Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2016 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 1* … der Gemarkung Stettfeld.

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2016 stelle die Beklagte (3. Bürgermeisterin als Staatsbeauftragte) fest, dass das vorgenannte Grundstück nicht mit einem Nutzungsrecht am Gemeindewald Stettfeld verbunden sei. Weil das Grundstück in dem von der Rechtlergemeinschaft „in der kürzeren Vergangenheit“ geführten Rechtlerverzeichnis geführt worden sei, sei die Beklagte davon ausgegangen, dass mit diesem Grundstück ein Holznutzungsrecht verbunden sei. Die Klägerin sei unter dem 24. März 2016 aufgefordert worden, sich zur „Begründung“ des Holznutzungsrechtes zu äußern. Eine Äußerung sei nicht erfolgt. Mit Notarvertrag vom 12. Dezember 1977 sei das vorher auf dem Grundstück FlNr. 2** Gemarkung Stettfeld ruhende ganze Holznutzungsrecht auf das Grundstück FlNr. 1* … Gemarkung Stettfeld übertragen worden. Erforderlich seien damals die Genehmigung des Gemeinderates und der Rechtsaufsichtsbehörde gewesen sowie das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Der Gemeinderat habe am 13. Dezember 1977 der Übertragung zugestimmt. Es sei aber keine Genehmigung durch das Landratsamt Haßberge als Rechtsaufsichtbehörde erfolgt. Damit fehle eine formelle Voraussetzung für die Übertragung des Nutzungsrechtes. Die Übertragung sei unwirksam. Deshalb könne die Prüfung, ob ein wichtiger Grund vorliege, „vernachlässigt“ werden.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides wird verwiesen.

II.

Mit Schriftsatz vom 18. November 2017, eingegangen bei Gericht per Telefax am selben Tag, ließ die Klägerin gegen den vorgenannten Bescheid Klage erheben und im Wesentlichen vortragen:

Das Holznutzungsrecht habe früher auf dem Grundstück FlNr. 2** Gemarkung Stettfeld geruht. Der damalige Eigentümer Herr Th. R. sei im Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Würzburg von 1965 (Nr. 337 II 64, U.v. 6.12.1965) Beklagter zu 58) gewesen, weshalb die Ausübung des Holznutzungsrechtes bis 1965 (wohl unstreitig) gegeben sei. Herr Th. R. habe das Grundstück an Herrn G. St. veräußert, der mit notariellem Vertrag vom 12. Dezember 1977 das Holznutzungsrecht isoliert jeweils zur Hälfte an die Eltern des Klägerin (FlNr. 1* … Gemarkung Stettfeld) „abgetreten“ habe. Aus der notariellen Urkunde vom 12. Dezember 1977 ergebe sich, dass die Vertragsparteien über die Erforderlichkeit der Zustimmung durch die Beklagte belehrt und der Notar beauftragt worden sei, diese Zustimmung einzuholen. In der Gemeinderatssitzung vom 13. Dezember 1977 sei diese Zustimmung erteilt worden. Zwischen den Beteiligten sei strittig, ob die Zustimmung der Rechtsaufsichtsbehörde eingeholt bzw. erteilt worden sei. Mit notariellem Überlassungsvertrag vom 6. Oktober 2008 sei das Eigentum am Grundstück FlNr. 1* … von den Eltern auf die Klägerin übertragen worden. Das Holznutzungsrecht sei ununterbrochen ausgeübt worden.

Selbst wenn man eine fehlende Zustimmung der Rechtsaufsichtsbehörde annehmen wolle, sei die Übertragung des Holznutzungsrechtes schwebend unwirksam gewesen (vgl. Bauer, Die öffentlichen Nutzungsrechte in Bayern, S. 174). Falle später das Genehmigungserfordernis Weg, wie hier im Jahr 2004, werde das Rechtsgeschäft wirksam. Auch aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich nichts anderes, weil im Zeitpunkt dieser Entscheidung im Jahr 1991 die Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde noch erforderlich gewesen sei. Erst bei unanfechtbarer Versagung der Genehmigung werde der Vertrag nichtig. Eine Nachholung der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde sei durch den Wegfall des Genehmigungserfordernisses auch nicht mehr möglich und auch nicht erforderlich. Davon gehe auch das zuständige Landratsamt Haßberge aus (Schreiben vom 9.11.2016). Das Holznutzungsrecht falle nach der Rechtsprechung der Kammer jedenfalls nicht an die Beklagte zurück.

Die Klägerin lässt beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Klageerwiderung wird im Wesentlichen ausgeführt:

Seit 1. Januar 1974 habe die isolierte Übertragung eines Holznutzungsrechtes der Genehmigung der Gemeinde und der Rechtsaussichtsbehörde bedurft. Das bestimme sich nach Art. 80 Abs. 3 Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung - GO 2016) i.d.F.d. Bek. vom 22. August 1998 (GVBl S. 796), zuletzt geändert durch Art. 17a Abs. 2 des Gesetzes vom 13.12.2016 (GVBl S. 335). Eine Übertragung eines Nutzungsrechtes sei unwirksam, wenn die erforderliche Zustimmung der Rechtsaufsichtsbehörde fehle (Hinweis auf BayVGH, U.v. 6.12.1991 - 4 B 90.2908 - beck-online). Entgegen der Ansicht der Klägerin sei auch das Landratsamt Haßberge dieser Auffassung. Das Nutzungsrecht ruhe weiter auf dem Grundstück FlNr. 2** und könne „nur“ durch dessen Eigentümer rechtmäßig ausgeübt werden, nicht aber durch die Klägerin bzw. deren Eltern. Deshalb sei das Nutzungsrecht mangels ununterbrochener Ausübung durch den Berechtigten erloschen und an die Beklagte „zurückgefallen“.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 8. November 2017 Bezug genommen.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.1 Die Klage ist zulässig.

1.1.1 Unstreitig ist für den vorliegenden Streitgegenstand der Verwaltungsrechtsweg i.S.v. § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet.

Bereits im Urteil vom 6. Dezember 1965 (Nr. 337 II 64 - S. 10 d.a.U.) ist das erkennende Gericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (U.v. 20.11.1912 - Nr. 76 II 10) davon ausgegangen, dass der auch vorliegend streiterhebliche Vergleich vom 23. Juni 1901 zwischen Rechtlern und Nichtrechtlern in Stettfeld, der u.a. die der Beklagten und den Rechtlern sowie Nichtrechtlern zustehenden Nutzungsrechte am Gemeindewald Stettfeld sowie die den Rechtlern gegenüber der Gemeinde obliegenden Rechtspflichten regelt, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag darstellt. Es handelt sich - wie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung rechtskräftig festgestellt - bei den Holznutzungsrechten am Gemeindewald Stettfeld um öffentlich-rechtliche, auf der Zugehörigkeit zur Gemeinde („Gemeindeverband“) beruhende Gemeindenutzungsrechte.

1.1.2 Die Klage ist als Anfechtungsklage i.S.v. § 42 Abs. 1 VwGO zulässig, weil es sich beim angefochtenen Bescheid vom 20. Oktober 2016 um einen feststellenden Verwaltungsakt handelt.

1.1.3 Die Klägerin ist auch klagebefugt i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO, weil der angefochtene Bescheid sie belastet. Das Holznutzungsrecht, dessen Nicht(mehr) bestehen die Beklagte im angefochtenen Bescheid feststellt, ist nicht bereits aus anderen Gründen erloschen. Insbesondere kommt es darauf, ob auf dem Grundstück FlNr. 2**, auf dem früher das streitige Holznutzungsrecht ruhte, bzw. auf dem Grundstück FlNr. 1* … der Klägerin Landwirtschaft betrieben wurde bzw. wird, nicht entscheidungserheblich an. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (U.v. 30.9.1994 - 4 B 94.1162 - VGH n.F. 48, 21) bestimmt sich die Frage, ob ein Nutzungsrecht ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken dient, grundsätzlich nicht danach, ob das Recht ursprünglich nur Landwirten zustand. Vielmehr ist auf die Art des Rechts abzustellen, d.h. darauf, ob das Recht seiner Natur nach ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken dient. Das gilt etwa für Weide-, Streu- oder Ackerrechte. Insbesondere Brennholzrechte sind dagegen in der Regel nicht ausschließlich auf den Bedarf landwirtschaftlicher Betriebe bezogen. Sie dienen jedenfalls nicht ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken. Auch das über das Brennholzrecht hinausgehende Nutzholzrecht dient nicht ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken. Nutzholz kann - ebenso wie Brennholz - auch für ein Wohnhaus eingesetzt werden. Deshalb ist der Betrieb einer Landwirtschaft für die Ausübung eines Holznutzungsrechts nicht allgemein Voraussetzung.

1.2 Die Klage ist auch begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin auch in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.2.1 Gemäß Art. 80 Abs. 2 Satz 1 GO 2016 sind (öffentliche) Nutzungsrechte nur begründet, wenn ein besonderer Rechtstitel vorhanden ist (sog. Titelrechte) oder wenn das Recht mindestens seit dem 18. Januar 1922 ununterbrochen kraft Rechtsüberzeugung ausgeübt wird (sog. Herkommensrechte).

Die Klägerin beruft sich nicht auf ein Titelrecht, sondern - unstreitig - auf ein Herkommensrecht mit dem Inhalt der Holznutzung. Für das Bestehen ist derzeit nach Art. 80 Abs. 2 Satz 1 GO 2016 erforderlich, dass das Holznutzungsrecht seit 18. Januar 1922 kraft Rechtsüberzeugung von Rechtlern und Gemeinde ununterbrochen ausgeübt wurde.

1.2.2 Das früher auf dem Grundstück Fl.Nr. 2* … Gemarkung Stettfeld, ruhende Holznutzungsrecht (zum Inhalt: vgl. die Urteile der Kammer vom 7.12.2016 - W 2 K 15. 1392 - und vom 26.4.2017 - W 2 K 15.1378) wurde im Jahr 1977 wirksam „isoliert“, bedeutet unabhängig von einer Übertragung des Grundstücks selbst, aufgrund eines notariellem Vertrages auf das Grundstück Fl. Nr. 1* …, Gemarkung Stettfeld, das nunmehr im Eigentum der Klägerin steht, übertragen.

1.2.2.1 Diese „isolierte“ Übertragung des Nutzungsrechts im Jahr 1977 bedurfte damals der Zustimmung der Gemeinde und der Genehmigung der zuständigen Rechtsaussichtsbehörde, dem Landratsamt Hassberge.e.

Maßgeblich für die Wirksamkeit der Übertragung ist vorliegend aber nicht Art. 80 Abs. 3 Satz 1 GO 2016, wonach eine solche „isolierte“ Übertragung nur aus wichtigem Grund, nur innerhalb derselben Gemeinde und nur zulässig ist, wenn das Grundstück, auf das übertragen wird, das Hofgrundstück eines ausübenden Land- oder Forstwirts ist und die Genehmigung der Gemeinde vorliegt.

Die Übertragung erfolgte vorliegend am 12. Dezember 1977. Damals galt die Bayerische Gemeindeordnung in der Fassung des Gesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung, Landkreisordnung, der Bezirksordnung und anderer kommunaler Vorschriften (Gesetz zur Neuordnung des kommunalen Haushaltsrechts vom 25. April 1973, GVBl S. 191/195, gültig ab 1. Januar 1974 - GO 1974). Nach Art. 80 Abs. 3 Satz 1 GO 1974 war Voraussetzung u.a. für die (isolierte) Übertragung eines Nutzungsrechtes, dass ein wichtiger Grund vorlag und die Übertragung nur innerhalb der gleichen Gemeinde oder ehemaligen Ortschaft erfolgte. Erforderlich war nach Art. 80 Abs. 3 Satz 2 GO 1974 die Zustimmung der Gemeinde und die Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde.

1.2.2.2 Vorliegend erfolgte die Übertragung - unstreitig - innerhalb der gleichen Gemeinde. Die Zustimmung der Gemeinde wurde laut Gemeinderatsbeschluss am 13. Dezember 1977 erteilt (vgl. Niederschrift vom selben Tag, Bl. 52 d. GA.), was durch den Beschlussbuchauszug vom 14. Dezember 1977 (Bl. 53 d. GA.) bestätigt wird. Diese Zustimmung erfolgte nach der Niederschrift in Kenntnis der einschlägigen Notarurkunde. Sie hat öffentlich-rechtlichen Charakter und ist ein Verwaltungsakt i.S.v. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG (so BayVGH, U.v. 25.1.1952 - Nr. 188 IV - VGH n.F. 11,130; vgl. auch Bauer, Öffentliche Nutzungsrechte - Rechtsverkehr, Praxis der Gemeindeverwaltung, Stand: 2/2012, Rn 5.1.3.2.5; Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO/LKrO/BezO, Stand: 12/2016, Art. 80 Rn 3). Inhalt dieser Zustimmung (ohne inhaltliche Änderung nunmehr ab 2004 als Genehmigung bezeichnet - vgl. Hölzl/Hien/Huber, a.a.O.) ist das Vorliegen der sachlichen Voraussetzungen nach Art. 80 Abs. 3 GO in der jeweils gültigen Fassung (Bauer, a.a.O.), weil die Übertragung von Nutzungsrechten im öffentlichen Interesse durch Genehmigungsvorbehalte erschwert werden sollte (vgl. BayVGH, U.v. 6.12.1991 - FSt 1992, 149 ). Diesen Inhalt ihrer Zustimmung im Jahr 1977 verkennt die Beklagte durchgängig. Wenn - wie die Beklagte vorträgt - die Übertragung des Holznutzungsrechtes „willkürlich“ gewesen wäre, hätte die Beklagte die Zustimmung verweigern müssen, was sie aber nicht getan hat. Mit der Zustimmung hat die Beklagte aber gegenüber den an der Übertragung Beteiligten gerade bestätigt, dass alle gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, und damit auch festgestellt, dass der Übertragung kein öffentliches Interesse entgegensteht.

Diesen bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakt hat die Beklagte bis heute nicht zurückgenommen. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen etwa in Anlehnung an Art. 48 BayVwVfG diese Zustimmung zurückgenommen werden könnte (vgl. dazu FSt. 1988, 68 ; Bauer, Praxis der Gemeindeverwaltung, Rn. 5.1.3.2.5), kann als entscheidungsunerheblich offenbleiben. Der angefochtene Bescheid enthält schon keine Rücknahme der 1977 erteilten Zustimmung, zudem würde es auch an jeglicher Ermessensausübung und Vertrauensschutzerwägungen unter Berücksichtigung der Interessen Klägerin, aber auch des früheren Rechtsinhabers (vgl. FSt 1988, 68 ) fehlen. Eine Rücknahme der Zustimmung ist - unabhängig von der Frist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG - derzeit und in Zukunft zudem schon deshalb ausgeschlossen, weil das Gebot der Rechtsstaatlichkeit aus Art. 20 Abs. 3 GG eine zeitliche Grenze - unabhängig von der Frage eines Vertrauensschutzes - erfordert. Hinsichtlich der Ausübung der behördlichen Rücknahmebefugnis bildet die längste im Zivilrecht und im öffentlichen Recht vorkommende Frist von 30 Jahren nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 15.3.2017 - 10 C 1/16 - juris - m.w.N.) einen absoluten Schlusspunkt, nach dem die Ausübung einer Befugnis treuwidrig und durch den auch im öffentlichen Recht anzuwendenden § 242 BGB ausgeschlossen ist (vgl. auch BVerfG, B.v. 5.3.2013 - 1 BvR 2457/08 - BayVBl 2013, 465). Diese Frist ist hinsichtlich der 1977 erteilten Zustimmung ersichtlich längst abgelaufen.

1.2.2.3 Die Übertragung im Jahr 1977 ist auch nicht deshalb unwirksam, wie die Beklagte meint, weil die 1977 grundsätzlich erforderliche Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde (Art. 109 Abs. 1, 110 GO) damals nicht erteilt wurde. Unabhängig davon, ob sich die Beklagte hierauf im Hinblick auf § 242 BGB nach fast 40 Jahren noch berufen kann (vgl. BayVGH, U.v. 6.12.1991 - FSt 1992, 149 ), ist diese 1977 bestehende Genehmigungsplicht ab dem 1. August 2004 entfallen. Die Gemeindeordnung in der Fassung vom 26. Juli 2004 (GVBl S. 272) sieht ab diesem Zeitpunkt nur noch eine Genehmigung durch die Gemeinde vor, die Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde ist entfallen.

Die Beklagtenseite verkennt die Rechtslage, wenn sie meint, beim Wegfall der rechtsaufsichtlichen Genehmigungspflicht ab 1. August 2004 seien dann auch die in der zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Fassung der Gemeindeordnung normierten weiteren Voraussetzungen anzuwenden, insbesondere müsse das Grundstück, auf das das Recht übertragen wird, das Haus- und Hofgrundstück eines ausübenden Land- oder Forstwirts sein.

Fehlt bei der isolierten Übertragung eines Holznutzungsrechtes eine nach der jeweiligen Gesetzeslage erforderliche Genehmigung (bzw. Zustimmung), hat dies zur Folge, dass die Übertragung schwebend unwirksam ist (vgl. Bauer, Öffentliche Nutzungsrechte - Rechtsverkehr, Praxis der Gemeindeverwaltung, Stand: 2/2012, Rn 5.1.3.2). Unwirksam wird die Übertragung erst mit der (ausdrücklichen und durch Bescheid erfolgten) Versagung der Genehmigung, die vorliegend nicht gegeben ist. Zu beachten ist weiter, dass diese Genehmigung allein das dingliche Verfügungsgeschäft im Sinne von Art. 80 Abs. Satz 2 GO 1974 betrifft, somit den eigentlichen Übertragungsakt selbst (vgl. BayVGH, U.v. 31.7.1963 - Nr. 27 IV 59 - FSt 1964, Nr. 135) und nicht das etwa zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft (vgl. Bauer, a.a.O. unter Hinweis auf FSt 1988, Nr. 68 unter 3.). Die vorliegend erfolgte Genehmigung der Beklagten (Gemeinde) vervollständigt den Übertragungsakt ab dem Zeitpunkt, zu dem den Beteiligten der einschlägige Beschluss des Gemeinderates bekanntgegeben - hier wohl Dezember 1977 - wurde (vgl. BayVGH, U.v. 31.7.1963 - Nr. 27 IV 59 - FSt 1964, Nr. 135).

Die Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde ist nicht notwendiger Bestandteil des Übertragungsaktes selbst (vgl. BayVGH, U.v. 31.7.1963 - Nr. 27 IV 59 - FSt 1964, Nr. 135). Ein genehmigungspflichtiges Erfüllungsgeschäft ist bis zur Entscheidung über die Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde schwebend unwirksam (vgl. u.a. BGH, U.v. 9.11.1994 - VIII ZR 41/94 - BGHZ 127, 368; U.v. 28.6.1968 - V ZR 77/65 - NJW 1968, 1928; siehe auch Nasall, jurisPK-BGB Bd. 1, § 134 Rn 12). Wird die Genehmigung erteilt oder fällt (wie vorliegend) das Genehmigungserfordernis Weg, wird das Erfüllungsgeschäft (Verfügungsgeschäft) wirksam und zwar mit rückwirkender (ex tunc) Kraft (vgl. BGH, U.v. 9.11.1994 - VIII ZR 41/94 - BGHZ 127, 368 unter Hinweis auf BGHZ 37, 233; U.v. 28.6.1968 - V ZR 77/65 - NJW 1968, 1928; siehe auch Palandt-Grüneberg, BGB, 75. Auflage 2016, § 275 Rn. 41; Nasall, jurisPK-BGB Bd. 1, § 134 Rn 13). Grundsätzlich erfasst neues öffentliches Recht, durch das ein bisheriges Genehmigungserfordernis aufgehoben wird, auch bereits früher abgeschlossene dingliche Rechtsgeschäfte. Das gilt allerdings nur für solche Rechtsverhältnisse, die bei Inkrafttreten der Norm noch in der Schwebe waren und noch nicht im Geltungszeitraum der alten Norm ihren Abschluss gefunden hatten oder wenn die Genehmigung im Einzelfall oder allgemein bereits versagt wurde (vgl. BGH, U.v. 28.6.1968 - V ZR 77/65 - NJW 1968, 1928; siehe auch Nasall, jurisPK-BGB Bd. 1, § 134 Rn 13). Maßgeblich ist insoweit der Wille der Beteiligten (so Nasall, jurisPK-BGB Bd. 1, § 134 Rn 13 unter Hinweis auf BGH, U.v. 23.10.1980 - III ZR 62/79).

Eine endgültige Versagung der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde - das Landratsamt Haßberge - ist vorliegend zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Die beteiligten Grundstückseigentümer (der frühere Rechtsinhaber und Eigentümer des Grundstücks FlNr. 2** sowie die Eltern der Klägerin und die Klägerin selbst) haben den Willen zur Vertragsdurchführung auch nie aufgegeben und das Holznutzungsrecht entsprechend der Übertragung ausgeübt. Sie durften im Hinblick auf die durch den Notar beim Abschluss des Vertrages am 12. Dezember 1977 erfolgte Belehrung auch darauf vertrauen, dass keine weitere Genehmigung erforderlich war. Der Schwebezustand, dessen sich die Beteiligten gar nicht bewusst waren, hat sonach bis zur Aufhebung der Genehmigungspflicht (Rechtsaufsichtsbehörde) weiter bestanden und die Übertragung ist mit dem Wegfall dieser Genehmigungspflicht ex tunc - rückwirkend auf den Zeitpunkt der Vollständigkeit des Übertragungsaktes durch die Genehmigung der Beklagten (Gemeinde) im Dezember 1977 - wirksam geworden (vgl. BGH, U.v. 23.10.1980 - III ZR 62/79; Nasall, jurisPK-BGB Bd. 1, § 134 Rn 13; vgl. auch bereits: BayVGH, U.v. 31.7.1963 - Nr. 27 IV 59 - FSt 1964, Nr. 135).

Die Neuregelungen des Art. 80 Abs. 3 GO ab dem 1. Januar 1983 durch Gesetz vom 20. Juli 1982 (GVBl S. 471), wonach das Nutzungsrecht nur auf das Haus- und Hofgrundstück eines ausübenden Land- und Forstwirts übertragen werden darf, und ab dem 1. August 2004 in der Fassung vom 26. Juli 2004 (GVBl S. 272), mit dem Wegfall der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtbehörde und der Änderung der Bezeichnung von Zustimmung auf Genehmigung durch die Gemeinde (vgl. Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO/LKrO/BezO, Stand: 12/2016, Art. 80 Rn 3), ist auf den 1977 geschlossenen Vertrag auch nicht rückwirkend anwendbar, wie die Beklagte meint. Denn die gesetzlichen Änderungen der Gemeindeordnung in den Jahren 1983 und 2004 erfolgten ersichtlich ohne gesetzlich normierte Rückwirkung. Schon deshalb sind die 1983 bzw. 2004 neu eingeführten Einschränkungen bei der Übertragung des Rechts nicht auf einen im Jahr 1977 abgeschlossenen Vertrag anwendbar. Das entspricht auch dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 BV. Etwas anderes gilt nur, wenn - wie hier - eine zunächst erforderliche Genehmigung wegfällt. Eine rückwirkende Anwendung der - statt der Genehmigung der Rechtsaufsichtbehörde - neu normierten Einschränkungen würde zu einer - unter Vertrauensschutzgesichtspunkten - grundsätzlich unzulässigen Rückwirkung von Rechtsfolgen führen. Diese würde in unzulässiger Weise an den bereits 1977 abgeschlossenen dinglichen Übertragungsakt anknüpfen.

1.2.3 Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankäme, ist - im Hinblick auf das jüngste Vorbringen der Beklagten - nochmals auf die Ausführungen der Kammer im Verfahren W 2 K 15.1378 (U.v. 26.4.2017; rechtskräftig) zum Vergleich vom 23. Juli 1901 hinzuweisen, dessen Auswirkungen im Hinblick auf Art. 80 GO 2016 die Beklagte weiterhin nicht erkennt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat rechtskräftig entschieden (U.v. 20.11.1912 - Nr. 76 II 10), dass dieser Vergleich wirksam abgeschlossen wurde und keine neuen Rechte begründet, sondern die bereits bestehenden beiderseitigen Rechte lediglich aufgrund des damals bekannten Herkommens neu beschrieben und abgegrenzt hat (vgl. auch VG Würzburg, U.v. 6.12.1965 - Nr. 337 II 64). Es trifft daher nicht zu, wenn die Beklagte behauptet, es seien durch diesen Vergleich neue Rechte begründet worden. Das Gegenteil ist rechtskräftig entschieden. Unzutreffend ist auch das erneute Vorbringen, dieser Vergleich wirke nur zwischen Rechtlern und Nichtrechtlern, weil ebenfalls bereits durch die Kammer rechtskräftig entschieden ist (vgl. U.v. 26.4.2017 - W 2 K 15.1378 - S. 20 d.a.U.), dass dieser Vergleich zunächst zwar nur zwischen den Rechtlern und Nichtrechtlern geschlossen wurde, allerdings hat - was die Beklagte nicht zur Kenntnis nehmen will - der Vertreter der gemeindlichen Interessen diesem Vergleich mit Genehmigung des Bezirksamtes und unter Beteiligung der Regierung zugestimmt, weil bereits damals die gemeindlichen Gremien der Beklagten beschlussunfähig waren (vgl. dazu BayVGH, U.v. 20.11.1912 - Nr. 76 II 10 - S. 20 d.a.U.). Die Beklagte unterliegt deshalb ebenfalls der Bindungswirkung dieses Vergleichs. Was vor 1901 zwischen den Rechtlern und Nichtrechtlern, ggfs. auch der Beklagten verhandelt wurde, ist deshalb vorliegend rechtlich nicht erheblich. Der Inhalt dieses Vergleichs ist maßgeblich, soweit er ab dem 18. Januar 1922 (Art. 80 Abs. 2 Satz 1 GO) ununterbrochen kraft gemeinsamer Rechtsüberzeugung zwischen Rechtlern und Gemeinde ausgeübt wurde. Er beschreibt - anders formuliert -, die allein rechtlich relevante gemeinsame Rechtsüberzeugung zwischen Rechtlern, Nichtrechtlern und der Beklagten (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2015 - 4 ZB 14.359 - juris - m.w.N.). Eine einseitig nur von der Beklagten gewünschte Änderung der Holzverteilung und ihre daraus resultierende, vom allein aufgrund gelebter gemeinsamer Rechtsüberzeugung maßgeblichen Inhalt des Vergleichs abweichende rechtlichen Bewertung wie auch etwaiges reines Wunschdenken der Beklagten reichen nicht aus, um eine Änderung der Rechtslage herbeizuführen, vielmehr muss ein Wandel der Rechtsüberzeugung die Ausübung der Nutzungsrechte selbst prägen und auch von den Rechtlern zumindest hingenommen werden (vgl. BayVGH, U.v. 30.11.1994 - 4 B 94.1162 - VGH n.F. 48, 21). Das ist hinsichtlich des Wunsches der Beklagten auf andere Verteilung des Holzes, insbesondere auf Beteiligung am Stammholzverkauf ersichtlich nicht der Fall.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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Bundesverfassungsgericht Beschluss, 05. März 2013 - 1 BvR 2457/08

bei uns veröffentlicht am 05.03.2013

Tenor 1. Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Die Bescheide der Beklagten vom 14. und 17. November 2015 werden aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erteilung des Einvernehmens zum Jahresbetriebsplan 2015/2016, der vom Forstamt B. unter dem 10. November 2015 entsprechend dem Forstwirtschaftsplan von 2003 erstellt wurde.

Der Vorstand der Rechtlergemeinschaft St. hielt am 10. November 2015 eine Vorstandssitzung im Beisein der vom Landratsamt H. mit Bescheid vom 13. Oktober 2015 infolge Beschlussunfähigkeit des Gemeinderates der Beklagten bestellten Beauftragten, der 3. Bürgermeisterin M., ab. Dabei äußerte die Beauftragte laut Protokoll den Wunsch der Beklagten, wegen teilweise ungeklärter Nutzungsverhältnisse einiger Rechtler die Waldbewirtschaftung bis zur Klärung auszusetzen. Sie bestätigte demnach das Anliegen der Gemeinde, künftig am Stammholzverkauf beteiligt zu werden.

Mit Bescheid 14. November 2015, gerichtet an „alle Inhaber eines Nutzungsrechtes aus dem Gemeindewald ‚St.‘ vertreten durch die ‚Gemeinderechtler St.‘ (Vorstandschaft)“, wurde von der Beklagten u.a. (Ziffer 1) der Jahresbetriebsplan vom 10. November 2015 für den Holzeinschlag 2015/2016 „nicht genehmigt“. Der Bescheid wurde vom 1. Bürgermeister H. am 14. November 2015 dem 2. Vorsitzenden der Rechtlergemeinschaft übergeben und am selben Tag in der Jahreshauptversammlung der Rechtlergemeinschaft verlesen. Im Bescheid wurde die sofortige Vollziehung insoweit angeordnet (Ziffer 2 - Gegenstand des Verfahrens W 2 S. 16.227), aber mit Bescheid vom 6. Mai 2015 wieder aufgehoben. Auf den Einstellungsbeschluss vom 8. Juni 2016 (W 2 S. 16.227) wird verwiesen.

Mit Bescheid vom 17. November 2015, der mit dem Bescheid vom 14. November 2015 im Wesentlichen inhaltsgleich ist, wurde gegenüber dem Kläger persönlich die Genehmigung des Jahresbetriebsplanes für 2015/2016 abgelehnt.

Zur Begründung wird dort im Wesentlichen ausgeführt:

Die 3. Bürgermeisterin handele für den nicht beschlussfähigen Gemeinderat. Auf bestimmten im Eigentum der Gemeinde stehenden Waldgrundstücken (Gemeindewald) ruhten „öffentliche“ Nutzungsrechte. Die Rechtlergemeinschaft habe in der Vergangenheit die Waldbewirtschaftung organisiert und den Jahresbetriebsplan 2015/2016 zur „Genehmigung“ vorgelegt. Da „einige“ Holznutzungsrechte in der Vergangenheit unter „Verstoß gegen Art. 80 Abs. 3 GO“ übertragen worden seien, so dass diese „Übertragungen unwirksam“ seien, stehe derzeit nicht bei allen „Rechtlern“ fest, ob sie tatsächlich rechtmäßige Inhaber eines Holznutzungsrechtes am Gemeindewald seien. Darüber hinaus bestehe „Unklarheit“ darüber, ob der zwischen der Gemeinde, den „Nicht-Rechtlern“ und der Rechtlergemeinschaft abgeschlossene Vergleich vom 23. Juni 1901 „zumindest noch wirksam“ sei. Unklar seien daher auch Inhalt und Umfang der Nutzungsrechte. Deshalb werde das für den Einschlag notwendige Einvernehmen im Sinne von § 3 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Rechtler nicht erteilt. Die Sach- und Rechtslage sei aus diesen Gründen zu überprüfen und die Waldbewirtschaftung („war“) aus diesen Gründen für die Einschlagsperiode 2015/2016 zu untersagen. Aus der Aussetzung der Waldbewirtschaftung folge „nach Rücksprache mit Forstsachverständigen kein Schaden für den Waldbestand“.

II.

Gegen die Bescheide vom 14. und 17. November 2015 richtet sich die vom Kläger und 81 anderen Rechtlern, deren Verfahren getrennt geführt werden, mit Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 14. Dezember 2015, eingegangen bei Gericht am 16. Dezember 2015, erhobene Klage mit (zuletzt) dem Ziel, die vorgenannten Bescheide aufzuheben.

Unter Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 6. Dezember 1965 (337 II 64) wird zur Klagebegründung im Wesentlichen vorgetragen:

Die Beklagte ignoriere, wenn sie die Zulässigkeit der Klage bestreite, dass der Kläger einen an ihn persönlich adressierten Bescheid mit Datum 17. November 2015 erhalten habe. Auch der Bescheid vom 14. November 2015 entfalte gegenüber dem Kläger zumindest einen Rechtsschein, der zu beseitigen sei.

Der Kläger sei Inhaber des Holznutzungsrechtes, das auf seinem Grundstück FlNr. …5 der Gemarkung St. liege. Ursprünglich habe dieses Nutzungsrecht auf dem Grundstück FlNr. …7 der Gemarkung St. gelegen, das im Eigentum von Frau D. G. gestanden habe (Klägerin Nr. 69 im Urteil von 1965). Mit Übergabevertrag vom 19. März 1987 sei das Grundstück auf deren Tochter H. M., geb. G., übertragen worden. Aufgrund des gesetzlichen Güterstandes sei auch der Ehemann von Frau H. M. am 1. Juni 1987 als Miteigentümer des Grundstücks FlNr. …7 eingetragen worden. Die Eheleute M., die Eltern des Klägers, hätten das Grundstück FlNr. …7 mit Kaufvertrag vom 26. Mai 2004 ohne das streitgegenständliche Holznutzungsrecht an Frau I. O. veräußert, weil sie das Holznutzungsrecht isoliert hätten übertragen wollen. Dazu hätten sie die Zustimmung des Gemeinderates der Beklagten beantragt, das Holznutzungsrecht auf das Grundstück FlNr. …5, das damals ebenfalls in ihrem Eigentum gestanden habe, zu übertragen. Diesem Antrag habe der Gemeinderat der Beklagten in seiner Sitzung vom 2. Mai 2005 einstimmig (13:0) stattgegeben. Mit notariellem Vertrag vom 24. März 2005 sei das Holznutzungsrecht isoliert auf das - lt. Notarvertrag vom 24. März 2005 in Wohnungseigentum aufgeteilte - Grundstück FlNr. …5 seiner Eltern übertragen worden. Mit Notarvertrag vom 12. Dezember 2006 sei das Grundstück FlNr. …5 von seinen Eltern auf ihn, den Kläger, übertragen worden Das Holznutzungsrecht auf dem Grundstück des Klägers sei von ihm und seinen Rechtsvorgängern seit dem 18. Januar 1922 bis heute ununterbrochen ausgeübt worden. Das ergebe sich aus den Protokollbüchern der Gemeinderechtler, die ab dem Jahr 1924 noch vorhanden seien und für die Jahre 1958 bis 1982 vorgelegt würden.

Seit 1929 sei die Bewirtschaftung des Gemeindewaldes den Rechtlern in „Eigenregie“ übertragen (Protokoll von 1929). Es gebe eine innere Geschäftsordnung der Rechtlergemeinschaft. Die Vereinbarungen aus dem Vergleich von 1901 seien von der Rechtlergemeinschaft umgesetzt und eingehalten worden. Die fachliche Bewirtschaftung erfolge über Forstrat Sch. vom Forstamt der Stadt B., der auch den Jahresbetriebsplan 2015/2016 erstellt habe. Die Grundlagen der Bewirtschaftung seien im Bescheid des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt vom 16. November 2015 festgelegt worden. Dieser Bescheid sei von der Beklagten nicht angefochten worden und damit bestandskräftig.

Seit Beginn der Wahlperiode 2014 seien sechs von zwölf Gemeinderatsmitgliedern und der 1. Bürgermeister entweder selbst Rechtler oder es bestünden Verwandtschaftsverhältnisse im Sinne von Art. 49 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) i.d.F.d. Bek. vom 22. August 1998 (GVBl S. 796), zuletzt geändert durch Art. 9a Abs. 2 des Gesetzes vom 22. Dezember 2015 (GVBl S. 458). Deshalb habe das Landratsamt H. mit Bescheid vom 13. Oktober 2015 die 3. Bürgermeisterin der Beklagten, Frau M., rückwirkend ab 1. Mai 2014 ermächtigt, in Angelegenheiten, die den mit Nutzungsrechten belasteten Gemeindewald beträfen, anstelle des Gemeinderates zu handeln. Bei der Vorstandssitzung der Gemeinderechtler am 10. November 2015 sei der Jahresbetriebsplan 2015/2016 vom Forstrat Sch. erläutert und an die 3. Bürgermeisterin übergeben worden. Diese habe den Rechtlern mitgeteilt, dass die Beklagte zukünftig am Stammholzverkauf finanziell beteiligt werden möchte. Zugleich habe sie klargemacht, dass „wegen teilweise ungeklärter rechtlicher Nutzungsverhältnisse einiger Rechtler“ die Beklagte wünsche, die Waldbewirtschaftung bis zur Klärung der rechtlichen Verhältnisse auszusetzen. Die Rechtlergemeinschaft habe sich grundsätzlich nicht geweigert, etwaige Zweifel an den Nutzungsrechten auszuräumen und eine finanzielle Beteiligung der Beklagten zu prüfen. Am 14. November 2015 habe die Jahreshauptversammlung der Gemeinderechtler stattgefunden. Der anwesende 1. Bürgermeister habe zuvor am Vormittag desselben Tages dem 2. Vorsitzenden der Gemeinderechtler den streitgegenständlichen Bescheid vom 14. November 2015 übergeben. Dieser sei in der Jahreshauptversammlung öffentlich verlesen worden. Die ebenfalls anwesende 3. Bürgermeisterin habe erneut die Forderung an die Rechtler gestellt, die Beklagte am Stammholzverkauf finanziell zu beteiligen.

Art. 80 Abs. 2 Satz 3 GO sei beim Kläger schon tatbestandlich nicht anwendbar. Bei einem Holznutzungsrecht handele es sich nicht um ein Nutzungsrecht, das „ausschließlich“ landwirtschaftlichen Zwecken diene. Das könne auch nicht aus der Dorfordnung von 1575 gefolgert werden. Holz sei schon früher neben der Verwendung als Baumaterial überwiegend als Brennholz verwendet worden und werde das immer noch. Deshalb sei das Nutzungsrecht üblicherweise mit einer Feuerstelle, aber nicht zwingend im Sinne von „ausschließlich“ mit einem landwirtschaftlichen Betrieb verbunden gewesen. Bei der Entscheidung der erkennenden Kammer vom 28. Oktober 2015 sei es demgegenüber um ein Wiesennutzungsrecht gegangen. Holznutzungsrechte seien nicht auf den speziellen Bedarf der Landwirtschaft bezogen und könnten deshalb auch nach Aufgabe einer Landwirtschaft noch genutzt werden. Im Jahr 1575 seien die Einwohner der Gemeinde St. wohl üblicherweise Landwirte gewesen. Die damalige Abgabe bestimmter Mengen von Holz an „Bauern“ führe aber nicht dazu, wie die Beklagte meine, dass die Holznutzungsrechte ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken gedient hätten.

Die Nichtbewirtschaftung des Waldes führe immer zu Schäden am Waldbestand, wie sich aus der Stellungnahme des bayerischen Waldbesitzerverbandes vom 27. November 2015 ergebe. Auch seien bei der Waldbegehung am 24. Februar 2016 bereits Waldschäden festgestellt worden, die umgehend hätten beseitigt werden müssen. Der 1. Bürgermeister habe trotz seiner Unzuständigkeit Forstrat Sch. aufgefordert, das schadhafte Holz einzuschlagen und zu verkaufen. Bei der Begehung habe er öffentlich erklärt, dass die Beklagte den Noteinschlag beauftrage und das geschlagene Holz selbst verkaufen werde. Das eingenommene Geld würde auf ein Sperrkonto gestellt.

Aufgrund des Inhalts der angefochtenen Bescheide werde dem Kläger die Ausübung seines Holznutzungsrechts faktisch versagt, was zugleich einen Eingriff in eine eigentumsähnliche Rechtsposition bedeute. Ob das konkrete Holznutzungsrecht tatsächlich bestehe, sei keine Frage der Zulässigkeit der Klage, sondern der Begründetheit, denn eine Rechtsverletzung sei jedenfalls denkbar und möglich. Die Klage sei auch begründet, weil die Verweigerung des Einvernehmens rechtswidrig sei und den Kläger in seinen Rechten verletze. So fehle es bereits an der erforderlichen Anhörung. Zudem habe der 1. Bürgermeister den Bescheid vom 14. November 2015 übergeben und auch sonst Äußerungen getätigt, eine Gewinnausschüttung untersagt und den Noteinschlag angeordnet, die für seine Mitwirkung am Verfahren sprächen, obwohl er unzuständig sei.

Beim streitgegenständlichen Nutzungsrecht handele sich um ein radiziertes Nutzungsrecht aus einem sog. rechtsbegründeten Herkommen. Seit 1922 seien die Rechtler wie auch die Beklagte davon ausgegangen, dass der Bezug der Nutzungen geltendem Recht entspreche. Auch habe die Beklagte in der Vergangenheit sämtliche Übertragungen von Holznutzungsrechten anderer Rechtler genehmigt. Selbst wenn bei einigen Rechtlern Zweifel an der Inhaberschaft eines Holznutzungsrechtes bestünden, habe die Beklagte den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Es sei aber nicht gerechtfertigt, allen Rechtlern und damit auch dem Kläger die Ausübung ihres jeweiligen Nutzungsrechtes zu verweigern. Die Rechtler seien nämlich jeweils einzelne Träger des Holznutzungsrechtes und nicht die Rechtlergemeinschaft als solche. In den angefochtenen Bescheiden werde auch nicht ansatzweise dargelegt, weshalb der Vergleich vom 23. Juni 1901 nicht mehr wirksam sein solle. In diesem Vergleich (§ 14) sei eindeutig geregelt, dass dessen Inhalt „für alle Zukunft“ die Rechte und Pflichten zwischen Gemeinde und Rechtlern festlegen solle. Ursprüngliche vorhandene Rechte der Gemeinde seien durch notariellen Vertrag von 1979 abgelöst worden. Die Aussage der Beklagten, es bestünden Unklarheiten bezüglich dieses Vergleichs, entbehre jeglicher Grundlage. Zudem sei den Rechtlern nach einem Protokoll vom November 1929 die Bewirtschaftung des Gemeindewaldes in eigener Regie übertragen worden. Das bestätige auch der Umstand, dass der Gemeindewald in den vergangenen Jahrzehnten ausschließlich von den Rechtlern bewirtschaftet worden sei. Deshalb gehe der Hinweis der Beklagten auf § 903 BGB fehl. Ein „Vetorecht“ stehe der Gemeinde insoweit nicht zu. Allenfalls bei einer offensichtlich fehlerhaften, also unfachmännischen Bewirtschaftung des Gemeindewaldes, die erhebliche Schäden am Eigentum der Gemeinde befürchten lasse, könnte ein solcher Eingriff gerechtfertigt sein. Auch könne sich die Beklagte nicht auf § 3 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Rechtler berufen, denn diese stelle eine rein interne Regelung über den Geschäftsgang unter den Rechtlern dar und könne schon deshalb keine gegenseitigen Rechte oder Pflichten zwischen der Beklagten und den Rechtlern begründen. Zwischen den Rechtlern und der Beklagten bestehe ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis und beide Parteien seien nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehalten, eine ordnungsgemäße und sinnvolle Durchführung der Bewirtschaftung zu ermöglichen. Die Beklagte dürfe aber nicht einseitig durch hoheitliche Maßnahmen in dieses Schuldverhältnis eingreifen. Die Beklagte sei darüber hinaus davon ausgegangen, dass die Waldbewirtschaftung „zu untersagen war“. Dann hätte aber diese Untersagung die einzig in Betracht kommende Maßnahme sein müssen. Die Untersuchung zweifelhafter Holznutzungsrechte rechtfertige aber nicht die generelle Untersagung der Bewirtschaftung zulasten aller Rechtler. Das verstoße gegen das Übermaßverbot und stelle einen Ermessensfehler dar. Die verbindliche Klärung etwaiger unklarer Rechtsverhältnisse hätte im Rahmen von negativen Feststellungsklagen erfolgen können.

Der Kläger lässt zuletzt beantragen,

die Bescheide der Beklagten vom 14. und 17. November 2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei unzulässig und im Übrigen auch unbegründet.

Dem Kläger fehle bereits die Klagebefugnis. Rechte des Klägers würden durch die Bescheide nicht berührt. Der Bescheid vom 14 November 2015 sei an alle „Inhaber eines Nutzungsrechts am Gemeindewald St. …“ adressiert. Der Kläger sei jedoch nicht Inhaber eines Holznutzungsrechtes, weil das Recht infolge einer rechtsunwirksamen Veräußerung „an die Beklagte zurückgefallen“ sei.

Seit dem 1. Januar 1974 hätten Übertragungen und Häufungen von Nutzungsrechten der Zustimmung der Gemeinde und der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde bedurft. Die Genehmigungspflicht durch die Rechtsaufsichtsbehörde sei ab 1. August 2004 weggefallen. Der in der Sitzung vom 2. Februar 2005 gefasste Beschluss des Gemeinderates der Beklagten über die Zustimmung zur isolierten Übertragung des Nutzungsrechts vom Grundstück FlNr. …7 auf das Grundstück FlNr. …5 sei unwirksam. Der Gemeinderat sei in dieser Sitzung nicht beschlussfähig gewesen, da von den dreizehn erschienenen Gemeinderatsmitgliedern sieben Gemeinderatsmitglieder als Rechtler bzw. als bis zum dritten Grad mit einem Rechtler verwandte oder verschwägerte Personen von der Beratung und Abstimmung nach Art. 49 Abs. 1 GO ausgeschlossen gewesen seien. Der Gemeinderat sei nicht im Sinne Art. 47 Abs. 2 GO beschlussfähig gewesen, weil alle Rechtler als persönlich beteiligt anzusehen seien. Das gelte auch für die isolierte Übertragung von Nutzungsrechten.

Für eine wirksame Übertragung des Nutzungsrechts sei es zudem nach Art. 80 Abs. 3 Satz 1 GO erforderlich, dass es sich bei dem Anwesen, auf welches das Nutzungsrecht übertragen werden soll, um das Haus- und Hofgrundstück eine ausübenden Land- oder Forstwirts handele. Das sei hier nicht gegeben.

Das Einvernehmen zum Jahresbetriebsplan 2015/2016 habe die Beklagte verweigern und die Aussetzung des Holzeinschlags anordnen dürfen. In einer Besprechung zwischen dem Kläger als damaligem Schriftführer der Rechtlergemeinschaft, deren früherem Vorsitzenden M., dem Förster Sch., dem 1. Bürgermeister und der 3. Bürgermeisterin sei dies vom Förster Sch. ausdrücklich mitgeteilt worden. Sowohl in dieser Besprechung als auch bei der Hauptversammlung der Rechtlergemeinschaft am 14. November 2015 habe die 3. Bürgermeisterin mitgeteilt, dass Notmaßnahmen wie Holzeinschläge wegen Schädlingsbefall oder Sturmbruch selbstverständlich zulässig seien. Alternative Handlungsmöglichkeiten als ein Holzeinschlag hätten aber nicht zur Verfügung gestanden bzw. nicht zum Erfolg geführt.

Davon abgesehen, seien zahlreiche Holznutzungsrechte im Bereich der Beklagten zweifelhaft. Das Bestehen dieser Rechte müsse sorgfältig geprüft werden. Daher habe der 1. Bürgermeister dem Vorstand der Rechtler untersagt, nach dem Einschlag eine Gewinnausschüttung vorzunehmen, um Rückabwicklungen und Schadensersatzansprüche zu verhindern. Das habe jedoch der Vorstand der Rechtler nicht akzeptiert, weshalb eine förmliche Untersagung des Holzanschlages erforderlich und unvermeidlich gewesen sei.

Jedenfalls sei eine Rechtsverletzung beim Kläger durch die beiden Bescheide nicht gegeben. Das Nutzungsrecht auf dem Grundstück FlNr. …7 sei infolge des unwirksamen Beschlusses des Gemeinderates vom 2. Februar 2005 nicht isoliert auf das Grundstück FlNr. …5 übertragen worden. Es habe vielmehr weiter auf dem Grundstück FlNr. …7 geruht, das mit notariellem Kaufvertrag vom 26. Mai 2004 an Frau I. O. veräußert worden sei. Diese neue Eigentümerin habe das Nutzungsrecht aber nicht ununterbrochen ausgeübt, weshalb es erloschen sei. Es sei jeweils nur der jeweilige Eigentümer zur Nutzung berechtigt.

Erloschene Nutzungsrechte fielen wieder an die Gemeinde zurück. Regelmäßiger Zweck dieser Nutzungsrechte sei, die Existenzgrundlage land- oder forstwirtschaftliche Anwesen durch zusätzliche Einkünfte oder materielle Bezugsrechte zu sichern oder zu verbessern. Daraus folge ihre heutige Daseinsberechtigung. Es gelte grundsätzlich der Bedarfsgrundsatz, wonach für die Beteiligung der Nutzungsberechtigten an den Gemeindenutzungen das eigene wirtschaftliche Bedürfnis maßgebend sei. Der Umfang der Nutzungen sei demzufolge im Grundsatz auf den Eigenbedarf des Nutzungsberechtigten beschränkt. Ein Rückfall der Nutzungsrechte an die Rechtlergemeinschaft könne deshalb nicht gewollt sein, da so der Zweck des einzelnen Nutzungsrechts nicht erfüllt werden könne. Ein Rückfall erloschener bzw. untergegangener Nutzungsrechte an die Rechtlergemeinschaft sei auch weder gesetzlich geregelt noch mit dem besonderen Wesen der Nutzungsrechte zu begründen. Es handele sich um Rechte am Gemeindevermögen, was das Eigentum der Gemeinde an den Nutzungsgegenständen voraussetze. Bei einem „Erlöschen“ oder „Untergang“ der Rechte sei wieder von einer uneingeschränkten rechtlichen Sachherrschaft des Eigentümers (der Gemeinde) auszugehen.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26. April 2017 Bezug genommen.

Gründe

1. Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung mit Hinblick auf den Zeitablauf auf Anregung des Gerichts konkretisierte Klage ist zulässig und begründet.

Die Bescheide der Beklagten vom 14. und 17. November 2015 sind rechtwidrig und verletzen den Kläger - im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung - auch in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1.1 Die Klage ist zulässig.

1.1.1 Unstreitig ist für den vorliegenden Streitgegenstand der Verwaltungsrechtsweg i.S.v. § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet (vgl. bereits W 2 K 15.1392, U.v. 7.12.2016 - juris).

Bereits im Urteil vom 6. Dezember 1965 (Nr. 337 II 64 - S. 10 d.a.U.) ist das erkennende Gericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (U.v. 20.11.1912 - Nr. 76 II 10) davon ausgegangen, dass der auch vorliegend streiterhebliche Vergleich vom 23. Juni 1901 zwischen Rechtlern und Nichtrechtlern in St., der u.a. die der Beklagten und den Rechtlern sowie Nichtrechtlern zustehenden Nutzungsrechte am Gemeindewald St. sowie die den Rechtlern gegenüber der Gemeinde obliegenden Rechtspflichten regelt, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag darstellt. Es handelt sich - wie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung rechtskräftig festgestellt - bei den Holznutzungsrechten am Gemeindewald St. um öffentlich-rechtliche, auf der Zugehörigkeit zur Gemeinde („Gemeindeverband“) beruhende Gemeindenutzungsrechte.

1.1.2 Die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens zum Jahresbetriebsplan 2015/2016 stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG.

Die Klagebefugnis ist bezüglich beider Bescheide - entgegen der Ansicht der Beklagten - im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung gegeben (§ 42 Abs. 2 VwGO).

Adressat des Bescheides vom 17. November 2015 ist der Kläger selbst.

Aber auch der an „alle Inhaber eines Nutzungsrechtes“ und damit an alle im Rechtlerverzeichnis geführten Rechtler adressierte Bescheid vom 14. November 2015 betrifft den Kläger persönlich in seiner Stellung als Rechtler, es sei denn, man wollte diesen Bescheid wegen seiner unbestimmten Adressierung von vorne herein als nichtig ansehen. Zu diesem Ergebnis könnte man etwa gelangen, weil die Beklagte bereits im vorgenannten Urteil des erkennenden Gerichts vom 6. Dezember 1965 (S. 12 d.a.U.) darauf hingewiesen wurde, dass Gemeindenutzungsrechte für den einzelnen Rechtler von den übrigen Rechtlern unabhängige Sonderansprüche gegen die Gemeinde darstellen, weshalb die „Gemeinschaft“ der Rechtler als solche nicht rechtsfähig ist. Zugunsten der Beklagten geht die Kammer aber lediglich von der Rechtswidrigkeit und einem dadurch persönlichen Betroffensein des Klägers insoweit aus, weil die Verweigerung des Einvernehmens auch ihn betrifft.

Auch der weitere Einwand der Beklagten, das Recht des Klägers sei „infolge der Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebes nach Art. 80 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 GO erloschen“, geht ersichtlich fehl. Unabhängig von der Entwicklung der Holznutzungsrechte am Gemeindewald St. als solche, bestimmt sich nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (U.v. 30.9.1994 - 4 B 94.1162 - VGH n.F. 48, 21) die Frage, ob ein Nutzungsrecht ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken dient, grundsätzlich nicht danach, ob das Recht ursprünglich nur Landwirten zustand. Vielmehr ist auf die Art des Rechts abzustellen, d.h. darauf, ob das Recht seiner Natur nach ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken dient. Das gilt etwa für Weide-, Streu- oder Ackerrechte. Insbesondere Brennholzrechte sind dagegen in der Regel nicht ausschließlich auf den Bedarf landwirtschaftlicher Betriebe bezogen. Sie dienen jedenfalls nicht ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken. Auch das über das Brennholzrecht hinausgehende Nutzholzrecht dient nicht ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken. Nutzholz kann - ebenso wie Brennholz - auch für ein Wohnhaus eingesetzt werden. Deshalb ist der Betrieb einer Landwirtschaft für die Ausübung eines Holznutzungsrechts nicht allgemein Voraussetzung.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte bestreitet, dass der Kläger Inhaber eines Holznutzungsrechtes am Gemeindewald St. sei. Träfe das zu, hätte es eines Bescheides gegenüber dem Kläger schon nicht bedurft. Unabhängig davon, stand zum Zeitpunkt des Erlasses beider Bescheide - mangels entsprechender Ermittlungen im Vorfeld durch die Beklagte - nicht einmal ansatzweise fest, dass der Kläger nicht (bzw. nicht mehr) Inhaber eines Nutzungsrechtes ist. Dies hätte die Beklagte deshalb zunächst im Wege einer Feststellungsklage klären müssen. Ihre bloße Behauptung reicht insoweit nicht, weil die Eigenschaft als „Rechtler“ bzw. „Nichtrechtler“ im maßgeblichen Zeitpunkt nicht rechtskräftig festgestellt war. Bis zu einer solchen Feststellung ist aber beim Kläger von der Rechtlereigenschaft auszugehen und er kann geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein.

1.2 Die Klage ist auch begründet.

Die Ablehnung der Erteilung des Einvernehmens zum Jahresbetriebsplan vom 10. November 2015 für den Gemeindewald St. über den Holzeinschlag 2015/2016 ist rechtwidrig und verletzt den Kläger auch in seinem bestehenden - weil das Gegenteil nicht rechtskräftig festgestellt ist - Holznutzungsrecht am Gemeindewald St. (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.2.1 Die angefochtenen Bescheide sind bereits formell rechtswidrig.

1.2.1.1 Beide Bescheide leiden unter dem Mangel der fehlenden Anhörung im Sinne von Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG. Die Beklagte hat den Kläger weder vor Erlass des Bescheides vom 14. November 2015 noch vor Erlass des - an den Kläger persönlich adressierten - Bescheides vom 17. November 2015 angehört, obwohl beide Bescheide als Verwaltungsakte anzusehen sind, die in das Holznutzungsrecht des Klägers eingreifen, weil sie ihm die zustehenden Nutzungen vorenthalten.

Die Ausnahmen nach Art. 28 Abs. 2 und 3 BayVwVfG liegen ersichtlich nicht vor.

Die Nachholung der Anhörung ist zwar bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz noch möglich (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG), bisher aber nicht erfolgt. Die Stellungnahmen der Beklagten im gerichtlichen Verfahren reichen dazu allein nicht aus (vgl. dazu Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 86/87, m.w.N.). Insbesondere ist auch im Klageverfahren seitens der Beklagten keine hinreichende inhaltliche Auseinandersetzung mit den Einwänden des Klägers erfolgt, die einem Verwaltungsverfahren materiell gleichwertig wäre.

1.2.1.2 Der Bescheid vom 14. November 2015 mangelt im Hinblick auf die Adressierung auch an der hinreichenden Bestimmtheit im Sinne von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Er ist adressiert an „alle Inhaber eines Nutzungsrechtes aus dem Gemeindewald St. vertreten durch die ‚Gemeinderechtler St.‘ (Vorstandschaft)“. Die Vorstandschaft der Rechtler in St. ist aber nicht Vertreter des einzelnen Rechtlers, weil - wie schon dargelegt - die Gemeindenutzungsrechte für den einzelnen Rechtler von den übrigen Rechtlern unabhängige Sonderansprüche gegen die Gemeinde darstellen und nicht von einer allgemeinen Bevollmächtigung insoweit auszugehen ist.

Abgesehen davon bestreitet die Beklagte gerade die Inhaberschaft von Holznutzungsrechten bei einer größeren Anzahl von Rechtlern, insbesondere auch dem Kläger, weshalb der Adressatenkreis schon deshalb nicht hinreichend bestimmt ist. Dies führt bereits zur formellen Rechtswidrigkeit.

1.2.1.3 Beiden Bescheiden fehlt es darüber hinaus auch an einer hinreichenden Begründung im Sinne von Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG.

In den Bescheiden werden vier Gründe für den Erlass genannt:

(1) Die Unklarheit hinsichtlich der Stellung als Rechtler aufgrund von Übertragungen,

(2) die Gültigkeit des Vergleiches vom 23. Juni 1901 sei fraglich,

(3) der Inhalt und Umfang der Nutzungsrechte sei unklar und

(4) die Sach- und Rechtslage sei zu überprüfen.

Es fehlt aber schon an jeglicher Begründung, weshalb die Klärung dieser von der Beklagten aufgeworfenen Fragen die Versagung des Einvernehmens zum vom Forstamt erstellten Jahresbetriebsplan vom 10. November 2015 für den Gemeindewald St. über den Holzeinschlag 2015/2016 erfordert und insbesondere rechtfertigt. Es ist zunächst Aufgabe einer ordnungsgemäßen Verwaltungstätigkeit der Beklagten den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (Art. 24 Abs. 1 und 2 BayVwVfG) und erst danach zu entscheiden. Dazu hätte es vorliegend insbesondere gehört, zu klären, wer tatsächlich noch Inhaber eines Holznutzungsrechtes ist bzw. welches Holznutzungsrecht gegebenenfalls erloschen ist, und das Bestehen oder Nichtbestehen im Streitfall durch Feststellungsklage klären zu lassen (siehe bereits oben).

Die Beklagte hat darüber hinaus weder in den angefochtenen Bescheiden noch im gerichtlichen Verfahren, insbesondere auch nicht in der mündlichen Verhandlung dargelegt, ob und welche Mängel der von der Fachbehörde erstellte Jahresbetriebsplan 2015/2016 nach ihrer Ansicht aufweist. Nur solche könnten allenfalls eine Verweigerung des Einvernehmens rechtfertigen.

Dieser erhebliche Begründungsmangel wurde bisher ebenfalls nicht - auch nicht durch die Schriftsätze im gerichtlichen Verfahren - geheilt (Art. 45 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG).

1.2.1.4 Zumindest der Bescheid vom 14. November 2015 ist nach den inzwischen vorliegenden Erkenntnissen auch deshalb rechtswidrig, weil der 1. Bürgermeister diesen Bescheid dem 2. Vorsitzenden der Rechtler persönlich am 14. November 2015 übergeben hat, obwohl er kraft Gesetzes wegen persönlicher Beteiligung (selbst Rechtler) an der Mitwirkung am Verwaltungsverfahren insoweit ausgeschlossen war (vgl. Bescheid des Landratsamtes H. vom 13.10.2015). Gleiches gilt für die - wie die Beklagte selbst vorträgt - vom 1. Bürgermeister gegenüber dem Vorstand der Rechtler ausgesprochene „Untersagung“ der Gewinnausschüttung. Der 1. Bürgermeister hat nicht einmal nach dem Urteil der Kammer vom 7. Dezember 2016 davon abgesehen, sich öffentlich und - allgemein zugänglich - in der Presse (u.a Bayerisches Fernsehen) in dieser Sache für die Gemeinde zu äußern.

1.2.2 Die streitgegenständliche Verweigerung des Einvernehmens ist auch materiell rechtswidrig und verletzt den Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt auch in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1VwGO).

1.2.2.1 Für die Verweigerung des Einvernehmens zum Forstwirtschaftsplan 2015/2106 durch die Beklagte fehlt es bereits an einer hinreichenden Rechtsgrundlage.

Eine solche folgt ersichtlich nicht - wie die Beklagte meint - aus Art. 1 GO, der in den Bescheiden zitiert wird. Das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht - Finanz-, Personal-, Organisations- und Planungshoheit - besteht nur im Rahmen der durch die Rechtsordnung gezogenen Schranken und gibt keine Rechtgrundlage, das Recht auf Forderung des Nutzungsberechtigten gegenüber der Gemeinde auf Zuteilung eines bestimmten Anteils an den anfallenden Nutzungen ohne hinreichenden sachlichen Grund auszusetzen.

Aus § 3 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Gemeinderechtler St. vom 24. März 2012 folgt ebenfalls keine Rechtsgrundlage für die Verweigerung des Einvernehmens der Beklagten. Dort wird vielmehr die Erteilung des Einvernehmens der Beklagten als Grundlage für die Umsetzung des jeweiligen Jahresbetriebsplans vorausgesetzt. Diese Geschäftsordnung ist aber lediglich eine interne Ordnung für die Gemeinderechtler.

Grundsätzlich ist es aber Aufgabe der Gemeinde, die mit Nutzungsrechten belasteten Grundstücke selbst zu verwalten und zu bewirtschaften. Gemäß der kommunalrechtlichen Zuständigkeitsregelung des Art. 29 GO sind Entscheidungen über die Verwaltung des mit Nutzungsrechten belasteten Gemeindevermögens regelmäßig vom Gemeinderat zu treffen (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2015 - 4 ZB 14.359 - juris - m.w.N.). Die Rechtler sind demnach grundsätzlich nicht befugt, sich die Erträgnisse oder sonstigen Bestandteile der mit dem Nutzungsrecht belasteten Grundstücke unmittelbar mit der Rechtsfolge des § 954 BGB anzueignen. Alle Erzeugnisse und Erträgnisse fallen vielmehr grundsätzlich zunächst in das Eigentum der Gemeinde und müssen von dieser den Rechtlern zugeteilt und übertragen werden (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2015 - 4 ZB 14.359 - juris - m.w.N.).

Der Einwand der Beklagten, eine Mit- oder Eigenverwaltung durch die Rechtler komme weder in Betracht noch sei sie rechtlich zulässig, findet allerdings in der Rechtsprechung keine Stütze. Die Gemeinde kann sich zur Verwaltung und Bewirtschaftung der belasteten Grundstücke im Einzelfall durchaus der Rechtler bedienen (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2015 - 4 ZB 14.359 - juris - m.w.N.). Ob der Vortrag des Klägers zutrifft, den Rechtlern sei nach einem Protokoll vom November 1929 die Bewirtschaftung des Gemeindewaldes in eigener Regie übertragen worden, was auch der Umstand bestätige, dass der Gemeindewald in den vergangenen Jahrzehnten ausschließlich von den Rechtlern bewirtschaftet worden sei, kann insoweit offen bleiben. Der Beklagten könnte dadurch nicht die völlige Mitsprache an der Verteilung der in ihr Eigentum fallenden Erzeugnisse und Erträge aus dem Gemeindewald nach Maßgabe des Herkommensrechts von vorne herein genommen werden. Es kann daher auch offen bleiben, ob das vorliegend streitige Herkommensrecht auch die Bewirtschaftung durch die Rechtler mit umfasst.

Die beklagte Gemeinde hat allerdings nicht das Recht, die Bewirtschaftung des von Holznutzungsrechten betroffenen Gemeindewaldes ohne sachlichen Grund zu verweigern. Das ergibt sich schon aus dem Vergleich vom 23. Juni 1901, zu dem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (U.v. 20.11.1912 - Nr. 76 II 10) rechtskräftig entschieden hat, dass dieser Vergleich wirksam abgeschlossen wurde und keine neuen Rechte begründet, sondern die bereits bestehenden beiderseitigen Rechte lediglich aufgrund des damals bekannten Herkommens neu beschrieben und abgegrenzt hat (vgl. auch VG Würzburg, U.v. 6.12.1965 - Nr. 337 II 64). Der Inhalt dieses Vergleichs ist maßgeblich, soweit er - wie hier - ab dem 18. Januar 1922 (Art. 80 Abs. 2 Satz 1 GO) ununterbrochen kraft gemeinsamer Rechtsüberzeugung zwischen Rechtlern und Gemeinde ausgeübt wurde. Nach diesem Vergleich steht der Gemeindewald im Eigentum der Gemeinde und seine Bewirtschaftung erfolgt nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. Die Nutzungsrechte der Gemeinde (damals) waren zum einen das Bauholz, soweit ihr bestimmte Baulasten oblagen, zum anderen das Brennholz, Besoldungsholz und Schulholz, das durch die Rechtler zu liefern war. Auf diese Rechte kommt es vorliegend aber nicht entscheidungserheblich an. Die Rechtler und Nichtrechtler haben (nach wie vor) gleichmäßig das Recht auf Lese- und Brechholz (nicht wie im Urteil vom 7.12.2016 versehentlich als „Brenn“holz bezeichnet) und Streunutzungen nach Maßgabe des Wirtschaftsplanes und Bedürfnis sowie bei der Streunutzung Sonderlose nach Wirtschaftsplan und Viehbestand. Darüber hinaus steht „alles“ übrige anfallende Holz, insbesondere das Nutz-, Brenn- und Stammholz den Rechtlern zu. Der dauernde Bestand dieser Rechte wird den Rechtlern und Nichtrechtlern zugesichert, wobei die Regelung der Rechte und Pflichten für alle Zeiten so bleiben soll. Zwar wurde dieser Vergleich zunächst nur zwischen den Rechtlern und Nichtrechtlern geschlossen, allerdings hat - was die Beklagte bisher übersehen hat - der Vertreter der gemeindlichen Interessen diesem Vergleich mit Genehmigung des Bezirksamtes und unter Beteiligung der Regierung zugestimmt, weil bereits damals die gemeindlichen Gremien der Beklagten beschlussunfähig waren (vgl. dazu BayVGH, U.v. 20.11.1912 - Nr. 76 II 10 - S. 20 d.a.U.). Entgegen der Ansicht der Beklagten unterliegt diese deshalb ebenfalls der Bindungswirkung dieses Vergleichs. Sie geht im Übrigen in den angefochtenen Bescheiden selbst davon aus, dass der Vergleich auch mit ihr geschlossen wurde. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Vergleich nicht mehr wirksam wäre, hat die Beklagte schon nicht ansatzweise dargelegt, solche sind auch nicht ersichtlich. Der Wunsch der Beklagten, künftig an den Erlösen des Stammholzverkaufes beteiligt zu werden (vgl. die Forderung der Gemeinde in der Rechtlerversammlung vom 10.11.2015), stellt ersichtlich keinen Grund dar, an der Gültigkeit der Regeln im Vergleich „Zweifel“ auszulösen. Die Beklagte verkennt dabei durchgängig, dass sie nicht berechtigt ist, einseitige Änderungen am Inhalt der Nutzungsrechte vorzunehmen. Eine einseitige Änderung der rechtlichen Bewertung durch die Gemeinde oder deren reines Wunschdenken reicht nicht aus, um eine Änderung der Rechtslage herbeizuführen, vielmehr muss ein Wandel der Rechtsüberzeugung die Ausübung der Nutzungsrechte selbst prägen und auch von den Rechtlern zumindest hingenommen werden (vgl. BayVGH, U.v. 30.11.1994 - 4 B 94.1162 - VGH n.F. 48, 21). Rechtlich maßgeblich ist allein die gemeinsame Rechtsüberzeugung von Rechtlern und Gemeinde (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2015 - 4 ZB 14.359 - juris - m.w.N.).

Selbst wenn man mit der Beklagtenseite davon ausginge, dass einzelne Nutzungsrechte erloschen wären und das auch jeweils rechtskräftig festgestellt wäre, was Gegenstand weiterer anhängiger Verfahren ist, folgt auch daraus keineswegs ein sachlicher Grund, den anderen Rechtlern ihre Rechtsansprüche vorzuenthalten. Nach dem wirksamen Vergleich von 1901 stehen den Rechtlern und Nichtrechtlern gleichmäßig das Recht auf Lese- und Brechholz und Streunutzungen nach Maßgabe des Wirtschaftsplanes und Bedürfnis sowie bei der Streunutzung Sonderlose nach Wirtschaftsplan und Viehbestand zu. Darüber hinaus steht - wie dargelegt - „alles“ übrige anfallende Holz, insbesondere das Nutz-, Brenn- und Stammholz den Rechtlern zu. Selbst wenn etwa Holznutzungsrechte in der Vergangenheit erloschen wären, hätte das deshalb nur zur Folge, dass sich insoweit der Anteil der übrigen Rechtlern vergrößert hätte. Der im Vergleich von 1901 festgelegte Umfang der Rechte der Gemeinde auf Lieferung von zum einen Bauholz, soweit der Gemeinde bestimmte Baulasten obliegen, zum anderen von Brennholz, Besoldungsholz und Schulholz durch die Rechtler, wird durch das Erlöschen eine Nutzungsrechtes nicht verändert, weil „alles“ übrige anfallende Holz den Rechtlern zusteht.

Das ist auch im vorliegenden Fall nicht unbillig, wie teilweise (vgl. Bauer in: Praxis der Gemeindeverwaltung, Öffentliche Nutzungsrechte in Bayern, Stand: 1/2016, S. 131) - wenn auch für andere Konstellationen - vertreten wird. Vorliegend ist das Herkommensrecht seit 1901 so ausgestaltet, dass durch das Erlöschen einzelner Rechte keine über den Vergleich hinausgehenden Rechte der Gemeinde entstehen sollen. Diese gemeinsame Rechtsüberzeugung ist seitdem auch so in der Praxis - bis 2015 - umgesetzt worden. Bereits im Urteil von 1965 hat die Kammer dazu festgestellt, dass die Rechte der Gemeinde - damals ging es um das Schulholz - sog. Bedarfsrechte sind. Auf diese besteht kein Anspruch (mehr), wenn ein tatsächlicher Bedarf nicht (mehr) besteht. Insbesondere folgt daraus kein Anspruch für die Beklagte, Nutzungen zu ziehen, um diese für andere Zwecke zu verwenden oder in Geld umzusetzen. So verhält es sich aber mit der (jüngst erneut geäußerten) Forderung der Beklagten, am Erlös des Stammholzverkaufes beteiligt zu werden. Denn darin läge eine inhaltliche Umgestaltung und Ausweitung (zugunsten der Beklagten) der gemeindlichen Rechte bzw. Einschränkung (zum Nachteil der Rechtler), die schon 1965 unzulässig war (vgl. Urteil der Kammer vom 6.12.1965 - 337 II 64 - zu Art. 68 Abs. 1 GO 1960) und nunmehr durch Art. 80 Abs. 1 GO ausdrücklich und eindeutig ausgeschlossen ist.

1.2.2.2 Die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens verletzt den Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt auch in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach dem - wie oben dargelegt wirksamen - Vergleich vom 23. Juni 1901 erfolgt die Bewirtschaftung des im Eigentum der Gemeinde stehenden Gemeindewaldes nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Forstrechtes und den darauf beruhenden jeweiligen Jahreswirtschaftsplänen.

Sind diese Bestimmungen eingehalten, haben die Rechtler aus ihrem jeweiligen Holznutzungsrecht einen - nicht dinglichen (vgl. BayVGH, U.v. 13.6.1973 - Nr. 146 IV 68 - VGH n.F. 26, 148/151; zuletzt BayVGH, B.v. 16.3.2015 - 4 ZB 14.359 - juris) - Anspruch auf Gewährung der ihnen gebührenden Nutzungen, oder anders ausgedrückt auf Zuteilung ihres jeweiligen durch den Vergleich von 1901 bestimmtem Anteils an den anfallenden Nutzungen (so ausdrücklich BayVGH, U.v. 13.6.1973 - Nr. 146 IV 68 - VGH n.F. 26, 148/151). Es handelt sich um einen individuellen vermögensrechtlichen Anspruch gegen die Gemeinde, der auch das Recht auf anteilsgemäße Verteilung gegenüber den anderen Rechtlern und durch die Gemeinde beinhaltet (vgl. BayVGH, U.v. 13.6.1973 - Nr. 146 IV 68 - VGH n.F. 26, 148/151). Dabei umfassen die Nutzungen im Hinblick auf Art. 74 Abs. 2 Satz 1 GO nur die Erträge, die im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Gemeindevermögens anfallen und den sonstigen forstwirtschaftlichen Vorschriften entsprechen (vgl. schon BayVGH, E.v. 22.12.1930, Nr. 101 I 30 - VGH 51, 145/154 - hält das für „selbstverständlich“; siehe auch Bauer in: Praxis der Gemeindeverwaltung, Öffentliche Nutzungsrechte in Bayern, Stand: 1/2016, S. 46). Das gilt für jeden einzelnen Rechtler so lange, bis rechtskräftig festgestellt ist, dass er nicht (mehr) Rechtler ist.

Die Gemeinde darf deshalb - bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung - nicht durch irgendwelche Maßnahmen die Nutzungsansprüche des einzelnen Rechtlers gefährden oder sogar - wie hier lediglich aus finanziellen, vom Herkunftsrecht aber unzweifelhaft nicht gedeckten (vgl. bereits ausdrücklich Urteil vom 6.12.1965, Nr. 337 II 64) Erwägungen - einschränken (vgl. Bauer, a.a.O., S. 46 f.). Zwischen ihr und den Rechtlern - hier dem Kläger - besteht aufgrund des Nutzungsrechts ein verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis mit gegenseitigen Rechten und Pflichten. Diese Rechtsbeziehung zwischen Gemeinde und Bürgern - hier den Rechtlern - ist nach Struktur (gegenseitige Rechte und Pflichten) und Gegenstand (Forderungsrecht) mit einem bürgerlich-rechtlichen Schuldverhältnis vergleichbar. Daraus folgt u.a. die Verpflichtung der Beteiligten, den Vertragszweck nicht zu gefährden oder zu vereiteln (vgl. dazu BayVGH, B.v. 4.7.2014 - 4 CS 14.77 - juris - m.w.N.). Die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens und der dadurch ausgesetzte Holzeinschlag mit dem Ergebnis, dass der Kläger (und die übrigen Rechtler) die ihm (ihnen) zustehenden Nutzungen nicht erhält, ohne vorher die Rechtsstellung des Klägers (und der übrigen Rechtler, deren Nutzungsrechte die Beklagte bezweifelt) im Wege ihrer Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung (Art. 24 BayVwVfG) und ggfalls. einer Feststellungsklage i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO geklärt zu haben, stellt eine gravierende Sorgfaltspflichtverletzung dar. Daraus folgt ebenfalls die Rechtswidrigkeit der Bescheide, ohne dass es noch zusätzlich auf das (inzwischen wohl feststehende eigentliche) Motiv der von der Beklagten angestrebten Beteiligung am Stammholzverkauf entgegen dem Inhalt des Herkunftsrechtes ankommt.

Die Beklagte hat mit der Verweigerung ihres Einvernehmens - zumindest - gegenüber dem Kläger die Erfüllung seines individuellen vermögensrechtlichen Anspruchs auf Zuteilung seines Nutzungsanteils für unbestimmte Zeit ausgesetzt, obwohl sie keine Einwendungen fachlicher Art gegen den Jahresbetriebsplan dargelegt hat. Im Übrigen trifft auch die rechtfertigende Aussage nicht zu, die Aussetzung der Bewirtschaftung zeitige keine nachteiligen Folgen, weil ein Noteinschlag erforderlich wurde. Das muss aber nicht weiter erörtert werden.

Der Kläger ist - bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Feststellung des Gegenteils - als Inhaber eines Holznutzungsrechtes am Gemeindewald St. anzusehen. Dieses Recht ist auch nicht, wie die Beklagte meint, etwa wegen der - von der Beklagten (generell bei allen Rechtlern) behaupteten - Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebes erloschen.

Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger derzeit Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne von Art. 80 Abs. 2 Satz 3 GO (dazu vgl. VG Würzburg, U.v. 16.6.1999 - W 2 K 97.1621 - juris) ist, weil das Holznutzungsrecht als solches - wie bereits oben erörtert - nicht nur landwirtschaftlichen Zwecken dient und der Betrieb einer Landwirtschaft für die Ausübung eines Holznutzungsrechts deshalb nicht allgemein Voraussetzung ist (BayVGH, U.v. 30.9.1994 - 4 B 94.1162 -VGH n.F. 48, 21).

Auch aus Art. 80 Abs. 3 GO ergibt sich im Falle des Klägers (jedenfalls) derzeit nichts anderes, weil im jeweiligen Zeitpunkt des Bescheidserlasses nicht feststand, ob die isolierte Übertragung noch zu Zeiten der Eltern des Klägers zum Erlöschen des Holznutzungsrechtes geführt hat. Immerhin hat der Vater des Klägers im Jahr 2007 Beiträge zur Land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Franken und Oberfranken entrichtet. Dem muss aber nicht weiter nachgegangen werden, weil mit der Einführung des Art. 80 Abs. 3 Satz 1 GO durch Gesetz vom 20. Juli 1982 (GVBl S. 471) lediglich ein Teils schwunghafter Handel mit Nutzungsrechten unter Nichtlandwirten unterbunden werden sollte, der mit dem ursprünglichen Sinn und Zweck der Nutzungsrechte nicht mehr zu vereinbaren gewesen sei. Zweck der Neuregelung war damals, die Einbringung von Holznutzungsrechten in den freien Rechtsverkehr zu verhindern (vgl. Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung u.a., Stand 12/2016, Art. 80 unter 3). Von einem solchen Fall ist aber die Beklagte in den Jahren 2004/2005 selbst nicht ausgegangen, als die Eltern des Klägers das Nutzungsrecht lediglich auf ein anderes ihnen gehörendes Grundstück übertragen haben und die Beklagte das ohne jegliche Vorbehalte genehmigt hat.

Diese Genehmigung aufgrund des Gemeinderatsbeschlusses vom 2. Mai 2005 wurde nach außen umgesetzt, wie die Notarurkunde vom 24. März 2005 beweist (Ziffer III), nach der dem Notar die Genehmigung der Gemeinde vorlag. Diese Genehmigung wurde gegenüber den Eltern des Klägers bzw. dem Notar von der Beklagten weder widerrufen noch zurückgenommen i.S.v. Art. 48, 49 BayVwVfG und ist weiter wirksam, weil sie nach außen umgesetzt und vollzogen wurde (sog. äußere Wirksamkeit). Deshalb kommt es nicht darauf an - wie die Beklagte meint - dass der Gemeinderat damals wegen der Mitwirkung anderer Rechtler beschlussunfähig gewesen sein soll. Im Übrigen wäre es mit dem Rechtsgedanken aus § 242 BGB, der auch im öffentlichen Recht anwendbar ist, nicht zu vereinbaren, dass sich die Beklagte nach mehr als zehn Jahren auf die Beschlussunfähigkeit ihres damaligen Gemeinderates beruft. Die Beklagte hat die behauptete Beschlussunfähigkeit darüber hinaus weder hinreichend dargelegt geschweige denn nachgewiesen.

Unabhängig davon, folgt auch aus der Dorfordnung von St. vom 7. Februar 1575 nicht, wie die Beklagte meint, dass die Nutzungsrechte am St.er Gemeindewald ab 1575 nur landwirtschaftlichen Zwecken gedient hätten. Die Beklagte hat im Verfahren eine Transkription dieser „Dorffsordnung zue St.“ aus der Zeit Julius Echters vorgelegt und mit den Akten ein historisches Gutachten zu den „Waldrechten zu St.“ von Dr. S* … (Mitarbeiter des Staatsarchives Würzburg), herausgegeben vom Staatsarchiv Würzburg unter dem 11. Februar 1954. Darin wird die Entwicklung der Nutzungsrechte in St. beschrieben. Zunächst habe die Gemeindewaldung zur Befriedigung aller „inwohner und nachtbauern“ gedient und auch des Gemeinbedarfs. Die Aufteilung in Rechtler und Nichtrechtler habe es damals nicht gegeben. Wiedergegeben ist dort auch der Inhalt der Dorfordnung von 1575, die eine noch ältere Dorfordnung ersetzt habe, die aber nicht mehr auffindbar gewesen sei. Die Dorfordnung von 1575 begünstigte „Bauern“ und „Häcker“ lediglich in den Ziffern 5 und 6 hinsichtlich Holz zur Anfertigung von Achsen, Riegeln und Stielen (Ziffer 5) sowie sechs Stangen für Leiterbäume (Ziffer 6). Allerdings hatte schon damals nach Ziffer 3 jeder Einwohner das Recht auf Bauholz, was die Beklagte verkennt. Nach Ziffer 8 wurden „Lag oder Laub“ („Lauben“) verteilt für Brennholz, die nicht nur an „Bauern“ und „Häcker verteilt wurden. Später sei aber ab 1671 in einer Einigung zwischen Bauern und „Söldnern“ (= „Gütlern“ = Kleinbauern die keine Gemeindenutzungsrechte oder nur Bruchteilsrechte besaßen) festgelegt worden, dass jeder Bauer und „Söldner“ bei Austeilung des Holzes (Bauholz) und der „Lauben“ (Brennholz) gleiche Anteile zustünden. Das habe sich erst im 19. Jahrhundert mit Einführung der neuen Forstordnung sowie durch den Umstand geändert, dass sich infolge der Freizügigkeit neue Familien hätten ansiedeln können, die nicht mehr in den Verband der Rechtler aufgenommen worden seien. Hieraus seien Rechtsstreite entstanden, die sich bis ins 20. Jahrhundert hingezogen hätten, und erst mit dem Vergleich aus dem Jahr 1901 (und letztlich der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes 1912) beendet worden seien.

Daraus folgt mehr als deutlich, dass die Holznutzungsrechte in St. von Anfang an, insbesondere aber seit dem Vergleich von 1901 und zum maßgeblichen Stichtag nach Art. 80 Abs. 2 Satz 1 GO, dem 18. Januar 1922, nicht landwirtschaftliche Zwecken, sondern der Versorgung der Gemeinde mit einem konkret festgelegtem Bedarf an Bau- und Brennholz, der Versorgung von Rechtlern und Nichtrechtlern gleichmäßig mit Lese- und Brechholz (nicht „Brenn“holz) und Streunutzungen nach Maßgabe des Wirtschaftsplanes und Bedürfnis sowie bei der Streunutzung Sonderlose nach Wirtschaftsplan und Viehbestand, und darüber hinaus der Versorgung der Rechtler mit dem ganzen („alles“) übrigen anfallenden Holz, insbesondere dem Nutz-, Brenn- und Stammholz, dienen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tatbestand

1

Der klagende Zweckverband wendet sich gegen die teilweise Rückforderung einer ihm in den 1990er Jahren bewilligten Zuwendung.

2

Der Kläger erhielt für den Ausbau einer Trinkwasserleitung mit Zuwendungsbescheid vom 11. November 1994 eine Projektförderung in Höhe von 50 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten, maximal 770 000 DM. Nach Nr. 2.1. der hierfür geltenden Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K) ermäßigte sich die Zuwendung, wenn sich nach der Bewilligung die im Finanzierungsplan für den Zuwendungszweck veranschlagten Gesamtausgaben ermäßigten. Nach dem Bau der Trinkwasserleitung reichte der Zweckverband im Juni 1995 einen Verwendungsnachweis über die entstandenen Baukosten ein.

3

Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur kam im Anschluss an eine Vorprüfung des örtlichen Landratsamtes am 23. Mai 1997 zu dem Ergebnis, dass bestimmte Ausgaben nicht förderfähig seien. Die Kosten der Bauschilder, die Planungskosten sowie bestimmte landschaftsgärtnerische Leistungen und Entschädigungen für Grundstücksbeanspruchungen seien im Umfang von insgesamt 41 829,40 DM anteilig oder vollständig dem gleichzeitigen Bau einer Abwasserleitung zuzuordnen. Da die Fördermittel nicht vollständig abgerufen worden waren, wurde eine Rückzahlungsforderung von 8 752,69 DM errechnet. Die Feststellungen wurden in einem Prüfvermerk der Landgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH vom 26. Juni 2000 bestätigt. Mit Änderungsbescheid vom 26. November 2010 verringerte das beklagte Ministerium die Zuweisung anteilig und forderte den Zweckverband auf, den zu Unrecht erhaltenen Betrag von umgerechnet 4 475,18 € zurückzuzahlen.

4

Die gegen diesen Rückforderungsbescheid erhobene Klage hat der Kläger darauf gestützt, dass die Forderung verjährt sei. Das Verwaltungsgericht ist dieser Argumentation gefolgt und hat die im Änderungsbescheid enthaltene Festsetzung eines Erstattungsbetrags aufgehoben. Die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 10. März 2015 zurückgewiesen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch des Beklagten nach § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG M-V sei jedenfalls verjährt. Der Zuwendungsbescheid sei nach Nr. 2.1. ANBest-K unter der auflösenden Bedingung der Ermäßigung der zuwendungsfähigen Gesamtkosten ergangen; diese Bedingung sei mit der Vorlage des Verwendungsnachweises im Jahr 1995 eingetreten. Auf den damit entstandenen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch seien die allgemeinen Verjährungsbestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches analog anzuwenden. Da der Anspruch nach § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG M-V den bereicherungsrechtlichen Ansprüchen am ehesten vergleichbar sei, gelte die Regelverjährungsfrist des § 195 BGB, die früher dreißig Jahre betragen habe und seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes im Jahr 2002 drei Jahre betrage. Nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB fänden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung auf die an diesem Tag bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung, so dass der vorliegende Rückforderungsanspruch Ende 2005 verjährt sei.

5

Mit seiner Revision macht der Beklagte im Wesentlichen geltend, das Berufungsurteil verletze § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG M-V und stelle sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch unterliege nicht der neuen dreijährigen, sondern weiterhin der dreißigjährigen Verjährungsfrist. Im Übrigen sehe das Oberverwaltungsgericht in Nr. 2.1. ANBest-K zu Unrecht eine auflösende Bedingung. Die Ermäßigung der Zuwendung könne nicht als ein die Bedingung auslösendes Ereignis angesehen werden. Der Zuwendungsbescheid vom 11. November 1994 enthalte lediglich eine vorläufige Regelung im Hinblick auf die Höhe der Zuwendung; er sei auf eine Ergänzung durch einen weiteren Verwaltungsakt angelegt gewesen, der als "Änderungsbescheid" am 26. November 2010 ergangen sei. Erst mit diesem habe der vorläufige Zuwendungsbescheid seine Wirkung verloren, so dass die zeitgleich erhobene Rückforderung nicht verjährt oder aus anderen Gründen ausgeschlossen sei.

6

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. Juni 2011 und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 10. März 2015 zu ändern und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Es sei unerheblich, ob es sich bei der Regelung in Nr. 2.1. ANBest-K um eine auflösende Bedingung handele. Denn die Regelung greife nur ein, wenn sich die im Finanzierungsplan veranschlagten zuwendungsfähigen Gesamtausgaben ermäßigten. Vorliegend habe der Grund für die Kürzung aber darin gelegen, dass der Bewilligungszeitraum im März 1995 geendet habe und vier Rechnungen danach beglichen worden seien. Im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht zu Recht die dreijährige Verjährung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs in Analogie zur Regelverjährungsfrist des Bürgerlichen Rechts angenommen. Bereits aus dem Umkehrschluss zu § 53 Abs. 2 VwVfG M-V folge, dass für nicht durch Verwaltungsakt festgesetzte Ansprüche nicht undifferenziert eine dreißigjährige Verjährungsfrist gelten solle; anderenfalls hätte es dieser Regelung nicht bedurft.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses schließt sich der Auffassung des Beklagten an, dass der Bewilligungsbescheid vom 11. November 1994 als vorläufiger Verwaltungsakt und der Änderungsbescheid vom 26. November 2010 als Schlussbescheid zu qualifizieren sei. Die lange Verfahrensdauer von fünfzehn Jahren missachte jedoch die Verpflichtung aus § 10 VwVfG M-V zur zügigen Erledigung. Auch wenn das Verwaltungsverfahrensgesetz dafür keine Sanktion vorsehe, komme eine analoge Anwendung der steuerrechtlichen Vorschriften über die Festsetzungsverjährung oder einer entsprechenden Ausschlussregelung in Betracht.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision hat Erfolg. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG M-V und damit revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), indem es den Inhalt der Ermäßigungsklausel im Zuwendungsbescheid vom 11. November 1994 als auflösende Bedingung ansieht (1.). Darauf beruht die angegriffene Entscheidung, weil das Oberverwaltungsgericht die mit dem angefochtenen Bescheid geltend gemachte Erstattungsforderung bei dessen Erlass am 26. November 2010 deshalb zu Unrecht als verjährt angesehen hat (2.). Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO); der Beklagte war am Erlass des angefochtenen Bescheids trotz der langen Verfahrensdauer rechtlich nicht gehindert (3.).

11

1. Das Berufungsgericht hat die Klausel, dass der Rückgang der im Finanzierungsplan veranschlagten Gesamtausgaben zu einer Ermäßigung der Zuwendung führt, zu Unrecht als auflösende Bedingung im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG M-V angesehen. Nr. 2.1. der damals in Mecklenburg-Vorpommern verwendeten Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung kommunaler Körperschaften (ANBest-K) des Landes Schleswig-Holstein vom Oktober 1989 (vgl. Verwaltungsvorschriften zur Haushaltssystematik vom 5. April 1991, AmtsBl. MV 1991, 232) enthielt zwar diese Ermäßigungsregelung. Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine Bedingung (a), sondern um einen Vorbehalt (b).

12

a) Eine Bedingung wird nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG M-V dadurch charakterisiert, dass sie den Eintritt oder den Wegfall einer Vergünstigung oder Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängig macht. Unter den Begriff des Ereignisses fallen nur von der Außenwelt wahrnehmbare Handlungen, Erklärungen oder Geschehnisse. Für ein Ereignis ist im allgemeinen Sprachgebrauch kennzeichnend, dass es erlebt, gehört, gesehen, mit anderen Worten durch Wahrnehmung erfasst werden kann. Dass es sich bei dem in § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG M-V genannten "Ereignis" um einen empirisch nachprüfbaren Vorgang handeln muss, legt auch der semantische Zusammenhang zum "Eintritt" des Ereignisses nahe, der den Zeitpunkt bestimmt, ab dem der Verwaltungsakt einen anderen Regelungsgehalt erhält. Da das künftige ungewisse Ereignis kraft Gesetzes ohne weiteren Zwischenschritt einen Rechtsverlust oder einen Rechtsgewinn herbeiführt, muss sein Eintritt auch aus Gründen der Rechtssicherheit für alle Beteiligten - für den Adressaten des Bescheids, für die Behörde und ggf. für Dritte - gleichermaßen ohne Weiteres erfassbar sein. Dies ist bei äußeren, zur allgemeinen Erfahrungswelt gehörenden Tatsachen der Fall, nicht hingegen bei nur zur Gedankenwelt eines Beteiligten gehörenden Vorstellungen (BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2015 - 10 C 15.14 - BVerwGE 152, 211 Rn. 12).

13

Nach diesen Maßstäben widerspricht die Annahme des Berufungsgerichts revisiblem Recht, dass es sich bei der in Nr. 2.1. ANBest-K enthaltenen Nebenbestimmung um eine auflösende Bedingung im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG M-V handelt. Zwar vermittelt die Formulierung von der Ermäßigung der im Finanzierungsplan veranschlagten Gesamtausgaben das Bild eines wahrnehmbaren Vorgangs. Tatsächlich beruht aber die Feststellung, dass und um wieviel die zuwendungsfähigen Ausgaben zurückgegangen sind, nicht allein auf der grundsätzlich allen Beteiligten gleichermaßen möglichen Wahrnehmung von Tatsachen. Insbesondere kann der Rückgang der zuwendungsfähigen Ausgaben nicht auf einfache Weise durch Sichtung und Addition der im Zusammenhang mit der geförderten Maßnahme eingegangenen Abrechnungsbelege gewonnen werden. Denn bei jedem Einzelbeleg muss eine förderrechtliche Bewertung hinzukommen, ob und inwieweit eine tatsächlich getätigte Ausgabe zuwendungsfähig ist (BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2015 - 10 C 15.14 - BVerwGE 152, 211 Rn. 14). Dies zeigt sich besonders, wenn - wie hier beim Bau der Trink- und Abwasserleitung - eine geförderte und eine nicht geförderte Baumaßnahme zusammen verwirklicht werden. Dann muss bei den Baurechnungen der zu den zuwendungsfähigen Kosten der geförderten Baumaßnahme (Trinkwasserleitung) betreffende Anteil abgegrenzt und herausgerechnet werden, was eine im Einzelnen komplizierte und von fachlichen und rechtlichen Vorkenntnissen abhängige Kostenbewertung und -zuordnung erforderlich macht. Somit fehlt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts an dem für eine Bedingung unabdingbaren Ereignis.

14

b) Da es eine ereignislose Bedingung nicht gibt, kann der Zuwendungsbescheid vom 11. November 1994 nicht als auflösend bedingter Verwaltungsakt verstanden werden. Das Revisionsgericht hat darum den Bescheid vom 11. November 1994 selbst auszulegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 14) und nach den Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB zu erforschen, wie der Adressat den Verwaltungsakt unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1983 - 7 C 70.80 - Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 72).

15

Aus der Sicht eines objektiven Empfängers stellt sich der Zuwendungsbescheid vom 11. November 1994 als vorläufiger Zuwendungsbescheid dar. Dies gilt unabhängig davon, ob die damals verwendeten Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung kommunaler Körperschaften vom Oktober 1989 dem Bescheid tatsächlich beigefügt und damit wirksam einbezogen worden sind. Der nur vorläufige Charakter der Mittelzuweisung folgt bereits aus der im Tenor des Zuwendungsbescheids geregelten Festlegung auf eine hälftige Anteilsfinanzierung der anfallenden zuwendungsfähigen Kosten, aus der unbestimmten und zukunftsoffenen Festlegung der Zuschusshöhe "von max. 770 000 DM" und aus dem Erfordernis einer Verwendungsnachweisführung in Ziffer 5 des Bescheids. Damit enthält der Bescheid vom 11. November 1994 keine exakt bezifferte Festbetragsförderung, sondern lediglich die verbindliche Zusage der Anteilsfinanzierung und die Festlegung der Verfahrensmodalitäten für die nachfolgende Bestimmung des endgültigen Förderbetrags.

16

Die endgültige Entscheidung über die Förderhöhe enthält erst der "Änderungsbescheid" vom 26. November 2010. Das wird zwar nicht schon durch die Überschrift des Bescheids deutlich. Auch wird in dessen Begründung Nr. 2.1. ANBest-K fälschlich als auflösende Bedingung bezeichnet. Der Bescheid setzt jedoch nach abschließender Prüfung des Verwendungsnachweises die Höhe der Zuweisung auf 389 219,57 EUR (761 247,31 DM) fest. Der endgültige Charakter der Zuwendungsfestsetzung ergibt sich aus dem Hinweis, dass die Projektförderung - vorbehaltlich einer Prüfung durch die Europäische Kommission, den Europäischen Rechnungshof und deren Einrichtungen oder den Landesrechnungshof - für diese Maßnahme abgeschlossen sei. Damit wird von dem in dem früheren Bescheid enthaltenen Vorbehalt Gebrauch gemacht und hinsichtlich des Zuwendungsbetrags ein Schlussbescheid erlassen.

17

2. Da der Bewilligungsbescheid vom 11. November 1994 nicht auflösend bedingt war, konnte die Verjährung des Erstattungsanspruchs auch nicht - wie vom Oberverwaltungsgericht angenommen - mit der Vorlage der Verwendungsnachweise im Juni 1995 beginnen und drei Jahre nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ablaufen. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch nach § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG M-V seit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der dreijährigen kenntnisabhängigen Verjährungsfrist analog §§ 195, 199 BGB n.F. unterliegt (BVerwG, Urteil vom 15. März 2017 - 10 C 3.16 - Leitsatz 1). Die dreijährige Verjährungsfrist begann aber nicht vor der Festsetzung des endgültigen Zuwendungsbetrags durch den Schlussbescheid vom 26. November 2010 zu laufen und war deshalb bei dem gleichzeitigen Erlass des Rückforderungsbescheids nicht verstrichen.

18

Hieran ändert nichts, dass die Erstattungsforderung rückwirkend entstanden ist. Wie die Rücknahme oder der rückwirkende Widerruf eines Bewilligungsbescheids auf dessen Erlasszeitpunkt zurückwirkt, so wirkt auch die Festsetzung des endgültigen Zuwendungsbetrags durch einen Schlussbescheid auf den Zeitpunkt des vorläufigen Bewilligungsbescheids zurück (BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7.09 - BVerwGE 135, 238 Rn. 25). Vor Erlass des Schlussbescheids ist die Erstattungsforderung jedoch nicht durchsetzbar, weshalb sie zuvor noch nicht verjähren kann. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Erstattungsforderung seit dem Empfang der Überzahlung und damit auch für zurückliegende Zeiträume zu verzinsen ist und diese Zinsansprüche rückwirkend verjähren können. Dies ist der besonderen gesetzlichen Regelung der Verzinsung geschuldet; damit soll zugleich verhindert werden, dass ein verzögerter Erlass des Rücknahme-, Widerrufs- oder Schlussbescheids zur Akkumulation unverjährter Zinsen für große Zeiträume führen kann (vgl. BVerwG, Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - 3 C 4.10 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3 Rn. 47 sowie Urteil vom 21. März 2013 - 3 C 14.12 - juris Rn. 19; BFH, Urteil vom 11. Dezember 2012 - VII R 61/10 - BFHE 239, 310 Rn. 14 ff.).

19

Entgegen der Ansicht des Klägers muss sich der Beklagte auch nicht nach dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 1 BGB so behandeln lassen, als hätte er den Schlussbescheid schon früher - in angemessener Zeit nach Vorlage der Verwendungsnachweise - erlassen und damit das Anlaufen der Verjährungsfrist für die Erstattungsforderung begründet. Unabhängig davon, ob dieser in der zivilrechtlichen Rechtsprechung verschiedentlich erörterte Rechtsgedanke (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 12. März 2008 - 1 U 1049/07 - juris Rn. 52, KG, Urteil vom 21. August 2008 - 2 U 75/07 - juris Rn. 15 f.) im öffentlichen Verjährungsrecht heranzuziehen ist, setzt seine Anwendung jedenfalls voraus, dass dem Beklagten, weil er den Schlussbescheid erst fünfzehn Jahre nach Vorlage der Verwendungsnachweise erlassen hat, der Vorwurf eines treuwidrigen Verhaltens gemacht werden kann. Hierfür ist aber nichts ersichtlich. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass er in den 1990er und 2000er Jahren mit einer großen Anzahl wasserrechtlicher Förderverfahren befasst war, von denen etliche auch den Kläger selbst betrafen, und dass er aus Gründen mangelnder Arbeitskapazität nur zu einer sukzessiven Bearbeitung in der Lage war, so dass einige Verfahren erst spät zu einem Abschluss gebracht werden konnten. Es mag sein, dass der Beklagte diesen Rückstau durch anderen Personaleinsatz oder durch verwaltungsorganisatorische Maßnahmen früher hätte abarbeiten können; Anhaltspunkte für eine treuwidrige Verfahrensverschleppung sind aber nicht erkennbar.

20

3. Die angegriffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Beklagte durfte die Höhe der Zuwendung im Bewilligungsbescheid vom 11. November 1994 vorläufig festsetzen, weil die für die hälftige Anteilsfinanzierung maßgeblichen zuwendungsfähigen Kosten vor Durchführung der Baumaßnahme nicht feststanden und nach dem Gesetz auch nicht im Wege einer Prognose zu schätzen waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7.09 - BVerwGE 135, 238 Rn. 21). Dass der Beklagte nach Durchführung der Baumaßnahme und Vorlage des Verwendungsnachweises mehr als fünfzehn Jahre für den Erlass des Schlussbescheids am 26. November 2010 benötigt hat, führt auch nicht dazu, dass die Rückforderung rechtlich unzulässig geworden wäre.

21

a) Der Kläger als Zuwendungsempfänger hatte zwar nach Herstellung der bezuschussten Trinkwasserleitung und Vorlage des Verwendungsnachweises einen Anspruch darauf, dass der Beklagte die vorbehaltene Nachprüfung vornahm, sobald der Grund für den Vorbehalt entfiel. Bei Zuwendungsbescheiden wird dies aus dem Verfahrensanspruch des Zuwendungsempfängers abgeleitet, dass sein Antrag zügig (vgl. § 10 Satz 2 VwVfG M-V), ggf. binnen Frist (vgl. § 42a VwVfG M-V) beschieden - und das heißt grundsätzlich abschließend beschieden - wird (BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7.09 - BVerwGE 135, 238 Rn. 22). Die Verpflichtung zur zügigen Entscheidung im Sinne des § 10 Satz 2 VwVfG M-V ist jedoch grundsätzlich nur als Auftrag zur Entscheidung in angemessener Zeit zu verstehen, dessen Verletzung die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage und unter Umständen Entschädigungs- und Amtshaftungsansprüche sowie Zinsnachteile nach sich ziehen kann (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 10 Rn. 18 ff., 22 ff.). Dementsprechend führt die Missachtung des verfahrensrechtlichen Zügigkeitsgebots regelmäßig dazu, dass die Zuwendungsbehörde keine Erstattungszinsen für Zeiträume beanspruchen kann, in denen der Zuwendungsempfänger die Verzögerung nach § 49a Abs. 3 Satz 2 VwVfG nicht zu vertreten hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. November 2009 - 3 C 7.09 - BVerwGE 135, 238 Rn. 31 f. und vom 11. Mai 2016 - 10 C 8.15 - NVwZ 2016, 1577 Rn. 21). Hingegen hat die Verletzung des Zügigkeitsgebots - von den gesetzlich geregelten Fällen der Genehmigungsfiktion (vgl. § 42a VwVfG M-V) abgesehen - grundsätzlich keine Auswirkung auf die Sachentscheidung.

22

b) Die Ausübung der Befugnis zum Erlass des Schlussbescheids unterliegt keinen speziellen Entscheidungs- und Festsetzungsfristen. Der Beklagte war insbesondere nicht durch § 48 Abs. 4, § 49 Abs. 3 Satz 2 VwVfG M-V gehalten, die abschließende Entscheidung über die Zuwendungshöhe innerhalb eines Jahres nach Kenntnis der hierfür maßgebenden Umstände zu treffen. Auf eine ausdrücklich vorbehaltene Regelung finden § 48 Abs. 4, § 49 Abs. 3 Satz 2 VwVfG M-V weder unmittelbar noch analog Anwendung (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 1983 - 3 C 8.82 - BVerwGE 67, 99 <104>). Denn die Wirkung des Vorbehalts einer endgültigen Regelung liegt gerade darin, dass die Behörde die vorläufige Regelung im Ausgangsbescheid durch die endgültige Regelung im Schlussbescheid ersetzen kann, ohne insoweit an die Einschränkungen der §§ 48, 49 VwVfG gebunden zu sein (BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7.09 - BVerwGE 135, 238 Rn. 16).

23

c) Die Befugnis einer Zuwendungsbehörde, auf Grund eines vorläufigen Bewilligungsbescheids die endgültige Höhe der Förderung in einem Schlussbescheid festzusetzen, unterliegt auch nicht der Verjährung. Eine analoge Anwendung der einschlägigen Verjährungsfristen der §§ 195 ff. BGB scheidet schon deswegen aus, weil auch im Bürgerlichen Recht nach § 194 Abs. 1 BGB nur Ansprüche der Verjährung unterliegen, nicht aber die Ausübung von Gestaltungsrechten. Für die Ausübung von Gestaltungsrechten gelten grundsätzlich gesonderte Vorschriften (Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 194 Rn. 2; Schmidt-Räntsch, in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 194 Rn. 11). Daher unterliegt auch die Befugnis einer Behörde, einen Zuwendungsbescheid zurückzunehmen, als Gestaltungsrecht der Verwaltung grundsätzlich nicht dem allgemeinen Verjährungsrecht (vgl. BVerwG, Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - 3 C 4.10 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3 Rn. 16). Nichts anderes kann für die hier vorliegende Gestaltungsbefugnis der Verwaltung gelten, einen vorläufigen Verwaltungsakt durch einen endgültigen Schlussbescheid zu ersetzen.

24

Ferner sind beim Erlass des Schlussbescheids - entgegen den dahin zielenden Überlegungen des Vertreters des Bundesinteresses - die für Abgaben geltenden Regelungen der Festsetzungsverjährung (§§ 169, 170 AO) nicht entsprechend anwendbar. Die Rückforderung eines überhöhten Zuwendungsanteils dient dem Ausgleich einer zu Unrecht erhaltenen Leistung, nicht aber der Deckung des allgemeinen oder besonderen Ausgabenbedarfs des Staates. Der das Institut der Festsetzungsverjährung rechtfertigende Gedanke, dass bei verspäteter Erhebung einer Abgabe ihr zeitlicher Bezug zur Deckung der aktuellen staatlichen Ausgaben verloren geht, greift daher nicht. Die Regeln über die Festsetzungsverjährung enthalten auch keinen allgemeinen, für alle Bereiche des Öffentlichen Rechts geltenden Grundsatz (BFH, Urteil vom 7. Juli 2009 - VII R 24/06 - BFHE 225, 524 Rn. 42).

25

d) Der Beklagte hat die Befugnis zum Erlass des Schlussbescheids und zur Geltendmachung der sich ergebenden Überzahlung auch nicht verwirkt.

26

Allerdings kann der Einwand der Verwirkung bei Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall der Ausübung dieser Befugnis entgegenstehen. Dies folgt daraus, dass die Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und als Hauptanwendungsfall des Verbots widersprüchlichen Verhaltens auch im Öffentlichen Recht gilt und insbesondere auch die Rücknahmebefugnis der Behörden einschränkt (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 1999 - 7 C 42.98 - BVerwGE 110, 226 <236> und Beschluss vom 3. April 2012 - 5 B 59.11 - juris Rn. 4 m.w.N.; BSG, Urteil vom 11. August 2015 - B 9 SB 2/15R - SozR 4-1300 § 48 Nr. 31 Rn. 22). Die Verwirkung setzt jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts voraus, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung des Rechts längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzugetreten sind, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (BVerwG, Urteile vom 7. Februar 1974 - 3 C 115.71 - BVerwGE 44, 339 <343> und vom 20. März 2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211 Rn. 30 m.w.N.).

27

Mit Blick auf die Befugnis zur Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts ist dies anzunehmen, wenn Umstände eingetreten sind, aus denen der die Rechtswidrigkeit kennende Begünstigte berechtigterweise den Schluss ziehen durfte, der Verwaltungsakt werde nicht mehr zurückgenommen, obwohl die Behörde dessen Rücknehmbarkeit erkannt hat, der Begünstigte ferner darauf vertraut hat, dass die Rücknahmebefugnis nicht ausgeübt wird, und dieses Vertrauen in einer Weise betätigt hat, dass ihm mit der sodann gleichwohl erfolgten Rücknahme ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 1999 - 7 C 42.98 - BVerwGE 110, 226 <236> und Beschluss vom 3. April 2012 - 5 B 59.11 - juris Rn. 4). Dementsprechend kommt bei vorläufigen Verwaltungsakten die Verwirkung in Betracht, wenn der Zuwendungsempfänger aufgrund eines zusätzlichen Verhaltens des Zuwendungsgebers oder der zwischengeschalteten Behörden Vertrauen darauf aufbauen kann, dass der ursprüngliche Bewilligungsbescheid nicht mehr geändert werden wird, wenn er tatsächlich auf den uneingeschränkten Fortbestand des Bewilligungsbescheids vertraut hat und wenn er sein Vertrauen infolgedessen betätigt hat.

28

Im vorliegenden Fall sind keine Tatsachen festgestellt, die eine entsprechende Vertrauensgrundlage für eine unveränderte Beibehaltung der vorläufigen Zuwendungshöhe bilden könnten. Ebenso fehlt es beim Kläger an der erforderlichen Vertrauensbetätigung. Die Kürzung der Zuwendung beruht nach Aktenlage darauf, dass abgerechnete Baumaßnahmen teilweise oder ganz dem nicht geförderten Projekt des Baus einer Abwasserleitung zuzuordnen, also für das geförderte Projekt tatsächlich nicht angefallen sind. Schützenswerte Vermögensdispositionen des Klägers sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

29

e) Darüber hinaus muss es zwar im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit aus Art. 20 Abs. 3 GG auch unabhängig vom Nachweis eines Vertrauensschadens eine zeitliche Grenze für den Erlass eines Schlussbescheids geben. Das rechtsstaatliche Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit schützt davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 41). Dabei ist es in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers, eine äußerste zeitliche Grenze für die Ausübung einer vorbehaltenen Änderungsbefugnis zu bestimmen. Solange eine solche Regelung fehlt, liegt es nahe, an die für die Ausübung der behördlichen Rücknahmebefugnis angestellten Erwägungen anzuschließen. Danach bildet die längste im Zivilrecht und Öffentlichen Recht vorkommende Frist von dreißig Jahren einen absoluten zeitlichen Schlusspunkt, nach dem die Ausübung einer Befugnis treuwidrig und durch § 242 BGB ausgeschlossen ist (BSG, Urteil vom 24. März 1993 - 9/9a RV 38/91 - BSGE 72, 139 Rn. 21; BFH, Urteil vom 7. Juli 2009 - VII R 24/06 - BFHE 225, 524 Rn. 45; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 21. Oktober 2010 - 3 C 4.10 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3 Rn. 16 m.w.N. und vom 20. März 2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211 Rn. 16, 30 ff.). Diese Frist von dreißig Jahren ab Erlass des Bewilligungsbescheids ist hier jedoch nicht erreicht.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 775) ist mit Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) unvereinbar. Ersetzt der Gesetzgeber Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes nicht bis zum 1. April 2014 durch eine verfassungsgemäße Neuregelung, tritt Nichtigkeit der Vorschrift ein.

2. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2008 - 20 ZB 08.903 - und das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Februar 2008 - M 10 K 06.2850 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird aufgehoben und die Sache an ihn zurückverwiesen.

3. ...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes (BayKAG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) mit den in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Verfassungsgrundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar ist.

I.

2

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs setzt das Entstehen einer Beitragspflicht für den Anschluss an leitungsgebundene Einrichtungen neben dem Erschlossensein des Grundstücks durch eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung (sogenannte Vorteilslage) zwingend das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus (vgl. BayVGH, Urteil vom 14. April 2011 - 20 BV 11.133 -, BayVBl 2012, S. 45 <46>; Urteil vom 29. April 2010 - 20 BV 09.2010 -, BayVBl 2011, S. 240; Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, juris). Eine wirksame Satzung ist somit Beitragsentstehungsvoraussetzung. Die Satzung muss nach Art. 5 Abs. 8 BayKAG nicht bereits im Zeitpunkt des Entstehens der Vorteilslage in Kraft sein. Es genügt vielmehr, wenn sie nach deren Entstehung in Kraft tritt.

3

2. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung führt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b BayKAG in Verbindung mit § 47 der Abgabenordnung (AO) zum Erlöschen der Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis. Die Festsetzungsfrist, nach deren Ablauf der Erlass eines Beitragsbescheids unzulässig ist, beträgt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 AO einheitlich vier Jahre.

4

3. Durch das am 31. Dezember 1992 verkündete Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) wurde der Beginn der Festsetzungsfrist mit Wirkung zum 1. Januar 1993 neu geregelt. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc BayKAG erhielt folgende Fassung:

5

Art. 13

Anwendung von Vorschriften der Abgabenordnung (AO 1977)

(1) Soweit gesetzlich nicht anders bestimmt, sind in ihrer jeweils geltenden Fassung vorbehaltlich Absatz 6 folgende Bestimmungen der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden:

(…)

4. aus dem Vierten Teil - Durchführung der Besteuerung -

(…)

b) über das Festsetzungs- und Feststellungsverfahren:

(…)

cc) § 170 Abs. 1 mit der Maßgabe,

- dass die Festsetzungsfrist dann, wenn die Forderung im Zeitpunkt des Entstehens aus tatsächlichen Gründen noch nicht berechnet werden kann, erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Berechnung möglich ist und

- dass im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die gültige Satzung bekanntgemacht worden ist, (…).

6

Die in Bezug genommene Vorschrift des § 170 Abs. 1 AO lautet:

7

Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

8

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 1 BayKAG entspricht der bis dahin geltenden Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG vom 26. März 1974 (GVBl S. 109, ber. 252) in der Fassung vom 4. Februar 1977 (GVBl S. 82). Mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 wurde Spiegelstrich 2 neu in die gesetzliche Regelung eingefügt.

9

4. Der Gesetzgeber beabsichtigte hiermit ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs eine gesetzliche Klarstellung (LTDrucks 12/8082, S. 13). Bisher sei es in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs umstritten gewesen, ob in den Fällen, in denen eine nichtige Satzung rückwirkend durch eine gültige Satzung ersetzt werde, die Festsetzungsfrist mit dem Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens der Satzung (so BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60) oder erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginne, in dem die rückwirkende Satzung bekanntgemacht worden sei (so BayVGH 23. Senat, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Mit der Einfügung einer weiteren Maßgabe in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG werde die den Bedürfnissen der Praxis entgegen kommende Auffassung des 23. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gesetzlich klargestellt. Nach der gegenteiligen Ansicht könne nämlich eine rückwirkend entstandene Forderung gleichzeitig festsetzungsverjährt sein, wenn sich die Rückwirkungsfrist über die Verjährungsfrist hinaus erstrecke.

II.

10

1. Der Beschwerdeführer war von 1992 bis 1996 Eigentümer eines bereits an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks. Bei einer Ortsbesichtigung im Jahr 1992 stellte die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die Gemeinde, in der das Grundstück gelegen ist (im Folgenden: Beklagte), fest, dass das Dachgeschoss des Gebäudes ausgebaut worden war.

11

Mit Bescheid vom 5. April 2004 zog sie den Beschwerdeführer erstmals auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. Mai 2000 zu einem Kanalherstellungsbeitrag in Höhe von 1.197,32 € heran. Der Herstellungsbeitrag wurde gemäß § 5 Abs. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzung nach der Grundstücks- und Geschossfläche berechnet. Die Satzung war zur Heilung einer als nichtig beurteilten Vorgängersatzung rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft gesetzt worden.

12

Während des Widerspruchsverfahrens erwies sich auch die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 als unwirksam. Die Beklagte erließ daraufhin die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. April 2005 und setzte sie rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft. Diese Satzung wurde am 26. April 2005 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht.

13

2. Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Zwar seien die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000, auf die der Bescheid gestützt worden sei, sowie auch sämtliche Vorgängersatzungen aus den Jahren 1995, 1992, 1987, 1980, 1973 und 1960 in den Beitragsteilen nichtig gewesen. Eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid sei aber mit der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 geschaffen worden. Auf der Grundlage dieser Satzung sei die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung erstmals am 1. April 1995 entstanden. Der Beschwerdeführer sei als zu diesem Zeitpunkt ins Grundbuch eingetragener Grundstückseigentümer Beitragsschuldner. Eine Verjährung der Beitragsforderung sei nicht eingetreten, da nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginne, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden sei.

14

Der Beschwerdeführer könne hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, diese Regelung verstoße gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und müsse daher, insbesondere im Fall eines zwischenzeitlichen Eigentümerwechsels, abweichend von ihrem Wortlaut einschränkend ausgelegt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bestünden gegen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ersichtliches Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, die Gemeinden im Falle nichtigen Satzungsrechts vor Beitragsausfällen infolge Verjährungseintritts zu bewahren. Im Übrigen sei keiner der jetzigen oder ehemaligen Grundstückseigentümer in seiner Erwartung geschützt, von der Nichtigkeit früheren Satzungsrechts profitieren zu können; denn ein abgeschlossener Beitragstatbestand liege nicht vor. Welchen der Eigentümer die Beitragspflicht treffe, hänge von der Bestimmung des Zeitpunkts der Rückwirkung ab. Sei dieser - wie im vorliegenden Fall - ohne Verstoß gegen das Willkürverbot gewählt, bestehe kein Grund für eine rechtliche Beanstandung.

15

3. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Beitragsanspruch zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids nicht verjährt gewesen sei. Die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber habe hiermit eine Regelung getroffen, die der bis dahin ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entsprochen habe (Hinweis auf BayVGH, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Die Norm enthalte nach Inhalt, Zweck und Ausmaß eine klare Aussage über den Lauf der Festsetzungsfrist, gegen die durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestünden. Eine unzulässige echte Rückwirkung liege schon deshalb nicht vor, weil kein abgeschlossener Beitragstatbestand gegeben sei. Denn bei leitungsgebundenen Einrichtungen setze die Entstehung einer Beitragspflicht nach ständiger Rechtsprechung das Vorhandensein einer gültigen Abgabensatzung voraus. Eine wirksame Abgabensatzung habe erstmals im Jahr 2005 vorgelegen. Soweit der Beschwerdeführer geltend mache, die rückwirkende Inkraftsetzung einer Abgabensatzung müsse wenigstens zeitlich auf die einschlägigen Verjährungsvorschriften beschränkt werden, lasse er außer Acht, dass nur eine bereits entstandene Beitragsforderung verjähren könne. Bei fehlgeschlagenem Satzungsrecht müsse ein bisher nicht veranlagter Beitragspflichtiger damit rechnen, zu einem späteren Zeitpunkt herangezogen zu werden. Er könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.

III.

16

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG.

17

1. Die in den angegriffenen Entscheidungen vorgenommene uneingeschränkte Anwendung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG auf rückwirkend in Kraft gesetzte Satzungen verstoße wegen der damit verbundenen echten Rückwirkung gegen die aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit. Es sei geboten, die Rückwirkung einer Satzung durch Festsetzungsfristen zu begrenzen. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung dürfe nicht beliebig hinausgeschoben werden. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei im Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens einer Satzung entweder nicht anzuwenden oder verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Verjährung rückwirkend zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung beginne.

18

2. Die Ausgangsgerichte hätten Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil sie ihm nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt hätten. Er habe mit der verwaltungsgerichtlichen Klage geltend gemacht, dass der Beitragsanspruch wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung erloschen sei. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte beginne die Festsetzungsfrist nur zu laufen, wenn eine wirksame Beitragssatzung vorliege. Die Beklagte und die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen hätten sich darauf berufen, dass sämtliche Satzungen, die der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 vorausgingen, nichtig gewesen seien, was durch diverse Entscheidungen der Verwaltungsgerichte bereits geklärt worden sei. Er habe deshalb die Vorlage dieser Entscheidungen außergerichtlich und schließlich auch vor dem Verwaltungsgericht begehrt. Die maßgeblichen Entscheidungen seien ihm jedoch nicht vollständig zugänglich gemacht worden. Ihm sei es deshalb nicht möglich gewesen, zur Frage der Nichtigkeit sämtlicher Satzungen ausreichend Stellung zu nehmen.

IV.

19

Die Beklagte, die Bayerische Staatsregierung und der Deutsche Städte- und Gemeindebund haben ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen.

20

1. Die Beklagte ist der Auffassung, die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig. Der Beschwerdeführer habe eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht hinreichend dargelegt. Darüber hinaus sei der Rechtsweg nicht erschöpft, weil der Beschwerdeführer keine Anhörungsrüge erhoben habe.

21

Die Verfassungsbeschwerde sei im Übrigen nicht begründet. Der Beschwerdeführer könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn ein Vertrauen darauf, dass eine als nichtig erkannte Regelung aufrechterhalten bleibe und nicht durch eine neue, rückwirkende Satzung ersetzt werde, sei nicht schützenswert. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer sein Grundstück veräußert habe, bedeute nicht, dass dadurch ein für seine Beitragspflicht maßgeblicher Tatbestand abgeschlossen sei und er in der Folge nicht mehr zur Beitragszahlung herangezogen werden dürfe. Er habe vielmehr den für die Entstehung der Beitragspflicht maßgeblichen Vorteil der Möglichkeit der Anschlussnahme entgegengenommen und mit dem Grundstücksverkauf nicht verloren. Dieser Vorteil habe den Wert seines Grundstücks erhöht mit der Folge, dass er für das Grundstück einen höheren Kaufpreis habe erzielen können.

22

2. Die Bayerische Staatsregierung hält Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG für verfassungsgemäß. Die Ersetzung einer als nichtig erkannten durch eine wirksame Beitragssatzung stelle keinen Fall einer echten, sondern allenfalls einer unechten Rückwirkung dar. Es sei kein abgeschlossener Lebenssachverhalt gegeben, in den nachträglich eingegriffen worden sei. Denn die Beitragsentstehung setze das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus. Ohne diese sei eine Berechnung des Beitrags in Ermangelung eines Beitragsmaßstabs nicht möglich.

23

Das Vertrauen des Beschwerdeführers wäre selbst bei Annahme einer echten Rückwirkung nicht schutzwürdig, weil er damit habe rechnen müssen, dass eine vorhandene, aber als nichtig erkannte Satzung durch eine gültige Satzung ersetzt werde, mit der die von Anfang an von der Gemeinde angestrebte Beitragspflicht herbeigeführt werde. Es seien keine Umstände erkennbar, die ein Vertrauen darauf rechtfertigten, dass die Gemeinde es bei einer nichtigen Beitragssatzung belassen und auf eine Beitragserhebung verzichten würde.

24

Eine zeitliche Beschränkung der Rückwirkung auf die Festsetzungsfristen sei aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht geboten. Der bayerische Gesetzgeber habe mit Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG eine Lösung gewählt, die sowohl die Gemeinden vor Beitragsausfällen aufgrund des Eintritts der Festsetzungsverjährung bewahre als auch dem Vorteilsgedanken Rechnung trage. Die Gemeinden würden nach Erlass der gültigen Satzung erstmals in die Lage versetzt, Beiträge nach den Maßstäben dieser gültigen Satzung korrekt festzusetzen und die öffentliche Einrichtung auf der Grundlage rechtsstaatlicher Regelungen zu refinanzieren. Bei Abwägung des öffentlichen Interesses mit den privaten Interessen der betroffenen Beitragspflichtigen überwiege das öffentliche Interesse. Ein Grundstückseigentümer müsse damit rechnen, zu einem Beitrag herangezogen zu werden. Sein Vertrauen darauf, dass eine nichtige Satzung nicht durch eine gültige Satzung ersetzt werde, sei nicht schutzwürdig. Verjährungsvorschriften dienten der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Im vorliegenden Fall liege kein Vorgang vor, auf dessen Abschluss der Bürger sich einstellen und auf dessen Ende er vertrauen könne. Da dem Beitragspflichtigen kein schützenswertes Vertrauen zur Seite stehe, komme dem öffentlichen Interesse an der Beitragserhebung das entscheidende Gewicht zu.

25

3. Das Bundesverwaltungsgericht teilt mit, es sei mit der Frage nach dem Lauf der Festsetzungsfrist bei der rückwirkenden "Reparatur" nichtiger Abgabennormen bisher nur am Rande befasst gewesen. Nach seiner gefestigten Rechtsprechung sei es allerdings mit dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar, kommunale Anschluss- und Erschließungsbeitragssatzungen rückwirkend in Kraft zu setzen, um früher erlassene, auf eine nichtige Vorgängersatzung gestützte Beitragsbescheide zu heilen (Hinweis auf BVerwGE 50, 2 <7 f.>; 67, 129 <130 ff.>; BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 1996 - BVerwG 8 B 13.96 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 36, S. 3 <4>). Werde eine ungültige durch eine gültige Satzung ersetzt, liege darin keine echte Rückwirkung, da eine Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der rechtswirksamen Beitragssatzung entstehen könne und diese Satzung somit nicht in einen bereits abgeschlossenen Tatbestand eingreife (Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 1986 - BVerwG 8 B 123.84 -, NVwZ 1986, S. 483 <484>).

26

Die Festsetzungsverjährung sei im Abgabenrecht der Länder geregelt (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1977 - BVerwG IV C 84-92.74 -, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 20, S. 20<25> sowie NJW 1977, S. 1740 <1741>). Die Anknüpfung der Verjährung an die rückwirkende Entstehung der Beitragspflicht stehe mit Bundesrecht in Einklang. Die Frage der bundesrechtlichen Unbedenklichkeit einer Anknüpfung an die Verkündung der neuen Satzung sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter problematisiert worden.

27

Gegen die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG getroffene Regelung bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das rückwirkende Inkrafttreten der neuen Satzung habe zwar zur Folge, dass bereits zu einem zurückliegenden Zeitpunkt (frühestens zum Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens) die Beitragsvoraussetzungen erfüllt sein könnten. Es sei aber kein verfassungsrechtlicher Grundsatz ersichtlich, der dazu zwinge, die Festsetzungsverjährung in Rückwirkungsfällen an das Entstehen der Beitragsforderung anzuknüpfen. Da die Behörde erst mit der Verkündung der neuen Satzung in den Stand versetzt werde, einen rechtlich tragfähigen Beitragsbescheid zu erlassen, beziehungsweise erst mit der Verkündung ein auf die frühere nichtige Satzung gestützter Beitragsbescheid geheilt werde, sprächen Sachgründe für den im Bayerischen Kommunalabgabengesetz gewählten zeitlichen Anknüpfungspunkt der Festsetzungsverjährung. Die Regelung verstoße daher nicht gegen das Willkürverbot.

28

Mit den aus dem Rechtsstaatsprinzip ableitbaren Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit dürfte die Regelung gleichfalls in Einklang stehen. Das Institut der Festsetzungsverjährung diene dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit (Hinweis auf BFH, Urteil vom 15. Juni 1988 - I R 68/86 -, BFH/NV 1990, S. 128). Die Anknüpfung des Verjährungsbeginns an die Verkündung der neuen Satzung führe zwar dazu, dass ein sehr langer Zeitraum zwischen dem die Beitragsforderung begründenden Sachverhalt und dem Ablauf der Verjährungsfrist liegen könne. Es sei aber zu bedenken, dass die mit der Festsetzungsverjährung verfolgten Ziele in einem Spannungsverhältnis zu dem Belang materieller Gerechtigkeit und dem fiskalischen Interesse an der Durchsetzung des Abgabenanspruchs stünden. Für die Aufgabe, zwischen den Polen in diesem Spannungsverhältnis einen verhältnismäßigen Ausgleich zu schaffen, sei dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Gehe man mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass der Beitragspflichtige sich gegenüber dem rückwirkenden Inkraftsetzen einer neuen Beitragssatzung nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, und berücksichtige man zusätzlich die besondere Fehleranfälligkeit kommunaler Beitragssatzungen und das daraus resultierende gesteigerte Interesse an einer effektiven Nutzbarkeit der Heilungsmöglichkeiten, dürfte sich die Verjährungsregelung des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes innerhalb dieses Gestaltungsspielraums halten.

29

4. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, dass der rückwirkende Erlass einer Satzung, welche die "Reparatur" einer unwirksamen Satzung bezwecke, eine Ausnahme darstelle und im vorliegenden Fall verwaltungspraktische Gründe gehabt habe. Die auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 erlassenen Bescheide wären sonst im Fall eines Eigentümerwechsels bei einem Teil der früheren Eigentümer bestandskräftig geworden und hätten bei nicht bestandskräftigen Bescheiden aufgehoben und gegenüber dem neuen Eigentümer neu erlassen werden müssen. Dadurch wäre es zu Ungleichbehandlungen gekommen. Der rückwirkende Erlass einer Satzung sei in der Praxis auch dann erforderlich, wenn andernfalls die Einbringung von Forderungen, zum Beispiel wegen Insolvenz oder Zwangsversteigerungsverfahren, gefährdet wäre. Eine Rückwirkung erstrecke sich üblicherweise nicht auf einen Zeitraum von zehn Jahren. Dieser lange Zeitraum ergebe sich im vorliegenden Fall daraus, dass die Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 den in der Vorgängersatzung normierten Rückwirkungszeitpunkt beibehalten habe, was einen atypischen, sozusagen "verdoppelten" Rückwirkungszeitraum zur Folge gehabt habe.

B.

30

Die mit der Verfassungsbeschwerde vorgebrachten Rügen sind nur teilweise zulässig.

I.

31

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines grundrechtsgleichen Rechts auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, da sie nicht hinreichend begründet wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Der Beschwerdeführer hat insoweit die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht substantiiert dargelegt (vgl. BVerfGE 7, 95 <99>; 60, 313 <318>; 86, 133 <147>).

II.

32

Soweit die Verfassungsbeschwerde einen Verstoß gegen die aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes betrifft, ist sie zulässig.

33

Der Beschwerdeführer war - trotz Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG - nicht gehalten, zur Erschöpfung des Rechtswegs gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG eine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO zu erheben. Wird im fachgerichtlichen Rechtsmittelverfahren die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht und bestätigt das Rechtsmittelgericht die angefochtene Entscheidung, so muss die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts - sofern kein eigenständiger neuer Gehörsverstoß durch das Rechtsmittelgericht geltend gemacht wird - nicht mit der Anhörungsrüge angegriffen werden, um dem Erfordernis der Rechtswegerschöpfung des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zu genügen (vgl. BVerfGE 107, 395 <410 f.>).

C.

34

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Die mittelbar angegriffene Regelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBl S. 775) sowie die hierauf beruhenden, unmittelbar angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen verstoßen gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit.

I.

35

1. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verletzt im vorliegenden Fall nicht die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Zulässigkeit rückwirkender Gesetze.

36

Der rechtsstaatliche Vertrauensschutz begrenzt die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die in einen in der Vergangenheit begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt eingreifen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86 f.>; 101, 239 <263>; 126, 369 <393>).

37

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG selbst entfaltet dem Beschwerdeführer gegenüber keine Rückwirkung. Die Vorschrift regelt den Beginn der Verjährungsfrist für die Festsetzung von Beiträgen, die auf Abgabensatzungen gestützt sind, welche eine frühere unwirksame Satzung wirksam heilen. Bei ihrem Inkrafttreten zum 1. Januar 1993 lag eine solche wirksam heilende Satzung im Fall des Beschwerdeführers noch nicht vor und wurde auch später nicht rückwirkend zum oder vor dem 1. Januar 1993 in Kraft gesetzt, so dass die Verjährungsfrist unabhängig von der Neuregelung noch nicht zu laufen begonnen hatte. Solange der Lauf der Verjährungsfrist mangels gültiger Satzung nicht begonnen hat, betrifft die gesetzliche Neuregelung des Beginns der Verjährung mit der Wirkung einer Verjährungsverlängerung jedoch noch nicht einmal einen in der Vergangenheit begonnenen und nicht abgeschlossenen Sachverhalt.

38

Die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung bereits bestehende Vorteilslage begründet für den Beschwerdeführer ebenfalls keinen bereits begonnenen Sachverhalt, in den die Neuregelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG im Wege einer Rückwirkung eingegriffen hätte. Denn die Neuregelung beschränkt sich auf das Hinausschieben des Beginns der Verjährung. Eine solche konnte ohne wirksame Satzung aber nicht zu laufen beginnen.

39

2. Sollte der Beschwerdeführer mit Rücksicht auf die unwirksame Satzung auf den Schein eines Verjährungslaufs vertraut haben, so kann dahinstehen, ob und in welchem Zusammenhang das Vertrauen in den scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verfassungsrechtlichen Schutz verdient. Nach den Feststellungen der Ausgangsgerichte hätte die Festsetzungsfrist selbst bei Wirksamkeit der unwirksamen Satzung frühestens mit Ablauf des Jahres 1992 begonnen. Das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes wurde aber bereits am 31. Dezember 1992 und damit sogar noch vor dem scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verkündet.

II.

40

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verstößt jedoch gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gebot der Rechtssicherheit als wesentlichem Bestandteil des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 30, 392 <403>; 43, 242 <286>; 60, 253 <267>). Er erlaubt, Beiträge zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage festzusetzen. Der Gesetzgeber hat damit den Ausgleich zwischen der Erwartung der Beitragspflichtigen auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung und dem berechtigten öffentlichen Interesse an einem finanziellen Beitrag für die Erlangung individueller Vorteile aus dem Anschluss an die Entwässerungsanlage verfehlt und in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbarer Weise einseitig zu Lasten der Beitragsschuldner entschieden.

41

1. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug (vgl. BVerfGE 60, 253 <267 f.>; 63, 343 <357>; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, DStR 2012, S. 2322 <2325>). Die Bürgerinnen und Bürger sollen die ihnen gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 63, 215 <223>). Dabei knüpft der Grundsatz des Vertrauensschutzes an ihr berechtigtes Vertrauen in bestimmte Regelungen an. Er besagt, dass sie sich auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen Rechtssicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischem Vertrauen geben, oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen. Es schützt in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Als Elemente des Rechtsstaatsprinzips sind Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eng miteinander verbunden, da sie gleichermaßen die Verlässlichkeit der Rechtsordnung gewährleisten.

42

2. Für die Auferlegung einer Beitragspflicht zum Vorteilsausgleich in Anknüpfung an zurückliegende Tatbestände ist die Regelung einer Verjährung als abschließende Zeitgrenze, bis zu der Beiträge geltend gemacht werden können, verfassungsrechtlich geboten. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann.

43

a) Ausdruck der Gewährleistung von Rechtssicherheit sind auch Verjährungsregelungen. Sie sollen sicherstellen, dass Einzelne nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr mit Forderungen überzogen werden. Die Verjährung von Geldleistungsansprüchen der öffentlichen Hand soll einen gerechten Ausgleich zwischen dem berechtigten Anliegen der Allgemeinheit an der umfassenden und vollständigen Realisierung dieser Ansprüche auf der einen Seite und dem schutzwürdigen Interesse der Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite bewirken, irgendwann nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen zu müssen und entsprechend disponieren zu können. Während das staatliche Interesse an der vollständigen Durchsetzung von Geldleistungspflichten vornehmlich von den Grundsätzen der richtigen Rechtsanwendung und der materiellen Gerechtigkeit (Belastungsgleichheit) sowie von fiskalischen Erwägungen getragen wird, steht dem auf Seiten der Bürger das Prinzip der Rechtssicherheit gegenüber.

44

Dabei ist es den Verjährungsregelungen eigen, dass sie ohne individuell nachweisbares oder typischerweise vermutetes, insbesondere ohne betätigtes Vertrauen greifen. Sie schöpfen ihre Berechtigung und ihre Notwendigkeit vielmehr aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, demzufolge Einzelne auch gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen hat.

45

b) Auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt - unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist (vgl. BVerfGE 49, 343 <352 f.>; 93, 319 <344>). Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.

46

c) Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt.

47

3. Der Gesetzgeber hat in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den erforderlichen Ausgleich zwischen Rechtssicherheit auf der einen Seite und Rechtsrichtigkeit und Fiskalinteresse auf der anderen Seite verfehlt. Dadurch, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den Verjährungsbeginn bei der Heilung ungültiger Abgabensatzungen ohne zeitliche Obergrenze auf den Ablauf des Kalenderjahres festlegt, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden ist, löst der Gesetzgeber den Interessenkonflikt einseitig zu Lasten des Bürgers. Zwar schließt er damit die Verjährung von Beitragsansprüchen nicht völlig aus. Indem er den Verjährungsbeginn jedoch ohne zeitliche Obergrenze nach hinten verschiebt, lässt er die berechtigte Erwartung des Bürgers darauf, geraume Zeit nach Entstehen der Vorteilslage nicht mehr mit der Festsetzung des Beitrags rechnen zu müssen, gänzlich unberücksichtigt. Die Verjährung kann so unter Umständen erst Jahrzehnte nach dem Eintritt einer beitragspflichtigen Vorteilslage beginnen.

48

Der Beitragspflicht können die Bürgerinnen und Bürger im Regelfall nicht durch den Einwand der Verwirkung entgehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. August 2011 - BVerwG 3 B 36.11 -, BeckRS 2011, 53777; Beschluss vom 12. Januar 2004 - BVerwG 3 B 101.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 314) und des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, Urteil vom 8. Oktober 1986 - II R 167/84 -, BFHE 147, 409 <412>) erfordert Verwirkung nicht nur, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts längere Zeit verstrichen ist. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen. Diese Voraussetzung dürfte selbst in den Fällen der Beitragserhebung nach scheinbarem Ablauf der Festsetzungsfrist regelmäßig nicht erfüllt sein.

D.

I.

49

Die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift führt in der Regel zu ihrer Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG). Hier kommt zunächst jedoch nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht, da dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (vgl. BVerfGE 130, 240 <260 f.>; stRspr).

50

Es bleibt ihm überlassen, wie er eine bestimmbare zeitliche Obergrenze für die Inanspruchnahme der Beitragsschuldner gewährleistet, die nach Maßgabe der Grundsätze dieses Beschlusses der Rechtssicherheit genügt. So könnte er etwa eine Verjährungshöchstfrist vorsehen, wonach der Beitragsanspruch nach Ablauf einer auf den Eintritt der Vorteilslage bezogenen, für den Beitragsschuldner konkret bestimmbaren Frist verjährt. Er könnte auch das Entstehen der Beitragspflicht an die Verwirklichung der Vorteilslage anknüpfen oder den Satzungsgeber verpflichten, die zur Heilung des Rechtsmangels erlassene wirksame Satzung rückwirkend auf den Zeitpunkt des vorgesehenen Inkrafttretens der ursprünglichen nichtigen Satzung in Kraft zu setzen, sofern der Lauf der Festsetzungsverjährung damit beginnt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Mai 1999 - 15 A 2880/96 -, NVwZ-RR 2000, S. 535 <536 f.>). Er kann dies mit einer Verlängerung der Festsetzungsfrist, Regelungen der Verjährungshemmung oder der Ermächtigung zur Erhebung von Vorauszahlungen auch in Fällen unwirksamer Satzungen verbinden (zur derzeitigen Rechtslage gemäß Art. 5 Abs. 5 BayKAG vgl. BayVGH, Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, BayVBl 1985, S. 211; Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 128 ).

II.

51

Der angegriffene Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen. Die Unvereinbarkeitserklärung führt dazu, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG von Gerichten und Verwaltungsbehörden nicht mehr angewendet werden darf (vgl. BVerfGE 111, 115 <146>). Laufende Gerichts- und Verwaltungsverfahren, in denen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG entscheidungserheblich ist, bleiben bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens aber bis zum 1. April 2014, ausgesetzt oder sind auszusetzen.

52

Die Aussetzung gibt dem Gesetzgeber Gelegenheit zu einer verfassungsgemäßen Neuregelung. Verzichtet er auf eine Sonderregelung des Beginns der Festsetzungsfrist, tritt zum 1. April 2014 Nichtigkeit ein. Dann wäre es Aufgabe der Verwaltungsgerichte, das Landesrecht entsprechend verfassungskonform auszulegen (vgl. etwa für den Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens heilender Satzungen BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60).

III.

53

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

I. Die Bescheide der Beklagten vom 14. und 17. November 2015 werden aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erteilung des Einvernehmens zum Jahresbetriebsplan 2015/2016, der vom Forstamt B. unter dem 10. November 2015 entsprechend dem Forstwirtschaftsplan von 2003 erstellt wurde.

Der Vorstand der Rechtlergemeinschaft St. hielt am 10. November 2015 eine Vorstandssitzung im Beisein der vom Landratsamt H. mit Bescheid vom 13. Oktober 2015 infolge Beschlussunfähigkeit des Gemeinderates der Beklagten bestellten Beauftragten, der 3. Bürgermeisterin M., ab. Dabei äußerte die Beauftragte laut Protokoll den Wunsch der Beklagten, wegen teilweise ungeklärter Nutzungsverhältnisse einiger Rechtler die Waldbewirtschaftung bis zur Klärung auszusetzen. Sie bestätigte demnach das Anliegen der Gemeinde, künftig am Stammholzverkauf beteiligt zu werden.

Mit Bescheid 14. November 2015, gerichtet an „alle Inhaber eines Nutzungsrechtes aus dem Gemeindewald ‚St.‘ vertreten durch die ‚Gemeinderechtler St.‘ (Vorstandschaft)“, wurde von der Beklagten u.a. (Ziffer 1) der Jahresbetriebsplan vom 10. November 2015 für den Holzeinschlag 2015/2016 „nicht genehmigt“. Der Bescheid wurde vom 1. Bürgermeister H. am 14. November 2015 dem 2. Vorsitzenden der Rechtlergemeinschaft übergeben und am selben Tag in der Jahreshauptversammlung der Rechtlergemeinschaft verlesen. Im Bescheid wurde die sofortige Vollziehung insoweit angeordnet (Ziffer 2 - Gegenstand des Verfahrens W 2 S. 16.227), aber mit Bescheid vom 6. Mai 2015 wieder aufgehoben. Auf den Einstellungsbeschluss vom 8. Juni 2016 (W 2 S. 16.227) wird verwiesen.

Mit Bescheid vom 17. November 2015, der mit dem Bescheid vom 14. November 2015 im Wesentlichen inhaltsgleich ist, wurde gegenüber dem Kläger persönlich die Genehmigung des Jahresbetriebsplanes für 2015/2016 abgelehnt.

Zur Begründung wird dort im Wesentlichen ausgeführt:

Die 3. Bürgermeisterin handele für den nicht beschlussfähigen Gemeinderat. Auf bestimmten im Eigentum der Gemeinde stehenden Waldgrundstücken (Gemeindewald) ruhten „öffentliche“ Nutzungsrechte. Die Rechtlergemeinschaft habe in der Vergangenheit die Waldbewirtschaftung organisiert und den Jahresbetriebsplan 2015/2016 zur „Genehmigung“ vorgelegt. Da „einige“ Holznutzungsrechte in der Vergangenheit unter „Verstoß gegen Art. 80 Abs. 3 GO“ übertragen worden seien, so dass diese „Übertragungen unwirksam“ seien, stehe derzeit nicht bei allen „Rechtlern“ fest, ob sie tatsächlich rechtmäßige Inhaber eines Holznutzungsrechtes am Gemeindewald seien. Darüber hinaus bestehe „Unklarheit“ darüber, ob der zwischen der Gemeinde, den „Nicht-Rechtlern“ und der Rechtlergemeinschaft abgeschlossene Vergleich vom 23. Juni 1901 „zumindest noch wirksam“ sei. Unklar seien daher auch Inhalt und Umfang der Nutzungsrechte. Deshalb werde das für den Einschlag notwendige Einvernehmen im Sinne von § 3 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Rechtler nicht erteilt. Die Sach- und Rechtslage sei aus diesen Gründen zu überprüfen und die Waldbewirtschaftung („war“) aus diesen Gründen für die Einschlagsperiode 2015/2016 zu untersagen. Aus der Aussetzung der Waldbewirtschaftung folge „nach Rücksprache mit Forstsachverständigen kein Schaden für den Waldbestand“.

II.

Gegen die Bescheide vom 14. und 17. November 2015 richtet sich die vom Kläger und 81 anderen Rechtlern, deren Verfahren getrennt geführt werden, mit Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 14. Dezember 2015, eingegangen bei Gericht am 16. Dezember 2015, erhobene Klage mit (zuletzt) dem Ziel, die vorgenannten Bescheide aufzuheben.

Unter Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 6. Dezember 1965 (337 II 64) wird zur Klagebegründung im Wesentlichen vorgetragen:

Die Beklagte ignoriere, wenn sie die Zulässigkeit der Klage bestreite, dass der Kläger einen an ihn persönlich adressierten Bescheid mit Datum 17. November 2015 erhalten habe. Auch der Bescheid vom 14. November 2015 entfalte gegenüber dem Kläger zumindest einen Rechtsschein, der zu beseitigen sei.

Der Kläger sei Inhaber des Holznutzungsrechtes, das auf seinem Grundstück FlNr. …5 der Gemarkung St. liege. Ursprünglich habe dieses Nutzungsrecht auf dem Grundstück FlNr. …7 der Gemarkung St. gelegen, das im Eigentum von Frau D. G. gestanden habe (Klägerin Nr. 69 im Urteil von 1965). Mit Übergabevertrag vom 19. März 1987 sei das Grundstück auf deren Tochter H. M., geb. G., übertragen worden. Aufgrund des gesetzlichen Güterstandes sei auch der Ehemann von Frau H. M. am 1. Juni 1987 als Miteigentümer des Grundstücks FlNr. …7 eingetragen worden. Die Eheleute M., die Eltern des Klägers, hätten das Grundstück FlNr. …7 mit Kaufvertrag vom 26. Mai 2004 ohne das streitgegenständliche Holznutzungsrecht an Frau I. O. veräußert, weil sie das Holznutzungsrecht isoliert hätten übertragen wollen. Dazu hätten sie die Zustimmung des Gemeinderates der Beklagten beantragt, das Holznutzungsrecht auf das Grundstück FlNr. …5, das damals ebenfalls in ihrem Eigentum gestanden habe, zu übertragen. Diesem Antrag habe der Gemeinderat der Beklagten in seiner Sitzung vom 2. Mai 2005 einstimmig (13:0) stattgegeben. Mit notariellem Vertrag vom 24. März 2005 sei das Holznutzungsrecht isoliert auf das - lt. Notarvertrag vom 24. März 2005 in Wohnungseigentum aufgeteilte - Grundstück FlNr. …5 seiner Eltern übertragen worden. Mit Notarvertrag vom 12. Dezember 2006 sei das Grundstück FlNr. …5 von seinen Eltern auf ihn, den Kläger, übertragen worden Das Holznutzungsrecht auf dem Grundstück des Klägers sei von ihm und seinen Rechtsvorgängern seit dem 18. Januar 1922 bis heute ununterbrochen ausgeübt worden. Das ergebe sich aus den Protokollbüchern der Gemeinderechtler, die ab dem Jahr 1924 noch vorhanden seien und für die Jahre 1958 bis 1982 vorgelegt würden.

Seit 1929 sei die Bewirtschaftung des Gemeindewaldes den Rechtlern in „Eigenregie“ übertragen (Protokoll von 1929). Es gebe eine innere Geschäftsordnung der Rechtlergemeinschaft. Die Vereinbarungen aus dem Vergleich von 1901 seien von der Rechtlergemeinschaft umgesetzt und eingehalten worden. Die fachliche Bewirtschaftung erfolge über Forstrat Sch. vom Forstamt der Stadt B., der auch den Jahresbetriebsplan 2015/2016 erstellt habe. Die Grundlagen der Bewirtschaftung seien im Bescheid des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt vom 16. November 2015 festgelegt worden. Dieser Bescheid sei von der Beklagten nicht angefochten worden und damit bestandskräftig.

Seit Beginn der Wahlperiode 2014 seien sechs von zwölf Gemeinderatsmitgliedern und der 1. Bürgermeister entweder selbst Rechtler oder es bestünden Verwandtschaftsverhältnisse im Sinne von Art. 49 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) i.d.F.d. Bek. vom 22. August 1998 (GVBl S. 796), zuletzt geändert durch Art. 9a Abs. 2 des Gesetzes vom 22. Dezember 2015 (GVBl S. 458). Deshalb habe das Landratsamt H. mit Bescheid vom 13. Oktober 2015 die 3. Bürgermeisterin der Beklagten, Frau M., rückwirkend ab 1. Mai 2014 ermächtigt, in Angelegenheiten, die den mit Nutzungsrechten belasteten Gemeindewald beträfen, anstelle des Gemeinderates zu handeln. Bei der Vorstandssitzung der Gemeinderechtler am 10. November 2015 sei der Jahresbetriebsplan 2015/2016 vom Forstrat Sch. erläutert und an die 3. Bürgermeisterin übergeben worden. Diese habe den Rechtlern mitgeteilt, dass die Beklagte zukünftig am Stammholzverkauf finanziell beteiligt werden möchte. Zugleich habe sie klargemacht, dass „wegen teilweise ungeklärter rechtlicher Nutzungsverhältnisse einiger Rechtler“ die Beklagte wünsche, die Waldbewirtschaftung bis zur Klärung der rechtlichen Verhältnisse auszusetzen. Die Rechtlergemeinschaft habe sich grundsätzlich nicht geweigert, etwaige Zweifel an den Nutzungsrechten auszuräumen und eine finanzielle Beteiligung der Beklagten zu prüfen. Am 14. November 2015 habe die Jahreshauptversammlung der Gemeinderechtler stattgefunden. Der anwesende 1. Bürgermeister habe zuvor am Vormittag desselben Tages dem 2. Vorsitzenden der Gemeinderechtler den streitgegenständlichen Bescheid vom 14. November 2015 übergeben. Dieser sei in der Jahreshauptversammlung öffentlich verlesen worden. Die ebenfalls anwesende 3. Bürgermeisterin habe erneut die Forderung an die Rechtler gestellt, die Beklagte am Stammholzverkauf finanziell zu beteiligen.

Art. 80 Abs. 2 Satz 3 GO sei beim Kläger schon tatbestandlich nicht anwendbar. Bei einem Holznutzungsrecht handele es sich nicht um ein Nutzungsrecht, das „ausschließlich“ landwirtschaftlichen Zwecken diene. Das könne auch nicht aus der Dorfordnung von 1575 gefolgert werden. Holz sei schon früher neben der Verwendung als Baumaterial überwiegend als Brennholz verwendet worden und werde das immer noch. Deshalb sei das Nutzungsrecht üblicherweise mit einer Feuerstelle, aber nicht zwingend im Sinne von „ausschließlich“ mit einem landwirtschaftlichen Betrieb verbunden gewesen. Bei der Entscheidung der erkennenden Kammer vom 28. Oktober 2015 sei es demgegenüber um ein Wiesennutzungsrecht gegangen. Holznutzungsrechte seien nicht auf den speziellen Bedarf der Landwirtschaft bezogen und könnten deshalb auch nach Aufgabe einer Landwirtschaft noch genutzt werden. Im Jahr 1575 seien die Einwohner der Gemeinde St. wohl üblicherweise Landwirte gewesen. Die damalige Abgabe bestimmter Mengen von Holz an „Bauern“ führe aber nicht dazu, wie die Beklagte meine, dass die Holznutzungsrechte ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken gedient hätten.

Die Nichtbewirtschaftung des Waldes führe immer zu Schäden am Waldbestand, wie sich aus der Stellungnahme des bayerischen Waldbesitzerverbandes vom 27. November 2015 ergebe. Auch seien bei der Waldbegehung am 24. Februar 2016 bereits Waldschäden festgestellt worden, die umgehend hätten beseitigt werden müssen. Der 1. Bürgermeister habe trotz seiner Unzuständigkeit Forstrat Sch. aufgefordert, das schadhafte Holz einzuschlagen und zu verkaufen. Bei der Begehung habe er öffentlich erklärt, dass die Beklagte den Noteinschlag beauftrage und das geschlagene Holz selbst verkaufen werde. Das eingenommene Geld würde auf ein Sperrkonto gestellt.

Aufgrund des Inhalts der angefochtenen Bescheide werde dem Kläger die Ausübung seines Holznutzungsrechts faktisch versagt, was zugleich einen Eingriff in eine eigentumsähnliche Rechtsposition bedeute. Ob das konkrete Holznutzungsrecht tatsächlich bestehe, sei keine Frage der Zulässigkeit der Klage, sondern der Begründetheit, denn eine Rechtsverletzung sei jedenfalls denkbar und möglich. Die Klage sei auch begründet, weil die Verweigerung des Einvernehmens rechtswidrig sei und den Kläger in seinen Rechten verletze. So fehle es bereits an der erforderlichen Anhörung. Zudem habe der 1. Bürgermeister den Bescheid vom 14. November 2015 übergeben und auch sonst Äußerungen getätigt, eine Gewinnausschüttung untersagt und den Noteinschlag angeordnet, die für seine Mitwirkung am Verfahren sprächen, obwohl er unzuständig sei.

Beim streitgegenständlichen Nutzungsrecht handele sich um ein radiziertes Nutzungsrecht aus einem sog. rechtsbegründeten Herkommen. Seit 1922 seien die Rechtler wie auch die Beklagte davon ausgegangen, dass der Bezug der Nutzungen geltendem Recht entspreche. Auch habe die Beklagte in der Vergangenheit sämtliche Übertragungen von Holznutzungsrechten anderer Rechtler genehmigt. Selbst wenn bei einigen Rechtlern Zweifel an der Inhaberschaft eines Holznutzungsrechtes bestünden, habe die Beklagte den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Es sei aber nicht gerechtfertigt, allen Rechtlern und damit auch dem Kläger die Ausübung ihres jeweiligen Nutzungsrechtes zu verweigern. Die Rechtler seien nämlich jeweils einzelne Träger des Holznutzungsrechtes und nicht die Rechtlergemeinschaft als solche. In den angefochtenen Bescheiden werde auch nicht ansatzweise dargelegt, weshalb der Vergleich vom 23. Juni 1901 nicht mehr wirksam sein solle. In diesem Vergleich (§ 14) sei eindeutig geregelt, dass dessen Inhalt „für alle Zukunft“ die Rechte und Pflichten zwischen Gemeinde und Rechtlern festlegen solle. Ursprüngliche vorhandene Rechte der Gemeinde seien durch notariellen Vertrag von 1979 abgelöst worden. Die Aussage der Beklagten, es bestünden Unklarheiten bezüglich dieses Vergleichs, entbehre jeglicher Grundlage. Zudem sei den Rechtlern nach einem Protokoll vom November 1929 die Bewirtschaftung des Gemeindewaldes in eigener Regie übertragen worden. Das bestätige auch der Umstand, dass der Gemeindewald in den vergangenen Jahrzehnten ausschließlich von den Rechtlern bewirtschaftet worden sei. Deshalb gehe der Hinweis der Beklagten auf § 903 BGB fehl. Ein „Vetorecht“ stehe der Gemeinde insoweit nicht zu. Allenfalls bei einer offensichtlich fehlerhaften, also unfachmännischen Bewirtschaftung des Gemeindewaldes, die erhebliche Schäden am Eigentum der Gemeinde befürchten lasse, könnte ein solcher Eingriff gerechtfertigt sein. Auch könne sich die Beklagte nicht auf § 3 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Rechtler berufen, denn diese stelle eine rein interne Regelung über den Geschäftsgang unter den Rechtlern dar und könne schon deshalb keine gegenseitigen Rechte oder Pflichten zwischen der Beklagten und den Rechtlern begründen. Zwischen den Rechtlern und der Beklagten bestehe ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis und beide Parteien seien nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehalten, eine ordnungsgemäße und sinnvolle Durchführung der Bewirtschaftung zu ermöglichen. Die Beklagte dürfe aber nicht einseitig durch hoheitliche Maßnahmen in dieses Schuldverhältnis eingreifen. Die Beklagte sei darüber hinaus davon ausgegangen, dass die Waldbewirtschaftung „zu untersagen war“. Dann hätte aber diese Untersagung die einzig in Betracht kommende Maßnahme sein müssen. Die Untersuchung zweifelhafter Holznutzungsrechte rechtfertige aber nicht die generelle Untersagung der Bewirtschaftung zulasten aller Rechtler. Das verstoße gegen das Übermaßverbot und stelle einen Ermessensfehler dar. Die verbindliche Klärung etwaiger unklarer Rechtsverhältnisse hätte im Rahmen von negativen Feststellungsklagen erfolgen können.

Der Kläger lässt zuletzt beantragen,

die Bescheide der Beklagten vom 14. und 17. November 2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei unzulässig und im Übrigen auch unbegründet.

Dem Kläger fehle bereits die Klagebefugnis. Rechte des Klägers würden durch die Bescheide nicht berührt. Der Bescheid vom 14 November 2015 sei an alle „Inhaber eines Nutzungsrechts am Gemeindewald St. …“ adressiert. Der Kläger sei jedoch nicht Inhaber eines Holznutzungsrechtes, weil das Recht infolge einer rechtsunwirksamen Veräußerung „an die Beklagte zurückgefallen“ sei.

Seit dem 1. Januar 1974 hätten Übertragungen und Häufungen von Nutzungsrechten der Zustimmung der Gemeinde und der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde bedurft. Die Genehmigungspflicht durch die Rechtsaufsichtsbehörde sei ab 1. August 2004 weggefallen. Der in der Sitzung vom 2. Februar 2005 gefasste Beschluss des Gemeinderates der Beklagten über die Zustimmung zur isolierten Übertragung des Nutzungsrechts vom Grundstück FlNr. …7 auf das Grundstück FlNr. …5 sei unwirksam. Der Gemeinderat sei in dieser Sitzung nicht beschlussfähig gewesen, da von den dreizehn erschienenen Gemeinderatsmitgliedern sieben Gemeinderatsmitglieder als Rechtler bzw. als bis zum dritten Grad mit einem Rechtler verwandte oder verschwägerte Personen von der Beratung und Abstimmung nach Art. 49 Abs. 1 GO ausgeschlossen gewesen seien. Der Gemeinderat sei nicht im Sinne Art. 47 Abs. 2 GO beschlussfähig gewesen, weil alle Rechtler als persönlich beteiligt anzusehen seien. Das gelte auch für die isolierte Übertragung von Nutzungsrechten.

Für eine wirksame Übertragung des Nutzungsrechts sei es zudem nach Art. 80 Abs. 3 Satz 1 GO erforderlich, dass es sich bei dem Anwesen, auf welches das Nutzungsrecht übertragen werden soll, um das Haus- und Hofgrundstück eine ausübenden Land- oder Forstwirts handele. Das sei hier nicht gegeben.

Das Einvernehmen zum Jahresbetriebsplan 2015/2016 habe die Beklagte verweigern und die Aussetzung des Holzeinschlags anordnen dürfen. In einer Besprechung zwischen dem Kläger als damaligem Schriftführer der Rechtlergemeinschaft, deren früherem Vorsitzenden M., dem Förster Sch., dem 1. Bürgermeister und der 3. Bürgermeisterin sei dies vom Förster Sch. ausdrücklich mitgeteilt worden. Sowohl in dieser Besprechung als auch bei der Hauptversammlung der Rechtlergemeinschaft am 14. November 2015 habe die 3. Bürgermeisterin mitgeteilt, dass Notmaßnahmen wie Holzeinschläge wegen Schädlingsbefall oder Sturmbruch selbstverständlich zulässig seien. Alternative Handlungsmöglichkeiten als ein Holzeinschlag hätten aber nicht zur Verfügung gestanden bzw. nicht zum Erfolg geführt.

Davon abgesehen, seien zahlreiche Holznutzungsrechte im Bereich der Beklagten zweifelhaft. Das Bestehen dieser Rechte müsse sorgfältig geprüft werden. Daher habe der 1. Bürgermeister dem Vorstand der Rechtler untersagt, nach dem Einschlag eine Gewinnausschüttung vorzunehmen, um Rückabwicklungen und Schadensersatzansprüche zu verhindern. Das habe jedoch der Vorstand der Rechtler nicht akzeptiert, weshalb eine förmliche Untersagung des Holzanschlages erforderlich und unvermeidlich gewesen sei.

Jedenfalls sei eine Rechtsverletzung beim Kläger durch die beiden Bescheide nicht gegeben. Das Nutzungsrecht auf dem Grundstück FlNr. …7 sei infolge des unwirksamen Beschlusses des Gemeinderates vom 2. Februar 2005 nicht isoliert auf das Grundstück FlNr. …5 übertragen worden. Es habe vielmehr weiter auf dem Grundstück FlNr. …7 geruht, das mit notariellem Kaufvertrag vom 26. Mai 2004 an Frau I. O. veräußert worden sei. Diese neue Eigentümerin habe das Nutzungsrecht aber nicht ununterbrochen ausgeübt, weshalb es erloschen sei. Es sei jeweils nur der jeweilige Eigentümer zur Nutzung berechtigt.

Erloschene Nutzungsrechte fielen wieder an die Gemeinde zurück. Regelmäßiger Zweck dieser Nutzungsrechte sei, die Existenzgrundlage land- oder forstwirtschaftliche Anwesen durch zusätzliche Einkünfte oder materielle Bezugsrechte zu sichern oder zu verbessern. Daraus folge ihre heutige Daseinsberechtigung. Es gelte grundsätzlich der Bedarfsgrundsatz, wonach für die Beteiligung der Nutzungsberechtigten an den Gemeindenutzungen das eigene wirtschaftliche Bedürfnis maßgebend sei. Der Umfang der Nutzungen sei demzufolge im Grundsatz auf den Eigenbedarf des Nutzungsberechtigten beschränkt. Ein Rückfall der Nutzungsrechte an die Rechtlergemeinschaft könne deshalb nicht gewollt sein, da so der Zweck des einzelnen Nutzungsrechts nicht erfüllt werden könne. Ein Rückfall erloschener bzw. untergegangener Nutzungsrechte an die Rechtlergemeinschaft sei auch weder gesetzlich geregelt noch mit dem besonderen Wesen der Nutzungsrechte zu begründen. Es handele sich um Rechte am Gemeindevermögen, was das Eigentum der Gemeinde an den Nutzungsgegenständen voraussetze. Bei einem „Erlöschen“ oder „Untergang“ der Rechte sei wieder von einer uneingeschränkten rechtlichen Sachherrschaft des Eigentümers (der Gemeinde) auszugehen.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26. April 2017 Bezug genommen.

Gründe

1. Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung mit Hinblick auf den Zeitablauf auf Anregung des Gerichts konkretisierte Klage ist zulässig und begründet.

Die Bescheide der Beklagten vom 14. und 17. November 2015 sind rechtwidrig und verletzen den Kläger - im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung - auch in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1.1 Die Klage ist zulässig.

1.1.1 Unstreitig ist für den vorliegenden Streitgegenstand der Verwaltungsrechtsweg i.S.v. § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet (vgl. bereits W 2 K 15.1392, U.v. 7.12.2016 - juris).

Bereits im Urteil vom 6. Dezember 1965 (Nr. 337 II 64 - S. 10 d.a.U.) ist das erkennende Gericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (U.v. 20.11.1912 - Nr. 76 II 10) davon ausgegangen, dass der auch vorliegend streiterhebliche Vergleich vom 23. Juni 1901 zwischen Rechtlern und Nichtrechtlern in St., der u.a. die der Beklagten und den Rechtlern sowie Nichtrechtlern zustehenden Nutzungsrechte am Gemeindewald St. sowie die den Rechtlern gegenüber der Gemeinde obliegenden Rechtspflichten regelt, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag darstellt. Es handelt sich - wie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung rechtskräftig festgestellt - bei den Holznutzungsrechten am Gemeindewald St. um öffentlich-rechtliche, auf der Zugehörigkeit zur Gemeinde („Gemeindeverband“) beruhende Gemeindenutzungsrechte.

1.1.2 Die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens zum Jahresbetriebsplan 2015/2016 stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG.

Die Klagebefugnis ist bezüglich beider Bescheide - entgegen der Ansicht der Beklagten - im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung gegeben (§ 42 Abs. 2 VwGO).

Adressat des Bescheides vom 17. November 2015 ist der Kläger selbst.

Aber auch der an „alle Inhaber eines Nutzungsrechtes“ und damit an alle im Rechtlerverzeichnis geführten Rechtler adressierte Bescheid vom 14. November 2015 betrifft den Kläger persönlich in seiner Stellung als Rechtler, es sei denn, man wollte diesen Bescheid wegen seiner unbestimmten Adressierung von vorne herein als nichtig ansehen. Zu diesem Ergebnis könnte man etwa gelangen, weil die Beklagte bereits im vorgenannten Urteil des erkennenden Gerichts vom 6. Dezember 1965 (S. 12 d.a.U.) darauf hingewiesen wurde, dass Gemeindenutzungsrechte für den einzelnen Rechtler von den übrigen Rechtlern unabhängige Sonderansprüche gegen die Gemeinde darstellen, weshalb die „Gemeinschaft“ der Rechtler als solche nicht rechtsfähig ist. Zugunsten der Beklagten geht die Kammer aber lediglich von der Rechtswidrigkeit und einem dadurch persönlichen Betroffensein des Klägers insoweit aus, weil die Verweigerung des Einvernehmens auch ihn betrifft.

Auch der weitere Einwand der Beklagten, das Recht des Klägers sei „infolge der Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebes nach Art. 80 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 GO erloschen“, geht ersichtlich fehl. Unabhängig von der Entwicklung der Holznutzungsrechte am Gemeindewald St. als solche, bestimmt sich nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (U.v. 30.9.1994 - 4 B 94.1162 - VGH n.F. 48, 21) die Frage, ob ein Nutzungsrecht ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken dient, grundsätzlich nicht danach, ob das Recht ursprünglich nur Landwirten zustand. Vielmehr ist auf die Art des Rechts abzustellen, d.h. darauf, ob das Recht seiner Natur nach ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken dient. Das gilt etwa für Weide-, Streu- oder Ackerrechte. Insbesondere Brennholzrechte sind dagegen in der Regel nicht ausschließlich auf den Bedarf landwirtschaftlicher Betriebe bezogen. Sie dienen jedenfalls nicht ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken. Auch das über das Brennholzrecht hinausgehende Nutzholzrecht dient nicht ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken. Nutzholz kann - ebenso wie Brennholz - auch für ein Wohnhaus eingesetzt werden. Deshalb ist der Betrieb einer Landwirtschaft für die Ausübung eines Holznutzungsrechts nicht allgemein Voraussetzung.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte bestreitet, dass der Kläger Inhaber eines Holznutzungsrechtes am Gemeindewald St. sei. Träfe das zu, hätte es eines Bescheides gegenüber dem Kläger schon nicht bedurft. Unabhängig davon, stand zum Zeitpunkt des Erlasses beider Bescheide - mangels entsprechender Ermittlungen im Vorfeld durch die Beklagte - nicht einmal ansatzweise fest, dass der Kläger nicht (bzw. nicht mehr) Inhaber eines Nutzungsrechtes ist. Dies hätte die Beklagte deshalb zunächst im Wege einer Feststellungsklage klären müssen. Ihre bloße Behauptung reicht insoweit nicht, weil die Eigenschaft als „Rechtler“ bzw. „Nichtrechtler“ im maßgeblichen Zeitpunkt nicht rechtskräftig festgestellt war. Bis zu einer solchen Feststellung ist aber beim Kläger von der Rechtlereigenschaft auszugehen und er kann geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein.

1.2 Die Klage ist auch begründet.

Die Ablehnung der Erteilung des Einvernehmens zum Jahresbetriebsplan vom 10. November 2015 für den Gemeindewald St. über den Holzeinschlag 2015/2016 ist rechtwidrig und verletzt den Kläger auch in seinem bestehenden - weil das Gegenteil nicht rechtskräftig festgestellt ist - Holznutzungsrecht am Gemeindewald St. (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.2.1 Die angefochtenen Bescheide sind bereits formell rechtswidrig.

1.2.1.1 Beide Bescheide leiden unter dem Mangel der fehlenden Anhörung im Sinne von Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG. Die Beklagte hat den Kläger weder vor Erlass des Bescheides vom 14. November 2015 noch vor Erlass des - an den Kläger persönlich adressierten - Bescheides vom 17. November 2015 angehört, obwohl beide Bescheide als Verwaltungsakte anzusehen sind, die in das Holznutzungsrecht des Klägers eingreifen, weil sie ihm die zustehenden Nutzungen vorenthalten.

Die Ausnahmen nach Art. 28 Abs. 2 und 3 BayVwVfG liegen ersichtlich nicht vor.

Die Nachholung der Anhörung ist zwar bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz noch möglich (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG), bisher aber nicht erfolgt. Die Stellungnahmen der Beklagten im gerichtlichen Verfahren reichen dazu allein nicht aus (vgl. dazu Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 86/87, m.w.N.). Insbesondere ist auch im Klageverfahren seitens der Beklagten keine hinreichende inhaltliche Auseinandersetzung mit den Einwänden des Klägers erfolgt, die einem Verwaltungsverfahren materiell gleichwertig wäre.

1.2.1.2 Der Bescheid vom 14. November 2015 mangelt im Hinblick auf die Adressierung auch an der hinreichenden Bestimmtheit im Sinne von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Er ist adressiert an „alle Inhaber eines Nutzungsrechtes aus dem Gemeindewald St. vertreten durch die ‚Gemeinderechtler St.‘ (Vorstandschaft)“. Die Vorstandschaft der Rechtler in St. ist aber nicht Vertreter des einzelnen Rechtlers, weil - wie schon dargelegt - die Gemeindenutzungsrechte für den einzelnen Rechtler von den übrigen Rechtlern unabhängige Sonderansprüche gegen die Gemeinde darstellen und nicht von einer allgemeinen Bevollmächtigung insoweit auszugehen ist.

Abgesehen davon bestreitet die Beklagte gerade die Inhaberschaft von Holznutzungsrechten bei einer größeren Anzahl von Rechtlern, insbesondere auch dem Kläger, weshalb der Adressatenkreis schon deshalb nicht hinreichend bestimmt ist. Dies führt bereits zur formellen Rechtswidrigkeit.

1.2.1.3 Beiden Bescheiden fehlt es darüber hinaus auch an einer hinreichenden Begründung im Sinne von Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG.

In den Bescheiden werden vier Gründe für den Erlass genannt:

(1) Die Unklarheit hinsichtlich der Stellung als Rechtler aufgrund von Übertragungen,

(2) die Gültigkeit des Vergleiches vom 23. Juni 1901 sei fraglich,

(3) der Inhalt und Umfang der Nutzungsrechte sei unklar und

(4) die Sach- und Rechtslage sei zu überprüfen.

Es fehlt aber schon an jeglicher Begründung, weshalb die Klärung dieser von der Beklagten aufgeworfenen Fragen die Versagung des Einvernehmens zum vom Forstamt erstellten Jahresbetriebsplan vom 10. November 2015 für den Gemeindewald St. über den Holzeinschlag 2015/2016 erfordert und insbesondere rechtfertigt. Es ist zunächst Aufgabe einer ordnungsgemäßen Verwaltungstätigkeit der Beklagten den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (Art. 24 Abs. 1 und 2 BayVwVfG) und erst danach zu entscheiden. Dazu hätte es vorliegend insbesondere gehört, zu klären, wer tatsächlich noch Inhaber eines Holznutzungsrechtes ist bzw. welches Holznutzungsrecht gegebenenfalls erloschen ist, und das Bestehen oder Nichtbestehen im Streitfall durch Feststellungsklage klären zu lassen (siehe bereits oben).

Die Beklagte hat darüber hinaus weder in den angefochtenen Bescheiden noch im gerichtlichen Verfahren, insbesondere auch nicht in der mündlichen Verhandlung dargelegt, ob und welche Mängel der von der Fachbehörde erstellte Jahresbetriebsplan 2015/2016 nach ihrer Ansicht aufweist. Nur solche könnten allenfalls eine Verweigerung des Einvernehmens rechtfertigen.

Dieser erhebliche Begründungsmangel wurde bisher ebenfalls nicht - auch nicht durch die Schriftsätze im gerichtlichen Verfahren - geheilt (Art. 45 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG).

1.2.1.4 Zumindest der Bescheid vom 14. November 2015 ist nach den inzwischen vorliegenden Erkenntnissen auch deshalb rechtswidrig, weil der 1. Bürgermeister diesen Bescheid dem 2. Vorsitzenden der Rechtler persönlich am 14. November 2015 übergeben hat, obwohl er kraft Gesetzes wegen persönlicher Beteiligung (selbst Rechtler) an der Mitwirkung am Verwaltungsverfahren insoweit ausgeschlossen war (vgl. Bescheid des Landratsamtes H. vom 13.10.2015). Gleiches gilt für die - wie die Beklagte selbst vorträgt - vom 1. Bürgermeister gegenüber dem Vorstand der Rechtler ausgesprochene „Untersagung“ der Gewinnausschüttung. Der 1. Bürgermeister hat nicht einmal nach dem Urteil der Kammer vom 7. Dezember 2016 davon abgesehen, sich öffentlich und - allgemein zugänglich - in der Presse (u.a Bayerisches Fernsehen) in dieser Sache für die Gemeinde zu äußern.

1.2.2 Die streitgegenständliche Verweigerung des Einvernehmens ist auch materiell rechtswidrig und verletzt den Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt auch in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1VwGO).

1.2.2.1 Für die Verweigerung des Einvernehmens zum Forstwirtschaftsplan 2015/2106 durch die Beklagte fehlt es bereits an einer hinreichenden Rechtsgrundlage.

Eine solche folgt ersichtlich nicht - wie die Beklagte meint - aus Art. 1 GO, der in den Bescheiden zitiert wird. Das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht - Finanz-, Personal-, Organisations- und Planungshoheit - besteht nur im Rahmen der durch die Rechtsordnung gezogenen Schranken und gibt keine Rechtgrundlage, das Recht auf Forderung des Nutzungsberechtigten gegenüber der Gemeinde auf Zuteilung eines bestimmten Anteils an den anfallenden Nutzungen ohne hinreichenden sachlichen Grund auszusetzen.

Aus § 3 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Gemeinderechtler St. vom 24. März 2012 folgt ebenfalls keine Rechtsgrundlage für die Verweigerung des Einvernehmens der Beklagten. Dort wird vielmehr die Erteilung des Einvernehmens der Beklagten als Grundlage für die Umsetzung des jeweiligen Jahresbetriebsplans vorausgesetzt. Diese Geschäftsordnung ist aber lediglich eine interne Ordnung für die Gemeinderechtler.

Grundsätzlich ist es aber Aufgabe der Gemeinde, die mit Nutzungsrechten belasteten Grundstücke selbst zu verwalten und zu bewirtschaften. Gemäß der kommunalrechtlichen Zuständigkeitsregelung des Art. 29 GO sind Entscheidungen über die Verwaltung des mit Nutzungsrechten belasteten Gemeindevermögens regelmäßig vom Gemeinderat zu treffen (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2015 - 4 ZB 14.359 - juris - m.w.N.). Die Rechtler sind demnach grundsätzlich nicht befugt, sich die Erträgnisse oder sonstigen Bestandteile der mit dem Nutzungsrecht belasteten Grundstücke unmittelbar mit der Rechtsfolge des § 954 BGB anzueignen. Alle Erzeugnisse und Erträgnisse fallen vielmehr grundsätzlich zunächst in das Eigentum der Gemeinde und müssen von dieser den Rechtlern zugeteilt und übertragen werden (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2015 - 4 ZB 14.359 - juris - m.w.N.).

Der Einwand der Beklagten, eine Mit- oder Eigenverwaltung durch die Rechtler komme weder in Betracht noch sei sie rechtlich zulässig, findet allerdings in der Rechtsprechung keine Stütze. Die Gemeinde kann sich zur Verwaltung und Bewirtschaftung der belasteten Grundstücke im Einzelfall durchaus der Rechtler bedienen (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2015 - 4 ZB 14.359 - juris - m.w.N.). Ob der Vortrag des Klägers zutrifft, den Rechtlern sei nach einem Protokoll vom November 1929 die Bewirtschaftung des Gemeindewaldes in eigener Regie übertragen worden, was auch der Umstand bestätige, dass der Gemeindewald in den vergangenen Jahrzehnten ausschließlich von den Rechtlern bewirtschaftet worden sei, kann insoweit offen bleiben. Der Beklagten könnte dadurch nicht die völlige Mitsprache an der Verteilung der in ihr Eigentum fallenden Erzeugnisse und Erträge aus dem Gemeindewald nach Maßgabe des Herkommensrechts von vorne herein genommen werden. Es kann daher auch offen bleiben, ob das vorliegend streitige Herkommensrecht auch die Bewirtschaftung durch die Rechtler mit umfasst.

Die beklagte Gemeinde hat allerdings nicht das Recht, die Bewirtschaftung des von Holznutzungsrechten betroffenen Gemeindewaldes ohne sachlichen Grund zu verweigern. Das ergibt sich schon aus dem Vergleich vom 23. Juni 1901, zu dem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (U.v. 20.11.1912 - Nr. 76 II 10) rechtskräftig entschieden hat, dass dieser Vergleich wirksam abgeschlossen wurde und keine neuen Rechte begründet, sondern die bereits bestehenden beiderseitigen Rechte lediglich aufgrund des damals bekannten Herkommens neu beschrieben und abgegrenzt hat (vgl. auch VG Würzburg, U.v. 6.12.1965 - Nr. 337 II 64). Der Inhalt dieses Vergleichs ist maßgeblich, soweit er - wie hier - ab dem 18. Januar 1922 (Art. 80 Abs. 2 Satz 1 GO) ununterbrochen kraft gemeinsamer Rechtsüberzeugung zwischen Rechtlern und Gemeinde ausgeübt wurde. Nach diesem Vergleich steht der Gemeindewald im Eigentum der Gemeinde und seine Bewirtschaftung erfolgt nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. Die Nutzungsrechte der Gemeinde (damals) waren zum einen das Bauholz, soweit ihr bestimmte Baulasten oblagen, zum anderen das Brennholz, Besoldungsholz und Schulholz, das durch die Rechtler zu liefern war. Auf diese Rechte kommt es vorliegend aber nicht entscheidungserheblich an. Die Rechtler und Nichtrechtler haben (nach wie vor) gleichmäßig das Recht auf Lese- und Brechholz (nicht wie im Urteil vom 7.12.2016 versehentlich als „Brenn“holz bezeichnet) und Streunutzungen nach Maßgabe des Wirtschaftsplanes und Bedürfnis sowie bei der Streunutzung Sonderlose nach Wirtschaftsplan und Viehbestand. Darüber hinaus steht „alles“ übrige anfallende Holz, insbesondere das Nutz-, Brenn- und Stammholz den Rechtlern zu. Der dauernde Bestand dieser Rechte wird den Rechtlern und Nichtrechtlern zugesichert, wobei die Regelung der Rechte und Pflichten für alle Zeiten so bleiben soll. Zwar wurde dieser Vergleich zunächst nur zwischen den Rechtlern und Nichtrechtlern geschlossen, allerdings hat - was die Beklagte bisher übersehen hat - der Vertreter der gemeindlichen Interessen diesem Vergleich mit Genehmigung des Bezirksamtes und unter Beteiligung der Regierung zugestimmt, weil bereits damals die gemeindlichen Gremien der Beklagten beschlussunfähig waren (vgl. dazu BayVGH, U.v. 20.11.1912 - Nr. 76 II 10 - S. 20 d.a.U.). Entgegen der Ansicht der Beklagten unterliegt diese deshalb ebenfalls der Bindungswirkung dieses Vergleichs. Sie geht im Übrigen in den angefochtenen Bescheiden selbst davon aus, dass der Vergleich auch mit ihr geschlossen wurde. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Vergleich nicht mehr wirksam wäre, hat die Beklagte schon nicht ansatzweise dargelegt, solche sind auch nicht ersichtlich. Der Wunsch der Beklagten, künftig an den Erlösen des Stammholzverkaufes beteiligt zu werden (vgl. die Forderung der Gemeinde in der Rechtlerversammlung vom 10.11.2015), stellt ersichtlich keinen Grund dar, an der Gültigkeit der Regeln im Vergleich „Zweifel“ auszulösen. Die Beklagte verkennt dabei durchgängig, dass sie nicht berechtigt ist, einseitige Änderungen am Inhalt der Nutzungsrechte vorzunehmen. Eine einseitige Änderung der rechtlichen Bewertung durch die Gemeinde oder deren reines Wunschdenken reicht nicht aus, um eine Änderung der Rechtslage herbeizuführen, vielmehr muss ein Wandel der Rechtsüberzeugung die Ausübung der Nutzungsrechte selbst prägen und auch von den Rechtlern zumindest hingenommen werden (vgl. BayVGH, U.v. 30.11.1994 - 4 B 94.1162 - VGH n.F. 48, 21). Rechtlich maßgeblich ist allein die gemeinsame Rechtsüberzeugung von Rechtlern und Gemeinde (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2015 - 4 ZB 14.359 - juris - m.w.N.).

Selbst wenn man mit der Beklagtenseite davon ausginge, dass einzelne Nutzungsrechte erloschen wären und das auch jeweils rechtskräftig festgestellt wäre, was Gegenstand weiterer anhängiger Verfahren ist, folgt auch daraus keineswegs ein sachlicher Grund, den anderen Rechtlern ihre Rechtsansprüche vorzuenthalten. Nach dem wirksamen Vergleich von 1901 stehen den Rechtlern und Nichtrechtlern gleichmäßig das Recht auf Lese- und Brechholz und Streunutzungen nach Maßgabe des Wirtschaftsplanes und Bedürfnis sowie bei der Streunutzung Sonderlose nach Wirtschaftsplan und Viehbestand zu. Darüber hinaus steht - wie dargelegt - „alles“ übrige anfallende Holz, insbesondere das Nutz-, Brenn- und Stammholz den Rechtlern zu. Selbst wenn etwa Holznutzungsrechte in der Vergangenheit erloschen wären, hätte das deshalb nur zur Folge, dass sich insoweit der Anteil der übrigen Rechtlern vergrößert hätte. Der im Vergleich von 1901 festgelegte Umfang der Rechte der Gemeinde auf Lieferung von zum einen Bauholz, soweit der Gemeinde bestimmte Baulasten obliegen, zum anderen von Brennholz, Besoldungsholz und Schulholz durch die Rechtler, wird durch das Erlöschen eine Nutzungsrechtes nicht verändert, weil „alles“ übrige anfallende Holz den Rechtlern zusteht.

Das ist auch im vorliegenden Fall nicht unbillig, wie teilweise (vgl. Bauer in: Praxis der Gemeindeverwaltung, Öffentliche Nutzungsrechte in Bayern, Stand: 1/2016, S. 131) - wenn auch für andere Konstellationen - vertreten wird. Vorliegend ist das Herkommensrecht seit 1901 so ausgestaltet, dass durch das Erlöschen einzelner Rechte keine über den Vergleich hinausgehenden Rechte der Gemeinde entstehen sollen. Diese gemeinsame Rechtsüberzeugung ist seitdem auch so in der Praxis - bis 2015 - umgesetzt worden. Bereits im Urteil von 1965 hat die Kammer dazu festgestellt, dass die Rechte der Gemeinde - damals ging es um das Schulholz - sog. Bedarfsrechte sind. Auf diese besteht kein Anspruch (mehr), wenn ein tatsächlicher Bedarf nicht (mehr) besteht. Insbesondere folgt daraus kein Anspruch für die Beklagte, Nutzungen zu ziehen, um diese für andere Zwecke zu verwenden oder in Geld umzusetzen. So verhält es sich aber mit der (jüngst erneut geäußerten) Forderung der Beklagten, am Erlös des Stammholzverkaufes beteiligt zu werden. Denn darin läge eine inhaltliche Umgestaltung und Ausweitung (zugunsten der Beklagten) der gemeindlichen Rechte bzw. Einschränkung (zum Nachteil der Rechtler), die schon 1965 unzulässig war (vgl. Urteil der Kammer vom 6.12.1965 - 337 II 64 - zu Art. 68 Abs. 1 GO 1960) und nunmehr durch Art. 80 Abs. 1 GO ausdrücklich und eindeutig ausgeschlossen ist.

1.2.2.2 Die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens verletzt den Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt auch in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach dem - wie oben dargelegt wirksamen - Vergleich vom 23. Juni 1901 erfolgt die Bewirtschaftung des im Eigentum der Gemeinde stehenden Gemeindewaldes nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Forstrechtes und den darauf beruhenden jeweiligen Jahreswirtschaftsplänen.

Sind diese Bestimmungen eingehalten, haben die Rechtler aus ihrem jeweiligen Holznutzungsrecht einen - nicht dinglichen (vgl. BayVGH, U.v. 13.6.1973 - Nr. 146 IV 68 - VGH n.F. 26, 148/151; zuletzt BayVGH, B.v. 16.3.2015 - 4 ZB 14.359 - juris) - Anspruch auf Gewährung der ihnen gebührenden Nutzungen, oder anders ausgedrückt auf Zuteilung ihres jeweiligen durch den Vergleich von 1901 bestimmtem Anteils an den anfallenden Nutzungen (so ausdrücklich BayVGH, U.v. 13.6.1973 - Nr. 146 IV 68 - VGH n.F. 26, 148/151). Es handelt sich um einen individuellen vermögensrechtlichen Anspruch gegen die Gemeinde, der auch das Recht auf anteilsgemäße Verteilung gegenüber den anderen Rechtlern und durch die Gemeinde beinhaltet (vgl. BayVGH, U.v. 13.6.1973 - Nr. 146 IV 68 - VGH n.F. 26, 148/151). Dabei umfassen die Nutzungen im Hinblick auf Art. 74 Abs. 2 Satz 1 GO nur die Erträge, die im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Gemeindevermögens anfallen und den sonstigen forstwirtschaftlichen Vorschriften entsprechen (vgl. schon BayVGH, E.v. 22.12.1930, Nr. 101 I 30 - VGH 51, 145/154 - hält das für „selbstverständlich“; siehe auch Bauer in: Praxis der Gemeindeverwaltung, Öffentliche Nutzungsrechte in Bayern, Stand: 1/2016, S. 46). Das gilt für jeden einzelnen Rechtler so lange, bis rechtskräftig festgestellt ist, dass er nicht (mehr) Rechtler ist.

Die Gemeinde darf deshalb - bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung - nicht durch irgendwelche Maßnahmen die Nutzungsansprüche des einzelnen Rechtlers gefährden oder sogar - wie hier lediglich aus finanziellen, vom Herkunftsrecht aber unzweifelhaft nicht gedeckten (vgl. bereits ausdrücklich Urteil vom 6.12.1965, Nr. 337 II 64) Erwägungen - einschränken (vgl. Bauer, a.a.O., S. 46 f.). Zwischen ihr und den Rechtlern - hier dem Kläger - besteht aufgrund des Nutzungsrechts ein verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis mit gegenseitigen Rechten und Pflichten. Diese Rechtsbeziehung zwischen Gemeinde und Bürgern - hier den Rechtlern - ist nach Struktur (gegenseitige Rechte und Pflichten) und Gegenstand (Forderungsrecht) mit einem bürgerlich-rechtlichen Schuldverhältnis vergleichbar. Daraus folgt u.a. die Verpflichtung der Beteiligten, den Vertragszweck nicht zu gefährden oder zu vereiteln (vgl. dazu BayVGH, B.v. 4.7.2014 - 4 CS 14.77 - juris - m.w.N.). Die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens und der dadurch ausgesetzte Holzeinschlag mit dem Ergebnis, dass der Kläger (und die übrigen Rechtler) die ihm (ihnen) zustehenden Nutzungen nicht erhält, ohne vorher die Rechtsstellung des Klägers (und der übrigen Rechtler, deren Nutzungsrechte die Beklagte bezweifelt) im Wege ihrer Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung (Art. 24 BayVwVfG) und ggfalls. einer Feststellungsklage i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO geklärt zu haben, stellt eine gravierende Sorgfaltspflichtverletzung dar. Daraus folgt ebenfalls die Rechtswidrigkeit der Bescheide, ohne dass es noch zusätzlich auf das (inzwischen wohl feststehende eigentliche) Motiv der von der Beklagten angestrebten Beteiligung am Stammholzverkauf entgegen dem Inhalt des Herkunftsrechtes ankommt.

Die Beklagte hat mit der Verweigerung ihres Einvernehmens - zumindest - gegenüber dem Kläger die Erfüllung seines individuellen vermögensrechtlichen Anspruchs auf Zuteilung seines Nutzungsanteils für unbestimmte Zeit ausgesetzt, obwohl sie keine Einwendungen fachlicher Art gegen den Jahresbetriebsplan dargelegt hat. Im Übrigen trifft auch die rechtfertigende Aussage nicht zu, die Aussetzung der Bewirtschaftung zeitige keine nachteiligen Folgen, weil ein Noteinschlag erforderlich wurde. Das muss aber nicht weiter erörtert werden.

Der Kläger ist - bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Feststellung des Gegenteils - als Inhaber eines Holznutzungsrechtes am Gemeindewald St. anzusehen. Dieses Recht ist auch nicht, wie die Beklagte meint, etwa wegen der - von der Beklagten (generell bei allen Rechtlern) behaupteten - Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebes erloschen.

Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger derzeit Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne von Art. 80 Abs. 2 Satz 3 GO (dazu vgl. VG Würzburg, U.v. 16.6.1999 - W 2 K 97.1621 - juris) ist, weil das Holznutzungsrecht als solches - wie bereits oben erörtert - nicht nur landwirtschaftlichen Zwecken dient und der Betrieb einer Landwirtschaft für die Ausübung eines Holznutzungsrechts deshalb nicht allgemein Voraussetzung ist (BayVGH, U.v. 30.9.1994 - 4 B 94.1162 -VGH n.F. 48, 21).

Auch aus Art. 80 Abs. 3 GO ergibt sich im Falle des Klägers (jedenfalls) derzeit nichts anderes, weil im jeweiligen Zeitpunkt des Bescheidserlasses nicht feststand, ob die isolierte Übertragung noch zu Zeiten der Eltern des Klägers zum Erlöschen des Holznutzungsrechtes geführt hat. Immerhin hat der Vater des Klägers im Jahr 2007 Beiträge zur Land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Franken und Oberfranken entrichtet. Dem muss aber nicht weiter nachgegangen werden, weil mit der Einführung des Art. 80 Abs. 3 Satz 1 GO durch Gesetz vom 20. Juli 1982 (GVBl S. 471) lediglich ein Teils schwunghafter Handel mit Nutzungsrechten unter Nichtlandwirten unterbunden werden sollte, der mit dem ursprünglichen Sinn und Zweck der Nutzungsrechte nicht mehr zu vereinbaren gewesen sei. Zweck der Neuregelung war damals, die Einbringung von Holznutzungsrechten in den freien Rechtsverkehr zu verhindern (vgl. Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung u.a., Stand 12/2016, Art. 80 unter 3). Von einem solchen Fall ist aber die Beklagte in den Jahren 2004/2005 selbst nicht ausgegangen, als die Eltern des Klägers das Nutzungsrecht lediglich auf ein anderes ihnen gehörendes Grundstück übertragen haben und die Beklagte das ohne jegliche Vorbehalte genehmigt hat.

Diese Genehmigung aufgrund des Gemeinderatsbeschlusses vom 2. Mai 2005 wurde nach außen umgesetzt, wie die Notarurkunde vom 24. März 2005 beweist (Ziffer III), nach der dem Notar die Genehmigung der Gemeinde vorlag. Diese Genehmigung wurde gegenüber den Eltern des Klägers bzw. dem Notar von der Beklagten weder widerrufen noch zurückgenommen i.S.v. Art. 48, 49 BayVwVfG und ist weiter wirksam, weil sie nach außen umgesetzt und vollzogen wurde (sog. äußere Wirksamkeit). Deshalb kommt es nicht darauf an - wie die Beklagte meint - dass der Gemeinderat damals wegen der Mitwirkung anderer Rechtler beschlussunfähig gewesen sein soll. Im Übrigen wäre es mit dem Rechtsgedanken aus § 242 BGB, der auch im öffentlichen Recht anwendbar ist, nicht zu vereinbaren, dass sich die Beklagte nach mehr als zehn Jahren auf die Beschlussunfähigkeit ihres damaligen Gemeinderates beruft. Die Beklagte hat die behauptete Beschlussunfähigkeit darüber hinaus weder hinreichend dargelegt geschweige denn nachgewiesen.

Unabhängig davon, folgt auch aus der Dorfordnung von St. vom 7. Februar 1575 nicht, wie die Beklagte meint, dass die Nutzungsrechte am St.er Gemeindewald ab 1575 nur landwirtschaftlichen Zwecken gedient hätten. Die Beklagte hat im Verfahren eine Transkription dieser „Dorffsordnung zue St.“ aus der Zeit Julius Echters vorgelegt und mit den Akten ein historisches Gutachten zu den „Waldrechten zu St.“ von Dr. S* … (Mitarbeiter des Staatsarchives Würzburg), herausgegeben vom Staatsarchiv Würzburg unter dem 11. Februar 1954. Darin wird die Entwicklung der Nutzungsrechte in St. beschrieben. Zunächst habe die Gemeindewaldung zur Befriedigung aller „inwohner und nachtbauern“ gedient und auch des Gemeinbedarfs. Die Aufteilung in Rechtler und Nichtrechtler habe es damals nicht gegeben. Wiedergegeben ist dort auch der Inhalt der Dorfordnung von 1575, die eine noch ältere Dorfordnung ersetzt habe, die aber nicht mehr auffindbar gewesen sei. Die Dorfordnung von 1575 begünstigte „Bauern“ und „Häcker“ lediglich in den Ziffern 5 und 6 hinsichtlich Holz zur Anfertigung von Achsen, Riegeln und Stielen (Ziffer 5) sowie sechs Stangen für Leiterbäume (Ziffer 6). Allerdings hatte schon damals nach Ziffer 3 jeder Einwohner das Recht auf Bauholz, was die Beklagte verkennt. Nach Ziffer 8 wurden „Lag oder Laub“ („Lauben“) verteilt für Brennholz, die nicht nur an „Bauern“ und „Häcker verteilt wurden. Später sei aber ab 1671 in einer Einigung zwischen Bauern und „Söldnern“ (= „Gütlern“ = Kleinbauern die keine Gemeindenutzungsrechte oder nur Bruchteilsrechte besaßen) festgelegt worden, dass jeder Bauer und „Söldner“ bei Austeilung des Holzes (Bauholz) und der „Lauben“ (Brennholz) gleiche Anteile zustünden. Das habe sich erst im 19. Jahrhundert mit Einführung der neuen Forstordnung sowie durch den Umstand geändert, dass sich infolge der Freizügigkeit neue Familien hätten ansiedeln können, die nicht mehr in den Verband der Rechtler aufgenommen worden seien. Hieraus seien Rechtsstreite entstanden, die sich bis ins 20. Jahrhundert hingezogen hätten, und erst mit dem Vergleich aus dem Jahr 1901 (und letztlich der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes 1912) beendet worden seien.

Daraus folgt mehr als deutlich, dass die Holznutzungsrechte in St. von Anfang an, insbesondere aber seit dem Vergleich von 1901 und zum maßgeblichen Stichtag nach Art. 80 Abs. 2 Satz 1 GO, dem 18. Januar 1922, nicht landwirtschaftliche Zwecken, sondern der Versorgung der Gemeinde mit einem konkret festgelegtem Bedarf an Bau- und Brennholz, der Versorgung von Rechtlern und Nichtrechtlern gleichmäßig mit Lese- und Brechholz (nicht „Brenn“holz) und Streunutzungen nach Maßgabe des Wirtschaftsplanes und Bedürfnis sowie bei der Streunutzung Sonderlose nach Wirtschaftsplan und Viehbestand, und darüber hinaus der Versorgung der Rechtler mit dem ganzen („alles“) übrigen anfallenden Holz, insbesondere dem Nutz-, Brenn- und Stammholz, dienen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Das Verwaltungsgericht hat der negativen Feststellungsklage der Gemeinde mit Urteil vom 15. Januar 2014 stattgegeben und festgestellt, dass dem Beklagten kein Holznutzungsrecht als öffentlich-rechtliches Nutzungsrecht an dem Grundstück der Klägerin FlNr. 1159 der Gemarkung Pötzmes zusteht.

Dagegen wendet sich der Beklagte mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Klägerin entgegen getreten ist.

II.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2014 bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen - soweit sie überhaupt den Erfordernissen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt worden sind - nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00, NVwZ 2000, 1163/1164).

Der Einwand des Beklagten, die vom Verwaltungsgericht geforderte Bestätigung des Nutzungsrechts im Gemeinderat würde dem geltend gemachten Herkommensrecht einen Rechtstitel verleihen, trifft nicht zu. Voraussetzung für die Entstehung eines Nutzungsrechts, für das kein besonderer Rechtstitel vorhanden ist, ist nach Art. 80 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 GO, dass das Recht mindestens seit dem 18. Januar 1922 ununterbrochen kraft Rechtsüberzeugung ausgeübt wird. Dass hierfür die Rechtsüberzeugung allein der Rechtler nicht genügt, sondern auch die Gemeinde Träger dieser Rechtsüberzeugung sein muss, entspricht allgemeiner Auffassung (BayVGH, B. v. 13.1.1999 - 4 ZB 97.2940 - juris Rn. 8 m. w. N.; Bauer, Die öffentlichen Nutzungsrechte in Bayern, 1993, S. 139 ff.).

Weiter sind - entgegen der Auffassung der Beklagtenpartei - Holznutzungsrechte durch rechtsbegründetes Herkommen auch keine subjektiv-dinglichen Rechte, die als absolute Rechte gegen jedermann wirken. Hierzu hat der Senat mit Urteil vom 13. Juni 1973 (Nr. 146 IV 68 - BayVGH n. F. 26, 148/151; vgl. auch BayVGH, U. v. 5.10.1962 - Nr. 75 IV 57 - VGH n. F. 15, 106/109) ausgeführt, dass die Nutzungen zwar aus bestimmten belasteten Grundstücken zu gewähren sind. Es ist aber unumstritten, dass die Rechtler grundsätzlich nicht befugt sind, sich die Erträgnisse oder sonstige Bestandteile der mit dem Nutzungsrecht belasteten Grundstücke unmittelbar mit der Rechtsfolge des § 954 BGB anzueignen. Alle Erzeugnisse und Erträgnisse fallen vielmehr grundsätzlich zunächst in das Eigentum der Gemeinde und müssen von dieser den Rechtlern zugeteilt und übertragen werden. Es ist ferner Sache der Gemeinde, die belasteten Grundstücke zu verwalten und zu bewirtschaften, mag sie sich dabei auch im Einzelfall der Rechtler bedienen. Gemäß der kommunalrechtlichen Zuständigkeitsregelung des Art. 29 GO sind Entscheidungen über die Verwaltung des mit Nutzungsrechten belasteten Gemeindevermögens regelmäßig vom Gemeinderat zu treffen (Bauer, a. a. O., S. 142). Solche dem Wesen des öffentlichen Nutzungsrechts entsprechenden Gepflogenheiten sind im Streitfall indes nicht feststellbar. Insoweit genügt es nicht, dass - wie der Beklagte behauptet - vereinzelt der Bürgermeister von Bewirtschaftungsmaßnahmen der Rechtler auf dem Grundstücks FlNr. 1159 Kenntnis erlangt hat. Dass sich die Rechtler wie dinglich Berechtigte verhalten haben, die jedenfalls seit 1945 keine Nutzungen von der politischen Gemeinde zugeteilt erhalten haben, spricht deutlich gegen das Vorliegen öffentlicher Rechte einzelner auf Nutzungen am Gemeindevermögen.

Das Verwaltungsgericht hat schließlich auch nicht entschieden, dass sich die Rechtler der Ortschaft Rachertshofen bei der Eingemeindung von Pötzmes in die Klägerin im Jahr 1972 ihre Nutzungsrechte hätten vertraglich sichern sollen. Es hat vielmehr darauf abgestellt, dass eine Rechtsüberzeugung der Klägerin dahingehend, dass ein öffentliches Nutzungsrecht besteht, nicht festzustellen ist. Die Erwartung, dass sich Rechtler bei einer Eingemeindung aus eigenem Antrieb im Rahmen von Eingemeindungsverhandlungen oder im Anschluss an eine Eingemeindung bei der neugebildeten Gemeinde melden und ihre Ansprüche anmelden, entspricht allgemeiner Lebenserfahrung und erfordert keine juristische Kenntnisse. Das Verwaltungsgericht befindet sich insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (B. v. 13.1.1999 - 4 ZB 97.2940 - juris Rn. 8; U. v. 21.7.1993 - 4 B 92.1505). In dem von ihm zitierten Beschluss vom 13. Januar 1999 heißt es: „Beim Übergang eines mit Nutzungsrechten belasteten Gemeindegrundstücks von einer aufgelösten Gemeinde auf eine aufnehmende Gemeinde im Zuge der Gebietsreform ist es von Bedeutung, ob die Rechtsüberzeugung über das Bestehen des Nutzungsrechts sich bei den Organen der aufnehmenden Gemeinde bei oder alsbald nach dem Rechtsübergang bildet. Ist das nicht der Fall, so erlischt das Nutzungsrecht. Dies kann geschehen, wenn weder die Organe der aufgelösten Gemeinde noch die Rechtler selbst die Organe der aufnehmenden Gemeinde über die Rechtslage in Kenntnis setzen. Denn im Grundbuch für das mit Nutzungsrechten belastete Gemeindegrundstück sind die Rechte in der Regel nicht eingetragen. Werden auch keine das gemeindliche Grundstück betreffenden Akten von der alten an die neue Gemeinde übergeben, z. B. weil bei der alten Gemeinde keine Akten vorlagen, da sie die Bewirtschaftung des Grundstücks den Rechtlern allein überlassen hatte, so kann sich bei den Organen der aufnehmenden Gemeinde keine Rechtsüberzeugung bezüglich der Nutzungsrechte bilden.“ So liegt der Fall auch hier.

Wenn der Beklagte weiter rügt, das Verwaltungsgericht hätte seinen Blick nicht nur auf die Gemeindeordnung richten dürfen, sondern weitaus mehr Gesetze und Verordnungen berücksichtigen müssen, verfehlt er das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO. Etwaige waldrechtliche Pflichtverletzungen der Gemeinde sind für die Frage des Bestehens von öffentlichen Nutzungsrechten grundsätzlich unergiebig. Der Hinweis auf das Gesetz über die Forstrechte verkennt, dass Forstrechte im Sinne dieses Gesetzes dingliche Rechte aufgrund bürgerlichen Rechts sind (Art. 1 Abs. 1 FoRG). Ein Ausnahmefall (Art. 1 Abs. 3 FoRG) ist insoweit weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Da Streitigkeiten über den Umfang von Forstberechtigungen als bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten gemäß § 13 GVG vor die ordentlichen Gerichte gehören (vgl. BayVGH, B. v. 10.8.2012 - 4 C 12.886 - juris), bedarf es hierzu keiner Ausführungen des Senats. Etwaige Fragen hierzu sind im zwischen den Parteien anhängigen Zivilrechtsstreit vor dem OLG Nürnberg klärungsfähig.

2. Der Beklagte zeigt auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf, wenn er die Frage aufwirft, es sei nicht ersichtlich, auf welche Weise die Rechtler ihre Rechte aufrecht erhalten könnten, wenn sich die Gemeinde schlicht nicht mehr von den Rechten überzeugt gebe.

Zum einen kommt es auf diese Frage nicht entscheidungserheblich an, da es bereits an der Feststellung einer gemeinsamen Rechtsüberzeugung über das Bestehen öffentlicher Nutzungsrechte fehlt. Im Streitfall ist weder für die Zeit nach 1945 noch zu einem früheren Zeitpunkt das Bestehen öffentlicher Nutzungsrechte festgestellt. Vor diesem Hintergrund geht auch die Berufung des Beklagten auf die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 27. November 1961 ins Leere, mit der Nutzungsrechten am Gemeindevermögen verfassungsrechtlicher Eigentumsschutz zuerkannt worden ist (Vf. 32-VII-60 - VerfGHE 14, 104/109).

Zum anderen ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass allein eine neue rechtliche Bewertung durch die Gemeinde nicht ausreicht, um eine Änderung der Rechtslage herbeizuführen (BayVGH, U. v. 30.11.1994 - 4 B 94.1162 - VGH n. F. 48, 21/23). Ein Wandel der Rechtsüberzeugung muss die Ausübung der Nutzungsrechte selbst prägen und auch von den bisherigen Rechtlern zumindest hingenommen werden (Bauer, PdK Bayern, Art. 80 GO Erl. 3.2.2.2.5 m.N.), was hier nicht der Fall wäre.

3. Der Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO). Um einen auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt. Die Darlegung offensichtlicher Punkte ist entbehrlich (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72).

Diesen Anforderungen ist innerhalb der Frist für die Begründung des Zulassungsantrags nicht genügt worden. Dass noch zahlreiche öffentliche Gemeindenutzungsrechte in Bayern bestehen, hilft nicht darüber hinweg, dass der Beklagte keine klärungsbedürftige Frage aufgeworfen hat. Denn es ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass öffentliche Gemeindenutzungsrechte nicht dadurch erlöschen, dass von Seiten der Gemeinde eine rechtliche Neubewertung der Sachlage vorgenommen wird (BayVGH, U. v. 30.11.1994 - 4 B 94.1162 - VGH n. F. 48, 21/23). Ausführungen zum Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung können nach Ablauf der Begründungsfrist nur dann ergänzt werden, wenn der Zulassungsgrund in offener Frist bereits den Mindestanforderungen entsprechend dargelegt worden ist. Da dies nicht der Fall ist, bleiben die weiteren Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits schon deshalb außer Betracht (Happ, a. a. O., § 124a Rn. 53). Bei den mit Schriftsatz vom 5. Juni 2014 aufgeworfenen Fragen - ob sich die Rechtsüberzeugung der Gemeinde, in deren Gebiet ein mit einem behaupteten Herkommensrecht belastetes Grundstück eingemeindet wurde, auch aus anderen Umständen als einer aktiven Benachrichtigung durch die Rechtler ergeben kann, und ob sich die Gemeinde Kenntnisse von Leitungspersonen der Gemeindeverwaltung über vorgenommene Nutzungsmaßnahmen der Rechtler zurechnen lassen muss - handelt es sich um den Vortrag neuer, selbstständiger Zulassungsgründe.

4. Die erhobene Divergenzrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) genügt nicht dem Darlegungserfordernis (§ 124a Abs. 4 S. 4 VwGO). In Bezug auf das vom Beklagten angeführte Urteil vom 5. Oktober 1962 (VGH n. F. 15, 106/109) ist nicht dargelegt, welcher Rechts- oder Tatsachensatz darin enthalten sein soll und welcher bei der Anwendung derselben Rechtsvorschrift in dem angefochtenen Urteil aufgestellte Rechts- oder Tatsachensatz dazu in Widerspruch steht (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 73).

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof ist kein in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genanntes Divergenzgericht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht von der vom Beklagten herangezogenen, oben unter 2. genannten Entscheidung über eine Popularklage gegen Art. 68 Abs. 2 GO 1952 (VerfGHE 14, 104) abgewichen wäre, so dass eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung in Betracht gekommen wäre.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.