründet, dass der Gesetzgeber das Staatsangehörigkeitsrecht - u.a. auch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG - wiederholt geändert, dabei die Einbürgerung für bestimmte Personenkreise mit Wirkung zum 1.1.1991 erleichtert und geregelt habe, unter welchen Voraussetzungen die Inanspruchnahme von Sozialleistungen der Einbürgerung nicht entgegenstehe. Dies berücksichtigend verbiete es sich, die unverändert gebliebene Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, die in diese neuere Gesetzgebung nicht einbezogen worden sei, teleologisch zu reduzieren.(BVerwG, Beschlüsse vom 5.5.1997 - 1 B 94/97 -, NVwZ-RR 1997, 738 f., und vom 10.7.1997 - 1 B 141/97 -, NVwZ 1998, 183 f.; Urteil vom 22.6.1999 - 1 C 16/98 -, InfAuslR 1999, 501 ff.) Zu der Frage, wann ein Einbürgerungsbewerber sich und seine Angehörigen auf Dauer aus eigenen Mitteln ernähren kann, hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.7.1998 - 13 S 2212/96 -, InfAuslR 1998, 509 ff.) überzeugend ausgeführt, dass er zumindest über eigene Einnahmen in Höhe der Regelsätze der Sozialhilfe verfügen muss.

Fallbezogen scheitert ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags am Nichtvorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung der Nr. 4 der Vorschrift, da der Kläger für sich und seine Ehefrau fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Gestalt der bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII bezieht. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass dieser Leistungsbezug einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG auch dann entgegensteht, wenn der Kläger den Umstand, der ihn zur Inanspruchnahme dieser Leistungen berechtigt, nicht zu vertreten hat.

Da es im Rahmen der Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG nicht darauf ankommt, ob der Einbürgerungsbewerber seine Bedürftigkeit zu vertreten hat, ist aus Rechtsgründen kein Raum für die von dem Kläger reklamierte entsprechende Heranziehung der vom Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 19.2.2009 - 5 C 22/08 -, NVwZ 2009, 843 ff.) entwickelten Grundsätze zur Frage, unter welchen Voraussetzungen sich frühere Versäumnisse nicht mehr als wesentliche, prägende Ursache für den Leistungsbezug darstellen und daher vom Einbürgerungsbewerber nicht mehr im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG zu vertreten sind. Dies ist sachgerecht, denn die gesetzlichen Erleichterungen, die diese Vorschrift gewährt, rechtfertigen sich - wie das Bundesverwaltungsgericht in dem klägerseits zitierten Urteil vom 19.2.2009 ausdrücklich hervorgehoben hat - daraus, dass bei zurechenbar unzureichender wirtschaftlicher Integration schon die erforderliche Voraufenthaltszeit eines achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalts oder der für den Einbürgerungsanspruch erforderliche Aufenthaltsstatus gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht erreicht werden kann, weil die aufenthaltsrechtlichen Vorschriften (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) regelmäßig einen gesicherten Lebensunterhalt verlangen. Dies gilt insbesondere auch für die Ersetzung einer - wie im Fall des Klägers - nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen erteilten oder verlängerten befristeten Aufenthaltserlaubnis durch eine Niederlassungserlaubnis, da deren Erteilung nach den §§ 26 Abs. 4 i.V.m. 9 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ebenfalls voraussetzt, dass der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist.

Der Kläger begründet seine Ansicht, im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG dürfe hinsichtlich der Unterhaltsfähigkeit kein strengerer Maßstab als im Rahmen des § 10 StAG angelegt werden, mit den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010.(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O.) Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Ausführungen, wonach die Anspruchsvoraussetzungen bzw. Ausschlussgründe der §§ 10 und 11 StAG der Sache nach bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG berücksichtigt werden dürfen, ausdrücklich unter dem Vorbehalt stehen, dass sie in § 8 Abs. 1 StAG nicht schon auf der Tatbestandsebene modifiziert sind. Gerade dies ist der Fall, denn die tatbestandlichen Anforderungen an die Unterhaltsfähigkeit sind in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG anders - insbesondere unter Anlegung strengerer Kriterien - geregelt als in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG.

Im Übrigen verkennt der Kläger bei seiner Argumentation, ihm dürften die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zugerechnet werden, dass die diesbezüglich vom Bundesverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht entwickelten Kriterien in seinem Fall nicht erfüllt sind. Denn der hiernach maßgebliche Zeitraum von acht Jahren ist noch nicht verstrichen. Dem Kläger ist entgegenzuhalten, dass er und seine Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft seit Erreichen des Rentenalters im Juli 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter beziehen, weil er sich seit Erhalt seiner Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 nur unzureichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat und daher keinen Anspruch auf eine Altersrente erwerben konnte. Ausweislich der Ausländerakte ist der Kläger seitens der Ausländerbehörde frühzeitig schriftlich darauf hingewiesen worden, dass eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden kann, wenn der Lebensunterhalt der Familie aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert ist (Schreiben der Ausländerbehörde vom 4.11.1992, Bl. 173 f. der Ausländerakte, und Bescheid vom 5.1.1993 betreffend die Ablehnung der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, Bl. 178 f. der Ausländerakte). Aktenkundig sind indes lediglich drei - von vornherein wenig erfolgversprechende - Versuche, eine Arbeitsstelle zu finden, nämlich seine Bewerbungen 1996 in Berlin bzw. Hamburg und 2005 erneut in Berlin. Die jeweiligen Ausländerbehörden lehnten eine Aufnahme des Klägers in ihren Zuständigkeitsbereich jeweils ab, und zwar wegen Nichtbeibringung der geforderten Einstellungszusicherung (Bl. 219 der Ausländerakte) bzw. weil nach der Höhe des voraussichtlichen Verdienstes nicht auszuschließen war, dass er weiterhin auf den Bezug von Sozialleistungen angewiesen sein würde (Bl. 230 und 279 der Ausländerakte). Sonstige - insbesondere ortsnahe und insofern erfolgversprechendere - Bemühungen des Klägers um eine Beschäftigung trägt dieser selbst nicht vor. Er gibt lediglich an, sich wiederholt und regelmäßig bei den Arbeitsämtern in H., V. und A-Stadt als arbeitssuchend gemeldet zu haben (Bl. 176 der Einbürgerungsakte). Erfolglos gebliebene Bewerbungen behauptet er nicht. Zudem tritt er der Feststellung in dem angefochtenen, die Einbürgerung ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 3.3.2010, es könne nicht von einem unverschuldeten Bezug öffentlicher Mittel ausgegangen werden, im Klage- und Berufungsverfahren nur insoweit entgegen, als er geltend macht, mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien ihm die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zurechenbar. Dies trifft indes gerade nicht zu. Denn der Sachverhalt stellt sich so dar, dass dem Kläger seit Erhalt einer Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 unzureichende Bemühungen um eine Arbeitsstelle entgegenzuhalten sind. Seit Beendigung dieser langen Zeit mangelnder Anstrengungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes sind im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erst ca. vier Jahre verstrichen, so dass der Kläger aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schon aus tatsächlichen Gründen nicht zu seinen Gunsten herleiten kann, dass er für seine jahrelang unzureichenden Bemühungen nicht mehr einzustehen habe.

2. Aus § 8 Abs. 2 StAG leitet sich ein Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags ebenfalls nicht her.

Nach dieser Vorschrift kann von dem Unbescholtenheitserfordernis des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG und dem Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden. Der Gesetzgeber hat diese Ausnahmevorschrift, die bezüglich der Nr. 4 am 1.1.2005 und bezüglich der Nr. 2 am 28.9.2007 in Kraft getreten ist, neu in das Staatsangehörigkeitsgesetz eingefügt, weil er im Hinblick auf die Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG mit ihren speziellen Voraussetzungen auch bei der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG eine Ausnahmeregelung als erforderlich ansah. Bei den Tatbestandsvoraussetzungen „Gründe des öffentlichen Interesses“ und „Vermeidung einer besonderen Härte“ handelt es sich jeweils um unbestimmte Rechtsbegriffe, die inhaltlicher Konkretisierung bedürfen und deren Auslegung und Anwendung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Fallbezogen spricht nichts für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands.

Die Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 2 StAG ist für die Auslegung der Vorschrift nicht ergiebig. Sie führt lediglich einen - hier nicht einschlägigen - Beispielsfall einer besonderen Härte an. Hinweise zum Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Gründe des öffentlichen Interesses“ fehlen vollständig.(BT-Drs. 14/7387, S. 107, und 15/420, S. 116)

In der Rechtsprechung ist bisher nur in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Vermeidung einer besonderen Härte geklärt, welche konkreten Anforderungen die gesetzliche Neuregelung an das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls stellt.

Das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 20.3.2012 - 5 C 5.11 -) hat vor kurzem entschieden, dass eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG durch atypische Umstände des Einzelfalls bedingt und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen sein muss und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden könnte. Es hat damit die bisher zu den Anforderungen an das Vorliegen einer besonderen Härte ergangene obergerichtliche Rechtsprechung(HessVGH, Beschluss vom 21.10.2008 - 5 A 1820.08.Z -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009 - 13 S 2428.08 -, jeweils juris), u.a. des Senats(OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.6.2010 - 1 A 88/10 -, juris), bestätigt. Dies zugrundelegend kommt fallbezogen ein Einbürgerungsermessen des Beklagten zur Vermeidung einer besonderen Härte nicht in Betracht. Die Argumentation des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, eine besondere Härte liege darin, dass er wegen seines Alters außer Stande sei, an seinem Angewiesensein auf den Bezug von Sozialleistungen noch etwas zu ändern, geht fehl. Denn diese Situation wird weder durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen noch könnte sie durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der Würdigung der Versagung der Einbürgerung als besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG selbst in Fällen, in denen der Betroffene den Bezug von Sozialhilfeleistungen nicht zu vertreten hat, bereits mehrfach - u.a. in seinem vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 20.3.2012 in Bezug genommenen Beschluss vom 11.6.2009 - eine Absage erteilt.(OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 11.6.2009 - OVG 5 M 30.08 -, und vom 8.2.2010 - OVG 5 M 48.09 -, jeweils juris) Auch dies überzeugt.

Zur Frage, wann die Voraussetzungen des alternativen Tatbestandsmerkmals „aus Gründen des öffentlichen Interesses“ erfüllt sind, hat sich das Bundesverwaltungsgericht noch nicht dezidiert geäußert. In seinem Urteil vom 20.3.2012 hat es allerdings beanstandet, dass das Berufungsgericht das Vorbringen des dortigen Einbürgerungsbewerbers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, in tatsächlicher Hinsicht nicht hinterfragt und nicht geprüft habe, wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien.

Die obergerichtliche Rechtsprechung hat sich zu den Anforderungen, die an das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu stellen sind, ebenfalls noch nicht festgelegt. In den Entscheidungen, in denen § 8 Abs. 2 StAG Erwähnung findet, heißt es - sofern das Vorliegen eines öffentlichen Interesses angeprüft wird - jeweils ohne nähere Darlegung, ein solches sei nicht erkennbar.(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009, a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 21.10.2011 - 1 S 135/11 -, NVwZ-RR 2012, 160 f.) An erstinstanzlichen Entscheidungen finden sich ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach(VG Ansbach, Urteil vom 10.9.2008 - AN 15 K 08.00780 -, juris) und mehrere Urteile des Verwaltungsgerichts des Saarlandes(VG des Saarlandes, Urteile vom 9.2.2010 - 2 K 530/09 -, vom 14.12.2010 - 2 K 445/09 -, vom 22.11.2011 - 2 K 560/10 - und vom 31.1.2012 - 2 K 667/10 -, jeweils juris), u.a. auch das im Verfahren des Klägers ergangene Urteil vom 27.9.2011.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat zu der dortigen Fallgestaltung ausgeführt, Anhaltspunkte für Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn von § 8 Abs. 2 StAG lägen nicht vor, auch wenn die Beachtung einer Staatenlosigkeit wegen der Verpflichtung, die Einbürgerung so weit wie möglich zu erleichtern, hierzu gezählt werde. Auch spiele die von dem Kläger angeführte, im öffentlichen Interesse liegende einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer ausreichenden Integration in die deutschen Verhältnisse keine ausschlaggebende Rolle. Eine klare Aussage dazu, wann Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn des Abs. 2 vorliegen, enthalten diese Ausführungen nicht.

Nach dem in den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts des Saarlandes zum Ausdruck kommenden Verständnis der in § 8 Abs. 2 StAG getroffenen Ausnahmeregelung soll das Vorliegen von Gründen des öffentlichen Interesses voraussetzen, dass der Einbürgerungsbewerber besondere Integrationsleistungen erbracht hat.

In der Kommentarliteratur wird gefordert, den Begriff des öffentlichen Interesses weit auszulegen. Anknüpfungspunkt der Argumentation sind die Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht - StAR-VwV - zur Handhabung des durch § 8 Abs. 1 StAG eröffneten Ermessens und die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG, die noch einer (für die Einbürgerungsbehörden) verbindlichen Umsetzung durch Änderung der StAR-VwV bedürfen. Das öffentliche Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei im Zusammenhang zu sehen mit den vom Bundesministerium des Inneren vorgegebenen Einbürgerungserleichterungen, die im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen seien und das öffentliche Interesse an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck brächten. Seien die Voraussetzungen einer solchen Einbürgerungserleichterung erfüllt, sei regelmäßig auch ein Abweichen vom Unterhaltserfordernis angezeigt.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 157; Hailbronner/Renner/Maaßen, a.a.O., § 8 Rdnr. 48) Zu eng, jedenfalls nicht abschließend, seien die Vorgaben der Nr. 8.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise. Denn der Gesetzgeber habe - anders als dort gefordert - nicht ein „besonderes“ oder gar „herausragendes“ öffentliches Interesse zur Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung gemacht, sondern ein „schlichtes“ öffentliches Interesse. Ein solches manifestiere sich grundsätzlich in allen in der Verwaltungspraxis anerkannten und in der StAR-VwV bezeichneten Einbürgerungserleichterungen.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 159 f.)

Diese Auslegung erscheint zu weitgehend. Sie beruht offenbar auf der Annahme, der Begriff des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei identisch mit dem in den Nummern 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV umschriebenen öffentlichen Interesse, das in den Fällen des § 8 Abs. 1 StAG im Rahmen des Einbürgerungsermessens eine dem Einbürgerungsbewerber positive Entscheidung ermöglichen kann. Wenngleich die Verwendung des Begriffs „öffentliches Interesse“ in Abs. 2 der Vorschrift dieses Verständnis auf den ersten Blick durchaus rechtfertigen könnte, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass die Annahme, der Gesetzgeber habe das Tatbestandsmerkmal „öffentliches Interesse“ im Sinn der zur Förderung einer einheitlichen Handhabung des Einbürgerungsermessens erlassenen Vorgaben der StAG-VwV zu § 8 Abs. 1 StAG verstanden wissen wollen, nicht tragfähig ist.

In Bezug auf § 8 Abs. 1 StAG verlangt das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteile 27.2.1957 - I C 165.55 -, BVerwGE 4, 298 ff., vom 30.9.1958 - I C 20.58 -, BVerwGE 7, 237 ff., vom 21.10.1986 - 1 C 44.84 -, BVerwGE 75, 86 ff., und vom 27.5.2010, a.a.O., m.w.N.) bisher in ständiger Rechtsprechung von den Einbürgerungsbehörden, bei der Ermessensausübung darauf abzustellen, ob ein staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht. Die Behörde habe zu prüfen, ob die Einbürgerung sowohl nach den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers als auch nach allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten im staatlichen Interesse erwünscht ist, ohne dass eine Abwägung mit den persönlichen Interessen des Einbürgerungsbewerbers stattfinde. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner zuletzt zur Problematik ergangenen bereits in Bezug genommenen Entscheidung vom 27.5.2010 offen gelassen, ob es ungeachtet der diesbezüglichen Kritik(Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 8 Rdnr. 50; GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnrn. 178 ff.) daran festhalten wird, dass bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG ohne Abwägung des privaten Interesses des Einbürgerungsbewerbers allein das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung zu berücksichtigen ist. Allerdings spricht im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 StAG - wie noch auszuführen sein wird - alles dafür, Einbürgerungserleichterungen, die den persönlichen Verhältnissen des Einbürgerungsbewerbers Rechnung tragen sollen, nicht als ausreichend zur Begründung eines öffentlichen Interesses zu erachten, sondern ein spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung als unverzichtbar zu fordern.

Die Vorgaben der StAR-VwV, insbesondere die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, die nach Ansicht der Kommentarliteratur ein öffentliches Interesse auch im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck bringen können, sind am 1.2.2001, also lange bevor der Gesetzgeber die Einfügung des heutigen § 8 Abs. 2 StAG beschlossen hat, in Kraft getreten. Nach Nr. 8.0 StAR-VwV kann bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG eine Einbürgerung nach Ermessen der Behörde erfolgen, wenn im Einzelfall ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung festgestellt werden kann. In diesem Zusammenhang heißt es unter Nr. 8.1.2, dass die Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 allgemeine Grundsätze für die Ermessensausübung enthalten und festlegen, unter welchen Voraussetzungen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung anzunehmen ist. Demgemäß sind die unter Nr. 8.1.2 StAR-VwV fixierten allgemeinen Grundsätze für die Ermessensausübung und die unter Nr. 8.1.3 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen für bestimmte Personengruppen vom Bundesministerium des Inneren mit dem Ziel konzipiert worden, den Einbürgerungsbehörden durch Konkretisierung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Rahmen für eine einheitliche Bewältigung der speziell bei der Anwendung des § 8 Abs. 1 StAG zu erwartenden Problemstellungen vorzugeben.

Dass jede zu § 8 Abs. 1 StAG anerkannte Einbürgerungserleichterung gleichzeitig ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zum Ausdruck bringt, ist indes nicht anzunehmen.

Das öffentliche Interesse jeweils inhaltsgleich zu verstehen, hieße zunächst, dass einerseits eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 1 der Vorschrift nur in Betracht kommt, wenn u.a. die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und 4 und gleichzeitig die im Rahmen der Ermessensbetätigung nach der StAR-VwV zu prüfenden Kriterien, von deren Vorliegen das Bestehen eines öffentlichen Interesses abhängt, allesamt erfüllt sind, dass andererseits aber eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 2 der Vorschrift bei Vorliegen der gleichen das öffentliche Interesse bestimmenden Kriterien ohne Weiteres auch möglich wäre, wenn der Einbürgerungsbewerber den tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und/oder 4 nicht genügt. Dies kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Denn die unter Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 erfassten Kriterien für das Vorliegen des im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG von der Rechtsprechung geforderten öffentlichen Interesses tragen durchaus unterschiedlichen Anliegen Rechnung, die teils primär private Belange des Einbürgerungsbewerbers und teils ausschließlich staatliche Belange im Blick haben. Die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen sind von daher nicht in gleicher Weise geeignet, im Rahmen der Ausnahmevorschrift des Abs. 2 Berücksichtigung zu finden. Die Tatbestandsmerkmale der Unbescholtenheit und der Unterhaltsfähigkeit im Sinn der Nrn. 2 und 4 des § 8 Abs. 1 StAG wären bei dem von der Kommentarliteratur vertretenen Verständnis des in Abs. 2 der Vorschrift verwendeten Begriffs des öffentlichen Interesses ihrer Bedeutung als das Einbürgerungsermessen erst eröffnende Tatbestandsvoraussetzungen vollständig enthoben, ohne dass dies nach dem sachlichen Zusammenhang gerechtfertigt wäre.

Speziell mit Blick auf § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG spricht gegen eine begriffliche Identität, dass § 8 Abs. 2 StAG den Einbürgerungsbehörden die Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung unabhängig davon einräumt, ob der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit selbst zu vertreten hat. In einer Vielzahl von Fällen, in denen einer positiven Entscheidung nach Abs. 1 das Nichtvorliegen der tatbestandlichen Anforderungen der Nr. 4 entgegensteht, stünde es auch im Falle rein privatnütziger, besondere persönliche Umstände berücksichtigender Einbürgerungserleichterungen im Ermessen der Einbürgerungsbehörde, ob sie grundsätzlich oder je nach den Umständen des Einzelfalls fordert, dass der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit nicht zu vertreten hat.

Die aufgezeigte Problematik wird anhand des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts deutlich. Ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG ist dem Beklagten mit Blick auf Nr. 4 der Vorschrift nicht eröffnet. Dessen ungeachtet genügt der Kläger allen unter Nr. 8.1.2 i.V.m. Nr. 8.1.3.7 und unter Nrn. 8.1.2.2 bis 8.1.2.6 festgelegten Kriterien, die im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG den Begriff des öffentlichen Interesses konkretisieren sollen. Denn auch dem Erfordernis ausreichender Sprachkenntnisse wäre mit Blick auf die - seinen persönlichen Belangen Rechnung tragende - Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 Genüge getan, da insoweit bei Personen, die - wie er - das 60. Lebensjahr vollendet und seit 12 Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, ausreicht, wenn sie sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben mündlich in deutscher Sprache verständigen können. Zu Zweifeln, ob der Kläger sich in dieser Weise verständigen kann, besteht angesichts seiner Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Veranlassung. Der Klarstellung halber sei angemerkt, dass der Senat der Ansicht des Beklagten, bei Anwendung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV sei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob nicht die Vita des Einbürgerungsbewerbers der Anwendung dieser Verwaltungsvorschrift entgegensteht, nicht zu folgen vermag. Sinn und Zweck dieser aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Verwaltungsvorschrift ist es, den besonderen persönlichen Verhältnissen und dem typischerweise nur noch eingeschränkten Leistungsvermögen älterer Personen im Falle eines langjährigen Inlandsaufenthalts im Rahmen der Ermessensausübung angemessen Rechnung zu tragen, und zwar unabhängig davon, ob ihnen der Erwerb weitergehender Sprachkenntnisse in jüngeren Jahren nach ihren persönlichen Fähigkeiten und ihren Lebensverhältnissen zumutbar gewesen wäre.

Die Annahme, dass der Tatbestand des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG mit dem durch die Vorgaben der StAR-VwV zu Abs. 1 der Vorschrift konkretisierten öffentlichen Interesse identisch ist, hätte somit fallbezogen zur Folge, dass der Beklagte den Kläger auf der Grundlage des Abs. 2 wegen Eingreifens der Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV einbürgern könnte, ohne dass er kraft Gesetzes oder auch nur kraft Verwaltungsvorschrift gehalten wäre zu prüfen, ob dieser seine fehlende Unterhaltsfähigkeit zu vertreten hat. Es erscheint fernliegend, dass dies der Intention des Gesetzgebers entspricht.

Die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG sprechen - ungeachtet des Umstands, dass sie die Gerichte nicht zu binden vermögen und selbst im Verhältnis zu den Behörden noch einer verbindlichen Umsetzung bedürfen - ebenfalls gegen die von der Kommentarliteratur befürwortete weite Auslegung der Vorschrift. Denn deren Nr. 8.2 verweist gerade nicht auf die Gesamtheit der in Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, deren Vorliegen ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG rechtfertigen kann. Vielmehr soll ein Absehen von dem Unbescholtenheitserfordernis bzw. der Unterhaltsfähigkeit nach Nr. 8.2 StAR-VwV z.B. in Betracht kommen, wenn bereits Einbürgerungserleichterungen, einschließlich vorübergehender oder dauerhafter Hinnahme von Mehrstaatigkeit, bei einem besonderen (Nr. 8.1.3.5 StAR-VwV) oder herausragenden (Nr. 8.1.2.6.3.6 StAR-VwV) öffentlichen Interesse - Verkürzung der Mindestdauer des Inlandsaufenthalts bei Vorliegen eines besonderen Einbürgerungsinteresses oder Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei einem herausragenden öffentlichen Einbürgerungsinteresse - eingeräumt worden sind. In den beispielhaft genannten Anwendungsfällen setzt ein Absehen von der Unterhaltsfähigkeit mithin voraus, dass ein besonderes oder herausragendes Einbürgerungsinteresse besteht. Dazu, ob weitere, gegebenenfalls welche, Fallgestaltungen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG denkbar sind, verhalten sich die Vorläufigen Anwendungshinweise nicht. Allerdings spricht der Umstand, dass die in der StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen nicht allesamt in Bezug genommen werden, eindeutig dafür, dass jedenfalls nach dem Verständnis des Bundesministeriums des Inneren nicht jede zu Abs. 1 der Vorschrift vorgesehene Einbürgerungserleichterung den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG nahe legen soll, sondern vorrangig oder ausschließlich solche, die einem spezifisch staatlichen Interesse zu dienen bestimmt sind.

Allein ein solches Verständnis der Vorschrift erscheint aus Sicht des Senats sachgerecht. Ermessensgesichtspunkte und Einbürgerungserleichterungen, die nach der Rechtsprechung und den insoweit geltenden Verwaltungsvorschriften der StAR-VwV zwar im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG beachtlich und grundsätzlich dort geeignet sind, eine dem Ausländer positive Einbürgerungsentscheidung zu ermöglichen, aber nicht irgendwie gearteten staatlichen Interessen dienen, sondern vorrangig besonderen persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des Ausländers angemessen Rechnung tragen sollen, vermögen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nicht zu begründen.

So kann sich beispielsweise daraus, dass im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 StAG und zweifelsfrei ebenso des Absatzes 2 der Vorschrift eine Aufenthaltserlaubnis, die nach § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen auf Dauer zugesagt ist, als erforderlicher Aufenthalt ausreichen soll (Nr. 8.1.2.4 StAR-VwV), kein im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG beachtliches öffentliches Interesse an der Einbürgerung ergeben. Gleiches gilt etwa hinsichtlich der die allgemein geltenden Sprachanforderungen einschränkenden Einbürgerungserleichterungen für minderjährige Kinder (Nr. 8.1.3.6 StAR-VwV) und ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV).

Nach allem ist ein öffentliches Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit - insoweit gegebenenfalls auch im Falle eines Vertretenmüssens - einzubürgern. Nur bei Bestehen eines solchen durch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses verlangt die Vorschrift der Einbürgerungsbehörde die Betätigung ihres Einbürgerungsermessens ab.

Nach Einschätzung des Senats entspricht dies der - wenngleich bisher nicht ausdrücklich formulierten - Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts. Wie ausgeführt, hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20.3.2012 in einem Fall, in dem ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG wegen Nichterfüllung des Unbescholtenheitserfordernisses ausgeschlossen war, beanstandet, dass es an der nötigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung fehle, ob ein öffentliches Interesse im Sinne des Absatzes 2 der Vorschrift besteht. Denn das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, nicht zum Anlass genommen zu überprüfen, ob und inwieweit dies zutreffe und wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien. Damit hat es, ohne die tatbestandlichen Anforderungen eines öffentlichen Interesses im Sinne des Absatzes 2 näher zu definieren, deren Vorliegen jedenfalls nicht davon abhängig gemacht, ob eine der in der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zu Absatz 1 der Vorschrift allgemein anerkannten, das öffentliche Interesse im Sinne des Absatzes 1 kennzeichnenden Einbürgerungserleichterungen greift, sondern bezogen auf den konkreten Sachverhalt die Prüfung gefordert, ob die Wahrnehmung einer repräsentativen Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG begründet. Dies kann nur dahingehend verstanden werden, dass im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein spezifisch staatliches Interesse an einem ausnahmsweisen Absehen von den strengen Voraussetzungen des Abs. 1 Nrn. 2 und/oder 4 besteht.

Mithin ist nicht zu erwarten, dass das Bundesverwaltungsgericht den Vorschlag der Kommentarliteratur, jedwede anerkannte Einbürgerungserleichterung als geeignet anzusehen, ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu begründen, aufgreifen könnte.

Demgemäß füllt allein die dem Kläger zugute kommende Einbürgerungserleichterung für ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV) den Tatbestand eines öffentlichen Interesses im Sinne der genannten Vorschrift nicht aus. Gleichzeitig ist festzustellen, dass Anhaltspunkte für das Bestehen eines durch spezifisch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers, also eines Erwünschtseins seiner Einbürgerung aufgrund allgemeiner politischer, wirtschaftlicher und kultureller Gesichtspunkte, weder ersichtlich noch dargetan sind. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Ansicht vertreten, für ein „Erwünschtsein“ im Sinne eines staatlichen Interesses an seiner Einbürgerung müsse ausreichen, dass er schon über 30 Jahre und damit sehr lange in Deutschland lebe und hier auf Dauer bleibeberechtigt sei. Zudem hätten seine Kinder sich ebenfalls hier niedergelassen, seien zum Teil schon lange eingebürgert und berufstätig, so dass sie als Steuerzahler zum Gemeinwohl beitrügen. Dies reicht - so erfreulich die Entwicklung der Kinder sicherlich ist - mit Blick auf den hier allein interessierenden Kläger zur Begründung eines staatlichen Interesses im vorbezeichneten Sinne nicht aus. Dass das Alter und ein langjähriger Aufenthalt im Inland einem Einbürgerungsbewerber im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG einbürgerungserleichternd zugute kommen können, vermag - wie ausgeführt - für sich genommen nicht automatisch den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu rechtfertigen, und kann auch im Zusammenspiel mit einer gelungenen Integration der Kinder ein solches Interesse nicht begründen. Denn § 8 Abs. 2 StAG enthält nach der gesetzlichen Konzeption einen Ausnahmetatbestand und setzt daher voraus, dass der konkrete Fall sich in einer spezifischen Weise von der in der Mehrzahl der Zuwandererfamilien zu beobachtenden Integration der Kinder in die hiesigen Verhältnisse - zusätzlich - positiv abhebt. Anhaltspunkte hierfür sind nicht vorgetragen oder ersichtlich. Dem Beklagten ist mithin ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 2 StAG nicht eröffnet.

Wegen Fehlens diesbezüglicher tatsächlicher Anhaltspunkte und damit mangels Entscheidungsrelevanz bedarf keiner Entscheidung, ob - wie das Verwaltungsgericht annimmt - ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG auch bei besonderen Integrationsleistungen des Einbürgerungsbewerbers zu bejahen ist. Angemerkt sei lediglich, dass für eine solche Auslegung der Vorschrift die - wenngleich in anderem Zusammenhang verwendete - Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010 „zur Vermeidung einer Härte oder wegen anderweitiger Integrationsleistungen“(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O., juris-Rdnr. 36 (vgl. auch Rdnr. 39)) sprechen mag.

3. Nach alldem bleibt festzuhalten, dass dem Kläger weder auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 StAG noch des § 8 Abs. 2 StAG ein Anspruch darauf zusteht, dass der Beklagte erneut über sein Einbürgerungsbegehren entscheidet.

Die Berufung gegen das den diesbezüglich gestellten Hilfsantrag des Klägers abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt daher der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 42.1 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, muss aber in der Sache ohne Erfolg bleiben.

Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage hinsichtlich des Hilfsantrags, den allein der Kläger im Berufungsverfahren weiterverfolgt, zu Recht abgewiesen. Ihm ist zudem darin zuzustimmen, dass dem Kläger mit Blick auf das Fehlen eines insoweit geeigneten Aufenthaltstitels kein aus § 10 StAG herleitbarer Anspruch auf Einbürgerung zusteht. Dies hat der Kläger ausweislich der Beschränkung seines Berufungsbegehrens akzeptiert. Sein im Berufungsverfahren weiter verfolgter Antrag, den Beklagten zu verpflichten, über seinen Einbürgerungsantrag in Anwendung des § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 StAG erneut nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ist unbegründet.

1. Ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch auf Neubescheidung setzt zunächst voraus, dass die durch die Vorschrift vorgegebenen gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Ist dies zu bejahen, so steht die Einbürgerung im grundsätzlich weiten Ermessen des Beklagten als zuständiger Einbürgerungsbehörde.(Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht - GK-StAR -, Stand 25. Erg.lfg. August 2011, § 8 Rdnr. 170 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 27.5.2010 - 5 C 8/09 -, NVwZ 2010, 1502 ff.)

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 8 Abs. 1 StAG ist geklärt, dass der Einbürgerungsbehörde ein Einbürgerungsermessen nach dieser Vorschrift nur eingeräumt ist, wenn neben den sonstigen in der Vorschrift aufgeführten und vorliegend außer Streit stehenden Voraussetzungen das auf den Nachweis der wirtschaftlichen Integration zielende Tatbestandsmerkmal der Nr. 4 erfüllt ist.(BVerwG, Urteil vom 27.2.1958 - I C 99.56 -, BVerwGE 6, 207 ff.) Hiernach muss der Ausländer im Stande sein, sich und seine Angehörigen aus eigener Kraft zu ernähren. Ist dies nicht der Fall, weil der Ausländer auf den Bezug von (ergänzenden) Sozialleistungen angewiesen ist, spielt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der obergerichtlichen Rechtsprechung(OVG Berlin, Beschluss vom 9.10.1995 - 5 M 25.95 -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.3.1996 - 13 S 1908/95 -, jeweils juris) zu § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG keine Rolle, ob der Ausländer seine Bedürftigkeit zu vertreten hat. Auf Kritik von Seiten der Kommentarliteratur(GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnr. 124), wonach dieses keine Ausnahmen zulassende Verständnis des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG den seit Inkrafttreten der Vorschrift im Jahr 1914 zu verzeichnenden sozialpolitischen Veränderungen nicht angemessen Rechnung trage, hat das Bundesverwaltungsgericht seine am Wortlaut orientierte Auslegung der Vorschrift in der Vergangenheit mehrfach bekräftigt. Es hat dies damit begründet, dass der Gesetzgeber das Staatsangehörigkeitsrecht - u.a. auch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG - wiederholt geändert, dabei die Einbürgerung für bestimmte Personenkreise mit Wirkung zum 1.1.1991 erleichtert und geregelt habe, unter welchen Voraussetzungen die Inanspruchnahme von Sozialleistungen der Einbürgerung nicht entgegenstehe. Dies berücksichtigend verbiete es sich, die unverändert gebliebene Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, die in diese neuere Gesetzgebung nicht einbezogen worden sei, teleologisch zu reduzieren.(BVerwG, Beschlüsse vom 5.5.1997 - 1 B 94/97 -, NVwZ-RR 1997, 738 f., und vom 10.7.1997 - 1 B 141/97 -, NVwZ 1998, 183 f.; Urteil vom 22.6.1999 - 1 C 16/98 -, InfAuslR 1999, 501 ff.) Zu der Frage, wann ein Einbürgerungsbewerber sich und seine Angehörigen auf Dauer aus eigenen Mitteln ernähren kann, hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.7.1998 - 13 S 2212/96 -, InfAuslR 1998, 509 ff.) überzeugend ausgeführt, dass er zumindest über eigene Einnahmen in Höhe der Regelsätze der Sozialhilfe verfügen muss.

Fallbezogen scheitert ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags am Nichtvorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung der Nr. 4 der Vorschrift, da der Kläger für sich und seine Ehefrau fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Gestalt der bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII bezieht. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass dieser Leistungsbezug einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG auch dann entgegensteht, wenn der Kläger den Umstand, der ihn zur Inanspruchnahme dieser Leistungen berechtigt, nicht zu vertreten hat.

Da es im Rahmen der Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG nicht darauf ankommt, ob der Einbürgerungsbewerber seine Bedürftigkeit zu vertreten hat, ist aus Rechtsgründen kein Raum für die von dem Kläger reklamierte entsprechende Heranziehung der vom Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 19.2.2009 - 5 C 22/08 -, NVwZ 2009, 843 ff.) entwickelten Grundsätze zur Frage, unter welchen Voraussetzungen sich frühere Versäumnisse nicht mehr als wesentliche, prägende Ursache für den Leistungsbezug darstellen und daher vom Einbürgerungsbewerber nicht mehr im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG zu vertreten sind. Dies ist sachgerecht, denn die gesetzlichen Erleichterungen, die diese Vorschrift gewährt, rechtfertigen sich - wie das Bundesverwaltungsgericht in dem klägerseits zitierten Urteil vom 19.2.2009 ausdrücklich hervorgehoben hat - daraus, dass bei zurechenbar unzureichender wirtschaftlicher Integration schon die erforderliche Voraufenthaltszeit eines achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalts oder der für den Einbürgerungsanspruch erforderliche Aufenthaltsstatus gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht erreicht werden kann, weil die aufenthaltsrechtlichen Vorschriften (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) regelmäßig einen gesicherten Lebensunterhalt verlangen. Dies gilt insbesondere auch für die Ersetzung einer - wie im Fall des Klägers - nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen erteilten oder verlängerten befristeten Aufenthaltserlaubnis durch eine Niederlassungserlaubnis, da deren Erteilung nach den §§ 26 Abs. 4 i.V.m. 9 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ebenfalls voraussetzt, dass der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist.

Der Kläger begründet seine Ansicht, im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG dürfe hinsichtlich der Unterhaltsfähigkeit kein strengerer Maßstab als im Rahmen des § 10 StAG angelegt werden, mit den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010.(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O.) Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Ausführungen, wonach die Anspruchsvoraussetzungen bzw. Ausschlussgründe der §§ 10 und 11 StAG der Sache nach bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG berücksichtigt werden dürfen, ausdrücklich unter dem Vorbehalt stehen, dass sie in § 8 Abs. 1 StAG nicht schon auf der Tatbestandsebene modifiziert sind. Gerade dies ist der Fall, denn die tatbestandlichen Anforderungen an die Unterhaltsfähigkeit sind in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG anders - insbesondere unter Anlegung strengerer Kriterien - geregelt als in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG.

Im Übrigen verkennt der Kläger bei seiner Argumentation, ihm dürften die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zugerechnet werden, dass die diesbezüglich vom Bundesverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht entwickelten Kriterien in seinem Fall nicht erfüllt sind. Denn der hiernach maßgebliche Zeitraum von acht Jahren ist noch nicht verstrichen. Dem Kläger ist entgegenzuhalten, dass er und seine Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft seit Erreichen des Rentenalters im Juli 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter beziehen, weil er sich seit Erhalt seiner Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 nur unzureichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat und daher keinen Anspruch auf eine Altersrente erwerben konnte. Ausweislich der Ausländerakte ist der Kläger seitens der Ausländerbehörde frühzeitig schriftlich darauf hingewiesen worden, dass eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden kann, wenn der Lebensunterhalt der Familie aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert ist (Schreiben der Ausländerbehörde vom 4.11.1992, Bl. 173 f. der Ausländerakte, und Bescheid vom 5.1.1993 betreffend die Ablehnung der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, Bl. 178 f. der Ausländerakte). Aktenkundig sind indes lediglich drei - von vornherein wenig erfolgversprechende - Versuche, eine Arbeitsstelle zu finden, nämlich seine Bewerbungen 1996 in Berlin bzw. Hamburg und 2005 erneut in Berlin. Die jeweiligen Ausländerbehörden lehnten eine Aufnahme des Klägers in ihren Zuständigkeitsbereich jeweils ab, und zwar wegen Nichtbeibringung der geforderten Einstellungszusicherung (Bl. 219 der Ausländerakte) bzw. weil nach der Höhe des voraussichtlichen Verdienstes nicht auszuschließen war, dass er weiterhin auf den Bezug von Sozialleistungen angewiesen sein würde (Bl. 230 und 279 der Ausländerakte). Sonstige - insbesondere ortsnahe und insofern erfolgversprechendere - Bemühungen des Klägers um eine Beschäftigung trägt dieser selbst nicht vor. Er gibt lediglich an, sich wiederholt und regelmäßig bei den Arbeitsämtern in H., V. und A-Stadt als arbeitssuchend gemeldet zu haben (Bl. 176 der Einbürgerungsakte). Erfolglos gebliebene Bewerbungen behauptet er nicht. Zudem tritt er der Feststellung in dem angefochtenen, die Einbürgerung ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 3.3.2010, es könne nicht von einem unverschuldeten Bezug öffentlicher Mittel ausgegangen werden, im Klage- und Berufungsverfahren nur insoweit entgegen, als er geltend macht, mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien ihm die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zurechenbar. Dies trifft indes gerade nicht zu. Denn der Sachverhalt stellt sich so dar, dass dem Kläger seit Erhalt einer Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 unzureichende Bemühungen um eine Arbeitsstelle entgegenzuhalten sind. Seit Beendigung dieser langen Zeit mangelnder Anstrengungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes sind im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erst ca. vier Jahre verstrichen, so dass der Kläger aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schon aus tatsächlichen Gründen nicht zu seinen Gunsten herleiten kann, dass er für seine jahrelang unzureichenden Bemühungen nicht mehr einzustehen habe.

2. Aus § 8 Abs. 2 StAG leitet sich ein Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags ebenfalls nicht her.

Nach dieser Vorschrift kann von dem Unbescholtenheitserfordernis des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG und dem Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden. Der Gesetzgeber hat diese Ausnahmevorschrift, die bezüglich der Nr. 4 am 1.1.2005 und bezüglich der Nr. 2 am 28.9.2007 in Kraft getreten ist, neu in das Staatsangehörigkeitsgesetz eingefügt, weil er im Hinblick auf die Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG mit ihren speziellen Voraussetzungen auch bei der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG eine Ausnahmeregelung als erforderlich ansah. Bei den Tatbestandsvoraussetzungen „Gründe des öffentlichen Interesses“ und „Vermeidung einer besonderen Härte“ handelt es sich jeweils um unbestimmte Rechtsbegriffe, die inhaltlicher Konkretisierung bedürfen und deren Auslegung und Anwendung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Fallbezogen spricht nichts für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands.

Die Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 2 StAG ist für die Auslegung der Vorschrift nicht ergiebig. Sie führt lediglich einen - hier nicht einschlägigen - Beispielsfall einer besonderen Härte an. Hinweise zum Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Gründe des öffentlichen Interesses“ fehlen vollständig.(BT-Drs. 14/7387, S. 107, und 15/420, S. 116)

In der Rechtsprechung ist bisher nur in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Vermeidung einer besonderen Härte geklärt, welche konkreten Anforderungen die gesetzliche Neuregelung an das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls stellt.

Das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 20.3.2012 - 5 C 5.11 -) hat vor kurzem entschieden, dass eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG durch atypische Umstände des Einzelfalls bedingt und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen sein muss und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden könnte. Es hat damit die bisher zu den Anforderungen an das Vorliegen einer besonderen Härte ergangene obergerichtliche Rechtsprechung(HessVGH, Beschluss vom 21.10.2008 - 5 A 1820.08.Z -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009 - 13 S 2428.08 -, jeweils juris), u.a. des Senats(OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.6.2010 - 1 A 88/10 -, juris), bestätigt. Dies zugrundelegend kommt fallbezogen ein Einbürgerungsermessen des Beklagten zur Vermeidung einer besonderen Härte nicht in Betracht. Die Argumentation des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, eine besondere Härte liege darin, dass er wegen seines Alters außer Stande sei, an seinem Angewiesensein auf den Bezug von Sozialleistungen noch etwas zu ändern, geht fehl. Denn diese Situation wird weder durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen noch könnte sie durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der Würdigung der Versagung der Einbürgerung als besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG selbst in Fällen, in denen der Betroffene den Bezug von Sozialhilfeleistungen nicht zu vertreten hat, bereits mehrfach - u.a. in seinem vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 20.3.2012 in Bezug genommenen Beschluss vom 11.6.2009 - eine Absage erteilt.(OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 11.6.2009 - OVG 5 M 30.08 -, und vom 8.2.2010 - OVG 5 M 48.09 -, jeweils juris) Auch dies überzeugt.

Zur Frage, wann die Voraussetzungen des alternativen Tatbestandsmerkmals „aus Gründen des öffentlichen Interesses“ erfüllt sind, hat sich das Bundesverwaltungsgericht noch nicht dezidiert geäußert. In seinem Urteil vom 20.3.2012 hat es allerdings beanstandet, dass das Berufungsgericht das Vorbringen des dortigen Einbürgerungsbewerbers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, in tatsächlicher Hinsicht nicht hinterfragt und nicht geprüft habe, wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien.

Die obergerichtliche Rechtsprechung hat sich zu den Anforderungen, die an das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu stellen sind, ebenfalls noch nicht festgelegt. In den Entscheidungen, in denen § 8 Abs. 2 StAG Erwähnung findet, heißt es - sofern das Vorliegen eines öffentlichen Interesses angeprüft wird - jeweils ohne nähere Darlegung, ein solches sei nicht erkennbar.(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009, a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 21.10.2011 - 1 S 135/11 -, NVwZ-RR 2012, 160 f.) An erstinstanzlichen Entscheidungen finden sich ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach(VG Ansbach, Urteil vom 10.9.2008 - AN 15 K 08.00780 -, juris) und mehrere Urteile des Verwaltungsgerichts des Saarlandes(VG des Saarlandes, Urteile vom 9.2.2010 - 2 K 530/09 -, vom 14.12.2010 - 2 K 445/09 -, vom 22.11.2011 - 2 K 560/10 - und vom 31.1.2012 - 2 K 667/10 -, jeweils juris), u.a. auch das im Verfahren des Klägers ergangene Urteil vom 27.9.2011.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat zu der dortigen Fallgestaltung ausgeführt, Anhaltspunkte für Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn von § 8 Abs. 2 StAG lägen nicht vor, auch wenn die Beachtung einer Staatenlosigkeit wegen der Verpflichtung, die Einbürgerung so weit wie möglich zu erleichtern, hierzu gezählt werde. Auch spiele die von dem Kläger angeführte, im öffentlichen Interesse liegende einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer ausreichenden Integration in die deutschen Verhältnisse keine ausschlaggebende Rolle. Eine klare Aussage dazu, wann Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn des Abs. 2 vorliegen, enthalten diese Ausführungen nicht.

Nach dem in den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts des Saarlandes zum Ausdruck kommenden Verständnis der in § 8 Abs. 2 StAG getroffenen Ausnahmeregelung soll das Vorliegen von Gründen des öffentlichen Interesses voraussetzen, dass der Einbürgerungsbewerber besondere Integrationsleistungen erbracht hat.

In der Kommentarliteratur wird gefordert, den Begriff des öffentlichen Interesses weit auszulegen. Anknüpfungspunkt der Argumentation sind die Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht - StAR-VwV - zur Handhabung des durch § 8 Abs. 1 StAG eröffneten Ermessens und die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG, die noch einer (für die Einbürgerungsbehörden) verbindlichen Umsetzung durch Änderung der StAR-VwV bedürfen. Das öffentliche Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei im Zusammenhang zu sehen mit den vom Bundesministerium des Inneren vorgegebenen Einbürgerungserleichterungen, die im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen seien und das öffentliche Interesse an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck brächten. Seien die Voraussetzungen einer solchen Einbürgerungserleichterung erfüllt, sei regelmäßig auch ein Abweichen vom Unterhaltserfordernis angezeigt.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 157; Hailbronner/Renner/Maaßen, a.a.O., § 8 Rdnr. 48) Zu eng, jedenfalls nicht abschließend, seien die Vorgaben der Nr. 8.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise. Denn der Gesetzgeber habe - anders als dort gefordert - nicht ein „besonderes“ oder gar „herausragendes“ öffentliches Interesse zur Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung gemacht, sondern ein „schlichtes“ öffentliches Interesse. Ein solches manifestiere sich grundsätzlich in allen in der Verwaltungspraxis anerkannten und in der StAR-VwV bezeichneten Einbürgerungserleichterungen.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 159 f.)

Diese Auslegung erscheint zu weitgehend. Sie beruht offenbar auf der Annahme, der Begriff des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei identisch mit dem in den Nummern 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV umschriebenen öffentlichen Interesse, das in den Fällen des § 8 Abs. 1 StAG im Rahmen des Einbürgerungsermessens eine dem Einbürgerungsbewerber positive Entscheidung ermöglichen kann. Wenngleich die Verwendung des Begriffs „öffentliches Interesse“ in Abs. 2 der Vorschrift dieses Verständnis auf den ersten Blick durchaus rechtfertigen könnte, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass die Annahme, der Gesetzgeber habe das Tatbestandsmerkmal „öffentliches Interesse“ im Sinn der zur Förderung einer einheitlichen Handhabung des Einbürgerungsermessens erlassenen Vorgaben der StAG-VwV zu § 8 Abs. 1 StAG verstanden wissen wollen, nicht tragfähig ist.

In Bezug auf § 8 Abs. 1 StAG verlangt das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteile 27.2.1957 - I C 165.55 -, BVerwGE 4, 298 ff., vom 30.9.1958 - I C 20.58 -, BVerwGE 7, 237 ff., vom 21.10.1986 - 1 C 44.84 -, BVerwGE 75, 86 ff., und vom 27.5.2010, a.a.O., m.w.N.) bisher in ständiger Rechtsprechung von den Einbürgerungsbehörden, bei der Ermessensausübung darauf abzustellen, ob ein staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht. Die Behörde habe zu prüfen, ob die Einbürgerung sowohl nach den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers als auch nach allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten im staatlichen Interesse erwünscht ist, ohne dass eine Abwägung mit den persönlichen Interessen des Einbürgerungsbewerbers stattfinde. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner zuletzt zur Problematik ergangenen bereits in Bezug genommenen Entscheidung vom 27.5.2010 offen gelassen, ob es ungeachtet der diesbezüglichen Kritik(Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 8 Rdnr. 50; GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnrn. 178 ff.) daran festhalten wird, dass bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG ohne Abwägung des privaten Interesses des Einbürgerungsbewerbers allein das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung zu berücksichtigen ist. Allerdings spricht im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 StAG - wie noch auszuführen sein wird - alles dafür, Einbürgerungserleichterungen, die den persönlichen Verhältnissen des Einbürgerungsbewerbers Rechnung tragen sollen, nicht als ausreichend zur Begründung eines öffentlichen Interesses zu erachten, sondern ein spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung als unverzichtbar zu fordern.

Die Vorgaben der StAR-VwV, insbesondere die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, die nach Ansicht der Kommentarliteratur ein öffentliches Interesse auch im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck bringen können, sind am 1.2.2001, also lange bevor der Gesetzgeber die Einfügung des heutigen § 8 Abs. 2 StAG beschlossen hat, in Kraft getreten. Nach Nr. 8.0 StAR-VwV kann bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG eine Einbürgerung nach Ermessen der Behörde erfolgen, wenn im Einzelfall ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung festgestellt werden kann. In diesem Zusammenhang heißt es unter Nr. 8.1.2, dass die Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 allgemeine Grundsätze für die Ermessensausübung enthalten und festlegen, unter welchen Voraussetzungen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung anzunehmen ist. Demgemäß sind die unter Nr. 8.1.2 StAR-VwV fixierten allgemeinen Grundsätze für die Ermessensausübung und die unter Nr. 8.1.3 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen für bestimmte Personengruppen vom Bundesministerium des Inneren mit dem Ziel konzipiert worden, den Einbürgerungsbehörden durch Konkretisierung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Rahmen für eine einheitliche Bewältigung der speziell bei der Anwendung des § 8 Abs. 1 StAG zu erwartenden Problemstellungen vorzugeben.

Dass jede zu § 8 Abs. 1 StAG anerkannte Einbürgerungserleichterung gleichzeitig ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zum Ausdruck bringt, ist indes nicht anzunehmen.

Das öffentliche Interesse jeweils inhaltsgleich zu verstehen, hieße zunächst, dass einerseits eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 1 der Vorschrift nur in Betracht kommt, wenn u.a. die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und 4 und gleichzeitig die im Rahmen der Ermessensbetätigung nach der StAR-VwV zu prüfenden Kriterien, von deren Vorliegen das Bestehen eines öffentlichen Interesses abhängt, allesamt erfüllt sind, dass andererseits aber eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 2 der Vorschrift bei Vorliegen der gleichen das öffentliche Interesse bestimmenden Kriterien ohne Weiteres auch möglich wäre, wenn der Einbürgerungsbewerber den tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und/oder 4 nicht genügt. Dies kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Denn die unter Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 erfassten Kriterien für das Vorliegen des im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG von der Rechtsprechung geforderten öffentlichen Interesses tragen durchaus unterschiedlichen Anliegen Rechnung, die teils primär private Belange des Einbürgerungsbewerbers und teils ausschließlich staatliche Belange im Blick haben. Die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen sind von daher nicht in gleicher Weise geeignet, im Rahmen der Ausnahmevorschrift des Abs. 2 Berücksichtigung zu finden. Die Tatbestandsmerkmale der Unbescholtenheit und der Unterhaltsfähigkeit im Sinn der Nrn. 2 und 4 des § 8 Abs. 1 StAG wären bei dem von der Kommentarliteratur vertretenen Verständnis des in Abs. 2 der Vorschrift verwendeten Begriffs des öffentlichen Interesses ihrer Bedeutung als das Einbürgerungsermessen erst eröffnende Tatbestandsvoraussetzungen vollständig enthoben, ohne dass dies nach dem sachlichen Zusammenhang gerechtfertigt wäre.

Speziell mit Blick auf § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG spricht gegen eine begriffliche Identität, dass § 8 Abs. 2 StAG den Einbürgerungsbehörden die Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung unabhängig davon einräumt, ob der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit selbst zu vertreten hat. In einer Vielzahl von Fällen, in denen einer positiven Entscheidung nach Abs. 1 das Nichtvorliegen der tatbestandlichen Anforderungen der Nr. 4 entgegensteht, stünde es auch im Falle rein privatnütziger, besondere persönliche Umstände berücksichtigender Einbürgerungserleichterungen im Ermessen der Einbürgerungsbehörde, ob sie grundsätzlich oder je nach den Umständen des Einzelfalls fordert, dass der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit nicht zu vertreten hat.

Die aufgezeigte Problematik wird anhand des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts deutlich. Ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG ist dem Beklagten mit Blick auf Nr. 4 der Vorschrift nicht eröffnet. Dessen ungeachtet genügt der Kläger allen unter Nr. 8.1.2 i.V.m. Nr. 8.1.3.7 und unter Nrn. 8.1.2.2 bis 8.1.2.6 festgelegten Kriterien, die im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG den Begriff des öffentlichen Interesses konkretisieren sollen. Denn auch dem Erfordernis ausreichender Sprachkenntnisse wäre mit Blick auf die - seinen persönlichen Belangen Rechnung tragende - Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 Genüge getan, da insoweit bei Personen, die - wie er - das 60. Lebensjahr vollendet und seit 12 Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, ausreicht, wenn sie sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben mündlich in deutscher Sprache verständigen können. Zu Zweifeln, ob der Kläger sich in dieser Weise verständigen kann, besteht angesichts seiner Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Veranlassung. Der Klarstellung halber sei angemerkt, dass der Senat der Ansicht des Beklagten, bei Anwendung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV sei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob nicht die Vita des Einbürgerungsbewerbers der Anwendung dieser Verwaltungsvorschrift entgegensteht, nicht zu folgen vermag. Sinn und Zweck dieser aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Verwaltungsvorschrift ist es, den besonderen persönlichen Verhältnissen und dem typischerweise nur noch eingeschränkten Leistungsvermögen älterer Personen im Falle eines langjährigen Inlandsaufenthalts im Rahmen der Ermessensausübung angemessen Rechnung zu tragen, und zwar unabhängig davon, ob ihnen der Erwerb weitergehender Sprachkenntnisse in jüngeren Jahren nach ihren persönlichen Fähigkeiten und ihren Lebensverhältnissen zumutbar gewesen wäre.

Die Annahme, dass der Tatbestand des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG mit dem durch die Vorgaben der StAR-VwV zu Abs. 1 der Vorschrift konkretisierten öffentlichen Interesse identisch ist, hätte somit fallbezogen zur Folge, dass der Beklagte den Kläger auf der Grundlage des Abs. 2 wegen Eingreifens der Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV einbürgern könnte, ohne dass er kraft Gesetzes oder auch nur kraft Verwaltungsvorschrift gehalten wäre zu prüfen, ob dieser seine fehlende Unterhaltsfähigkeit zu vertreten hat. Es erscheint fernliegend, dass dies der Intention des Gesetzgebers entspricht.

Die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG sprechen - ungeachtet des Umstands, dass sie die Gerichte nicht zu binden vermögen und selbst im Verhältnis zu den Behörden noch einer verbindlichen Umsetzung bedürfen - ebenfalls gegen die von der Kommentarliteratur befürwortete weite Auslegung der Vorschrift. Denn deren Nr. 8.2 verweist gerade nicht auf die Gesamtheit der in Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, deren Vorliegen ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG rechtfertigen kann. Vielmehr soll ein Absehen von dem Unbescholtenheitserfordernis bzw. der Unterhaltsfähigkeit nach Nr. 8.2 StAR-VwV z.B. in Betracht kommen, wenn bereits Einbürgerungserleichterungen, einschließlich vorübergehender oder dauerhafter Hinnahme von Mehrstaatigkeit, bei einem besonderen (Nr. 8.1.3.5 StAR-VwV) oder herausragenden (Nr. 8.1.2.6.3.6 StAR-VwV) öffentlichen Interesse - Verkürzung der Mindestdauer des Inlandsaufenthalts bei Vorliegen eines besonderen Einbürgerungsinteresses oder Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei einem herausragenden öffentlichen Einbürgerungsinteresse - eingeräumt worden sind. In den beispielhaft genannten Anwendungsfällen setzt ein Absehen von der Unterhaltsfähigkeit mithin voraus, dass ein besonderes oder herausragendes Einbürgerungsinteresse besteht. Dazu, ob weitere, gegebenenfalls welche, Fallgestaltungen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG denkbar sind, verhalten sich die Vorläufigen Anwendungshinweise nicht. Allerdings spricht der Umstand, dass die in der StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen nicht allesamt in Bezug genommen werden, eindeutig dafür, dass jedenfalls nach dem Verständnis des Bundesministeriums des Inneren nicht jede zu Abs. 1 der Vorschrift vorgesehene Einbürgerungserleichterung den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG nahe legen soll, sondern vorrangig oder ausschließlich solche, die einem spezifisch staatlichen Interesse zu dienen bestimmt sind.

Allein ein solches Verständnis der Vorschrift erscheint aus Sicht des Senats sachgerecht. Ermessensgesichtspunkte und Einbürgerungserleichterungen, die nach der Rechtsprechung und den insoweit geltenden Verwaltungsvorschriften der StAR-VwV zwar im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG beachtlich und grundsätzlich dort geeignet sind, eine dem Ausländer positive Einbürgerungsentscheidung zu ermöglichen, aber nicht irgendwie gearteten staatlichen Interessen dienen, sondern vorrangig besonderen persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des Ausländers angemessen Rechnung tragen sollen, vermögen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nicht zu begründen.

So kann sich beispielsweise daraus, dass im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 StAG und zweifelsfrei ebenso des Absatzes 2 der Vorschrift eine Aufenthaltserlaubnis, die nach § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen auf Dauer zugesagt ist, als erforderlicher Aufenthalt ausreichen soll (Nr. 8.1.2.4 StAR-VwV), kein im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG beachtliches öffentliches Interesse an der Einbürgerung ergeben. Gleiches gilt etwa hinsichtlich der die allgemein geltenden Sprachanforderungen einschränkenden Einbürgerungserleichterungen für minderjährige Kinder (Nr. 8.1.3.6 StAR-VwV) und ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV).

Nach allem ist ein öffentliches Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit - insoweit gegebenenfalls auch im Falle eines Vertretenmüssens - einzubürgern. Nur bei Bestehen eines solchen durch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses verlangt die Vorschrift der Einbürgerungsbehörde die Betätigung ihres Einbürgerungsermessens ab.

Nach Einschätzung des Senats entspricht dies der - wenngleich bisher nicht ausdrücklich formulierten - Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts. Wie ausgeführt, hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20.3.2012 in einem Fall, in dem ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG wegen Nichterfüllung des Unbescholtenheitserfordernisses ausgeschlossen war, beanstandet, dass es an der nötigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung fehle, ob ein öffentliches Interesse im Sinne des Absatzes 2 der Vorschrift besteht. Denn das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, nicht zum Anlass genommen zu überprüfen, ob und inwieweit dies zutreffe und wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien. Damit hat es, ohne die tatbestandlichen Anforderungen eines öffentlichen Interesses im Sinne des Absatzes 2 näher zu definieren, deren Vorliegen jedenfalls nicht davon abhängig gemacht, ob eine der in der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zu Absatz 1 der Vorschrift allgemein anerkannten, das öffentliche Interesse im Sinne des Absatzes 1 kennzeichnenden Einbürgerungserleichterungen greift, sondern bezogen auf den konkreten Sachverhalt die Prüfung gefordert, ob die Wahrnehmung einer repräsentativen Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG begründet. Dies kann nur dahingehend verstanden werden, dass im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein spezifisch staatliches Interesse an einem ausnahmsweisen Absehen von den strengen Voraussetzungen des Abs. 1 Nrn. 2 und/oder 4 besteht.

Mithin ist nicht zu erwarten, dass das Bundesverwaltungsgericht den Vorschlag der Kommentarliteratur, jedwede anerkannte Einbürgerungserleichterung als geeignet anzusehen, ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu begründen, aufgreifen könnte.

Demgemäß füllt allein die dem Kläger zugute kommende Einbürgerungserleichterung für ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV) den Tatbestand eines öffentlichen Interesses im Sinne der genannten Vorschrift nicht aus. Gleichzeitig ist festzustellen, dass Anhaltspunkte für das Bestehen eines durch spezifisch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers, also eines Erwünschtseins seiner Einbürgerung aufgrund allgemeiner politischer, wirtschaftlicher und kultureller Gesichtspunkte, weder ersichtlich noch dargetan sind. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Ansicht vertreten, für ein „Erwünschtsein“ im Sinne eines staatlichen Interesses an seiner Einbürgerung müsse ausreichen, dass er schon über 30 Jahre und damit sehr lange in Deutschland lebe und hier auf Dauer bleibeberechtigt sei. Zudem hätten seine Kinder sich ebenfalls hier niedergelassen, seien zum Teil schon lange eingebürgert und berufstätig, so dass sie als Steuerzahler zum Gemeinwohl beitrügen. Dies reicht - so erfreulich die Entwicklung der Kinder sicherlich ist - mit Blick auf den hier allein interessierenden Kläger zur Begründung eines staatlichen Interesses im vorbezeichneten Sinne nicht aus. Dass das Alter und ein langjähriger Aufenthalt im Inland einem Einbürgerungsbewerber im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG einbürgerungserleichternd zugute kommen können, vermag - wie ausgeführt - für sich genommen nicht automatisch den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu rechtfertigen, und kann auch im Zusammenspiel mit einer gelungenen Integration der Kinder ein solches Interesse nicht begründen. Denn § 8 Abs. 2 StAG enthält nach der gesetzlichen Konzeption einen Ausnahmetatbestand und setzt daher voraus, dass der konkrete Fall sich in einer spezifischen Weise von der in der Mehrzahl der Zuwandererfamilien zu beobachtenden Integration der Kinder in die hiesigen Verhältnisse - zusätzlich - positiv abhebt. Anhaltspunkte hierfür sind nicht vorgetragen oder ersichtlich. Dem Beklagten ist mithin ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 2 StAG nicht eröffnet.

Wegen Fehlens diesbezüglicher tatsächlicher Anhaltspunkte und damit mangels Entscheidungsrelevanz bedarf keiner Entscheidung, ob - wie das Verwaltungsgericht annimmt - ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG auch bei besonderen Integrationsleistungen des Einbürgerungsbewerbers zu bejahen ist. Angemerkt sei lediglich, dass für eine solche Auslegung der Vorschrift die - wenngleich in anderem Zusammenhang verwendete - Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010 „zur Vermeidung einer Härte oder wegen anderweitiger Integrationsleistungen“(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O., juris-Rdnr. 36 (vgl. auch Rdnr. 39)) sprechen mag.

3. Nach alldem bleibt festzuhalten, dass dem Kläger weder auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 StAG noch des § 8 Abs. 2 StAG ein Anspruch darauf zusteht, dass der Beklagte erneut über sein Einbürgerungsbegehren entscheidet.

Die Berufung gegen das den diesbezüglich gestellten Hilfsantrag des Klägers abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt daher der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 42.1 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. September 2011 - 2 K 209/10 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, ein 1943 geborener libanesischer Staatsangehöriger, der seit 1979 mit Ehefrau und Kindern im Bundesgebiet lebt, begehrt seine Einbürgerung.

Nach negativem Abschluss seines Asylverfahrens wurde ihm am 27.10.1992 eine befristete Aufenthaltsbefugnis bzw. -erlaubnis aus humanitären Gründen erteilt, deren Geltung von der Ausländerbehörde jeweils verlängert wurde und die ihre Rechtsgrundlage seit dem 1.1.2005 in § 23 Abs. 1 AufenthG findet. Der Kläger war vom 12.4. bis zum 30.9.1980 - damals ohne Arbeitserlaubnis - und vom 31.8. bis zum 22.12.1982 erwerbstätig. Seit dem 22.10.1991 verfügte er bis zum Eintritt in das Rentenalter durchgehend über eine Arbeitserlaubnis für eine berufliche Tätigkeit jeder Art.

Ein Antrag vom 31.8.1992 auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis wurde durch Bescheid der Ausländerbehörde vom 5.1.1993 unter Hinweis auf das gesetzlich vorgegebene Erfordernis, dass der Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert sein müsse, abgelehnt. In den Folgejahren sind drei Versuche, eine Arbeitsstelle anzutreten, aktenkundig geworden. Eine 1996 initiierte Beschäftigung in Berlin scheiterte daran, dass der Kläger die von der Ausländerbehörde Berlin insoweit geforderte Einstellungszusicherung des künftigen Arbeitgebers nicht beibrachte. Ein weiterer Versuch, 1996 zwecks Arbeitsaufnahme nach Hamburg umzuziehen, schlug fehl, weil die dortige Ausländerbehörde davon ausging, dass der Bezug weiterer Sozialhilfe nicht auszuschließen sei und den Umzug daher ablehnte. Aus den gleichen Gründen wurde 2005 ein erneuter Antrag, zwecks Aufnahme einer Beschäftigung nach Berlin umzusiedeln, von der dortigen Ausländerbehörde abgelehnt.

Am 6.3.2003 beantragte der Kläger seine Einbürgerung.

Er nahm am 17.4.2004 an einem Deutschkurs teil, den er nicht bestand, da er bei einer Bestehensgrenze von 61 Punkten lediglich 26 Punkte erreichte.

Unter Hinweis hierauf und die Tatsache, dass der Kläger den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen bestreiten konnte, wobei er letzteres nach den Auskünften der Arbeits- und Sozialverwaltung mangels ausreichender Bemühungen um eine Arbeitsstelle zu vertreten habe, teilte der Beklagte dem Kläger mit Anhörungsschreiben vom 27.6.2006 mit, dass eine positive Bescheidung seines Einbürgerungsantrags nicht in Betracht komme.

Mit Schreiben vom 17.7.2006 bekundete der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass dieser stets in der Lage sei, auch umfangreiche, schwierige Sachverhalte sowie deren rechtliche Bewertung in einem deutsch geführten Gespräch zu verstehen und richtig zu bewerten. Zudem dürften sich seine Sprachkenntnisse seit dem Sprachtest 2004 weiter verbessert haben. Die Inanspruchnahme von Sozialleistungen habe der Kläger nicht zu vertreten. Er habe sich bereits kurz nach seinem Eintreffen in Deutschland eigenständig um Arbeit bemüht, damals aber keine Arbeitserlaubnis erhalten. 2005 sei eine Arbeitsaufnahme in Berlin an der Verweigerung der Zustimmung der Ausländerbehörde Berlin gescheitert. Er habe keinen Beruf gelernt und sei 63 Jahre alt, weswegen es so gut wie ausgeschlossen sei, dass er noch eine Stelle finden werde. Von mutwilliger Nichtarbeit könne keine Rede sein. Im Übrigen sei im Rahmen der Ermessensentscheidung die Dauer seines Aufenthalts und die Tatsache zu berücksichtigen, dass sechs seiner sieben Kinder in Deutschland leben und größtenteils längst eingebürgert seien. Die Beziehungen zu seinem Heimatland seien - mit Ausnahme weniger Besuche - abgerissen. Er beabsichtige, seinen Lebensabend in Deutschland zu verbringen.

In der Folge absolvierte der Kläger auf Vorschlag des Beklagten einen Integrationskurs Deutsch und nahm am 7.11.2008 erneut an einem Deutschtest teil, bei dem er bei einer Bestehensgrenze von 61 Punkten 56 Punkte erreichte.

Bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 nahm der Kläger keine Erwerbstätigkeit mehr auf und lebte mit seiner Familie von Sozialleistungen. Seit Erreichen des Rentenalters bezieht er mangels Anspruchs auf eine Altersrente Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.

Auf erneute Anhörungsschreiben des Beklagten vom 8.12.2008 und vom 26.6.2009 machte der Kläger ergänzend geltend, sich seit vielen Jahren in die hiesigen Lebensverhältnisse eingefügt zu haben. Er habe auch nicht lediglich auf Veranlassung des Sozialamtes beim Arbeitsamt vorgesprochen, sondern sich wiederholt und regelmäßig bei den Arbeitsämtern in H., V. und A-Stadt als arbeitssuchend gemeldet. Das Nichtbestehen der Sprachtests erkläre sich nicht aus mangelnden Sprachkenntnissen, sondern fehlender Vorbildung, die er altersbedingt nicht mehr ausgleichen könne.

Am 14.7.2009 beantragte der Kläger bei der Ausländerbehörde die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Der Antrag wurde durch Bescheid vom 19.11.2009 mangels dauerhafter Sicherung des Lebensunterhalts aus eigenen Mitteln abgelehnt. Der den diesbezüglich eingelegten Widerspruch zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 19.2.2010 ist in Bestandskraft erwachsen.

In einer beklagtenseits erbetenen Stellungnahme des Landesverwaltungsamtes vom 29.10.2009 heißt es, die 1980 seitens des Klägers begehrte Arbeitserlaubnis für eine Hilfsarbeitertätigkeit sei damals aus arbeitsmarktpolitischen Gründen abgelehnt worden. Am 31.8.1982 sei dem Kläger eine bis 22.12.1982 befristete Arbeitserlaubnis für eine Aushilfstätigkeit mit geringfügiger Beschäftigung erteilt worden. Einem Aktenvermerk vom 18.11.1996 zufolge wäre nach Auskunft der Ausländerbehörde Berlin eine Arbeitsaufnahme in Berlin möglich gewesen, wenn der Kläger eine Einstellungszusicherung vorgelegt und ein entsprechendes Einkommen nachgewiesen hätte. Dies sei nicht geschehen. Hinsichtlich des stattdessen am 12.12.1996 vorgelegten Arbeitsvertrags betreffend eine Beschäftigung in Hamburg sei ein Umzug von der dortigen Ausländerbehörde wegen der nicht auszuschließenden Möglichkeit weiterer Sozialhilfebedürftigkeit abgelehnt worden. Aus dem gleichen Grund habe die Ausländerbehörde Berlin einem Umzug zwecks Arbeitsaufnahme im Jahr 2005 nicht zugestimmt.

Mit Schreiben vom 26.11.2009 unterrichtete der Beklagte den Kläger über den Inhalt der Auskunft des Landesverwaltungsamtes. Der Kläger hielt dem entgegen, der Umstand, dass sich lediglich zwei Arbeitsverträge in den Akten befänden, könne nicht belegen, dass ansonsten keine Erwerbsbemühungen seinerseits stattgefunden hätten.

Durch Bescheid vom 3.3.2010, der am gleichen Tag zur Post gegeben wurde, lehnte der Beklagte den Einbürgerungsantrag des Klägers ab. Ein Anspruch auf Einbürgerung scheitere am Fehlen ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache. Da der Kläger mit 36 Jahren eingereist sei, habe er in jungen Jahren Zeit genug gehabt, die erforderlichen Sprachkenntnisse zu erwerben, so dass er sich nicht auf altersbedingte Defizite berufen könne. Daneben fehle es an den wirtschaftlichen Voraussetzungen, da der Kläger den Bezug öffentlicher Mittel mangels hinreichender Eigenbemühungen zu vertreten habe. Hindernisse infolge der ausländerrechtlichen Situation hätten jedenfalls seit dem 22.10.1991 nicht bestanden, weil der Kläger seitdem durchgehend - zunächst befristet und seit dem 22.7.2001 unbefristet - über eine Arbeitserlaubnis für eine berufliche Tätigkeit jeder Art verfügt habe. Die Versuche, zwecks Arbeitsaufnahme nach Berlin beziehungsweise Hamburg umzusiedeln, seien - bedingt durch den fehlenden Nachweis eines ausreichenden Verdienstes - gescheitert. Eine Einbürgerung im Ermessensweg sei ausgeschlossen, weil der nach den Nrn. 8.1.2.1.1 und 8.1.2.1.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise erforderliche Nachweis der Sprachkenntnisse nicht erbracht sei und es zudem an der Unterhaltsfähigkeit fehle. Auch liege seine Einbürgerung weder im öffentlichen Interesse, noch stelle ihre Versagung eine besondere Härte für den Kläger dar.

Mit seiner durch seine nunmehrige Prozessbevollmächtigte am 12.3.2010 erhobenen Klage hat der Kläger sein Einbürgerungsbegehren unter Hinweis auf Nr. 8.1.3.7 der Vorläufigen Anwendungshinweise weiterverfolgt. Hiernach sei den Anforderungen an die Sprachkenntnisse ausnahmsweise Genüge getan, wenn Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet und seit 12 Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben in deutscher Sprache mündlich verständigen können. Dies habe der Beklagte bei der nach § 8 StAG zu treffenden Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Voraussetzungen gelte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Vertretenmüssen im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG einen gewissen Gegenwartsbezug voraussetze. Hiernach dürften aktuell nicht rückgängig zu machende Fernwirkungen vergangenen zurechenbaren Verhaltens einem Einbürgerungsbewerber nicht ohne jede zeitliche Grenze entgegengehalten werden.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 3.3.2010 zu verpflichten, ihn einzubürgern,

hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 3.3.2010 zu verpflichten, über den Antrag auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat seine Ansicht bekräftigt, wonach einer Anspruchseinbürgerung die unzureichenden Sprachkenntnisse entgegenstünden und eine Ermessenseinbürgerung wegen des Leistungsbezugs des Klägers ausgeschlossen sei. Im Rahmen des § 8 StAG sei die Frage des Vertretenmüssens ohne Relevanz. Eine besondere Härte oder ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG liege offensichtlich nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27.09.2011.ergangenes Urteil, der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 17.10.2011, abgewiesen. Eine Einbürgerung nach § 10 StAG scheide aus, da der Kläger keinen für die Einbürgerung geeigneten Aufenthaltstitel inne habe. Der Kläger verfüge nicht über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht, sondern nur über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG, die nach den ausdrücklichen und durch Sinn und Zweck der Vorschrift gedeckten Vorgaben des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG zur Begründung eines Einbürgerungsanspruchs nicht ausreiche. Der auf Einbürgerung unter Ermessensgesichtspunkten nach Maßgabe des § 8 StAG gerichtete Hilfsantrag müsse ebenfalls ohne Erfolg bleiben. Insoweit sei entscheidend, dass der Kläger die in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG formulierten Anforderungen an die Unterhaltsfähigkeit nicht erfülle und die Voraussetzungen, unter denen nach § 8 Abs. 2 StAG eine Ausnahme von diesem Erfordernis möglich sei, nach den konkreten Umständen nicht vorlägen. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG stehe der Leistungsbezug einer positiven Ermessensentscheidung auch dann entgegen, wenn dieser im Einzelfall nicht zu vertreten sei. Auf die klägerseits in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gegenwartsbezug des Vertretenmüssens komme es daher nicht an. Ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG sei nicht ersichtlich, da der Kläger keine besonderen Integrationsleistungen erbracht habe. Dass er geltend mache, sich in das soziale Leben der Bundesrepublik Deutschland eingegliedert zu haben und sich im Alltagsleben ohne Probleme in deutscher Sprache verständigen zu können, entspreche nur dem Mindeststandard und belege keine besondere Integrationsleistung. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür aktenkundig, dass der Kläger einen maßgeblichen Beitrag zur Ermöglichung der Einbürgerung seiner Kinder geleistet habe. Ebenso wenig sei die Annahme einer besonderen Härte gerechtfertigt. Zwar gehöre der Kläger als „ältere Person mit langem Inlandsaufenthalt“ zu dem in Nr. 8.2 letzter Satz der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren besonders erwähnten Personenkreis, bei dem Gesichtspunkte der Vermeidung einer besonderen Härte grundsätzlich in Betracht kämen. Allerdings sei nicht erkennbar, inwieweit sich seine persönliche Situation durch eine Einbürgerung verbessern würde. Eben sowenig sei dargelegt, dass ihm ein weiteres Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Ihm werde auch ohne die begehrte Einbürgerung nicht verwehrt, seinen Lebensabend in Deutschland zu verbringen.

Auf den am 26.10.2011 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen den den Hilfsantrag abweisenden Teil des erstinstanzlichen Urteils hat der Senat die Berufung beschränkt auf die Abweisung des Hilfsantrags durch Beschluss vom 2.2.2012, der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 8.2.2012, unter gleichzeitiger Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das zweitinstanzliche Verfahren zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung bekräftigt der Kläger in seinem am 29.2.2012 eingegangenen Schriftsatz seine Argumentation, wonach die fehlende Sicherung des Lebensunterhalts eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG nicht zwingend ausschließe. Es bedürfe im Rahmen der Ermessenserwägungen einer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gegenwartsbezug des Vertretenmüssens. Auch habe das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass das Ermessen bei Prüfung der Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung nicht derart ausgeübt werden solle, dass der Maßstab ein strengerer sei als bei der Anspruchseinbürgerung. Hiernach sei im Rahmen des § 8 StAG nach Maßgabe der konkreten Umstände eine Absenkung der Sprachanforderungen bis hin zum vollständigen Verzicht auf Kenntnisse der Schriftsprache gestattet. Zudem sei Nr. 8.1.1.4 der Vorläufigen Anwendungshinweise in den Blick zu nehmen, wo auf die Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 2 StAG verwiesen werde. Hiernach sei der Einbürgerungsbehörde ein Ermessen eröffnet, das öffentliche Interesse zu werten und in Beziehung zu dem Versagungsinteresse wegen fehlender Unterhaltsfähigkeit zu setzen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 27.9.2011 zu verpflichten, seinen Bescheid vom 3.3.2010 aufzuheben und über den Antrag auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, von dem einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG entgegenstehenden Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit könne nicht gem. § 8 Abs. 2 StAG abgesehen werden, denn es fehle - wie das Verwaltungsgericht ausgeführt habe - an einer besonderen Härte und ebenso am Bestehen eines öffentlichen Interesses im Sinne der genannten Vorschrift. In letzterem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Ausnahmevorschrift insbesondere die Einbürgerung staatsangehörigkeitsrechtlich besonders Schutzbedürftiger im Blick gehabt habe. Soweit daneben auch andere Gruppen - wie lebensältere Personen mit langem Inlandsaufenthalt - privilegiert sein könnten, sei zu beachten, dass die diesbezüglichen Vorgaben der Anwendungshinweise „60 Jahre“ und „12-jähriger Aufenthalt“ nur Ausdruck einer Regelvermutung der faktlichen Integration dieser Personen seien, die aber im Einzelfall durch die Persönlichkeit und Vita des Betroffenen widerlegt sein könne. Fallbezogen widerlege die gesamte Vita des Klägers auch bei Außerachtlassung des Leistungsbezugs dessen faktische Integration, so dass ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG tatbestandlich nicht bestehe. Dies spiegele sich auch in dem ungewöhnlichen Umstand wider, dass der Kläger trotz seines 30-jährigen Aufenthalts in Deutschland noch immer keinen verfestigten (Dauer-)Aufenthaltstitel habe. Fordere man - wie das Verwaltungsgericht - für die Feststellung eines öffentlichen Interesses zudem besondere Integrationsleistungen des Einbürgerungsbewerbers, so scheide die Annahme eines öffentlichen Interesses im Falle des Klägers erst recht aus. Selbst wenn man die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 StAG noch bejahen und damit den Weg zu einer Ausübung des Ermessens unter umfassender Würdigung der für und gegen den Kläger bzw. dessen Integration sprechenden Umstände eröffnen würde, könne dies im Ergebnis nicht zu einer dem Kläger günstigen Entscheidung führen. Zugunsten des Klägers sei zu berücksichtigen, dass er bereits seit über 30 Jahren in Deutschland lebe und zwischenzeitlich „lebensälter“ sei, was Änderungen seines Integrationsstandes und seiner wirtschaftlichen Verhältnisse erschwere bzw. ausschließe. Außerdem könne er sich zumindest auf einfache Art verständigen. Gegebenenfalls könne für die Integration eines Einbürgerungsbewerbers auch eine positive und durchgängige Integration seiner gesamten Familie sprechen, die jedoch hinsichtlich der Familie des Klägers nach Aktenlage gerade nicht festzustellen sei. Gegen seine Integration sprächen seine (allenfalls) „alltagstauglichen Deutschkenntnisse“. Er erfülle noch nicht einmal das nach altem Recht zu fordernde Sprachniveau A 2, wobei nicht erkennbar sei, warum er, der bereits mit Mitte dreißig nach Deutschland gekommen sei, nicht erfolgreich Deutsch gelernt habe. Seit 1996 habe er freien Zugang zum Arbeitsmarkt gehabt. Dass er dennoch keine Erwerbsmöglichkeit gefunden habe, erkläre sich nicht allein aus seiner mangelnden beruflichen Vorbildung. Er habe wegen seiner unterbliebenen bzw. nur geringfügigen Erwerbstätigkeit hinreichende zeitliche Möglichkeiten gehabt, seine Deutschkenntnisse und damit auch seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Da Sprachkenntnisse ein wesentlicher Faktor für eine wirtschaftliche Integration seien, seien ihm seine fehlenden Spracherwerbsbemühungen vorzuhalten. In Folge der früheren Versäumnisse sei er nun zeitlebens auf öffentliche Leistungen angewiesen. Anders als im Rahmen eines Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG, der gerade einer gelungenen Integration entspringe, sei der Zeitfaktor im Rahmen der Ermessensausübung durchaus berücksichtigungsfähig. Insoweit könne nicht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG zurückgegriffen werden. Eine Beschränkung des Betrachtungszeitraums auf acht Jahre würde in diesem Zusammenhang stets dazu führen, dass bei „älteren Personen“ auf die Mindestvoraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG irgendwann generell zu verzichten wäre, was über die Zielsetzung des § 8 Abs. 2 StAG, eine umfassende Ermessensausübung zu eröffnen, hinausgehen würde. Fallbezogen seien die wirtschaftliche Situation und Erwerbsbiographie auch der Grund, weswegen der Kläger überhaupt „nur“ einen „schwachen“ Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 AufenthG besitze, weswegen eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG ausgeschlossen sei. Eine Gewichtung der zeitlichen Komponente des Vertretenmüssens des Leistungsbezugs im Rahmen des § 8 StAG sei indes nach allem Gesagten nicht geboten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (2 Hefte, 1 Ordner), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, muss aber in der Sache ohne Erfolg bleiben.

Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage hinsichtlich des Hilfsantrags, den allein der Kläger im Berufungsverfahren weiterverfolgt, zu Recht abgewiesen. Ihm ist zudem darin zuzustimmen, dass dem Kläger mit Blick auf das Fehlen eines insoweit geeigneten Aufenthaltstitels kein aus § 10 StAG herleitbarer Anspruch auf Einbürgerung zusteht. Dies hat der Kläger ausweislich der Beschränkung seines Berufungsbegehrens akzeptiert. Sein im Berufungsverfahren weiter verfolgter Antrag, den Beklagten zu verpflichten, über seinen Einbürgerungsantrag in Anwendung des § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 StAG erneut nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ist unbegründet.

1. Ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch auf Neubescheidung setzt zunächst voraus, dass die durch die Vorschrift vorgegebenen gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Ist dies zu bejahen, so steht die Einbürgerung im grundsätzlich weiten Ermessen des Beklagten als zuständiger Einbürgerungsbehörde.(Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht - GK-StAR -, Stand 25. Erg.lfg. August 2011, § 8 Rdnr. 170 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 27.5.2010 - 5 C 8/09 -, NVwZ 2010, 1502 ff.)

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 8 Abs. 1 StAG ist geklärt, dass der Einbürgerungsbehörde ein Einbürgerungsermessen nach dieser Vorschrift nur eingeräumt ist, wenn neben den sonstigen in der Vorschrift aufgeführten und vorliegend außer Streit stehenden Voraussetzungen das auf den Nachweis der wirtschaftlichen Integration zielende Tatbestandsmerkmal der Nr. 4 erfüllt ist.(BVerwG, Urteil vom 27.2.1958 - I C 99.56 -, BVerwGE 6, 207 ff.) Hiernach muss der Ausländer im Stande sein, sich und seine Angehörigen aus eigener Kraft zu ernähren. Ist dies nicht der Fall, weil der Ausländer auf den Bezug von (ergänzenden) Sozialleistungen angewiesen ist, spielt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der obergerichtlichen Rechtsprechung(OVG Berlin, Beschluss vom 9.10.1995 - 5 M 25.95 -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.3.1996 - 13 S 1908/95 -, jeweils juris) zu § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG keine Rolle, ob der Ausländer seine Bedürftigkeit zu vertreten hat. Auf Kritik von Seiten der Kommentarliteratur(GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnr. 124), wonach dieses keine Ausnahmen zulassende Verständnis des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG den seit Inkrafttreten der Vorschrift im Jahr 1914 zu verzeichnenden sozialpolitischen Veränderungen nicht angemessen Rechnung trage, hat das Bundesverwaltungsgericht seine am Wortlaut orientierte Auslegung der Vorschrift in der Vergangenheit mehrfach bekräftigt. Es hat dies damit begründet, dass der Gesetzgeber das Staatsangehörigkeitsrecht - u.a. auch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG - wiederholt geändert, dabei die Einbürgerung für bestimmte Personenkreise mit Wirkung zum 1.1.1991 erleichtert und geregelt habe, unter welchen Voraussetzungen die Inanspruchnahme von Sozialleistungen der Einbürgerung nicht entgegenstehe. Dies berücksichtigend verbiete es sich, die unverändert gebliebene Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, die in diese neuere Gesetzgebung nicht einbezogen worden sei, teleologisch zu reduzieren.(BVerwG, Beschlüsse vom 5.5.1997 - 1 B 94/97 -, NVwZ-RR 1997, 738 f., und vom 10.7.1997 - 1 B 141/97 -, NVwZ 1998, 183 f.; Urteil vom 22.6.1999 - 1 C 16/98 -, InfAuslR 1999, 501 ff.) Zu der Frage, wann ein Einbürgerungsbewerber sich und seine Angehörigen auf Dauer aus eigenen Mitteln ernähren kann, hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.7.1998 - 13 S 2212/96 -, InfAuslR 1998, 509 ff.) überzeugend ausgeführt, dass er zumindest über eigene Einnahmen in Höhe der Regelsätze der Sozialhilfe verfügen muss.

Fallbezogen scheitert ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags am Nichtvorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung der Nr. 4 der Vorschrift, da der Kläger für sich und seine Ehefrau fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Gestalt der bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII bezieht. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass dieser Leistungsbezug einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG auch dann entgegensteht, wenn der Kläger den Umstand, der ihn zur Inanspruchnahme dieser Leistungen berechtigt, nicht zu vertreten hat.

Da es im Rahmen der Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG nicht darauf ankommt, ob der Einbürgerungsbewerber seine Bedürftigkeit zu vertreten hat, ist aus Rechtsgründen kein Raum für die von dem Kläger reklamierte entsprechende Heranziehung der vom Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 19.2.2009 - 5 C 22/08 -, NVwZ 2009, 843 ff.) entwickelten Grundsätze zur Frage, unter welchen Voraussetzungen sich frühere Versäumnisse nicht mehr als wesentliche, prägende Ursache für den Leistungsbezug darstellen und daher vom Einbürgerungsbewerber nicht mehr im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG zu vertreten sind. Dies ist sachgerecht, denn die gesetzlichen Erleichterungen, die diese Vorschrift gewährt, rechtfertigen sich - wie das Bundesverwaltungsgericht in dem klägerseits zitierten Urteil vom 19.2.2009 ausdrücklich hervorgehoben hat - daraus, dass bei zurechenbar unzureichender wirtschaftlicher Integration schon die erforderliche Voraufenthaltszeit eines achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalts oder der für den Einbürgerungsanspruch erforderliche Aufenthaltsstatus gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht erreicht werden kann, weil die aufenthaltsrechtlichen Vorschriften (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) regelmäßig einen gesicherten Lebensunterhalt verlangen. Dies gilt insbesondere auch für die Ersetzung einer - wie im Fall des Klägers - nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen erteilten oder verlängerten befristeten Aufenthaltserlaubnis durch eine Niederlassungserlaubnis, da deren Erteilung nach den §§ 26 Abs. 4 i.V.m. 9 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ebenfalls voraussetzt, dass der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist.

Der Kläger begründet seine Ansicht, im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG dürfe hinsichtlich der Unterhaltsfähigkeit kein strengerer Maßstab als im Rahmen des § 10 StAG angelegt werden, mit den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010.(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O.) Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Ausführungen, wonach die Anspruchsvoraussetzungen bzw. Ausschlussgründe der §§ 10 und 11 StAG der Sache nach bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG berücksichtigt werden dürfen, ausdrücklich unter dem Vorbehalt stehen, dass sie in § 8 Abs. 1 StAG nicht schon auf der Tatbestandsebene modifiziert sind. Gerade dies ist der Fall, denn die tatbestandlichen Anforderungen an die Unterhaltsfähigkeit sind in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG anders - insbesondere unter Anlegung strengerer Kriterien - geregelt als in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG.

Im Übrigen verkennt der Kläger bei seiner Argumentation, ihm dürften die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zugerechnet werden, dass die diesbezüglich vom Bundesverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht entwickelten Kriterien in seinem Fall nicht erfüllt sind. Denn der hiernach maßgebliche Zeitraum von acht Jahren ist noch nicht verstrichen. Dem Kläger ist entgegenzuhalten, dass er und seine Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft seit Erreichen des Rentenalters im Juli 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter beziehen, weil er sich seit Erhalt seiner Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 nur unzureichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat und daher keinen Anspruch auf eine Altersrente erwerben konnte. Ausweislich der Ausländerakte ist der Kläger seitens der Ausländerbehörde frühzeitig schriftlich darauf hingewiesen worden, dass eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden kann, wenn der Lebensunterhalt der Familie aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert ist (Schreiben der Ausländerbehörde vom 4.11.1992, Bl. 173 f. der Ausländerakte, und Bescheid vom 5.1.1993 betreffend die Ablehnung der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, Bl. 178 f. der Ausländerakte). Aktenkundig sind indes lediglich drei - von vornherein wenig erfolgversprechende - Versuche, eine Arbeitsstelle zu finden, nämlich seine Bewerbungen 1996 in Berlin bzw. Hamburg und 2005 erneut in Berlin. Die jeweiligen Ausländerbehörden lehnten eine Aufnahme des Klägers in ihren Zuständigkeitsbereich jeweils ab, und zwar wegen Nichtbeibringung der geforderten Einstellungszusicherung (Bl. 219 der Ausländerakte) bzw. weil nach der Höhe des voraussichtlichen Verdienstes nicht auszuschließen war, dass er weiterhin auf den Bezug von Sozialleistungen angewiesen sein würde (Bl. 230 und 279 der Ausländerakte). Sonstige - insbesondere ortsnahe und insofern erfolgversprechendere - Bemühungen des Klägers um eine Beschäftigung trägt dieser selbst nicht vor. Er gibt lediglich an, sich wiederholt und regelmäßig bei den Arbeitsämtern in H., V. und A-Stadt als arbeitssuchend gemeldet zu haben (Bl. 176 der Einbürgerungsakte). Erfolglos gebliebene Bewerbungen behauptet er nicht. Zudem tritt er der Feststellung in dem angefochtenen, die Einbürgerung ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 3.3.2010, es könne nicht von einem unverschuldeten Bezug öffentlicher Mittel ausgegangen werden, im Klage- und Berufungsverfahren nur insoweit entgegen, als er geltend macht, mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien ihm die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zurechenbar. Dies trifft indes gerade nicht zu. Denn der Sachverhalt stellt sich so dar, dass dem Kläger seit Erhalt einer Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 unzureichende Bemühungen um eine Arbeitsstelle entgegenzuhalten sind. Seit Beendigung dieser langen Zeit mangelnder Anstrengungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes sind im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erst ca. vier Jahre verstrichen, so dass der Kläger aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schon aus tatsächlichen Gründen nicht zu seinen Gunsten herleiten kann, dass er für seine jahrelang unzureichenden Bemühungen nicht mehr einzustehen habe.

2. Aus § 8 Abs. 2 StAG leitet sich ein Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags ebenfalls nicht her.

Nach dieser Vorschrift kann von dem Unbescholtenheitserfordernis des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG und dem Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden. Der Gesetzgeber hat diese Ausnahmevorschrift, die bezüglich der Nr. 4 am 1.1.2005 und bezüglich der Nr. 2 am 28.9.2007 in Kraft getreten ist, neu in das Staatsangehörigkeitsgesetz eingefügt, weil er im Hinblick auf die Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG mit ihren speziellen Voraussetzungen auch bei der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG eine Ausnahmeregelung als erforderlich ansah. Bei den Tatbestandsvoraussetzungen „Gründe des öffentlichen Interesses“ und „Vermeidung einer besonderen Härte“ handelt es sich jeweils um unbestimmte Rechtsbegriffe, die inhaltlicher Konkretisierung bedürfen und deren Auslegung und Anwendung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Fallbezogen spricht nichts für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands.

Die Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 2 StAG ist für die Auslegung der Vorschrift nicht ergiebig. Sie führt lediglich einen - hier nicht einschlägigen - Beispielsfall einer besonderen Härte an. Hinweise zum Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Gründe des öffentlichen Interesses“ fehlen vollständig.(BT-Drs. 14/7387, S. 107, und 15/420, S. 116)

In der Rechtsprechung ist bisher nur in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Vermeidung einer besonderen Härte geklärt, welche konkreten Anforderungen die gesetzliche Neuregelung an das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls stellt.

Das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 20.3.2012 - 5 C 5.11 -) hat vor kurzem entschieden, dass eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG durch atypische Umstände des Einzelfalls bedingt und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen sein muss und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden könnte. Es hat damit die bisher zu den Anforderungen an das Vorliegen einer besonderen Härte ergangene obergerichtliche Rechtsprechung(HessVGH, Beschluss vom 21.10.2008 - 5 A 1820.08.Z -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009 - 13 S 2428.08 -, jeweils juris), u.a. des Senats(OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.6.2010 - 1 A 88/10 -, juris), bestätigt. Dies zugrundelegend kommt fallbezogen ein Einbürgerungsermessen des Beklagten zur Vermeidung einer besonderen Härte nicht in Betracht. Die Argumentation des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, eine besondere Härte liege darin, dass er wegen seines Alters außer Stande sei, an seinem Angewiesensein auf den Bezug von Sozialleistungen noch etwas zu ändern, geht fehl. Denn diese Situation wird weder durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen noch könnte sie durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der Würdigung der Versagung der Einbürgerung als besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG selbst in Fällen, in denen der Betroffene den Bezug von Sozialhilfeleistungen nicht zu vertreten hat, bereits mehrfach - u.a. in seinem vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 20.3.2012 in Bezug genommenen Beschluss vom 11.6.2009 - eine Absage erteilt.(OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 11.6.2009 - OVG 5 M 30.08 -, und vom 8.2.2010 - OVG 5 M 48.09 -, jeweils juris) Auch dies überzeugt.

Zur Frage, wann die Voraussetzungen des alternativen Tatbestandsmerkmals „aus Gründen des öffentlichen Interesses“ erfüllt sind, hat sich das Bundesverwaltungsgericht noch nicht dezidiert geäußert. In seinem Urteil vom 20.3.2012 hat es allerdings beanstandet, dass das Berufungsgericht das Vorbringen des dortigen Einbürgerungsbewerbers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, in tatsächlicher Hinsicht nicht hinterfragt und nicht geprüft habe, wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien.

Die obergerichtliche Rechtsprechung hat sich zu den Anforderungen, die an das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu stellen sind, ebenfalls noch nicht festgelegt. In den Entscheidungen, in denen § 8 Abs. 2 StAG Erwähnung findet, heißt es - sofern das Vorliegen eines öffentlichen Interesses angeprüft wird - jeweils ohne nähere Darlegung, ein solches sei nicht erkennbar.(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009, a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 21.10.2011 - 1 S 135/11 -, NVwZ-RR 2012, 160 f.) An erstinstanzlichen Entscheidungen finden sich ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach(VG Ansbach, Urteil vom 10.9.2008 - AN 15 K 08.00780 -, juris) und mehrere Urteile des Verwaltungsgerichts des Saarlandes(VG des Saarlandes, Urteile vom 9.2.2010 - 2 K 530/09 -, vom 14.12.2010 - 2 K 445/09 -, vom 22.11.2011 - 2 K 560/10 - und vom 31.1.2012 - 2 K 667/10 -, jeweils juris), u.a. auch das im Verfahren des Klägers ergangene Urteil vom 27.9.2011.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat zu der dortigen Fallgestaltung ausgeführt, Anhaltspunkte für Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn von § 8 Abs. 2 StAG lägen nicht vor, auch wenn die Beachtung einer Staatenlosigkeit wegen der Verpflichtung, die Einbürgerung so weit wie möglich zu erleichtern, hierzu gezählt werde. Auch spiele die von dem Kläger angeführte, im öffentlichen Interesse liegende einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer ausreichenden Integration in die deutschen Verhältnisse keine ausschlaggebende Rolle. Eine klare Aussage dazu, wann Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn des Abs. 2 vorliegen, enthalten diese Ausführungen nicht.

Nach dem in den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts des Saarlandes zum Ausdruck kommenden Verständnis der in § 8 Abs. 2 StAG getroffenen Ausnahmeregelung soll das Vorliegen von Gründen des öffentlichen Interesses voraussetzen, dass der Einbürgerungsbewerber besondere Integrationsleistungen erbracht hat.

In der Kommentarliteratur wird gefordert, den Begriff des öffentlichen Interesses weit auszulegen. Anknüpfungspunkt der Argumentation sind die Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht - StAR-VwV - zur Handhabung des durch § 8 Abs. 1 StAG eröffneten Ermessens und die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG, die noch einer (für die Einbürgerungsbehörden) verbindlichen Umsetzung durch Änderung der StAR-VwV bedürfen. Das öffentliche Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei im Zusammenhang zu sehen mit den vom Bundesministerium des Inneren vorgegebenen Einbürgerungserleichterungen, die im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen seien und das öffentliche Interesse an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck brächten. Seien die Voraussetzungen einer solchen Einbürgerungserleichterung erfüllt, sei regelmäßig auch ein Abweichen vom Unterhaltserfordernis angezeigt.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 157; Hailbronner/Renner/Maaßen, a.a.O., § 8 Rdnr. 48) Zu eng, jedenfalls nicht abschließend, seien die Vorgaben der Nr. 8.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise. Denn der Gesetzgeber habe - anders als dort gefordert - nicht ein „besonderes“ oder gar „herausragendes“ öffentliches Interesse zur Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung gemacht, sondern ein „schlichtes“ öffentliches Interesse. Ein solches manifestiere sich grundsätzlich in allen in der Verwaltungspraxis anerkannten und in der StAR-VwV bezeichneten Einbürgerungserleichterungen.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 159 f.)

Diese Auslegung erscheint zu weitgehend. Sie beruht offenbar auf der Annahme, der Begriff des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei identisch mit dem in den Nummern 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV umschriebenen öffentlichen Interesse, das in den Fällen des § 8 Abs. 1 StAG im Rahmen des Einbürgerungsermessens eine dem Einbürgerungsbewerber positive Entscheidung ermöglichen kann. Wenngleich die Verwendung des Begriffs „öffentliches Interesse“ in Abs. 2 der Vorschrift dieses Verständnis auf den ersten Blick durchaus rechtfertigen könnte, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass die Annahme, der Gesetzgeber habe das Tatbestandsmerkmal „öffentliches Interesse“ im Sinn der zur Förderung einer einheitlichen Handhabung des Einbürgerungsermessens erlassenen Vorgaben der StAG-VwV zu § 8 Abs. 1 StAG verstanden wissen wollen, nicht tragfähig ist.

In Bezug auf § 8 Abs. 1 StAG verlangt das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteile 27.2.1957 - I C 165.55 -, BVerwGE 4, 298 ff., vom 30.9.1958 - I C 20.58 -, BVerwGE 7, 237 ff., vom 21.10.1986 - 1 C 44.84 -, BVerwGE 75, 86 ff., und vom 27.5.2010, a.a.O., m.w.N.) bisher in ständiger Rechtsprechung von den Einbürgerungsbehörden, bei der Ermessensausübung darauf abzustellen, ob ein staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht. Die Behörde habe zu prüfen, ob die Einbürgerung sowohl nach den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers als auch nach allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten im staatlichen Interesse erwünscht ist, ohne dass eine Abwägung mit den persönlichen Interessen des Einbürgerungsbewerbers stattfinde. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner zuletzt zur Problematik ergangenen bereits in Bezug genommenen Entscheidung vom 27.5.2010 offen gelassen, ob es ungeachtet der diesbezüglichen Kritik(Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 8 Rdnr. 50; GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnrn. 178 ff.) daran festhalten wird, dass bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG ohne Abwägung des privaten Interesses des Einbürgerungsbewerbers allein das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung zu berücksichtigen ist. Allerdings spricht im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 StAG - wie noch auszuführen sein wird - alles dafür, Einbürgerungserleichterungen, die den persönlichen Verhältnissen des Einbürgerungsbewerbers Rechnung tragen sollen, nicht als ausreichend zur Begründung eines öffentlichen Interesses zu erachten, sondern ein spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung als unverzichtbar zu fordern.

Die Vorgaben der StAR-VwV, insbesondere die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, die nach Ansicht der Kommentarliteratur ein öffentliches Interesse auch im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck bringen können, sind am 1.2.2001, also lange bevor der Gesetzgeber die Einfügung des heutigen § 8 Abs. 2 StAG beschlossen hat, in Kraft getreten. Nach Nr. 8.0 StAR-VwV kann bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG eine Einbürgerung nach Ermessen der Behörde erfolgen, wenn im Einzelfall ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung festgestellt werden kann. In diesem Zusammenhang heißt es unter Nr. 8.1.2, dass die Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 allgemeine Grundsätze für die Ermessensausübung enthalten und festlegen, unter welchen Voraussetzungen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung anzunehmen ist. Demgemäß sind die unter Nr. 8.1.2 StAR-VwV fixierten allgemeinen Grundsätze für die Ermessensausübung und die unter Nr. 8.1.3 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen für bestimmte Personengruppen vom Bundesministerium des Inneren mit dem Ziel konzipiert worden, den Einbürgerungsbehörden durch Konkretisierung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Rahmen für eine einheitliche Bewältigung der speziell bei der Anwendung des § 8 Abs. 1 StAG zu erwartenden Problemstellungen vorzugeben.

Dass jede zu § 8 Abs. 1 StAG anerkannte Einbürgerungserleichterung gleichzeitig ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zum Ausdruck bringt, ist indes nicht anzunehmen.

Das öffentliche Interesse jeweils inhaltsgleich zu verstehen, hieße zunächst, dass einerseits eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 1 der Vorschrift nur in Betracht kommt, wenn u.a. die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und 4 und gleichzeitig die im Rahmen der Ermessensbetätigung nach der StAR-VwV zu prüfenden Kriterien, von deren Vorliegen das Bestehen eines öffentlichen Interesses abhängt, allesamt erfüllt sind, dass andererseits aber eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 2 der Vorschrift bei Vorliegen der gleichen das öffentliche Interesse bestimmenden Kriterien ohne Weiteres auch möglich wäre, wenn der Einbürgerungsbewerber den tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und/oder 4 nicht genügt. Dies kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Denn die unter Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 erfassten Kriterien für das Vorliegen des im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG von der Rechtsprechung geforderten öffentlichen Interesses tragen durchaus unterschiedlichen Anliegen Rechnung, die teils primär private Belange des Einbürgerungsbewerbers und teils ausschließlich staatliche Belange im Blick haben. Die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen sind von daher nicht in gleicher Weise geeignet, im Rahmen der Ausnahmevorschrift des Abs. 2 Berücksichtigung zu finden. Die Tatbestandsmerkmale der Unbescholtenheit und der Unterhaltsfähigkeit im Sinn der Nrn. 2 und 4 des § 8 Abs. 1 StAG wären bei dem von der Kommentarliteratur vertretenen Verständnis des in Abs. 2 der Vorschrift verwendeten Begriffs des öffentlichen Interesses ihrer Bedeutung als das Einbürgerungsermessen erst eröffnende Tatbestandsvoraussetzungen vollständig enthoben, ohne dass dies nach dem sachlichen Zusammenhang gerechtfertigt wäre.

Speziell mit Blick auf § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG spricht gegen eine begriffliche Identität, dass § 8 Abs. 2 StAG den Einbürgerungsbehörden die Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung unabhängig davon einräumt, ob der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit selbst zu vertreten hat. In einer Vielzahl von Fällen, in denen einer positiven Entscheidung nach Abs. 1 das Nichtvorliegen der tatbestandlichen Anforderungen der Nr. 4 entgegensteht, stünde es auch im Falle rein privatnütziger, besondere persönliche Umstände berücksichtigender Einbürgerungserleichterungen im Ermessen der Einbürgerungsbehörde, ob sie grundsätzlich oder je nach den Umständen des Einzelfalls fordert, dass der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit nicht zu vertreten hat.

Die aufgezeigte Problematik wird anhand des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts deutlich. Ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG ist dem Beklagten mit Blick auf Nr. 4 der Vorschrift nicht eröffnet. Dessen ungeachtet genügt der Kläger allen unter Nr. 8.1.2 i.V.m. Nr. 8.1.3.7 und unter Nrn. 8.1.2.2 bis 8.1.2.6 festgelegten Kriterien, die im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG den Begriff des öffentlichen Interesses konkretisieren sollen. Denn auch dem Erfordernis ausreichender Sprachkenntnisse wäre mit Blick auf die - seinen persönlichen Belangen Rechnung tragende - Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 Genüge getan, da insoweit bei Personen, die - wie er - das 60. Lebensjahr vollendet und seit 12 Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, ausreicht, wenn sie sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben mündlich in deutscher Sprache verständigen können. Zu Zweifeln, ob der Kläger sich in dieser Weise verständigen kann, besteht angesichts seiner Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Veranlassung. Der Klarstellung halber sei angemerkt, dass der Senat der Ansicht des Beklagten, bei Anwendung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV sei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob nicht die Vita des Einbürgerungsbewerbers der Anwendung dieser Verwaltungsvorschrift entgegensteht, nicht zu folgen vermag. Sinn und Zweck dieser aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Verwaltungsvorschrift ist es, den besonderen persönlichen Verhältnissen und dem typischerweise nur noch eingeschränkten Leistungsvermögen älterer Personen im Falle eines langjährigen Inlandsaufenthalts im Rahmen der Ermessensausübung angemessen Rechnung zu tragen, und zwar unabhängig davon, ob ihnen der Erwerb weitergehender Sprachkenntnisse in jüngeren Jahren nach ihren persönlichen Fähigkeiten und ihren Lebensverhältnissen zumutbar gewesen wäre.

Die Annahme, dass der Tatbestand des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG mit dem durch die Vorgaben der StAR-VwV zu Abs. 1 der Vorschrift konkretisierten öffentlichen Interesse identisch ist, hätte somit fallbezogen zur Folge, dass der Beklagte den Kläger auf der Grundlage des Abs. 2 wegen Eingreifens der Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV einbürgern könnte, ohne dass er kraft Gesetzes oder auch nur kraft Verwaltungsvorschrift gehalten wäre zu prüfen, ob dieser seine fehlende Unterhaltsfähigkeit zu vertreten hat. Es erscheint fernliegend, dass dies der Intention des Gesetzgebers entspricht.

Die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG sprechen - ungeachtet des Umstands, dass sie die Gerichte nicht zu binden vermögen und selbst im Verhältnis zu den Behörden noch einer verbindlichen Umsetzung bedürfen - ebenfalls gegen die von der Kommentarliteratur befürwortete weite Auslegung der Vorschrift. Denn deren Nr. 8.2 verweist gerade nicht auf die Gesamtheit der in Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, deren Vorliegen ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG rechtfertigen kann. Vielmehr soll ein Absehen von dem Unbescholtenheitserfordernis bzw. der Unterhaltsfähigkeit nach Nr. 8.2 StAR-VwV z.B. in Betracht kommen, wenn bereits Einbürgerungserleichterungen, einschließlich vorübergehender oder dauerhafter Hinnahme von Mehrstaatigkeit, bei einem besonderen (Nr. 8.1.3.5 StAR-VwV) oder herausragenden (Nr. 8.1.2.6.3.6 StAR-VwV) öffentlichen Interesse - Verkürzung der Mindestdauer des Inlandsaufenthalts bei Vorliegen eines besonderen Einbürgerungsinteresses oder Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei einem herausragenden öffentlichen Einbürgerungsinteresse - eingeräumt worden sind. In den beispielhaft genannten Anwendungsfällen setzt ein Absehen von der Unterhaltsfähigkeit mithin voraus, dass ein besonderes oder herausragendes Einbürgerungsinteresse besteht. Dazu, ob weitere, gegebenenfalls welche, Fallgestaltungen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG denkbar sind, verhalten sich die Vorläufigen Anwendungshinweise nicht. Allerdings spricht der Umstand, dass die in der StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen nicht allesamt in Bezug genommen werden, eindeutig dafür, dass jedenfalls nach dem Verständnis des Bundesministeriums des Inneren nicht jede zu Abs. 1 der Vorschrift vorgesehene Einbürgerungserleichterung den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG nahe legen soll, sondern vorrangig oder ausschließlich solche, die einem spezifisch staatlichen Interesse zu dienen bestimmt sind.

Allein ein solches Verständnis der Vorschrift erscheint aus Sicht des Senats sachgerecht. Ermessensgesichtspunkte und Einbürgerungserleichterungen, die nach der Rechtsprechung und den insoweit geltenden Verwaltungsvorschriften der StAR-VwV zwar im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG beachtlich und grundsätzlich dort geeignet sind, eine dem Ausländer positive Einbürgerungsentscheidung zu ermöglichen, aber nicht irgendwie gearteten staatlichen Interessen dienen, sondern vorrangig besonderen persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des Ausländers angemessen Rechnung tragen sollen, vermögen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nicht zu begründen.

So kann sich beispielsweise daraus, dass im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 StAG und zweifelsfrei ebenso des Absatzes 2 der Vorschrift eine Aufenthaltserlaubnis, die nach § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen auf Dauer zugesagt ist, als erforderlicher Aufenthalt ausreichen soll (Nr. 8.1.2.4 StAR-VwV), kein im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG beachtliches öffentliches Interesse an der Einbürgerung ergeben. Gleiches gilt etwa hinsichtlich der die allgemein geltenden Sprachanforderungen einschränkenden Einbürgerungserleichterungen für minderjährige Kinder (Nr. 8.1.3.6 StAR-VwV) und ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV).

Nach allem ist ein öffentliches Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit - insoweit gegebenenfalls auch im Falle eines Vertretenmüssens - einzubürgern. Nur bei Bestehen eines solchen durch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses verlangt die Vorschrift der Einbürgerungsbehörde die Betätigung ihres Einbürgerungsermessens ab.

Nach Einschätzung des Senats entspricht dies der - wenngleich bisher nicht ausdrücklich formulierten - Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts. Wie ausgeführt, hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20.3.2012 in einem Fall, in dem ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG wegen Nichterfüllung des Unbescholtenheitserfordernisses ausgeschlossen war, beanstandet, dass es an der nötigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung fehle, ob ein öffentliches Interesse im Sinne des Absatzes 2 der Vorschrift besteht. Denn das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, nicht zum Anlass genommen zu überprüfen, ob und inwieweit dies zutreffe und wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien. Damit hat es, ohne die tatbestandlichen Anforderungen eines öffentlichen Interesses im Sinne des Absatzes 2 näher zu definieren, deren Vorliegen jedenfalls nicht davon abhängig gemacht, ob eine der in der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zu Absatz 1 der Vorschrift allgemein anerkannten, das öffentliche Interesse im Sinne des Absatzes 1 kennzeichnenden Einbürgerungserleichterungen greift, sondern bezogen auf den konkreten Sachverhalt die Prüfung gefordert, ob die Wahrnehmung einer repräsentativen Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG begründet. Dies kann nur dahingehend verstanden werden, dass im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein spezifisch staatliches Interesse an einem ausnahmsweisen Absehen von den strengen Voraussetzungen des Abs. 1 Nrn. 2 und/oder 4 besteht.

Mithin ist nicht zu erwarten, dass das Bundesverwaltungsgericht den Vorschlag der Kommentarliteratur, jedwede anerkannte Einbürgerungserleichterung als geeignet anzusehen, ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu begründen, aufgreifen könnte.

Demgemäß füllt allein die dem Kläger zugute kommende Einbürgerungserleichterung für ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV) den Tatbestand eines öffentlichen Interesses im Sinne der genannten Vorschrift nicht aus. Gleichzeitig ist festzustellen, dass Anhaltspunkte für das Bestehen eines durch spezifisch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers, also eines Erwünschtseins seiner Einbürgerung aufgrund allgemeiner politischer, wirtschaftlicher und kultureller Gesichtspunkte, weder ersichtlich noch dargetan sind. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Ansicht vertreten, für ein „Erwünschtsein“ im Sinne eines staatlichen Interesses an seiner Einbürgerung müsse ausreichen, dass er schon über 30 Jahre und damit sehr lange in Deutschland lebe und hier auf Dauer bleibeberechtigt sei. Zudem hätten seine Kinder sich ebenfalls hier niedergelassen, seien zum Teil schon lange eingebürgert und berufstätig, so dass sie als Steuerzahler zum Gemeinwohl beitrügen. Dies reicht - so erfreulich die Entwicklung der Kinder sicherlich ist - mit Blick auf den hier allein interessierenden Kläger zur Begründung eines staatlichen Interesses im vorbezeichneten Sinne nicht aus. Dass das Alter und ein langjähriger Aufenthalt im Inland einem Einbürgerungsbewerber im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG einbürgerungserleichternd zugute kommen können, vermag - wie ausgeführt - für sich genommen nicht automatisch den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu rechtfertigen, und kann auch im Zusammenspiel mit einer gelungenen Integration der Kinder ein solches Interesse nicht begründen. Denn § 8 Abs. 2 StAG enthält nach der gesetzlichen Konzeption einen Ausnahmetatbestand und setzt daher voraus, dass der konkrete Fall sich in einer spezifischen Weise von der in der Mehrzahl der Zuwandererfamilien zu beobachtenden Integration der Kinder in die hiesigen Verhältnisse - zusätzlich - positiv abhebt. Anhaltspunkte hierfür sind nicht vorgetragen oder ersichtlich. Dem Beklagten ist mithin ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 2 StAG nicht eröffnet.

Wegen Fehlens diesbezüglicher tatsächlicher Anhaltspunkte und damit mangels Entscheidungsrelevanz bedarf keiner Entscheidung, ob - wie das Verwaltungsgericht annimmt - ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG auch bei besonderen Integrationsleistungen des Einbürgerungsbewerbers zu bejahen ist. Angemerkt sei lediglich, dass für eine solche Auslegung der Vorschrift die - wenngleich in anderem Zusammenhang verwendete - Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010 „zur Vermeidung einer Härte oder wegen anderweitiger Integrationsleistungen“(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O., juris-Rdnr. 36 (vgl. auch Rdnr. 39)) sprechen mag.

3. Nach alldem bleibt festzuhalten, dass dem Kläger weder auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 StAG noch des § 8 Abs. 2 StAG ein Anspruch darauf zusteht, dass der Beklagte erneut über sein Einbürgerungsbegehren entscheidet.

Die Berufung gegen das den diesbezüglich gestellten Hilfsantrag des Klägers abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt daher der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 42.1 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, muss aber in der Sache ohne Erfolg bleiben.

Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage hinsichtlich des Hilfsantrags, den allein der Kläger im Berufungsverfahren weiterverfolgt, zu Recht abgewiesen. Ihm ist zudem darin zuzustimmen, dass dem Kläger mit Blick auf das Fehlen eines insoweit geeigneten Aufenthaltstitels kein aus § 10 StAG herleitbarer Anspruch auf Einbürgerung zusteht. Dies hat der Kläger ausweislich der Beschränkung seines Berufungsbegehrens akzeptiert. Sein im Berufungsverfahren weiter verfolgter Antrag, den Beklagten zu verpflichten, über seinen Einbürgerungsantrag in Anwendung des § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 StAG erneut nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ist unbegründet.

1. Ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch auf Neubescheidung setzt zunächst voraus, dass die durch die Vorschrift vorgegebenen gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Ist dies zu bejahen, so steht die Einbürgerung im grundsätzlich weiten Ermessen des Beklagten als zuständiger Einbürgerungsbehörde.(Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht - GK-StAR -, Stand 25. Erg.lfg. August 2011, § 8 Rdnr. 170 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 27.5.2010 - 5 C 8/09 -, NVwZ 2010, 1502 ff.)

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 8 Abs. 1 StAG ist geklärt, dass der Einbürgerungsbehörde ein Einbürgerungsermessen nach dieser Vorschrift nur eingeräumt ist, wenn neben den sonstigen in der Vorschrift aufgeführten und vorliegend außer Streit stehenden Voraussetzungen das auf den Nachweis der wirtschaftlichen Integration zielende Tatbestandsmerkmal der Nr. 4 erfüllt ist.(BVerwG, Urteil vom 27.2.1958 - I C 99.56 -, BVerwGE 6, 207 ff.) Hiernach muss der Ausländer im Stande sein, sich und seine Angehörigen aus eigener Kraft zu ernähren. Ist dies nicht der Fall, weil der Ausländer auf den Bezug von (ergänzenden) Sozialleistungen angewiesen ist, spielt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der obergerichtlichen Rechtsprechung(OVG Berlin, Beschluss vom 9.10.1995 - 5 M 25.95 -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.3.1996 - 13 S 1908/95 -, jeweils juris) zu § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG keine Rolle, ob der Ausländer seine Bedürftigkeit zu vertreten hat. Auf Kritik von Seiten der Kommentarliteratur(GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnr. 124), wonach dieses keine Ausnahmen zulassende Verständnis des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG den seit Inkrafttreten der Vorschrift im Jahr 1914 zu verzeichnenden sozialpolitischen Veränderungen nicht angemessen Rechnung trage, hat das Bundesverwaltungsgericht seine am Wortlaut orientierte Auslegung der Vorschrift in der Vergangenheit mehrfach bekräftigt. Es hat dies damit begründet, dass der Gesetzgeber das Staatsangehörigkeitsrecht - u.a. auch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG - wiederholt geändert, dabei die Einbürgerung für bestimmte Personenkreise mit Wirkung zum 1.1.1991 erleichtert und geregelt habe, unter welchen Voraussetzungen die Inanspruchnahme von Sozialleistungen der Einbürgerung nicht entgegenstehe. Dies berücksichtigend verbiete es sich, die unverändert gebliebene Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, die in diese neuere Gesetzgebung nicht einbezogen worden sei, teleologisch zu reduzieren.(BVerwG, Beschlüsse vom 5.5.1997 - 1 B 94/97 -, NVwZ-RR 1997, 738 f., und vom 10.7.1997 - 1 B 141/97 -, NVwZ 1998, 183 f.; Urteil vom 22.6.1999 - 1 C 16/98 -, InfAuslR 1999, 501 ff.) Zu der Frage, wann ein Einbürgerungsbewerber sich und seine Angehörigen auf Dauer aus eigenen Mitteln ernähren kann, hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.7.1998 - 13 S 2212/96 -, InfAuslR 1998, 509 ff.) überzeugend ausgeführt, dass er zumindest über eigene Einnahmen in Höhe der Regelsätze der Sozialhilfe verfügen muss.

Fallbezogen scheitert ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags am Nichtvorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung der Nr. 4 der Vorschrift, da der Kläger für sich und seine Ehefrau fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Gestalt der bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII bezieht. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass dieser Leistungsbezug einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG auch dann entgegensteht, wenn der Kläger den Umstand, der ihn zur Inanspruchnahme dieser Leistungen berechtigt, nicht zu vertreten hat.

Da es im Rahmen der Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG nicht darauf ankommt, ob der Einbürgerungsbewerber seine Bedürftigkeit zu vertreten hat, ist aus Rechtsgründen kein Raum für die von dem Kläger reklamierte entsprechende Heranziehung der vom Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 19.2.2009 - 5 C 22/08 -, NVwZ 2009, 843 ff.) entwickelten Grundsätze zur Frage, unter welchen Voraussetzungen sich frühere Versäumnisse nicht mehr als wesentliche, prägende Ursache für den Leistungsbezug darstellen und daher vom Einbürgerungsbewerber nicht mehr im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG zu vertreten sind. Dies ist sachgerecht, denn die gesetzlichen Erleichterungen, die diese Vorschrift gewährt, rechtfertigen sich - wie das Bundesverwaltungsgericht in dem klägerseits zitierten Urteil vom 19.2.2009 ausdrücklich hervorgehoben hat - daraus, dass bei zurechenbar unzureichender wirtschaftlicher Integration schon die erforderliche Voraufenthaltszeit eines achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalts oder der für den Einbürgerungsanspruch erforderliche Aufenthaltsstatus gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht erreicht werden kann, weil die aufenthaltsrechtlichen Vorschriften (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) regelmäßig einen gesicherten Lebensunterhalt verlangen. Dies gilt insbesondere auch für die Ersetzung einer - wie im Fall des Klägers - nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen erteilten oder verlängerten befristeten Aufenthaltserlaubnis durch eine Niederlassungserlaubnis, da deren Erteilung nach den §§ 26 Abs. 4 i.V.m. 9 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ebenfalls voraussetzt, dass der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist.

Der Kläger begründet seine Ansicht, im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG dürfe hinsichtlich der Unterhaltsfähigkeit kein strengerer Maßstab als im Rahmen des § 10 StAG angelegt werden, mit den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010.(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O.) Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Ausführungen, wonach die Anspruchsvoraussetzungen bzw. Ausschlussgründe der §§ 10 und 11 StAG der Sache nach bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG berücksichtigt werden dürfen, ausdrücklich unter dem Vorbehalt stehen, dass sie in § 8 Abs. 1 StAG nicht schon auf der Tatbestandsebene modifiziert sind. Gerade dies ist der Fall, denn die tatbestandlichen Anforderungen an die Unterhaltsfähigkeit sind in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG anders - insbesondere unter Anlegung strengerer Kriterien - geregelt als in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG.

Im Übrigen verkennt der Kläger bei seiner Argumentation, ihm dürften die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zugerechnet werden, dass die diesbezüglich vom Bundesverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht entwickelten Kriterien in seinem Fall nicht erfüllt sind. Denn der hiernach maßgebliche Zeitraum von acht Jahren ist noch nicht verstrichen. Dem Kläger ist entgegenzuhalten, dass er und seine Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft seit Erreichen des Rentenalters im Juli 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter beziehen, weil er sich seit Erhalt seiner Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 nur unzureichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat und daher keinen Anspruch auf eine Altersrente erwerben konnte. Ausweislich der Ausländerakte ist der Kläger seitens der Ausländerbehörde frühzeitig schriftlich darauf hingewiesen worden, dass eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden kann, wenn der Lebensunterhalt der Familie aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert ist (Schreiben der Ausländerbehörde vom 4.11.1992, Bl. 173 f. der Ausländerakte, und Bescheid vom 5.1.1993 betreffend die Ablehnung der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, Bl. 178 f. der Ausländerakte). Aktenkundig sind indes lediglich drei - von vornherein wenig erfolgversprechende - Versuche, eine Arbeitsstelle zu finden, nämlich seine Bewerbungen 1996 in Berlin bzw. Hamburg und 2005 erneut in Berlin. Die jeweiligen Ausländerbehörden lehnten eine Aufnahme des Klägers in ihren Zuständigkeitsbereich jeweils ab, und zwar wegen Nichtbeibringung der geforderten Einstellungszusicherung (Bl. 219 der Ausländerakte) bzw. weil nach der Höhe des voraussichtlichen Verdienstes nicht auszuschließen war, dass er weiterhin auf den Bezug von Sozialleistungen angewiesen sein würde (Bl. 230 und 279 der Ausländerakte). Sonstige - insbesondere ortsnahe und insofern erfolgversprechendere - Bemühungen des Klägers um eine Beschäftigung trägt dieser selbst nicht vor. Er gibt lediglich an, sich wiederholt und regelmäßig bei den Arbeitsämtern in H., V. und A-Stadt als arbeitssuchend gemeldet zu haben (Bl. 176 der Einbürgerungsakte). Erfolglos gebliebene Bewerbungen behauptet er nicht. Zudem tritt er der Feststellung in dem angefochtenen, die Einbürgerung ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 3.3.2010, es könne nicht von einem unverschuldeten Bezug öffentlicher Mittel ausgegangen werden, im Klage- und Berufungsverfahren nur insoweit entgegen, als er geltend macht, mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien ihm die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zurechenbar. Dies trifft indes gerade nicht zu. Denn der Sachverhalt stellt sich so dar, dass dem Kläger seit Erhalt einer Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 unzureichende Bemühungen um eine Arbeitsstelle entgegenzuhalten sind. Seit Beendigung dieser langen Zeit mangelnder Anstrengungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes sind im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erst ca. vier Jahre verstrichen, so dass der Kläger aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schon aus tatsächlichen Gründen nicht zu seinen Gunsten herleiten kann, dass er für seine jahrelang unzureichenden Bemühungen nicht mehr einzustehen habe.

2. Aus § 8 Abs. 2 StAG leitet sich ein Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags ebenfalls nicht her.

Nach dieser Vorschrift kann von dem Unbescholtenheitserfordernis des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG und dem Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden. Der Gesetzgeber hat diese Ausnahmevorschrift, die bezüglich der Nr. 4 am 1.1.2005 und bezüglich der Nr. 2 am 28.9.2007 in Kraft getreten ist, neu in das Staatsangehörigkeitsgesetz eingefügt, weil er im Hinblick auf die Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG mit ihren speziellen Voraussetzungen auch bei der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG eine Ausnahmeregelung als erforderlich ansah. Bei den Tatbestandsvoraussetzungen „Gründe des öffentlichen Interesses“ und „Vermeidung einer besonderen Härte“ handelt es sich jeweils um unbestimmte Rechtsbegriffe, die inhaltlicher Konkretisierung bedürfen und deren Auslegung und Anwendung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Fallbezogen spricht nichts für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands.

Die Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 2 StAG ist für die Auslegung der Vorschrift nicht ergiebig. Sie führt lediglich einen - hier nicht einschlägigen - Beispielsfall einer besonderen Härte an. Hinweise zum Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Gründe des öffentlichen Interesses“ fehlen vollständig.(BT-Drs. 14/7387, S. 107, und 15/420, S. 116)

In der Rechtsprechung ist bisher nur in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Vermeidung einer besonderen Härte geklärt, welche konkreten Anforderungen die gesetzliche Neuregelung an das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls stellt.

Das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 20.3.2012 - 5 C 5.11 -) hat vor kurzem entschieden, dass eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG durch atypische Umstände des Einzelfalls bedingt und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen sein muss und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden könnte. Es hat damit die bisher zu den Anforderungen an das Vorliegen einer besonderen Härte ergangene obergerichtliche Rechtsprechung(HessVGH, Beschluss vom 21.10.2008 - 5 A 1820.08.Z -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009 - 13 S 2428.08 -, jeweils juris), u.a. des Senats(OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.6.2010 - 1 A 88/10 -, juris), bestätigt. Dies zugrundelegend kommt fallbezogen ein Einbürgerungsermessen des Beklagten zur Vermeidung einer besonderen Härte nicht in Betracht. Die Argumentation des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, eine besondere Härte liege darin, dass er wegen seines Alters außer Stande sei, an seinem Angewiesensein auf den Bezug von Sozialleistungen noch etwas zu ändern, geht fehl. Denn diese Situation wird weder durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen noch könnte sie durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der Würdigung der Versagung der Einbürgerung als besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG selbst in Fällen, in denen der Betroffene den Bezug von Sozialhilfeleistungen nicht zu vertreten hat, bereits mehrfach - u.a. in seinem vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 20.3.2012 in Bezug genommenen Beschluss vom 11.6.2009 - eine Absage erteilt.(OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 11.6.2009 - OVG 5 M 30.08 -, und vom 8.2.2010 - OVG 5 M 48.09 -, jeweils juris) Auch dies überzeugt.

Zur Frage, wann die Voraussetzungen des alternativen Tatbestandsmerkmals „aus Gründen des öffentlichen Interesses“ erfüllt sind, hat sich das Bundesverwaltungsgericht noch nicht dezidiert geäußert. In seinem Urteil vom 20.3.2012 hat es allerdings beanstandet, dass das Berufungsgericht das Vorbringen des dortigen Einbürgerungsbewerbers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, in tatsächlicher Hinsicht nicht hinterfragt und nicht geprüft habe, wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien.

Die obergerichtliche Rechtsprechung hat sich zu den Anforderungen, die an das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu stellen sind, ebenfalls noch nicht festgelegt. In den Entscheidungen, in denen § 8 Abs. 2 StAG Erwähnung findet, heißt es - sofern das Vorliegen eines öffentlichen Interesses angeprüft wird - jeweils ohne nähere Darlegung, ein solches sei nicht erkennbar.(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009, a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 21.10.2011 - 1 S 135/11 -, NVwZ-RR 2012, 160 f.) An erstinstanzlichen Entscheidungen finden sich ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach(VG Ansbach, Urteil vom 10.9.2008 - AN 15 K 08.00780 -, juris) und mehrere Urteile des Verwaltungsgerichts des Saarlandes(VG des Saarlandes, Urteile vom 9.2.2010 - 2 K 530/09 -, vom 14.12.2010 - 2 K 445/09 -, vom 22.11.2011 - 2 K 560/10 - und vom 31.1.2012 - 2 K 667/10 -, jeweils juris), u.a. auch das im Verfahren des Klägers ergangene Urteil vom 27.9.2011.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat zu der dortigen Fallgestaltung ausgeführt, Anhaltspunkte für Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn von § 8 Abs. 2 StAG lägen nicht vor, auch wenn die Beachtung einer Staatenlosigkeit wegen der Verpflichtung, die Einbürgerung so weit wie möglich zu erleichtern, hierzu gezählt werde. Auch spiele die von dem Kläger angeführte, im öffentlichen Interesse liegende einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer ausreichenden Integration in die deutschen Verhältnisse keine ausschlaggebende Rolle. Eine klare Aussage dazu, wann Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn des Abs. 2 vorliegen, enthalten diese Ausführungen nicht.

Nach dem in den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts des Saarlandes zum Ausdruck kommenden Verständnis der in § 8 Abs. 2 StAG getroffenen Ausnahmeregelung soll das Vorliegen von Gründen des öffentlichen Interesses voraussetzen, dass der Einbürgerungsbewerber besondere Integrationsleistungen erbracht hat.

In der Kommentarliteratur wird gefordert, den Begriff des öffentlichen Interesses weit auszulegen. Anknüpfungspunkt der Argumentation sind die Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht - StAR-VwV - zur Handhabung des durch § 8 Abs. 1 StAG eröffneten Ermessens und die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG, die noch einer (für die Einbürgerungsbehörden) verbindlichen Umsetzung durch Änderung der StAR-VwV bedürfen. Das öffentliche Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei im Zusammenhang zu sehen mit den vom Bundesministerium des Inneren vorgegebenen Einbürgerungserleichterungen, die im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen seien und das öffentliche Interesse an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck brächten. Seien die Voraussetzungen einer solchen Einbürgerungserleichterung erfüllt, sei regelmäßig auch ein Abweichen vom Unterhaltserfordernis angezeigt.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 157; Hailbronner/Renner/Maaßen, a.a.O., § 8 Rdnr. 48) Zu eng, jedenfalls nicht abschließend, seien die Vorgaben der Nr. 8.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise. Denn der Gesetzgeber habe - anders als dort gefordert - nicht ein „besonderes“ oder gar „herausragendes“ öffentliches Interesse zur Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung gemacht, sondern ein „schlichtes“ öffentliches Interesse. Ein solches manifestiere sich grundsätzlich in allen in der Verwaltungspraxis anerkannten und in der StAR-VwV bezeichneten Einbürgerungserleichterungen.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 159 f.)

Diese Auslegung erscheint zu weitgehend. Sie beruht offenbar auf der Annahme, der Begriff des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei identisch mit dem in den Nummern 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV umschriebenen öffentlichen Interesse, das in den Fällen des § 8 Abs. 1 StAG im Rahmen des Einbürgerungsermessens eine dem Einbürgerungsbewerber positive Entscheidung ermöglichen kann. Wenngleich die Verwendung des Begriffs „öffentliches Interesse“ in Abs. 2 der Vorschrift dieses Verständnis auf den ersten Blick durchaus rechtfertigen könnte, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass die Annahme, der Gesetzgeber habe das Tatbestandsmerkmal „öffentliches Interesse“ im Sinn der zur Förderung einer einheitlichen Handhabung des Einbürgerungsermessens erlassenen Vorgaben der StAG-VwV zu § 8 Abs. 1 StAG verstanden wissen wollen, nicht tragfähig ist.

In Bezug auf § 8 Abs. 1 StAG verlangt das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteile 27.2.1957 - I C 165.55 -, BVerwGE 4, 298 ff., vom 30.9.1958 - I C 20.58 -, BVerwGE 7, 237 ff., vom 21.10.1986 - 1 C 44.84 -, BVerwGE 75, 86 ff., und vom 27.5.2010, a.a.O., m.w.N.) bisher in ständiger Rechtsprechung von den Einbürgerungsbehörden, bei der Ermessensausübung darauf abzustellen, ob ein staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht. Die Behörde habe zu prüfen, ob die Einbürgerung sowohl nach den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers als auch nach allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten im staatlichen Interesse erwünscht ist, ohne dass eine Abwägung mit den persönlichen Interessen des Einbürgerungsbewerbers stattfinde. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner zuletzt zur Problematik ergangenen bereits in Bezug genommenen Entscheidung vom 27.5.2010 offen gelassen, ob es ungeachtet der diesbezüglichen Kritik(Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 8 Rdnr. 50; GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnrn. 178 ff.) daran festhalten wird, dass bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG ohne Abwägung des privaten Interesses des Einbürgerungsbewerbers allein das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung zu berücksichtigen ist. Allerdings spricht im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 StAG - wie noch auszuführen sein wird - alles dafür, Einbürgerungserleichterungen, die den persönlichen Verhältnissen des Einbürgerungsbewerbers Rechnung tragen sollen, nicht als ausreichend zur Begründung eines öffentlichen Interesses zu erachten, sondern ein spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung als unverzichtbar zu fordern.

Die Vorgaben der StAR-VwV, insbesondere die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, die nach Ansicht der Kommentarliteratur ein öffentliches Interesse auch im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck bringen können, sind am 1.2.2001, also lange bevor der Gesetzgeber die Einfügung des heutigen § 8 Abs. 2 StAG beschlossen hat, in Kraft getreten. Nach Nr. 8.0 StAR-VwV kann bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG eine Einbürgerung nach Ermessen der Behörde erfolgen, wenn im Einzelfall ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung festgestellt werden kann. In diesem Zusammenhang heißt es unter Nr. 8.1.2, dass die Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 allgemeine Grundsätze für die Ermessensausübung enthalten und festlegen, unter welchen Voraussetzungen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung anzunehmen ist. Demgemäß sind die unter Nr. 8.1.2 StAR-VwV fixierten allgemeinen Grundsätze für die Ermessensausübung und die unter Nr. 8.1.3 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen für bestimmte Personengruppen vom Bundesministerium des Inneren mit dem Ziel konzipiert worden, den Einbürgerungsbehörden durch Konkretisierung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Rahmen für eine einheitliche Bewältigung der speziell bei der Anwendung des § 8 Abs. 1 StAG zu erwartenden Problemstellungen vorzugeben.

Dass jede zu § 8 Abs. 1 StAG anerkannte Einbürgerungserleichterung gleichzeitig ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zum Ausdruck bringt, ist indes nicht anzunehmen.

Das öffentliche Interesse jeweils inhaltsgleich zu verstehen, hieße zunächst, dass einerseits eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 1 der Vorschrift nur in Betracht kommt, wenn u.a. die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und 4 und gleichzeitig die im Rahmen der Ermessensbetätigung nach der StAR-VwV zu prüfenden Kriterien, von deren Vorliegen das Bestehen eines öffentlichen Interesses abhängt, allesamt erfüllt sind, dass andererseits aber eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 2 der Vorschrift bei Vorliegen der gleichen das öffentliche Interesse bestimmenden Kriterien ohne Weiteres auch möglich wäre, wenn der Einbürgerungsbewerber den tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und/oder 4 nicht genügt. Dies kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Denn die unter Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 erfassten Kriterien für das Vorliegen des im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG von der Rechtsprechung geforderten öffentlichen Interesses tragen durchaus unterschiedlichen Anliegen Rechnung, die teils primär private Belange des Einbürgerungsbewerbers und teils ausschließlich staatliche Belange im Blick haben. Die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen sind von daher nicht in gleicher Weise geeignet, im Rahmen der Ausnahmevorschrift des Abs. 2 Berücksichtigung zu finden. Die Tatbestandsmerkmale der Unbescholtenheit und der Unterhaltsfähigkeit im Sinn der Nrn. 2 und 4 des § 8 Abs. 1 StAG wären bei dem von der Kommentarliteratur vertretenen Verständnis des in Abs. 2 der Vorschrift verwendeten Begriffs des öffentlichen Interesses ihrer Bedeutung als das Einbürgerungsermessen erst eröffnende Tatbestandsvoraussetzungen vollständig enthoben, ohne dass dies nach dem sachlichen Zusammenhang gerechtfertigt wäre.

Speziell mit Blick auf § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG spricht gegen eine begriffliche Identität, dass § 8 Abs. 2 StAG den Einbürgerungsbehörden die Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung unabhängig davon einräumt, ob der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit selbst zu vertreten hat. In einer Vielzahl von Fällen, in denen einer positiven Entscheidung nach Abs. 1 das Nichtvorliegen der tatbestandlichen Anforderungen der Nr. 4 entgegensteht, stünde es auch im Falle rein privatnütziger, besondere persönliche Umstände berücksichtigender Einbürgerungserleichterungen im Ermessen der Einbürgerungsbehörde, ob sie grundsätzlich oder je nach den Umständen des Einzelfalls fordert, dass der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit nicht zu vertreten hat.

Die aufgezeigte Problematik wird anhand des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts deutlich. Ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG ist dem Beklagten mit Blick auf Nr. 4 der Vorschrift nicht eröffnet. Dessen ungeachtet genügt der Kläger allen unter Nr. 8.1.2 i.V.m. Nr. 8.1.3.7 und unter Nrn. 8.1.2.2 bis 8.1.2.6 festgelegten Kriterien, die im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG den Begriff des öffentlichen Interesses konkretisieren sollen. Denn auch dem Erfordernis ausreichender Sprachkenntnisse wäre mit Blick auf die - seinen persönlichen Belangen Rechnung tragende - Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 Genüge getan, da insoweit bei Personen, die - wie er - das 60. Lebensjahr vollendet und seit 12 Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, ausreicht, wenn sie sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben mündlich in deutscher Sprache verständigen können. Zu Zweifeln, ob der Kläger sich in dieser Weise verständigen kann, besteht angesichts seiner Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Veranlassung. Der Klarstellung halber sei angemerkt, dass der Senat der Ansicht des Beklagten, bei Anwendung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV sei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob nicht die Vita des Einbürgerungsbewerbers der Anwendung dieser Verwaltungsvorschrift entgegensteht, nicht zu folgen vermag. Sinn und Zweck dieser aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Verwaltungsvorschrift ist es, den besonderen persönlichen Verhältnissen und dem typischerweise nur noch eingeschränkten Leistungsvermögen älterer Personen im Falle eines langjährigen Inlandsaufenthalts im Rahmen der Ermessensausübung angemessen Rechnung zu tragen, und zwar unabhängig davon, ob ihnen der Erwerb weitergehender Sprachkenntnisse in jüngeren Jahren nach ihren persönlichen Fähigkeiten und ihren Lebensverhältnissen zumutbar gewesen wäre.

Die Annahme, dass der Tatbestand des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG mit dem durch die Vorgaben der StAR-VwV zu Abs. 1 der Vorschrift konkretisierten öffentlichen Interesse identisch ist, hätte somit fallbezogen zur Folge, dass der Beklagte den Kläger auf der Grundlage des Abs. 2 wegen Eingreifens der Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV einbürgern könnte, ohne dass er kraft Gesetzes oder auch nur kraft Verwaltungsvorschrift gehalten wäre zu prüfen, ob dieser seine fehlende Unterhaltsfähigkeit zu vertreten hat. Es erscheint fernliegend, dass dies der Intention des Gesetzgebers entspricht.

Die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG sprechen - ungeachtet des Umstands, dass sie die Gerichte nicht zu binden vermögen und selbst im Verhältnis zu den Behörden noch einer verbindlichen Umsetzung bedürfen - ebenfalls gegen die von der Kommentarliteratur befürwortete weite Auslegung der Vorschrift. Denn deren Nr. 8.2 verweist gerade nicht auf die Gesamtheit der in Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, deren Vorliegen ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG rechtfertigen kann. Vielmehr soll ein Absehen von dem Unbescholtenheitserfordernis bzw. der Unterhaltsfähigkeit nach Nr. 8.2 StAR-VwV z.B. in Betracht kommen, wenn bereits Einbürgerungserleichterungen, einschließlich vorübergehender oder dauerhafter Hinnahme von Mehrstaatigkeit, bei einem besonderen (Nr. 8.1.3.5 StAR-VwV) oder herausragenden (Nr. 8.1.2.6.3.6 StAR-VwV) öffentlichen Interesse - Verkürzung der Mindestdauer des Inlandsaufenthalts bei Vorliegen eines besonderen Einbürgerungsinteresses oder Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei einem herausragenden öffentlichen Einbürgerungsinteresse - eingeräumt worden sind. In den beispielhaft genannten Anwendungsfällen setzt ein Absehen von der Unterhaltsfähigkeit mithin voraus, dass ein besonderes oder herausragendes Einbürgerungsinteresse besteht. Dazu, ob weitere, gegebenenfalls welche, Fallgestaltungen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG denkbar sind, verhalten sich die Vorläufigen Anwendungshinweise nicht. Allerdings spricht der Umstand, dass die in der StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen nicht allesamt in Bezug genommen werden, eindeutig dafür, dass jedenfalls nach dem Verständnis des Bundesministeriums des Inneren nicht jede zu Abs. 1 der Vorschrift vorgesehene Einbürgerungserleichterung den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG nahe legen soll, sondern vorrangig oder ausschließlich solche, die einem spezifisch staatlichen Interesse zu dienen bestimmt sind.

Allein ein solches Verständnis der Vorschrift erscheint aus Sicht des Senats sachgerecht. Ermessensgesichtspunkte und Einbürgerungserleichterungen, die nach der Rechtsprechung und den insoweit geltenden Verwaltungsvorschriften der StAR-VwV zwar im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG beachtlich und grundsätzlich dort geeignet sind, eine dem Ausländer positive Einbürgerungsentscheidung zu ermöglichen, aber nicht irgendwie gearteten staatlichen Interessen dienen, sondern vorrangig besonderen persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des Ausländers angemessen Rechnung tragen sollen, vermögen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nicht zu begründen.

So kann sich beispielsweise daraus, dass im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 StAG und zweifelsfrei ebenso des Absatzes 2 der Vorschrift eine Aufenthaltserlaubnis, die nach § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen auf Dauer zugesagt ist, als erforderlicher Aufenthalt ausreichen soll (Nr. 8.1.2.4 StAR-VwV), kein im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG beachtliches öffentliches Interesse an der Einbürgerung ergeben. Gleiches gilt etwa hinsichtlich der die allgemein geltenden Sprachanforderungen einschränkenden Einbürgerungserleichterungen für minderjährige Kinder (Nr. 8.1.3.6 StAR-VwV) und ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV).

Nach allem ist ein öffentliches Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit - insoweit gegebenenfalls auch im Falle eines Vertretenmüssens - einzubürgern. Nur bei Bestehen eines solchen durch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses verlangt die Vorschrift der Einbürgerungsbehörde die Betätigung ihres Einbürgerungsermessens ab.

Nach Einschätzung des Senats entspricht dies der - wenngleich bisher nicht ausdrücklich formulierten - Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts. Wie ausgeführt, hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20.3.2012 in einem Fall, in dem ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG wegen Nichterfüllung des Unbescholtenheitserfordernisses ausgeschlossen war, beanstandet, dass es an der nötigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung fehle, ob ein öffentliches Interesse im Sinne des Absatzes 2 der Vorschrift besteht. Denn das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, nicht zum Anlass genommen zu überprüfen, ob und inwieweit dies zutreffe und wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien. Damit hat es, ohne die tatbestandlichen Anforderungen eines öffentlichen Interesses im Sinne des Absatzes 2 näher zu definieren, deren Vorliegen jedenfalls nicht davon abhängig gemacht, ob eine der in der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zu Absatz 1 der Vorschrift allgemein anerkannten, das öffentliche Interesse im Sinne des Absatzes 1 kennzeichnenden Einbürgerungserleichterungen greift, sondern bezogen auf den konkreten Sachverhalt die Prüfung gefordert, ob die Wahrnehmung einer repräsentativen Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG begründet. Dies kann nur dahingehend verstanden werden, dass im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein spezifisch staatliches Interesse an einem ausnahmsweisen Absehen von den strengen Voraussetzungen des Abs. 1 Nrn. 2 und/oder 4 besteht.

Mithin ist nicht zu erwarten, dass das Bundesverwaltungsgericht den Vorschlag der Kommentarliteratur, jedwede anerkannte Einbürgerungserleichterung als geeignet anzusehen, ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu begründen, aufgreifen könnte.

Demgemäß füllt allein die dem Kläger zugute kommende Einbürgerungserleichterung für ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV) den Tatbestand eines öffentlichen Interesses im Sinne der genannten Vorschrift nicht aus. Gleichzeitig ist festzustellen, dass Anhaltspunkte für das Bestehen eines durch spezifisch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers, also eines Erwünschtseins seiner Einbürgerung aufgrund allgemeiner politischer, wirtschaftlicher und kultureller Gesichtspunkte, weder ersichtlich noch dargetan sind. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Ansicht vertreten, für ein „Erwünschtsein“ im Sinne eines staatlichen Interesses an seiner Einbürgerung müsse ausreichen, dass er schon über 30 Jahre und damit sehr lange in Deutschland lebe und hier auf Dauer bleibeberechtigt sei. Zudem hätten seine Kinder sich ebenfalls hier niedergelassen, seien zum Teil schon lange eingebürgert und berufstätig, so dass sie als Steuerzahler zum Gemeinwohl beitrügen. Dies reicht - so erfreulich die Entwicklung der Kinder sicherlich ist - mit Blick auf den hier allein interessierenden Kläger zur Begründung eines staatlichen Interesses im vorbezeichneten Sinne nicht aus. Dass das Alter und ein langjähriger Aufenthalt im Inland einem Einbürgerungsbewerber im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG einbürgerungserleichternd zugute kommen können, vermag - wie ausgeführt - für sich genommen nicht automatisch den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu rechtfertigen, und kann auch im Zusammenspiel mit einer gelungenen Integration der Kinder ein solches Interesse nicht begründen. Denn § 8 Abs. 2 StAG enthält nach der gesetzlichen Konzeption einen Ausnahmetatbestand und setzt daher voraus, dass der konkrete Fall sich in einer spezifischen Weise von der in der Mehrzahl der Zuwandererfamilien zu beobachtenden Integration der Kinder in die hiesigen Verhältnisse - zusätzlich - positiv abhebt. Anhaltspunkte hierfür sind nicht vorgetragen oder ersichtlich. Dem Beklagten ist mithin ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 2 StAG nicht eröffnet.

Wegen Fehlens diesbezüglicher tatsächlicher Anhaltspunkte und damit mangels Entscheidungsrelevanz bedarf keiner Entscheidung, ob - wie das Verwaltungsgericht annimmt - ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG auch bei besonderen Integrationsleistungen des Einbürgerungsbewerbers zu bejahen ist. Angemerkt sei lediglich, dass für eine solche Auslegung der Vorschrift die - wenngleich in anderem Zusammenhang verwendete - Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010 „zur Vermeidung einer Härte oder wegen anderweitiger Integrationsleistungen“(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O., juris-Rdnr. 36 (vgl. auch Rdnr. 39)) sprechen mag.

3. Nach alldem bleibt festzuhalten, dass dem Kläger weder auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 StAG noch des § 8 Abs. 2 StAG ein Anspruch darauf zusteht, dass der Beklagte erneut über sein Einbürgerungsbegehren entscheidet.

Die Berufung gegen das den diesbezüglich gestellten Hilfsantrag des Klägers abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt daher der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 42.1 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden.

(2) Aus der Tat oder der Verurteilung entstandene Rechte Dritter, gesetzliche Rechtsfolgen der Tat oder der Verurteilung und Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tat oder der Verurteilung ergangen sind, bleiben unberührt.

Tenor

Soweit die Berufung zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5. Dezember 2003 - 1 K 80/03 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.
Er wurde am 4.4.1970 in der Türkei geboren und ist türkischer Staatsangehöriger. Im Jahr 1993 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 7.7.1997 als Asylberechtigter anerkannt wurde. Seit August 1997 ist er im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis; zudem besitzt er einen am 18.8.1997 ausgestellten Reiseausweis. Der Kläger ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
1. Verurteilung wegen Landfriedensbruch in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20 DM durch Strafbefehl des Amtsgerichts Mannheim vom 19.3.1996,
2. Verurteilung wegen Erschleichen von Leistungen zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 20 DM durch Strafbefehl des Amtsgerichts Heidelberg vom 18.8.1998,
3. Verurteilung wegen Erschleichen von Leistungen zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20 DM durch Strafbefehl des Amtsgerichts Heidelberg vom 15.10.1998,
4. Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus durch Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14.12.1999; die Vollstreckung der Maßregel wurde zur Bewährung ausgesetzt.
Der Anordnung der Unterbringung lag im wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger litt spätestens seit Anfang 1998 an wahnhaften Verfolgungsideen. Unter dem Einfluss dieser Krankheit griff er am Morgen des 21.3.1998 in einem Männerwohnheim in Mannheim einen Heimbetreuer mit Reizgas an, weil er sich für bedroht hielt. Anschließend schlug er den Betreuer mit der Faust zu Boden. Nach dem Eingreifen von Polizeibeamten beleidigte er eine Beamtin. In seinem Urteil ging das Landgericht Mannheim davon aus, der Kläger habe ohne Schuld gehandelt, da er wegen einer krankhaften seelischen Störung unfähig gewesen sei, das Unrecht der Tat einzusehen und danach zu handeln (§ 20 StGB). Die Vollstreckung der Maßregel wurde entsprechend der Empfehlung des Sachverständigen nach § 67 b StGB zur Bewährung ausgesetzt. Damit trat Führungsaufsicht ein (§ 67 b Abs. 2 StGB). Mit Beschluss vom 14.12.1999 setzte das Landgericht Mannheim die Bewährungszeit auf drei Jahre fest. Gleichzeitig wurde der Kläger einem Bewährungshelfer unterstellt. Zudem wurde er mit seinem Einverständnis angewiesen, in einem betreuten Wohnheim Wohnung zu nehmen, sich einer fachärztlichen Behandlung zu unterziehen, die vom Arzt angeordneten Medikamente weisungsgemäß einzunehmen und in vom behandelnden Arzt anzuordnenden Zeiträumen einen „Medikamentenspiegel“ fertigen zu lassen.
Mit Antrag vom 9.1.2001, beim Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis eingegangen am 15.1.2001, beantragte der Kläger seine Einbürgerung. Zur Begründung gab er an: Er lebe seit acht Jahren hier. Er sei politischer Flüchtling und könne deshalb nicht in seine Heimat Türkei zurück. Er wolle hier leben, Deutschland solle seine Heimat werden. Weil es für ihn als Flüchtling schwierig sei, über das türkische Konsulat die türkische Staatsangehörigkeit aufzugeben, und dies jedenfalls langwierig und kompliziert sei, wolle er gern den sogenannten Doppelpass.
Mit Bescheid vom 5.6.2002 lehnte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis den Antrag mit der Begründung ab, die Bearbeitung des Einbürgerungsantrags sei auf der Rechtsgrundlage des § 85 AuslG erfolgt. Nach § 87 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 6 AuslG müsse der Kläger die türkische Staatsangehörigkeit nicht aufgeben, da er anerkannter Asylberechtigter sei. Der Antrag auf Einbürgerung sei jedoch nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG abzulehnen, da die Anordnung der Unterbringung einer Verurteilung wegen einer Straftat gleichstehe und § 88 Abs. 1 AuslG nicht eingreife. Eine Verurteilung wegen einer Straftat schließe eine Einbürgerung nach § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG aus, sofern sie nicht gem. § 88 AuslG unbeachtlich sei. Trotz der Schuldunfähigkeit des Klägers bei Begehung der Tat liege eine Verurteilung wegen einer Straftat vor. Gehe man vom allgemeinen Sprachgebrauch aus, so setze eine Straftat zwar voraus, dass sie auch schuldhaft begangen worden sei; dieser Ansatzpunkt greife aber letztlich zu kurz. Denn es sei festzustellen, dass die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung wegen Schuldunfähigkeit des Täters bei der Tat einer im Urteil zu treffenden und zu begründenden Feststellung bedürfe, dass der Täter eine rechtswidrige strafbare Handlung begangen habe. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Nr. 2 BZRG sei diese Verurteilung in das Bundeszentralregister aufzunehmen. Diese im Bundeszentralregister vermerkten Einträge über Verurteilungen seien nach korrekter Auslegung des Gesetzeszwecks aber Verurteilungen wegen Straftaten. Auch der Sinn und Zweck der §§ 85 f. AuslG spreche für eine weite Auslegung des Begriffs „Straftat". Denn es solle eine umfängliche Abwägung aller möglichen entscheidungsrelevanten Tatsachen stattfinden. Ausnahmen von der Beachtlichkeit solcher strafrechtlicher Verurteilungen, die eine Maßregel der Besserung oder Sicherung zum Gegenstand hätten, enthalte § 88 AuslG nicht. Daher könne die Verurteilung nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und einer sich in dessen Grenzen haltenden Auslegung nicht unbeachtlich bleiben. Der Einwand, durch diese Anwendung des Gesetzes würden schuldunfähige Täter benachteiligt, da ihre Tat bei Vorliegen der Schuldfähigkeit möglicherweise unter die Beachtlichkeitsausnahmen des § 88 AuslG gefallen wäre, sei schwerwiegend. Dennoch sei eine analoge Anwendung des § 88 AuslG im vorliegenden Fall nicht möglich. Insbesondere könne keine hypothetische Strafzumessung erfolgen. Die relevante Verurteilung könne erst unberücksichtigt bleiben, wenn die Tilgung aus dem Bundeszentralregister erfolgt sei. Laut schriftlicher Mitteilung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof werde eine Verurteilung zu Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus jedoch nicht getilgt. Erst mit Vollendung des 90. Lebensjahres werde die Verurteilung aus dem Register entfernt. Eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG komme auf Grund der nicht nur vereinzelten bzw. geringfügigen begangenen Straftaten ebenfalls nicht in Betracht.
10 
Zur Begründung seines am 14.6.2002 erhobenen Widerspruchs führte der Kläger im wesentlichen aus: Es scheine ihm nicht richtig zu sein, dass Sinn und Zweck der §§ 85 ff. AuslG für eine weite Auslegung des Begriffs „Straftat" sprächen. Sinn und Zweck bestehe offensichtlich vielmehr darin, Ausländer, die sich nicht im Rahmen der bestehenden Gesetze bewegten, nicht einzubürgern. Dies gelte sinnvollerweise aber nur, wenn man ihnen ihr regelwidriges Verhalten auch vorwerfen könne, d. h. wenn sie schuldhaft Normen des Einbürgerungslandes verletzten.
11 
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2002 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück. Die Behörde führte aus, die Einbürgerung scheitere an der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers durch das Landgericht Mannheim. Trotz Schuldunfähigkeit bei Begehung der Tat liege eine Verurteilung wegen einer Straftat i. S. von § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG vor, die nicht nach § 88 AuslG außer Betracht bleiben könne. Nach Sinn und Zweck sei die Regelung des § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG weit auszulegen. Sie diene unter anderem der Gefahrenabwehr. Einen Einbürgerungsanspruch solle nicht erhalten, wer durch sein Verhalten seine Unfähigkeit zur Eingliederung in das hiesige Rechtssystem dokumentiere und/oder eine Gefährdung für die Allgemeinheit darstelle.
12 
Am 13.1.2003 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 5.6.2002 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 13.12.2002 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, ihn einzubürgern. Er hat vorgetragen, die dreijährige Bewährung, die das Landgericht Mannheim ihm auferlegt habe, sei im April 2003 erfolgreich abgelaufen. Weitere Straftaten habe er nicht begangen, es seien auch keine weiteren Ermittlungs- oder Strafverfahren gegen ihn anhängig.
13 
Mit Urteil vom 5.12.2003 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Auch die Anordnung einer Maßregel der Sicherung auf Grund einer rechtswidrig begangenen gefährlichen Körperverletzung stelle eine Verurteilung dar. Dies ergebe sich aus § 4 BZRG. Danach fielen unter den Begriff „Verurteilung" rechtskräftige Entscheidungen, durch die ein deutsches Gericht im Geltungsbereich des BZRG wegen einer rechtswidrigen Tat auf Strafe erkannt, eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder nach § 27 JGG die Schuld eines Jugendlichen oder Heranwachsenden festgestellt habe. Der Einordnung der Tat als Straftat i. S. des Ausländergesetzes stehe nicht entgegen, dass der Kläger die gefährliche Körperverletzung und die Beleidigung schuldunfähig begangen habe. Das Schuldprinzip präge das Strafrecht, nicht aber das Ordnungsrecht, dem das Ausländerrecht und das Staatsangehörigkeitsrecht angehörten. Zweck des Ordnungsrechts sei die Beseitigung von Störungen und die Abwehr von Gefahren, die der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung drohten. Für die Gefahrenabwehr sei es irrelevant, ob der Störer die Gefahr schuldhaft oder schuldlos verursache. Für die Vorschriften über die Einbürgerung gelte nichts anderes. Zweck der Regelung über die Straffreiheit als Bedingung der Einbürgerung sei der Schutz der Rechtsgüter der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Normzweck lasse eine Einbürgerung von Ausländern nicht zu, die Rechtsgüter verletzt hätten, sei es durch eine rechtswidrige und schuldhafte Tat, sei es im Zustand der Schuldunfähigkeit. Für die Auffassung, dass das Tatbestandsmerkmal „Verurteilung wegen einer Straftat" in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG auch die Verurteilung zu einer Maßregel einschließe, spreche auch § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG. Nach dieser Bestimmung bleibe die Verhängung von Erziehungsmaßregeln nach dem Jugendgerichtsgesetz bei der Anwendung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG außer Betracht. Hätte der Gesetzgeber auch Maßregeln der Besserung und Sicherung nach dem Erwachsenenstrafrecht ausnehmen wollen, hätte eine entsprechende Regelung in § 88 AuslG nahe gelegen. Der Gesetzgeber habe eine solche Ausnahme aber nicht vorgesehen. Daran seien die Behörden und Gerichte gebunden. Die Kammer verkenne nicht, dass die von ihr vertretene Auffassung den Anschein erwecke, sie führe im Einzelfall zu einem unvertretbaren Ergebnis, weil ein Ausländer, der schuldhaft straffällig geworden sei, nach § 88 Abs. 1 und 2 AuslG besser behandelt werde als der zu einer Maßregel der Sicherung verurteilte Straftäter. Diese Ungleichbehandlung werde indessen durch den bereits erwähnten Zweck der Einbürgerungsregelung gerechtfertigt. Im übrigen komme gem. § 8 StAG eine Einbürgerung nach Ermessen in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung seien allerdings derzeit nicht erfüllt.
14 
Gegen das ihm am 19.2.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.3.2004 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 16.9.2004 hat der Senat die Berufung zugelassen. Der Beschluss wurde dem Kläger am 11.10.2004 zugestellt.
15 
Mit am 11.11.2004 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger die Berufung begründet und ausgeführt: § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG meine nach richtiger Gesetzesinterpretation nur die Fälle der Verurteilung zu einer Strafe wegen einer rechtswidrigund schuldhaft begangenen Straftat, sei also keine taugliche Norm, seinen Einbürgerungsantrag zurückzuweisen.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5.12.2003 -1 K 80/03 - zu ändern, den Bescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 5.6.2002 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 13.12.2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.
18 
Der Beklagte beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt zur Begründung ergänzend aus:
21 
Umstritten sei im vorliegenden Fall nur die Voraussetzung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG. Ausgehend vom Wortsinn ergebe sich, dass mit der Begriffswahl „Straftat" eine Abgrenzung zu Ordnungswidrigkeiten, Verstößen gegen andere Vorschriften und zu durch Einstellung beendeten Verfahren habe erfolgen sollen. Straftat i. S. des § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG meine ein mit Strafe bedrohtes Handeln oder Unterlassen, wobei auf die Strafdrohung und nicht auf die tatsächliche Strafverhängung abzustellen sei. Dies bedeute, dass eine relevante Straftat bereits dann vorliege, wenn der objektive und subjektive Tatbestand sowie die Rechtswidrigkeit erfüllt seien. Unerheblich bleibe, ob tatsächlich eine Strafe verhängt werde oder ob hierauf mangels Schuldvorwurf verzichtet werden müsse. Der Klägervertreter weise zu Recht darauf hin, dass zur Auslegung des Begriffs „Verurteilung" im Ausländergesetz nicht auf Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes zurückgegriffen werden könne. Dasselbe müsse jedoch auch hinsichtlich des Strafgesetzbuchs gelten. Dessen Terminologie könne nicht unbesehen auf das Ausländergesetz übertragen werden. Es gehe vorliegend um die Frage der Würdigkeit, eingebürgert zu werden, und um Gefahrenabwehr. Diese Ansicht lasse sich auch historisch belegen. Nach den Materialien zu einer früheren Änderung des Ausländergesetzes habe von einer „strafrechtlichen Bescholtenheit" nicht abgesehen werden sollen. Ein unbescholtener Lebenswandel im Sinne der Fassung der Vorschriften über die Einbürgerung bis zum Jahr 1990 habe jedoch auch schon bei der Begehung von Ordnungswidrigkeiten oder Verstößen gegen Vorschriften ordnungsrechtlichen Charakters verneint werden können. Eine im schuldunfähigen Zustand begangene gefährliche Körperverletzung und eine Beleidigung hätten einen anderen Charakter als der Verstoß gegen eine Ordnungsvorschrift, sodass im vorliegenden Fall nicht mehr von einem unbescholtenen Lebenswandel gesprochen werden könne. Des weiteren sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den Vorschriften des Ausländerrechts um besonderes Polizeirecht handle, weshalb es auf die Schuldfähigkeit bzw. auf die Vorwerfbarkeit einer Handlung nicht ankommen könne. Auch der Vortrag des Klägers, er sei zum heutigen Zeitpunkt als ungefährlich einzustufen, könne ihm keinen Anspruch auf Einbürgerung vermitteln.
22 
Die Beteiligten haben im Berufungsverfahren auf mündliche Verhandlung verzichtet.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der dem Senat vorliegenden Akten des Beklagten, des Regierungspräsidiums Karlsruhe und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Mit dem Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
25 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Nachdem der Kläger innerhalb der Frist zur Begründung der Berufung nur noch die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung beantragt hat, ist das Berufungsverfahren allerdings einzustellen, soweit er ursprünglich (weitergehend) die Verpflichtung der Beklagten zur Einbürgerung begehrt hat. Denn mit dieser Beschränkung des Klagebegehrens hat er die Berufung teilweise zurückgenommen (§ 126 Abs. 1 VwGO).
26 
Soweit die Berufung danach noch anhängig ist, ist sie nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit der Kläger eine Einbürgerungszusicherung begehrt.
27 
Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung ist § 10 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950), da er den Antrag auf Einbürgerung nach dem 16.3.1999 gestellt hat (vgl. § 40 c StAG; zur Zulässigkeit der Erteilung einer Einbürgerungszusicherung VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.7.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116; BVerwG, Urteil vom 31.3.1987 - 1 C 26/86 -, NJW 1987, 2180). Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setzt die Einbürgerung eines Ausländers voraus, dass er „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist“. Zu Recht haben der Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass der Kläger diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil das Landgericht Mannheim mit Urteil vom 14.12.1999 nach § 61 Nr. 1, § 63 StGB seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat. Denn auch dabei handelt es sich um eine Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG.
28 
Ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung eine Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG darstellt, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt (bejahend Berlit in: GK-StAR, Stand: Oktober 2005, Rnr. 287 ff. zu § 10; Makarov/v. Mangoldt, Dt. Staatsangehörigkeitsrecht, Stand: Juni 1998, Rnr. 47 zu § 85 AuslG; VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005 - VG 2 A 26.03 -, InfAuslR 2005, 427 m.w.N.; VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung; a.A. VG Würzburg, Urteil vom 21.4.2004 - W 6 K 03.1130 -, InfAuslR 2004, 311).
29 
Eine ausdrückliche Regelung findet sich weder im Staatsangehörigkeitsgesetz noch fand sie sich in der zuvor einschlägigen Bestimmung des § 85 AuslG. Auch die Gesetzesbegründung äußert sich hierzu nicht. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG bedarf daher der Auslegung. Bei dieser Auslegung kommt es nicht allein auf den Wortlaut der Vorschrift an, sondern es ist grundsätzlich der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, der sich neben dem Wortlaut der Norm aus ihrem Zusammenhang, ihrem Zweck und aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt, wobei diese Auslegungsmethoden einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.3.1974 - III C 99.71 -, BVerwGE 45, 65; Urteil vom 16.11.1981 - 6 C 72/78 -, BVerwGE 64, 209 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 17.5.1960 - 2 BvL 11/59, 11/60 -, BVerfGE 11, 126).
30 
Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG legt es angesichts des strafrechtlichen Bezugs der Begriffe „Verurteilung“ und „Straftat“ nahe, bei der Auslegung zunächst deren strafrechtliche Bedeutung ins Auge zu fassen. Das Strafgesetzbuch enthält weder eine Legaldefinition des Begriffs „Verurteilung" noch des Begriffs „Straftat". § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB definiert lediglich den Begriff der „rechtswidrigen Tat", nicht aber den Begriff „Straftat". Allerdings ist in der Rechtsprechung der Strafgerichte anerkannt, dass die Verurteilung eines Angeklagten grundsätzlich dessen Schuldfähigkeit voraussetzt. So führt etwa der Bundesgerichtshof hierzu aus, dass ein Angeklagter in der Urteilsformel ausdrücklich freigesprochen werden muss, wenn sich das Gericht an seiner „Verurteilung“ gehindert sieht, weil er die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) begangen hat und das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB anordnet (vgl. BGH, Beschluss vom 11.6.2002 - 3 StR 158/02 -, juris, m. w. N.; Urteil vom 9.3.1983 - 3 StR 500/82 -, NStZ 1983, 280). Dies wird durch einzelne Bestimmungen des Strafgesetzbuchs gestützt, so etwa durch § 69 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 StGB, in denen übereinstimmend davon die Rede ist, dass jemand „verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt (wird), weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist". Auch der Begriff „Straftat“ wird jedenfalls im Strafrecht regelmäßig so verstanden, dass er eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung voraussetzt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., vor § 13 Rnr. 2; Stree in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., Rnr. 3a zu § 56f; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.1.1998 - 1 Ws 6/98 -, Justiz 1998, 569 m.w.N.).
31 
Diese strafrechtliche Verwendung der Begriffe schließt es jedoch nicht von vornherein aus, die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung im Sinn des Staatsangehörigkeitsrechts anzusehen. Je nach dem Norm- und Sinnzusammenhang kann den verwendeten Begriffen nämlich eine unterschiedliche Bedeutung zukommen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die strafrechtliche Auslegung des Begriffes „Verurteilung“ erkennbar daran ausgerichtet ist, ob gegen den Täter eine Strafe im Sinne der §§ 38 ff. StGB (insbesondere eine Freiheits- oder Geldstrafe) verhängt werden kann. Dies schließt es aber nicht aus, diesen Begriff im vorliegenden staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang anders - insbesondere weiter - zu verstehen. Hierfür spricht zunächst, dass § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG gerade nicht von der Verurteilungzu einer Strafe , sondern von der Verurteilung wegen einer Straftat spricht, insoweit also weiter gefasst ist. Zudem wird auch eine Maßregel der Besserung und Sicherung durch Urteil angeordnet; so war es auch beim Kläger. Nach § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe nämlich auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet worden ist. Ferner ist nach § 260 Abs. 4 Satz 4 StPO in der Urteilsformel u.a. zum Ausdruck zu bringen, wenn die Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt wird. Unter Berücksichtigung dessen lässt es der allgemeine Sprachgebrauch daher zu, auch die in einem Urteil erfolgende Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als „Verurteilung“ anzusehen. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Begriff „Straftat“ im allgemeinen Sprachgebrauch stets nur im dargestellten engen strafrechtlichen Sinn verstanden wird. Vielmehr wird allgemein von der Begehung von Straftaten häufig auch dann gesprochen, wenn die Handlung des Täters einen Straftatbestand erfüllt und rechtswidrig gewesen ist, dieser aber - etwa aus Altersgründen (§ 19 StGB) - schuldunfähig ist und daher noch keine Straftat im strafrechtlichen Sinn begehen kann (vgl. hierzu auch VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005, a.a.O.).
32 
Ist es danach vom Wortlaut her jedenfalls nicht ausgeschlossen, als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung anzusehen, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob ein weiteres Begriffsverständnis als das strafrechtsdogmatische dem objektivierten Willen des Gesetzgebers entspricht. Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte, des Zwecks und des Regelungszusammenhangs der Vorschrift ist diese Frage zu bejahen.
33 
Die für eine Einbürgerung früher maßgebliche Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 RuStAG verlangte bis zur Änderung durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.6.1993 (BGBl. I S. 1062) als Voraussetzung für die Einbürgerung, dass der Einbürgerungsbewerber „einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hat“ (vgl. hierzu Hailbronner, StAngR, 1991, § 8 RuStAG, Rnr. 16 ff.). Der Begriff der „Unbescholtenheit“ erfasste nach damaliger Auffassung nicht nur strafrechtlich relevantes Fehlverhalten, sondern erstreckte sich auch auf Verstöße gegen Vorschriften ordnungsrechtlichen Charakters jedenfalls dann, wenn sie eine nachhaltige Missachtung der Rechtsordnung darstellten (vgl. hierzu Berlit, a.a.O., Rnr. 281 zu § 10 StAG m.w.N.). Der Einbürgerungsbewerber musste in seinem Lebenswandel und den daraus erkennbaren charakterlichen Eigenschaften gewissen Kriterien genügt haben und noch genügen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.2.1977 - I B 74.75 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 7). Derartige charakterliche Mängel konnten aber auch bei solchen Straftätern vorliegen, die wegen einer psychischen Erkrankung schuldunfähig und zwangsweise untergebracht waren (vgl. hierzu VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O., m.w.N.). Mit dem Ausländergesetz vom 9.7.1990 (BGBl. I S. 1354) in der bis Ende 1999 geltenden Fassung des Gesetzes vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2970) wurde erstmals eine Anspruchseinbürgerung für Ausländer vorgesehen, welche für „junge Ausländer" in § 85 Abs. 1 Nr. 4 AuslG a.F. und für sonstige Ausländer mit langem Aufenthalt in § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. die Voraussetzung enthielt, dass der Ausländer „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist". Der ursprüngliche Regierungsentwurf hatte zunächst nur die Anspruchseinbürgerung junger Ausländer vorgesehen und hierfür vorausgesetzt, dass der Ausländer „außer solchen Straftaten, die nur mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz geahndet werden, keine Straftaten begangen hat“. In der Begründung zu dem Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) hieß es hierzu, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, doch sollten typische Jugendverfehlungen nicht zum Ausschluss der erleichterten Einbürgerung führen. Auf Grund der Änderungen im Gesetzgebungsverfahren entstanden dann jedoch die anders lautenden Bestimmungen des § 85 Abs. 1 Nr. 4 und § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F.. Diese Regelungen hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15.7.1999 (BGBl. I S. 1618) in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG in der seit dem 1.1.2000 geltenden Fassung übernommen. Schließlich wurden die §§ 85 bis 91 AuslG durch das Zuwanderungsgesetz vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950) in §§ 10 bis 12b StAG überführt, ohne dass hinsichtlich der hier zu entscheidenden Frage Änderungen erfolgt sind.
34 
Aus dieser Entstehungsgeschichte lässt sich nicht zwingend ableiten, dass eine „Verurteilung wegen einer Straftat“ nach dem Willen des Gesetzgebers auch dann vorliegen soll, wenn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird. Allerdings könnte der Umstand, dass im früheren Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) ausgeführt worden ist, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, dafür sprechen, dass der Gesetzgeber damals eine begriffliche Anbindung an den früher verwendeten Begriff der „Unbescholtenheit“ angestrebt hat. Dies würde es nahe legen, dass auch ein im strafrechtlichen Sinne schuldloses Fehlverhalten weiterhin für die Einbürgerung von Bedeutung sein soll (vgl. VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O.). Nach der dargestellten Entstehungsgeschichte lässt sich aber auch nicht ausschließen, dass der Gesetzgeber an Fälle der hier vorliegenden Art überhaupt nicht gedacht hat.
35 
Letztlich sprechen Sinn und Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG und der Regelungszusammenhang mit dem Registerrecht entscheidend dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat anzusehen. Der Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG besteht darin, die Einbürgerung von Personen auszuschließen, die sich trotz ihres längeren Aufenthaltes nicht in die (bundesdeutsche) Gesellschaft integriert haben bzw. bei denen es an einer dauerhaften Hinwendung zur deutschen Rechtsordnung fehlt oder hieran zumindest erhebliche Zweifel bestehen. Der Staat soll von einer Verpflichtung zur Einbürgerung solcher Ausländer freigestellt werden, die mit Rücksicht auf die Begehung von gewichtigen Straftaten die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verdienen oder bei denen dies derzeit jedenfalls als möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.12.1993 - 2 BvR 2632/93 -, NJW 1994, 2016; Makarov/v.Mangoldt, a.a.O., Rnr. 45, 47 zu § 85 AuslG). Bestätigt wird dies durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG, wonach sich der Ausländer zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen und außerdem u.a. erklären muss, dass er keine gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichteten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, liegt § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG vor diesem Hintergrund gerade auch die Vorstellung zu Grunde, eine Verpflichtung zur Einbürgerung eines Ausländers - und damit zu einer dauerhaften Aufenthaltsverfestigung - dann nicht entstehen zu lassen, wenn von diesem Gefahren für Rechtsgüter der Bundesrepublik Deutschland ausgehen. Dieser Gesetzeszweck spricht dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen. Für die Frage, ob von einem Ausländer, der gegen eine Strafvorschrift verstoßen hat, eine Gefahr für Rechtsgüter ausgeht, kommt es nämlich nicht entscheidend darauf an, ob dieser schuldhaft gehandelt hat. Vielmehr kann eine solche Gefahr - wie auch im vorliegenden Fall - beispielsweise auch beim Vorliegen einer krankheitsbedingten Schuldunfähigkeit bestehen. Dies wird gerade daran deutlich, dass eine Maßregel der Besserung und Sicherung nur angeordnet werden kann, wenn vom Täter infolge seines Zustandes eine Gefahr ausgeht (vgl. §§ 63, 64 Abs. 1, 66 Abs. 1 Nr. 3, 68 Abs. 1, 69 Abs. 1 und 70 Abs. 1 StGB).
36 
Gestützt wird diese vom strafrechtlichen Begriffsverständnis abweichende, weitere Auslegung auch durch die Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes, welche im Zusammenhang mit einer Einbürgerung deshalb von besonderer Bedeutung sind, weil dessen Auskunftsregelungen auch die Einbürgerungsbehörden betreffen (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 6 BZRG). So nennt § 4 BZRG unter der Überschrift „Verurteilungen“ u.a. die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 4 Nr. 2 BZRG). Zudem geht § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG davon aus, dass es sich bei der dort u.a. genannten Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) um eine Verurteilung handelt; gleiches gilt z.B. für § 32 Abs. 2 Nr. 8 und § 49 Abs. 1 Satz 3 BZRG.
37 
Der Annahme, dass nach der Intention des Staatsangehörigkeitsrechts auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG erfasst wird, lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, eine solche Gesetzesauslegung führe im Einzelfall zu unvertretbaren Ergebnissen. Zwar sind nach § 12a StAG die dort genannten Verurteilungen von vornherein für einen Anspruch auf Einbürgerung unbeachtlich, während die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Einbürgerungsanspruch grundsätzlich immer entgegensteht. Deshalb wird etwa von Makarov/v. Mangoldt, (a.a.O., Rdnr. 47 zu § 85 AuslG) darauf hingewiesen, in einigen Fällen könne ungeachtet der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung die rechtswidrige Tat von verhältnismäßig geringem Gewicht und nicht von der Art sein, die normalerweise den Einbürgerungsanspruch als ausgeschlossen erscheinen lassen müsste; dies soll etwa bei selbständiger Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB in Betracht kommen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zu diesem Einwand jedoch ausgeführt, dass von einem Ausländer, der zu einer geringen Strafe verurteilt worden ist, auf die Dauer grundsätzlich keine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen wird, während gleiches für denjenigen, gegen den eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, gerade nicht gilt. Mit der Regelung des § 12 a StAG, wonach u. a. Verurteilungen zu Geldstrafe und zu Freiheitsstrafe bis zu einer bestimmten Höhe im Rahmen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG außer Betracht bleiben, gibt der Gesetzgeber zwar zu erkennen, dass er in diesen Fällen nicht vom Bestehen einer Gefahr durch die Einbürgerung des betreffenden Ausländers ausgeht. Eine solche pauschale Gefahrenprognose kommt bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung, welche gerade eine vom Täter ausgehende - individuelle - Gefahr voraussetzt, aber nicht in Betracht. Vielmehr bedarf es hier grundsätzlich einer Beurteilung im Einzelfall.
38 
Eine solche Gesetzesauslegung führt auch nicht zu unzumutbaren Ergebnissen, da die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Anspruch auf Einbürgerung nicht in jedem Fall dauerhaft entgegenstehen muss. Nach § 45 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 24 Abs. 2 BZRG wird zwar die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus grundsätzlich erst nach dem 90. Lebensjahr getilgt. Im übrigen beträgt die Tilgungsfrist für die Anordnung einer (sonstigen) Maßregel der Besserung und Sicherung aber regelmäßig nur fünf Jahre (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG). Nach § 49 Abs. 1 BZRG besteht zudem auch bei der Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus die Möglichkeit, dass der Generalbundesanwalt auf Antrag oder von Amts wegen anordnet, dass Eintragungen entgegen den §§ 45, 46 zu tilgen sind, falls die Vollstreckung erledigt ist und das öffentliche Interesse der Anordnung nicht entgegensteht. Nach Satz 2 dieser Bestimmung soll der Generalbundesanwalt das erkennende Gericht und die sonst zuständige Behörde hören, wenn der Betroffene im Geltungsbereich des Gesetzes wohnt. Nach Satz 3 soll er auch einen in der Psychiatrie erfahrenen medizinischen Sachverständigen hören, wenn die Eintragung eine Verurteilung betrifft, durch welche eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist. Damit ist hinreichend gewährleistet, dass ein Ausländer auch bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach (folgenlosem) Ablauf der fünfjährigen Tilgungsfrist oder - wenn diese nicht einschlägig ist - jedenfalls im Wege der Tilgung nach § 49 BZRG einen Einbürgerungsanspruch erlangen kann, soweit von ihm keine Gefahr mehr ausgeht. Gleichzeitig wird hiermit dem Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG Rechnung getragen, im Einzelfall eine Beurteilung der von dem Ausländer möglicherweise ausgehenden Gefahren zu ermöglichen und einen Einbürgerungsanspruch dann auszuschließen, wenn diese Prognose ungünstig ausfällt. Zudem kommt jedenfalls dann, wenn der Ausländer bei geringfügigen Verstößen gegen Rechtsvorschriften keinen Ausweisungsgrund erfüllt, zumindest eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG in Betracht. Angesichts dessen kann nach Auffassung des Senats nicht angenommen werden, dass die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG in den Fällen der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung zu einer unzulässigen Schlechterstellung der Betroffenen im Vergleich zu denjenigen Ausländern führt, deren Verurteilung nach § 12 a Abs. 1 StAG außer Betracht bleibt. Vielmehr hält sich diese differenzierte Regelung noch im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit; sie ist durch die dargestellten Unterschiede bei der Gefahrenprognose hinsichtlich einer strafrechtlichen Verurteilung einerseits und der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung andererseits hinreichend gerechtfertigt. Danach bedarf es auch der teilweise vorgeschlagenen alternativen Lösungswege - Parallelwertung, welche Strafe bei schuldhaftem Handeln voraussichtlich verhängt worden wäre (VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung) bzw. erweiternde Auslegung des § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG (so Berlit, a.a.O., Rnr. 289 zu § 10 StAG) - nicht, um auch in Fällen geringfügigerer Verstöße sachgerechte Ergebnisse zu erreichen.
39 
Im Ergebnis steht der Einbürgerung des Klägers somit § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG entgegen. Der Kläger hat weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass aufgrund eines Antrags nach § 49 Abs. 1 BZRG die gegen ihn verhängte Maßregel inzwischen gelöscht worden ist.
40 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nach § 8 StAG kommt vorliegend nicht in Betracht. Auf Grund der von ihm begangenen strafrechtlichen Verstöße erfüllt er nämlich einen Ausweisungsgrund, weil er einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Dabei sind sowohl die in den Jahren 1996 und 1998 erfolgten Verurteilungen zu Geldstrafen als auch die im Jahr 1999 angeordnete Maßregel der Besserung und Sicherung berücksichtigungsfähig (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.7.2004 - 11 S 535/04 -, EzAR 034 Nr. 18). Ob eine Ausweisung auf dieser Grundlage tatsächlich erfolgen könnte, ist im Rahmen des § 8 StAG unbeachtlich. Soweit in ausländerrechtlichen Vorschriften wie etwa § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auf das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes abgestellt wird, ist dieser Begriff nämlich mit dem Begriff „Ausweisungstatbestand“ gleichzusetzen (vgl. Renner, AuslR, 7.A., Rnr. 13 zur Vorgängervorschrift des § 7 AuslG). Dies bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob eine Ausweisung im Einzelfall auch fehlerfrei verfügt werden könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.8.1996 - 1 C 8/94 -, BVerwGE 102, 12; Beschluss vom 24.7.1997 - 1 B 122/97 -, juris; Renner, AuslR, Rdnr. 15 zu § 7 AuslG m. w. N.). Diese Auslegung gilt aber auch im Rahmen des § 8 StAG. Auch hier genügt das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes für die Ablehnung der Einbürgerung, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ausländerbehörde eine Ausweisung beabsichtigt oder ob eine solche im konkreten Fall erfolgen könnte (vgl. Hailbronner/Renner, StAR, 4. Aufl., Rdnr. 23 zu § 8 StAG m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 31.5.1994 - 1 C 5/93 -, BVerwGE 96, 86). Zudem steht die Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG im Ermessen der Einbürgerungsbehörde. Der Kläger hat aber weder vorgetragen noch ist sonst erkennbar, dass dieses Ermessen in seinem Fall - das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG unterstellt - dergestalt reduziert wäre, dass nur die Erteilung der begehrten Einbürgerungszusicherung in Betracht käme.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO, soweit die Berufung zurückgenommen worden ist, im übrigen aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil der Frage, ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen ist, grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Gründe

 
24 
Mit dem Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
25 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Nachdem der Kläger innerhalb der Frist zur Begründung der Berufung nur noch die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung beantragt hat, ist das Berufungsverfahren allerdings einzustellen, soweit er ursprünglich (weitergehend) die Verpflichtung der Beklagten zur Einbürgerung begehrt hat. Denn mit dieser Beschränkung des Klagebegehrens hat er die Berufung teilweise zurückgenommen (§ 126 Abs. 1 VwGO).
26 
Soweit die Berufung danach noch anhängig ist, ist sie nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit der Kläger eine Einbürgerungszusicherung begehrt.
27 
Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung ist § 10 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950), da er den Antrag auf Einbürgerung nach dem 16.3.1999 gestellt hat (vgl. § 40 c StAG; zur Zulässigkeit der Erteilung einer Einbürgerungszusicherung VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.7.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116; BVerwG, Urteil vom 31.3.1987 - 1 C 26/86 -, NJW 1987, 2180). Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setzt die Einbürgerung eines Ausländers voraus, dass er „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist“. Zu Recht haben der Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass der Kläger diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil das Landgericht Mannheim mit Urteil vom 14.12.1999 nach § 61 Nr. 1, § 63 StGB seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat. Denn auch dabei handelt es sich um eine Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG.
28 
Ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung eine Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG darstellt, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt (bejahend Berlit in: GK-StAR, Stand: Oktober 2005, Rnr. 287 ff. zu § 10; Makarov/v. Mangoldt, Dt. Staatsangehörigkeitsrecht, Stand: Juni 1998, Rnr. 47 zu § 85 AuslG; VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005 - VG 2 A 26.03 -, InfAuslR 2005, 427 m.w.N.; VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung; a.A. VG Würzburg, Urteil vom 21.4.2004 - W 6 K 03.1130 -, InfAuslR 2004, 311).
29 
Eine ausdrückliche Regelung findet sich weder im Staatsangehörigkeitsgesetz noch fand sie sich in der zuvor einschlägigen Bestimmung des § 85 AuslG. Auch die Gesetzesbegründung äußert sich hierzu nicht. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG bedarf daher der Auslegung. Bei dieser Auslegung kommt es nicht allein auf den Wortlaut der Vorschrift an, sondern es ist grundsätzlich der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, der sich neben dem Wortlaut der Norm aus ihrem Zusammenhang, ihrem Zweck und aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt, wobei diese Auslegungsmethoden einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.3.1974 - III C 99.71 -, BVerwGE 45, 65; Urteil vom 16.11.1981 - 6 C 72/78 -, BVerwGE 64, 209 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 17.5.1960 - 2 BvL 11/59, 11/60 -, BVerfGE 11, 126).
30 
Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG legt es angesichts des strafrechtlichen Bezugs der Begriffe „Verurteilung“ und „Straftat“ nahe, bei der Auslegung zunächst deren strafrechtliche Bedeutung ins Auge zu fassen. Das Strafgesetzbuch enthält weder eine Legaldefinition des Begriffs „Verurteilung" noch des Begriffs „Straftat". § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB definiert lediglich den Begriff der „rechtswidrigen Tat", nicht aber den Begriff „Straftat". Allerdings ist in der Rechtsprechung der Strafgerichte anerkannt, dass die Verurteilung eines Angeklagten grundsätzlich dessen Schuldfähigkeit voraussetzt. So führt etwa der Bundesgerichtshof hierzu aus, dass ein Angeklagter in der Urteilsformel ausdrücklich freigesprochen werden muss, wenn sich das Gericht an seiner „Verurteilung“ gehindert sieht, weil er die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) begangen hat und das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB anordnet (vgl. BGH, Beschluss vom 11.6.2002 - 3 StR 158/02 -, juris, m. w. N.; Urteil vom 9.3.1983 - 3 StR 500/82 -, NStZ 1983, 280). Dies wird durch einzelne Bestimmungen des Strafgesetzbuchs gestützt, so etwa durch § 69 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 StGB, in denen übereinstimmend davon die Rede ist, dass jemand „verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt (wird), weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist". Auch der Begriff „Straftat“ wird jedenfalls im Strafrecht regelmäßig so verstanden, dass er eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung voraussetzt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., vor § 13 Rnr. 2; Stree in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., Rnr. 3a zu § 56f; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.1.1998 - 1 Ws 6/98 -, Justiz 1998, 569 m.w.N.).
31 
Diese strafrechtliche Verwendung der Begriffe schließt es jedoch nicht von vornherein aus, die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung im Sinn des Staatsangehörigkeitsrechts anzusehen. Je nach dem Norm- und Sinnzusammenhang kann den verwendeten Begriffen nämlich eine unterschiedliche Bedeutung zukommen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die strafrechtliche Auslegung des Begriffes „Verurteilung“ erkennbar daran ausgerichtet ist, ob gegen den Täter eine Strafe im Sinne der §§ 38 ff. StGB (insbesondere eine Freiheits- oder Geldstrafe) verhängt werden kann. Dies schließt es aber nicht aus, diesen Begriff im vorliegenden staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang anders - insbesondere weiter - zu verstehen. Hierfür spricht zunächst, dass § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG gerade nicht von der Verurteilungzu einer Strafe , sondern von der Verurteilung wegen einer Straftat spricht, insoweit also weiter gefasst ist. Zudem wird auch eine Maßregel der Besserung und Sicherung durch Urteil angeordnet; so war es auch beim Kläger. Nach § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe nämlich auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet worden ist. Ferner ist nach § 260 Abs. 4 Satz 4 StPO in der Urteilsformel u.a. zum Ausdruck zu bringen, wenn die Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt wird. Unter Berücksichtigung dessen lässt es der allgemeine Sprachgebrauch daher zu, auch die in einem Urteil erfolgende Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als „Verurteilung“ anzusehen. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Begriff „Straftat“ im allgemeinen Sprachgebrauch stets nur im dargestellten engen strafrechtlichen Sinn verstanden wird. Vielmehr wird allgemein von der Begehung von Straftaten häufig auch dann gesprochen, wenn die Handlung des Täters einen Straftatbestand erfüllt und rechtswidrig gewesen ist, dieser aber - etwa aus Altersgründen (§ 19 StGB) - schuldunfähig ist und daher noch keine Straftat im strafrechtlichen Sinn begehen kann (vgl. hierzu auch VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005, a.a.O.).
32 
Ist es danach vom Wortlaut her jedenfalls nicht ausgeschlossen, als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung anzusehen, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob ein weiteres Begriffsverständnis als das strafrechtsdogmatische dem objektivierten Willen des Gesetzgebers entspricht. Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte, des Zwecks und des Regelungszusammenhangs der Vorschrift ist diese Frage zu bejahen.
33 
Die für eine Einbürgerung früher maßgebliche Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 RuStAG verlangte bis zur Änderung durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.6.1993 (BGBl. I S. 1062) als Voraussetzung für die Einbürgerung, dass der Einbürgerungsbewerber „einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hat“ (vgl. hierzu Hailbronner, StAngR, 1991, § 8 RuStAG, Rnr. 16 ff.). Der Begriff der „Unbescholtenheit“ erfasste nach damaliger Auffassung nicht nur strafrechtlich relevantes Fehlverhalten, sondern erstreckte sich auch auf Verstöße gegen Vorschriften ordnungsrechtlichen Charakters jedenfalls dann, wenn sie eine nachhaltige Missachtung der Rechtsordnung darstellten (vgl. hierzu Berlit, a.a.O., Rnr. 281 zu § 10 StAG m.w.N.). Der Einbürgerungsbewerber musste in seinem Lebenswandel und den daraus erkennbaren charakterlichen Eigenschaften gewissen Kriterien genügt haben und noch genügen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.2.1977 - I B 74.75 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 7). Derartige charakterliche Mängel konnten aber auch bei solchen Straftätern vorliegen, die wegen einer psychischen Erkrankung schuldunfähig und zwangsweise untergebracht waren (vgl. hierzu VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O., m.w.N.). Mit dem Ausländergesetz vom 9.7.1990 (BGBl. I S. 1354) in der bis Ende 1999 geltenden Fassung des Gesetzes vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2970) wurde erstmals eine Anspruchseinbürgerung für Ausländer vorgesehen, welche für „junge Ausländer" in § 85 Abs. 1 Nr. 4 AuslG a.F. und für sonstige Ausländer mit langem Aufenthalt in § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. die Voraussetzung enthielt, dass der Ausländer „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist". Der ursprüngliche Regierungsentwurf hatte zunächst nur die Anspruchseinbürgerung junger Ausländer vorgesehen und hierfür vorausgesetzt, dass der Ausländer „außer solchen Straftaten, die nur mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz geahndet werden, keine Straftaten begangen hat“. In der Begründung zu dem Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) hieß es hierzu, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, doch sollten typische Jugendverfehlungen nicht zum Ausschluss der erleichterten Einbürgerung führen. Auf Grund der Änderungen im Gesetzgebungsverfahren entstanden dann jedoch die anders lautenden Bestimmungen des § 85 Abs. 1 Nr. 4 und § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F.. Diese Regelungen hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15.7.1999 (BGBl. I S. 1618) in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG in der seit dem 1.1.2000 geltenden Fassung übernommen. Schließlich wurden die §§ 85 bis 91 AuslG durch das Zuwanderungsgesetz vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950) in §§ 10 bis 12b StAG überführt, ohne dass hinsichtlich der hier zu entscheidenden Frage Änderungen erfolgt sind.
34 
Aus dieser Entstehungsgeschichte lässt sich nicht zwingend ableiten, dass eine „Verurteilung wegen einer Straftat“ nach dem Willen des Gesetzgebers auch dann vorliegen soll, wenn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird. Allerdings könnte der Umstand, dass im früheren Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) ausgeführt worden ist, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, dafür sprechen, dass der Gesetzgeber damals eine begriffliche Anbindung an den früher verwendeten Begriff der „Unbescholtenheit“ angestrebt hat. Dies würde es nahe legen, dass auch ein im strafrechtlichen Sinne schuldloses Fehlverhalten weiterhin für die Einbürgerung von Bedeutung sein soll (vgl. VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O.). Nach der dargestellten Entstehungsgeschichte lässt sich aber auch nicht ausschließen, dass der Gesetzgeber an Fälle der hier vorliegenden Art überhaupt nicht gedacht hat.
35 
Letztlich sprechen Sinn und Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG und der Regelungszusammenhang mit dem Registerrecht entscheidend dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat anzusehen. Der Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG besteht darin, die Einbürgerung von Personen auszuschließen, die sich trotz ihres längeren Aufenthaltes nicht in die (bundesdeutsche) Gesellschaft integriert haben bzw. bei denen es an einer dauerhaften Hinwendung zur deutschen Rechtsordnung fehlt oder hieran zumindest erhebliche Zweifel bestehen. Der Staat soll von einer Verpflichtung zur Einbürgerung solcher Ausländer freigestellt werden, die mit Rücksicht auf die Begehung von gewichtigen Straftaten die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verdienen oder bei denen dies derzeit jedenfalls als möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.12.1993 - 2 BvR 2632/93 -, NJW 1994, 2016; Makarov/v.Mangoldt, a.a.O., Rnr. 45, 47 zu § 85 AuslG). Bestätigt wird dies durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG, wonach sich der Ausländer zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen und außerdem u.a. erklären muss, dass er keine gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichteten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, liegt § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG vor diesem Hintergrund gerade auch die Vorstellung zu Grunde, eine Verpflichtung zur Einbürgerung eines Ausländers - und damit zu einer dauerhaften Aufenthaltsverfestigung - dann nicht entstehen zu lassen, wenn von diesem Gefahren für Rechtsgüter der Bundesrepublik Deutschland ausgehen. Dieser Gesetzeszweck spricht dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen. Für die Frage, ob von einem Ausländer, der gegen eine Strafvorschrift verstoßen hat, eine Gefahr für Rechtsgüter ausgeht, kommt es nämlich nicht entscheidend darauf an, ob dieser schuldhaft gehandelt hat. Vielmehr kann eine solche Gefahr - wie auch im vorliegenden Fall - beispielsweise auch beim Vorliegen einer krankheitsbedingten Schuldunfähigkeit bestehen. Dies wird gerade daran deutlich, dass eine Maßregel der Besserung und Sicherung nur angeordnet werden kann, wenn vom Täter infolge seines Zustandes eine Gefahr ausgeht (vgl. §§ 63, 64 Abs. 1, 66 Abs. 1 Nr. 3, 68 Abs. 1, 69 Abs. 1 und 70 Abs. 1 StGB).
36 
Gestützt wird diese vom strafrechtlichen Begriffsverständnis abweichende, weitere Auslegung auch durch die Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes, welche im Zusammenhang mit einer Einbürgerung deshalb von besonderer Bedeutung sind, weil dessen Auskunftsregelungen auch die Einbürgerungsbehörden betreffen (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 6 BZRG). So nennt § 4 BZRG unter der Überschrift „Verurteilungen“ u.a. die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 4 Nr. 2 BZRG). Zudem geht § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG davon aus, dass es sich bei der dort u.a. genannten Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) um eine Verurteilung handelt; gleiches gilt z.B. für § 32 Abs. 2 Nr. 8 und § 49 Abs. 1 Satz 3 BZRG.
37 
Der Annahme, dass nach der Intention des Staatsangehörigkeitsrechts auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG erfasst wird, lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, eine solche Gesetzesauslegung führe im Einzelfall zu unvertretbaren Ergebnissen. Zwar sind nach § 12a StAG die dort genannten Verurteilungen von vornherein für einen Anspruch auf Einbürgerung unbeachtlich, während die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Einbürgerungsanspruch grundsätzlich immer entgegensteht. Deshalb wird etwa von Makarov/v. Mangoldt, (a.a.O., Rdnr. 47 zu § 85 AuslG) darauf hingewiesen, in einigen Fällen könne ungeachtet der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung die rechtswidrige Tat von verhältnismäßig geringem Gewicht und nicht von der Art sein, die normalerweise den Einbürgerungsanspruch als ausgeschlossen erscheinen lassen müsste; dies soll etwa bei selbständiger Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB in Betracht kommen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zu diesem Einwand jedoch ausgeführt, dass von einem Ausländer, der zu einer geringen Strafe verurteilt worden ist, auf die Dauer grundsätzlich keine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen wird, während gleiches für denjenigen, gegen den eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, gerade nicht gilt. Mit der Regelung des § 12 a StAG, wonach u. a. Verurteilungen zu Geldstrafe und zu Freiheitsstrafe bis zu einer bestimmten Höhe im Rahmen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG außer Betracht bleiben, gibt der Gesetzgeber zwar zu erkennen, dass er in diesen Fällen nicht vom Bestehen einer Gefahr durch die Einbürgerung des betreffenden Ausländers ausgeht. Eine solche pauschale Gefahrenprognose kommt bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung, welche gerade eine vom Täter ausgehende - individuelle - Gefahr voraussetzt, aber nicht in Betracht. Vielmehr bedarf es hier grundsätzlich einer Beurteilung im Einzelfall.
38 
Eine solche Gesetzesauslegung führt auch nicht zu unzumutbaren Ergebnissen, da die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Anspruch auf Einbürgerung nicht in jedem Fall dauerhaft entgegenstehen muss. Nach § 45 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 24 Abs. 2 BZRG wird zwar die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus grundsätzlich erst nach dem 90. Lebensjahr getilgt. Im übrigen beträgt die Tilgungsfrist für die Anordnung einer (sonstigen) Maßregel der Besserung und Sicherung aber regelmäßig nur fünf Jahre (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG). Nach § 49 Abs. 1 BZRG besteht zudem auch bei der Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus die Möglichkeit, dass der Generalbundesanwalt auf Antrag oder von Amts wegen anordnet, dass Eintragungen entgegen den §§ 45, 46 zu tilgen sind, falls die Vollstreckung erledigt ist und das öffentliche Interesse der Anordnung nicht entgegensteht. Nach Satz 2 dieser Bestimmung soll der Generalbundesanwalt das erkennende Gericht und die sonst zuständige Behörde hören, wenn der Betroffene im Geltungsbereich des Gesetzes wohnt. Nach Satz 3 soll er auch einen in der Psychiatrie erfahrenen medizinischen Sachverständigen hören, wenn die Eintragung eine Verurteilung betrifft, durch welche eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist. Damit ist hinreichend gewährleistet, dass ein Ausländer auch bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach (folgenlosem) Ablauf der fünfjährigen Tilgungsfrist oder - wenn diese nicht einschlägig ist - jedenfalls im Wege der Tilgung nach § 49 BZRG einen Einbürgerungsanspruch erlangen kann, soweit von ihm keine Gefahr mehr ausgeht. Gleichzeitig wird hiermit dem Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG Rechnung getragen, im Einzelfall eine Beurteilung der von dem Ausländer möglicherweise ausgehenden Gefahren zu ermöglichen und einen Einbürgerungsanspruch dann auszuschließen, wenn diese Prognose ungünstig ausfällt. Zudem kommt jedenfalls dann, wenn der Ausländer bei geringfügigen Verstößen gegen Rechtsvorschriften keinen Ausweisungsgrund erfüllt, zumindest eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG in Betracht. Angesichts dessen kann nach Auffassung des Senats nicht angenommen werden, dass die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG in den Fällen der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung zu einer unzulässigen Schlechterstellung der Betroffenen im Vergleich zu denjenigen Ausländern führt, deren Verurteilung nach § 12 a Abs. 1 StAG außer Betracht bleibt. Vielmehr hält sich diese differenzierte Regelung noch im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit; sie ist durch die dargestellten Unterschiede bei der Gefahrenprognose hinsichtlich einer strafrechtlichen Verurteilung einerseits und der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung andererseits hinreichend gerechtfertigt. Danach bedarf es auch der teilweise vorgeschlagenen alternativen Lösungswege - Parallelwertung, welche Strafe bei schuldhaftem Handeln voraussichtlich verhängt worden wäre (VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung) bzw. erweiternde Auslegung des § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG (so Berlit, a.a.O., Rnr. 289 zu § 10 StAG) - nicht, um auch in Fällen geringfügigerer Verstöße sachgerechte Ergebnisse zu erreichen.
39 
Im Ergebnis steht der Einbürgerung des Klägers somit § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG entgegen. Der Kläger hat weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass aufgrund eines Antrags nach § 49 Abs. 1 BZRG die gegen ihn verhängte Maßregel inzwischen gelöscht worden ist.
40 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nach § 8 StAG kommt vorliegend nicht in Betracht. Auf Grund der von ihm begangenen strafrechtlichen Verstöße erfüllt er nämlich einen Ausweisungsgrund, weil er einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Dabei sind sowohl die in den Jahren 1996 und 1998 erfolgten Verurteilungen zu Geldstrafen als auch die im Jahr 1999 angeordnete Maßregel der Besserung und Sicherung berücksichtigungsfähig (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.7.2004 - 11 S 535/04 -, EzAR 034 Nr. 18). Ob eine Ausweisung auf dieser Grundlage tatsächlich erfolgen könnte, ist im Rahmen des § 8 StAG unbeachtlich. Soweit in ausländerrechtlichen Vorschriften wie etwa § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auf das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes abgestellt wird, ist dieser Begriff nämlich mit dem Begriff „Ausweisungstatbestand“ gleichzusetzen (vgl. Renner, AuslR, 7.A., Rnr. 13 zur Vorgängervorschrift des § 7 AuslG). Dies bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob eine Ausweisung im Einzelfall auch fehlerfrei verfügt werden könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.8.1996 - 1 C 8/94 -, BVerwGE 102, 12; Beschluss vom 24.7.1997 - 1 B 122/97 -, juris; Renner, AuslR, Rdnr. 15 zu § 7 AuslG m. w. N.). Diese Auslegung gilt aber auch im Rahmen des § 8 StAG. Auch hier genügt das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes für die Ablehnung der Einbürgerung, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ausländerbehörde eine Ausweisung beabsichtigt oder ob eine solche im konkreten Fall erfolgen könnte (vgl. Hailbronner/Renner, StAR, 4. Aufl., Rdnr. 23 zu § 8 StAG m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 31.5.1994 - 1 C 5/93 -, BVerwGE 96, 86). Zudem steht die Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG im Ermessen der Einbürgerungsbehörde. Der Kläger hat aber weder vorgetragen noch ist sonst erkennbar, dass dieses Ermessen in seinem Fall - das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG unterstellt - dergestalt reduziert wäre, dass nur die Erteilung der begehrten Einbürgerungszusicherung in Betracht käme.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO, soweit die Berufung zurückgenommen worden ist, im übrigen aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil der Frage, ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen ist, grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Sonstige Literatur

 
43 
Rechtsmittelbelehrung
44 
Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu.
45 
Die Revision ist bei dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils schriftlich einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) eingelegt wird.
46 
Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
47 
Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen.
48 
Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.
49 
Für das Revisionsverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Revision und für die Revisionsbegründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
50 
Beschluss vom 10.11.2005
51 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. auf 8.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr. 1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718, sowie Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327).
52 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
Der am … 1971 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo. Er kam Ende 1991 in das Bundesgebiet und stellte einen Asylantrag. Nachdem er am 01.09.1995 eine deutsche Staatsangehörige geheiratet hatte, nahm er seinen Asylantrag zurück. In der Folgezeit erhielt er fortlaufend verlängerte Aufenthaltserlaubnisse, zuletzt bis 06.12.2002. Seit 21.05.2002 ist der Kläger im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, jetzt Niederlassungserlaubnis. Der Kläger lebt nach wie vor in ehelicher Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehörigen. Aus dieser Ehe sind mittlerweile zwei Kinder hervorgegangen, die ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit haben.
Nach einer aktuellen Auskunft aus dem Zentralregister vom 11.03.2009 wurde der Kläger bestraft durch
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1993 (2 C 222/93) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen je 60,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts S. vom 29.03.1994 (11 CS 156/94) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit einer wiederholten Zuwiderhandlung gegen eine Aufenthaltsbeschränkung nach dem Asylverfahrensgesetz zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen je 60,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 29.09.1994 (2 DS 166/94) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen je 45,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 19.01.1995 (2 DS 316/94) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 20.07.1995 (2 DS 18/95) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 19.01.1995 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von sieben Monaten und zwei Wochen, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1996 (2 DS 61/96) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung der Verurteilungen vom 19.01.1995 und 20.07.1995 zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
10 
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 14.05.1998 (2 DS 23938/98 1248 VRS) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, wobei eine Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt und schließlich mit Wirkung vom 03.11.2002 erlassen wurde;
11 
- Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 14.02.2008 (5 Cs 12 Js 9814/07) wegen Betrugs zu einer Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen je 30,- EUR.
12 
Am 07.02.2003 beantragte der Kläger beim Landratsamt Schwäbisch Hall, ihn in den deutschen Staatsverband einzubürgern, nachdem er einen ersten Einbürgerungsantrag im Jahre 2000 zurückgenommen hatte.
13 
Am 19.09.2003 erteilte der Beklagte dem Kläger eine bis 18.09.2005 gültige Einbürgerungszusicherung. Darin wird dem Kläger die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass der Verlust der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen werde.
14 
In der Folgezeit zog sich die Ausstellung serbisch-montenegrinischer Dokumente durch das Generalkonsulat vom Serbien-Montenegro hin.
15 
Im April 2005 verweigerte das Regierungspräsidium Stuttgart seine Zustimmung zur Einbürgerung. Da die letzte Verurteilung des Klägers im Jahre 1998 nicht insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden sei, sondern lediglich ein Strafrest nach Teilverbüßung dieser Haftstrafe, sei die Grundlage für eine Ermessensentscheidung schon nicht gegeben. Mit Erlass vom 19.05.2005 wies das Regierungspräsidium Stuttgart das Landratsamt auf eine seit dem 10.03.2005 geänderte Erlasslage für serbisch-montenegrinische Staatsangehörige hin, wonach erst dann eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit erfolgen könne, wenn von Seiten der serbisch-montenegrinischen Behörden nicht innerhalb eines Zeitraumes von nunmehr zwei Jahren über einen entsprechenden Antrag des Einbürgerungsbewerbers auf Ausstellung eines Reisepasses, eines Staatsangehörigkeitsnachweises bzw. auf Nachregistrierung entschieden sei.
16 
Das Landratsamt hörte daraufhin den Kläger mit Schreiben vom 07.07.2005 zu einer beabsichtigten Ablehnung seines Einbürgerungsantrages an. Zur Begründung wurde auf seine im Bundeszentralregister eingetragenen Vorstrafen verwiesen, die erst im Jahre 2013 Tilgungsreife erreichten.
17 
Daraufhin beantragte der Kläger beim Generalbundesanwalt die vorzeitige Tilgung sämtlicher Freiheitsstrafen, die über ihn im Bundeszentralregister geführt werden. Diesen Antrag lehnte der Generalbundesanwalt ab unter Hinweis darauf, damit würde im Fall des Klägers eine Voraussetzung für seine Einbürgerung erst geschaffen. Dies liefe aber im Ergebnis auf eine Entscheidung des Generalbundesanwalts anstelle der eigentlich zuständigen Behörde über den Einbürgerungsantrag des Klägers hinaus. Dies sei kein zweckentsprechender Gebrauch der Tilgungsmöglichkeit des § 49 Abs. 1 BZRG.
18 
Mit Verfügung vom 19.01.2006 lehnte das Landratsamt Schwäbisch Hall den Einbürgerungsantrag ab und führte zur Begründung aus: Der noch unter Geltung des § 85 AuslG gestellte Einbürgerungsantrag sei nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 01.01.2005 nach den Vorschriften des Staatsangehörigkeitsgesetzes zu bescheiden. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setze ein Einbürgerungsanspruch voraus, dass der Einbürgerungsbewerber nicht wegen einer Straftat verurteilt sei. Ausnahmen von dieser Regelung ergäben sich aus § 12 a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StAG sowie in Einzelfällen aus Satz 2 dieser Vorschrift. Vorliegend ergebe sich, dass die nach der Auskunft aus dem Bundeszentralregister beim Kläger vorliegenden strafrechtlichen Verurteilungen Nr. 5 und 6 eine Ermessensentscheidung der Einbürgerungsbehörde über ihre Berücksichtigung erforderten. Diese führe im jetzigen Zeitpunkt unter Abwägung des Für und Wider dazu, dass diese nicht außer Betracht bleiben könnten. Hinsichtlich der letzten Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang im Jahre 1998 lägen noch nicht einmal die Voraussetzungen einer Einzelfallentscheidung vor. Die damalige Freiheitsstrafe von sechs Monaten sei nicht insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden. Der Kläger könne auch nicht nach § 8 StAG eingebürgert werden. Voraussetzung hierfür sei, dass der Einbürgerungsbewerber keinen Ausweisungsgrund nach den §§ 53, 54 oder 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 AufenthG erfülle. Mit den abgeurteilten Straftaten lägen bei ihm aber Rechtsverstöße vor, die weder vereinzelt noch geringfügig gewesen seien. Wie lange ihm danach eine Straftat im Einbürgerungsverfahren auch nach § 8 StAG vorgeworfen werden könne, richte sich mangels eigener Regelungen nach den Eintragungen im Bundeszentralregister. Da die Tilgungsreife frühestens im Jahre 2013 eintreten könne, sei eine Einbürgerung auch nach § 8 StAG derzeit nicht möglich.
19 
Gegen diesen ihm am 23.01.2006 zugestellten Bescheid legte der Kläger am 23.02.2006 Widerspruch ein.
20 
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2006 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde nach Bezugnahme auf den Bescheid des Landratsamts ergänzend ausgeführt: Zwar werde nicht verkannt, dass beim Kläger in letzter Zeit eine charakterliche Stabilisierung eingetreten sei. Er lebe seit einigen Jahren straffrei in Deutschland mit Frau und Kindern. Das öffentliche Interesse, die Einbürgerung bei fehlender strafrechtlicher Unbescholtenheit grundsätzlich zu versagen, überlagere jedoch seine Interessen. Vor Ablauf der Tilgungsfrist im Bundeszentralregister sei eine Einbürgerung daher nicht möglich. Auch die leichteren Reisemöglichkeiten mit einem deutschen Pass, die Schwierigkeiten bei der Erlangung eines serbisch-montenegrinischen Reisepasses für Kosovaren und schließlich eine dem Kläger in Aussicht gestellte Arbeitsstelle bei einer Schweizer Firma rechtfertigten keinen Ausnahmetatbestand.
21 
Der Kläger hat am 18. August 2006 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und ausgeführt: Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles müssten auch die gegen ihn am 20.07.1995 und am 09.05.1996 verhängten Freiheitsstrafen, die insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden seien, außer Betracht bleiben. Er lebe nunmehr seit acht Jahren straffrei in der Bundesrepublik Deutschland. Bei den abgeurteilten Straftaten habe es sich ausschließlich um Straßenverkehrsdelikte gehandelt. Er sei auf die Einbürgerung dringend angewiesen, um die ihm angebotene Arbeitsstelle in der Schweiz anzunehmen und dadurch für seine Familie den Unterhalt zu sichern. Sämtliche anderen Familienmitglieder, die Ehefrau und zwei Kinder, besäßen die deutsche Staatsangehörigkeit.
22 
Der Kläger ist im laufenden Verfahren in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes Waldshut verzogen. Mit Schreiben vom 28.08.2007 erteilte das Landratsamts Waldshut gemäß § 3 Abs. 3 LVwVfG seine Zustimmung zur Fortsetzung des Verfahrens durch das Landratsamt Schwäbisch Hall.
23 
Durch Urteil vom 26.11.2007 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, über den Einbürgerungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; im Übrigen hat es den weitergehenden Verpflichtungsantrag abgewiesen.
24 
Zur Begründung hat es ausgeführt: Gemäß § 40c StAG in der seit 28.08.2007 geltenden Fassung seien auf Einbürgerungsanträge, die - wie hier - vor dem 30.03.2007 gestellt worden seien, die §§ 8 bis 14 StAG in ihrer vor dem 28.08.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit diese günstigere Bestimmungen enthielten. Da dies für die hier in Rede stehenden Rechtsfragen sämtlich der Fall sei, kämen für die begehrte Einbürgerung als Rechtsgrundlage daher die §§ 8 ff. StAG i.d.F. des Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 zur Anwendung.
25 
Zutreffend gehe der Beklagte allerdings davon aus, dass dem Kläger eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. habe versagt werden dürfen. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung fehle es zumindest an der Voraussetzung nach Nr. 5 der Norm, da der Kläger bereits mehrfach wegen einer Straftat verurteilt worden sei. Für diesen Fall bestimme § 12 a StAG a.F., dass Strafen bis zu einer bestimmten Höhe außer Betracht zu bleiben hätten und darüber hinausgehend, dass die Einbürgerungsbehörde im Einzelfall nach Ermessen zu entscheiden habe, ob eine Straftat außer Betracht bleiben könne, wenn der Einbürgerungsbewerber zu einer höheren Strafe verurteilt worden sei. Das Gericht könne sich nicht der Rechtsansicht des Beklagten anschließen, die letzte gegen den Kläger ausgesprochene Verurteilung vom 14.05.1998 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung stelle eine Straftat dar, die in keinem Fall im Ermessenswege infolge einer Entscheidung der Einbürgerungsbehörde außer Betracht bleiben könne. Soweit sich der Beklagte auf den Standpunkt stelle, eine das „Nichtberücksichtigungsermessen“ gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eröffnende „höhere Strafe“ könne nur eine Strafe sein, die insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden sei, gehe dies fehl. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der Wortlaut nicht eindeutig. Das der Einbürgerungsbehörde eingeräumte Nichtberücksichtigungsermessen könne hinsichtlich jedweder Strafe ausgeübt werden, die, weil sie ein einzelnes Merkmal überschreite, nicht unter Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 der Vorschrift falle. Auch angesichts der Weite des nach § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eingeräumten Nichtberücksichtigungsermessens bestehe kein überzeugender Grund, die Strafaussetzung zur Bewährung bereits als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in Abs. 1 Satz 2 „hineinzuinterpretieren“, indem bei kurzzeitigen Freiheitsstrafen , die nicht zur Bewährung ausgesetzt worden seien, eine Ermessensmöglichkeit schon von vorneherein verneint werde. Gleichwohl ergebe sich daraus nicht die Rechtswidrigkeit der Entscheidung, dem Kläger eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG a.F. zu versagen. Denn zu Recht habe der Beklagte erkannt, schon wegen Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine Ermessensentscheidung hinsichtlich der beiden zur Bewährung ausgesetzten Verurteilungen nach Nr. 5 und Nr. 6 des Strafregisterauszuges treffen zu müssen. Diese Ermessensentscheidung sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. i.V.m. § 12 a Abs. 1 StAG a. F. sei bei der Prüfung, ob eine strafrechtliche Verurteilung den Einbürgerungsanspruch eines Ausländers aus § 10 StAG a.F. hindere, eine jeweils einzelne Betrachtung geboten. Lägen (eine oder mehrere) strafrechtliche Verurteilungen vor, die nicht generell gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 StAG a. F. außer Betracht bleiben müssten, so erfolge nicht etwa eine generelle Ermessensprüfung, ob der Betreffende gleichwohl eingebürgert werden könne. Die Ermessensprüfung orientiere sich vielmehr an jeder einzelnen strafrechtlichen Verurteilung. Entscheide sich die Einbürgerungsbehörde in Ausübung des ihr so eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens, auch nur hinsichtlich einer einzigen insoweit zu prüfenden strafrechtlichen Verurteilung, diese nicht außer Betracht zu lassen und sei ihr jedenfalls insoweit kein Ermessensfehler anzulasten, scheide eine Einbürgerung in Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. aus. So liege es hier. Der Beklagte habe erkannt, dass die strafrechtlichen Verurteilungen nach Nr. 5 und nach Nr. 6 des Strafregisterauszuges des Klägers nicht generell nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. außer Betracht bleiben könnten, da der Strafausspruch jeweils zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Die Ermessensbetätigung der Behörden, diese beiden strafrechtlichen Verurteilungen einbürgerungsrechtlich nicht unberücksichtigt zu lassen, sei nicht zu beanstanden. Es komme hinsichtlich der zu prüfenden Ermessensbetätigung auf die letzte behördliche Entscheidung, also auf den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.07.2006 an. Dessen Ausführungen berücksichtigten zutreffend alle mit den strafrechtlichen Verurteilungen in Zusammenhang stehenden Umstände und hätten diese in nicht zu beanstandender Weise abgewogen. Es sei nicht zu verkennen, dass - wie dort ausgeführt - eine Verurteilung zu einer, wenn auch zur Bewährung ausgesetzten, Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen bereits eine erhebliche Strafe darstelle. Ebenfalls habe vom Beklagten negativ berücksichtigt werden dürfen, dass der Kläger immer wieder wegen desselben Deliktes strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und daher eine gewisse Renitenz in der Missachtung der Rechtsordnung aufgewiesen habe. Soweit demgegenüber der angegriffene Ausgangsbescheid des Beklagten im Rahmen der Betätigung des Nichtberücksichtigungsermessens möglicherweise die persönlichen Interessen des Klägers zu wenig berücksichtigt habe, sei dieser Mangel jedenfalls durch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.07.2006 geheilt worden. Dort seien die in letzter Zeit offenbar eingetretene charakterliche Stabilisierung des Klägers, seine familiären Umstände, seine Arbeitsplatzsituation, die mit einem deutschen Pass verbundenen besseren Reisemöglichkeiten sowie allgemein die Passproblematik serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger aus dem Kosovo berücksichtigt worden.
26 
Der Kläger erfülle aber die wesentlichen Voraussetzungen für einen Einbürgerungsanspruch nach den §§ 8 und 9 StAG a.F. Auch insoweit finde gemäß § 40 c StAG die bis zum 28.08.2007 geltende Fassung des § 9 StAG Anwendung, da diese für den Kläger günstiger sei. Die maßgeblichen Voraussetzungen für die Einbürgerung des Klägers lägen insoweit auch vor. Soweit § 9 StAG a.F. auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 StAG a. F. verweise, seien auch diese erfüllt. Für die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 StAG a. F. sei dies zwischen den Beteiligten unstrittig. Dies gelte aber auch für die Voraussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F., da der Kläger, jedenfalls derzeit, keinen Ausweisungsgrund nach §§ 53, 54 oder 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes mehr erfülle. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. sei durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.06.1993 neu gefasst worden. Mit der Gesetzesänderung habe der Begriff des „unbescholtenen Lebenswandels" durch wesentlich konkretere Kriterien ersetzt werden sollen, nämlich das Vorliegen bestimmter Ausweisungsgründe im Zeitpunkt der Entscheidung über das Einbürgerungsbegehren. Die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. enthalte ebenso wenig wie vergleichbare ausländerrechtliche Vorschriften (vgl. etwa §§ 5 Abs. 1 Nr. 2; 28 Abs. 2 AufenthG) eine zeitlich genau bestimmbare Grenze für die Erfüllung bzw. das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes. Allerdings ergebe sich bereits aus der Verwendung der jeweiligen Präsens-Form, dass es sich jedenfalls um eine aktuelle Betrachtungsweise und nicht um die Berücksichtigung historischer Vorgänge („...erfüllt hat.“ bzw. „... vorgelegen haben.“) handeln müsse. Wann ein Ausweisungsgrund nicht mehr aktuell vorliege und daher nicht mehr herangezogen werden dürfe, lasse sich nicht allgemein festlegen; hierzu komme es auf die Art und den Inhalt des jeweiligen Ausweisungsgrundes an.
27 
Nicht überzeugend sei die vom Beklagten vertretene Auffassung, die aus den Jahren 1993 bis 1998 herrührenden Ausweisungsgründe stünden einer Einbürgerung des Klägers bis zur Tilgung im Bundeszentralregister entgegen. Der Beklagte stelle damit auf das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG ab. Das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG markiere auch für Einbürgerungsverfahren grundsätzlich - von der vorliegend nicht einschlägigen Ausnahme des § 52 Abs. 1 Nr. 1 BZRG abgesehen - die äußerste zeitliche Grenze einer im Rechtsverkehr möglichen Verwertung. Aus dem Verwertungsverbot lasse sich jedoch nicht - aufgrund eines Umkehrschlusses - auf die rechtlich gebotene Verwertbarkeit der Eintragung vor Ablauf der Tilgungsfrist schließen. Denn es könne nicht übersehen werden, dass die Tilgungsfristen in § 46 Abs. 1 Nr. 1 - 4 BZRG - fünf, zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre, gegebenenfalls erhöht um die jeweils ausgesprochene Freiheitsstrafe - äußerst pauschal gehalten seien und mit ihren Fünf-Jahres-Sprüngen auch vergleichsweise wenig Raum für eine Einzelfallbetrachtung böten. Dies möge für ein Registergesetz im Sinne einer Verwaltungspraktikabilität hinnehmbar sein. Um den früher in § 8 Abs. 1 StAG verwendeten Begriff des „unbescholtenen Lebenswandels“ durch wesentlich konkretere Kriterien zu ersetzen, was ausdrücklich Sinn der gesetzgeberischen Reform des Jahres 1993 gewesen sei, erscheine ein generelles Abstellen auf noch nicht getilgte Eintragungen im Bundeszentralregister zur Beantwortung der Frage, ob ein Einbürgerungsbewerber aktuell einen Ausweisungsgrund erfülle, daher eher ungeeignet. Insbesondere, wenn ein Einbürgerungsbewerber etwa die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) - c) BZRG nur geringfügig überschreite, sei es kaum zu rechtfertigen, ihm deshalb die Möglichkeit einer Einbürgerung statt für zehn Jahre sogleich für fünfzehn Jahre zu versagen. Bei der Frage, wie lange eine Straftat nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. als Ausweisungsgrund einem Einbürgerungsbewerber entgegengehalten werden dürfe, seien vielmehr Sinn und Zweck des jeweiligen Ausweisungsgrundes von maßgeblicher Bedeutung. Liege dem Ausweisungsgrund eine Straftat zugrunde, so seien das der Verurteilung zugrunde liegende Verhalten zu berücksichtigen, die Schwere und Eigenart des Delikts sowie die ausgesprochene Strafhöhe. Lägen die vorwerfbaren Taten mehrere Jahre zurück, so sei von Bedeutung, wie sich der Ausländer in der Folgezeit verhalten habe und auch, welche künftige Rückfallprognose dem Einbürgerungsbewerber noch ausgestellt werden müsse. Danach könne heute nicht mehr davon ausgegangen werden, der Kläger erfülle noch einen Ausweisungsgrund. Bei den vom Kläger in den Jahren 1993 bis 1998 begangenen Straftaten handele es sich jeweils um Straßenverkehrsdelikte, nahezu ausschließlich um Fahren ohne Fahrerlaubnis. Eigentums- oder gar Gewaltkriminalität sei dem Kläger nicht vorzuwerfen. Innerhalb der Biografie des Klägers nähmen sich diese Straftaten „episodenhaft“ aus. Seit 1998 sei der Kläger nicht mehr auffällig geworden. Nachdem er zwischenzeitlich im Besitz einer deutschen Fahrerlaubnis sei, könne nahezu ausgeschlossen werden, dass sich bei ihm Vergleichbares wiederhole. Zwar habe der Kläger in dem genannten Zeitraum eine auffällige Renitenz zur Missachtung der Rechtsordnung an den Tag gelegt, in dem er sich zahlreichen jeweils vorangegangenen Urteilen wegen einer Straftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht gebeugt, sondern sein Verhalten zunächst fortgesetzt habe. Allerdings habe der Kläger offenkundig dieses Verhalten lediglich auf diesem einen Rechtsgebiet gezeigt. Eine anderweitige Neigung zur Missachtung der Rechtsordnung sei beim Kläger weder in dem genannten Zeitraum zu Tage getreten, noch habe sich solches in den vergangenen beinahe 10 Jahren anderweitig gezeigt. Nachdem der Kläger zwischenzeitlich mit einer deutschen Staatsangehörigen eine Familie gegründet habe, sei ersichtlich, dass bei ihm eine charakterliche Stabilisierung eingetreten sei. Die vor beinahe 10 Jahren teilweise und kurzzeitig verbüßte Haftstrafe habe offenkundig beim Kläger in seinem Verhalten eine Zäsur bewirkt. Es könne daher heute nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Kläger aktuell noch einen Ausweisungsgrund erfülle. Unabhängig von Vorstehendem lägen beim Kläger die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StAG a. F. aber auch noch aus einem weiteren Grund vor. Der Kläger erfülle schon deshalb keinen Ausweisungsgrund nach §§ 54 Nr. 1, 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG mehr, weil diese ursprünglich gegebenen Ausweisungsgründe zwischenzeitlich staatsangehörigkeitsrechtlich „verbraucht“ seien. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass ein Ausweisungsgrund in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und solange entgegengehalten werden dürfe, als er noch „aktuell" und nicht „verbraucht“ sei bzw. die zuständige Behörde auf seine Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent "verzichtet" habe. Ein solcher Verbrauch der beim Kläger ursprünglich vorliegenden Ausweisungsgründe sei im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier durch die dem Kläger am 19.09.2003 erteilte Einbürgerungszusicherung eingetreten. Nachdem der Beklagte nach Erkennen seines Fehlers insoweit die vorangegangene Einbürgerungszusicherung auch nicht etwa zurückgenommen habe, liege zum jetzigen Zeitpunkt ein Ausweisungsgrund, der dem Kläger gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a. F. entgegengehalten werden könnte, nicht mehr vor. Der Kläger habe somit einen Anspruch darauf, dass der Beklagte sein Einbürgerungsbegehren nach §§ 8, 9 StAG a. F. neu bescheide.
28 
Das Urteil wurde dem Beklagten am 20.03.2008 zugestellt. Auf den von ihm am 15.04.2008 gestellten und am 15.05.2008 begründeten Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 25.08.2008 die Berufung zugelassen.
29 
Am 23.09.2008 hat der Beklagte unter Stellung eines Antrags die Berufung wie folgt begründet:
30 
Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht § 8 StAG in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung angewandt. Der nach § 40c StAG anzustellende Günstigkeitsvergleich, der für jede Einbürgerungsvoraussetzung anzustellen sei, führe zu den Ergebnis, dass die neue Fassung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG die günstigere Bestimmung sei. Denn während es nach der alten Fassung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 auf das bloße Vorliegen von bestimmten Ausweisungsgründen angekommen sei und daher auch strafrechtlich unerhebliches Verhalten der Einbürgerung habe entgegen stehen können, seien jetzt nur noch Verurteilungen wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe oder die Anordnung einer Maßregel relevant, soweit die in § 12a Abs. 1 Nr. 1 StAG genannten Bagatellgrenzen überschritten würden. Derartige Verurteilungen, welche die Grenze des § 12a Abs. 1 StAG überstiegen, seien auch unter den Begriff der vereinzelten und geringfügigen Rechtsversstöße nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG zu rechnen und stellten daher regelmäßig einen Ausweisungsgrund dar, machten jedoch nur eine Teilmenge aller denkbaren Ausweisungsgründe aus, weshalb die neue Fassung günstiger sei. Bei Anwendung des neuen Rechts stünden die vom Kläger begangenen Straftaten, die nicht getilgt seien, einer Einbürgerung entgegen und seien auch im Rahmen des durch § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eröffneten Ermessens zu Recht unberücksichtigt geblieben und auch nach § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG n.F. nicht zu berücksichtigen. Die Taten könnten auch ausnahmslos berücksichtigt werden, da gem. § 46 Abs. 1 Nr. 2 BZRG Tilgungsreife erst im Jahre 2013 eintreten werde.
31 
Die Entscheidung sei allerdings auch dann unrichtig, wenn man § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG in der alten Fassung anwende. Denn der Kläger erfülle einen Ausweisungsgrund, der nicht verbraucht sei. Für die Frage, ob ein Ausweisungsgrund vorliege, komme es allein darauf an, ob dieser erfüllt sei, nicht jedoch darauf, ob tatsächlich eine Ausweisung erfolgen könne. Im vorliegenden Fall sei der Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG einschlägig, weil der Kläger insgesamt wegen desselben Vergehens zu erheblichen Freiheitsstrafen verurteilt worden sei. Beim Kläger habe ein unbelehrbares Verhalten vorgelegen. Die Verstöße seien weder vereinzelt noch geringfügig gewesen. Die Vorwerfbarkeit sei auch nicht nachträglich entfallen. In Ermangelung einschlägiger Regelungen in den §§ 8 und 9 StAG könne hinsichtlich der Verwertbarkeit strafrechtlicher Verurteilungen auf die Bestimmungen des Bundeszentralregistergesetzes zurückgegriffen werden. Der Ausweisungsgrund wäre daher nur dann unbeachtlich, wenn die zugrunde liegenden Straftaten getilgt wären, was jedoch nicht der Fall sei. Entgegen der früheren Rechtslage, nach der auf einen „unbescholtenen Lebenswandel“ abgestellt worden sei, sei nunmehr auch aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit keine umfassende Abwägungsentscheidung mehr zu treffen, sofern festgestellt worden sei, dass der Verstoß weder vereinzelt noch geringfügig gewesen sei. Im Übrigen könne der Sichtweise des Verwaltungsgerichts auch aus systematischen Erwägungen nicht gefolgt werden. Denn in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung sei eine Abwägungsentscheidung bei Straftaten auf den Fall des § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG beschränkt gewesen. Wäre bei § 8 Abs. 1 Nr. 1 StAG auch eine solche Abwägungsentscheidung gewollt gewesen, so hätte es nahe gelegen, in § 8 Abs. 2 nicht nur die Möglichkeit eines Dispenses von den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 4 vorzusehen, sondern dort auch auf § 8 Abs. 1 Nr. 2 Bezug zu nehmen. Erst die neue Fassung des § 8 Abs. 2 habe eine Erweiterung um den Fall des Abs. 1 Nr. 2 vorgenommen. Wäre die Entscheidung des Verwaltungsgerichts richtig, so hätte es dieser Anpassung nicht bedurft.
32 
Die vom Kläger begangenen Straftaten seien auch nicht durch die Einbürgerungszusicherung verbraucht. Mit der Einbürgerungszusicherung nach § 38 LVwVfG werde dem Einbürgerungsbewerber die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass er den Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit nachweise. Mit Ablauf der Frist von zwei Jahren habe deren Wirkung geendet, eine Verlängerung sei nicht erfolgt. Hätte die Einbürgerungszusicherung die ihr vom Verwaltungsgericht beigemessene Wirkung, so nähme sie im Hinblick auf sämtliche Einzelfragen der Einbürgerung mit Ausnahme der Hinnahme der Mehrstaatigkeit die endgültige Entscheidung über den Einbürgerungsantrag verbindlich vorweg und wäre ein vorgezogener Ausschnitt aus der umfassenderen Einbürgerung und als solcher eine Art feststellender Verwaltungsakt. Ihre Wirkungen glichen denjenigen des Vorbescheids im Baurecht. Dies entspreche jedoch nicht den gesetzlichen Vorgaben. Die Einbürgerungszusicherung nehme nicht einen Abschnitt des später erlassenen Verwaltungsakts vorweg, sondern sage lediglich dessen Erlass zu. Dies habe zur Folge, dass die Zusicherung mit Ablauf der Frist ihre Wirkungen verliere. Zwar könne es ausnahmsweise Fälle geben, in denen die Behörde nach Treu und Glauben sich nicht auf einen Fristablauf berufen könne, wenn der Einbürgerungsbewerber die einzige Bedingung erfüllt habe, sich die Behörde jedoch gleichwohl geweigert habe, die Einbürgerung vorzunehmen und deshalb die Frist abgelaufen sei. So lägen die Dinge hier jedoch nicht. Ein schutzwürdiges Vertrauen und Interesse des Klägers bestehe daher nicht.
33 
Der Beklagte beantragt,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
35 
Der Kläger beantragt,
36 
die Berufung zurückzuweisen.
37 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und führt noch aus: Der vom Beklagten befürwortete Rückgriff auf die Regelungen des Bundeszentralregistergesetz finde im Gesetz keine Stütze und sei nicht sachgerecht. Das Verwaltungsgericht führe richtigerweise aus, dass die Tilgungsfristen wegen der großen Zeitsprünge wenig Raum für eine Einzelfallbetrachtung böten. Es müsse berücksichtigt werden, dass er die Taten nicht mehr begehen könne, weil er seit 2002 einen Führerschein besitze. Er lebe seit 10 Jahren völlig straffrei. Seine aktuelle Arbeitslosigkeit stehe der Einbürgerung nicht entgegen. Er habe Leistungen der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung erworben, die mindestens 12 Monate bezahlt würden. Durch eine zusätzliche Tätigkeit bei Mc Donalds werde er rund 200,00 EUR hinzuverdienen. Er habe auch seit Januar eine Stelle in der Schweiz erhalten. Er sei Grenzgänger, was aber auf Dauer nur möglich sei, wenn er deutscher Staatsangehöriger sei. Ansonsten könne er nur mit einem Visum zwischen den Ländern verkehren. Ohne die deutsche Staatsangehörigkeit werde er die Stelle wieder verlieren. Er habe sich im Übrigen bei verschiedenen Zeitarbeitsfirmen beworben.
38 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf deren Schriftsätze verwiesen.
39 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts Schwäbisch Hall, die Widerspruchakten des Regierungspräsidiums Stuttgart, die Strafakten des Amtsgerichts Backnang und Waldshut-Tiengen und die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
40 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemäß begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
41 
1. Was die Behandlung und Beurteilung eines möglichen Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches hinzuzufügen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO).
42 
Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu folgen wäre, dass „eine höhere Strafe“ im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht selbst ausgegangen ist.
43 
2. Der Kläger, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen; auch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht.
44 
Nachdem der Kläger seinen Einbürgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor dem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rücksicht auf § 40c StAG zunächst der Frage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht für den Kläger günstigere Einbürgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit - was die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsächlichen Verhältnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre. Zur Beantwortung der Frage, welche Bestimmungen für den Einbürgerungsbewerber günstiger sind, ist jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl. Berlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine Alternativprüfung vorzunehmen.
45 
a) Unverändert geblieben ist allerdings die zwingende Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Einbürgerungsbewerber seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht mehr der Fall.
46 
Seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorübergehend, sondern grundsätzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw. verweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere familiärer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsätzlich sind hiernach alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu würdigen, wobei es in erster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstände ankommt (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Kläger jedenfalls zu Beginn dieses Jahres seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen Jahres eine Stelle in der Schweiz, nämlich in B. gefunden hat und nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich seit 01.12.2008 regelmäßig in der Schweiz aufhält, ist er im April diesen Jahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in W. wurde vollständig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G. leben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Kläger und seiner Familie dort eine vollständige eigene Wohnung zur Verfügung steht. Dort können sich der Kläger und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien aufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag zunächst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunächst der von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand könnte möglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Kläger habe inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht gerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult hat, und das sogar noch während des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss gezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist und nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Kläger selbst davon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll.
47 
b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers einer Einbürgerung zwingend entgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der früher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob auch vor Eintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten werden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen können - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der Tilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht bleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht vor. Die höhere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da von einem nur geringfügigen Überschreiten des Rahmens nach den Sätzen 1 und 2 nicht die Rede sein kann.
48 
Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen Absatz 2 abgesehen werden. Ein öffentliches Interesse ist nicht erkennbar. Aber auch eine besondere Härte liegt nicht vor. Hierzu muss zunächst ein atypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw. erst später eingebürgert würde; die Härte muss also gerade infolge der Einbürgerung bzw. der frühzeitigeren Einbürgerung beseitigt werden können. Dies wäre vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat aus dem Jahre 2008 dazu geführt hätte, dass die früheren Straftaten nicht getilgt werden können, diese letzte Tat Bagatellcharakter hätte und ihm ein weiteres vorläufiges Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden dargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einbürgerungschädliche Folge der erheblichen und beharrlichen Kriminalität des Klägers und der hiermit verbundenen längeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Härte darin zu erblicken sein könnte, dass der Kläger ohne Einbürgerung nicht unter erleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann, bedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von seiner Ausbildung oder seinen Befähigungen her zwingend auf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein könnte.
49 
Nach der früheren Rechtslage steht der Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG zwingend entgegen, dass Kläger einen der im Einzelnen enumerativ aufgezählten Ausweisungsgründe erfüllt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rücksicht auf die erheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie können mangels Tilgungsreife dem Kläger auch heute noch vorgehalten werden.
50 
Zunächst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung über den ausländerrechtlichen „Verbrauch“ von Ausweisungsgründen bei Erteilung oder Verlängerung eines Titels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das Staatsangehörigkeitsrecht übertragen werden kann. Die die gegenteilige Sichtweise befürwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.), der das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, übersieht, dass es keinen nachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der Staatsangehörigkeitsbehörde durch eine Ausländerbehörde vorzunehmen, die „lediglich“ über eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts eines Ausländers oder einer Ausländerin zu entscheiden hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann erfüllt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte. Dies entspricht der einhelligen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zum Ausländer- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehörigkeitsrecht gilt nichts anderes (vgl. ausdrücklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris).
51 
Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig dahin gehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen könne, wenn dieser noch gegenwärtig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung überholt ist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem Tatbestandsmerkmal „vorliegen“ bzw. „erfüllt“ folgen (so wohl auch Senatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualität im Schwerpunkt und vornehmlich für die Fälle eines „Verbrauchs“ des Ausweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmäßig vertrauenstiftenden Handlung der Ausländerbehörde, wie etwa der Verlängerung eines Aufenthaltstitels, erörtert wird (vgl. ausdrücklich Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur „aktuelle“ Ausweisungsgründe vorgehalten werden können, der Präzisierung. Denn das Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen den verschiedenen Ausweisungsgründen. Diese haben nämlich keine identische Struktur. So kennt das Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgründe, die allein darauf abstellen, dass es in der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist (vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…“) bzw. der Ausländer oder die Ausländerin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung begangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…“ bzw. „…nicht mitgewirkt hat…“). Die anderen Ausweisungsgründe stellen hingegen allein darauf ab, dass gegenwärtig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus aktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt“ ein Ausweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor“, wenn der Zeitpunkt der Verurteilung schon länger zurück liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext kommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgründe des § 55 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualität auf einer anderen - zweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der konkreten Ermessensausübung, ob eine Ausweisung verfügt werden soll, zu erörtern; zum anderen bei der Prüfung der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der Hand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur vereinzelt oder geringfügig begangen wurde und damit gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Art und Weise eine Ausweisungsverfügung oder eine Verweigerung eines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher Zusammenhang mit den aktuellen Lebensverhältnissen des Ausländers oder der Ausländerin mehr besteht. Dies gilt umso mehr für andere Rechtsverstöße und unzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner Tilgung im Bundeszentralregister unterliegen können.
52 
Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf bestimmte Ausweisungsgründe verweist und damit nur unvollständig die dargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur übernimmt, fällt der zweite Prüfungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualität des Ausweisungsgrundes muss daher im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext als eine im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verortende immanente Grenze des Einbürgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das Tatbestandsmerkmal „erfüllt“ entsprechend verfassungskonform interpretiert werden.
53 
Was die Berücksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als Ausweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung anderer aussagekräftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im Staatsangehörigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die Verurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden kann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in diesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Länge der Tilgungsfrist bildet die Schwere der begangenen Straftat durchaus realitätsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3 Nr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsätzlich durchaus geeignet, auch gegenwartsbezogen Schlüsse auf die Aktualität des Ausweisungsgrundes und damit ein weiterhin gegen eine Einbürgerung sprechendes öffentliches Interesse zu ermöglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt der Aktualität und damit auch dem der Verhältnismäßigkeit das Gewicht des Ausweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die Höhe der verhängten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafür sein kann, ob gegenwärtig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur kann (vgl. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten auszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes zu unangemessenen und daher unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Da infolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an sich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten vorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier unmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrechts korrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der letzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber v.a. geringfügigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und daher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so wäre es von vornherein verfehlt, länger zurückliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits getilgt werden könnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen wäre, noch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall darüber hinaus mit Blick auf die zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen.
54 
So liegen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Eine vollständige Tilgung wird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin, dass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelöst hat. Selbst wenn man daher zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jähriger Straffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte Straftat als vereinzelter oder geringfügiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu werten wäre, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5 Jahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlängerung der laufenden Tilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die immerhin vorsätzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfügig anzusehen wäre und ob den vom Kläger erhobenen Einwänden gegen die Verurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft überhaupt nachzugehen wäre. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfähiger Grund ausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die früheren Verurteilungen nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Denn in der Kette der von ihm begangenen Straftaten kommt eine hartnäckige und unbelehrbare Missachtung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Kläger hat durch seine Taten unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche Beschränkungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner Interessen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Kläger im Urteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche Mängel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwärtig auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten, ausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen, durch weiteren Zeitablauf zusätzliche und endgültige Gewissheit zu erlangen, dass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klägers zur Rechtsordnung überwunden ist.
55 
Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermöglicht keine Entscheidung zugunsten des Klägers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung überhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG war in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie dargelegt, schon keine Härte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Umständen eine einfach-gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden müsste, soweit diesem Gesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht entgegengehalten werden dürfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann offen bleiben, ob im Rahmen des Günstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht günstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach altem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden könnten.
56 
c) Ein „Verbrauch“ der Ausweisungsgründe ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Kläger unter dem 19.09.2003 eine Einbürgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt hatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist ihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge für den Beklagten nicht mehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge würde die zeitliche Befristung unterlaufen und der Zusicherung eine über diesen Zeitpunkt hinausreichende Wirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfängers erkennbar (vgl. den Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht beigemessen werden sollte, weshalb auch kein über die zeitliche Geltung hinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer Befristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern und insbesondere eine Rücknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit überflüssig zu machen. Andernfalls käme der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend ausführt, der Charakter einer bereits endgültigen „Teilgenehmigung“ zu, mit der einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits verbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt würden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist auch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines verwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese Ausweisungsgründe verbraucht sind und später nicht mehr entgegen gehalten werden können, nicht tragfähig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels wird in jeder Hinsicht uneingeschränkt und endgültig die begehrte Rechtsposition eingeräumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit. Gegen Treu und Glauben würde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann verstoßen, wenn der Einbürgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hätte und die Behörde sich nunmehr auf den Fristablauf berufen würde. Dieser Fall ist aber hier nicht gegeben.
57 
3. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Gründen.
58 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
60 
Beschluss vom 06. Mai .2009
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar

Gründe

 
40 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemäß begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
41 
1. Was die Behandlung und Beurteilung eines möglichen Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches hinzuzufügen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO).
42 
Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu folgen wäre, dass „eine höhere Strafe“ im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht selbst ausgegangen ist.
43 
2. Der Kläger, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen; auch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht.
44 
Nachdem der Kläger seinen Einbürgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor dem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rücksicht auf § 40c StAG zunächst der Frage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht für den Kläger günstigere Einbürgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit - was die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsächlichen Verhältnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre. Zur Beantwortung der Frage, welche Bestimmungen für den Einbürgerungsbewerber günstiger sind, ist jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl. Berlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine Alternativprüfung vorzunehmen.
45 
a) Unverändert geblieben ist allerdings die zwingende Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Einbürgerungsbewerber seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht mehr der Fall.
46 
Seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorübergehend, sondern grundsätzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw. verweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere familiärer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsätzlich sind hiernach alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu würdigen, wobei es in erster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstände ankommt (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Kläger jedenfalls zu Beginn dieses Jahres seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen Jahres eine Stelle in der Schweiz, nämlich in B. gefunden hat und nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich seit 01.12.2008 regelmäßig in der Schweiz aufhält, ist er im April diesen Jahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in W. wurde vollständig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G. leben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Kläger und seiner Familie dort eine vollständige eigene Wohnung zur Verfügung steht. Dort können sich der Kläger und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien aufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag zunächst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunächst der von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand könnte möglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Kläger habe inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht gerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult hat, und das sogar noch während des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss gezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist und nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Kläger selbst davon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll.
47 
b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers einer Einbürgerung zwingend entgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der früher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob auch vor Eintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten werden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen können - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der Tilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht bleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht vor. Die höhere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da von einem nur geringfügigen Überschreiten des Rahmens nach den Sätzen 1 und 2 nicht die Rede sein kann.
48 
Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen Absatz 2 abgesehen werden. Ein öffentliches Interesse ist nicht erkennbar. Aber auch eine besondere Härte liegt nicht vor. Hierzu muss zunächst ein atypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw. erst später eingebürgert würde; die Härte muss also gerade infolge der Einbürgerung bzw. der frühzeitigeren Einbürgerung beseitigt werden können. Dies wäre vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat aus dem Jahre 2008 dazu geführt hätte, dass die früheren Straftaten nicht getilgt werden können, diese letzte Tat Bagatellcharakter hätte und ihm ein weiteres vorläufiges Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden dargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einbürgerungschädliche Folge der erheblichen und beharrlichen Kriminalität des Klägers und der hiermit verbundenen längeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Härte darin zu erblicken sein könnte, dass der Kläger ohne Einbürgerung nicht unter erleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann, bedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von seiner Ausbildung oder seinen Befähigungen her zwingend auf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein könnte.
49 
Nach der früheren Rechtslage steht der Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG zwingend entgegen, dass Kläger einen der im Einzelnen enumerativ aufgezählten Ausweisungsgründe erfüllt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rücksicht auf die erheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie können mangels Tilgungsreife dem Kläger auch heute noch vorgehalten werden.
50 
Zunächst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung über den ausländerrechtlichen „Verbrauch“ von Ausweisungsgründen bei Erteilung oder Verlängerung eines Titels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das Staatsangehörigkeitsrecht übertragen werden kann. Die die gegenteilige Sichtweise befürwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.), der das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, übersieht, dass es keinen nachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der Staatsangehörigkeitsbehörde durch eine Ausländerbehörde vorzunehmen, die „lediglich“ über eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts eines Ausländers oder einer Ausländerin zu entscheiden hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann erfüllt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte. Dies entspricht der einhelligen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zum Ausländer- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehörigkeitsrecht gilt nichts anderes (vgl. ausdrücklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris).
51 
Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig dahin gehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen könne, wenn dieser noch gegenwärtig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung überholt ist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem Tatbestandsmerkmal „vorliegen“ bzw. „erfüllt“ folgen (so wohl auch Senatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualität im Schwerpunkt und vornehmlich für die Fälle eines „Verbrauchs“ des Ausweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmäßig vertrauenstiftenden Handlung der Ausländerbehörde, wie etwa der Verlängerung eines Aufenthaltstitels, erörtert wird (vgl. ausdrücklich Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur „aktuelle“ Ausweisungsgründe vorgehalten werden können, der Präzisierung. Denn das Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen den verschiedenen Ausweisungsgründen. Diese haben nämlich keine identische Struktur. So kennt das Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgründe, die allein darauf abstellen, dass es in der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist (vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…“) bzw. der Ausländer oder die Ausländerin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung begangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…“ bzw. „…nicht mitgewirkt hat…“). Die anderen Ausweisungsgründe stellen hingegen allein darauf ab, dass gegenwärtig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus aktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt“ ein Ausweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor“, wenn der Zeitpunkt der Verurteilung schon länger zurück liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext kommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgründe des § 55 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualität auf einer anderen - zweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der konkreten Ermessensausübung, ob eine Ausweisung verfügt werden soll, zu erörtern; zum anderen bei der Prüfung der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der Hand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur vereinzelt oder geringfügig begangen wurde und damit gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Art und Weise eine Ausweisungsverfügung oder eine Verweigerung eines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher Zusammenhang mit den aktuellen Lebensverhältnissen des Ausländers oder der Ausländerin mehr besteht. Dies gilt umso mehr für andere Rechtsverstöße und unzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner Tilgung im Bundeszentralregister unterliegen können.
52 
Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf bestimmte Ausweisungsgründe verweist und damit nur unvollständig die dargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur übernimmt, fällt der zweite Prüfungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualität des Ausweisungsgrundes muss daher im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext als eine im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verortende immanente Grenze des Einbürgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das Tatbestandsmerkmal „erfüllt“ entsprechend verfassungskonform interpretiert werden.
53 
Was die Berücksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als Ausweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung anderer aussagekräftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im Staatsangehörigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die Verurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden kann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in diesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Länge der Tilgungsfrist bildet die Schwere der begangenen Straftat durchaus realitätsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3 Nr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsätzlich durchaus geeignet, auch gegenwartsbezogen Schlüsse auf die Aktualität des Ausweisungsgrundes und damit ein weiterhin gegen eine Einbürgerung sprechendes öffentliches Interesse zu ermöglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt der Aktualität und damit auch dem der Verhältnismäßigkeit das Gewicht des Ausweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die Höhe der verhängten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafür sein kann, ob gegenwärtig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur kann (vgl. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten auszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes zu unangemessenen und daher unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Da infolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an sich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten vorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier unmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrechts korrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der letzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber v.a. geringfügigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und daher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so wäre es von vornherein verfehlt, länger zurückliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits getilgt werden könnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen wäre, noch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall darüber hinaus mit Blick auf die zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen.
54 
So liegen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Eine vollständige Tilgung wird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin, dass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelöst hat. Selbst wenn man daher zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jähriger Straffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte Straftat als vereinzelter oder geringfügiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu werten wäre, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5 Jahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlängerung der laufenden Tilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die immerhin vorsätzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfügig anzusehen wäre und ob den vom Kläger erhobenen Einwänden gegen die Verurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft überhaupt nachzugehen wäre. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfähiger Grund ausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die früheren Verurteilungen nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Denn in der Kette der von ihm begangenen Straftaten kommt eine hartnäckige und unbelehrbare Missachtung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Kläger hat durch seine Taten unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche Beschränkungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner Interessen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Kläger im Urteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche Mängel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwärtig auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten, ausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen, durch weiteren Zeitablauf zusätzliche und endgültige Gewissheit zu erlangen, dass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klägers zur Rechtsordnung überwunden ist.
55 
Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermöglicht keine Entscheidung zugunsten des Klägers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung überhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG war in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie dargelegt, schon keine Härte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Umständen eine einfach-gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden müsste, soweit diesem Gesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht entgegengehalten werden dürfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann offen bleiben, ob im Rahmen des Günstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht günstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach altem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden könnten.
56 
c) Ein „Verbrauch“ der Ausweisungsgründe ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Kläger unter dem 19.09.2003 eine Einbürgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt hatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist ihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge für den Beklagten nicht mehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge würde die zeitliche Befristung unterlaufen und der Zusicherung eine über diesen Zeitpunkt hinausreichende Wirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfängers erkennbar (vgl. den Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht beigemessen werden sollte, weshalb auch kein über die zeitliche Geltung hinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer Befristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern und insbesondere eine Rücknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit überflüssig zu machen. Andernfalls käme der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend ausführt, der Charakter einer bereits endgültigen „Teilgenehmigung“ zu, mit der einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits verbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt würden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist auch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines verwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese Ausweisungsgründe verbraucht sind und später nicht mehr entgegen gehalten werden können, nicht tragfähig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels wird in jeder Hinsicht uneingeschränkt und endgültig die begehrte Rechtsposition eingeräumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit. Gegen Treu und Glauben würde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann verstoßen, wenn der Einbürgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hätte und die Behörde sich nunmehr auf den Fristablauf berufen würde. Dieser Fall ist aber hier nicht gegeben.
57 
3. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Gründen.
58 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
60 
Beschluss vom 06. Mai .2009
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar

(1) Die Registerbehörde kann auf Antrag oder von Amts wegen anordnen, daß Eintragungen entgegen den §§ 45, 46 zu tilgen sind, falls die Vollstreckung erledigt ist und das öffentliche Interesse der Anordnung nicht entgegensteht. Die Registerbehörde soll das erkennende Gericht und die sonst zuständige Behörde hören. Betrifft die Eintragung eine Verurteilung, durch welche eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, so soll sie auch die Stellungnahme eines oder einer in der Psychiatrie erfahrenen medizinischen Sachverständigen einholen.

(2) Hat der Verurteilte infolge der Verurteilung durch ein Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, oder das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, verloren, so darf eine Anordnung nach Absatz 1 nicht ergehen, solange er diese Fähigkeit oder dieses Recht nicht wiedererlangt hat.

(3) Gegen die Ablehnung einer Anordnung nach Absatz 1 steht dem Antragsteller innerhalb zwei Wochen nach der Bekanntgabe der Entscheidung die Beschwerde zu. Hilft die Registerbehörde der Beschwerde nicht ab, so entscheidet das Bundesministerium der Justiz.

Tenor

Soweit die Berufung zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5. Dezember 2003 - 1 K 80/03 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.
Er wurde am 4.4.1970 in der Türkei geboren und ist türkischer Staatsangehöriger. Im Jahr 1993 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 7.7.1997 als Asylberechtigter anerkannt wurde. Seit August 1997 ist er im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis; zudem besitzt er einen am 18.8.1997 ausgestellten Reiseausweis. Der Kläger ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
1. Verurteilung wegen Landfriedensbruch in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20 DM durch Strafbefehl des Amtsgerichts Mannheim vom 19.3.1996,
2. Verurteilung wegen Erschleichen von Leistungen zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 20 DM durch Strafbefehl des Amtsgerichts Heidelberg vom 18.8.1998,
3. Verurteilung wegen Erschleichen von Leistungen zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20 DM durch Strafbefehl des Amtsgerichts Heidelberg vom 15.10.1998,
4. Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus durch Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14.12.1999; die Vollstreckung der Maßregel wurde zur Bewährung ausgesetzt.
Der Anordnung der Unterbringung lag im wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger litt spätestens seit Anfang 1998 an wahnhaften Verfolgungsideen. Unter dem Einfluss dieser Krankheit griff er am Morgen des 21.3.1998 in einem Männerwohnheim in Mannheim einen Heimbetreuer mit Reizgas an, weil er sich für bedroht hielt. Anschließend schlug er den Betreuer mit der Faust zu Boden. Nach dem Eingreifen von Polizeibeamten beleidigte er eine Beamtin. In seinem Urteil ging das Landgericht Mannheim davon aus, der Kläger habe ohne Schuld gehandelt, da er wegen einer krankhaften seelischen Störung unfähig gewesen sei, das Unrecht der Tat einzusehen und danach zu handeln (§ 20 StGB). Die Vollstreckung der Maßregel wurde entsprechend der Empfehlung des Sachverständigen nach § 67 b StGB zur Bewährung ausgesetzt. Damit trat Führungsaufsicht ein (§ 67 b Abs. 2 StGB). Mit Beschluss vom 14.12.1999 setzte das Landgericht Mannheim die Bewährungszeit auf drei Jahre fest. Gleichzeitig wurde der Kläger einem Bewährungshelfer unterstellt. Zudem wurde er mit seinem Einverständnis angewiesen, in einem betreuten Wohnheim Wohnung zu nehmen, sich einer fachärztlichen Behandlung zu unterziehen, die vom Arzt angeordneten Medikamente weisungsgemäß einzunehmen und in vom behandelnden Arzt anzuordnenden Zeiträumen einen „Medikamentenspiegel“ fertigen zu lassen.
Mit Antrag vom 9.1.2001, beim Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis eingegangen am 15.1.2001, beantragte der Kläger seine Einbürgerung. Zur Begründung gab er an: Er lebe seit acht Jahren hier. Er sei politischer Flüchtling und könne deshalb nicht in seine Heimat Türkei zurück. Er wolle hier leben, Deutschland solle seine Heimat werden. Weil es für ihn als Flüchtling schwierig sei, über das türkische Konsulat die türkische Staatsangehörigkeit aufzugeben, und dies jedenfalls langwierig und kompliziert sei, wolle er gern den sogenannten Doppelpass.
Mit Bescheid vom 5.6.2002 lehnte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis den Antrag mit der Begründung ab, die Bearbeitung des Einbürgerungsantrags sei auf der Rechtsgrundlage des § 85 AuslG erfolgt. Nach § 87 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 6 AuslG müsse der Kläger die türkische Staatsangehörigkeit nicht aufgeben, da er anerkannter Asylberechtigter sei. Der Antrag auf Einbürgerung sei jedoch nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG abzulehnen, da die Anordnung der Unterbringung einer Verurteilung wegen einer Straftat gleichstehe und § 88 Abs. 1 AuslG nicht eingreife. Eine Verurteilung wegen einer Straftat schließe eine Einbürgerung nach § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG aus, sofern sie nicht gem. § 88 AuslG unbeachtlich sei. Trotz der Schuldunfähigkeit des Klägers bei Begehung der Tat liege eine Verurteilung wegen einer Straftat vor. Gehe man vom allgemeinen Sprachgebrauch aus, so setze eine Straftat zwar voraus, dass sie auch schuldhaft begangen worden sei; dieser Ansatzpunkt greife aber letztlich zu kurz. Denn es sei festzustellen, dass die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung wegen Schuldunfähigkeit des Täters bei der Tat einer im Urteil zu treffenden und zu begründenden Feststellung bedürfe, dass der Täter eine rechtswidrige strafbare Handlung begangen habe. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Nr. 2 BZRG sei diese Verurteilung in das Bundeszentralregister aufzunehmen. Diese im Bundeszentralregister vermerkten Einträge über Verurteilungen seien nach korrekter Auslegung des Gesetzeszwecks aber Verurteilungen wegen Straftaten. Auch der Sinn und Zweck der §§ 85 f. AuslG spreche für eine weite Auslegung des Begriffs „Straftat". Denn es solle eine umfängliche Abwägung aller möglichen entscheidungsrelevanten Tatsachen stattfinden. Ausnahmen von der Beachtlichkeit solcher strafrechtlicher Verurteilungen, die eine Maßregel der Besserung oder Sicherung zum Gegenstand hätten, enthalte § 88 AuslG nicht. Daher könne die Verurteilung nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und einer sich in dessen Grenzen haltenden Auslegung nicht unbeachtlich bleiben. Der Einwand, durch diese Anwendung des Gesetzes würden schuldunfähige Täter benachteiligt, da ihre Tat bei Vorliegen der Schuldfähigkeit möglicherweise unter die Beachtlichkeitsausnahmen des § 88 AuslG gefallen wäre, sei schwerwiegend. Dennoch sei eine analoge Anwendung des § 88 AuslG im vorliegenden Fall nicht möglich. Insbesondere könne keine hypothetische Strafzumessung erfolgen. Die relevante Verurteilung könne erst unberücksichtigt bleiben, wenn die Tilgung aus dem Bundeszentralregister erfolgt sei. Laut schriftlicher Mitteilung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof werde eine Verurteilung zu Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus jedoch nicht getilgt. Erst mit Vollendung des 90. Lebensjahres werde die Verurteilung aus dem Register entfernt. Eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG komme auf Grund der nicht nur vereinzelten bzw. geringfügigen begangenen Straftaten ebenfalls nicht in Betracht.
10 
Zur Begründung seines am 14.6.2002 erhobenen Widerspruchs führte der Kläger im wesentlichen aus: Es scheine ihm nicht richtig zu sein, dass Sinn und Zweck der §§ 85 ff. AuslG für eine weite Auslegung des Begriffs „Straftat" sprächen. Sinn und Zweck bestehe offensichtlich vielmehr darin, Ausländer, die sich nicht im Rahmen der bestehenden Gesetze bewegten, nicht einzubürgern. Dies gelte sinnvollerweise aber nur, wenn man ihnen ihr regelwidriges Verhalten auch vorwerfen könne, d. h. wenn sie schuldhaft Normen des Einbürgerungslandes verletzten.
11 
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2002 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück. Die Behörde führte aus, die Einbürgerung scheitere an der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers durch das Landgericht Mannheim. Trotz Schuldunfähigkeit bei Begehung der Tat liege eine Verurteilung wegen einer Straftat i. S. von § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG vor, die nicht nach § 88 AuslG außer Betracht bleiben könne. Nach Sinn und Zweck sei die Regelung des § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG weit auszulegen. Sie diene unter anderem der Gefahrenabwehr. Einen Einbürgerungsanspruch solle nicht erhalten, wer durch sein Verhalten seine Unfähigkeit zur Eingliederung in das hiesige Rechtssystem dokumentiere und/oder eine Gefährdung für die Allgemeinheit darstelle.
12 
Am 13.1.2003 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 5.6.2002 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 13.12.2002 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, ihn einzubürgern. Er hat vorgetragen, die dreijährige Bewährung, die das Landgericht Mannheim ihm auferlegt habe, sei im April 2003 erfolgreich abgelaufen. Weitere Straftaten habe er nicht begangen, es seien auch keine weiteren Ermittlungs- oder Strafverfahren gegen ihn anhängig.
13 
Mit Urteil vom 5.12.2003 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Auch die Anordnung einer Maßregel der Sicherung auf Grund einer rechtswidrig begangenen gefährlichen Körperverletzung stelle eine Verurteilung dar. Dies ergebe sich aus § 4 BZRG. Danach fielen unter den Begriff „Verurteilung" rechtskräftige Entscheidungen, durch die ein deutsches Gericht im Geltungsbereich des BZRG wegen einer rechtswidrigen Tat auf Strafe erkannt, eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder nach § 27 JGG die Schuld eines Jugendlichen oder Heranwachsenden festgestellt habe. Der Einordnung der Tat als Straftat i. S. des Ausländergesetzes stehe nicht entgegen, dass der Kläger die gefährliche Körperverletzung und die Beleidigung schuldunfähig begangen habe. Das Schuldprinzip präge das Strafrecht, nicht aber das Ordnungsrecht, dem das Ausländerrecht und das Staatsangehörigkeitsrecht angehörten. Zweck des Ordnungsrechts sei die Beseitigung von Störungen und die Abwehr von Gefahren, die der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung drohten. Für die Gefahrenabwehr sei es irrelevant, ob der Störer die Gefahr schuldhaft oder schuldlos verursache. Für die Vorschriften über die Einbürgerung gelte nichts anderes. Zweck der Regelung über die Straffreiheit als Bedingung der Einbürgerung sei der Schutz der Rechtsgüter der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Normzweck lasse eine Einbürgerung von Ausländern nicht zu, die Rechtsgüter verletzt hätten, sei es durch eine rechtswidrige und schuldhafte Tat, sei es im Zustand der Schuldunfähigkeit. Für die Auffassung, dass das Tatbestandsmerkmal „Verurteilung wegen einer Straftat" in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG auch die Verurteilung zu einer Maßregel einschließe, spreche auch § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG. Nach dieser Bestimmung bleibe die Verhängung von Erziehungsmaßregeln nach dem Jugendgerichtsgesetz bei der Anwendung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG außer Betracht. Hätte der Gesetzgeber auch Maßregeln der Besserung und Sicherung nach dem Erwachsenenstrafrecht ausnehmen wollen, hätte eine entsprechende Regelung in § 88 AuslG nahe gelegen. Der Gesetzgeber habe eine solche Ausnahme aber nicht vorgesehen. Daran seien die Behörden und Gerichte gebunden. Die Kammer verkenne nicht, dass die von ihr vertretene Auffassung den Anschein erwecke, sie führe im Einzelfall zu einem unvertretbaren Ergebnis, weil ein Ausländer, der schuldhaft straffällig geworden sei, nach § 88 Abs. 1 und 2 AuslG besser behandelt werde als der zu einer Maßregel der Sicherung verurteilte Straftäter. Diese Ungleichbehandlung werde indessen durch den bereits erwähnten Zweck der Einbürgerungsregelung gerechtfertigt. Im übrigen komme gem. § 8 StAG eine Einbürgerung nach Ermessen in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung seien allerdings derzeit nicht erfüllt.
14 
Gegen das ihm am 19.2.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.3.2004 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 16.9.2004 hat der Senat die Berufung zugelassen. Der Beschluss wurde dem Kläger am 11.10.2004 zugestellt.
15 
Mit am 11.11.2004 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger die Berufung begründet und ausgeführt: § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG meine nach richtiger Gesetzesinterpretation nur die Fälle der Verurteilung zu einer Strafe wegen einer rechtswidrigund schuldhaft begangenen Straftat, sei also keine taugliche Norm, seinen Einbürgerungsantrag zurückzuweisen.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5.12.2003 -1 K 80/03 - zu ändern, den Bescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 5.6.2002 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 13.12.2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.
18 
Der Beklagte beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt zur Begründung ergänzend aus:
21 
Umstritten sei im vorliegenden Fall nur die Voraussetzung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG. Ausgehend vom Wortsinn ergebe sich, dass mit der Begriffswahl „Straftat" eine Abgrenzung zu Ordnungswidrigkeiten, Verstößen gegen andere Vorschriften und zu durch Einstellung beendeten Verfahren habe erfolgen sollen. Straftat i. S. des § 85 Abs. 1 Nr. 5 AuslG meine ein mit Strafe bedrohtes Handeln oder Unterlassen, wobei auf die Strafdrohung und nicht auf die tatsächliche Strafverhängung abzustellen sei. Dies bedeute, dass eine relevante Straftat bereits dann vorliege, wenn der objektive und subjektive Tatbestand sowie die Rechtswidrigkeit erfüllt seien. Unerheblich bleibe, ob tatsächlich eine Strafe verhängt werde oder ob hierauf mangels Schuldvorwurf verzichtet werden müsse. Der Klägervertreter weise zu Recht darauf hin, dass zur Auslegung des Begriffs „Verurteilung" im Ausländergesetz nicht auf Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes zurückgegriffen werden könne. Dasselbe müsse jedoch auch hinsichtlich des Strafgesetzbuchs gelten. Dessen Terminologie könne nicht unbesehen auf das Ausländergesetz übertragen werden. Es gehe vorliegend um die Frage der Würdigkeit, eingebürgert zu werden, und um Gefahrenabwehr. Diese Ansicht lasse sich auch historisch belegen. Nach den Materialien zu einer früheren Änderung des Ausländergesetzes habe von einer „strafrechtlichen Bescholtenheit" nicht abgesehen werden sollen. Ein unbescholtener Lebenswandel im Sinne der Fassung der Vorschriften über die Einbürgerung bis zum Jahr 1990 habe jedoch auch schon bei der Begehung von Ordnungswidrigkeiten oder Verstößen gegen Vorschriften ordnungsrechtlichen Charakters verneint werden können. Eine im schuldunfähigen Zustand begangene gefährliche Körperverletzung und eine Beleidigung hätten einen anderen Charakter als der Verstoß gegen eine Ordnungsvorschrift, sodass im vorliegenden Fall nicht mehr von einem unbescholtenen Lebenswandel gesprochen werden könne. Des weiteren sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den Vorschriften des Ausländerrechts um besonderes Polizeirecht handle, weshalb es auf die Schuldfähigkeit bzw. auf die Vorwerfbarkeit einer Handlung nicht ankommen könne. Auch der Vortrag des Klägers, er sei zum heutigen Zeitpunkt als ungefährlich einzustufen, könne ihm keinen Anspruch auf Einbürgerung vermitteln.
22 
Die Beteiligten haben im Berufungsverfahren auf mündliche Verhandlung verzichtet.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der dem Senat vorliegenden Akten des Beklagten, des Regierungspräsidiums Karlsruhe und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Mit dem Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
25 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Nachdem der Kläger innerhalb der Frist zur Begründung der Berufung nur noch die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung beantragt hat, ist das Berufungsverfahren allerdings einzustellen, soweit er ursprünglich (weitergehend) die Verpflichtung der Beklagten zur Einbürgerung begehrt hat. Denn mit dieser Beschränkung des Klagebegehrens hat er die Berufung teilweise zurückgenommen (§ 126 Abs. 1 VwGO).
26 
Soweit die Berufung danach noch anhängig ist, ist sie nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit der Kläger eine Einbürgerungszusicherung begehrt.
27 
Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung ist § 10 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950), da er den Antrag auf Einbürgerung nach dem 16.3.1999 gestellt hat (vgl. § 40 c StAG; zur Zulässigkeit der Erteilung einer Einbürgerungszusicherung VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.7.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116; BVerwG, Urteil vom 31.3.1987 - 1 C 26/86 -, NJW 1987, 2180). Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setzt die Einbürgerung eines Ausländers voraus, dass er „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist“. Zu Recht haben der Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass der Kläger diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil das Landgericht Mannheim mit Urteil vom 14.12.1999 nach § 61 Nr. 1, § 63 StGB seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat. Denn auch dabei handelt es sich um eine Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG.
28 
Ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung eine Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG darstellt, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt (bejahend Berlit in: GK-StAR, Stand: Oktober 2005, Rnr. 287 ff. zu § 10; Makarov/v. Mangoldt, Dt. Staatsangehörigkeitsrecht, Stand: Juni 1998, Rnr. 47 zu § 85 AuslG; VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005 - VG 2 A 26.03 -, InfAuslR 2005, 427 m.w.N.; VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung; a.A. VG Würzburg, Urteil vom 21.4.2004 - W 6 K 03.1130 -, InfAuslR 2004, 311).
29 
Eine ausdrückliche Regelung findet sich weder im Staatsangehörigkeitsgesetz noch fand sie sich in der zuvor einschlägigen Bestimmung des § 85 AuslG. Auch die Gesetzesbegründung äußert sich hierzu nicht. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG bedarf daher der Auslegung. Bei dieser Auslegung kommt es nicht allein auf den Wortlaut der Vorschrift an, sondern es ist grundsätzlich der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, der sich neben dem Wortlaut der Norm aus ihrem Zusammenhang, ihrem Zweck und aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt, wobei diese Auslegungsmethoden einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.3.1974 - III C 99.71 -, BVerwGE 45, 65; Urteil vom 16.11.1981 - 6 C 72/78 -, BVerwGE 64, 209 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 17.5.1960 - 2 BvL 11/59, 11/60 -, BVerfGE 11, 126).
30 
Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG legt es angesichts des strafrechtlichen Bezugs der Begriffe „Verurteilung“ und „Straftat“ nahe, bei der Auslegung zunächst deren strafrechtliche Bedeutung ins Auge zu fassen. Das Strafgesetzbuch enthält weder eine Legaldefinition des Begriffs „Verurteilung" noch des Begriffs „Straftat". § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB definiert lediglich den Begriff der „rechtswidrigen Tat", nicht aber den Begriff „Straftat". Allerdings ist in der Rechtsprechung der Strafgerichte anerkannt, dass die Verurteilung eines Angeklagten grundsätzlich dessen Schuldfähigkeit voraussetzt. So führt etwa der Bundesgerichtshof hierzu aus, dass ein Angeklagter in der Urteilsformel ausdrücklich freigesprochen werden muss, wenn sich das Gericht an seiner „Verurteilung“ gehindert sieht, weil er die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) begangen hat und das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB anordnet (vgl. BGH, Beschluss vom 11.6.2002 - 3 StR 158/02 -, juris, m. w. N.; Urteil vom 9.3.1983 - 3 StR 500/82 -, NStZ 1983, 280). Dies wird durch einzelne Bestimmungen des Strafgesetzbuchs gestützt, so etwa durch § 69 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 StGB, in denen übereinstimmend davon die Rede ist, dass jemand „verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt (wird), weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist". Auch der Begriff „Straftat“ wird jedenfalls im Strafrecht regelmäßig so verstanden, dass er eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung voraussetzt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., vor § 13 Rnr. 2; Stree in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., Rnr. 3a zu § 56f; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.1.1998 - 1 Ws 6/98 -, Justiz 1998, 569 m.w.N.).
31 
Diese strafrechtliche Verwendung der Begriffe schließt es jedoch nicht von vornherein aus, die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung im Sinn des Staatsangehörigkeitsrechts anzusehen. Je nach dem Norm- und Sinnzusammenhang kann den verwendeten Begriffen nämlich eine unterschiedliche Bedeutung zukommen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die strafrechtliche Auslegung des Begriffes „Verurteilung“ erkennbar daran ausgerichtet ist, ob gegen den Täter eine Strafe im Sinne der §§ 38 ff. StGB (insbesondere eine Freiheits- oder Geldstrafe) verhängt werden kann. Dies schließt es aber nicht aus, diesen Begriff im vorliegenden staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang anders - insbesondere weiter - zu verstehen. Hierfür spricht zunächst, dass § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG gerade nicht von der Verurteilungzu einer Strafe , sondern von der Verurteilung wegen einer Straftat spricht, insoweit also weiter gefasst ist. Zudem wird auch eine Maßregel der Besserung und Sicherung durch Urteil angeordnet; so war es auch beim Kläger. Nach § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe nämlich auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet worden ist. Ferner ist nach § 260 Abs. 4 Satz 4 StPO in der Urteilsformel u.a. zum Ausdruck zu bringen, wenn die Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt wird. Unter Berücksichtigung dessen lässt es der allgemeine Sprachgebrauch daher zu, auch die in einem Urteil erfolgende Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als „Verurteilung“ anzusehen. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Begriff „Straftat“ im allgemeinen Sprachgebrauch stets nur im dargestellten engen strafrechtlichen Sinn verstanden wird. Vielmehr wird allgemein von der Begehung von Straftaten häufig auch dann gesprochen, wenn die Handlung des Täters einen Straftatbestand erfüllt und rechtswidrig gewesen ist, dieser aber - etwa aus Altersgründen (§ 19 StGB) - schuldunfähig ist und daher noch keine Straftat im strafrechtlichen Sinn begehen kann (vgl. hierzu auch VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005, a.a.O.).
32 
Ist es danach vom Wortlaut her jedenfalls nicht ausgeschlossen, als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung anzusehen, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob ein weiteres Begriffsverständnis als das strafrechtsdogmatische dem objektivierten Willen des Gesetzgebers entspricht. Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte, des Zwecks und des Regelungszusammenhangs der Vorschrift ist diese Frage zu bejahen.
33 
Die für eine Einbürgerung früher maßgebliche Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 RuStAG verlangte bis zur Änderung durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.6.1993 (BGBl. I S. 1062) als Voraussetzung für die Einbürgerung, dass der Einbürgerungsbewerber „einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hat“ (vgl. hierzu Hailbronner, StAngR, 1991, § 8 RuStAG, Rnr. 16 ff.). Der Begriff der „Unbescholtenheit“ erfasste nach damaliger Auffassung nicht nur strafrechtlich relevantes Fehlverhalten, sondern erstreckte sich auch auf Verstöße gegen Vorschriften ordnungsrechtlichen Charakters jedenfalls dann, wenn sie eine nachhaltige Missachtung der Rechtsordnung darstellten (vgl. hierzu Berlit, a.a.O., Rnr. 281 zu § 10 StAG m.w.N.). Der Einbürgerungsbewerber musste in seinem Lebenswandel und den daraus erkennbaren charakterlichen Eigenschaften gewissen Kriterien genügt haben und noch genügen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.2.1977 - I B 74.75 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 7). Derartige charakterliche Mängel konnten aber auch bei solchen Straftätern vorliegen, die wegen einer psychischen Erkrankung schuldunfähig und zwangsweise untergebracht waren (vgl. hierzu VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O., m.w.N.). Mit dem Ausländergesetz vom 9.7.1990 (BGBl. I S. 1354) in der bis Ende 1999 geltenden Fassung des Gesetzes vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2970) wurde erstmals eine Anspruchseinbürgerung für Ausländer vorgesehen, welche für „junge Ausländer" in § 85 Abs. 1 Nr. 4 AuslG a.F. und für sonstige Ausländer mit langem Aufenthalt in § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. die Voraussetzung enthielt, dass der Ausländer „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist". Der ursprüngliche Regierungsentwurf hatte zunächst nur die Anspruchseinbürgerung junger Ausländer vorgesehen und hierfür vorausgesetzt, dass der Ausländer „außer solchen Straftaten, die nur mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz geahndet werden, keine Straftaten begangen hat“. In der Begründung zu dem Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) hieß es hierzu, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, doch sollten typische Jugendverfehlungen nicht zum Ausschluss der erleichterten Einbürgerung führen. Auf Grund der Änderungen im Gesetzgebungsverfahren entstanden dann jedoch die anders lautenden Bestimmungen des § 85 Abs. 1 Nr. 4 und § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F.. Diese Regelungen hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15.7.1999 (BGBl. I S. 1618) in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG in der seit dem 1.1.2000 geltenden Fassung übernommen. Schließlich wurden die §§ 85 bis 91 AuslG durch das Zuwanderungsgesetz vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950) in §§ 10 bis 12b StAG überführt, ohne dass hinsichtlich der hier zu entscheidenden Frage Änderungen erfolgt sind.
34 
Aus dieser Entstehungsgeschichte lässt sich nicht zwingend ableiten, dass eine „Verurteilung wegen einer Straftat“ nach dem Willen des Gesetzgebers auch dann vorliegen soll, wenn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird. Allerdings könnte der Umstand, dass im früheren Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) ausgeführt worden ist, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, dafür sprechen, dass der Gesetzgeber damals eine begriffliche Anbindung an den früher verwendeten Begriff der „Unbescholtenheit“ angestrebt hat. Dies würde es nahe legen, dass auch ein im strafrechtlichen Sinne schuldloses Fehlverhalten weiterhin für die Einbürgerung von Bedeutung sein soll (vgl. VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O.). Nach der dargestellten Entstehungsgeschichte lässt sich aber auch nicht ausschließen, dass der Gesetzgeber an Fälle der hier vorliegenden Art überhaupt nicht gedacht hat.
35 
Letztlich sprechen Sinn und Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG und der Regelungszusammenhang mit dem Registerrecht entscheidend dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat anzusehen. Der Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG besteht darin, die Einbürgerung von Personen auszuschließen, die sich trotz ihres längeren Aufenthaltes nicht in die (bundesdeutsche) Gesellschaft integriert haben bzw. bei denen es an einer dauerhaften Hinwendung zur deutschen Rechtsordnung fehlt oder hieran zumindest erhebliche Zweifel bestehen. Der Staat soll von einer Verpflichtung zur Einbürgerung solcher Ausländer freigestellt werden, die mit Rücksicht auf die Begehung von gewichtigen Straftaten die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verdienen oder bei denen dies derzeit jedenfalls als möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.12.1993 - 2 BvR 2632/93 -, NJW 1994, 2016; Makarov/v.Mangoldt, a.a.O., Rnr. 45, 47 zu § 85 AuslG). Bestätigt wird dies durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG, wonach sich der Ausländer zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen und außerdem u.a. erklären muss, dass er keine gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichteten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, liegt § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG vor diesem Hintergrund gerade auch die Vorstellung zu Grunde, eine Verpflichtung zur Einbürgerung eines Ausländers - und damit zu einer dauerhaften Aufenthaltsverfestigung - dann nicht entstehen zu lassen, wenn von diesem Gefahren für Rechtsgüter der Bundesrepublik Deutschland ausgehen. Dieser Gesetzeszweck spricht dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen. Für die Frage, ob von einem Ausländer, der gegen eine Strafvorschrift verstoßen hat, eine Gefahr für Rechtsgüter ausgeht, kommt es nämlich nicht entscheidend darauf an, ob dieser schuldhaft gehandelt hat. Vielmehr kann eine solche Gefahr - wie auch im vorliegenden Fall - beispielsweise auch beim Vorliegen einer krankheitsbedingten Schuldunfähigkeit bestehen. Dies wird gerade daran deutlich, dass eine Maßregel der Besserung und Sicherung nur angeordnet werden kann, wenn vom Täter infolge seines Zustandes eine Gefahr ausgeht (vgl. §§ 63, 64 Abs. 1, 66 Abs. 1 Nr. 3, 68 Abs. 1, 69 Abs. 1 und 70 Abs. 1 StGB).
36 
Gestützt wird diese vom strafrechtlichen Begriffsverständnis abweichende, weitere Auslegung auch durch die Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes, welche im Zusammenhang mit einer Einbürgerung deshalb von besonderer Bedeutung sind, weil dessen Auskunftsregelungen auch die Einbürgerungsbehörden betreffen (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 6 BZRG). So nennt § 4 BZRG unter der Überschrift „Verurteilungen“ u.a. die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 4 Nr. 2 BZRG). Zudem geht § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG davon aus, dass es sich bei der dort u.a. genannten Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) um eine Verurteilung handelt; gleiches gilt z.B. für § 32 Abs. 2 Nr. 8 und § 49 Abs. 1 Satz 3 BZRG.
37 
Der Annahme, dass nach der Intention des Staatsangehörigkeitsrechts auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG erfasst wird, lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, eine solche Gesetzesauslegung führe im Einzelfall zu unvertretbaren Ergebnissen. Zwar sind nach § 12a StAG die dort genannten Verurteilungen von vornherein für einen Anspruch auf Einbürgerung unbeachtlich, während die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Einbürgerungsanspruch grundsätzlich immer entgegensteht. Deshalb wird etwa von Makarov/v. Mangoldt, (a.a.O., Rdnr. 47 zu § 85 AuslG) darauf hingewiesen, in einigen Fällen könne ungeachtet der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung die rechtswidrige Tat von verhältnismäßig geringem Gewicht und nicht von der Art sein, die normalerweise den Einbürgerungsanspruch als ausgeschlossen erscheinen lassen müsste; dies soll etwa bei selbständiger Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB in Betracht kommen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zu diesem Einwand jedoch ausgeführt, dass von einem Ausländer, der zu einer geringen Strafe verurteilt worden ist, auf die Dauer grundsätzlich keine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen wird, während gleiches für denjenigen, gegen den eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, gerade nicht gilt. Mit der Regelung des § 12 a StAG, wonach u. a. Verurteilungen zu Geldstrafe und zu Freiheitsstrafe bis zu einer bestimmten Höhe im Rahmen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG außer Betracht bleiben, gibt der Gesetzgeber zwar zu erkennen, dass er in diesen Fällen nicht vom Bestehen einer Gefahr durch die Einbürgerung des betreffenden Ausländers ausgeht. Eine solche pauschale Gefahrenprognose kommt bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung, welche gerade eine vom Täter ausgehende - individuelle - Gefahr voraussetzt, aber nicht in Betracht. Vielmehr bedarf es hier grundsätzlich einer Beurteilung im Einzelfall.
38 
Eine solche Gesetzesauslegung führt auch nicht zu unzumutbaren Ergebnissen, da die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Anspruch auf Einbürgerung nicht in jedem Fall dauerhaft entgegenstehen muss. Nach § 45 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 24 Abs. 2 BZRG wird zwar die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus grundsätzlich erst nach dem 90. Lebensjahr getilgt. Im übrigen beträgt die Tilgungsfrist für die Anordnung einer (sonstigen) Maßregel der Besserung und Sicherung aber regelmäßig nur fünf Jahre (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG). Nach § 49 Abs. 1 BZRG besteht zudem auch bei der Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus die Möglichkeit, dass der Generalbundesanwalt auf Antrag oder von Amts wegen anordnet, dass Eintragungen entgegen den §§ 45, 46 zu tilgen sind, falls die Vollstreckung erledigt ist und das öffentliche Interesse der Anordnung nicht entgegensteht. Nach Satz 2 dieser Bestimmung soll der Generalbundesanwalt das erkennende Gericht und die sonst zuständige Behörde hören, wenn der Betroffene im Geltungsbereich des Gesetzes wohnt. Nach Satz 3 soll er auch einen in der Psychiatrie erfahrenen medizinischen Sachverständigen hören, wenn die Eintragung eine Verurteilung betrifft, durch welche eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist. Damit ist hinreichend gewährleistet, dass ein Ausländer auch bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach (folgenlosem) Ablauf der fünfjährigen Tilgungsfrist oder - wenn diese nicht einschlägig ist - jedenfalls im Wege der Tilgung nach § 49 BZRG einen Einbürgerungsanspruch erlangen kann, soweit von ihm keine Gefahr mehr ausgeht. Gleichzeitig wird hiermit dem Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG Rechnung getragen, im Einzelfall eine Beurteilung der von dem Ausländer möglicherweise ausgehenden Gefahren zu ermöglichen und einen Einbürgerungsanspruch dann auszuschließen, wenn diese Prognose ungünstig ausfällt. Zudem kommt jedenfalls dann, wenn der Ausländer bei geringfügigen Verstößen gegen Rechtsvorschriften keinen Ausweisungsgrund erfüllt, zumindest eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG in Betracht. Angesichts dessen kann nach Auffassung des Senats nicht angenommen werden, dass die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG in den Fällen der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung zu einer unzulässigen Schlechterstellung der Betroffenen im Vergleich zu denjenigen Ausländern führt, deren Verurteilung nach § 12 a Abs. 1 StAG außer Betracht bleibt. Vielmehr hält sich diese differenzierte Regelung noch im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit; sie ist durch die dargestellten Unterschiede bei der Gefahrenprognose hinsichtlich einer strafrechtlichen Verurteilung einerseits und der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung andererseits hinreichend gerechtfertigt. Danach bedarf es auch der teilweise vorgeschlagenen alternativen Lösungswege - Parallelwertung, welche Strafe bei schuldhaftem Handeln voraussichtlich verhängt worden wäre (VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung) bzw. erweiternde Auslegung des § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG (so Berlit, a.a.O., Rnr. 289 zu § 10 StAG) - nicht, um auch in Fällen geringfügigerer Verstöße sachgerechte Ergebnisse zu erreichen.
39 
Im Ergebnis steht der Einbürgerung des Klägers somit § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG entgegen. Der Kläger hat weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass aufgrund eines Antrags nach § 49 Abs. 1 BZRG die gegen ihn verhängte Maßregel inzwischen gelöscht worden ist.
40 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nach § 8 StAG kommt vorliegend nicht in Betracht. Auf Grund der von ihm begangenen strafrechtlichen Verstöße erfüllt er nämlich einen Ausweisungsgrund, weil er einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Dabei sind sowohl die in den Jahren 1996 und 1998 erfolgten Verurteilungen zu Geldstrafen als auch die im Jahr 1999 angeordnete Maßregel der Besserung und Sicherung berücksichtigungsfähig (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.7.2004 - 11 S 535/04 -, EzAR 034 Nr. 18). Ob eine Ausweisung auf dieser Grundlage tatsächlich erfolgen könnte, ist im Rahmen des § 8 StAG unbeachtlich. Soweit in ausländerrechtlichen Vorschriften wie etwa § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auf das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes abgestellt wird, ist dieser Begriff nämlich mit dem Begriff „Ausweisungstatbestand“ gleichzusetzen (vgl. Renner, AuslR, 7.A., Rnr. 13 zur Vorgängervorschrift des § 7 AuslG). Dies bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob eine Ausweisung im Einzelfall auch fehlerfrei verfügt werden könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.8.1996 - 1 C 8/94 -, BVerwGE 102, 12; Beschluss vom 24.7.1997 - 1 B 122/97 -, juris; Renner, AuslR, Rdnr. 15 zu § 7 AuslG m. w. N.). Diese Auslegung gilt aber auch im Rahmen des § 8 StAG. Auch hier genügt das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes für die Ablehnung der Einbürgerung, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ausländerbehörde eine Ausweisung beabsichtigt oder ob eine solche im konkreten Fall erfolgen könnte (vgl. Hailbronner/Renner, StAR, 4. Aufl., Rdnr. 23 zu § 8 StAG m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 31.5.1994 - 1 C 5/93 -, BVerwGE 96, 86). Zudem steht die Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG im Ermessen der Einbürgerungsbehörde. Der Kläger hat aber weder vorgetragen noch ist sonst erkennbar, dass dieses Ermessen in seinem Fall - das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG unterstellt - dergestalt reduziert wäre, dass nur die Erteilung der begehrten Einbürgerungszusicherung in Betracht käme.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO, soweit die Berufung zurückgenommen worden ist, im übrigen aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil der Frage, ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen ist, grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Gründe

 
24 
Mit dem Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
25 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Nachdem der Kläger innerhalb der Frist zur Begründung der Berufung nur noch die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung beantragt hat, ist das Berufungsverfahren allerdings einzustellen, soweit er ursprünglich (weitergehend) die Verpflichtung der Beklagten zur Einbürgerung begehrt hat. Denn mit dieser Beschränkung des Klagebegehrens hat er die Berufung teilweise zurückgenommen (§ 126 Abs. 1 VwGO).
26 
Soweit die Berufung danach noch anhängig ist, ist sie nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit der Kläger eine Einbürgerungszusicherung begehrt.
27 
Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung ist § 10 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950), da er den Antrag auf Einbürgerung nach dem 16.3.1999 gestellt hat (vgl. § 40 c StAG; zur Zulässigkeit der Erteilung einer Einbürgerungszusicherung VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.7.1994 - 13 S 2147/93 -, InfAuslR 1995, 116; BVerwG, Urteil vom 31.3.1987 - 1 C 26/86 -, NJW 1987, 2180). Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setzt die Einbürgerung eines Ausländers voraus, dass er „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist“. Zu Recht haben der Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass der Kläger diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil das Landgericht Mannheim mit Urteil vom 14.12.1999 nach § 61 Nr. 1, § 63 StGB seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat. Denn auch dabei handelt es sich um eine Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG.
28 
Ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung eine Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG darstellt, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt (bejahend Berlit in: GK-StAR, Stand: Oktober 2005, Rnr. 287 ff. zu § 10; Makarov/v. Mangoldt, Dt. Staatsangehörigkeitsrecht, Stand: Juni 1998, Rnr. 47 zu § 85 AuslG; VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005 - VG 2 A 26.03 -, InfAuslR 2005, 427 m.w.N.; VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung; a.A. VG Würzburg, Urteil vom 21.4.2004 - W 6 K 03.1130 -, InfAuslR 2004, 311).
29 
Eine ausdrückliche Regelung findet sich weder im Staatsangehörigkeitsgesetz noch fand sie sich in der zuvor einschlägigen Bestimmung des § 85 AuslG. Auch die Gesetzesbegründung äußert sich hierzu nicht. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG bedarf daher der Auslegung. Bei dieser Auslegung kommt es nicht allein auf den Wortlaut der Vorschrift an, sondern es ist grundsätzlich der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, der sich neben dem Wortlaut der Norm aus ihrem Zusammenhang, ihrem Zweck und aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt, wobei diese Auslegungsmethoden einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.3.1974 - III C 99.71 -, BVerwGE 45, 65; Urteil vom 16.11.1981 - 6 C 72/78 -, BVerwGE 64, 209 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 17.5.1960 - 2 BvL 11/59, 11/60 -, BVerfGE 11, 126).
30 
Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG legt es angesichts des strafrechtlichen Bezugs der Begriffe „Verurteilung“ und „Straftat“ nahe, bei der Auslegung zunächst deren strafrechtliche Bedeutung ins Auge zu fassen. Das Strafgesetzbuch enthält weder eine Legaldefinition des Begriffs „Verurteilung" noch des Begriffs „Straftat". § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB definiert lediglich den Begriff der „rechtswidrigen Tat", nicht aber den Begriff „Straftat". Allerdings ist in der Rechtsprechung der Strafgerichte anerkannt, dass die Verurteilung eines Angeklagten grundsätzlich dessen Schuldfähigkeit voraussetzt. So führt etwa der Bundesgerichtshof hierzu aus, dass ein Angeklagter in der Urteilsformel ausdrücklich freigesprochen werden muss, wenn sich das Gericht an seiner „Verurteilung“ gehindert sieht, weil er die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) begangen hat und das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB anordnet (vgl. BGH, Beschluss vom 11.6.2002 - 3 StR 158/02 -, juris, m. w. N.; Urteil vom 9.3.1983 - 3 StR 500/82 -, NStZ 1983, 280). Dies wird durch einzelne Bestimmungen des Strafgesetzbuchs gestützt, so etwa durch § 69 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 StGB, in denen übereinstimmend davon die Rede ist, dass jemand „verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt (wird), weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist". Auch der Begriff „Straftat“ wird jedenfalls im Strafrecht regelmäßig so verstanden, dass er eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung voraussetzt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., vor § 13 Rnr. 2; Stree in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., Rnr. 3a zu § 56f; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.1.1998 - 1 Ws 6/98 -, Justiz 1998, 569 m.w.N.).
31 
Diese strafrechtliche Verwendung der Begriffe schließt es jedoch nicht von vornherein aus, die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung im Sinn des Staatsangehörigkeitsrechts anzusehen. Je nach dem Norm- und Sinnzusammenhang kann den verwendeten Begriffen nämlich eine unterschiedliche Bedeutung zukommen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die strafrechtliche Auslegung des Begriffes „Verurteilung“ erkennbar daran ausgerichtet ist, ob gegen den Täter eine Strafe im Sinne der §§ 38 ff. StGB (insbesondere eine Freiheits- oder Geldstrafe) verhängt werden kann. Dies schließt es aber nicht aus, diesen Begriff im vorliegenden staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang anders - insbesondere weiter - zu verstehen. Hierfür spricht zunächst, dass § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG gerade nicht von der Verurteilungzu einer Strafe , sondern von der Verurteilung wegen einer Straftat spricht, insoweit also weiter gefasst ist. Zudem wird auch eine Maßregel der Besserung und Sicherung durch Urteil angeordnet; so war es auch beim Kläger. Nach § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe nämlich auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet worden ist. Ferner ist nach § 260 Abs. 4 Satz 4 StPO in der Urteilsformel u.a. zum Ausdruck zu bringen, wenn die Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt wird. Unter Berücksichtigung dessen lässt es der allgemeine Sprachgebrauch daher zu, auch die in einem Urteil erfolgende Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als „Verurteilung“ anzusehen. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Begriff „Straftat“ im allgemeinen Sprachgebrauch stets nur im dargestellten engen strafrechtlichen Sinn verstanden wird. Vielmehr wird allgemein von der Begehung von Straftaten häufig auch dann gesprochen, wenn die Handlung des Täters einen Straftatbestand erfüllt und rechtswidrig gewesen ist, dieser aber - etwa aus Altersgründen (§ 19 StGB) - schuldunfähig ist und daher noch keine Straftat im strafrechtlichen Sinn begehen kann (vgl. hierzu auch VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005, a.a.O.).
32 
Ist es danach vom Wortlaut her jedenfalls nicht ausgeschlossen, als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung anzusehen, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob ein weiteres Begriffsverständnis als das strafrechtsdogmatische dem objektivierten Willen des Gesetzgebers entspricht. Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte, des Zwecks und des Regelungszusammenhangs der Vorschrift ist diese Frage zu bejahen.
33 
Die für eine Einbürgerung früher maßgebliche Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 RuStAG verlangte bis zur Änderung durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.6.1993 (BGBl. I S. 1062) als Voraussetzung für die Einbürgerung, dass der Einbürgerungsbewerber „einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hat“ (vgl. hierzu Hailbronner, StAngR, 1991, § 8 RuStAG, Rnr. 16 ff.). Der Begriff der „Unbescholtenheit“ erfasste nach damaliger Auffassung nicht nur strafrechtlich relevantes Fehlverhalten, sondern erstreckte sich auch auf Verstöße gegen Vorschriften ordnungsrechtlichen Charakters jedenfalls dann, wenn sie eine nachhaltige Missachtung der Rechtsordnung darstellten (vgl. hierzu Berlit, a.a.O., Rnr. 281 zu § 10 StAG m.w.N.). Der Einbürgerungsbewerber musste in seinem Lebenswandel und den daraus erkennbaren charakterlichen Eigenschaften gewissen Kriterien genügt haben und noch genügen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.2.1977 - I B 74.75 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 7). Derartige charakterliche Mängel konnten aber auch bei solchen Straftätern vorliegen, die wegen einer psychischen Erkrankung schuldunfähig und zwangsweise untergebracht waren (vgl. hierzu VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O., m.w.N.). Mit dem Ausländergesetz vom 9.7.1990 (BGBl. I S. 1354) in der bis Ende 1999 geltenden Fassung des Gesetzes vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2970) wurde erstmals eine Anspruchseinbürgerung für Ausländer vorgesehen, welche für „junge Ausländer" in § 85 Abs. 1 Nr. 4 AuslG a.F. und für sonstige Ausländer mit langem Aufenthalt in § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. die Voraussetzung enthielt, dass der Ausländer „nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist". Der ursprüngliche Regierungsentwurf hatte zunächst nur die Anspruchseinbürgerung junger Ausländer vorgesehen und hierfür vorausgesetzt, dass der Ausländer „außer solchen Straftaten, die nur mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz geahndet werden, keine Straftaten begangen hat“. In der Begründung zu dem Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) hieß es hierzu, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, doch sollten typische Jugendverfehlungen nicht zum Ausschluss der erleichterten Einbürgerung führen. Auf Grund der Änderungen im Gesetzgebungsverfahren entstanden dann jedoch die anders lautenden Bestimmungen des § 85 Abs. 1 Nr. 4 und § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F.. Diese Regelungen hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15.7.1999 (BGBl. I S. 1618) in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG in der seit dem 1.1.2000 geltenden Fassung übernommen. Schließlich wurden die §§ 85 bis 91 AuslG durch das Zuwanderungsgesetz vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950) in §§ 10 bis 12b StAG überführt, ohne dass hinsichtlich der hier zu entscheidenden Frage Änderungen erfolgt sind.
34 
Aus dieser Entstehungsgeschichte lässt sich nicht zwingend ableiten, dass eine „Verurteilung wegen einer Straftat“ nach dem Willen des Gesetzgebers auch dann vorliegen soll, wenn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird. Allerdings könnte der Umstand, dass im früheren Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/6321, S. 48 bzw. BR-Drs. 11/90, S. 48) ausgeführt worden ist, ein generelles Absehen von einer strafrechtlichen „Bescholtenheit" erscheine nicht gerechtfertigt, dafür sprechen, dass der Gesetzgeber damals eine begriffliche Anbindung an den früher verwendeten Begriff der „Unbescholtenheit“ angestrebt hat. Dies würde es nahe legen, dass auch ein im strafrechtlichen Sinne schuldloses Fehlverhalten weiterhin für die Einbürgerung von Bedeutung sein soll (vgl. VG Berlin, Urteil vom 12.7.2005, a.a.O.). Nach der dargestellten Entstehungsgeschichte lässt sich aber auch nicht ausschließen, dass der Gesetzgeber an Fälle der hier vorliegenden Art überhaupt nicht gedacht hat.
35 
Letztlich sprechen Sinn und Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG und der Regelungszusammenhang mit dem Registerrecht entscheidend dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat anzusehen. Der Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG besteht darin, die Einbürgerung von Personen auszuschließen, die sich trotz ihres längeren Aufenthaltes nicht in die (bundesdeutsche) Gesellschaft integriert haben bzw. bei denen es an einer dauerhaften Hinwendung zur deutschen Rechtsordnung fehlt oder hieran zumindest erhebliche Zweifel bestehen. Der Staat soll von einer Verpflichtung zur Einbürgerung solcher Ausländer freigestellt werden, die mit Rücksicht auf die Begehung von gewichtigen Straftaten die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verdienen oder bei denen dies derzeit jedenfalls als möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.12.1993 - 2 BvR 2632/93 -, NJW 1994, 2016; Makarov/v.Mangoldt, a.a.O., Rnr. 45, 47 zu § 85 AuslG). Bestätigt wird dies durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG, wonach sich der Ausländer zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen und außerdem u.a. erklären muss, dass er keine gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichteten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, liegt § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG vor diesem Hintergrund gerade auch die Vorstellung zu Grunde, eine Verpflichtung zur Einbürgerung eines Ausländers - und damit zu einer dauerhaften Aufenthaltsverfestigung - dann nicht entstehen zu lassen, wenn von diesem Gefahren für Rechtsgüter der Bundesrepublik Deutschland ausgehen. Dieser Gesetzeszweck spricht dafür, auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen. Für die Frage, ob von einem Ausländer, der gegen eine Strafvorschrift verstoßen hat, eine Gefahr für Rechtsgüter ausgeht, kommt es nämlich nicht entscheidend darauf an, ob dieser schuldhaft gehandelt hat. Vielmehr kann eine solche Gefahr - wie auch im vorliegenden Fall - beispielsweise auch beim Vorliegen einer krankheitsbedingten Schuldunfähigkeit bestehen. Dies wird gerade daran deutlich, dass eine Maßregel der Besserung und Sicherung nur angeordnet werden kann, wenn vom Täter infolge seines Zustandes eine Gefahr ausgeht (vgl. §§ 63, 64 Abs. 1, 66 Abs. 1 Nr. 3, 68 Abs. 1, 69 Abs. 1 und 70 Abs. 1 StGB).
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Gestützt wird diese vom strafrechtlichen Begriffsverständnis abweichende, weitere Auslegung auch durch die Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes, welche im Zusammenhang mit einer Einbürgerung deshalb von besonderer Bedeutung sind, weil dessen Auskunftsregelungen auch die Einbürgerungsbehörden betreffen (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 6 BZRG). So nennt § 4 BZRG unter der Überschrift „Verurteilungen“ u.a. die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 4 Nr. 2 BZRG). Zudem geht § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG davon aus, dass es sich bei der dort u.a. genannten Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) um eine Verurteilung handelt; gleiches gilt z.B. für § 32 Abs. 2 Nr. 8 und § 49 Abs. 1 Satz 3 BZRG.
37 
Der Annahme, dass nach der Intention des Staatsangehörigkeitsrechts auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG erfasst wird, lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, eine solche Gesetzesauslegung führe im Einzelfall zu unvertretbaren Ergebnissen. Zwar sind nach § 12a StAG die dort genannten Verurteilungen von vornherein für einen Anspruch auf Einbürgerung unbeachtlich, während die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Einbürgerungsanspruch grundsätzlich immer entgegensteht. Deshalb wird etwa von Makarov/v. Mangoldt, (a.a.O., Rdnr. 47 zu § 85 AuslG) darauf hingewiesen, in einigen Fällen könne ungeachtet der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung die rechtswidrige Tat von verhältnismäßig geringem Gewicht und nicht von der Art sein, die normalerweise den Einbürgerungsanspruch als ausgeschlossen erscheinen lassen müsste; dies soll etwa bei selbständiger Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB in Betracht kommen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zu diesem Einwand jedoch ausgeführt, dass von einem Ausländer, der zu einer geringen Strafe verurteilt worden ist, auf die Dauer grundsätzlich keine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen wird, während gleiches für denjenigen, gegen den eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, gerade nicht gilt. Mit der Regelung des § 12 a StAG, wonach u. a. Verurteilungen zu Geldstrafe und zu Freiheitsstrafe bis zu einer bestimmten Höhe im Rahmen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG außer Betracht bleiben, gibt der Gesetzgeber zwar zu erkennen, dass er in diesen Fällen nicht vom Bestehen einer Gefahr durch die Einbürgerung des betreffenden Ausländers ausgeht. Eine solche pauschale Gefahrenprognose kommt bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung, welche gerade eine vom Täter ausgehende - individuelle - Gefahr voraussetzt, aber nicht in Betracht. Vielmehr bedarf es hier grundsätzlich einer Beurteilung im Einzelfall.
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Eine solche Gesetzesauslegung führt auch nicht zu unzumutbaren Ergebnissen, da die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung einem Anspruch auf Einbürgerung nicht in jedem Fall dauerhaft entgegenstehen muss. Nach § 45 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 24 Abs. 2 BZRG wird zwar die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus grundsätzlich erst nach dem 90. Lebensjahr getilgt. Im übrigen beträgt die Tilgungsfrist für die Anordnung einer (sonstigen) Maßregel der Besserung und Sicherung aber regelmäßig nur fünf Jahre (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 g BZRG). Nach § 49 Abs. 1 BZRG besteht zudem auch bei der Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus die Möglichkeit, dass der Generalbundesanwalt auf Antrag oder von Amts wegen anordnet, dass Eintragungen entgegen den §§ 45, 46 zu tilgen sind, falls die Vollstreckung erledigt ist und das öffentliche Interesse der Anordnung nicht entgegensteht. Nach Satz 2 dieser Bestimmung soll der Generalbundesanwalt das erkennende Gericht und die sonst zuständige Behörde hören, wenn der Betroffene im Geltungsbereich des Gesetzes wohnt. Nach Satz 3 soll er auch einen in der Psychiatrie erfahrenen medizinischen Sachverständigen hören, wenn die Eintragung eine Verurteilung betrifft, durch welche eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist. Damit ist hinreichend gewährleistet, dass ein Ausländer auch bei der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach (folgenlosem) Ablauf der fünfjährigen Tilgungsfrist oder - wenn diese nicht einschlägig ist - jedenfalls im Wege der Tilgung nach § 49 BZRG einen Einbürgerungsanspruch erlangen kann, soweit von ihm keine Gefahr mehr ausgeht. Gleichzeitig wird hiermit dem Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG Rechnung getragen, im Einzelfall eine Beurteilung der von dem Ausländer möglicherweise ausgehenden Gefahren zu ermöglichen und einen Einbürgerungsanspruch dann auszuschließen, wenn diese Prognose ungünstig ausfällt. Zudem kommt jedenfalls dann, wenn der Ausländer bei geringfügigen Verstößen gegen Rechtsvorschriften keinen Ausweisungsgrund erfüllt, zumindest eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG in Betracht. Angesichts dessen kann nach Auffassung des Senats nicht angenommen werden, dass die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG in den Fällen der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung zu einer unzulässigen Schlechterstellung der Betroffenen im Vergleich zu denjenigen Ausländern führt, deren Verurteilung nach § 12 a Abs. 1 StAG außer Betracht bleibt. Vielmehr hält sich diese differenzierte Regelung noch im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit; sie ist durch die dargestellten Unterschiede bei der Gefahrenprognose hinsichtlich einer strafrechtlichen Verurteilung einerseits und der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung andererseits hinreichend gerechtfertigt. Danach bedarf es auch der teilweise vorgeschlagenen alternativen Lösungswege - Parallelwertung, welche Strafe bei schuldhaftem Handeln voraussichtlich verhängt worden wäre (VG Braunschweig, Urteil vom 1.9.2005 - 5 A 24/04 - juris Länderrechtsprechung) bzw. erweiternde Auslegung des § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG (so Berlit, a.a.O., Rnr. 289 zu § 10 StAG) - nicht, um auch in Fällen geringfügigerer Verstöße sachgerechte Ergebnisse zu erreichen.
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Im Ergebnis steht der Einbürgerung des Klägers somit § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG entgegen. Der Kläger hat weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass aufgrund eines Antrags nach § 49 Abs. 1 BZRG die gegen ihn verhängte Maßregel inzwischen gelöscht worden ist.
40 
Auch ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nach § 8 StAG kommt vorliegend nicht in Betracht. Auf Grund der von ihm begangenen strafrechtlichen Verstöße erfüllt er nämlich einen Ausweisungsgrund, weil er einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Dabei sind sowohl die in den Jahren 1996 und 1998 erfolgten Verurteilungen zu Geldstrafen als auch die im Jahr 1999 angeordnete Maßregel der Besserung und Sicherung berücksichtigungsfähig (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.7.2004 - 11 S 535/04 -, EzAR 034 Nr. 18). Ob eine Ausweisung auf dieser Grundlage tatsächlich erfolgen könnte, ist im Rahmen des § 8 StAG unbeachtlich. Soweit in ausländerrechtlichen Vorschriften wie etwa § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auf das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes abgestellt wird, ist dieser Begriff nämlich mit dem Begriff „Ausweisungstatbestand“ gleichzusetzen (vgl. Renner, AuslR, 7.A., Rnr. 13 zur Vorgängervorschrift des § 7 AuslG). Dies bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob eine Ausweisung im Einzelfall auch fehlerfrei verfügt werden könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.8.1996 - 1 C 8/94 -, BVerwGE 102, 12; Beschluss vom 24.7.1997 - 1 B 122/97 -, juris; Renner, AuslR, Rdnr. 15 zu § 7 AuslG m. w. N.). Diese Auslegung gilt aber auch im Rahmen des § 8 StAG. Auch hier genügt das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes für die Ablehnung der Einbürgerung, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ausländerbehörde eine Ausweisung beabsichtigt oder ob eine solche im konkreten Fall erfolgen könnte (vgl. Hailbronner/Renner, StAR, 4. Aufl., Rdnr. 23 zu § 8 StAG m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 31.5.1994 - 1 C 5/93 -, BVerwGE 96, 86). Zudem steht die Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG im Ermessen der Einbürgerungsbehörde. Der Kläger hat aber weder vorgetragen noch ist sonst erkennbar, dass dieses Ermessen in seinem Fall - das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG unterstellt - dergestalt reduziert wäre, dass nur die Erteilung der begehrten Einbürgerungszusicherung in Betracht käme.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO, soweit die Berufung zurückgenommen worden ist, im übrigen aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil der Frage, ob die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung als Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG anzusehen ist, grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Sonstige Literatur

 
43 
Rechtsmittelbelehrung
44 
Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu.
45 
Die Revision ist bei dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils schriftlich einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) eingelegt wird.
46 
Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
47 
Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen.
48 
Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.
49 
Für das Revisionsverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Revision und für die Revisionsbegründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
50 
Beschluss vom 10.11.2005
51 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. auf 8.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr. 1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718, sowie Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327).
52 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
Der am … 1971 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo. Er kam Ende 1991 in das Bundesgebiet und stellte einen Asylantrag. Nachdem er am 01.09.1995 eine deutsche Staatsangehörige geheiratet hatte, nahm er seinen Asylantrag zurück. In der Folgezeit erhielt er fortlaufend verlängerte Aufenthaltserlaubnisse, zuletzt bis 06.12.2002. Seit 21.05.2002 ist der Kläger im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, jetzt Niederlassungserlaubnis. Der Kläger lebt nach wie vor in ehelicher Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehörigen. Aus dieser Ehe sind mittlerweile zwei Kinder hervorgegangen, die ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit haben.
Nach einer aktuellen Auskunft aus dem Zentralregister vom 11.03.2009 wurde der Kläger bestraft durch
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1993 (2 C 222/93) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen je 60,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts S. vom 29.03.1994 (11 CS 156/94) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit einer wiederholten Zuwiderhandlung gegen eine Aufenthaltsbeschränkung nach dem Asylverfahrensgesetz zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen je 60,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 29.09.1994 (2 DS 166/94) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen je 45,- DM;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 19.01.1995 (2 DS 316/94) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 20.07.1995 (2 DS 18/95) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 19.01.1995 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von sieben Monaten und zwei Wochen, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1996 (2 DS 61/96) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung der Verurteilungen vom 19.01.1995 und 20.07.1995 zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde;
10 
- Urteil des Amtsgerichts B. vom 14.05.1998 (2 DS 23938/98 1248 VRS) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, wobei eine Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt und schließlich mit Wirkung vom 03.11.2002 erlassen wurde;
11 
- Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 14.02.2008 (5 Cs 12 Js 9814/07) wegen Betrugs zu einer Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen je 30,- EUR.
12 
Am 07.02.2003 beantragte der Kläger beim Landratsamt Schwäbisch Hall, ihn in den deutschen Staatsverband einzubürgern, nachdem er einen ersten Einbürgerungsantrag im Jahre 2000 zurückgenommen hatte.
13 
Am 19.09.2003 erteilte der Beklagte dem Kläger eine bis 18.09.2005 gültige Einbürgerungszusicherung. Darin wird dem Kläger die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass der Verlust der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen werde.
14 
In der Folgezeit zog sich die Ausstellung serbisch-montenegrinischer Dokumente durch das Generalkonsulat vom Serbien-Montenegro hin.
15 
Im April 2005 verweigerte das Regierungspräsidium Stuttgart seine Zustimmung zur Einbürgerung. Da die letzte Verurteilung des Klägers im Jahre 1998 nicht insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden sei, sondern lediglich ein Strafrest nach Teilverbüßung dieser Haftstrafe, sei die Grundlage für eine Ermessensentscheidung schon nicht gegeben. Mit Erlass vom 19.05.2005 wies das Regierungspräsidium Stuttgart das Landratsamt auf eine seit dem 10.03.2005 geänderte Erlasslage für serbisch-montenegrinische Staatsangehörige hin, wonach erst dann eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit erfolgen könne, wenn von Seiten der serbisch-montenegrinischen Behörden nicht innerhalb eines Zeitraumes von nunmehr zwei Jahren über einen entsprechenden Antrag des Einbürgerungsbewerbers auf Ausstellung eines Reisepasses, eines Staatsangehörigkeitsnachweises bzw. auf Nachregistrierung entschieden sei.
16 
Das Landratsamt hörte daraufhin den Kläger mit Schreiben vom 07.07.2005 zu einer beabsichtigten Ablehnung seines Einbürgerungsantrages an. Zur Begründung wurde auf seine im Bundeszentralregister eingetragenen Vorstrafen verwiesen, die erst im Jahre 2013 Tilgungsreife erreichten.
17 
Daraufhin beantragte der Kläger beim Generalbundesanwalt die vorzeitige Tilgung sämtlicher Freiheitsstrafen, die über ihn im Bundeszentralregister geführt werden. Diesen Antrag lehnte der Generalbundesanwalt ab unter Hinweis darauf, damit würde im Fall des Klägers eine Voraussetzung für seine Einbürgerung erst geschaffen. Dies liefe aber im Ergebnis auf eine Entscheidung des Generalbundesanwalts anstelle der eigentlich zuständigen Behörde über den Einbürgerungsantrag des Klägers hinaus. Dies sei kein zweckentsprechender Gebrauch der Tilgungsmöglichkeit des § 49 Abs. 1 BZRG.
18 
Mit Verfügung vom 19.01.2006 lehnte das Landratsamt Schwäbisch Hall den Einbürgerungsantrag ab und führte zur Begründung aus: Der noch unter Geltung des § 85 AuslG gestellte Einbürgerungsantrag sei nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 01.01.2005 nach den Vorschriften des Staatsangehörigkeitsgesetzes zu bescheiden. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG setze ein Einbürgerungsanspruch voraus, dass der Einbürgerungsbewerber nicht wegen einer Straftat verurteilt sei. Ausnahmen von dieser Regelung ergäben sich aus § 12 a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StAG sowie in Einzelfällen aus Satz 2 dieser Vorschrift. Vorliegend ergebe sich, dass die nach der Auskunft aus dem Bundeszentralregister beim Kläger vorliegenden strafrechtlichen Verurteilungen Nr. 5 und 6 eine Ermessensentscheidung der Einbürgerungsbehörde über ihre Berücksichtigung erforderten. Diese führe im jetzigen Zeitpunkt unter Abwägung des Für und Wider dazu, dass diese nicht außer Betracht bleiben könnten. Hinsichtlich der letzten Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang im Jahre 1998 lägen noch nicht einmal die Voraussetzungen einer Einzelfallentscheidung vor. Die damalige Freiheitsstrafe von sechs Monaten sei nicht insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden. Der Kläger könne auch nicht nach § 8 StAG eingebürgert werden. Voraussetzung hierfür sei, dass der Einbürgerungsbewerber keinen Ausweisungsgrund nach den §§ 53, 54 oder 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 AufenthG erfülle. Mit den abgeurteilten Straftaten lägen bei ihm aber Rechtsverstöße vor, die weder vereinzelt noch geringfügig gewesen seien. Wie lange ihm danach eine Straftat im Einbürgerungsverfahren auch nach § 8 StAG vorgeworfen werden könne, richte sich mangels eigener Regelungen nach den Eintragungen im Bundeszentralregister. Da die Tilgungsreife frühestens im Jahre 2013 eintreten könne, sei eine Einbürgerung auch nach § 8 StAG derzeit nicht möglich.
19 
Gegen diesen ihm am 23.01.2006 zugestellten Bescheid legte der Kläger am 23.02.2006 Widerspruch ein.
20 
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2006 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde nach Bezugnahme auf den Bescheid des Landratsamts ergänzend ausgeführt: Zwar werde nicht verkannt, dass beim Kläger in letzter Zeit eine charakterliche Stabilisierung eingetreten sei. Er lebe seit einigen Jahren straffrei in Deutschland mit Frau und Kindern. Das öffentliche Interesse, die Einbürgerung bei fehlender strafrechtlicher Unbescholtenheit grundsätzlich zu versagen, überlagere jedoch seine Interessen. Vor Ablauf der Tilgungsfrist im Bundeszentralregister sei eine Einbürgerung daher nicht möglich. Auch die leichteren Reisemöglichkeiten mit einem deutschen Pass, die Schwierigkeiten bei der Erlangung eines serbisch-montenegrinischen Reisepasses für Kosovaren und schließlich eine dem Kläger in Aussicht gestellte Arbeitsstelle bei einer Schweizer Firma rechtfertigten keinen Ausnahmetatbestand.
21 
Der Kläger hat am 18. August 2006 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und ausgeführt: Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles müssten auch die gegen ihn am 20.07.1995 und am 09.05.1996 verhängten Freiheitsstrafen, die insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden seien, außer Betracht bleiben. Er lebe nunmehr seit acht Jahren straffrei in der Bundesrepublik Deutschland. Bei den abgeurteilten Straftaten habe es sich ausschließlich um Straßenverkehrsdelikte gehandelt. Er sei auf die Einbürgerung dringend angewiesen, um die ihm angebotene Arbeitsstelle in der Schweiz anzunehmen und dadurch für seine Familie den Unterhalt zu sichern. Sämtliche anderen Familienmitglieder, die Ehefrau und zwei Kinder, besäßen die deutsche Staatsangehörigkeit.
22 
Der Kläger ist im laufenden Verfahren in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes Waldshut verzogen. Mit Schreiben vom 28.08.2007 erteilte das Landratsamts Waldshut gemäß § 3 Abs. 3 LVwVfG seine Zustimmung zur Fortsetzung des Verfahrens durch das Landratsamt Schwäbisch Hall.
23 
Durch Urteil vom 26.11.2007 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, über den Einbürgerungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; im Übrigen hat es den weitergehenden Verpflichtungsantrag abgewiesen.
24 
Zur Begründung hat es ausgeführt: Gemäß § 40c StAG in der seit 28.08.2007 geltenden Fassung seien auf Einbürgerungsanträge, die - wie hier - vor dem 30.03.2007 gestellt worden seien, die §§ 8 bis 14 StAG in ihrer vor dem 28.08.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit diese günstigere Bestimmungen enthielten. Da dies für die hier in Rede stehenden Rechtsfragen sämtlich der Fall sei, kämen für die begehrte Einbürgerung als Rechtsgrundlage daher die §§ 8 ff. StAG i.d.F. des Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 zur Anwendung.
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Zutreffend gehe der Beklagte allerdings davon aus, dass dem Kläger eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. habe versagt werden dürfen. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung fehle es zumindest an der Voraussetzung nach Nr. 5 der Norm, da der Kläger bereits mehrfach wegen einer Straftat verurteilt worden sei. Für diesen Fall bestimme § 12 a StAG a.F., dass Strafen bis zu einer bestimmten Höhe außer Betracht zu bleiben hätten und darüber hinausgehend, dass die Einbürgerungsbehörde im Einzelfall nach Ermessen zu entscheiden habe, ob eine Straftat außer Betracht bleiben könne, wenn der Einbürgerungsbewerber zu einer höheren Strafe verurteilt worden sei. Das Gericht könne sich nicht der Rechtsansicht des Beklagten anschließen, die letzte gegen den Kläger ausgesprochene Verurteilung vom 14.05.1998 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung stelle eine Straftat dar, die in keinem Fall im Ermessenswege infolge einer Entscheidung der Einbürgerungsbehörde außer Betracht bleiben könne. Soweit sich der Beklagte auf den Standpunkt stelle, eine das „Nichtberücksichtigungsermessen“ gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eröffnende „höhere Strafe“ könne nur eine Strafe sein, die insgesamt zur Bewährung ausgesetzt worden sei, gehe dies fehl. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der Wortlaut nicht eindeutig. Das der Einbürgerungsbehörde eingeräumte Nichtberücksichtigungsermessen könne hinsichtlich jedweder Strafe ausgeübt werden, die, weil sie ein einzelnes Merkmal überschreite, nicht unter Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 der Vorschrift falle. Auch angesichts der Weite des nach § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eingeräumten Nichtberücksichtigungsermessens bestehe kein überzeugender Grund, die Strafaussetzung zur Bewährung bereits als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in Abs. 1 Satz 2 „hineinzuinterpretieren“, indem bei kurzzeitigen Freiheitsstrafen , die nicht zur Bewährung ausgesetzt worden seien, eine Ermessensmöglichkeit schon von vorneherein verneint werde. Gleichwohl ergebe sich daraus nicht die Rechtswidrigkeit der Entscheidung, dem Kläger eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG a.F. zu versagen. Denn zu Recht habe der Beklagte erkannt, schon wegen Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine Ermessensentscheidung hinsichtlich der beiden zur Bewährung ausgesetzten Verurteilungen nach Nr. 5 und Nr. 6 des Strafregisterauszuges treffen zu müssen. Diese Ermessensentscheidung sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. i.V.m. § 12 a Abs. 1 StAG a. F. sei bei der Prüfung, ob eine strafrechtliche Verurteilung den Einbürgerungsanspruch eines Ausländers aus § 10 StAG a.F. hindere, eine jeweils einzelne Betrachtung geboten. Lägen (eine oder mehrere) strafrechtliche Verurteilungen vor, die nicht generell gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 StAG a. F. außer Betracht bleiben müssten, so erfolge nicht etwa eine generelle Ermessensprüfung, ob der Betreffende gleichwohl eingebürgert werden könne. Die Ermessensprüfung orientiere sich vielmehr an jeder einzelnen strafrechtlichen Verurteilung. Entscheide sich die Einbürgerungsbehörde in Ausübung des ihr so eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens, auch nur hinsichtlich einer einzigen insoweit zu prüfenden strafrechtlichen Verurteilung, diese nicht außer Betracht zu lassen und sei ihr jedenfalls insoweit kein Ermessensfehler anzulasten, scheide eine Einbürgerung in Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. aus. So liege es hier. Der Beklagte habe erkannt, dass die strafrechtlichen Verurteilungen nach Nr. 5 und nach Nr. 6 des Strafregisterauszuges des Klägers nicht generell nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. außer Betracht bleiben könnten, da der Strafausspruch jeweils zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Die Ermessensbetätigung der Behörden, diese beiden strafrechtlichen Verurteilungen einbürgerungsrechtlich nicht unberücksichtigt zu lassen, sei nicht zu beanstanden. Es komme hinsichtlich der zu prüfenden Ermessensbetätigung auf die letzte behördliche Entscheidung, also auf den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.07.2006 an. Dessen Ausführungen berücksichtigten zutreffend alle mit den strafrechtlichen Verurteilungen in Zusammenhang stehenden Umstände und hätten diese in nicht zu beanstandender Weise abgewogen. Es sei nicht zu verkennen, dass - wie dort ausgeführt - eine Verurteilung zu einer, wenn auch zur Bewährung ausgesetzten, Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen bereits eine erhebliche Strafe darstelle. Ebenfalls habe vom Beklagten negativ berücksichtigt werden dürfen, dass der Kläger immer wieder wegen desselben Deliktes strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und daher eine gewisse Renitenz in der Missachtung der Rechtsordnung aufgewiesen habe. Soweit demgegenüber der angegriffene Ausgangsbescheid des Beklagten im Rahmen der Betätigung des Nichtberücksichtigungsermessens möglicherweise die persönlichen Interessen des Klägers zu wenig berücksichtigt habe, sei dieser Mangel jedenfalls durch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.07.2006 geheilt worden. Dort seien die in letzter Zeit offenbar eingetretene charakterliche Stabilisierung des Klägers, seine familiären Umstände, seine Arbeitsplatzsituation, die mit einem deutschen Pass verbundenen besseren Reisemöglichkeiten sowie allgemein die Passproblematik serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger aus dem Kosovo berücksichtigt worden.
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Der Kläger erfülle aber die wesentlichen Voraussetzungen für einen Einbürgerungsanspruch nach den §§ 8 und 9 StAG a.F. Auch insoweit finde gemäß § 40 c StAG die bis zum 28.08.2007 geltende Fassung des § 9 StAG Anwendung, da diese für den Kläger günstiger sei. Die maßgeblichen Voraussetzungen für die Einbürgerung des Klägers lägen insoweit auch vor. Soweit § 9 StAG a.F. auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 StAG a. F. verweise, seien auch diese erfüllt. Für die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 StAG a. F. sei dies zwischen den Beteiligten unstrittig. Dies gelte aber auch für die Voraussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F., da der Kläger, jedenfalls derzeit, keinen Ausweisungsgrund nach §§ 53, 54 oder 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes mehr erfülle. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. sei durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.06.1993 neu gefasst worden. Mit der Gesetzesänderung habe der Begriff des „unbescholtenen Lebenswandels" durch wesentlich konkretere Kriterien ersetzt werden sollen, nämlich das Vorliegen bestimmter Ausweisungsgründe im Zeitpunkt der Entscheidung über das Einbürgerungsbegehren. Die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. enthalte ebenso wenig wie vergleichbare ausländerrechtliche Vorschriften (vgl. etwa §§ 5 Abs. 1 Nr. 2; 28 Abs. 2 AufenthG) eine zeitlich genau bestimmbare Grenze für die Erfüllung bzw. das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes. Allerdings ergebe sich bereits aus der Verwendung der jeweiligen Präsens-Form, dass es sich jedenfalls um eine aktuelle Betrachtungsweise und nicht um die Berücksichtigung historischer Vorgänge („...erfüllt hat.“ bzw. „... vorgelegen haben.“) handeln müsse. Wann ein Ausweisungsgrund nicht mehr aktuell vorliege und daher nicht mehr herangezogen werden dürfe, lasse sich nicht allgemein festlegen; hierzu komme es auf die Art und den Inhalt des jeweiligen Ausweisungsgrundes an.
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Nicht überzeugend sei die vom Beklagten vertretene Auffassung, die aus den Jahren 1993 bis 1998 herrührenden Ausweisungsgründe stünden einer Einbürgerung des Klägers bis zur Tilgung im Bundeszentralregister entgegen. Der Beklagte stelle damit auf das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG ab. Das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG markiere auch für Einbürgerungsverfahren grundsätzlich - von der vorliegend nicht einschlägigen Ausnahme des § 52 Abs. 1 Nr. 1 BZRG abgesehen - die äußerste zeitliche Grenze einer im Rechtsverkehr möglichen Verwertung. Aus dem Verwertungsverbot lasse sich jedoch nicht - aufgrund eines Umkehrschlusses - auf die rechtlich gebotene Verwertbarkeit der Eintragung vor Ablauf der Tilgungsfrist schließen. Denn es könne nicht übersehen werden, dass die Tilgungsfristen in § 46 Abs. 1 Nr. 1 - 4 BZRG - fünf, zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre, gegebenenfalls erhöht um die jeweils ausgesprochene Freiheitsstrafe - äußerst pauschal gehalten seien und mit ihren Fünf-Jahres-Sprüngen auch vergleichsweise wenig Raum für eine Einzelfallbetrachtung böten. Dies möge für ein Registergesetz im Sinne einer Verwaltungspraktikabilität hinnehmbar sein. Um den früher in § 8 Abs. 1 StAG verwendeten Begriff des „unbescholtenen Lebenswandels“ durch wesentlich konkretere Kriterien zu ersetzen, was ausdrücklich Sinn der gesetzgeberischen Reform des Jahres 1993 gewesen sei, erscheine ein generelles Abstellen auf noch nicht getilgte Eintragungen im Bundeszentralregister zur Beantwortung der Frage, ob ein Einbürgerungsbewerber aktuell einen Ausweisungsgrund erfülle, daher eher ungeeignet. Insbesondere, wenn ein Einbürgerungsbewerber etwa die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) - c) BZRG nur geringfügig überschreite, sei es kaum zu rechtfertigen, ihm deshalb die Möglichkeit einer Einbürgerung statt für zehn Jahre sogleich für fünfzehn Jahre zu versagen. Bei der Frage, wie lange eine Straftat nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. als Ausweisungsgrund einem Einbürgerungsbewerber entgegengehalten werden dürfe, seien vielmehr Sinn und Zweck des jeweiligen Ausweisungsgrundes von maßgeblicher Bedeutung. Liege dem Ausweisungsgrund eine Straftat zugrunde, so seien das der Verurteilung zugrunde liegende Verhalten zu berücksichtigen, die Schwere und Eigenart des Delikts sowie die ausgesprochene Strafhöhe. Lägen die vorwerfbaren Taten mehrere Jahre zurück, so sei von Bedeutung, wie sich der Ausländer in der Folgezeit verhalten habe und auch, welche künftige Rückfallprognose dem Einbürgerungsbewerber noch ausgestellt werden müsse. Danach könne heute nicht mehr davon ausgegangen werden, der Kläger erfülle noch einen Ausweisungsgrund. Bei den vom Kläger in den Jahren 1993 bis 1998 begangenen Straftaten handele es sich jeweils um Straßenverkehrsdelikte, nahezu ausschließlich um Fahren ohne Fahrerlaubnis. Eigentums- oder gar Gewaltkriminalität sei dem Kläger nicht vorzuwerfen. Innerhalb der Biografie des Klägers nähmen sich diese Straftaten „episodenhaft“ aus. Seit 1998 sei der Kläger nicht mehr auffällig geworden. Nachdem er zwischenzeitlich im Besitz einer deutschen Fahrerlaubnis sei, könne nahezu ausgeschlossen werden, dass sich bei ihm Vergleichbares wiederhole. Zwar habe der Kläger in dem genannten Zeitraum eine auffällige Renitenz zur Missachtung der Rechtsordnung an den Tag gelegt, in dem er sich zahlreichen jeweils vorangegangenen Urteilen wegen einer Straftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht gebeugt, sondern sein Verhalten zunächst fortgesetzt habe. Allerdings habe der Kläger offenkundig dieses Verhalten lediglich auf diesem einen Rechtsgebiet gezeigt. Eine anderweitige Neigung zur Missachtung der Rechtsordnung sei beim Kläger weder in dem genannten Zeitraum zu Tage getreten, noch habe sich solches in den vergangenen beinahe 10 Jahren anderweitig gezeigt. Nachdem der Kläger zwischenzeitlich mit einer deutschen Staatsangehörigen eine Familie gegründet habe, sei ersichtlich, dass bei ihm eine charakterliche Stabilisierung eingetreten sei. Die vor beinahe 10 Jahren teilweise und kurzzeitig verbüßte Haftstrafe habe offenkundig beim Kläger in seinem Verhalten eine Zäsur bewirkt. Es könne daher heute nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Kläger aktuell noch einen Ausweisungsgrund erfülle. Unabhängig von Vorstehendem lägen beim Kläger die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StAG a. F. aber auch noch aus einem weiteren Grund vor. Der Kläger erfülle schon deshalb keinen Ausweisungsgrund nach §§ 54 Nr. 1, 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG mehr, weil diese ursprünglich gegebenen Ausweisungsgründe zwischenzeitlich staatsangehörigkeitsrechtlich „verbraucht“ seien. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass ein Ausweisungsgrund in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und solange entgegengehalten werden dürfe, als er noch „aktuell" und nicht „verbraucht“ sei bzw. die zuständige Behörde auf seine Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent "verzichtet" habe. Ein solcher Verbrauch der beim Kläger ursprünglich vorliegenden Ausweisungsgründe sei im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier durch die dem Kläger am 19.09.2003 erteilte Einbürgerungszusicherung eingetreten. Nachdem der Beklagte nach Erkennen seines Fehlers insoweit die vorangegangene Einbürgerungszusicherung auch nicht etwa zurückgenommen habe, liege zum jetzigen Zeitpunkt ein Ausweisungsgrund, der dem Kläger gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a. F. entgegengehalten werden könnte, nicht mehr vor. Der Kläger habe somit einen Anspruch darauf, dass der Beklagte sein Einbürgerungsbegehren nach §§ 8, 9 StAG a. F. neu bescheide.
28 
Das Urteil wurde dem Beklagten am 20.03.2008 zugestellt. Auf den von ihm am 15.04.2008 gestellten und am 15.05.2008 begründeten Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 25.08.2008 die Berufung zugelassen.
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Am 23.09.2008 hat der Beklagte unter Stellung eines Antrags die Berufung wie folgt begründet:
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Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht § 8 StAG in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung angewandt. Der nach § 40c StAG anzustellende Günstigkeitsvergleich, der für jede Einbürgerungsvoraussetzung anzustellen sei, führe zu den Ergebnis, dass die neue Fassung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG die günstigere Bestimmung sei. Denn während es nach der alten Fassung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 auf das bloße Vorliegen von bestimmten Ausweisungsgründen angekommen sei und daher auch strafrechtlich unerhebliches Verhalten der Einbürgerung habe entgegen stehen können, seien jetzt nur noch Verurteilungen wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe oder die Anordnung einer Maßregel relevant, soweit die in § 12a Abs. 1 Nr. 1 StAG genannten Bagatellgrenzen überschritten würden. Derartige Verurteilungen, welche die Grenze des § 12a Abs. 1 StAG überstiegen, seien auch unter den Begriff der vereinzelten und geringfügigen Rechtsversstöße nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG zu rechnen und stellten daher regelmäßig einen Ausweisungsgrund dar, machten jedoch nur eine Teilmenge aller denkbaren Ausweisungsgründe aus, weshalb die neue Fassung günstiger sei. Bei Anwendung des neuen Rechts stünden die vom Kläger begangenen Straftaten, die nicht getilgt seien, einer Einbürgerung entgegen und seien auch im Rahmen des durch § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eröffneten Ermessens zu Recht unberücksichtigt geblieben und auch nach § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG n.F. nicht zu berücksichtigen. Die Taten könnten auch ausnahmslos berücksichtigt werden, da gem. § 46 Abs. 1 Nr. 2 BZRG Tilgungsreife erst im Jahre 2013 eintreten werde.
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Die Entscheidung sei allerdings auch dann unrichtig, wenn man § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG in der alten Fassung anwende. Denn der Kläger erfülle einen Ausweisungsgrund, der nicht verbraucht sei. Für die Frage, ob ein Ausweisungsgrund vorliege, komme es allein darauf an, ob dieser erfüllt sei, nicht jedoch darauf, ob tatsächlich eine Ausweisung erfolgen könne. Im vorliegenden Fall sei der Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG einschlägig, weil der Kläger insgesamt wegen desselben Vergehens zu erheblichen Freiheitsstrafen verurteilt worden sei. Beim Kläger habe ein unbelehrbares Verhalten vorgelegen. Die Verstöße seien weder vereinzelt noch geringfügig gewesen. Die Vorwerfbarkeit sei auch nicht nachträglich entfallen. In Ermangelung einschlägiger Regelungen in den §§ 8 und 9 StAG könne hinsichtlich der Verwertbarkeit strafrechtlicher Verurteilungen auf die Bestimmungen des Bundeszentralregistergesetzes zurückgegriffen werden. Der Ausweisungsgrund wäre daher nur dann unbeachtlich, wenn die zugrunde liegenden Straftaten getilgt wären, was jedoch nicht der Fall sei. Entgegen der früheren Rechtslage, nach der auf einen „unbescholtenen Lebenswandel“ abgestellt worden sei, sei nunmehr auch aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit keine umfassende Abwägungsentscheidung mehr zu treffen, sofern festgestellt worden sei, dass der Verstoß weder vereinzelt noch geringfügig gewesen sei. Im Übrigen könne der Sichtweise des Verwaltungsgerichts auch aus systematischen Erwägungen nicht gefolgt werden. Denn in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung sei eine Abwägungsentscheidung bei Straftaten auf den Fall des § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG beschränkt gewesen. Wäre bei § 8 Abs. 1 Nr. 1 StAG auch eine solche Abwägungsentscheidung gewollt gewesen, so hätte es nahe gelegen, in § 8 Abs. 2 nicht nur die Möglichkeit eines Dispenses von den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 4 vorzusehen, sondern dort auch auf § 8 Abs. 1 Nr. 2 Bezug zu nehmen. Erst die neue Fassung des § 8 Abs. 2 habe eine Erweiterung um den Fall des Abs. 1 Nr. 2 vorgenommen. Wäre die Entscheidung des Verwaltungsgerichts richtig, so hätte es dieser Anpassung nicht bedurft.
32 
Die vom Kläger begangenen Straftaten seien auch nicht durch die Einbürgerungszusicherung verbraucht. Mit der Einbürgerungszusicherung nach § 38 LVwVfG werde dem Einbürgerungsbewerber die Einbürgerung für den Fall zugesagt, dass er den Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit nachweise. Mit Ablauf der Frist von zwei Jahren habe deren Wirkung geendet, eine Verlängerung sei nicht erfolgt. Hätte die Einbürgerungszusicherung die ihr vom Verwaltungsgericht beigemessene Wirkung, so nähme sie im Hinblick auf sämtliche Einzelfragen der Einbürgerung mit Ausnahme der Hinnahme der Mehrstaatigkeit die endgültige Entscheidung über den Einbürgerungsantrag verbindlich vorweg und wäre ein vorgezogener Ausschnitt aus der umfassenderen Einbürgerung und als solcher eine Art feststellender Verwaltungsakt. Ihre Wirkungen glichen denjenigen des Vorbescheids im Baurecht. Dies entspreche jedoch nicht den gesetzlichen Vorgaben. Die Einbürgerungszusicherung nehme nicht einen Abschnitt des später erlassenen Verwaltungsakts vorweg, sondern sage lediglich dessen Erlass zu. Dies habe zur Folge, dass die Zusicherung mit Ablauf der Frist ihre Wirkungen verliere. Zwar könne es ausnahmsweise Fälle geben, in denen die Behörde nach Treu und Glauben sich nicht auf einen Fristablauf berufen könne, wenn der Einbürgerungsbewerber die einzige Bedingung erfüllt habe, sich die Behörde jedoch gleichwohl geweigert habe, die Einbürgerung vorzunehmen und deshalb die Frist abgelaufen sei. So lägen die Dinge hier jedoch nicht. Ein schutzwürdiges Vertrauen und Interesse des Klägers bestehe daher nicht.
33 
Der Beklagte beantragt,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
35 
Der Kläger beantragt,
36 
die Berufung zurückzuweisen.
37 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und führt noch aus: Der vom Beklagten befürwortete Rückgriff auf die Regelungen des Bundeszentralregistergesetz finde im Gesetz keine Stütze und sei nicht sachgerecht. Das Verwaltungsgericht führe richtigerweise aus, dass die Tilgungsfristen wegen der großen Zeitsprünge wenig Raum für eine Einzelfallbetrachtung böten. Es müsse berücksichtigt werden, dass er die Taten nicht mehr begehen könne, weil er seit 2002 einen Führerschein besitze. Er lebe seit 10 Jahren völlig straffrei. Seine aktuelle Arbeitslosigkeit stehe der Einbürgerung nicht entgegen. Er habe Leistungen der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung erworben, die mindestens 12 Monate bezahlt würden. Durch eine zusätzliche Tätigkeit bei Mc Donalds werde er rund 200,00 EUR hinzuverdienen. Er habe auch seit Januar eine Stelle in der Schweiz erhalten. Er sei Grenzgänger, was aber auf Dauer nur möglich sei, wenn er deutscher Staatsangehöriger sei. Ansonsten könne er nur mit einem Visum zwischen den Ländern verkehren. Ohne die deutsche Staatsangehörigkeit werde er die Stelle wieder verlieren. Er habe sich im Übrigen bei verschiedenen Zeitarbeitsfirmen beworben.
38 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf deren Schriftsätze verwiesen.
39 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts Schwäbisch Hall, die Widerspruchakten des Regierungspräsidiums Stuttgart, die Strafakten des Amtsgerichts Backnang und Waldshut-Tiengen und die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
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Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemäß begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
41 
1. Was die Behandlung und Beurteilung eines möglichen Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches hinzuzufügen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO).
42 
Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu folgen wäre, dass „eine höhere Strafe“ im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht selbst ausgegangen ist.
43 
2. Der Kläger, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen; auch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht.
44 
Nachdem der Kläger seinen Einbürgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor dem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rücksicht auf § 40c StAG zunächst der Frage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht für den Kläger günstigere Einbürgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit - was die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsächlichen Verhältnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre. Zur Beantwortung der Frage, welche Bestimmungen für den Einbürgerungsbewerber günstiger sind, ist jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl. Berlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine Alternativprüfung vorzunehmen.
45 
a) Unverändert geblieben ist allerdings die zwingende Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Einbürgerungsbewerber seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht mehr der Fall.
46 
Seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorübergehend, sondern grundsätzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw. verweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere familiärer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsätzlich sind hiernach alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu würdigen, wobei es in erster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstände ankommt (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Kläger jedenfalls zu Beginn dieses Jahres seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen Jahres eine Stelle in der Schweiz, nämlich in B. gefunden hat und nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich seit 01.12.2008 regelmäßig in der Schweiz aufhält, ist er im April diesen Jahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in W. wurde vollständig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G. leben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Kläger und seiner Familie dort eine vollständige eigene Wohnung zur Verfügung steht. Dort können sich der Kläger und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien aufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag zunächst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunächst der von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand könnte möglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Kläger habe inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht gerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult hat, und das sogar noch während des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss gezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist und nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Kläger selbst davon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll.
47 
b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers einer Einbürgerung zwingend entgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der früher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob auch vor Eintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten werden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen können - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der Tilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht bleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht vor. Die höhere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da von einem nur geringfügigen Überschreiten des Rahmens nach den Sätzen 1 und 2 nicht die Rede sein kann.
48 
Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen Absatz 2 abgesehen werden. Ein öffentliches Interesse ist nicht erkennbar. Aber auch eine besondere Härte liegt nicht vor. Hierzu muss zunächst ein atypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw. erst später eingebürgert würde; die Härte muss also gerade infolge der Einbürgerung bzw. der frühzeitigeren Einbürgerung beseitigt werden können. Dies wäre vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat aus dem Jahre 2008 dazu geführt hätte, dass die früheren Straftaten nicht getilgt werden können, diese letzte Tat Bagatellcharakter hätte und ihm ein weiteres vorläufiges Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden dargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einbürgerungschädliche Folge der erheblichen und beharrlichen Kriminalität des Klägers und der hiermit verbundenen längeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Härte darin zu erblicken sein könnte, dass der Kläger ohne Einbürgerung nicht unter erleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann, bedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von seiner Ausbildung oder seinen Befähigungen her zwingend auf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein könnte.
49 
Nach der früheren Rechtslage steht der Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG zwingend entgegen, dass Kläger einen der im Einzelnen enumerativ aufgezählten Ausweisungsgründe erfüllt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rücksicht auf die erheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie können mangels Tilgungsreife dem Kläger auch heute noch vorgehalten werden.
50 
Zunächst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung über den ausländerrechtlichen „Verbrauch“ von Ausweisungsgründen bei Erteilung oder Verlängerung eines Titels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das Staatsangehörigkeitsrecht übertragen werden kann. Die die gegenteilige Sichtweise befürwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.), der das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, übersieht, dass es keinen nachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der Staatsangehörigkeitsbehörde durch eine Ausländerbehörde vorzunehmen, die „lediglich“ über eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts eines Ausländers oder einer Ausländerin zu entscheiden hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann erfüllt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte. Dies entspricht der einhelligen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zum Ausländer- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehörigkeitsrecht gilt nichts anderes (vgl. ausdrücklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris).
51 
Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig dahin gehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen könne, wenn dieser noch gegenwärtig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung überholt ist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem Tatbestandsmerkmal „vorliegen“ bzw. „erfüllt“ folgen (so wohl auch Senatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualität im Schwerpunkt und vornehmlich für die Fälle eines „Verbrauchs“ des Ausweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmäßig vertrauenstiftenden Handlung der Ausländerbehörde, wie etwa der Verlängerung eines Aufenthaltstitels, erörtert wird (vgl. ausdrücklich Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur „aktuelle“ Ausweisungsgründe vorgehalten werden können, der Präzisierung. Denn das Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen den verschiedenen Ausweisungsgründen. Diese haben nämlich keine identische Struktur. So kennt das Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgründe, die allein darauf abstellen, dass es in der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist (vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…“) bzw. der Ausländer oder die Ausländerin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung begangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…“ bzw. „…nicht mitgewirkt hat…“). Die anderen Ausweisungsgründe stellen hingegen allein darauf ab, dass gegenwärtig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus aktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt“ ein Ausweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor“, wenn der Zeitpunkt der Verurteilung schon länger zurück liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext kommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgründe des § 55 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualität auf einer anderen - zweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der konkreten Ermessensausübung, ob eine Ausweisung verfügt werden soll, zu erörtern; zum anderen bei der Prüfung der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der Hand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur vereinzelt oder geringfügig begangen wurde und damit gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Art und Weise eine Ausweisungsverfügung oder eine Verweigerung eines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher Zusammenhang mit den aktuellen Lebensverhältnissen des Ausländers oder der Ausländerin mehr besteht. Dies gilt umso mehr für andere Rechtsverstöße und unzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner Tilgung im Bundeszentralregister unterliegen können.
52 
Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf bestimmte Ausweisungsgründe verweist und damit nur unvollständig die dargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur übernimmt, fällt der zweite Prüfungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualität des Ausweisungsgrundes muss daher im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext als eine im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verortende immanente Grenze des Einbürgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das Tatbestandsmerkmal „erfüllt“ entsprechend verfassungskonform interpretiert werden.
53 
Was die Berücksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als Ausweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung anderer aussagekräftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im Staatsangehörigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die Verurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden kann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in diesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Länge der Tilgungsfrist bildet die Schwere der begangenen Straftat durchaus realitätsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3 Nr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsätzlich durchaus geeignet, auch gegenwartsbezogen Schlüsse auf die Aktualität des Ausweisungsgrundes und damit ein weiterhin gegen eine Einbürgerung sprechendes öffentliches Interesse zu ermöglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt der Aktualität und damit auch dem der Verhältnismäßigkeit das Gewicht des Ausweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die Höhe der verhängten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafür sein kann, ob gegenwärtig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur kann (vgl. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten auszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes zu unangemessenen und daher unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Da infolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an sich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten vorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier unmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrechts korrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der letzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber v.a. geringfügigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und daher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so wäre es von vornherein verfehlt, länger zurückliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits getilgt werden könnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen wäre, noch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall darüber hinaus mit Blick auf die zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen.
54 
So liegen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Eine vollständige Tilgung wird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin, dass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelöst hat. Selbst wenn man daher zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jähriger Straffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte Straftat als vereinzelter oder geringfügiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu werten wäre, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5 Jahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlängerung der laufenden Tilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die immerhin vorsätzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfügig anzusehen wäre und ob den vom Kläger erhobenen Einwänden gegen die Verurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft überhaupt nachzugehen wäre. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfähiger Grund ausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die früheren Verurteilungen nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Denn in der Kette der von ihm begangenen Straftaten kommt eine hartnäckige und unbelehrbare Missachtung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Kläger hat durch seine Taten unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche Beschränkungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner Interessen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Kläger im Urteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche Mängel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwärtig auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten, ausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen, durch weiteren Zeitablauf zusätzliche und endgültige Gewissheit zu erlangen, dass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klägers zur Rechtsordnung überwunden ist.
55 
Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermöglicht keine Entscheidung zugunsten des Klägers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung überhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG war in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie dargelegt, schon keine Härte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Umständen eine einfach-gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden müsste, soweit diesem Gesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht entgegengehalten werden dürfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann offen bleiben, ob im Rahmen des Günstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht günstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach altem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden könnten.
56 
c) Ein „Verbrauch“ der Ausweisungsgründe ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Kläger unter dem 19.09.2003 eine Einbürgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt hatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist ihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge für den Beklagten nicht mehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge würde die zeitliche Befristung unterlaufen und der Zusicherung eine über diesen Zeitpunkt hinausreichende Wirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfängers erkennbar (vgl. den Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht beigemessen werden sollte, weshalb auch kein über die zeitliche Geltung hinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer Befristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern und insbesondere eine Rücknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit überflüssig zu machen. Andernfalls käme der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend ausführt, der Charakter einer bereits endgültigen „Teilgenehmigung“ zu, mit der einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits verbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt würden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist auch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines verwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese Ausweisungsgründe verbraucht sind und später nicht mehr entgegen gehalten werden können, nicht tragfähig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels wird in jeder Hinsicht uneingeschränkt und endgültig die begehrte Rechtsposition eingeräumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit. Gegen Treu und Glauben würde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann verstoßen, wenn der Einbürgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hätte und die Behörde sich nunmehr auf den Fristablauf berufen würde. Dieser Fall ist aber hier nicht gegeben.
57 
3. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Gründen.
58 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
60 
Beschluss vom 06. Mai .2009
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar

Gründe

 
40 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemäß begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einbürgerung neu bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
41 
1. Was die Behandlung und Beurteilung eines möglichen Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches hinzuzufügen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO).
42 
Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu folgen wäre, dass „eine höhere Strafe“ im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht selbst ausgegangen ist.
43 
2. Der Kläger, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen; auch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht.
44 
Nachdem der Kläger seinen Einbürgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor dem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rücksicht auf § 40c StAG zunächst der Frage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht für den Kläger günstigere Einbürgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit - was die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsächlichen Verhältnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre. Zur Beantwortung der Frage, welche Bestimmungen für den Einbürgerungsbewerber günstiger sind, ist jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl. Berlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine Alternativprüfung vorzunehmen.
45 
a) Unverändert geblieben ist allerdings die zwingende Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Einbürgerungsbewerber seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht mehr der Fall.
46 
Seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorübergehend, sondern grundsätzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw. verweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere familiärer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsätzlich sind hiernach alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu würdigen, wobei es in erster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstände ankommt (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Kläger jedenfalls zu Beginn dieses Jahres seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen Jahres eine Stelle in der Schweiz, nämlich in B. gefunden hat und nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich seit 01.12.2008 regelmäßig in der Schweiz aufhält, ist er im April diesen Jahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in W. wurde vollständig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G. leben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Kläger und seiner Familie dort eine vollständige eigene Wohnung zur Verfügung steht. Dort können sich der Kläger und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien aufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag zunächst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunächst der von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand könnte möglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Kläger habe inzwischen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht gerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult hat, und das sogar noch während des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss gezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist und nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Kläger selbst davon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll.
47 
b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers einer Einbürgerung zwingend entgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der früher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob auch vor Eintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten werden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen können - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der Tilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht bleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht vor. Die höhere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da von einem nur geringfügigen Überschreiten des Rahmens nach den Sätzen 1 und 2 nicht die Rede sein kann.
48 
Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen Absatz 2 abgesehen werden. Ein öffentliches Interesse ist nicht erkennbar. Aber auch eine besondere Härte liegt nicht vor. Hierzu muss zunächst ein atypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einbürgerungsbewerber in besonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw. erst später eingebürgert würde; die Härte muss also gerade infolge der Einbürgerung bzw. der frühzeitigeren Einbürgerung beseitigt werden können. Dies wäre vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat aus dem Jahre 2008 dazu geführt hätte, dass die früheren Straftaten nicht getilgt werden können, diese letzte Tat Bagatellcharakter hätte und ihm ein weiteres vorläufiges Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden dargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einbürgerungschädliche Folge der erheblichen und beharrlichen Kriminalität des Klägers und der hiermit verbundenen längeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Härte darin zu erblicken sein könnte, dass der Kläger ohne Einbürgerung nicht unter erleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann, bedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von seiner Ausbildung oder seinen Befähigungen her zwingend auf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein könnte.
49 
Nach der früheren Rechtslage steht der Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG zwingend entgegen, dass Kläger einen der im Einzelnen enumerativ aufgezählten Ausweisungsgründe erfüllt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rücksicht auf die erheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie können mangels Tilgungsreife dem Kläger auch heute noch vorgehalten werden.
50 
Zunächst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung über den ausländerrechtlichen „Verbrauch“ von Ausweisungsgründen bei Erteilung oder Verlängerung eines Titels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das Staatsangehörigkeitsrecht übertragen werden kann. Die die gegenteilige Sichtweise befürwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.), der das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, übersieht, dass es keinen nachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der Staatsangehörigkeitsbehörde durch eine Ausländerbehörde vorzunehmen, die „lediglich“ über eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts eines Ausländers oder einer Ausländerin zu entscheiden hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann erfüllt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte. Dies entspricht der einhelligen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zum Ausländer- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehörigkeitsrecht gilt nichts anderes (vgl. ausdrücklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris).
51 
Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig dahin gehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen könne, wenn dieser noch gegenwärtig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung überholt ist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem Tatbestandsmerkmal „vorliegen“ bzw. „erfüllt“ folgen (so wohl auch Senatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualität im Schwerpunkt und vornehmlich für die Fälle eines „Verbrauchs“ des Ausweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmäßig vertrauenstiftenden Handlung der Ausländerbehörde, wie etwa der Verlängerung eines Aufenthaltstitels, erörtert wird (vgl. ausdrücklich Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur „aktuelle“ Ausweisungsgründe vorgehalten werden können, der Präzisierung. Denn das Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen den verschiedenen Ausweisungsgründen. Diese haben nämlich keine identische Struktur. So kennt das Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgründe, die allein darauf abstellen, dass es in der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist (vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…“) bzw. der Ausländer oder die Ausländerin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung begangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…“ bzw. „…nicht mitgewirkt hat…“). Die anderen Ausweisungsgründe stellen hingegen allein darauf ab, dass gegenwärtig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus aktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt“ ein Ausweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor“, wenn der Zeitpunkt der Verurteilung schon länger zurück liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext kommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgründe des § 55 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualität auf einer anderen - zweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der konkreten Ermessensausübung, ob eine Ausweisung verfügt werden soll, zu erörtern; zum anderen bei der Prüfung der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der Hand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur vereinzelt oder geringfügig begangen wurde und damit gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Art und Weise eine Ausweisungsverfügung oder eine Verweigerung eines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher Zusammenhang mit den aktuellen Lebensverhältnissen des Ausländers oder der Ausländerin mehr besteht. Dies gilt umso mehr für andere Rechtsverstöße und unzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner Tilgung im Bundeszentralregister unterliegen können.
52 
Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf bestimmte Ausweisungsgründe verweist und damit nur unvollständig die dargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur übernimmt, fällt der zweite Prüfungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualität des Ausweisungsgrundes muss daher im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext als eine im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verortende immanente Grenze des Einbürgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das Tatbestandsmerkmal „erfüllt“ entsprechend verfassungskonform interpretiert werden.
53 
Was die Berücksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als Ausweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im staatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung anderer aussagekräftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im Staatsangehörigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die Verurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden kann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in diesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Länge der Tilgungsfrist bildet die Schwere der begangenen Straftat durchaus realitätsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3 Nr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsätzlich durchaus geeignet, auch gegenwartsbezogen Schlüsse auf die Aktualität des Ausweisungsgrundes und damit ein weiterhin gegen eine Einbürgerung sprechendes öffentliches Interesse zu ermöglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt der Aktualität und damit auch dem der Verhältnismäßigkeit das Gewicht des Ausweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die Höhe der verhängten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafür sein kann, ob gegenwärtig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur kann (vgl. etwa Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten auszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes zu unangemessenen und daher unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Da infolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an sich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten vorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier unmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrechts korrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der letzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber v.a. geringfügigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und daher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so wäre es von vornherein verfehlt, länger zurückliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits getilgt werden könnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen wäre, noch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall darüber hinaus mit Blick auf die zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen.
54 
So liegen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Eine vollständige Tilgung wird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin, dass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelöst hat. Selbst wenn man daher zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jähriger Straffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte Straftat als vereinzelter oder geringfügiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu werten wäre, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5 Jahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlängerung der laufenden Tilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die immerhin vorsätzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfügig anzusehen wäre und ob den vom Kläger erhobenen Einwänden gegen die Verurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft überhaupt nachzugehen wäre. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfähiger Grund ausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die früheren Verurteilungen nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Denn in der Kette der von ihm begangenen Straftaten kommt eine hartnäckige und unbelehrbare Missachtung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Kläger hat durch seine Taten unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche Beschränkungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner Interessen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Kläger im Urteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche Mängel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwärtig auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten, ausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen, durch weiteren Zeitablauf zusätzliche und endgültige Gewissheit zu erlangen, dass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klägers zur Rechtsordnung überwunden ist.
55 
Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermöglicht keine Entscheidung zugunsten des Klägers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung überhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG war in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie dargelegt, schon keine Härte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Umständen eine einfach-gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden müsste, soweit diesem Gesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht entgegengehalten werden dürfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann offen bleiben, ob im Rahmen des Günstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht günstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach altem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden könnten.
56 
c) Ein „Verbrauch“ der Ausweisungsgründe ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Kläger unter dem 19.09.2003 eine Einbürgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt hatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist ihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge für den Beklagten nicht mehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge würde die zeitliche Befristung unterlaufen und der Zusicherung eine über diesen Zeitpunkt hinausreichende Wirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfängers erkennbar (vgl. den Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht beigemessen werden sollte, weshalb auch kein über die zeitliche Geltung hinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer Befristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern und insbesondere eine Rücknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit überflüssig zu machen. Andernfalls käme der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend ausführt, der Charakter einer bereits endgültigen „Teilgenehmigung“ zu, mit der einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits verbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt würden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist auch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines verwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese Ausweisungsgründe verbraucht sind und später nicht mehr entgegen gehalten werden können, nicht tragfähig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels wird in jeder Hinsicht uneingeschränkt und endgültig die begehrte Rechtsposition eingeräumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit. Gegen Treu und Glauben würde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann verstoßen, wenn der Einbürgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der Zusicherung verknüpfte Voraussetzung erfüllt hätte und die Behörde sich nunmehr auf den Fristablauf berufen würde. Dieser Fall ist aber hier nicht gegeben.
57 
3. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Gründen.
58 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
60 
Beschluss vom 06. Mai .2009
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2010 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 2 K 530/09 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist irakischer Staatsangehöriger. Er lebt seit dem Jahre 2000 in der Bundesrepublik Deutschland. Am 17.4.2003 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige. Die am 23.1.2004 geborene Tochter besitzt ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit.

Der Kläger ist wegen Urkundenfälschung, Verletzung der Buchführungspflicht und mehrfachen Betrugs vorbestraft (vgl. im Einzelnen die Auflistung auf S. 3/4 des erstinstanzlichen Urteils). Zuletzt verurteilte ihn das Amtsgericht Nürnberg am 13.9.2007 wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungsfrist endet am 12.9.2010.

Den am 10.1.2008 gestellten Einbürgerungsantrag des Klägers wies der Beklagte durch Bescheid vom 12.5.2009 mit Blick auf dessen Vorstrafen zurück. Die anschließende Klage hat das Verwaltungsgericht durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 9.2.2010 ergangenes Urteil abgewiesen. Dagegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Berufungszulassungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die in der Antragsbegründung vom 16.4.2010 angeführten Gründe, die allein der Senat zu prüfen hat (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO), geben keine Veranlassung, die Berufung gegen das Urteil vom 9.2.2010 zuzulassen. Insbesondere ergeben sich daraus im Verständnis des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat, ohne dass eine Frage von besonderer rechtlicher und/oder tatsächlicher Schwierigkeit oder von grundsätzlicher Bedeutung zu beantworten wäre (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 VwGO).

a) Ein Anspruch des Klägers auf Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG scheitert an seinen Vorstrafen. Das ist in dem angegriffenen Urteil - ausgehend von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG - unter ausführlicher Würdigung sowohl der Unbeachtlichkeitsschwelle des § 12 a Abs. 1 Sätze 1 und 2 StAG als auch der Nichtberücksichtigungsregelung des § 12 a Abs. 1 Satz 3 StAG dargelegt. Nach der „Umrechnungsformel“ des § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG ergeben die weiterhin berücksichtigungsfähigen Vorstrafen des Klägers eine Freiheitsstrafe von insgesamt 16 Monaten. Dass damit die bei drei Monaten liegende „Bagatellgrenze“ des § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG mehr als nur „geringfügig“ überschritten ist, liegt auf der Hand. Ergänzende Ausführungen sind nicht veranlasst.

b) Eine Kann-Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG scheitert - auch bei der nach Auffassung des Senats

ebenso Marx in StAR - Gemeinschaftskommentar - Stand: April 2010 -, § 8 Rdnrn. 93 und 95/96, und Nr. 8.1.1.2 Abs. 2 der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern - VAH - vom 17.4.2009, abgedruckt in StAR - Gemeinschaftskommentar, VII-3; a.A. Berlit, Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht durch das EU-Richtlinienumsetzungsgesetz, InfAuslR 2007, 457 (465),

schon vom Wortlaut der Bestimmung her („bei der Einbürgerung“) gebotenen unmittelbaren Anwendung des § 12 a Abs. 1 Sätze 1 und 2 StAG - ebenfalls an den Vorstrafen des Klägers (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG).

Allerdings eröffnet § 8 Abs. 2 StAG die Möglichkeit („kann“), im Einzelfall von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG „aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abzusehen“. Darauf, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein solcher Härtefall vorliegt, zielt ersichtlich die Begründung des Berufungszulassungsantrags des Klägers. Dem kann indes nicht gefolgt werden.

Zustimmung verdient allerdings die Auffassung, dass § 8 Abs. 2 StAG auch nach der gebotenen unmittelbaren Anwendung des § 12 a Abs. 1 Sätze 1 und 2 StAG „einen Restbestand an Flexibilität in Bezug auf das Unbescholtenheitserfordernis gewährt“

so die Formulierung bei Berlit, a.a.O., S. 465, linke Spalte unten,

das allerdings durch das Merkmal der Vermeidung einer besonderen Härte „tatbestandlich gebunden“ ist

so Berlit, a.a.O., rechte Spalte oben.

Dieses Tatbestandsmerkmal ist, wie der Kontext, in dem es steht, und die gesetzgeberische Entscheidung, die § 12 a Abs. 1 Sätze 1 bis 3 StAG enthält, belegen, eng auszulegen. Deshalb fällt an dieser Stelle - erneut - das beträchtliche Maß ins Gewicht, in dem die Vorstrafen des Klägers die „Bagatellgrenze“ des § 12 a Abs. 1 Satz 1 StAG überschreiten. Hinzu kommt, dass die aus der letzten Vorstrafe resultierende Bewährungszeit noch nicht abgelaufen ist (vgl. § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG). Ob dies allein bereits ausreicht, eine Anwendung des § 8 Abs. 2 StAG auszuschließen

so die Verwaltungspraxis; kritisch dazu Marx, a.a.O., § 8 Rdnr. 104,

liegt zwar nahe, lässt der Senat aber ebenso wie das Verwaltungsgericht letztlich offen. Den Ausschlag gibt jedenfalls, dass die in § 8 Abs. 2 StAG geforderte „besondere Härte“ durch atypische Umstände des Einzelfalls bedingt und zudem gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen sein muss, also - mit anderen Worten - durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert würde

so die einschlägige Rechtsprechung, u.a. HessVGH, Beschluss vom 21.10.2008 - 5 A 1820/08.Z -, juris Rdnr. 5; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 9.10.2009 - 13 S 1609/09 -, juris Rdnr. 45, und OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.6.2009 - 5 M 30.08 -, juris Rdnr. 2.

Daran fehlt es hier selbst unter Zugrundelegung des Vortrags des Klägers. Ganz in den Vordergrund stellt dieser in seinem Schriftsatz vom 16.4.2010, seine im Irak lebenden Eltern und Verwandten akzeptierten seine europäische Ehefrau nicht und bedrohten deshalb sowohl sein Leben als auch das seiner Ehefrau und seiner Tochter, wobei in diesem Zusammenhang auch der christliche Glaube seiner Ehefrau eine Rolle spiele. Was an dieser Problematik eine Einbürgerung des Klägers ändern würde, erschließt sich dem Senat nicht und wird vom Kläger auch nicht aufgezeigt. Dessen weiter ins Feld geführten, ebenfalls nicht näher konkretisierten Schwierigkeiten bei der Ausübung seines selbständigen Gewerbes dürften ihre Ursache zumindest ganz überwiegend in seinen zahlreichen gewerbebezogenen Vorstrafen, weniger dagegen in seiner Staatsangehörigkeit haben. Was das dann noch angesprochene Misstrauen beziehungsweise Vorurteil gegen ihn wegen von Irakern ausgehenden Terrorgefahren anlangt, dürfte Anknüpfungspunkt hierfür eher ein möglicherweise fremdländisches Aussehen als seine sich nicht ohne Weiteres erschließende Staatsangehörigkeit sein. Vor allem aber trifft das Argument des Verwaltungsgerichts zu, dass die angeführten Umstände eine Vielzahl anderer Einbürgerungsbewerber in gleicher Weise treffen und deshalb ungeeignet sind, gerade den Fall des Klägers zu einem besonderen Härtefall zu machen, in dem trotz der Zahl und des Gewichtes seiner Vorstrafen durch Einbürgerung Abhilfe zu schaffen wäre.

c) Aus der Sonderregelung des § 9 StAG über die Einbürgerung von mit Deutschen verheirateten Ausländern kann der Kläger ebenfalls nichts zu seinen Gunsten herleiten. Diese Bestimmung verstärkt lediglich für den darin genannten Personenkreis den Kann-Anspruch des § 8 Abs. 1 StAG zu einem Soll-Anspruch, setzt dabei aber voraus, dass die Voraussetzungen des § 8 StAG erfüllt sind. Gerade daran fehlt es indes fallbezogen.

d) Schließlich ist es nicht Aufgabe des Senats, im vorliegenden Zusammenhang den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem der Kläger frühestens eingebürgert werden kann. Vielmehr genügt an dieser Stelle die Feststellung, dass sich jedenfalls derzeit eine Einbürgerung verbietet.

Nach allem ist der Zulassungsantrag zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung rechtfertigt sich aus den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 3 GKG in Verbindung mit der Empfehlung Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. September 2011 - 2 K 209/10 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, ein 1943 geborener libanesischer Staatsangehöriger, der seit 1979 mit Ehefrau und Kindern im Bundesgebiet lebt, begehrt seine Einbürgerung.

Nach negativem Abschluss seines Asylverfahrens wurde ihm am 27.10.1992 eine befristete Aufenthaltsbefugnis bzw. -erlaubnis aus humanitären Gründen erteilt, deren Geltung von der Ausländerbehörde jeweils verlängert wurde und die ihre Rechtsgrundlage seit dem 1.1.2005 in § 23 Abs. 1 AufenthG findet. Der Kläger war vom 12.4. bis zum 30.9.1980 - damals ohne Arbeitserlaubnis - und vom 31.8. bis zum 22.12.1982 erwerbstätig. Seit dem 22.10.1991 verfügte er bis zum Eintritt in das Rentenalter durchgehend über eine Arbeitserlaubnis für eine berufliche Tätigkeit jeder Art.

Ein Antrag vom 31.8.1992 auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis wurde durch Bescheid der Ausländerbehörde vom 5.1.1993 unter Hinweis auf das gesetzlich vorgegebene Erfordernis, dass der Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert sein müsse, abgelehnt. In den Folgejahren sind drei Versuche, eine Arbeitsstelle anzutreten, aktenkundig geworden. Eine 1996 initiierte Beschäftigung in Berlin scheiterte daran, dass der Kläger die von der Ausländerbehörde Berlin insoweit geforderte Einstellungszusicherung des künftigen Arbeitgebers nicht beibrachte. Ein weiterer Versuch, 1996 zwecks Arbeitsaufnahme nach Hamburg umzuziehen, schlug fehl, weil die dortige Ausländerbehörde davon ausging, dass der Bezug weiterer Sozialhilfe nicht auszuschließen sei und den Umzug daher ablehnte. Aus den gleichen Gründen wurde 2005 ein erneuter Antrag, zwecks Aufnahme einer Beschäftigung nach Berlin umzusiedeln, von der dortigen Ausländerbehörde abgelehnt.

Am 6.3.2003 beantragte der Kläger seine Einbürgerung.

Er nahm am 17.4.2004 an einem Deutschkurs teil, den er nicht bestand, da er bei einer Bestehensgrenze von 61 Punkten lediglich 26 Punkte erreichte.

Unter Hinweis hierauf und die Tatsache, dass der Kläger den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen bestreiten konnte, wobei er letzteres nach den Auskünften der Arbeits- und Sozialverwaltung mangels ausreichender Bemühungen um eine Arbeitsstelle zu vertreten habe, teilte der Beklagte dem Kläger mit Anhörungsschreiben vom 27.6.2006 mit, dass eine positive Bescheidung seines Einbürgerungsantrags nicht in Betracht komme.

Mit Schreiben vom 17.7.2006 bekundete der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass dieser stets in der Lage sei, auch umfangreiche, schwierige Sachverhalte sowie deren rechtliche Bewertung in einem deutsch geführten Gespräch zu verstehen und richtig zu bewerten. Zudem dürften sich seine Sprachkenntnisse seit dem Sprachtest 2004 weiter verbessert haben. Die Inanspruchnahme von Sozialleistungen habe der Kläger nicht zu vertreten. Er habe sich bereits kurz nach seinem Eintreffen in Deutschland eigenständig um Arbeit bemüht, damals aber keine Arbeitserlaubnis erhalten. 2005 sei eine Arbeitsaufnahme in Berlin an der Verweigerung der Zustimmung der Ausländerbehörde Berlin gescheitert. Er habe keinen Beruf gelernt und sei 63 Jahre alt, weswegen es so gut wie ausgeschlossen sei, dass er noch eine Stelle finden werde. Von mutwilliger Nichtarbeit könne keine Rede sein. Im Übrigen sei im Rahmen der Ermessensentscheidung die Dauer seines Aufenthalts und die Tatsache zu berücksichtigen, dass sechs seiner sieben Kinder in Deutschland leben und größtenteils längst eingebürgert seien. Die Beziehungen zu seinem Heimatland seien - mit Ausnahme weniger Besuche - abgerissen. Er beabsichtige, seinen Lebensabend in Deutschland zu verbringen.

In der Folge absolvierte der Kläger auf Vorschlag des Beklagten einen Integrationskurs Deutsch und nahm am 7.11.2008 erneut an einem Deutschtest teil, bei dem er bei einer Bestehensgrenze von 61 Punkten 56 Punkte erreichte.

Bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 nahm der Kläger keine Erwerbstätigkeit mehr auf und lebte mit seiner Familie von Sozialleistungen. Seit Erreichen des Rentenalters bezieht er mangels Anspruchs auf eine Altersrente Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.

Auf erneute Anhörungsschreiben des Beklagten vom 8.12.2008 und vom 26.6.2009 machte der Kläger ergänzend geltend, sich seit vielen Jahren in die hiesigen Lebensverhältnisse eingefügt zu haben. Er habe auch nicht lediglich auf Veranlassung des Sozialamtes beim Arbeitsamt vorgesprochen, sondern sich wiederholt und regelmäßig bei den Arbeitsämtern in H., V. und A-Stadt als arbeitssuchend gemeldet. Das Nichtbestehen der Sprachtests erkläre sich nicht aus mangelnden Sprachkenntnissen, sondern fehlender Vorbildung, die er altersbedingt nicht mehr ausgleichen könne.

Am 14.7.2009 beantragte der Kläger bei der Ausländerbehörde die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Der Antrag wurde durch Bescheid vom 19.11.2009 mangels dauerhafter Sicherung des Lebensunterhalts aus eigenen Mitteln abgelehnt. Der den diesbezüglich eingelegten Widerspruch zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 19.2.2010 ist in Bestandskraft erwachsen.

In einer beklagtenseits erbetenen Stellungnahme des Landesverwaltungsamtes vom 29.10.2009 heißt es, die 1980 seitens des Klägers begehrte Arbeitserlaubnis für eine Hilfsarbeitertätigkeit sei damals aus arbeitsmarktpolitischen Gründen abgelehnt worden. Am 31.8.1982 sei dem Kläger eine bis 22.12.1982 befristete Arbeitserlaubnis für eine Aushilfstätigkeit mit geringfügiger Beschäftigung erteilt worden. Einem Aktenvermerk vom 18.11.1996 zufolge wäre nach Auskunft der Ausländerbehörde Berlin eine Arbeitsaufnahme in Berlin möglich gewesen, wenn der Kläger eine Einstellungszusicherung vorgelegt und ein entsprechendes Einkommen nachgewiesen hätte. Dies sei nicht geschehen. Hinsichtlich des stattdessen am 12.12.1996 vorgelegten Arbeitsvertrags betreffend eine Beschäftigung in Hamburg sei ein Umzug von der dortigen Ausländerbehörde wegen der nicht auszuschließenden Möglichkeit weiterer Sozialhilfebedürftigkeit abgelehnt worden. Aus dem gleichen Grund habe die Ausländerbehörde Berlin einem Umzug zwecks Arbeitsaufnahme im Jahr 2005 nicht zugestimmt.

Mit Schreiben vom 26.11.2009 unterrichtete der Beklagte den Kläger über den Inhalt der Auskunft des Landesverwaltungsamtes. Der Kläger hielt dem entgegen, der Umstand, dass sich lediglich zwei Arbeitsverträge in den Akten befänden, könne nicht belegen, dass ansonsten keine Erwerbsbemühungen seinerseits stattgefunden hätten.

Durch Bescheid vom 3.3.2010, der am gleichen Tag zur Post gegeben wurde, lehnte der Beklagte den Einbürgerungsantrag des Klägers ab. Ein Anspruch auf Einbürgerung scheitere am Fehlen ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache. Da der Kläger mit 36 Jahren eingereist sei, habe er in jungen Jahren Zeit genug gehabt, die erforderlichen Sprachkenntnisse zu erwerben, so dass er sich nicht auf altersbedingte Defizite berufen könne. Daneben fehle es an den wirtschaftlichen Voraussetzungen, da der Kläger den Bezug öffentlicher Mittel mangels hinreichender Eigenbemühungen zu vertreten habe. Hindernisse infolge der ausländerrechtlichen Situation hätten jedenfalls seit dem 22.10.1991 nicht bestanden, weil der Kläger seitdem durchgehend - zunächst befristet und seit dem 22.7.2001 unbefristet - über eine Arbeitserlaubnis für eine berufliche Tätigkeit jeder Art verfügt habe. Die Versuche, zwecks Arbeitsaufnahme nach Berlin beziehungsweise Hamburg umzusiedeln, seien - bedingt durch den fehlenden Nachweis eines ausreichenden Verdienstes - gescheitert. Eine Einbürgerung im Ermessensweg sei ausgeschlossen, weil der nach den Nrn. 8.1.2.1.1 und 8.1.2.1.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise erforderliche Nachweis der Sprachkenntnisse nicht erbracht sei und es zudem an der Unterhaltsfähigkeit fehle. Auch liege seine Einbürgerung weder im öffentlichen Interesse, noch stelle ihre Versagung eine besondere Härte für den Kläger dar.

Mit seiner durch seine nunmehrige Prozessbevollmächtigte am 12.3.2010 erhobenen Klage hat der Kläger sein Einbürgerungsbegehren unter Hinweis auf Nr. 8.1.3.7 der Vorläufigen Anwendungshinweise weiterverfolgt. Hiernach sei den Anforderungen an die Sprachkenntnisse ausnahmsweise Genüge getan, wenn Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet und seit 12 Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben in deutscher Sprache mündlich verständigen können. Dies habe der Beklagte bei der nach § 8 StAG zu treffenden Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Voraussetzungen gelte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Vertretenmüssen im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG einen gewissen Gegenwartsbezug voraussetze. Hiernach dürften aktuell nicht rückgängig zu machende Fernwirkungen vergangenen zurechenbaren Verhaltens einem Einbürgerungsbewerber nicht ohne jede zeitliche Grenze entgegengehalten werden.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 3.3.2010 zu verpflichten, ihn einzubürgern,

hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 3.3.2010 zu verpflichten, über den Antrag auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat seine Ansicht bekräftigt, wonach einer Anspruchseinbürgerung die unzureichenden Sprachkenntnisse entgegenstünden und eine Ermessenseinbürgerung wegen des Leistungsbezugs des Klägers ausgeschlossen sei. Im Rahmen des § 8 StAG sei die Frage des Vertretenmüssens ohne Relevanz. Eine besondere Härte oder ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG liege offensichtlich nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27.09.2011.ergangenes Urteil, der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 17.10.2011, abgewiesen. Eine Einbürgerung nach § 10 StAG scheide aus, da der Kläger keinen für die Einbürgerung geeigneten Aufenthaltstitel inne habe. Der Kläger verfüge nicht über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht, sondern nur über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG, die nach den ausdrücklichen und durch Sinn und Zweck der Vorschrift gedeckten Vorgaben des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG zur Begründung eines Einbürgerungsanspruchs nicht ausreiche. Der auf Einbürgerung unter Ermessensgesichtspunkten nach Maßgabe des § 8 StAG gerichtete Hilfsantrag müsse ebenfalls ohne Erfolg bleiben. Insoweit sei entscheidend, dass der Kläger die in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG formulierten Anforderungen an die Unterhaltsfähigkeit nicht erfülle und die Voraussetzungen, unter denen nach § 8 Abs. 2 StAG eine Ausnahme von diesem Erfordernis möglich sei, nach den konkreten Umständen nicht vorlägen. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG stehe der Leistungsbezug einer positiven Ermessensentscheidung auch dann entgegen, wenn dieser im Einzelfall nicht zu vertreten sei. Auf die klägerseits in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gegenwartsbezug des Vertretenmüssens komme es daher nicht an. Ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG sei nicht ersichtlich, da der Kläger keine besonderen Integrationsleistungen erbracht habe. Dass er geltend mache, sich in das soziale Leben der Bundesrepublik Deutschland eingegliedert zu haben und sich im Alltagsleben ohne Probleme in deutscher Sprache verständigen zu können, entspreche nur dem Mindeststandard und belege keine besondere Integrationsleistung. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür aktenkundig, dass der Kläger einen maßgeblichen Beitrag zur Ermöglichung der Einbürgerung seiner Kinder geleistet habe. Ebenso wenig sei die Annahme einer besonderen Härte gerechtfertigt. Zwar gehöre der Kläger als „ältere Person mit langem Inlandsaufenthalt“ zu dem in Nr. 8.2 letzter Satz der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren besonders erwähnten Personenkreis, bei dem Gesichtspunkte der Vermeidung einer besonderen Härte grundsätzlich in Betracht kämen. Allerdings sei nicht erkennbar, inwieweit sich seine persönliche Situation durch eine Einbürgerung verbessern würde. Eben sowenig sei dargelegt, dass ihm ein weiteres Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Ihm werde auch ohne die begehrte Einbürgerung nicht verwehrt, seinen Lebensabend in Deutschland zu verbringen.

Auf den am 26.10.2011 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen den den Hilfsantrag abweisenden Teil des erstinstanzlichen Urteils hat der Senat die Berufung beschränkt auf die Abweisung des Hilfsantrags durch Beschluss vom 2.2.2012, der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 8.2.2012, unter gleichzeitiger Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das zweitinstanzliche Verfahren zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung bekräftigt der Kläger in seinem am 29.2.2012 eingegangenen Schriftsatz seine Argumentation, wonach die fehlende Sicherung des Lebensunterhalts eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG nicht zwingend ausschließe. Es bedürfe im Rahmen der Ermessenserwägungen einer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gegenwartsbezug des Vertretenmüssens. Auch habe das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass das Ermessen bei Prüfung der Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung nicht derart ausgeübt werden solle, dass der Maßstab ein strengerer sei als bei der Anspruchseinbürgerung. Hiernach sei im Rahmen des § 8 StAG nach Maßgabe der konkreten Umstände eine Absenkung der Sprachanforderungen bis hin zum vollständigen Verzicht auf Kenntnisse der Schriftsprache gestattet. Zudem sei Nr. 8.1.1.4 der Vorläufigen Anwendungshinweise in den Blick zu nehmen, wo auf die Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 2 StAG verwiesen werde. Hiernach sei der Einbürgerungsbehörde ein Ermessen eröffnet, das öffentliche Interesse zu werten und in Beziehung zu dem Versagungsinteresse wegen fehlender Unterhaltsfähigkeit zu setzen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 27.9.2011 zu verpflichten, seinen Bescheid vom 3.3.2010 aufzuheben und über den Antrag auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, von dem einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG entgegenstehenden Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit könne nicht gem. § 8 Abs. 2 StAG abgesehen werden, denn es fehle - wie das Verwaltungsgericht ausgeführt habe - an einer besonderen Härte und ebenso am Bestehen eines öffentlichen Interesses im Sinne der genannten Vorschrift. In letzterem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Ausnahmevorschrift insbesondere die Einbürgerung staatsangehörigkeitsrechtlich besonders Schutzbedürftiger im Blick gehabt habe. Soweit daneben auch andere Gruppen - wie lebensältere Personen mit langem Inlandsaufenthalt - privilegiert sein könnten, sei zu beachten, dass die diesbezüglichen Vorgaben der Anwendungshinweise „60 Jahre“ und „12-jähriger Aufenthalt“ nur Ausdruck einer Regelvermutung der faktlichen Integration dieser Personen seien, die aber im Einzelfall durch die Persönlichkeit und Vita des Betroffenen widerlegt sein könne. Fallbezogen widerlege die gesamte Vita des Klägers auch bei Außerachtlassung des Leistungsbezugs dessen faktische Integration, so dass ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG tatbestandlich nicht bestehe. Dies spiegele sich auch in dem ungewöhnlichen Umstand wider, dass der Kläger trotz seines 30-jährigen Aufenthalts in Deutschland noch immer keinen verfestigten (Dauer-)Aufenthaltstitel habe. Fordere man - wie das Verwaltungsgericht - für die Feststellung eines öffentlichen Interesses zudem besondere Integrationsleistungen des Einbürgerungsbewerbers, so scheide die Annahme eines öffentlichen Interesses im Falle des Klägers erst recht aus. Selbst wenn man die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 StAG noch bejahen und damit den Weg zu einer Ausübung des Ermessens unter umfassender Würdigung der für und gegen den Kläger bzw. dessen Integration sprechenden Umstände eröffnen würde, könne dies im Ergebnis nicht zu einer dem Kläger günstigen Entscheidung führen. Zugunsten des Klägers sei zu berücksichtigen, dass er bereits seit über 30 Jahren in Deutschland lebe und zwischenzeitlich „lebensälter“ sei, was Änderungen seines Integrationsstandes und seiner wirtschaftlichen Verhältnisse erschwere bzw. ausschließe. Außerdem könne er sich zumindest auf einfache Art verständigen. Gegebenenfalls könne für die Integration eines Einbürgerungsbewerbers auch eine positive und durchgängige Integration seiner gesamten Familie sprechen, die jedoch hinsichtlich der Familie des Klägers nach Aktenlage gerade nicht festzustellen sei. Gegen seine Integration sprächen seine (allenfalls) „alltagstauglichen Deutschkenntnisse“. Er erfülle noch nicht einmal das nach altem Recht zu fordernde Sprachniveau A 2, wobei nicht erkennbar sei, warum er, der bereits mit Mitte dreißig nach Deutschland gekommen sei, nicht erfolgreich Deutsch gelernt habe. Seit 1996 habe er freien Zugang zum Arbeitsmarkt gehabt. Dass er dennoch keine Erwerbsmöglichkeit gefunden habe, erkläre sich nicht allein aus seiner mangelnden beruflichen Vorbildung. Er habe wegen seiner unterbliebenen bzw. nur geringfügigen Erwerbstätigkeit hinreichende zeitliche Möglichkeiten gehabt, seine Deutschkenntnisse und damit auch seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Da Sprachkenntnisse ein wesentlicher Faktor für eine wirtschaftliche Integration seien, seien ihm seine fehlenden Spracherwerbsbemühungen vorzuhalten. In Folge der früheren Versäumnisse sei er nun zeitlebens auf öffentliche Leistungen angewiesen. Anders als im Rahmen eines Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG, der gerade einer gelungenen Integration entspringe, sei der Zeitfaktor im Rahmen der Ermessensausübung durchaus berücksichtigungsfähig. Insoweit könne nicht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG zurückgegriffen werden. Eine Beschränkung des Betrachtungszeitraums auf acht Jahre würde in diesem Zusammenhang stets dazu führen, dass bei „älteren Personen“ auf die Mindestvoraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG irgendwann generell zu verzichten wäre, was über die Zielsetzung des § 8 Abs. 2 StAG, eine umfassende Ermessensausübung zu eröffnen, hinausgehen würde. Fallbezogen seien die wirtschaftliche Situation und Erwerbsbiographie auch der Grund, weswegen der Kläger überhaupt „nur“ einen „schwachen“ Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 AufenthG besitze, weswegen eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG ausgeschlossen sei. Eine Gewichtung der zeitlichen Komponente des Vertretenmüssens des Leistungsbezugs im Rahmen des § 8 StAG sei indes nach allem Gesagten nicht geboten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (2 Hefte, 1 Ordner), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, muss aber in der Sache ohne Erfolg bleiben.

Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage hinsichtlich des Hilfsantrags, den allein der Kläger im Berufungsverfahren weiterverfolgt, zu Recht abgewiesen. Ihm ist zudem darin zuzustimmen, dass dem Kläger mit Blick auf das Fehlen eines insoweit geeigneten Aufenthaltstitels kein aus § 10 StAG herleitbarer Anspruch auf Einbürgerung zusteht. Dies hat der Kläger ausweislich der Beschränkung seines Berufungsbegehrens akzeptiert. Sein im Berufungsverfahren weiter verfolgter Antrag, den Beklagten zu verpflichten, über seinen Einbürgerungsantrag in Anwendung des § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 StAG erneut nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ist unbegründet.

1. Ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch auf Neubescheidung setzt zunächst voraus, dass die durch die Vorschrift vorgegebenen gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Ist dies zu bejahen, so steht die Einbürgerung im grundsätzlich weiten Ermessen des Beklagten als zuständiger Einbürgerungsbehörde.(Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht - GK-StAR -, Stand 25. Erg.lfg. August 2011, § 8 Rdnr. 170 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 27.5.2010 - 5 C 8/09 -, NVwZ 2010, 1502 ff.)

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 8 Abs. 1 StAG ist geklärt, dass der Einbürgerungsbehörde ein Einbürgerungsermessen nach dieser Vorschrift nur eingeräumt ist, wenn neben den sonstigen in der Vorschrift aufgeführten und vorliegend außer Streit stehenden Voraussetzungen das auf den Nachweis der wirtschaftlichen Integration zielende Tatbestandsmerkmal der Nr. 4 erfüllt ist.(BVerwG, Urteil vom 27.2.1958 - I C 99.56 -, BVerwGE 6, 207 ff.) Hiernach muss der Ausländer im Stande sein, sich und seine Angehörigen aus eigener Kraft zu ernähren. Ist dies nicht der Fall, weil der Ausländer auf den Bezug von (ergänzenden) Sozialleistungen angewiesen ist, spielt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der obergerichtlichen Rechtsprechung(OVG Berlin, Beschluss vom 9.10.1995 - 5 M 25.95 -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.3.1996 - 13 S 1908/95 -, jeweils juris) zu § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG keine Rolle, ob der Ausländer seine Bedürftigkeit zu vertreten hat. Auf Kritik von Seiten der Kommentarliteratur(GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnr. 124), wonach dieses keine Ausnahmen zulassende Verständnis des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG den seit Inkrafttreten der Vorschrift im Jahr 1914 zu verzeichnenden sozialpolitischen Veränderungen nicht angemessen Rechnung trage, hat das Bundesverwaltungsgericht seine am Wortlaut orientierte Auslegung der Vorschrift in der Vergangenheit mehrfach bekräftigt. Es hat dies damit begründet, dass der Gesetzgeber das Staatsangehörigkeitsrecht - u.a. auch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG - wiederholt geändert, dabei die Einbürgerung für bestimmte Personenkreise mit Wirkung zum 1.1.1991 erleichtert und geregelt habe, unter welchen Voraussetzungen die Inanspruchnahme von Sozialleistungen der Einbürgerung nicht entgegenstehe. Dies berücksichtigend verbiete es sich, die unverändert gebliebene Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, die in diese neuere Gesetzgebung nicht einbezogen worden sei, teleologisch zu reduzieren.(BVerwG, Beschlüsse vom 5.5.1997 - 1 B 94/97 -, NVwZ-RR 1997, 738 f., und vom 10.7.1997 - 1 B 141/97 -, NVwZ 1998, 183 f.; Urteil vom 22.6.1999 - 1 C 16/98 -, InfAuslR 1999, 501 ff.) Zu der Frage, wann ein Einbürgerungsbewerber sich und seine Angehörigen auf Dauer aus eigenen Mitteln ernähren kann, hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.7.1998 - 13 S 2212/96 -, InfAuslR 1998, 509 ff.) überzeugend ausgeführt, dass er zumindest über eigene Einnahmen in Höhe der Regelsätze der Sozialhilfe verfügen muss.

Fallbezogen scheitert ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags am Nichtvorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung der Nr. 4 der Vorschrift, da der Kläger für sich und seine Ehefrau fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Gestalt der bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII bezieht. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass dieser Leistungsbezug einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG auch dann entgegensteht, wenn der Kläger den Umstand, der ihn zur Inanspruchnahme dieser Leistungen berechtigt, nicht zu vertreten hat.

Da es im Rahmen der Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG nicht darauf ankommt, ob der Einbürgerungsbewerber seine Bedürftigkeit zu vertreten hat, ist aus Rechtsgründen kein Raum für die von dem Kläger reklamierte entsprechende Heranziehung der vom Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 19.2.2009 - 5 C 22/08 -, NVwZ 2009, 843 ff.) entwickelten Grundsätze zur Frage, unter welchen Voraussetzungen sich frühere Versäumnisse nicht mehr als wesentliche, prägende Ursache für den Leistungsbezug darstellen und daher vom Einbürgerungsbewerber nicht mehr im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG zu vertreten sind. Dies ist sachgerecht, denn die gesetzlichen Erleichterungen, die diese Vorschrift gewährt, rechtfertigen sich - wie das Bundesverwaltungsgericht in dem klägerseits zitierten Urteil vom 19.2.2009 ausdrücklich hervorgehoben hat - daraus, dass bei zurechenbar unzureichender wirtschaftlicher Integration schon die erforderliche Voraufenthaltszeit eines achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalts oder der für den Einbürgerungsanspruch erforderliche Aufenthaltsstatus gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht erreicht werden kann, weil die aufenthaltsrechtlichen Vorschriften (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) regelmäßig einen gesicherten Lebensunterhalt verlangen. Dies gilt insbesondere auch für die Ersetzung einer - wie im Fall des Klägers - nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen erteilten oder verlängerten befristeten Aufenthaltserlaubnis durch eine Niederlassungserlaubnis, da deren Erteilung nach den §§ 26 Abs. 4 i.V.m. 9 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ebenfalls voraussetzt, dass der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist.

Der Kläger begründet seine Ansicht, im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG dürfe hinsichtlich der Unterhaltsfähigkeit kein strengerer Maßstab als im Rahmen des § 10 StAG angelegt werden, mit den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010.(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O.) Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Ausführungen, wonach die Anspruchsvoraussetzungen bzw. Ausschlussgründe der §§ 10 und 11 StAG der Sache nach bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG berücksichtigt werden dürfen, ausdrücklich unter dem Vorbehalt stehen, dass sie in § 8 Abs. 1 StAG nicht schon auf der Tatbestandsebene modifiziert sind. Gerade dies ist der Fall, denn die tatbestandlichen Anforderungen an die Unterhaltsfähigkeit sind in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG anders - insbesondere unter Anlegung strengerer Kriterien - geregelt als in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG.

Im Übrigen verkennt der Kläger bei seiner Argumentation, ihm dürften die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zugerechnet werden, dass die diesbezüglich vom Bundesverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht entwickelten Kriterien in seinem Fall nicht erfüllt sind. Denn der hiernach maßgebliche Zeitraum von acht Jahren ist noch nicht verstrichen. Dem Kläger ist entgegenzuhalten, dass er und seine Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft seit Erreichen des Rentenalters im Juli 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter beziehen, weil er sich seit Erhalt seiner Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 nur unzureichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat und daher keinen Anspruch auf eine Altersrente erwerben konnte. Ausweislich der Ausländerakte ist der Kläger seitens der Ausländerbehörde frühzeitig schriftlich darauf hingewiesen worden, dass eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden kann, wenn der Lebensunterhalt der Familie aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert ist (Schreiben der Ausländerbehörde vom 4.11.1992, Bl. 173 f. der Ausländerakte, und Bescheid vom 5.1.1993 betreffend die Ablehnung der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, Bl. 178 f. der Ausländerakte). Aktenkundig sind indes lediglich drei - von vornherein wenig erfolgversprechende - Versuche, eine Arbeitsstelle zu finden, nämlich seine Bewerbungen 1996 in Berlin bzw. Hamburg und 2005 erneut in Berlin. Die jeweiligen Ausländerbehörden lehnten eine Aufnahme des Klägers in ihren Zuständigkeitsbereich jeweils ab, und zwar wegen Nichtbeibringung der geforderten Einstellungszusicherung (Bl. 219 der Ausländerakte) bzw. weil nach der Höhe des voraussichtlichen Verdienstes nicht auszuschließen war, dass er weiterhin auf den Bezug von Sozialleistungen angewiesen sein würde (Bl. 230 und 279 der Ausländerakte). Sonstige - insbesondere ortsnahe und insofern erfolgversprechendere - Bemühungen des Klägers um eine Beschäftigung trägt dieser selbst nicht vor. Er gibt lediglich an, sich wiederholt und regelmäßig bei den Arbeitsämtern in H., V. und A-Stadt als arbeitssuchend gemeldet zu haben (Bl. 176 der Einbürgerungsakte). Erfolglos gebliebene Bewerbungen behauptet er nicht. Zudem tritt er der Feststellung in dem angefochtenen, die Einbürgerung ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 3.3.2010, es könne nicht von einem unverschuldeten Bezug öffentlicher Mittel ausgegangen werden, im Klage- und Berufungsverfahren nur insoweit entgegen, als er geltend macht, mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien ihm die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zurechenbar. Dies trifft indes gerade nicht zu. Denn der Sachverhalt stellt sich so dar, dass dem Kläger seit Erhalt einer Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 unzureichende Bemühungen um eine Arbeitsstelle entgegenzuhalten sind. Seit Beendigung dieser langen Zeit mangelnder Anstrengungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes sind im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erst ca. vier Jahre verstrichen, so dass der Kläger aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schon aus tatsächlichen Gründen nicht zu seinen Gunsten herleiten kann, dass er für seine jahrelang unzureichenden Bemühungen nicht mehr einzustehen habe.

2. Aus § 8 Abs. 2 StAG leitet sich ein Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags ebenfalls nicht her.

Nach dieser Vorschrift kann von dem Unbescholtenheitserfordernis des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG und dem Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden. Der Gesetzgeber hat diese Ausnahmevorschrift, die bezüglich der Nr. 4 am 1.1.2005 und bezüglich der Nr. 2 am 28.9.2007 in Kraft getreten ist, neu in das Staatsangehörigkeitsgesetz eingefügt, weil er im Hinblick auf die Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG mit ihren speziellen Voraussetzungen auch bei der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG eine Ausnahmeregelung als erforderlich ansah. Bei den Tatbestandsvoraussetzungen „Gründe des öffentlichen Interesses“ und „Vermeidung einer besonderen Härte“ handelt es sich jeweils um unbestimmte Rechtsbegriffe, die inhaltlicher Konkretisierung bedürfen und deren Auslegung und Anwendung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Fallbezogen spricht nichts für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands.

Die Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 2 StAG ist für die Auslegung der Vorschrift nicht ergiebig. Sie führt lediglich einen - hier nicht einschlägigen - Beispielsfall einer besonderen Härte an. Hinweise zum Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Gründe des öffentlichen Interesses“ fehlen vollständig.(BT-Drs. 14/7387, S. 107, und 15/420, S. 116)

In der Rechtsprechung ist bisher nur in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Vermeidung einer besonderen Härte geklärt, welche konkreten Anforderungen die gesetzliche Neuregelung an das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls stellt.

Das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 20.3.2012 - 5 C 5.11 -) hat vor kurzem entschieden, dass eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG durch atypische Umstände des Einzelfalls bedingt und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen sein muss und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden könnte. Es hat damit die bisher zu den Anforderungen an das Vorliegen einer besonderen Härte ergangene obergerichtliche Rechtsprechung(HessVGH, Beschluss vom 21.10.2008 - 5 A 1820.08.Z -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009 - 13 S 2428.08 -, jeweils juris), u.a. des Senats(OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.6.2010 - 1 A 88/10 -, juris), bestätigt. Dies zugrundelegend kommt fallbezogen ein Einbürgerungsermessen des Beklagten zur Vermeidung einer besonderen Härte nicht in Betracht. Die Argumentation des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, eine besondere Härte liege darin, dass er wegen seines Alters außer Stande sei, an seinem Angewiesensein auf den Bezug von Sozialleistungen noch etwas zu ändern, geht fehl. Denn diese Situation wird weder durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen noch könnte sie durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der Würdigung der Versagung der Einbürgerung als besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG selbst in Fällen, in denen der Betroffene den Bezug von Sozialhilfeleistungen nicht zu vertreten hat, bereits mehrfach - u.a. in seinem vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 20.3.2012 in Bezug genommenen Beschluss vom 11.6.2009 - eine Absage erteilt.(OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 11.6.2009 - OVG 5 M 30.08 -, und vom 8.2.2010 - OVG 5 M 48.09 -, jeweils juris) Auch dies überzeugt.

Zur Frage, wann die Voraussetzungen des alternativen Tatbestandsmerkmals „aus Gründen des öffentlichen Interesses“ erfüllt sind, hat sich das Bundesverwaltungsgericht noch nicht dezidiert geäußert. In seinem Urteil vom 20.3.2012 hat es allerdings beanstandet, dass das Berufungsgericht das Vorbringen des dortigen Einbürgerungsbewerbers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, in tatsächlicher Hinsicht nicht hinterfragt und nicht geprüft habe, wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien.

Die obergerichtliche Rechtsprechung hat sich zu den Anforderungen, die an das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu stellen sind, ebenfalls noch nicht festgelegt. In den Entscheidungen, in denen § 8 Abs. 2 StAG Erwähnung findet, heißt es - sofern das Vorliegen eines öffentlichen Interesses angeprüft wird - jeweils ohne nähere Darlegung, ein solches sei nicht erkennbar.(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009, a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 21.10.2011 - 1 S 135/11 -, NVwZ-RR 2012, 160 f.) An erstinstanzlichen Entscheidungen finden sich ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach(VG Ansbach, Urteil vom 10.9.2008 - AN 15 K 08.00780 -, juris) und mehrere Urteile des Verwaltungsgerichts des Saarlandes(VG des Saarlandes, Urteile vom 9.2.2010 - 2 K 530/09 -, vom 14.12.2010 - 2 K 445/09 -, vom 22.11.2011 - 2 K 560/10 - und vom 31.1.2012 - 2 K 667/10 -, jeweils juris), u.a. auch das im Verfahren des Klägers ergangene Urteil vom 27.9.2011.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat zu der dortigen Fallgestaltung ausgeführt, Anhaltspunkte für Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn von § 8 Abs. 2 StAG lägen nicht vor, auch wenn die Beachtung einer Staatenlosigkeit wegen der Verpflichtung, die Einbürgerung so weit wie möglich zu erleichtern, hierzu gezählt werde. Auch spiele die von dem Kläger angeführte, im öffentlichen Interesse liegende einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer ausreichenden Integration in die deutschen Verhältnisse keine ausschlaggebende Rolle. Eine klare Aussage dazu, wann Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn des Abs. 2 vorliegen, enthalten diese Ausführungen nicht.

Nach dem in den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts des Saarlandes zum Ausdruck kommenden Verständnis der in § 8 Abs. 2 StAG getroffenen Ausnahmeregelung soll das Vorliegen von Gründen des öffentlichen Interesses voraussetzen, dass der Einbürgerungsbewerber besondere Integrationsleistungen erbracht hat.

In der Kommentarliteratur wird gefordert, den Begriff des öffentlichen Interesses weit auszulegen. Anknüpfungspunkt der Argumentation sind die Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht - StAR-VwV - zur Handhabung des durch § 8 Abs. 1 StAG eröffneten Ermessens und die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG, die noch einer (für die Einbürgerungsbehörden) verbindlichen Umsetzung durch Änderung der StAR-VwV bedürfen. Das öffentliche Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei im Zusammenhang zu sehen mit den vom Bundesministerium des Inneren vorgegebenen Einbürgerungserleichterungen, die im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen seien und das öffentliche Interesse an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck brächten. Seien die Voraussetzungen einer solchen Einbürgerungserleichterung erfüllt, sei regelmäßig auch ein Abweichen vom Unterhaltserfordernis angezeigt.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 157; Hailbronner/Renner/Maaßen, a.a.O., § 8 Rdnr. 48) Zu eng, jedenfalls nicht abschließend, seien die Vorgaben der Nr. 8.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise. Denn der Gesetzgeber habe - anders als dort gefordert - nicht ein „besonderes“ oder gar „herausragendes“ öffentliches Interesse zur Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung gemacht, sondern ein „schlichtes“ öffentliches Interesse. Ein solches manifestiere sich grundsätzlich in allen in der Verwaltungspraxis anerkannten und in der StAR-VwV bezeichneten Einbürgerungserleichterungen.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 159 f.)

Diese Auslegung erscheint zu weitgehend. Sie beruht offenbar auf der Annahme, der Begriff des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei identisch mit dem in den Nummern 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV umschriebenen öffentlichen Interesse, das in den Fällen des § 8 Abs. 1 StAG im Rahmen des Einbürgerungsermessens eine dem Einbürgerungsbewerber positive Entscheidung ermöglichen kann. Wenngleich die Verwendung des Begriffs „öffentliches Interesse“ in Abs. 2 der Vorschrift dieses Verständnis auf den ersten Blick durchaus rechtfertigen könnte, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass die Annahme, der Gesetzgeber habe das Tatbestandsmerkmal „öffentliches Interesse“ im Sinn der zur Förderung einer einheitlichen Handhabung des Einbürgerungsermessens erlassenen Vorgaben der StAG-VwV zu § 8 Abs. 1 StAG verstanden wissen wollen, nicht tragfähig ist.

In Bezug auf § 8 Abs. 1 StAG verlangt das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteile 27.2.1957 - I C 165.55 -, BVerwGE 4, 298 ff., vom 30.9.1958 - I C 20.58 -, BVerwGE 7, 237 ff., vom 21.10.1986 - 1 C 44.84 -, BVerwGE 75, 86 ff., und vom 27.5.2010, a.a.O., m.w.N.) bisher in ständiger Rechtsprechung von den Einbürgerungsbehörden, bei der Ermessensausübung darauf abzustellen, ob ein staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht. Die Behörde habe zu prüfen, ob die Einbürgerung sowohl nach den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers als auch nach allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten im staatlichen Interesse erwünscht ist, ohne dass eine Abwägung mit den persönlichen Interessen des Einbürgerungsbewerbers stattfinde. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner zuletzt zur Problematik ergangenen bereits in Bezug genommenen Entscheidung vom 27.5.2010 offen gelassen, ob es ungeachtet der diesbezüglichen Kritik(Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 8 Rdnr. 50; GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnrn. 178 ff.) daran festhalten wird, dass bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG ohne Abwägung des privaten Interesses des Einbürgerungsbewerbers allein das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung zu berücksichtigen ist. Allerdings spricht im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 StAG - wie noch auszuführen sein wird - alles dafür, Einbürgerungserleichterungen, die den persönlichen Verhältnissen des Einbürgerungsbewerbers Rechnung tragen sollen, nicht als ausreichend zur Begründung eines öffentlichen Interesses zu erachten, sondern ein spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung als unverzichtbar zu fordern.

Die Vorgaben der StAR-VwV, insbesondere die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, die nach Ansicht der Kommentarliteratur ein öffentliches Interesse auch im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck bringen können, sind am 1.2.2001, also lange bevor der Gesetzgeber die Einfügung des heutigen § 8 Abs. 2 StAG beschlossen hat, in Kraft getreten. Nach Nr. 8.0 StAR-VwV kann bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG eine Einbürgerung nach Ermessen der Behörde erfolgen, wenn im Einzelfall ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung festgestellt werden kann. In diesem Zusammenhang heißt es unter Nr. 8.1.2, dass die Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 allgemeine Grundsätze für die Ermessensausübung enthalten und festlegen, unter welchen Voraussetzungen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung anzunehmen ist. Demgemäß sind die unter Nr. 8.1.2 StAR-VwV fixierten allgemeinen Grundsätze für die Ermessensausübung und die unter Nr. 8.1.3 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen für bestimmte Personengruppen vom Bundesministerium des Inneren mit dem Ziel konzipiert worden, den Einbürgerungsbehörden durch Konkretisierung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Rahmen für eine einheitliche Bewältigung der speziell bei der Anwendung des § 8 Abs. 1 StAG zu erwartenden Problemstellungen vorzugeben.

Dass jede zu § 8 Abs. 1 StAG anerkannte Einbürgerungserleichterung gleichzeitig ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zum Ausdruck bringt, ist indes nicht anzunehmen.

Das öffentliche Interesse jeweils inhaltsgleich zu verstehen, hieße zunächst, dass einerseits eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 1 der Vorschrift nur in Betracht kommt, wenn u.a. die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und 4 und gleichzeitig die im Rahmen der Ermessensbetätigung nach der StAR-VwV zu prüfenden Kriterien, von deren Vorliegen das Bestehen eines öffentlichen Interesses abhängt, allesamt erfüllt sind, dass andererseits aber eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 2 der Vorschrift bei Vorliegen der gleichen das öffentliche Interesse bestimmenden Kriterien ohne Weiteres auch möglich wäre, wenn der Einbürgerungsbewerber den tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und/oder 4 nicht genügt. Dies kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Denn die unter Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 erfassten Kriterien für das Vorliegen des im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG von der Rechtsprechung geforderten öffentlichen Interesses tragen durchaus unterschiedlichen Anliegen Rechnung, die teils primär private Belange des Einbürgerungsbewerbers und teils ausschließlich staatliche Belange im Blick haben. Die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen sind von daher nicht in gleicher Weise geeignet, im Rahmen der Ausnahmevorschrift des Abs. 2 Berücksichtigung zu finden. Die Tatbestandsmerkmale der Unbescholtenheit und der Unterhaltsfähigkeit im Sinn der Nrn. 2 und 4 des § 8 Abs. 1 StAG wären bei dem von der Kommentarliteratur vertretenen Verständnis des in Abs. 2 der Vorschrift verwendeten Begriffs des öffentlichen Interesses ihrer Bedeutung als das Einbürgerungsermessen erst eröffnende Tatbestandsvoraussetzungen vollständig enthoben, ohne dass dies nach dem sachlichen Zusammenhang gerechtfertigt wäre.

Speziell mit Blick auf § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG spricht gegen eine begriffliche Identität, dass § 8 Abs. 2 StAG den Einbürgerungsbehörden die Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung unabhängig davon einräumt, ob der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit selbst zu vertreten hat. In einer Vielzahl von Fällen, in denen einer positiven Entscheidung nach Abs. 1 das Nichtvorliegen der tatbestandlichen Anforderungen der Nr. 4 entgegensteht, stünde es auch im Falle rein privatnütziger, besondere persönliche Umstände berücksichtigender Einbürgerungserleichterungen im Ermessen der Einbürgerungsbehörde, ob sie grundsätzlich oder je nach den Umständen des Einzelfalls fordert, dass der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit nicht zu vertreten hat.

Die aufgezeigte Problematik wird anhand des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts deutlich. Ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG ist dem Beklagten mit Blick auf Nr. 4 der Vorschrift nicht eröffnet. Dessen ungeachtet genügt der Kläger allen unter Nr. 8.1.2 i.V.m. Nr. 8.1.3.7 und unter Nrn. 8.1.2.2 bis 8.1.2.6 festgelegten Kriterien, die im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG den Begriff des öffentlichen Interesses konkretisieren sollen. Denn auch dem Erfordernis ausreichender Sprachkenntnisse wäre mit Blick auf die - seinen persönlichen Belangen Rechnung tragende - Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 Genüge getan, da insoweit bei Personen, die - wie er - das 60. Lebensjahr vollendet und seit 12 Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, ausreicht, wenn sie sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben mündlich in deutscher Sprache verständigen können. Zu Zweifeln, ob der Kläger sich in dieser Weise verständigen kann, besteht angesichts seiner Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Veranlassung. Der Klarstellung halber sei angemerkt, dass der Senat der Ansicht des Beklagten, bei Anwendung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV sei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob nicht die Vita des Einbürgerungsbewerbers der Anwendung dieser Verwaltungsvorschrift entgegensteht, nicht zu folgen vermag. Sinn und Zweck dieser aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Verwaltungsvorschrift ist es, den besonderen persönlichen Verhältnissen und dem typischerweise nur noch eingeschränkten Leistungsvermögen älterer Personen im Falle eines langjährigen Inlandsaufenthalts im Rahmen der Ermessensausübung angemessen Rechnung zu tragen, und zwar unabhängig davon, ob ihnen der Erwerb weitergehender Sprachkenntnisse in jüngeren Jahren nach ihren persönlichen Fähigkeiten und ihren Lebensverhältnissen zumutbar gewesen wäre.

Die Annahme, dass der Tatbestand des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG mit dem durch die Vorgaben der StAR-VwV zu Abs. 1 der Vorschrift konkretisierten öffentlichen Interesse identisch ist, hätte somit fallbezogen zur Folge, dass der Beklagte den Kläger auf der Grundlage des Abs. 2 wegen Eingreifens der Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV einbürgern könnte, ohne dass er kraft Gesetzes oder auch nur kraft Verwaltungsvorschrift gehalten wäre zu prüfen, ob dieser seine fehlende Unterhaltsfähigkeit zu vertreten hat. Es erscheint fernliegend, dass dies der Intention des Gesetzgebers entspricht.

Die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG sprechen - ungeachtet des Umstands, dass sie die Gerichte nicht zu binden vermögen und selbst im Verhältnis zu den Behörden noch einer verbindlichen Umsetzung bedürfen - ebenfalls gegen die von der Kommentarliteratur befürwortete weite Auslegung der Vorschrift. Denn deren Nr. 8.2 verweist gerade nicht auf die Gesamtheit der in Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, deren Vorliegen ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG rechtfertigen kann. Vielmehr soll ein Absehen von dem Unbescholtenheitserfordernis bzw. der Unterhaltsfähigkeit nach Nr. 8.2 StAR-VwV z.B. in Betracht kommen, wenn bereits Einbürgerungserleichterungen, einschließlich vorübergehender oder dauerhafter Hinnahme von Mehrstaatigkeit, bei einem besonderen (Nr. 8.1.3.5 StAR-VwV) oder herausragenden (Nr. 8.1.2.6.3.6 StAR-VwV) öffentlichen Interesse - Verkürzung der Mindestdauer des Inlandsaufenthalts bei Vorliegen eines besonderen Einbürgerungsinteresses oder Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei einem herausragenden öffentlichen Einbürgerungsinteresse - eingeräumt worden sind. In den beispielhaft genannten Anwendungsfällen setzt ein Absehen von der Unterhaltsfähigkeit mithin voraus, dass ein besonderes oder herausragendes Einbürgerungsinteresse besteht. Dazu, ob weitere, gegebenenfalls welche, Fallgestaltungen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG denkbar sind, verhalten sich die Vorläufigen Anwendungshinweise nicht. Allerdings spricht der Umstand, dass die in der StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen nicht allesamt in Bezug genommen werden, eindeutig dafür, dass jedenfalls nach dem Verständnis des Bundesministeriums des Inneren nicht jede zu Abs. 1 der Vorschrift vorgesehene Einbürgerungserleichterung den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG nahe legen soll, sondern vorrangig oder ausschließlich solche, die einem spezifisch staatlichen Interesse zu dienen bestimmt sind.

Allein ein solches Verständnis der Vorschrift erscheint aus Sicht des Senats sachgerecht. Ermessensgesichtspunkte und Einbürgerungserleichterungen, die nach der Rechtsprechung und den insoweit geltenden Verwaltungsvorschriften der StAR-VwV zwar im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG beachtlich und grundsätzlich dort geeignet sind, eine dem Ausländer positive Einbürgerungsentscheidung zu ermöglichen, aber nicht irgendwie gearteten staatlichen Interessen dienen, sondern vorrangig besonderen persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des Ausländers angemessen Rechnung tragen sollen, vermögen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nicht zu begründen.

So kann sich beispielsweise daraus, dass im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 StAG und zweifelsfrei ebenso des Absatzes 2 der Vorschrift eine Aufenthaltserlaubnis, die nach § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen auf Dauer zugesagt ist, als erforderlicher Aufenthalt ausreichen soll (Nr. 8.1.2.4 StAR-VwV), kein im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG beachtliches öffentliches Interesse an der Einbürgerung ergeben. Gleiches gilt etwa hinsichtlich der die allgemein geltenden Sprachanforderungen einschränkenden Einbürgerungserleichterungen für minderjährige Kinder (Nr. 8.1.3.6 StAR-VwV) und ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV).

Nach allem ist ein öffentliches Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit - insoweit gegebenenfalls auch im Falle eines Vertretenmüssens - einzubürgern. Nur bei Bestehen eines solchen durch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses verlangt die Vorschrift der Einbürgerungsbehörde die Betätigung ihres Einbürgerungsermessens ab.

Nach Einschätzung des Senats entspricht dies der - wenngleich bisher nicht ausdrücklich formulierten - Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts. Wie ausgeführt, hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20.3.2012 in einem Fall, in dem ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG wegen Nichterfüllung des Unbescholtenheitserfordernisses ausgeschlossen war, beanstandet, dass es an der nötigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung fehle, ob ein öffentliches Interesse im Sinne des Absatzes 2 der Vorschrift besteht. Denn das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, nicht zum Anlass genommen zu überprüfen, ob und inwieweit dies zutreffe und wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien. Damit hat es, ohne die tatbestandlichen Anforderungen eines öffentlichen Interesses im Sinne des Absatzes 2 näher zu definieren, deren Vorliegen jedenfalls nicht davon abhängig gemacht, ob eine der in der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zu Absatz 1 der Vorschrift allgemein anerkannten, das öffentliche Interesse im Sinne des Absatzes 1 kennzeichnenden Einbürgerungserleichterungen greift, sondern bezogen auf den konkreten Sachverhalt die Prüfung gefordert, ob die Wahrnehmung einer repräsentativen Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG begründet. Dies kann nur dahingehend verstanden werden, dass im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein spezifisch staatliches Interesse an einem ausnahmsweisen Absehen von den strengen Voraussetzungen des Abs. 1 Nrn. 2 und/oder 4 besteht.

Mithin ist nicht zu erwarten, dass das Bundesverwaltungsgericht den Vorschlag der Kommentarliteratur, jedwede anerkannte Einbürgerungserleichterung als geeignet anzusehen, ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu begründen, aufgreifen könnte.

Demgemäß füllt allein die dem Kläger zugute kommende Einbürgerungserleichterung für ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV) den Tatbestand eines öffentlichen Interesses im Sinne der genannten Vorschrift nicht aus. Gleichzeitig ist festzustellen, dass Anhaltspunkte für das Bestehen eines durch spezifisch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers, also eines Erwünschtseins seiner Einbürgerung aufgrund allgemeiner politischer, wirtschaftlicher und kultureller Gesichtspunkte, weder ersichtlich noch dargetan sind. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Ansicht vertreten, für ein „Erwünschtsein“ im Sinne eines staatlichen Interesses an seiner Einbürgerung müsse ausreichen, dass er schon über 30 Jahre und damit sehr lange in Deutschland lebe und hier auf Dauer bleibeberechtigt sei. Zudem hätten seine Kinder sich ebenfalls hier niedergelassen, seien zum Teil schon lange eingebürgert und berufstätig, so dass sie als Steuerzahler zum Gemeinwohl beitrügen. Dies reicht - so erfreulich die Entwicklung der Kinder sicherlich ist - mit Blick auf den hier allein interessierenden Kläger zur Begründung eines staatlichen Interesses im vorbezeichneten Sinne nicht aus. Dass das Alter und ein langjähriger Aufenthalt im Inland einem Einbürgerungsbewerber im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG einbürgerungserleichternd zugute kommen können, vermag - wie ausgeführt - für sich genommen nicht automatisch den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu rechtfertigen, und kann auch im Zusammenspiel mit einer gelungenen Integration der Kinder ein solches Interesse nicht begründen. Denn § 8 Abs. 2 StAG enthält nach der gesetzlichen Konzeption einen Ausnahmetatbestand und setzt daher voraus, dass der konkrete Fall sich in einer spezifischen Weise von der in der Mehrzahl der Zuwandererfamilien zu beobachtenden Integration der Kinder in die hiesigen Verhältnisse - zusätzlich - positiv abhebt. Anhaltspunkte hierfür sind nicht vorgetragen oder ersichtlich. Dem Beklagten ist mithin ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 2 StAG nicht eröffnet.

Wegen Fehlens diesbezüglicher tatsächlicher Anhaltspunkte und damit mangels Entscheidungsrelevanz bedarf keiner Entscheidung, ob - wie das Verwaltungsgericht annimmt - ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG auch bei besonderen Integrationsleistungen des Einbürgerungsbewerbers zu bejahen ist. Angemerkt sei lediglich, dass für eine solche Auslegung der Vorschrift die - wenngleich in anderem Zusammenhang verwendete - Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010 „zur Vermeidung einer Härte oder wegen anderweitiger Integrationsleistungen“(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O., juris-Rdnr. 36 (vgl. auch Rdnr. 39)) sprechen mag.

3. Nach alldem bleibt festzuhalten, dass dem Kläger weder auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 StAG noch des § 8 Abs. 2 StAG ein Anspruch darauf zusteht, dass der Beklagte erneut über sein Einbürgerungsbegehren entscheidet.

Die Berufung gegen das den diesbezüglich gestellten Hilfsantrag des Klägers abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt daher der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 42.1 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, muss aber in der Sache ohne Erfolg bleiben.

Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage hinsichtlich des Hilfsantrags, den allein der Kläger im Berufungsverfahren weiterverfolgt, zu Recht abgewiesen. Ihm ist zudem darin zuzustimmen, dass dem Kläger mit Blick auf das Fehlen eines insoweit geeigneten Aufenthaltstitels kein aus § 10 StAG herleitbarer Anspruch auf Einbürgerung zusteht. Dies hat der Kläger ausweislich der Beschränkung seines Berufungsbegehrens akzeptiert. Sein im Berufungsverfahren weiter verfolgter Antrag, den Beklagten zu verpflichten, über seinen Einbürgerungsantrag in Anwendung des § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 StAG erneut nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ist unbegründet.

1. Ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch auf Neubescheidung setzt zunächst voraus, dass die durch die Vorschrift vorgegebenen gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Ist dies zu bejahen, so steht die Einbürgerung im grundsätzlich weiten Ermessen des Beklagten als zuständiger Einbürgerungsbehörde.(Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht - GK-StAR -, Stand 25. Erg.lfg. August 2011, § 8 Rdnr. 170 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 27.5.2010 - 5 C 8/09 -, NVwZ 2010, 1502 ff.)

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 8 Abs. 1 StAG ist geklärt, dass der Einbürgerungsbehörde ein Einbürgerungsermessen nach dieser Vorschrift nur eingeräumt ist, wenn neben den sonstigen in der Vorschrift aufgeführten und vorliegend außer Streit stehenden Voraussetzungen das auf den Nachweis der wirtschaftlichen Integration zielende Tatbestandsmerkmal der Nr. 4 erfüllt ist.(BVerwG, Urteil vom 27.2.1958 - I C 99.56 -, BVerwGE 6, 207 ff.) Hiernach muss der Ausländer im Stande sein, sich und seine Angehörigen aus eigener Kraft zu ernähren. Ist dies nicht der Fall, weil der Ausländer auf den Bezug von (ergänzenden) Sozialleistungen angewiesen ist, spielt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der obergerichtlichen Rechtsprechung(OVG Berlin, Beschluss vom 9.10.1995 - 5 M 25.95 -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.3.1996 - 13 S 1908/95 -, jeweils juris) zu § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG keine Rolle, ob der Ausländer seine Bedürftigkeit zu vertreten hat. Auf Kritik von Seiten der Kommentarliteratur(GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnr. 124), wonach dieses keine Ausnahmen zulassende Verständnis des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG den seit Inkrafttreten der Vorschrift im Jahr 1914 zu verzeichnenden sozialpolitischen Veränderungen nicht angemessen Rechnung trage, hat das Bundesverwaltungsgericht seine am Wortlaut orientierte Auslegung der Vorschrift in der Vergangenheit mehrfach bekräftigt. Es hat dies damit begründet, dass der Gesetzgeber das Staatsangehörigkeitsrecht - u.a. auch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG - wiederholt geändert, dabei die Einbürgerung für bestimmte Personenkreise mit Wirkung zum 1.1.1991 erleichtert und geregelt habe, unter welchen Voraussetzungen die Inanspruchnahme von Sozialleistungen der Einbürgerung nicht entgegenstehe. Dies berücksichtigend verbiete es sich, die unverändert gebliebene Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, die in diese neuere Gesetzgebung nicht einbezogen worden sei, teleologisch zu reduzieren.(BVerwG, Beschlüsse vom 5.5.1997 - 1 B 94/97 -, NVwZ-RR 1997, 738 f., und vom 10.7.1997 - 1 B 141/97 -, NVwZ 1998, 183 f.; Urteil vom 22.6.1999 - 1 C 16/98 -, InfAuslR 1999, 501 ff.) Zu der Frage, wann ein Einbürgerungsbewerber sich und seine Angehörigen auf Dauer aus eigenen Mitteln ernähren kann, hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.7.1998 - 13 S 2212/96 -, InfAuslR 1998, 509 ff.) überzeugend ausgeführt, dass er zumindest über eigene Einnahmen in Höhe der Regelsätze der Sozialhilfe verfügen muss.

Fallbezogen scheitert ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags am Nichtvorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung der Nr. 4 der Vorschrift, da der Kläger für sich und seine Ehefrau fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Gestalt der bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII bezieht. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass dieser Leistungsbezug einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG auch dann entgegensteht, wenn der Kläger den Umstand, der ihn zur Inanspruchnahme dieser Leistungen berechtigt, nicht zu vertreten hat.

Da es im Rahmen der Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG nicht darauf ankommt, ob der Einbürgerungsbewerber seine Bedürftigkeit zu vertreten hat, ist aus Rechtsgründen kein Raum für die von dem Kläger reklamierte entsprechende Heranziehung der vom Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 19.2.2009 - 5 C 22/08 -, NVwZ 2009, 843 ff.) entwickelten Grundsätze zur Frage, unter welchen Voraussetzungen sich frühere Versäumnisse nicht mehr als wesentliche, prägende Ursache für den Leistungsbezug darstellen und daher vom Einbürgerungsbewerber nicht mehr im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG zu vertreten sind. Dies ist sachgerecht, denn die gesetzlichen Erleichterungen, die diese Vorschrift gewährt, rechtfertigen sich - wie das Bundesverwaltungsgericht in dem klägerseits zitierten Urteil vom 19.2.2009 ausdrücklich hervorgehoben hat - daraus, dass bei zurechenbar unzureichender wirtschaftlicher Integration schon die erforderliche Voraufenthaltszeit eines achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalts oder der für den Einbürgerungsanspruch erforderliche Aufenthaltsstatus gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht erreicht werden kann, weil die aufenthaltsrechtlichen Vorschriften (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) regelmäßig einen gesicherten Lebensunterhalt verlangen. Dies gilt insbesondere auch für die Ersetzung einer - wie im Fall des Klägers - nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen erteilten oder verlängerten befristeten Aufenthaltserlaubnis durch eine Niederlassungserlaubnis, da deren Erteilung nach den §§ 26 Abs. 4 i.V.m. 9 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ebenfalls voraussetzt, dass der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist.

Der Kläger begründet seine Ansicht, im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG dürfe hinsichtlich der Unterhaltsfähigkeit kein strengerer Maßstab als im Rahmen des § 10 StAG angelegt werden, mit den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010.(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O.) Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Ausführungen, wonach die Anspruchsvoraussetzungen bzw. Ausschlussgründe der §§ 10 und 11 StAG der Sache nach bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG berücksichtigt werden dürfen, ausdrücklich unter dem Vorbehalt stehen, dass sie in § 8 Abs. 1 StAG nicht schon auf der Tatbestandsebene modifiziert sind. Gerade dies ist der Fall, denn die tatbestandlichen Anforderungen an die Unterhaltsfähigkeit sind in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG anders - insbesondere unter Anlegung strengerer Kriterien - geregelt als in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG.

Im Übrigen verkennt der Kläger bei seiner Argumentation, ihm dürften die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zugerechnet werden, dass die diesbezüglich vom Bundesverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht entwickelten Kriterien in seinem Fall nicht erfüllt sind. Denn der hiernach maßgebliche Zeitraum von acht Jahren ist noch nicht verstrichen. Dem Kläger ist entgegenzuhalten, dass er und seine Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft seit Erreichen des Rentenalters im Juli 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter beziehen, weil er sich seit Erhalt seiner Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 nur unzureichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat und daher keinen Anspruch auf eine Altersrente erwerben konnte. Ausweislich der Ausländerakte ist der Kläger seitens der Ausländerbehörde frühzeitig schriftlich darauf hingewiesen worden, dass eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden kann, wenn der Lebensunterhalt der Familie aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert ist (Schreiben der Ausländerbehörde vom 4.11.1992, Bl. 173 f. der Ausländerakte, und Bescheid vom 5.1.1993 betreffend die Ablehnung der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, Bl. 178 f. der Ausländerakte). Aktenkundig sind indes lediglich drei - von vornherein wenig erfolgversprechende - Versuche, eine Arbeitsstelle zu finden, nämlich seine Bewerbungen 1996 in Berlin bzw. Hamburg und 2005 erneut in Berlin. Die jeweiligen Ausländerbehörden lehnten eine Aufnahme des Klägers in ihren Zuständigkeitsbereich jeweils ab, und zwar wegen Nichtbeibringung der geforderten Einstellungszusicherung (Bl. 219 der Ausländerakte) bzw. weil nach der Höhe des voraussichtlichen Verdienstes nicht auszuschließen war, dass er weiterhin auf den Bezug von Sozialleistungen angewiesen sein würde (Bl. 230 und 279 der Ausländerakte). Sonstige - insbesondere ortsnahe und insofern erfolgversprechendere - Bemühungen des Klägers um eine Beschäftigung trägt dieser selbst nicht vor. Er gibt lediglich an, sich wiederholt und regelmäßig bei den Arbeitsämtern in H., V. und A-Stadt als arbeitssuchend gemeldet zu haben (Bl. 176 der Einbürgerungsakte). Erfolglos gebliebene Bewerbungen behauptet er nicht. Zudem tritt er der Feststellung in dem angefochtenen, die Einbürgerung ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 3.3.2010, es könne nicht von einem unverschuldeten Bezug öffentlicher Mittel ausgegangen werden, im Klage- und Berufungsverfahren nur insoweit entgegen, als er geltend macht, mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien ihm die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zurechenbar. Dies trifft indes gerade nicht zu. Denn der Sachverhalt stellt sich so dar, dass dem Kläger seit Erhalt einer Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 unzureichende Bemühungen um eine Arbeitsstelle entgegenzuhalten sind. Seit Beendigung dieser langen Zeit mangelnder Anstrengungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes sind im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erst ca. vier Jahre verstrichen, so dass der Kläger aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schon aus tatsächlichen Gründen nicht zu seinen Gunsten herleiten kann, dass er für seine jahrelang unzureichenden Bemühungen nicht mehr einzustehen habe.

2. Aus § 8 Abs. 2 StAG leitet sich ein Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags ebenfalls nicht her.

Nach dieser Vorschrift kann von dem Unbescholtenheitserfordernis des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG und dem Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden. Der Gesetzgeber hat diese Ausnahmevorschrift, die bezüglich der Nr. 4 am 1.1.2005 und bezüglich der Nr. 2 am 28.9.2007 in Kraft getreten ist, neu in das Staatsangehörigkeitsgesetz eingefügt, weil er im Hinblick auf die Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG mit ihren speziellen Voraussetzungen auch bei der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG eine Ausnahmeregelung als erforderlich ansah. Bei den Tatbestandsvoraussetzungen „Gründe des öffentlichen Interesses“ und „Vermeidung einer besonderen Härte“ handelt es sich jeweils um unbestimmte Rechtsbegriffe, die inhaltlicher Konkretisierung bedürfen und deren Auslegung und Anwendung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Fallbezogen spricht nichts für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands.

Die Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 2 StAG ist für die Auslegung der Vorschrift nicht ergiebig. Sie führt lediglich einen - hier nicht einschlägigen - Beispielsfall einer besonderen Härte an. Hinweise zum Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Gründe des öffentlichen Interesses“ fehlen vollständig.(BT-Drs. 14/7387, S. 107, und 15/420, S. 116)

In der Rechtsprechung ist bisher nur in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Vermeidung einer besonderen Härte geklärt, welche konkreten Anforderungen die gesetzliche Neuregelung an das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls stellt.

Das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 20.3.2012 - 5 C 5.11 -) hat vor kurzem entschieden, dass eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG durch atypische Umstände des Einzelfalls bedingt und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen sein muss und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden könnte. Es hat damit die bisher zu den Anforderungen an das Vorliegen einer besonderen Härte ergangene obergerichtliche Rechtsprechung(HessVGH, Beschluss vom 21.10.2008 - 5 A 1820.08.Z -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009 - 13 S 2428.08 -, jeweils juris), u.a. des Senats(OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.6.2010 - 1 A 88/10 -, juris), bestätigt. Dies zugrundelegend kommt fallbezogen ein Einbürgerungsermessen des Beklagten zur Vermeidung einer besonderen Härte nicht in Betracht. Die Argumentation des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, eine besondere Härte liege darin, dass er wegen seines Alters außer Stande sei, an seinem Angewiesensein auf den Bezug von Sozialleistungen noch etwas zu ändern, geht fehl. Denn diese Situation wird weder durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen noch könnte sie durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der Würdigung der Versagung der Einbürgerung als besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG selbst in Fällen, in denen der Betroffene den Bezug von Sozialhilfeleistungen nicht zu vertreten hat, bereits mehrfach - u.a. in seinem vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 20.3.2012 in Bezug genommenen Beschluss vom 11.6.2009 - eine Absage erteilt.(OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 11.6.2009 - OVG 5 M 30.08 -, und vom 8.2.2010 - OVG 5 M 48.09 -, jeweils juris) Auch dies überzeugt.

Zur Frage, wann die Voraussetzungen des alternativen Tatbestandsmerkmals „aus Gründen des öffentlichen Interesses“ erfüllt sind, hat sich das Bundesverwaltungsgericht noch nicht dezidiert geäußert. In seinem Urteil vom 20.3.2012 hat es allerdings beanstandet, dass das Berufungsgericht das Vorbringen des dortigen Einbürgerungsbewerbers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, in tatsächlicher Hinsicht nicht hinterfragt und nicht geprüft habe, wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien.

Die obergerichtliche Rechtsprechung hat sich zu den Anforderungen, die an das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu stellen sind, ebenfalls noch nicht festgelegt. In den Entscheidungen, in denen § 8 Abs. 2 StAG Erwähnung findet, heißt es - sofern das Vorliegen eines öffentlichen Interesses angeprüft wird - jeweils ohne nähere Darlegung, ein solches sei nicht erkennbar.(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009, a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 21.10.2011 - 1 S 135/11 -, NVwZ-RR 2012, 160 f.) An erstinstanzlichen Entscheidungen finden sich ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach(VG Ansbach, Urteil vom 10.9.2008 - AN 15 K 08.00780 -, juris) und mehrere Urteile des Verwaltungsgerichts des Saarlandes(VG des Saarlandes, Urteile vom 9.2.2010 - 2 K 530/09 -, vom 14.12.2010 - 2 K 445/09 -, vom 22.11.2011 - 2 K 560/10 - und vom 31.1.2012 - 2 K 667/10 -, jeweils juris), u.a. auch das im Verfahren des Klägers ergangene Urteil vom 27.9.2011.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat zu der dortigen Fallgestaltung ausgeführt, Anhaltspunkte für Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn von § 8 Abs. 2 StAG lägen nicht vor, auch wenn die Beachtung einer Staatenlosigkeit wegen der Verpflichtung, die Einbürgerung so weit wie möglich zu erleichtern, hierzu gezählt werde. Auch spiele die von dem Kläger angeführte, im öffentlichen Interesse liegende einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer ausreichenden Integration in die deutschen Verhältnisse keine ausschlaggebende Rolle. Eine klare Aussage dazu, wann Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn des Abs. 2 vorliegen, enthalten diese Ausführungen nicht.

Nach dem in den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts des Saarlandes zum Ausdruck kommenden Verständnis der in § 8 Abs. 2 StAG getroffenen Ausnahmeregelung soll das Vorliegen von Gründen des öffentlichen Interesses voraussetzen, dass der Einbürgerungsbewerber besondere Integrationsleistungen erbracht hat.

In der Kommentarliteratur wird gefordert, den Begriff des öffentlichen Interesses weit auszulegen. Anknüpfungspunkt der Argumentation sind die Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht - StAR-VwV - zur Handhabung des durch § 8 Abs. 1 StAG eröffneten Ermessens und die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG, die noch einer (für die Einbürgerungsbehörden) verbindlichen Umsetzung durch Änderung der StAR-VwV bedürfen. Das öffentliche Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei im Zusammenhang zu sehen mit den vom Bundesministerium des Inneren vorgegebenen Einbürgerungserleichterungen, die im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen seien und das öffentliche Interesse an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck brächten. Seien die Voraussetzungen einer solchen Einbürgerungserleichterung erfüllt, sei regelmäßig auch ein Abweichen vom Unterhaltserfordernis angezeigt.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 157; Hailbronner/Renner/Maaßen, a.a.O., § 8 Rdnr. 48) Zu eng, jedenfalls nicht abschließend, seien die Vorgaben der Nr. 8.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise. Denn der Gesetzgeber habe - anders als dort gefordert - nicht ein „besonderes“ oder gar „herausragendes“ öffentliches Interesse zur Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung gemacht, sondern ein „schlichtes“ öffentliches Interesse. Ein solches manifestiere sich grundsätzlich in allen in der Verwaltungspraxis anerkannten und in der StAR-VwV bezeichneten Einbürgerungserleichterungen.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 159 f.)

Diese Auslegung erscheint zu weitgehend. Sie beruht offenbar auf der Annahme, der Begriff des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei identisch mit dem in den Nummern 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV umschriebenen öffentlichen Interesse, das in den Fällen des § 8 Abs. 1 StAG im Rahmen des Einbürgerungsermessens eine dem Einbürgerungsbewerber positive Entscheidung ermöglichen kann. Wenngleich die Verwendung des Begriffs „öffentliches Interesse“ in Abs. 2 der Vorschrift dieses Verständnis auf den ersten Blick durchaus rechtfertigen könnte, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass die Annahme, der Gesetzgeber habe das Tatbestandsmerkmal „öffentliches Interesse“ im Sinn der zur Förderung einer einheitlichen Handhabung des Einbürgerungsermessens erlassenen Vorgaben der StAG-VwV zu § 8 Abs. 1 StAG verstanden wissen wollen, nicht tragfähig ist.

In Bezug auf § 8 Abs. 1 StAG verlangt das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteile 27.2.1957 - I C 165.55 -, BVerwGE 4, 298 ff., vom 30.9.1958 - I C 20.58 -, BVerwGE 7, 237 ff., vom 21.10.1986 - 1 C 44.84 -, BVerwGE 75, 86 ff., und vom 27.5.2010, a.a.O., m.w.N.) bisher in ständiger Rechtsprechung von den Einbürgerungsbehörden, bei der Ermessensausübung darauf abzustellen, ob ein staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht. Die Behörde habe zu prüfen, ob die Einbürgerung sowohl nach den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers als auch nach allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten im staatlichen Interesse erwünscht ist, ohne dass eine Abwägung mit den persönlichen Interessen des Einbürgerungsbewerbers stattfinde. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner zuletzt zur Problematik ergangenen bereits in Bezug genommenen Entscheidung vom 27.5.2010 offen gelassen, ob es ungeachtet der diesbezüglichen Kritik(Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 8 Rdnr. 50; GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnrn. 178 ff.) daran festhalten wird, dass bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG ohne Abwägung des privaten Interesses des Einbürgerungsbewerbers allein das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung zu berücksichtigen ist. Allerdings spricht im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 StAG - wie noch auszuführen sein wird - alles dafür, Einbürgerungserleichterungen, die den persönlichen Verhältnissen des Einbürgerungsbewerbers Rechnung tragen sollen, nicht als ausreichend zur Begründung eines öffentlichen Interesses zu erachten, sondern ein spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung als unverzichtbar zu fordern.

Die Vorgaben der StAR-VwV, insbesondere die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, die nach Ansicht der Kommentarliteratur ein öffentliches Interesse auch im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck bringen können, sind am 1.2.2001, also lange bevor der Gesetzgeber die Einfügung des heutigen § 8 Abs. 2 StAG beschlossen hat, in Kraft getreten. Nach Nr. 8.0 StAR-VwV kann bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG eine Einbürgerung nach Ermessen der Behörde erfolgen, wenn im Einzelfall ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung festgestellt werden kann. In diesem Zusammenhang heißt es unter Nr. 8.1.2, dass die Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 allgemeine Grundsätze für die Ermessensausübung enthalten und festlegen, unter welchen Voraussetzungen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung anzunehmen ist. Demgemäß sind die unter Nr. 8.1.2 StAR-VwV fixierten allgemeinen Grundsätze für die Ermessensausübung und die unter Nr. 8.1.3 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen für bestimmte Personengruppen vom Bundesministerium des Inneren mit dem Ziel konzipiert worden, den Einbürgerungsbehörden durch Konkretisierung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Rahmen für eine einheitliche Bewältigung der speziell bei der Anwendung des § 8 Abs. 1 StAG zu erwartenden Problemstellungen vorzugeben.

Dass jede zu § 8 Abs. 1 StAG anerkannte Einbürgerungserleichterung gleichzeitig ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zum Ausdruck bringt, ist indes nicht anzunehmen.

Das öffentliche Interesse jeweils inhaltsgleich zu verstehen, hieße zunächst, dass einerseits eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 1 der Vorschrift nur in Betracht kommt, wenn u.a. die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und 4 und gleichzeitig die im Rahmen der Ermessensbetätigung nach der StAR-VwV zu prüfenden Kriterien, von deren Vorliegen das Bestehen eines öffentlichen Interesses abhängt, allesamt erfüllt sind, dass andererseits aber eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 2 der Vorschrift bei Vorliegen der gleichen das öffentliche Interesse bestimmenden Kriterien ohne Weiteres auch möglich wäre, wenn der Einbürgerungsbewerber den tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und/oder 4 nicht genügt. Dies kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Denn die unter Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 erfassten Kriterien für das Vorliegen des im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG von der Rechtsprechung geforderten öffentlichen Interesses tragen durchaus unterschiedlichen Anliegen Rechnung, die teils primär private Belange des Einbürgerungsbewerbers und teils ausschließlich staatliche Belange im Blick haben. Die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen sind von daher nicht in gleicher Weise geeignet, im Rahmen der Ausnahmevorschrift des Abs. 2 Berücksichtigung zu finden. Die Tatbestandsmerkmale der Unbescholtenheit und der Unterhaltsfähigkeit im Sinn der Nrn. 2 und 4 des § 8 Abs. 1 StAG wären bei dem von der Kommentarliteratur vertretenen Verständnis des in Abs. 2 der Vorschrift verwendeten Begriffs des öffentlichen Interesses ihrer Bedeutung als das Einbürgerungsermessen erst eröffnende Tatbestandsvoraussetzungen vollständig enthoben, ohne dass dies nach dem sachlichen Zusammenhang gerechtfertigt wäre.

Speziell mit Blick auf § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG spricht gegen eine begriffliche Identität, dass § 8 Abs. 2 StAG den Einbürgerungsbehörden die Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung unabhängig davon einräumt, ob der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit selbst zu vertreten hat. In einer Vielzahl von Fällen, in denen einer positiven Entscheidung nach Abs. 1 das Nichtvorliegen der tatbestandlichen Anforderungen der Nr. 4 entgegensteht, stünde es auch im Falle rein privatnütziger, besondere persönliche Umstände berücksichtigender Einbürgerungserleichterungen im Ermessen der Einbürgerungsbehörde, ob sie grundsätzlich oder je nach den Umständen des Einzelfalls fordert, dass der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit nicht zu vertreten hat.

Die aufgezeigte Problematik wird anhand des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts deutlich. Ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG ist dem Beklagten mit Blick auf Nr. 4 der Vorschrift nicht eröffnet. Dessen ungeachtet genügt der Kläger allen unter Nr. 8.1.2 i.V.m. Nr. 8.1.3.7 und unter Nrn. 8.1.2.2 bis 8.1.2.6 festgelegten Kriterien, die im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG den Begriff des öffentlichen Interesses konkretisieren sollen. Denn auch dem Erfordernis ausreichender Sprachkenntnisse wäre mit Blick auf die - seinen persönlichen Belangen Rechnung tragende - Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 Genüge getan, da insoweit bei Personen, die - wie er - das 60. Lebensjahr vollendet und seit 12 Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, ausreicht, wenn sie sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben mündlich in deutscher Sprache verständigen können. Zu Zweifeln, ob der Kläger sich in dieser Weise verständigen kann, besteht angesichts seiner Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Veranlassung. Der Klarstellung halber sei angemerkt, dass der Senat der Ansicht des Beklagten, bei Anwendung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV sei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob nicht die Vita des Einbürgerungsbewerbers der Anwendung dieser Verwaltungsvorschrift entgegensteht, nicht zu folgen vermag. Sinn und Zweck dieser aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Verwaltungsvorschrift ist es, den besonderen persönlichen Verhältnissen und dem typischerweise nur noch eingeschränkten Leistungsvermögen älterer Personen im Falle eines langjährigen Inlandsaufenthalts im Rahmen der Ermessensausübung angemessen Rechnung zu tragen, und zwar unabhängig davon, ob ihnen der Erwerb weitergehender Sprachkenntnisse in jüngeren Jahren nach ihren persönlichen Fähigkeiten und ihren Lebensverhältnissen zumutbar gewesen wäre.

Die Annahme, dass der Tatbestand des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG mit dem durch die Vorgaben der StAR-VwV zu Abs. 1 der Vorschrift konkretisierten öffentlichen Interesse identisch ist, hätte somit fallbezogen zur Folge, dass der Beklagte den Kläger auf der Grundlage des Abs. 2 wegen Eingreifens der Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV einbürgern könnte, ohne dass er kraft Gesetzes oder auch nur kraft Verwaltungsvorschrift gehalten wäre zu prüfen, ob dieser seine fehlende Unterhaltsfähigkeit zu vertreten hat. Es erscheint fernliegend, dass dies der Intention des Gesetzgebers entspricht.

Die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG sprechen - ungeachtet des Umstands, dass sie die Gerichte nicht zu binden vermögen und selbst im Verhältnis zu den Behörden noch einer verbindlichen Umsetzung bedürfen - ebenfalls gegen die von der Kommentarliteratur befürwortete weite Auslegung der Vorschrift. Denn deren Nr. 8.2 verweist gerade nicht auf die Gesamtheit der in Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, deren Vorliegen ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG rechtfertigen kann. Vielmehr soll ein Absehen von dem Unbescholtenheitserfordernis bzw. der Unterhaltsfähigkeit nach Nr. 8.2 StAR-VwV z.B. in Betracht kommen, wenn bereits Einbürgerungserleichterungen, einschließlich vorübergehender oder dauerhafter Hinnahme von Mehrstaatigkeit, bei einem besonderen (Nr. 8.1.3.5 StAR-VwV) oder herausragenden (Nr. 8.1.2.6.3.6 StAR-VwV) öffentlichen Interesse - Verkürzung der Mindestdauer des Inlandsaufenthalts bei Vorliegen eines besonderen Einbürgerungsinteresses oder Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei einem herausragenden öffentlichen Einbürgerungsinteresse - eingeräumt worden sind. In den beispielhaft genannten Anwendungsfällen setzt ein Absehen von der Unterhaltsfähigkeit mithin voraus, dass ein besonderes oder herausragendes Einbürgerungsinteresse besteht. Dazu, ob weitere, gegebenenfalls welche, Fallgestaltungen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG denkbar sind, verhalten sich die Vorläufigen Anwendungshinweise nicht. Allerdings spricht der Umstand, dass die in der StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen nicht allesamt in Bezug genommen werden, eindeutig dafür, dass jedenfalls nach dem Verständnis des Bundesministeriums des Inneren nicht jede zu Abs. 1 der Vorschrift vorgesehene Einbürgerungserleichterung den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG nahe legen soll, sondern vorrangig oder ausschließlich solche, die einem spezifisch staatlichen Interesse zu dienen bestimmt sind.

Allein ein solches Verständnis der Vorschrift erscheint aus Sicht des Senats sachgerecht. Ermessensgesichtspunkte und Einbürgerungserleichterungen, die nach der Rechtsprechung und den insoweit geltenden Verwaltungsvorschriften der StAR-VwV zwar im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG beachtlich und grundsätzlich dort geeignet sind, eine dem Ausländer positive Einbürgerungsentscheidung zu ermöglichen, aber nicht irgendwie gearteten staatlichen Interessen dienen, sondern vorrangig besonderen persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des Ausländers angemessen Rechnung tragen sollen, vermögen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nicht zu begründen.

So kann sich beispielsweise daraus, dass im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 StAG und zweifelsfrei ebenso des Absatzes 2 der Vorschrift eine Aufenthaltserlaubnis, die nach § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen auf Dauer zugesagt ist, als erforderlicher Aufenthalt ausreichen soll (Nr. 8.1.2.4 StAR-VwV), kein im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG beachtliches öffentliches Interesse an der Einbürgerung ergeben. Gleiches gilt etwa hinsichtlich der die allgemein geltenden Sprachanforderungen einschränkenden Einbürgerungserleichterungen für minderjährige Kinder (Nr. 8.1.3.6 StAR-VwV) und ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV).

Nach allem ist ein öffentliches Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit - insoweit gegebenenfalls auch im Falle eines Vertretenmüssens - einzubürgern. Nur bei Bestehen eines solchen durch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses verlangt die Vorschrift der Einbürgerungsbehörde die Betätigung ihres Einbürgerungsermessens ab.

Nach Einschätzung des Senats entspricht dies der - wenngleich bisher nicht ausdrücklich formulierten - Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts. Wie ausgeführt, hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20.3.2012 in einem Fall, in dem ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG wegen Nichterfüllung des Unbescholtenheitserfordernisses ausgeschlossen war, beanstandet, dass es an der nötigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung fehle, ob ein öffentliches Interesse im Sinne des Absatzes 2 der Vorschrift besteht. Denn das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, nicht zum Anlass genommen zu überprüfen, ob und inwieweit dies zutreffe und wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien. Damit hat es, ohne die tatbestandlichen Anforderungen eines öffentlichen Interesses im Sinne des Absatzes 2 näher zu definieren, deren Vorliegen jedenfalls nicht davon abhängig gemacht, ob eine der in der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zu Absatz 1 der Vorschrift allgemein anerkannten, das öffentliche Interesse im Sinne des Absatzes 1 kennzeichnenden Einbürgerungserleichterungen greift, sondern bezogen auf den konkreten Sachverhalt die Prüfung gefordert, ob die Wahrnehmung einer repräsentativen Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG begründet. Dies kann nur dahingehend verstanden werden, dass im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein spezifisch staatliches Interesse an einem ausnahmsweisen Absehen von den strengen Voraussetzungen des Abs. 1 Nrn. 2 und/oder 4 besteht.

Mithin ist nicht zu erwarten, dass das Bundesverwaltungsgericht den Vorschlag der Kommentarliteratur, jedwede anerkannte Einbürgerungserleichterung als geeignet anzusehen, ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu begründen, aufgreifen könnte.

Demgemäß füllt allein die dem Kläger zugute kommende Einbürgerungserleichterung für ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV) den Tatbestand eines öffentlichen Interesses im Sinne der genannten Vorschrift nicht aus. Gleichzeitig ist festzustellen, dass Anhaltspunkte für das Bestehen eines durch spezifisch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers, also eines Erwünschtseins seiner Einbürgerung aufgrund allgemeiner politischer, wirtschaftlicher und kultureller Gesichtspunkte, weder ersichtlich noch dargetan sind. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Ansicht vertreten, für ein „Erwünschtsein“ im Sinne eines staatlichen Interesses an seiner Einbürgerung müsse ausreichen, dass er schon über 30 Jahre und damit sehr lange in Deutschland lebe und hier auf Dauer bleibeberechtigt sei. Zudem hätten seine Kinder sich ebenfalls hier niedergelassen, seien zum Teil schon lange eingebürgert und berufstätig, so dass sie als Steuerzahler zum Gemeinwohl beitrügen. Dies reicht - so erfreulich die Entwicklung der Kinder sicherlich ist - mit Blick auf den hier allein interessierenden Kläger zur Begründung eines staatlichen Interesses im vorbezeichneten Sinne nicht aus. Dass das Alter und ein langjähriger Aufenthalt im Inland einem Einbürgerungsbewerber im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG einbürgerungserleichternd zugute kommen können, vermag - wie ausgeführt - für sich genommen nicht automatisch den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu rechtfertigen, und kann auch im Zusammenspiel mit einer gelungenen Integration der Kinder ein solches Interesse nicht begründen. Denn § 8 Abs. 2 StAG enthält nach der gesetzlichen Konzeption einen Ausnahmetatbestand und setzt daher voraus, dass der konkrete Fall sich in einer spezifischen Weise von der in der Mehrzahl der Zuwandererfamilien zu beobachtenden Integration der Kinder in die hiesigen Verhältnisse - zusätzlich - positiv abhebt. Anhaltspunkte hierfür sind nicht vorgetragen oder ersichtlich. Dem Beklagten ist mithin ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 2 StAG nicht eröffnet.

Wegen Fehlens diesbezüglicher tatsächlicher Anhaltspunkte und damit mangels Entscheidungsrelevanz bedarf keiner Entscheidung, ob - wie das Verwaltungsgericht annimmt - ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG auch bei besonderen Integrationsleistungen des Einbürgerungsbewerbers zu bejahen ist. Angemerkt sei lediglich, dass für eine solche Auslegung der Vorschrift die - wenngleich in anderem Zusammenhang verwendete - Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010 „zur Vermeidung einer Härte oder wegen anderweitiger Integrationsleistungen“(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O., juris-Rdnr. 36 (vgl. auch Rdnr. 39)) sprechen mag.

3. Nach alldem bleibt festzuhalten, dass dem Kläger weder auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 StAG noch des § 8 Abs. 2 StAG ein Anspruch darauf zusteht, dass der Beklagte erneut über sein Einbürgerungsbegehren entscheidet.

Die Berufung gegen das den diesbezüglich gestellten Hilfsantrag des Klägers abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt daher der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 42.1 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. September 2011 - 2 K 209/10 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, ein 1943 geborener libanesischer Staatsangehöriger, der seit 1979 mit Ehefrau und Kindern im Bundesgebiet lebt, begehrt seine Einbürgerung.

Nach negativem Abschluss seines Asylverfahrens wurde ihm am 27.10.1992 eine befristete Aufenthaltsbefugnis bzw. -erlaubnis aus humanitären Gründen erteilt, deren Geltung von der Ausländerbehörde jeweils verlängert wurde und die ihre Rechtsgrundlage seit dem 1.1.2005 in § 23 Abs. 1 AufenthG findet. Der Kläger war vom 12.4. bis zum 30.9.1980 - damals ohne Arbeitserlaubnis - und vom 31.8. bis zum 22.12.1982 erwerbstätig. Seit dem 22.10.1991 verfügte er bis zum Eintritt in das Rentenalter durchgehend über eine Arbeitserlaubnis für eine berufliche Tätigkeit jeder Art.

Ein Antrag vom 31.8.1992 auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis wurde durch Bescheid der Ausländerbehörde vom 5.1.1993 unter Hinweis auf das gesetzlich vorgegebene Erfordernis, dass der Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert sein müsse, abgelehnt. In den Folgejahren sind drei Versuche, eine Arbeitsstelle anzutreten, aktenkundig geworden. Eine 1996 initiierte Beschäftigung in Berlin scheiterte daran, dass der Kläger die von der Ausländerbehörde Berlin insoweit geforderte Einstellungszusicherung des künftigen Arbeitgebers nicht beibrachte. Ein weiterer Versuch, 1996 zwecks Arbeitsaufnahme nach Hamburg umzuziehen, schlug fehl, weil die dortige Ausländerbehörde davon ausging, dass der Bezug weiterer Sozialhilfe nicht auszuschließen sei und den Umzug daher ablehnte. Aus den gleichen Gründen wurde 2005 ein erneuter Antrag, zwecks Aufnahme einer Beschäftigung nach Berlin umzusiedeln, von der dortigen Ausländerbehörde abgelehnt.

Am 6.3.2003 beantragte der Kläger seine Einbürgerung.

Er nahm am 17.4.2004 an einem Deutschkurs teil, den er nicht bestand, da er bei einer Bestehensgrenze von 61 Punkten lediglich 26 Punkte erreichte.

Unter Hinweis hierauf und die Tatsache, dass der Kläger den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen bestreiten konnte, wobei er letzteres nach den Auskünften der Arbeits- und Sozialverwaltung mangels ausreichender Bemühungen um eine Arbeitsstelle zu vertreten habe, teilte der Beklagte dem Kläger mit Anhörungsschreiben vom 27.6.2006 mit, dass eine positive Bescheidung seines Einbürgerungsantrags nicht in Betracht komme.

Mit Schreiben vom 17.7.2006 bekundete der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass dieser stets in der Lage sei, auch umfangreiche, schwierige Sachverhalte sowie deren rechtliche Bewertung in einem deutsch geführten Gespräch zu verstehen und richtig zu bewerten. Zudem dürften sich seine Sprachkenntnisse seit dem Sprachtest 2004 weiter verbessert haben. Die Inanspruchnahme von Sozialleistungen habe der Kläger nicht zu vertreten. Er habe sich bereits kurz nach seinem Eintreffen in Deutschland eigenständig um Arbeit bemüht, damals aber keine Arbeitserlaubnis erhalten. 2005 sei eine Arbeitsaufnahme in Berlin an der Verweigerung der Zustimmung der Ausländerbehörde Berlin gescheitert. Er habe keinen Beruf gelernt und sei 63 Jahre alt, weswegen es so gut wie ausgeschlossen sei, dass er noch eine Stelle finden werde. Von mutwilliger Nichtarbeit könne keine Rede sein. Im Übrigen sei im Rahmen der Ermessensentscheidung die Dauer seines Aufenthalts und die Tatsache zu berücksichtigen, dass sechs seiner sieben Kinder in Deutschland leben und größtenteils längst eingebürgert seien. Die Beziehungen zu seinem Heimatland seien - mit Ausnahme weniger Besuche - abgerissen. Er beabsichtige, seinen Lebensabend in Deutschland zu verbringen.

In der Folge absolvierte der Kläger auf Vorschlag des Beklagten einen Integrationskurs Deutsch und nahm am 7.11.2008 erneut an einem Deutschtest teil, bei dem er bei einer Bestehensgrenze von 61 Punkten 56 Punkte erreichte.

Bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 nahm der Kläger keine Erwerbstätigkeit mehr auf und lebte mit seiner Familie von Sozialleistungen. Seit Erreichen des Rentenalters bezieht er mangels Anspruchs auf eine Altersrente Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.

Auf erneute Anhörungsschreiben des Beklagten vom 8.12.2008 und vom 26.6.2009 machte der Kläger ergänzend geltend, sich seit vielen Jahren in die hiesigen Lebensverhältnisse eingefügt zu haben. Er habe auch nicht lediglich auf Veranlassung des Sozialamtes beim Arbeitsamt vorgesprochen, sondern sich wiederholt und regelmäßig bei den Arbeitsämtern in H., V. und A-Stadt als arbeitssuchend gemeldet. Das Nichtbestehen der Sprachtests erkläre sich nicht aus mangelnden Sprachkenntnissen, sondern fehlender Vorbildung, die er altersbedingt nicht mehr ausgleichen könne.

Am 14.7.2009 beantragte der Kläger bei der Ausländerbehörde die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Der Antrag wurde durch Bescheid vom 19.11.2009 mangels dauerhafter Sicherung des Lebensunterhalts aus eigenen Mitteln abgelehnt. Der den diesbezüglich eingelegten Widerspruch zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 19.2.2010 ist in Bestandskraft erwachsen.

In einer beklagtenseits erbetenen Stellungnahme des Landesverwaltungsamtes vom 29.10.2009 heißt es, die 1980 seitens des Klägers begehrte Arbeitserlaubnis für eine Hilfsarbeitertätigkeit sei damals aus arbeitsmarktpolitischen Gründen abgelehnt worden. Am 31.8.1982 sei dem Kläger eine bis 22.12.1982 befristete Arbeitserlaubnis für eine Aushilfstätigkeit mit geringfügiger Beschäftigung erteilt worden. Einem Aktenvermerk vom 18.11.1996 zufolge wäre nach Auskunft der Ausländerbehörde Berlin eine Arbeitsaufnahme in Berlin möglich gewesen, wenn der Kläger eine Einstellungszusicherung vorgelegt und ein entsprechendes Einkommen nachgewiesen hätte. Dies sei nicht geschehen. Hinsichtlich des stattdessen am 12.12.1996 vorgelegten Arbeitsvertrags betreffend eine Beschäftigung in Hamburg sei ein Umzug von der dortigen Ausländerbehörde wegen der nicht auszuschließenden Möglichkeit weiterer Sozialhilfebedürftigkeit abgelehnt worden. Aus dem gleichen Grund habe die Ausländerbehörde Berlin einem Umzug zwecks Arbeitsaufnahme im Jahr 2005 nicht zugestimmt.

Mit Schreiben vom 26.11.2009 unterrichtete der Beklagte den Kläger über den Inhalt der Auskunft des Landesverwaltungsamtes. Der Kläger hielt dem entgegen, der Umstand, dass sich lediglich zwei Arbeitsverträge in den Akten befänden, könne nicht belegen, dass ansonsten keine Erwerbsbemühungen seinerseits stattgefunden hätten.

Durch Bescheid vom 3.3.2010, der am gleichen Tag zur Post gegeben wurde, lehnte der Beklagte den Einbürgerungsantrag des Klägers ab. Ein Anspruch auf Einbürgerung scheitere am Fehlen ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache. Da der Kläger mit 36 Jahren eingereist sei, habe er in jungen Jahren Zeit genug gehabt, die erforderlichen Sprachkenntnisse zu erwerben, so dass er sich nicht auf altersbedingte Defizite berufen könne. Daneben fehle es an den wirtschaftlichen Voraussetzungen, da der Kläger den Bezug öffentlicher Mittel mangels hinreichender Eigenbemühungen zu vertreten habe. Hindernisse infolge der ausländerrechtlichen Situation hätten jedenfalls seit dem 22.10.1991 nicht bestanden, weil der Kläger seitdem durchgehend - zunächst befristet und seit dem 22.7.2001 unbefristet - über eine Arbeitserlaubnis für eine berufliche Tätigkeit jeder Art verfügt habe. Die Versuche, zwecks Arbeitsaufnahme nach Berlin beziehungsweise Hamburg umzusiedeln, seien - bedingt durch den fehlenden Nachweis eines ausreichenden Verdienstes - gescheitert. Eine Einbürgerung im Ermessensweg sei ausgeschlossen, weil der nach den Nrn. 8.1.2.1.1 und 8.1.2.1.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise erforderliche Nachweis der Sprachkenntnisse nicht erbracht sei und es zudem an der Unterhaltsfähigkeit fehle. Auch liege seine Einbürgerung weder im öffentlichen Interesse, noch stelle ihre Versagung eine besondere Härte für den Kläger dar.

Mit seiner durch seine nunmehrige Prozessbevollmächtigte am 12.3.2010 erhobenen Klage hat der Kläger sein Einbürgerungsbegehren unter Hinweis auf Nr. 8.1.3.7 der Vorläufigen Anwendungshinweise weiterverfolgt. Hiernach sei den Anforderungen an die Sprachkenntnisse ausnahmsweise Genüge getan, wenn Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet und seit 12 Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben in deutscher Sprache mündlich verständigen können. Dies habe der Beklagte bei der nach § 8 StAG zu treffenden Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Voraussetzungen gelte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Vertretenmüssen im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG einen gewissen Gegenwartsbezug voraussetze. Hiernach dürften aktuell nicht rückgängig zu machende Fernwirkungen vergangenen zurechenbaren Verhaltens einem Einbürgerungsbewerber nicht ohne jede zeitliche Grenze entgegengehalten werden.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 3.3.2010 zu verpflichten, ihn einzubürgern,

hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 3.3.2010 zu verpflichten, über den Antrag auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat seine Ansicht bekräftigt, wonach einer Anspruchseinbürgerung die unzureichenden Sprachkenntnisse entgegenstünden und eine Ermessenseinbürgerung wegen des Leistungsbezugs des Klägers ausgeschlossen sei. Im Rahmen des § 8 StAG sei die Frage des Vertretenmüssens ohne Relevanz. Eine besondere Härte oder ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG liege offensichtlich nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27.09.2011.ergangenes Urteil, der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 17.10.2011, abgewiesen. Eine Einbürgerung nach § 10 StAG scheide aus, da der Kläger keinen für die Einbürgerung geeigneten Aufenthaltstitel inne habe. Der Kläger verfüge nicht über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht, sondern nur über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG, die nach den ausdrücklichen und durch Sinn und Zweck der Vorschrift gedeckten Vorgaben des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG zur Begründung eines Einbürgerungsanspruchs nicht ausreiche. Der auf Einbürgerung unter Ermessensgesichtspunkten nach Maßgabe des § 8 StAG gerichtete Hilfsantrag müsse ebenfalls ohne Erfolg bleiben. Insoweit sei entscheidend, dass der Kläger die in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG formulierten Anforderungen an die Unterhaltsfähigkeit nicht erfülle und die Voraussetzungen, unter denen nach § 8 Abs. 2 StAG eine Ausnahme von diesem Erfordernis möglich sei, nach den konkreten Umständen nicht vorlägen. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG stehe der Leistungsbezug einer positiven Ermessensentscheidung auch dann entgegen, wenn dieser im Einzelfall nicht zu vertreten sei. Auf die klägerseits in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gegenwartsbezug des Vertretenmüssens komme es daher nicht an. Ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG sei nicht ersichtlich, da der Kläger keine besonderen Integrationsleistungen erbracht habe. Dass er geltend mache, sich in das soziale Leben der Bundesrepublik Deutschland eingegliedert zu haben und sich im Alltagsleben ohne Probleme in deutscher Sprache verständigen zu können, entspreche nur dem Mindeststandard und belege keine besondere Integrationsleistung. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür aktenkundig, dass der Kläger einen maßgeblichen Beitrag zur Ermöglichung der Einbürgerung seiner Kinder geleistet habe. Ebenso wenig sei die Annahme einer besonderen Härte gerechtfertigt. Zwar gehöre der Kläger als „ältere Person mit langem Inlandsaufenthalt“ zu dem in Nr. 8.2 letzter Satz der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren besonders erwähnten Personenkreis, bei dem Gesichtspunkte der Vermeidung einer besonderen Härte grundsätzlich in Betracht kämen. Allerdings sei nicht erkennbar, inwieweit sich seine persönliche Situation durch eine Einbürgerung verbessern würde. Eben sowenig sei dargelegt, dass ihm ein weiteres Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Ihm werde auch ohne die begehrte Einbürgerung nicht verwehrt, seinen Lebensabend in Deutschland zu verbringen.

Auf den am 26.10.2011 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen den den Hilfsantrag abweisenden Teil des erstinstanzlichen Urteils hat der Senat die Berufung beschränkt auf die Abweisung des Hilfsantrags durch Beschluss vom 2.2.2012, der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 8.2.2012, unter gleichzeitiger Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das zweitinstanzliche Verfahren zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung bekräftigt der Kläger in seinem am 29.2.2012 eingegangenen Schriftsatz seine Argumentation, wonach die fehlende Sicherung des Lebensunterhalts eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG nicht zwingend ausschließe. Es bedürfe im Rahmen der Ermessenserwägungen einer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gegenwartsbezug des Vertretenmüssens. Auch habe das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass das Ermessen bei Prüfung der Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung nicht derart ausgeübt werden solle, dass der Maßstab ein strengerer sei als bei der Anspruchseinbürgerung. Hiernach sei im Rahmen des § 8 StAG nach Maßgabe der konkreten Umstände eine Absenkung der Sprachanforderungen bis hin zum vollständigen Verzicht auf Kenntnisse der Schriftsprache gestattet. Zudem sei Nr. 8.1.1.4 der Vorläufigen Anwendungshinweise in den Blick zu nehmen, wo auf die Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 2 StAG verwiesen werde. Hiernach sei der Einbürgerungsbehörde ein Ermessen eröffnet, das öffentliche Interesse zu werten und in Beziehung zu dem Versagungsinteresse wegen fehlender Unterhaltsfähigkeit zu setzen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 27.9.2011 zu verpflichten, seinen Bescheid vom 3.3.2010 aufzuheben und über den Antrag auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, von dem einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG entgegenstehenden Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit könne nicht gem. § 8 Abs. 2 StAG abgesehen werden, denn es fehle - wie das Verwaltungsgericht ausgeführt habe - an einer besonderen Härte und ebenso am Bestehen eines öffentlichen Interesses im Sinne der genannten Vorschrift. In letzterem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Ausnahmevorschrift insbesondere die Einbürgerung staatsangehörigkeitsrechtlich besonders Schutzbedürftiger im Blick gehabt habe. Soweit daneben auch andere Gruppen - wie lebensältere Personen mit langem Inlandsaufenthalt - privilegiert sein könnten, sei zu beachten, dass die diesbezüglichen Vorgaben der Anwendungshinweise „60 Jahre“ und „12-jähriger Aufenthalt“ nur Ausdruck einer Regelvermutung der faktlichen Integration dieser Personen seien, die aber im Einzelfall durch die Persönlichkeit und Vita des Betroffenen widerlegt sein könne. Fallbezogen widerlege die gesamte Vita des Klägers auch bei Außerachtlassung des Leistungsbezugs dessen faktische Integration, so dass ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG tatbestandlich nicht bestehe. Dies spiegele sich auch in dem ungewöhnlichen Umstand wider, dass der Kläger trotz seines 30-jährigen Aufenthalts in Deutschland noch immer keinen verfestigten (Dauer-)Aufenthaltstitel habe. Fordere man - wie das Verwaltungsgericht - für die Feststellung eines öffentlichen Interesses zudem besondere Integrationsleistungen des Einbürgerungsbewerbers, so scheide die Annahme eines öffentlichen Interesses im Falle des Klägers erst recht aus. Selbst wenn man die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 StAG noch bejahen und damit den Weg zu einer Ausübung des Ermessens unter umfassender Würdigung der für und gegen den Kläger bzw. dessen Integration sprechenden Umstände eröffnen würde, könne dies im Ergebnis nicht zu einer dem Kläger günstigen Entscheidung führen. Zugunsten des Klägers sei zu berücksichtigen, dass er bereits seit über 30 Jahren in Deutschland lebe und zwischenzeitlich „lebensälter“ sei, was Änderungen seines Integrationsstandes und seiner wirtschaftlichen Verhältnisse erschwere bzw. ausschließe. Außerdem könne er sich zumindest auf einfache Art verständigen. Gegebenenfalls könne für die Integration eines Einbürgerungsbewerbers auch eine positive und durchgängige Integration seiner gesamten Familie sprechen, die jedoch hinsichtlich der Familie des Klägers nach Aktenlage gerade nicht festzustellen sei. Gegen seine Integration sprächen seine (allenfalls) „alltagstauglichen Deutschkenntnisse“. Er erfülle noch nicht einmal das nach altem Recht zu fordernde Sprachniveau A 2, wobei nicht erkennbar sei, warum er, der bereits mit Mitte dreißig nach Deutschland gekommen sei, nicht erfolgreich Deutsch gelernt habe. Seit 1996 habe er freien Zugang zum Arbeitsmarkt gehabt. Dass er dennoch keine Erwerbsmöglichkeit gefunden habe, erkläre sich nicht allein aus seiner mangelnden beruflichen Vorbildung. Er habe wegen seiner unterbliebenen bzw. nur geringfügigen Erwerbstätigkeit hinreichende zeitliche Möglichkeiten gehabt, seine Deutschkenntnisse und damit auch seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Da Sprachkenntnisse ein wesentlicher Faktor für eine wirtschaftliche Integration seien, seien ihm seine fehlenden Spracherwerbsbemühungen vorzuhalten. In Folge der früheren Versäumnisse sei er nun zeitlebens auf öffentliche Leistungen angewiesen. Anders als im Rahmen eines Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG, der gerade einer gelungenen Integration entspringe, sei der Zeitfaktor im Rahmen der Ermessensausübung durchaus berücksichtigungsfähig. Insoweit könne nicht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG zurückgegriffen werden. Eine Beschränkung des Betrachtungszeitraums auf acht Jahre würde in diesem Zusammenhang stets dazu führen, dass bei „älteren Personen“ auf die Mindestvoraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG irgendwann generell zu verzichten wäre, was über die Zielsetzung des § 8 Abs. 2 StAG, eine umfassende Ermessensausübung zu eröffnen, hinausgehen würde. Fallbezogen seien die wirtschaftliche Situation und Erwerbsbiographie auch der Grund, weswegen der Kläger überhaupt „nur“ einen „schwachen“ Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 AufenthG besitze, weswegen eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG ausgeschlossen sei. Eine Gewichtung der zeitlichen Komponente des Vertretenmüssens des Leistungsbezugs im Rahmen des § 8 StAG sei indes nach allem Gesagten nicht geboten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (2 Hefte, 1 Ordner), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, muss aber in der Sache ohne Erfolg bleiben.

Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage hinsichtlich des Hilfsantrags, den allein der Kläger im Berufungsverfahren weiterverfolgt, zu Recht abgewiesen. Ihm ist zudem darin zuzustimmen, dass dem Kläger mit Blick auf das Fehlen eines insoweit geeigneten Aufenthaltstitels kein aus § 10 StAG herleitbarer Anspruch auf Einbürgerung zusteht. Dies hat der Kläger ausweislich der Beschränkung seines Berufungsbegehrens akzeptiert. Sein im Berufungsverfahren weiter verfolgter Antrag, den Beklagten zu verpflichten, über seinen Einbürgerungsantrag in Anwendung des § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 StAG erneut nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ist unbegründet.

1. Ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch auf Neubescheidung setzt zunächst voraus, dass die durch die Vorschrift vorgegebenen gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Ist dies zu bejahen, so steht die Einbürgerung im grundsätzlich weiten Ermessen des Beklagten als zuständiger Einbürgerungsbehörde.(Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht - GK-StAR -, Stand 25. Erg.lfg. August 2011, § 8 Rdnr. 170 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 27.5.2010 - 5 C 8/09 -, NVwZ 2010, 1502 ff.)

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 8 Abs. 1 StAG ist geklärt, dass der Einbürgerungsbehörde ein Einbürgerungsermessen nach dieser Vorschrift nur eingeräumt ist, wenn neben den sonstigen in der Vorschrift aufgeführten und vorliegend außer Streit stehenden Voraussetzungen das auf den Nachweis der wirtschaftlichen Integration zielende Tatbestandsmerkmal der Nr. 4 erfüllt ist.(BVerwG, Urteil vom 27.2.1958 - I C 99.56 -, BVerwGE 6, 207 ff.) Hiernach muss der Ausländer im Stande sein, sich und seine Angehörigen aus eigener Kraft zu ernähren. Ist dies nicht der Fall, weil der Ausländer auf den Bezug von (ergänzenden) Sozialleistungen angewiesen ist, spielt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der obergerichtlichen Rechtsprechung(OVG Berlin, Beschluss vom 9.10.1995 - 5 M 25.95 -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.3.1996 - 13 S 1908/95 -, jeweils juris) zu § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG keine Rolle, ob der Ausländer seine Bedürftigkeit zu vertreten hat. Auf Kritik von Seiten der Kommentarliteratur(GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnr. 124), wonach dieses keine Ausnahmen zulassende Verständnis des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG den seit Inkrafttreten der Vorschrift im Jahr 1914 zu verzeichnenden sozialpolitischen Veränderungen nicht angemessen Rechnung trage, hat das Bundesverwaltungsgericht seine am Wortlaut orientierte Auslegung der Vorschrift in der Vergangenheit mehrfach bekräftigt. Es hat dies damit begründet, dass der Gesetzgeber das Staatsangehörigkeitsrecht - u.a. auch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG - wiederholt geändert, dabei die Einbürgerung für bestimmte Personenkreise mit Wirkung zum 1.1.1991 erleichtert und geregelt habe, unter welchen Voraussetzungen die Inanspruchnahme von Sozialleistungen der Einbürgerung nicht entgegenstehe. Dies berücksichtigend verbiete es sich, die unverändert gebliebene Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, die in diese neuere Gesetzgebung nicht einbezogen worden sei, teleologisch zu reduzieren.(BVerwG, Beschlüsse vom 5.5.1997 - 1 B 94/97 -, NVwZ-RR 1997, 738 f., und vom 10.7.1997 - 1 B 141/97 -, NVwZ 1998, 183 f.; Urteil vom 22.6.1999 - 1 C 16/98 -, InfAuslR 1999, 501 ff.) Zu der Frage, wann ein Einbürgerungsbewerber sich und seine Angehörigen auf Dauer aus eigenen Mitteln ernähren kann, hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.7.1998 - 13 S 2212/96 -, InfAuslR 1998, 509 ff.) überzeugend ausgeführt, dass er zumindest über eigene Einnahmen in Höhe der Regelsätze der Sozialhilfe verfügen muss.

Fallbezogen scheitert ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags am Nichtvorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung der Nr. 4 der Vorschrift, da der Kläger für sich und seine Ehefrau fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Gestalt der bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII bezieht. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass dieser Leistungsbezug einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG auch dann entgegensteht, wenn der Kläger den Umstand, der ihn zur Inanspruchnahme dieser Leistungen berechtigt, nicht zu vertreten hat.

Da es im Rahmen der Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG nicht darauf ankommt, ob der Einbürgerungsbewerber seine Bedürftigkeit zu vertreten hat, ist aus Rechtsgründen kein Raum für die von dem Kläger reklamierte entsprechende Heranziehung der vom Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 19.2.2009 - 5 C 22/08 -, NVwZ 2009, 843 ff.) entwickelten Grundsätze zur Frage, unter welchen Voraussetzungen sich frühere Versäumnisse nicht mehr als wesentliche, prägende Ursache für den Leistungsbezug darstellen und daher vom Einbürgerungsbewerber nicht mehr im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG zu vertreten sind. Dies ist sachgerecht, denn die gesetzlichen Erleichterungen, die diese Vorschrift gewährt, rechtfertigen sich - wie das Bundesverwaltungsgericht in dem klägerseits zitierten Urteil vom 19.2.2009 ausdrücklich hervorgehoben hat - daraus, dass bei zurechenbar unzureichender wirtschaftlicher Integration schon die erforderliche Voraufenthaltszeit eines achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalts oder der für den Einbürgerungsanspruch erforderliche Aufenthaltsstatus gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht erreicht werden kann, weil die aufenthaltsrechtlichen Vorschriften (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) regelmäßig einen gesicherten Lebensunterhalt verlangen. Dies gilt insbesondere auch für die Ersetzung einer - wie im Fall des Klägers - nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen erteilten oder verlängerten befristeten Aufenthaltserlaubnis durch eine Niederlassungserlaubnis, da deren Erteilung nach den §§ 26 Abs. 4 i.V.m. 9 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ebenfalls voraussetzt, dass der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist.

Der Kläger begründet seine Ansicht, im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG dürfe hinsichtlich der Unterhaltsfähigkeit kein strengerer Maßstab als im Rahmen des § 10 StAG angelegt werden, mit den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010.(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O.) Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Ausführungen, wonach die Anspruchsvoraussetzungen bzw. Ausschlussgründe der §§ 10 und 11 StAG der Sache nach bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG berücksichtigt werden dürfen, ausdrücklich unter dem Vorbehalt stehen, dass sie in § 8 Abs. 1 StAG nicht schon auf der Tatbestandsebene modifiziert sind. Gerade dies ist der Fall, denn die tatbestandlichen Anforderungen an die Unterhaltsfähigkeit sind in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG anders - insbesondere unter Anlegung strengerer Kriterien - geregelt als in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG.

Im Übrigen verkennt der Kläger bei seiner Argumentation, ihm dürften die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zugerechnet werden, dass die diesbezüglich vom Bundesverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht entwickelten Kriterien in seinem Fall nicht erfüllt sind. Denn der hiernach maßgebliche Zeitraum von acht Jahren ist noch nicht verstrichen. Dem Kläger ist entgegenzuhalten, dass er und seine Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft seit Erreichen des Rentenalters im Juli 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter beziehen, weil er sich seit Erhalt seiner Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 nur unzureichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat und daher keinen Anspruch auf eine Altersrente erwerben konnte. Ausweislich der Ausländerakte ist der Kläger seitens der Ausländerbehörde frühzeitig schriftlich darauf hingewiesen worden, dass eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden kann, wenn der Lebensunterhalt der Familie aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert ist (Schreiben der Ausländerbehörde vom 4.11.1992, Bl. 173 f. der Ausländerakte, und Bescheid vom 5.1.1993 betreffend die Ablehnung der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, Bl. 178 f. der Ausländerakte). Aktenkundig sind indes lediglich drei - von vornherein wenig erfolgversprechende - Versuche, eine Arbeitsstelle zu finden, nämlich seine Bewerbungen 1996 in Berlin bzw. Hamburg und 2005 erneut in Berlin. Die jeweiligen Ausländerbehörden lehnten eine Aufnahme des Klägers in ihren Zuständigkeitsbereich jeweils ab, und zwar wegen Nichtbeibringung der geforderten Einstellungszusicherung (Bl. 219 der Ausländerakte) bzw. weil nach der Höhe des voraussichtlichen Verdienstes nicht auszuschließen war, dass er weiterhin auf den Bezug von Sozialleistungen angewiesen sein würde (Bl. 230 und 279 der Ausländerakte). Sonstige - insbesondere ortsnahe und insofern erfolgversprechendere - Bemühungen des Klägers um eine Beschäftigung trägt dieser selbst nicht vor. Er gibt lediglich an, sich wiederholt und regelmäßig bei den Arbeitsämtern in H., V. und A-Stadt als arbeitssuchend gemeldet zu haben (Bl. 176 der Einbürgerungsakte). Erfolglos gebliebene Bewerbungen behauptet er nicht. Zudem tritt er der Feststellung in dem angefochtenen, die Einbürgerung ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 3.3.2010, es könne nicht von einem unverschuldeten Bezug öffentlicher Mittel ausgegangen werden, im Klage- und Berufungsverfahren nur insoweit entgegen, als er geltend macht, mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien ihm die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zurechenbar. Dies trifft indes gerade nicht zu. Denn der Sachverhalt stellt sich so dar, dass dem Kläger seit Erhalt einer Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 unzureichende Bemühungen um eine Arbeitsstelle entgegenzuhalten sind. Seit Beendigung dieser langen Zeit mangelnder Anstrengungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes sind im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erst ca. vier Jahre verstrichen, so dass der Kläger aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schon aus tatsächlichen Gründen nicht zu seinen Gunsten herleiten kann, dass er für seine jahrelang unzureichenden Bemühungen nicht mehr einzustehen habe.

2. Aus § 8 Abs. 2 StAG leitet sich ein Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags ebenfalls nicht her.

Nach dieser Vorschrift kann von dem Unbescholtenheitserfordernis des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG und dem Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden. Der Gesetzgeber hat diese Ausnahmevorschrift, die bezüglich der Nr. 4 am 1.1.2005 und bezüglich der Nr. 2 am 28.9.2007 in Kraft getreten ist, neu in das Staatsangehörigkeitsgesetz eingefügt, weil er im Hinblick auf die Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG mit ihren speziellen Voraussetzungen auch bei der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG eine Ausnahmeregelung als erforderlich ansah. Bei den Tatbestandsvoraussetzungen „Gründe des öffentlichen Interesses“ und „Vermeidung einer besonderen Härte“ handelt es sich jeweils um unbestimmte Rechtsbegriffe, die inhaltlicher Konkretisierung bedürfen und deren Auslegung und Anwendung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Fallbezogen spricht nichts für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands.

Die Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 2 StAG ist für die Auslegung der Vorschrift nicht ergiebig. Sie führt lediglich einen - hier nicht einschlägigen - Beispielsfall einer besonderen Härte an. Hinweise zum Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Gründe des öffentlichen Interesses“ fehlen vollständig.(BT-Drs. 14/7387, S. 107, und 15/420, S. 116)

In der Rechtsprechung ist bisher nur in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Vermeidung einer besonderen Härte geklärt, welche konkreten Anforderungen die gesetzliche Neuregelung an das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls stellt.

Das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 20.3.2012 - 5 C 5.11 -) hat vor kurzem entschieden, dass eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG durch atypische Umstände des Einzelfalls bedingt und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen sein muss und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden könnte. Es hat damit die bisher zu den Anforderungen an das Vorliegen einer besonderen Härte ergangene obergerichtliche Rechtsprechung(HessVGH, Beschluss vom 21.10.2008 - 5 A 1820.08.Z -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009 - 13 S 2428.08 -, jeweils juris), u.a. des Senats(OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.6.2010 - 1 A 88/10 -, juris), bestätigt. Dies zugrundelegend kommt fallbezogen ein Einbürgerungsermessen des Beklagten zur Vermeidung einer besonderen Härte nicht in Betracht. Die Argumentation des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, eine besondere Härte liege darin, dass er wegen seines Alters außer Stande sei, an seinem Angewiesensein auf den Bezug von Sozialleistungen noch etwas zu ändern, geht fehl. Denn diese Situation wird weder durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen noch könnte sie durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der Würdigung der Versagung der Einbürgerung als besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG selbst in Fällen, in denen der Betroffene den Bezug von Sozialhilfeleistungen nicht zu vertreten hat, bereits mehrfach - u.a. in seinem vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 20.3.2012 in Bezug genommenen Beschluss vom 11.6.2009 - eine Absage erteilt.(OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 11.6.2009 - OVG 5 M 30.08 -, und vom 8.2.2010 - OVG 5 M 48.09 -, jeweils juris) Auch dies überzeugt.

Zur Frage, wann die Voraussetzungen des alternativen Tatbestandsmerkmals „aus Gründen des öffentlichen Interesses“ erfüllt sind, hat sich das Bundesverwaltungsgericht noch nicht dezidiert geäußert. In seinem Urteil vom 20.3.2012 hat es allerdings beanstandet, dass das Berufungsgericht das Vorbringen des dortigen Einbürgerungsbewerbers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, in tatsächlicher Hinsicht nicht hinterfragt und nicht geprüft habe, wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien.

Die obergerichtliche Rechtsprechung hat sich zu den Anforderungen, die an das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu stellen sind, ebenfalls noch nicht festgelegt. In den Entscheidungen, in denen § 8 Abs. 2 StAG Erwähnung findet, heißt es - sofern das Vorliegen eines öffentlichen Interesses angeprüft wird - jeweils ohne nähere Darlegung, ein solches sei nicht erkennbar.(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009, a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 21.10.2011 - 1 S 135/11 -, NVwZ-RR 2012, 160 f.) An erstinstanzlichen Entscheidungen finden sich ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach(VG Ansbach, Urteil vom 10.9.2008 - AN 15 K 08.00780 -, juris) und mehrere Urteile des Verwaltungsgerichts des Saarlandes(VG des Saarlandes, Urteile vom 9.2.2010 - 2 K 530/09 -, vom 14.12.2010 - 2 K 445/09 -, vom 22.11.2011 - 2 K 560/10 - und vom 31.1.2012 - 2 K 667/10 -, jeweils juris), u.a. auch das im Verfahren des Klägers ergangene Urteil vom 27.9.2011.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat zu der dortigen Fallgestaltung ausgeführt, Anhaltspunkte für Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn von § 8 Abs. 2 StAG lägen nicht vor, auch wenn die Beachtung einer Staatenlosigkeit wegen der Verpflichtung, die Einbürgerung so weit wie möglich zu erleichtern, hierzu gezählt werde. Auch spiele die von dem Kläger angeführte, im öffentlichen Interesse liegende einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer ausreichenden Integration in die deutschen Verhältnisse keine ausschlaggebende Rolle. Eine klare Aussage dazu, wann Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn des Abs. 2 vorliegen, enthalten diese Ausführungen nicht.

Nach dem in den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts des Saarlandes zum Ausdruck kommenden Verständnis der in § 8 Abs. 2 StAG getroffenen Ausnahmeregelung soll das Vorliegen von Gründen des öffentlichen Interesses voraussetzen, dass der Einbürgerungsbewerber besondere Integrationsleistungen erbracht hat.

In der Kommentarliteratur wird gefordert, den Begriff des öffentlichen Interesses weit auszulegen. Anknüpfungspunkt der Argumentation sind die Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht - StAR-VwV - zur Handhabung des durch § 8 Abs. 1 StAG eröffneten Ermessens und die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG, die noch einer (für die Einbürgerungsbehörden) verbindlichen Umsetzung durch Änderung der StAR-VwV bedürfen. Das öffentliche Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei im Zusammenhang zu sehen mit den vom Bundesministerium des Inneren vorgegebenen Einbürgerungserleichterungen, die im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen seien und das öffentliche Interesse an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck brächten. Seien die Voraussetzungen einer solchen Einbürgerungserleichterung erfüllt, sei regelmäßig auch ein Abweichen vom Unterhaltserfordernis angezeigt.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 157; Hailbronner/Renner/Maaßen, a.a.O., § 8 Rdnr. 48) Zu eng, jedenfalls nicht abschließend, seien die Vorgaben der Nr. 8.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise. Denn der Gesetzgeber habe - anders als dort gefordert - nicht ein „besonderes“ oder gar „herausragendes“ öffentliches Interesse zur Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung gemacht, sondern ein „schlichtes“ öffentliches Interesse. Ein solches manifestiere sich grundsätzlich in allen in der Verwaltungspraxis anerkannten und in der StAR-VwV bezeichneten Einbürgerungserleichterungen.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 159 f.)

Diese Auslegung erscheint zu weitgehend. Sie beruht offenbar auf der Annahme, der Begriff des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei identisch mit dem in den Nummern 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV umschriebenen öffentlichen Interesse, das in den Fällen des § 8 Abs. 1 StAG im Rahmen des Einbürgerungsermessens eine dem Einbürgerungsbewerber positive Entscheidung ermöglichen kann. Wenngleich die Verwendung des Begriffs „öffentliches Interesse“ in Abs. 2 der Vorschrift dieses Verständnis auf den ersten Blick durchaus rechtfertigen könnte, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass die Annahme, der Gesetzgeber habe das Tatbestandsmerkmal „öffentliches Interesse“ im Sinn der zur Förderung einer einheitlichen Handhabung des Einbürgerungsermessens erlassenen Vorgaben der StAG-VwV zu § 8 Abs. 1 StAG verstanden wissen wollen, nicht tragfähig ist.

In Bezug auf § 8 Abs. 1 StAG verlangt das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteile 27.2.1957 - I C 165.55 -, BVerwGE 4, 298 ff., vom 30.9.1958 - I C 20.58 -, BVerwGE 7, 237 ff., vom 21.10.1986 - 1 C 44.84 -, BVerwGE 75, 86 ff., und vom 27.5.2010, a.a.O., m.w.N.) bisher in ständiger Rechtsprechung von den Einbürgerungsbehörden, bei der Ermessensausübung darauf abzustellen, ob ein staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht. Die Behörde habe zu prüfen, ob die Einbürgerung sowohl nach den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers als auch nach allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten im staatlichen Interesse erwünscht ist, ohne dass eine Abwägung mit den persönlichen Interessen des Einbürgerungsbewerbers stattfinde. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner zuletzt zur Problematik ergangenen bereits in Bezug genommenen Entscheidung vom 27.5.2010 offen gelassen, ob es ungeachtet der diesbezüglichen Kritik(Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 8 Rdnr. 50; GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnrn. 178 ff.) daran festhalten wird, dass bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG ohne Abwägung des privaten Interesses des Einbürgerungsbewerbers allein das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung zu berücksichtigen ist. Allerdings spricht im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 StAG - wie noch auszuführen sein wird - alles dafür, Einbürgerungserleichterungen, die den persönlichen Verhältnissen des Einbürgerungsbewerbers Rechnung tragen sollen, nicht als ausreichend zur Begründung eines öffentlichen Interesses zu erachten, sondern ein spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung als unverzichtbar zu fordern.

Die Vorgaben der StAR-VwV, insbesondere die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, die nach Ansicht der Kommentarliteratur ein öffentliches Interesse auch im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck bringen können, sind am 1.2.2001, also lange bevor der Gesetzgeber die Einfügung des heutigen § 8 Abs. 2 StAG beschlossen hat, in Kraft getreten. Nach Nr. 8.0 StAR-VwV kann bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG eine Einbürgerung nach Ermessen der Behörde erfolgen, wenn im Einzelfall ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung festgestellt werden kann. In diesem Zusammenhang heißt es unter Nr. 8.1.2, dass die Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 allgemeine Grundsätze für die Ermessensausübung enthalten und festlegen, unter welchen Voraussetzungen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung anzunehmen ist. Demgemäß sind die unter Nr. 8.1.2 StAR-VwV fixierten allgemeinen Grundsätze für die Ermessensausübung und die unter Nr. 8.1.3 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen für bestimmte Personengruppen vom Bundesministerium des Inneren mit dem Ziel konzipiert worden, den Einbürgerungsbehörden durch Konkretisierung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Rahmen für eine einheitliche Bewältigung der speziell bei der Anwendung des § 8 Abs. 1 StAG zu erwartenden Problemstellungen vorzugeben.

Dass jede zu § 8 Abs. 1 StAG anerkannte Einbürgerungserleichterung gleichzeitig ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zum Ausdruck bringt, ist indes nicht anzunehmen.

Das öffentliche Interesse jeweils inhaltsgleich zu verstehen, hieße zunächst, dass einerseits eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 1 der Vorschrift nur in Betracht kommt, wenn u.a. die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und 4 und gleichzeitig die im Rahmen der Ermessensbetätigung nach der StAR-VwV zu prüfenden Kriterien, von deren Vorliegen das Bestehen eines öffentlichen Interesses abhängt, allesamt erfüllt sind, dass andererseits aber eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 2 der Vorschrift bei Vorliegen der gleichen das öffentliche Interesse bestimmenden Kriterien ohne Weiteres auch möglich wäre, wenn der Einbürgerungsbewerber den tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und/oder 4 nicht genügt. Dies kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Denn die unter Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 erfassten Kriterien für das Vorliegen des im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG von der Rechtsprechung geforderten öffentlichen Interesses tragen durchaus unterschiedlichen Anliegen Rechnung, die teils primär private Belange des Einbürgerungsbewerbers und teils ausschließlich staatliche Belange im Blick haben. Die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen sind von daher nicht in gleicher Weise geeignet, im Rahmen der Ausnahmevorschrift des Abs. 2 Berücksichtigung zu finden. Die Tatbestandsmerkmale der Unbescholtenheit und der Unterhaltsfähigkeit im Sinn der Nrn. 2 und 4 des § 8 Abs. 1 StAG wären bei dem von der Kommentarliteratur vertretenen Verständnis des in Abs. 2 der Vorschrift verwendeten Begriffs des öffentlichen Interesses ihrer Bedeutung als das Einbürgerungsermessen erst eröffnende Tatbestandsvoraussetzungen vollständig enthoben, ohne dass dies nach dem sachlichen Zusammenhang gerechtfertigt wäre.

Speziell mit Blick auf § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG spricht gegen eine begriffliche Identität, dass § 8 Abs. 2 StAG den Einbürgerungsbehörden die Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung unabhängig davon einräumt, ob der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit selbst zu vertreten hat. In einer Vielzahl von Fällen, in denen einer positiven Entscheidung nach Abs. 1 das Nichtvorliegen der tatbestandlichen Anforderungen der Nr. 4 entgegensteht, stünde es auch im Falle rein privatnütziger, besondere persönliche Umstände berücksichtigender Einbürgerungserleichterungen im Ermessen der Einbürgerungsbehörde, ob sie grundsätzlich oder je nach den Umständen des Einzelfalls fordert, dass der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit nicht zu vertreten hat.

Die aufgezeigte Problematik wird anhand des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts deutlich. Ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG ist dem Beklagten mit Blick auf Nr. 4 der Vorschrift nicht eröffnet. Dessen ungeachtet genügt der Kläger allen unter Nr. 8.1.2 i.V.m. Nr. 8.1.3.7 und unter Nrn. 8.1.2.2 bis 8.1.2.6 festgelegten Kriterien, die im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG den Begriff des öffentlichen Interesses konkretisieren sollen. Denn auch dem Erfordernis ausreichender Sprachkenntnisse wäre mit Blick auf die - seinen persönlichen Belangen Rechnung tragende - Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 Genüge getan, da insoweit bei Personen, die - wie er - das 60. Lebensjahr vollendet und seit 12 Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, ausreicht, wenn sie sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben mündlich in deutscher Sprache verständigen können. Zu Zweifeln, ob der Kläger sich in dieser Weise verständigen kann, besteht angesichts seiner Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Veranlassung. Der Klarstellung halber sei angemerkt, dass der Senat der Ansicht des Beklagten, bei Anwendung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV sei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob nicht die Vita des Einbürgerungsbewerbers der Anwendung dieser Verwaltungsvorschrift entgegensteht, nicht zu folgen vermag. Sinn und Zweck dieser aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Verwaltungsvorschrift ist es, den besonderen persönlichen Verhältnissen und dem typischerweise nur noch eingeschränkten Leistungsvermögen älterer Personen im Falle eines langjährigen Inlandsaufenthalts im Rahmen der Ermessensausübung angemessen Rechnung zu tragen, und zwar unabhängig davon, ob ihnen der Erwerb weitergehender Sprachkenntnisse in jüngeren Jahren nach ihren persönlichen Fähigkeiten und ihren Lebensverhältnissen zumutbar gewesen wäre.

Die Annahme, dass der Tatbestand des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG mit dem durch die Vorgaben der StAR-VwV zu Abs. 1 der Vorschrift konkretisierten öffentlichen Interesse identisch ist, hätte somit fallbezogen zur Folge, dass der Beklagte den Kläger auf der Grundlage des Abs. 2 wegen Eingreifens der Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV einbürgern könnte, ohne dass er kraft Gesetzes oder auch nur kraft Verwaltungsvorschrift gehalten wäre zu prüfen, ob dieser seine fehlende Unterhaltsfähigkeit zu vertreten hat. Es erscheint fernliegend, dass dies der Intention des Gesetzgebers entspricht.

Die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG sprechen - ungeachtet des Umstands, dass sie die Gerichte nicht zu binden vermögen und selbst im Verhältnis zu den Behörden noch einer verbindlichen Umsetzung bedürfen - ebenfalls gegen die von der Kommentarliteratur befürwortete weite Auslegung der Vorschrift. Denn deren Nr. 8.2 verweist gerade nicht auf die Gesamtheit der in Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, deren Vorliegen ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG rechtfertigen kann. Vielmehr soll ein Absehen von dem Unbescholtenheitserfordernis bzw. der Unterhaltsfähigkeit nach Nr. 8.2 StAR-VwV z.B. in Betracht kommen, wenn bereits Einbürgerungserleichterungen, einschließlich vorübergehender oder dauerhafter Hinnahme von Mehrstaatigkeit, bei einem besonderen (Nr. 8.1.3.5 StAR-VwV) oder herausragenden (Nr. 8.1.2.6.3.6 StAR-VwV) öffentlichen Interesse - Verkürzung der Mindestdauer des Inlandsaufenthalts bei Vorliegen eines besonderen Einbürgerungsinteresses oder Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei einem herausragenden öffentlichen Einbürgerungsinteresse - eingeräumt worden sind. In den beispielhaft genannten Anwendungsfällen setzt ein Absehen von der Unterhaltsfähigkeit mithin voraus, dass ein besonderes oder herausragendes Einbürgerungsinteresse besteht. Dazu, ob weitere, gegebenenfalls welche, Fallgestaltungen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG denkbar sind, verhalten sich die Vorläufigen Anwendungshinweise nicht. Allerdings spricht der Umstand, dass die in der StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen nicht allesamt in Bezug genommen werden, eindeutig dafür, dass jedenfalls nach dem Verständnis des Bundesministeriums des Inneren nicht jede zu Abs. 1 der Vorschrift vorgesehene Einbürgerungserleichterung den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG nahe legen soll, sondern vorrangig oder ausschließlich solche, die einem spezifisch staatlichen Interesse zu dienen bestimmt sind.

Allein ein solches Verständnis der Vorschrift erscheint aus Sicht des Senats sachgerecht. Ermessensgesichtspunkte und Einbürgerungserleichterungen, die nach der Rechtsprechung und den insoweit geltenden Verwaltungsvorschriften der StAR-VwV zwar im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG beachtlich und grundsätzlich dort geeignet sind, eine dem Ausländer positive Einbürgerungsentscheidung zu ermöglichen, aber nicht irgendwie gearteten staatlichen Interessen dienen, sondern vorrangig besonderen persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des Ausländers angemessen Rechnung tragen sollen, vermögen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nicht zu begründen.

So kann sich beispielsweise daraus, dass im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 StAG und zweifelsfrei ebenso des Absatzes 2 der Vorschrift eine Aufenthaltserlaubnis, die nach § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen auf Dauer zugesagt ist, als erforderlicher Aufenthalt ausreichen soll (Nr. 8.1.2.4 StAR-VwV), kein im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG beachtliches öffentliches Interesse an der Einbürgerung ergeben. Gleiches gilt etwa hinsichtlich der die allgemein geltenden Sprachanforderungen einschränkenden Einbürgerungserleichterungen für minderjährige Kinder (Nr. 8.1.3.6 StAR-VwV) und ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV).

Nach allem ist ein öffentliches Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit - insoweit gegebenenfalls auch im Falle eines Vertretenmüssens - einzubürgern. Nur bei Bestehen eines solchen durch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses verlangt die Vorschrift der Einbürgerungsbehörde die Betätigung ihres Einbürgerungsermessens ab.

Nach Einschätzung des Senats entspricht dies der - wenngleich bisher nicht ausdrücklich formulierten - Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts. Wie ausgeführt, hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20.3.2012 in einem Fall, in dem ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG wegen Nichterfüllung des Unbescholtenheitserfordernisses ausgeschlossen war, beanstandet, dass es an der nötigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung fehle, ob ein öffentliches Interesse im Sinne des Absatzes 2 der Vorschrift besteht. Denn das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, nicht zum Anlass genommen zu überprüfen, ob und inwieweit dies zutreffe und wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien. Damit hat es, ohne die tatbestandlichen Anforderungen eines öffentlichen Interesses im Sinne des Absatzes 2 näher zu definieren, deren Vorliegen jedenfalls nicht davon abhängig gemacht, ob eine der in der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zu Absatz 1 der Vorschrift allgemein anerkannten, das öffentliche Interesse im Sinne des Absatzes 1 kennzeichnenden Einbürgerungserleichterungen greift, sondern bezogen auf den konkreten Sachverhalt die Prüfung gefordert, ob die Wahrnehmung einer repräsentativen Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG begründet. Dies kann nur dahingehend verstanden werden, dass im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein spezifisch staatliches Interesse an einem ausnahmsweisen Absehen von den strengen Voraussetzungen des Abs. 1 Nrn. 2 und/oder 4 besteht.

Mithin ist nicht zu erwarten, dass das Bundesverwaltungsgericht den Vorschlag der Kommentarliteratur, jedwede anerkannte Einbürgerungserleichterung als geeignet anzusehen, ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu begründen, aufgreifen könnte.

Demgemäß füllt allein die dem Kläger zugute kommende Einbürgerungserleichterung für ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV) den Tatbestand eines öffentlichen Interesses im Sinne der genannten Vorschrift nicht aus. Gleichzeitig ist festzustellen, dass Anhaltspunkte für das Bestehen eines durch spezifisch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers, also eines Erwünschtseins seiner Einbürgerung aufgrund allgemeiner politischer, wirtschaftlicher und kultureller Gesichtspunkte, weder ersichtlich noch dargetan sind. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Ansicht vertreten, für ein „Erwünschtsein“ im Sinne eines staatlichen Interesses an seiner Einbürgerung müsse ausreichen, dass er schon über 30 Jahre und damit sehr lange in Deutschland lebe und hier auf Dauer bleibeberechtigt sei. Zudem hätten seine Kinder sich ebenfalls hier niedergelassen, seien zum Teil schon lange eingebürgert und berufstätig, so dass sie als Steuerzahler zum Gemeinwohl beitrügen. Dies reicht - so erfreulich die Entwicklung der Kinder sicherlich ist - mit Blick auf den hier allein interessierenden Kläger zur Begründung eines staatlichen Interesses im vorbezeichneten Sinne nicht aus. Dass das Alter und ein langjähriger Aufenthalt im Inland einem Einbürgerungsbewerber im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG einbürgerungserleichternd zugute kommen können, vermag - wie ausgeführt - für sich genommen nicht automatisch den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu rechtfertigen, und kann auch im Zusammenspiel mit einer gelungenen Integration der Kinder ein solches Interesse nicht begründen. Denn § 8 Abs. 2 StAG enthält nach der gesetzlichen Konzeption einen Ausnahmetatbestand und setzt daher voraus, dass der konkrete Fall sich in einer spezifischen Weise von der in der Mehrzahl der Zuwandererfamilien zu beobachtenden Integration der Kinder in die hiesigen Verhältnisse - zusätzlich - positiv abhebt. Anhaltspunkte hierfür sind nicht vorgetragen oder ersichtlich. Dem Beklagten ist mithin ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 2 StAG nicht eröffnet.

Wegen Fehlens diesbezüglicher tatsächlicher Anhaltspunkte und damit mangels Entscheidungsrelevanz bedarf keiner Entscheidung, ob - wie das Verwaltungsgericht annimmt - ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG auch bei besonderen Integrationsleistungen des Einbürgerungsbewerbers zu bejahen ist. Angemerkt sei lediglich, dass für eine solche Auslegung der Vorschrift die - wenngleich in anderem Zusammenhang verwendete - Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010 „zur Vermeidung einer Härte oder wegen anderweitiger Integrationsleistungen“(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O., juris-Rdnr. 36 (vgl. auch Rdnr. 39)) sprechen mag.

3. Nach alldem bleibt festzuhalten, dass dem Kläger weder auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 StAG noch des § 8 Abs. 2 StAG ein Anspruch darauf zusteht, dass der Beklagte erneut über sein Einbürgerungsbegehren entscheidet.

Die Berufung gegen das den diesbezüglich gestellten Hilfsantrag des Klägers abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt daher der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 42.1 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, muss aber in der Sache ohne Erfolg bleiben.

Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage hinsichtlich des Hilfsantrags, den allein der Kläger im Berufungsverfahren weiterverfolgt, zu Recht abgewiesen. Ihm ist zudem darin zuzustimmen, dass dem Kläger mit Blick auf das Fehlen eines insoweit geeigneten Aufenthaltstitels kein aus § 10 StAG herleitbarer Anspruch auf Einbürgerung zusteht. Dies hat der Kläger ausweislich der Beschränkung seines Berufungsbegehrens akzeptiert. Sein im Berufungsverfahren weiter verfolgter Antrag, den Beklagten zu verpflichten, über seinen Einbürgerungsantrag in Anwendung des § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 StAG erneut nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ist unbegründet.

1. Ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch auf Neubescheidung setzt zunächst voraus, dass die durch die Vorschrift vorgegebenen gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Ist dies zu bejahen, so steht die Einbürgerung im grundsätzlich weiten Ermessen des Beklagten als zuständiger Einbürgerungsbehörde.(Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht - GK-StAR -, Stand 25. Erg.lfg. August 2011, § 8 Rdnr. 170 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 27.5.2010 - 5 C 8/09 -, NVwZ 2010, 1502 ff.)

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 8 Abs. 1 StAG ist geklärt, dass der Einbürgerungsbehörde ein Einbürgerungsermessen nach dieser Vorschrift nur eingeräumt ist, wenn neben den sonstigen in der Vorschrift aufgeführten und vorliegend außer Streit stehenden Voraussetzungen das auf den Nachweis der wirtschaftlichen Integration zielende Tatbestandsmerkmal der Nr. 4 erfüllt ist.(BVerwG, Urteil vom 27.2.1958 - I C 99.56 -, BVerwGE 6, 207 ff.) Hiernach muss der Ausländer im Stande sein, sich und seine Angehörigen aus eigener Kraft zu ernähren. Ist dies nicht der Fall, weil der Ausländer auf den Bezug von (ergänzenden) Sozialleistungen angewiesen ist, spielt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der obergerichtlichen Rechtsprechung(OVG Berlin, Beschluss vom 9.10.1995 - 5 M 25.95 -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.3.1996 - 13 S 1908/95 -, jeweils juris) zu § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG keine Rolle, ob der Ausländer seine Bedürftigkeit zu vertreten hat. Auf Kritik von Seiten der Kommentarliteratur(GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnr. 124), wonach dieses keine Ausnahmen zulassende Verständnis des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG den seit Inkrafttreten der Vorschrift im Jahr 1914 zu verzeichnenden sozialpolitischen Veränderungen nicht angemessen Rechnung trage, hat das Bundesverwaltungsgericht seine am Wortlaut orientierte Auslegung der Vorschrift in der Vergangenheit mehrfach bekräftigt. Es hat dies damit begründet, dass der Gesetzgeber das Staatsangehörigkeitsrecht - u.a. auch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG - wiederholt geändert, dabei die Einbürgerung für bestimmte Personenkreise mit Wirkung zum 1.1.1991 erleichtert und geregelt habe, unter welchen Voraussetzungen die Inanspruchnahme von Sozialleistungen der Einbürgerung nicht entgegenstehe. Dies berücksichtigend verbiete es sich, die unverändert gebliebene Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, die in diese neuere Gesetzgebung nicht einbezogen worden sei, teleologisch zu reduzieren.(BVerwG, Beschlüsse vom 5.5.1997 - 1 B 94/97 -, NVwZ-RR 1997, 738 f., und vom 10.7.1997 - 1 B 141/97 -, NVwZ 1998, 183 f.; Urteil vom 22.6.1999 - 1 C 16/98 -, InfAuslR 1999, 501 ff.) Zu der Frage, wann ein Einbürgerungsbewerber sich und seine Angehörigen auf Dauer aus eigenen Mitteln ernähren kann, hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.7.1998 - 13 S 2212/96 -, InfAuslR 1998, 509 ff.) überzeugend ausgeführt, dass er zumindest über eigene Einnahmen in Höhe der Regelsätze der Sozialhilfe verfügen muss.

Fallbezogen scheitert ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags am Nichtvorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung der Nr. 4 der Vorschrift, da der Kläger für sich und seine Ehefrau fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Gestalt der bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII bezieht. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass dieser Leistungsbezug einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG auch dann entgegensteht, wenn der Kläger den Umstand, der ihn zur Inanspruchnahme dieser Leistungen berechtigt, nicht zu vertreten hat.

Da es im Rahmen der Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG nicht darauf ankommt, ob der Einbürgerungsbewerber seine Bedürftigkeit zu vertreten hat, ist aus Rechtsgründen kein Raum für die von dem Kläger reklamierte entsprechende Heranziehung der vom Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 19.2.2009 - 5 C 22/08 -, NVwZ 2009, 843 ff.) entwickelten Grundsätze zur Frage, unter welchen Voraussetzungen sich frühere Versäumnisse nicht mehr als wesentliche, prägende Ursache für den Leistungsbezug darstellen und daher vom Einbürgerungsbewerber nicht mehr im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG zu vertreten sind. Dies ist sachgerecht, denn die gesetzlichen Erleichterungen, die diese Vorschrift gewährt, rechtfertigen sich - wie das Bundesverwaltungsgericht in dem klägerseits zitierten Urteil vom 19.2.2009 ausdrücklich hervorgehoben hat - daraus, dass bei zurechenbar unzureichender wirtschaftlicher Integration schon die erforderliche Voraufenthaltszeit eines achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalts oder der für den Einbürgerungsanspruch erforderliche Aufenthaltsstatus gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht erreicht werden kann, weil die aufenthaltsrechtlichen Vorschriften (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) regelmäßig einen gesicherten Lebensunterhalt verlangen. Dies gilt insbesondere auch für die Ersetzung einer - wie im Fall des Klägers - nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen erteilten oder verlängerten befristeten Aufenthaltserlaubnis durch eine Niederlassungserlaubnis, da deren Erteilung nach den §§ 26 Abs. 4 i.V.m. 9 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ebenfalls voraussetzt, dass der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist.

Der Kläger begründet seine Ansicht, im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG dürfe hinsichtlich der Unterhaltsfähigkeit kein strengerer Maßstab als im Rahmen des § 10 StAG angelegt werden, mit den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010.(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O.) Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Ausführungen, wonach die Anspruchsvoraussetzungen bzw. Ausschlussgründe der §§ 10 und 11 StAG der Sache nach bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG berücksichtigt werden dürfen, ausdrücklich unter dem Vorbehalt stehen, dass sie in § 8 Abs. 1 StAG nicht schon auf der Tatbestandsebene modifiziert sind. Gerade dies ist der Fall, denn die tatbestandlichen Anforderungen an die Unterhaltsfähigkeit sind in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG anders - insbesondere unter Anlegung strengerer Kriterien - geregelt als in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG.

Im Übrigen verkennt der Kläger bei seiner Argumentation, ihm dürften die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zugerechnet werden, dass die diesbezüglich vom Bundesverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht entwickelten Kriterien in seinem Fall nicht erfüllt sind. Denn der hiernach maßgebliche Zeitraum von acht Jahren ist noch nicht verstrichen. Dem Kläger ist entgegenzuhalten, dass er und seine Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft seit Erreichen des Rentenalters im Juli 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter beziehen, weil er sich seit Erhalt seiner Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 nur unzureichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat und daher keinen Anspruch auf eine Altersrente erwerben konnte. Ausweislich der Ausländerakte ist der Kläger seitens der Ausländerbehörde frühzeitig schriftlich darauf hingewiesen worden, dass eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden kann, wenn der Lebensunterhalt der Familie aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert ist (Schreiben der Ausländerbehörde vom 4.11.1992, Bl. 173 f. der Ausländerakte, und Bescheid vom 5.1.1993 betreffend die Ablehnung der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, Bl. 178 f. der Ausländerakte). Aktenkundig sind indes lediglich drei - von vornherein wenig erfolgversprechende - Versuche, eine Arbeitsstelle zu finden, nämlich seine Bewerbungen 1996 in Berlin bzw. Hamburg und 2005 erneut in Berlin. Die jeweiligen Ausländerbehörden lehnten eine Aufnahme des Klägers in ihren Zuständigkeitsbereich jeweils ab, und zwar wegen Nichtbeibringung der geforderten Einstellungszusicherung (Bl. 219 der Ausländerakte) bzw. weil nach der Höhe des voraussichtlichen Verdienstes nicht auszuschließen war, dass er weiterhin auf den Bezug von Sozialleistungen angewiesen sein würde (Bl. 230 und 279 der Ausländerakte). Sonstige - insbesondere ortsnahe und insofern erfolgversprechendere - Bemühungen des Klägers um eine Beschäftigung trägt dieser selbst nicht vor. Er gibt lediglich an, sich wiederholt und regelmäßig bei den Arbeitsämtern in H., V. und A-Stadt als arbeitssuchend gemeldet zu haben (Bl. 176 der Einbürgerungsakte). Erfolglos gebliebene Bewerbungen behauptet er nicht. Zudem tritt er der Feststellung in dem angefochtenen, die Einbürgerung ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 3.3.2010, es könne nicht von einem unverschuldeten Bezug öffentlicher Mittel ausgegangen werden, im Klage- und Berufungsverfahren nur insoweit entgegen, als er geltend macht, mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien ihm die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zurechenbar. Dies trifft indes gerade nicht zu. Denn der Sachverhalt stellt sich so dar, dass dem Kläger seit Erhalt einer Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 unzureichende Bemühungen um eine Arbeitsstelle entgegenzuhalten sind. Seit Beendigung dieser langen Zeit mangelnder Anstrengungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes sind im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erst ca. vier Jahre verstrichen, so dass der Kläger aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schon aus tatsächlichen Gründen nicht zu seinen Gunsten herleiten kann, dass er für seine jahrelang unzureichenden Bemühungen nicht mehr einzustehen habe.

2. Aus § 8 Abs. 2 StAG leitet sich ein Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags ebenfalls nicht her.

Nach dieser Vorschrift kann von dem Unbescholtenheitserfordernis des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG und dem Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden. Der Gesetzgeber hat diese Ausnahmevorschrift, die bezüglich der Nr. 4 am 1.1.2005 und bezüglich der Nr. 2 am 28.9.2007 in Kraft getreten ist, neu in das Staatsangehörigkeitsgesetz eingefügt, weil er im Hinblick auf die Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG mit ihren speziellen Voraussetzungen auch bei der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG eine Ausnahmeregelung als erforderlich ansah. Bei den Tatbestandsvoraussetzungen „Gründe des öffentlichen Interesses“ und „Vermeidung einer besonderen Härte“ handelt es sich jeweils um unbestimmte Rechtsbegriffe, die inhaltlicher Konkretisierung bedürfen und deren Auslegung und Anwendung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Fallbezogen spricht nichts für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands.

Die Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 2 StAG ist für die Auslegung der Vorschrift nicht ergiebig. Sie führt lediglich einen - hier nicht einschlägigen - Beispielsfall einer besonderen Härte an. Hinweise zum Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Gründe des öffentlichen Interesses“ fehlen vollständig.(BT-Drs. 14/7387, S. 107, und 15/420, S. 116)

In der Rechtsprechung ist bisher nur in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Vermeidung einer besonderen Härte geklärt, welche konkreten Anforderungen die gesetzliche Neuregelung an das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls stellt.

Das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 20.3.2012 - 5 C 5.11 -) hat vor kurzem entschieden, dass eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG durch atypische Umstände des Einzelfalls bedingt und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen sein muss und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden könnte. Es hat damit die bisher zu den Anforderungen an das Vorliegen einer besonderen Härte ergangene obergerichtliche Rechtsprechung(HessVGH, Beschluss vom 21.10.2008 - 5 A 1820.08.Z -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009 - 13 S 2428.08 -, jeweils juris), u.a. des Senats(OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.6.2010 - 1 A 88/10 -, juris), bestätigt. Dies zugrundelegend kommt fallbezogen ein Einbürgerungsermessen des Beklagten zur Vermeidung einer besonderen Härte nicht in Betracht. Die Argumentation des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, eine besondere Härte liege darin, dass er wegen seines Alters außer Stande sei, an seinem Angewiesensein auf den Bezug von Sozialleistungen noch etwas zu ändern, geht fehl. Denn diese Situation wird weder durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen noch könnte sie durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der Würdigung der Versagung der Einbürgerung als besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG selbst in Fällen, in denen der Betroffene den Bezug von Sozialhilfeleistungen nicht zu vertreten hat, bereits mehrfach - u.a. in seinem vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 20.3.2012 in Bezug genommenen Beschluss vom 11.6.2009 - eine Absage erteilt.(OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 11.6.2009 - OVG 5 M 30.08 -, und vom 8.2.2010 - OVG 5 M 48.09 -, jeweils juris) Auch dies überzeugt.

Zur Frage, wann die Voraussetzungen des alternativen Tatbestandsmerkmals „aus Gründen des öffentlichen Interesses“ erfüllt sind, hat sich das Bundesverwaltungsgericht noch nicht dezidiert geäußert. In seinem Urteil vom 20.3.2012 hat es allerdings beanstandet, dass das Berufungsgericht das Vorbringen des dortigen Einbürgerungsbewerbers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, in tatsächlicher Hinsicht nicht hinterfragt und nicht geprüft habe, wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien.

Die obergerichtliche Rechtsprechung hat sich zu den Anforderungen, die an das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu stellen sind, ebenfalls noch nicht festgelegt. In den Entscheidungen, in denen § 8 Abs. 2 StAG Erwähnung findet, heißt es - sofern das Vorliegen eines öffentlichen Interesses angeprüft wird - jeweils ohne nähere Darlegung, ein solches sei nicht erkennbar.(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009, a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 21.10.2011 - 1 S 135/11 -, NVwZ-RR 2012, 160 f.) An erstinstanzlichen Entscheidungen finden sich ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach(VG Ansbach, Urteil vom 10.9.2008 - AN 15 K 08.00780 -, juris) und mehrere Urteile des Verwaltungsgerichts des Saarlandes(VG des Saarlandes, Urteile vom 9.2.2010 - 2 K 530/09 -, vom 14.12.2010 - 2 K 445/09 -, vom 22.11.2011 - 2 K 560/10 - und vom 31.1.2012 - 2 K 667/10 -, jeweils juris), u.a. auch das im Verfahren des Klägers ergangene Urteil vom 27.9.2011.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat zu der dortigen Fallgestaltung ausgeführt, Anhaltspunkte für Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn von § 8 Abs. 2 StAG lägen nicht vor, auch wenn die Beachtung einer Staatenlosigkeit wegen der Verpflichtung, die Einbürgerung so weit wie möglich zu erleichtern, hierzu gezählt werde. Auch spiele die von dem Kläger angeführte, im öffentlichen Interesse liegende einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer ausreichenden Integration in die deutschen Verhältnisse keine ausschlaggebende Rolle. Eine klare Aussage dazu, wann Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn des Abs. 2 vorliegen, enthalten diese Ausführungen nicht.

Nach dem in den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts des Saarlandes zum Ausdruck kommenden Verständnis der in § 8 Abs. 2 StAG getroffenen Ausnahmeregelung soll das Vorliegen von Gründen des öffentlichen Interesses voraussetzen, dass der Einbürgerungsbewerber besondere Integrationsleistungen erbracht hat.

In der Kommentarliteratur wird gefordert, den Begriff des öffentlichen Interesses weit auszulegen. Anknüpfungspunkt der Argumentation sind die Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht - StAR-VwV - zur Handhabung des durch § 8 Abs. 1 StAG eröffneten Ermessens und die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG, die noch einer (für die Einbürgerungsbehörden) verbindlichen Umsetzung durch Änderung der StAR-VwV bedürfen. Das öffentliche Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei im Zusammenhang zu sehen mit den vom Bundesministerium des Inneren vorgegebenen Einbürgerungserleichterungen, die im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen seien und das öffentliche Interesse an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck brächten. Seien die Voraussetzungen einer solchen Einbürgerungserleichterung erfüllt, sei regelmäßig auch ein Abweichen vom Unterhaltserfordernis angezeigt.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 157; Hailbronner/Renner/Maaßen, a.a.O., § 8 Rdnr. 48) Zu eng, jedenfalls nicht abschließend, seien die Vorgaben der Nr. 8.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise. Denn der Gesetzgeber habe - anders als dort gefordert - nicht ein „besonderes“ oder gar „herausragendes“ öffentliches Interesse zur Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung gemacht, sondern ein „schlichtes“ öffentliches Interesse. Ein solches manifestiere sich grundsätzlich in allen in der Verwaltungspraxis anerkannten und in der StAR-VwV bezeichneten Einbürgerungserleichterungen.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 159 f.)

Diese Auslegung erscheint zu weitgehend. Sie beruht offenbar auf der Annahme, der Begriff des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei identisch mit dem in den Nummern 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV umschriebenen öffentlichen Interesse, das in den Fällen des § 8 Abs. 1 StAG im Rahmen des Einbürgerungsermessens eine dem Einbürgerungsbewerber positive Entscheidung ermöglichen kann. Wenngleich die Verwendung des Begriffs „öffentliches Interesse“ in Abs. 2 der Vorschrift dieses Verständnis auf den ersten Blick durchaus rechtfertigen könnte, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass die Annahme, der Gesetzgeber habe das Tatbestandsmerkmal „öffentliches Interesse“ im Sinn der zur Förderung einer einheitlichen Handhabung des Einbürgerungsermessens erlassenen Vorgaben der StAG-VwV zu § 8 Abs. 1 StAG verstanden wissen wollen, nicht tragfähig ist.

In Bezug auf § 8 Abs. 1 StAG verlangt das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteile 27.2.1957 - I C 165.55 -, BVerwGE 4, 298 ff., vom 30.9.1958 - I C 20.58 -, BVerwGE 7, 237 ff., vom 21.10.1986 - 1 C 44.84 -, BVerwGE 75, 86 ff., und vom 27.5.2010, a.a.O., m.w.N.) bisher in ständiger Rechtsprechung von den Einbürgerungsbehörden, bei der Ermessensausübung darauf abzustellen, ob ein staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht. Die Behörde habe zu prüfen, ob die Einbürgerung sowohl nach den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers als auch nach allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten im staatlichen Interesse erwünscht ist, ohne dass eine Abwägung mit den persönlichen Interessen des Einbürgerungsbewerbers stattfinde. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner zuletzt zur Problematik ergangenen bereits in Bezug genommenen Entscheidung vom 27.5.2010 offen gelassen, ob es ungeachtet der diesbezüglichen Kritik(Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 8 Rdnr. 50; GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnrn. 178 ff.) daran festhalten wird, dass bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG ohne Abwägung des privaten Interesses des Einbürgerungsbewerbers allein das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung zu berücksichtigen ist. Allerdings spricht im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 StAG - wie noch auszuführen sein wird - alles dafür, Einbürgerungserleichterungen, die den persönlichen Verhältnissen des Einbürgerungsbewerbers Rechnung tragen sollen, nicht als ausreichend zur Begründung eines öffentlichen Interesses zu erachten, sondern ein spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung als unverzichtbar zu fordern.

Die Vorgaben der StAR-VwV, insbesondere die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, die nach Ansicht der Kommentarliteratur ein öffentliches Interesse auch im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck bringen können, sind am 1.2.2001, also lange bevor der Gesetzgeber die Einfügung des heutigen § 8 Abs. 2 StAG beschlossen hat, in Kraft getreten. Nach Nr. 8.0 StAR-VwV kann bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG eine Einbürgerung nach Ermessen der Behörde erfolgen, wenn im Einzelfall ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung festgestellt werden kann. In diesem Zusammenhang heißt es unter Nr. 8.1.2, dass die Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 allgemeine Grundsätze für die Ermessensausübung enthalten und festlegen, unter welchen Voraussetzungen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung anzunehmen ist. Demgemäß sind die unter Nr. 8.1.2 StAR-VwV fixierten allgemeinen Grundsätze für die Ermessensausübung und die unter Nr. 8.1.3 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen für bestimmte Personengruppen vom Bundesministerium des Inneren mit dem Ziel konzipiert worden, den Einbürgerungsbehörden durch Konkretisierung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Rahmen für eine einheitliche Bewältigung der speziell bei der Anwendung des § 8 Abs. 1 StAG zu erwartenden Problemstellungen vorzugeben.

Dass jede zu § 8 Abs. 1 StAG anerkannte Einbürgerungserleichterung gleichzeitig ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zum Ausdruck bringt, ist indes nicht anzunehmen.

Das öffentliche Interesse jeweils inhaltsgleich zu verstehen, hieße zunächst, dass einerseits eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 1 der Vorschrift nur in Betracht kommt, wenn u.a. die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und 4 und gleichzeitig die im Rahmen der Ermessensbetätigung nach der StAR-VwV zu prüfenden Kriterien, von deren Vorliegen das Bestehen eines öffentlichen Interesses abhängt, allesamt erfüllt sind, dass andererseits aber eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 2 der Vorschrift bei Vorliegen der gleichen das öffentliche Interesse bestimmenden Kriterien ohne Weiteres auch möglich wäre, wenn der Einbürgerungsbewerber den tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und/oder 4 nicht genügt. Dies kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Denn die unter Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 erfassten Kriterien für das Vorliegen des im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG von der Rechtsprechung geforderten öffentlichen Interesses tragen durchaus unterschiedlichen Anliegen Rechnung, die teils primär private Belange des Einbürgerungsbewerbers und teils ausschließlich staatliche Belange im Blick haben. Die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen sind von daher nicht in gleicher Weise geeignet, im Rahmen der Ausnahmevorschrift des Abs. 2 Berücksichtigung zu finden. Die Tatbestandsmerkmale der Unbescholtenheit und der Unterhaltsfähigkeit im Sinn der Nrn. 2 und 4 des § 8 Abs. 1 StAG wären bei dem von der Kommentarliteratur vertretenen Verständnis des in Abs. 2 der Vorschrift verwendeten Begriffs des öffentlichen Interesses ihrer Bedeutung als das Einbürgerungsermessen erst eröffnende Tatbestandsvoraussetzungen vollständig enthoben, ohne dass dies nach dem sachlichen Zusammenhang gerechtfertigt wäre.

Speziell mit Blick auf § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG spricht gegen eine begriffliche Identität, dass § 8 Abs. 2 StAG den Einbürgerungsbehörden die Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung unabhängig davon einräumt, ob der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit selbst zu vertreten hat. In einer Vielzahl von Fällen, in denen einer positiven Entscheidung nach Abs. 1 das Nichtvorliegen der tatbestandlichen Anforderungen der Nr. 4 entgegensteht, stünde es auch im Falle rein privatnütziger, besondere persönliche Umstände berücksichtigender Einbürgerungserleichterungen im Ermessen der Einbürgerungsbehörde, ob sie grundsätzlich oder je nach den Umständen des Einzelfalls fordert, dass der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit nicht zu vertreten hat.

Die aufgezeigte Problematik wird anhand des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts deutlich. Ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG ist dem Beklagten mit Blick auf Nr. 4 der Vorschrift nicht eröffnet. Dessen ungeachtet genügt der Kläger allen unter Nr. 8.1.2 i.V.m. Nr. 8.1.3.7 und unter Nrn. 8.1.2.2 bis 8.1.2.6 festgelegten Kriterien, die im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG den Begriff des öffentlichen Interesses konkretisieren sollen. Denn auch dem Erfordernis ausreichender Sprachkenntnisse wäre mit Blick auf die - seinen persönlichen Belangen Rechnung tragende - Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 Genüge getan, da insoweit bei Personen, die - wie er - das 60. Lebensjahr vollendet und seit 12 Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, ausreicht, wenn sie sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben mündlich in deutscher Sprache verständigen können. Zu Zweifeln, ob der Kläger sich in dieser Weise verständigen kann, besteht angesichts seiner Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Veranlassung. Der Klarstellung halber sei angemerkt, dass der Senat der Ansicht des Beklagten, bei Anwendung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV sei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob nicht die Vita des Einbürgerungsbewerbers der Anwendung dieser Verwaltungsvorschrift entgegensteht, nicht zu folgen vermag. Sinn und Zweck dieser aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Verwaltungsvorschrift ist es, den besonderen persönlichen Verhältnissen und dem typischerweise nur noch eingeschränkten Leistungsvermögen älterer Personen im Falle eines langjährigen Inlandsaufenthalts im Rahmen der Ermessensausübung angemessen Rechnung zu tragen, und zwar unabhängig davon, ob ihnen der Erwerb weitergehender Sprachkenntnisse in jüngeren Jahren nach ihren persönlichen Fähigkeiten und ihren Lebensverhältnissen zumutbar gewesen wäre.

Die Annahme, dass der Tatbestand des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG mit dem durch die Vorgaben der StAR-VwV zu Abs. 1 der Vorschrift konkretisierten öffentlichen Interesse identisch ist, hätte somit fallbezogen zur Folge, dass der Beklagte den Kläger auf der Grundlage des Abs. 2 wegen Eingreifens der Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV einbürgern könnte, ohne dass er kraft Gesetzes oder auch nur kraft Verwaltungsvorschrift gehalten wäre zu prüfen, ob dieser seine fehlende Unterhaltsfähigkeit zu vertreten hat. Es erscheint fernliegend, dass dies der Intention des Gesetzgebers entspricht.

Die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG sprechen - ungeachtet des Umstands, dass sie die Gerichte nicht zu binden vermögen und selbst im Verhältnis zu den Behörden noch einer verbindlichen Umsetzung bedürfen - ebenfalls gegen die von der Kommentarliteratur befürwortete weite Auslegung der Vorschrift. Denn deren Nr. 8.2 verweist gerade nicht auf die Gesamtheit der in Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, deren Vorliegen ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG rechtfertigen kann. Vielmehr soll ein Absehen von dem Unbescholtenheitserfordernis bzw. der Unterhaltsfähigkeit nach Nr. 8.2 StAR-VwV z.B. in Betracht kommen, wenn bereits Einbürgerungserleichterungen, einschließlich vorübergehender oder dauerhafter Hinnahme von Mehrstaatigkeit, bei einem besonderen (Nr. 8.1.3.5 StAR-VwV) oder herausragenden (Nr. 8.1.2.6.3.6 StAR-VwV) öffentlichen Interesse - Verkürzung der Mindestdauer des Inlandsaufenthalts bei Vorliegen eines besonderen Einbürgerungsinteresses oder Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei einem herausragenden öffentlichen Einbürgerungsinteresse - eingeräumt worden sind. In den beispielhaft genannten Anwendungsfällen setzt ein Absehen von der Unterhaltsfähigkeit mithin voraus, dass ein besonderes oder herausragendes Einbürgerungsinteresse besteht. Dazu, ob weitere, gegebenenfalls welche, Fallgestaltungen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG denkbar sind, verhalten sich die Vorläufigen Anwendungshinweise nicht. Allerdings spricht der Umstand, dass die in der StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen nicht allesamt in Bezug genommen werden, eindeutig dafür, dass jedenfalls nach dem Verständnis des Bundesministeriums des Inneren nicht jede zu Abs. 1 der Vorschrift vorgesehene Einbürgerungserleichterung den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG nahe legen soll, sondern vorrangig oder ausschließlich solche, die einem spezifisch staatlichen Interesse zu dienen bestimmt sind.

Allein ein solches Verständnis der Vorschrift erscheint aus Sicht des Senats sachgerecht. Ermessensgesichtspunkte und Einbürgerungserleichterungen, die nach der Rechtsprechung und den insoweit geltenden Verwaltungsvorschriften der StAR-VwV zwar im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG beachtlich und grundsätzlich dort geeignet sind, eine dem Ausländer positive Einbürgerungsentscheidung zu ermöglichen, aber nicht irgendwie gearteten staatlichen Interessen dienen, sondern vorrangig besonderen persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des Ausländers angemessen Rechnung tragen sollen, vermögen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nicht zu begründen.

So kann sich beispielsweise daraus, dass im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 StAG und zweifelsfrei ebenso des Absatzes 2 der Vorschrift eine Aufenthaltserlaubnis, die nach § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen auf Dauer zugesagt ist, als erforderlicher Aufenthalt ausreichen soll (Nr. 8.1.2.4 StAR-VwV), kein im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG beachtliches öffentliches Interesse an der Einbürgerung ergeben. Gleiches gilt etwa hinsichtlich der die allgemein geltenden Sprachanforderungen einschränkenden Einbürgerungserleichterungen für minderjährige Kinder (Nr. 8.1.3.6 StAR-VwV) und ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV).

Nach allem ist ein öffentliches Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit - insoweit gegebenenfalls auch im Falle eines Vertretenmüssens - einzubürgern. Nur bei Bestehen eines solchen durch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses verlangt die Vorschrift der Einbürgerungsbehörde die Betätigung ihres Einbürgerungsermessens ab.

Nach Einschätzung des Senats entspricht dies der - wenngleich bisher nicht ausdrücklich formulierten - Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts. Wie ausgeführt, hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20.3.2012 in einem Fall, in dem ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG wegen Nichterfüllung des Unbescholtenheitserfordernisses ausgeschlossen war, beanstandet, dass es an der nötigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung fehle, ob ein öffentliches Interesse im Sinne des Absatzes 2 der Vorschrift besteht. Denn das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, nicht zum Anlass genommen zu überprüfen, ob und inwieweit dies zutreffe und wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien. Damit hat es, ohne die tatbestandlichen Anforderungen eines öffentlichen Interesses im Sinne des Absatzes 2 näher zu definieren, deren Vorliegen jedenfalls nicht davon abhängig gemacht, ob eine der in der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zu Absatz 1 der Vorschrift allgemein anerkannten, das öffentliche Interesse im Sinne des Absatzes 1 kennzeichnenden Einbürgerungserleichterungen greift, sondern bezogen auf den konkreten Sachverhalt die Prüfung gefordert, ob die Wahrnehmung einer repräsentativen Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG begründet. Dies kann nur dahingehend verstanden werden, dass im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein spezifisch staatliches Interesse an einem ausnahmsweisen Absehen von den strengen Voraussetzungen des Abs. 1 Nrn. 2 und/oder 4 besteht.

Mithin ist nicht zu erwarten, dass das Bundesverwaltungsgericht den Vorschlag der Kommentarliteratur, jedwede anerkannte Einbürgerungserleichterung als geeignet anzusehen, ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu begründen, aufgreifen könnte.

Demgemäß füllt allein die dem Kläger zugute kommende Einbürgerungserleichterung für ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV) den Tatbestand eines öffentlichen Interesses im Sinne der genannten Vorschrift nicht aus. Gleichzeitig ist festzustellen, dass Anhaltspunkte für das Bestehen eines durch spezifisch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers, also eines Erwünschtseins seiner Einbürgerung aufgrund allgemeiner politischer, wirtschaftlicher und kultureller Gesichtspunkte, weder ersichtlich noch dargetan sind. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Ansicht vertreten, für ein „Erwünschtsein“ im Sinne eines staatlichen Interesses an seiner Einbürgerung müsse ausreichen, dass er schon über 30 Jahre und damit sehr lange in Deutschland lebe und hier auf Dauer bleibeberechtigt sei. Zudem hätten seine Kinder sich ebenfalls hier niedergelassen, seien zum Teil schon lange eingebürgert und berufstätig, so dass sie als Steuerzahler zum Gemeinwohl beitrügen. Dies reicht - so erfreulich die Entwicklung der Kinder sicherlich ist - mit Blick auf den hier allein interessierenden Kläger zur Begründung eines staatlichen Interesses im vorbezeichneten Sinne nicht aus. Dass das Alter und ein langjähriger Aufenthalt im Inland einem Einbürgerungsbewerber im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG einbürgerungserleichternd zugute kommen können, vermag - wie ausgeführt - für sich genommen nicht automatisch den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu rechtfertigen, und kann auch im Zusammenspiel mit einer gelungenen Integration der Kinder ein solches Interesse nicht begründen. Denn § 8 Abs. 2 StAG enthält nach der gesetzlichen Konzeption einen Ausnahmetatbestand und setzt daher voraus, dass der konkrete Fall sich in einer spezifischen Weise von der in der Mehrzahl der Zuwandererfamilien zu beobachtenden Integration der Kinder in die hiesigen Verhältnisse - zusätzlich - positiv abhebt. Anhaltspunkte hierfür sind nicht vorgetragen oder ersichtlich. Dem Beklagten ist mithin ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 2 StAG nicht eröffnet.

Wegen Fehlens diesbezüglicher tatsächlicher Anhaltspunkte und damit mangels Entscheidungsrelevanz bedarf keiner Entscheidung, ob - wie das Verwaltungsgericht annimmt - ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG auch bei besonderen Integrationsleistungen des Einbürgerungsbewerbers zu bejahen ist. Angemerkt sei lediglich, dass für eine solche Auslegung der Vorschrift die - wenngleich in anderem Zusammenhang verwendete - Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010 „zur Vermeidung einer Härte oder wegen anderweitiger Integrationsleistungen“(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O., juris-Rdnr. 36 (vgl. auch Rdnr. 39)) sprechen mag.

3. Nach alldem bleibt festzuhalten, dass dem Kläger weder auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 StAG noch des § 8 Abs. 2 StAG ein Anspruch darauf zusteht, dass der Beklagte erneut über sein Einbürgerungsbegehren entscheidet.

Die Berufung gegen das den diesbezüglich gestellten Hilfsantrag des Klägers abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt daher der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 42.1 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.