Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 05. Juli 2016 - W 1 K 16.30614
Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei den Klägern die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylG bezüglich Afghanistan vorliegen. Soweit die Ziffern 3. und 4. des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24. Juli 2012 dem entgegenstehen, werden sie aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Von den Kosten des Verfahrens haben die Kläger 3/4, die Beklagte 1/4 zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Der eigenen Angaben zufolge am … geborene Kläger zu 1) sowie die am … geborene Klägerin zu 2) sind afghanische Staatsangehörige. Sie gehörten der Volksgruppe der Multani an und seien ihrer Religionszugehörigkeit nach Hindus. Die Kläger hätten etwa Ende Juni 2011 ihr Heimatland zunächst nach Pakistan verlassen. Die Klägerin zu 2) sei Ende Juni 2011, der Kläger zu 1) Anfang September 2011 auf dem Luftweg nach Deutschland eingereist. Die Kläger stellten sodann am 14. September 2011 einen Asylantrag.
Im Rahmen der Erstbefragung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 14. September 2011 sowie der Anhörung beim Bundesamt am
Zu seinen Fluchtgründen gab der Kläger zu 1) an, dass seine Tochter namens I. ca. drei Monate vor der Ausreise von vermummten Personen - diese seien Taliban gewesen - entführt und ermordet worden sei. Auch sein Sohn namens M. sei im Jahr 1994 während des Krieges ums Leben gekommen. Sein Bruder namens R. sie vor ca. drei Jahren von den Mujaheddin in Ghazni getötet worden. Er selbst sei zusammengeschlagen und am Rücken operiert worden. Man habe ein Haus von ihm zwangsweise übernommen. Seine Ehefrau sei krank. Schließlich habe man versucht, seine zweite Tochter namens K. ebenfalls zwangsweise mitzunehmen. Gleich nach dem Tod seiner Tochter I. habe man einen Brief bei ihnen eingeworfen, wonach er seine Tochter K. freiwillig übergeben solle, weil man sie ansonsten ebenfalls zwangsweise mitnehmen werde. Der Tochter werde es dann ebenso ergehen wie der ersten. Der Drohbrief habe von dem gleichen Mann gestammt, der auch seine erste Tochter getötet habe. Es sei ein Taliban gewesen. Warum seine Tochter entführt und getötet worden sei, wisse er nicht genau. Es könne sein, dass es wegen seines hinduistischen Glaubens gewesen sei oder weil man Geld habe erpressen wollen. In Ghazni sei es öfters vorgekommen, dass man als Hindu beschimpft und bespuckt worden sei. Drei bis vier Tage nach Erhalt des Drohbriefs sei die Familie nach Kabul gegangen. Dort habe er als kleiner Händler begonnen und wieder als Fotograf gearbeitet. In Kabul habe man nichts mehr von dem Mann gehört, der seine Tochter ermordet habe und Drohungen hinsichtlich der Tochter K. ausgesprochen habe. In Kabul habe er aufgrund seiner hinduistischen Glaubenszugehörigkeit keine Probleme gehabt. Sie hätten tagsüber die Tempel besucht, auch wenn sie immer Angst gehabt hätten, dorthin zu gehen. Er habe aber seinen Glauben auch nicht so praktiziert. Allgemein hätten Hindus in Afghanistan immer Probleme mit den Behörden. So habe er z. B. Geld verliehen und es nicht zurück erhalten. Bei der Polizei habe man ihn deswegen aber nicht einmal angehört. Konkrete Probleme habe er mit den Behörden allerdings nicht gehabt. Seine Ehefrau habe Probleme mit dem Kopf und dem Kreislauf gehabt und sei in Kabul behandelt worden. Sie habe bis zu ihrer Ausreise auch Medikamente erhalten, die er habe selbst bezahlen können. Dafür, dass die Familie das Land schließlich verlassen habe, habe es keinen konkreten Anlass gegeben.
Die Klägerin zu 2) gab im Rahmen ihrer Erstbefragung beim Bundesamt am
Zu ihren Fluchtgründen gab die Klägerin zu 2) im Wesentlichen an, ihre Tochter namens S. sei vor ca. 1 ½ Jahren in Ghazni getötet worden. Zwei vermummte Personen, einer davon bewaffnet, seien nachts gewaltsam in ihr Haus eingedrungen und hätten ihre Tochter mitgenommen. Nach etwa einem Monat hätten diese Leute die Tochter tot vor die Türe gelegt. Sie hätten dann auch einen Brief erhalten, wonach auch die zweite Tochter mitgenommen werden sollte. Dieser Drohbrief habe auf der Leiche ihrer Tochter gelegen. Zwei bis drei Tage danach seien sie dann nach Kabul gegangen. Das letzte Jahr vor der Ausreise hätten sie dann in Kabul gelebt.
Auf den Vorhalt, dass ihr Ehemann, der Kläger zu 1), den Namen der getöteten Tochter mit „I.“ angegeben habe, erklärte die Klägerin zu 2), dieser könne den Namen nicht richtig aussprechen. Auf Vorhalt, dass ihre andere Tochter erklärt habe, ihre Schwester habe „S.“ geheißen, meinte die Klägerin zu 2), dies könne ihr Spitzname gewesen sein. Dass ihre Tochter weiter angegeben habe, dass ihre Schwester sich selbst in ihrem Zimmer erhängt habe, gab die Klägerin zu 2) an, dies stimme nicht. Sie habe tot vor der Haustüre gelegen. Auf erneute Nachfrage hierzu gab sie sodann an, sie habe die Tochter nicht vor der Haustüre liegen sehen. Auf weiteren Vorhalt, ob ihr der Name „M.“ etwas sage, erwiderte die Klägerin zu 2), sie kenne diesen Namen nicht. Nach dem Hinweis, dass der Kläger zu 1) angegeben habe, dass es sich hierbei um einen weiteren Sohn handele, der 1994 ermordet worden sei, gab die Klägerin zu 2) an, dass sie ihn kenne. Der Kläger zu 1) meine damit aber jemanden, den er als seinen Sohn angesehen habe. Tatsächlich sei es sein Bruder gewesen.
In Afghanistan seien sie als Hindus von den Moslems oft beschimpft, beleidigt und bespuckt worden. In Kabul sei sie ein- oder zwei Mal persönlich beleidigt und beschimpft worden. Weitere konkrete Maßnahmen gegen sie habe es nicht gegeben. Auch habe sie niemals Probleme mit den afghanischen Behörden gehabt. Zu ihrem hinduistischen Glauben gab die Klägerin an, sie wisse nichts Näheres darüber. Sie praktiziere den Glauben nicht besonders und sei insgesamt ein- oder zwei Mal mit ihrer Familie in einem Tempel in Kabul gewesen.
Zu ihrem Gesundheitszustand erklärte die Klägerin zu 2), dass sie seit etwa drei Jahren an Epilepsie leide. Sie habe sowohl in Ghazni als auch in Kabul Medikamente und Spritzen erhalten, die sie selbst hätten bezahlen können. Sie sei deswegen auch in Deutschland in Behandlung und erhalte Medikamente namens Phenytoin AWD 100 mg (Wirkstoff Phenytoin) und Phenobarbital neuraxpharm 100 mg (Wirkstoff Phenobarbital).
Mit Bescheid des Bundesamtes vom
II.
Mit Schriftsatz vom 3. August 2012, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg
1. Die Beklagte wird verpflichtet, die Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom
2. Es wird festgestellt, dass für die Kläger Abschiebeverbote nach § 60 AufenthG vorliegen.
Ferner wurde ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt.
Zur Klagebegründung wurde auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie des Bundesverwaltungsgerichts zur religiösen Verfolgung verwiesen, wonach es bereits ausreiche, wenn ein Flüchtling seine Religion nicht in der Öffentlichkeit ausüben könne. Zudem wurde auf die diversen Erkrankungen der Klägerin zu 2) hingewiesen. Diese müsse täglich 12 Tabletten einnehmen und vermutlich lebenslang ärztlich behandelt werden. Eine Behandlung der vorliegenden Erkrankungen sei in Afghanistan nicht möglich. Die medizinische Versorgung sei unzureichend, darüber hinaus müsse diese selbst finanziert werden. Hierzu sei die Klägerin zu 2) nicht in der Lage. Sofern eine Behandlung nicht stattfinde, sei dies für die Klägerin zu 2) lebensbedrohlich.
Ärztliche Atteste über die vorgetragenen Erkrankungen wurden mit Datum vom
Mit Beschluss vom 6. Juni 2016
Mit Beschluss vom 7. Juni 2016
Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan, Stand April 2016, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.
Hinsichtlich des Antrages auf Anerkennung der Kläger als Asylberechtigte nach Art. 16a Abs. 1 GG wurde die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen und das Verfahren insoweit abgetrennt und eingestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2016 Bezug genommen.
Gründe
Die Klage, über die trotz des Ausbleibens von Beteiligten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und teilweise begründet, soweit sie darauf gerichtet ist, bei den Klägern ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan festzustellen. Die Kläger haben einen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Soweit der Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2012 dem in seinen Ziffern 3. und 4. entgegensteht, ist dieser aufzuheben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO). Darüber hinaus ist der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2012 rechtmäßig. Die Kläger haben weder einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, oder die Zuerkennung des subsidiären Schutzes, § 4 Abs. 1 AsylG, noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Insoweit ist die Klage unbegründet und war daher abzuweisen. Maßgeblich für die Entscheidung über Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG).
A. I.
Die Kläger haben Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren i. S. des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe allgemein betreffen, so ist die Gewährung von Abschiebungsschutz einer politischen Leitentscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60a AufenthG vorbehalten. Beim Fehlen einer politischen Regelung i. S. des § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke in Betracht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zutreffend anerkannt, dass im Falle einer extremen allgemeinen Gefahrenlage, die den einzelnen Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde, unabhängig vom Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 a AufenthG Schutz vor Abschiebung gewährt werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 - BVerwGE 99, 324 ff., juris; U.v.
1.a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte ergibt sich aus den Erkenntnismitteln zu Afghanistan derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr aufgrund der allgemein schwierigen Verhältnisse in eine extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Arbeitseinkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren (ständige Rechtsprechung, z. B. BayVG,
b) Die Kläger im vorliegenden Verfahren können jedoch aufgrund ihrer persönlichen Umstände gerade nicht der o.g. Gruppe der alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen Rückkehrer nach Afghanistan zugerechnet werden. Eine extreme Gefahrenlage kann sich nämlich umgekehrt für besonders schutzbedürftige Rückkehrer wie Minderjährige, alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, alleinstehende Frauen mit und ohne Kinder, Familien mit Kleinkindern und Personen, die aufgrund besonderer persönlicher Merkmale zusätzlicher Diskriminierung unterliegen, ergeben (vgl. München,
Zur aktuellen Lage in Afghanistan stellt das Auswärtige Amt im Lagebericht vom
Die Schweizer Flüchtlingshilfe teilt in ihrem Update vom
Der UNHCR erklärt in seinen Richtlinien vom
c) Bei der Beurteilung, ob im Einzelfall eine extreme Gefahrenlage besteht, ist zudem zu beachten, dass Familienangehörige wegen des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG nur gemeinsam mit ihren Kindern und ihrem Ehepartner nach Afghanistan zurückkehren können (vgl. BVerfG, B.v. 5.6.2013 - 2 BVR 586/13 - juris). Daher sind bei der Beantwortung der Frage, ob das Existenzminimum im Heimatland gewährleistet sein wird, alle Familienmitglieder gemeinsam in den Blick zu nehmen (BVerwG, U.v. 8.9.1992 - 9 C 8.91 - juris; VG München, U.v. 21.4.2016 - M 15 K 16.30413 - juris Rn. 23; VG Gelsenkirchen, U.v. 20.8.2015 - 5 a K 4515/13 A - juris Rn. 42). Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen, wie bei Angehörigen, die als politisch Verfolgte Abschiebungsschutz genießen, könne eine andere Betrachtung geboten sei (BVerwG a. a. O.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor, so dass eine gemeinsame Rückkehr der beiden verheirateten Kläger im hiesigen Verfahren mit ihrer Tochter, der Klägerin im ebenfalls am 5. Juli 2016 entschiedenen Parallelverfahren W 1 K 16.30615, zugrunde zu legen ist.
d) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen würde sich die allgemeine Gefahrensituation in Afghanistan für die Kläger derart zu einer extremen Gefahr verdichten, dass eine Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung im vorliegenden Fall geboten ist.
Bezogen auf den Kläger zu 1) ergibt sich dies insbesondere bereits aus dem hohen Alter des Klägers, der mittlerweile 70 Jahre alt ist und damit die in Afghanistan derzeit bestehende Lebenserwartung von 50 Jahren (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2015) statistisch bereits signifikant überschritten hat. Aufgrund dieses Alters erscheint es dem Gericht ausgeschlossen, dass er in Afghanistan noch in der Lage wäre, den Lebensunterhalt für sich, geschweige denn - wie es in Afghanistan vielfach üblich ist - auch für seine Familie, mit der er nach dem oben Ausgeführten gemeinsam nach Afghanistan zurückkehren würde, zu erwirtschaften. Zwar hat der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass es ihm gesundheitlich gut gehe, er hat jedoch in glaubhafter Weise ebenfalls darauf verwiesen, dass er Probleme mit den Zähnen und seinem Rücken habe, an dem er in Afghanistan operiert worden sei. Er sieht sich selbst daher nicht mehr in der Lage dazu, aufgrund seines Alters in Afghanistan zu arbeiten. Dies deckt sich mit der Einschätzung des Gerichts aus der mündlichen Verhandlung, in dem der Kläger augenscheinlich einen schwachen und gebrechlichen Eindruck gemacht hat. In Afghanistan herrscht zudem wie ausgeführt sehr hohe Arbeitslosigkeit. Menschen, die, wie der Kläger zu 1) Analphabeten sind und keinen Beruf erlernt haben, haben bestenfalls die Möglichkeit, sich um Hilfsarbeiten zu bemühen, die regelmäßig mit harter körperlicher Arbeit verbunden sind (vgl. Sachverständigengutachten des Dr. D. an den Hess. VGH
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Rückkehrsituation wesentlich auch davon mitgeprägt wird, ob sich Rückkehrer auf familiäre oder sonstige verwandtschaftliche Strukturen verlassen können oder ob sie auf sich allein gestellt sind. Der Kläger hat insoweit vor dem Bundesamt angegeben, dass er in Kabul einen Cousin habe. Er hat dort jedoch auch mehrmals erwähnt, dass er schon lange keinen Kontakt mehr zu diesem Cousin gehabt habe und er darüber hinaus keinerlei Verwandtschaft in Afghanistan habe. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nunmehr nach diesem Cousin befragt angegeben, dass es einen solchen Cousin nicht gebe, es habe sich um einen Übersetzungsfehler vor dem Bundesamt gehandelt. Auch wenn dies dem Gericht nicht glaubhaft erscheint, so ist es dennoch davon überzeugt, dass der Kläger zu diesem einzigen Verwandten in seinem Heimatstaat - nicht zuletzt aufgrund des vergangenen langen Zeitraums seit der Ausreise der Kläger vor rund 5 Jahren - keine Verbindungen mehr hat und insoweit auch nicht auf dessen Hilfe hoffen könnte. Auch die Klägerin zu 2) hat im gesamten Verfahren glaubhaft angegeben, nicht über weitere Verwandtschaft in Afghanistan zu verfügen, was auch naheliegend erscheint, nachdem nur noch rund 3.000 Hindus überhaupt noch in Afghanistan leben.
Auch verfügt der Kläger zu 1) weder hier in Deutschland noch in Afghanistan über Vermögen. Er hat insofern auf Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar vorgetragen, dass er insbesondere seinen Grundbesitz in der Stadt Ghazni seinerzeit verkauft habe, um die Flucht der Familie zu finanzieren, was sich insoweit auch mit seinen Angaben vor dem Bundesamt deckt.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger der Religionsgruppe der Hindus zugehört, welche in Afghanistan von der muslimischen Mehrheitsbevölkerung als Außenseiter betrachtet werden und mit gesellschaftlicher Diskriminierung konfrontiert sind, was die wirtschaftliche Situation des Klägers über die ohnehin sehr schwierige allgemeine Lage hinaus noch weiter negativ beeinflussen würde. Als Zugehöriger einer kleinen Minderheit könnte der Kläger nämlich nicht auf ein Patronagenetzwerk zurückgreifen, welches in Afghanistan der Erkenntnismittellage entsprechend notwendig ist, um die Chance etwa auf einen Arbeitsplatz oder Wohnraum zu erhalten.
Im Rahmen einer Gesamtschau all dieser Aspekte würde der Kläger zu 1) bei einer Rückkehr nach Afghanistan alsbald in eine extreme Gefahrenlage geraten, in der sein Leben akut in Gefahr wäre.
Dasselbe gilt für die Klägerin zu 2). Auch sie ist bereits 61 Jahre alt, Angehörige der religiösen Minderheit der Hindus und leidet darüber hinaus an einer Vielzahl von Erkrankungen (cerebrales Anfallsleiden, chronische Bronchitis, Retropatellar-Arthrose beidseitig, Arthrose der rechten Hand, chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Helicobacter positive Gastritis (Oktober 2013), Hypertonie). Auch die Klägerin zu 2) machte in der mündlichen Verhandlung auf den erkennenden Einzelrichter einen sehr geschwächten Eindruck und hat sich beim Gehen auf einen Rollator stützen müssen. Aufgrund dieser sehr schlechten gesundheitlichen Situation sowie der aufgrund der geltenden Sozialnormen generell untergeordneten Stellung der Frau in der afghanischen Gesellschaft wäre es ihr vollkommen unmöglich, ihren eigenen Lebensunterhalt oder gar den der Familie zu erwirtschaften. Die Klägerin zu 2) verfügt darüber hinaus wie ihr Ehemann ebenfalls nicht über Schulbildung, ist Analphabetin und hat zeitlebens nur im Haushalt gearbeitet. Darüber hinaus ist bei der Klägerin zu 2) zu bedenken, dass sie - zumindest was ihr cerebrales Anfallsleiden betrifft - zur Vorbeugung gegen epileptische Anfälle auf eine Dauermedikation angewiesen ist, wie sie glaubhaft in der mündlichen Verhandlung angegeben hat und sich darüber hinaus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenverordnungsübersicht von Herrn Dr. P. vom 20. Juni 2016 ergibt. Die Klägerin zu 2) ist gegen diese Erkrankung in ihrem Heimatland zwar bereits vor ihrer Ausreise behandelt worden, jedoch sind die erforderlichen Medikamente nach dem klägerischen Vortrag wie auch den Ausführungen des Beklagten im angegriffenen Bundesamtsbescheid durch die Kläger selbst zu finanzieren (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10.1.2012). Diese für afghanische Verhältnisse keinesfalls vernachlässigbaren Kosten würden den Lebensunterhalt der Klägerin zu 2) und damit den der gesamten Familie über die gewöhnlichen Verhältnisse hinaus verteuern und stützen damit zusätzlich die Erkenntnis, dass sich für die Klägerin zu 2), aber auch den Kläger zu 1), alsbald nach ihrer Rückkehr nach Afghanistan eine extreme Gefahr für Leib und Leben ergeben würde.
Eine andere Einschätzung ergibt sich schließlich auch nicht mit Blick auf die Tochter der Kläger, die Klägerin im Parallelverfahren W 1 K 16.30615. Auch wenn diese - wie oben dargelegt - gemeinsam mit ihren Eltern nach Afghanistan zurückkehren würde, so wäre sie doch allein schon aufgrund der patriarchalischen Sozialnormen und der damit einhergehenden untergeordneten Stellung der Frau in Afghanistan nicht in der Lage, für ihren Unterhalt, geschweige denn den gesamten Familie, zu sorgen. In Afghanistan hat sie keine Schule besucht oder einen Beruf erlernt. Sie wäre - abgesehen von den obigen Ausführungen - keinesfalls in der Lage, in dem harten Verdrängungswettbewerb mit jungen Männern um die einfachen und körperlich anstrengenden Hilfsarbeiten zu konkurrieren. Darüber hinaus gehört auch die Tochter der in Afghanistan von Ausgrenzung betroffenen religiösen Minderheit der Hindus an.
Das Gericht ist davon überzeugt, dass die beschriebene extreme Gefahr die Kläger landesweit, insbesondere in der Hauptstadt Kabul und in ihrer Herkunftsregion, der Stadt Ghazni in der gleichnamigen Provinz, alsbald nach ihrer Rückkehr treffen würde.
2. Bei der Klägerin zu 2) ergibt sich darüber hinaus eine nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylG relevante individuelle Gefahr aus dem cerebralen Anfallsleiden (Epilepsie), an dem diese nach den von der Klägerseite vorgelegten medizinischen Attesten und Unterlagen leidet.
Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann sich aus gesundheitlichen Gründen ergeben - dies allerdings nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG, weil die Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat wegen des geringen Versorgungsstandards generell unzureichend oder nicht verfügbar sind (BVerwG, U.v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - NVwZ 2007, 12 ff.). Es ist dabei allerdings nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist, § 60 Abs. 7 S. 3 und 4 AufenthG. Eine krankheitsbedingte zielstaatsbezogene Gefahr i. S. des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann sich im Einzelfall aber daraus ergeben, dass der erkrankte Ausländer eine an sich im Zielstaat verfügbare medizinische Behandlung mit Blick auf die konkrete Situation des Betroffenen tatsächlich nicht erlangen kann, z. B. wenn eine notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (BVerwG, U.v. 29.10.2002 - 1 C 1/02 - DVBl. 2003, 463).
Das cerebrale Anfallsleiden (Epilepsie) der Klägerin zu 2), von dessen Vorhandensein das Gericht aufgrund der vorliegenden ärztlichen Atteste, insbesondere über die stationäre Behandlung im B. Krankenhaus in Hamburg vom 28. bis 30. Juni 2011 sowie ärztlicher Atteste des Dr. P., zuletzt vom 20. Juni 2016, überzeugt ist, stellt eine schwerwiegende Erkrankung i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG dar. So haben Menschen mit Epilepsien ein zwei- bis dreifach höheres relatives Sterblichkeitsrisiko gegenüber der nicht erkrankten Vergleichsbevölkerung. Auch besteht vor allem im Zusammenhang mit den charakteristischen Krampfanfällen ein hohes Verletzungsrisiko sowie das Risiko einer zunehmenden Schädigung des Gehirns (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Epilepsie). Das Gericht ist darüber hinaus der Überzeugung, dass sich die Erkrankung durch die Abschiebung nach Afghanistan wesentlich verschlechtern würde. Zwar ist - wie die Beklagte zu Recht eingewandt hat - eine Epilepsie in Afghanistan grundsätzlich behandelbar, was die Klägerin für ihre eigene Person auch vor dem Bundesamt bestätigt hat. Allerdings geht das Gericht davon aus, dass die erforderliche Medikation für die Klägerin nicht finanzierbar ist - auch nicht mit Unterstützung durch ihren Familienverband, in dem sie nach Afghanistan zurückkehren würde, s.o. Eine medikamentöse Therapie ohne zeitliche Begrenzung hat bereits das B. Krankenhaus in H. am 30. Juni 2011 empfohlen. Eine solche Dauermedikation ist bei Epilepsie von herausragender Bedeutung, um den gefahrenträchtigen epileptischen Anfällen möglichst vorzubeugen (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Epilepsie). Laut Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. Januar 2012 ist das staatliche Gesundheitssystem in Afghanistan nach der Verfassung zwar kostenfrei, die Patienten müssen jedoch de facto erforderliche Medikamente in aller Regel selbst beschaffen. Davon geht auch die Beklagte im angegriffenen Bescheid vom 24. Juli 2012 aus, aus dem sich unter Hinweis auf Erkenntnisse des Auswärtigen Amtes ergibt, dass die Kosten für Medikamente, niedergelassene Ärzte und die Durchführung eines EEG selbst finanziert werden müssten. Dies jedoch ist den Klägern nicht möglich. Wie oben ausführlich dargelegt, ist die Klägerin zu 2) bereits nicht - auch nicht gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter - in der Lage, ihren allgemeinen Lebensunterhalt in Afghanistan zu finanzieren. Verteuert sich dieser durch die zusätzlich erforderliche Beschaffung von Medikamenten und die Finanzierung von Arztbesuchen, so erscheint dies erst recht gänzlich ausgeschlossen, so dass der Klägerin zu 2) auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen ihrer Epilepsie zur Seite steht.
Die im ärztlichen Attest vom 20. Juni 2016 genannten anderweitigen Erkrankungen stellen zur Überzeugung des Gerichts keine schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen Erkrankungen dar. Es handelt sich hierbei um weit verbreitete „Volkskrankheiten“ und natürliche Alterungserscheinungen (chronische Bronchitis, Hypertonie, Helicobacter positive Gastritis, chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Retropatellararthrose, Arthrosen der rechten Hand), für deren wesentliche Verschlechterung im Heimatland weder etwas vorgetragen noch anderweitig ersichtlich ist.
II.
Wegen des nach alledem festzustellenden Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG steht § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG auch der unter Ziffer 4. des angegriffenen Bundesamtsbescheides verfügten Abschiebungsandrohung entgegen, so dass diese ebenso wie dessen Ziffer 3. - soweit sie der ausgesprochenen Verpflichtung entgegen steht - aufzuheben war.
B. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Kläger haben im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG oder auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
III.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, weil ihnen im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan keine landesweite asylrelevante Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 i. V. m. §§ 3a ff. AsylG droht.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG (BT-Drs. 16/5065 S. 213; vgl. auch § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Gemäß § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 24. Oktober 2015 geltenden Fassung (Art. 1, Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes v. 20.10.2015, BGBl I, S. 1722 ff.) in der Fassung der Änderungen durch Art. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 390 ff.) sowie Art. 2 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 394 ff.) anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG - wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG - die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
1. Dies zugrunde gelegt haben die Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG. Der Einzelrichter folgt gemäß § 77 Abs. 2 AsylG den Ausführungen der Beklagten im Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2012 und sieht von einer weiteren Darstellung ab, soweit darin eine Gruppenverfolgung der Hindus in Afghanistan abgelehnt wird.
Ergänzend ist auszuführen, dass diese Auffassung durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Urteil vom 19. September 2013 mit überzeugenden Ausführungen bestätigt wurde (VGH Baden-Württemberg, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 65 ff.). Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht für das vorliegende Verfahren an. Auch den vorliegenden aktuellsten Erkenntnismitteln lässt sich keine Situation entnehmen, die eine Änderung dieser Einschätzung rechtfertigen würde.
So wird im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6. November 2015 im hier relevanten Kontext dargelegt, dass die indische Botschaft in Kabul davon ausgehe, dass in Afghanistan wenige Tausend Hindus und Sikhs verblieben seien. Es gebe vier Hindutempel landesweit, zwei davon in Kabul sowie je einen in Jalalabad und Helmand. Staatliche Diskriminierung gebe es nicht, auch wenn der Weg in öffentliche Ämter für Hindus schon aufgrund fehlender Patronagenetzwerke schwierig sei. Hindus würden aber von großen Teilen der muslimischen Bevölkerung als Außenseiter wahrgenommen. Viele Muslime lehnten insbesondere Feuerbestattungen ab, die im Hinduismus das zentrale Begräbnisritual darstellten. Die afghanische Regierung habe darauf reagiert, indem sie den Hindus einen dafür gewidmeten Ort zur Verfügung gestellt habe. Auf dem Weg dorthin würden Trauergemeinden allerdings den Berichten zufolge belästigt und bedroht. Es gebe auch Berichte, wonach Hindus und Sikhs Opfer illegaler Enteignungen und Beschlagnahmung ihrer Grundstücke geworden seien. Seit 2014 hätten Hindus und Sikhs Anspruch auf einen gemeinsamen Sitz im Parlament, der derzeit durch eine Frau eingenommen werde.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe führt in ihrem Update vom 13. September 2015 aus, dass sich Hindus weiterhin mit Diskriminierungen konfrontiert sähen. Die afghanische Regierung sei bislang nicht gegen die stark eingeschränkte Teilhabe der Hindus an Politik, Geschäftsleben und unrechtmäßigen Enteignungen vorgegangen. Sie sei nicht willens oder fähig, die religiösen Minderheiten vor Übergriffen zu schützen. Bei Ausübung der religiösen Zeremonien, insbesondere bei Beisetzungen, komme es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen.
Der UNHCR schreibt in seinen aktuellen Richtlinien vom 19. April 2016, dass eine große Zahl von Hindus Afghanistan als Reaktion auf große Schwierigkeiten, denen sie sich ausgesetzt sähen, verlassen hätte. Die geringe Zahl der verbliebenen Hindus sei Berichten zufolge umso verletzlicher für Missbrauch. Obwohl es den Hindugemeinden erlaubt sei, ihre Religion öffentlich zu praktizieren, werde berichtet, dass sie sich fortgesetzter Diskriminierung durch den Staat gegenüber sähen, etwa im Bereich der politischen Partizipation und Stellenbesetzung innerhalb der Regierung. Ebenso werde berichtet, dass sich die Hindus gesellschaftlicher Diskriminierung und Einschüchterung ausgesetzt sähen. Die Hindugemeinden berichteten von Schwierigkeiten bei der Ausführung von Begräbnisritualen und fühlten sich ungeschützt durch staatliche Behörden, etwa im Falle von Landstreitigkeiten. Hindus seien Berichten zufolge Opfer von illegaler Landnahme geworden und würden es aus Angst vor Vergeltung unterlassen, zur Wiedererlangung der Grundstücke gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gebe eine kleine Zahl von Schulen für Hindus; Hindu-Kinder seien beim Besuch staatlicher Schulen in Kabul Belästigungen und Mobbing ausgesetzt.
Es zeigt sich nach alledem, dass Hindus allein aufgrund ihrer Volks- bzw. Religionszugehörigkeit oder ihres Erscheinungsbildes weder Tötungen noch schweren körperlichen Misshandlungen oder ähnlich schwerwiegenden Rechtsgutsverletzungen ausgesetzt sind. Insoweit hat sich die Situation seit der Herrschaftszeit der Taliban deutlich verbessert. Das, was den Hindus in Afghanistan widerfährt, ist Ausfluss der allgemeinen Situation in Afghanistan. Politische und administrative Ämter werden oft willkürlich vergeben, wobei informelle Beziehungsnetzwerke und der Proporz der Ethnien eine wesentliche Rolle spielen. Primäres Kriterium bei der Personalauswahl ist häufig die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe oder einem bestimmten Clan. Marginalisierte Gruppen wie etwa die Hindus haben aus diesem Grunde geringere oder nahezu keine Chancen, bei öffentlichen Positionen eingestellt zu werden. Korruption und die Zahlung von Schmiergeldern ist in Afghanistan an der Tagesordnung. Durch Einflussnahme und Zahlung von Bestechungsgeldern an Justiz und Verwaltung werden Entscheidungen nach rechtstaatlichen Grundsätzen in weiten Teilen verhindert. So ist etwa das Problem der illegalen Landnahmen und die mangelnde Durchsetzbarkeit von Rückgabeansprüchen kein spezifisches gegen Hindus gerichtetes Phänomen, sondern auch andere Bevölkerungsgruppen sind hiervon betroffen (vgl. VGH BW, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 89). Das Gericht schließt sich vor diesem Hintergrund abermals der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in der zitierten Entscheidung an, wonach konkrete Referenzfälle, die den Schluss erlauben würden, dass die Diskriminierung der Minderheit der Hindus oder auch sonstige Beeinträchtigungen und Repressalien gegen sie nicht nur auf den vorstehend beschriebenen Missständen beruhen, sondern Bestandteile eines Vorgehens gezielt gegen diese Minderheiten wären, den vorliegenden - auch aktuellsten -Erkenntnisquellen nicht zu entnehmen sind.
2. Auch eine individuelle Verfolgung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als Hindus, § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG, die eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach sich zöge, können die Kläger nicht geltend machen.
Eine Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG aus Gründen der Religion kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH v. 5.9.2012 - C - 71/11 und C - 99/11
Die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung i. S.v. § 3a Abs. 1 AsylG zu erfüllen, hängt von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 28 ff.).
Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter, wie z. B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere - aber nicht nur - dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei Strafrechtsverboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, weil ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, keine erhebliche Verfolgungsgefahr begründet (BVerwG a. a. O., Rn. 28 m. w. N.). Ein hinreichend schwerer Eingriff setzt dabei nicht voraus, dass der Ausländer seinen Glauben nach der Rückkehr in sein Heimatland tatsächlich in einer Weise ausübt, die ihn der Gefahr einer Verfolgung aussetzt. Auch der unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung kann die Qualität einer Verfolgung erreichen (BVerwG, a. a. O. Rn. 26).
Als relevanter subjektiver Gesichtspunkt ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrenträchtigen religiösen Praxis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 29; VGH BW a. a. O. Rn. 48; OVG NRW a. a. O. Rn. 35). Denn der Schutzbereich der Religionsfreiheit erfasst sowohl die von der Glaubenslehre vorgeschriebenen Verhaltensweisen als auch diejenigen, die der einzelne Gläubige für sich selbst als unverzichtbar empfindet. Dabei kommt es auf die Bedeutung der religiösen Praxis für die Wahrung der religiösen Identität des einzelnen Ausländers an, auch wenn die Befolgung einer solchen religiösen Praxis nicht von zentraler Bedeutung für die betreffende Glaubensgemeinschaft ist (BVerwG
a) Die vom Kläger zu 1) vorgetragenen Verfolgungsmaßnahmen aus religiösen Gründen weisen bereits objektiv nicht die erforderliche Schwere auf, so dass sie nicht als Verfolgungshandlungen i. S. d. § 3a Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 AsylG zu qualifizieren sind.
Der Kläger zu 1) hat insoweit vor dem Bundesamt vorgetragen, dass es - als er noch in Ghazni gelebt habe - öfters vorgekommen sei, dass er als Hindu beschimpft und bespuckt worden sei. Als er einmal Geld verliehen und es nicht zurück erhalten habe, sei er zur Polizei gegangen, die ihn aber nicht einmal angehört habe. Dies bringt er mit seiner Glaubenszugehörigkeit in Verbindung. Auch hätten sie immer Angst gehabt, wenn sie tagsüber die Tempel in Kabul besucht hätten. Dieser Teil seiner Schilderungen kann nach Auffassung des Gerichts als wahr unterstellt werden. Er deckt sich insbesondere auch mit der bereits oben dargestellten Erkenntnismittellage zur Situation der Hindus in Afghanistan. Diese erlittenen Handlungen sind jedoch nicht so gravierend, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, darstellen, § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Nach Art. 15 Abs. 2 EMRK sind Abweichungen von dem Recht auf Leben, dem Verbot der Folter, dem Verbot der Sklaverei und Leibeigenschaft sowie dem Grundsatz, dass keine Strafe ohne Gesetz erfolgen darf, nicht zulässig. Diese Rechtsgüter wurden durch die genannten Handlungen in keiner Weise tangiert. Auch darüber hinaus ist eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte weder durch die Art noch durch die Wiederholung der in Rede stehenden Handlungen ersichtlich, auch nicht in Form einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen i. S.v. § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Das Beschimpfen und Bespucken sowie das Versagen von Rechtshilfe durch die Polizei im Falle einer Darlehensrückforderung weisen als Angriffe insbesondere auf die Ehre des Klägers zu 1) ihrer Art nach keine derartige Schwere auf, dass sie einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung gleichkämen. Dasselbe gilt - abgesehen von der fehlenden Unterstützung durch die Polizei, bei der es sich offensichtlich ohnehin um einen Einzelfall handelte - aber auch mit Blick auf die Wiederholung und Kumulierung derartiger Handlungen gegenüber dem Kläger, der insoweit angegeben hat, dass das Beschimpfen und Bespucken „öfters“ geschehen sei. Eine flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlung vermag dies gleichwohl nicht zu begründen, da eine unzumutbare Einschränkung der persönlichen Existenz hierin noch nicht zu erblicken ist. So konnte der Kläger etwa - wie zur Überzeugung des Gerichts feststeht, s.u. - in Kabul bis zur Ausreise einer Arbeit nachgehen und seine Familie ernähren. Ebenso konnte er den Hindutempel aufsuchen, auch wenn dies mit Ängsten verbunden gewesen sein mag.
Soweit der Kläger zu 1) darüber hinaus weiterreichende Verfolgungshandlungen aufgrund seiner Religionszugehörigkeit als Hindu vorgetragen hat, so können ihm diese nicht geglaubt werden. Der Kläger zu 1) hat nämlich bei seiner informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung, insbesondere aber auch schriftsätzlich (eingereicht als Anlage zum Schriftsatz seines Klägerbevollmächtigten vom 24. Juni 2016), erhebliche Steigerungen seines diesbezüglichen Vortrages vorgenommen, welche zur Überzeugung des Gerichts erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Angaben hervorrufen (vgl. auch § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Der Kläger hat vielmehr alle wesentlichen Umstände seiner Verfolgung bzw. der Furcht vor Verfolgung bereits in der Anhörung vor dem Bundesamt vorzutragen (§ 25 Abs. 1 AsylG). So hat der Kläger zu 1) in seinem schriftsätzlichen Vortrag erst kurz vor der mündlichen Verhandlung und fast 5 Jahre nach seiner Einreise nach Deutschland erstmals erwähnt, dass er während seiner Aufenthaltszeit in Kabul mehrmals geschlagen worden sei. Es habe auch Tage gegeben, an denen die Muslime ihn auf offener Straße mit dem Messer bedroht hätten, damit er zum Islam konvertiere. Es sei die Drohung ausgesprochen worden, dass er und seine Familie getötet würden, falls sie nicht konvertierten. Damit hat der Kläger für die Einschätzung seiner Bedrohungssituation wesentliche Punkte seines Schutzbegehrens erst sehr spät im gerichtlichen Verfahren vorgebracht und damit sein bisheriges Vorbringen wesentlich gesteigert. Dies alles führt zur Überzeugung des Gerichts dazu, dass sein Vortrag in diesen Teilen nicht glaubhaft ist, zumal der Kläger auch auf Vorhalt durch den Einzelrichter in der mündlichen Verhandlung diese Steigerungen nicht nachvollziehbar erklären konnte. Der Hinweis des Klägers zu 1) darauf, dass er vor dem Bundesamt nur das vorgetragen habe, was er auch gefragt worden sei, und die Fragen nicht sehr ausführlich gewesen seien, geht nach Auffassung des Gerichts fehl, da der Kläger auf die ausdrückliche Frage des Anhörenden vor dem Bundesamt, ob er in Kabul aufgrund seiner hinduistischen Glaubenszugehörigkeit irgendwelche Probleme gehabt habe, klar mit „Nein“ geantwortet hat. Zum Ende der Anhörung hat er zudem bestätigt, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe.
Zudem stehen weitere Teile seines Vortrags zu einer angeblichen religiösen Verfolgung auch in Widerspruch zum insoweit getätigten früheren Vortrag. So hat der Kläger zu 1) schriftsätzlich unter dem 24. Juni 2016 vorgetragen, dass sich die Familie aus Angst nicht getraut habe, in den Tempel zu gehen. Sie hätten nicht einmal beten und ihre Feste feiern können. Darüber hinaus habe er in Kabul nicht arbeiten können, weil sonst seine Familie alleine gewesen sei. Ohne Arbeit habe er aber seine Familie nicht versorgen können. Vor dem Bundesamt hat der Kläger im Widerspruch hierzu auf Nachfrage eindeutig erklärt, dass er bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan gearbeitet habe. Er berichtete ebenso darüber, dass sie die Tempel tagsüber besucht hätten, auch wenn sie dabei Angst gehabt hätten. In der mündlichen Verhandlung wiederum gibt der Kläger zu 1) auf Befragen des Gerichts an, dass er in Kabul seine Familie finanziell über Wasser gehalten habe, indem er in verschiedenen Geschäften gearbeitet habe. Auch seine Tochter, die Klägerin im Verfahren W 1 K 16.30615, hat auf Befragen des Gerichts angegeben, dass ihr Vater stets gearbeitet habe, um die Familie zu ernähren.
Abschließend kann dem Kläger auch nicht geglaubt werden, wenn er behauptet, dass eine muslimische Familie versucht habe, seine Tochter bzw. beide Töchter mit deren Sohn zwangsweise zu verheiraten. Dies ist schon aus dem Grunde unglaubhaft, weil die muslimische Mehrheitsbevölkerung die Hindus als Ungläubige betrachtet und diese diskriminiert, so dass es schlicht abwegig erscheint, dass ausgerechnet eine Zwangsverheiratung mit der Tochter einer Hindufamilie in Betracht gezogen wird. Auf einen entsprechenden Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung konnte der Kläger zu 1) keine sinnvolle Erklärung hierzu abgeben. Er flüchtete sich vielmehr in Allgemeinplätze, indem er erklärte, die Hindus seien als Minderheit stets unterdrückt und von anderen Bevölkerungsgruppen ausgenutzt worden. Eine Zwangsverheiratung seiner Töchter aus religiösen Gründen kann dem Kläger nicht abgenommen werden.
Das Gericht ist nach alledem zusammenfassend der Überzeugung, dass der gesamte Vortrag des Klägers zu 1) zu auf seiner Religion beruhenden Verfolgungshandlungen, soweit sie über die - als glaubhaft eingestuften - Angaben vor dem Bundesamt hinausgehen, aufgrund nicht erklärbarer Steigerungen sowie zahlreicher Widersprüche und Ungereimtheiten unglaubhaft ist. Bezeichnenderweise erklärt der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung auf die Frage seines Bevollmächtigten, welche Verfolgungsmaßnahmen er konkret in Kabul erlitten habe auch nur, sie seien immer wieder gefragt worden, woher sie kämen und was sie denn hier machten. Darüber hinaus seien sie nach Geld und Essen gefragt und allgemein ausgenutzt worden, was - am Rande bemerkt - wiederum jedenfalls in keiner Weise den erforderlichen Schweregrad einer Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 1 Nrn. 1 oder 2 Asyl erreicht.
b) Auch die Klägerin zu 2) hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG aus begründeter Furcht vor Verfolgung aus religiösen Gründen.
Im Hinblick hierauf hat die Klägerin zu 2) vor dem Bundesamt vorgetragen, dass sie in Kabul auf der Straße beschimpft, beleidigt und bespuckt worden sei, weil sie Hindu sei. Dies sei ihr ein- oder zweimal selbst passiert. In der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin auf Frage des Gerichts zu einer religiösen Verfolgung in Afghanistan, sie hätten immer Angst gehabt aus der Wohnung zu gehen. Sie seien dann immer gefragt worden, was sie hier überhaupt machten. Diesen Vortrag nimmt das Gericht der Klägerin als wahr und tatsächlich erlebt ab, zumal sich dieser auch mit der oben dargestellten Erkenntnismittellage deckt und mit den Schilderungen ihres Ehemannes vor dem Bundesamt im Kern übereinstimmt. Wie allerdings bereits beim Kläger zu 1) ausgeführt erreicht das Erlittene nicht die Qualität, die § 3a Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AsylG für relevante Verfolgungshandlungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft fordern. Insofern wird auf die Ausführungen den Kläger zu 1) betreffend verwiesen.
Soweit die Klägerin zu Beginn ihrer informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, alles was ihr Ehemann gesagt habe, sei richtig gewesen und sie damit auf den erweiterten Vortrag ihres Ehemannes zur religiösen Verfolgung in der mündlichen Verhandlung sowie in der mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 24. Juni 2016 vorgelegten schriftlichen Stellungnahme abhebt, so sind diese Weiterungen als nicht nachvollziehbarer gesteigerter, mit Widersprüchen behafteter und letztlich nicht glaubhafter Vortrag einzustufen. Das Gericht nimmt auch insoweit auf die Ausführungen den Kläger zu 1) betreffend Bezug.
Sind die Kläger nach alledem hinsichtlich ihrer Religionszugehörigkeit unverfolgt aus Afghanistan ausgereist, so lässt sich darüber hinaus der aktuellen Erkenntnismittellage ebenfalls nicht entnehmen, dass den Klägern bei ihrer jetzigen Rückkehr nach Afghanistan Maßnahmen von staatlicher bzw. nicht staatlicher Seite drohen, die über das seinerzeit Erlebte hinausgehen würden. Auf die obigen Ausführungen zur Situation der Hindus in Afghanistan wird diesbezüglich verwiesen.
3. Darüber hinaus ergibt sich für die Kläger auch keine begründete Furcht vor Verfolgung aus ihrem weiteren Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung einer angeblichen weiteren Tochter sowie der drohenden Entführung und Ermordung ihrer Tochter K., der Klägerin im Verfahren W 1 K 16.30615, bzw. sogar der gesamten Familie.
Bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt haben die Kläger dieses Verfolgungsschicksal bereits nicht mit Verfolgungsgründen i. S. d. § 3b AsylG in Verbindung gebracht, so dass bereits aus diesem Grunde die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausscheiden würde. Soweit die Kläger jedoch nunmehr diese Handlungen damit in Verbindung bringen wollen, dass sie Hindus sind und damit eine Hinwendung zum islamischen Glauben erzwungen werden sollte bzw. nach anderweitigem Vortrag die Verheiratung der Töchter erzwungen werden sollte, so ist dieser gesamte vorgetragene Komplex mit einer solchen Vielzahl nicht erklärbarer Widersprüche behaftet, dass er den Klägern insgesamt nicht geglaubt werden kann.
Zunächst divergieren bereits die Namen der angeblich getöteten weiteren Tochter der Kläger. Während der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt angegeben hat, seine Tochter habe I. geheißen, wurde der Name von seiner Ehefrau und Klägerin zu 2) vor dem Bundesamt mit S. angegeben, während wiederum die Tochter K., die Klägerin im Verfahren W 1 K 16.30615, den Namen S. gebrauchte. Auf entsprechenden Vorhalt vor dem Bundesamt erklärte die Klägerin zu 2) bezüglich dieser Differenzen, ihr Ehemann könne den Namen der Tochter nicht richtig aussprechen und bei dem von der Tochter gebrauchten Namen könne es sich um einen Spitznamen handeln. Bereits dies erscheint abwegig, nachdem die Bezeichnungen S. und I. keinerlei phonetische Gemeinsamkeiten aufweisen. Falls es sich bei dem Namen S. um einen Spitznamen gehandelt haben sollte, so ist nicht erklärlich, warum die Mutter diese Tatsache über ihre Tochter nicht sicher gewusst haben sollte. Im schriftsätzlichen Vortrag des Klägers zu 1) vom 24. Juni 2016 bezeichnet der Kläger zu 1) seine Tochter nunmehr als S., während er sie auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung als Se. bezeichnet. Auf Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung zu diesen Diskrepanzen erläutert der Kläger zu 1), es habe sich vor dem Bundesamt um eine falsche Übersetzung gehandelt. Dies erscheint nicht nachvollziehbar, nachdem der Kläger zu 1) diesen Namen dort mindestens zweimal selbst erwähnt hat und auch der Anhörende in seinen Nachfragen den Namen I. gebraucht hat, so dass der Kläger diesen sicherlich korrigiert hätte, wenn es sich tatsächlich um einen Übersetzungsfehler gehandelt hätte. Zudem hat er zum Ende der Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. In Abweichung ihren Angaben vor dem Bundesamt erklärt die Tochter der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts, dass ihre getötete Schwester Se. geheißen habe. Auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts gab die Tochter an, der Übersetzer vor dem Bundesamt habe den genannten Namen (S.) wohl falsch gehört, es liege ein Übersetzungsfehler vor. Auch dies ist aufgrund fehlender phonetischer Gemeinsamkeiten zwischen den Namen Se. und S. sowie ihrer Aussage am Ende der Befragung, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe, nicht glaubhaft. All dies legt einzig und allein den Schluss nahe, dass es sich hierbei nicht um tatsächlich Erlebtes handelt. An derartiges Basiswissen wie den Namen eines Familienmitgliedes müssten sich alle Familienmitglieder gleichermaßen zwingend erinnern können.
Darüber hinaus divergieren sodann auch die Beschreibungen zum Ablauf der Entführung und Tötung der Tochter. Unklarheiten bestehen schon dahingehend, wann sich dieser Vorfall zugetragen haben soll. So erwähnte der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt zunächst, dass diese Tochter drei Monate vor der Ausreise aus Afghanistan ums Leben gekommen sei. An anderer Stelle gibt er jedoch an, dass die Familie nach diesem Vorfall nach Kabul geflüchtet sei und dort noch ein Jahr bis zur endgültigen Ausreise aus Afghanistan gelebt habe. Letztere wiederum soll laut Vortrag vor dem Bundesamt Ende Juni 2011/Anfang Juli 2011 stattgefunden habe, was nach Einschätzung des Gerichts der Wahrheit entsprechen dürfte, da sich bei den Behördenakten ein Schreiben des B.-Krankenhauses in Hamburg befindet, in dem die Klägerin am 28. Juni 2011 nach einem epileptischen Anfall vorstellig geworden ist. Darin wird erwähnt, dass die Klägerin kurz zuvor aus Afghanistan kommend nach Deutschland eingereist sei. In der mündlichen Verhandlung wiederum nimmt der Kläger zu 1) als Zeitpunkt für den Vorfall der Entführung und Ermordung der Tochter etwa den November 2009 an, jedenfalls sei es im Winter gewesen. Die Tochter K. wiederum gab bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt an, dass sie, nachdem sie nach Kabul geflüchtet seien, dort noch eineinhalb Jahre bis zur Ausreise gelebt hätten. In der mündlichen Verhandlung gab die Tochter zu Protokoll, sie könne den Vorfall zeitlich nicht genau einordnen. Es sei jedoch in der kalten Jahreszeit gewesen. Sie hätten in Kabul danach noch etwa ein Jahr gelebt. Die Klägerin zu 2) im vorliegenden Verfahren kann sich ebenfalls nicht erinnern, wann sich der Vorfall genau zugetragen hat. Sie meint, dass es etwa sechs Jahre her sein müsse. Das Gericht ist der Überzeugung, dass ein derartig einschneidendes Ereignis, sollte es sich tatsächlich zugetragen haben, von den Familienmitgliedern genauer zeitlich eingeordnet werden müsste - auch unter Berücksichtigung des Bildungsstandes der Kläger. Dass dem nicht so ist, lässt für das Gericht nur den Schluss zu, dass dieses tatsächlich nicht stattgefunden hat. Dafür sprechen auch weitere Ungereimtheiten.
Zum Ablauf der Entführung hat der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt angegeben, die Tochter sei von vermummten Personen entführt und getötet worden. Später sprach er dann von einem Mann, der zu ihnen ins Haus gekommen sei und die Tochter zwangsweise mitgenommen habe. Die Klägerin zu 2) erwähnte vor dem Bundesamt zwei vermummte Personen, die nachts gewaltsam in ihr Haus gekommen seien und die Tochter mitgenommen hätten. Einer davon sei bewaffnet gewesen und habe sie gestoßen. Ob ihre Tochter K. die Entführung gesehen habe, wisse sie nicht. Diese habe sich versteckt. Die Tochter K. schließlich gab vor dem Bundesamt an, sie wisse nicht, wie und wo ihre Schwester entführt worden sei. Der Entführer habe jedenfalls einen Brief zurückgelassen, aus dem ersichtlich gewesen sei, dass er sie mitgenommen habe. Im Schreiben vom 24. Juni 2016 erklärte der Kläger zu 1) demgegenüber, dass zunächst zwei Männer an der Haustüre gewesen seien, die etwas zu essen hätten haben wollen und die er dann in das Haus gelassen habe. Nach dem Essen habe der ältere der beiden Männer gewollt, dass dessen mit anwesender Sohn seine Tochter S. heiratet. Da die Familie damit nicht einverstanden gewesen sei, seien sie mit einer Pistole bedroht worden. Einer der Männer habe dann mittels Handy zwei weitere Männer verständigt, die ihn dann auf sein Gesicht geschlagen hätten, so dass er geblutet und Zähne verloren habe. Seine Frau habe dabei einen epileptischen Anfall erlitten. Er und seine Tochter K. seien dann gefesselt worden und daraufhin hätten die Männer die Tochter S. mitgenommen. In der mündlichen Verhandlung wiederum berichtet der Kläger zu 1) nur mehr von zwei Personen, die bei der Entführung anwesend gewesen seien. Dies bestätigt auch die Tochter in der mündlichen Verhandlung, so dass sich eine nicht erklärbare Diskrepanz hinsichtlich der Zahl der Entführer ergibt. Auch besteht eine solche hinsichtlich der Frage, ob die Kläger die Entführer ins Haus gelassen haben oder ob diese gewaltsam eingedrungen sind, wie die Klägerin zu 2) vor dem Bundesamt behauptet hat. Auch besteht ein Widerspruch dahingehend, ob die Tochter K. bei der Entführung zugegen war. Während ihre Mutter und sie selbst in der mündlichen Verhandlung angaben, sie sei im Haus gewesen, habe sich aber in einem anderen Zimmer versteckt, konnte sie vor dem Bundesamt auf Befragen nicht angeben, wo und wie sich die Entführung abgespielt habe, obwohl sie diese gleichwohl mit eigenen Augen aus ihren Versteck mit angesehen haben will, wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärt hat. Demgegenüber trägt der Vater in seinem Schreiben vom 24. Juni 2016 vor, dass er und seine Tochter K. von den Entführern gefesselt worden seien, was wiederum zwingend für deren direkte Anwesenheit bei dem Geschehen spricht und mit dem Vortrag der Tochter und der Mutter nicht in Einklang zu bringen ist.
Unüberwindbare Widersprüche ergeben sich auch zu der Frage, wann die angeblichen Entführer die Leiche der Tochter zurückgebracht haben und wie diese tatsächlich zu Tode gekommen ist. Während sämtliche Familienmitglieder in der mündlichen Verhandlung angegeben haben, dass die tote Tochter nach einer Woche bzw. acht Tagen zurückgebracht worden sei, hat die Klägerin zu 2) diesen Zeitraum vor dem Bundesamt mit einem Monat angegeben. Die Tochter K. hat darüber hinaus vor dem Bundesamt erläutert, dass ihre Schwester Selbstmord begangen habe. Sie sei nach einer Woche zurückgekommen und habe sich noch in der gleichen Nacht in ihrem Zimmer erhängt. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass dies von den Angaben ihres Vaters abweiche, erklärte sie zunächst, ihr Vater habe das Richtige gesagt, während sie sodann, auf erneuten Vorhalt, angab, sie wisse, dass die Schwester Selbstmord begangen habe. Auf diese erhebliche Diskrepanz in der mündlichen Verhandlung angesprochen, erklärte die Klägerin, dass es sich vor dem Bundesamt um einen Übersetzungsfehler gehandelt haben müsse. Sie habe das mit dem Selbstmord so nicht gesagt. Dies wiederum erscheint aufgrund der völligen Andersartigkeit der Sachverhalte ausgeschlossen und beweist zur Überzeugung des Gerichts ein weiteres Mal, dass die Kläger hier nicht über tatsächlich Erlebtes berichten.
Unauflösbare Widersprüche ergeben sich auch zur Frage, wie lange die Familie nach der Ermordung der Tochter bzw. Schwester noch in Ghazni verblieben ist. Der Kläger zu 1) sprach vor dem Bundesamt zunächst von drei bis vier Tagen, im Schriftsatz vom 24. Juni 2016 erklärte er, dass sie gleich am nächsten Tag nach Kabul gegangen seien, während er wiederum in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts angab, dass sie eine Woche nach der Ermordung der Tochter nach Kabul geflohen seien. Die Klägerin zu 2) sprach vor dem Bundesamt von einem Zeitraum von zwei bis drei Tagen, in der mündlichen Verhandlung jedoch von acht Tagen. Die Tochter K. erklärte vor dem Bundesamt, dass sie nach dem Tod der Schwester noch etwa 15 bis 20 Tage in der Stadt Ghazni gewesen seien.
Schließlich differieren auch die Aussagen zu dem angeblichen Drohbrief betreffend die Tochter K. und zu den Motiven der Täter für die Entführung und Ermordung der Töchter bzw. der gesamten Familie in nicht nachvollziehbarer Weise. Der Kläger zu 1) hat vor dem Bundesamt vorgetragen, gleich nach dem Tod seiner Tochter I. sei ein Brief bei ihnen eingeworfen worden, wonach er seine Tochter K. freiwillig übergeben sollte, weil auch sie ansonsten zwangsweise mitgenommen würde. Auf die Frage, warum die Täter die Töchter entführen und töten wollten, gab der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt an, es könne sein, dass es wegen seines hinduistischen Glaubens gewesen sei oder weil sie vielleicht Geld von ihm erpressen wollten. Er wisse es aber nicht genau. In dem Schreiben vom 24. Juni 2016 gab der Kläger zu 1) erstmals an, dass die Entführung der Tochter S. den Zweck gehabt habe, diese zwangsweise zu verheiraten. Dies sei dann auch Gegenstand des Drohbriefes gewesen hinsichtlich seiner Tochter K. Er solle diese in die Familie der Entführer verheiraten, ansonsten würden sie sie auch mitnehmen und töten. In der mündlichen Verhandlung schließlich gab der Kläger im Rahmen seiner informatorischen Befragung an, dass man ihm nach den Tod der Tochter gesagt habe, er solle Muslim werden, dann werde man seine andere Tochter auch mitnehmen, um sie zu verheiraten, ansonsten werde er getötet werden. Zunächst stellt es ein unerklärliches gesteigertes Vorbringen dar, wenn der Kläger nunmehr am 24. Juni 2016 erstmals eine angebliche Motivation für die Entführung in Form einer Zwangsverheiratung angibt. Dies ist aus den bereits oben dargelegten Gründen nicht glaubhaft, da es abwegig erscheint, dass gläubige Muslime ihren Sohn mit einer in ihren Augen ungläubigen Hinduistin verheiraten wollen. Wenn dem aber so wäre, so erklärt es sich nicht, warum sie die entführte Tochter dann nicht tatsächlich ihrem Sohn zur Frau geben, sondern sie ermorden. Ebenfalls eine nicht nachvollziehbare Steigerung enthält der Vortrag in der mündlichen Verhandlung, in dem der Kläger zu 1) nunmehr erläutert, dass er zusätzlich gezwungen werden sollte, zum Islam zu konvertieren, andernfalls seine Tochter K. zum Zwecke der Zwangsverheiratung mitgenommen würde und er selbst getötet würde. Der Zwang zu konvertieren und die Gefahr für seine eigene Person sollen offensichtlich seinem Vortrag nachträglich mehr Nachdruck verleihen und können dem Kläger zu 1) als allein prozesstaktisch einzustufende Steigerung nicht geglaubt werden. Die Klägerin zu 2) hat vor dem Bundesamt diesbezüglich angegeben, sie hätten nach der Ermordung der einen Tochter einen Brief erhalten, worin gestanden habe, dass auch ihre zweite Tochter K. mitgenommen werden solle. Dieser Drohbrief habe auf der Leiche der Tochter gelegen. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt räumte sie sodann jedoch ein, dass sie die Leiche nicht selbst vor der Haustüre habe liegen sehen. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin zum Inhalt des Briefes, dass sich aus diesem ergeben habe, dass auch sie Gefahr liefen, getötet zu werden. Dies lässt sich wiederum nicht mit dem Vortrag vor dem Bundesamt in Einklang bringen, wo nur eine Gefahr für die Tochter K. geschildert wird. Auch insoweit besteht bei der Klägerin zu 2) ein gesteigerter Sachvortrag, der ihr nicht abgenommen werden kann. Von einer etwaigen Zwangsverheiratung hat die Klägerin zu 2) in der mündlichen Verhandlung gar nichts erwähnt. Ihre Angaben sind widersprüchlich und können ihr nicht geglaubt werden. Schließlich erklärt die Tochter K. vor dem Bundesamt zu diesem Teilkomplex, sie hätten einen Drohbrief erhalten, wonach auch sie selbst mitgenommen werden sollte. Sie erklärte im Gegensatz zu ihren Eltern, dass es zwei Briefe gegeben habe, einen nach der Entführung der Schwester und einen weiteren nach dem Tod ihrer Schwester. Letzteren Brief hätten sie ca. drei Tage nach dem Tod der Schwester erhalten, was sich nicht mit den Aussagen der Eltern deckt, die davon gesprochen haben, dass der Brief sie gleich nach dem Tod der Tochter erreicht habe. In der mündlichen Verhandlung wiederum setzt sich die Klägerin zu ihren eigenen Aussagen vor dem Bundesamt in Widerspruch, indem sie anführt, dass der Brief gleichzeitig mit der Leiche der Schwester gebracht worden sei. Inhaltlich habe sich daraus ergeben, dass auch sie getötet werden sollten, wenn sie keine Muslime würden.
All diese weder erklärbaren noch nachvollziehbaren Unstimmigkeiten und Widersprüche bereits im jeweils eigenen Vortrag jedes Familienmitgliedes und sodann auch im Vergleich mit den Schilderungen der jeweils anderen Familienmitglieder ergeben in der Gesamtschau, dass der gesamte Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung der Tochter bzw. Schwester sowie die drohende Entführung und Ermordung der K. oder aber der gesamten Familie durch Muslime bzw. Taliban nicht glaubhaft ist. Lediglich ergänzend sei exemplarisch für diese Einschätzung noch darauf hingewiesen, dass der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt einen Sohn namens M. erwähnt hat, der 1994 im Krieg getötet worden sei, den jedoch Ehefrau und Tochter gar nicht kennen. Die Ehefrau meinte hierzu auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass es sich tatsächlich um seinen Bruder gehandelt habe, den ihr Ehemann jedoch als seinen Sohn angesehen habe. Demgegenüber führt der Kläger in seinem Vortrag vom 24. Juni 2016 wiederum noch einmal eindeutig aus, dass es sich um seinen eigenen Sohn gehandelt habe.
IV.
Die Kläger haben des Weiteren auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG.
Den Klägern droht nach Überzeugung des Gerichts weder die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG noch droht ihnen ein ernsthafter Schaden durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG.
Der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist im Gesetz nicht näher definiert. Da die zuletzt genannte Vorschrift der Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 337, S. 9) - QRL - dient, ist dieser Begriff jedoch in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Begriff in Art. 15b QRL auszulegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) legt Art. 15b QRL wiederum in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zu Art. 3 EMRK aus (z. B. EuGH, U.v. 17.2.2009 - Elgafaji, C - 465/07
Dass den Klägern insoweit keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht, ergibt sich bereits daraus, dass ihr Vortrag zu ihren Fluchtgründen in weiten Teilen unglaubhaft ist. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Soweit das Gericht den Vortrag insoweit als glaubhaft eingestuft hat, dass die Kläger aufgrund ihrer Religion beschimpft, beleidigt und bespuckt worden seien, so erreicht dies nicht den notwendigen Schweregrad, um eine Verletzung des Art. 3 EMRK annehmen zu können.
Darüber hinaus stellen auch die schlechten humanitären Bedingungen, die in Afghanistan herrschen, keinen Grund dar, um einen subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG zu begründen. Zwar ist dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in ganz außergewöhnlichen Fällen grundsätzlich möglich. Allerdings existiert hierfür eine sehr hohe Eingriffsschwelle und setzt voraus, dass im Falle der Rückführung die konkrete Gefahr einer unmenschlichen Behandlung in der Form unzureichender humanitärer Lebensbedingungen gerade Folge einer direkten oder indirekten Aktion von Seiten staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure ist. Dieses Erfordernis ergibt sich auch aus § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3c AsylG, wonach es auch beim subsidiären Schutz eines Verfolgungsakteurs, von dem die Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgeht, bedarf (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). Schlechte allgemeine wirtschaftliche oder humanitäre Lebensbedingungen im Abschiebezielstaat, die nicht auf einen solchen Akteur zurückführbar sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Die schlechten humanitären Lebensbedingungen in Afghanistan sind gerade nicht auf einen spezifischen Verfolgungsakteur zurückzuführen, sondern allgemeine und nicht individualisierbare Folge der schlechten ökonomischen Bedingungen und der schwierigen Sicherheitslage im Land. An dieser Situation hat sich auch aufgrund der jüngsten Erkenntnismittellage nichts geändert.
2. Ein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes ergibt sich auch nicht aufgrund einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Kläger infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG.
Für die Beurteilung kommt es hierbei regelmäßig auf die Herkunftsregion des Ausländers an (BVerwG, U.v. 14.7.2009 - 10 C 9/08 - BverwGE 134, 188; BayVGH, U.v. 12.1.2012 - 13a B 11.30427 - juris Rn. 15 m. w. N.). Die Kläger stammen vorliegend aus der Stadt und Provinz Ghazni, so dass auf diese Region abzustellen ist. Die obergerichtliche Rechtsprechung geht auf der Grundlage der verfügbaren Erkenntnismittel davon aus, dass afghanische Staatsangehörige bei einer Rückkehr in die Provinz Ghazni nach derzeitiger Sicherheitslage im Allgemeinen keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt sind (BayVGH, B.v. 20.8.2015 - 13 ZB 15.30062 - juris Rn. 7 zur Südostregion, der die Provinz Ghazni zuzurechnen ist; BayVGH, B.v. 11.3.2014 - 13a ZB 13.30246 - juris Rn. 5 f.; BayVGH, U.v. 4.6.2013 - 13a B 12.30063 - juris Rn. 15 ff.; OVG Lüneburg, U.v. 7.9.2015 - 9 LB 98/13 - juris Rn. 42 ff.). Das Gericht schließt sich dieser Einschätzung an. Auch aus den aktuellsten Erkenntnismitteln ergibt sich trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage keine derart hohe Gefahrendichte, dass praktisch jede Zivilperson schon alleine aufgrund ihrer Anwesenheit in der Provinz Ghazni einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt wäre (UNAMA Report v. 14.2.2016; EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan - Security Situation, v. 1.1.2016, S. 89 ff.). Individuelle gefahrerhöhende Umstände sind bei den Klägern nicht erkennbar, insbesondere handelt es sich bei den von den Klägern befürchteten Gefahren und objektiv vorliegenden Indikatoren, wie der Zugehörigkeit zur hinduistischen Religion, dem hohen Alter und den Erkrankungen der Klägerin zu 2), ersichtlich um andere Gefahren als denjenigen, welche Zivilpersonen in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt drohen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Hindus oder alte und kranke Menschen der besonderen Gefahr von Anschlägen ausgesetzt oder gar Zielscheibe solcher Anschläge wären.
V.
Schließlich haben die Kläger auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Ein solches kommt nicht in Betracht, da den Klägern keine gegen Art. 3 EMRK oder ein anderes Grundrecht nach der EMRK verstoßende Behandlung droht. Insbesondere stellt die allgemeine Versorgungslage in Afghanistan keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK dar. Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat in ganz besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht jedoch allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen. In Afghanistan ist die allgemeine Lage jedenfalls nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde (EGMR, U.v. 13.10.2011 - NJOZ 2012, 952, Rn. 84; BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). In Fällen, in denen wie vorliegend gleichzeitig über die Gewährung subsidiären Schutzes zu entscheiden ist, scheidet darüber hinaus bei Verneinung dieser Voraussetzungen regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris Rn. 36). Insofern wird auf die Ausführungen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG Bezug genommen. Auch hinsichtlich des individuellen Vortrages der Kläger in Bezug auf religiöse und sonstige Verfolgungsmaßnahmen kann auf obige Ausführungen zu den §§ 3 und 4 AsylG verwiesen werden, wonach der Vortrag nicht glaubhaft bzw. nicht von solcher Schwere ist, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK in Betracht zu ziehen ist.
VI.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 05. Juli 2016 - W 1 K 16.30614
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(1) Ein Ausländer, der nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, und dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist (§ 2 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes), wird verpflichtet, an dem in der Verteilentscheidung nach § 50 Absatz 4 genannten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Findet eine länderübergreifende Verteilung gemäß § 51 statt, dann ergeht die Wohnsitzauflage im Hinblick auf den sich danach ergebenden Aufenthaltsort. Der Ausländer kann den in der Wohnsitzauflage genannten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.
(2) Ein Ausländer, der nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, und dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist (§ 2 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes), kann verpflichtet werden,
- 1.
in einer bestimmten Gemeinde, in einer bestimmten Wohnung oder Unterkunft zu wohnen, - 2.
in eine bestimmte Gemeinde, Wohnung oder Unterkunft umzuziehen oder - 3.
in dem Bezirk einer anderen Ausländerbehörde desselben Landes seinen gewöhnlichen Aufenthalt und Wohnung oder Unterkunft zu nehmen.
(3) Zuständig für Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 ist die nach § 50 zuständige Landesbehörde. Die Wohnsitzauflage soll mit der Zuweisungsentscheidung nach § 50 verbunden werden. Zuständig für Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 ist die nach § 51 Absatz 2 Satz 2 zuständige Landesbehörde. Die Wohnsitzauflage soll mit der Verteilungsentscheidung nach § 51 Absatz 2 Satz 2 verbunden werden. Zuständig für Maßnahmen nach Absatz 2 ist die Ausländerbehörde, in deren Bezirk die Gemeinde oder die zu beziehende Wohnung oder Unterkunft liegt.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegen.
II.
Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 3/4, die Beklagte 1/4.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der am ... geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört nach eigenen Angaben der Volksgruppe der Hazara an. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland beantragte er am
Bei seiner Anhörung am
Mit Bescheid des Bundesamts vom
Mit Bescheid vom
Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass er eine begründete Furcht vor Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden nicht glaubhaft gemacht habe. Auch aus der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara folge nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. Auch Abschiebungsverbote lägen nicht vor, insbesondere sei der Kläger als gesunder und arbeitsfähiger Mann in der Lage, in seinem Heimatland mit der Unterstützung von Verwandten, die sich dort noch befänden, zu überleben. Erkrankungen seien nicht angemessen nachgewiesen worden.
Auf eine Abschiebungsandrohung werde nur im Hinblick darauf verzichtet, dass der Ehefrau des Klägers und der erkrankten Tochter ein Abschiebeverbot zuerkannt worden sei.
Mit Schriftsatz vom .... März 2016, eingegangen am selben Tag per Telefax beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, erhob die Bevollmächtigte des Klägers Klage. Sie beantragte zunächst, den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 11. Februar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 3 AsylG hinsichtlich Afghanistan vorliegen, hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) zuzuerkennen bzw. weiter hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegen.
In der mündlichen Verhandlung vom
den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
Im Übrigen wurde die Klage zurückgenommen.
Zur Begründung der Klage wurde ausgeführt, dass der Kläger als Familienvater angesichts der katastrophalen Versorgungslage zum besonders geschützten Personenkreis gehöre. Als Familienvater, der mit seiner Frau und seinen Kindern geflohen sei, zähle der Kläger zu den Personen, die im Falle einer Rückkehr einer Lebensgefahr ausgesetzt wären. Der Kläger könnte bei einer Ankunft in Afghanistan auch nicht auf die erforderlichen familiären oder sozialen Strukturen zurückgreifen, da die Eltern verstorben seien. Aufgrund der schwierigen Arbeitsmarktsituation in Kabul sei der Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage, eine Arbeitsstelle zu finden und für sich und seine Familie zu sorgen.
Die Beklagte hat die Behördenakten vorgelegt, sich zur Klage aber nicht geäußert.
Zum weiteren Vorbringen der Parteien und den übrigen Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom
Gründe
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Soweit die Bevollmächtigte des Klägers die Klage in der mündlichen Verhandlung mit Ausnahme der Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistans zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO).
Soweit die Klage aufrechterhalten wurde, ist sie zulässig und hat in der Sache Erfolg. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts ist rechtswidrig, soweit darin in Nr. 4. festgestellt wird, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegt und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf eine entsprechende Feststellung (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Maßgeblich für die Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG).
Wegen des unteilbaren Streitgegenstands bezog sich die Klage auch noch auf ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Ein derartiges Abschiebungsverbot ist indes nicht festzustellen. Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich.
Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Feststellung des Bestehens eines Abschiebungsverbots in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 AufenthG. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, die ihn nicht nur persönlich sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe allgemein betreffen, so ist die Gewährung von Abschiebungsschutz einer politischen Leitentscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60a AufenthG vorbehalten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 AufenthG oder eine andere Regelung, die vergleichbaren Schutz gewährleistet, nicht besteht, ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zuzusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer extremen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Ausländer im Falle einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (st. Rspr. BVerwG, vgl. etwa
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (z. B.
Der Kläger kann aber aufgrund einer Gesamtbetrachtung seiner persönlichen Umstände nicht der o.g. Gruppe der alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen afghanischen Rückkehrer zugerechnet werden.
Eine extreme Gefahrenlage in Kabul kann sich nämlich für besonders schutzbedürftige Rückkehrer wie minderjährige, alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, alleinstehende Frauen mit und ohne Kinder, Familien mit Kleinkindern und Personen, die aufgrund besonderer persönlicher Merkmale zusätzlicher Diskriminierung unterliegen, ergeben.
Bei der Beurteilung, ob eine extreme Gefahrenlage besteht, ist zu beachten, dass Familienangehörige wegen des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG nur gemeinsam mit ihren Kindern und ihrem Ehepartner nach Afghanistan zurückkehren können (vgl. BVerfG, B. v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris). Ihre einzelne und isolierte Rückkehr ist weder realistisch noch von Rechts wegen von ihnen zu fordern. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan geht es damit nicht nur um die Sicherstellung des Lebensunterhalts des Klägers. Bei der Beantwortung der Frage, ob das Existenzminimum am Zufluchtsort gesichert sein wird, sind alle Familienmitglieder gemeinsam in den Blick zu nehmen (VG Augsburg, U. v. 24.5.2012 - Au 6 K 11.30369 - juris Rn. 29) und eine Unterhaltspflicht des Klägers mit zu berücksichtigen (BayVGH, U. v. 21.11.2014 - 13a B 14.30285 - juris Rn. 21). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage, ob eine gemeinsame oder getrennte Rückkehr von Familienangehörigen zugrunde zu legen ist, ist bei der ein mögliches Abschiebungshindernis betreffenden Gefahrenprognose eine möglichst realitätsnahe, wenngleich hypothetische Rückkehrsituation zugrunde zu legen (BVerwG, U. v. 8.9.1992 - 9 C 8.91 - juris;
Die allgemeine Gefahr in Afghanistan würde sich daher für den Kläger derart zu einer extremen Gefahr verdichten, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist (vgl. BayVGH, B. v. 25.01.2013 - 13a ZB 12.30443 - juris;
Damit würde der Kläger unter den gegebenen Umständen den notwendigen Lebensunterhalt nicht erwirtschaften können. Zwar war er nach eigenen Angaben selbstständig tätig und hat den Lebensunterhalt für seine Familie erwirtschaftet, jedoch verfügt er weder über eine qualifizierte Ausbildung noch kann er bei einer Rückkehr an die bereits ausgeübte Tätigkeit anknüpfen. Der Kläger müsste aufgrund seines schon hohen Alters in einem harten Verdrängungswettbewerb mit jungen und kräftigen Rückkehrern bestehen, was ihm nach dem oben Gesagten nicht gelingen dürfte. Infolge dessen ist nicht sichergestellt, dass der Kläger nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder Beschäftigungen finden wird, mit deren Hilfe er sich und seiner Familie eine ausreichende Lebensgrundlage sichern könnte.
Im Rahmen einer Gesamtschau dieser Aspekte würde der Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan in eine ausweglose Lage geraten, die ihm nicht zugemutet werden kann. Ein Abschiebungshindernis liegt daher vor.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage auf § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen auf § 154 Abs. 1 VwGO und berücksichtigt die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Kostenteilung im Asylverfahren (BVerwG, B. v. 29.6.2009 - 10 B 60/08 - juris). Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
Tenor
I.
Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegen.
II.
Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 3/4, die Beklagte 1/4.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der am ... geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört nach eigenen Angaben der Volksgruppe der Hazara an. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland beantragte er am
Bei seiner Anhörung am
Mit Bescheid des Bundesamts vom
Mit Bescheid vom
Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass er eine begründete Furcht vor Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden nicht glaubhaft gemacht habe. Auch aus der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara folge nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. Auch Abschiebungsverbote lägen nicht vor, insbesondere sei der Kläger als gesunder und arbeitsfähiger Mann in der Lage, in seinem Heimatland mit der Unterstützung von Verwandten, die sich dort noch befänden, zu überleben. Erkrankungen seien nicht angemessen nachgewiesen worden.
Auf eine Abschiebungsandrohung werde nur im Hinblick darauf verzichtet, dass der Ehefrau des Klägers und der erkrankten Tochter ein Abschiebeverbot zuerkannt worden sei.
Mit Schriftsatz vom .... März 2016, eingegangen am selben Tag per Telefax beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, erhob die Bevollmächtigte des Klägers Klage. Sie beantragte zunächst, den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 11. Februar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 3 AsylG hinsichtlich Afghanistan vorliegen, hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) zuzuerkennen bzw. weiter hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegen.
In der mündlichen Verhandlung vom
den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
Im Übrigen wurde die Klage zurückgenommen.
Zur Begründung der Klage wurde ausgeführt, dass der Kläger als Familienvater angesichts der katastrophalen Versorgungslage zum besonders geschützten Personenkreis gehöre. Als Familienvater, der mit seiner Frau und seinen Kindern geflohen sei, zähle der Kläger zu den Personen, die im Falle einer Rückkehr einer Lebensgefahr ausgesetzt wären. Der Kläger könnte bei einer Ankunft in Afghanistan auch nicht auf die erforderlichen familiären oder sozialen Strukturen zurückgreifen, da die Eltern verstorben seien. Aufgrund der schwierigen Arbeitsmarktsituation in Kabul sei der Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage, eine Arbeitsstelle zu finden und für sich und seine Familie zu sorgen.
Die Beklagte hat die Behördenakten vorgelegt, sich zur Klage aber nicht geäußert.
Zum weiteren Vorbringen der Parteien und den übrigen Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom
Gründe
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Soweit die Bevollmächtigte des Klägers die Klage in der mündlichen Verhandlung mit Ausnahme der Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistans zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO).
Soweit die Klage aufrechterhalten wurde, ist sie zulässig und hat in der Sache Erfolg. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts ist rechtswidrig, soweit darin in Nr. 4. festgestellt wird, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegt und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf eine entsprechende Feststellung (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Maßgeblich für die Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG).
Wegen des unteilbaren Streitgegenstands bezog sich die Klage auch noch auf ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Ein derartiges Abschiebungsverbot ist indes nicht festzustellen. Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich.
Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Feststellung des Bestehens eines Abschiebungsverbots in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 AufenthG. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, die ihn nicht nur persönlich sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe allgemein betreffen, so ist die Gewährung von Abschiebungsschutz einer politischen Leitentscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60a AufenthG vorbehalten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 AufenthG oder eine andere Regelung, die vergleichbaren Schutz gewährleistet, nicht besteht, ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zuzusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer extremen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Ausländer im Falle einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (st. Rspr. BVerwG, vgl. etwa
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (z. B.
Der Kläger kann aber aufgrund einer Gesamtbetrachtung seiner persönlichen Umstände nicht der o.g. Gruppe der alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen afghanischen Rückkehrer zugerechnet werden.
Eine extreme Gefahrenlage in Kabul kann sich nämlich für besonders schutzbedürftige Rückkehrer wie minderjährige, alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, alleinstehende Frauen mit und ohne Kinder, Familien mit Kleinkindern und Personen, die aufgrund besonderer persönlicher Merkmale zusätzlicher Diskriminierung unterliegen, ergeben.
Bei der Beurteilung, ob eine extreme Gefahrenlage besteht, ist zu beachten, dass Familienangehörige wegen des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG nur gemeinsam mit ihren Kindern und ihrem Ehepartner nach Afghanistan zurückkehren können (vgl. BVerfG, B. v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris). Ihre einzelne und isolierte Rückkehr ist weder realistisch noch von Rechts wegen von ihnen zu fordern. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan geht es damit nicht nur um die Sicherstellung des Lebensunterhalts des Klägers. Bei der Beantwortung der Frage, ob das Existenzminimum am Zufluchtsort gesichert sein wird, sind alle Familienmitglieder gemeinsam in den Blick zu nehmen (VG Augsburg, U. v. 24.5.2012 - Au 6 K 11.30369 - juris Rn. 29) und eine Unterhaltspflicht des Klägers mit zu berücksichtigen (BayVGH, U. v. 21.11.2014 - 13a B 14.30285 - juris Rn. 21). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage, ob eine gemeinsame oder getrennte Rückkehr von Familienangehörigen zugrunde zu legen ist, ist bei der ein mögliches Abschiebungshindernis betreffenden Gefahrenprognose eine möglichst realitätsnahe, wenngleich hypothetische Rückkehrsituation zugrunde zu legen (BVerwG, U. v. 8.9.1992 - 9 C 8.91 - juris;
Die allgemeine Gefahr in Afghanistan würde sich daher für den Kläger derart zu einer extremen Gefahr verdichten, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist (vgl. BayVGH, B. v. 25.01.2013 - 13a ZB 12.30443 - juris;
Damit würde der Kläger unter den gegebenen Umständen den notwendigen Lebensunterhalt nicht erwirtschaften können. Zwar war er nach eigenen Angaben selbstständig tätig und hat den Lebensunterhalt für seine Familie erwirtschaftet, jedoch verfügt er weder über eine qualifizierte Ausbildung noch kann er bei einer Rückkehr an die bereits ausgeübte Tätigkeit anknüpfen. Der Kläger müsste aufgrund seines schon hohen Alters in einem harten Verdrängungswettbewerb mit jungen und kräftigen Rückkehrern bestehen, was ihm nach dem oben Gesagten nicht gelingen dürfte. Infolge dessen ist nicht sichergestellt, dass der Kläger nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder Beschäftigungen finden wird, mit deren Hilfe er sich und seiner Familie eine ausreichende Lebensgrundlage sichern könnte.
Im Rahmen einer Gesamtschau dieser Aspekte würde der Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan in eine ausweglose Lage geraten, die ihm nicht zugemutet werden kann. Ein Abschiebungshindernis liegt daher vor.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage auf § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen auf § 154 Abs. 1 VwGO und berücksichtigt die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Kostenteilung im Asylverfahren (BVerwG, B. v. 29.6.2009 - 10 B 60/08 - juris). Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylG bezüglich Afghanistan vorliegen. Soweit die Ziffern 3. und 4. des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 31. Juli 2012 dem entgegenstehen, werden sie aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Von den Kosten des Verfahrens hat die Klägerin 3/4, die Beklagte 1/4 zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wurde eigenen Angaben zufolge am … in Ghazni geboren. Sie sei afghanische Staatsangehörige mit der Volkszugehörigkeit Multani und der Glaubenszugehörigkeit Hindu. Sie gibt an, ihr Heimatland gemeinsam mit ihren Eltern zunächst nach Pakistan verlassen zu haben und dann gemeinsam mit ihrem Vater am 6. September 2011 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein. Hier stellte sie am 14. September 2011 einen Asylantrag.
Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 14. September 2011 sowie im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am
Zu ihren Fluchtgründen erklärte die Klägerin, ein unbekannter Mann habe ihre damals 16-jährige Schwester namens S. zwangsweise mitgenommen. Sie sei nach etwa einer Woche zurückgekommen und habe gesagt, sie wolle ein eigenes Zimmer im Haus haben. Noch in der gleichen Nacht habe sie sich dort erhängt. Der Entführer der Schwester habe einen Brief zurückgelassen, aus dem zu entnehmen gewesen sei, dass er sie mitgenommen habe. Sie hätten dann auch etwa drei Tage nach dem Tod der Schwester einen Drohbrief erhalten, wonach auch sie selbst mitgenommen werden sollte. Der Brief habe von derselben Person gestammt, die auch ihre Schwester entführt habe. Wegen dieses Drohbriefes habe sie dann etwa 15 bis 20 Tage nach dem Tod ihrer Schwester mit ihren Eltern Ghazni verlassen und nach nach Kabul gegangen. Sie hätten dann etwa 1 ½ Jahre in Kabul gelebt. Dort habe es keine Probleme mehr gegeben. Auf die Frage, ob es Probleme aufgrund ihres hinduistischen Glaubens gegeben habe, erklärte die Klägerin, sie seien von Bevölkerung beschimpft und bespuckt worden, da sie für diese Ungläubige seien. Sie hätten sich aber wenig mit der Religion beschäftigt. Sie sei einmal mit ihrem Vater im Tempel in Kabul gewesen. Darüber hinaus erklärte die Klägerin, dass ihre Mutter an Epilepsie leide. In Kabul sei sie deswegen mit Medikamenten behandelt worden, die die Familie bezahlt habe.
Auf Vorhalt, dass ihr Vater den Namen der zu Tode gekommenen Schwester mit „I.“ und deren Alter mit 20 Jahren angegeben habe sowie dass sie tot vor der Haustüre gelegen habe, erklärte die Klägerin, der Vater habe das Richtige gesagt. Ihren Namen habe er nicht ganz richtig ausgesprochen. Wie alt die Schwester gewesen sei, könne sie nicht genau sagen. Sie habe auch vor der Tür gelegen, ihr Vater habe ihr gesagt, dass der Mann, der sie mitgenommen habe, sie ermordet und dann vor die Tür gelegt habe. Auf weitere Nachfrage bekräftigte sie, dass sie wisse, dass die Schwester Selbstmord begangen habe. Danach befragt, ob sie einen Bruder namens M. gehabt habe, erklärte die Klägerin, dass sie diesen Namen nicht kenne. Auch dass dieser 1994 getötet worden sein soll, wisse sie nicht.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom
II.
Gegen den am 4. August 2012 zugestellten Bescheid des Bundesamtes ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. August 2012, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg am gleichen Tage, Klage erheben.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom
2. Es wird festgestellt, dass für die Klägerin Abschiebeverbote nach § 60 AufenthG vorliegen.
Des Weiteren wurde beantragt, der Klägerin Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 6. Juni 2016
Mit Beschluss vom 7. Juni 2016
Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan, Stand April 2016, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten und auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom
Gründe
Die Klage, über die trotz des Ausbleibens von Beteiligten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und teilweise begründet, soweit sie darauf gerichtet ist, bei der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan festzustellen. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Soweit der Bescheid des Bundesamtes vom 31. Juli 2012 dem in seinen Ziffern 3. und 4. entgegensteht, ist dieser aufzuheben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO). Darüber hinaus ist der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 31. Juli 2012 rechtmäßig. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, oder die Zuerkennung des subsidiären Schutzes, § 4 Abs. 1 AsylG, noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Insoweit ist die Klage unbegründet und war daher abzuweisen. Maßgeblich für die Entscheidung über Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG).
A. I.
Die Klägerin hat Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren i. S. des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe allgemein betreffen, so ist die Gewährung von Abschiebungsschutz einer politischen Leitentscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60a AufenthG vorbehalten. Beim Fehlen einer politischen Regelung i. S. des § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke in Betracht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zutreffend anerkannt, dass im Falle einer extremen allgemeinen Gefahrenlage, die den einzelnen Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde, unabhängig vom Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 a AufenthG Schutz vor Abschiebung gewährt werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 - BVerwGE 99, 324 ff., juris; U.v.
1.a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte ergibt sich aus den Erkenntnismitteln zu Afghanistan derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr aufgrund der allgemein schwierigen Verhältnisse in eine extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Arbeitseinkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren (ständige Rechtsprechung, z. B. BayVG,
b) Die Klägerin im vorliegenden Verfahren ist aufgrund ihrer persönlichen Umstände - allein aufgrund ihres Geschlechts - jedoch ersichtlich nicht der o.g. Gruppe der alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen Rückkehrer nach Afghanistan zuzurechnen. Eine extreme Gefahrenlage kann sich nämlich umgekehrt für besonders schutzbedürftige Rückkehrer wie Minderjährige, alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, alleinstehende Frauen mit und ohne Kinder, Familien mit Kleinkindern und Personen, die aufgrund besonderer persönlicher Merkmale zusätzlicher Diskriminierung unterliegen, ergeben (vgl. München,
Zur aktuellen Lage in Afghanistan stellt das Auswärtige Amt im Lagebericht vom
Die Schweizer Flüchtlingshilfe teilt in ihrem Update vom
Der UNHCR erklärt in seinen Richtlinien vom
c) Bei der Beurteilung, ob im Einzelfall eine extreme Gefahrenlage besteht, ist zudem zu beachten, dass Familienangehörige wegen des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG nur gemeinsam mit ihren Kindern und ihrem Ehepartner nach Afghanistan zurückkehren können (vgl. BVerfG, B.v. 5.6.2013 - 2 BVR 586/13 - juris). Daher sind bei der Beantwortung der Frage, ob das Existenzminimum im Heimatland gewährleistet sein wird, alle Familienmitglieder gemeinsam in den Blick zu nehmen (BVerwG, U.v. 8.9.1992 - 9 C 8.91 - juris; VG München, U.v. 21.4.2016 - M 15 K 16.30413 - juris Rn. 23; VG Gelsenkirchen, U.v. 20.8.2015 - 5 a K 4515/13 A - juris Rn. 42). Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen, wie bei Angehörigen, die als politisch Verfolgte Abschiebungsschutz genießen, könne eine andere Betrachtung geboten sei (BVerwG a. a. O.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor, so dass eine gemeinsame Rückkehr der Klägerin mit ihren Eltern, den Klägern im ebenfalls am 5. Juli 2016 entschiedenen Parallelverfahren W 1 K 16.30614, zugrunde zu legen ist.
d) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen würde sich die allgemeine Gefahrensituation in Afghanistan für die Klägerin derart zu einer extremen Gefahr verdichten, dass eine Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung im vorliegenden Fall geboten ist.
Die Klägerin wäre bereits allein schon aufgrund der patriarchalischen Sozialnormen und der damit einhergehenden untergeordneten Stellung der Frau in Afghanistan nicht in der Lage, ihren eigenen Unterhalt, geschweige denn den der gesamten Familie, zu erwirtschaften. In Afghanistan hat sie keine Schule besucht oder einen Beruf erlernt. Menschen, die Analphabeten sind und keinen Beruf erlernt haben, haben bestenfalls die Möglichkeit, sich um Hilfsarbeiten zu bemühen, die regelmäßig mit harter körperlicher Arbeit verbunden sind (vgl. Sachverständigengutachten des Dr. D. an den Hess. VGH
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Rückkehrsituation wesentlich auch davon mitgeprägt wird, ob sich Rückkehrer auf familiäre oder sonstige verwandtschaftliche Strukturen verlassen können oder ob sie auf sich allein gestellt sind. Die Klägerin hat vor dem Bundesamt angegeben, im Heimatland keine weiteren Verwandten zu haben. Das Gericht ist unter Einbeziehung der Aussagen ihrer Eltern, den Klägern im Verfahren W 1 K 16.30614, der Auffassung, dass die Klägerin zumindest nicht auf verwandtschaftliche Hilfe in Afghanistan hoffen könnte. Der Vater der Klägerin hat nämlich insoweit vor dem Bundesamt angegeben, dass er in Kabul einen Cousin habe. Er hat dort jedoch auch mehrmals erwähnt, dass er schon lange keinen Kontakt mehr zu diesem Cousin gehabt habe und er darüber hinaus keinerlei Verwandtschaft in Afghanistan besitze. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nunmehr nach diesem Cousin befragt angegeben, dass es einen solchen Cousin nicht gebe, es habe sich um einen Übersetzungsfehler vor dem Bundesamt gehandelt. Auch wenn dies dem Gericht nicht glaubhaft erscheint, so ist es dennoch davon überzeugt, dass der Vater der Klägerin zu diesem einzigen Verwandten in seinem Heimatstaat - nicht zuletzt aufgrund des vergangenen langen Zeitraums seit der Ausreise der Kläger vor rund 5 Jahren - keine Verbindungen mehr hat und insoweit auch nicht auf dessen Hilfe hoffen könnte. Auch die Mutter der Klägerin hat im gesamten Verfahren glaubhaft angegeben, nicht über weitere Verwandtschaft in Afghanistan zu verfügen, was auch naheliegend erscheint, nachdem nur noch rund 3.000 Hindus überhaupt noch in Afghanistan leben.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Klägerin - wie auch ihre Eltern - der Religionsgruppe der Hindus zugehört, welche in Afghanistan von der muslimischen Mehrheitsbevölkerung als Außenseiter betrachtet werden und mit gesellschaftlicher Diskriminierung konfrontiert sind, was die wirtschaftliche Situation die Klägerin über die ohnehin sehr schwierige allgemeine Lage hinaus noch weiter negativ beeinflussen würde. Als Zugehörige einer kleinen Minderheit könnte die Klägerin nämlich nicht auf ein Patronagenetzwerk zurückgreifen, welches in Afghanistan der Erkenntnismittellage entsprechend - unabhängig von den oben dargestellten für die Klägerin bereits unüberwindbaren Probleme - notwendig ist, um die Chance etwa auf einen Arbeitsplatz oder Wohnraum zu erhalten.
Eine andere Einschätzung ergibt sich schließlich auch nicht mit Blick auf die Eltern der Klägerin, die Kläger im Parallelverfahren W 1 K 16.30614. Auch wenn die Klägerin entsprechend der obigen Ausführungen gemeinsam mit ihren Eltern nach Afghanistan zurückkehren würde, so würde sich an der extremen Gefahr, in die die Klägerin und mit ihr die gesamte Familie alsbald nach ihrer Rückkehr geraten würde, nichts ändern. Dies ergibt sich aus folgenden weiteren Erwägungen in Bezug auf die Eltern der Klägerin:
Was den Vater der Klägerin angeht, so ist zentral bereits dessen hohes Alter von mittlerweile 70 Jahren in den Blick zu nehmen, womit er die in Afghanistan derzeit bestehende Lebenserwartung von 50 Jahren (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2015) statistisch bereits signifikant überschritten hat. Aufgrund dieses Alters erscheint es dem Gericht ausgeschlossen, dass er in Afghanistan noch in der Lage wäre, den Lebensunterhalt für sich, geschweige denn - wie es in Afghanistan vielfach üblich ist - auch für seine Familie zu erwirtschaften. Zwar hat der Vater in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass es ihm gesundheitlich gut gehe, er hat jedoch in glaubhafter Weise ebenfalls darauf verwiesen, dass er Probleme mit den Zähnen und seinem Rücken habe, an dem er in Afghanistan operiert worden sei. Er sieht sich selbst daher nicht mehr in der Lage dazu, aufgrund seines Alters in Afghanistan zu arbeiten. Dies deckt sich mit der Einschätzung des Gerichts aus der mündlichen Verhandlung, in dem der Vater augenscheinlich einen schwachen und gebrechlichen Eindruck gemacht hat. In Afghanistan herrscht zudem wie ausgeführt sehr hohe Arbeitslosigkeit. Menschen, die, wie der Vater der Klägerin Analphabeten sind und keinen Beruf erlernt haben, haben bestenfalls die Möglichkeit, sich um Hilfsarbeiten zu bemühen, die regelmäßig mit harter körperlicher Arbeit verbunden sind (vgl. Sachverständigengutachten des Dr. D. an den Hess. VGH
Auch die Mutter der Klägerin ist bereits 61 Jahre alt. Sie leidet darüber hinaus an einer Vielzahl von Erkrankungen (cerebrales Anfallsleiden, chronische Bronchitis, Retropatellar-Arthrose beidseitig, Arthrose der rechten Hand, chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Helicobacter positive Gastritis (Oktober 2013), Hypertonie). Sie machte in der mündlichen Verhandlung auf den erkennenden Einzelrichter einen sehr geschwächten Eindruck und hat sich beim Gehen auf einen Rollator stützen müssen. Aufgrund dieser sehr schlechten gesundheitlichen Situation sowie der aufgrund der geltenden Sozialnormen generell untergeordneten Stellung der Frau in der afghanischen Gesellschaft wäre es ihr vollkommen unmöglich, ihren eigenen Lebensunterhalt oder gar den der Familie zu erwirtschaften. Die Mutter verfügt darüber hinaus wie ihr Ehemann und ihre Tochter ebenfalls nicht über Schulbildung, ist Analphabetin und hat zeitlebens nur im Haushalt gearbeitet. Zudem ist bei der Mutter der Klägerin zu bedenken, dass sie - zumindest was ihr cerebrales Anfallsleiden betrifft - zur Vorbeugung gegen epileptische Anfälle auf eine Dauermedikation angewiesen ist, wie sie glaubhaft in der mündlichen Verhandlung angegeben hat und sich darüber hinaus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenverordnungsübersicht von Herrn Dr. P. vom 20. Juni 2016 ergibt. Die Mutter ist gegen diese Erkrankung in ihrem Heimatland zwar bereits vor ihrer Ausreise behandelt worden, jedoch sind die erforderlichen Medikamente nach ihrem Vortrag wie auch den Ausführungen des Beklagten im angegriffenen Bundesamtsbescheid durch die Kläger selbst zu finanzieren (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10.1.2012). Diese für afghanische Verhältnisse keinesfalls vernachlässigbaren Kosten würden den Lebensunterhalt der Mutter und damit der gesamten Familie über die gewöhnlichen Verhältnisse hinaus weiter verteuern.
Im Rahmen einer Gesamtschau all dieser Aspekte würde der Klägerin bei einer Rückkehr nach Afghanistan alsbald in eine extreme Gefahrenlage geraten, in der ihr Leben akut in Gefahr wäre. Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass die beschriebene extreme Gefahr die Klägerin landesweit, insbesondere in der Hauptstadt Kabul und in ihrer Herkunftsregion, der Stadt Ghazni in der gleichnamigen Provinz, alsbald nach ihrer Rückkehr treffen würde.
II.
Wegen des nach alledem festzustellenden Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG steht § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG auch der unter Ziffer 4. des angegriffenen Bundesamtsbescheides verfügten Abschiebungsandrohung entgegen, so dass diese ebenso wie dessen Ziffer 3. - soweit sie der ausgesprochenen Verpflichtung entgegen steht - aufzuheben war.
B. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Klägerin hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG oder auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
III.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, weil ihr im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan keine landesweite asylrelevante Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 i. V. m. §§ 3a ff. AsylG droht.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG (BT-Drs. 16/5065 S. 213; vgl. auch § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Gemäß § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 24. Oktober 2015 geltenden Fassung (Art. 1, Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes v. 20.10.2015, BGBl I, S. 1722 ff.) in der Fassung der Änderungen durch Art. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 390 ff.) sowie Art. 2 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 394 ff.) anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG - wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG - die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
Dies zugrunde gelegt hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG. Der Einzelrichter folgt gemäß § 77 Abs. 2 AsylG den Ausführungen der Beklagten im Bescheid des Bundesamtes vom 31. Juli 2012 und sieht von einer weiteren Darstellung ab, soweit darin eine Gruppenverfolgung der Hindus in Afghanistan abgelehnt wird.
Ergänzend ist auszuführen, dass diese Auffassung durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Urteil vom 19. September 2013 mit überzeugenden Ausführungen bestätigt wurde (VGH Baden-Württemberg, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 65 ff.). Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht für das vorliegende Verfahren an. Auch den vorliegenden aktuellsten Erkenntnismitteln lässt sich keine Situation entnehmen, die eine Änderung dieser Einschätzung rechtfertigen würde.
So wird im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6. November 2015 im hier relevanten Kontext dargelegt, dass die indische Botschaft in Kabul davon ausgehe, dass in Afghanistan wenige Tausend Hindus und Sikhs verblieben seien. Es gebe vier Hindutempel landesweit, zwei davon in Kabul sowie je einen in Jalalabad und Helmand. Staatliche Diskriminierung gebe es nicht, auch wenn der Weg in öffentliche Ämter für Hindus schon aufgrund fehlender Patronagenetzwerke schwierig sei. Hindus würden aber von großen Teilen der muslimischen Bevölkerung als Außenseiter wahrgenommen. Viele Muslime lehnten insbesondere Feuerbestattungen ab, die im Hinduismus das zentrale Begräbnisritual darstellten. Die afghanische Regierung habe darauf reagiert, indem sie den Hindus einen dafür gewidmeten Ort zur Verfügung gestellt habe. Auf dem Weg dorthin würden Trauergemeinden allerdings den Berichten zufolge belästigt und bedroht. Es gebe auch Berichte, wonach Hindus und Sikhs Opfer illegaler Enteignungen und Beschlagnahmung ihrer Grundstücke geworden seien. Seit 2014 hätten Hindus und Sikhs Anspruch auf einen gemeinsamen Sitz im Parlament, der derzeit durch eine Frau eingenommen werde.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe führt in ihrem Update vom 13. September 2015 aus, dass sich Hindus weiterhin mit Diskriminierungen konfrontiert sähen. Die afghanische Regierung sei bislang nicht gegen die stark eingeschränkte Teilhabe der Hindus an Politik, Geschäftsleben und unrechtmäßigen Enteignungen vorgegangen. Sie sei nicht willens oder fähig, die religiösen Minderheiten vor Übergriffen zu schützen. Bei Ausübung der religiösen Zeremonien, insbesondere bei Beisetzungen, komme es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen.
Der UNHCR schreibt in seinen aktuellen Richtlinien vom 19. April 2016, dass eine große Zahl von Hindus Afghanistan als Reaktion auf große Schwierigkeiten, denen sie sich ausgesetzt sähen, verlassen hätte. Die geringe Zahl der verbliebenen Hindus sei Berichten zufolge umso verletzlicher für Missbrauch. Obwohl es den Hindugemeinden erlaubt sei, ihre Religion öffentlich zu praktizieren, werde berichtet, dass sie sich fortgesetzter Diskriminierung durch den Staat gegenüber sähen, etwa im Bereich der politischen Partizipation und Stellenbesetzung innerhalb der Regierung. Ebenso werde berichtet, dass sich die Hindus gesellschaftlicher Diskriminierung und Einschüchterung ausgesetzt sähen. Die Hindugemeinden berichteten von Schwierigkeiten bei der Ausführung von Begräbnisritualen und fühlten sich ungeschützt durch staatliche Behörden, etwa im Falle von Landstreitigkeiten. Hindus seien Berichten zufolge Opfer von illegaler Landnahme geworden und würden es aus Angst vor Vergeltung unterlassen, zur Wiedererlangung der Grundstücke gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gebe eine kleine Zahl von Schulen für Hindus; Hindu-Kinder seien beim Besuch staatlicher Schulen in Kabul Belästigungen und Mobbing ausgesetzt.
Es zeigt sich nach alledem, dass Hindus allein aufgrund ihrer Volks- bzw. Religionszugehörigkeit oder ihres Erscheinungsbildes weder Tötungen noch schweren körperlichen Misshandlungen oder ähnlich schwerwiegenden Rechtsgutsverletzungen ausgesetzt sind. Insoweit hat sich die Situation seit der Herrschaftszeit der Taliban deutlich verbessert. Das, was den Hindus in Afghanistan widerfährt, ist Ausfluss der allgemeinen Situation in Afghanistan. Politische und administrative Ämter werden oft willkürlich vergeben, wobei informelle Beziehungsnetzwerke und der Proporz der Ethnien eine wesentliche Rolle spielen. Primäres Kriterium bei der Personalauswahl ist häufig die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe oder einem bestimmten Clan. Marginalisierte Gruppen wie etwa die Hindus haben aus diesem Grunde geringere oder nahezu keine Chancen, bei öffentlichen Positionen eingestellt zu werden. Korruption und die Zahlung von Schmiergeldern ist in Afghanistan an der Tagesordnung. Durch Einflussnahme und Zahlung von Bestechungsgeldern an Justiz und Verwaltung werden Entscheidungen nach rechtstaatlichen Grundsätzen in weiten Teilen verhindert. So ist etwa das Problem der illegalen Landnahmen und die mangelnde Durchsetzbarkeit von Rückgabeansprüchen kein spezifisches gegen Hindus gerichtetes Phänomen, sondern auch andere Bevölkerungsgruppen sind hiervon betroffen (vgl. VGH BW, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 89). Das Gericht schließt sich vor diesem Hintergrund abermals der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in der zitierten Entscheidung an, wonach konkrete Referenzfälle, die den Schluss erlauben würden, dass die Diskriminierung der Minderheit der Hindus oder auch sonstige Beeinträchtigungen und Repressalien gegen sie nicht nur auf den vorstehend beschriebenen Missständen beruhen, sondern Bestandteile eines Vorgehens gezielt gegen diese Minderheiten wären, den vorliegenden - auch aktuellsten -Erkenntnisquellen nicht zu entnehmen sind.
2. Auch eine individuelle Verfolgung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als Hindu, § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG, die eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach sich zöge, kann die Klägerin nicht geltend machen.
Eine Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG aus Gründen der Religion kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH v. 5.9.2012 - C - 71/11 und C - 99/11
Die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung i. S.v. § 3a Abs. 1 AsylG zu erfüllen, hängt von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 28 ff.).
Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter, wie z. B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere - aber nicht nur - dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei Strafrechtsverboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, weil ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, keine erhebliche Verfolgungsgefahr begründet (BVerwG a. a. O., Rn. 28 m. w. N.). Ein hinreichend schwerer Eingriff setzt dabei nicht voraus, dass der Ausländer seinen Glauben nach der Rückkehr in sein Heimatland tatsächlich in einer Weise ausübt, die ihn der Gefahr einer Verfolgung aussetzt. Auch der unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung kann die Qualität einer Verfolgung erreichen (BVerwG, a. a. O. Rn. 26).
Als relevanter subjektiver Gesichtspunkt ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrenträchtigen religiösen Praxis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 29; VGH BW a. a. O. Rn. 48; OVG NRW a. a. O. Rn. 35). Denn der Schutzbereich der Religionsfreiheit erfasst sowohl die von der Glaubenslehre vorgeschriebenen Verhaltensweisen als auch diejenigen, die der einzelne Gläubige für sich selbst als unverzichtbar empfindet. Dabei kommt es auf die Bedeutung der religiösen Praxis für die Wahrung der religiösen Identität des einzelnen Ausländers an, auch wenn die Befolgung einer solchen religiösen Praxis nicht von zentraler Bedeutung für die betreffende Glaubensgemeinschaft ist (BVerwG
Die von der Klägerin vorgetragenen Verfolgungsmaßnahmen aus religiösen Gründen weisen bereits objektiv nicht die erforderliche Schwere auf, so dass sie nicht als Verfolgungshandlungen i. S. d. § 3a Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 AsylG zu qualifizieren sind.
Die Klägerin hat insoweit vor dem Bundesamt vorgetragen, dass - wenn sie ab und zu draußen gewesen seien - sie von der Bevölkerung beschimpft worden seien, da diese sie als Ungläubige angesehen hätten. Die Leute hätten auch auf sie gespuckt. Darüber hinaus habe es aber nichts gegeben. Sie hätten sich auch wenig mit der Religion beschäftigt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin diesen Vortrag in Übereinstimmung mit den Aussagen vor dem Bundesamt weitgehend - mit teilweise anderen Worten - wiederholt (hätten nicht nach draußen gehen können, wurden als Ungläubige bezeichnet, man habe sie ausgelacht und bespuckt). Dieser Teil ihrer Schilderungen kann nach Auffassung des Gerichts als wahr unterstellt werden. Er deckt sich insbesondere auch mit den Aussagen ihrer Eltern vor dem Bundesamt sowie mit der bereits oben dargestellten Erkenntnismittellage zur Situation der Hindus in Afghanistan. Dasselbe kann für die geringfügige Erweiterung in der mündlichen Verhandlung gelten, wonach die Klägerin in Afghanistan ein Kopftuch habe tragen müssen. Dies erscheint dem Gericht zum einen als Detail, das die Klägerin vor dem Bundesamt vergessen haben könnte zu erwähnen, zumal es auch in seiner Qualität nicht gegenüber dem bisherigen Vortrag - und in Abgrenzung zu anderen Weiterungen (s.u.) - in besonderer Weise hervortritt und auch zwanglos in dem islamisch geprägten Herkunftsland der Klägerin als wahr unterstellt werden kann.
Diese erlittenen Handlungen sind jedoch nicht so gravierend, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, darstellen, § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Nach Art. 15 Abs. 2 EMRK sind Abweichungen von dem Recht auf Leben, dem Verbot der Folter, dem Verbot der Sklaverei und Leibeigenschaft sowie dem Grundsatz, dass keine Strafe ohne Gesetz erfolgen darf, nicht zulässig. Diese Rechtsgüter wurden durch die genannten Maßnahmen in keiner Weise tangiert. Auch darüber hinaus ist eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte weder durch die Art noch durch die Wiederholung der in Rede stehenden Handlungen ersichtlich, auch nicht in Form einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen i. S.v. § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Das Beschimpfen, Auslachen und Bespucken sowie der - mindestens gesellschaftliche - Zwang, in der Öffentlichkeit Kopftuch tragen zu müssen, weisen als Angriffe insbesondere auf die Ehre der Klägerin sowie ihre allgemeine Handlungs- und Entfaltungsfreiheit, sich nach eigenen Vorstellungen kleiden zu können, ihrer Art nach keine derartige Schwere auf, dass sie einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung gleichkämen. Dasselbe gilt aber auch mit Blick auf die Wiederholung und Kumulierung derartiger Handlungen gegenüber der Klägerin, der dies ihrem Vortrag nach öfters widerfahren ist. Eine flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlung vermag dies gleichwohl nicht zu begründen, da eine unzumutbare Einschränkung der persönlichen Existenz hierin noch nicht zu erblicken ist. Insbesondere ist es in Afghanistan aufgrund des dort herrschenden patriarchalischen Gesellschaftssystems allgemein nicht üblich, dass sich Frauen dort frei und ohne Einschränkungen außerhalb der eigenen Häuslichkeit in der Öffentlichkeit bewegen. Diese gesellschaftliche Tatsache beruht daher offensichtlich nicht auf der Religionszugehörigkeit der Klägerin. Dasselbe gilt für das gebotene Tragen eines Kopftuches in der Öffentlichkeit. Zudem ergibt sich aus den anderweitigen Aussagen der Klägerin, dass sie gleichwohl nach draußen gegangen ist, auch wenn sie sich sicherlich aufgrund des ablehnenden Verhaltens der muslimischen Mehrheitsbevölkerung hierbei selbst beschränkt hat. Auch hat sie angegeben, mit ihrem Vater einmal den Hindutempel besucht zu haben.
Soweit die Klägerin darüber hinaus weitergehende Verfolgungshandlungen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als Hindu vorgetragen hat, so können ihr diese nicht geglaubt werden. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf Befragen des Gerichts erstmals - fast 5 Jahre nach ihrer Einreise nach Deutschland - erklärt, es habe für sie keine Möglichkeit bestanden, die Schule zu besuchen. Zudem seien sie ständig dem Zwang ausgesetzt gewesen, Muslime zu werden, andernfalls die Gefahr bestanden habe, getötet zu werden. Diese als erheblich einzustufenden Steigerungen des verfolgungsrelevanten Sachvortrages erzeugen beim Gericht erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Angaben (vgl. auch § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Die Klägerin hat vielmehr alle wesentlichen Umstände ihrer Verfolgung bzw. der Furcht vor Verfolgung bereits in der Anhörung vor dem Bundesamt vorzutragen (§ 25 Abs. 1 AsylG). Die Unglaubhaftigkeit dieses Teils ihres Vortrages ergibt sich auch daraus, dass die Klägerin vor dem Bundesamt auf ausdrückliche Nachfrage erklärt hat, über das Geschilderte hinaus sei im Hinblick auf Verfolgungsmaßnahmen aus religiösen Gründen nichts Weiteres vorgefallen. Auch hat sie dort bezeichnenderweise angegeben, dass die Familie in Kabul keine Probleme gehabt habe; einen konkreten Anlass für die Ausreise habe es nicht gegeben. Eine nachvollziehbare Erklärung dieser Weiterungen ist darüber hinaus nicht ersichtlich. Was die fehlende Möglichkeit eines Schulbesuchs angeht, so deckt sich dies - unabhängig von vorstehenden Ausführungen - nicht mit der oben dargestellten Erkenntnismittellage. Der UNHCR hat insoweit ausgeführt, dass es eine kleine Zahl von Schulen für Hindus gebe; Hindu-Kinder seien beim Besuch staatlicher Schulen in Kabul Belästigungen und Mobbing ausgesetzt. Es erscheint also eher so, dass die Klägerin die Schule nicht besucht hat, um den bezeichneten Belästigungen aus dem Wege zu gehen, oder schlicht, weil es in Afghanistan zumindest faktisch keineswegs die Regel darstellt, dass ein gesicherter Schulbesuch stattfindet, was die große Zahl von Analphabeten beweist. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass für die Klägerin keinerlei Möglichkeit bestanden hat, zumindest zeitweise und unter Inkaufnahme gewisser Erschwernisse eine Schule zu besuchen.
Ist die Klägerin nach alledem hinsichtlich ihrer Religionszugehörigkeit unverfolgt aus Afghanistan ausgereist, so lässt sich darüber hinaus der aktuellen Erkenntnismittellage ebenfalls nicht entnehmen, dass dieser bei ihrer jetzigen Rückkehr nach Afghanistan Maßnahmen von staatlicher bzw. nicht staatlicher Seite drohen, die über das seinerzeit Erlebte hinausgehen würden. Auf die obigen Ausführungen zur Situation der Hindus in Afghanistan wird diesbezüglich verwiesen.
3. Darüber hinaus ergibt sich für die Klägerin auch keine begründete Furcht vor Verfolgung aus ihrem weiteren Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung einer angeblichen Schwester sowie der drohenden Entführung und Ermordung ihrer eigenen Person bzw. sogar der gesamten Familie.
Bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt hat die Klägerin dieses Verfolgungsschicksal bereits nicht mit Verfolgungsgründen i. S. d. § 3b AsylG in Verbindung gebracht, so dass bereits aus diesem Grunde die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausscheiden würde. Soweit sie jedoch nunmehr diese Handlungen damit in Verbindung bringen will, dass sie Hinduistin ist und damit eine Hinwendung zum islamischen Glauben erzwungen werden sollte bzw. nach anderweitigem Vortrag ihres Vater, dass damit die Verheiratung der Töchter erzwungen werden sollte, so ist dieser gesamte vorgetragene Komplex bereits im eigenen Vortrag jedes einzelnen Familienmitgliedes (der Klägerin sowie ihres Vaters und ihrer Mutter, den Klägern im Verfahren W 1 K 16.30614) und sodann auch im Vergleich mit den Schilderungen der jeweils anderen Familienmitglieder mit einer solchen Vielzahl nicht erklärbarer Widersprüche behaftet, dass er den Klägern insgesamt nicht geglaubt werden kann.
Zunächst divergieren bereits die Namen der angeblich getöteten Schwester der Klägerin. Während ihr Vater vor dem Bundesamt angegeben hat, seine Tochter habe I. geheißen, wurde der Name von ihrer Mutter vor dem Bundesamt mit S. angegeben, während sie selbst dort den Namen S. gebrauchte. Auf entsprechenden Vorhalt vor dem Bundesamt erklärte ihre Mutter bezüglich dieser Differenzen, ihr Ehemann könne den Namen der Tochter nicht richtig aussprechen und bei dem von der Tochter gebrauchten Namen könne es sich um einen Spitznamen handeln. Bereits dies erscheint abwegig, nachdem die Bezeichnungen S. und I. keinerlei phonetische Gemeinsamkeiten aufweisen. Falls es sich bei dem Namen S. um einen Spitznamen gehandelt haben sollte, so ist nicht erklärlich, warum die Mutter diese Tatsache über ihre Tochter nicht sicher gewusst haben sollte. Im schriftsätzlichen Vortrag des Vaters vom 24. Juni 2016 bezeichnet dieser seine Tochter nunmehr als S., während er sie auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung als Se. bezeichnet. Auf Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung zu diesen Diskrepanzen erläuterte der Vater, es habe sich vor dem Bundesamt um eine falsche Übersetzung gehandelt. Dies erscheint nicht nachvollziehbar, nachdem er diesen Namen dort mindestens zweimal selbst erwähnt hat und auch der Anhörende in seinen Nachfragen den Namen I. gebraucht hat, so dass der Vater diesen sicherlich korrigiert hätte, wenn es sich tatsächlich um einen Übersetzungsfehler gehandelt hätte. Zudem hat er zum Ende der Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. In Abweichung ihren Angaben vor dem Bundesamt erklärt die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts sodann, dass ihre getötete Schwester Se. geheißen habe. Auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts gab sie an, der Übersetzer vor dem Bundesamt habe den genannten Namen (S.) wohl falsch gehört, es liege ein Übersetzungsfehler vor. Auch dies ist aufgrund fehlender phonetischer Gemeinsamkeiten zwischen den Namen Se. und S. sowie ihrer Aussage zum Ende der Befragung, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe, nicht glaubhaft. All dies legt einzig und allein den Schluss nahe, dass es sich hierbei nicht um tatsächlich Erlebtes handelt. An derartiges Basiswissen wie den Namen eines Familienmitgliedes müssten sich alle Familienmitglieder gleichermaßen zwingend erinnern können.
Darüber hinaus divergieren sodann auch die Beschreibungen zum Ablauf der Entführung und Tötung der Schwester bzw. Tochter. Unklarheiten bestehen schon dahingehend, wann sich dieser Vorfall zugetragen haben soll. So erwähnte der Vater der Klägerin vor dem Bundesamt zunächst, dass diese Tochter drei Monate vor der Ausreise aus Afghanistan ums Leben gekommen sei. An anderer Stelle gibt er jedoch an, dass die Familie nach diesem Vorfall nach Kabul geflüchtet sei und dort noch ein Jahr bis zur endgültigen Ausreise aus Afghanistan gelebt habe. Letztere wiederum soll laut Vortrag vor dem Bundesamt Ende Juni 2011/Anfang Juli 2011 stattgefunden habe, was nach Einschätzung des Gerichts der Wahrheit entsprechen dürfte, da sich bei den Behördenakten im Verfahren W 1 K 16.30614 ein Schreiben des B.-Krankenhauses in H. befindet, in dem die Mutter der Klägerin am 28. Juni 2011 nach einem epileptischen Anfall vorstellig geworden ist. Darin wird erwähnt, dass diese kurz zuvor aus Afghanistan kommend nach Deutschland eingereist sei. In der mündlichen Verhandlung wiederum nimmt der Vater als Zeitpunkt für den Vorfall der Entführung und Ermordung der Tochter etwa den November 2009 an, jedenfalls sei es im Winter gewesen. Die Klägerin wiederum gab bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt an, dass sie, nachdem sie nach Kabul geflüchtet seien, dort noch eineinhalb Jahre bis zur Ausreise gelebt hätten. In der mündlichen Verhandlung gab sie zu Protokoll, sie könne den Vorfall zeitlich nicht genau einordnen. Es sei jedoch in der kalten Jahreszeit gewesen. Sie hätten in Kabul danach noch etwa ein Jahr gelebt. Die Mutter der Klägerin kann sich ebenfalls nicht erinnern, wann sich der Vorfall genau zugetragen hat. Sie meinte in der mündlichen Verhandlung, dass es etwa sechs Jahre her sein müsse. Das Gericht ist der Überzeugung, dass ein derartig einschneidendes Ereignis, sollte es sich tatsächlich zugetragen haben, von den Familienmitgliedern genauer zeitlich eingeordnet werden müsste - auch unter Berücksichtigung des Bildungsstandes der Kläger. Dass dem nicht so ist, lässt für das Gericht nur den Schluss zu, dass dieses tatsächlich nicht stattgefunden hat. Dafür sprechen auch weitere Ungereimtheiten.
Zum Ablauf der Entführung hat der Vater vor dem Bundesamt angegeben, die Tochter sei von vermummten Personen entführt und getötet worden. Später sprach er dann von einem Mann, der zu ihnen ins Haus gekommen sei und die Tochter zwangsweise mitgenommen habe. Die Mutter erwähnte vor dem Bundesamt zwei vermummte Personen, die nachts gewaltsam in ihr Haus gekommen seien und die Tochter mitgenommen hätten. Einer davon sei bewaffnet gewesen und habe sie gestoßen. Ob ihre Tochter K. die Entführung gesehen habe, wisse sie nicht. Diese habe sich versteckt. Die Klägerin schließlich gab vor dem Bundesamt an, sie wisse nicht, wie und wo ihre Schwester entführt worden sei. Der Entführer habe jedenfalls einen Brief zurückgelassen, aus dem ersichtlich gewesen sei, dass er sie mitgenommen habe. Im Schreiben vom 24. Juni 2016 erklärte der Vater demgegenüber, dass zunächst zwei Männer an der Haustüre gewesen seien, die etwas zu essen hätten haben wollen und die er dann in das Haus gelassen habe. Nach dem Essen habe der ältere der beiden Männer gewollt, dass dessen mit anwesender Sohn seine Tochter S. heiratet. Da die Familie damit nicht einverstanden gewesen sei, seien sie mit einer Pistole bedroht worden. Einer der Männer habe dann mittels Handy zwei weitere Männer verständigt, die ihn dann auf sein Gesicht geschlagen hätten, so dass er geblutet und Zähne verloren habe. Seine Frau habe dabei einen epileptischen Anfall erlitten. Er und seine Tochter K. seien dann gefesselt worden und daraufhin hätten die Männer die Tochter S. mitgenommen. In der mündlichen Verhandlung wiederum berichtet der Vater der Klägerin nur mehr von zwei Personen, die bei der Entführung anwesend gewesen seien. Dies bestätigt auch die Tochter in der mündlichen Verhandlung, so dass sich eine nicht erklärbare Diskrepanz hinsichtlich der Zahl der Entführer ergibt. Auch besteht eine solche hinsichtlich der Frage, ob die Familie die Entführer ins Haus gelassen hat oder ob diese gewaltsam eingedrungen sind, wie die Mutter vor dem Bundesamt behauptet hat. Auch besteht ein Widerspruch dahingehend, ob die Klägerin bei der Entführung zugegen war. Während ihre Mutter und sie selbst in der mündlichen Verhandlung angaben, sie sei im Haus gewesen, habe sich aber in einem anderen Zimmer versteckt, konnte sie vor dem Bundesamt auf Befragen nicht angeben, wo und wie sich die Entführung abgespielt habe, obwohl sie diese gleichwohl mit eigenen Augen aus ihren Versteck mit angesehen haben will, wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärt hat. Demgegenüber trägt der Vater in seinem Schreiben vom 24. Juni 2016 vor, dass er und seine Tochter K. von den Entführern gefesselt worden seien, was wiederum zwingend für deren direkte Anwesenheit bei dem Geschehen spricht und mit dem Vortrag der Klägerin und der Mutter nicht in Einklang zu bringen ist.
Unüberwindbare Widersprüche ergeben sich auch zu der Frage, wann die angeblichen Entführer die Leiche der Schwester bzw. Tochter zurückgebracht haben und wie diese tatsächlich zu Tode gekommen ist. Während sämtliche Familienmitglieder in der mündlichen Verhandlung angegeben haben, dass die tote Schwester bzw. Tochter nach einer Woche bzw. acht Tagen zurückgebracht worden sei, hat die Mutter diesen Zeitraum vor dem Bundesamt mit einem Monat angegeben. Die Klägerin hat darüber hinaus vor dem Bundesamt erläutert, dass ihre Schwester Selbstmord begangen habe. Sie sei nach einer Woche zurückgekommen und habe sich noch in der gleichen Nacht in ihrem Zimmer erhängt. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass dies von den Angaben ihres Vaters abweiche, erklärte sie zunächst, ihr Vater habe das Richtige gesagt, während sie sodann, auf erneuten Vorhalt, angab, sie wisse, dass die Schwester Selbstmord begangen habe. Auf diese erhebliche Diskrepanz in der mündlichen Verhandlung angesprochen, erklärte die Klägerin, dass es sich vor dem Bundesamt um einen Übersetzungsfehler gehandelt haben müsse. Sie habe das mit dem Selbstmord so nicht gesagt. Dies wiederum erscheint aufgrund der völligen Andersartigkeit der Sachverhalte ausgeschlossen und beweist zur Überzeugung des Gerichts ein weiteres Mal, dass die Kläger hier nicht über tatsächlich Erlebtes berichten.
Unauflösbare Widersprüche ergeben sich auch zur Frage, wie lange die Familie nach der Ermordung der Schwester bzw. Tochter noch in Ghazni verblieben ist. Der Vater sprach vor dem Bundesamt zunächst von drei bis vier Tagen, im Schriftsatz vom 24. Juni 2016 erklärte er, dass sie gleich am nächsten Tag nach Kabul gegangen seien, während er wiederum in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts angab, dass sie eine Woche nach der Ermordung der Tochter nach Kabul geflohen seien. Die Mutter wiederum sprach vor dem Bundesamt von einem Zeitraum von zwei bis drei Tagen, in der mündlichen Verhandlung jedoch von acht Tagen. Die Klägerin erklärte vor dem Bundesamt, dass sie nach dem Tod der Schwester noch etwa 15 bis 20 Tage in der Stadt Ghazni gewesen seien.
Schließlich differieren auch die Aussagen zu dem angeblichen Drohbrief betreffend die Klägerin und zu den Motiven der Täter für die Entführung und Ermordung der Tochter bzw. Schwester und der Klägerin selbst in nicht nachvollziehbarer Weise. Der Vater hat vor dem Bundesamt vorgetragen, gleich nach dem Tod seiner Tochter I. sei ein Brief bei ihnen eingeworfen worden, wonach er seine Tochter K. freiwillig übergeben sollte, weil auch sie ansonsten zwangsweise mitgenommen würde. Auf die Frage, warum die Täter die Töchter entführen und töten wollten, gab der Vater vor dem Bundesamt an, es könne sein, dass es wegen seines hinduistischen Glaubens gewesen sei oder weil sie vielleicht Geld von ihm erpressen wollten. Er wisse es aber nicht genau. In dem Schreiben vom 24. Juni 2016 gab er erstmals an, dass die Entführung der Tochter S. den Zweck gehabt habe, diese zwangsweise zu verheiraten. Dies sei dann auch Gegenstand des Drohbriefes gewesen hinsichtlich seiner Tochter K. Er solle diese in die Familie der Entführer verheiraten, ansonsten würden sie sie auch mitnehmen und töten. In der mündlichen Verhandlung schließlich gab der Vater im Rahmen seiner informatorischen Befragung an, dass man ihm nach den Tod der Tochter gesagt habe, er solle Muslim werden, dann werde man seine andere Tochter auch mitnehmen, um sie zu verheiraten, ansonsten werde er getötet werden. Zunächst stellt es ein gesteigertes Vorbringen dar, wenn der Kläger nunmehr am 24. Juni 2016 erstmals eine angebliche Motivation für die Entführung in Form einer Zwangsverheiratung angibt. Dies ist aus den bereits oben dargelegten Gründen nicht glaubhaft, da es abwegig erscheint, dass gläubige Muslime ihren Sohn mit einer in ihren Augen ungläubigen Hinduistin verheiraten wollen. Wenn dem aber so wäre, so erklärt es sich nicht, warum sie die entführte Tochter dann nicht tatsächlich ihrem Sohn zur Frau geben, sondern sie ermorden. Ebenfalls eine nicht nachvollziehbare Steigerung enthält der Vortrag in der mündlichen Verhandlung, in dem der Vater nunmehr erläutert, dass er zusätzlich gezwungen werden sollte, zum Islam zu konvertieren, andernfalls seine Tochter K. zum Zwecke der Zwangsverheiratung mitgenommen und er selbst getötet würde. Der Zwang zu konvertieren und die Gefahr für seine eigene Person sollen offensichtlich dessen Vortrag nachträglich mehr Nachdruck verleihen und können diesem als allein prozesstaktisch einzustufende Steigerung nicht geglaubt werden. Die Mutter hat vor dem Bundesamt diesbezüglich angegeben, sie hätten nach der Ermordung der einen Tochter einen Brief erhalten, worin gestanden habe, dass auch ihre zweite Tochter K. mitgenommen werden solle. Dieser Drohbrief habe auf der Leiche der Tochter gelegen. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt räumte sie sodann jedoch ein, dass sie die Leiche nicht selbst vor der Haustüre habe liegen sehen. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin zum Inhalt des Briefes, dass sich aus diesem ergeben habe, dass auch sie Gefahr liefen, getötet zu werden. Dies lässt sich wiederum nicht mit dem Vortrag vor dem Bundesamt in Einklang bringen, wo nur eine Gefahr für die Tochter K. geschildert wurde. Auch insoweit besteht bei Mutter ein gesteigerter Sachvortrag, der ihr nicht abgenommen werden kann. Von einer etwaigen Zwangsverheiratung hat die Mutter in der mündlichen Verhandlung gar nichts erwähnt. Ihre Angaben sind widersprüchlich und können ihr nicht geglaubt werden. Schließlich erklärte die Klägerin vor dem Bundesamt zu diesem Teilkomplex, sie hätten einen Drohbrief erhalten, wonach auch sie selbst mitgenommen werden sollte. Sie erklärte im Gegensatz zu ihren Eltern, dass es zwei Briefe gegeben habe, einen nach der Entführung der Schwester und einen weiteren nach dem Tod ihrer Schwester. Letzteren Brief hätten sie ca. drei Tage nach dem Tod der Schwester erhalten, was sich nicht mit den Aussagen der Eltern deckt, die davon gesprochen haben, dass der Brief sie gleich nach dem Tod der Tochter erreicht habe. In der mündlichen Verhandlung wiederum setzt sich die Klägerin zu ihren eigenen Aussagen vor dem Bundesamt in Widerspruch, indem sie anführte, dass der Brief gleichzeitig mit der Leiche der Schwester gebracht worden sei. Inhaltlich habe sich daraus ergeben, dass auch sie getötet werden sollten, wenn sie keine Muslime würden.
All diese weder erklärbaren noch nachvollziehbaren Unstimmigkeiten und Widersprüche bereits im jeweils eigenen Vortrag jedes Familienmitgliedes und sodann auch im Vergleich mit den Schilderungen der jeweils anderen Familienmitglieder ergeben in der Gesamtschau, dass der gesamte Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung der angeblichen Tochter bzw. Schwester sowie die drohende Entführung und Ermordung der Klägerin oder aber der gesamten Familie durch Muslime bzw. Taliban nicht glaubhaft ist. Lediglich ergänzend sei exemplarisch für diese Einschätzung noch darauf hingewiesen, dass der Vater der Klägerin vor dem Bundesamt einen Sohn namens M. erwähnt hat, der 1994 im Krieg getötet worden sei, den jedoch Ehefrau und Tochter gar nicht kennen. Die Mutter der Klägerin meinte hierzu auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass es sich tatsächlich um seinen Bruder gehandelt habe, den ihr Ehemann jedoch als seinen Sohn angesehen habe. Demgegenüber führt der Vater in seinem Vortrag vom 24. Juni 2016 wiederum noch einmal eindeutig aus, dass es sich um seinen eigenen Sohn gehandelt habe.
IV.
Die Klägerin hat des Weiteren auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG.
Der Klägerin droht nach Überzeugung des Gerichts weder die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG noch droht ihr ein ernsthafter Schaden durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG.
Der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist im Gesetz nicht näher definiert. Da die zuletzt genannte Vorschrift der Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 337, S. 9) - QRL - dient, ist dieser Begriff jedoch in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Begriff in Art. 15b QRL auszulegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) legt Art. 15b QRL wiederum in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zu Art. 3 EMRK aus (z. B. EuGH, U.v. 17.2.2009 - Elgafaji, C - 465/07
Dass der Klägerin insoweit keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht, ergibt sich bereits daraus, dass ihr Vortrag zu ihren Fluchtgründen in weiten Teilen unglaubhaft ist. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Soweit das Gericht den Vortrag insoweit als glaubhaft eingestuft hat, dass die Klägerin aufgrund ihrer Religion insbesondere beschimpft und bespuckt worden seien, so erreicht dies nicht den notwendigen Schweregrad, um eine Verletzung des Art. 3 EMRK annehmen zu können.
Darüber hinaus stellen auch die schlechten humanitären Bedingungen, die in Afghanistan herrschen, keinen Grund dar, um einen subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG zu begründen. Zwar ist dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in ganz außergewöhnlichen Fällen grundsätzlich möglich. Allerdings existiert hierfür eine sehr hohe Eingriffsschwelle und setzt voraus, dass im Falle der Rückführung die konkrete Gefahr einer unmenschlichen Behandlung in der Form unzureichender humanitärer Lebensbedingungen gerade Folge einer direkten oder indirekten Aktion von Seiten staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure ist. Dieses Erfordernis ergibt sich auch aus § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3c AsylG, wonach es auch beim subsidiären Schutz eines Verfolgungsakteurs, von dem die Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgeht, bedarf (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). Schlechte allgemeine wirtschaftliche oder humanitäre Lebensbedingungen im Abschiebezielstaat, die nicht auf einen solchen Akteur zurückführbar sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Die schlechten humanitären Lebensbedingungen in Afghanistan sind gerade nicht auf einen spezifischen Verfolgungsakteur zurückzuführen, sondern allgemeine und nicht individualisierbare Folge der schlechten ökonomischen Bedingungen und der schwierigen Sicherheitslage im Land. An dieser Situation hat sich auch aufgrund der jüngsten Erkenntnismittellage nichts geändert.
2. Ein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes ergibt sich auch nicht aufgrund einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Klägerin infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG.
Für die Beurteilung kommt es hierbei regelmäßig auf die Herkunftsregion des Ausländers an (BVerwG, U.v. 14.7.2009 - 10 C 9/08 - BverwGE 134, 188; BayVGH, U.v. 12.1.2012 - 13a B 11.30427 - juris Rn. 15 m. w. N.). Die Klägerin stammt vorliegend aus der Stadt und Provinz Ghazni, so dass auf diese Region abzustellen ist. Die obergerichtliche Rechtsprechung geht auf der Grundlage der verfügbaren Erkenntnismittel davon aus, dass afghanische Staatsangehörige bei einer Rückkehr in die Provinz Ghazni nach derzeitiger Sicherheitslage im Allgemeinen keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt sind (BayVGH, B.v. 20.8.2015 - 13 ZB 15.30062 - juris Rn. 7 zur Südostregion, der die Provinz Ghazni zuzurechnen ist; BayVGH, B.v. 11.3.2014 - 13a ZB 13.30246 - juris Rn. 5 f.; BayVGH, U.v. 4.6.2013 - 13a B 12.30063 - juris Rn. 15 ff.; OVG Lüneburg, U.v. 7.9.2015 - 9 LB 98/13 - juris Rn. 42 ff.). Das Gericht schließt sich dieser Einschätzung an. Auch aus den aktuellsten Erkenntnismitteln ergibt sich trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage keine derart hohe Gefahrendichte, dass praktisch jede Zivilperson schon alleine aufgrund ihrer Anwesenheit in der Provinz Ghazni einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt wäre (UNAMA Report v. 14.2.2016; EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan - Security Situation, v. 1.1.2016, S. 89 ff.). Individuelle gefahrerhöhende Umstände sind bei den Klägern nicht erkennbar, insbesondere handelt es sich bei den von den Klägerin befürchteten Gefahren und objektiv vorliegenden Indikatoren, wie der Zugehörigkeit zur hinduistischen Religion, ersichtlich um andere Gefahren als denjenigen, welche Zivilpersonen in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt drohen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Hindus der besonderen Gefahr von Anschlägen ausgesetzt oder gar Zielscheibe solcher Anschläge wären.
V.
Schließlich hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Ein solches kommt nicht in Betracht, da der Klägerin keine gegen Art. 3 EMRK oder ein anderes Grundrecht nach der EMRK verstoßende Behandlung droht. Insbesondere stellt die allgemeine Versorgungslage in Afghanistan keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK dar. Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat in ganz besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht jedoch allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen. In Afghanistan ist die allgemeine Lage jedenfalls nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde (EGMR, U.v. 13.10.2011 - NJOZ 2012, 952, Rn. 84; BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). In Fällen, in denen wie vorliegend gleichzeitig über die Gewährung subsidiären Schutzes zu entscheiden ist, scheidet darüber hinaus bei Verneinung dieser Voraussetzungen regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris Rn. 36). Insofern wird auf die Ausführungen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG Bezug genommen. Auch hinsichtlich des individuellen Vortrages der Klägerin in Bezug auf religiöse und sonstige Verfolgungsmaßnahmen kann auf obige Ausführungen zu den §§ 3 und 4 AsylG verwiesen werden, wonach der Vortrag nicht glaubhaft bzw. nicht von solcher Schwere ist, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK in Betracht zu ziehen ist.
VI.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylG bezüglich Afghanistan vorliegen. Soweit die Ziffern 3. und 4. des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 31. Juli 2012 dem entgegenstehen, werden sie aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Von den Kosten des Verfahrens hat die Klägerin 3/4, die Beklagte 1/4 zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wurde eigenen Angaben zufolge am … in Ghazni geboren. Sie sei afghanische Staatsangehörige mit der Volkszugehörigkeit Multani und der Glaubenszugehörigkeit Hindu. Sie gibt an, ihr Heimatland gemeinsam mit ihren Eltern zunächst nach Pakistan verlassen zu haben und dann gemeinsam mit ihrem Vater am 6. September 2011 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein. Hier stellte sie am 14. September 2011 einen Asylantrag.
Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 14. September 2011 sowie im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am
Zu ihren Fluchtgründen erklärte die Klägerin, ein unbekannter Mann habe ihre damals 16-jährige Schwester namens S. zwangsweise mitgenommen. Sie sei nach etwa einer Woche zurückgekommen und habe gesagt, sie wolle ein eigenes Zimmer im Haus haben. Noch in der gleichen Nacht habe sie sich dort erhängt. Der Entführer der Schwester habe einen Brief zurückgelassen, aus dem zu entnehmen gewesen sei, dass er sie mitgenommen habe. Sie hätten dann auch etwa drei Tage nach dem Tod der Schwester einen Drohbrief erhalten, wonach auch sie selbst mitgenommen werden sollte. Der Brief habe von derselben Person gestammt, die auch ihre Schwester entführt habe. Wegen dieses Drohbriefes habe sie dann etwa 15 bis 20 Tage nach dem Tod ihrer Schwester mit ihren Eltern Ghazni verlassen und nach nach Kabul gegangen. Sie hätten dann etwa 1 ½ Jahre in Kabul gelebt. Dort habe es keine Probleme mehr gegeben. Auf die Frage, ob es Probleme aufgrund ihres hinduistischen Glaubens gegeben habe, erklärte die Klägerin, sie seien von Bevölkerung beschimpft und bespuckt worden, da sie für diese Ungläubige seien. Sie hätten sich aber wenig mit der Religion beschäftigt. Sie sei einmal mit ihrem Vater im Tempel in Kabul gewesen. Darüber hinaus erklärte die Klägerin, dass ihre Mutter an Epilepsie leide. In Kabul sei sie deswegen mit Medikamenten behandelt worden, die die Familie bezahlt habe.
Auf Vorhalt, dass ihr Vater den Namen der zu Tode gekommenen Schwester mit „I.“ und deren Alter mit 20 Jahren angegeben habe sowie dass sie tot vor der Haustüre gelegen habe, erklärte die Klägerin, der Vater habe das Richtige gesagt. Ihren Namen habe er nicht ganz richtig ausgesprochen. Wie alt die Schwester gewesen sei, könne sie nicht genau sagen. Sie habe auch vor der Tür gelegen, ihr Vater habe ihr gesagt, dass der Mann, der sie mitgenommen habe, sie ermordet und dann vor die Tür gelegt habe. Auf weitere Nachfrage bekräftigte sie, dass sie wisse, dass die Schwester Selbstmord begangen habe. Danach befragt, ob sie einen Bruder namens M. gehabt habe, erklärte die Klägerin, dass sie diesen Namen nicht kenne. Auch dass dieser 1994 getötet worden sein soll, wisse sie nicht.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom
II.
Gegen den am 4. August 2012 zugestellten Bescheid des Bundesamtes ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. August 2012, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg am gleichen Tage, Klage erheben.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom
2. Es wird festgestellt, dass für die Klägerin Abschiebeverbote nach § 60 AufenthG vorliegen.
Des Weiteren wurde beantragt, der Klägerin Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 6. Juni 2016
Mit Beschluss vom 7. Juni 2016
Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan, Stand April 2016, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten und auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom
Gründe
Die Klage, über die trotz des Ausbleibens von Beteiligten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und teilweise begründet, soweit sie darauf gerichtet ist, bei der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan festzustellen. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Soweit der Bescheid des Bundesamtes vom 31. Juli 2012 dem in seinen Ziffern 3. und 4. entgegensteht, ist dieser aufzuheben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO). Darüber hinaus ist der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 31. Juli 2012 rechtmäßig. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, oder die Zuerkennung des subsidiären Schutzes, § 4 Abs. 1 AsylG, noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Insoweit ist die Klage unbegründet und war daher abzuweisen. Maßgeblich für die Entscheidung über Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG).
A. I.
Die Klägerin hat Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren i. S. des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe allgemein betreffen, so ist die Gewährung von Abschiebungsschutz einer politischen Leitentscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60a AufenthG vorbehalten. Beim Fehlen einer politischen Regelung i. S. des § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke in Betracht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zutreffend anerkannt, dass im Falle einer extremen allgemeinen Gefahrenlage, die den einzelnen Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde, unabhängig vom Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 a AufenthG Schutz vor Abschiebung gewährt werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 - BVerwGE 99, 324 ff., juris; U.v.
1.a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte ergibt sich aus den Erkenntnismitteln zu Afghanistan derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr aufgrund der allgemein schwierigen Verhältnisse in eine extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Arbeitseinkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren (ständige Rechtsprechung, z. B. BayVG,
b) Die Klägerin im vorliegenden Verfahren ist aufgrund ihrer persönlichen Umstände - allein aufgrund ihres Geschlechts - jedoch ersichtlich nicht der o.g. Gruppe der alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen Rückkehrer nach Afghanistan zuzurechnen. Eine extreme Gefahrenlage kann sich nämlich umgekehrt für besonders schutzbedürftige Rückkehrer wie Minderjährige, alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, alleinstehende Frauen mit und ohne Kinder, Familien mit Kleinkindern und Personen, die aufgrund besonderer persönlicher Merkmale zusätzlicher Diskriminierung unterliegen, ergeben (vgl. München,
Zur aktuellen Lage in Afghanistan stellt das Auswärtige Amt im Lagebericht vom
Die Schweizer Flüchtlingshilfe teilt in ihrem Update vom
Der UNHCR erklärt in seinen Richtlinien vom
c) Bei der Beurteilung, ob im Einzelfall eine extreme Gefahrenlage besteht, ist zudem zu beachten, dass Familienangehörige wegen des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG nur gemeinsam mit ihren Kindern und ihrem Ehepartner nach Afghanistan zurückkehren können (vgl. BVerfG, B.v. 5.6.2013 - 2 BVR 586/13 - juris). Daher sind bei der Beantwortung der Frage, ob das Existenzminimum im Heimatland gewährleistet sein wird, alle Familienmitglieder gemeinsam in den Blick zu nehmen (BVerwG, U.v. 8.9.1992 - 9 C 8.91 - juris; VG München, U.v. 21.4.2016 - M 15 K 16.30413 - juris Rn. 23; VG Gelsenkirchen, U.v. 20.8.2015 - 5 a K 4515/13 A - juris Rn. 42). Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen, wie bei Angehörigen, die als politisch Verfolgte Abschiebungsschutz genießen, könne eine andere Betrachtung geboten sei (BVerwG a. a. O.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor, so dass eine gemeinsame Rückkehr der Klägerin mit ihren Eltern, den Klägern im ebenfalls am 5. Juli 2016 entschiedenen Parallelverfahren W 1 K 16.30614, zugrunde zu legen ist.
d) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen würde sich die allgemeine Gefahrensituation in Afghanistan für die Klägerin derart zu einer extremen Gefahr verdichten, dass eine Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung im vorliegenden Fall geboten ist.
Die Klägerin wäre bereits allein schon aufgrund der patriarchalischen Sozialnormen und der damit einhergehenden untergeordneten Stellung der Frau in Afghanistan nicht in der Lage, ihren eigenen Unterhalt, geschweige denn den der gesamten Familie, zu erwirtschaften. In Afghanistan hat sie keine Schule besucht oder einen Beruf erlernt. Menschen, die Analphabeten sind und keinen Beruf erlernt haben, haben bestenfalls die Möglichkeit, sich um Hilfsarbeiten zu bemühen, die regelmäßig mit harter körperlicher Arbeit verbunden sind (vgl. Sachverständigengutachten des Dr. D. an den Hess. VGH
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Rückkehrsituation wesentlich auch davon mitgeprägt wird, ob sich Rückkehrer auf familiäre oder sonstige verwandtschaftliche Strukturen verlassen können oder ob sie auf sich allein gestellt sind. Die Klägerin hat vor dem Bundesamt angegeben, im Heimatland keine weiteren Verwandten zu haben. Das Gericht ist unter Einbeziehung der Aussagen ihrer Eltern, den Klägern im Verfahren W 1 K 16.30614, der Auffassung, dass die Klägerin zumindest nicht auf verwandtschaftliche Hilfe in Afghanistan hoffen könnte. Der Vater der Klägerin hat nämlich insoweit vor dem Bundesamt angegeben, dass er in Kabul einen Cousin habe. Er hat dort jedoch auch mehrmals erwähnt, dass er schon lange keinen Kontakt mehr zu diesem Cousin gehabt habe und er darüber hinaus keinerlei Verwandtschaft in Afghanistan besitze. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nunmehr nach diesem Cousin befragt angegeben, dass es einen solchen Cousin nicht gebe, es habe sich um einen Übersetzungsfehler vor dem Bundesamt gehandelt. Auch wenn dies dem Gericht nicht glaubhaft erscheint, so ist es dennoch davon überzeugt, dass der Vater der Klägerin zu diesem einzigen Verwandten in seinem Heimatstaat - nicht zuletzt aufgrund des vergangenen langen Zeitraums seit der Ausreise der Kläger vor rund 5 Jahren - keine Verbindungen mehr hat und insoweit auch nicht auf dessen Hilfe hoffen könnte. Auch die Mutter der Klägerin hat im gesamten Verfahren glaubhaft angegeben, nicht über weitere Verwandtschaft in Afghanistan zu verfügen, was auch naheliegend erscheint, nachdem nur noch rund 3.000 Hindus überhaupt noch in Afghanistan leben.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Klägerin - wie auch ihre Eltern - der Religionsgruppe der Hindus zugehört, welche in Afghanistan von der muslimischen Mehrheitsbevölkerung als Außenseiter betrachtet werden und mit gesellschaftlicher Diskriminierung konfrontiert sind, was die wirtschaftliche Situation die Klägerin über die ohnehin sehr schwierige allgemeine Lage hinaus noch weiter negativ beeinflussen würde. Als Zugehörige einer kleinen Minderheit könnte die Klägerin nämlich nicht auf ein Patronagenetzwerk zurückgreifen, welches in Afghanistan der Erkenntnismittellage entsprechend - unabhängig von den oben dargestellten für die Klägerin bereits unüberwindbaren Probleme - notwendig ist, um die Chance etwa auf einen Arbeitsplatz oder Wohnraum zu erhalten.
Eine andere Einschätzung ergibt sich schließlich auch nicht mit Blick auf die Eltern der Klägerin, die Kläger im Parallelverfahren W 1 K 16.30614. Auch wenn die Klägerin entsprechend der obigen Ausführungen gemeinsam mit ihren Eltern nach Afghanistan zurückkehren würde, so würde sich an der extremen Gefahr, in die die Klägerin und mit ihr die gesamte Familie alsbald nach ihrer Rückkehr geraten würde, nichts ändern. Dies ergibt sich aus folgenden weiteren Erwägungen in Bezug auf die Eltern der Klägerin:
Was den Vater der Klägerin angeht, so ist zentral bereits dessen hohes Alter von mittlerweile 70 Jahren in den Blick zu nehmen, womit er die in Afghanistan derzeit bestehende Lebenserwartung von 50 Jahren (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2015) statistisch bereits signifikant überschritten hat. Aufgrund dieses Alters erscheint es dem Gericht ausgeschlossen, dass er in Afghanistan noch in der Lage wäre, den Lebensunterhalt für sich, geschweige denn - wie es in Afghanistan vielfach üblich ist - auch für seine Familie zu erwirtschaften. Zwar hat der Vater in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass es ihm gesundheitlich gut gehe, er hat jedoch in glaubhafter Weise ebenfalls darauf verwiesen, dass er Probleme mit den Zähnen und seinem Rücken habe, an dem er in Afghanistan operiert worden sei. Er sieht sich selbst daher nicht mehr in der Lage dazu, aufgrund seines Alters in Afghanistan zu arbeiten. Dies deckt sich mit der Einschätzung des Gerichts aus der mündlichen Verhandlung, in dem der Vater augenscheinlich einen schwachen und gebrechlichen Eindruck gemacht hat. In Afghanistan herrscht zudem wie ausgeführt sehr hohe Arbeitslosigkeit. Menschen, die, wie der Vater der Klägerin Analphabeten sind und keinen Beruf erlernt haben, haben bestenfalls die Möglichkeit, sich um Hilfsarbeiten zu bemühen, die regelmäßig mit harter körperlicher Arbeit verbunden sind (vgl. Sachverständigengutachten des Dr. D. an den Hess. VGH
Auch die Mutter der Klägerin ist bereits 61 Jahre alt. Sie leidet darüber hinaus an einer Vielzahl von Erkrankungen (cerebrales Anfallsleiden, chronische Bronchitis, Retropatellar-Arthrose beidseitig, Arthrose der rechten Hand, chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Helicobacter positive Gastritis (Oktober 2013), Hypertonie). Sie machte in der mündlichen Verhandlung auf den erkennenden Einzelrichter einen sehr geschwächten Eindruck und hat sich beim Gehen auf einen Rollator stützen müssen. Aufgrund dieser sehr schlechten gesundheitlichen Situation sowie der aufgrund der geltenden Sozialnormen generell untergeordneten Stellung der Frau in der afghanischen Gesellschaft wäre es ihr vollkommen unmöglich, ihren eigenen Lebensunterhalt oder gar den der Familie zu erwirtschaften. Die Mutter verfügt darüber hinaus wie ihr Ehemann und ihre Tochter ebenfalls nicht über Schulbildung, ist Analphabetin und hat zeitlebens nur im Haushalt gearbeitet. Zudem ist bei der Mutter der Klägerin zu bedenken, dass sie - zumindest was ihr cerebrales Anfallsleiden betrifft - zur Vorbeugung gegen epileptische Anfälle auf eine Dauermedikation angewiesen ist, wie sie glaubhaft in der mündlichen Verhandlung angegeben hat und sich darüber hinaus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenverordnungsübersicht von Herrn Dr. P. vom 20. Juni 2016 ergibt. Die Mutter ist gegen diese Erkrankung in ihrem Heimatland zwar bereits vor ihrer Ausreise behandelt worden, jedoch sind die erforderlichen Medikamente nach ihrem Vortrag wie auch den Ausführungen des Beklagten im angegriffenen Bundesamtsbescheid durch die Kläger selbst zu finanzieren (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10.1.2012). Diese für afghanische Verhältnisse keinesfalls vernachlässigbaren Kosten würden den Lebensunterhalt der Mutter und damit der gesamten Familie über die gewöhnlichen Verhältnisse hinaus weiter verteuern.
Im Rahmen einer Gesamtschau all dieser Aspekte würde der Klägerin bei einer Rückkehr nach Afghanistan alsbald in eine extreme Gefahrenlage geraten, in der ihr Leben akut in Gefahr wäre. Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass die beschriebene extreme Gefahr die Klägerin landesweit, insbesondere in der Hauptstadt Kabul und in ihrer Herkunftsregion, der Stadt Ghazni in der gleichnamigen Provinz, alsbald nach ihrer Rückkehr treffen würde.
II.
Wegen des nach alledem festzustellenden Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG steht § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG auch der unter Ziffer 4. des angegriffenen Bundesamtsbescheides verfügten Abschiebungsandrohung entgegen, so dass diese ebenso wie dessen Ziffer 3. - soweit sie der ausgesprochenen Verpflichtung entgegen steht - aufzuheben war.
B. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Klägerin hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG oder auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
III.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, weil ihr im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan keine landesweite asylrelevante Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 i. V. m. §§ 3a ff. AsylG droht.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG (BT-Drs. 16/5065 S. 213; vgl. auch § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Gemäß § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 24. Oktober 2015 geltenden Fassung (Art. 1, Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes v. 20.10.2015, BGBl I, S. 1722 ff.) in der Fassung der Änderungen durch Art. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 390 ff.) sowie Art. 2 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 394 ff.) anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG - wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG - die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
Dies zugrunde gelegt hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG. Der Einzelrichter folgt gemäß § 77 Abs. 2 AsylG den Ausführungen der Beklagten im Bescheid des Bundesamtes vom 31. Juli 2012 und sieht von einer weiteren Darstellung ab, soweit darin eine Gruppenverfolgung der Hindus in Afghanistan abgelehnt wird.
Ergänzend ist auszuführen, dass diese Auffassung durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Urteil vom 19. September 2013 mit überzeugenden Ausführungen bestätigt wurde (VGH Baden-Württemberg, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 65 ff.). Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht für das vorliegende Verfahren an. Auch den vorliegenden aktuellsten Erkenntnismitteln lässt sich keine Situation entnehmen, die eine Änderung dieser Einschätzung rechtfertigen würde.
So wird im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6. November 2015 im hier relevanten Kontext dargelegt, dass die indische Botschaft in Kabul davon ausgehe, dass in Afghanistan wenige Tausend Hindus und Sikhs verblieben seien. Es gebe vier Hindutempel landesweit, zwei davon in Kabul sowie je einen in Jalalabad und Helmand. Staatliche Diskriminierung gebe es nicht, auch wenn der Weg in öffentliche Ämter für Hindus schon aufgrund fehlender Patronagenetzwerke schwierig sei. Hindus würden aber von großen Teilen der muslimischen Bevölkerung als Außenseiter wahrgenommen. Viele Muslime lehnten insbesondere Feuerbestattungen ab, die im Hinduismus das zentrale Begräbnisritual darstellten. Die afghanische Regierung habe darauf reagiert, indem sie den Hindus einen dafür gewidmeten Ort zur Verfügung gestellt habe. Auf dem Weg dorthin würden Trauergemeinden allerdings den Berichten zufolge belästigt und bedroht. Es gebe auch Berichte, wonach Hindus und Sikhs Opfer illegaler Enteignungen und Beschlagnahmung ihrer Grundstücke geworden seien. Seit 2014 hätten Hindus und Sikhs Anspruch auf einen gemeinsamen Sitz im Parlament, der derzeit durch eine Frau eingenommen werde.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe führt in ihrem Update vom 13. September 2015 aus, dass sich Hindus weiterhin mit Diskriminierungen konfrontiert sähen. Die afghanische Regierung sei bislang nicht gegen die stark eingeschränkte Teilhabe der Hindus an Politik, Geschäftsleben und unrechtmäßigen Enteignungen vorgegangen. Sie sei nicht willens oder fähig, die religiösen Minderheiten vor Übergriffen zu schützen. Bei Ausübung der religiösen Zeremonien, insbesondere bei Beisetzungen, komme es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen.
Der UNHCR schreibt in seinen aktuellen Richtlinien vom 19. April 2016, dass eine große Zahl von Hindus Afghanistan als Reaktion auf große Schwierigkeiten, denen sie sich ausgesetzt sähen, verlassen hätte. Die geringe Zahl der verbliebenen Hindus sei Berichten zufolge umso verletzlicher für Missbrauch. Obwohl es den Hindugemeinden erlaubt sei, ihre Religion öffentlich zu praktizieren, werde berichtet, dass sie sich fortgesetzter Diskriminierung durch den Staat gegenüber sähen, etwa im Bereich der politischen Partizipation und Stellenbesetzung innerhalb der Regierung. Ebenso werde berichtet, dass sich die Hindus gesellschaftlicher Diskriminierung und Einschüchterung ausgesetzt sähen. Die Hindugemeinden berichteten von Schwierigkeiten bei der Ausführung von Begräbnisritualen und fühlten sich ungeschützt durch staatliche Behörden, etwa im Falle von Landstreitigkeiten. Hindus seien Berichten zufolge Opfer von illegaler Landnahme geworden und würden es aus Angst vor Vergeltung unterlassen, zur Wiedererlangung der Grundstücke gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gebe eine kleine Zahl von Schulen für Hindus; Hindu-Kinder seien beim Besuch staatlicher Schulen in Kabul Belästigungen und Mobbing ausgesetzt.
Es zeigt sich nach alledem, dass Hindus allein aufgrund ihrer Volks- bzw. Religionszugehörigkeit oder ihres Erscheinungsbildes weder Tötungen noch schweren körperlichen Misshandlungen oder ähnlich schwerwiegenden Rechtsgutsverletzungen ausgesetzt sind. Insoweit hat sich die Situation seit der Herrschaftszeit der Taliban deutlich verbessert. Das, was den Hindus in Afghanistan widerfährt, ist Ausfluss der allgemeinen Situation in Afghanistan. Politische und administrative Ämter werden oft willkürlich vergeben, wobei informelle Beziehungsnetzwerke und der Proporz der Ethnien eine wesentliche Rolle spielen. Primäres Kriterium bei der Personalauswahl ist häufig die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe oder einem bestimmten Clan. Marginalisierte Gruppen wie etwa die Hindus haben aus diesem Grunde geringere oder nahezu keine Chancen, bei öffentlichen Positionen eingestellt zu werden. Korruption und die Zahlung von Schmiergeldern ist in Afghanistan an der Tagesordnung. Durch Einflussnahme und Zahlung von Bestechungsgeldern an Justiz und Verwaltung werden Entscheidungen nach rechtstaatlichen Grundsätzen in weiten Teilen verhindert. So ist etwa das Problem der illegalen Landnahmen und die mangelnde Durchsetzbarkeit von Rückgabeansprüchen kein spezifisches gegen Hindus gerichtetes Phänomen, sondern auch andere Bevölkerungsgruppen sind hiervon betroffen (vgl. VGH BW, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 89). Das Gericht schließt sich vor diesem Hintergrund abermals der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in der zitierten Entscheidung an, wonach konkrete Referenzfälle, die den Schluss erlauben würden, dass die Diskriminierung der Minderheit der Hindus oder auch sonstige Beeinträchtigungen und Repressalien gegen sie nicht nur auf den vorstehend beschriebenen Missständen beruhen, sondern Bestandteile eines Vorgehens gezielt gegen diese Minderheiten wären, den vorliegenden - auch aktuellsten -Erkenntnisquellen nicht zu entnehmen sind.
2. Auch eine individuelle Verfolgung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als Hindu, § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG, die eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach sich zöge, kann die Klägerin nicht geltend machen.
Eine Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG aus Gründen der Religion kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH v. 5.9.2012 - C - 71/11 und C - 99/11
Die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung i. S.v. § 3a Abs. 1 AsylG zu erfüllen, hängt von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 28 ff.).
Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter, wie z. B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere - aber nicht nur - dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei Strafrechtsverboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, weil ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, keine erhebliche Verfolgungsgefahr begründet (BVerwG a. a. O., Rn. 28 m. w. N.). Ein hinreichend schwerer Eingriff setzt dabei nicht voraus, dass der Ausländer seinen Glauben nach der Rückkehr in sein Heimatland tatsächlich in einer Weise ausübt, die ihn der Gefahr einer Verfolgung aussetzt. Auch der unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung kann die Qualität einer Verfolgung erreichen (BVerwG, a. a. O. Rn. 26).
Als relevanter subjektiver Gesichtspunkt ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrenträchtigen religiösen Praxis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 29; VGH BW a. a. O. Rn. 48; OVG NRW a. a. O. Rn. 35). Denn der Schutzbereich der Religionsfreiheit erfasst sowohl die von der Glaubenslehre vorgeschriebenen Verhaltensweisen als auch diejenigen, die der einzelne Gläubige für sich selbst als unverzichtbar empfindet. Dabei kommt es auf die Bedeutung der religiösen Praxis für die Wahrung der religiösen Identität des einzelnen Ausländers an, auch wenn die Befolgung einer solchen religiösen Praxis nicht von zentraler Bedeutung für die betreffende Glaubensgemeinschaft ist (BVerwG
Die von der Klägerin vorgetragenen Verfolgungsmaßnahmen aus religiösen Gründen weisen bereits objektiv nicht die erforderliche Schwere auf, so dass sie nicht als Verfolgungshandlungen i. S. d. § 3a Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 AsylG zu qualifizieren sind.
Die Klägerin hat insoweit vor dem Bundesamt vorgetragen, dass - wenn sie ab und zu draußen gewesen seien - sie von der Bevölkerung beschimpft worden seien, da diese sie als Ungläubige angesehen hätten. Die Leute hätten auch auf sie gespuckt. Darüber hinaus habe es aber nichts gegeben. Sie hätten sich auch wenig mit der Religion beschäftigt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin diesen Vortrag in Übereinstimmung mit den Aussagen vor dem Bundesamt weitgehend - mit teilweise anderen Worten - wiederholt (hätten nicht nach draußen gehen können, wurden als Ungläubige bezeichnet, man habe sie ausgelacht und bespuckt). Dieser Teil ihrer Schilderungen kann nach Auffassung des Gerichts als wahr unterstellt werden. Er deckt sich insbesondere auch mit den Aussagen ihrer Eltern vor dem Bundesamt sowie mit der bereits oben dargestellten Erkenntnismittellage zur Situation der Hindus in Afghanistan. Dasselbe kann für die geringfügige Erweiterung in der mündlichen Verhandlung gelten, wonach die Klägerin in Afghanistan ein Kopftuch habe tragen müssen. Dies erscheint dem Gericht zum einen als Detail, das die Klägerin vor dem Bundesamt vergessen haben könnte zu erwähnen, zumal es auch in seiner Qualität nicht gegenüber dem bisherigen Vortrag - und in Abgrenzung zu anderen Weiterungen (s.u.) - in besonderer Weise hervortritt und auch zwanglos in dem islamisch geprägten Herkunftsland der Klägerin als wahr unterstellt werden kann.
Diese erlittenen Handlungen sind jedoch nicht so gravierend, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, darstellen, § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Nach Art. 15 Abs. 2 EMRK sind Abweichungen von dem Recht auf Leben, dem Verbot der Folter, dem Verbot der Sklaverei und Leibeigenschaft sowie dem Grundsatz, dass keine Strafe ohne Gesetz erfolgen darf, nicht zulässig. Diese Rechtsgüter wurden durch die genannten Maßnahmen in keiner Weise tangiert. Auch darüber hinaus ist eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte weder durch die Art noch durch die Wiederholung der in Rede stehenden Handlungen ersichtlich, auch nicht in Form einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen i. S.v. § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Das Beschimpfen, Auslachen und Bespucken sowie der - mindestens gesellschaftliche - Zwang, in der Öffentlichkeit Kopftuch tragen zu müssen, weisen als Angriffe insbesondere auf die Ehre der Klägerin sowie ihre allgemeine Handlungs- und Entfaltungsfreiheit, sich nach eigenen Vorstellungen kleiden zu können, ihrer Art nach keine derartige Schwere auf, dass sie einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung gleichkämen. Dasselbe gilt aber auch mit Blick auf die Wiederholung und Kumulierung derartiger Handlungen gegenüber der Klägerin, der dies ihrem Vortrag nach öfters widerfahren ist. Eine flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlung vermag dies gleichwohl nicht zu begründen, da eine unzumutbare Einschränkung der persönlichen Existenz hierin noch nicht zu erblicken ist. Insbesondere ist es in Afghanistan aufgrund des dort herrschenden patriarchalischen Gesellschaftssystems allgemein nicht üblich, dass sich Frauen dort frei und ohne Einschränkungen außerhalb der eigenen Häuslichkeit in der Öffentlichkeit bewegen. Diese gesellschaftliche Tatsache beruht daher offensichtlich nicht auf der Religionszugehörigkeit der Klägerin. Dasselbe gilt für das gebotene Tragen eines Kopftuches in der Öffentlichkeit. Zudem ergibt sich aus den anderweitigen Aussagen der Klägerin, dass sie gleichwohl nach draußen gegangen ist, auch wenn sie sich sicherlich aufgrund des ablehnenden Verhaltens der muslimischen Mehrheitsbevölkerung hierbei selbst beschränkt hat. Auch hat sie angegeben, mit ihrem Vater einmal den Hindutempel besucht zu haben.
Soweit die Klägerin darüber hinaus weitergehende Verfolgungshandlungen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als Hindu vorgetragen hat, so können ihr diese nicht geglaubt werden. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf Befragen des Gerichts erstmals - fast 5 Jahre nach ihrer Einreise nach Deutschland - erklärt, es habe für sie keine Möglichkeit bestanden, die Schule zu besuchen. Zudem seien sie ständig dem Zwang ausgesetzt gewesen, Muslime zu werden, andernfalls die Gefahr bestanden habe, getötet zu werden. Diese als erheblich einzustufenden Steigerungen des verfolgungsrelevanten Sachvortrages erzeugen beim Gericht erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Angaben (vgl. auch § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Die Klägerin hat vielmehr alle wesentlichen Umstände ihrer Verfolgung bzw. der Furcht vor Verfolgung bereits in der Anhörung vor dem Bundesamt vorzutragen (§ 25 Abs. 1 AsylG). Die Unglaubhaftigkeit dieses Teils ihres Vortrages ergibt sich auch daraus, dass die Klägerin vor dem Bundesamt auf ausdrückliche Nachfrage erklärt hat, über das Geschilderte hinaus sei im Hinblick auf Verfolgungsmaßnahmen aus religiösen Gründen nichts Weiteres vorgefallen. Auch hat sie dort bezeichnenderweise angegeben, dass die Familie in Kabul keine Probleme gehabt habe; einen konkreten Anlass für die Ausreise habe es nicht gegeben. Eine nachvollziehbare Erklärung dieser Weiterungen ist darüber hinaus nicht ersichtlich. Was die fehlende Möglichkeit eines Schulbesuchs angeht, so deckt sich dies - unabhängig von vorstehenden Ausführungen - nicht mit der oben dargestellten Erkenntnismittellage. Der UNHCR hat insoweit ausgeführt, dass es eine kleine Zahl von Schulen für Hindus gebe; Hindu-Kinder seien beim Besuch staatlicher Schulen in Kabul Belästigungen und Mobbing ausgesetzt. Es erscheint also eher so, dass die Klägerin die Schule nicht besucht hat, um den bezeichneten Belästigungen aus dem Wege zu gehen, oder schlicht, weil es in Afghanistan zumindest faktisch keineswegs die Regel darstellt, dass ein gesicherter Schulbesuch stattfindet, was die große Zahl von Analphabeten beweist. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass für die Klägerin keinerlei Möglichkeit bestanden hat, zumindest zeitweise und unter Inkaufnahme gewisser Erschwernisse eine Schule zu besuchen.
Ist die Klägerin nach alledem hinsichtlich ihrer Religionszugehörigkeit unverfolgt aus Afghanistan ausgereist, so lässt sich darüber hinaus der aktuellen Erkenntnismittellage ebenfalls nicht entnehmen, dass dieser bei ihrer jetzigen Rückkehr nach Afghanistan Maßnahmen von staatlicher bzw. nicht staatlicher Seite drohen, die über das seinerzeit Erlebte hinausgehen würden. Auf die obigen Ausführungen zur Situation der Hindus in Afghanistan wird diesbezüglich verwiesen.
3. Darüber hinaus ergibt sich für die Klägerin auch keine begründete Furcht vor Verfolgung aus ihrem weiteren Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung einer angeblichen Schwester sowie der drohenden Entführung und Ermordung ihrer eigenen Person bzw. sogar der gesamten Familie.
Bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt hat die Klägerin dieses Verfolgungsschicksal bereits nicht mit Verfolgungsgründen i. S. d. § 3b AsylG in Verbindung gebracht, so dass bereits aus diesem Grunde die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausscheiden würde. Soweit sie jedoch nunmehr diese Handlungen damit in Verbindung bringen will, dass sie Hinduistin ist und damit eine Hinwendung zum islamischen Glauben erzwungen werden sollte bzw. nach anderweitigem Vortrag ihres Vater, dass damit die Verheiratung der Töchter erzwungen werden sollte, so ist dieser gesamte vorgetragene Komplex bereits im eigenen Vortrag jedes einzelnen Familienmitgliedes (der Klägerin sowie ihres Vaters und ihrer Mutter, den Klägern im Verfahren W 1 K 16.30614) und sodann auch im Vergleich mit den Schilderungen der jeweils anderen Familienmitglieder mit einer solchen Vielzahl nicht erklärbarer Widersprüche behaftet, dass er den Klägern insgesamt nicht geglaubt werden kann.
Zunächst divergieren bereits die Namen der angeblich getöteten Schwester der Klägerin. Während ihr Vater vor dem Bundesamt angegeben hat, seine Tochter habe I. geheißen, wurde der Name von ihrer Mutter vor dem Bundesamt mit S. angegeben, während sie selbst dort den Namen S. gebrauchte. Auf entsprechenden Vorhalt vor dem Bundesamt erklärte ihre Mutter bezüglich dieser Differenzen, ihr Ehemann könne den Namen der Tochter nicht richtig aussprechen und bei dem von der Tochter gebrauchten Namen könne es sich um einen Spitznamen handeln. Bereits dies erscheint abwegig, nachdem die Bezeichnungen S. und I. keinerlei phonetische Gemeinsamkeiten aufweisen. Falls es sich bei dem Namen S. um einen Spitznamen gehandelt haben sollte, so ist nicht erklärlich, warum die Mutter diese Tatsache über ihre Tochter nicht sicher gewusst haben sollte. Im schriftsätzlichen Vortrag des Vaters vom 24. Juni 2016 bezeichnet dieser seine Tochter nunmehr als S., während er sie auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung als Se. bezeichnet. Auf Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung zu diesen Diskrepanzen erläuterte der Vater, es habe sich vor dem Bundesamt um eine falsche Übersetzung gehandelt. Dies erscheint nicht nachvollziehbar, nachdem er diesen Namen dort mindestens zweimal selbst erwähnt hat und auch der Anhörende in seinen Nachfragen den Namen I. gebraucht hat, so dass der Vater diesen sicherlich korrigiert hätte, wenn es sich tatsächlich um einen Übersetzungsfehler gehandelt hätte. Zudem hat er zum Ende der Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. In Abweichung ihren Angaben vor dem Bundesamt erklärt die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts sodann, dass ihre getötete Schwester Se. geheißen habe. Auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts gab sie an, der Übersetzer vor dem Bundesamt habe den genannten Namen (S.) wohl falsch gehört, es liege ein Übersetzungsfehler vor. Auch dies ist aufgrund fehlender phonetischer Gemeinsamkeiten zwischen den Namen Se. und S. sowie ihrer Aussage zum Ende der Befragung, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe, nicht glaubhaft. All dies legt einzig und allein den Schluss nahe, dass es sich hierbei nicht um tatsächlich Erlebtes handelt. An derartiges Basiswissen wie den Namen eines Familienmitgliedes müssten sich alle Familienmitglieder gleichermaßen zwingend erinnern können.
Darüber hinaus divergieren sodann auch die Beschreibungen zum Ablauf der Entführung und Tötung der Schwester bzw. Tochter. Unklarheiten bestehen schon dahingehend, wann sich dieser Vorfall zugetragen haben soll. So erwähnte der Vater der Klägerin vor dem Bundesamt zunächst, dass diese Tochter drei Monate vor der Ausreise aus Afghanistan ums Leben gekommen sei. An anderer Stelle gibt er jedoch an, dass die Familie nach diesem Vorfall nach Kabul geflüchtet sei und dort noch ein Jahr bis zur endgültigen Ausreise aus Afghanistan gelebt habe. Letztere wiederum soll laut Vortrag vor dem Bundesamt Ende Juni 2011/Anfang Juli 2011 stattgefunden habe, was nach Einschätzung des Gerichts der Wahrheit entsprechen dürfte, da sich bei den Behördenakten im Verfahren W 1 K 16.30614 ein Schreiben des B.-Krankenhauses in H. befindet, in dem die Mutter der Klägerin am 28. Juni 2011 nach einem epileptischen Anfall vorstellig geworden ist. Darin wird erwähnt, dass diese kurz zuvor aus Afghanistan kommend nach Deutschland eingereist sei. In der mündlichen Verhandlung wiederum nimmt der Vater als Zeitpunkt für den Vorfall der Entführung und Ermordung der Tochter etwa den November 2009 an, jedenfalls sei es im Winter gewesen. Die Klägerin wiederum gab bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt an, dass sie, nachdem sie nach Kabul geflüchtet seien, dort noch eineinhalb Jahre bis zur Ausreise gelebt hätten. In der mündlichen Verhandlung gab sie zu Protokoll, sie könne den Vorfall zeitlich nicht genau einordnen. Es sei jedoch in der kalten Jahreszeit gewesen. Sie hätten in Kabul danach noch etwa ein Jahr gelebt. Die Mutter der Klägerin kann sich ebenfalls nicht erinnern, wann sich der Vorfall genau zugetragen hat. Sie meinte in der mündlichen Verhandlung, dass es etwa sechs Jahre her sein müsse. Das Gericht ist der Überzeugung, dass ein derartig einschneidendes Ereignis, sollte es sich tatsächlich zugetragen haben, von den Familienmitgliedern genauer zeitlich eingeordnet werden müsste - auch unter Berücksichtigung des Bildungsstandes der Kläger. Dass dem nicht so ist, lässt für das Gericht nur den Schluss zu, dass dieses tatsächlich nicht stattgefunden hat. Dafür sprechen auch weitere Ungereimtheiten.
Zum Ablauf der Entführung hat der Vater vor dem Bundesamt angegeben, die Tochter sei von vermummten Personen entführt und getötet worden. Später sprach er dann von einem Mann, der zu ihnen ins Haus gekommen sei und die Tochter zwangsweise mitgenommen habe. Die Mutter erwähnte vor dem Bundesamt zwei vermummte Personen, die nachts gewaltsam in ihr Haus gekommen seien und die Tochter mitgenommen hätten. Einer davon sei bewaffnet gewesen und habe sie gestoßen. Ob ihre Tochter K. die Entführung gesehen habe, wisse sie nicht. Diese habe sich versteckt. Die Klägerin schließlich gab vor dem Bundesamt an, sie wisse nicht, wie und wo ihre Schwester entführt worden sei. Der Entführer habe jedenfalls einen Brief zurückgelassen, aus dem ersichtlich gewesen sei, dass er sie mitgenommen habe. Im Schreiben vom 24. Juni 2016 erklärte der Vater demgegenüber, dass zunächst zwei Männer an der Haustüre gewesen seien, die etwas zu essen hätten haben wollen und die er dann in das Haus gelassen habe. Nach dem Essen habe der ältere der beiden Männer gewollt, dass dessen mit anwesender Sohn seine Tochter S. heiratet. Da die Familie damit nicht einverstanden gewesen sei, seien sie mit einer Pistole bedroht worden. Einer der Männer habe dann mittels Handy zwei weitere Männer verständigt, die ihn dann auf sein Gesicht geschlagen hätten, so dass er geblutet und Zähne verloren habe. Seine Frau habe dabei einen epileptischen Anfall erlitten. Er und seine Tochter K. seien dann gefesselt worden und daraufhin hätten die Männer die Tochter S. mitgenommen. In der mündlichen Verhandlung wiederum berichtet der Vater der Klägerin nur mehr von zwei Personen, die bei der Entführung anwesend gewesen seien. Dies bestätigt auch die Tochter in der mündlichen Verhandlung, so dass sich eine nicht erklärbare Diskrepanz hinsichtlich der Zahl der Entführer ergibt. Auch besteht eine solche hinsichtlich der Frage, ob die Familie die Entführer ins Haus gelassen hat oder ob diese gewaltsam eingedrungen sind, wie die Mutter vor dem Bundesamt behauptet hat. Auch besteht ein Widerspruch dahingehend, ob die Klägerin bei der Entführung zugegen war. Während ihre Mutter und sie selbst in der mündlichen Verhandlung angaben, sie sei im Haus gewesen, habe sich aber in einem anderen Zimmer versteckt, konnte sie vor dem Bundesamt auf Befragen nicht angeben, wo und wie sich die Entführung abgespielt habe, obwohl sie diese gleichwohl mit eigenen Augen aus ihren Versteck mit angesehen haben will, wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärt hat. Demgegenüber trägt der Vater in seinem Schreiben vom 24. Juni 2016 vor, dass er und seine Tochter K. von den Entführern gefesselt worden seien, was wiederum zwingend für deren direkte Anwesenheit bei dem Geschehen spricht und mit dem Vortrag der Klägerin und der Mutter nicht in Einklang zu bringen ist.
Unüberwindbare Widersprüche ergeben sich auch zu der Frage, wann die angeblichen Entführer die Leiche der Schwester bzw. Tochter zurückgebracht haben und wie diese tatsächlich zu Tode gekommen ist. Während sämtliche Familienmitglieder in der mündlichen Verhandlung angegeben haben, dass die tote Schwester bzw. Tochter nach einer Woche bzw. acht Tagen zurückgebracht worden sei, hat die Mutter diesen Zeitraum vor dem Bundesamt mit einem Monat angegeben. Die Klägerin hat darüber hinaus vor dem Bundesamt erläutert, dass ihre Schwester Selbstmord begangen habe. Sie sei nach einer Woche zurückgekommen und habe sich noch in der gleichen Nacht in ihrem Zimmer erhängt. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass dies von den Angaben ihres Vaters abweiche, erklärte sie zunächst, ihr Vater habe das Richtige gesagt, während sie sodann, auf erneuten Vorhalt, angab, sie wisse, dass die Schwester Selbstmord begangen habe. Auf diese erhebliche Diskrepanz in der mündlichen Verhandlung angesprochen, erklärte die Klägerin, dass es sich vor dem Bundesamt um einen Übersetzungsfehler gehandelt haben müsse. Sie habe das mit dem Selbstmord so nicht gesagt. Dies wiederum erscheint aufgrund der völligen Andersartigkeit der Sachverhalte ausgeschlossen und beweist zur Überzeugung des Gerichts ein weiteres Mal, dass die Kläger hier nicht über tatsächlich Erlebtes berichten.
Unauflösbare Widersprüche ergeben sich auch zur Frage, wie lange die Familie nach der Ermordung der Schwester bzw. Tochter noch in Ghazni verblieben ist. Der Vater sprach vor dem Bundesamt zunächst von drei bis vier Tagen, im Schriftsatz vom 24. Juni 2016 erklärte er, dass sie gleich am nächsten Tag nach Kabul gegangen seien, während er wiederum in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts angab, dass sie eine Woche nach der Ermordung der Tochter nach Kabul geflohen seien. Die Mutter wiederum sprach vor dem Bundesamt von einem Zeitraum von zwei bis drei Tagen, in der mündlichen Verhandlung jedoch von acht Tagen. Die Klägerin erklärte vor dem Bundesamt, dass sie nach dem Tod der Schwester noch etwa 15 bis 20 Tage in der Stadt Ghazni gewesen seien.
Schließlich differieren auch die Aussagen zu dem angeblichen Drohbrief betreffend die Klägerin und zu den Motiven der Täter für die Entführung und Ermordung der Tochter bzw. Schwester und der Klägerin selbst in nicht nachvollziehbarer Weise. Der Vater hat vor dem Bundesamt vorgetragen, gleich nach dem Tod seiner Tochter I. sei ein Brief bei ihnen eingeworfen worden, wonach er seine Tochter K. freiwillig übergeben sollte, weil auch sie ansonsten zwangsweise mitgenommen würde. Auf die Frage, warum die Täter die Töchter entführen und töten wollten, gab der Vater vor dem Bundesamt an, es könne sein, dass es wegen seines hinduistischen Glaubens gewesen sei oder weil sie vielleicht Geld von ihm erpressen wollten. Er wisse es aber nicht genau. In dem Schreiben vom 24. Juni 2016 gab er erstmals an, dass die Entführung der Tochter S. den Zweck gehabt habe, diese zwangsweise zu verheiraten. Dies sei dann auch Gegenstand des Drohbriefes gewesen hinsichtlich seiner Tochter K. Er solle diese in die Familie der Entführer verheiraten, ansonsten würden sie sie auch mitnehmen und töten. In der mündlichen Verhandlung schließlich gab der Vater im Rahmen seiner informatorischen Befragung an, dass man ihm nach den Tod der Tochter gesagt habe, er solle Muslim werden, dann werde man seine andere Tochter auch mitnehmen, um sie zu verheiraten, ansonsten werde er getötet werden. Zunächst stellt es ein gesteigertes Vorbringen dar, wenn der Kläger nunmehr am 24. Juni 2016 erstmals eine angebliche Motivation für die Entführung in Form einer Zwangsverheiratung angibt. Dies ist aus den bereits oben dargelegten Gründen nicht glaubhaft, da es abwegig erscheint, dass gläubige Muslime ihren Sohn mit einer in ihren Augen ungläubigen Hinduistin verheiraten wollen. Wenn dem aber so wäre, so erklärt es sich nicht, warum sie die entführte Tochter dann nicht tatsächlich ihrem Sohn zur Frau geben, sondern sie ermorden. Ebenfalls eine nicht nachvollziehbare Steigerung enthält der Vortrag in der mündlichen Verhandlung, in dem der Vater nunmehr erläutert, dass er zusätzlich gezwungen werden sollte, zum Islam zu konvertieren, andernfalls seine Tochter K. zum Zwecke der Zwangsverheiratung mitgenommen und er selbst getötet würde. Der Zwang zu konvertieren und die Gefahr für seine eigene Person sollen offensichtlich dessen Vortrag nachträglich mehr Nachdruck verleihen und können diesem als allein prozesstaktisch einzustufende Steigerung nicht geglaubt werden. Die Mutter hat vor dem Bundesamt diesbezüglich angegeben, sie hätten nach der Ermordung der einen Tochter einen Brief erhalten, worin gestanden habe, dass auch ihre zweite Tochter K. mitgenommen werden solle. Dieser Drohbrief habe auf der Leiche der Tochter gelegen. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt räumte sie sodann jedoch ein, dass sie die Leiche nicht selbst vor der Haustüre habe liegen sehen. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin zum Inhalt des Briefes, dass sich aus diesem ergeben habe, dass auch sie Gefahr liefen, getötet zu werden. Dies lässt sich wiederum nicht mit dem Vortrag vor dem Bundesamt in Einklang bringen, wo nur eine Gefahr für die Tochter K. geschildert wurde. Auch insoweit besteht bei Mutter ein gesteigerter Sachvortrag, der ihr nicht abgenommen werden kann. Von einer etwaigen Zwangsverheiratung hat die Mutter in der mündlichen Verhandlung gar nichts erwähnt. Ihre Angaben sind widersprüchlich und können ihr nicht geglaubt werden. Schließlich erklärte die Klägerin vor dem Bundesamt zu diesem Teilkomplex, sie hätten einen Drohbrief erhalten, wonach auch sie selbst mitgenommen werden sollte. Sie erklärte im Gegensatz zu ihren Eltern, dass es zwei Briefe gegeben habe, einen nach der Entführung der Schwester und einen weiteren nach dem Tod ihrer Schwester. Letzteren Brief hätten sie ca. drei Tage nach dem Tod der Schwester erhalten, was sich nicht mit den Aussagen der Eltern deckt, die davon gesprochen haben, dass der Brief sie gleich nach dem Tod der Tochter erreicht habe. In der mündlichen Verhandlung wiederum setzt sich die Klägerin zu ihren eigenen Aussagen vor dem Bundesamt in Widerspruch, indem sie anführte, dass der Brief gleichzeitig mit der Leiche der Schwester gebracht worden sei. Inhaltlich habe sich daraus ergeben, dass auch sie getötet werden sollten, wenn sie keine Muslime würden.
All diese weder erklärbaren noch nachvollziehbaren Unstimmigkeiten und Widersprüche bereits im jeweils eigenen Vortrag jedes Familienmitgliedes und sodann auch im Vergleich mit den Schilderungen der jeweils anderen Familienmitglieder ergeben in der Gesamtschau, dass der gesamte Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung der angeblichen Tochter bzw. Schwester sowie die drohende Entführung und Ermordung der Klägerin oder aber der gesamten Familie durch Muslime bzw. Taliban nicht glaubhaft ist. Lediglich ergänzend sei exemplarisch für diese Einschätzung noch darauf hingewiesen, dass der Vater der Klägerin vor dem Bundesamt einen Sohn namens M. erwähnt hat, der 1994 im Krieg getötet worden sei, den jedoch Ehefrau und Tochter gar nicht kennen. Die Mutter der Klägerin meinte hierzu auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass es sich tatsächlich um seinen Bruder gehandelt habe, den ihr Ehemann jedoch als seinen Sohn angesehen habe. Demgegenüber führt der Vater in seinem Vortrag vom 24. Juni 2016 wiederum noch einmal eindeutig aus, dass es sich um seinen eigenen Sohn gehandelt habe.
IV.
Die Klägerin hat des Weiteren auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG.
Der Klägerin droht nach Überzeugung des Gerichts weder die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG noch droht ihr ein ernsthafter Schaden durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG.
Der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist im Gesetz nicht näher definiert. Da die zuletzt genannte Vorschrift der Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 337, S. 9) - QRL - dient, ist dieser Begriff jedoch in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Begriff in Art. 15b QRL auszulegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) legt Art. 15b QRL wiederum in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zu Art. 3 EMRK aus (z. B. EuGH, U.v. 17.2.2009 - Elgafaji, C - 465/07
Dass der Klägerin insoweit keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht, ergibt sich bereits daraus, dass ihr Vortrag zu ihren Fluchtgründen in weiten Teilen unglaubhaft ist. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Soweit das Gericht den Vortrag insoweit als glaubhaft eingestuft hat, dass die Klägerin aufgrund ihrer Religion insbesondere beschimpft und bespuckt worden seien, so erreicht dies nicht den notwendigen Schweregrad, um eine Verletzung des Art. 3 EMRK annehmen zu können.
Darüber hinaus stellen auch die schlechten humanitären Bedingungen, die in Afghanistan herrschen, keinen Grund dar, um einen subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG zu begründen. Zwar ist dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in ganz außergewöhnlichen Fällen grundsätzlich möglich. Allerdings existiert hierfür eine sehr hohe Eingriffsschwelle und setzt voraus, dass im Falle der Rückführung die konkrete Gefahr einer unmenschlichen Behandlung in der Form unzureichender humanitärer Lebensbedingungen gerade Folge einer direkten oder indirekten Aktion von Seiten staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure ist. Dieses Erfordernis ergibt sich auch aus § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3c AsylG, wonach es auch beim subsidiären Schutz eines Verfolgungsakteurs, von dem die Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgeht, bedarf (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). Schlechte allgemeine wirtschaftliche oder humanitäre Lebensbedingungen im Abschiebezielstaat, die nicht auf einen solchen Akteur zurückführbar sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Die schlechten humanitären Lebensbedingungen in Afghanistan sind gerade nicht auf einen spezifischen Verfolgungsakteur zurückzuführen, sondern allgemeine und nicht individualisierbare Folge der schlechten ökonomischen Bedingungen und der schwierigen Sicherheitslage im Land. An dieser Situation hat sich auch aufgrund der jüngsten Erkenntnismittellage nichts geändert.
2. Ein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes ergibt sich auch nicht aufgrund einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Klägerin infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG.
Für die Beurteilung kommt es hierbei regelmäßig auf die Herkunftsregion des Ausländers an (BVerwG, U.v. 14.7.2009 - 10 C 9/08 - BverwGE 134, 188; BayVGH, U.v. 12.1.2012 - 13a B 11.30427 - juris Rn. 15 m. w. N.). Die Klägerin stammt vorliegend aus der Stadt und Provinz Ghazni, so dass auf diese Region abzustellen ist. Die obergerichtliche Rechtsprechung geht auf der Grundlage der verfügbaren Erkenntnismittel davon aus, dass afghanische Staatsangehörige bei einer Rückkehr in die Provinz Ghazni nach derzeitiger Sicherheitslage im Allgemeinen keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt sind (BayVGH, B.v. 20.8.2015 - 13 ZB 15.30062 - juris Rn. 7 zur Südostregion, der die Provinz Ghazni zuzurechnen ist; BayVGH, B.v. 11.3.2014 - 13a ZB 13.30246 - juris Rn. 5 f.; BayVGH, U.v. 4.6.2013 - 13a B 12.30063 - juris Rn. 15 ff.; OVG Lüneburg, U.v. 7.9.2015 - 9 LB 98/13 - juris Rn. 42 ff.). Das Gericht schließt sich dieser Einschätzung an. Auch aus den aktuellsten Erkenntnismitteln ergibt sich trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage keine derart hohe Gefahrendichte, dass praktisch jede Zivilperson schon alleine aufgrund ihrer Anwesenheit in der Provinz Ghazni einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt wäre (UNAMA Report v. 14.2.2016; EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan - Security Situation, v. 1.1.2016, S. 89 ff.). Individuelle gefahrerhöhende Umstände sind bei den Klägern nicht erkennbar, insbesondere handelt es sich bei den von den Klägerin befürchteten Gefahren und objektiv vorliegenden Indikatoren, wie der Zugehörigkeit zur hinduistischen Religion, ersichtlich um andere Gefahren als denjenigen, welche Zivilpersonen in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt drohen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Hindus der besonderen Gefahr von Anschlägen ausgesetzt oder gar Zielscheibe solcher Anschläge wären.
V.
Schließlich hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Ein solches kommt nicht in Betracht, da der Klägerin keine gegen Art. 3 EMRK oder ein anderes Grundrecht nach der EMRK verstoßende Behandlung droht. Insbesondere stellt die allgemeine Versorgungslage in Afghanistan keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK dar. Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat in ganz besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht jedoch allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen. In Afghanistan ist die allgemeine Lage jedenfalls nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde (EGMR, U.v. 13.10.2011 - NJOZ 2012, 952, Rn. 84; BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). In Fällen, in denen wie vorliegend gleichzeitig über die Gewährung subsidiären Schutzes zu entscheiden ist, scheidet darüber hinaus bei Verneinung dieser Voraussetzungen regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris Rn. 36). Insofern wird auf die Ausführungen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG Bezug genommen. Auch hinsichtlich des individuellen Vortrages der Klägerin in Bezug auf religiöse und sonstige Verfolgungsmaßnahmen kann auf obige Ausführungen zu den §§ 3 und 4 AsylG verwiesen werden, wonach der Vortrag nicht glaubhaft bzw. nicht von solcher Schwere ist, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK in Betracht zu ziehen ist.
VI.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Ein Ausländer, der nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, und dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist (§ 2 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes), wird verpflichtet, an dem in der Verteilentscheidung nach § 50 Absatz 4 genannten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Findet eine länderübergreifende Verteilung gemäß § 51 statt, dann ergeht die Wohnsitzauflage im Hinblick auf den sich danach ergebenden Aufenthaltsort. Der Ausländer kann den in der Wohnsitzauflage genannten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.
(2) Ein Ausländer, der nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, und dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist (§ 2 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes), kann verpflichtet werden,
- 1.
in einer bestimmten Gemeinde, in einer bestimmten Wohnung oder Unterkunft zu wohnen, - 2.
in eine bestimmte Gemeinde, Wohnung oder Unterkunft umzuziehen oder - 3.
in dem Bezirk einer anderen Ausländerbehörde desselben Landes seinen gewöhnlichen Aufenthalt und Wohnung oder Unterkunft zu nehmen.
(3) Zuständig für Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 ist die nach § 50 zuständige Landesbehörde. Die Wohnsitzauflage soll mit der Zuweisungsentscheidung nach § 50 verbunden werden. Zuständig für Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 ist die nach § 51 Absatz 2 Satz 2 zuständige Landesbehörde. Die Wohnsitzauflage soll mit der Verteilungsentscheidung nach § 51 Absatz 2 Satz 2 verbunden werden. Zuständig für Maßnahmen nach Absatz 2 ist die Ausländerbehörde, in deren Bezirk die Gemeinde oder die zu beziehende Wohnung oder Unterkunft liegt.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Juli 2010 - A 4 K 1179/10 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn
- 1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird, - 2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert, - 3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat, - 4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen, - 5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich, - 6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder - 7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.
(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.
(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Verfahren mit dem Ziel der Anerkennung als ausländischer Flüchtling, auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 oder ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt ist.
(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.
(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.
(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.
(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.
(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.
(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.
(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.
Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylG bezüglich Afghanistan vorliegen. Soweit die Ziffern 3. und 4. des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 31. Juli 2012 dem entgegenstehen, werden sie aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Von den Kosten des Verfahrens hat die Klägerin 3/4, die Beklagte 1/4 zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wurde eigenen Angaben zufolge am … in Ghazni geboren. Sie sei afghanische Staatsangehörige mit der Volkszugehörigkeit Multani und der Glaubenszugehörigkeit Hindu. Sie gibt an, ihr Heimatland gemeinsam mit ihren Eltern zunächst nach Pakistan verlassen zu haben und dann gemeinsam mit ihrem Vater am 6. September 2011 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein. Hier stellte sie am 14. September 2011 einen Asylantrag.
Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 14. September 2011 sowie im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am
Zu ihren Fluchtgründen erklärte die Klägerin, ein unbekannter Mann habe ihre damals 16-jährige Schwester namens S. zwangsweise mitgenommen. Sie sei nach etwa einer Woche zurückgekommen und habe gesagt, sie wolle ein eigenes Zimmer im Haus haben. Noch in der gleichen Nacht habe sie sich dort erhängt. Der Entführer der Schwester habe einen Brief zurückgelassen, aus dem zu entnehmen gewesen sei, dass er sie mitgenommen habe. Sie hätten dann auch etwa drei Tage nach dem Tod der Schwester einen Drohbrief erhalten, wonach auch sie selbst mitgenommen werden sollte. Der Brief habe von derselben Person gestammt, die auch ihre Schwester entführt habe. Wegen dieses Drohbriefes habe sie dann etwa 15 bis 20 Tage nach dem Tod ihrer Schwester mit ihren Eltern Ghazni verlassen und nach nach Kabul gegangen. Sie hätten dann etwa 1 ½ Jahre in Kabul gelebt. Dort habe es keine Probleme mehr gegeben. Auf die Frage, ob es Probleme aufgrund ihres hinduistischen Glaubens gegeben habe, erklärte die Klägerin, sie seien von Bevölkerung beschimpft und bespuckt worden, da sie für diese Ungläubige seien. Sie hätten sich aber wenig mit der Religion beschäftigt. Sie sei einmal mit ihrem Vater im Tempel in Kabul gewesen. Darüber hinaus erklärte die Klägerin, dass ihre Mutter an Epilepsie leide. In Kabul sei sie deswegen mit Medikamenten behandelt worden, die die Familie bezahlt habe.
Auf Vorhalt, dass ihr Vater den Namen der zu Tode gekommenen Schwester mit „I.“ und deren Alter mit 20 Jahren angegeben habe sowie dass sie tot vor der Haustüre gelegen habe, erklärte die Klägerin, der Vater habe das Richtige gesagt. Ihren Namen habe er nicht ganz richtig ausgesprochen. Wie alt die Schwester gewesen sei, könne sie nicht genau sagen. Sie habe auch vor der Tür gelegen, ihr Vater habe ihr gesagt, dass der Mann, der sie mitgenommen habe, sie ermordet und dann vor die Tür gelegt habe. Auf weitere Nachfrage bekräftigte sie, dass sie wisse, dass die Schwester Selbstmord begangen habe. Danach befragt, ob sie einen Bruder namens M. gehabt habe, erklärte die Klägerin, dass sie diesen Namen nicht kenne. Auch dass dieser 1994 getötet worden sein soll, wisse sie nicht.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom
II.
Gegen den am 4. August 2012 zugestellten Bescheid des Bundesamtes ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. August 2012, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg am gleichen Tage, Klage erheben.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom
2. Es wird festgestellt, dass für die Klägerin Abschiebeverbote nach § 60 AufenthG vorliegen.
Des Weiteren wurde beantragt, der Klägerin Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 6. Juni 2016
Mit Beschluss vom 7. Juni 2016
Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan, Stand April 2016, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten und auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom
Gründe
Die Klage, über die trotz des Ausbleibens von Beteiligten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und teilweise begründet, soweit sie darauf gerichtet ist, bei der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan festzustellen. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Soweit der Bescheid des Bundesamtes vom 31. Juli 2012 dem in seinen Ziffern 3. und 4. entgegensteht, ist dieser aufzuheben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO). Darüber hinaus ist der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 31. Juli 2012 rechtmäßig. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, oder die Zuerkennung des subsidiären Schutzes, § 4 Abs. 1 AsylG, noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Insoweit ist die Klage unbegründet und war daher abzuweisen. Maßgeblich für die Entscheidung über Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG).
A. I.
Die Klägerin hat Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren i. S. des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe allgemein betreffen, so ist die Gewährung von Abschiebungsschutz einer politischen Leitentscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60a AufenthG vorbehalten. Beim Fehlen einer politischen Regelung i. S. des § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke in Betracht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zutreffend anerkannt, dass im Falle einer extremen allgemeinen Gefahrenlage, die den einzelnen Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde, unabhängig vom Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 a AufenthG Schutz vor Abschiebung gewährt werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 - BVerwGE 99, 324 ff., juris; U.v.
1.a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte ergibt sich aus den Erkenntnismitteln zu Afghanistan derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr aufgrund der allgemein schwierigen Verhältnisse in eine extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Arbeitseinkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren (ständige Rechtsprechung, z. B. BayVG,
b) Die Klägerin im vorliegenden Verfahren ist aufgrund ihrer persönlichen Umstände - allein aufgrund ihres Geschlechts - jedoch ersichtlich nicht der o.g. Gruppe der alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen Rückkehrer nach Afghanistan zuzurechnen. Eine extreme Gefahrenlage kann sich nämlich umgekehrt für besonders schutzbedürftige Rückkehrer wie Minderjährige, alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, alleinstehende Frauen mit und ohne Kinder, Familien mit Kleinkindern und Personen, die aufgrund besonderer persönlicher Merkmale zusätzlicher Diskriminierung unterliegen, ergeben (vgl. München,
Zur aktuellen Lage in Afghanistan stellt das Auswärtige Amt im Lagebericht vom
Die Schweizer Flüchtlingshilfe teilt in ihrem Update vom
Der UNHCR erklärt in seinen Richtlinien vom
c) Bei der Beurteilung, ob im Einzelfall eine extreme Gefahrenlage besteht, ist zudem zu beachten, dass Familienangehörige wegen des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG nur gemeinsam mit ihren Kindern und ihrem Ehepartner nach Afghanistan zurückkehren können (vgl. BVerfG, B.v. 5.6.2013 - 2 BVR 586/13 - juris). Daher sind bei der Beantwortung der Frage, ob das Existenzminimum im Heimatland gewährleistet sein wird, alle Familienmitglieder gemeinsam in den Blick zu nehmen (BVerwG, U.v. 8.9.1992 - 9 C 8.91 - juris; VG München, U.v. 21.4.2016 - M 15 K 16.30413 - juris Rn. 23; VG Gelsenkirchen, U.v. 20.8.2015 - 5 a K 4515/13 A - juris Rn. 42). Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen, wie bei Angehörigen, die als politisch Verfolgte Abschiebungsschutz genießen, könne eine andere Betrachtung geboten sei (BVerwG a. a. O.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor, so dass eine gemeinsame Rückkehr der Klägerin mit ihren Eltern, den Klägern im ebenfalls am 5. Juli 2016 entschiedenen Parallelverfahren W 1 K 16.30614, zugrunde zu legen ist.
d) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen würde sich die allgemeine Gefahrensituation in Afghanistan für die Klägerin derart zu einer extremen Gefahr verdichten, dass eine Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung im vorliegenden Fall geboten ist.
Die Klägerin wäre bereits allein schon aufgrund der patriarchalischen Sozialnormen und der damit einhergehenden untergeordneten Stellung der Frau in Afghanistan nicht in der Lage, ihren eigenen Unterhalt, geschweige denn den der gesamten Familie, zu erwirtschaften. In Afghanistan hat sie keine Schule besucht oder einen Beruf erlernt. Menschen, die Analphabeten sind und keinen Beruf erlernt haben, haben bestenfalls die Möglichkeit, sich um Hilfsarbeiten zu bemühen, die regelmäßig mit harter körperlicher Arbeit verbunden sind (vgl. Sachverständigengutachten des Dr. D. an den Hess. VGH
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Rückkehrsituation wesentlich auch davon mitgeprägt wird, ob sich Rückkehrer auf familiäre oder sonstige verwandtschaftliche Strukturen verlassen können oder ob sie auf sich allein gestellt sind. Die Klägerin hat vor dem Bundesamt angegeben, im Heimatland keine weiteren Verwandten zu haben. Das Gericht ist unter Einbeziehung der Aussagen ihrer Eltern, den Klägern im Verfahren W 1 K 16.30614, der Auffassung, dass die Klägerin zumindest nicht auf verwandtschaftliche Hilfe in Afghanistan hoffen könnte. Der Vater der Klägerin hat nämlich insoweit vor dem Bundesamt angegeben, dass er in Kabul einen Cousin habe. Er hat dort jedoch auch mehrmals erwähnt, dass er schon lange keinen Kontakt mehr zu diesem Cousin gehabt habe und er darüber hinaus keinerlei Verwandtschaft in Afghanistan besitze. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nunmehr nach diesem Cousin befragt angegeben, dass es einen solchen Cousin nicht gebe, es habe sich um einen Übersetzungsfehler vor dem Bundesamt gehandelt. Auch wenn dies dem Gericht nicht glaubhaft erscheint, so ist es dennoch davon überzeugt, dass der Vater der Klägerin zu diesem einzigen Verwandten in seinem Heimatstaat - nicht zuletzt aufgrund des vergangenen langen Zeitraums seit der Ausreise der Kläger vor rund 5 Jahren - keine Verbindungen mehr hat und insoweit auch nicht auf dessen Hilfe hoffen könnte. Auch die Mutter der Klägerin hat im gesamten Verfahren glaubhaft angegeben, nicht über weitere Verwandtschaft in Afghanistan zu verfügen, was auch naheliegend erscheint, nachdem nur noch rund 3.000 Hindus überhaupt noch in Afghanistan leben.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Klägerin - wie auch ihre Eltern - der Religionsgruppe der Hindus zugehört, welche in Afghanistan von der muslimischen Mehrheitsbevölkerung als Außenseiter betrachtet werden und mit gesellschaftlicher Diskriminierung konfrontiert sind, was die wirtschaftliche Situation die Klägerin über die ohnehin sehr schwierige allgemeine Lage hinaus noch weiter negativ beeinflussen würde. Als Zugehörige einer kleinen Minderheit könnte die Klägerin nämlich nicht auf ein Patronagenetzwerk zurückgreifen, welches in Afghanistan der Erkenntnismittellage entsprechend - unabhängig von den oben dargestellten für die Klägerin bereits unüberwindbaren Probleme - notwendig ist, um die Chance etwa auf einen Arbeitsplatz oder Wohnraum zu erhalten.
Eine andere Einschätzung ergibt sich schließlich auch nicht mit Blick auf die Eltern der Klägerin, die Kläger im Parallelverfahren W 1 K 16.30614. Auch wenn die Klägerin entsprechend der obigen Ausführungen gemeinsam mit ihren Eltern nach Afghanistan zurückkehren würde, so würde sich an der extremen Gefahr, in die die Klägerin und mit ihr die gesamte Familie alsbald nach ihrer Rückkehr geraten würde, nichts ändern. Dies ergibt sich aus folgenden weiteren Erwägungen in Bezug auf die Eltern der Klägerin:
Was den Vater der Klägerin angeht, so ist zentral bereits dessen hohes Alter von mittlerweile 70 Jahren in den Blick zu nehmen, womit er die in Afghanistan derzeit bestehende Lebenserwartung von 50 Jahren (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2015) statistisch bereits signifikant überschritten hat. Aufgrund dieses Alters erscheint es dem Gericht ausgeschlossen, dass er in Afghanistan noch in der Lage wäre, den Lebensunterhalt für sich, geschweige denn - wie es in Afghanistan vielfach üblich ist - auch für seine Familie zu erwirtschaften. Zwar hat der Vater in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass es ihm gesundheitlich gut gehe, er hat jedoch in glaubhafter Weise ebenfalls darauf verwiesen, dass er Probleme mit den Zähnen und seinem Rücken habe, an dem er in Afghanistan operiert worden sei. Er sieht sich selbst daher nicht mehr in der Lage dazu, aufgrund seines Alters in Afghanistan zu arbeiten. Dies deckt sich mit der Einschätzung des Gerichts aus der mündlichen Verhandlung, in dem der Vater augenscheinlich einen schwachen und gebrechlichen Eindruck gemacht hat. In Afghanistan herrscht zudem wie ausgeführt sehr hohe Arbeitslosigkeit. Menschen, die, wie der Vater der Klägerin Analphabeten sind und keinen Beruf erlernt haben, haben bestenfalls die Möglichkeit, sich um Hilfsarbeiten zu bemühen, die regelmäßig mit harter körperlicher Arbeit verbunden sind (vgl. Sachverständigengutachten des Dr. D. an den Hess. VGH
Auch die Mutter der Klägerin ist bereits 61 Jahre alt. Sie leidet darüber hinaus an einer Vielzahl von Erkrankungen (cerebrales Anfallsleiden, chronische Bronchitis, Retropatellar-Arthrose beidseitig, Arthrose der rechten Hand, chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Helicobacter positive Gastritis (Oktober 2013), Hypertonie). Sie machte in der mündlichen Verhandlung auf den erkennenden Einzelrichter einen sehr geschwächten Eindruck und hat sich beim Gehen auf einen Rollator stützen müssen. Aufgrund dieser sehr schlechten gesundheitlichen Situation sowie der aufgrund der geltenden Sozialnormen generell untergeordneten Stellung der Frau in der afghanischen Gesellschaft wäre es ihr vollkommen unmöglich, ihren eigenen Lebensunterhalt oder gar den der Familie zu erwirtschaften. Die Mutter verfügt darüber hinaus wie ihr Ehemann und ihre Tochter ebenfalls nicht über Schulbildung, ist Analphabetin und hat zeitlebens nur im Haushalt gearbeitet. Zudem ist bei der Mutter der Klägerin zu bedenken, dass sie - zumindest was ihr cerebrales Anfallsleiden betrifft - zur Vorbeugung gegen epileptische Anfälle auf eine Dauermedikation angewiesen ist, wie sie glaubhaft in der mündlichen Verhandlung angegeben hat und sich darüber hinaus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenverordnungsübersicht von Herrn Dr. P. vom 20. Juni 2016 ergibt. Die Mutter ist gegen diese Erkrankung in ihrem Heimatland zwar bereits vor ihrer Ausreise behandelt worden, jedoch sind die erforderlichen Medikamente nach ihrem Vortrag wie auch den Ausführungen des Beklagten im angegriffenen Bundesamtsbescheid durch die Kläger selbst zu finanzieren (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10.1.2012). Diese für afghanische Verhältnisse keinesfalls vernachlässigbaren Kosten würden den Lebensunterhalt der Mutter und damit der gesamten Familie über die gewöhnlichen Verhältnisse hinaus weiter verteuern.
Im Rahmen einer Gesamtschau all dieser Aspekte würde der Klägerin bei einer Rückkehr nach Afghanistan alsbald in eine extreme Gefahrenlage geraten, in der ihr Leben akut in Gefahr wäre. Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass die beschriebene extreme Gefahr die Klägerin landesweit, insbesondere in der Hauptstadt Kabul und in ihrer Herkunftsregion, der Stadt Ghazni in der gleichnamigen Provinz, alsbald nach ihrer Rückkehr treffen würde.
II.
Wegen des nach alledem festzustellenden Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG steht § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG auch der unter Ziffer 4. des angegriffenen Bundesamtsbescheides verfügten Abschiebungsandrohung entgegen, so dass diese ebenso wie dessen Ziffer 3. - soweit sie der ausgesprochenen Verpflichtung entgegen steht - aufzuheben war.
B. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Klägerin hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG oder auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
III.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, weil ihr im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan keine landesweite asylrelevante Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 i. V. m. §§ 3a ff. AsylG droht.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG (BT-Drs. 16/5065 S. 213; vgl. auch § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Gemäß § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 24. Oktober 2015 geltenden Fassung (Art. 1, Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes v. 20.10.2015, BGBl I, S. 1722 ff.) in der Fassung der Änderungen durch Art. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 390 ff.) sowie Art. 2 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 394 ff.) anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG - wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG - die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
Dies zugrunde gelegt hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG. Der Einzelrichter folgt gemäß § 77 Abs. 2 AsylG den Ausführungen der Beklagten im Bescheid des Bundesamtes vom 31. Juli 2012 und sieht von einer weiteren Darstellung ab, soweit darin eine Gruppenverfolgung der Hindus in Afghanistan abgelehnt wird.
Ergänzend ist auszuführen, dass diese Auffassung durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Urteil vom 19. September 2013 mit überzeugenden Ausführungen bestätigt wurde (VGH Baden-Württemberg, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 65 ff.). Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht für das vorliegende Verfahren an. Auch den vorliegenden aktuellsten Erkenntnismitteln lässt sich keine Situation entnehmen, die eine Änderung dieser Einschätzung rechtfertigen würde.
So wird im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6. November 2015 im hier relevanten Kontext dargelegt, dass die indische Botschaft in Kabul davon ausgehe, dass in Afghanistan wenige Tausend Hindus und Sikhs verblieben seien. Es gebe vier Hindutempel landesweit, zwei davon in Kabul sowie je einen in Jalalabad und Helmand. Staatliche Diskriminierung gebe es nicht, auch wenn der Weg in öffentliche Ämter für Hindus schon aufgrund fehlender Patronagenetzwerke schwierig sei. Hindus würden aber von großen Teilen der muslimischen Bevölkerung als Außenseiter wahrgenommen. Viele Muslime lehnten insbesondere Feuerbestattungen ab, die im Hinduismus das zentrale Begräbnisritual darstellten. Die afghanische Regierung habe darauf reagiert, indem sie den Hindus einen dafür gewidmeten Ort zur Verfügung gestellt habe. Auf dem Weg dorthin würden Trauergemeinden allerdings den Berichten zufolge belästigt und bedroht. Es gebe auch Berichte, wonach Hindus und Sikhs Opfer illegaler Enteignungen und Beschlagnahmung ihrer Grundstücke geworden seien. Seit 2014 hätten Hindus und Sikhs Anspruch auf einen gemeinsamen Sitz im Parlament, der derzeit durch eine Frau eingenommen werde.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe führt in ihrem Update vom 13. September 2015 aus, dass sich Hindus weiterhin mit Diskriminierungen konfrontiert sähen. Die afghanische Regierung sei bislang nicht gegen die stark eingeschränkte Teilhabe der Hindus an Politik, Geschäftsleben und unrechtmäßigen Enteignungen vorgegangen. Sie sei nicht willens oder fähig, die religiösen Minderheiten vor Übergriffen zu schützen. Bei Ausübung der religiösen Zeremonien, insbesondere bei Beisetzungen, komme es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen.
Der UNHCR schreibt in seinen aktuellen Richtlinien vom 19. April 2016, dass eine große Zahl von Hindus Afghanistan als Reaktion auf große Schwierigkeiten, denen sie sich ausgesetzt sähen, verlassen hätte. Die geringe Zahl der verbliebenen Hindus sei Berichten zufolge umso verletzlicher für Missbrauch. Obwohl es den Hindugemeinden erlaubt sei, ihre Religion öffentlich zu praktizieren, werde berichtet, dass sie sich fortgesetzter Diskriminierung durch den Staat gegenüber sähen, etwa im Bereich der politischen Partizipation und Stellenbesetzung innerhalb der Regierung. Ebenso werde berichtet, dass sich die Hindus gesellschaftlicher Diskriminierung und Einschüchterung ausgesetzt sähen. Die Hindugemeinden berichteten von Schwierigkeiten bei der Ausführung von Begräbnisritualen und fühlten sich ungeschützt durch staatliche Behörden, etwa im Falle von Landstreitigkeiten. Hindus seien Berichten zufolge Opfer von illegaler Landnahme geworden und würden es aus Angst vor Vergeltung unterlassen, zur Wiedererlangung der Grundstücke gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gebe eine kleine Zahl von Schulen für Hindus; Hindu-Kinder seien beim Besuch staatlicher Schulen in Kabul Belästigungen und Mobbing ausgesetzt.
Es zeigt sich nach alledem, dass Hindus allein aufgrund ihrer Volks- bzw. Religionszugehörigkeit oder ihres Erscheinungsbildes weder Tötungen noch schweren körperlichen Misshandlungen oder ähnlich schwerwiegenden Rechtsgutsverletzungen ausgesetzt sind. Insoweit hat sich die Situation seit der Herrschaftszeit der Taliban deutlich verbessert. Das, was den Hindus in Afghanistan widerfährt, ist Ausfluss der allgemeinen Situation in Afghanistan. Politische und administrative Ämter werden oft willkürlich vergeben, wobei informelle Beziehungsnetzwerke und der Proporz der Ethnien eine wesentliche Rolle spielen. Primäres Kriterium bei der Personalauswahl ist häufig die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe oder einem bestimmten Clan. Marginalisierte Gruppen wie etwa die Hindus haben aus diesem Grunde geringere oder nahezu keine Chancen, bei öffentlichen Positionen eingestellt zu werden. Korruption und die Zahlung von Schmiergeldern ist in Afghanistan an der Tagesordnung. Durch Einflussnahme und Zahlung von Bestechungsgeldern an Justiz und Verwaltung werden Entscheidungen nach rechtstaatlichen Grundsätzen in weiten Teilen verhindert. So ist etwa das Problem der illegalen Landnahmen und die mangelnde Durchsetzbarkeit von Rückgabeansprüchen kein spezifisches gegen Hindus gerichtetes Phänomen, sondern auch andere Bevölkerungsgruppen sind hiervon betroffen (vgl. VGH BW, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 89). Das Gericht schließt sich vor diesem Hintergrund abermals der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in der zitierten Entscheidung an, wonach konkrete Referenzfälle, die den Schluss erlauben würden, dass die Diskriminierung der Minderheit der Hindus oder auch sonstige Beeinträchtigungen und Repressalien gegen sie nicht nur auf den vorstehend beschriebenen Missständen beruhen, sondern Bestandteile eines Vorgehens gezielt gegen diese Minderheiten wären, den vorliegenden - auch aktuellsten -Erkenntnisquellen nicht zu entnehmen sind.
2. Auch eine individuelle Verfolgung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als Hindu, § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG, die eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach sich zöge, kann die Klägerin nicht geltend machen.
Eine Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG aus Gründen der Religion kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH v. 5.9.2012 - C - 71/11 und C - 99/11
Die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung i. S.v. § 3a Abs. 1 AsylG zu erfüllen, hängt von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 28 ff.).
Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter, wie z. B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere - aber nicht nur - dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei Strafrechtsverboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, weil ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, keine erhebliche Verfolgungsgefahr begründet (BVerwG a. a. O., Rn. 28 m. w. N.). Ein hinreichend schwerer Eingriff setzt dabei nicht voraus, dass der Ausländer seinen Glauben nach der Rückkehr in sein Heimatland tatsächlich in einer Weise ausübt, die ihn der Gefahr einer Verfolgung aussetzt. Auch der unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung kann die Qualität einer Verfolgung erreichen (BVerwG, a. a. O. Rn. 26).
Als relevanter subjektiver Gesichtspunkt ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrenträchtigen religiösen Praxis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 29; VGH BW a. a. O. Rn. 48; OVG NRW a. a. O. Rn. 35). Denn der Schutzbereich der Religionsfreiheit erfasst sowohl die von der Glaubenslehre vorgeschriebenen Verhaltensweisen als auch diejenigen, die der einzelne Gläubige für sich selbst als unverzichtbar empfindet. Dabei kommt es auf die Bedeutung der religiösen Praxis für die Wahrung der religiösen Identität des einzelnen Ausländers an, auch wenn die Befolgung einer solchen religiösen Praxis nicht von zentraler Bedeutung für die betreffende Glaubensgemeinschaft ist (BVerwG
Die von der Klägerin vorgetragenen Verfolgungsmaßnahmen aus religiösen Gründen weisen bereits objektiv nicht die erforderliche Schwere auf, so dass sie nicht als Verfolgungshandlungen i. S. d. § 3a Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 AsylG zu qualifizieren sind.
Die Klägerin hat insoweit vor dem Bundesamt vorgetragen, dass - wenn sie ab und zu draußen gewesen seien - sie von der Bevölkerung beschimpft worden seien, da diese sie als Ungläubige angesehen hätten. Die Leute hätten auch auf sie gespuckt. Darüber hinaus habe es aber nichts gegeben. Sie hätten sich auch wenig mit der Religion beschäftigt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin diesen Vortrag in Übereinstimmung mit den Aussagen vor dem Bundesamt weitgehend - mit teilweise anderen Worten - wiederholt (hätten nicht nach draußen gehen können, wurden als Ungläubige bezeichnet, man habe sie ausgelacht und bespuckt). Dieser Teil ihrer Schilderungen kann nach Auffassung des Gerichts als wahr unterstellt werden. Er deckt sich insbesondere auch mit den Aussagen ihrer Eltern vor dem Bundesamt sowie mit der bereits oben dargestellten Erkenntnismittellage zur Situation der Hindus in Afghanistan. Dasselbe kann für die geringfügige Erweiterung in der mündlichen Verhandlung gelten, wonach die Klägerin in Afghanistan ein Kopftuch habe tragen müssen. Dies erscheint dem Gericht zum einen als Detail, das die Klägerin vor dem Bundesamt vergessen haben könnte zu erwähnen, zumal es auch in seiner Qualität nicht gegenüber dem bisherigen Vortrag - und in Abgrenzung zu anderen Weiterungen (s.u.) - in besonderer Weise hervortritt und auch zwanglos in dem islamisch geprägten Herkunftsland der Klägerin als wahr unterstellt werden kann.
Diese erlittenen Handlungen sind jedoch nicht so gravierend, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, darstellen, § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Nach Art. 15 Abs. 2 EMRK sind Abweichungen von dem Recht auf Leben, dem Verbot der Folter, dem Verbot der Sklaverei und Leibeigenschaft sowie dem Grundsatz, dass keine Strafe ohne Gesetz erfolgen darf, nicht zulässig. Diese Rechtsgüter wurden durch die genannten Maßnahmen in keiner Weise tangiert. Auch darüber hinaus ist eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte weder durch die Art noch durch die Wiederholung der in Rede stehenden Handlungen ersichtlich, auch nicht in Form einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen i. S.v. § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Das Beschimpfen, Auslachen und Bespucken sowie der - mindestens gesellschaftliche - Zwang, in der Öffentlichkeit Kopftuch tragen zu müssen, weisen als Angriffe insbesondere auf die Ehre der Klägerin sowie ihre allgemeine Handlungs- und Entfaltungsfreiheit, sich nach eigenen Vorstellungen kleiden zu können, ihrer Art nach keine derartige Schwere auf, dass sie einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung gleichkämen. Dasselbe gilt aber auch mit Blick auf die Wiederholung und Kumulierung derartiger Handlungen gegenüber der Klägerin, der dies ihrem Vortrag nach öfters widerfahren ist. Eine flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlung vermag dies gleichwohl nicht zu begründen, da eine unzumutbare Einschränkung der persönlichen Existenz hierin noch nicht zu erblicken ist. Insbesondere ist es in Afghanistan aufgrund des dort herrschenden patriarchalischen Gesellschaftssystems allgemein nicht üblich, dass sich Frauen dort frei und ohne Einschränkungen außerhalb der eigenen Häuslichkeit in der Öffentlichkeit bewegen. Diese gesellschaftliche Tatsache beruht daher offensichtlich nicht auf der Religionszugehörigkeit der Klägerin. Dasselbe gilt für das gebotene Tragen eines Kopftuches in der Öffentlichkeit. Zudem ergibt sich aus den anderweitigen Aussagen der Klägerin, dass sie gleichwohl nach draußen gegangen ist, auch wenn sie sich sicherlich aufgrund des ablehnenden Verhaltens der muslimischen Mehrheitsbevölkerung hierbei selbst beschränkt hat. Auch hat sie angegeben, mit ihrem Vater einmal den Hindutempel besucht zu haben.
Soweit die Klägerin darüber hinaus weitergehende Verfolgungshandlungen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als Hindu vorgetragen hat, so können ihr diese nicht geglaubt werden. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf Befragen des Gerichts erstmals - fast 5 Jahre nach ihrer Einreise nach Deutschland - erklärt, es habe für sie keine Möglichkeit bestanden, die Schule zu besuchen. Zudem seien sie ständig dem Zwang ausgesetzt gewesen, Muslime zu werden, andernfalls die Gefahr bestanden habe, getötet zu werden. Diese als erheblich einzustufenden Steigerungen des verfolgungsrelevanten Sachvortrages erzeugen beim Gericht erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Angaben (vgl. auch § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Die Klägerin hat vielmehr alle wesentlichen Umstände ihrer Verfolgung bzw. der Furcht vor Verfolgung bereits in der Anhörung vor dem Bundesamt vorzutragen (§ 25 Abs. 1 AsylG). Die Unglaubhaftigkeit dieses Teils ihres Vortrages ergibt sich auch daraus, dass die Klägerin vor dem Bundesamt auf ausdrückliche Nachfrage erklärt hat, über das Geschilderte hinaus sei im Hinblick auf Verfolgungsmaßnahmen aus religiösen Gründen nichts Weiteres vorgefallen. Auch hat sie dort bezeichnenderweise angegeben, dass die Familie in Kabul keine Probleme gehabt habe; einen konkreten Anlass für die Ausreise habe es nicht gegeben. Eine nachvollziehbare Erklärung dieser Weiterungen ist darüber hinaus nicht ersichtlich. Was die fehlende Möglichkeit eines Schulbesuchs angeht, so deckt sich dies - unabhängig von vorstehenden Ausführungen - nicht mit der oben dargestellten Erkenntnismittellage. Der UNHCR hat insoweit ausgeführt, dass es eine kleine Zahl von Schulen für Hindus gebe; Hindu-Kinder seien beim Besuch staatlicher Schulen in Kabul Belästigungen und Mobbing ausgesetzt. Es erscheint also eher so, dass die Klägerin die Schule nicht besucht hat, um den bezeichneten Belästigungen aus dem Wege zu gehen, oder schlicht, weil es in Afghanistan zumindest faktisch keineswegs die Regel darstellt, dass ein gesicherter Schulbesuch stattfindet, was die große Zahl von Analphabeten beweist. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass für die Klägerin keinerlei Möglichkeit bestanden hat, zumindest zeitweise und unter Inkaufnahme gewisser Erschwernisse eine Schule zu besuchen.
Ist die Klägerin nach alledem hinsichtlich ihrer Religionszugehörigkeit unverfolgt aus Afghanistan ausgereist, so lässt sich darüber hinaus der aktuellen Erkenntnismittellage ebenfalls nicht entnehmen, dass dieser bei ihrer jetzigen Rückkehr nach Afghanistan Maßnahmen von staatlicher bzw. nicht staatlicher Seite drohen, die über das seinerzeit Erlebte hinausgehen würden. Auf die obigen Ausführungen zur Situation der Hindus in Afghanistan wird diesbezüglich verwiesen.
3. Darüber hinaus ergibt sich für die Klägerin auch keine begründete Furcht vor Verfolgung aus ihrem weiteren Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung einer angeblichen Schwester sowie der drohenden Entführung und Ermordung ihrer eigenen Person bzw. sogar der gesamten Familie.
Bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt hat die Klägerin dieses Verfolgungsschicksal bereits nicht mit Verfolgungsgründen i. S. d. § 3b AsylG in Verbindung gebracht, so dass bereits aus diesem Grunde die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausscheiden würde. Soweit sie jedoch nunmehr diese Handlungen damit in Verbindung bringen will, dass sie Hinduistin ist und damit eine Hinwendung zum islamischen Glauben erzwungen werden sollte bzw. nach anderweitigem Vortrag ihres Vater, dass damit die Verheiratung der Töchter erzwungen werden sollte, so ist dieser gesamte vorgetragene Komplex bereits im eigenen Vortrag jedes einzelnen Familienmitgliedes (der Klägerin sowie ihres Vaters und ihrer Mutter, den Klägern im Verfahren W 1 K 16.30614) und sodann auch im Vergleich mit den Schilderungen der jeweils anderen Familienmitglieder mit einer solchen Vielzahl nicht erklärbarer Widersprüche behaftet, dass er den Klägern insgesamt nicht geglaubt werden kann.
Zunächst divergieren bereits die Namen der angeblich getöteten Schwester der Klägerin. Während ihr Vater vor dem Bundesamt angegeben hat, seine Tochter habe I. geheißen, wurde der Name von ihrer Mutter vor dem Bundesamt mit S. angegeben, während sie selbst dort den Namen S. gebrauchte. Auf entsprechenden Vorhalt vor dem Bundesamt erklärte ihre Mutter bezüglich dieser Differenzen, ihr Ehemann könne den Namen der Tochter nicht richtig aussprechen und bei dem von der Tochter gebrauchten Namen könne es sich um einen Spitznamen handeln. Bereits dies erscheint abwegig, nachdem die Bezeichnungen S. und I. keinerlei phonetische Gemeinsamkeiten aufweisen. Falls es sich bei dem Namen S. um einen Spitznamen gehandelt haben sollte, so ist nicht erklärlich, warum die Mutter diese Tatsache über ihre Tochter nicht sicher gewusst haben sollte. Im schriftsätzlichen Vortrag des Vaters vom 24. Juni 2016 bezeichnet dieser seine Tochter nunmehr als S., während er sie auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung als Se. bezeichnet. Auf Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung zu diesen Diskrepanzen erläuterte der Vater, es habe sich vor dem Bundesamt um eine falsche Übersetzung gehandelt. Dies erscheint nicht nachvollziehbar, nachdem er diesen Namen dort mindestens zweimal selbst erwähnt hat und auch der Anhörende in seinen Nachfragen den Namen I. gebraucht hat, so dass der Vater diesen sicherlich korrigiert hätte, wenn es sich tatsächlich um einen Übersetzungsfehler gehandelt hätte. Zudem hat er zum Ende der Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. In Abweichung ihren Angaben vor dem Bundesamt erklärt die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts sodann, dass ihre getötete Schwester Se. geheißen habe. Auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts gab sie an, der Übersetzer vor dem Bundesamt habe den genannten Namen (S.) wohl falsch gehört, es liege ein Übersetzungsfehler vor. Auch dies ist aufgrund fehlender phonetischer Gemeinsamkeiten zwischen den Namen Se. und S. sowie ihrer Aussage zum Ende der Befragung, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe, nicht glaubhaft. All dies legt einzig und allein den Schluss nahe, dass es sich hierbei nicht um tatsächlich Erlebtes handelt. An derartiges Basiswissen wie den Namen eines Familienmitgliedes müssten sich alle Familienmitglieder gleichermaßen zwingend erinnern können.
Darüber hinaus divergieren sodann auch die Beschreibungen zum Ablauf der Entführung und Tötung der Schwester bzw. Tochter. Unklarheiten bestehen schon dahingehend, wann sich dieser Vorfall zugetragen haben soll. So erwähnte der Vater der Klägerin vor dem Bundesamt zunächst, dass diese Tochter drei Monate vor der Ausreise aus Afghanistan ums Leben gekommen sei. An anderer Stelle gibt er jedoch an, dass die Familie nach diesem Vorfall nach Kabul geflüchtet sei und dort noch ein Jahr bis zur endgültigen Ausreise aus Afghanistan gelebt habe. Letztere wiederum soll laut Vortrag vor dem Bundesamt Ende Juni 2011/Anfang Juli 2011 stattgefunden habe, was nach Einschätzung des Gerichts der Wahrheit entsprechen dürfte, da sich bei den Behördenakten im Verfahren W 1 K 16.30614 ein Schreiben des B.-Krankenhauses in H. befindet, in dem die Mutter der Klägerin am 28. Juni 2011 nach einem epileptischen Anfall vorstellig geworden ist. Darin wird erwähnt, dass diese kurz zuvor aus Afghanistan kommend nach Deutschland eingereist sei. In der mündlichen Verhandlung wiederum nimmt der Vater als Zeitpunkt für den Vorfall der Entführung und Ermordung der Tochter etwa den November 2009 an, jedenfalls sei es im Winter gewesen. Die Klägerin wiederum gab bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt an, dass sie, nachdem sie nach Kabul geflüchtet seien, dort noch eineinhalb Jahre bis zur Ausreise gelebt hätten. In der mündlichen Verhandlung gab sie zu Protokoll, sie könne den Vorfall zeitlich nicht genau einordnen. Es sei jedoch in der kalten Jahreszeit gewesen. Sie hätten in Kabul danach noch etwa ein Jahr gelebt. Die Mutter der Klägerin kann sich ebenfalls nicht erinnern, wann sich der Vorfall genau zugetragen hat. Sie meinte in der mündlichen Verhandlung, dass es etwa sechs Jahre her sein müsse. Das Gericht ist der Überzeugung, dass ein derartig einschneidendes Ereignis, sollte es sich tatsächlich zugetragen haben, von den Familienmitgliedern genauer zeitlich eingeordnet werden müsste - auch unter Berücksichtigung des Bildungsstandes der Kläger. Dass dem nicht so ist, lässt für das Gericht nur den Schluss zu, dass dieses tatsächlich nicht stattgefunden hat. Dafür sprechen auch weitere Ungereimtheiten.
Zum Ablauf der Entführung hat der Vater vor dem Bundesamt angegeben, die Tochter sei von vermummten Personen entführt und getötet worden. Später sprach er dann von einem Mann, der zu ihnen ins Haus gekommen sei und die Tochter zwangsweise mitgenommen habe. Die Mutter erwähnte vor dem Bundesamt zwei vermummte Personen, die nachts gewaltsam in ihr Haus gekommen seien und die Tochter mitgenommen hätten. Einer davon sei bewaffnet gewesen und habe sie gestoßen. Ob ihre Tochter K. die Entführung gesehen habe, wisse sie nicht. Diese habe sich versteckt. Die Klägerin schließlich gab vor dem Bundesamt an, sie wisse nicht, wie und wo ihre Schwester entführt worden sei. Der Entführer habe jedenfalls einen Brief zurückgelassen, aus dem ersichtlich gewesen sei, dass er sie mitgenommen habe. Im Schreiben vom 24. Juni 2016 erklärte der Vater demgegenüber, dass zunächst zwei Männer an der Haustüre gewesen seien, die etwas zu essen hätten haben wollen und die er dann in das Haus gelassen habe. Nach dem Essen habe der ältere der beiden Männer gewollt, dass dessen mit anwesender Sohn seine Tochter S. heiratet. Da die Familie damit nicht einverstanden gewesen sei, seien sie mit einer Pistole bedroht worden. Einer der Männer habe dann mittels Handy zwei weitere Männer verständigt, die ihn dann auf sein Gesicht geschlagen hätten, so dass er geblutet und Zähne verloren habe. Seine Frau habe dabei einen epileptischen Anfall erlitten. Er und seine Tochter K. seien dann gefesselt worden und daraufhin hätten die Männer die Tochter S. mitgenommen. In der mündlichen Verhandlung wiederum berichtet der Vater der Klägerin nur mehr von zwei Personen, die bei der Entführung anwesend gewesen seien. Dies bestätigt auch die Tochter in der mündlichen Verhandlung, so dass sich eine nicht erklärbare Diskrepanz hinsichtlich der Zahl der Entführer ergibt. Auch besteht eine solche hinsichtlich der Frage, ob die Familie die Entführer ins Haus gelassen hat oder ob diese gewaltsam eingedrungen sind, wie die Mutter vor dem Bundesamt behauptet hat. Auch besteht ein Widerspruch dahingehend, ob die Klägerin bei der Entführung zugegen war. Während ihre Mutter und sie selbst in der mündlichen Verhandlung angaben, sie sei im Haus gewesen, habe sich aber in einem anderen Zimmer versteckt, konnte sie vor dem Bundesamt auf Befragen nicht angeben, wo und wie sich die Entführung abgespielt habe, obwohl sie diese gleichwohl mit eigenen Augen aus ihren Versteck mit angesehen haben will, wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärt hat. Demgegenüber trägt der Vater in seinem Schreiben vom 24. Juni 2016 vor, dass er und seine Tochter K. von den Entführern gefesselt worden seien, was wiederum zwingend für deren direkte Anwesenheit bei dem Geschehen spricht und mit dem Vortrag der Klägerin und der Mutter nicht in Einklang zu bringen ist.
Unüberwindbare Widersprüche ergeben sich auch zu der Frage, wann die angeblichen Entführer die Leiche der Schwester bzw. Tochter zurückgebracht haben und wie diese tatsächlich zu Tode gekommen ist. Während sämtliche Familienmitglieder in der mündlichen Verhandlung angegeben haben, dass die tote Schwester bzw. Tochter nach einer Woche bzw. acht Tagen zurückgebracht worden sei, hat die Mutter diesen Zeitraum vor dem Bundesamt mit einem Monat angegeben. Die Klägerin hat darüber hinaus vor dem Bundesamt erläutert, dass ihre Schwester Selbstmord begangen habe. Sie sei nach einer Woche zurückgekommen und habe sich noch in der gleichen Nacht in ihrem Zimmer erhängt. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass dies von den Angaben ihres Vaters abweiche, erklärte sie zunächst, ihr Vater habe das Richtige gesagt, während sie sodann, auf erneuten Vorhalt, angab, sie wisse, dass die Schwester Selbstmord begangen habe. Auf diese erhebliche Diskrepanz in der mündlichen Verhandlung angesprochen, erklärte die Klägerin, dass es sich vor dem Bundesamt um einen Übersetzungsfehler gehandelt haben müsse. Sie habe das mit dem Selbstmord so nicht gesagt. Dies wiederum erscheint aufgrund der völligen Andersartigkeit der Sachverhalte ausgeschlossen und beweist zur Überzeugung des Gerichts ein weiteres Mal, dass die Kläger hier nicht über tatsächlich Erlebtes berichten.
Unauflösbare Widersprüche ergeben sich auch zur Frage, wie lange die Familie nach der Ermordung der Schwester bzw. Tochter noch in Ghazni verblieben ist. Der Vater sprach vor dem Bundesamt zunächst von drei bis vier Tagen, im Schriftsatz vom 24. Juni 2016 erklärte er, dass sie gleich am nächsten Tag nach Kabul gegangen seien, während er wiederum in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts angab, dass sie eine Woche nach der Ermordung der Tochter nach Kabul geflohen seien. Die Mutter wiederum sprach vor dem Bundesamt von einem Zeitraum von zwei bis drei Tagen, in der mündlichen Verhandlung jedoch von acht Tagen. Die Klägerin erklärte vor dem Bundesamt, dass sie nach dem Tod der Schwester noch etwa 15 bis 20 Tage in der Stadt Ghazni gewesen seien.
Schließlich differieren auch die Aussagen zu dem angeblichen Drohbrief betreffend die Klägerin und zu den Motiven der Täter für die Entführung und Ermordung der Tochter bzw. Schwester und der Klägerin selbst in nicht nachvollziehbarer Weise. Der Vater hat vor dem Bundesamt vorgetragen, gleich nach dem Tod seiner Tochter I. sei ein Brief bei ihnen eingeworfen worden, wonach er seine Tochter K. freiwillig übergeben sollte, weil auch sie ansonsten zwangsweise mitgenommen würde. Auf die Frage, warum die Täter die Töchter entführen und töten wollten, gab der Vater vor dem Bundesamt an, es könne sein, dass es wegen seines hinduistischen Glaubens gewesen sei oder weil sie vielleicht Geld von ihm erpressen wollten. Er wisse es aber nicht genau. In dem Schreiben vom 24. Juni 2016 gab er erstmals an, dass die Entführung der Tochter S. den Zweck gehabt habe, diese zwangsweise zu verheiraten. Dies sei dann auch Gegenstand des Drohbriefes gewesen hinsichtlich seiner Tochter K. Er solle diese in die Familie der Entführer verheiraten, ansonsten würden sie sie auch mitnehmen und töten. In der mündlichen Verhandlung schließlich gab der Vater im Rahmen seiner informatorischen Befragung an, dass man ihm nach den Tod der Tochter gesagt habe, er solle Muslim werden, dann werde man seine andere Tochter auch mitnehmen, um sie zu verheiraten, ansonsten werde er getötet werden. Zunächst stellt es ein gesteigertes Vorbringen dar, wenn der Kläger nunmehr am 24. Juni 2016 erstmals eine angebliche Motivation für die Entführung in Form einer Zwangsverheiratung angibt. Dies ist aus den bereits oben dargelegten Gründen nicht glaubhaft, da es abwegig erscheint, dass gläubige Muslime ihren Sohn mit einer in ihren Augen ungläubigen Hinduistin verheiraten wollen. Wenn dem aber so wäre, so erklärt es sich nicht, warum sie die entführte Tochter dann nicht tatsächlich ihrem Sohn zur Frau geben, sondern sie ermorden. Ebenfalls eine nicht nachvollziehbare Steigerung enthält der Vortrag in der mündlichen Verhandlung, in dem der Vater nunmehr erläutert, dass er zusätzlich gezwungen werden sollte, zum Islam zu konvertieren, andernfalls seine Tochter K. zum Zwecke der Zwangsverheiratung mitgenommen und er selbst getötet würde. Der Zwang zu konvertieren und die Gefahr für seine eigene Person sollen offensichtlich dessen Vortrag nachträglich mehr Nachdruck verleihen und können diesem als allein prozesstaktisch einzustufende Steigerung nicht geglaubt werden. Die Mutter hat vor dem Bundesamt diesbezüglich angegeben, sie hätten nach der Ermordung der einen Tochter einen Brief erhalten, worin gestanden habe, dass auch ihre zweite Tochter K. mitgenommen werden solle. Dieser Drohbrief habe auf der Leiche der Tochter gelegen. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt räumte sie sodann jedoch ein, dass sie die Leiche nicht selbst vor der Haustüre habe liegen sehen. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin zum Inhalt des Briefes, dass sich aus diesem ergeben habe, dass auch sie Gefahr liefen, getötet zu werden. Dies lässt sich wiederum nicht mit dem Vortrag vor dem Bundesamt in Einklang bringen, wo nur eine Gefahr für die Tochter K. geschildert wurde. Auch insoweit besteht bei Mutter ein gesteigerter Sachvortrag, der ihr nicht abgenommen werden kann. Von einer etwaigen Zwangsverheiratung hat die Mutter in der mündlichen Verhandlung gar nichts erwähnt. Ihre Angaben sind widersprüchlich und können ihr nicht geglaubt werden. Schließlich erklärte die Klägerin vor dem Bundesamt zu diesem Teilkomplex, sie hätten einen Drohbrief erhalten, wonach auch sie selbst mitgenommen werden sollte. Sie erklärte im Gegensatz zu ihren Eltern, dass es zwei Briefe gegeben habe, einen nach der Entführung der Schwester und einen weiteren nach dem Tod ihrer Schwester. Letzteren Brief hätten sie ca. drei Tage nach dem Tod der Schwester erhalten, was sich nicht mit den Aussagen der Eltern deckt, die davon gesprochen haben, dass der Brief sie gleich nach dem Tod der Tochter erreicht habe. In der mündlichen Verhandlung wiederum setzt sich die Klägerin zu ihren eigenen Aussagen vor dem Bundesamt in Widerspruch, indem sie anführte, dass der Brief gleichzeitig mit der Leiche der Schwester gebracht worden sei. Inhaltlich habe sich daraus ergeben, dass auch sie getötet werden sollten, wenn sie keine Muslime würden.
All diese weder erklärbaren noch nachvollziehbaren Unstimmigkeiten und Widersprüche bereits im jeweils eigenen Vortrag jedes Familienmitgliedes und sodann auch im Vergleich mit den Schilderungen der jeweils anderen Familienmitglieder ergeben in der Gesamtschau, dass der gesamte Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung der angeblichen Tochter bzw. Schwester sowie die drohende Entführung und Ermordung der Klägerin oder aber der gesamten Familie durch Muslime bzw. Taliban nicht glaubhaft ist. Lediglich ergänzend sei exemplarisch für diese Einschätzung noch darauf hingewiesen, dass der Vater der Klägerin vor dem Bundesamt einen Sohn namens M. erwähnt hat, der 1994 im Krieg getötet worden sei, den jedoch Ehefrau und Tochter gar nicht kennen. Die Mutter der Klägerin meinte hierzu auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass es sich tatsächlich um seinen Bruder gehandelt habe, den ihr Ehemann jedoch als seinen Sohn angesehen habe. Demgegenüber führt der Vater in seinem Vortrag vom 24. Juni 2016 wiederum noch einmal eindeutig aus, dass es sich um seinen eigenen Sohn gehandelt habe.
IV.
Die Klägerin hat des Weiteren auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG.
Der Klägerin droht nach Überzeugung des Gerichts weder die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG noch droht ihr ein ernsthafter Schaden durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG.
Der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist im Gesetz nicht näher definiert. Da die zuletzt genannte Vorschrift der Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 337, S. 9) - QRL - dient, ist dieser Begriff jedoch in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Begriff in Art. 15b QRL auszulegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) legt Art. 15b QRL wiederum in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zu Art. 3 EMRK aus (z. B. EuGH, U.v. 17.2.2009 - Elgafaji, C - 465/07
Dass der Klägerin insoweit keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht, ergibt sich bereits daraus, dass ihr Vortrag zu ihren Fluchtgründen in weiten Teilen unglaubhaft ist. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Soweit das Gericht den Vortrag insoweit als glaubhaft eingestuft hat, dass die Klägerin aufgrund ihrer Religion insbesondere beschimpft und bespuckt worden seien, so erreicht dies nicht den notwendigen Schweregrad, um eine Verletzung des Art. 3 EMRK annehmen zu können.
Darüber hinaus stellen auch die schlechten humanitären Bedingungen, die in Afghanistan herrschen, keinen Grund dar, um einen subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG zu begründen. Zwar ist dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in ganz außergewöhnlichen Fällen grundsätzlich möglich. Allerdings existiert hierfür eine sehr hohe Eingriffsschwelle und setzt voraus, dass im Falle der Rückführung die konkrete Gefahr einer unmenschlichen Behandlung in der Form unzureichender humanitärer Lebensbedingungen gerade Folge einer direkten oder indirekten Aktion von Seiten staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure ist. Dieses Erfordernis ergibt sich auch aus § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3c AsylG, wonach es auch beim subsidiären Schutz eines Verfolgungsakteurs, von dem die Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgeht, bedarf (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). Schlechte allgemeine wirtschaftliche oder humanitäre Lebensbedingungen im Abschiebezielstaat, die nicht auf einen solchen Akteur zurückführbar sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Die schlechten humanitären Lebensbedingungen in Afghanistan sind gerade nicht auf einen spezifischen Verfolgungsakteur zurückzuführen, sondern allgemeine und nicht individualisierbare Folge der schlechten ökonomischen Bedingungen und der schwierigen Sicherheitslage im Land. An dieser Situation hat sich auch aufgrund der jüngsten Erkenntnismittellage nichts geändert.
2. Ein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes ergibt sich auch nicht aufgrund einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Klägerin infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG.
Für die Beurteilung kommt es hierbei regelmäßig auf die Herkunftsregion des Ausländers an (BVerwG, U.v. 14.7.2009 - 10 C 9/08 - BverwGE 134, 188; BayVGH, U.v. 12.1.2012 - 13a B 11.30427 - juris Rn. 15 m. w. N.). Die Klägerin stammt vorliegend aus der Stadt und Provinz Ghazni, so dass auf diese Region abzustellen ist. Die obergerichtliche Rechtsprechung geht auf der Grundlage der verfügbaren Erkenntnismittel davon aus, dass afghanische Staatsangehörige bei einer Rückkehr in die Provinz Ghazni nach derzeitiger Sicherheitslage im Allgemeinen keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt sind (BayVGH, B.v. 20.8.2015 - 13 ZB 15.30062 - juris Rn. 7 zur Südostregion, der die Provinz Ghazni zuzurechnen ist; BayVGH, B.v. 11.3.2014 - 13a ZB 13.30246 - juris Rn. 5 f.; BayVGH, U.v. 4.6.2013 - 13a B 12.30063 - juris Rn. 15 ff.; OVG Lüneburg, U.v. 7.9.2015 - 9 LB 98/13 - juris Rn. 42 ff.). Das Gericht schließt sich dieser Einschätzung an. Auch aus den aktuellsten Erkenntnismitteln ergibt sich trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage keine derart hohe Gefahrendichte, dass praktisch jede Zivilperson schon alleine aufgrund ihrer Anwesenheit in der Provinz Ghazni einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt wäre (UNAMA Report v. 14.2.2016; EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan - Security Situation, v. 1.1.2016, S. 89 ff.). Individuelle gefahrerhöhende Umstände sind bei den Klägern nicht erkennbar, insbesondere handelt es sich bei den von den Klägerin befürchteten Gefahren und objektiv vorliegenden Indikatoren, wie der Zugehörigkeit zur hinduistischen Religion, ersichtlich um andere Gefahren als denjenigen, welche Zivilpersonen in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt drohen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Hindus der besonderen Gefahr von Anschlägen ausgesetzt oder gar Zielscheibe solcher Anschläge wären.
V.
Schließlich hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Ein solches kommt nicht in Betracht, da der Klägerin keine gegen Art. 3 EMRK oder ein anderes Grundrecht nach der EMRK verstoßende Behandlung droht. Insbesondere stellt die allgemeine Versorgungslage in Afghanistan keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK dar. Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat in ganz besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht jedoch allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen. In Afghanistan ist die allgemeine Lage jedenfalls nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde (EGMR, U.v. 13.10.2011 - NJOZ 2012, 952, Rn. 84; BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). In Fällen, in denen wie vorliegend gleichzeitig über die Gewährung subsidiären Schutzes zu entscheiden ist, scheidet darüber hinaus bei Verneinung dieser Voraussetzungen regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris Rn. 36). Insofern wird auf die Ausführungen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG Bezug genommen. Auch hinsichtlich des individuellen Vortrages der Klägerin in Bezug auf religiöse und sonstige Verfolgungsmaßnahmen kann auf obige Ausführungen zu den §§ 3 und 4 AsylG verwiesen werden, wonach der Vortrag nicht glaubhaft bzw. nicht von solcher Schwere ist, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK in Betracht zu ziehen ist.
VI.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylG bezüglich Afghanistan vorliegen. Soweit die Ziffern 3. und 4. des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 31. Juli 2012 dem entgegenstehen, werden sie aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Von den Kosten des Verfahrens hat die Klägerin 3/4, die Beklagte 1/4 zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wurde eigenen Angaben zufolge am … in Ghazni geboren. Sie sei afghanische Staatsangehörige mit der Volkszugehörigkeit Multani und der Glaubenszugehörigkeit Hindu. Sie gibt an, ihr Heimatland gemeinsam mit ihren Eltern zunächst nach Pakistan verlassen zu haben und dann gemeinsam mit ihrem Vater am 6. September 2011 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein. Hier stellte sie am 14. September 2011 einen Asylantrag.
Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 14. September 2011 sowie im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am
Zu ihren Fluchtgründen erklärte die Klägerin, ein unbekannter Mann habe ihre damals 16-jährige Schwester namens S. zwangsweise mitgenommen. Sie sei nach etwa einer Woche zurückgekommen und habe gesagt, sie wolle ein eigenes Zimmer im Haus haben. Noch in der gleichen Nacht habe sie sich dort erhängt. Der Entführer der Schwester habe einen Brief zurückgelassen, aus dem zu entnehmen gewesen sei, dass er sie mitgenommen habe. Sie hätten dann auch etwa drei Tage nach dem Tod der Schwester einen Drohbrief erhalten, wonach auch sie selbst mitgenommen werden sollte. Der Brief habe von derselben Person gestammt, die auch ihre Schwester entführt habe. Wegen dieses Drohbriefes habe sie dann etwa 15 bis 20 Tage nach dem Tod ihrer Schwester mit ihren Eltern Ghazni verlassen und nach nach Kabul gegangen. Sie hätten dann etwa 1 ½ Jahre in Kabul gelebt. Dort habe es keine Probleme mehr gegeben. Auf die Frage, ob es Probleme aufgrund ihres hinduistischen Glaubens gegeben habe, erklärte die Klägerin, sie seien von Bevölkerung beschimpft und bespuckt worden, da sie für diese Ungläubige seien. Sie hätten sich aber wenig mit der Religion beschäftigt. Sie sei einmal mit ihrem Vater im Tempel in Kabul gewesen. Darüber hinaus erklärte die Klägerin, dass ihre Mutter an Epilepsie leide. In Kabul sei sie deswegen mit Medikamenten behandelt worden, die die Familie bezahlt habe.
Auf Vorhalt, dass ihr Vater den Namen der zu Tode gekommenen Schwester mit „I.“ und deren Alter mit 20 Jahren angegeben habe sowie dass sie tot vor der Haustüre gelegen habe, erklärte die Klägerin, der Vater habe das Richtige gesagt. Ihren Namen habe er nicht ganz richtig ausgesprochen. Wie alt die Schwester gewesen sei, könne sie nicht genau sagen. Sie habe auch vor der Tür gelegen, ihr Vater habe ihr gesagt, dass der Mann, der sie mitgenommen habe, sie ermordet und dann vor die Tür gelegt habe. Auf weitere Nachfrage bekräftigte sie, dass sie wisse, dass die Schwester Selbstmord begangen habe. Danach befragt, ob sie einen Bruder namens M. gehabt habe, erklärte die Klägerin, dass sie diesen Namen nicht kenne. Auch dass dieser 1994 getötet worden sein soll, wisse sie nicht.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom
II.
Gegen den am 4. August 2012 zugestellten Bescheid des Bundesamtes ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. August 2012, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg am gleichen Tage, Klage erheben.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom
2. Es wird festgestellt, dass für die Klägerin Abschiebeverbote nach § 60 AufenthG vorliegen.
Des Weiteren wurde beantragt, der Klägerin Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 6. Juni 2016
Mit Beschluss vom 7. Juni 2016
Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan, Stand April 2016, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten und auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom
Gründe
Die Klage, über die trotz des Ausbleibens von Beteiligten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und teilweise begründet, soweit sie darauf gerichtet ist, bei der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan festzustellen. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Soweit der Bescheid des Bundesamtes vom 31. Juli 2012 dem in seinen Ziffern 3. und 4. entgegensteht, ist dieser aufzuheben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO). Darüber hinaus ist der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 31. Juli 2012 rechtmäßig. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, oder die Zuerkennung des subsidiären Schutzes, § 4 Abs. 1 AsylG, noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Insoweit ist die Klage unbegründet und war daher abzuweisen. Maßgeblich für die Entscheidung über Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG).
A. I.
Die Klägerin hat Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren i. S. des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe allgemein betreffen, so ist die Gewährung von Abschiebungsschutz einer politischen Leitentscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60a AufenthG vorbehalten. Beim Fehlen einer politischen Regelung i. S. des § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke in Betracht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zutreffend anerkannt, dass im Falle einer extremen allgemeinen Gefahrenlage, die den einzelnen Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde, unabhängig vom Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 a AufenthG Schutz vor Abschiebung gewährt werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 - BVerwGE 99, 324 ff., juris; U.v.
1.a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte ergibt sich aus den Erkenntnismitteln zu Afghanistan derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr aufgrund der allgemein schwierigen Verhältnisse in eine extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Arbeitseinkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren (ständige Rechtsprechung, z. B. BayVG,
b) Die Klägerin im vorliegenden Verfahren ist aufgrund ihrer persönlichen Umstände - allein aufgrund ihres Geschlechts - jedoch ersichtlich nicht der o.g. Gruppe der alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen Rückkehrer nach Afghanistan zuzurechnen. Eine extreme Gefahrenlage kann sich nämlich umgekehrt für besonders schutzbedürftige Rückkehrer wie Minderjährige, alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, alleinstehende Frauen mit und ohne Kinder, Familien mit Kleinkindern und Personen, die aufgrund besonderer persönlicher Merkmale zusätzlicher Diskriminierung unterliegen, ergeben (vgl. München,
Zur aktuellen Lage in Afghanistan stellt das Auswärtige Amt im Lagebericht vom
Die Schweizer Flüchtlingshilfe teilt in ihrem Update vom
Der UNHCR erklärt in seinen Richtlinien vom
c) Bei der Beurteilung, ob im Einzelfall eine extreme Gefahrenlage besteht, ist zudem zu beachten, dass Familienangehörige wegen des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG nur gemeinsam mit ihren Kindern und ihrem Ehepartner nach Afghanistan zurückkehren können (vgl. BVerfG, B.v. 5.6.2013 - 2 BVR 586/13 - juris). Daher sind bei der Beantwortung der Frage, ob das Existenzminimum im Heimatland gewährleistet sein wird, alle Familienmitglieder gemeinsam in den Blick zu nehmen (BVerwG, U.v. 8.9.1992 - 9 C 8.91 - juris; VG München, U.v. 21.4.2016 - M 15 K 16.30413 - juris Rn. 23; VG Gelsenkirchen, U.v. 20.8.2015 - 5 a K 4515/13 A - juris Rn. 42). Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen, wie bei Angehörigen, die als politisch Verfolgte Abschiebungsschutz genießen, könne eine andere Betrachtung geboten sei (BVerwG a. a. O.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor, so dass eine gemeinsame Rückkehr der Klägerin mit ihren Eltern, den Klägern im ebenfalls am 5. Juli 2016 entschiedenen Parallelverfahren W 1 K 16.30614, zugrunde zu legen ist.
d) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen würde sich die allgemeine Gefahrensituation in Afghanistan für die Klägerin derart zu einer extremen Gefahr verdichten, dass eine Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung im vorliegenden Fall geboten ist.
Die Klägerin wäre bereits allein schon aufgrund der patriarchalischen Sozialnormen und der damit einhergehenden untergeordneten Stellung der Frau in Afghanistan nicht in der Lage, ihren eigenen Unterhalt, geschweige denn den der gesamten Familie, zu erwirtschaften. In Afghanistan hat sie keine Schule besucht oder einen Beruf erlernt. Menschen, die Analphabeten sind und keinen Beruf erlernt haben, haben bestenfalls die Möglichkeit, sich um Hilfsarbeiten zu bemühen, die regelmäßig mit harter körperlicher Arbeit verbunden sind (vgl. Sachverständigengutachten des Dr. D. an den Hess. VGH
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Rückkehrsituation wesentlich auch davon mitgeprägt wird, ob sich Rückkehrer auf familiäre oder sonstige verwandtschaftliche Strukturen verlassen können oder ob sie auf sich allein gestellt sind. Die Klägerin hat vor dem Bundesamt angegeben, im Heimatland keine weiteren Verwandten zu haben. Das Gericht ist unter Einbeziehung der Aussagen ihrer Eltern, den Klägern im Verfahren W 1 K 16.30614, der Auffassung, dass die Klägerin zumindest nicht auf verwandtschaftliche Hilfe in Afghanistan hoffen könnte. Der Vater der Klägerin hat nämlich insoweit vor dem Bundesamt angegeben, dass er in Kabul einen Cousin habe. Er hat dort jedoch auch mehrmals erwähnt, dass er schon lange keinen Kontakt mehr zu diesem Cousin gehabt habe und er darüber hinaus keinerlei Verwandtschaft in Afghanistan besitze. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nunmehr nach diesem Cousin befragt angegeben, dass es einen solchen Cousin nicht gebe, es habe sich um einen Übersetzungsfehler vor dem Bundesamt gehandelt. Auch wenn dies dem Gericht nicht glaubhaft erscheint, so ist es dennoch davon überzeugt, dass der Vater der Klägerin zu diesem einzigen Verwandten in seinem Heimatstaat - nicht zuletzt aufgrund des vergangenen langen Zeitraums seit der Ausreise der Kläger vor rund 5 Jahren - keine Verbindungen mehr hat und insoweit auch nicht auf dessen Hilfe hoffen könnte. Auch die Mutter der Klägerin hat im gesamten Verfahren glaubhaft angegeben, nicht über weitere Verwandtschaft in Afghanistan zu verfügen, was auch naheliegend erscheint, nachdem nur noch rund 3.000 Hindus überhaupt noch in Afghanistan leben.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Klägerin - wie auch ihre Eltern - der Religionsgruppe der Hindus zugehört, welche in Afghanistan von der muslimischen Mehrheitsbevölkerung als Außenseiter betrachtet werden und mit gesellschaftlicher Diskriminierung konfrontiert sind, was die wirtschaftliche Situation die Klägerin über die ohnehin sehr schwierige allgemeine Lage hinaus noch weiter negativ beeinflussen würde. Als Zugehörige einer kleinen Minderheit könnte die Klägerin nämlich nicht auf ein Patronagenetzwerk zurückgreifen, welches in Afghanistan der Erkenntnismittellage entsprechend - unabhängig von den oben dargestellten für die Klägerin bereits unüberwindbaren Probleme - notwendig ist, um die Chance etwa auf einen Arbeitsplatz oder Wohnraum zu erhalten.
Eine andere Einschätzung ergibt sich schließlich auch nicht mit Blick auf die Eltern der Klägerin, die Kläger im Parallelverfahren W 1 K 16.30614. Auch wenn die Klägerin entsprechend der obigen Ausführungen gemeinsam mit ihren Eltern nach Afghanistan zurückkehren würde, so würde sich an der extremen Gefahr, in die die Klägerin und mit ihr die gesamte Familie alsbald nach ihrer Rückkehr geraten würde, nichts ändern. Dies ergibt sich aus folgenden weiteren Erwägungen in Bezug auf die Eltern der Klägerin:
Was den Vater der Klägerin angeht, so ist zentral bereits dessen hohes Alter von mittlerweile 70 Jahren in den Blick zu nehmen, womit er die in Afghanistan derzeit bestehende Lebenserwartung von 50 Jahren (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2015) statistisch bereits signifikant überschritten hat. Aufgrund dieses Alters erscheint es dem Gericht ausgeschlossen, dass er in Afghanistan noch in der Lage wäre, den Lebensunterhalt für sich, geschweige denn - wie es in Afghanistan vielfach üblich ist - auch für seine Familie zu erwirtschaften. Zwar hat der Vater in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass es ihm gesundheitlich gut gehe, er hat jedoch in glaubhafter Weise ebenfalls darauf verwiesen, dass er Probleme mit den Zähnen und seinem Rücken habe, an dem er in Afghanistan operiert worden sei. Er sieht sich selbst daher nicht mehr in der Lage dazu, aufgrund seines Alters in Afghanistan zu arbeiten. Dies deckt sich mit der Einschätzung des Gerichts aus der mündlichen Verhandlung, in dem der Vater augenscheinlich einen schwachen und gebrechlichen Eindruck gemacht hat. In Afghanistan herrscht zudem wie ausgeführt sehr hohe Arbeitslosigkeit. Menschen, die, wie der Vater der Klägerin Analphabeten sind und keinen Beruf erlernt haben, haben bestenfalls die Möglichkeit, sich um Hilfsarbeiten zu bemühen, die regelmäßig mit harter körperlicher Arbeit verbunden sind (vgl. Sachverständigengutachten des Dr. D. an den Hess. VGH
Auch die Mutter der Klägerin ist bereits 61 Jahre alt. Sie leidet darüber hinaus an einer Vielzahl von Erkrankungen (cerebrales Anfallsleiden, chronische Bronchitis, Retropatellar-Arthrose beidseitig, Arthrose der rechten Hand, chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Helicobacter positive Gastritis (Oktober 2013), Hypertonie). Sie machte in der mündlichen Verhandlung auf den erkennenden Einzelrichter einen sehr geschwächten Eindruck und hat sich beim Gehen auf einen Rollator stützen müssen. Aufgrund dieser sehr schlechten gesundheitlichen Situation sowie der aufgrund der geltenden Sozialnormen generell untergeordneten Stellung der Frau in der afghanischen Gesellschaft wäre es ihr vollkommen unmöglich, ihren eigenen Lebensunterhalt oder gar den der Familie zu erwirtschaften. Die Mutter verfügt darüber hinaus wie ihr Ehemann und ihre Tochter ebenfalls nicht über Schulbildung, ist Analphabetin und hat zeitlebens nur im Haushalt gearbeitet. Zudem ist bei der Mutter der Klägerin zu bedenken, dass sie - zumindest was ihr cerebrales Anfallsleiden betrifft - zur Vorbeugung gegen epileptische Anfälle auf eine Dauermedikation angewiesen ist, wie sie glaubhaft in der mündlichen Verhandlung angegeben hat und sich darüber hinaus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenverordnungsübersicht von Herrn Dr. P. vom 20. Juni 2016 ergibt. Die Mutter ist gegen diese Erkrankung in ihrem Heimatland zwar bereits vor ihrer Ausreise behandelt worden, jedoch sind die erforderlichen Medikamente nach ihrem Vortrag wie auch den Ausführungen des Beklagten im angegriffenen Bundesamtsbescheid durch die Kläger selbst zu finanzieren (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10.1.2012). Diese für afghanische Verhältnisse keinesfalls vernachlässigbaren Kosten würden den Lebensunterhalt der Mutter und damit der gesamten Familie über die gewöhnlichen Verhältnisse hinaus weiter verteuern.
Im Rahmen einer Gesamtschau all dieser Aspekte würde der Klägerin bei einer Rückkehr nach Afghanistan alsbald in eine extreme Gefahrenlage geraten, in der ihr Leben akut in Gefahr wäre. Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass die beschriebene extreme Gefahr die Klägerin landesweit, insbesondere in der Hauptstadt Kabul und in ihrer Herkunftsregion, der Stadt Ghazni in der gleichnamigen Provinz, alsbald nach ihrer Rückkehr treffen würde.
II.
Wegen des nach alledem festzustellenden Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG steht § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG auch der unter Ziffer 4. des angegriffenen Bundesamtsbescheides verfügten Abschiebungsandrohung entgegen, so dass diese ebenso wie dessen Ziffer 3. - soweit sie der ausgesprochenen Verpflichtung entgegen steht - aufzuheben war.
B. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Klägerin hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG oder auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
III.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, weil ihr im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan keine landesweite asylrelevante Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 i. V. m. §§ 3a ff. AsylG droht.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG (BT-Drs. 16/5065 S. 213; vgl. auch § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Gemäß § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 24. Oktober 2015 geltenden Fassung (Art. 1, Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes v. 20.10.2015, BGBl I, S. 1722 ff.) in der Fassung der Änderungen durch Art. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 390 ff.) sowie Art. 2 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 394 ff.) anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG - wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG - die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
Dies zugrunde gelegt hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG. Der Einzelrichter folgt gemäß § 77 Abs. 2 AsylG den Ausführungen der Beklagten im Bescheid des Bundesamtes vom 31. Juli 2012 und sieht von einer weiteren Darstellung ab, soweit darin eine Gruppenverfolgung der Hindus in Afghanistan abgelehnt wird.
Ergänzend ist auszuführen, dass diese Auffassung durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Urteil vom 19. September 2013 mit überzeugenden Ausführungen bestätigt wurde (VGH Baden-Württemberg, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 65 ff.). Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht für das vorliegende Verfahren an. Auch den vorliegenden aktuellsten Erkenntnismitteln lässt sich keine Situation entnehmen, die eine Änderung dieser Einschätzung rechtfertigen würde.
So wird im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6. November 2015 im hier relevanten Kontext dargelegt, dass die indische Botschaft in Kabul davon ausgehe, dass in Afghanistan wenige Tausend Hindus und Sikhs verblieben seien. Es gebe vier Hindutempel landesweit, zwei davon in Kabul sowie je einen in Jalalabad und Helmand. Staatliche Diskriminierung gebe es nicht, auch wenn der Weg in öffentliche Ämter für Hindus schon aufgrund fehlender Patronagenetzwerke schwierig sei. Hindus würden aber von großen Teilen der muslimischen Bevölkerung als Außenseiter wahrgenommen. Viele Muslime lehnten insbesondere Feuerbestattungen ab, die im Hinduismus das zentrale Begräbnisritual darstellten. Die afghanische Regierung habe darauf reagiert, indem sie den Hindus einen dafür gewidmeten Ort zur Verfügung gestellt habe. Auf dem Weg dorthin würden Trauergemeinden allerdings den Berichten zufolge belästigt und bedroht. Es gebe auch Berichte, wonach Hindus und Sikhs Opfer illegaler Enteignungen und Beschlagnahmung ihrer Grundstücke geworden seien. Seit 2014 hätten Hindus und Sikhs Anspruch auf einen gemeinsamen Sitz im Parlament, der derzeit durch eine Frau eingenommen werde.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe führt in ihrem Update vom 13. September 2015 aus, dass sich Hindus weiterhin mit Diskriminierungen konfrontiert sähen. Die afghanische Regierung sei bislang nicht gegen die stark eingeschränkte Teilhabe der Hindus an Politik, Geschäftsleben und unrechtmäßigen Enteignungen vorgegangen. Sie sei nicht willens oder fähig, die religiösen Minderheiten vor Übergriffen zu schützen. Bei Ausübung der religiösen Zeremonien, insbesondere bei Beisetzungen, komme es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen.
Der UNHCR schreibt in seinen aktuellen Richtlinien vom 19. April 2016, dass eine große Zahl von Hindus Afghanistan als Reaktion auf große Schwierigkeiten, denen sie sich ausgesetzt sähen, verlassen hätte. Die geringe Zahl der verbliebenen Hindus sei Berichten zufolge umso verletzlicher für Missbrauch. Obwohl es den Hindugemeinden erlaubt sei, ihre Religion öffentlich zu praktizieren, werde berichtet, dass sie sich fortgesetzter Diskriminierung durch den Staat gegenüber sähen, etwa im Bereich der politischen Partizipation und Stellenbesetzung innerhalb der Regierung. Ebenso werde berichtet, dass sich die Hindus gesellschaftlicher Diskriminierung und Einschüchterung ausgesetzt sähen. Die Hindugemeinden berichteten von Schwierigkeiten bei der Ausführung von Begräbnisritualen und fühlten sich ungeschützt durch staatliche Behörden, etwa im Falle von Landstreitigkeiten. Hindus seien Berichten zufolge Opfer von illegaler Landnahme geworden und würden es aus Angst vor Vergeltung unterlassen, zur Wiedererlangung der Grundstücke gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gebe eine kleine Zahl von Schulen für Hindus; Hindu-Kinder seien beim Besuch staatlicher Schulen in Kabul Belästigungen und Mobbing ausgesetzt.
Es zeigt sich nach alledem, dass Hindus allein aufgrund ihrer Volks- bzw. Religionszugehörigkeit oder ihres Erscheinungsbildes weder Tötungen noch schweren körperlichen Misshandlungen oder ähnlich schwerwiegenden Rechtsgutsverletzungen ausgesetzt sind. Insoweit hat sich die Situation seit der Herrschaftszeit der Taliban deutlich verbessert. Das, was den Hindus in Afghanistan widerfährt, ist Ausfluss der allgemeinen Situation in Afghanistan. Politische und administrative Ämter werden oft willkürlich vergeben, wobei informelle Beziehungsnetzwerke und der Proporz der Ethnien eine wesentliche Rolle spielen. Primäres Kriterium bei der Personalauswahl ist häufig die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe oder einem bestimmten Clan. Marginalisierte Gruppen wie etwa die Hindus haben aus diesem Grunde geringere oder nahezu keine Chancen, bei öffentlichen Positionen eingestellt zu werden. Korruption und die Zahlung von Schmiergeldern ist in Afghanistan an der Tagesordnung. Durch Einflussnahme und Zahlung von Bestechungsgeldern an Justiz und Verwaltung werden Entscheidungen nach rechtstaatlichen Grundsätzen in weiten Teilen verhindert. So ist etwa das Problem der illegalen Landnahmen und die mangelnde Durchsetzbarkeit von Rückgabeansprüchen kein spezifisches gegen Hindus gerichtetes Phänomen, sondern auch andere Bevölkerungsgruppen sind hiervon betroffen (vgl. VGH BW, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 89). Das Gericht schließt sich vor diesem Hintergrund abermals der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in der zitierten Entscheidung an, wonach konkrete Referenzfälle, die den Schluss erlauben würden, dass die Diskriminierung der Minderheit der Hindus oder auch sonstige Beeinträchtigungen und Repressalien gegen sie nicht nur auf den vorstehend beschriebenen Missständen beruhen, sondern Bestandteile eines Vorgehens gezielt gegen diese Minderheiten wären, den vorliegenden - auch aktuellsten -Erkenntnisquellen nicht zu entnehmen sind.
2. Auch eine individuelle Verfolgung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als Hindu, § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG, die eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach sich zöge, kann die Klägerin nicht geltend machen.
Eine Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG aus Gründen der Religion kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH v. 5.9.2012 - C - 71/11 und C - 99/11
Die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung i. S.v. § 3a Abs. 1 AsylG zu erfüllen, hängt von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 28 ff.).
Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter, wie z. B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere - aber nicht nur - dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei Strafrechtsverboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, weil ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, keine erhebliche Verfolgungsgefahr begründet (BVerwG a. a. O., Rn. 28 m. w. N.). Ein hinreichend schwerer Eingriff setzt dabei nicht voraus, dass der Ausländer seinen Glauben nach der Rückkehr in sein Heimatland tatsächlich in einer Weise ausübt, die ihn der Gefahr einer Verfolgung aussetzt. Auch der unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung kann die Qualität einer Verfolgung erreichen (BVerwG, a. a. O. Rn. 26).
Als relevanter subjektiver Gesichtspunkt ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrenträchtigen religiösen Praxis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 29; VGH BW a. a. O. Rn. 48; OVG NRW a. a. O. Rn. 35). Denn der Schutzbereich der Religionsfreiheit erfasst sowohl die von der Glaubenslehre vorgeschriebenen Verhaltensweisen als auch diejenigen, die der einzelne Gläubige für sich selbst als unverzichtbar empfindet. Dabei kommt es auf die Bedeutung der religiösen Praxis für die Wahrung der religiösen Identität des einzelnen Ausländers an, auch wenn die Befolgung einer solchen religiösen Praxis nicht von zentraler Bedeutung für die betreffende Glaubensgemeinschaft ist (BVerwG
Die von der Klägerin vorgetragenen Verfolgungsmaßnahmen aus religiösen Gründen weisen bereits objektiv nicht die erforderliche Schwere auf, so dass sie nicht als Verfolgungshandlungen i. S. d. § 3a Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 AsylG zu qualifizieren sind.
Die Klägerin hat insoweit vor dem Bundesamt vorgetragen, dass - wenn sie ab und zu draußen gewesen seien - sie von der Bevölkerung beschimpft worden seien, da diese sie als Ungläubige angesehen hätten. Die Leute hätten auch auf sie gespuckt. Darüber hinaus habe es aber nichts gegeben. Sie hätten sich auch wenig mit der Religion beschäftigt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin diesen Vortrag in Übereinstimmung mit den Aussagen vor dem Bundesamt weitgehend - mit teilweise anderen Worten - wiederholt (hätten nicht nach draußen gehen können, wurden als Ungläubige bezeichnet, man habe sie ausgelacht und bespuckt). Dieser Teil ihrer Schilderungen kann nach Auffassung des Gerichts als wahr unterstellt werden. Er deckt sich insbesondere auch mit den Aussagen ihrer Eltern vor dem Bundesamt sowie mit der bereits oben dargestellten Erkenntnismittellage zur Situation der Hindus in Afghanistan. Dasselbe kann für die geringfügige Erweiterung in der mündlichen Verhandlung gelten, wonach die Klägerin in Afghanistan ein Kopftuch habe tragen müssen. Dies erscheint dem Gericht zum einen als Detail, das die Klägerin vor dem Bundesamt vergessen haben könnte zu erwähnen, zumal es auch in seiner Qualität nicht gegenüber dem bisherigen Vortrag - und in Abgrenzung zu anderen Weiterungen (s.u.) - in besonderer Weise hervortritt und auch zwanglos in dem islamisch geprägten Herkunftsland der Klägerin als wahr unterstellt werden kann.
Diese erlittenen Handlungen sind jedoch nicht so gravierend, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, darstellen, § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Nach Art. 15 Abs. 2 EMRK sind Abweichungen von dem Recht auf Leben, dem Verbot der Folter, dem Verbot der Sklaverei und Leibeigenschaft sowie dem Grundsatz, dass keine Strafe ohne Gesetz erfolgen darf, nicht zulässig. Diese Rechtsgüter wurden durch die genannten Maßnahmen in keiner Weise tangiert. Auch darüber hinaus ist eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte weder durch die Art noch durch die Wiederholung der in Rede stehenden Handlungen ersichtlich, auch nicht in Form einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen i. S.v. § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Das Beschimpfen, Auslachen und Bespucken sowie der - mindestens gesellschaftliche - Zwang, in der Öffentlichkeit Kopftuch tragen zu müssen, weisen als Angriffe insbesondere auf die Ehre der Klägerin sowie ihre allgemeine Handlungs- und Entfaltungsfreiheit, sich nach eigenen Vorstellungen kleiden zu können, ihrer Art nach keine derartige Schwere auf, dass sie einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung gleichkämen. Dasselbe gilt aber auch mit Blick auf die Wiederholung und Kumulierung derartiger Handlungen gegenüber der Klägerin, der dies ihrem Vortrag nach öfters widerfahren ist. Eine flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlung vermag dies gleichwohl nicht zu begründen, da eine unzumutbare Einschränkung der persönlichen Existenz hierin noch nicht zu erblicken ist. Insbesondere ist es in Afghanistan aufgrund des dort herrschenden patriarchalischen Gesellschaftssystems allgemein nicht üblich, dass sich Frauen dort frei und ohne Einschränkungen außerhalb der eigenen Häuslichkeit in der Öffentlichkeit bewegen. Diese gesellschaftliche Tatsache beruht daher offensichtlich nicht auf der Religionszugehörigkeit der Klägerin. Dasselbe gilt für das gebotene Tragen eines Kopftuches in der Öffentlichkeit. Zudem ergibt sich aus den anderweitigen Aussagen der Klägerin, dass sie gleichwohl nach draußen gegangen ist, auch wenn sie sich sicherlich aufgrund des ablehnenden Verhaltens der muslimischen Mehrheitsbevölkerung hierbei selbst beschränkt hat. Auch hat sie angegeben, mit ihrem Vater einmal den Hindutempel besucht zu haben.
Soweit die Klägerin darüber hinaus weitergehende Verfolgungshandlungen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als Hindu vorgetragen hat, so können ihr diese nicht geglaubt werden. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf Befragen des Gerichts erstmals - fast 5 Jahre nach ihrer Einreise nach Deutschland - erklärt, es habe für sie keine Möglichkeit bestanden, die Schule zu besuchen. Zudem seien sie ständig dem Zwang ausgesetzt gewesen, Muslime zu werden, andernfalls die Gefahr bestanden habe, getötet zu werden. Diese als erheblich einzustufenden Steigerungen des verfolgungsrelevanten Sachvortrages erzeugen beim Gericht erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Angaben (vgl. auch § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Die Klägerin hat vielmehr alle wesentlichen Umstände ihrer Verfolgung bzw. der Furcht vor Verfolgung bereits in der Anhörung vor dem Bundesamt vorzutragen (§ 25 Abs. 1 AsylG). Die Unglaubhaftigkeit dieses Teils ihres Vortrages ergibt sich auch daraus, dass die Klägerin vor dem Bundesamt auf ausdrückliche Nachfrage erklärt hat, über das Geschilderte hinaus sei im Hinblick auf Verfolgungsmaßnahmen aus religiösen Gründen nichts Weiteres vorgefallen. Auch hat sie dort bezeichnenderweise angegeben, dass die Familie in Kabul keine Probleme gehabt habe; einen konkreten Anlass für die Ausreise habe es nicht gegeben. Eine nachvollziehbare Erklärung dieser Weiterungen ist darüber hinaus nicht ersichtlich. Was die fehlende Möglichkeit eines Schulbesuchs angeht, so deckt sich dies - unabhängig von vorstehenden Ausführungen - nicht mit der oben dargestellten Erkenntnismittellage. Der UNHCR hat insoweit ausgeführt, dass es eine kleine Zahl von Schulen für Hindus gebe; Hindu-Kinder seien beim Besuch staatlicher Schulen in Kabul Belästigungen und Mobbing ausgesetzt. Es erscheint also eher so, dass die Klägerin die Schule nicht besucht hat, um den bezeichneten Belästigungen aus dem Wege zu gehen, oder schlicht, weil es in Afghanistan zumindest faktisch keineswegs die Regel darstellt, dass ein gesicherter Schulbesuch stattfindet, was die große Zahl von Analphabeten beweist. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass für die Klägerin keinerlei Möglichkeit bestanden hat, zumindest zeitweise und unter Inkaufnahme gewisser Erschwernisse eine Schule zu besuchen.
Ist die Klägerin nach alledem hinsichtlich ihrer Religionszugehörigkeit unverfolgt aus Afghanistan ausgereist, so lässt sich darüber hinaus der aktuellen Erkenntnismittellage ebenfalls nicht entnehmen, dass dieser bei ihrer jetzigen Rückkehr nach Afghanistan Maßnahmen von staatlicher bzw. nicht staatlicher Seite drohen, die über das seinerzeit Erlebte hinausgehen würden. Auf die obigen Ausführungen zur Situation der Hindus in Afghanistan wird diesbezüglich verwiesen.
3. Darüber hinaus ergibt sich für die Klägerin auch keine begründete Furcht vor Verfolgung aus ihrem weiteren Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung einer angeblichen Schwester sowie der drohenden Entführung und Ermordung ihrer eigenen Person bzw. sogar der gesamten Familie.
Bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt hat die Klägerin dieses Verfolgungsschicksal bereits nicht mit Verfolgungsgründen i. S. d. § 3b AsylG in Verbindung gebracht, so dass bereits aus diesem Grunde die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausscheiden würde. Soweit sie jedoch nunmehr diese Handlungen damit in Verbindung bringen will, dass sie Hinduistin ist und damit eine Hinwendung zum islamischen Glauben erzwungen werden sollte bzw. nach anderweitigem Vortrag ihres Vater, dass damit die Verheiratung der Töchter erzwungen werden sollte, so ist dieser gesamte vorgetragene Komplex bereits im eigenen Vortrag jedes einzelnen Familienmitgliedes (der Klägerin sowie ihres Vaters und ihrer Mutter, den Klägern im Verfahren W 1 K 16.30614) und sodann auch im Vergleich mit den Schilderungen der jeweils anderen Familienmitglieder mit einer solchen Vielzahl nicht erklärbarer Widersprüche behaftet, dass er den Klägern insgesamt nicht geglaubt werden kann.
Zunächst divergieren bereits die Namen der angeblich getöteten Schwester der Klägerin. Während ihr Vater vor dem Bundesamt angegeben hat, seine Tochter habe I. geheißen, wurde der Name von ihrer Mutter vor dem Bundesamt mit S. angegeben, während sie selbst dort den Namen S. gebrauchte. Auf entsprechenden Vorhalt vor dem Bundesamt erklärte ihre Mutter bezüglich dieser Differenzen, ihr Ehemann könne den Namen der Tochter nicht richtig aussprechen und bei dem von der Tochter gebrauchten Namen könne es sich um einen Spitznamen handeln. Bereits dies erscheint abwegig, nachdem die Bezeichnungen S. und I. keinerlei phonetische Gemeinsamkeiten aufweisen. Falls es sich bei dem Namen S. um einen Spitznamen gehandelt haben sollte, so ist nicht erklärlich, warum die Mutter diese Tatsache über ihre Tochter nicht sicher gewusst haben sollte. Im schriftsätzlichen Vortrag des Vaters vom 24. Juni 2016 bezeichnet dieser seine Tochter nunmehr als S., während er sie auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung als Se. bezeichnet. Auf Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung zu diesen Diskrepanzen erläuterte der Vater, es habe sich vor dem Bundesamt um eine falsche Übersetzung gehandelt. Dies erscheint nicht nachvollziehbar, nachdem er diesen Namen dort mindestens zweimal selbst erwähnt hat und auch der Anhörende in seinen Nachfragen den Namen I. gebraucht hat, so dass der Vater diesen sicherlich korrigiert hätte, wenn es sich tatsächlich um einen Übersetzungsfehler gehandelt hätte. Zudem hat er zum Ende der Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. In Abweichung ihren Angaben vor dem Bundesamt erklärt die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts sodann, dass ihre getötete Schwester Se. geheißen habe. Auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts gab sie an, der Übersetzer vor dem Bundesamt habe den genannten Namen (S.) wohl falsch gehört, es liege ein Übersetzungsfehler vor. Auch dies ist aufgrund fehlender phonetischer Gemeinsamkeiten zwischen den Namen Se. und S. sowie ihrer Aussage zum Ende der Befragung, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe, nicht glaubhaft. All dies legt einzig und allein den Schluss nahe, dass es sich hierbei nicht um tatsächlich Erlebtes handelt. An derartiges Basiswissen wie den Namen eines Familienmitgliedes müssten sich alle Familienmitglieder gleichermaßen zwingend erinnern können.
Darüber hinaus divergieren sodann auch die Beschreibungen zum Ablauf der Entführung und Tötung der Schwester bzw. Tochter. Unklarheiten bestehen schon dahingehend, wann sich dieser Vorfall zugetragen haben soll. So erwähnte der Vater der Klägerin vor dem Bundesamt zunächst, dass diese Tochter drei Monate vor der Ausreise aus Afghanistan ums Leben gekommen sei. An anderer Stelle gibt er jedoch an, dass die Familie nach diesem Vorfall nach Kabul geflüchtet sei und dort noch ein Jahr bis zur endgültigen Ausreise aus Afghanistan gelebt habe. Letztere wiederum soll laut Vortrag vor dem Bundesamt Ende Juni 2011/Anfang Juli 2011 stattgefunden habe, was nach Einschätzung des Gerichts der Wahrheit entsprechen dürfte, da sich bei den Behördenakten im Verfahren W 1 K 16.30614 ein Schreiben des B.-Krankenhauses in H. befindet, in dem die Mutter der Klägerin am 28. Juni 2011 nach einem epileptischen Anfall vorstellig geworden ist. Darin wird erwähnt, dass diese kurz zuvor aus Afghanistan kommend nach Deutschland eingereist sei. In der mündlichen Verhandlung wiederum nimmt der Vater als Zeitpunkt für den Vorfall der Entführung und Ermordung der Tochter etwa den November 2009 an, jedenfalls sei es im Winter gewesen. Die Klägerin wiederum gab bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt an, dass sie, nachdem sie nach Kabul geflüchtet seien, dort noch eineinhalb Jahre bis zur Ausreise gelebt hätten. In der mündlichen Verhandlung gab sie zu Protokoll, sie könne den Vorfall zeitlich nicht genau einordnen. Es sei jedoch in der kalten Jahreszeit gewesen. Sie hätten in Kabul danach noch etwa ein Jahr gelebt. Die Mutter der Klägerin kann sich ebenfalls nicht erinnern, wann sich der Vorfall genau zugetragen hat. Sie meinte in der mündlichen Verhandlung, dass es etwa sechs Jahre her sein müsse. Das Gericht ist der Überzeugung, dass ein derartig einschneidendes Ereignis, sollte es sich tatsächlich zugetragen haben, von den Familienmitgliedern genauer zeitlich eingeordnet werden müsste - auch unter Berücksichtigung des Bildungsstandes der Kläger. Dass dem nicht so ist, lässt für das Gericht nur den Schluss zu, dass dieses tatsächlich nicht stattgefunden hat. Dafür sprechen auch weitere Ungereimtheiten.
Zum Ablauf der Entführung hat der Vater vor dem Bundesamt angegeben, die Tochter sei von vermummten Personen entführt und getötet worden. Später sprach er dann von einem Mann, der zu ihnen ins Haus gekommen sei und die Tochter zwangsweise mitgenommen habe. Die Mutter erwähnte vor dem Bundesamt zwei vermummte Personen, die nachts gewaltsam in ihr Haus gekommen seien und die Tochter mitgenommen hätten. Einer davon sei bewaffnet gewesen und habe sie gestoßen. Ob ihre Tochter K. die Entführung gesehen habe, wisse sie nicht. Diese habe sich versteckt. Die Klägerin schließlich gab vor dem Bundesamt an, sie wisse nicht, wie und wo ihre Schwester entführt worden sei. Der Entführer habe jedenfalls einen Brief zurückgelassen, aus dem ersichtlich gewesen sei, dass er sie mitgenommen habe. Im Schreiben vom 24. Juni 2016 erklärte der Vater demgegenüber, dass zunächst zwei Männer an der Haustüre gewesen seien, die etwas zu essen hätten haben wollen und die er dann in das Haus gelassen habe. Nach dem Essen habe der ältere der beiden Männer gewollt, dass dessen mit anwesender Sohn seine Tochter S. heiratet. Da die Familie damit nicht einverstanden gewesen sei, seien sie mit einer Pistole bedroht worden. Einer der Männer habe dann mittels Handy zwei weitere Männer verständigt, die ihn dann auf sein Gesicht geschlagen hätten, so dass er geblutet und Zähne verloren habe. Seine Frau habe dabei einen epileptischen Anfall erlitten. Er und seine Tochter K. seien dann gefesselt worden und daraufhin hätten die Männer die Tochter S. mitgenommen. In der mündlichen Verhandlung wiederum berichtet der Vater der Klägerin nur mehr von zwei Personen, die bei der Entführung anwesend gewesen seien. Dies bestätigt auch die Tochter in der mündlichen Verhandlung, so dass sich eine nicht erklärbare Diskrepanz hinsichtlich der Zahl der Entführer ergibt. Auch besteht eine solche hinsichtlich der Frage, ob die Familie die Entführer ins Haus gelassen hat oder ob diese gewaltsam eingedrungen sind, wie die Mutter vor dem Bundesamt behauptet hat. Auch besteht ein Widerspruch dahingehend, ob die Klägerin bei der Entführung zugegen war. Während ihre Mutter und sie selbst in der mündlichen Verhandlung angaben, sie sei im Haus gewesen, habe sich aber in einem anderen Zimmer versteckt, konnte sie vor dem Bundesamt auf Befragen nicht angeben, wo und wie sich die Entführung abgespielt habe, obwohl sie diese gleichwohl mit eigenen Augen aus ihren Versteck mit angesehen haben will, wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärt hat. Demgegenüber trägt der Vater in seinem Schreiben vom 24. Juni 2016 vor, dass er und seine Tochter K. von den Entführern gefesselt worden seien, was wiederum zwingend für deren direkte Anwesenheit bei dem Geschehen spricht und mit dem Vortrag der Klägerin und der Mutter nicht in Einklang zu bringen ist.
Unüberwindbare Widersprüche ergeben sich auch zu der Frage, wann die angeblichen Entführer die Leiche der Schwester bzw. Tochter zurückgebracht haben und wie diese tatsächlich zu Tode gekommen ist. Während sämtliche Familienmitglieder in der mündlichen Verhandlung angegeben haben, dass die tote Schwester bzw. Tochter nach einer Woche bzw. acht Tagen zurückgebracht worden sei, hat die Mutter diesen Zeitraum vor dem Bundesamt mit einem Monat angegeben. Die Klägerin hat darüber hinaus vor dem Bundesamt erläutert, dass ihre Schwester Selbstmord begangen habe. Sie sei nach einer Woche zurückgekommen und habe sich noch in der gleichen Nacht in ihrem Zimmer erhängt. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass dies von den Angaben ihres Vaters abweiche, erklärte sie zunächst, ihr Vater habe das Richtige gesagt, während sie sodann, auf erneuten Vorhalt, angab, sie wisse, dass die Schwester Selbstmord begangen habe. Auf diese erhebliche Diskrepanz in der mündlichen Verhandlung angesprochen, erklärte die Klägerin, dass es sich vor dem Bundesamt um einen Übersetzungsfehler gehandelt haben müsse. Sie habe das mit dem Selbstmord so nicht gesagt. Dies wiederum erscheint aufgrund der völligen Andersartigkeit der Sachverhalte ausgeschlossen und beweist zur Überzeugung des Gerichts ein weiteres Mal, dass die Kläger hier nicht über tatsächlich Erlebtes berichten.
Unauflösbare Widersprüche ergeben sich auch zur Frage, wie lange die Familie nach der Ermordung der Schwester bzw. Tochter noch in Ghazni verblieben ist. Der Vater sprach vor dem Bundesamt zunächst von drei bis vier Tagen, im Schriftsatz vom 24. Juni 2016 erklärte er, dass sie gleich am nächsten Tag nach Kabul gegangen seien, während er wiederum in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts angab, dass sie eine Woche nach der Ermordung der Tochter nach Kabul geflohen seien. Die Mutter wiederum sprach vor dem Bundesamt von einem Zeitraum von zwei bis drei Tagen, in der mündlichen Verhandlung jedoch von acht Tagen. Die Klägerin erklärte vor dem Bundesamt, dass sie nach dem Tod der Schwester noch etwa 15 bis 20 Tage in der Stadt Ghazni gewesen seien.
Schließlich differieren auch die Aussagen zu dem angeblichen Drohbrief betreffend die Klägerin und zu den Motiven der Täter für die Entführung und Ermordung der Tochter bzw. Schwester und der Klägerin selbst in nicht nachvollziehbarer Weise. Der Vater hat vor dem Bundesamt vorgetragen, gleich nach dem Tod seiner Tochter I. sei ein Brief bei ihnen eingeworfen worden, wonach er seine Tochter K. freiwillig übergeben sollte, weil auch sie ansonsten zwangsweise mitgenommen würde. Auf die Frage, warum die Täter die Töchter entführen und töten wollten, gab der Vater vor dem Bundesamt an, es könne sein, dass es wegen seines hinduistischen Glaubens gewesen sei oder weil sie vielleicht Geld von ihm erpressen wollten. Er wisse es aber nicht genau. In dem Schreiben vom 24. Juni 2016 gab er erstmals an, dass die Entführung der Tochter S. den Zweck gehabt habe, diese zwangsweise zu verheiraten. Dies sei dann auch Gegenstand des Drohbriefes gewesen hinsichtlich seiner Tochter K. Er solle diese in die Familie der Entführer verheiraten, ansonsten würden sie sie auch mitnehmen und töten. In der mündlichen Verhandlung schließlich gab der Vater im Rahmen seiner informatorischen Befragung an, dass man ihm nach den Tod der Tochter gesagt habe, er solle Muslim werden, dann werde man seine andere Tochter auch mitnehmen, um sie zu verheiraten, ansonsten werde er getötet werden. Zunächst stellt es ein gesteigertes Vorbringen dar, wenn der Kläger nunmehr am 24. Juni 2016 erstmals eine angebliche Motivation für die Entführung in Form einer Zwangsverheiratung angibt. Dies ist aus den bereits oben dargelegten Gründen nicht glaubhaft, da es abwegig erscheint, dass gläubige Muslime ihren Sohn mit einer in ihren Augen ungläubigen Hinduistin verheiraten wollen. Wenn dem aber so wäre, so erklärt es sich nicht, warum sie die entführte Tochter dann nicht tatsächlich ihrem Sohn zur Frau geben, sondern sie ermorden. Ebenfalls eine nicht nachvollziehbare Steigerung enthält der Vortrag in der mündlichen Verhandlung, in dem der Vater nunmehr erläutert, dass er zusätzlich gezwungen werden sollte, zum Islam zu konvertieren, andernfalls seine Tochter K. zum Zwecke der Zwangsverheiratung mitgenommen und er selbst getötet würde. Der Zwang zu konvertieren und die Gefahr für seine eigene Person sollen offensichtlich dessen Vortrag nachträglich mehr Nachdruck verleihen und können diesem als allein prozesstaktisch einzustufende Steigerung nicht geglaubt werden. Die Mutter hat vor dem Bundesamt diesbezüglich angegeben, sie hätten nach der Ermordung der einen Tochter einen Brief erhalten, worin gestanden habe, dass auch ihre zweite Tochter K. mitgenommen werden solle. Dieser Drohbrief habe auf der Leiche der Tochter gelegen. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt räumte sie sodann jedoch ein, dass sie die Leiche nicht selbst vor der Haustüre habe liegen sehen. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin zum Inhalt des Briefes, dass sich aus diesem ergeben habe, dass auch sie Gefahr liefen, getötet zu werden. Dies lässt sich wiederum nicht mit dem Vortrag vor dem Bundesamt in Einklang bringen, wo nur eine Gefahr für die Tochter K. geschildert wurde. Auch insoweit besteht bei Mutter ein gesteigerter Sachvortrag, der ihr nicht abgenommen werden kann. Von einer etwaigen Zwangsverheiratung hat die Mutter in der mündlichen Verhandlung gar nichts erwähnt. Ihre Angaben sind widersprüchlich und können ihr nicht geglaubt werden. Schließlich erklärte die Klägerin vor dem Bundesamt zu diesem Teilkomplex, sie hätten einen Drohbrief erhalten, wonach auch sie selbst mitgenommen werden sollte. Sie erklärte im Gegensatz zu ihren Eltern, dass es zwei Briefe gegeben habe, einen nach der Entführung der Schwester und einen weiteren nach dem Tod ihrer Schwester. Letzteren Brief hätten sie ca. drei Tage nach dem Tod der Schwester erhalten, was sich nicht mit den Aussagen der Eltern deckt, die davon gesprochen haben, dass der Brief sie gleich nach dem Tod der Tochter erreicht habe. In der mündlichen Verhandlung wiederum setzt sich die Klägerin zu ihren eigenen Aussagen vor dem Bundesamt in Widerspruch, indem sie anführte, dass der Brief gleichzeitig mit der Leiche der Schwester gebracht worden sei. Inhaltlich habe sich daraus ergeben, dass auch sie getötet werden sollten, wenn sie keine Muslime würden.
All diese weder erklärbaren noch nachvollziehbaren Unstimmigkeiten und Widersprüche bereits im jeweils eigenen Vortrag jedes Familienmitgliedes und sodann auch im Vergleich mit den Schilderungen der jeweils anderen Familienmitglieder ergeben in der Gesamtschau, dass der gesamte Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung der angeblichen Tochter bzw. Schwester sowie die drohende Entführung und Ermordung der Klägerin oder aber der gesamten Familie durch Muslime bzw. Taliban nicht glaubhaft ist. Lediglich ergänzend sei exemplarisch für diese Einschätzung noch darauf hingewiesen, dass der Vater der Klägerin vor dem Bundesamt einen Sohn namens M. erwähnt hat, der 1994 im Krieg getötet worden sei, den jedoch Ehefrau und Tochter gar nicht kennen. Die Mutter der Klägerin meinte hierzu auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass es sich tatsächlich um seinen Bruder gehandelt habe, den ihr Ehemann jedoch als seinen Sohn angesehen habe. Demgegenüber führt der Vater in seinem Vortrag vom 24. Juni 2016 wiederum noch einmal eindeutig aus, dass es sich um seinen eigenen Sohn gehandelt habe.
IV.
Die Klägerin hat des Weiteren auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG.
Der Klägerin droht nach Überzeugung des Gerichts weder die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG noch droht ihr ein ernsthafter Schaden durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG.
Der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist im Gesetz nicht näher definiert. Da die zuletzt genannte Vorschrift der Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 337, S. 9) - QRL - dient, ist dieser Begriff jedoch in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Begriff in Art. 15b QRL auszulegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) legt Art. 15b QRL wiederum in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zu Art. 3 EMRK aus (z. B. EuGH, U.v. 17.2.2009 - Elgafaji, C - 465/07
Dass der Klägerin insoweit keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht, ergibt sich bereits daraus, dass ihr Vortrag zu ihren Fluchtgründen in weiten Teilen unglaubhaft ist. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Soweit das Gericht den Vortrag insoweit als glaubhaft eingestuft hat, dass die Klägerin aufgrund ihrer Religion insbesondere beschimpft und bespuckt worden seien, so erreicht dies nicht den notwendigen Schweregrad, um eine Verletzung des Art. 3 EMRK annehmen zu können.
Darüber hinaus stellen auch die schlechten humanitären Bedingungen, die in Afghanistan herrschen, keinen Grund dar, um einen subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG zu begründen. Zwar ist dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in ganz außergewöhnlichen Fällen grundsätzlich möglich. Allerdings existiert hierfür eine sehr hohe Eingriffsschwelle und setzt voraus, dass im Falle der Rückführung die konkrete Gefahr einer unmenschlichen Behandlung in der Form unzureichender humanitärer Lebensbedingungen gerade Folge einer direkten oder indirekten Aktion von Seiten staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure ist. Dieses Erfordernis ergibt sich auch aus § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3c AsylG, wonach es auch beim subsidiären Schutz eines Verfolgungsakteurs, von dem die Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgeht, bedarf (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). Schlechte allgemeine wirtschaftliche oder humanitäre Lebensbedingungen im Abschiebezielstaat, die nicht auf einen solchen Akteur zurückführbar sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Die schlechten humanitären Lebensbedingungen in Afghanistan sind gerade nicht auf einen spezifischen Verfolgungsakteur zurückzuführen, sondern allgemeine und nicht individualisierbare Folge der schlechten ökonomischen Bedingungen und der schwierigen Sicherheitslage im Land. An dieser Situation hat sich auch aufgrund der jüngsten Erkenntnismittellage nichts geändert.
2. Ein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes ergibt sich auch nicht aufgrund einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Klägerin infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG.
Für die Beurteilung kommt es hierbei regelmäßig auf die Herkunftsregion des Ausländers an (BVerwG, U.v. 14.7.2009 - 10 C 9/08 - BverwGE 134, 188; BayVGH, U.v. 12.1.2012 - 13a B 11.30427 - juris Rn. 15 m. w. N.). Die Klägerin stammt vorliegend aus der Stadt und Provinz Ghazni, so dass auf diese Region abzustellen ist. Die obergerichtliche Rechtsprechung geht auf der Grundlage der verfügbaren Erkenntnismittel davon aus, dass afghanische Staatsangehörige bei einer Rückkehr in die Provinz Ghazni nach derzeitiger Sicherheitslage im Allgemeinen keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt sind (BayVGH, B.v. 20.8.2015 - 13 ZB 15.30062 - juris Rn. 7 zur Südostregion, der die Provinz Ghazni zuzurechnen ist; BayVGH, B.v. 11.3.2014 - 13a ZB 13.30246 - juris Rn. 5 f.; BayVGH, U.v. 4.6.2013 - 13a B 12.30063 - juris Rn. 15 ff.; OVG Lüneburg, U.v. 7.9.2015 - 9 LB 98/13 - juris Rn. 42 ff.). Das Gericht schließt sich dieser Einschätzung an. Auch aus den aktuellsten Erkenntnismitteln ergibt sich trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage keine derart hohe Gefahrendichte, dass praktisch jede Zivilperson schon alleine aufgrund ihrer Anwesenheit in der Provinz Ghazni einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt wäre (UNAMA Report v. 14.2.2016; EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan - Security Situation, v. 1.1.2016, S. 89 ff.). Individuelle gefahrerhöhende Umstände sind bei den Klägern nicht erkennbar, insbesondere handelt es sich bei den von den Klägerin befürchteten Gefahren und objektiv vorliegenden Indikatoren, wie der Zugehörigkeit zur hinduistischen Religion, ersichtlich um andere Gefahren als denjenigen, welche Zivilpersonen in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt drohen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Hindus der besonderen Gefahr von Anschlägen ausgesetzt oder gar Zielscheibe solcher Anschläge wären.
V.
Schließlich hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Ein solches kommt nicht in Betracht, da der Klägerin keine gegen Art. 3 EMRK oder ein anderes Grundrecht nach der EMRK verstoßende Behandlung droht. Insbesondere stellt die allgemeine Versorgungslage in Afghanistan keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK dar. Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat in ganz besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht jedoch allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen. In Afghanistan ist die allgemeine Lage jedenfalls nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde (EGMR, U.v. 13.10.2011 - NJOZ 2012, 952, Rn. 84; BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). In Fällen, in denen wie vorliegend gleichzeitig über die Gewährung subsidiären Schutzes zu entscheiden ist, scheidet darüber hinaus bei Verneinung dieser Voraussetzungen regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris Rn. 36). Insofern wird auf die Ausführungen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG Bezug genommen. Auch hinsichtlich des individuellen Vortrages der Klägerin in Bezug auf religiöse und sonstige Verfolgungsmaßnahmen kann auf obige Ausführungen zu den §§ 3 und 4 AsylG verwiesen werden, wonach der Vortrag nicht glaubhaft bzw. nicht von solcher Schwere ist, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK in Betracht zu ziehen ist.
VI.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylG bezüglich Afghanistan vorliegen. Soweit die Ziffern 3. und 4. des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 31. Juli 2012 dem entgegenstehen, werden sie aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Von den Kosten des Verfahrens hat die Klägerin 3/4, die Beklagte 1/4 zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wurde eigenen Angaben zufolge am … in Ghazni geboren. Sie sei afghanische Staatsangehörige mit der Volkszugehörigkeit Multani und der Glaubenszugehörigkeit Hindu. Sie gibt an, ihr Heimatland gemeinsam mit ihren Eltern zunächst nach Pakistan verlassen zu haben und dann gemeinsam mit ihrem Vater am 6. September 2011 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein. Hier stellte sie am 14. September 2011 einen Asylantrag.
Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 14. September 2011 sowie im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am
Zu ihren Fluchtgründen erklärte die Klägerin, ein unbekannter Mann habe ihre damals 16-jährige Schwester namens S. zwangsweise mitgenommen. Sie sei nach etwa einer Woche zurückgekommen und habe gesagt, sie wolle ein eigenes Zimmer im Haus haben. Noch in der gleichen Nacht habe sie sich dort erhängt. Der Entführer der Schwester habe einen Brief zurückgelassen, aus dem zu entnehmen gewesen sei, dass er sie mitgenommen habe. Sie hätten dann auch etwa drei Tage nach dem Tod der Schwester einen Drohbrief erhalten, wonach auch sie selbst mitgenommen werden sollte. Der Brief habe von derselben Person gestammt, die auch ihre Schwester entführt habe. Wegen dieses Drohbriefes habe sie dann etwa 15 bis 20 Tage nach dem Tod ihrer Schwester mit ihren Eltern Ghazni verlassen und nach nach Kabul gegangen. Sie hätten dann etwa 1 ½ Jahre in Kabul gelebt. Dort habe es keine Probleme mehr gegeben. Auf die Frage, ob es Probleme aufgrund ihres hinduistischen Glaubens gegeben habe, erklärte die Klägerin, sie seien von Bevölkerung beschimpft und bespuckt worden, da sie für diese Ungläubige seien. Sie hätten sich aber wenig mit der Religion beschäftigt. Sie sei einmal mit ihrem Vater im Tempel in Kabul gewesen. Darüber hinaus erklärte die Klägerin, dass ihre Mutter an Epilepsie leide. In Kabul sei sie deswegen mit Medikamenten behandelt worden, die die Familie bezahlt habe.
Auf Vorhalt, dass ihr Vater den Namen der zu Tode gekommenen Schwester mit „I.“ und deren Alter mit 20 Jahren angegeben habe sowie dass sie tot vor der Haustüre gelegen habe, erklärte die Klägerin, der Vater habe das Richtige gesagt. Ihren Namen habe er nicht ganz richtig ausgesprochen. Wie alt die Schwester gewesen sei, könne sie nicht genau sagen. Sie habe auch vor der Tür gelegen, ihr Vater habe ihr gesagt, dass der Mann, der sie mitgenommen habe, sie ermordet und dann vor die Tür gelegt habe. Auf weitere Nachfrage bekräftigte sie, dass sie wisse, dass die Schwester Selbstmord begangen habe. Danach befragt, ob sie einen Bruder namens M. gehabt habe, erklärte die Klägerin, dass sie diesen Namen nicht kenne. Auch dass dieser 1994 getötet worden sein soll, wisse sie nicht.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom
II.
Gegen den am 4. August 2012 zugestellten Bescheid des Bundesamtes ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. August 2012, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg am gleichen Tage, Klage erheben.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom
2. Es wird festgestellt, dass für die Klägerin Abschiebeverbote nach § 60 AufenthG vorliegen.
Des Weiteren wurde beantragt, der Klägerin Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 6. Juni 2016
Mit Beschluss vom 7. Juni 2016
Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan, Stand April 2016, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten und auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom
Gründe
Die Klage, über die trotz des Ausbleibens von Beteiligten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und teilweise begründet, soweit sie darauf gerichtet ist, bei der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan festzustellen. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Soweit der Bescheid des Bundesamtes vom 31. Juli 2012 dem in seinen Ziffern 3. und 4. entgegensteht, ist dieser aufzuheben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO). Darüber hinaus ist der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 31. Juli 2012 rechtmäßig. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, oder die Zuerkennung des subsidiären Schutzes, § 4 Abs. 1 AsylG, noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Insoweit ist die Klage unbegründet und war daher abzuweisen. Maßgeblich für die Entscheidung über Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG).
A. I.
Die Klägerin hat Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren i. S. des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe allgemein betreffen, so ist die Gewährung von Abschiebungsschutz einer politischen Leitentscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60a AufenthG vorbehalten. Beim Fehlen einer politischen Regelung i. S. des § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke in Betracht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zutreffend anerkannt, dass im Falle einer extremen allgemeinen Gefahrenlage, die den einzelnen Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde, unabhängig vom Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 a AufenthG Schutz vor Abschiebung gewährt werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 - BVerwGE 99, 324 ff., juris; U.v.
1.a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte ergibt sich aus den Erkenntnismitteln zu Afghanistan derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr aufgrund der allgemein schwierigen Verhältnisse in eine extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Arbeitseinkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren (ständige Rechtsprechung, z. B. BayVG,
b) Die Klägerin im vorliegenden Verfahren ist aufgrund ihrer persönlichen Umstände - allein aufgrund ihres Geschlechts - jedoch ersichtlich nicht der o.g. Gruppe der alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen Rückkehrer nach Afghanistan zuzurechnen. Eine extreme Gefahrenlage kann sich nämlich umgekehrt für besonders schutzbedürftige Rückkehrer wie Minderjährige, alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, alleinstehende Frauen mit und ohne Kinder, Familien mit Kleinkindern und Personen, die aufgrund besonderer persönlicher Merkmale zusätzlicher Diskriminierung unterliegen, ergeben (vgl. München,
Zur aktuellen Lage in Afghanistan stellt das Auswärtige Amt im Lagebericht vom
Die Schweizer Flüchtlingshilfe teilt in ihrem Update vom
Der UNHCR erklärt in seinen Richtlinien vom
c) Bei der Beurteilung, ob im Einzelfall eine extreme Gefahrenlage besteht, ist zudem zu beachten, dass Familienangehörige wegen des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG nur gemeinsam mit ihren Kindern und ihrem Ehepartner nach Afghanistan zurückkehren können (vgl. BVerfG, B.v. 5.6.2013 - 2 BVR 586/13 - juris). Daher sind bei der Beantwortung der Frage, ob das Existenzminimum im Heimatland gewährleistet sein wird, alle Familienmitglieder gemeinsam in den Blick zu nehmen (BVerwG, U.v. 8.9.1992 - 9 C 8.91 - juris; VG München, U.v. 21.4.2016 - M 15 K 16.30413 - juris Rn. 23; VG Gelsenkirchen, U.v. 20.8.2015 - 5 a K 4515/13 A - juris Rn. 42). Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen, wie bei Angehörigen, die als politisch Verfolgte Abschiebungsschutz genießen, könne eine andere Betrachtung geboten sei (BVerwG a. a. O.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor, so dass eine gemeinsame Rückkehr der Klägerin mit ihren Eltern, den Klägern im ebenfalls am 5. Juli 2016 entschiedenen Parallelverfahren W 1 K 16.30614, zugrunde zu legen ist.
d) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen würde sich die allgemeine Gefahrensituation in Afghanistan für die Klägerin derart zu einer extremen Gefahr verdichten, dass eine Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung im vorliegenden Fall geboten ist.
Die Klägerin wäre bereits allein schon aufgrund der patriarchalischen Sozialnormen und der damit einhergehenden untergeordneten Stellung der Frau in Afghanistan nicht in der Lage, ihren eigenen Unterhalt, geschweige denn den der gesamten Familie, zu erwirtschaften. In Afghanistan hat sie keine Schule besucht oder einen Beruf erlernt. Menschen, die Analphabeten sind und keinen Beruf erlernt haben, haben bestenfalls die Möglichkeit, sich um Hilfsarbeiten zu bemühen, die regelmäßig mit harter körperlicher Arbeit verbunden sind (vgl. Sachverständigengutachten des Dr. D. an den Hess. VGH
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Rückkehrsituation wesentlich auch davon mitgeprägt wird, ob sich Rückkehrer auf familiäre oder sonstige verwandtschaftliche Strukturen verlassen können oder ob sie auf sich allein gestellt sind. Die Klägerin hat vor dem Bundesamt angegeben, im Heimatland keine weiteren Verwandten zu haben. Das Gericht ist unter Einbeziehung der Aussagen ihrer Eltern, den Klägern im Verfahren W 1 K 16.30614, der Auffassung, dass die Klägerin zumindest nicht auf verwandtschaftliche Hilfe in Afghanistan hoffen könnte. Der Vater der Klägerin hat nämlich insoweit vor dem Bundesamt angegeben, dass er in Kabul einen Cousin habe. Er hat dort jedoch auch mehrmals erwähnt, dass er schon lange keinen Kontakt mehr zu diesem Cousin gehabt habe und er darüber hinaus keinerlei Verwandtschaft in Afghanistan besitze. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nunmehr nach diesem Cousin befragt angegeben, dass es einen solchen Cousin nicht gebe, es habe sich um einen Übersetzungsfehler vor dem Bundesamt gehandelt. Auch wenn dies dem Gericht nicht glaubhaft erscheint, so ist es dennoch davon überzeugt, dass der Vater der Klägerin zu diesem einzigen Verwandten in seinem Heimatstaat - nicht zuletzt aufgrund des vergangenen langen Zeitraums seit der Ausreise der Kläger vor rund 5 Jahren - keine Verbindungen mehr hat und insoweit auch nicht auf dessen Hilfe hoffen könnte. Auch die Mutter der Klägerin hat im gesamten Verfahren glaubhaft angegeben, nicht über weitere Verwandtschaft in Afghanistan zu verfügen, was auch naheliegend erscheint, nachdem nur noch rund 3.000 Hindus überhaupt noch in Afghanistan leben.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Klägerin - wie auch ihre Eltern - der Religionsgruppe der Hindus zugehört, welche in Afghanistan von der muslimischen Mehrheitsbevölkerung als Außenseiter betrachtet werden und mit gesellschaftlicher Diskriminierung konfrontiert sind, was die wirtschaftliche Situation die Klägerin über die ohnehin sehr schwierige allgemeine Lage hinaus noch weiter negativ beeinflussen würde. Als Zugehörige einer kleinen Minderheit könnte die Klägerin nämlich nicht auf ein Patronagenetzwerk zurückgreifen, welches in Afghanistan der Erkenntnismittellage entsprechend - unabhängig von den oben dargestellten für die Klägerin bereits unüberwindbaren Probleme - notwendig ist, um die Chance etwa auf einen Arbeitsplatz oder Wohnraum zu erhalten.
Eine andere Einschätzung ergibt sich schließlich auch nicht mit Blick auf die Eltern der Klägerin, die Kläger im Parallelverfahren W 1 K 16.30614. Auch wenn die Klägerin entsprechend der obigen Ausführungen gemeinsam mit ihren Eltern nach Afghanistan zurückkehren würde, so würde sich an der extremen Gefahr, in die die Klägerin und mit ihr die gesamte Familie alsbald nach ihrer Rückkehr geraten würde, nichts ändern. Dies ergibt sich aus folgenden weiteren Erwägungen in Bezug auf die Eltern der Klägerin:
Was den Vater der Klägerin angeht, so ist zentral bereits dessen hohes Alter von mittlerweile 70 Jahren in den Blick zu nehmen, womit er die in Afghanistan derzeit bestehende Lebenserwartung von 50 Jahren (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2015) statistisch bereits signifikant überschritten hat. Aufgrund dieses Alters erscheint es dem Gericht ausgeschlossen, dass er in Afghanistan noch in der Lage wäre, den Lebensunterhalt für sich, geschweige denn - wie es in Afghanistan vielfach üblich ist - auch für seine Familie zu erwirtschaften. Zwar hat der Vater in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass es ihm gesundheitlich gut gehe, er hat jedoch in glaubhafter Weise ebenfalls darauf verwiesen, dass er Probleme mit den Zähnen und seinem Rücken habe, an dem er in Afghanistan operiert worden sei. Er sieht sich selbst daher nicht mehr in der Lage dazu, aufgrund seines Alters in Afghanistan zu arbeiten. Dies deckt sich mit der Einschätzung des Gerichts aus der mündlichen Verhandlung, in dem der Vater augenscheinlich einen schwachen und gebrechlichen Eindruck gemacht hat. In Afghanistan herrscht zudem wie ausgeführt sehr hohe Arbeitslosigkeit. Menschen, die, wie der Vater der Klägerin Analphabeten sind und keinen Beruf erlernt haben, haben bestenfalls die Möglichkeit, sich um Hilfsarbeiten zu bemühen, die regelmäßig mit harter körperlicher Arbeit verbunden sind (vgl. Sachverständigengutachten des Dr. D. an den Hess. VGH
Auch die Mutter der Klägerin ist bereits 61 Jahre alt. Sie leidet darüber hinaus an einer Vielzahl von Erkrankungen (cerebrales Anfallsleiden, chronische Bronchitis, Retropatellar-Arthrose beidseitig, Arthrose der rechten Hand, chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Helicobacter positive Gastritis (Oktober 2013), Hypertonie). Sie machte in der mündlichen Verhandlung auf den erkennenden Einzelrichter einen sehr geschwächten Eindruck und hat sich beim Gehen auf einen Rollator stützen müssen. Aufgrund dieser sehr schlechten gesundheitlichen Situation sowie der aufgrund der geltenden Sozialnormen generell untergeordneten Stellung der Frau in der afghanischen Gesellschaft wäre es ihr vollkommen unmöglich, ihren eigenen Lebensunterhalt oder gar den der Familie zu erwirtschaften. Die Mutter verfügt darüber hinaus wie ihr Ehemann und ihre Tochter ebenfalls nicht über Schulbildung, ist Analphabetin und hat zeitlebens nur im Haushalt gearbeitet. Zudem ist bei der Mutter der Klägerin zu bedenken, dass sie - zumindest was ihr cerebrales Anfallsleiden betrifft - zur Vorbeugung gegen epileptische Anfälle auf eine Dauermedikation angewiesen ist, wie sie glaubhaft in der mündlichen Verhandlung angegeben hat und sich darüber hinaus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenverordnungsübersicht von Herrn Dr. P. vom 20. Juni 2016 ergibt. Die Mutter ist gegen diese Erkrankung in ihrem Heimatland zwar bereits vor ihrer Ausreise behandelt worden, jedoch sind die erforderlichen Medikamente nach ihrem Vortrag wie auch den Ausführungen des Beklagten im angegriffenen Bundesamtsbescheid durch die Kläger selbst zu finanzieren (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10.1.2012). Diese für afghanische Verhältnisse keinesfalls vernachlässigbaren Kosten würden den Lebensunterhalt der Mutter und damit der gesamten Familie über die gewöhnlichen Verhältnisse hinaus weiter verteuern.
Im Rahmen einer Gesamtschau all dieser Aspekte würde der Klägerin bei einer Rückkehr nach Afghanistan alsbald in eine extreme Gefahrenlage geraten, in der ihr Leben akut in Gefahr wäre. Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass die beschriebene extreme Gefahr die Klägerin landesweit, insbesondere in der Hauptstadt Kabul und in ihrer Herkunftsregion, der Stadt Ghazni in der gleichnamigen Provinz, alsbald nach ihrer Rückkehr treffen würde.
II.
Wegen des nach alledem festzustellenden Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG steht § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG auch der unter Ziffer 4. des angegriffenen Bundesamtsbescheides verfügten Abschiebungsandrohung entgegen, so dass diese ebenso wie dessen Ziffer 3. - soweit sie der ausgesprochenen Verpflichtung entgegen steht - aufzuheben war.
B. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Klägerin hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG oder auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
III.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, weil ihr im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan keine landesweite asylrelevante Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 i. V. m. §§ 3a ff. AsylG droht.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG (BT-Drs. 16/5065 S. 213; vgl. auch § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Gemäß § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 24. Oktober 2015 geltenden Fassung (Art. 1, Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes v. 20.10.2015, BGBl I, S. 1722 ff.) in der Fassung der Änderungen durch Art. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 390 ff.) sowie Art. 2 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 394 ff.) anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG - wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG - die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
Dies zugrunde gelegt hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG. Der Einzelrichter folgt gemäß § 77 Abs. 2 AsylG den Ausführungen der Beklagten im Bescheid des Bundesamtes vom 31. Juli 2012 und sieht von einer weiteren Darstellung ab, soweit darin eine Gruppenverfolgung der Hindus in Afghanistan abgelehnt wird.
Ergänzend ist auszuführen, dass diese Auffassung durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Urteil vom 19. September 2013 mit überzeugenden Ausführungen bestätigt wurde (VGH Baden-Württemberg, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 65 ff.). Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht für das vorliegende Verfahren an. Auch den vorliegenden aktuellsten Erkenntnismitteln lässt sich keine Situation entnehmen, die eine Änderung dieser Einschätzung rechtfertigen würde.
So wird im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6. November 2015 im hier relevanten Kontext dargelegt, dass die indische Botschaft in Kabul davon ausgehe, dass in Afghanistan wenige Tausend Hindus und Sikhs verblieben seien. Es gebe vier Hindutempel landesweit, zwei davon in Kabul sowie je einen in Jalalabad und Helmand. Staatliche Diskriminierung gebe es nicht, auch wenn der Weg in öffentliche Ämter für Hindus schon aufgrund fehlender Patronagenetzwerke schwierig sei. Hindus würden aber von großen Teilen der muslimischen Bevölkerung als Außenseiter wahrgenommen. Viele Muslime lehnten insbesondere Feuerbestattungen ab, die im Hinduismus das zentrale Begräbnisritual darstellten. Die afghanische Regierung habe darauf reagiert, indem sie den Hindus einen dafür gewidmeten Ort zur Verfügung gestellt habe. Auf dem Weg dorthin würden Trauergemeinden allerdings den Berichten zufolge belästigt und bedroht. Es gebe auch Berichte, wonach Hindus und Sikhs Opfer illegaler Enteignungen und Beschlagnahmung ihrer Grundstücke geworden seien. Seit 2014 hätten Hindus und Sikhs Anspruch auf einen gemeinsamen Sitz im Parlament, der derzeit durch eine Frau eingenommen werde.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe führt in ihrem Update vom 13. September 2015 aus, dass sich Hindus weiterhin mit Diskriminierungen konfrontiert sähen. Die afghanische Regierung sei bislang nicht gegen die stark eingeschränkte Teilhabe der Hindus an Politik, Geschäftsleben und unrechtmäßigen Enteignungen vorgegangen. Sie sei nicht willens oder fähig, die religiösen Minderheiten vor Übergriffen zu schützen. Bei Ausübung der religiösen Zeremonien, insbesondere bei Beisetzungen, komme es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen.
Der UNHCR schreibt in seinen aktuellen Richtlinien vom 19. April 2016, dass eine große Zahl von Hindus Afghanistan als Reaktion auf große Schwierigkeiten, denen sie sich ausgesetzt sähen, verlassen hätte. Die geringe Zahl der verbliebenen Hindus sei Berichten zufolge umso verletzlicher für Missbrauch. Obwohl es den Hindugemeinden erlaubt sei, ihre Religion öffentlich zu praktizieren, werde berichtet, dass sie sich fortgesetzter Diskriminierung durch den Staat gegenüber sähen, etwa im Bereich der politischen Partizipation und Stellenbesetzung innerhalb der Regierung. Ebenso werde berichtet, dass sich die Hindus gesellschaftlicher Diskriminierung und Einschüchterung ausgesetzt sähen. Die Hindugemeinden berichteten von Schwierigkeiten bei der Ausführung von Begräbnisritualen und fühlten sich ungeschützt durch staatliche Behörden, etwa im Falle von Landstreitigkeiten. Hindus seien Berichten zufolge Opfer von illegaler Landnahme geworden und würden es aus Angst vor Vergeltung unterlassen, zur Wiedererlangung der Grundstücke gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gebe eine kleine Zahl von Schulen für Hindus; Hindu-Kinder seien beim Besuch staatlicher Schulen in Kabul Belästigungen und Mobbing ausgesetzt.
Es zeigt sich nach alledem, dass Hindus allein aufgrund ihrer Volks- bzw. Religionszugehörigkeit oder ihres Erscheinungsbildes weder Tötungen noch schweren körperlichen Misshandlungen oder ähnlich schwerwiegenden Rechtsgutsverletzungen ausgesetzt sind. Insoweit hat sich die Situation seit der Herrschaftszeit der Taliban deutlich verbessert. Das, was den Hindus in Afghanistan widerfährt, ist Ausfluss der allgemeinen Situation in Afghanistan. Politische und administrative Ämter werden oft willkürlich vergeben, wobei informelle Beziehungsnetzwerke und der Proporz der Ethnien eine wesentliche Rolle spielen. Primäres Kriterium bei der Personalauswahl ist häufig die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe oder einem bestimmten Clan. Marginalisierte Gruppen wie etwa die Hindus haben aus diesem Grunde geringere oder nahezu keine Chancen, bei öffentlichen Positionen eingestellt zu werden. Korruption und die Zahlung von Schmiergeldern ist in Afghanistan an der Tagesordnung. Durch Einflussnahme und Zahlung von Bestechungsgeldern an Justiz und Verwaltung werden Entscheidungen nach rechtstaatlichen Grundsätzen in weiten Teilen verhindert. So ist etwa das Problem der illegalen Landnahmen und die mangelnde Durchsetzbarkeit von Rückgabeansprüchen kein spezifisches gegen Hindus gerichtetes Phänomen, sondern auch andere Bevölkerungsgruppen sind hiervon betroffen (vgl. VGH BW, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 89). Das Gericht schließt sich vor diesem Hintergrund abermals der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in der zitierten Entscheidung an, wonach konkrete Referenzfälle, die den Schluss erlauben würden, dass die Diskriminierung der Minderheit der Hindus oder auch sonstige Beeinträchtigungen und Repressalien gegen sie nicht nur auf den vorstehend beschriebenen Missständen beruhen, sondern Bestandteile eines Vorgehens gezielt gegen diese Minderheiten wären, den vorliegenden - auch aktuellsten -Erkenntnisquellen nicht zu entnehmen sind.
2. Auch eine individuelle Verfolgung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als Hindu, § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG, die eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach sich zöge, kann die Klägerin nicht geltend machen.
Eine Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG aus Gründen der Religion kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH v. 5.9.2012 - C - 71/11 und C - 99/11
Die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung i. S.v. § 3a Abs. 1 AsylG zu erfüllen, hängt von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 28 ff.).
Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter, wie z. B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere - aber nicht nur - dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei Strafrechtsverboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, weil ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, keine erhebliche Verfolgungsgefahr begründet (BVerwG a. a. O., Rn. 28 m. w. N.). Ein hinreichend schwerer Eingriff setzt dabei nicht voraus, dass der Ausländer seinen Glauben nach der Rückkehr in sein Heimatland tatsächlich in einer Weise ausübt, die ihn der Gefahr einer Verfolgung aussetzt. Auch der unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung kann die Qualität einer Verfolgung erreichen (BVerwG, a. a. O. Rn. 26).
Als relevanter subjektiver Gesichtspunkt ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrenträchtigen religiösen Praxis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 29; VGH BW a. a. O. Rn. 48; OVG NRW a. a. O. Rn. 35). Denn der Schutzbereich der Religionsfreiheit erfasst sowohl die von der Glaubenslehre vorgeschriebenen Verhaltensweisen als auch diejenigen, die der einzelne Gläubige für sich selbst als unverzichtbar empfindet. Dabei kommt es auf die Bedeutung der religiösen Praxis für die Wahrung der religiösen Identität des einzelnen Ausländers an, auch wenn die Befolgung einer solchen religiösen Praxis nicht von zentraler Bedeutung für die betreffende Glaubensgemeinschaft ist (BVerwG
Die von der Klägerin vorgetragenen Verfolgungsmaßnahmen aus religiösen Gründen weisen bereits objektiv nicht die erforderliche Schwere auf, so dass sie nicht als Verfolgungshandlungen i. S. d. § 3a Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 AsylG zu qualifizieren sind.
Die Klägerin hat insoweit vor dem Bundesamt vorgetragen, dass - wenn sie ab und zu draußen gewesen seien - sie von der Bevölkerung beschimpft worden seien, da diese sie als Ungläubige angesehen hätten. Die Leute hätten auch auf sie gespuckt. Darüber hinaus habe es aber nichts gegeben. Sie hätten sich auch wenig mit der Religion beschäftigt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin diesen Vortrag in Übereinstimmung mit den Aussagen vor dem Bundesamt weitgehend - mit teilweise anderen Worten - wiederholt (hätten nicht nach draußen gehen können, wurden als Ungläubige bezeichnet, man habe sie ausgelacht und bespuckt). Dieser Teil ihrer Schilderungen kann nach Auffassung des Gerichts als wahr unterstellt werden. Er deckt sich insbesondere auch mit den Aussagen ihrer Eltern vor dem Bundesamt sowie mit der bereits oben dargestellten Erkenntnismittellage zur Situation der Hindus in Afghanistan. Dasselbe kann für die geringfügige Erweiterung in der mündlichen Verhandlung gelten, wonach die Klägerin in Afghanistan ein Kopftuch habe tragen müssen. Dies erscheint dem Gericht zum einen als Detail, das die Klägerin vor dem Bundesamt vergessen haben könnte zu erwähnen, zumal es auch in seiner Qualität nicht gegenüber dem bisherigen Vortrag - und in Abgrenzung zu anderen Weiterungen (s.u.) - in besonderer Weise hervortritt und auch zwanglos in dem islamisch geprägten Herkunftsland der Klägerin als wahr unterstellt werden kann.
Diese erlittenen Handlungen sind jedoch nicht so gravierend, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, darstellen, § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Nach Art. 15 Abs. 2 EMRK sind Abweichungen von dem Recht auf Leben, dem Verbot der Folter, dem Verbot der Sklaverei und Leibeigenschaft sowie dem Grundsatz, dass keine Strafe ohne Gesetz erfolgen darf, nicht zulässig. Diese Rechtsgüter wurden durch die genannten Maßnahmen in keiner Weise tangiert. Auch darüber hinaus ist eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte weder durch die Art noch durch die Wiederholung der in Rede stehenden Handlungen ersichtlich, auch nicht in Form einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen i. S.v. § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Das Beschimpfen, Auslachen und Bespucken sowie der - mindestens gesellschaftliche - Zwang, in der Öffentlichkeit Kopftuch tragen zu müssen, weisen als Angriffe insbesondere auf die Ehre der Klägerin sowie ihre allgemeine Handlungs- und Entfaltungsfreiheit, sich nach eigenen Vorstellungen kleiden zu können, ihrer Art nach keine derartige Schwere auf, dass sie einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung gleichkämen. Dasselbe gilt aber auch mit Blick auf die Wiederholung und Kumulierung derartiger Handlungen gegenüber der Klägerin, der dies ihrem Vortrag nach öfters widerfahren ist. Eine flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlung vermag dies gleichwohl nicht zu begründen, da eine unzumutbare Einschränkung der persönlichen Existenz hierin noch nicht zu erblicken ist. Insbesondere ist es in Afghanistan aufgrund des dort herrschenden patriarchalischen Gesellschaftssystems allgemein nicht üblich, dass sich Frauen dort frei und ohne Einschränkungen außerhalb der eigenen Häuslichkeit in der Öffentlichkeit bewegen. Diese gesellschaftliche Tatsache beruht daher offensichtlich nicht auf der Religionszugehörigkeit der Klägerin. Dasselbe gilt für das gebotene Tragen eines Kopftuches in der Öffentlichkeit. Zudem ergibt sich aus den anderweitigen Aussagen der Klägerin, dass sie gleichwohl nach draußen gegangen ist, auch wenn sie sich sicherlich aufgrund des ablehnenden Verhaltens der muslimischen Mehrheitsbevölkerung hierbei selbst beschränkt hat. Auch hat sie angegeben, mit ihrem Vater einmal den Hindutempel besucht zu haben.
Soweit die Klägerin darüber hinaus weitergehende Verfolgungshandlungen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als Hindu vorgetragen hat, so können ihr diese nicht geglaubt werden. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf Befragen des Gerichts erstmals - fast 5 Jahre nach ihrer Einreise nach Deutschland - erklärt, es habe für sie keine Möglichkeit bestanden, die Schule zu besuchen. Zudem seien sie ständig dem Zwang ausgesetzt gewesen, Muslime zu werden, andernfalls die Gefahr bestanden habe, getötet zu werden. Diese als erheblich einzustufenden Steigerungen des verfolgungsrelevanten Sachvortrages erzeugen beim Gericht erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Angaben (vgl. auch § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Die Klägerin hat vielmehr alle wesentlichen Umstände ihrer Verfolgung bzw. der Furcht vor Verfolgung bereits in der Anhörung vor dem Bundesamt vorzutragen (§ 25 Abs. 1 AsylG). Die Unglaubhaftigkeit dieses Teils ihres Vortrages ergibt sich auch daraus, dass die Klägerin vor dem Bundesamt auf ausdrückliche Nachfrage erklärt hat, über das Geschilderte hinaus sei im Hinblick auf Verfolgungsmaßnahmen aus religiösen Gründen nichts Weiteres vorgefallen. Auch hat sie dort bezeichnenderweise angegeben, dass die Familie in Kabul keine Probleme gehabt habe; einen konkreten Anlass für die Ausreise habe es nicht gegeben. Eine nachvollziehbare Erklärung dieser Weiterungen ist darüber hinaus nicht ersichtlich. Was die fehlende Möglichkeit eines Schulbesuchs angeht, so deckt sich dies - unabhängig von vorstehenden Ausführungen - nicht mit der oben dargestellten Erkenntnismittellage. Der UNHCR hat insoweit ausgeführt, dass es eine kleine Zahl von Schulen für Hindus gebe; Hindu-Kinder seien beim Besuch staatlicher Schulen in Kabul Belästigungen und Mobbing ausgesetzt. Es erscheint also eher so, dass die Klägerin die Schule nicht besucht hat, um den bezeichneten Belästigungen aus dem Wege zu gehen, oder schlicht, weil es in Afghanistan zumindest faktisch keineswegs die Regel darstellt, dass ein gesicherter Schulbesuch stattfindet, was die große Zahl von Analphabeten beweist. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass für die Klägerin keinerlei Möglichkeit bestanden hat, zumindest zeitweise und unter Inkaufnahme gewisser Erschwernisse eine Schule zu besuchen.
Ist die Klägerin nach alledem hinsichtlich ihrer Religionszugehörigkeit unverfolgt aus Afghanistan ausgereist, so lässt sich darüber hinaus der aktuellen Erkenntnismittellage ebenfalls nicht entnehmen, dass dieser bei ihrer jetzigen Rückkehr nach Afghanistan Maßnahmen von staatlicher bzw. nicht staatlicher Seite drohen, die über das seinerzeit Erlebte hinausgehen würden. Auf die obigen Ausführungen zur Situation der Hindus in Afghanistan wird diesbezüglich verwiesen.
3. Darüber hinaus ergibt sich für die Klägerin auch keine begründete Furcht vor Verfolgung aus ihrem weiteren Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung einer angeblichen Schwester sowie der drohenden Entführung und Ermordung ihrer eigenen Person bzw. sogar der gesamten Familie.
Bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt hat die Klägerin dieses Verfolgungsschicksal bereits nicht mit Verfolgungsgründen i. S. d. § 3b AsylG in Verbindung gebracht, so dass bereits aus diesem Grunde die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausscheiden würde. Soweit sie jedoch nunmehr diese Handlungen damit in Verbindung bringen will, dass sie Hinduistin ist und damit eine Hinwendung zum islamischen Glauben erzwungen werden sollte bzw. nach anderweitigem Vortrag ihres Vater, dass damit die Verheiratung der Töchter erzwungen werden sollte, so ist dieser gesamte vorgetragene Komplex bereits im eigenen Vortrag jedes einzelnen Familienmitgliedes (der Klägerin sowie ihres Vaters und ihrer Mutter, den Klägern im Verfahren W 1 K 16.30614) und sodann auch im Vergleich mit den Schilderungen der jeweils anderen Familienmitglieder mit einer solchen Vielzahl nicht erklärbarer Widersprüche behaftet, dass er den Klägern insgesamt nicht geglaubt werden kann.
Zunächst divergieren bereits die Namen der angeblich getöteten Schwester der Klägerin. Während ihr Vater vor dem Bundesamt angegeben hat, seine Tochter habe I. geheißen, wurde der Name von ihrer Mutter vor dem Bundesamt mit S. angegeben, während sie selbst dort den Namen S. gebrauchte. Auf entsprechenden Vorhalt vor dem Bundesamt erklärte ihre Mutter bezüglich dieser Differenzen, ihr Ehemann könne den Namen der Tochter nicht richtig aussprechen und bei dem von der Tochter gebrauchten Namen könne es sich um einen Spitznamen handeln. Bereits dies erscheint abwegig, nachdem die Bezeichnungen S. und I. keinerlei phonetische Gemeinsamkeiten aufweisen. Falls es sich bei dem Namen S. um einen Spitznamen gehandelt haben sollte, so ist nicht erklärlich, warum die Mutter diese Tatsache über ihre Tochter nicht sicher gewusst haben sollte. Im schriftsätzlichen Vortrag des Vaters vom 24. Juni 2016 bezeichnet dieser seine Tochter nunmehr als S., während er sie auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung als Se. bezeichnet. Auf Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung zu diesen Diskrepanzen erläuterte der Vater, es habe sich vor dem Bundesamt um eine falsche Übersetzung gehandelt. Dies erscheint nicht nachvollziehbar, nachdem er diesen Namen dort mindestens zweimal selbst erwähnt hat und auch der Anhörende in seinen Nachfragen den Namen I. gebraucht hat, so dass der Vater diesen sicherlich korrigiert hätte, wenn es sich tatsächlich um einen Übersetzungsfehler gehandelt hätte. Zudem hat er zum Ende der Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. In Abweichung ihren Angaben vor dem Bundesamt erklärt die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts sodann, dass ihre getötete Schwester Se. geheißen habe. Auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts gab sie an, der Übersetzer vor dem Bundesamt habe den genannten Namen (S.) wohl falsch gehört, es liege ein Übersetzungsfehler vor. Auch dies ist aufgrund fehlender phonetischer Gemeinsamkeiten zwischen den Namen Se. und S. sowie ihrer Aussage zum Ende der Befragung, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe, nicht glaubhaft. All dies legt einzig und allein den Schluss nahe, dass es sich hierbei nicht um tatsächlich Erlebtes handelt. An derartiges Basiswissen wie den Namen eines Familienmitgliedes müssten sich alle Familienmitglieder gleichermaßen zwingend erinnern können.
Darüber hinaus divergieren sodann auch die Beschreibungen zum Ablauf der Entführung und Tötung der Schwester bzw. Tochter. Unklarheiten bestehen schon dahingehend, wann sich dieser Vorfall zugetragen haben soll. So erwähnte der Vater der Klägerin vor dem Bundesamt zunächst, dass diese Tochter drei Monate vor der Ausreise aus Afghanistan ums Leben gekommen sei. An anderer Stelle gibt er jedoch an, dass die Familie nach diesem Vorfall nach Kabul geflüchtet sei und dort noch ein Jahr bis zur endgültigen Ausreise aus Afghanistan gelebt habe. Letztere wiederum soll laut Vortrag vor dem Bundesamt Ende Juni 2011/Anfang Juli 2011 stattgefunden habe, was nach Einschätzung des Gerichts der Wahrheit entsprechen dürfte, da sich bei den Behördenakten im Verfahren W 1 K 16.30614 ein Schreiben des B.-Krankenhauses in H. befindet, in dem die Mutter der Klägerin am 28. Juni 2011 nach einem epileptischen Anfall vorstellig geworden ist. Darin wird erwähnt, dass diese kurz zuvor aus Afghanistan kommend nach Deutschland eingereist sei. In der mündlichen Verhandlung wiederum nimmt der Vater als Zeitpunkt für den Vorfall der Entführung und Ermordung der Tochter etwa den November 2009 an, jedenfalls sei es im Winter gewesen. Die Klägerin wiederum gab bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt an, dass sie, nachdem sie nach Kabul geflüchtet seien, dort noch eineinhalb Jahre bis zur Ausreise gelebt hätten. In der mündlichen Verhandlung gab sie zu Protokoll, sie könne den Vorfall zeitlich nicht genau einordnen. Es sei jedoch in der kalten Jahreszeit gewesen. Sie hätten in Kabul danach noch etwa ein Jahr gelebt. Die Mutter der Klägerin kann sich ebenfalls nicht erinnern, wann sich der Vorfall genau zugetragen hat. Sie meinte in der mündlichen Verhandlung, dass es etwa sechs Jahre her sein müsse. Das Gericht ist der Überzeugung, dass ein derartig einschneidendes Ereignis, sollte es sich tatsächlich zugetragen haben, von den Familienmitgliedern genauer zeitlich eingeordnet werden müsste - auch unter Berücksichtigung des Bildungsstandes der Kläger. Dass dem nicht so ist, lässt für das Gericht nur den Schluss zu, dass dieses tatsächlich nicht stattgefunden hat. Dafür sprechen auch weitere Ungereimtheiten.
Zum Ablauf der Entführung hat der Vater vor dem Bundesamt angegeben, die Tochter sei von vermummten Personen entführt und getötet worden. Später sprach er dann von einem Mann, der zu ihnen ins Haus gekommen sei und die Tochter zwangsweise mitgenommen habe. Die Mutter erwähnte vor dem Bundesamt zwei vermummte Personen, die nachts gewaltsam in ihr Haus gekommen seien und die Tochter mitgenommen hätten. Einer davon sei bewaffnet gewesen und habe sie gestoßen. Ob ihre Tochter K. die Entführung gesehen habe, wisse sie nicht. Diese habe sich versteckt. Die Klägerin schließlich gab vor dem Bundesamt an, sie wisse nicht, wie und wo ihre Schwester entführt worden sei. Der Entführer habe jedenfalls einen Brief zurückgelassen, aus dem ersichtlich gewesen sei, dass er sie mitgenommen habe. Im Schreiben vom 24. Juni 2016 erklärte der Vater demgegenüber, dass zunächst zwei Männer an der Haustüre gewesen seien, die etwas zu essen hätten haben wollen und die er dann in das Haus gelassen habe. Nach dem Essen habe der ältere der beiden Männer gewollt, dass dessen mit anwesender Sohn seine Tochter S. heiratet. Da die Familie damit nicht einverstanden gewesen sei, seien sie mit einer Pistole bedroht worden. Einer der Männer habe dann mittels Handy zwei weitere Männer verständigt, die ihn dann auf sein Gesicht geschlagen hätten, so dass er geblutet und Zähne verloren habe. Seine Frau habe dabei einen epileptischen Anfall erlitten. Er und seine Tochter K. seien dann gefesselt worden und daraufhin hätten die Männer die Tochter S. mitgenommen. In der mündlichen Verhandlung wiederum berichtet der Vater der Klägerin nur mehr von zwei Personen, die bei der Entführung anwesend gewesen seien. Dies bestätigt auch die Tochter in der mündlichen Verhandlung, so dass sich eine nicht erklärbare Diskrepanz hinsichtlich der Zahl der Entführer ergibt. Auch besteht eine solche hinsichtlich der Frage, ob die Familie die Entführer ins Haus gelassen hat oder ob diese gewaltsam eingedrungen sind, wie die Mutter vor dem Bundesamt behauptet hat. Auch besteht ein Widerspruch dahingehend, ob die Klägerin bei der Entführung zugegen war. Während ihre Mutter und sie selbst in der mündlichen Verhandlung angaben, sie sei im Haus gewesen, habe sich aber in einem anderen Zimmer versteckt, konnte sie vor dem Bundesamt auf Befragen nicht angeben, wo und wie sich die Entführung abgespielt habe, obwohl sie diese gleichwohl mit eigenen Augen aus ihren Versteck mit angesehen haben will, wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärt hat. Demgegenüber trägt der Vater in seinem Schreiben vom 24. Juni 2016 vor, dass er und seine Tochter K. von den Entführern gefesselt worden seien, was wiederum zwingend für deren direkte Anwesenheit bei dem Geschehen spricht und mit dem Vortrag der Klägerin und der Mutter nicht in Einklang zu bringen ist.
Unüberwindbare Widersprüche ergeben sich auch zu der Frage, wann die angeblichen Entführer die Leiche der Schwester bzw. Tochter zurückgebracht haben und wie diese tatsächlich zu Tode gekommen ist. Während sämtliche Familienmitglieder in der mündlichen Verhandlung angegeben haben, dass die tote Schwester bzw. Tochter nach einer Woche bzw. acht Tagen zurückgebracht worden sei, hat die Mutter diesen Zeitraum vor dem Bundesamt mit einem Monat angegeben. Die Klägerin hat darüber hinaus vor dem Bundesamt erläutert, dass ihre Schwester Selbstmord begangen habe. Sie sei nach einer Woche zurückgekommen und habe sich noch in der gleichen Nacht in ihrem Zimmer erhängt. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass dies von den Angaben ihres Vaters abweiche, erklärte sie zunächst, ihr Vater habe das Richtige gesagt, während sie sodann, auf erneuten Vorhalt, angab, sie wisse, dass die Schwester Selbstmord begangen habe. Auf diese erhebliche Diskrepanz in der mündlichen Verhandlung angesprochen, erklärte die Klägerin, dass es sich vor dem Bundesamt um einen Übersetzungsfehler gehandelt haben müsse. Sie habe das mit dem Selbstmord so nicht gesagt. Dies wiederum erscheint aufgrund der völligen Andersartigkeit der Sachverhalte ausgeschlossen und beweist zur Überzeugung des Gerichts ein weiteres Mal, dass die Kläger hier nicht über tatsächlich Erlebtes berichten.
Unauflösbare Widersprüche ergeben sich auch zur Frage, wie lange die Familie nach der Ermordung der Schwester bzw. Tochter noch in Ghazni verblieben ist. Der Vater sprach vor dem Bundesamt zunächst von drei bis vier Tagen, im Schriftsatz vom 24. Juni 2016 erklärte er, dass sie gleich am nächsten Tag nach Kabul gegangen seien, während er wiederum in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts angab, dass sie eine Woche nach der Ermordung der Tochter nach Kabul geflohen seien. Die Mutter wiederum sprach vor dem Bundesamt von einem Zeitraum von zwei bis drei Tagen, in der mündlichen Verhandlung jedoch von acht Tagen. Die Klägerin erklärte vor dem Bundesamt, dass sie nach dem Tod der Schwester noch etwa 15 bis 20 Tage in der Stadt Ghazni gewesen seien.
Schließlich differieren auch die Aussagen zu dem angeblichen Drohbrief betreffend die Klägerin und zu den Motiven der Täter für die Entführung und Ermordung der Tochter bzw. Schwester und der Klägerin selbst in nicht nachvollziehbarer Weise. Der Vater hat vor dem Bundesamt vorgetragen, gleich nach dem Tod seiner Tochter I. sei ein Brief bei ihnen eingeworfen worden, wonach er seine Tochter K. freiwillig übergeben sollte, weil auch sie ansonsten zwangsweise mitgenommen würde. Auf die Frage, warum die Täter die Töchter entführen und töten wollten, gab der Vater vor dem Bundesamt an, es könne sein, dass es wegen seines hinduistischen Glaubens gewesen sei oder weil sie vielleicht Geld von ihm erpressen wollten. Er wisse es aber nicht genau. In dem Schreiben vom 24. Juni 2016 gab er erstmals an, dass die Entführung der Tochter S. den Zweck gehabt habe, diese zwangsweise zu verheiraten. Dies sei dann auch Gegenstand des Drohbriefes gewesen hinsichtlich seiner Tochter K. Er solle diese in die Familie der Entführer verheiraten, ansonsten würden sie sie auch mitnehmen und töten. In der mündlichen Verhandlung schließlich gab der Vater im Rahmen seiner informatorischen Befragung an, dass man ihm nach den Tod der Tochter gesagt habe, er solle Muslim werden, dann werde man seine andere Tochter auch mitnehmen, um sie zu verheiraten, ansonsten werde er getötet werden. Zunächst stellt es ein gesteigertes Vorbringen dar, wenn der Kläger nunmehr am 24. Juni 2016 erstmals eine angebliche Motivation für die Entführung in Form einer Zwangsverheiratung angibt. Dies ist aus den bereits oben dargelegten Gründen nicht glaubhaft, da es abwegig erscheint, dass gläubige Muslime ihren Sohn mit einer in ihren Augen ungläubigen Hinduistin verheiraten wollen. Wenn dem aber so wäre, so erklärt es sich nicht, warum sie die entführte Tochter dann nicht tatsächlich ihrem Sohn zur Frau geben, sondern sie ermorden. Ebenfalls eine nicht nachvollziehbare Steigerung enthält der Vortrag in der mündlichen Verhandlung, in dem der Vater nunmehr erläutert, dass er zusätzlich gezwungen werden sollte, zum Islam zu konvertieren, andernfalls seine Tochter K. zum Zwecke der Zwangsverheiratung mitgenommen und er selbst getötet würde. Der Zwang zu konvertieren und die Gefahr für seine eigene Person sollen offensichtlich dessen Vortrag nachträglich mehr Nachdruck verleihen und können diesem als allein prozesstaktisch einzustufende Steigerung nicht geglaubt werden. Die Mutter hat vor dem Bundesamt diesbezüglich angegeben, sie hätten nach der Ermordung der einen Tochter einen Brief erhalten, worin gestanden habe, dass auch ihre zweite Tochter K. mitgenommen werden solle. Dieser Drohbrief habe auf der Leiche der Tochter gelegen. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt räumte sie sodann jedoch ein, dass sie die Leiche nicht selbst vor der Haustüre habe liegen sehen. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin zum Inhalt des Briefes, dass sich aus diesem ergeben habe, dass auch sie Gefahr liefen, getötet zu werden. Dies lässt sich wiederum nicht mit dem Vortrag vor dem Bundesamt in Einklang bringen, wo nur eine Gefahr für die Tochter K. geschildert wurde. Auch insoweit besteht bei Mutter ein gesteigerter Sachvortrag, der ihr nicht abgenommen werden kann. Von einer etwaigen Zwangsverheiratung hat die Mutter in der mündlichen Verhandlung gar nichts erwähnt. Ihre Angaben sind widersprüchlich und können ihr nicht geglaubt werden. Schließlich erklärte die Klägerin vor dem Bundesamt zu diesem Teilkomplex, sie hätten einen Drohbrief erhalten, wonach auch sie selbst mitgenommen werden sollte. Sie erklärte im Gegensatz zu ihren Eltern, dass es zwei Briefe gegeben habe, einen nach der Entführung der Schwester und einen weiteren nach dem Tod ihrer Schwester. Letzteren Brief hätten sie ca. drei Tage nach dem Tod der Schwester erhalten, was sich nicht mit den Aussagen der Eltern deckt, die davon gesprochen haben, dass der Brief sie gleich nach dem Tod der Tochter erreicht habe. In der mündlichen Verhandlung wiederum setzt sich die Klägerin zu ihren eigenen Aussagen vor dem Bundesamt in Widerspruch, indem sie anführte, dass der Brief gleichzeitig mit der Leiche der Schwester gebracht worden sei. Inhaltlich habe sich daraus ergeben, dass auch sie getötet werden sollten, wenn sie keine Muslime würden.
All diese weder erklärbaren noch nachvollziehbaren Unstimmigkeiten und Widersprüche bereits im jeweils eigenen Vortrag jedes Familienmitgliedes und sodann auch im Vergleich mit den Schilderungen der jeweils anderen Familienmitglieder ergeben in der Gesamtschau, dass der gesamte Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung der angeblichen Tochter bzw. Schwester sowie die drohende Entführung und Ermordung der Klägerin oder aber der gesamten Familie durch Muslime bzw. Taliban nicht glaubhaft ist. Lediglich ergänzend sei exemplarisch für diese Einschätzung noch darauf hingewiesen, dass der Vater der Klägerin vor dem Bundesamt einen Sohn namens M. erwähnt hat, der 1994 im Krieg getötet worden sei, den jedoch Ehefrau und Tochter gar nicht kennen. Die Mutter der Klägerin meinte hierzu auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass es sich tatsächlich um seinen Bruder gehandelt habe, den ihr Ehemann jedoch als seinen Sohn angesehen habe. Demgegenüber führt der Vater in seinem Vortrag vom 24. Juni 2016 wiederum noch einmal eindeutig aus, dass es sich um seinen eigenen Sohn gehandelt habe.
IV.
Die Klägerin hat des Weiteren auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG.
Der Klägerin droht nach Überzeugung des Gerichts weder die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG noch droht ihr ein ernsthafter Schaden durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG.
Der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist im Gesetz nicht näher definiert. Da die zuletzt genannte Vorschrift der Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 337, S. 9) - QRL - dient, ist dieser Begriff jedoch in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Begriff in Art. 15b QRL auszulegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) legt Art. 15b QRL wiederum in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zu Art. 3 EMRK aus (z. B. EuGH, U.v. 17.2.2009 - Elgafaji, C - 465/07
Dass der Klägerin insoweit keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht, ergibt sich bereits daraus, dass ihr Vortrag zu ihren Fluchtgründen in weiten Teilen unglaubhaft ist. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Soweit das Gericht den Vortrag insoweit als glaubhaft eingestuft hat, dass die Klägerin aufgrund ihrer Religion insbesondere beschimpft und bespuckt worden seien, so erreicht dies nicht den notwendigen Schweregrad, um eine Verletzung des Art. 3 EMRK annehmen zu können.
Darüber hinaus stellen auch die schlechten humanitären Bedingungen, die in Afghanistan herrschen, keinen Grund dar, um einen subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG zu begründen. Zwar ist dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in ganz außergewöhnlichen Fällen grundsätzlich möglich. Allerdings existiert hierfür eine sehr hohe Eingriffsschwelle und setzt voraus, dass im Falle der Rückführung die konkrete Gefahr einer unmenschlichen Behandlung in der Form unzureichender humanitärer Lebensbedingungen gerade Folge einer direkten oder indirekten Aktion von Seiten staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure ist. Dieses Erfordernis ergibt sich auch aus § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3c AsylG, wonach es auch beim subsidiären Schutz eines Verfolgungsakteurs, von dem die Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgeht, bedarf (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). Schlechte allgemeine wirtschaftliche oder humanitäre Lebensbedingungen im Abschiebezielstaat, die nicht auf einen solchen Akteur zurückführbar sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Die schlechten humanitären Lebensbedingungen in Afghanistan sind gerade nicht auf einen spezifischen Verfolgungsakteur zurückzuführen, sondern allgemeine und nicht individualisierbare Folge der schlechten ökonomischen Bedingungen und der schwierigen Sicherheitslage im Land. An dieser Situation hat sich auch aufgrund der jüngsten Erkenntnismittellage nichts geändert.
2. Ein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes ergibt sich auch nicht aufgrund einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Klägerin infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG.
Für die Beurteilung kommt es hierbei regelmäßig auf die Herkunftsregion des Ausländers an (BVerwG, U.v. 14.7.2009 - 10 C 9/08 - BverwGE 134, 188; BayVGH, U.v. 12.1.2012 - 13a B 11.30427 - juris Rn. 15 m. w. N.). Die Klägerin stammt vorliegend aus der Stadt und Provinz Ghazni, so dass auf diese Region abzustellen ist. Die obergerichtliche Rechtsprechung geht auf der Grundlage der verfügbaren Erkenntnismittel davon aus, dass afghanische Staatsangehörige bei einer Rückkehr in die Provinz Ghazni nach derzeitiger Sicherheitslage im Allgemeinen keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt sind (BayVGH, B.v. 20.8.2015 - 13 ZB 15.30062 - juris Rn. 7 zur Südostregion, der die Provinz Ghazni zuzurechnen ist; BayVGH, B.v. 11.3.2014 - 13a ZB 13.30246 - juris Rn. 5 f.; BayVGH, U.v. 4.6.2013 - 13a B 12.30063 - juris Rn. 15 ff.; OVG Lüneburg, U.v. 7.9.2015 - 9 LB 98/13 - juris Rn. 42 ff.). Das Gericht schließt sich dieser Einschätzung an. Auch aus den aktuellsten Erkenntnismitteln ergibt sich trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage keine derart hohe Gefahrendichte, dass praktisch jede Zivilperson schon alleine aufgrund ihrer Anwesenheit in der Provinz Ghazni einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt wäre (UNAMA Report v. 14.2.2016; EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan - Security Situation, v. 1.1.2016, S. 89 ff.). Individuelle gefahrerhöhende Umstände sind bei den Klägern nicht erkennbar, insbesondere handelt es sich bei den von den Klägerin befürchteten Gefahren und objektiv vorliegenden Indikatoren, wie der Zugehörigkeit zur hinduistischen Religion, ersichtlich um andere Gefahren als denjenigen, welche Zivilpersonen in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt drohen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Hindus der besonderen Gefahr von Anschlägen ausgesetzt oder gar Zielscheibe solcher Anschläge wären.
V.
Schließlich hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Ein solches kommt nicht in Betracht, da der Klägerin keine gegen Art. 3 EMRK oder ein anderes Grundrecht nach der EMRK verstoßende Behandlung droht. Insbesondere stellt die allgemeine Versorgungslage in Afghanistan keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK dar. Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat in ganz besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht jedoch allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen. In Afghanistan ist die allgemeine Lage jedenfalls nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde (EGMR, U.v. 13.10.2011 - NJOZ 2012, 952, Rn. 84; BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). In Fällen, in denen wie vorliegend gleichzeitig über die Gewährung subsidiären Schutzes zu entscheiden ist, scheidet darüber hinaus bei Verneinung dieser Voraussetzungen regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris Rn. 36). Insofern wird auf die Ausführungen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG Bezug genommen. Auch hinsichtlich des individuellen Vortrages der Klägerin in Bezug auf religiöse und sonstige Verfolgungsmaßnahmen kann auf obige Ausführungen zu den §§ 3 und 4 AsylG verwiesen werden, wonach der Vortrag nicht glaubhaft bzw. nicht von solcher Schwere ist, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK in Betracht zu ziehen ist.
VI.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Tatbestand
- 1
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Der Kläger erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm in Afghanistan drohender Gefahren.
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Der 1986 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er stammt aus der Provinz Helmand (Afghanistan), ist schiitischen Glaubens und gehört dem Volk der Hazara an. Im Februar 2009 reiste er nach Deutschland ein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - lehnte seinen Asylantrag mit Bescheid vom 17. März 2010 ab. Zugleich stellte es fest, dass weder die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen, und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Afghanistan an.
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-
Nach Rücknahme der Klage auf Asylanerkennung hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG hinsichtlich Afghanistans verpflichtet und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 27. April 2012 die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dem Kläger stehe weder unionsrechtlicher noch nationaler Abschiebungsschutz zu. Hinsichtlich eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die konkrete Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung drohe. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 3 AufenthG sei nicht erkennbar. Die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor. Da in Afghanistan kein landesweiter bewaffneter Konflikt herrsche, komme eine individuelle Bedrohung nur in Betracht, wenn sich der Konflikt auf den tatsächlichen Zielort bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat erstrecke. Dies sei die Herkunftsregion des Ausländers, in der er zuletzt gelebt habe bzw. in die er typischerweise zurückkehren könne und voraussichtlich auch werde. Der Kläger habe glaubhaft vorgetragen, dass er in seiner Heimatregion Helmand keine aufnahmebereiten Bekannten oder Verwandten und keine Existenzgrundlage mehr habe. Zudem habe er Angst vor einer dort lebenden Privatperson, außerdem befürchte er Diskriminierungen, denen seine Volksgruppe in Helmand in besonderem Maße ausgesetzt sei. Wolle bzw. werde der Kläger keinesfalls nach Helmand zurückkehren, sei auf das derzeit einzig mögliche Abschiebungsziel Kabul abzustellen. Dort herrsche kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt mehr. Die Sicherheitslage werde in Kabul, abgesehen von einigen spektakulären Anschlägen, relativ einheitlich als stabil und weiterhin deutlich ruhiger als noch etwa vor zwei Jahren bewertet.
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Dem Kläger stehe hinsichtlich Afghanistans auch nicht der hilfsweise begehrte nationale Abschiebungsschutz zur Seite. Es sei nicht ersichtlich, welches Menschenrecht der EMRK ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könnte. Einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen der allgemein schlechten Lebensverhältnisse in Afghanistan stehe § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG entgegen. Eine extreme Gefahrenlage, bei der aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ausnahmsweise nicht greife, liege für Kabul nicht (mehr) vor. Vielmehr sei eine gewisse Verbesserung der allgemeinen Versorgungslage in Kabul zu erkennen, die nach den strengen Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen einer wertenden Gesamtschau der Annahme einer alsbald nach der Abschiebung eintretenden Extremgefahr für gesunde ledige afghanische Männer auch ohne Vermögen oder Anbindung an lokale Familien- bzw. Stammesstrukturen entgegenstehe. Der Senat sehe keine hinreichenden Anhaltspunkte mehr dafür, dass bei dieser Personengruppe im Falle der Abschiebung alsbald der Tod oder schwerste gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten wären. Es sei vielmehr zu erwarten, dass Rückkehrer in Kabul durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Zwar dürfte aufgrund der schlechten Gesamtsituation ohne schützende Familien- oder Stammesstrukturen in der Tat eine Rückkehr nach Kabul selbst für gesunde alleinstehende Männer unter humanitären Gesichtspunkten kaum zumutbar sein. Diese Zumutbarkeit sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch kein zentraler Maßstab für die Bestimmung einer extremen Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Im Falle des Klägers seien auch keine hinreichenden individuellen Faktoren gegeben, die ausnahmsweise eine extreme Gefahrenlage begründen könnten.
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 60 Abs. 2, 5 sowie 7 Satz 1 und 2 AufenthG. Außerdem macht er Verfahrensfehler geltend und regt zur weiteren Klärung des Gehalts der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 und 7 Satz 2 AufenthG eine Vorlage an den EuGH an.
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Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.
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Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist zulässig und begründet. Das Berufungsurteil verletzt hinsichtlich des vom Kläger mit seinem Hauptantrag verfolgten Begehrens auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes Bundesrecht. Das Berufungsgericht hat bei der im Rahmen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG gebotenen Prüfung, ob am tatsächlichen Zielort des Klägers bei einer Rückkehr nach Afghanistan ein bewaffneter Konflikt besteht, nicht auf die Herkunftsregion des Klägers, sondern auf die Verhältnisse in Kabul als dem derzeit einzig möglichen Abschiebungsziel abgestellt. Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen im Berufungsurteil nicht selbst abschließend über die Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes entscheiden kann, ist das Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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1. Gegenstand des Verfahrens ist neben dem unionsrechtlichen Abschiebungsschutz weiterhin auch der vom Kläger hilfsweise begehrte nationale Abschiebungsschutz. Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht die Zulassung der Revision allein mit der grundsätzlichen Bedeutung einer auf den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz zugeschnittenen Frage begründet hat. Die Urteilsformel enthält keine Beschränkung der Zulassung auf den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz. Der Umfang der Zulassung ist daher unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Rechtsmittelklarheit durch Auslegung zu ermitteln. Danach ist hier von einer uneingeschränkten Zulassung auszugehen. Die vom Kläger im Berufungsverfahren gestellten (Haupt- und Hilfs-)Anträge betreffen zwar unterschiedliche Streitgegenstände. Diese sind aber eng miteinander verflochten, insbesondere stellt sich die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage des maßgeblichen Anknüpfungsortes nicht nur beim unionsrechtlichen, sondern auch beim nationalen Abschiebungsschutz. Für eine uneingeschränkte Zulassung der Revision spricht im Übrigen auch die dem Berufungsurteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung, die sich lediglich auf das Rechtsmittel der Revision bezieht.
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2. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens auf Gewährung von Abschiebungsschutz ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 10). Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte. Maßgeblich ist daher für das Revisionsverfahren das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 86). Unionsrechtlich finden sowohl die Richtlinie 2004/83/EG des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes - Qualifikations-Richtlinie - vom 29. April 2004 (ABl EU Nr. L 304 vom 30. September 2004 S. 12; berichtigt ABl EU Nr. L 204 vom 5. August 2005 S. 24) Anwendung als auch die - während des Berufungsverfahrens in Kraft getretene - Neufassung durch die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 337 vom 20. Dezember 2011 S. 9). Für die in der Neufassung inhaltlich geänderten Bestimmungen wurde den Mitgliedstaaten eine Umsetzungsfrist bis zum 21. Dezember 2013 eingeräumt (Art. 39 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU) und es bleibt bis zum Ablauf dieser Frist bei der Anwendung der Richtlinie 2004/83/EG (vgl. Art. 41 Abs. 2 i.V.m. Art. 40 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU). Hinsichtlich der unverändert übernommenen Bestimmungen gilt die Neufassung hingegen schon jetzt (vgl. Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU).
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3. Das Berufungsurteil verletzt in Bezug auf den vom Kläger primär begehrten unionsrechtlichen Abschiebungsschutz Bundesrecht. Die diesbezüglichen Vorgaben des Art. 15 der Richtlinie 2011/95/EU (früher: Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG) sind in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG - in überschießender Umsetzung - als absolute Abschiebungsverbote ausgestaltet und bilden einen eigenständigen, in sich nicht weiter teilbaren Streitgegenstand (Urteile vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 11 und vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 13 und 16).
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3.1 Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG mit einer Begründung abgelehnt, die revisionsrechtlicher Prüfung nicht standhält. Nach dieser Vorschrift ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist.
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Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieses - die Vorgaben des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG (inzwischen: Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2011/95/EU) umsetzenden - Abschiebungsverbots können auch dann erfüllt sein, wenn sich der bewaffnete Konflikt nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt (Urteil vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 25). In diesem Fall ist Bezugspunkt für die Gefahrenprognose der tatsächliche Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr. Das ist in der Regel die Herkunftsregion des Ausländers, in die er typischerweise zurückkehren wird (Urteil vom 14. Juli 2009 - BVerwG 10 C 9.08 - BVerwGE 134, 188 Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C-465/07, Elgafaji - NVwZ 2009, 705 Rn. 40).
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Das Berufungsgericht hat dies zutreffend zu Grunde gelegt. Es hat aber nicht geprüft, ob in der Herkunftsregion des Klägers ein bewaffneter Konflikt herrscht, sondern stattdessen auf die Verhältnisse in Kabul als dem derzeit einzig möglichen Abschiebungsziel abgestellt, weil der Kläger keinesfalls nach Helmand zurückkehren wolle bzw. werde. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 14. November 2012 (BVerwG 10 B 22.12 - juris Rn. 7) als geklärt gesehen hat, kommt es für die Frage, welche Region als Zielort der Rückkehr eines Ausländers anzusehen ist, aber weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Ein Abweichen von der Regel kann insbesondere nicht damit begründet werden, dass dem Ausländer in der Herkunftsregion die Gefahren drohen, vor denen ihm § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Schutz gewähren soll. Dies ergibt sich schon aus dem systematischen Zusammenhang der unionsrechtlichen Abschiebungsverbote mit den Bestimmungen über den internen Schutz (Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG; künftig: Art. 8 der Richtlinie 2011/95/EU). Kommt die Herkunftsregion als Zielort wegen der dem Ausländer dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG auf eine andere Region des Landes verwiesen werden. Der Begriff des "tatsächlichen Zielortes der Rückkehr" ist daher kein rein empirischer Begriff, bei dem auf die tatsächlich wahrscheinlichste oder subjektiv gewollte Rückkehrregion abzustellen ist. Da es bei § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG um den Schutz vor den Gefahren eines - nicht notwendig landesweiten - bewaffneten Konflikts im Heimatstaat geht, kommt bei der Bestimmung des Ortes der (voraussichtlichen) tatsächlichen Rückkehr der Herkunft als Ordnungs- und Zuschreibungsmerkmal eine besondere Bedeutung zu. Ein Abweichen von der Herkunftsregion kann daher auch nicht damit begründet werden, dass der Ausländer infolge eines bewaffneten Konflikts den personalen Bezug zu seiner Herkunftsregion verloren hat, etwa weil Familienangehörige getötet worden sind oder diese Gebiete ebenfalls verlassen haben. Auch soweit die nachlassende subjektive Bindung zur Herkunftsregion durch Umstände begründet worden ist, die mittelbare Folgen des bewaffneten Konflikts sind (z.B. Beeinträchtigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, nachhaltige Verschlechterung der Versorgungslage), und es mangels Existenzgrundlage und Zukunftsperspektive eine nachvollziehbare Haltung ist, nicht in die Herkunftsregion zurückkehren zu wollen, behält diese für die schutzrechtliche Betrachtung grundsätzlich ihre Relevanz. Allerdings ist jedenfalls dann nicht (mehr) auf die Herkunftsregion abzustellen, wenn sich der Ausländer schon vor der Ausreise und unabhängig von den fluchtauslösenden Umständen von dieser gelöst und in einem anderen Landesteil mit dem Ziel niedergelassen hatte, dort auf unabsehbare Zeit zu leben. Durch eine solche freiwillige Ablösung verliert die Herkunftsregion ihre Bedeutung als Ordnungs- und Zurechnungsmerkmal und scheidet damit als Anknüpfungspunkt für die Gefahrenprognose bei § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG aus.
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Diese Ausdeutung des vom Gerichtshof der Europäischen Union - EuGH - (Urteil vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 40) verwandten Begriffs des tatsächlichen Zielorts der Rückkehr kann vorgenommen werden, ohne diesem die Rechtssache zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der EuGH hat den Begriff in seinem Urteil vom 17. Februar 2009 zwar nicht abschließend definiert. Die hier entfaltete Auslegung trägt aber dem Zweck der Vorschriften über den internen Schutz Rechnung und folgt damit der Vorgabe des EuGH, die Auslegung nationalen Rechts so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen und auf diese Weise Art. 249 Abs. 3 EG (inzwischen: Art. 288 AEUV) nachzukommen (EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 42).
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Das Berufungsurteil verstößt nach den vorstehenden Grundsätzen gegen Bundesrecht, weil es für das Bestehen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht die Verhältnisse in der Herkunftsregion des Klägers in den Blick genommen, sondern auf die Lage in Kabul als dem voraussichtlichen Zielort einer Abschiebung abgestellt hat. Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist aber nicht zu entnehmen, dass der Kläger sich vor seiner Ausreise dauerhaft in einer anderen Region als Helmand niedergelassen hat. Er ist zwar zunächst mit seiner Lebensgefährtin nach Kabul (und später in den Iran zu seiner Schwester) gegangen. Dies geschah nach seinen Angaben aber allein aus Angst vor dem Vater seiner Lebensgefährtin; zur Dauer und den näheren Umständen des Aufenthalts in Kabul enthält das Berufungsurteil keine Feststellungen. Die vom Berufungsgericht angeführten Erwägungen, warum der Kläger nicht nach Helmand zurückkehren wolle bzw. werde, lassen die Relevanz der Heimatregion für die Gefahrenprognose bei einem bewaffneten Konflikt nicht entfallen.
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3.2 Das Berufungsurteil beruht auf diesem Fehler. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen zur Lage in der Provinz Helmand getroffen. Ob in dieser Region ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht und dem Kläger dort die in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG definierte Gefahr droht, kann daher revisionsgerichtlich weder festgestellt noch ausgeschlossen werden.
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3.3 Die Entscheidung erweist sich hinsichtlich des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO) oder unrichtig, so dass der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden kann.
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a) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG scheidet nicht schon deshalb aus, weil der Kläger - einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in seiner Herkunftsregion unterstellt - in Kabul internen Schutz finden könnte. Dies würde nach § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG voraussetzen, dass für den Kläger in Kabul nicht nur keine Gefahr besteht, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, sondern von ihm auch vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort aufhält.
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Auch hierzu fehlen hinreichende tatrichterliche Feststellungen. Das Berufungsgericht hat in Bezug auf Kabul zwar festgestellt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG nicht vorliegen, weil dort keine extreme Gefahrenlage herrsche und zu erwarten sei, dass Rückkehrer durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Nach Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG muss beim internen Schutz die Existenzgrundlage aber so weit gesichert sein, dass vom Ausländer vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort aufhält. Dieser Zumutbarkeitsmaßstab geht über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus; weiterhin offenbleiben kann, welche darüber hinausgehenden wirtschaftlichen und sozialen Standards erfüllt sein müssen (vgl. Urteil vom 29. Mai 2008 - BVerwG 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 Rn. 35).
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b) Umgekehrt kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Berufungsurteil hinsichtlich des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes aus anderen Gründen unrichtig ist. Das Berufungsgericht hat vor allem im Ergebnis zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG verneint. Ein solches Abschiebungsverbot ergibt sich - entgegen der Auffassung der Revision - insbesondere nicht aus den allgemeinen humanitären Verhältnissen in Afghanistan.
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Nach § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Mit diesem Abschiebungsverbot wird Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG (inzwischen: Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU) umgesetzt. Die Europäische Kommission hat sich bei der Formulierung dieser Richtlinienbestimmung an Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685) - EMRK - orientiert und in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR - Bezug genommen (Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen vom 12. September 2001 KOM <2001> 510 endgültig S. 6, 30). Die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK ist bei der Auslegung des § 60 Abs. 2 AufenthG auch über Art. 19 Abs. 2 der Grundrechte-Charta (ABl EU 2010 Nr. C 83, 389) - GR-Charta - zu berücksichtigen. Danach darf niemand in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn das ernsthafte Risiko der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht. Dies gilt nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta auch für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union. Nach den gemäß Art. 52 Abs. 7 GR-Charta bei ihrer Auslegung gebührend zu berücksichtigenden Erläuterungen (ABl EU 2007 Nr. C 303 S. 17 = EuGRZ 2008, 92) wird durch die Regelung in Art. 19 Abs. 2 GR-Charta die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK in Auslieferungs-, Ausweisungs- und Abschiebungsfällen übernommen (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 15 und 17).
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Entgegen der Auffassung der Revision ist der neueren Rechtsprechung des EGMR nicht zu entnehmen, dass sich der Maßstab für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bei Abschiebungen in Staaten mit schwierigen Lebensbedingungen nach den "für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung" bestimmt. Entsprechendes ergibt sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des EGMR im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/06 - NVwZ 2011, 413). Bereits in seinem Beschluss vom 25. Oktober 2012 (BVerwG 10 B 16.12 - juris Rn. 8 f.) hat der Senat dargelegt, dass der EGMR davon ausgeht, dass die Staaten - unbeschadet ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich derer aus der Konvention selbst - das Recht haben, die Einreise fremder Staatsbürger in ihr Hoheitsgebiet zu regeln (EGMR, Urteile vom 28. Mai 1985 - Nr. 15/1983/71/107-109, Abdulaziz u. a./Vereinigtes Königreich - NJW 1986, 3007 Rn. 67; vom 18. Oktober 2006 - Nr. 46410/99, Üner/Niederlande - NVwZ 2007, 1279 Rn. 54 und vom 28. Juni 2012 - Nr. 14499/09, A.A. u.a. - Rn. 71). Die Abschiebung durch einen Konventionsstaat kann aber dessen Verantwortlichkeit nach der Konvention begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. In einem solchen Fall ergibt sich aus Art. 3 EMRK die Verpflichtung, die Person nicht in dieses Land abzuschieben (stRspr, EGMR, Urteile vom 7. Juli 1989 - Nr. 1/1989/161/217, Soering/Vereinigtes Königreich - NJW 1990, 2183 Rn. 90 f. und vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi/Italien - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125). Allerdings können Ausländer kein Recht aus der Konvention auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 - Nr. 26565/05, N./Vereinigtes Königreich - NVwZ 2008, 1334 Rn. 42). So hat der EGMR ein Abschiebungsverbot aus Art. 3 EMRK zugunsten eines im fortgeschrittenen, tödlichen und unheilbaren Stadiums an Aids Erkrankten angenommen, weil die Abschiebung seinen Tod beschleunigen würde, er keine angemessene Behandlung erreichen könne und kein Beweis für irgendeine mögliche moralische oder soziale Unterstützung im Zielstaat zu erbringen sei (EGMR, Urteil vom 2. Mai 1997 - Nr. 146/1996/767/964, D./Vereinigtes Königreich - NVwZ 1998, 161 Rn. 52 f.). Zusammenfassend führt der Gerichtshof zur Herleitung eines Abschiebungsverbots aus Art. 3 EMRK aufgrund von Krankheiten aus, dass angesichts der grundlegenden Bedeutung von Art. 3 EMRK im System der Konvention zwar eine gewisse Flexibilität notwendig sei, um eine Ausweisung (expulsion) in besonderen Ausnahmefällen zu verhindern. Doch verpflichte Art. 3 EMRK die Staaten nicht, Fortschritte in der Medizin sowie Unterschiede in sozialen und wirtschaftlichen Standards durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 a.a.O. Rn. 44).
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Wie der Senat in seinem Beschluss vom 25. Oktober 2012 (a.a.O. Rn. 9) ausgeführt hat, ist diese gefestigte Rechtsprechung durch das Urteil der Großen Kammer vom 21. Januar 2011 (a.a.O.) im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland nicht grundsätzlich revidiert worden. Dieses Urteil verhält sich - entgegen der Auffassung der Revision - erkennbar nicht zu den "für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung". Zwar hat der EGMR eine Verletzung von Art. 3 EMRK durch das Königreich Belgien als abschiebenden Staat angenommen, weil der betroffene Asylantragsteller mit seiner Überstellung an Griechenland als Signaturstaat der EMRK einer Situation äußerster materieller Armut ausgeliefert worden sei, was den belgischen Behörden bewusst gewesen sei (Rn. 263 f., 366 f.). Jedoch erstreckt diese Entscheidung den Schutzbereich des Art. 3 EMRK ausdrücklich nicht allgemein auf soziale Leistungsrechte; der EGMR betont vielmehr die Fortgeltung seiner insoweit sehr zurückhaltenden Rechtsprechung (Rn. 249 m.w.N.) und begründet seine Entscheidung mit dem Schutz der Menschenwürde von Personen, die - in einem ihnen völlig fremden Umfeld - vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig sind und behördlicher Gleichgültigkeit gegenüberstehen, obwohl sie sich in ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befinden (Rn. 253). Als eine hiernach in Betracht zu ziehende Personengruppe führt der EGMR die Gruppe der Asylsuchenden an, die er als besonders verletzlich und schutzbedürftig qualifiziert (Rn. 251, 259).
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Dass damit keine generelle Erstreckung des Schutzes nach Art. 3 EMRK auf zu gewährleistende Standards im Heimatstaat des Betroffenen einhergeht, ergibt sich auch aus nachfolgenden Urteilen des EGMR (vgl. Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 9 m.w.N.). In seinem Urteil vom 28. Juni 2011 im Verfahren Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich (Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681) stellt der EGMR nochmals klar, dass in Abschiebungsfällen nur zu prüfen ist, ob unter Berücksichtigung aller Umstände ernstliche Gründe für die Annahme nachgewiesen worden sind, dass der Betroffene im Fall seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr liefe, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Wenn eine solche Gefahr nachgewiesen ist, verletzt die Abschiebung des Ausländers notwendig Art. 3 EMRK, einerlei, ob sich die Gefahr aus einer allgemeinen Situation der Gewalt ergibt, einem besonderen Merkmal des Ausländers oder einer Verbindung von beiden (Rn. 218). Zugleich weist der EGMR darauf hin, dass die sozio-ökonomischen und humanitären Verhältnisse im Bestimmungsland hingegen nicht notwendig für die Frage bedeutend und erst recht nicht dafür entscheidend sind, ob der Betroffene in diesem Gebiet wirklich der Gefahr einer Misshandlung unter Verstoß gegen Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Denn die Konvention zielt hauptsächlich darauf ab, bürgerliche und politische Rechte zu schützen. Die grundlegende Bedeutung von Art. 3 EMRK macht nach Auffassung des EGMR aber eine gewisse Flexibilität erforderlich, um in sehr ungewöhnlichen Fällen eine Abschiebung zu verhindern. In ganz außergewöhnlichen Fällen können daher auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung "zwingend" sind (Rn. 278). Nur soweit die schlechten humanitären Bedingungen - wie in Somalia - nicht nur oder überwiegend auf Armut oder fehlende staatliche Mittel beim Umgang mit Naturereignissen zurückzuführen sind, sondern überwiegend auf direkte und indirekte Aktionen der Konfliktparteien zurückgehen, hält der EGMR das im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (a.a.O.) entwickelte Kriterium für besser geeignet, nach dem die Fähigkeit des Beschwerdeführers berücksichtigt werden muss, seine elementaren Bedürfnisse zu befriedigen, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, weiter seine Verletzlichkeit für Misshandlungen und seine Aussicht auf eine Verbesserung der Lage in angemessener Zeit (Rn. 282 f.).
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Welche Anforderungen sich aus dieser Rechtsprechung des EGMR im Einzelnen für Abschiebungen in den Herkunftsstaat bei schlechten humanitären Bedingungen ergeben, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst der EGMR geht in Bezug auf Afghanistan davon aus, dass die allgemeine Lage dort nicht so ernst ist, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK wäre (EGMR, Urteil vom 13. Oktober 2011 - Nr. 10611/09, Husseini/Schweden - NJOZ 2012, 952 Rn. 84). Auch auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen für eine allein auf die allgemeinen Lebensbedingungen im Herkunftsland gestützte Verletzung des Art. 3 EMRK ersichtlich nicht vor. Maßgeblich ist dabei die Perspektive des abschiebenden Staates, aus dessen Sicht zu prüfen ist, ob der Betroffene durch die Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Bei dieser Prüfung stellt der EGMR grundsätzlich auf den gesamten Abschiebungszielstaat ab und prüft zunächst, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an dem die Abschiebung endet (EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 a.a.O. Rn. 265, 301, 309). Das gilt auch bei der Beurteilung von Umständen, die nicht in die unmittelbare Verantwortung des Abschiebungszielstaates fallen, dem abschiebenden Staat nach Art. 3 EMRK aber dennoch eine Abschiebung des Ausländers verbieten.
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Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass derzeit nur eine Abschiebung nach Kabul möglich ist (UA S. 14). Zugleich hat es sich bezüglich der allgemeinen Lebensbedingungen in Kabul - im Rahmen seiner Ausführungen zu § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG - in tatsächlicher Hinsicht der Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs angeschlossen, dass zu erwarten sei, dass Rückkehrer dort durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten (UA S. 23). Die daran anschließende Bemerkung des Berufungsgerichts, aufgrund der schlechten Gesamtsituation dürfte ohne schützende Familien- und Stammesstrukturen eine Rückkehr nach Kabul selbst für gesunde alleinstehende Männer unter humanitären Gesichtspunkten "kaum zumutbar" sein, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Sie umfasst nicht die tatsächliche Feststellung, die sozio-ökonomischen und humanitären Verhältnisse im Abschiebezielstaat seien so schlecht, dass nach Art. 3 EMRK von einer Abschiebung zwingend abgesehen werden müsse. Mit dieser Formulierung bringt das Berufungsgericht lediglich seine Haltung zum Ausdruck, dass die rechtlichen "Hürden" des Bundesverwaltungsgerichts für die Annahme eines Abschiebungsverbots in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG seiner Auffassung nach zu hoch sind, und lässt in der Sache sein Bedauern erkennen, dass die oberste Landesbehörde für Afghanistan keinen generellen Abschiebestopp aus humanitären Gründen gemäß § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG angeordnet hat und das Gericht diese politische Entscheidung - unterhalb der hier nicht erreichten Grenze verfassungsrechtlich gebotenen Abschiebungsschutzes - nicht zu ersetzen vermag (Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 5).
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Damit liegen die tatsächlichen Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG - ungeachtet des Umstandes, dass bei § 60 Abs. 2 AufenthG und bei § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in rechtlicher Hinsicht unterschiedliche Maßstäbe gelten - ersichtlich nicht vor. Selbst bei Zugrundelegung der - vom EGMR im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland für einen gänzlich anderen Anwendungsfall entwickelten und in den Verfahren Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich auf eine ebenfalls andere Ausgangssituation im Herkunftsstaat übertragenen - abgesenkten und auf die Situation besonderer Verletzlichkeit und Schutzbedürftigkeit bezogenen Maßstäbe ergäbe sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Verhältnissen in Kabul für den Kläger kein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK (Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 10).
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Auch insoweit bedarf es keiner Vorlage an den EuGH. Die Voraussetzungen, unter denen einen abschiebenden Staat aus Art. 3 EMRK ausnahmsweise eine Verantwortung für nicht dem Abschiebezielstaat oder anderen Akteuren zuzurechnende Umstände trifft, ergeben sich aus der Rechtsprechung des EGMR und werfen im vorliegenden Verfahren keine entscheidungserheblichen unionsrechtlichen Zweifelsfragen auf. Die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK ist bei der Auslegung des Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU zu beachten. Dass die Richtlinie in Bezug auf Art. 3 EMRK bei Umständen, die weder in die Verantwortung des Abschiebezielstaats noch eines sonstigen Akteurs fallen, keinen über die Rechtsprechung des EGMR hinausgehenden Schutz gewährt, ergibt sich schon aus Art. 6 der Richtlinie 2011/95/EU (früher: Art. 6 der Richtlinie 2004/83/EG). Denn dieser Vorschrift ist zu entnehmen, dass es nach den Vorstellungen des Richtliniengebers auch beim subsidiären Schutz grundsätzlich eines Akteurs bedarf, von dem ein ernsthafter Schaden ausgehen kann.
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4. Kann der Senat mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen weder positiv noch negativ abschließend über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes entscheiden, so ist das Berufungsurteil schon aus diesem Grund aufzuheben und das Verfahren an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, ohne dass es auf die von der Revision fristgerecht erhobenen Verfahrensrügen ankommt. Zur Klarstellung weist der Senat allerdings darauf hin, dass die gerügten Verfahrensfehler nicht vorliegen. Insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen in den Beschlüssen des Senats vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 10 B 16.12 und 10 B 20.12 - zu vergleichbaren Verfahrensrügen des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Das Berufungsgericht hat auch nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, weil es den Rechtsstreit nicht dem EuGH vorgelegt hat. Ein solcher Verstoß scheidet schon deswegen aus, weil es nach Art. 267 Abs. 2 AEUV zwar zur Vorlage berechtigt, nicht aber verpflichtet ist. Unabhängig davon liegen die Voraussetzungen für eine Vorlage an den EuGH aber auch nicht vor. Die entscheidungserheblichen Fragen des Unionsrechts sind in der Rechtsprechung des EuGH geklärt bzw. unterliegen keinen Zweifeln, die eine Vorlage rechtfertigen oder gar gebieten. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen.
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5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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5.1 Das Berufungsgericht wird hinsichtlich des Begehrens auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes vor allem mit Blick auf § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG auf aktueller Tatsachengrundlage zu klären haben, ob in der Herkunftsregion des Klägers ein bewaffneter Konflikt herrscht und ihm dort die Gefahren drohen, vor denen § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Schutz gewährt. Ist dies der Fall, hat es weiter zu prüfen, ob der Kläger nach § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG auf die Möglichkeit internen Schutzes in einem anderen Landesteil - insbesondere Kabul - verwiesen werden kann.
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5.2 Kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes hat, wird es auf aktueller Erkenntnislage auch erneut über den Hilfsantrag des Klägers auf Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 und 3 AufenthG zu entscheiden haben.
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a) Dabei kann dahinstehen, wie die Aussage des Berufungsgerichts bei § 60 Abs. 5 AufenthG zu verstehen ist, dass bezüglich Art. 3 EMRK die weitergehende und unionsrechtlich aufgeladene Schutznorm des § 60 Abs. 2 AufenthG "vorrangig, d.h. im vorliegenden Falle nicht zu prüfen" sei. Sollte das Berufungsgericht damit zum Ausdruck bringen wollen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK durch § 60 Abs. 2 AufenthG verdrängt wird, wäre dies allerdings nicht mit Bundesrecht zu vereinbaren.
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Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG (Urteil vom 11. November 1997 - BVerwG 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen ("zielstaatsbezogene" Abschiebungshindernisse).
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Der Verweis auf Abschiebungsverbote, die sich aus der Anwendung der EMRK ergeben, umfasst auch das Verbot der Abschiebung in einen Zielstaat, in dem dem Ausländer unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von Art. 3 EMRK droht. Bei § 60 Abs. 5 AufenthG sind alle Verbürgungen der EMRK in den Blick zu nehmen, aus denen sich ein Abschiebungsverbot ergeben kann. Soweit § 60 Abs. 5 AufenthG die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung zu berücksichtigen (Art. 3 EMRK), ist der sachliche Regelungsbereich zwar weitgehend identisch mit dem unionsrechtlichen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG und geht über diesen, soweit Art. 3 EMRK in Rede steht, jedenfalls nicht hinaus. Denn § 60 Abs. 2 AufenthG knüpft - wie dargelegt - an Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EG an, der seinerseits die Verantwortung des Abschiebestaats nach Art. 3 EMRK übernimmt. Auch wenn bei Anträgen auf internationalen Schutz der unionsrechtliche Abschiebungsschutz - und damit auch das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG - vor dem nationalen Abschiebungsschutz zu prüfen ist, folgt hieraus in Bezug auf eine Verletzung des Art. 3 EMRK keine (verdrängende) Spezialität des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG, die eine Prüfung des § 60 Abs. 5 AufenthG bereits dem Grunde nach ausschließt. Die Gewährleistung nach nationalem Recht tritt vielmehr selbstständig neben die aus Unionsrecht. Eine tatbestandsausschließende Spezialität des § 60 Abs. 2 AufenthG wäre mit dem hohen Rang, den die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechtsgüter haben, unvereinbar. Damit ist hinsichtlich des Vorliegens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG in jedem Fall materiell zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 3 EMRK erfüllt sind. In Fällen, in denen - wie hier - gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet allerdings bei Verneinung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus, so dass in der Sache divergierende Bewertungen kaum denkbar sind.
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b) Schließlich soll nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat auch dann abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Allerdings sind Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, grundsätzlich nur nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (Sperrwirkung).
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Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Ausländer im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die ihn im Abschiebezielstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen kann, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Denn nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren (stRspr, vgl. Urteil vom 8. September 2012 - BVerwG 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 - Rn. 22 f. m.w.N.). Auch insoweit sind die Verhältnisse im ganzen Land in den Blick zu nehmen und - wie bei § 60 Abs. 2 und 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK - zunächst die Verhältnisse am Zielort der Abschiebung zu prüfen.
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Das Berufungsgericht hat in Anwendung dieser Maßstäbe ein Abschiebungsverbot verneint, weil in tatsächlicher Hinsicht zu erwarten sei, dass Rückkehrer in Kabul durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Dabei hat es weder die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit, dass es infolge der problematischen Versorgungslage, die neben der Versorgung mit Lebensmitteln auch die medizinische Versorgung und die Versorgung mit Wohnraum umfasst, zur Beeinträchtigung fundamentaler Schutzgüter kommen werde, überspannt noch hat es seine tatrichterliche Überzeugung auf einer zu schmalen Tatsachenbasis gebildet. Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe im Rahmen der Beurteilung einer extremen Gefahrenlage die medizinische Versorgungslage nicht hinreichend berücksichtigt, verkennt sie, dass diese nur bei akut behandlungsbedürftigen Vorerkrankungen oder in Fällen von Bedeutung ist, in denen aufgrund der allgemeinen Lebensverhältnisse mit einer entsprechend hohen Wahrscheinlichkeit eine lebensbedrohliche Erkrankung zu erwarten ist, für die dann faktisch kein Zugang zu medizinischer (Grund-)Versorgung besteht (s.a. Beschluss vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 10 B 20.12 - Rn. 14).
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Soweit das Berufungsgericht im Übrigen der Auffassung ist, das Bundesverwaltungsgericht stelle an das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung überzogene rechtliche Anforderungen, geben die Ausführungen dem Senat keine Veranlassung zu einer Änderung seiner Rechtsprechung. Das Berufungsgericht begründet seine Kritik damit, dass die Zumutbarkeit einer Rückkehr unter humanitären Gesichtspunkten, die es aufgrund der schlechten Gesamtsituation ohne schützende Familien- oder Stammesstrukturen selbst für gesunde alleinstehende Männer "kaum" für gegeben hält, nach der Rechtsprechung "kein zentraler Maßstab für die Bestimmung einer extremen Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG" sei. Mit diesen Erwägungen stellt es dem aus dem Verfassungsrecht abgeleiteten Rechtsbegriff der Zumutbarkeit eine eigene - mit außerrechtlichen Erwägungen begründete und enger gefasste - Zumutbarkeit gegenüber und vermischt damit die Grenze zwischen einer dem Betroffenen rechtlich (noch) zumutbaren und einer nicht (mehr) zumutbaren Rückkehr. Dabei vernachlässigt es zudem, dass es bei der verfassungskonformen Auslegung nicht um die Bestimmung eines aus Sicht des jeweiligen Gerichts "sinnvollen" und/oder "menschenrechtsfreundlichen" Abschiebungsschutzregimes geht, sondern um die Festlegung der Voraussetzungen, unter denen im gewaltenteilenden Rechtsstaat die Rechtsprechung befugt ist, über eine verfassungskonforme Auslegung ausnahmsweise die Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, allgemeine Gefahren nur im Rahmen einer Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen, unbeachtet zu lassen. Hierbei macht es in der Sache einen erheblichen Unterschied, ob ein Mensch ohne jeden Ausweg in eine Situation gebracht wird, in der er so gut wie keine Überlebensmöglichkeit hat, oder ob er bei allen - auch existenzbedrohenden - Schwierigkeiten nicht chancenlos ist, sondern die Möglichkeit hat, Einfluss auf sein Schicksal zu nehmen.
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Die weiteren Zweifel des Berufungsgerichts, ob ein Obergericht revisionsrechtlich dazu verpflichtet werden könne, sich mit der abweichenden Einschätzung anderer Obergerichte auseinanderzusetzen, betreffen nicht den materiell-rechtlichen Maßstab für die Beurteilung einer extremen Gefahrenlage selbst. Die damit ausgedrückte Kritik an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an die tatrichterliche Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. Urteil vom 29. Juni 2010 - BVerwG 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226 Rn. 22) vernachlässigt, dass diese Auseinandersetzung nicht als Selbstzweck gefordert wird. Sie zielt auf eine Verbesserung der Entscheidungsqualität durch Verbreiterung der erkennbar in die tatrichterliche Bewertung eingestellten Tatsachen- und Argumentationsbasis. Dies gilt namentlich in Fällen, in denen es - wie hier - im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG um eine "Korrektur" des demokratisch legitimierten Gesetzgebers geht, für die im Rahmen der Tatsachen- und Lagebeurteilung eine umfassende Gesamtwürdigung der voraussichtlichen Lebensbedingungen im Abschiebezielstaat und der damit verbundenen Gefahren erforderlich ist.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
Tatbestand
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Der Kläger erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm in Afghanistan drohender Gefahren.
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Der 1986 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er stammt aus der Provinz Helmand (Afghanistan), ist schiitischen Glaubens und gehört dem Volk der Hazara an. Im Februar 2009 reiste er nach Deutschland ein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - lehnte seinen Asylantrag mit Bescheid vom 17. März 2010 ab. Zugleich stellte es fest, dass weder die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen, und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Afghanistan an.
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Nach Rücknahme der Klage auf Asylanerkennung hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG hinsichtlich Afghanistans verpflichtet und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 27. April 2012 die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dem Kläger stehe weder unionsrechtlicher noch nationaler Abschiebungsschutz zu. Hinsichtlich eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die konkrete Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung drohe. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 3 AufenthG sei nicht erkennbar. Die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor. Da in Afghanistan kein landesweiter bewaffneter Konflikt herrsche, komme eine individuelle Bedrohung nur in Betracht, wenn sich der Konflikt auf den tatsächlichen Zielort bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat erstrecke. Dies sei die Herkunftsregion des Ausländers, in der er zuletzt gelebt habe bzw. in die er typischerweise zurückkehren könne und voraussichtlich auch werde. Der Kläger habe glaubhaft vorgetragen, dass er in seiner Heimatregion Helmand keine aufnahmebereiten Bekannten oder Verwandten und keine Existenzgrundlage mehr habe. Zudem habe er Angst vor einer dort lebenden Privatperson, außerdem befürchte er Diskriminierungen, denen seine Volksgruppe in Helmand in besonderem Maße ausgesetzt sei. Wolle bzw. werde der Kläger keinesfalls nach Helmand zurückkehren, sei auf das derzeit einzig mögliche Abschiebungsziel Kabul abzustellen. Dort herrsche kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt mehr. Die Sicherheitslage werde in Kabul, abgesehen von einigen spektakulären Anschlägen, relativ einheitlich als stabil und weiterhin deutlich ruhiger als noch etwa vor zwei Jahren bewertet.
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Dem Kläger stehe hinsichtlich Afghanistans auch nicht der hilfsweise begehrte nationale Abschiebungsschutz zur Seite. Es sei nicht ersichtlich, welches Menschenrecht der EMRK ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könnte. Einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen der allgemein schlechten Lebensverhältnisse in Afghanistan stehe § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG entgegen. Eine extreme Gefahrenlage, bei der aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ausnahmsweise nicht greife, liege für Kabul nicht (mehr) vor. Vielmehr sei eine gewisse Verbesserung der allgemeinen Versorgungslage in Kabul zu erkennen, die nach den strengen Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen einer wertenden Gesamtschau der Annahme einer alsbald nach der Abschiebung eintretenden Extremgefahr für gesunde ledige afghanische Männer auch ohne Vermögen oder Anbindung an lokale Familien- bzw. Stammesstrukturen entgegenstehe. Der Senat sehe keine hinreichenden Anhaltspunkte mehr dafür, dass bei dieser Personengruppe im Falle der Abschiebung alsbald der Tod oder schwerste gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten wären. Es sei vielmehr zu erwarten, dass Rückkehrer in Kabul durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Zwar dürfte aufgrund der schlechten Gesamtsituation ohne schützende Familien- oder Stammesstrukturen in der Tat eine Rückkehr nach Kabul selbst für gesunde alleinstehende Männer unter humanitären Gesichtspunkten kaum zumutbar sein. Diese Zumutbarkeit sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch kein zentraler Maßstab für die Bestimmung einer extremen Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Im Falle des Klägers seien auch keine hinreichenden individuellen Faktoren gegeben, die ausnahmsweise eine extreme Gefahrenlage begründen könnten.
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 60 Abs. 2, 5 sowie 7 Satz 1 und 2 AufenthG. Außerdem macht er Verfahrensfehler geltend und regt zur weiteren Klärung des Gehalts der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 und 7 Satz 2 AufenthG eine Vorlage an den EuGH an.
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Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.
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Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist zulässig und begründet. Das Berufungsurteil verletzt hinsichtlich des vom Kläger mit seinem Hauptantrag verfolgten Begehrens auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes Bundesrecht. Das Berufungsgericht hat bei der im Rahmen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG gebotenen Prüfung, ob am tatsächlichen Zielort des Klägers bei einer Rückkehr nach Afghanistan ein bewaffneter Konflikt besteht, nicht auf die Herkunftsregion des Klägers, sondern auf die Verhältnisse in Kabul als dem derzeit einzig möglichen Abschiebungsziel abgestellt. Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen im Berufungsurteil nicht selbst abschließend über die Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes entscheiden kann, ist das Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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1. Gegenstand des Verfahrens ist neben dem unionsrechtlichen Abschiebungsschutz weiterhin auch der vom Kläger hilfsweise begehrte nationale Abschiebungsschutz. Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht die Zulassung der Revision allein mit der grundsätzlichen Bedeutung einer auf den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz zugeschnittenen Frage begründet hat. Die Urteilsformel enthält keine Beschränkung der Zulassung auf den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz. Der Umfang der Zulassung ist daher unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Rechtsmittelklarheit durch Auslegung zu ermitteln. Danach ist hier von einer uneingeschränkten Zulassung auszugehen. Die vom Kläger im Berufungsverfahren gestellten (Haupt- und Hilfs-)Anträge betreffen zwar unterschiedliche Streitgegenstände. Diese sind aber eng miteinander verflochten, insbesondere stellt sich die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage des maßgeblichen Anknüpfungsortes nicht nur beim unionsrechtlichen, sondern auch beim nationalen Abschiebungsschutz. Für eine uneingeschränkte Zulassung der Revision spricht im Übrigen auch die dem Berufungsurteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung, die sich lediglich auf das Rechtsmittel der Revision bezieht.
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2. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens auf Gewährung von Abschiebungsschutz ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 10). Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte. Maßgeblich ist daher für das Revisionsverfahren das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 86). Unionsrechtlich finden sowohl die Richtlinie 2004/83/EG des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes - Qualifikations-Richtlinie - vom 29. April 2004 (ABl EU Nr. L 304 vom 30. September 2004 S. 12; berichtigt ABl EU Nr. L 204 vom 5. August 2005 S. 24) Anwendung als auch die - während des Berufungsverfahrens in Kraft getretene - Neufassung durch die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 337 vom 20. Dezember 2011 S. 9). Für die in der Neufassung inhaltlich geänderten Bestimmungen wurde den Mitgliedstaaten eine Umsetzungsfrist bis zum 21. Dezember 2013 eingeräumt (Art. 39 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU) und es bleibt bis zum Ablauf dieser Frist bei der Anwendung der Richtlinie 2004/83/EG (vgl. Art. 41 Abs. 2 i.V.m. Art. 40 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU). Hinsichtlich der unverändert übernommenen Bestimmungen gilt die Neufassung hingegen schon jetzt (vgl. Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU).
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3. Das Berufungsurteil verletzt in Bezug auf den vom Kläger primär begehrten unionsrechtlichen Abschiebungsschutz Bundesrecht. Die diesbezüglichen Vorgaben des Art. 15 der Richtlinie 2011/95/EU (früher: Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG) sind in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG - in überschießender Umsetzung - als absolute Abschiebungsverbote ausgestaltet und bilden einen eigenständigen, in sich nicht weiter teilbaren Streitgegenstand (Urteile vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 11 und vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 13 und 16).
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3.1 Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG mit einer Begründung abgelehnt, die revisionsrechtlicher Prüfung nicht standhält. Nach dieser Vorschrift ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist.
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Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieses - die Vorgaben des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG (inzwischen: Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2011/95/EU) umsetzenden - Abschiebungsverbots können auch dann erfüllt sein, wenn sich der bewaffnete Konflikt nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt (Urteil vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 25). In diesem Fall ist Bezugspunkt für die Gefahrenprognose der tatsächliche Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr. Das ist in der Regel die Herkunftsregion des Ausländers, in die er typischerweise zurückkehren wird (Urteil vom 14. Juli 2009 - BVerwG 10 C 9.08 - BVerwGE 134, 188 Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C-465/07, Elgafaji - NVwZ 2009, 705 Rn. 40).
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Das Berufungsgericht hat dies zutreffend zu Grunde gelegt. Es hat aber nicht geprüft, ob in der Herkunftsregion des Klägers ein bewaffneter Konflikt herrscht, sondern stattdessen auf die Verhältnisse in Kabul als dem derzeit einzig möglichen Abschiebungsziel abgestellt, weil der Kläger keinesfalls nach Helmand zurückkehren wolle bzw. werde. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 14. November 2012 (BVerwG 10 B 22.12 - juris Rn. 7) als geklärt gesehen hat, kommt es für die Frage, welche Region als Zielort der Rückkehr eines Ausländers anzusehen ist, aber weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Ein Abweichen von der Regel kann insbesondere nicht damit begründet werden, dass dem Ausländer in der Herkunftsregion die Gefahren drohen, vor denen ihm § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Schutz gewähren soll. Dies ergibt sich schon aus dem systematischen Zusammenhang der unionsrechtlichen Abschiebungsverbote mit den Bestimmungen über den internen Schutz (Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG; künftig: Art. 8 der Richtlinie 2011/95/EU). Kommt die Herkunftsregion als Zielort wegen der dem Ausländer dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG auf eine andere Region des Landes verwiesen werden. Der Begriff des "tatsächlichen Zielortes der Rückkehr" ist daher kein rein empirischer Begriff, bei dem auf die tatsächlich wahrscheinlichste oder subjektiv gewollte Rückkehrregion abzustellen ist. Da es bei § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG um den Schutz vor den Gefahren eines - nicht notwendig landesweiten - bewaffneten Konflikts im Heimatstaat geht, kommt bei der Bestimmung des Ortes der (voraussichtlichen) tatsächlichen Rückkehr der Herkunft als Ordnungs- und Zuschreibungsmerkmal eine besondere Bedeutung zu. Ein Abweichen von der Herkunftsregion kann daher auch nicht damit begründet werden, dass der Ausländer infolge eines bewaffneten Konflikts den personalen Bezug zu seiner Herkunftsregion verloren hat, etwa weil Familienangehörige getötet worden sind oder diese Gebiete ebenfalls verlassen haben. Auch soweit die nachlassende subjektive Bindung zur Herkunftsregion durch Umstände begründet worden ist, die mittelbare Folgen des bewaffneten Konflikts sind (z.B. Beeinträchtigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, nachhaltige Verschlechterung der Versorgungslage), und es mangels Existenzgrundlage und Zukunftsperspektive eine nachvollziehbare Haltung ist, nicht in die Herkunftsregion zurückkehren zu wollen, behält diese für die schutzrechtliche Betrachtung grundsätzlich ihre Relevanz. Allerdings ist jedenfalls dann nicht (mehr) auf die Herkunftsregion abzustellen, wenn sich der Ausländer schon vor der Ausreise und unabhängig von den fluchtauslösenden Umständen von dieser gelöst und in einem anderen Landesteil mit dem Ziel niedergelassen hatte, dort auf unabsehbare Zeit zu leben. Durch eine solche freiwillige Ablösung verliert die Herkunftsregion ihre Bedeutung als Ordnungs- und Zurechnungsmerkmal und scheidet damit als Anknüpfungspunkt für die Gefahrenprognose bei § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG aus.
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Diese Ausdeutung des vom Gerichtshof der Europäischen Union - EuGH - (Urteil vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 40) verwandten Begriffs des tatsächlichen Zielorts der Rückkehr kann vorgenommen werden, ohne diesem die Rechtssache zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der EuGH hat den Begriff in seinem Urteil vom 17. Februar 2009 zwar nicht abschließend definiert. Die hier entfaltete Auslegung trägt aber dem Zweck der Vorschriften über den internen Schutz Rechnung und folgt damit der Vorgabe des EuGH, die Auslegung nationalen Rechts so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen und auf diese Weise Art. 249 Abs. 3 EG (inzwischen: Art. 288 AEUV) nachzukommen (EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 42).
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Das Berufungsurteil verstößt nach den vorstehenden Grundsätzen gegen Bundesrecht, weil es für das Bestehen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht die Verhältnisse in der Herkunftsregion des Klägers in den Blick genommen, sondern auf die Lage in Kabul als dem voraussichtlichen Zielort einer Abschiebung abgestellt hat. Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist aber nicht zu entnehmen, dass der Kläger sich vor seiner Ausreise dauerhaft in einer anderen Region als Helmand niedergelassen hat. Er ist zwar zunächst mit seiner Lebensgefährtin nach Kabul (und später in den Iran zu seiner Schwester) gegangen. Dies geschah nach seinen Angaben aber allein aus Angst vor dem Vater seiner Lebensgefährtin; zur Dauer und den näheren Umständen des Aufenthalts in Kabul enthält das Berufungsurteil keine Feststellungen. Die vom Berufungsgericht angeführten Erwägungen, warum der Kläger nicht nach Helmand zurückkehren wolle bzw. werde, lassen die Relevanz der Heimatregion für die Gefahrenprognose bei einem bewaffneten Konflikt nicht entfallen.
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3.2 Das Berufungsurteil beruht auf diesem Fehler. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen zur Lage in der Provinz Helmand getroffen. Ob in dieser Region ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht und dem Kläger dort die in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG definierte Gefahr droht, kann daher revisionsgerichtlich weder festgestellt noch ausgeschlossen werden.
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3.3 Die Entscheidung erweist sich hinsichtlich des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO) oder unrichtig, so dass der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden kann.
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a) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG scheidet nicht schon deshalb aus, weil der Kläger - einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in seiner Herkunftsregion unterstellt - in Kabul internen Schutz finden könnte. Dies würde nach § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG voraussetzen, dass für den Kläger in Kabul nicht nur keine Gefahr besteht, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, sondern von ihm auch vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort aufhält.
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Auch hierzu fehlen hinreichende tatrichterliche Feststellungen. Das Berufungsgericht hat in Bezug auf Kabul zwar festgestellt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG nicht vorliegen, weil dort keine extreme Gefahrenlage herrsche und zu erwarten sei, dass Rückkehrer durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Nach Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG muss beim internen Schutz die Existenzgrundlage aber so weit gesichert sein, dass vom Ausländer vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort aufhält. Dieser Zumutbarkeitsmaßstab geht über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus; weiterhin offenbleiben kann, welche darüber hinausgehenden wirtschaftlichen und sozialen Standards erfüllt sein müssen (vgl. Urteil vom 29. Mai 2008 - BVerwG 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 Rn. 35).
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b) Umgekehrt kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Berufungsurteil hinsichtlich des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes aus anderen Gründen unrichtig ist. Das Berufungsgericht hat vor allem im Ergebnis zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG verneint. Ein solches Abschiebungsverbot ergibt sich - entgegen der Auffassung der Revision - insbesondere nicht aus den allgemeinen humanitären Verhältnissen in Afghanistan.
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Nach § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Mit diesem Abschiebungsverbot wird Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG (inzwischen: Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU) umgesetzt. Die Europäische Kommission hat sich bei der Formulierung dieser Richtlinienbestimmung an Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685) - EMRK - orientiert und in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR - Bezug genommen (Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen vom 12. September 2001 KOM <2001> 510 endgültig S. 6, 30). Die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK ist bei der Auslegung des § 60 Abs. 2 AufenthG auch über Art. 19 Abs. 2 der Grundrechte-Charta (ABl EU 2010 Nr. C 83, 389) - GR-Charta - zu berücksichtigen. Danach darf niemand in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn das ernsthafte Risiko der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht. Dies gilt nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta auch für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union. Nach den gemäß Art. 52 Abs. 7 GR-Charta bei ihrer Auslegung gebührend zu berücksichtigenden Erläuterungen (ABl EU 2007 Nr. C 303 S. 17 = EuGRZ 2008, 92) wird durch die Regelung in Art. 19 Abs. 2 GR-Charta die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK in Auslieferungs-, Ausweisungs- und Abschiebungsfällen übernommen (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 15 und 17).
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Entgegen der Auffassung der Revision ist der neueren Rechtsprechung des EGMR nicht zu entnehmen, dass sich der Maßstab für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bei Abschiebungen in Staaten mit schwierigen Lebensbedingungen nach den "für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung" bestimmt. Entsprechendes ergibt sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des EGMR im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/06 - NVwZ 2011, 413). Bereits in seinem Beschluss vom 25. Oktober 2012 (BVerwG 10 B 16.12 - juris Rn. 8 f.) hat der Senat dargelegt, dass der EGMR davon ausgeht, dass die Staaten - unbeschadet ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich derer aus der Konvention selbst - das Recht haben, die Einreise fremder Staatsbürger in ihr Hoheitsgebiet zu regeln (EGMR, Urteile vom 28. Mai 1985 - Nr. 15/1983/71/107-109, Abdulaziz u. a./Vereinigtes Königreich - NJW 1986, 3007 Rn. 67; vom 18. Oktober 2006 - Nr. 46410/99, Üner/Niederlande - NVwZ 2007, 1279 Rn. 54 und vom 28. Juni 2012 - Nr. 14499/09, A.A. u.a. - Rn. 71). Die Abschiebung durch einen Konventionsstaat kann aber dessen Verantwortlichkeit nach der Konvention begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. In einem solchen Fall ergibt sich aus Art. 3 EMRK die Verpflichtung, die Person nicht in dieses Land abzuschieben (stRspr, EGMR, Urteile vom 7. Juli 1989 - Nr. 1/1989/161/217, Soering/Vereinigtes Königreich - NJW 1990, 2183 Rn. 90 f. und vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi/Italien - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125). Allerdings können Ausländer kein Recht aus der Konvention auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 - Nr. 26565/05, N./Vereinigtes Königreich - NVwZ 2008, 1334 Rn. 42). So hat der EGMR ein Abschiebungsverbot aus Art. 3 EMRK zugunsten eines im fortgeschrittenen, tödlichen und unheilbaren Stadiums an Aids Erkrankten angenommen, weil die Abschiebung seinen Tod beschleunigen würde, er keine angemessene Behandlung erreichen könne und kein Beweis für irgendeine mögliche moralische oder soziale Unterstützung im Zielstaat zu erbringen sei (EGMR, Urteil vom 2. Mai 1997 - Nr. 146/1996/767/964, D./Vereinigtes Königreich - NVwZ 1998, 161 Rn. 52 f.). Zusammenfassend führt der Gerichtshof zur Herleitung eines Abschiebungsverbots aus Art. 3 EMRK aufgrund von Krankheiten aus, dass angesichts der grundlegenden Bedeutung von Art. 3 EMRK im System der Konvention zwar eine gewisse Flexibilität notwendig sei, um eine Ausweisung (expulsion) in besonderen Ausnahmefällen zu verhindern. Doch verpflichte Art. 3 EMRK die Staaten nicht, Fortschritte in der Medizin sowie Unterschiede in sozialen und wirtschaftlichen Standards durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 a.a.O. Rn. 44).
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Wie der Senat in seinem Beschluss vom 25. Oktober 2012 (a.a.O. Rn. 9) ausgeführt hat, ist diese gefestigte Rechtsprechung durch das Urteil der Großen Kammer vom 21. Januar 2011 (a.a.O.) im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland nicht grundsätzlich revidiert worden. Dieses Urteil verhält sich - entgegen der Auffassung der Revision - erkennbar nicht zu den "für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung". Zwar hat der EGMR eine Verletzung von Art. 3 EMRK durch das Königreich Belgien als abschiebenden Staat angenommen, weil der betroffene Asylantragsteller mit seiner Überstellung an Griechenland als Signaturstaat der EMRK einer Situation äußerster materieller Armut ausgeliefert worden sei, was den belgischen Behörden bewusst gewesen sei (Rn. 263 f., 366 f.). Jedoch erstreckt diese Entscheidung den Schutzbereich des Art. 3 EMRK ausdrücklich nicht allgemein auf soziale Leistungsrechte; der EGMR betont vielmehr die Fortgeltung seiner insoweit sehr zurückhaltenden Rechtsprechung (Rn. 249 m.w.N.) und begründet seine Entscheidung mit dem Schutz der Menschenwürde von Personen, die - in einem ihnen völlig fremden Umfeld - vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig sind und behördlicher Gleichgültigkeit gegenüberstehen, obwohl sie sich in ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befinden (Rn. 253). Als eine hiernach in Betracht zu ziehende Personengruppe führt der EGMR die Gruppe der Asylsuchenden an, die er als besonders verletzlich und schutzbedürftig qualifiziert (Rn. 251, 259).
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Dass damit keine generelle Erstreckung des Schutzes nach Art. 3 EMRK auf zu gewährleistende Standards im Heimatstaat des Betroffenen einhergeht, ergibt sich auch aus nachfolgenden Urteilen des EGMR (vgl. Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 9 m.w.N.). In seinem Urteil vom 28. Juni 2011 im Verfahren Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich (Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681) stellt der EGMR nochmals klar, dass in Abschiebungsfällen nur zu prüfen ist, ob unter Berücksichtigung aller Umstände ernstliche Gründe für die Annahme nachgewiesen worden sind, dass der Betroffene im Fall seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr liefe, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Wenn eine solche Gefahr nachgewiesen ist, verletzt die Abschiebung des Ausländers notwendig Art. 3 EMRK, einerlei, ob sich die Gefahr aus einer allgemeinen Situation der Gewalt ergibt, einem besonderen Merkmal des Ausländers oder einer Verbindung von beiden (Rn. 218). Zugleich weist der EGMR darauf hin, dass die sozio-ökonomischen und humanitären Verhältnisse im Bestimmungsland hingegen nicht notwendig für die Frage bedeutend und erst recht nicht dafür entscheidend sind, ob der Betroffene in diesem Gebiet wirklich der Gefahr einer Misshandlung unter Verstoß gegen Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Denn die Konvention zielt hauptsächlich darauf ab, bürgerliche und politische Rechte zu schützen. Die grundlegende Bedeutung von Art. 3 EMRK macht nach Auffassung des EGMR aber eine gewisse Flexibilität erforderlich, um in sehr ungewöhnlichen Fällen eine Abschiebung zu verhindern. In ganz außergewöhnlichen Fällen können daher auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung "zwingend" sind (Rn. 278). Nur soweit die schlechten humanitären Bedingungen - wie in Somalia - nicht nur oder überwiegend auf Armut oder fehlende staatliche Mittel beim Umgang mit Naturereignissen zurückzuführen sind, sondern überwiegend auf direkte und indirekte Aktionen der Konfliktparteien zurückgehen, hält der EGMR das im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (a.a.O.) entwickelte Kriterium für besser geeignet, nach dem die Fähigkeit des Beschwerdeführers berücksichtigt werden muss, seine elementaren Bedürfnisse zu befriedigen, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, weiter seine Verletzlichkeit für Misshandlungen und seine Aussicht auf eine Verbesserung der Lage in angemessener Zeit (Rn. 282 f.).
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Welche Anforderungen sich aus dieser Rechtsprechung des EGMR im Einzelnen für Abschiebungen in den Herkunftsstaat bei schlechten humanitären Bedingungen ergeben, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst der EGMR geht in Bezug auf Afghanistan davon aus, dass die allgemeine Lage dort nicht so ernst ist, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK wäre (EGMR, Urteil vom 13. Oktober 2011 - Nr. 10611/09, Husseini/Schweden - NJOZ 2012, 952 Rn. 84). Auch auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen für eine allein auf die allgemeinen Lebensbedingungen im Herkunftsland gestützte Verletzung des Art. 3 EMRK ersichtlich nicht vor. Maßgeblich ist dabei die Perspektive des abschiebenden Staates, aus dessen Sicht zu prüfen ist, ob der Betroffene durch die Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Bei dieser Prüfung stellt der EGMR grundsätzlich auf den gesamten Abschiebungszielstaat ab und prüft zunächst, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an dem die Abschiebung endet (EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 a.a.O. Rn. 265, 301, 309). Das gilt auch bei der Beurteilung von Umständen, die nicht in die unmittelbare Verantwortung des Abschiebungszielstaates fallen, dem abschiebenden Staat nach Art. 3 EMRK aber dennoch eine Abschiebung des Ausländers verbieten.
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Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass derzeit nur eine Abschiebung nach Kabul möglich ist (UA S. 14). Zugleich hat es sich bezüglich der allgemeinen Lebensbedingungen in Kabul - im Rahmen seiner Ausführungen zu § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG - in tatsächlicher Hinsicht der Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs angeschlossen, dass zu erwarten sei, dass Rückkehrer dort durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten (UA S. 23). Die daran anschließende Bemerkung des Berufungsgerichts, aufgrund der schlechten Gesamtsituation dürfte ohne schützende Familien- und Stammesstrukturen eine Rückkehr nach Kabul selbst für gesunde alleinstehende Männer unter humanitären Gesichtspunkten "kaum zumutbar" sein, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Sie umfasst nicht die tatsächliche Feststellung, die sozio-ökonomischen und humanitären Verhältnisse im Abschiebezielstaat seien so schlecht, dass nach Art. 3 EMRK von einer Abschiebung zwingend abgesehen werden müsse. Mit dieser Formulierung bringt das Berufungsgericht lediglich seine Haltung zum Ausdruck, dass die rechtlichen "Hürden" des Bundesverwaltungsgerichts für die Annahme eines Abschiebungsverbots in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG seiner Auffassung nach zu hoch sind, und lässt in der Sache sein Bedauern erkennen, dass die oberste Landesbehörde für Afghanistan keinen generellen Abschiebestopp aus humanitären Gründen gemäß § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG angeordnet hat und das Gericht diese politische Entscheidung - unterhalb der hier nicht erreichten Grenze verfassungsrechtlich gebotenen Abschiebungsschutzes - nicht zu ersetzen vermag (Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 5).
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Damit liegen die tatsächlichen Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG - ungeachtet des Umstandes, dass bei § 60 Abs. 2 AufenthG und bei § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in rechtlicher Hinsicht unterschiedliche Maßstäbe gelten - ersichtlich nicht vor. Selbst bei Zugrundelegung der - vom EGMR im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland für einen gänzlich anderen Anwendungsfall entwickelten und in den Verfahren Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich auf eine ebenfalls andere Ausgangssituation im Herkunftsstaat übertragenen - abgesenkten und auf die Situation besonderer Verletzlichkeit und Schutzbedürftigkeit bezogenen Maßstäbe ergäbe sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Verhältnissen in Kabul für den Kläger kein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK (Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 10).
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Auch insoweit bedarf es keiner Vorlage an den EuGH. Die Voraussetzungen, unter denen einen abschiebenden Staat aus Art. 3 EMRK ausnahmsweise eine Verantwortung für nicht dem Abschiebezielstaat oder anderen Akteuren zuzurechnende Umstände trifft, ergeben sich aus der Rechtsprechung des EGMR und werfen im vorliegenden Verfahren keine entscheidungserheblichen unionsrechtlichen Zweifelsfragen auf. Die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK ist bei der Auslegung des Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU zu beachten. Dass die Richtlinie in Bezug auf Art. 3 EMRK bei Umständen, die weder in die Verantwortung des Abschiebezielstaats noch eines sonstigen Akteurs fallen, keinen über die Rechtsprechung des EGMR hinausgehenden Schutz gewährt, ergibt sich schon aus Art. 6 der Richtlinie 2011/95/EU (früher: Art. 6 der Richtlinie 2004/83/EG). Denn dieser Vorschrift ist zu entnehmen, dass es nach den Vorstellungen des Richtliniengebers auch beim subsidiären Schutz grundsätzlich eines Akteurs bedarf, von dem ein ernsthafter Schaden ausgehen kann.
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4. Kann der Senat mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen weder positiv noch negativ abschließend über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes entscheiden, so ist das Berufungsurteil schon aus diesem Grund aufzuheben und das Verfahren an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, ohne dass es auf die von der Revision fristgerecht erhobenen Verfahrensrügen ankommt. Zur Klarstellung weist der Senat allerdings darauf hin, dass die gerügten Verfahrensfehler nicht vorliegen. Insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen in den Beschlüssen des Senats vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 10 B 16.12 und 10 B 20.12 - zu vergleichbaren Verfahrensrügen des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Das Berufungsgericht hat auch nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, weil es den Rechtsstreit nicht dem EuGH vorgelegt hat. Ein solcher Verstoß scheidet schon deswegen aus, weil es nach Art. 267 Abs. 2 AEUV zwar zur Vorlage berechtigt, nicht aber verpflichtet ist. Unabhängig davon liegen die Voraussetzungen für eine Vorlage an den EuGH aber auch nicht vor. Die entscheidungserheblichen Fragen des Unionsrechts sind in der Rechtsprechung des EuGH geklärt bzw. unterliegen keinen Zweifeln, die eine Vorlage rechtfertigen oder gar gebieten. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen.
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5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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5.1 Das Berufungsgericht wird hinsichtlich des Begehrens auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes vor allem mit Blick auf § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG auf aktueller Tatsachengrundlage zu klären haben, ob in der Herkunftsregion des Klägers ein bewaffneter Konflikt herrscht und ihm dort die Gefahren drohen, vor denen § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Schutz gewährt. Ist dies der Fall, hat es weiter zu prüfen, ob der Kläger nach § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG auf die Möglichkeit internen Schutzes in einem anderen Landesteil - insbesondere Kabul - verwiesen werden kann.
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5.2 Kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes hat, wird es auf aktueller Erkenntnislage auch erneut über den Hilfsantrag des Klägers auf Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 und 3 AufenthG zu entscheiden haben.
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a) Dabei kann dahinstehen, wie die Aussage des Berufungsgerichts bei § 60 Abs. 5 AufenthG zu verstehen ist, dass bezüglich Art. 3 EMRK die weitergehende und unionsrechtlich aufgeladene Schutznorm des § 60 Abs. 2 AufenthG "vorrangig, d.h. im vorliegenden Falle nicht zu prüfen" sei. Sollte das Berufungsgericht damit zum Ausdruck bringen wollen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK durch § 60 Abs. 2 AufenthG verdrängt wird, wäre dies allerdings nicht mit Bundesrecht zu vereinbaren.
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Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG (Urteil vom 11. November 1997 - BVerwG 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen ("zielstaatsbezogene" Abschiebungshindernisse).
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Der Verweis auf Abschiebungsverbote, die sich aus der Anwendung der EMRK ergeben, umfasst auch das Verbot der Abschiebung in einen Zielstaat, in dem dem Ausländer unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von Art. 3 EMRK droht. Bei § 60 Abs. 5 AufenthG sind alle Verbürgungen der EMRK in den Blick zu nehmen, aus denen sich ein Abschiebungsverbot ergeben kann. Soweit § 60 Abs. 5 AufenthG die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung zu berücksichtigen (Art. 3 EMRK), ist der sachliche Regelungsbereich zwar weitgehend identisch mit dem unionsrechtlichen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG und geht über diesen, soweit Art. 3 EMRK in Rede steht, jedenfalls nicht hinaus. Denn § 60 Abs. 2 AufenthG knüpft - wie dargelegt - an Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EG an, der seinerseits die Verantwortung des Abschiebestaats nach Art. 3 EMRK übernimmt. Auch wenn bei Anträgen auf internationalen Schutz der unionsrechtliche Abschiebungsschutz - und damit auch das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG - vor dem nationalen Abschiebungsschutz zu prüfen ist, folgt hieraus in Bezug auf eine Verletzung des Art. 3 EMRK keine (verdrängende) Spezialität des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG, die eine Prüfung des § 60 Abs. 5 AufenthG bereits dem Grunde nach ausschließt. Die Gewährleistung nach nationalem Recht tritt vielmehr selbstständig neben die aus Unionsrecht. Eine tatbestandsausschließende Spezialität des § 60 Abs. 2 AufenthG wäre mit dem hohen Rang, den die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechtsgüter haben, unvereinbar. Damit ist hinsichtlich des Vorliegens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG in jedem Fall materiell zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 3 EMRK erfüllt sind. In Fällen, in denen - wie hier - gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet allerdings bei Verneinung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus, so dass in der Sache divergierende Bewertungen kaum denkbar sind.
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b) Schließlich soll nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat auch dann abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Allerdings sind Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, grundsätzlich nur nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (Sperrwirkung).
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Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Ausländer im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die ihn im Abschiebezielstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen kann, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Denn nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren (stRspr, vgl. Urteil vom 8. September 2012 - BVerwG 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 - Rn. 22 f. m.w.N.). Auch insoweit sind die Verhältnisse im ganzen Land in den Blick zu nehmen und - wie bei § 60 Abs. 2 und 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK - zunächst die Verhältnisse am Zielort der Abschiebung zu prüfen.
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Das Berufungsgericht hat in Anwendung dieser Maßstäbe ein Abschiebungsverbot verneint, weil in tatsächlicher Hinsicht zu erwarten sei, dass Rückkehrer in Kabul durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Dabei hat es weder die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit, dass es infolge der problematischen Versorgungslage, die neben der Versorgung mit Lebensmitteln auch die medizinische Versorgung und die Versorgung mit Wohnraum umfasst, zur Beeinträchtigung fundamentaler Schutzgüter kommen werde, überspannt noch hat es seine tatrichterliche Überzeugung auf einer zu schmalen Tatsachenbasis gebildet. Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe im Rahmen der Beurteilung einer extremen Gefahrenlage die medizinische Versorgungslage nicht hinreichend berücksichtigt, verkennt sie, dass diese nur bei akut behandlungsbedürftigen Vorerkrankungen oder in Fällen von Bedeutung ist, in denen aufgrund der allgemeinen Lebensverhältnisse mit einer entsprechend hohen Wahrscheinlichkeit eine lebensbedrohliche Erkrankung zu erwarten ist, für die dann faktisch kein Zugang zu medizinischer (Grund-)Versorgung besteht (s.a. Beschluss vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 10 B 20.12 - Rn. 14).
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Soweit das Berufungsgericht im Übrigen der Auffassung ist, das Bundesverwaltungsgericht stelle an das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung überzogene rechtliche Anforderungen, geben die Ausführungen dem Senat keine Veranlassung zu einer Änderung seiner Rechtsprechung. Das Berufungsgericht begründet seine Kritik damit, dass die Zumutbarkeit einer Rückkehr unter humanitären Gesichtspunkten, die es aufgrund der schlechten Gesamtsituation ohne schützende Familien- oder Stammesstrukturen selbst für gesunde alleinstehende Männer "kaum" für gegeben hält, nach der Rechtsprechung "kein zentraler Maßstab für die Bestimmung einer extremen Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG" sei. Mit diesen Erwägungen stellt es dem aus dem Verfassungsrecht abgeleiteten Rechtsbegriff der Zumutbarkeit eine eigene - mit außerrechtlichen Erwägungen begründete und enger gefasste - Zumutbarkeit gegenüber und vermischt damit die Grenze zwischen einer dem Betroffenen rechtlich (noch) zumutbaren und einer nicht (mehr) zumutbaren Rückkehr. Dabei vernachlässigt es zudem, dass es bei der verfassungskonformen Auslegung nicht um die Bestimmung eines aus Sicht des jeweiligen Gerichts "sinnvollen" und/oder "menschenrechtsfreundlichen" Abschiebungsschutzregimes geht, sondern um die Festlegung der Voraussetzungen, unter denen im gewaltenteilenden Rechtsstaat die Rechtsprechung befugt ist, über eine verfassungskonforme Auslegung ausnahmsweise die Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, allgemeine Gefahren nur im Rahmen einer Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen, unbeachtet zu lassen. Hierbei macht es in der Sache einen erheblichen Unterschied, ob ein Mensch ohne jeden Ausweg in eine Situation gebracht wird, in der er so gut wie keine Überlebensmöglichkeit hat, oder ob er bei allen - auch existenzbedrohenden - Schwierigkeiten nicht chancenlos ist, sondern die Möglichkeit hat, Einfluss auf sein Schicksal zu nehmen.
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Die weiteren Zweifel des Berufungsgerichts, ob ein Obergericht revisionsrechtlich dazu verpflichtet werden könne, sich mit der abweichenden Einschätzung anderer Obergerichte auseinanderzusetzen, betreffen nicht den materiell-rechtlichen Maßstab für die Beurteilung einer extremen Gefahrenlage selbst. Die damit ausgedrückte Kritik an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an die tatrichterliche Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. Urteil vom 29. Juni 2010 - BVerwG 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226 Rn. 22) vernachlässigt, dass diese Auseinandersetzung nicht als Selbstzweck gefordert wird. Sie zielt auf eine Verbesserung der Entscheidungsqualität durch Verbreiterung der erkennbar in die tatrichterliche Bewertung eingestellten Tatsachen- und Argumentationsbasis. Dies gilt namentlich in Fällen, in denen es - wie hier - im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG um eine "Korrektur" des demokratisch legitimierten Gesetzgebers geht, für die im Rahmen der Tatsachen- und Lagebeurteilung eine umfassende Gesamtwürdigung der voraussichtlichen Lebensbedingungen im Abschiebezielstaat und der damit verbundenen Gefahren erforderlich ist.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tatbestand
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Der Kläger erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm in Afghanistan drohender Gefahren.
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Der 1986 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er stammt aus der Provinz Helmand (Afghanistan), ist schiitischen Glaubens und gehört dem Volk der Hazara an. Im Februar 2009 reiste er nach Deutschland ein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - lehnte seinen Asylantrag mit Bescheid vom 17. März 2010 ab. Zugleich stellte es fest, dass weder die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen, und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Afghanistan an.
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Nach Rücknahme der Klage auf Asylanerkennung hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG hinsichtlich Afghanistans verpflichtet und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 27. April 2012 die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dem Kläger stehe weder unionsrechtlicher noch nationaler Abschiebungsschutz zu. Hinsichtlich eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die konkrete Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung drohe. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 3 AufenthG sei nicht erkennbar. Die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor. Da in Afghanistan kein landesweiter bewaffneter Konflikt herrsche, komme eine individuelle Bedrohung nur in Betracht, wenn sich der Konflikt auf den tatsächlichen Zielort bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat erstrecke. Dies sei die Herkunftsregion des Ausländers, in der er zuletzt gelebt habe bzw. in die er typischerweise zurückkehren könne und voraussichtlich auch werde. Der Kläger habe glaubhaft vorgetragen, dass er in seiner Heimatregion Helmand keine aufnahmebereiten Bekannten oder Verwandten und keine Existenzgrundlage mehr habe. Zudem habe er Angst vor einer dort lebenden Privatperson, außerdem befürchte er Diskriminierungen, denen seine Volksgruppe in Helmand in besonderem Maße ausgesetzt sei. Wolle bzw. werde der Kläger keinesfalls nach Helmand zurückkehren, sei auf das derzeit einzig mögliche Abschiebungsziel Kabul abzustellen. Dort herrsche kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt mehr. Die Sicherheitslage werde in Kabul, abgesehen von einigen spektakulären Anschlägen, relativ einheitlich als stabil und weiterhin deutlich ruhiger als noch etwa vor zwei Jahren bewertet.
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Dem Kläger stehe hinsichtlich Afghanistans auch nicht der hilfsweise begehrte nationale Abschiebungsschutz zur Seite. Es sei nicht ersichtlich, welches Menschenrecht der EMRK ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könnte. Einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen der allgemein schlechten Lebensverhältnisse in Afghanistan stehe § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG entgegen. Eine extreme Gefahrenlage, bei der aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ausnahmsweise nicht greife, liege für Kabul nicht (mehr) vor. Vielmehr sei eine gewisse Verbesserung der allgemeinen Versorgungslage in Kabul zu erkennen, die nach den strengen Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen einer wertenden Gesamtschau der Annahme einer alsbald nach der Abschiebung eintretenden Extremgefahr für gesunde ledige afghanische Männer auch ohne Vermögen oder Anbindung an lokale Familien- bzw. Stammesstrukturen entgegenstehe. Der Senat sehe keine hinreichenden Anhaltspunkte mehr dafür, dass bei dieser Personengruppe im Falle der Abschiebung alsbald der Tod oder schwerste gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten wären. Es sei vielmehr zu erwarten, dass Rückkehrer in Kabul durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Zwar dürfte aufgrund der schlechten Gesamtsituation ohne schützende Familien- oder Stammesstrukturen in der Tat eine Rückkehr nach Kabul selbst für gesunde alleinstehende Männer unter humanitären Gesichtspunkten kaum zumutbar sein. Diese Zumutbarkeit sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch kein zentraler Maßstab für die Bestimmung einer extremen Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Im Falle des Klägers seien auch keine hinreichenden individuellen Faktoren gegeben, die ausnahmsweise eine extreme Gefahrenlage begründen könnten.
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 60 Abs. 2, 5 sowie 7 Satz 1 und 2 AufenthG. Außerdem macht er Verfahrensfehler geltend und regt zur weiteren Klärung des Gehalts der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 und 7 Satz 2 AufenthG eine Vorlage an den EuGH an.
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Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.
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Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist zulässig und begründet. Das Berufungsurteil verletzt hinsichtlich des vom Kläger mit seinem Hauptantrag verfolgten Begehrens auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes Bundesrecht. Das Berufungsgericht hat bei der im Rahmen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG gebotenen Prüfung, ob am tatsächlichen Zielort des Klägers bei einer Rückkehr nach Afghanistan ein bewaffneter Konflikt besteht, nicht auf die Herkunftsregion des Klägers, sondern auf die Verhältnisse in Kabul als dem derzeit einzig möglichen Abschiebungsziel abgestellt. Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen im Berufungsurteil nicht selbst abschließend über die Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes entscheiden kann, ist das Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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1. Gegenstand des Verfahrens ist neben dem unionsrechtlichen Abschiebungsschutz weiterhin auch der vom Kläger hilfsweise begehrte nationale Abschiebungsschutz. Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht die Zulassung der Revision allein mit der grundsätzlichen Bedeutung einer auf den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz zugeschnittenen Frage begründet hat. Die Urteilsformel enthält keine Beschränkung der Zulassung auf den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz. Der Umfang der Zulassung ist daher unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Rechtsmittelklarheit durch Auslegung zu ermitteln. Danach ist hier von einer uneingeschränkten Zulassung auszugehen. Die vom Kläger im Berufungsverfahren gestellten (Haupt- und Hilfs-)Anträge betreffen zwar unterschiedliche Streitgegenstände. Diese sind aber eng miteinander verflochten, insbesondere stellt sich die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage des maßgeblichen Anknüpfungsortes nicht nur beim unionsrechtlichen, sondern auch beim nationalen Abschiebungsschutz. Für eine uneingeschränkte Zulassung der Revision spricht im Übrigen auch die dem Berufungsurteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung, die sich lediglich auf das Rechtsmittel der Revision bezieht.
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2. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens auf Gewährung von Abschiebungsschutz ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 10). Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte. Maßgeblich ist daher für das Revisionsverfahren das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 86). Unionsrechtlich finden sowohl die Richtlinie 2004/83/EG des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes - Qualifikations-Richtlinie - vom 29. April 2004 (ABl EU Nr. L 304 vom 30. September 2004 S. 12; berichtigt ABl EU Nr. L 204 vom 5. August 2005 S. 24) Anwendung als auch die - während des Berufungsverfahrens in Kraft getretene - Neufassung durch die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 337 vom 20. Dezember 2011 S. 9). Für die in der Neufassung inhaltlich geänderten Bestimmungen wurde den Mitgliedstaaten eine Umsetzungsfrist bis zum 21. Dezember 2013 eingeräumt (Art. 39 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU) und es bleibt bis zum Ablauf dieser Frist bei der Anwendung der Richtlinie 2004/83/EG (vgl. Art. 41 Abs. 2 i.V.m. Art. 40 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU). Hinsichtlich der unverändert übernommenen Bestimmungen gilt die Neufassung hingegen schon jetzt (vgl. Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU).
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3. Das Berufungsurteil verletzt in Bezug auf den vom Kläger primär begehrten unionsrechtlichen Abschiebungsschutz Bundesrecht. Die diesbezüglichen Vorgaben des Art. 15 der Richtlinie 2011/95/EU (früher: Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG) sind in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG - in überschießender Umsetzung - als absolute Abschiebungsverbote ausgestaltet und bilden einen eigenständigen, in sich nicht weiter teilbaren Streitgegenstand (Urteile vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 11 und vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 13 und 16).
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3.1 Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG mit einer Begründung abgelehnt, die revisionsrechtlicher Prüfung nicht standhält. Nach dieser Vorschrift ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist.
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Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieses - die Vorgaben des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG (inzwischen: Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2011/95/EU) umsetzenden - Abschiebungsverbots können auch dann erfüllt sein, wenn sich der bewaffnete Konflikt nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt (Urteil vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 25). In diesem Fall ist Bezugspunkt für die Gefahrenprognose der tatsächliche Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr. Das ist in der Regel die Herkunftsregion des Ausländers, in die er typischerweise zurückkehren wird (Urteil vom 14. Juli 2009 - BVerwG 10 C 9.08 - BVerwGE 134, 188 Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C-465/07, Elgafaji - NVwZ 2009, 705 Rn. 40).
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Das Berufungsgericht hat dies zutreffend zu Grunde gelegt. Es hat aber nicht geprüft, ob in der Herkunftsregion des Klägers ein bewaffneter Konflikt herrscht, sondern stattdessen auf die Verhältnisse in Kabul als dem derzeit einzig möglichen Abschiebungsziel abgestellt, weil der Kläger keinesfalls nach Helmand zurückkehren wolle bzw. werde. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 14. November 2012 (BVerwG 10 B 22.12 - juris Rn. 7) als geklärt gesehen hat, kommt es für die Frage, welche Region als Zielort der Rückkehr eines Ausländers anzusehen ist, aber weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Ein Abweichen von der Regel kann insbesondere nicht damit begründet werden, dass dem Ausländer in der Herkunftsregion die Gefahren drohen, vor denen ihm § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Schutz gewähren soll. Dies ergibt sich schon aus dem systematischen Zusammenhang der unionsrechtlichen Abschiebungsverbote mit den Bestimmungen über den internen Schutz (Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG; künftig: Art. 8 der Richtlinie 2011/95/EU). Kommt die Herkunftsregion als Zielort wegen der dem Ausländer dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG auf eine andere Region des Landes verwiesen werden. Der Begriff des "tatsächlichen Zielortes der Rückkehr" ist daher kein rein empirischer Begriff, bei dem auf die tatsächlich wahrscheinlichste oder subjektiv gewollte Rückkehrregion abzustellen ist. Da es bei § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG um den Schutz vor den Gefahren eines - nicht notwendig landesweiten - bewaffneten Konflikts im Heimatstaat geht, kommt bei der Bestimmung des Ortes der (voraussichtlichen) tatsächlichen Rückkehr der Herkunft als Ordnungs- und Zuschreibungsmerkmal eine besondere Bedeutung zu. Ein Abweichen von der Herkunftsregion kann daher auch nicht damit begründet werden, dass der Ausländer infolge eines bewaffneten Konflikts den personalen Bezug zu seiner Herkunftsregion verloren hat, etwa weil Familienangehörige getötet worden sind oder diese Gebiete ebenfalls verlassen haben. Auch soweit die nachlassende subjektive Bindung zur Herkunftsregion durch Umstände begründet worden ist, die mittelbare Folgen des bewaffneten Konflikts sind (z.B. Beeinträchtigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, nachhaltige Verschlechterung der Versorgungslage), und es mangels Existenzgrundlage und Zukunftsperspektive eine nachvollziehbare Haltung ist, nicht in die Herkunftsregion zurückkehren zu wollen, behält diese für die schutzrechtliche Betrachtung grundsätzlich ihre Relevanz. Allerdings ist jedenfalls dann nicht (mehr) auf die Herkunftsregion abzustellen, wenn sich der Ausländer schon vor der Ausreise und unabhängig von den fluchtauslösenden Umständen von dieser gelöst und in einem anderen Landesteil mit dem Ziel niedergelassen hatte, dort auf unabsehbare Zeit zu leben. Durch eine solche freiwillige Ablösung verliert die Herkunftsregion ihre Bedeutung als Ordnungs- und Zurechnungsmerkmal und scheidet damit als Anknüpfungspunkt für die Gefahrenprognose bei § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG aus.
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Diese Ausdeutung des vom Gerichtshof der Europäischen Union - EuGH - (Urteil vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 40) verwandten Begriffs des tatsächlichen Zielorts der Rückkehr kann vorgenommen werden, ohne diesem die Rechtssache zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der EuGH hat den Begriff in seinem Urteil vom 17. Februar 2009 zwar nicht abschließend definiert. Die hier entfaltete Auslegung trägt aber dem Zweck der Vorschriften über den internen Schutz Rechnung und folgt damit der Vorgabe des EuGH, die Auslegung nationalen Rechts so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen und auf diese Weise Art. 249 Abs. 3 EG (inzwischen: Art. 288 AEUV) nachzukommen (EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 42).
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Das Berufungsurteil verstößt nach den vorstehenden Grundsätzen gegen Bundesrecht, weil es für das Bestehen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht die Verhältnisse in der Herkunftsregion des Klägers in den Blick genommen, sondern auf die Lage in Kabul als dem voraussichtlichen Zielort einer Abschiebung abgestellt hat. Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist aber nicht zu entnehmen, dass der Kläger sich vor seiner Ausreise dauerhaft in einer anderen Region als Helmand niedergelassen hat. Er ist zwar zunächst mit seiner Lebensgefährtin nach Kabul (und später in den Iran zu seiner Schwester) gegangen. Dies geschah nach seinen Angaben aber allein aus Angst vor dem Vater seiner Lebensgefährtin; zur Dauer und den näheren Umständen des Aufenthalts in Kabul enthält das Berufungsurteil keine Feststellungen. Die vom Berufungsgericht angeführten Erwägungen, warum der Kläger nicht nach Helmand zurückkehren wolle bzw. werde, lassen die Relevanz der Heimatregion für die Gefahrenprognose bei einem bewaffneten Konflikt nicht entfallen.
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3.2 Das Berufungsurteil beruht auf diesem Fehler. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen zur Lage in der Provinz Helmand getroffen. Ob in dieser Region ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht und dem Kläger dort die in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG definierte Gefahr droht, kann daher revisionsgerichtlich weder festgestellt noch ausgeschlossen werden.
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3.3 Die Entscheidung erweist sich hinsichtlich des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO) oder unrichtig, so dass der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden kann.
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a) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG scheidet nicht schon deshalb aus, weil der Kläger - einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in seiner Herkunftsregion unterstellt - in Kabul internen Schutz finden könnte. Dies würde nach § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG voraussetzen, dass für den Kläger in Kabul nicht nur keine Gefahr besteht, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, sondern von ihm auch vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort aufhält.
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Auch hierzu fehlen hinreichende tatrichterliche Feststellungen. Das Berufungsgericht hat in Bezug auf Kabul zwar festgestellt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG nicht vorliegen, weil dort keine extreme Gefahrenlage herrsche und zu erwarten sei, dass Rückkehrer durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Nach Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG muss beim internen Schutz die Existenzgrundlage aber so weit gesichert sein, dass vom Ausländer vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort aufhält. Dieser Zumutbarkeitsmaßstab geht über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus; weiterhin offenbleiben kann, welche darüber hinausgehenden wirtschaftlichen und sozialen Standards erfüllt sein müssen (vgl. Urteil vom 29. Mai 2008 - BVerwG 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 Rn. 35).
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b) Umgekehrt kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Berufungsurteil hinsichtlich des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes aus anderen Gründen unrichtig ist. Das Berufungsgericht hat vor allem im Ergebnis zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG verneint. Ein solches Abschiebungsverbot ergibt sich - entgegen der Auffassung der Revision - insbesondere nicht aus den allgemeinen humanitären Verhältnissen in Afghanistan.
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Nach § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Mit diesem Abschiebungsverbot wird Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG (inzwischen: Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU) umgesetzt. Die Europäische Kommission hat sich bei der Formulierung dieser Richtlinienbestimmung an Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685) - EMRK - orientiert und in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR - Bezug genommen (Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen vom 12. September 2001 KOM <2001> 510 endgültig S. 6, 30). Die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK ist bei der Auslegung des § 60 Abs. 2 AufenthG auch über Art. 19 Abs. 2 der Grundrechte-Charta (ABl EU 2010 Nr. C 83, 389) - GR-Charta - zu berücksichtigen. Danach darf niemand in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn das ernsthafte Risiko der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht. Dies gilt nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta auch für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union. Nach den gemäß Art. 52 Abs. 7 GR-Charta bei ihrer Auslegung gebührend zu berücksichtigenden Erläuterungen (ABl EU 2007 Nr. C 303 S. 17 = EuGRZ 2008, 92) wird durch die Regelung in Art. 19 Abs. 2 GR-Charta die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK in Auslieferungs-, Ausweisungs- und Abschiebungsfällen übernommen (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 15 und 17).
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Entgegen der Auffassung der Revision ist der neueren Rechtsprechung des EGMR nicht zu entnehmen, dass sich der Maßstab für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bei Abschiebungen in Staaten mit schwierigen Lebensbedingungen nach den "für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung" bestimmt. Entsprechendes ergibt sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des EGMR im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/06 - NVwZ 2011, 413). Bereits in seinem Beschluss vom 25. Oktober 2012 (BVerwG 10 B 16.12 - juris Rn. 8 f.) hat der Senat dargelegt, dass der EGMR davon ausgeht, dass die Staaten - unbeschadet ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich derer aus der Konvention selbst - das Recht haben, die Einreise fremder Staatsbürger in ihr Hoheitsgebiet zu regeln (EGMR, Urteile vom 28. Mai 1985 - Nr. 15/1983/71/107-109, Abdulaziz u. a./Vereinigtes Königreich - NJW 1986, 3007 Rn. 67; vom 18. Oktober 2006 - Nr. 46410/99, Üner/Niederlande - NVwZ 2007, 1279 Rn. 54 und vom 28. Juni 2012 - Nr. 14499/09, A.A. u.a. - Rn. 71). Die Abschiebung durch einen Konventionsstaat kann aber dessen Verantwortlichkeit nach der Konvention begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. In einem solchen Fall ergibt sich aus Art. 3 EMRK die Verpflichtung, die Person nicht in dieses Land abzuschieben (stRspr, EGMR, Urteile vom 7. Juli 1989 - Nr. 1/1989/161/217, Soering/Vereinigtes Königreich - NJW 1990, 2183 Rn. 90 f. und vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi/Italien - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125). Allerdings können Ausländer kein Recht aus der Konvention auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 - Nr. 26565/05, N./Vereinigtes Königreich - NVwZ 2008, 1334 Rn. 42). So hat der EGMR ein Abschiebungsverbot aus Art. 3 EMRK zugunsten eines im fortgeschrittenen, tödlichen und unheilbaren Stadiums an Aids Erkrankten angenommen, weil die Abschiebung seinen Tod beschleunigen würde, er keine angemessene Behandlung erreichen könne und kein Beweis für irgendeine mögliche moralische oder soziale Unterstützung im Zielstaat zu erbringen sei (EGMR, Urteil vom 2. Mai 1997 - Nr. 146/1996/767/964, D./Vereinigtes Königreich - NVwZ 1998, 161 Rn. 52 f.). Zusammenfassend führt der Gerichtshof zur Herleitung eines Abschiebungsverbots aus Art. 3 EMRK aufgrund von Krankheiten aus, dass angesichts der grundlegenden Bedeutung von Art. 3 EMRK im System der Konvention zwar eine gewisse Flexibilität notwendig sei, um eine Ausweisung (expulsion) in besonderen Ausnahmefällen zu verhindern. Doch verpflichte Art. 3 EMRK die Staaten nicht, Fortschritte in der Medizin sowie Unterschiede in sozialen und wirtschaftlichen Standards durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 a.a.O. Rn. 44).
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Wie der Senat in seinem Beschluss vom 25. Oktober 2012 (a.a.O. Rn. 9) ausgeführt hat, ist diese gefestigte Rechtsprechung durch das Urteil der Großen Kammer vom 21. Januar 2011 (a.a.O.) im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland nicht grundsätzlich revidiert worden. Dieses Urteil verhält sich - entgegen der Auffassung der Revision - erkennbar nicht zu den "für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung". Zwar hat der EGMR eine Verletzung von Art. 3 EMRK durch das Königreich Belgien als abschiebenden Staat angenommen, weil der betroffene Asylantragsteller mit seiner Überstellung an Griechenland als Signaturstaat der EMRK einer Situation äußerster materieller Armut ausgeliefert worden sei, was den belgischen Behörden bewusst gewesen sei (Rn. 263 f., 366 f.). Jedoch erstreckt diese Entscheidung den Schutzbereich des Art. 3 EMRK ausdrücklich nicht allgemein auf soziale Leistungsrechte; der EGMR betont vielmehr die Fortgeltung seiner insoweit sehr zurückhaltenden Rechtsprechung (Rn. 249 m.w.N.) und begründet seine Entscheidung mit dem Schutz der Menschenwürde von Personen, die - in einem ihnen völlig fremden Umfeld - vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig sind und behördlicher Gleichgültigkeit gegenüberstehen, obwohl sie sich in ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befinden (Rn. 253). Als eine hiernach in Betracht zu ziehende Personengruppe führt der EGMR die Gruppe der Asylsuchenden an, die er als besonders verletzlich und schutzbedürftig qualifiziert (Rn. 251, 259).
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Dass damit keine generelle Erstreckung des Schutzes nach Art. 3 EMRK auf zu gewährleistende Standards im Heimatstaat des Betroffenen einhergeht, ergibt sich auch aus nachfolgenden Urteilen des EGMR (vgl. Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 9 m.w.N.). In seinem Urteil vom 28. Juni 2011 im Verfahren Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich (Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681) stellt der EGMR nochmals klar, dass in Abschiebungsfällen nur zu prüfen ist, ob unter Berücksichtigung aller Umstände ernstliche Gründe für die Annahme nachgewiesen worden sind, dass der Betroffene im Fall seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr liefe, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Wenn eine solche Gefahr nachgewiesen ist, verletzt die Abschiebung des Ausländers notwendig Art. 3 EMRK, einerlei, ob sich die Gefahr aus einer allgemeinen Situation der Gewalt ergibt, einem besonderen Merkmal des Ausländers oder einer Verbindung von beiden (Rn. 218). Zugleich weist der EGMR darauf hin, dass die sozio-ökonomischen und humanitären Verhältnisse im Bestimmungsland hingegen nicht notwendig für die Frage bedeutend und erst recht nicht dafür entscheidend sind, ob der Betroffene in diesem Gebiet wirklich der Gefahr einer Misshandlung unter Verstoß gegen Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Denn die Konvention zielt hauptsächlich darauf ab, bürgerliche und politische Rechte zu schützen. Die grundlegende Bedeutung von Art. 3 EMRK macht nach Auffassung des EGMR aber eine gewisse Flexibilität erforderlich, um in sehr ungewöhnlichen Fällen eine Abschiebung zu verhindern. In ganz außergewöhnlichen Fällen können daher auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung "zwingend" sind (Rn. 278). Nur soweit die schlechten humanitären Bedingungen - wie in Somalia - nicht nur oder überwiegend auf Armut oder fehlende staatliche Mittel beim Umgang mit Naturereignissen zurückzuführen sind, sondern überwiegend auf direkte und indirekte Aktionen der Konfliktparteien zurückgehen, hält der EGMR das im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (a.a.O.) entwickelte Kriterium für besser geeignet, nach dem die Fähigkeit des Beschwerdeführers berücksichtigt werden muss, seine elementaren Bedürfnisse zu befriedigen, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, weiter seine Verletzlichkeit für Misshandlungen und seine Aussicht auf eine Verbesserung der Lage in angemessener Zeit (Rn. 282 f.).
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Welche Anforderungen sich aus dieser Rechtsprechung des EGMR im Einzelnen für Abschiebungen in den Herkunftsstaat bei schlechten humanitären Bedingungen ergeben, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst der EGMR geht in Bezug auf Afghanistan davon aus, dass die allgemeine Lage dort nicht so ernst ist, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK wäre (EGMR, Urteil vom 13. Oktober 2011 - Nr. 10611/09, Husseini/Schweden - NJOZ 2012, 952 Rn. 84). Auch auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen für eine allein auf die allgemeinen Lebensbedingungen im Herkunftsland gestützte Verletzung des Art. 3 EMRK ersichtlich nicht vor. Maßgeblich ist dabei die Perspektive des abschiebenden Staates, aus dessen Sicht zu prüfen ist, ob der Betroffene durch die Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Bei dieser Prüfung stellt der EGMR grundsätzlich auf den gesamten Abschiebungszielstaat ab und prüft zunächst, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an dem die Abschiebung endet (EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 a.a.O. Rn. 265, 301, 309). Das gilt auch bei der Beurteilung von Umständen, die nicht in die unmittelbare Verantwortung des Abschiebungszielstaates fallen, dem abschiebenden Staat nach Art. 3 EMRK aber dennoch eine Abschiebung des Ausländers verbieten.
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Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass derzeit nur eine Abschiebung nach Kabul möglich ist (UA S. 14). Zugleich hat es sich bezüglich der allgemeinen Lebensbedingungen in Kabul - im Rahmen seiner Ausführungen zu § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG - in tatsächlicher Hinsicht der Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs angeschlossen, dass zu erwarten sei, dass Rückkehrer dort durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten (UA S. 23). Die daran anschließende Bemerkung des Berufungsgerichts, aufgrund der schlechten Gesamtsituation dürfte ohne schützende Familien- und Stammesstrukturen eine Rückkehr nach Kabul selbst für gesunde alleinstehende Männer unter humanitären Gesichtspunkten "kaum zumutbar" sein, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Sie umfasst nicht die tatsächliche Feststellung, die sozio-ökonomischen und humanitären Verhältnisse im Abschiebezielstaat seien so schlecht, dass nach Art. 3 EMRK von einer Abschiebung zwingend abgesehen werden müsse. Mit dieser Formulierung bringt das Berufungsgericht lediglich seine Haltung zum Ausdruck, dass die rechtlichen "Hürden" des Bundesverwaltungsgerichts für die Annahme eines Abschiebungsverbots in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG seiner Auffassung nach zu hoch sind, und lässt in der Sache sein Bedauern erkennen, dass die oberste Landesbehörde für Afghanistan keinen generellen Abschiebestopp aus humanitären Gründen gemäß § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG angeordnet hat und das Gericht diese politische Entscheidung - unterhalb der hier nicht erreichten Grenze verfassungsrechtlich gebotenen Abschiebungsschutzes - nicht zu ersetzen vermag (Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 5).
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Damit liegen die tatsächlichen Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG - ungeachtet des Umstandes, dass bei § 60 Abs. 2 AufenthG und bei § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in rechtlicher Hinsicht unterschiedliche Maßstäbe gelten - ersichtlich nicht vor. Selbst bei Zugrundelegung der - vom EGMR im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland für einen gänzlich anderen Anwendungsfall entwickelten und in den Verfahren Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich auf eine ebenfalls andere Ausgangssituation im Herkunftsstaat übertragenen - abgesenkten und auf die Situation besonderer Verletzlichkeit und Schutzbedürftigkeit bezogenen Maßstäbe ergäbe sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Verhältnissen in Kabul für den Kläger kein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK (Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 10).
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Auch insoweit bedarf es keiner Vorlage an den EuGH. Die Voraussetzungen, unter denen einen abschiebenden Staat aus Art. 3 EMRK ausnahmsweise eine Verantwortung für nicht dem Abschiebezielstaat oder anderen Akteuren zuzurechnende Umstände trifft, ergeben sich aus der Rechtsprechung des EGMR und werfen im vorliegenden Verfahren keine entscheidungserheblichen unionsrechtlichen Zweifelsfragen auf. Die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK ist bei der Auslegung des Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU zu beachten. Dass die Richtlinie in Bezug auf Art. 3 EMRK bei Umständen, die weder in die Verantwortung des Abschiebezielstaats noch eines sonstigen Akteurs fallen, keinen über die Rechtsprechung des EGMR hinausgehenden Schutz gewährt, ergibt sich schon aus Art. 6 der Richtlinie 2011/95/EU (früher: Art. 6 der Richtlinie 2004/83/EG). Denn dieser Vorschrift ist zu entnehmen, dass es nach den Vorstellungen des Richtliniengebers auch beim subsidiären Schutz grundsätzlich eines Akteurs bedarf, von dem ein ernsthafter Schaden ausgehen kann.
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4. Kann der Senat mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen weder positiv noch negativ abschließend über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes entscheiden, so ist das Berufungsurteil schon aus diesem Grund aufzuheben und das Verfahren an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, ohne dass es auf die von der Revision fristgerecht erhobenen Verfahrensrügen ankommt. Zur Klarstellung weist der Senat allerdings darauf hin, dass die gerügten Verfahrensfehler nicht vorliegen. Insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen in den Beschlüssen des Senats vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 10 B 16.12 und 10 B 20.12 - zu vergleichbaren Verfahrensrügen des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Das Berufungsgericht hat auch nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, weil es den Rechtsstreit nicht dem EuGH vorgelegt hat. Ein solcher Verstoß scheidet schon deswegen aus, weil es nach Art. 267 Abs. 2 AEUV zwar zur Vorlage berechtigt, nicht aber verpflichtet ist. Unabhängig davon liegen die Voraussetzungen für eine Vorlage an den EuGH aber auch nicht vor. Die entscheidungserheblichen Fragen des Unionsrechts sind in der Rechtsprechung des EuGH geklärt bzw. unterliegen keinen Zweifeln, die eine Vorlage rechtfertigen oder gar gebieten. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen.
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5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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5.1 Das Berufungsgericht wird hinsichtlich des Begehrens auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes vor allem mit Blick auf § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG auf aktueller Tatsachengrundlage zu klären haben, ob in der Herkunftsregion des Klägers ein bewaffneter Konflikt herrscht und ihm dort die Gefahren drohen, vor denen § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Schutz gewährt. Ist dies der Fall, hat es weiter zu prüfen, ob der Kläger nach § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG auf die Möglichkeit internen Schutzes in einem anderen Landesteil - insbesondere Kabul - verwiesen werden kann.
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5.2 Kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes hat, wird es auf aktueller Erkenntnislage auch erneut über den Hilfsantrag des Klägers auf Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 und 3 AufenthG zu entscheiden haben.
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a) Dabei kann dahinstehen, wie die Aussage des Berufungsgerichts bei § 60 Abs. 5 AufenthG zu verstehen ist, dass bezüglich Art. 3 EMRK die weitergehende und unionsrechtlich aufgeladene Schutznorm des § 60 Abs. 2 AufenthG "vorrangig, d.h. im vorliegenden Falle nicht zu prüfen" sei. Sollte das Berufungsgericht damit zum Ausdruck bringen wollen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK durch § 60 Abs. 2 AufenthG verdrängt wird, wäre dies allerdings nicht mit Bundesrecht zu vereinbaren.
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Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG (Urteil vom 11. November 1997 - BVerwG 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen ("zielstaatsbezogene" Abschiebungshindernisse).
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Der Verweis auf Abschiebungsverbote, die sich aus der Anwendung der EMRK ergeben, umfasst auch das Verbot der Abschiebung in einen Zielstaat, in dem dem Ausländer unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von Art. 3 EMRK droht. Bei § 60 Abs. 5 AufenthG sind alle Verbürgungen der EMRK in den Blick zu nehmen, aus denen sich ein Abschiebungsverbot ergeben kann. Soweit § 60 Abs. 5 AufenthG die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung zu berücksichtigen (Art. 3 EMRK), ist der sachliche Regelungsbereich zwar weitgehend identisch mit dem unionsrechtlichen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG und geht über diesen, soweit Art. 3 EMRK in Rede steht, jedenfalls nicht hinaus. Denn § 60 Abs. 2 AufenthG knüpft - wie dargelegt - an Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EG an, der seinerseits die Verantwortung des Abschiebestaats nach Art. 3 EMRK übernimmt. Auch wenn bei Anträgen auf internationalen Schutz der unionsrechtliche Abschiebungsschutz - und damit auch das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG - vor dem nationalen Abschiebungsschutz zu prüfen ist, folgt hieraus in Bezug auf eine Verletzung des Art. 3 EMRK keine (verdrängende) Spezialität des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG, die eine Prüfung des § 60 Abs. 5 AufenthG bereits dem Grunde nach ausschließt. Die Gewährleistung nach nationalem Recht tritt vielmehr selbstständig neben die aus Unionsrecht. Eine tatbestandsausschließende Spezialität des § 60 Abs. 2 AufenthG wäre mit dem hohen Rang, den die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechtsgüter haben, unvereinbar. Damit ist hinsichtlich des Vorliegens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG in jedem Fall materiell zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 3 EMRK erfüllt sind. In Fällen, in denen - wie hier - gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet allerdings bei Verneinung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus, so dass in der Sache divergierende Bewertungen kaum denkbar sind.
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b) Schließlich soll nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat auch dann abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Allerdings sind Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, grundsätzlich nur nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (Sperrwirkung).
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Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Ausländer im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die ihn im Abschiebezielstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen kann, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Denn nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren (stRspr, vgl. Urteil vom 8. September 2012 - BVerwG 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 - Rn. 22 f. m.w.N.). Auch insoweit sind die Verhältnisse im ganzen Land in den Blick zu nehmen und - wie bei § 60 Abs. 2 und 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK - zunächst die Verhältnisse am Zielort der Abschiebung zu prüfen.
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Das Berufungsgericht hat in Anwendung dieser Maßstäbe ein Abschiebungsverbot verneint, weil in tatsächlicher Hinsicht zu erwarten sei, dass Rückkehrer in Kabul durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Dabei hat es weder die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit, dass es infolge der problematischen Versorgungslage, die neben der Versorgung mit Lebensmitteln auch die medizinische Versorgung und die Versorgung mit Wohnraum umfasst, zur Beeinträchtigung fundamentaler Schutzgüter kommen werde, überspannt noch hat es seine tatrichterliche Überzeugung auf einer zu schmalen Tatsachenbasis gebildet. Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe im Rahmen der Beurteilung einer extremen Gefahrenlage die medizinische Versorgungslage nicht hinreichend berücksichtigt, verkennt sie, dass diese nur bei akut behandlungsbedürftigen Vorerkrankungen oder in Fällen von Bedeutung ist, in denen aufgrund der allgemeinen Lebensverhältnisse mit einer entsprechend hohen Wahrscheinlichkeit eine lebensbedrohliche Erkrankung zu erwarten ist, für die dann faktisch kein Zugang zu medizinischer (Grund-)Versorgung besteht (s.a. Beschluss vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 10 B 20.12 - Rn. 14).
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Soweit das Berufungsgericht im Übrigen der Auffassung ist, das Bundesverwaltungsgericht stelle an das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung überzogene rechtliche Anforderungen, geben die Ausführungen dem Senat keine Veranlassung zu einer Änderung seiner Rechtsprechung. Das Berufungsgericht begründet seine Kritik damit, dass die Zumutbarkeit einer Rückkehr unter humanitären Gesichtspunkten, die es aufgrund der schlechten Gesamtsituation ohne schützende Familien- oder Stammesstrukturen selbst für gesunde alleinstehende Männer "kaum" für gegeben hält, nach der Rechtsprechung "kein zentraler Maßstab für die Bestimmung einer extremen Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG" sei. Mit diesen Erwägungen stellt es dem aus dem Verfassungsrecht abgeleiteten Rechtsbegriff der Zumutbarkeit eine eigene - mit außerrechtlichen Erwägungen begründete und enger gefasste - Zumutbarkeit gegenüber und vermischt damit die Grenze zwischen einer dem Betroffenen rechtlich (noch) zumutbaren und einer nicht (mehr) zumutbaren Rückkehr. Dabei vernachlässigt es zudem, dass es bei der verfassungskonformen Auslegung nicht um die Bestimmung eines aus Sicht des jeweiligen Gerichts "sinnvollen" und/oder "menschenrechtsfreundlichen" Abschiebungsschutzregimes geht, sondern um die Festlegung der Voraussetzungen, unter denen im gewaltenteilenden Rechtsstaat die Rechtsprechung befugt ist, über eine verfassungskonforme Auslegung ausnahmsweise die Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, allgemeine Gefahren nur im Rahmen einer Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen, unbeachtet zu lassen. Hierbei macht es in der Sache einen erheblichen Unterschied, ob ein Mensch ohne jeden Ausweg in eine Situation gebracht wird, in der er so gut wie keine Überlebensmöglichkeit hat, oder ob er bei allen - auch existenzbedrohenden - Schwierigkeiten nicht chancenlos ist, sondern die Möglichkeit hat, Einfluss auf sein Schicksal zu nehmen.
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Die weiteren Zweifel des Berufungsgerichts, ob ein Obergericht revisionsrechtlich dazu verpflichtet werden könne, sich mit der abweichenden Einschätzung anderer Obergerichte auseinanderzusetzen, betreffen nicht den materiell-rechtlichen Maßstab für die Beurteilung einer extremen Gefahrenlage selbst. Die damit ausgedrückte Kritik an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an die tatrichterliche Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. Urteil vom 29. Juni 2010 - BVerwG 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226 Rn. 22) vernachlässigt, dass diese Auseinandersetzung nicht als Selbstzweck gefordert wird. Sie zielt auf eine Verbesserung der Entscheidungsqualität durch Verbreiterung der erkennbar in die tatrichterliche Bewertung eingestellten Tatsachen- und Argumentationsbasis. Dies gilt namentlich in Fällen, in denen es - wie hier - im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG um eine "Korrektur" des demokratisch legitimierten Gesetzgebers geht, für die im Rahmen der Tatsachen- und Lagebeurteilung eine umfassende Gesamtwürdigung der voraussichtlichen Lebensbedingungen im Abschiebezielstaat und der damit verbundenen Gefahren erforderlich ist.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tatbestand
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Der Kläger erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm in Afghanistan drohender Gefahren.
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Der 1986 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er stammt aus der Provinz Helmand (Afghanistan), ist schiitischen Glaubens und gehört dem Volk der Hazara an. Im Februar 2009 reiste er nach Deutschland ein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - lehnte seinen Asylantrag mit Bescheid vom 17. März 2010 ab. Zugleich stellte es fest, dass weder die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen, und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Afghanistan an.
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Nach Rücknahme der Klage auf Asylanerkennung hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG hinsichtlich Afghanistans verpflichtet und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 27. April 2012 die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dem Kläger stehe weder unionsrechtlicher noch nationaler Abschiebungsschutz zu. Hinsichtlich eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die konkrete Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung drohe. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 3 AufenthG sei nicht erkennbar. Die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor. Da in Afghanistan kein landesweiter bewaffneter Konflikt herrsche, komme eine individuelle Bedrohung nur in Betracht, wenn sich der Konflikt auf den tatsächlichen Zielort bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat erstrecke. Dies sei die Herkunftsregion des Ausländers, in der er zuletzt gelebt habe bzw. in die er typischerweise zurückkehren könne und voraussichtlich auch werde. Der Kläger habe glaubhaft vorgetragen, dass er in seiner Heimatregion Helmand keine aufnahmebereiten Bekannten oder Verwandten und keine Existenzgrundlage mehr habe. Zudem habe er Angst vor einer dort lebenden Privatperson, außerdem befürchte er Diskriminierungen, denen seine Volksgruppe in Helmand in besonderem Maße ausgesetzt sei. Wolle bzw. werde der Kläger keinesfalls nach Helmand zurückkehren, sei auf das derzeit einzig mögliche Abschiebungsziel Kabul abzustellen. Dort herrsche kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt mehr. Die Sicherheitslage werde in Kabul, abgesehen von einigen spektakulären Anschlägen, relativ einheitlich als stabil und weiterhin deutlich ruhiger als noch etwa vor zwei Jahren bewertet.
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Dem Kläger stehe hinsichtlich Afghanistans auch nicht der hilfsweise begehrte nationale Abschiebungsschutz zur Seite. Es sei nicht ersichtlich, welches Menschenrecht der EMRK ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könnte. Einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen der allgemein schlechten Lebensverhältnisse in Afghanistan stehe § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG entgegen. Eine extreme Gefahrenlage, bei der aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ausnahmsweise nicht greife, liege für Kabul nicht (mehr) vor. Vielmehr sei eine gewisse Verbesserung der allgemeinen Versorgungslage in Kabul zu erkennen, die nach den strengen Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen einer wertenden Gesamtschau der Annahme einer alsbald nach der Abschiebung eintretenden Extremgefahr für gesunde ledige afghanische Männer auch ohne Vermögen oder Anbindung an lokale Familien- bzw. Stammesstrukturen entgegenstehe. Der Senat sehe keine hinreichenden Anhaltspunkte mehr dafür, dass bei dieser Personengruppe im Falle der Abschiebung alsbald der Tod oder schwerste gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten wären. Es sei vielmehr zu erwarten, dass Rückkehrer in Kabul durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Zwar dürfte aufgrund der schlechten Gesamtsituation ohne schützende Familien- oder Stammesstrukturen in der Tat eine Rückkehr nach Kabul selbst für gesunde alleinstehende Männer unter humanitären Gesichtspunkten kaum zumutbar sein. Diese Zumutbarkeit sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch kein zentraler Maßstab für die Bestimmung einer extremen Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Im Falle des Klägers seien auch keine hinreichenden individuellen Faktoren gegeben, die ausnahmsweise eine extreme Gefahrenlage begründen könnten.
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 60 Abs. 2, 5 sowie 7 Satz 1 und 2 AufenthG. Außerdem macht er Verfahrensfehler geltend und regt zur weiteren Klärung des Gehalts der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 und 7 Satz 2 AufenthG eine Vorlage an den EuGH an.
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Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.
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Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist zulässig und begründet. Das Berufungsurteil verletzt hinsichtlich des vom Kläger mit seinem Hauptantrag verfolgten Begehrens auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes Bundesrecht. Das Berufungsgericht hat bei der im Rahmen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG gebotenen Prüfung, ob am tatsächlichen Zielort des Klägers bei einer Rückkehr nach Afghanistan ein bewaffneter Konflikt besteht, nicht auf die Herkunftsregion des Klägers, sondern auf die Verhältnisse in Kabul als dem derzeit einzig möglichen Abschiebungsziel abgestellt. Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen im Berufungsurteil nicht selbst abschließend über die Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes entscheiden kann, ist das Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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1. Gegenstand des Verfahrens ist neben dem unionsrechtlichen Abschiebungsschutz weiterhin auch der vom Kläger hilfsweise begehrte nationale Abschiebungsschutz. Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht die Zulassung der Revision allein mit der grundsätzlichen Bedeutung einer auf den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz zugeschnittenen Frage begründet hat. Die Urteilsformel enthält keine Beschränkung der Zulassung auf den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz. Der Umfang der Zulassung ist daher unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Rechtsmittelklarheit durch Auslegung zu ermitteln. Danach ist hier von einer uneingeschränkten Zulassung auszugehen. Die vom Kläger im Berufungsverfahren gestellten (Haupt- und Hilfs-)Anträge betreffen zwar unterschiedliche Streitgegenstände. Diese sind aber eng miteinander verflochten, insbesondere stellt sich die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage des maßgeblichen Anknüpfungsortes nicht nur beim unionsrechtlichen, sondern auch beim nationalen Abschiebungsschutz. Für eine uneingeschränkte Zulassung der Revision spricht im Übrigen auch die dem Berufungsurteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung, die sich lediglich auf das Rechtsmittel der Revision bezieht.
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2. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens auf Gewährung von Abschiebungsschutz ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 10). Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte. Maßgeblich ist daher für das Revisionsverfahren das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 86). Unionsrechtlich finden sowohl die Richtlinie 2004/83/EG des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes - Qualifikations-Richtlinie - vom 29. April 2004 (ABl EU Nr. L 304 vom 30. September 2004 S. 12; berichtigt ABl EU Nr. L 204 vom 5. August 2005 S. 24) Anwendung als auch die - während des Berufungsverfahrens in Kraft getretene - Neufassung durch die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 337 vom 20. Dezember 2011 S. 9). Für die in der Neufassung inhaltlich geänderten Bestimmungen wurde den Mitgliedstaaten eine Umsetzungsfrist bis zum 21. Dezember 2013 eingeräumt (Art. 39 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU) und es bleibt bis zum Ablauf dieser Frist bei der Anwendung der Richtlinie 2004/83/EG (vgl. Art. 41 Abs. 2 i.V.m. Art. 40 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU). Hinsichtlich der unverändert übernommenen Bestimmungen gilt die Neufassung hingegen schon jetzt (vgl. Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU).
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3. Das Berufungsurteil verletzt in Bezug auf den vom Kläger primär begehrten unionsrechtlichen Abschiebungsschutz Bundesrecht. Die diesbezüglichen Vorgaben des Art. 15 der Richtlinie 2011/95/EU (früher: Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG) sind in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG - in überschießender Umsetzung - als absolute Abschiebungsverbote ausgestaltet und bilden einen eigenständigen, in sich nicht weiter teilbaren Streitgegenstand (Urteile vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 11 und vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 13 und 16).
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3.1 Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG mit einer Begründung abgelehnt, die revisionsrechtlicher Prüfung nicht standhält. Nach dieser Vorschrift ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist.
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Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieses - die Vorgaben des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG (inzwischen: Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2011/95/EU) umsetzenden - Abschiebungsverbots können auch dann erfüllt sein, wenn sich der bewaffnete Konflikt nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt (Urteil vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 25). In diesem Fall ist Bezugspunkt für die Gefahrenprognose der tatsächliche Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr. Das ist in der Regel die Herkunftsregion des Ausländers, in die er typischerweise zurückkehren wird (Urteil vom 14. Juli 2009 - BVerwG 10 C 9.08 - BVerwGE 134, 188 Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C-465/07, Elgafaji - NVwZ 2009, 705 Rn. 40).
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Das Berufungsgericht hat dies zutreffend zu Grunde gelegt. Es hat aber nicht geprüft, ob in der Herkunftsregion des Klägers ein bewaffneter Konflikt herrscht, sondern stattdessen auf die Verhältnisse in Kabul als dem derzeit einzig möglichen Abschiebungsziel abgestellt, weil der Kläger keinesfalls nach Helmand zurückkehren wolle bzw. werde. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 14. November 2012 (BVerwG 10 B 22.12 - juris Rn. 7) als geklärt gesehen hat, kommt es für die Frage, welche Region als Zielort der Rückkehr eines Ausländers anzusehen ist, aber weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Ein Abweichen von der Regel kann insbesondere nicht damit begründet werden, dass dem Ausländer in der Herkunftsregion die Gefahren drohen, vor denen ihm § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Schutz gewähren soll. Dies ergibt sich schon aus dem systematischen Zusammenhang der unionsrechtlichen Abschiebungsverbote mit den Bestimmungen über den internen Schutz (Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG; künftig: Art. 8 der Richtlinie 2011/95/EU). Kommt die Herkunftsregion als Zielort wegen der dem Ausländer dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG auf eine andere Region des Landes verwiesen werden. Der Begriff des "tatsächlichen Zielortes der Rückkehr" ist daher kein rein empirischer Begriff, bei dem auf die tatsächlich wahrscheinlichste oder subjektiv gewollte Rückkehrregion abzustellen ist. Da es bei § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG um den Schutz vor den Gefahren eines - nicht notwendig landesweiten - bewaffneten Konflikts im Heimatstaat geht, kommt bei der Bestimmung des Ortes der (voraussichtlichen) tatsächlichen Rückkehr der Herkunft als Ordnungs- und Zuschreibungsmerkmal eine besondere Bedeutung zu. Ein Abweichen von der Herkunftsregion kann daher auch nicht damit begründet werden, dass der Ausländer infolge eines bewaffneten Konflikts den personalen Bezug zu seiner Herkunftsregion verloren hat, etwa weil Familienangehörige getötet worden sind oder diese Gebiete ebenfalls verlassen haben. Auch soweit die nachlassende subjektive Bindung zur Herkunftsregion durch Umstände begründet worden ist, die mittelbare Folgen des bewaffneten Konflikts sind (z.B. Beeinträchtigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, nachhaltige Verschlechterung der Versorgungslage), und es mangels Existenzgrundlage und Zukunftsperspektive eine nachvollziehbare Haltung ist, nicht in die Herkunftsregion zurückkehren zu wollen, behält diese für die schutzrechtliche Betrachtung grundsätzlich ihre Relevanz. Allerdings ist jedenfalls dann nicht (mehr) auf die Herkunftsregion abzustellen, wenn sich der Ausländer schon vor der Ausreise und unabhängig von den fluchtauslösenden Umständen von dieser gelöst und in einem anderen Landesteil mit dem Ziel niedergelassen hatte, dort auf unabsehbare Zeit zu leben. Durch eine solche freiwillige Ablösung verliert die Herkunftsregion ihre Bedeutung als Ordnungs- und Zurechnungsmerkmal und scheidet damit als Anknüpfungspunkt für die Gefahrenprognose bei § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG aus.
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Diese Ausdeutung des vom Gerichtshof der Europäischen Union - EuGH - (Urteil vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 40) verwandten Begriffs des tatsächlichen Zielorts der Rückkehr kann vorgenommen werden, ohne diesem die Rechtssache zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der EuGH hat den Begriff in seinem Urteil vom 17. Februar 2009 zwar nicht abschließend definiert. Die hier entfaltete Auslegung trägt aber dem Zweck der Vorschriften über den internen Schutz Rechnung und folgt damit der Vorgabe des EuGH, die Auslegung nationalen Rechts so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen und auf diese Weise Art. 249 Abs. 3 EG (inzwischen: Art. 288 AEUV) nachzukommen (EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 42).
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Das Berufungsurteil verstößt nach den vorstehenden Grundsätzen gegen Bundesrecht, weil es für das Bestehen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht die Verhältnisse in der Herkunftsregion des Klägers in den Blick genommen, sondern auf die Lage in Kabul als dem voraussichtlichen Zielort einer Abschiebung abgestellt hat. Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist aber nicht zu entnehmen, dass der Kläger sich vor seiner Ausreise dauerhaft in einer anderen Region als Helmand niedergelassen hat. Er ist zwar zunächst mit seiner Lebensgefährtin nach Kabul (und später in den Iran zu seiner Schwester) gegangen. Dies geschah nach seinen Angaben aber allein aus Angst vor dem Vater seiner Lebensgefährtin; zur Dauer und den näheren Umständen des Aufenthalts in Kabul enthält das Berufungsurteil keine Feststellungen. Die vom Berufungsgericht angeführten Erwägungen, warum der Kläger nicht nach Helmand zurückkehren wolle bzw. werde, lassen die Relevanz der Heimatregion für die Gefahrenprognose bei einem bewaffneten Konflikt nicht entfallen.
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3.2 Das Berufungsurteil beruht auf diesem Fehler. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen zur Lage in der Provinz Helmand getroffen. Ob in dieser Region ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht und dem Kläger dort die in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG definierte Gefahr droht, kann daher revisionsgerichtlich weder festgestellt noch ausgeschlossen werden.
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3.3 Die Entscheidung erweist sich hinsichtlich des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO) oder unrichtig, so dass der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden kann.
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a) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG scheidet nicht schon deshalb aus, weil der Kläger - einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in seiner Herkunftsregion unterstellt - in Kabul internen Schutz finden könnte. Dies würde nach § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG voraussetzen, dass für den Kläger in Kabul nicht nur keine Gefahr besteht, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, sondern von ihm auch vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort aufhält.
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Auch hierzu fehlen hinreichende tatrichterliche Feststellungen. Das Berufungsgericht hat in Bezug auf Kabul zwar festgestellt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG nicht vorliegen, weil dort keine extreme Gefahrenlage herrsche und zu erwarten sei, dass Rückkehrer durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Nach Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG muss beim internen Schutz die Existenzgrundlage aber so weit gesichert sein, dass vom Ausländer vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort aufhält. Dieser Zumutbarkeitsmaßstab geht über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus; weiterhin offenbleiben kann, welche darüber hinausgehenden wirtschaftlichen und sozialen Standards erfüllt sein müssen (vgl. Urteil vom 29. Mai 2008 - BVerwG 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 Rn. 35).
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b) Umgekehrt kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Berufungsurteil hinsichtlich des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes aus anderen Gründen unrichtig ist. Das Berufungsgericht hat vor allem im Ergebnis zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG verneint. Ein solches Abschiebungsverbot ergibt sich - entgegen der Auffassung der Revision - insbesondere nicht aus den allgemeinen humanitären Verhältnissen in Afghanistan.
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Nach § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Mit diesem Abschiebungsverbot wird Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG (inzwischen: Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU) umgesetzt. Die Europäische Kommission hat sich bei der Formulierung dieser Richtlinienbestimmung an Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685) - EMRK - orientiert und in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR - Bezug genommen (Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen vom 12. September 2001 KOM <2001> 510 endgültig S. 6, 30). Die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK ist bei der Auslegung des § 60 Abs. 2 AufenthG auch über Art. 19 Abs. 2 der Grundrechte-Charta (ABl EU 2010 Nr. C 83, 389) - GR-Charta - zu berücksichtigen. Danach darf niemand in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn das ernsthafte Risiko der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht. Dies gilt nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta auch für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union. Nach den gemäß Art. 52 Abs. 7 GR-Charta bei ihrer Auslegung gebührend zu berücksichtigenden Erläuterungen (ABl EU 2007 Nr. C 303 S. 17 = EuGRZ 2008, 92) wird durch die Regelung in Art. 19 Abs. 2 GR-Charta die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK in Auslieferungs-, Ausweisungs- und Abschiebungsfällen übernommen (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 15 und 17).
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Entgegen der Auffassung der Revision ist der neueren Rechtsprechung des EGMR nicht zu entnehmen, dass sich der Maßstab für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bei Abschiebungen in Staaten mit schwierigen Lebensbedingungen nach den "für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung" bestimmt. Entsprechendes ergibt sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des EGMR im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/06 - NVwZ 2011, 413). Bereits in seinem Beschluss vom 25. Oktober 2012 (BVerwG 10 B 16.12 - juris Rn. 8 f.) hat der Senat dargelegt, dass der EGMR davon ausgeht, dass die Staaten - unbeschadet ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich derer aus der Konvention selbst - das Recht haben, die Einreise fremder Staatsbürger in ihr Hoheitsgebiet zu regeln (EGMR, Urteile vom 28. Mai 1985 - Nr. 15/1983/71/107-109, Abdulaziz u. a./Vereinigtes Königreich - NJW 1986, 3007 Rn. 67; vom 18. Oktober 2006 - Nr. 46410/99, Üner/Niederlande - NVwZ 2007, 1279 Rn. 54 und vom 28. Juni 2012 - Nr. 14499/09, A.A. u.a. - Rn. 71). Die Abschiebung durch einen Konventionsstaat kann aber dessen Verantwortlichkeit nach der Konvention begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. In einem solchen Fall ergibt sich aus Art. 3 EMRK die Verpflichtung, die Person nicht in dieses Land abzuschieben (stRspr, EGMR, Urteile vom 7. Juli 1989 - Nr. 1/1989/161/217, Soering/Vereinigtes Königreich - NJW 1990, 2183 Rn. 90 f. und vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi/Italien - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125). Allerdings können Ausländer kein Recht aus der Konvention auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 - Nr. 26565/05, N./Vereinigtes Königreich - NVwZ 2008, 1334 Rn. 42). So hat der EGMR ein Abschiebungsverbot aus Art. 3 EMRK zugunsten eines im fortgeschrittenen, tödlichen und unheilbaren Stadiums an Aids Erkrankten angenommen, weil die Abschiebung seinen Tod beschleunigen würde, er keine angemessene Behandlung erreichen könne und kein Beweis für irgendeine mögliche moralische oder soziale Unterstützung im Zielstaat zu erbringen sei (EGMR, Urteil vom 2. Mai 1997 - Nr. 146/1996/767/964, D./Vereinigtes Königreich - NVwZ 1998, 161 Rn. 52 f.). Zusammenfassend führt der Gerichtshof zur Herleitung eines Abschiebungsverbots aus Art. 3 EMRK aufgrund von Krankheiten aus, dass angesichts der grundlegenden Bedeutung von Art. 3 EMRK im System der Konvention zwar eine gewisse Flexibilität notwendig sei, um eine Ausweisung (expulsion) in besonderen Ausnahmefällen zu verhindern. Doch verpflichte Art. 3 EMRK die Staaten nicht, Fortschritte in der Medizin sowie Unterschiede in sozialen und wirtschaftlichen Standards durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 a.a.O. Rn. 44).
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Wie der Senat in seinem Beschluss vom 25. Oktober 2012 (a.a.O. Rn. 9) ausgeführt hat, ist diese gefestigte Rechtsprechung durch das Urteil der Großen Kammer vom 21. Januar 2011 (a.a.O.) im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland nicht grundsätzlich revidiert worden. Dieses Urteil verhält sich - entgegen der Auffassung der Revision - erkennbar nicht zu den "für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung". Zwar hat der EGMR eine Verletzung von Art. 3 EMRK durch das Königreich Belgien als abschiebenden Staat angenommen, weil der betroffene Asylantragsteller mit seiner Überstellung an Griechenland als Signaturstaat der EMRK einer Situation äußerster materieller Armut ausgeliefert worden sei, was den belgischen Behörden bewusst gewesen sei (Rn. 263 f., 366 f.). Jedoch erstreckt diese Entscheidung den Schutzbereich des Art. 3 EMRK ausdrücklich nicht allgemein auf soziale Leistungsrechte; der EGMR betont vielmehr die Fortgeltung seiner insoweit sehr zurückhaltenden Rechtsprechung (Rn. 249 m.w.N.) und begründet seine Entscheidung mit dem Schutz der Menschenwürde von Personen, die - in einem ihnen völlig fremden Umfeld - vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig sind und behördlicher Gleichgültigkeit gegenüberstehen, obwohl sie sich in ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befinden (Rn. 253). Als eine hiernach in Betracht zu ziehende Personengruppe führt der EGMR die Gruppe der Asylsuchenden an, die er als besonders verletzlich und schutzbedürftig qualifiziert (Rn. 251, 259).
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Dass damit keine generelle Erstreckung des Schutzes nach Art. 3 EMRK auf zu gewährleistende Standards im Heimatstaat des Betroffenen einhergeht, ergibt sich auch aus nachfolgenden Urteilen des EGMR (vgl. Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 9 m.w.N.). In seinem Urteil vom 28. Juni 2011 im Verfahren Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich (Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681) stellt der EGMR nochmals klar, dass in Abschiebungsfällen nur zu prüfen ist, ob unter Berücksichtigung aller Umstände ernstliche Gründe für die Annahme nachgewiesen worden sind, dass der Betroffene im Fall seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr liefe, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Wenn eine solche Gefahr nachgewiesen ist, verletzt die Abschiebung des Ausländers notwendig Art. 3 EMRK, einerlei, ob sich die Gefahr aus einer allgemeinen Situation der Gewalt ergibt, einem besonderen Merkmal des Ausländers oder einer Verbindung von beiden (Rn. 218). Zugleich weist der EGMR darauf hin, dass die sozio-ökonomischen und humanitären Verhältnisse im Bestimmungsland hingegen nicht notwendig für die Frage bedeutend und erst recht nicht dafür entscheidend sind, ob der Betroffene in diesem Gebiet wirklich der Gefahr einer Misshandlung unter Verstoß gegen Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Denn die Konvention zielt hauptsächlich darauf ab, bürgerliche und politische Rechte zu schützen. Die grundlegende Bedeutung von Art. 3 EMRK macht nach Auffassung des EGMR aber eine gewisse Flexibilität erforderlich, um in sehr ungewöhnlichen Fällen eine Abschiebung zu verhindern. In ganz außergewöhnlichen Fällen können daher auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung "zwingend" sind (Rn. 278). Nur soweit die schlechten humanitären Bedingungen - wie in Somalia - nicht nur oder überwiegend auf Armut oder fehlende staatliche Mittel beim Umgang mit Naturereignissen zurückzuführen sind, sondern überwiegend auf direkte und indirekte Aktionen der Konfliktparteien zurückgehen, hält der EGMR das im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (a.a.O.) entwickelte Kriterium für besser geeignet, nach dem die Fähigkeit des Beschwerdeführers berücksichtigt werden muss, seine elementaren Bedürfnisse zu befriedigen, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, weiter seine Verletzlichkeit für Misshandlungen und seine Aussicht auf eine Verbesserung der Lage in angemessener Zeit (Rn. 282 f.).
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Welche Anforderungen sich aus dieser Rechtsprechung des EGMR im Einzelnen für Abschiebungen in den Herkunftsstaat bei schlechten humanitären Bedingungen ergeben, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst der EGMR geht in Bezug auf Afghanistan davon aus, dass die allgemeine Lage dort nicht so ernst ist, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK wäre (EGMR, Urteil vom 13. Oktober 2011 - Nr. 10611/09, Husseini/Schweden - NJOZ 2012, 952 Rn. 84). Auch auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen für eine allein auf die allgemeinen Lebensbedingungen im Herkunftsland gestützte Verletzung des Art. 3 EMRK ersichtlich nicht vor. Maßgeblich ist dabei die Perspektive des abschiebenden Staates, aus dessen Sicht zu prüfen ist, ob der Betroffene durch die Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Bei dieser Prüfung stellt der EGMR grundsätzlich auf den gesamten Abschiebungszielstaat ab und prüft zunächst, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an dem die Abschiebung endet (EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 a.a.O. Rn. 265, 301, 309). Das gilt auch bei der Beurteilung von Umständen, die nicht in die unmittelbare Verantwortung des Abschiebungszielstaates fallen, dem abschiebenden Staat nach Art. 3 EMRK aber dennoch eine Abschiebung des Ausländers verbieten.
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Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass derzeit nur eine Abschiebung nach Kabul möglich ist (UA S. 14). Zugleich hat es sich bezüglich der allgemeinen Lebensbedingungen in Kabul - im Rahmen seiner Ausführungen zu § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG - in tatsächlicher Hinsicht der Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs angeschlossen, dass zu erwarten sei, dass Rückkehrer dort durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten (UA S. 23). Die daran anschließende Bemerkung des Berufungsgerichts, aufgrund der schlechten Gesamtsituation dürfte ohne schützende Familien- und Stammesstrukturen eine Rückkehr nach Kabul selbst für gesunde alleinstehende Männer unter humanitären Gesichtspunkten "kaum zumutbar" sein, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Sie umfasst nicht die tatsächliche Feststellung, die sozio-ökonomischen und humanitären Verhältnisse im Abschiebezielstaat seien so schlecht, dass nach Art. 3 EMRK von einer Abschiebung zwingend abgesehen werden müsse. Mit dieser Formulierung bringt das Berufungsgericht lediglich seine Haltung zum Ausdruck, dass die rechtlichen "Hürden" des Bundesverwaltungsgerichts für die Annahme eines Abschiebungsverbots in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG seiner Auffassung nach zu hoch sind, und lässt in der Sache sein Bedauern erkennen, dass die oberste Landesbehörde für Afghanistan keinen generellen Abschiebestopp aus humanitären Gründen gemäß § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG angeordnet hat und das Gericht diese politische Entscheidung - unterhalb der hier nicht erreichten Grenze verfassungsrechtlich gebotenen Abschiebungsschutzes - nicht zu ersetzen vermag (Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 5).
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Damit liegen die tatsächlichen Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG - ungeachtet des Umstandes, dass bei § 60 Abs. 2 AufenthG und bei § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in rechtlicher Hinsicht unterschiedliche Maßstäbe gelten - ersichtlich nicht vor. Selbst bei Zugrundelegung der - vom EGMR im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland für einen gänzlich anderen Anwendungsfall entwickelten und in den Verfahren Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich auf eine ebenfalls andere Ausgangssituation im Herkunftsstaat übertragenen - abgesenkten und auf die Situation besonderer Verletzlichkeit und Schutzbedürftigkeit bezogenen Maßstäbe ergäbe sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Verhältnissen in Kabul für den Kläger kein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK (Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 10).
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Auch insoweit bedarf es keiner Vorlage an den EuGH. Die Voraussetzungen, unter denen einen abschiebenden Staat aus Art. 3 EMRK ausnahmsweise eine Verantwortung für nicht dem Abschiebezielstaat oder anderen Akteuren zuzurechnende Umstände trifft, ergeben sich aus der Rechtsprechung des EGMR und werfen im vorliegenden Verfahren keine entscheidungserheblichen unionsrechtlichen Zweifelsfragen auf. Die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK ist bei der Auslegung des Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU zu beachten. Dass die Richtlinie in Bezug auf Art. 3 EMRK bei Umständen, die weder in die Verantwortung des Abschiebezielstaats noch eines sonstigen Akteurs fallen, keinen über die Rechtsprechung des EGMR hinausgehenden Schutz gewährt, ergibt sich schon aus Art. 6 der Richtlinie 2011/95/EU (früher: Art. 6 der Richtlinie 2004/83/EG). Denn dieser Vorschrift ist zu entnehmen, dass es nach den Vorstellungen des Richtliniengebers auch beim subsidiären Schutz grundsätzlich eines Akteurs bedarf, von dem ein ernsthafter Schaden ausgehen kann.
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4. Kann der Senat mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen weder positiv noch negativ abschließend über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes entscheiden, so ist das Berufungsurteil schon aus diesem Grund aufzuheben und das Verfahren an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, ohne dass es auf die von der Revision fristgerecht erhobenen Verfahrensrügen ankommt. Zur Klarstellung weist der Senat allerdings darauf hin, dass die gerügten Verfahrensfehler nicht vorliegen. Insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen in den Beschlüssen des Senats vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 10 B 16.12 und 10 B 20.12 - zu vergleichbaren Verfahrensrügen des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Das Berufungsgericht hat auch nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, weil es den Rechtsstreit nicht dem EuGH vorgelegt hat. Ein solcher Verstoß scheidet schon deswegen aus, weil es nach Art. 267 Abs. 2 AEUV zwar zur Vorlage berechtigt, nicht aber verpflichtet ist. Unabhängig davon liegen die Voraussetzungen für eine Vorlage an den EuGH aber auch nicht vor. Die entscheidungserheblichen Fragen des Unionsrechts sind in der Rechtsprechung des EuGH geklärt bzw. unterliegen keinen Zweifeln, die eine Vorlage rechtfertigen oder gar gebieten. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen.
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5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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5.1 Das Berufungsgericht wird hinsichtlich des Begehrens auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes vor allem mit Blick auf § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG auf aktueller Tatsachengrundlage zu klären haben, ob in der Herkunftsregion des Klägers ein bewaffneter Konflikt herrscht und ihm dort die Gefahren drohen, vor denen § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Schutz gewährt. Ist dies der Fall, hat es weiter zu prüfen, ob der Kläger nach § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG auf die Möglichkeit internen Schutzes in einem anderen Landesteil - insbesondere Kabul - verwiesen werden kann.
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5.2 Kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes hat, wird es auf aktueller Erkenntnislage auch erneut über den Hilfsantrag des Klägers auf Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 und 3 AufenthG zu entscheiden haben.
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a) Dabei kann dahinstehen, wie die Aussage des Berufungsgerichts bei § 60 Abs. 5 AufenthG zu verstehen ist, dass bezüglich Art. 3 EMRK die weitergehende und unionsrechtlich aufgeladene Schutznorm des § 60 Abs. 2 AufenthG "vorrangig, d.h. im vorliegenden Falle nicht zu prüfen" sei. Sollte das Berufungsgericht damit zum Ausdruck bringen wollen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK durch § 60 Abs. 2 AufenthG verdrängt wird, wäre dies allerdings nicht mit Bundesrecht zu vereinbaren.
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Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG (Urteil vom 11. November 1997 - BVerwG 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen ("zielstaatsbezogene" Abschiebungshindernisse).
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Der Verweis auf Abschiebungsverbote, die sich aus der Anwendung der EMRK ergeben, umfasst auch das Verbot der Abschiebung in einen Zielstaat, in dem dem Ausländer unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von Art. 3 EMRK droht. Bei § 60 Abs. 5 AufenthG sind alle Verbürgungen der EMRK in den Blick zu nehmen, aus denen sich ein Abschiebungsverbot ergeben kann. Soweit § 60 Abs. 5 AufenthG die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung zu berücksichtigen (Art. 3 EMRK), ist der sachliche Regelungsbereich zwar weitgehend identisch mit dem unionsrechtlichen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG und geht über diesen, soweit Art. 3 EMRK in Rede steht, jedenfalls nicht hinaus. Denn § 60 Abs. 2 AufenthG knüpft - wie dargelegt - an Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EG an, der seinerseits die Verantwortung des Abschiebestaats nach Art. 3 EMRK übernimmt. Auch wenn bei Anträgen auf internationalen Schutz der unionsrechtliche Abschiebungsschutz - und damit auch das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG - vor dem nationalen Abschiebungsschutz zu prüfen ist, folgt hieraus in Bezug auf eine Verletzung des Art. 3 EMRK keine (verdrängende) Spezialität des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG, die eine Prüfung des § 60 Abs. 5 AufenthG bereits dem Grunde nach ausschließt. Die Gewährleistung nach nationalem Recht tritt vielmehr selbstständig neben die aus Unionsrecht. Eine tatbestandsausschließende Spezialität des § 60 Abs. 2 AufenthG wäre mit dem hohen Rang, den die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechtsgüter haben, unvereinbar. Damit ist hinsichtlich des Vorliegens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG in jedem Fall materiell zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 3 EMRK erfüllt sind. In Fällen, in denen - wie hier - gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet allerdings bei Verneinung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus, so dass in der Sache divergierende Bewertungen kaum denkbar sind.
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b) Schließlich soll nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat auch dann abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Allerdings sind Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, grundsätzlich nur nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (Sperrwirkung).
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Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Ausländer im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die ihn im Abschiebezielstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen kann, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Denn nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren (stRspr, vgl. Urteil vom 8. September 2012 - BVerwG 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 - Rn. 22 f. m.w.N.). Auch insoweit sind die Verhältnisse im ganzen Land in den Blick zu nehmen und - wie bei § 60 Abs. 2 und 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK - zunächst die Verhältnisse am Zielort der Abschiebung zu prüfen.
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Das Berufungsgericht hat in Anwendung dieser Maßstäbe ein Abschiebungsverbot verneint, weil in tatsächlicher Hinsicht zu erwarten sei, dass Rückkehrer in Kabul durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Dabei hat es weder die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit, dass es infolge der problematischen Versorgungslage, die neben der Versorgung mit Lebensmitteln auch die medizinische Versorgung und die Versorgung mit Wohnraum umfasst, zur Beeinträchtigung fundamentaler Schutzgüter kommen werde, überspannt noch hat es seine tatrichterliche Überzeugung auf einer zu schmalen Tatsachenbasis gebildet. Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe im Rahmen der Beurteilung einer extremen Gefahrenlage die medizinische Versorgungslage nicht hinreichend berücksichtigt, verkennt sie, dass diese nur bei akut behandlungsbedürftigen Vorerkrankungen oder in Fällen von Bedeutung ist, in denen aufgrund der allgemeinen Lebensverhältnisse mit einer entsprechend hohen Wahrscheinlichkeit eine lebensbedrohliche Erkrankung zu erwarten ist, für die dann faktisch kein Zugang zu medizinischer (Grund-)Versorgung besteht (s.a. Beschluss vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 10 B 20.12 - Rn. 14).
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Soweit das Berufungsgericht im Übrigen der Auffassung ist, das Bundesverwaltungsgericht stelle an das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung überzogene rechtliche Anforderungen, geben die Ausführungen dem Senat keine Veranlassung zu einer Änderung seiner Rechtsprechung. Das Berufungsgericht begründet seine Kritik damit, dass die Zumutbarkeit einer Rückkehr unter humanitären Gesichtspunkten, die es aufgrund der schlechten Gesamtsituation ohne schützende Familien- oder Stammesstrukturen selbst für gesunde alleinstehende Männer "kaum" für gegeben hält, nach der Rechtsprechung "kein zentraler Maßstab für die Bestimmung einer extremen Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG" sei. Mit diesen Erwägungen stellt es dem aus dem Verfassungsrecht abgeleiteten Rechtsbegriff der Zumutbarkeit eine eigene - mit außerrechtlichen Erwägungen begründete und enger gefasste - Zumutbarkeit gegenüber und vermischt damit die Grenze zwischen einer dem Betroffenen rechtlich (noch) zumutbaren und einer nicht (mehr) zumutbaren Rückkehr. Dabei vernachlässigt es zudem, dass es bei der verfassungskonformen Auslegung nicht um die Bestimmung eines aus Sicht des jeweiligen Gerichts "sinnvollen" und/oder "menschenrechtsfreundlichen" Abschiebungsschutzregimes geht, sondern um die Festlegung der Voraussetzungen, unter denen im gewaltenteilenden Rechtsstaat die Rechtsprechung befugt ist, über eine verfassungskonforme Auslegung ausnahmsweise die Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, allgemeine Gefahren nur im Rahmen einer Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen, unbeachtet zu lassen. Hierbei macht es in der Sache einen erheblichen Unterschied, ob ein Mensch ohne jeden Ausweg in eine Situation gebracht wird, in der er so gut wie keine Überlebensmöglichkeit hat, oder ob er bei allen - auch existenzbedrohenden - Schwierigkeiten nicht chancenlos ist, sondern die Möglichkeit hat, Einfluss auf sein Schicksal zu nehmen.
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Die weiteren Zweifel des Berufungsgerichts, ob ein Obergericht revisionsrechtlich dazu verpflichtet werden könne, sich mit der abweichenden Einschätzung anderer Obergerichte auseinanderzusetzen, betreffen nicht den materiell-rechtlichen Maßstab für die Beurteilung einer extremen Gefahrenlage selbst. Die damit ausgedrückte Kritik an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an die tatrichterliche Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. Urteil vom 29. Juni 2010 - BVerwG 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226 Rn. 22) vernachlässigt, dass diese Auseinandersetzung nicht als Selbstzweck gefordert wird. Sie zielt auf eine Verbesserung der Entscheidungsqualität durch Verbreiterung der erkennbar in die tatrichterliche Bewertung eingestellten Tatsachen- und Argumentationsbasis. Dies gilt namentlich in Fällen, in denen es - wie hier - im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG um eine "Korrektur" des demokratisch legitimierten Gesetzgebers geht, für die im Rahmen der Tatsachen- und Lagebeurteilung eine umfassende Gesamtwürdigung der voraussichtlichen Lebensbedingungen im Abschiebezielstaat und der damit verbundenen Gefahren erforderlich ist.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.