Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 08. Sept. 2017 - W 4 S 17.963

bei uns veröffentlicht am08.09.2017

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 3.750,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes Schweinfurt vom 29. Mai 2017, mit welchem den Beigeladenen die Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit zwei Stellplätzen erteilt wurde.

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Einfamilienwohnhaus nebst Garage bebauten Grundstücks Fl.Nr. ...5 der Gemarkung S... Die Beigeladenen sind Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstücks Fl.Nr. ...6.

Für das in Rede stehende Gebiet setzt der Bebauungsplan „Am Breiten Rain“ der Gemeinde S... aus dem Jahre 1975 in der Fassung der 8. Änderung aus dem Jahre 1992 ein allgemeines Wohngebiet fest. Festgesetzt sind zudem eine offene Bauweise sowie die ausschließliche Zulässigkeit von Einzel- und Doppelhäusern. Für die Grundstücke Fl.Nr. ...5 und ...6 setzt der Bebauungsplan weiterhin ein durchgehendes, zum Teil versetzt liegendes Baufenster fest. Außerdem ist für die Grundstücksgrenze zwischen beiden Grundstücken mittels eines Pfeiles und erläuternder textlicher Festsetzung in Ziffer 3.3 des Bebauungsplanes festgesetzt, dass „die Gebäude mit einer Brandmauer an oder einer gemeinsamen Brandmauer auf der Grenze errichtet werden [müssen].“

1. Im März 2002 stellte der Antragsteller für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage auf dem Grundstück Fl.Nr. ...5 einen Bauantrag. Dieses sollte nicht an der südlichen Grenze zum Grundstück Fl.Nr. ...6 errichtet werden, sondern mit einem Grenzabstand von 3,40 m. Die südliche Außenwand sollte mehrere Fenster aufweisen. In der Begründung des Bauantrages wurde hierzu ausgeführt, dass „in Abweichung des Vorschlages im Bebauungsplan ein Grenzabstand mit 3,40 m gewählt [wurde], wodurch aufgrund der baulichen Vorgaben durch Bestand und der günstigen Lichtverhältnisse [...] deshalb die Baugrenzen geringfügig überschritten [wurden]“. Entsprechend wurde beantragt, „diese Festlegungen zu befreien“. Mit Bescheid vom 23. April 2002 wurde dem Antragsteller die beantragte Baugenehmigung unter Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Nichteinhaltung der Baugrenzen und der Baulinie erteilt.

2. Mit Bescheid vom 29. Mai 2017 erteilte das Landratsamt Schweinfurt den Beigeladenen eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit zwei Stellplätzen auf dem Grundstück Fl.Nr. ...6. Genehmigt wurde dabei die Errichtung des Wohngebäudes direkt an der nördlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück des Antragstellers hin. Die Stellplätze sollen im südlichen Grundstücksbereich liegen. Im Zuge der Genehmigungserteilung wurde von den Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Nichteinhaltung der Baugrenzen und der Mindestgrundstücksgröße befreit.

3. Mit Schriftsatz vom 29. Juni 2017 ließ der Antragsteller Klage erheben und beantragen, die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung aufzuheben. Das Klageverfahren wird beim Bayer. Verwaltungsgericht Würzburg unter dem Aktenzeichen W 4 K 17.637 geführt.

Mit Schriftsatz vom 30. August 2017 ließ der Antragsteller beantragen,

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 29. Juni 2017 (Az. W 4 K 17.637) gegen die Baugenehmigung des Landratsamtes Schweinfurt vom 29. Mai 2017 (Az. 40.2-B-0182-2017) wird angeordnet.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Bescheid vom 29. Mai 2017 sei rechtswidrig und verletze den Antragsteller in eigenen Rechten. Das Vorhaben der Beigeladenen weise verschiedene Verstöße gegen materielles nachbarschützendes Recht auf. Die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache im Rahmen der durchzuführenden Interessenabwägung müsse daher dazu führen, dass die aufschiebende Wirkung anzuordnen sei.

Vorangestellt wurde zunächst, dass sich der Antragsteller vor Einreichung des Bauantrages für die Errichtung seines eigenen Wohnhauses mit dem Voreigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ...6 als Rechtsvorgänger der Beigeladenen abgestimmt habe. Dieser habe der Bebauung in der seinerseits beantragten und so auch genehmigten Form im Rahmen der damaligen Nachbarbeteiligung mündlich zugestimmt. Für den Fall einer eigenen Bebauung des Grundstücks Fl.Nr. ...6 habe der Antragsteller dem Rechtsvorgänger der Beigeladenen privatschriftlich zugesagt, einer seinerseits von dessen nördlicher Grundstücksgrenze abgerückten Bebauung mit einem Wohnhaus zuzustimmen, wobei stattdessen die zu errichtende Garage an der Grenze zum Grundstück des Antragstellers situiert werden solle, sodass zwischen beiden Wohnhäusern ein ausreichender Abstand bestehen würde. Weiterer Regelungsbedarf sei seinerseits nicht gesehen worden, da von verschiedener Seite bestätigt worden sei, dass dann, wenn ein Gebäude von der Grenze abgerückt errichtet werde, auch auf dem Nachbargrundstück die erforderlichen Abstandsflächen einzuhalten seien. Eine dingliche Absicherung dieser Vereinbarung durch Eintragung im Grundbuch sei jedoch nicht erfolgt. Die Genehmigung des Bauvorhabens der Beigeladenen im Widerspruch zu der mit ihrem Rechtsvorgänger getroffenen Vereinbarung führe dazu, dass nun im Abstand von 3,40 m zur südlichen Außenwand des Antragstellers mit hierin sich befindlichen Fenstern eine massive Brandwand errichtet werden würde, die insbesondere die Belichtung und Besonnung erheblich einschränken würde.

Das Vorhaben der Beigeladenen widerspreche der Festsetzung der offenen Bauweise im Bebauungsplan, da es tatsächlich in geschlossener Bauweise errichtet werden solle. Eine Befreiung sei diesbezüglich nicht erteilt worden und wäre auch nicht rechtmäßig. Zwar seien im Bebauungsplan explizit auch Doppelhäuser mit zwei an der Grundstücksgrenze aneinander gebauten Haushälften für zulässig erklärt worden. Eine Doppelhaushälfte könne jedoch dann, wenn der Bebauungsplan – wie hier – auch weitere Hausformen, insbesondere das Einzelhaus, zulasse, nur dann errichtet werden, wenn sichergestellt sei, dass ein Anbau an der seitlichen Grundstücksgrenze auf dem Nachbargrundstück erfolge. Da es in Bayern keine Baulast gebe, komme die Errichtung einer isolierten Doppelhaushälfte ohne Zustimmung des Nachbarn nicht in Betracht. Erforderlich sei darüber hinaus die Bereitschaft des Nachbarn, sein eigenes Wohnhaus ebenfalls an der Grundstücksgrenze zu errichten, was vorliegend aber ausgeschlossen sei, da das Wohnhaus auf dem Grundstück des Antragstellers bereits zulässigerweise und genehmigt mit entsprechendem Grenzabstand errichtet worden sei. Die Festsetzung im Bebauungsplan, wonach auf der Grundstücksgrenze „die Gebäude mit einer Brandmauer an oder einer gemeinsamen Brandmauer auf der Grenze errichtet werden“ müssten, habe nicht die zwingende Errichtung von Doppelhäusern zum Inhalt. Diese Festsetzung sehe noch nicht einmal zwingend eine Grenzbebauung – jedenfalls bezogen auf Hauptgebäude – vor, sondern beinhalte lediglich Vorgaben zum Brandschutz. Jedenfalls sei die Festsetzung unbestimmt und damit unwirksam. Ungeachtet dessen sei der Bebauungsplan unter Berücksichtigung des baulichen Bestands in der unmittelbaren Nachbarschaft funktionslos geworden, da die festgesetzten Baugrenzen nahezu durchgehend nicht eingehalten worden seien.

Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass vorliegend eine wirksame Festsetzung über die zwingende Errichtung von Doppelhäusern bestehe, könne das streitgegenständliche Vorhaben nicht zulässig an der Grundstücksgrenze errichtet werden, weil die Errichtung eines Doppelhauses gerade nicht möglich sei und das Vorhaben der Beigeladenen kein Doppelhaus sei. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des VG München müsse nämlich hierfür gefordert werden, dass einerseits ein einheitlicher Gesamtbaukörper durch die Bebauung auf beiden Nachbargrundstücken entstehe und dass andererseits das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden werde. Ein einseitiger Grenzbau sei in offener Bauweise unzulässig. Da seinerseits das Wohnhaus des Antragstellers unter Zustimmung des Rechtsvorgängers der Beigeladenen abgerückt von der gemeinsamen Grundstücksgrenze genehmigt und errichtet worden sei, sei eine Bindung sowohl der Grundeigentümer als auch der Genehmigungsbehörde eingetreten, sodass auch auf dem Grundstück der Beigeladenen eine Grenzbebauung nun nicht mehr zugelassen werden könne, sondern nur noch ein Einzelhaus mit entsprechendem Grenzabstand. Jedenfalls könne ein Doppelhaus auf beiden Grundstücken infolge der zulässigerweise abgerückten Bebauung durch den Antragsteller nicht mehr realisiert werden. Der hierin liegende Verstoß gegen die Festsetzung einer offenen Bauweise begründe eine Rechtsverletzung des Antragstellers, da diese Festsetzung drittschützend sei.

Darüber hinaus verstoße das streitgegenständliche Bauvorhaben auch gegen das nachbarschützende Rücksichtnahmegebot nach § 15 Abs. 1 BauNVO. Auch wenn vorliegend seitens der Genehmigungsbehörde die Einhaltung des Abstandsflächenrechts nicht zu prüfen gewesen sei, so sei doch festzustellen, dass die erforderlichen Abstandsflächen nicht eingehalten werden. Ein Fall des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO liege aufgrund der Festsetzung einer offenen Bauweise nicht vor. Soweit die Errichtung von Doppelhäusern zulässig ist, sei dies nur unter wechselseitigem Verzicht auf die Abstandsflächen möglich, was vorliegend aber nicht gegeben sei. Grundlage der Bauleitplanung der Gemeinde sei die Bayerische Bauordnung 1969 gewesen, die in ihrem Art. 6 Abs. 8 Satz 2 regelte, dass dann, wenn in geschlossener Bauweise auf einem Nachbargrundstück eine Abstandsfläche angrenze, gestattet oder verlangt werden könne, dass auch das zu beurteilende Vorhaben eine Abstandsfläche einhalte. Dieser Rechtsgedanke müsse erst recht für die hier festgesetzte offene Bauweise bei der Prüfung eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot gelten. Dies hätte zur Folge, dass im Falle des Abrückens der Bebauung von der Grenze auf einem Grundstück auch auf dem Nachbargrundstück die Einhaltung von Abstandsflächen verlangt werden könne. Jedenfalls sei das Bauvorhaben der Beigeladenen rücksichtslos unter den Aspekten Belichtung und Belüftung und entfalte eine erdrückende Wirkung. Die Beigeladenen müssten sich an der zwischen ihrem Rechtsvorgänger und dem Antragsteller getroffenen Vereinbarung bezüglich eines wechselseitigen Abrückens der Bebauung von der gemeinsamen Grundstücksgrenze festhalten lassen. Der Antragsteller habe sich auf diese verlassen und hätte andernfalls vom Erwerb und der Bebauung seines Grundstücks Abstand genommen. Eine erhebliche Erschwerung der Ausnutzung des Grundstücks der Beigeladenen für den Fall einer Einhaltung der Abstandsflächen sei demgegenüber nicht ersichtlich. Ihnen sei sowohl eine andere Anordnung der Stellplätze als auch eine Änderung der Kubatur des Baukörpers möglich und zuzumuten, welche zur Einhaltung der Abstandsflächen zum Antragsteller hin führe.

Selbst wenn vorliegend gleichwohl von offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache ausgegangen werden müsse, so müsse trotzdem die Interessenabwägung zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung führen. Die vorläufige Verwirklichung des Bauvorhabens der Beigeladenen würde nicht nur zu einer Verminderung der Wohnqualität des Antragstellers, sondern auch zu einer baulichen Verfestigung eines faktisch rechtswidrigen Zustandes führen. Es sei nicht davon auszugehen, dass selbst im Falle der Aufhebung der angegriffenen Baugenehmigung in der Hauptsache das Bauvorhaben tatsächlich wieder beseitigt oder auf dem Grundstück verrückt werde. Die vorgezogene Durchführung der Baumaßnahmen führe daher zu einem unzumutbaren Eingriff bis zur Entscheidung in der Hauptsache.

4. Das Landratsamt Schweinfurt beantragte mit Schriftsatz vom 5. September 2017 für den Antragsgegner:

Der Antrag wird abgelehnt.

Zur Begründung wurde zunächst auf die Klageerwiderung im Hauptsacheverfahren mit Schriftsatz vom 4. September 2017 verwiesen. Zur Begründung des Klageabweisungsantrages wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Der angegriffene Baugenehmigungsbescheid sei rechtmäßig und verletze den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Eine Verletzung nachbarschützender öffentlich-rechtlicher Vorschriften, die zur Versagung der Baugenehmigung geführt hätten, liege nicht vor.

Die Planung des Vorhabens der Beigeladenen entspreche weitestgehend den Festsetzungen des Bebauungsplanes „Am Breiten Rain“ der Gemeinde S... Lediglich die festgesetzte Mindestgrundstücksgröße von 450 m² werde nicht eingehalten und die festgesetzte Baugrenze um ca. 2 m Richtung Westen zur Straße ... ... und um ca. 0,50 m Richtung Süden überschritten. Die hierfür erforderlichen Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes hätten unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens antragsgemäß erteilt werden können. Die Befreiungsvoraussetzungen lägen vor.

Im Übrigen halte das Bauvorhaben die Festsetzungen des Bebauungsplanes ein, insbesondere verstoße es nicht gegen die festgesetzte offene Bauweise. Die Errichtung des Wohnhauses der Beigeladenen sei mit seitlichem Grenzabstand Richtung Süden geplant, weshalb es gerade nicht – wie vom Antragsteller vorgetragen – in geschlossener, sondern vielmehr in offener Bauweise vorgesehen sei. Durch die Festsetzung in Ziffer 3.3 des Bebauungsplanes sei für die Bebauung des Grundstücks der Beigeladenen eine Grenzbebauung an der nördlichen Grundstücksgrenze zwingend festgesetzt. Diese stelle gemäß Anlage 1 Nr. 3.3 der PlanZV die Konkretisierung der abweichenden Bauweise dar. Sie enthalte nicht nur die Festsetzung „Brandmauer“, sondern explizit auch die zwingende Grenzbebauung und sorge damit für die Bestimmtheit der Festsetzung der offenen Bauweise. Ausgeschlossen sei, dass sich diese Festsetzung einer zwingenden Grenzbebauung nicht auf Hauptgebäude, sondern auf Garagen beziehe, da im Bebauungsplan in Ziffer 2.7 sowie durch mittels Baugrenzen und Baulinien vorgesehene Baufelder Garagenstandorte zwingend festgesetzt seien. Dem Bauherrn stehe demnach gerade nicht frei, zu wählen, ob er unter Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen ein freistehendes Einzelhaus errichte oder in Abstimmung mit dem Eigentümer des Nachbargrundstücks eine an der Grenz stehende Doppelhaushälfte. Er könne darüber hinaus auch nicht gezwungen werden, eine Befreiung von der festgesetzten Grenzbebauung und eine damit verbundene weitere Überschreitung der südlichen Baugrenze auf seine Kosten zu beantragen.

Der Bebauungsplan „Am Breiten Rain“ sei rechtsverbindlich und weder ganz noch in Teilen durch die tatsächliche Entwicklung funktionslos geworden. Dieser enthalte an ca. 50 mit einem Pfeil gekennzeichneten Grundstücksgrenzen die Festsetzung der zwingenden Grenzbebauung gemäß der Ziffer 3.3 des Bebauungsplanes. Davon lägen 46 dieser Pfeile innerhalb der Bereiche, für die Hausgruppen festgesetzt seien, wobei bis auf in einen Fall, der sich ähnlich dem prozessgegenständlichen darstelle, die zwingende Grenzbebauung von allen Bauherren eingehalten worden sei. In den Bereichen des Bebauungsplanes, die als Bauweise nur Einzel- und Doppelhäuser vorsähen, sei die zwingende Grenzbebauung vier Mal, in der näheren Umgebung des Grundstücks des Antragstellers drei Mal festgesetzt und dabei von Zweien eingehalten worden. Richtig sei, dass einige Bauvorhaben die festgesetzten Baugrenzen überschritten hätten, wobei sich diese aber dennoch größtenteils innerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen befänden. Beim Wohnhaus des Antragstellers sei dies demgegenüber nicht der Fall, dieses sei fast ausschließlich außerhalb der Baugrenzen errichtet worden. Insgesamt sei die Festsetzung Ziffer 3.3 des Bebauungsplanes in 37 von 50 Fällen, also nahezu immer eingehalten worden. Eine derartige Überschreitung der festgesetzten Baugrenzen, dass von einer Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes ausgegangen werden müsse, liege nicht vor; die wenigen planwidrigen Bebauungen unter Einschluss derjenigen des Antragstellers stellten sich als „Ausreißer“ dar. Für die wenigen noch unbebauten Grundstücke im Plangebiet sei die Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht ausgeschlossen.

Insgesamt hätten sich die Beigeladenen explizit an die Festsetzungen des Bebauungsplanes gehalten. Darüber hinaus könne die festgesetzte Grenzbebauung auch auf dem Grundstück des Antragstellers durch Erweiterung seines Wohnhauses bis an die südliche Grundstücksgrenze, an der die Beigeladenen eine Brandwand errichten werden, jederzeit verwirklicht werden.

Eine Berücksichtigung privatrechtlicher Vereinbarungen zwischen Bauherren und Nachbarn im öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahren, insbesondere eine Versagung der Baugenehmigung im Falle eines Widerspruchs des Bauvorhabens zu dieser Vereinbarung, könne der Nachbar grundsätzlich nicht verlangen, da diese öffentlich-rechtliche Bestimmungen nicht außer Kraft setzen könnten. Selbst wenn zwischen dem Antragsteller und dem Voreigentümer des Grundstück Fl.Nr. ...6 eine Vereinbarung getroffen worden sein sollte, so wäre diese einerseits für das Baugenehmigungsverfahren nicht relevant und andererseits vom Antragsteller bis heute nicht vorgelegt worden. Privatrechtliche Vereinbarungen zwischen dem Antragsteller und den Beigeladenen als jetzigen Eigentümern des Grundstück Fl.Nr. ...6 existierten nicht und seien auch weder vorgetragen noch vorgelegt worden.

Da somit das von den Beigeladenen geplante grenzständige Einfamilienwohnhaus mit Brandmauer an der nördlichen Grundstücksgrenze nach alledem der festgesetzten Bauweise entspreche, hätte eine Befreiung weder beantragt noch erteilt werden müssen.

Eine für eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes erforderliche qualifizierte Störung im Sinne einer Unzumutbarkeit sei hier nicht feststellbar, insbesondere werde die Belichtung und Besonnung des Grundstücks des Antragstellers nicht unzumutbar beeinträchtigt. Ein Verstoß gegen das vorliegend ohnehin nicht zu prüfende Abstandsflächenrecht liege aufgrund der vorliegend zwingenden Grenzbebauung mit der Folge des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO nicht vor. Der vom Antragsteller vorgebrachte Art. 6 Abs. 8 Satz 2 BayBO 1969 sei vorliegend nicht anwendbar, da der betreffende Bereich nicht einer geschlossenen Bauweise entspreche. Eine erdrückende Wirkung durch das Bauvorhaben der Beigeladenen sei nicht gegeben. Dieses nehme sich hinsichtlich seiner Maße gegenüber dem Wohnhaus des Antragstellers zurück. Letzteres könne im Übrigen nach allen vier Himmelsrichtungen belichtet und belüftet werden. In Anbetracht des Abstands des Wohnhauses des Antragstellers zur nächstgelegenen Umgebungsbebauung könne ein Gefühl des „Eingemauertseins“ zweifelsohne nicht entstehen. Vielmehr sei das Bauvorhaben des Antragstellers das dominierende. Eine Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme durch das Bauvorhaben der Beigeladenen sei damit nicht gegeben. Den Beigeladenen könne nicht zugemutet werden, dass sie ausschließlich aufgrund der massiven bebauungsplanabweichenden Bauweise des Antragstellers Befreiungen vom Bebauungsplan beantragen, die sie nicht wünschten, und dafür auch noch die entstehenden Kosten übernehmen. Auch vor dem Hintergrund, dass der Vorschlag des Antragstellers, das Wohnhaus von der nördlichen Grundstücksgrenze abzurücken und unter Einhaltung von Abstandsflächen schmaler zu verwirklichen, verständlich erscheine, müssten die Beigeladenen ihr Interesse, möglichst bebauungsplankonform zu bauen, selbst bei Gleichwertigkeit der Interessen nicht hinter den Interessen des Antragstellers zurückstellen. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass das Grundstück der Beigeladenen 370 m² und das Grundstück des Antragstellers 555 m² betrage.

Letztlich resultiere die vermeintlich ungute Situation für den Antragsteller nicht aus der durch die Beigeladenen zulässigerweise geplanten Bebauung, sondern durch die massive bebauungsplanabweichende Bauweise des Antragstellers vor 15 Jahren. Insofern stelle sich die Frage, ob nicht der Wunsch des Antragstellers, die Beigeladenen mögen von ihren berechtigten Interessen abweichen, seinerseits als rücksichtslos zu bezeichnen sein müsste.

Zur Begründung des Abweisungsantrages im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes führte das Landratsamt ergänzend aus, dass das Interesse des Antragstellers dasjenige der Beigeladenen an der Ausnutzung der rechtmäßigen Baugenehmigung nicht überwiege. In Bezug auf die tatsächliche Bauausführung des Bauvorhabens des Antragstellers hätten am 29. August 2017 und 1. September 2017 Ortseinsichten des Baukontrolleurs des Landratsamtes Schweinfurt stattgefunden. Hierbei sei festgestellt worden, dass der Antragsteller in rechtswidriger Weise von der ihm erteilten Baugenehmigung abgewichen sei. Das Wohngebäude sei hinsichtlich der Wandhöhe 0,55 m zu tief eingestellt, was zu einer Erhöhung der erforderlichen Abstandsflächentiefe führe. Diese betrage tatsächlich nur 3,30 m. An der südlichen Abschlusswand sei eine ungenehmigte Abgrabung von 1 m Tiefe vorgenommen, sodass die als Kellerlichtschächte genehmigten Kellerfenster unzulässigerweise oberhalb des Geländes lägen. Zudem lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller in den Kellerräumen seines als Wohnhaus genehmigten Gebäudes ein Gewerbe betreibe. Im Übrigen widerspreche das Bauvorhaben des Antragstellers seinerseits den Festsetzungen des Bebauungsplans „Am Breiten Rain“ insoweit, als es die festgesetzte Baugrenze Richtung Westen um insgesamt 113 m² überschreite, während die Baugrenzüberschreitung der Beigeladenen nach Westen im Vergleich dazu nur 21 m² betrage. Das Bauvorhaben des Antragstellers halte zudem die Festsetzungen der Baulinie für die Garage, für den Garagenstandort sowie die zwingende Grenzbebauung mit Brandwand nicht ein. Der Antragsteller fordere von den Beigeladenen ein, dass diese in bebauungsplanabweichender Weise nicht an die Grenze bauen sollen, um seine Belichtungs- und Besonnungssituation zu verbessern, welche ausschließlich dadurch entstanden sei, dass er bebauungsplanabweichend die Baugrenze in Richtung Westen in erheblichem Maße überschritten und sein Wohnhaus ohne Brandwand mit Grenzabstand errichtet habe. Erschwerend käme hinzu, dass der Antragsteller in nicht unerheblicher rechtswidriger Weise von seiner Baugenehmigung abgewichen sei. Somit könne die Gewichtung der Interessen nicht zugunsten des Antragstellers ausfallen. Die von ihm gewählte Bauausführung könne den Beigeladenen nicht zum Nachteil gereichen. Das Interesse der Beigeladenen überwiege.

5. Die Beigeladenen haben im vorliegenden Eilverfahren keinen Antrag gestellt, ließen aber mit Schriftsatz vom 5. September 2017 Klageabweisung im Hauptsacheverfahren beantragen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das von ihnen geplante Bauvorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplanes entspreche. Der auf der streitgegenständlichen Grundstücksgrenze im Bebauungsplan eingezeichnete Pfeil in Verbindung mit der textlichen Festsetzung in Ziffer 3.3 führe dazu, dass für das Baugrundstück eine abweichende Bauweise nach § 22 Abs. 1 und Abs. 4 BauNVO, nämlich die sog. „halboffene Bauweise“ zwingend festgesetzt worden sei, welche von dem geplanten Bauvorhaben auch eingehalten werde. Der Bebauungsplan sei in seinen Festsetzungen auch nicht widersprüchlich. Die Festsetzung zur Bauweise beziehe sich immer auf Gebäude. Hiervon betroffen seien stets Einzel- und Doppelhäuser, während Nebengebäude von dieser Festsetzung nicht umfasst seien. Der Bebauungsplan sei auch nicht funktionslos geworden. Insbesondere sei in der näheren Umgebung die festgesetzte grenzständige Bebauung eingehalten worden, einzelne Befreiungen führten nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes. Die isolierte Errichtung einer Doppelhaushälfte sei von den Beigeladenen nicht beabsichtigt, vielmehr beziehe sich das Vorhaben der Beigeladenen in Übereinstimmung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans auf die grenzständige Errichtung eines Einzelhauses in halboffener Bauweise. Schließlich sei das Vorhaben auch nicht rücksichtslos, insbesondere sei eine erdrückende Wirkung weder ersichtlich noch konkret vorgetragen. Dem Antragsteller seien vielmehr bei Errichtung seines Gebäudes die Festsetzungen des Bebauungsplanes durchaus bewusst gewesen. Die behauptete Absprache zwischen dem Antragsteller und dem vormaligen Eigentümern des Grundstücks der Beigeladenen sei den Beigeladenen nicht bekannt, an derartigen Absprachen seien sie nicht beteiligt gewesen. Jedenfalls seien derartige Absprachen nicht Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens gewesen.

6. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat im Ergebnis keinen Erfolg, da er zwar zulässig, aber in der Sache unbegründet ist.

1. Der Antrag ist zunächst zulässig. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 29. Mai 2017 entfällt aufgrund der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung des § 212a Abs. 1 BauGB i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, sodass im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO statthaft ist.

Dem Antragsteller steht auch die erforderliche Antragsbefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO zu. Als Eigentümer des nördlich an das Grundstück Fl.Nr. ...6 angrenzenden Grundstücks Fl.Nr. ...5 ist er im baurechtlichen Sinne Nachbar des Bauvorhabens. Er kann sich daher hinsichtlich der geltend gemachten Beeinträchtigungen jedenfalls auf das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme berufen.

2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

Im Verfahren nach §§ 80a Abs. 1, Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene, originäre Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Das Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung ist mit den Interessen des Antragstellers an einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Maßgebliches Kriterium innerhalb dieser vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.1987 – 26 CS 87.01144 –, BayVBl. 1988, 369). Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, überwiegt das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse (BayVGH, B.v. 12.4.1991 – 1 CS 91.439 –, BayVBl 1991, 720). Stellt sich der Verwaltungsakt hingegen als offensichtlich rechtmäßig dar, überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2011 – 14 CS 11.535 –, juris). Lässt sich hingegen bei summarischer Überprüfung eine derartige Offensichtlichkeitsbeurteilung nicht treffen, kommt es entscheidend auf eine Abwägung der Folgen einer vorläufigen Ausnutzung der Baugenehmigung durch die Beigeladenen auf der einen Seite und einer einstweiligen Aussetzung der Baugenehmigung zugunsten des Antragstellers bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren auf der anderen Seite an, wobei hierbei insbesondere den Möglichkeiten der Rückabwicklung dieser Folgen besonders Gewicht beizumessen wäre.

Bezüglich der Frage nach den Erfolgsaussichten in der Hauptsache ist vorliegend zu berücksichtigen, dass sich ein Nachbar nur dann mit Erfolg gegen die einem Dritten erteilte bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens zur Wehr setzen kann, wenn hierbei öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt (vgl. BVerwG, U.v. 26.9.1991 – 4 C 5/87 –, BVerwGE 89, 69; BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 –, juris Rn. 20). Nur in diesen Fällen wäre nämlich der Nachbar durch die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Dies zugrunde gelegt, ist die Kammer aufgrund der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung zu der Auffassung gelangt, dass die Klage des Antragstellers in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, sodass das Vollzugsinteresse der Beigeladenen das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt.

Nach vorläufiger Einschätzung der Kammer verstößt die angefochtene Baugenehmigung nicht gegen im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften, die dem Schutz des Antragstellers dienen.

2.1 Entgegen der Ansicht des Antragstellers verstößt die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung nicht gegen die bauleitplanerische Festsetzung einer offenen Bauweise. Die Grenzbebauung durch die Beigeladenen stellt sich nicht als planwidrige Verwirklichung einer geschlossenen Bauweise dar, sondern als plankonforme Verwirklichung der vom Bebauungsplan für die zwischen den streitbefangenen Grundstücken verlaufende Grenze festgesetzten zwingenden Grenzbebauung mittels des eingezeichneten Pfeiles und der erläuternden textlichen Festsetzung Ziffer 3.3. Nach Auslegung der Kammer handelt es sich bei dieser Festsetzung um eine solche zur Bestimmung der Bauweise i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB, § 22 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 BauNVO, welche auf den in Rede stehenden Grundstücken eine Situierung der Hauptgebäude auf dem Grenzverlauf als zwingend festsetzt.

Es handelt sich bei dieser Festsetzung nicht, wie die Vertreterin des Antragstellers vorträgt, lediglich um eine solche mit Vorgaben zum Brandschutz. Denn für eine isoliert-eigenständige Festsetzung der zwingenden Errichtung einer Brandwand bzw. -mauer in einem Bebauungsplan halten weder das Bauplanungsrecht in § 9 BauGB noch die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen über örtliche Bauvorschriften in Art. 81 BayBO eine Rechtsgrundlage vor. Die Pflicht zur Errichtung von Brandwänden ist vielmehr eine solche gefahrenabwehrrechtlicher und damit bauordnungsrechtlicher Natur und ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, vgl. Art. 28 BayBO. Bereits der Wortlaut der textlichen Festsetzung Ziffer 3.3 des Bebauungsplanes, welche aufgrund der im Bebauungsplan eingezeichneten Pfeilmarkierung auf der hier streitbefangenen Grundstücksgrenze im Verhältnis beider Nachbargrundstücke Anwendung findet, bestimmt, dass „die Gebäude [...] an oder [...] auf der Grenze errichtet werden [müssen].“ Soweit hierbei festgesetzt ist, dass diese Grenzbebauung „mit einer Brandmauer [...] oder einer gemeinsamen Brandmauer“ zu erfolgen hat, so wird hierdurch lediglich die Verpflichtung aus Art. 28 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4 BayBO wiederholt, ohne dass der Festsetzung in dieser Hinsicht ein eigenständiger Regelungsgehalt zukäme. Die Betonung der Festsetzung liegt eindeutig auf der Anordnung zwingender Grenzbebauung.

Die Festsetzung Ziffer 3.3 des Bebauungsplanes, welche für einzelne Grundstücke mittels Pfeildarstellung auf der Grundstücksgrenze für anwendbar erklärt wird, stellt sich vielmehr als eine Festsetzung zur Bauweise dar, welche die Bauweise i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB, § 22 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 BauNVO auf den betroffenen Grundstücken in Abweichung zu der für das in Rede stehende Baugebiet zunächst allgemein getroffenen Anordnung einer offenen Bauweise, in der nur Einzel- und Doppelhäuser zulässig sind, für die jeweiligen Grundstücke besonders regelt. Da der Bebauungsplan die Bebaubarkeit sämtlicher Grundstücke im Plangebiet parzellengenau regeln kann und soll, bestehen keine durchgreifenden Bedenken dagegen, der Gemeinde im Rahmen der Bauleitplanung zu gestatten, zunächst für das gesamte Plangebiet oder einen größeren Teil hiervon bestimmte allgemeinere Festsetzungen zu treffen, die als solche nur anzuwenden sein sollen, soweit der Bebauungsplan keine anderweitige Regelung trifft. Anknüpfend hieran kann die planende Gemeinde sodann für einzelne Grundstücke speziellere Festsetzungen treffen, die die allgemeineren Bestimmungen in ihrer Anwendbarkeit auf das konkrete Baugrundstück modifizieren oder gar zurückdrängen. Eine derartige Regelungsstruktur des Bebauungsplanes wird sich insbesondere in solchen Fällen anbieten, in denen – wie hier – ein besonders großes Gemeindegebiet überplant und dabei zahlreiche und detaillierte Festsetzungen getroffenen werden sollen. Insoweit fördert dies die Übersichtlichkeit des Bebauungsplanes, ungeachtet des Umstandes, dass dies für die korrekte Rechtsanwendung im Einzelfall ein besonders sorgfältiges Studium seiner zeichnerischen und textlichen Festsetzungen erforderlich machen kann. Soweit die Vertreterin des Antragstellers vorbringt, dass die Gemeinde, sollte sie für das Baugrundstück eine zwingende Grenzbebauung angedacht haben, eine eindeutigere Festsetzung anhand des Festsetzungskataloges der Planzeichenverordnung getroffen hätte, so kann dem nicht gefolgt werden. Die Planzeichenverordnung ist zwar ein Instrument zur Vereinheitlichung und Vereinfachung der Regelungen der städtebaulichen Ordnung und Entwicklung durch die Gemeinden, zwingende Bindungswirkung in dem Sinne, dass die Gemeinden auf die Inanspruchnahme ihres Festsetzungskataloges beschränkt wären, kommt der Planzeichenverordnung jedoch nicht zu (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2001 – 4 BN 42/00 –, NVwZ-RR 2001, 422). Insbesondere hat die Gemeinde nach § 2 Abs. 2 PlanZV die Möglichkeit, eigene Planzeichen zu „erfinden“, soweit dies für die Darstellung des Planinhaltes erforderlich ist. Die Bestimmtheit derartiger Planzeichen wird durch die Erläuterungspflicht im Wege textlicher Erklärungen nach § 2 Abs. 4 PlanZV in jedem Fall sichergestellt. Schließlich könnten selbst Verstöße gegen die Planzeichenverordnung nach § 2 Abs. 5 PlanZV nicht zur Unbestimmtheit und damit Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplanes führen, soweit sich ihr Inhalt im Übrigen hinreichend deutlich aus dem Bebauungsplan ergibt. Dies ist vorliegend der Fall. Der Inhalt der in Streit stehenden Festsetzung ergibt sich aus der textlichen Erläuterung in Ziffer 3.3 des Bebauungsplanes, während die davon in Bezug genommene zeichnerische Kenntlichmachung durch Pfeileinzeichnung auf konkreten Grundstücksgrenzen den jeweiligen räumlichen Anwendungsbereich dieser Festsetzung wiedergibt. Ein Bestimmtheitsmangel dieser Festsetzung lässt sich daher entgegen den Bedenken des Antragstellers nicht konstatieren.

Ordnet demnach Ziffer 3.3 des Bebauungsplanes i. V. m. der zeichnerischen Pfeilfestsetzung für das Grundstück der Beigeladenen und das Grundstück des Antragstellers eine zwingende Bebauung auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze an, so wird hierdurch eine Bebauung in Gestalt eines Doppelhauses auf beiden Grundstücken i. S. d. § 22 Abs. 2 S. 3 BauNVO zwingend festgesetzt. Für eine Doppelhausfestsetzung spricht vorliegend zudem auch das auf beiden Grundstücken durchgehend über die Grundstücksgrenzen gezogene Baufenster, welches für eine plankonforme Doppelhausbebauung zwar nicht allein ausreichend, bei Festsetzung einer offenen Bauweise jedoch erforderlich ist (OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 6.5.2015 – 8 C 10974/14 –, juris Rn. 34). Eine andere Form der Bebauung des Grundstücks der Beigeladenen als eine Grenzbebauung käme aufgrund der geringen Grundstücksgrenze und der Situierung des Baufensters auch rein faktisch kaum ernsthaft in Betracht, um eine sinnvolle bauliche Ausnutzung der Grundstücksfläche zu gewährleisten, was zusätzlich dafür spricht, dass die planende Gemeinde vorliegend eine Grenzbebauung angedacht hatte. Insoweit wird also durch diese Festsetzung einer zwingenden beidseitigen Grenzbebauung die allgemeine Festsetzung des Bebauungsplanes der Zulässigkeit von Einzel- und Doppelhäusern in offener Bauweise für das in Rede stehende Baugebiet, welche den jeweiligen Bauherren ein diesbezügliches Wahlrecht einräumt, für die vorliegenden Grundstück dergestalt modifiziert, dass ein solches Wahlrecht nicht besteht, sondern allein eine Doppelhausbebauung zulässig sein soll. Dieses Auslegungsergebnis wird auch durch einen Blick auf anderen Grundstückspaare im in Rede stehenden Baugebiet, bei denen für die gemeinsame Grundstücksgrenze mittels Pfeilzeichen die textliche Festsetzung Ziffer 3.3 für anwendbar erklärt wurde, und die mit einem Doppelhaus auf beiden Grundstücken bebaut sind, bestätigt. Insoweit bestehen auch für die vom Antragsteller geltend gemachte Funktionslosigkeit der Festsetzung keine Anhaltspunkte, zumal bereits nach seinem eigenen Vorbringen Widersprüche zu den Festsetzungen des Bebauungsplanes in der näheren Umgebung nur hinsichtlich der festgesetzten Baufenster existieren. Der Antragsteller berücksichtigt dabei schon nicht hinreichend, dass es sich bei der Festsetzung der Bauweise nach § 22 BauNVO einerseits und der Festsetzung der überbaubaren Grundstücksfläche nach § 23 BauNVO andererseits um unterschiedliche Festsetzungen handelt, die im Falle der Unwirksamkeit oder Funktionslosigkeit der einen oder der anderen nicht auch für die jeweils andere Festsetzung automatisch diese Rechtsfolge begründet.

Die den Beigeladenen mit der angegriffenen Baugenehmigung ermöglichte Realisierung einer Grenzbebauung stellt sich damit als Verwirklichung des Bauvorhabens in offener Bauweise und nicht, wie der Antragsteller meint, in geschlossener Bauweise dar. Setzt ein Bebauungsplan eine offene Bauweise fest, so sind, vorbehaltlich anderweitiger Festsetzungen, auf den betroffenen Grundstücken nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen zu errichten. Mit der Zulassung von Doppelhäusern (und Hausgruppen) hat der Verordnungsgeber eine Modifikation der offenen Bauweise vorgenommen, indem er diese Gebäude, die sich dadurch auszeichnen, dass sie gerade ohne seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtet werden, bauplanungsrechtlich als Einheit betrachten lässt, was zur Folge hat, dass die für die offene Bauweise kennzeichnenden seitlichen Grenzabstände von dem Baukörper des gemeinsamen Grenzbaus als baulicher Einheit, nicht aber untereinander, einzuhalten sind (BVerwG, U.v. 24.2.2000 – 4 C 12/98 –, juris Rn. 17). Ein Doppelhaus entsteht demnach, wenn zwei Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze dergestalt aneinander gebaut werden, dass sie als einheitlicher Baukörper erscheinen, wobei weder erforderlich ist, dass beide Haushälften völlig deckungsgleich errichtet werden, noch, dass die jeweilige Grenzbebauung zeitgleich erfolgt (BVerwG, U.v. 24.2.2000 – 4 C 12/98 –, juris Rn. 18; Blechschmidt, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 124. EL Februar 2017, § 22 BauNVO Rn. 27).

Soweit der Antragsteller die Unzulässigkeit der Grenzbebauung durch die Beigeladenen unter Verweis auf die sog. „Doppelhaus-Rechtsprechung“ des BVerwG (U.v. 24.2.2000 – 4 C 12/98 –, juris) damit begründen will, dass infolge des Umstandes, dass er sein eigenes Wohnhaus in Abweichung zur Festsetzung des Bebauungsplans unter Einhaltung eines seitlichen Grenzabstandes zum Grundstück der Beigeladenen errichtet hat, eine Realisierung des Baus eines einheitlichen Doppelhausbaukörpers in absehbarer Zeit ausgeschlossen erscheinen soll, vermag er damit nicht durchzudringen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte in der zitierten Entscheidung ausgeführt (BVerwG, a. a. O. Rn. 20 f.):

„Die bauplanungsrechtliche Festsetzung des Doppelhauses verlangt ferner, daß die beiden „Haushälften“ in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Insoweit enthält das Erfordernis einer baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element. Dies hat das Berufungsgericht nicht erkannt. In dem System der offenen Bauweise, das durch seitliche Grenzabstände zu den benachbarten Grundstücken gekennzeichnet ist, ordnet sich ein aus zwei Gebäuden zusammengefügter Baukörper nur ein und kann somit als Doppelhaus gelten, wenn das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird. Ein einseitiger Grenzanbau ist in der offenen Bauweise unzulässig. Die Zulässigkeit einer Bebauung als Doppelhaus setzt daher in Gebieten der offenen Bauweise den wechselseitigen Verzicht auf seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze voraus. Dieser Verzicht bindet die benachbarten Grundeigentümer bauplanungsrechtlich in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs ein: Ihre Baufreiheit wird zugleich erweitert und beschränkt. Durch die Möglichkeit des Grenzanbaus wird die bauliche Nutzbarkeit der (häufig schmalen) Grundstücke erhöht. Das wird durch den Verlust seitlicher Grenzabstände an der gemeinsamen Grenze, die Freiflächen schaffen und dem Wohnfrieden dienen, „erkauft“. Diese enge Wechselbeziehung, die jeden Grundeigentümer zugleich begünstigt und belastet, ist Ausdruck einer planungsrechtlichen Konzeption. Sie ist aus städtebaulichen Gründen (Steuerung der Bebauungsdichte, Gestaltung des Orts- oder Stadtbildes) gewollt und begründet ein nachbarliches Austauschverhältnis, das nicht einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden darf.“

Die Kammer stellt diese vom BVerwG für die Zulässigkeit einer Doppelhausbebauung in offener Bauweise entwickelten Grundsätze nicht in Abrede, sondern folgt dieser Rechtsprechung in der von dem Revisionsgericht beurteilten Fallkonstellation darin, dass die Errichtung einer Doppelhaushälfte nur in einer durch die Grundstücksnachbarn abgestimmten Weise auf Grundlage der Gegenseitigkeit erfolgen kann, was in Anbetracht des Umstandes, dass es in Bayern keine Baulasten gibt, grundsätzlich eine wechselseitige Zustimmung zum gegenseitigen Verzicht auf die Einhaltung beider Grenzabstände und ein gewisses Maß an planerischer Abstimmung der Bauherren erfordert (vgl. Dhom/Franz/Rauscher, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 125. EL Mai 2017, Art. 6 Rn. 45). Der Antragsteller übersieht jedoch, dass das Erfordernis der Zustimmung des Grundstücksnachbarn zur einseitigen Doppelhausbebauung und der zeitnahen Realisierbarkeit des Gesamtbaukörpers vom BVerwG und der weiteren instanzgerichtlichen Rechtsprechung ausdrücklich nur für die Fälle aufgestellt worden ist, in denen der jeweils zugrunde liegende Bebauungsplan eine offene Bauweise mit der Maßgabe festgesetzt hatte, dass entweder Einzel- oder Doppelhäuser zulässig sind (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2000 – 4 C 12/98 –, juris; BVerwG, B.v. 1.2.2016 – 4 BN 26/15 –, juris; BayVGH, B.v. 10.11.2000 – 26 CS 99.2102 –, juris; VG Karlsruhe, U.v. 16.4.2014 – 4 K 3205/12 –, juris), oder in denen sich im unbeplanten Innenbereich die nähere Umgebung als faktische offene Bauweise mit sowohl Einzel- als auch Doppelhausbebauung darstellte (vgl. BVerwG, U.v. 5.12.2013 – 4 C 5/12 –, juris; BayVGH, B.v. 31.1.2011 – 1 ZB 08.2498 –, juris; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, B.v. 28.1.2016 – 8 B 11203/15 –, juris; VG Gelsenkirchen, B.v. 2.8.2011 – 5 L 579/11 –, juris). All diesen Fällen war gemein, dass nach den bauleitplanerischen Festsetzungen oder dem Maßstab der Umgebungsbebauung in zunächst plankonformer Weise bzw. unter Einfügung in die nähere Umgebung auf dem fraglichen Baugrundstück sowohl ein Einzelhaus als auch eine Doppelhaushälfte hätte errichtet werden können, dem jeweiligen Bauherren also ein prinzipielles Wahlrecht zukam, welche Hausform er in der offenen Bauweise errichten wollte (so ausdr. BVerwG, B.v. 1.2.2016 – 4 BN 26/15 –, juris Rn.3). Soweit die Rechtsprechung in diesen Fällen an die bauplanungsrechtlich zulässige Errichtung einer Doppelhaushälfte das Erfordernis der Gegenseitigkeit in Gestalt wechselseitiger Verträglichkeit und abgestimmter Bauweise gestellt hat, so wurde damit das dem Bauherrn zukommende Wahlrecht inhaltlich eingeschränkt mit der Folge, dass ohne Zustimmung des Nachbarn der jeweils konkrete isolierte Grenzbau planungsrechtlich unzulässig war. Grundlage der Zulässigkeit der Grenzbebauung ist in derartigen Fällen also gerade das vom Antragsteller bemühte Gegenseitigkeitserfordernis als der wechselseitige Verzicht auf seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze, der die benachbarten Grundeigentümer bauplanungsrechtlich in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs einbindet (BVerwG, U.v. 24.2.2000 – 4 C 12/98 –, juris Rn. 21). Ein solcher „Verzicht“ der Grundstücksnachbarn auf die Einhaltung seitlicher Grenzabstände in offener Bauweise ist jedoch nur dort möglich, wo diese Grenzabstände überhaupt zur Disposition der Bauherren stehen, sprich, wo ihnen ein Wahlrecht hinsichtlich der nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO zulässigen Hausformen zukommt. Setzt der Bebauungsplan jedoch für das konkrete Baugrundstück eine bestimmte Bauweise oder eine bestimmte Hausform als zwingend fest, so steht dem Bauherrn das angesprochene Wahlrecht bereits von vornherein nicht zu, sodass ihm in Verwirklichung der bauleitplanerischen Festsetzungen eine derartige Verzichtsmöglichkeit auf seitliche Grenzabstände ebenso nicht zukommt. Setzt der Bebauungsplan – wie vorliegend durch die Ziffer 3.3 i.V.m. der Pfeilmarkierung – einen zwingenden Grenzanbau beidseits der Grundstücksgrenze fest, so liegt der Grenzbebauung der Nachbargrundstücke gerade kein gegenseitiger freiwilliger Verzicht auf Grenzabstände als Ausdruck ihres Wahlrechts hinsichtlich der zu verwirklichenden Hausform zugrunde, sondern die hoheitliche Planungsentscheidung im Bebauungsplan selbst. In solchen Fällen wird also das vom BVerwG in Bezug genommene, die Zulässigkeit einer Doppelhausbebauung einerseits erst ermöglichende und andererseits begrenzende „nachbarlich[e] Austauschverhältnis, das nicht einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden darf“ (BVerwG, U.v. 24.2.2000 – 4 C 12/98 –, juris Rn. 21), nicht von den beiden Grundstücksnachbarn bewusst und gewollt im Wege eines Verzichts auf Grenzabstände eingegangen, sondern ihnen bereits durch eine Rechtsnorm in Gestalt des Bebauungsplans, also kraft Hoheitsaktes auferlegt. Ein Wahlrecht der Bauherren, eine andere Hausform als die zugelassene Doppelhausbebauung zu verwirklichen, besteht dann nicht, sodass sich der Baunachbar gegen einen Grenzbau daher auch nicht mit dem Vortrag zur Wehr setzen kann, es fehle an seiner Zustimmung oder die Umsetzung eines einheitlichen Doppelhausbaukörpers sei in absehbarer Zeit ausgeschlossen. Setzt ein Bebauungsplan – wie hier die Ziffer 3.3 i.V.m. der Pfeilmarkierung – eine zwingende Grenzbebauung fest, ist also auch die isolierte Errichtung einer Doppelhaushälfte ohne Verstoß gegen die Festsetzung einer offenen Bauweise bauplanungsrechtlich zulässig (ebenso Dhom/Franz/Rauscher, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 125. EL Mai 2017, Art. 6 Rn. 46).

Eine andere Folge wird auch durch die vom Antragsteller vorgebrachten Erwägungen nicht nahe gelegt.

Soweit er anführen lässt, die Festsetzung einer Grenzbauweise in Ziffer 3.3 des Bebauungsplanes beziehe sich nicht nur auf Hauptgebäude, sondern erstrecke sich auf Nebengebäude, sodass ihr beispielsweise mit einer grenzständigen Garage Rechnung getragen werden könne, verkennt er, dass es sich dabei um eine Festsetzung zur Bauweise handelt. Der Begriff der Bauweise wird definiert als die Art und Weise, in der (Haupt-)Gebäude auf einem Grundstück im Verhältnis zu den Nachbargrundstücken und deren Grenzen angeordnet werden (Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, U.v. 12.3.2009 – 1 KN 12/08 –, juris Rn. 73). Schon der Wortlaut des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO bezieht sich nämlich hinsichtlich der Frage, welche Arten von Gebäuden Grenzabstände in offener Bauweise einzuhalten haben, explizit auf Häuser, und zwar in Gestalt von Einzel- und Doppelhäusern und Hausgruppen, also erkennbar nur auf solche Gebäude, die unmittelbar der Hauptnutzung des Baugrundstücks dienen. Für Festsetzungen in Bebauungsplänen, die die Bauweise und die überbaubaren Grundstücksflächen bestimmen, gilt ihrerseits nichts anderes (VG Karlsruhe, U.v. 16.4.2014 – 4 K 3205/12 –, juris Rn. 28). Der Bebauungsplan „Am Breiten Rain“ differenziert im Übrigen selbst zwischen Hauptgebäuden und Nebengebäuden, etwa in Ziffer 3.2 hinsichtlich der Dachneigung von Hauptgebäuden einerseits und Garagen andererseits, wohingegen nach Ziffer 3.5 (sonstige) Nebengebäude generell für unzulässig erklärt werden. Gegen eine Situierung von Nebenanlagen an den Grundstücksgrenzen in den Baufenstern für die Hauptgebäude spricht vorliegend zudem, dass der Bebauungsplan – so auch auf den in Streit stehenden Grundstücken – ausdrücklich eigenständige Baufenster und Baulinien für Garagen vorhält.

Auch die vom Antragsteller vorgebrachte und im Verwaltungsverfahren bisher nicht belegte Behauptung, mit dem Voreigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ...6 habe eine Vereinbarung dergestalt bestanden, dass beide Grundstücke jeweils mit Grenzabstand zur gemeinsamen Grundstücksgrenze bebaut werden sollen, würde keine Verletzung eigener Rechte des Antragstellers durch die angefochtene Baugenehmigung begründen. Abgesehen davon, dass privatrechtliche Vereinbarungen im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen sind, können sie auch keine Aussetzung zwingender öffentlich-rechtlicher Anforderungen an die Bebaubarkeit von Grundstücken bewirken. Ihnen käme ohnehin, da sie mangels Eintragung als Dienstbarkeit in Abteilung II des Grundbuches keine dingliche Wirkung entfalten könnten, keine Bindungswirkung gegenüber den Beigeladenen als Rechtsnachfolger des ursprünglichen Vertragspartners zu.

Schließlich führt auch der Umstand an sich, dass der Antragsteller aufgrund seiner Baugenehmigung aus dem Jahre 2002 unter Abrückung von der gemeinsamen Grundstücksgrenze ein Wohnhaus mit Grenzabstand errichtet hatte, nicht dazu, dass er sich nunmehr einer Grenzbebauung durch die Beigeladenen unter Berufung auf die Festsetzungen des Bebauungsplanes erwehren könnte. In Fällen einer als zwingend festgesetzten Grenzbebauung kann derjenige, der hiervon abweichend gebaut hat, gegen eine spätere plankonforme Grenzbebauung durch den Nachbarn nicht beanspruchen, dass dieser sein Grundstück ebenfalls nur unter Suspendierung oder gar unter Verstoß gegen die bauleitplanerischen Festsetzungen bebaut und nutzt. Soweit die Bevollmächtigte des Antragstellers hierzu eine entsprechende Anwendung des Rechtsgedankens des Art. 6 Abs. 8 Satz 2 BayBO 1969 befürwortet, um einen Anspruch des Antragstellers zu begründen, die Einhaltung von Abstandsflächen durch die Beigeladenen verlangen zu können, so kann dem nicht gefolgt werden. Nach Art. 6 Abs. 8 Satz 2 BayBO 1969 konnte aus Gründen des Art. 3 BayBO 1969, also aus solchen bauordnungsrechtlicher Natur, verlangt werden, dass in dem Fall, in dem in der geschlossenen Bauweise auf einem Nachbargrundstück eine Abstandsfläche angrenzt, auf dieser Seite ebenfalls eine Abstandsfläche eingehalten wird. Diese Vorschrift wurde mittlerweile bewusst aufgehoben, da sie und andere ihr vergleichbare Vorschriften des Landesbauordnungsrechts im Hinblick auf Zweifel an ihrer Bestimmtheit und ihrer Vereinbarkeit mit den städtebaulichen Vorschriften des Bundes über die Bauweise nur unter erheblich einschränkender Auslegung Anwendung finden konnten (vgl. BVerwG, B.v. 12.1.1995 – 4 B 197/94 –, juris Rn. 6 f. zu § 8 Abs. 1 Satz 4 LBO RhPf). In der Sache beruft sich der Antragsteller vielmehr auf die Vorschrift des § 22 Abs. 3 Halbsatz 2 BauNVO, die aber nur eine Abweichungsmöglichkeit in Fällen einer festgesetzten geschlossenen Bauweise vorhält, auf Fälle einer festgesetzten zwingenden Doppelhausbebauung jedoch weder unmittelbare noch, mangels vergleichbarer Interessenlage, entsprechende Anwendung findet. Den von der Bevollmächtigten des Antragstellers angenommenen Automatismus, dass grenzständig geplante Vorhaben schon aufgrund des Vorhandenseins eines Grenzabstands auf dem Nachbargrundstück bauplanungsrechtlich unzulässig sind, gibt es nicht (BayVGH, U.v. 4.5.2017 – 2 B 16.2432 –, juris Rn. 29 unter dem Blickwinkel des Gebotes der Rücksichtnahme).

Nach alledem verstößt die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung nicht gegen die Festsetzung einer offenen Bauweise, sodass der Antragsteller hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt sein kann.

2.2 Eine Verletzung drittschützender Rechte durch die erteilten Befreiungen von den Festsetzungen zur Mindestgrundstücksgröße und dem Baufenster erscheint vorliegend ausgeschlossen. Beide Festsetzungen sind mangels entgegenstehender Anhaltspunkte dahingehend, dass ihnen die planende Gemeinde über ihre baugestalterische Funktion Aufgaben des Schutzes der betroffenen Grundstücksnachbarn zukommen lassen wollte, nicht nachbarschützend.

2.3 Schließlich stellt sich das Bauvorhaben auch nicht als rücksichtslos gegenüber dem Antragsteller dar. Vorangestellt sei hierbei zunächst noch einmal, dass es keinen Automatismus dahingehend gibt, dass ein grenzständig geplantes Vorhaben schon im Hinblick auf das Vorhandensein eines Grenzabstands auf dem Nachbargrundstück als rücksichtslos anzusehen ist, und zwar auch nicht aufgrund des Rechtsgedankens in § 22 Abs. 3 BauNVO (vgl. BayVGH, U.v. 4.5.2017 – 2 B 16.2432 –, juris Rn. 29). Vielmehr ist die Frage, ob die vorhandene Bebauung des Antragstellers aus Gründen des nachbarschützenden Gebotes der Rücksichtnahme ein Abrücken auch der geplanten Bebauung der Beigeladenen von der gemeinsamen Grundstücksgrenze erfordert, ebenso wie im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 3 BauNVO bei festgesetzter geschlossener Bauweise aufgrund einer Abwägung zwischen den auf der vorhandenen Bebauung beruhenden, objektiv für ein Abrücken von einer seitlichen Grundstücksgrenze sprechenden Gründen auf der einen und dem Interesse des Bauherrn, die an sich gegebene Möglichkeit des Grenzanbaus auszunutzen, auf der anderen Seite, zu entscheiden. Nur wenn danach der Grenzanbau für den Nachbarn unzumutbar und damit rücksichtslos wäre, könnte der Antragsteller die Einhaltung eines Grenzabstandes verlangen (BayVGH, U.v. 4.5.2017 – 2 B 16.2432 –, juris Rn. 29).

Das Gebot der Rücksichtnahme findet im vorliegenden Zusammenhang über § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO Eingang in die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Bauvorhabens der Beigeladenen. Es zielt darauf ab, bodenrechtliche Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, zu vermeiden. Es soll dabei einen angemessenen Interessenausgleich gewährleisten und vermittelt insofern Drittschutz, als die Baugenehmigungsbehörde hierdurch gezwungen wird, in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Belange eines erkennbar abgrenzbaren Kreises Dritter zu achten. Nach gefestigter Rechtsprechung hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, dabei wesentlich von den jeweiligen Umständen ab, wobei die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge billigerweise zuzumuten ist, gegeneinander abzuwägen sind (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – IV C 22.75 –, DVBl. 1977, 722 ff.; BVerwG, U.v. 6.10.1989 – 4 C 14/87 –, juris Rn. 14; BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1/04 –, juris Rn. 22 m.w.N.). Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen; je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 –, juris Rn. 40). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (BVerwG, U.v. 25.2.1977 – IV C 22.75 –, juris Rn. 22).

Gemessen hieran stellt sich das Bauvorhaben der Beigeladenen nicht als rücksichtslos dar.

Zu berücksichtigen ist hierbei zunächst, dass der Antragsteller gegenüber einer grenzständigen Bebauung auf dem südlich angrenzenden Nachbargrundstück nur in bedingtem Maße schutzwürdig ist. Ursache und Kern des vorliegenden Nachbarstreits sind nämlich keineswegs darin zu erblicken, dass nunmehr die Beigeladenen eine plankonforme Bebauung auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze beabsichtigen, sondern im Grunde genommen in dem Umstand, dass der Antragsteller im Jahre 2002 seinerseits eine planwidrige Bebauung seines Grundstücks unter Inanspruchnahme eines seitlichen Grenzabstandes zum nunmehrigen Grundstück der Beigeladenen errichten ließ. Ungeachtet des Umstandes, dass aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Bestandskraft der dem Antragsteller erteilten Baugenehmigung das von ihm errichtete Wohngebäude Bestandsschutz genießt, ist gleichwohl im Rahmen der Ermittlung und Bewertung der zur Beurteilung eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot erforderlichen nachbarlichen Interessen auch die Baurechtskonformität der von ihnen verwirklichten Bebauung in den Blick zu nehmen (BVerwG, U.v. 24.9.1992 – 7 C 6/92 –, juris Rn. 15). Vorliegend ist dabei zu konstatieren, dass das Einzelwohnhaus des Antragstellers materiell illegal ist, da es im Gegensatz zu dem von den Beigeladenen geplanten Wohnhaus seinerseits der Festsetzung einer zwingenden Doppelhausbebauung in offener Bauweise widerspricht. Die ihm erteilte Baugenehmigung vom 23. April 2002 wurde zwar unter Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Nichteinhaltung der Baugrenzen und der Baulinie erlassen, nicht jedoch auch hinsichtlich der vorgeschriebenen Grenzbebauung nach Ziffer 3.3. Eine solche wäre aber in Anbetracht des zwingenden Charakters dieser Festsetzung objektiv erforderlich gewesen, um eine Bebauung unter Einhaltung eines Grenzabstandes verwirklichen zu können, wenngleich es äußerst zweifelhaft erscheint, ob hierfür die Befreiungsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB, insbesondere die Wahrung der Grundzüge der Planung und die ausreichende Würdigung nachbarlicher Interessen, vorliegen würden. Aus der Bauakte betreffend das Bauvorhaben des Antragstellers, insbesondere aus dem darin befindlichen Amtsplan, in welchem die vom damaligen Sachbearbeiter für als einschlägig erachteten Festsetzungen des Bebauungsplanes auf die vom Antragsteller geplante Grundstücksbebauung übertragen wurden, ist nicht ersichtlich, dass im damaligen Baugenehmigungsverfahren die Festsetzung Ziffer 3.3 Beachtung gefunden hat, zumal eine entsprechende Befreiungserteilung vom Antragsteller auch nicht beantragt worden war. Andernfalls wäre eine Befreiung von dieser Festsetzung erfolgt. Da dies nicht der Fall war, stellt sich die dem Antragsteller erteilte Baugenehmigung eines Einzelwohnhauses als versteckter Dispens dar und macht diese materiell rechtswidrig. Eine materiell illegale bauliche Nutzung kann jedoch gegenüber einer Nachbarbebauung – und zwar erst recht gegenüber einer plankonformen – nicht dieselbe Schutzwürdigkeit für sich in Anspruch nehmen wie eine materiell legale bauliche Nutzung (vgl. BVerwG, U.v. 24.9.1992 – 7 C 6/92 –, juris Rn. 15).

Dies zugrunde gelegt, kann ein Rücksichtnahmeverstoß gegenüber dem Antragsteller durch die seitens der Beigeladenen geplante Grenzbebauung nicht festgestellt werden.

Verstöße gegen das Abstandsflächenrecht, welches im vereinfachten Genehmigungsverfahren ohnehin nicht zu prüfen gewesen ist, lassen sich vorliegend entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht feststellen. Da für die in Rede stehenden Grundstücke durch Ziffer 3.3 des Bebauungsplanes i. V. m. der Pfeilzeichnung auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze eine beidseitige Grenzbebauung durch Bauplanungsrecht zwingend vorgeschrieben ist, bedarf es nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO der Einhaltung seitlicher Abstandsflächen nicht. Insoweit lässt sich ein Rücksichtnahmeverstoß aus der Grenzbebauung der Beigeladenen nicht herleiten.

Der Sozialfrieden zwischen beiden Wohngebäuden ist ungeachtet des Umstandes, dass die südliche Außenwand des Gebäudes des Antragstellers über Fenster verfügt, gewahrt, da die von den Beigeladenen grenzständig geplante nördliche Außenwand ihres Wohnhauses in Gestalt einer Brandmauer fensterlos errichtet werden soll und damit keine Einsichtsnahmemöglichkeiten in die Sozialräume des Antragstellers eröffnet.

Soweit der Antragsteller vorbringen lässt, die grenzständige Bebauung durch die Beigeladenen führe zu einer Beeinträchtigung seiner Wohnnutzung im Hinblick auf Belichtung und Belüftung, so lässt sich die Unzumutbarkeit dieser Einwirkungen nicht erkennen. Die ausreichende Belichtung und Belüftung der südlich situierten Sozialräume des Antragstellers dürfte sich ohne weiteres durch die vorhandenen westlichen und östlichen Fenster im Gebäude sicherstellen lassen. Insoweit ist zu beachten, dass selbst in den Fällen des § 22 Abs. 3 Halbsatz 2 BauNVO bei geschlossener Bauweise der Umstand, dass eine grenzabgerückte Außenwand Fenster enthält, nur dann einer grenzständigen Nachbarbebauung entgegengehalten werden könnte, wenn es sich dabei um notwendige Fenster handelt, die Belichtung und Belüftung der betroffenen Räumlichkeiten also nicht auch durch andere Fenster sichergestellt werden könnte (BVerwG, B.v. 12.1.1995 – 4 B 197/94 –, juris Rn. 4; Schönfeld, in: Spannowsky/Manssen, Beck'scher Online-Kommentar Bauordnungsrecht Bayern, 4. Edition Stand: 1.6.2017, Art. 6 Rn. 66). Für die Interessenbewertung im Falle einer als zwingend festgesetzten Doppelhausbebauung kann nichts anderes gelten.

Schließlich kommt dem Bauvorhaben der Beigeladenen auch keine „erdrückende Wirkung“ zu. Die Hauptkriterien für die Beurteilung einer „erdrückenden Wirkung“ sind die Höhe des Vorhabens, seine Länge und die Distanz, hilfsweise das Erscheinungsbild des Vorhabens (vgl. hierzu Troidl, BauR 2008, 1829 [1843]). Nach herkömmlicher Rechtsprechung hat eine bauliche Anlage erdrückende Wirkung zudem nur dann, wenn sie wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse und ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem sie diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe der „erdrückenden“ Anlage aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandsflächen derart übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2015 – 9 CS 14.2441 – juris Rn. 32). Für die Annahme einer „abriegelnden“ oder „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes ist aber grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes (vgl. BayVGH, B.v. 11.5.2010 -– 2 CS 10.454 –, juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 5.12.2012 –, 2 CS 12.2290 – juris Rn. 9; BVerwG, B.v. 12.1.1995 – 4 B 197/94 –, juris Rn. 4; Schönfeld, in: Spannowsky/Manssen, Beck'scher Online-Kommentar Bauordnungsrecht Bayern, 4. Edition Stand: 1.6.2017, Art. 6 Rn. 69). Gerade an letzterem scheitert vorliegend eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme, da beide Wohnhäuser eine annähernd identische Firsthöhe aufweisen. Auch kann von einem „Eingemauertsein“ des Wohnhauses des Antragstellers in Anbetracht der weitläufigen Freiräume zur nächstgelegenen Bebauung jedenfalls im Westen und Osten keine Rede sein.

Nach alledem stellt sich das Bauvorhaben der Beigeladenen auch nicht als rücksichtlos dar.

Eine Verletzung eigener Rechte des Antragstellers durch die angefochtene Baugenehmigung i. S. d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist daher nicht gegeben. Mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache überwiegt daher das Suspensivinteresse des Antragstellers das öffentliche Vollzugsinteresse unter Einschluss des Interesses der Beigeladenen an der vorläufigen Ausnutzung der Baugenehmigung nicht.

2.4 Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers zur vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung im Übrigen ergibt sich kein anderes Ergebnis. Soweit er vortragen lässt, dass die vorläufige Ausnutzung der Baugenehmigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu einer Verfestigung des – seiner Meinung nach rechtswidrigen – Zustandes führe, der aus monetären Gründen auch im Erfolgsfalle aller Voraussicht nicht wieder beseitigt werden würde, führt dies nicht dazu, dass vorliegend sein Aussetzungsinteresse überwiegt. Die allgemeine Erwägung, dass der Vollzug einer durch den Nachbarn mit gerichtlichen Rechtsbehelfen angefochtenen Baugenehmigung zur Schaffung vollendeter Tatsachen führen kann, ist bereits durch den Bundesgesetzgeber in der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung des § 212a BauGB für sämtliche Fälle baurechtlicher Nachbarstreitigkeiten hinreichend berücksichtigt worden und vermag als solche pauschal nicht, das Ergebnis der vom erkennenden Gericht im jeweils konkreten Fall vorgenommenen Interessenabwägung nach Maßgabe einer Erfolgsprognose des Hauptsacheverfahrens zulasten des Bauherren ins Gegenteil zu verkehren.

Nach alledem war der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladenen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keinen Antrag gestellt und sich damit nicht am Prozessrisiko beteiligt hatten, entsprach es nicht i.S.d. § 161 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Die Beigeladenen haben daher ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffern 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von 2013.

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Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 08. Sept. 2017 - W 4 S 17.963 zitiert 18 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Baugesetzbuch - BBauG | § 9 Inhalt des Bebauungsplans


(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung;2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;2a. vom

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80a


(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde 1. auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,2. auf Ant

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 23 Überbaubare Grundstücksfläche


(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. (2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut wer

Baugesetzbuch - BBauG | § 212a Entfall der aufschiebenden Wirkung


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absa

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 22 Bauweise


(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden. (2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der i

Planzeichenverordnung - PlanzV 90 | § 2 Planzeichen


(1) Als Planzeichen in den Bauleitplänen sollen die in der Anlage zu dieser Verordnung enthaltenen Planzeichen verwendet werden. Dies gilt auch insbesondere für Kennzeichnungen, nachrichtliche Übernahmen und Vermerke. Die Darstellungsarten können mit

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Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 08. Sept. 2017 - W 4 S 17.963 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

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Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen einen dem Beigeladenen erteilten Vorbescheid für eine grenzständige Bebauung.

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(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Als Planzeichen in den Bauleitplänen sollen die in der Anlage zu dieser Verordnung enthaltenen Planzeichen verwendet werden. Dies gilt auch insbesondere für Kennzeichnungen, nachrichtliche Übernahmen und Vermerke. Die Darstellungsarten können miteinander verbunden werden. Linien können auch in Farbe ausgeführt werden. Kennzeichnungen, nachrichtliche Übernahmen und Vermerke sollen zusätzlich zu den Planzeichen als solche bezeichnet werden.

(2) Die in der Anlage enthaltenen Planzeichen können ergänzt werden, soweit dies zur eindeutigen Darstellung des Planinhalts erforderlich ist. Soweit Darstellungen des Planinhalts erforderlich sind, für die in der Anlage keine oder keine ausreichenden Planzeichen enthalten sind, können Planzeichen verwendet werden, die sinngemäß aus den angegebenen Planzeichen entwickelt worden sind.

(3) Die Planzeichen sollen in Farbton, Strichstärke und Dichte den Planunterlagen so angepaßt werden, daß deren Inhalt erkennbar bleibt.

(4) Die verwendeten Planzeichen sollen im Bauleitplan erklärt werden.

(5) Eine Verletzung von Vorschriften der Absätze 1 bis 4 ist unbeachtlich, wenn die Darstellung, Festsetzung, Kennzeichnung, nachrichtliche Übernahme oder der Vermerk hinreichend deutlich erkennbar ist.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

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Tenor

Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan zur 1. Änderung des Bebauungsplans … „A. Straße“, der eine Intensivierung der Bebauung vorsieht.

2

Der Antragsteller ist Eigentümer des im Geltungsbereich des ursprünglichen Bebauungsplans und in unmittelbarer Nachbarschaft des Änderungsplangebiets gelegenen Grundstücks Z. Straße … (Flurstücke Nrn. … und …). Der ursprüngliche Bebauungsplan aus dem Jahr 1991 hat das aus Z. Straße, R. Straße, P.-Straße und S. Straße gebildete Karree überplant. Während die Baufenster entlang dieser Straßen mit dem dort vorhandenen Baubestand übereinstimmen, ist im Blockinnenbereich die Errichtung von Mehrfamilienhäusern vorgesehen. Diese Häuser sind bereits teilweise errichtet, und zwar zweigeschossig mit einem Mansardengeschoss. Auch im Bereich des Grundstücks des Antragstellers und des benachbarten Änderungsplangebiets (Z. Straße …) ist im nördlichen, straßenseitigen Bereich lediglich der vorhandene Baubestand überplant worden. Im rückwärtigen Bereich ist über die ganze Breite des Grundstücks des Antragstellers und über eine Teilfläche des Grundstücks Z. Straße … ein Baufenster mit der Festsetzung „KD II + D“ vorgesehen. Bei dem 1.990 m² großen Änderungsplangebiet handelt es sich um das Gelände einer ehemaligen Gärtnerei.

3

Nachdem die Nutzung der Gärtnerei aufgegeben und das Gelände verkauft worden war, entschied sich die Antragsgegnerin für eine Änderung der bisherigen, auf den vorhandenen Gärtnereibetrieb abgestimmten Bauleitplanung. Im Anschluss an den Aufstellungsbeschluss vom 18. Februar 2014 wurde die Planung bereits im März/April 2014 den Trägern öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit vorgestellt. Nach dem städtebaulichen Konzept ist die Schaffung von zwei Wohngebäuden in erster und zweiter Reihe vorgesehen, zwischen denen eine Tiefgarage eingeplant wird. Im straßenseitigen Bereich ist ein 24 m breites und überwiegend 14,50 m tiefes Baufenster vorgesehen. Es grenzt unmittelbar an das 10 m tiefe Wohnhaus des Antragstellers an. Während im rückwärtigen Bereich die Bautiefe mit derjenigen des Wohnhauses des Antragstellers übereinstimmt, ist das Baufenster zur Straße hin um 5 m versetzt; es nimmt insofern die Lage des dort früher stehenden, inzwischen abgerissenen Wohnhauses auf. Nach Westen hin springt die straßenseitige Baugrenze wieder auf die Baufluchtlinie der Nachbargebäude zurück. Als Maß der Nutzung ist in diesem Bereich ein zweigeschossiges Gebäude mit Satteldach vorgesehen. Im rückwärtigen Bereich ist das dort bereits bislang vorgesehene Baufenster nach Südwesten verlängert worden; hier ist eine dreigeschossige Bebauung mit Knickspanndach vorgesehen. Dieses Baufenster hat eine Breite von 24,50 m und eine Tiefe von 14,75 m. Daran schließt sich nach Norden hin ein 12 m breites und 10 m tiefes Baufenster für eine zweigeschossige Bebauung mit Flachdach an.

4

Von den Trägern öffentlicher Belange wies die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord darauf hin, dass die Realisierung der Bauvorhaben wegen ihrer Lage im festgestellten Überschwemmungsgebiet der Mosel eine wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung erfordere. Darüber hinaus erhob lediglich der Antragsteller Einwendungen gegen die Planung und rügte im Wesentlichen das Ungleichgewicht zwischen der auf seinem Grundstück bestehenden und der auf dem Nachbargrundstück nun geplanten Bebauung. Dies entspreche nicht mehr der ursprünglich vorgesehenen Doppelhausbebauung. Auch sei eine städtebauliche Rechtfertigung für das Hervortreten des neuen Baufensters vor die straßenseitige Bauflucht nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin wies diese Einwendungen in ihrer Abwägung zurück: Durch die Änderungsplanung würden die Grundzüge der bisherigen Planung nicht verändert. Es erfolge lediglich eine Nachverdichtung des Blockinnenbereichs, in dem die für andere Grundstücke vorgesehene Planung auch auf das Grundstück Z. Straße … erstreckt werde. Bei der Planung handele es sich nicht um eine Vermischung von Elementen der angebots- und vorhabenbezogenen Planung. Trotz der Lage im Überschwemmungsgebiet sei die Bebaubarkeit des Grundstücks bei Verwendung geeigneter Abdichtungsmaßnahmen nicht in Frage gestellt. Die Änderungsplanung sehe keine Abweichung hinsichtlich der früheren Festsetzung einer offenen Bauweise vor. Auch bei der Geschossigkeit habe sich keine Veränderung ergeben. Die in der Ursprungsplanung enthaltene Geschossfestsetzung „II + D“ entspreche der jetzt im Änderungsplan vorgesehenen Festsetzung von drei Vollgeschossen. Der Änderungsplan ziele auf eine wechselseitig verträgliche und harmonische Bauweise auch im Hinblick auf die Nachbargrundstücke ab. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Änderungsplan alle bisherigen Festsetzungen zum Bauvolumen und den Dachformen unverändert übernehme. Das Vortreten des Baufensters an der Z. Straße sei aus Gründen einer Rhythmisierung und Gliederung des Straßenzugs sinnvoll.

5

Der Bebauungsplan … 1. Änderung „A. Straße“ wurde am 22. Juli 2014 als Satzung beschlossen, am Folgetag ausgefertigt und am 5. August 2014 öffentlich bekanntgemacht.

6

Zur Begründung der dagegen erhobenen Normenkontrolle trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor: Der Bebauungsplan stelle eine unzulässige Vermischung von Angebotsplanung mit Elementen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans dar. Wie man der in der Planbegründung enthaltenen Simulation und der Schnittzeichnung entnehmen könne, sei in die Abwägung lediglich ein genau definiertes Vorhaben eingeflossen. Ferner füge sich die Änderungsplanung nicht stimmig in die Ursprungsplanung ein. Die bisherige Doppelhausbebauung werde aufgegeben. Die Errichtung einer Hausgruppe sei wegen der Grundstückssituation nicht möglich. Die Änderungsplanung mache die bisher vorhandene „harmonische Beziehung“ zwischen den benachbarten Gebäuden unmöglich. Die Abweichung hinsichtlich der bisher festgesetzten zweigeschossigen zu einer nunmehr dreigeschossigen Bebauung sei nicht nachvollziehbar erklärt. Die Festsetzung einer Dachform lasse sich dem Bebauungsplan nicht entnehmen. Schließlich fehle eine städtebauliche Rechtfertigung für das Vortreten des Baufensters aus der straßenseitigen Bauflucht, nachdem der dort vorhandene Altbestand nicht mehr existiere. Im rückwärtigen Grundstücksbereich weise das Baufenster im Änderungsplangebiet in Verbindung mit dem sich östlich anschließenden Baufenster eine Breite von 52 m auf, die aber wegen der Beschränkung der Bebauung in offener Bauweise auf 50 m nicht in vollem Umfang ausgeschöpft werden könne. Dies führe zu einer nicht gerechtfertigten Bevorzugung desjenigen Bauherrn, der sein Bauvorhaben zuerst realisiere.

7

Der Antragsteller beantragt,

8

den Bebauungsplan „…, 1. Änderung“ der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.

9

Die Antragsgegnerin beantragt,

10

den Antrag abzulehnen.

11

Sie führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Die angegriffene Bauleitplanung sei städtebaulich erforderlich. Die Neuplanung sei nach Nutzungsaufgabe der Gärtnerei möglich geworden. Sie erfülle den vorhandenen Bedarf an Wohnbauflächen und schließe die an der Z. Straße westlich des früheren Wohnhauses Nr. … vorhandene Baulücke. Es sei legitim, auch bei einer Angebotsplanung auf Absichten eines privaten Investors einzugehen. Der Abwägung habe die nach den Festsetzungen maximal mögliche Bebauung zugrunde gelegen. Im Änderungsplan sei weiterhin eine offene Bauweise festgesetzt. Die Vergrößerung des Baufensters sei im Sinne der Innenentwicklung städtebaulich sinnvoll. Innerhalb des neuen Baufensters entlang der Z. Straße sei die Errichtung eines Doppelhauses oder – nach vorheriger Teilung der Parzelle – einer Hausgruppe möglich. Ob der Neubau den Anforderungen an ein Doppelhaus genüge, sei deshalb hier ohne Belang. Bei der Geschossigkeit habe sich keine Veränderung ergeben. Das früher festgesetzte Dachgeschoss mit Knickspanndach entspreche der jetzt festgesetzten dreigeschossigen Bebauung. Entgegen der Auffassung des Antragstellers handele es sich nicht um eine „ungleichgewichtige“ Bebauung der benachbarten Grundstücke. Die umfangreichere Bebauung im Änderungsplangebiet rühre von der größeren Breite dieses Grundstücks her. Das Vortreten des Baufensters vor die straßenseitige Bauflucht stelle eine städtebaulich sinnvolle Gliederung des Straßenzugs dar.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Planaufstellungsunterlagen zum Ursprungs- sowie zum Änderungsplan verwiesen.

Entscheidungsgründe

13

Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

14

Insbesondere ist die Antragsbefugnis zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, wer sich auf einen abwägungsbeachtlichen privaten Belang, d.h. ein mehr als nur geringfügig schutzwürdiges Interesse berufen kann; denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juni 2011 – 4 BN 42.10 –, ZfBR 2011, 566). Hier stehen die Auswirkungen der Änderungsplanung auf das benachbarte Anwesen des Antragstellers im Raum. Die Änderungsplanung zielt auf eine Intensivierung der Bebauung, so dass ein nicht bloß geringfügiges Interesse des Antragstellers an einem schonenden Ausgleich gegenüber seinem Grundstück vorliegt.

15

Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.

16

Der Bebauungsplan … 1. Änderung ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

17

1. In formell-rechtlicher Hinsicht sind Rechtsfehler weder geltend gemacht noch ersichtlich.

18

Insbesondere konnte die Änderungsplanung gemäß § 13 BauGB im vereinfachten Verfahren ergehen, so dass auf eine Umweltprüfung, die Erstellung des Umweltberichts und die Bekanntgabe verfügbarer Arten umweltbezogener Informationen verzichtet werden durfte (§ 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Auf das Unterbleiben einer Umweltprüfung ist entsprechend § 13 Abs. 3 Satz 2 BauGB in der Offenlagebekanntmachung hingewiesen worden (vgl. Bl. 32 der Planaufstellungsunterlagen).

19

2. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist der Änderungs-Bebauungsplan nicht zu beanstanden.

20

a) Zunächst ist das Planungserfordernis zu bejahen. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB dürfen die Gemeinden Bauleitpläne nur aufstellen, soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.

21

Die Änderungsplanung verfolgt mit der Schaffung zusätzlicher Wohnbauflächen in der Innenstadt eine städtebauliche Zielrichtung. Auch wenn die Planung auf die Vorstellungen eines privaten Vorhabenträgers zurückgeht, handelt es sich nicht um eine bauplanungsrechtlich unzulässige bloße Gefälligkeitsplanung in ausschließlich privatem Interesse eines Bauherrn (vgl. hierzu: OVG RP, Urteil vom 9. November 2005 – 8 C 10964/05.OVG –, OVG NRW, Urteil vom 13. September 2012 – 2 D 38/11.NE –, BauR 2013, 1408 und juris, Rn. 52). Es ist legitim, wenn eine städtische Planung auch Wünsche Privater aufnimmt und diese Anstoß für die Planung geben, solange sie zugleich städtebauliche Interessen verfolgt (vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2011 – 2 D 36/09.NE –, BauR 2012, 210). Letzteres ist hier der Fall, weil die Antragsgegnerin mit der Planung die Schaffung von Wohnbauflächen durch Nachverdichtung sowie die Schließung der Baulücke an der Z. Straße anstrebt. Dabei kommt der Antragsgegnerin bei der Frage, welche städtebaulichen Ziele sie sich setzt, ein planerischer Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 – 4 BN 15.99 –, NVwZ 1999, 1338).

22

Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt auch keine bauplanungsrechtlich unzulässige Vermischung von angebots- und vorhabenbezogener Planung vor.

23

Die Gemeinde ist bei der Wahl des Planungsinstruments, mit dem sie ihre städtebaulichen Ziele erreichen will, weitestgehend frei. Auch wenn die Gemeinde mit dem Bebauungsplan das Vorhaben eines bestimmten Vorhabenträgers planungsrechtlich ermöglichen will, ist sie aufgrund von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht gezwungen, einen mit einer Durchführungsverpflichtung des Vorhabenträgers nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB gekoppelten vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufzustellen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. September 2012 – 2 D 38/11.NE –, BauR 2013, 1408 und juris, Rn. 55; OVG Nds., Urteil vom 4. Januar 2011 – 1 MN 130/10 –, BauR 2011, 805 und juris, Rn. 77; auch: BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 VR 5/14 - [„projektbezogener Angebotsbebauungsplan“]). Ein Angebotsbebauungsplan ist im Vergleich zu dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan das flexiblere Planungsinstrument. Er lässt innerhalb des gesetzten Rahmens Änderungswünsche des Vorhabenträgers ohne Weiteres zu und vermeidet, einen allein auf das ursprüngliche Konzept bezogenen Bebauungsplan zuvor nebst dem Durchführungsvertrag ändern zu müssen. Darüber hinaus kann ein (projektbezogener) Angebotsbebauungsplan aufrechterhalten werden, auch wenn das Projekt des ursprünglichen Vorhabenträgers nicht zustande kommt.

24

Das Planungserfordernis ist dem angegriffenen Bebauungsplan auch nicht wegen fehlender Vollzugsfähigkeit abzusprechen.

25

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Bebauungsplan dann nicht erforderlich ist, wenn der Umsetzung der Planung auf unabsehbare Zeit unüberwindliche tatsächliche oder rechtliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 2010 – 4 B 43.09 –, ZfBR 2010, 376).

26

Die Umsetzung des Bebauungsplans ist insbesondere nicht wegen der Lage des Plangebiets im Überschwemmungsgebiet der Mosel ausgeschlossen. Zunächst begründet diese Lage kein Planungsverbot. Denn § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Wasserhaushaltsgesetz – WHG – erfasst nur solche Flächen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten, die erstmalig einer Bebauung zugeführt werden sollen. Bloße Umplanungen fallen indes nicht hierunter (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juni 2014 – 4 CN 6.12 –, UPR 2014, 354 [LS]). Ferner ist nicht ausgeschlossen, dass die für die Verwirklichung der Bauvorhaben im Plangebiet nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 WHG notwendige Erlaubnis erteilt werden wird. Hierfür spricht nicht zuletzt die Stellungnahme der wasserwirtschaftlichen Fachbehörde im Planaufstellungsverfahren (vgl. Schreiben der SGD Nord vom 4. April 2014, Bl. 44 der Behördenakten). Mit ihrem Hinweis auf die Notwendigkeit einer Ausnahmegenehmigung für die Bauvorhaben hat sie zu erkennen gegeben, dass sie die Erteilung einer solchen Erlaubnis nicht von vorneherein für ausgeschlossen hält.

27

b) Schließlich genügt der Bebauungsplan auch den Anforderungen an eine fehlerfreie Abwägung.

28

Diese Anforderungen betreffen zum einen das – nunmehr als Verfahrensnorm ausgestaltete – Gebot zur ordnungsgemäßen Ermittlung und zutreffenden Bewertung des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3 BauGB), zum anderen die inhaltlichen Vorgaben des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB zum angemessenen Ausgleich der gegenläufigen Belange (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. April 2008 – 4 CN 1.07 –, BauR 2008, 1268; OVG RP, Urteil vom 3. November 2010 – 8 C 10550/10.OVG –).

29

(1) Zunächst weist die Abwägung kein Defizit auf. Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat sich der Rat der Antragsgegnerin in ausreichender Weise mit der durch den Änderungs-Bebauungsplan ermöglichten Bebauung auseinandergesetzt und war sich dabei auch bewusst, dass es sich nur um einen Angebotsbebauungsplan handelt.

30

Die durch den Bebauungsplan …, 1. Änderung, ermöglichte Bebauung ist durch abstrakte Festsetzungen, insbesondere zum Maß der Nutzung sowie zur Dachgestaltung, hinreichend bestimmt festgelegt. Die durch diese abstrakten Festsetzungen (maximal) ermöglichte Bebauung war auch Gegenstand der bauleitplanerischen Abwägung. Denn diese Maximalbebauung entspricht der dreidimensionalen Simulation unter Ziffer 5.2 der Begründung des Bebauungsplans sowie dem Schemaschnitt in der Planurkunde. Der Antragsgegnerin kann deshalb nicht vorgehalten werden, sie habe die Abwägung verkürzt und lediglich auf eine bestimmte, die Möglichkeiten des Angebotsbebauungsplans nicht ausschöpfende Bebauung abgestellt (vgl. zu einem solchen Fehler: OVG Nds., Urteil vom 4. Januar 2011, a.a.O., juris, Rn. 79).

31

Der Rat der Antragsgegnerin war sich aber entgegen der Auffassung des Antragstellers auch bewusst, dass mit dem Bebauungsplan lediglich ein Rahmen (Angebot) gesetzt wird, der nicht ausgeschöpft werden muss und bei dem auch eine von dem visualisierten Projekt abweichende Ausgestaltung zulässig ist. Dies ergibt sich aus der Abwägungstabelle, die Grundlage für die Abwägung und den anschließenden Satzungsbeschluss des Stadtrats war (vgl. die Sitzungsvorlage vom 4. Juni 2014 nebst der Anlage 2, Bl. 64 ff. der Planaufstellungsunterlagen). In der Auseinandersetzung mit den Einwendungen des Antragstellers wird ausgeführt, dass es sich „nicht um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ handele (vgl. Ziffer 1.1) und dass die Festsetzung der offenen Bauweise aus dem Ursprungsbebauungsplan übernommen werde, woraus sich die Zulässigkeit „von Einzel-, Doppelhäusern und Hausgruppen“ ergebe (vgl. Ziffer 1.4) und damit „den beteiligten Nachbarn überlassen [bleibe], wie sie die Möglichkeiten, die sich aus den Festsetzungen des Bebauungsplanes ergeben, umsetzen“ (vgl. Ziffer 1.9 der Abwägungstabelle).

32

(2) Die Antragsgegnerin hat den Ausgleich zwischen den abwägungsbeachtlichen Belangen auch nicht in einer Weise vorgenommen, die zur objektiven Gewichtung einzelner Belange außer Verhältnis steht.

33

Insbesondere erweist sich die Änderungsplanung als hinreichend abgestimmt mit den bauleitplanerischen Festsetzungen des Ursprungsbebauungsplans … . Dies gilt auch im Verhältnis zu den bauleitplanerischen Festsetzungen des Grundstücks des Antragstellers.

34

Betrachtet man zunächst die Festsetzungen im nördlichen (straßenseitigen) Bereich des Plangebiets, so ergeben sich hieraus keine unzumutbaren Konflikte mit der Nachbarbebauung. Hinsichtlich der Festsetzung von zwei Vollgeschossen stimmt die geänderte Planung mit derjenigen im Ursprungsbebauungsplan … ebenso überein wie bei der Festsetzung der offenen Bauweise. Letztere steht auch nicht in einem unüberbrückbaren Widerspruch zur Festsetzung eines größeren Baufensters im straßenseitigen Bereich des Änderungsbebauungsplans. Zum einen wird durch die Festsetzung von Baugrenzen nur ein äußerer Rahmen gesetzt, der nicht überschritten (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO), aber nur insofern ausgeschöpft werden darf, als dies unter Berücksichtigung sonstiger Festsetzungen zulässig ist. Aber auch bei einer vollständigen Ausschöpfung des Baufensters entsprechend dem städtebaulichen Konzept ergäbe sich kein unüberbrückbarer Widerspruch zur Festsetzung der offenen Bauweise. Diese Festsetzung umfasst neben der Errichtung von Einzelhäusern auch die Errichtung von Doppelhäusern oder Hausgruppen (§ 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO). Die Besonderheit des Doppelhauses besteht darin, dass hier zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 – 4 C 12.98 –, BVerwGE 110, 355 und juris, Rn. 16; Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 –, BVerwGE 148, 290, Rn. 13). Die Errichtung eines Doppelhauses verlangt darüber hinaus, dass die beiden „Haushälften“ in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden. Von einem Doppelhaus kann daher nicht mehr gesprochen werden, wenn ein Gebäude gegen das andere so stark versetzt wird, dass es den Rahmen einer wechselseitigen Grenzbebauung überschreitet und den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000, a.a.O., juris, Rn. 20 und LS 3). Entsprechendes hat auch für die – jeweils auf eigenen Flurstücken errichteten – Häuser einer Hausgruppe zu gelten (vgl. zum Begriff der Hausgruppe: Determann/Stühler, in: Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 22 Rn. 6.3 und 6.4).

35

Ein derart wechselseitig verträglicher und abgestimmter Anbau wird hier durch die bauplanerischen Festsetzungen im Verhältnis zu dem Anwesen des Antragstellers ermöglicht. Das Haus des Antragstellers und das auf dem Nachbargrundstück bei vollständiger Ausnutzung des Baufensters entstehende Gebäude würden noch zu wesentlichen Teilen, nämlich auf einer Länge von 10 m, bei einem Versprung auf Seiten des im Plangebiet ermöglichten Gebäudes von lediglich 5 m, aneinandergebaut sein (vgl. zu dem Erfordernis der wesentlichen Überdeckung: BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000, a.a.O., juris, Rn. 22).

36

Ob darüber hinaus die Annahme eines Doppelhauses verlangt, dass die beiden Doppelhaushälften über den verträglich abgestimmten Anbau hinaus ein Mindestmaß an Übereinstimmung auch hinsichtlich anderer Baugestaltungsmerkmale, insbesondere des Brutto-Raumvolumens, aufweisen (so: OVG NRW, Urteil vom 26. Juni 2014 – 7 A 1276/13 –, juris, Rn. 42 bis 46; vgl. auch: BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 –, BVerwGE 148, 290, Rn. 16), kann hier dahingestellt bleiben. Sollte dies der Fall sein und die straßenseitige Bebauung im Plangebiet entsprechend dem städtebaulichen Konzept sich wegen des im Vergleich zum Gebäude des Antragstellers deutlich größeren Raumvolumens nicht mehr als Doppelhaushälfte darstellen, würde dies keinen unlösbaren Konflikt zwischen der Festsetzung offener Bauweise auf der einen und der überbaubaren Grundstücksfläche auf der anderen Seite begründen. Denn in diesem Fall könnte die vollständige Ausschöpfung des Baufensters durch Errichtung einer Hausgruppe geschehen. Bei Errichtung einer solchen Hausgruppe, bestehend aus dem Anwesen des Antragstellers und etwa zwei im Änderungsplangebiet neu zu errichtenden Gebäuden würde das geforderte Mindestmaß an Übereinstimmung, auch über den verträglich ausgestalteten Anbau an der jeweils gemeinsamen Grundstücksgrenze hinaus, erfüllt.

37

Dass das Baufenster im nördlichen Bereich des Änderungsplangebiets zum Teil aus der straßenseitigen Bauflucht hervortritt, erweist sich ebenfalls nicht als abwägungsfehlerhaft. Zunächst unterliegt die Antragsgegnerin keinen zwingenden gesetzlichen Vorgaben zur Festlegung der straßenseitigen Baugrenze. Es erscheint auch nicht abwägungsfehlerhaft, wenn die Antragsgegnerin aus stadtgestalterischen Gründen einer stärkeren Gliederung und Rhythmisierung des Straßenzugs einen solchen Versprung in der Bebauung vorsieht.

38

Schließlich ergeben sich auch aus den Festsetzungen für den rückwärtigen Grundstücksbereich keine unzumutbaren Konflikte mit der auf den Nachbargrundstücken, insbesondere dem Grundstück des Antragstellers, geltenden Bauleitplanung.

39

Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt eine widersprüchliche Festsetzung zur Geschossigkeit nicht vor. Aus der Urkunde des Ursprungsplans „…“ ergibt sich, dass mit der Festsetzung „II + D“ ein Gebäude mit 2 Vollgeschossen und einem (ausgebauten) „Dachgeschoss als Vollgeschoss“ zugelassen werden soll, wobei das Dachgeschoss als Knickspanndach auszugestalten ist. Dies entspricht der Festsetzung einer dreigeschossigen Bebauung im Änderungsplan, der ebenfalls die Errichtung eines Knickspanndaches („KD“) vorsieht.

40

Dass das Baufenster im Änderungsplangebiet eine Breite von 24,50 m aufweist und damit zusammen mit dem angrenzenden Baufenster auf den Flurstücken Nrn. …, … und … mit einer Breite von 27,50 m die maximale Länge von Gebäuden in der offenen Bauweise überschreitet, ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch insofern ist darauf hinzuweisen, dass die Festsetzung von Baugrenzen lediglich einen äußeren Rahmen vorgibt, der gerade auch unter Berücksichtigung sonstiger Festsetzungen nicht in vollem Umfang ausgeschöpft werden muss. Wenn der Antragsteller eine ungerechtfertigte Bevorzugung desjenigen Grundstücksnachbarn rügt, der als erster mit der Bebauung für ein Doppelhaus oder eine Hausgruppe beginnt, erweist sich dies nicht als abwägungsfehlerhaft. Denn zum einen überschreitet das Baufenster die in der offenen Bauweise maximal zulässige Länge von 50 m lediglich um 2 m. Im Übrigen ist die vorgreifliche Wirkung bei Errichtung des ersten Gebäudes eines Doppelhauses oder einer Hausgruppe wegen der oben beschriebenen Anforderungen an die Übereinstimmung der Gebäude zwangsläufige Folge einer solchen Bauweise und daher abwägungsfehlerfrei zulässig.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

42

Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

43

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

44

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.

2

1. Die Beschwerde hält zunächst für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob Baugrenzen, welche ein über mehrere Grundstücke sich erstreckendes Baufenster festsetzen, mit der Festsetzung der offenen Bauweise kollidieren, wenn das Baufenster die in der offenen Bauweise höchstzulässige Länge der Gebäude überschreitet,

und konkretisiert diese Frage dahingehend,

ob ein Verstoß gegen § 1 Abs. 3 (Satz 1) BauGB bzw. - zumindest - ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot darin liegt, dass ein im Gebiet der festgesetzten offenen Bauweise aus Baugrenzen gebildetes Baufenster, welches über mehrere Grundstücke reicht, seiner 50 m überschreitenden Länge wegen von demjenigen, der zuletzt baut, nicht ausgeschöpft werden kann, wenn bzw. weil derjenige, der am anderen Ende zuerst gebaut hat, die Baugrenze bereits ausgeschöpft hat, und ferner,

ob ein relevanter Abwägungsfehler darin liegt, dass diese reduzierte Ausnutzbarkeit des Baufensters ein Grundstück treffen kann, welches bei Änderung des Teils eines Bebauungsplans bzw. Aufstellung eines den alten Plan teils überdeckenden Bebauungsplanes im nicht geänderten Planbereich liegt, wenn - wie hier - diese Auswirkung bei Aufstellung des neuen Bebauungsplanes nicht bedacht wurde.

3

Die Beschwerde hat dabei Hausgruppen im Blick, die über Grundstücksgrenzen hinweg errichtet werden sollen. Sie möchte sinngemäß klären lassen, ob ein Bebauungsplan, der bei festgesetzter offener Bauweise mittels Baugrenzen grundstücksübergreifende Bauräume ausweist, die die nach § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO in offener Bauweise maximal zulässige Länge von 50 m überschreiten, deshalb abwägungsfehlerhaft oder nicht erforderlich ist, weil der Eigentümer des einen Eckgrundstücks der Hausgruppe den festgesetzten Bauraum nicht mehr voll ausschöpfen kann, wenn der Eigentümer des anderen Eckgrundstücks zuvor bereits an die Baugrenze gebaut hat und damit den Bauraum auf seinem Grundstück voll ausgeschöpft hat (unzulässiges "Windhundrennen"). Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass sowohl der Ursprungs- als auch der Änderungsbebauungsplan offene Bauweise festsetzen (UA S. 4, 10). In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet (§ 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO), die nicht länger als 50 Meter sein dürfen (§ 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO). Leitbild ist dabei ein Gebäude, das nach beiden Seiten mit Grenzabstand errichtet wird und so einen Vorgarten mit einem Hausgarten verbindet (BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 4 C 12.14 - BauR 2015, 1309 Rn. 16). Dass nach den Festsetzungen des vorliegenden Bebauungsplans in der offenen Bauweise nur Hausgruppen zulässig sind, wie die von der Beschwerde aufgeworfene Frage unterstellt, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Hieraus folgt, dass es der Bebauungsplan den beteiligten Grundstückseigentümern überlässt, in welcher Weise sie ihr Grundstück unter Ausnutzung der festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche bebauen. Die Errichtung eines Doppelhauses oder einer Hausgruppe i.S.v. § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist dabei nur möglich, wenn sich die betroffenen Grundstückseigentümer über eine solche Bebauung einigen, denn ein einseitiger Grenzanbau ist in der offenen Bauweise unzulässig (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <359>; Beschluss vom 10. April 2012 - 4 B 42.11 - ZfBR 2012, 478 <479>). Kommt eine Einigung nicht zustande, sind die Bauräume nur unter Einhaltung eines seitlichen Grenzabstandes - nach Maßgabe der landesrechtlichen Abstandsflächenregelungen - ausnutzbar. Daran ändert auch die auf die Grenze zum Grundstück des Antragstellers festgesetzte (seitliche) Baugrenze nichts. Mit der Festsetzung einer Baugrenze gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO wird die überbaubare Grundstücksfläche bestimmt, und zwar ohne (unmittelbare) Beziehung zu den Grundstücksgrenzen; das Kriterium der Baugrenze sagt für sich genommen nichts darüber aus, ob ein Grenzanbau geboten oder erlaubt ist, denn durch die Festsetzung einer Baugrenze wird nur eine äußerste Linie gesetzt; ein Vortreten des Gebäudes ist grundsätzlich (§ 23 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauNVO) unzulässig, ein Zurücktreten dagegen erlaubt (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 23 Rn. 16). Die Maßgeblichkeit eines seitlichen Grenzabstandes wird vielmehr allein durch die Festsetzung der Bauweise nach § 22 BauNVO festgelegt, weil nur diese - wie ausgeführt - den seitlichen Grenzabstand im Blick hat. Setzt ein Bebauungsplan - wie hier - die offene Bauweise fest, dann folgt hieraus, dass eine solche Festsetzung gegenüber der Festsetzung einer seitlichen Baugrenze vorrangig ist (König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 23 Rn. 18); es besteht damit keine Verpflichtung für die Grundstückseigentümer, ohne Einhaltung eines seitlichen Grenzabstandes zu bauen. Eine unter Einhaltung seitlicher Grenzabstände grundstücksbezogene Ausschöpfung der Bauräume bleibt möglich. Das vom Antragsteller befürchtete "Windhundrennen" ist folglich keine zwangsläufige Folge der hier fraglichen Festsetzungen. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

4

2. Die weitere Frage,

ob bei Änderung eines Teils eines Bebauungsplans bzw. der Aufstellung eines den Teil eines Bebauungsplans betreffenden neuen Bebauungsplans in den Blick genommen und in die Abwägung einbezogen werden muss, dass die ursprüngliche Baugrenzenfestsetzung, die sich nicht anders als durch ein Doppelhaus realisieren ließ, dergestalt geändert wird, dass die von der Änderung nicht betroffene, im alten Plangebiet befindliche Doppelhaushälfte infolge der vom neuen Bebauungsplan getroffenen Festsetzung diesen Charakter verliert und zum Ende einer Hausgruppe wird,

rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Auf sie lässt sich, soweit entscheidungserheblich, auf der Grundlage bisheriger Senatsrechtsprechung ohne weiteres antworten. Abwägungserheblich sind alle Belange, die nach Lage der Dinge in die Abwägung eingestellt werden müssen (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 - 4 C 105.66 - BVerwGE 34, 301 <309>). Private Interessen sind für die Abwägung erheblich, sofern sie in planungsrechtlich beachtlicher Weise berührt werden (BVerwG, Urteil vom 9. November 1979 - 4 N 1.78, 4 N 2 - 4.79 - BVerwGE 59, 87 <98>) oder - anders ausgedrückt - in der konkreten Planungssituation einen städtebaulichen Bezug haben. Nicht abwägungsbeachtlich sind insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Bebauungsplan nicht erkennbar waren (BVerwG, Urteil vom 30. April 2004 - 4 CN 1.03 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 165 S. 138 m.w.N.). Insofern kann auch das private Interesse am Fortbestand der bisherigen planungsrechtlichen Situation (hier Doppelhausbebauung) ein in der Abwägung zu berücksichtigender Belang sein, sofern der Dritte von der beabsichtigten Änderung mehr als nur geringfügig in seinen Interessen berührt wird (BVerwG, Beschlüsse vom 20. August 1992 - 4 NB 3.92 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 69 und vom 7. Januar 2010 - 4 BN 36/09 - juris Rn. 9). Ob das in der konkreten Planungssituation der Fall ist, beurteilt sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles und ist einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

5

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren ein baubehördliches Einschreiten gegen einen Anbau eines Wohnhauses an ihr Wohnhaus auf dem Nachbargrundstück.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks ... Weg 9 in ... Die Beigeladene ist Eigentümerin des Nachbargrundstücks ... Weg 7. Im Rahmen des Kenntnisgabeverfahrens zeigte sie die Errichtung des Neubaus einer Doppelhaushälfte an, das an das der Kläger angebaut werden soll. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“, der am 19.04.2007 in Kraft trat. Dieser setzt für beide Grundstücke ein allgemeines Wohngebiet mit offener Bauweise innerhalb der festgelegten Baugrenzen fest. Zulässig sind Einzel- und Doppelhäuser.
Das Grundstück der Kläger ist an der Grenze zu dem der Beigeladenen mit einer ca. 11,10 m langen
und ca. 5 m breiten zweigeschossigen Doppelhaushälfte bebaut. Daran soll das geplante Vorhaben auf
einer Länge von ca. 7,10 m angebaut werden, vorne um 3,00 m versetzt, hinten ragt es ca. 3,80 m über
das Wohnhaus der Kläger hinaus. Dem Hauptgebäude schließt sich entlang der gemeinsamen Grenze eine
Doppelgarage mit einem Walmdach in einer Breite von ca. 8,20 m und einer Wandhöhe von 3 m an.
Darin ist ein ca. 2 m breites Verbindungselement integriert, von dem eine Treppe in den Keller und
ein Eingang zur Garage und zum Wohnhaus führt. Die Ansicht von ... Weg sieht folgendermaßen aus:
Zugang und Zufahrt zum Vorhaben der Beigeladenen sind zum ... Ring hin ausgerichtet.
Im Rahmen der Angrenzer-Beteiligung wendeten die Kläger ein, das Bauvorhaben stelle keine Doppelhaushälfte, sondern ein Einzelhaus dar und verstoße gegen die vorgeschriebene offene Bauweise sowie gegen Abstandsflächenvorschriften (siehe Schreiben vom 28.02.2012 und vom 13.03.2012). Zugleich beantragten sie gegen das Bauvorhaben einzuschreiten und eine Baueinstellungsverfügung zu erlassen.
Mit Bescheid vom 05.04.2012 erteilte das Landratsamt Karlsruhe auf Antrag der Beigeladenen eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ bezüglich der Überschreitung der Baugrenze durch ein untergeordnetes Bauteil in dem beantragten Umfang. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte das Landratsamt Karlsruhe dem Prozessbevollmächtigten der Kläger mit, dass gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß zugelassen werden könne und dass dies nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde zu erfolgen habe. Im Übrigen sei kein Verstoß gegen bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Vorschriften feststellbar.
Mit Bescheid vom 04.06.2012 lehnte das Landratsamt Karlsruhe den Antrag auf baubehördliches Einschreiten ab. Zur Begründung ist unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 05.04.2012 ausgeführt, die Voraussetzungen für das begehrte Einschreiten gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 64 Abs. 1 LBO seien nicht gegeben. Dagegen legten die Kläger per Fax am 10.07.2012 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie erneut vortrugen, das Vorhaben verstoße gegen die offene Bauweise und sei kein Doppelhaus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2012 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch als unbegründet zurück. Darin ist im Wesentlichen ausgeführt: Ein Verstoß gegen die im Bebauungsplan festgesetzte offene Bauweise gemäß § 22 Abs. 2 BauNVO liege nicht vor. Bei einem Eckgrundstück hänge die offene Bauweise im Sinne des § 22 Abs. 2 BauNVO nicht davon ab, in welcher Richtung der Eingang ausgerichtet sei. Denn auch im vorliegenden Fall liege ein aneinander gebautes Bauwerk vor, das zusammengefasst, d.h. wenn man gedanklich beide Grundstücke als ein großes Grundstück sehen würde, „offen“ i. S. d. § 22 Abs. 2 BauNVO errichtet sei. Es halte ringsum Abstandsflächen zu der übrigen Bebauung ein. Hierauf komme es an. Im Übrigen halte das zusammengefasste künftige Doppelhaus auch im Verhältnis zu der übrigen Bebauung gerade die seitlichen Grenzabstände ein, sodass die Vorschrift des § 22 Abs. 2 BauNVO auch ihrem Wortlaut nach erfüllt sei. Die atypische „palazzoartige“ Gestaltung des Bauvorhabens ändere daran nichts. Fragen der äußeren Gestaltung spielten beim Begriff des Doppelhauses und einer Doppelhaushälfte keine Rolle. Auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.02.2000 (4 C 12/98) werde verwiesen. Auch der weitere, an der gemeinsamen Grundstücksgrenze vorhandene Doppelgaragenanbau inklusive des zwischen Doppelgarage und Wohnhaus liegenden Zwischenelements mit gemeinsamer Eingangstür und Treppe in den Keller ändere hieran nichts, weil insoweit die Voraussetzungen eines privilegierten Grenzbaus nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO und § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO erfüllt seien. Ein Verstoß gegen das in § 15 Abs. 1 BauNVO enthaltene Rücksichtnahmegebot sei nicht gegeben. Der Widerspruchsbescheid wurde den Klägern am 02.11.2012 zugestellt.
Am 28.11.2012 haben die Kläger Klage erhoben; sie beantragen,
10 
die Entscheidung des Landratsamtes Karlsruhe vom 04.06.2012 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 31.10.2012 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, gegen den geplanten Neubau einer sog. Doppelhaushälfte mit Garage auf dem Baugrundstück Flst.Nr. ..., ... Weg 7 in ... baupolizeilich einzuschreiten.
11 
Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor: Durch die Ablehnung, baupolizeilich einzuschreiten, seien sie in ihren Rechten, insbesondere in Art. 2 Abs. 1, 14 Abs. 1, 19 Abs. 4 und 103 Abs. 1 GG verletzt. Der direkte Anbau des Bauvorhabens sei planungsrechtlich unzulässig, weil es sich nicht um eine Doppelhaushälfte handele. Ob das Doppelhaus über eine seitliche - oder eine vordere bzw. rückwärtige - Grundstücksgrenze gebaut sei, müsse von der das jeweilige Grundstück erschließenden öffentlichen Verkehrsfläche aus beurteilt werden. Auf die dazu ergangene Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (VBLBW 2008, 272) werde verwiesen. Die das Grundstück der Beigeladenen erschließende öffentliche Verkehrsfläche sei nicht der ... Weg, sondern der ... Ring. Denn sowohl der Hauseingang als auch die Einfahrten zu der Doppelgarage seien dem ... Ring zugeordnet. Tatsächlich werde das Grundstück überhaupt nicht vom ... Weg her erschlossen. Lediglich die Hausnummer für das künftige Wohngebäude werde mit ... Weg 7 angegeben. Die Argumentation im Widerspruchsbescheid gehe am Kern der rechtlich maßgeblichen Argumentation vorbei. Maßgebend für das wechselseitige Abgestimmtsein der Doppelhaushälften seien regelmäßig Höhe, Breite und Tiefe sowie die Zahl der Geschosse und die Dachform, die einem Haus seine maßgebliche Gestalt geben. Auch Übereinstimmungen und Abweichungen in der Kubatur der Häuser infolge hervortretender Bauteile wie Dachterrassen, Gauben oder Anbauten könnten mitentscheidend für die Beantwortung der Frage sein, ob noch von einer baulichen Einheit und damit von einem Doppelhaus die Rede sein könne. Ein Mindestmaß an Übereinstimmung mit dem zugehörigen Nachbarhaus verlange, dass die andere Doppelhaushälfte einzelne der diesen Proportionen und Gestalt gebenden baulichen Elemente aufgreife. Auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des OVG Nordrhein-Westfalens werde verwiesen. Letztere stehe nicht im Widerspruch zu der des Bundesverwaltungsgerichts. Das Vorhaben der Beigeladenen erwecke den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus. Schon die Kubatur des geplanten Hauses falle weitaus größer aus als diejenige der vorhandenen Doppelhaushälfte. Auch die äußere Gestalt beider Bauvorhaben weiche auffällig voneinander ab. Der „palazzoartige“ Charakter des Bauvorhabens mit seinem portikusartigen Eingang, der von dem Erker im Obergeschoss gebildet werde, in Verbindung mit der Tatsache, dass sämtliche Öffnungen des Gebäudes einschließlich der Garagentore, des Hauseinganges in dem „Zwischenelement“ sowie der von den beiden Säulen gebildeten Öffnung unterhalb des Erkers zum Odenwald hin ausgerichtet sowie sämtliche Fenster durch halbrunde Fensterstürze gekennzeichnet seien, sprenge das zu fordernde Mindestmaß an Übereinstimmung. Im Übrigen verstoße das geplante Bauvorhaben gegen das Rücksichtnahmegebot. Durch die durchgängige Grenzbebauung des geplanten Bauvorhabens bis an das nördliche Ende des Grundstücks der Beigeladenen entstehe für die Freifläche hinter ihrem Wohnhaus eine unzumutbare Beeinträchtigung. Das Bauvorhaben sei im Verhältnis zu dem schlichten und einfachen Stil der nachbarlichen Doppelhaushälfte „wie die Faust aufs Auge“.
12 
Schließlich sei das sog Zwischenelement unzulässig. Der Anbau müsse den Grenzabstand einhalten. Nahezu die gesamte westliche Grenze solle verbaut werden. Sie hätten von Westen keinen Lichteinfall mehr und müssten nur noch Mauern anstarren.
13 
Das beklagte Land beantragt,
14 
die Klagen abzuweisen.
15 
Es ist der Ansicht. Das Bauvorhaben sei planungs- und bauordnungsrechtlich zulässig. Die zulässige Doppelhaushälfte der Beigeladenen sei überdies niedriger als die der Kläger, weshalb es weniger Licht wegnehme als eine gleich hohe Doppelhaushälfte wie die der Kläger.
16 
Mit Beschluss vom 30.11.2012 hat das Gericht die Bauherrin zu dem Rechtsstreit beigeladen. Sie hat keinen Sachantrag gestellt und sich im Verfahren nicht geäußert.
17 
Die Kammer hat den Rechtsstreit der Berichterstatterin zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen. In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht durch Einnahme eines Augenscheins Beweis erhoben. Auf die darüber gefertigte Niederschrift wird verwiesen. Dem Gericht liegen die Verwaltungsakten des beklagten Landes (1 Heft), die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe und die Bebauungsplanakten zu Bebauungsplan „...“ vom 07.05.2007 vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf deren Inhalt und den der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Klagen sind zulässig, jedoch unbegründet.
19 
Der Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 04.06.2012 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 31.10.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Den Klägern steht kein Anspruch darauf zu, das beklagte Land zu verpflichten, gegen den geplanten Neubau einer sog. Doppelhaushälfte mit Garage auf dem Nachbargrundstück, ... Weg 7 in ..., baupolizeilich einzuschreiten (§ 113 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 VwGO).
20 
Rechtsgrundlage für das begehrte Einschreiten der Kläger gegenüber der Beigeladenen ist § 47 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 59 Abs. 4 LBO. Danach kann die Baurechtsbehörde, falls wie hier mit dem Bau noch nicht begonnen wurde, den Baubeginn eines Bauvorhaben untersagen, wenn die baurechtlichen Vorschriften sowie die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Errichtung von Anlagen nicht eingehalten werden. Wie im Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 02.08.2012 zu Recht ausgeführt worden ist, erwächst dem Nachbarn hieraus regelmäßig nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung und zwar nur dann, wenn das strittige Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht entspricht, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.10.1994 - 8 S 2763/94 - m.w.N.; zustimmend Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, Kommentar, 3. Aufl., § 51 Rn. 50 ff., 53 m.w.N.). Das Vorhaben der Beigeladenen ist bauplanungsrechtlich als Doppelhaushälfte zulässig und bauordnungs- sowie bauordnungsrechtlich sind keine Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften zugunsten der Kläger gegeben.
21 
Das Vorhaben der Beigeladenen beurteilt sich planungsrechtlich nach § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ vom 07.05.2007. Dieser setzt für das Baugrundstück ein allgemeines Wohngebiet mit offener Bauweise innerhalb der festgelegten Baugrenzen fest. Zulässig sind Einzel- und Doppelhäuser. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO werden in der offenen Bauweise "die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand" als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Gebäude im Sinne dieser Vorschrift ist das Doppelhaus als bauliche Einheit; denn nur als Gesamtgebäude wird es "mit seitlichem Grenzabstand", d.h. mit einem Grenzabstand vor den äußeren Seitenwänden errichtet. Ein Doppelhaus entsteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 24.02.2000 - 4 C 12/98 - unter Hinweis auf König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 1. Aufl. 1999, Rn. 13, 16 zu § 22 ) deshalb nur dann, wenn zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Dies bestätigt § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO, der das Doppelhaus als "Hausform" bezeichnet. Nicht erforderlich ist, dass die Doppelhaushälften gleichzeitig oder deckungsgleich (spiegelbildlich) errichtet werden. Das Erfordernis einer baulichen Einheit im Sinne eines Gesamtbaukörpers schließt auch nicht aus, dass die ein Doppelhaus bildenden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zueinander versetzt oder gestaffelt aneinandergebaut werden (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO).
22 
Im Urteil vom 24. Februar 2000 hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich entschieden, dass bauordnungsrechtliche Vorschriften über die Höhe und Breite von Gebäuden, die traufen- oder giebelständige Anordnung, First-, Sockel- oder Traufhöhen, Farbe und Gliederung von Fassaden, der Drempel, Dächer und Dachaufbauten, die der Abwehr von Verunstaltungen oder der positiven Baugestaltungspflege dienen, nicht geeignet seien, den bauplanungsrechtlichen Gehalt des "Doppelhauses" als eine der in der offenen Bauweise zulässigen Hausformen zu erfassen. In diesem städtebaulichen Regelungszusammenhang beurteile sich die Frage, ob zwei an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Gebäude (noch) ein Doppelhaus bilden, allein nach dem Merkmal des wechselseitigen Verzichts auf seitliche Grenzabstände, mit dem eine spezifisch bauplanerische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes verfolgt werde (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO).
23 
Unter Bezugnahme auf diese grundlegenden Ausführungen hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 10. April 2012 (- 4 B 42/11 - ) ausgeführt, dass allein dadurch, dass zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden, der bauordnungsrechtliche Begriff des Doppelhauses noch nicht erfüllt ist. Er verlangt ferner, dass die beiden "Haushälften" in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Insoweit enthält das Erfordernis einer baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element. In dem System der offenen Bauweise, das durch seitliche Grenzabstände zu den benachbarten Grundstücken gekennzeichnet ist, ordnet sich ein aus zwei Gebäuden zusammengefügter Baukörper nur ein und kann somit als Doppelhaus gelten, wenn das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird. Ein einseitiger Grenzanbau ist in der offenen Bauweise unzulässig (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO). Der Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus kann nicht nur entstehen, wenn - wie in dem durch Urteil vom 24. Februar 2000 entschiedenen Fall - ein Gebäude gegen das andere an der gemeinsamen Grundstücksgrenze so stark versetzt wird, dass sein vorderer oder rückwärtiger Versprung den Rahmen einer wechselseitigen Grenzbebauung überschreitet, sondern auch, wenn ein nicht grenzständiger Anbau wegen seiner Abmessungen die bisherige Doppelhaushälfte so massiv verändert, dass die beiden Gebäude nicht mehr als bauliche Einheit erscheinen (vgl. BVerwG, Beschl. V. 17.08. 2011 - 4 B 25.11 - Rn. 5). Ein solcher Fall kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der im Verhältnis zur bisherigen Kubatur massive Anbau grenznah errichtet wird und - in seiner Wirkung einem grenzständigen Anbau vergleichbar - die Freiflächen auf dem Grundstück der anderen Doppelhaushälfte abriegelt. Ob ein nicht grenzständiger Anbau die bisherige bauliche Einheit zweier Doppelhaushälften aufhebt, hängt maßgebend von den Umständen des Einzelfalls ab (BVerwG, Urt. v. 10.04.2012, aaO).
24 
Klarstellend hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 10.04.2012 (aaO) ausgeführt, dass es im Urteil vom 24.02.2000 (aaO) nicht entschieden hat, dass die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus allein davon abhänge, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. In dem im Urteil vom 24.02.2000 zu entscheidenden Fall hat das Bundesverwaltungsgericht die beiden Gebäude nicht als Doppelhaus qualifiziert, weil sie an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stark gegeneinander versetzt waren. Dass zwei Gebäude, die an der gemeinsamen Grundstücksgrenze vollständig aneinander gebaut sind, stets ein Doppelhaus bilden, also auch dann, wenn sie mit Blick auf den Baukörper im Übrigen nicht als bauliche Einheit erscheinen, kann daraus nicht abgeleitet werden (BVerwG, Urt. v. 10.04.2012, aaO).
25 
Ein geplantes Haus erfährt jedoch durch die bereits vorhandene Grenzbebauung eine das Baugeschehen beeinflussende Vorprägung. Umgekehrt trägt der Erstbauende das Risiko, dass die spätere Nachbarbebauung den planerisch eröffneten Freiraum stärker ausschöpft als er selbst. Er kann nicht erwarten, dass die später errichtete Doppelhaushälfte die überbaubare Grundstücksfläche nur in demselben Umfang ausnutzt wie er es getan hat (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO, Rn. 25).
26 
Der Begriff des Doppelhauses darf zwar nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mit bauordnungsrechtlichen Merkmalen ausgefüllt werden. Die Frage, ob eine bauliche Einheit vorliegt, ist aber mit Blick auf die von § 22 Abs. 2 BauNVO verfolgten bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- oder Stadtbildes zu prüfen und dabei darf auf „Aspekte der Kubatur der Gebäude“ abgestellt werden. Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 10.04.2012, aaO) hat damit die Erwägungen des seiner Entscheidung vorausgegangenen Beschlusses des OVG Nordrhein-Westfalen (v. 04.06.1998 - 10 A 1318/97 - ) für zulässig gehalten, wonach Höhe, Breite und Tiefe, sowie die Zahl der Geschosse und die Dachform einem Haus regelmäßig seine maßgebliche Gestalt geben und dass diese Kriterien daher im Einzelfall Anhaltspunkte für die Beurteilung des wechselseitigen Abgestimmtseins geben können. Auch Übereinstimmungen oder Abweichungen in der Kubatur der Häuser infolge hervortretender Bauteile, wie Dachterrassen, Gauben oder Anbauten können mitentscheidend für die Beantwortung der Frage sein, ob noch von einer baulichen Einheit und damit von einem Doppelhaus oder einer Hausgruppe die Rede sein kann.
27 
Aus der vom Kläger-Vertreter zitierten Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 04.10.2007 - 8 S 1447/07 - ) ergibt sich nichts anderes. Zutreffend ist, dass die Frage, ob eine seitliche - oder eine vordere bzw. rückwärtige - Grundstücksgrenze vorliegt, von der das Grundstück erschließenden öffentlichen Verkehrsfläche aus zu beurteilen ist (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.10.2007 , aaO, m.w.N.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO, 111. Ergänzungslieferung 2013, § 22 Rn. 23). Vordere Grundstücksgrenze können bei einem Eckgrundstück beide angrenzenden öffentlichen Verkehrsflächen sein. Das Eckgrundstück der Beigeladenen ist sowohl vom ... Weg aus als auch vom ... Ring aus erschlossen. Im Hinblick auf die bestehende Doppelhaushälfte der Kläger auf dem Nachbargrundstück, die zum ... Weg hin ausgerichtet ist, ist die vordere Grundstücksgrenze am ... Weg. Der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 04.10.2007, aaO) lag die hier nicht gegebene Situation zugrunde, dass die Grundstücke von verschiedenen Straßen aus erschlossen und beide Gebäude rückwärtig (nicht seitlich) aneinander gebaut und deshalb nicht Doppelhäuser i. S. von § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO waren. So liegt es hier aber nicht, die Hauptgebäude sollen von der vorderen Grundstücksgrenze aus betrachtet - vom ... Weg aus - nebeneinander errichtet werden.
28 
Für die Qualifizierung eines Doppelhauses ist nur auf das (Haupt-)Gebäude bzw. das „Haus“ abzustellen, nicht hinzuzurechnen sind nicht zum Gebäude bzw. „Haus“ zählende daran angebaute Nebengebäude oder -anlagen, mithin nicht die in den bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften (§§ 5, 6 LBO) zulässigen baulichen Anlagen und Garagen. Denn im Zusammenhang mit der Bauweise (§ 22 BauNVO) und der überbaubaren Grundstücksfläche (§ 23 BauNVO) gilt die städtebaulich bedeutsame Unterscheidung zwischen Hauptgebäuden (Wohngebäuden) und zugeordneten Nebenanlagen bzw. Nebengebäuden, wie sie in diesen Vorschriften zum Ausdruck kommt (vgl. §§ 22 Abs. 2, 23 Abs. 3 und 5 BauNVO; s. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 09.12.2005 - 5 S 274/05 - Rn. 33). Umgekehrt können Nebenanlagen im Sinne von § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO nur Anlagen sein, die nicht Bestandteil des (Haupt-)Gebäudes sind (BVerwG, Urt. v. 14.02.1994 - 4 B 18/94 - ). Deshalb darf für die Annahme einer Doppelhaushälfte bzw. für ein Doppelhaus nicht die im Kenntnisgabeverfahren angezeigte Doppelgarage nebst Verbindungselement in die Betrachtung der Kubatur des geplanten Wohnhauses mit einbezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob die Doppelgarage mit § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO in der ab 01.03.2010 gültigen Fassung vom 05.03.2010 (GBL. S. 357) in Einklang steht.
29 
Das geplante Vorhaben der Beigeladenen vermittelt nicht den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus, sondern hält sich im Rahmen einer in offener Bauweise gestatteten wechselseitigen Grenzbebauung. Maßgebend ist, ob die Gebäude bzw. Häuser ein Doppelhaus bilden. Dies ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil das Wohnhaus der Beigeladenen nicht wie die Doppelhaushälfte der Kläger seine Zufahrt und seinen Zugang vom ... Weg hin nimmt, sondern über den ... Ring und mit seinen Fenstern und Türen dorthin ausgerichtet ist. Denn dabei handelt es sich neben Gesichtspunkten der Erschließung und der Frage der vorderen Grundstücksgrenze um gestalterische Aspekte, die nicht berücksichtigungsfähig sind. Die Haushälfte der Kläger und die der Beigeladenen werden nach der Realisierung des Vorhabens nach wie vor quantitativ und qualitativ eine bauliche Einheit im Sinne eines Gesamtbaukörpers bilden. Zwar tritt die Haushälfte der Beigeladenen über die gesamte Breite um ca. 3,00 m am ... Weg zurück und ragt im hinteren Grundstücksbereich über die - nach den Abmessungen bei Einnahme des Augenscheins 11,10 m lange - Doppelhaushälfte der Kläger um 3,80 m hinaus. Beide Gebäude decken sich damit auf einer Länge von etwa 7,10 m, indem die Rückwand des Vorhabens der Beigeladenen an die Giebelwand des Hauses der Kläger angebaut wird. Trotz ihrer versetzten Anordnung werden die Haushälften zum weitaus größten Teil - einer Länge von ca. 7,10 m - mit ihren Wänden auf miteinander verbunden sein. Im rückwärtigen Grundstücksbereich entsteht für die Kläger zusammen mit der Doppelgaragenbebauung zwar eine riegelartige Bebauung über die gesamte rückwärtige Grundstückslänge, diese ist aber nicht allein darauf zurückzuführen, dass das geplante Haus im rückwärtigen Bereich 3,80 m länger ist als das der Kläger. Die Bebauung entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze mit einer Doppelgarage darf, wie bereits ausgeführt, bei dieser Beurteilung nicht mit einbezogen werden. In der Breite weichen beide Haushälften mit ihrer Front zum ... Weg hin nicht wesentlich voneinander ab, die Doppelhaushälfte der Kläger ist etwa 6,40 m breit, das geplante Vorhaben am ... Weg ca. 8,71 m. Nur in Höhe des von der Ansicht am ... Weg aus zwar sichtbaren, aber erst nach etwa 4,50 m beginnenden ca. 1,10 m tiefen vorspringenden Erkers (in Höhe des ersten Oberschosses) ist das geplante Vorhaben insgesamt ca. 10 m breit, was sich aber nicht beachtlich auswirkt, weil der Erker durch den kleinen Dachansatz (sog. „Mini-Walmdach“) die Kubatur des Hauses wiederum auflockert. Eine vollständige Deckungsgleichheit ist - wie dargelegt - nicht erforderlich. Außerdem wird das Haus der Beigeladenen um ca. 1 m niedriger ausgeführt als das der Kläger, weshalb es weder die vordere noch die rückwärtige Gebäudefront dominiert, sondern sich insgesamt in seinen Dimensionen dem Gesamtbaukörper von der Ansicht vom ... Weg aus gesehen unterordnet, mit der Folge, dass von einem wechselseitigen Abgestimmtsein des Wohnhauses der Beigeladenen mit dem der Kläger auszugehen ist, mithin von einem Doppelhaus
30 
Die im Bescheid vom 05.04.2012 zugelassene Überschreitung der westlichen Baugrenze durch ein untergeordnetes Bauteil, dem Erker, ist rechtsfehlerfrei. Abgesehen davon würden durch eine fehlerhafte Zulassung des Erkers gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO Rechte der Kläger nicht verletzt, weil die seitliche Baugrenze zum... Ring hin nicht nachbarschützend zugunsten der Kläger ist, was im Rahmen des Ermessens des bauaufsichtlichen Einschreitens bedeutsam ist. Denn seitliche und hintere Baugrenzen entfalten regelmäßig eine drittschützende Wirkung (nur) zugunsten der ihnen gegenüber liegenden Nachbargrundstücke (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.11.2013 - 8 S 1813/13 - ). Ob für die zur Nutzung als Stellplatz vorgesehenen Rasengittersteine vor der Doppelgarage eine Ausnahme von der Überschreitung der seitlichen Baugrenze nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO erteilt worden ist, was im Widerspruchsbescheid (S. 7, zweiter Absatz) konkludent geschehen sein könnte, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
31 
Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften zugunsten der Kläger. Die Doppelgarage und die in diesem Gebäude integrierte zu der Garage und zum Keller führende Treppe ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO i.d.F. vom 05.03.2010, gültig ab 01.03.2010, in der Abstandsfläche zulässig, weil es ein Gebäude ohne Aufenthaltsraum (Sauter, aaO, § 6 Rn. 15) ist und die Doppelgarage einschließlich dieses Raums die Maße des § 6 Abs. 1 Nr. 1 LBO einhält.
32 
Selbst wenn kein Doppelhaus vorläge, wäre ein Anspruch auf baupolizeiliches Einschreiten nur gegeben, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Kläger anzunehmen wäre. Dies wäre hier selbst dann zur verneinen, wenn gegen die Festsetzung der offenen Bauweise verstoßen worden wäre. Denn das geplante Vorhaben der Beigeladenen ist nicht derart rücksichtslos, dass nur eine Entscheidung zugunsten der Kläger rechtsfehlerfrei wäre. Maßgebend dafür ist, dass das geplante Wohnhaus der Beigeladenen weniger Licht aus Westen wegnimmt als es eine gleich hohe Haushälfte wie die der Kläger bewirken würde. Hinzu kommt, dass von einem die bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften einhaltenden Vorhaben i.d.R. keine erdrückende, abriegelnde oder „optisch bedrängende“ Wirkung ausgeht, die eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots und eine Ermessensreduzierung auf Null gebieten kann. So liegt es hier. Selbst eine rechtsfehlerhafte Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezüglich des Erkers würde nicht zu einer Ermessensreduzierung zugunsten des Begehrens der Kläger auf ein bauaufsichtliches Einschreiten führen, weil die seitliche Baugrenze auf der vom Grundstück der Kläger abgewandten Grundstücksseite (zum... Ring) nicht nachbarschützend zugunsten der Kläger ist. Die gleiche Bewertung gilt für die Zulassung einer Ausnahme gem. § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO für Stellplätze vor der Doppelgarage.
33 
Eine im Verpflichtungsantrag enthaltenen Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsansicht des Gerichts nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO kommt deshalb ebenfalls nicht in Betracht.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. In Anwendung der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen dem Unterlegenen nach dem Maß seines Unterliegens, d.h. den Klägern aufzuerlegen, auch dann, wenn er keinen eigenen Sachantrag gestellt hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.10.1994 - 5 S 2545/94 -; Beschl. v. 06.08.1996 - 5 S 1502/96 -). Da die Kläger unterlegen sind, war ihnen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens insgesamt einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.
35 
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat die Frage, ob ein Gebäude, das an eine Doppelhaushälfte angebaut wird und auf der rückwärtigen Seite ca. 3,80 m über die bestehende Doppelhaushälfte hinausragt mit diesem zusammen ein Doppelhaus bildet, und zwar auch dann, wenn im Anschluss an das Haus eine Doppelgarage entlang der gesamten gemeinsamen Grundstücksgrenze zum Nachbarn angebaut wird.
36 
BESCHLUSS
37 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 7.500,-- festgesetzt.
38 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
18 
Die Klagen sind zulässig, jedoch unbegründet.
19 
Der Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 04.06.2012 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 31.10.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Den Klägern steht kein Anspruch darauf zu, das beklagte Land zu verpflichten, gegen den geplanten Neubau einer sog. Doppelhaushälfte mit Garage auf dem Nachbargrundstück, ... Weg 7 in ..., baupolizeilich einzuschreiten (§ 113 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 VwGO).
20 
Rechtsgrundlage für das begehrte Einschreiten der Kläger gegenüber der Beigeladenen ist § 47 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 59 Abs. 4 LBO. Danach kann die Baurechtsbehörde, falls wie hier mit dem Bau noch nicht begonnen wurde, den Baubeginn eines Bauvorhaben untersagen, wenn die baurechtlichen Vorschriften sowie die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Errichtung von Anlagen nicht eingehalten werden. Wie im Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 02.08.2012 zu Recht ausgeführt worden ist, erwächst dem Nachbarn hieraus regelmäßig nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung und zwar nur dann, wenn das strittige Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht entspricht, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.10.1994 - 8 S 2763/94 - m.w.N.; zustimmend Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, Kommentar, 3. Aufl., § 51 Rn. 50 ff., 53 m.w.N.). Das Vorhaben der Beigeladenen ist bauplanungsrechtlich als Doppelhaushälfte zulässig und bauordnungs- sowie bauordnungsrechtlich sind keine Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften zugunsten der Kläger gegeben.
21 
Das Vorhaben der Beigeladenen beurteilt sich planungsrechtlich nach § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ vom 07.05.2007. Dieser setzt für das Baugrundstück ein allgemeines Wohngebiet mit offener Bauweise innerhalb der festgelegten Baugrenzen fest. Zulässig sind Einzel- und Doppelhäuser. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO werden in der offenen Bauweise "die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand" als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Gebäude im Sinne dieser Vorschrift ist das Doppelhaus als bauliche Einheit; denn nur als Gesamtgebäude wird es "mit seitlichem Grenzabstand", d.h. mit einem Grenzabstand vor den äußeren Seitenwänden errichtet. Ein Doppelhaus entsteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 24.02.2000 - 4 C 12/98 - unter Hinweis auf König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 1. Aufl. 1999, Rn. 13, 16 zu § 22 ) deshalb nur dann, wenn zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Dies bestätigt § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO, der das Doppelhaus als "Hausform" bezeichnet. Nicht erforderlich ist, dass die Doppelhaushälften gleichzeitig oder deckungsgleich (spiegelbildlich) errichtet werden. Das Erfordernis einer baulichen Einheit im Sinne eines Gesamtbaukörpers schließt auch nicht aus, dass die ein Doppelhaus bildenden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zueinander versetzt oder gestaffelt aneinandergebaut werden (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO).
22 
Im Urteil vom 24. Februar 2000 hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich entschieden, dass bauordnungsrechtliche Vorschriften über die Höhe und Breite von Gebäuden, die traufen- oder giebelständige Anordnung, First-, Sockel- oder Traufhöhen, Farbe und Gliederung von Fassaden, der Drempel, Dächer und Dachaufbauten, die der Abwehr von Verunstaltungen oder der positiven Baugestaltungspflege dienen, nicht geeignet seien, den bauplanungsrechtlichen Gehalt des "Doppelhauses" als eine der in der offenen Bauweise zulässigen Hausformen zu erfassen. In diesem städtebaulichen Regelungszusammenhang beurteile sich die Frage, ob zwei an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Gebäude (noch) ein Doppelhaus bilden, allein nach dem Merkmal des wechselseitigen Verzichts auf seitliche Grenzabstände, mit dem eine spezifisch bauplanerische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes verfolgt werde (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO).
23 
Unter Bezugnahme auf diese grundlegenden Ausführungen hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 10. April 2012 (- 4 B 42/11 - ) ausgeführt, dass allein dadurch, dass zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden, der bauordnungsrechtliche Begriff des Doppelhauses noch nicht erfüllt ist. Er verlangt ferner, dass die beiden "Haushälften" in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Insoweit enthält das Erfordernis einer baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element. In dem System der offenen Bauweise, das durch seitliche Grenzabstände zu den benachbarten Grundstücken gekennzeichnet ist, ordnet sich ein aus zwei Gebäuden zusammengefügter Baukörper nur ein und kann somit als Doppelhaus gelten, wenn das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird. Ein einseitiger Grenzanbau ist in der offenen Bauweise unzulässig (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO). Der Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus kann nicht nur entstehen, wenn - wie in dem durch Urteil vom 24. Februar 2000 entschiedenen Fall - ein Gebäude gegen das andere an der gemeinsamen Grundstücksgrenze so stark versetzt wird, dass sein vorderer oder rückwärtiger Versprung den Rahmen einer wechselseitigen Grenzbebauung überschreitet, sondern auch, wenn ein nicht grenzständiger Anbau wegen seiner Abmessungen die bisherige Doppelhaushälfte so massiv verändert, dass die beiden Gebäude nicht mehr als bauliche Einheit erscheinen (vgl. BVerwG, Beschl. V. 17.08. 2011 - 4 B 25.11 - Rn. 5). Ein solcher Fall kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der im Verhältnis zur bisherigen Kubatur massive Anbau grenznah errichtet wird und - in seiner Wirkung einem grenzständigen Anbau vergleichbar - die Freiflächen auf dem Grundstück der anderen Doppelhaushälfte abriegelt. Ob ein nicht grenzständiger Anbau die bisherige bauliche Einheit zweier Doppelhaushälften aufhebt, hängt maßgebend von den Umständen des Einzelfalls ab (BVerwG, Urt. v. 10.04.2012, aaO).
24 
Klarstellend hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 10.04.2012 (aaO) ausgeführt, dass es im Urteil vom 24.02.2000 (aaO) nicht entschieden hat, dass die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus allein davon abhänge, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. In dem im Urteil vom 24.02.2000 zu entscheidenden Fall hat das Bundesverwaltungsgericht die beiden Gebäude nicht als Doppelhaus qualifiziert, weil sie an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stark gegeneinander versetzt waren. Dass zwei Gebäude, die an der gemeinsamen Grundstücksgrenze vollständig aneinander gebaut sind, stets ein Doppelhaus bilden, also auch dann, wenn sie mit Blick auf den Baukörper im Übrigen nicht als bauliche Einheit erscheinen, kann daraus nicht abgeleitet werden (BVerwG, Urt. v. 10.04.2012, aaO).
25 
Ein geplantes Haus erfährt jedoch durch die bereits vorhandene Grenzbebauung eine das Baugeschehen beeinflussende Vorprägung. Umgekehrt trägt der Erstbauende das Risiko, dass die spätere Nachbarbebauung den planerisch eröffneten Freiraum stärker ausschöpft als er selbst. Er kann nicht erwarten, dass die später errichtete Doppelhaushälfte die überbaubare Grundstücksfläche nur in demselben Umfang ausnutzt wie er es getan hat (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO, Rn. 25).
26 
Der Begriff des Doppelhauses darf zwar nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mit bauordnungsrechtlichen Merkmalen ausgefüllt werden. Die Frage, ob eine bauliche Einheit vorliegt, ist aber mit Blick auf die von § 22 Abs. 2 BauNVO verfolgten bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- oder Stadtbildes zu prüfen und dabei darf auf „Aspekte der Kubatur der Gebäude“ abgestellt werden. Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 10.04.2012, aaO) hat damit die Erwägungen des seiner Entscheidung vorausgegangenen Beschlusses des OVG Nordrhein-Westfalen (v. 04.06.1998 - 10 A 1318/97 - ) für zulässig gehalten, wonach Höhe, Breite und Tiefe, sowie die Zahl der Geschosse und die Dachform einem Haus regelmäßig seine maßgebliche Gestalt geben und dass diese Kriterien daher im Einzelfall Anhaltspunkte für die Beurteilung des wechselseitigen Abgestimmtseins geben können. Auch Übereinstimmungen oder Abweichungen in der Kubatur der Häuser infolge hervortretender Bauteile, wie Dachterrassen, Gauben oder Anbauten können mitentscheidend für die Beantwortung der Frage sein, ob noch von einer baulichen Einheit und damit von einem Doppelhaus oder einer Hausgruppe die Rede sein kann.
27 
Aus der vom Kläger-Vertreter zitierten Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 04.10.2007 - 8 S 1447/07 - ) ergibt sich nichts anderes. Zutreffend ist, dass die Frage, ob eine seitliche - oder eine vordere bzw. rückwärtige - Grundstücksgrenze vorliegt, von der das Grundstück erschließenden öffentlichen Verkehrsfläche aus zu beurteilen ist (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.10.2007 , aaO, m.w.N.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO, 111. Ergänzungslieferung 2013, § 22 Rn. 23). Vordere Grundstücksgrenze können bei einem Eckgrundstück beide angrenzenden öffentlichen Verkehrsflächen sein. Das Eckgrundstück der Beigeladenen ist sowohl vom ... Weg aus als auch vom ... Ring aus erschlossen. Im Hinblick auf die bestehende Doppelhaushälfte der Kläger auf dem Nachbargrundstück, die zum ... Weg hin ausgerichtet ist, ist die vordere Grundstücksgrenze am ... Weg. Der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 04.10.2007, aaO) lag die hier nicht gegebene Situation zugrunde, dass die Grundstücke von verschiedenen Straßen aus erschlossen und beide Gebäude rückwärtig (nicht seitlich) aneinander gebaut und deshalb nicht Doppelhäuser i. S. von § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO waren. So liegt es hier aber nicht, die Hauptgebäude sollen von der vorderen Grundstücksgrenze aus betrachtet - vom ... Weg aus - nebeneinander errichtet werden.
28 
Für die Qualifizierung eines Doppelhauses ist nur auf das (Haupt-)Gebäude bzw. das „Haus“ abzustellen, nicht hinzuzurechnen sind nicht zum Gebäude bzw. „Haus“ zählende daran angebaute Nebengebäude oder -anlagen, mithin nicht die in den bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften (§§ 5, 6 LBO) zulässigen baulichen Anlagen und Garagen. Denn im Zusammenhang mit der Bauweise (§ 22 BauNVO) und der überbaubaren Grundstücksfläche (§ 23 BauNVO) gilt die städtebaulich bedeutsame Unterscheidung zwischen Hauptgebäuden (Wohngebäuden) und zugeordneten Nebenanlagen bzw. Nebengebäuden, wie sie in diesen Vorschriften zum Ausdruck kommt (vgl. §§ 22 Abs. 2, 23 Abs. 3 und 5 BauNVO; s. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 09.12.2005 - 5 S 274/05 - Rn. 33). Umgekehrt können Nebenanlagen im Sinne von § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO nur Anlagen sein, die nicht Bestandteil des (Haupt-)Gebäudes sind (BVerwG, Urt. v. 14.02.1994 - 4 B 18/94 - ). Deshalb darf für die Annahme einer Doppelhaushälfte bzw. für ein Doppelhaus nicht die im Kenntnisgabeverfahren angezeigte Doppelgarage nebst Verbindungselement in die Betrachtung der Kubatur des geplanten Wohnhauses mit einbezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob die Doppelgarage mit § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO in der ab 01.03.2010 gültigen Fassung vom 05.03.2010 (GBL. S. 357) in Einklang steht.
29 
Das geplante Vorhaben der Beigeladenen vermittelt nicht den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus, sondern hält sich im Rahmen einer in offener Bauweise gestatteten wechselseitigen Grenzbebauung. Maßgebend ist, ob die Gebäude bzw. Häuser ein Doppelhaus bilden. Dies ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil das Wohnhaus der Beigeladenen nicht wie die Doppelhaushälfte der Kläger seine Zufahrt und seinen Zugang vom ... Weg hin nimmt, sondern über den ... Ring und mit seinen Fenstern und Türen dorthin ausgerichtet ist. Denn dabei handelt es sich neben Gesichtspunkten der Erschließung und der Frage der vorderen Grundstücksgrenze um gestalterische Aspekte, die nicht berücksichtigungsfähig sind. Die Haushälfte der Kläger und die der Beigeladenen werden nach der Realisierung des Vorhabens nach wie vor quantitativ und qualitativ eine bauliche Einheit im Sinne eines Gesamtbaukörpers bilden. Zwar tritt die Haushälfte der Beigeladenen über die gesamte Breite um ca. 3,00 m am ... Weg zurück und ragt im hinteren Grundstücksbereich über die - nach den Abmessungen bei Einnahme des Augenscheins 11,10 m lange - Doppelhaushälfte der Kläger um 3,80 m hinaus. Beide Gebäude decken sich damit auf einer Länge von etwa 7,10 m, indem die Rückwand des Vorhabens der Beigeladenen an die Giebelwand des Hauses der Kläger angebaut wird. Trotz ihrer versetzten Anordnung werden die Haushälften zum weitaus größten Teil - einer Länge von ca. 7,10 m - mit ihren Wänden auf miteinander verbunden sein. Im rückwärtigen Grundstücksbereich entsteht für die Kläger zusammen mit der Doppelgaragenbebauung zwar eine riegelartige Bebauung über die gesamte rückwärtige Grundstückslänge, diese ist aber nicht allein darauf zurückzuführen, dass das geplante Haus im rückwärtigen Bereich 3,80 m länger ist als das der Kläger. Die Bebauung entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze mit einer Doppelgarage darf, wie bereits ausgeführt, bei dieser Beurteilung nicht mit einbezogen werden. In der Breite weichen beide Haushälften mit ihrer Front zum ... Weg hin nicht wesentlich voneinander ab, die Doppelhaushälfte der Kläger ist etwa 6,40 m breit, das geplante Vorhaben am ... Weg ca. 8,71 m. Nur in Höhe des von der Ansicht am ... Weg aus zwar sichtbaren, aber erst nach etwa 4,50 m beginnenden ca. 1,10 m tiefen vorspringenden Erkers (in Höhe des ersten Oberschosses) ist das geplante Vorhaben insgesamt ca. 10 m breit, was sich aber nicht beachtlich auswirkt, weil der Erker durch den kleinen Dachansatz (sog. „Mini-Walmdach“) die Kubatur des Hauses wiederum auflockert. Eine vollständige Deckungsgleichheit ist - wie dargelegt - nicht erforderlich. Außerdem wird das Haus der Beigeladenen um ca. 1 m niedriger ausgeführt als das der Kläger, weshalb es weder die vordere noch die rückwärtige Gebäudefront dominiert, sondern sich insgesamt in seinen Dimensionen dem Gesamtbaukörper von der Ansicht vom ... Weg aus gesehen unterordnet, mit der Folge, dass von einem wechselseitigen Abgestimmtsein des Wohnhauses der Beigeladenen mit dem der Kläger auszugehen ist, mithin von einem Doppelhaus
30 
Die im Bescheid vom 05.04.2012 zugelassene Überschreitung der westlichen Baugrenze durch ein untergeordnetes Bauteil, dem Erker, ist rechtsfehlerfrei. Abgesehen davon würden durch eine fehlerhafte Zulassung des Erkers gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO Rechte der Kläger nicht verletzt, weil die seitliche Baugrenze zum... Ring hin nicht nachbarschützend zugunsten der Kläger ist, was im Rahmen des Ermessens des bauaufsichtlichen Einschreitens bedeutsam ist. Denn seitliche und hintere Baugrenzen entfalten regelmäßig eine drittschützende Wirkung (nur) zugunsten der ihnen gegenüber liegenden Nachbargrundstücke (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.11.2013 - 8 S 1813/13 - ). Ob für die zur Nutzung als Stellplatz vorgesehenen Rasengittersteine vor der Doppelgarage eine Ausnahme von der Überschreitung der seitlichen Baugrenze nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO erteilt worden ist, was im Widerspruchsbescheid (S. 7, zweiter Absatz) konkludent geschehen sein könnte, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
31 
Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften zugunsten der Kläger. Die Doppelgarage und die in diesem Gebäude integrierte zu der Garage und zum Keller führende Treppe ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO i.d.F. vom 05.03.2010, gültig ab 01.03.2010, in der Abstandsfläche zulässig, weil es ein Gebäude ohne Aufenthaltsraum (Sauter, aaO, § 6 Rn. 15) ist und die Doppelgarage einschließlich dieses Raums die Maße des § 6 Abs. 1 Nr. 1 LBO einhält.
32 
Selbst wenn kein Doppelhaus vorläge, wäre ein Anspruch auf baupolizeiliches Einschreiten nur gegeben, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Kläger anzunehmen wäre. Dies wäre hier selbst dann zur verneinen, wenn gegen die Festsetzung der offenen Bauweise verstoßen worden wäre. Denn das geplante Vorhaben der Beigeladenen ist nicht derart rücksichtslos, dass nur eine Entscheidung zugunsten der Kläger rechtsfehlerfrei wäre. Maßgebend dafür ist, dass das geplante Wohnhaus der Beigeladenen weniger Licht aus Westen wegnimmt als es eine gleich hohe Haushälfte wie die der Kläger bewirken würde. Hinzu kommt, dass von einem die bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften einhaltenden Vorhaben i.d.R. keine erdrückende, abriegelnde oder „optisch bedrängende“ Wirkung ausgeht, die eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots und eine Ermessensreduzierung auf Null gebieten kann. So liegt es hier. Selbst eine rechtsfehlerhafte Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezüglich des Erkers würde nicht zu einer Ermessensreduzierung zugunsten des Begehrens der Kläger auf ein bauaufsichtliches Einschreiten führen, weil die seitliche Baugrenze auf der vom Grundstück der Kläger abgewandten Grundstücksseite (zum... Ring) nicht nachbarschützend zugunsten der Kläger ist. Die gleiche Bewertung gilt für die Zulassung einer Ausnahme gem. § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO für Stellplätze vor der Doppelgarage.
33 
Eine im Verpflichtungsantrag enthaltenen Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsansicht des Gerichts nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO kommt deshalb ebenfalls nicht in Betracht.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. In Anwendung der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen dem Unterlegenen nach dem Maß seines Unterliegens, d.h. den Klägern aufzuerlegen, auch dann, wenn er keinen eigenen Sachantrag gestellt hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.10.1994 - 5 S 2545/94 -; Beschl. v. 06.08.1996 - 5 S 1502/96 -). Da die Kläger unterlegen sind, war ihnen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens insgesamt einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.
35 
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat die Frage, ob ein Gebäude, das an eine Doppelhaushälfte angebaut wird und auf der rückwärtigen Seite ca. 3,80 m über die bestehende Doppelhaushälfte hinausragt mit diesem zusammen ein Doppelhaus bildet, und zwar auch dann, wenn im Anschluss an das Haus eine Doppelgarage entlang der gesamten gemeinsamen Grundstücksgrenze zum Nachbarn angebaut wird.
36 
BESCHLUSS
37 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 7.500,-- festgesetzt.
38 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen dem Beigeladenen erteilten Vorbescheid für eine grenzständige Bebauung.

2

Kläger und Beigeladener sind Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke in K.... Diese sind mit einem Doppelwohnhaus mit jeweils zwei Geschossen und einem Dachgeschoss bebaut. Das Gebäude verfügt über ein Satteldach mit einer Firsthöhe von 11,60 m. Die Haushälften stehen mit vier bzw. sechs Metern Abstand zur festgesetzten Baufluchtlinie. Die Haushälfte des Beigeladenen wurde 1954, die des Klägers 1971 errichtet. Die übrige Bebauung der Straße besteht auf der einen Straßenseite - abgesehen von einem freistehenden zweigeschossigen Wohngebäude - aus zwei- oder mehrgeschossigen Häusern, Doppelhäusern oder Hausgruppen, auf der anderen Straßenseite herrscht eine zwei- bis dreigeschossige Bebauung mit Doppelhäusern oder Hausgruppen vor. Außer einem Fluchtlinienplan fehlen bauplanerische Festsetzungen.

3

Der Beigeladene beabsichtigt auf seinem Grundstück die Errichtung eines 15 m hohen viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses mit zusätzlichem Staffelgeschoss und Flachdach. Es soll anstelle der bestehenden Haushälfte ohne Einhaltung von Grenzabständen und unter Ausnutzung der Baufluchtlinie errichtet werden. Für das Vorhaben erteilte das Bauaufsichtsamt der Beklagten den streitgegenständlichen planungsrechtlichen Vorbescheid.

4

Das Verwaltungsgericht wies die gegen den Vorbescheid erhobene Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den streitgegenständlichen Vorbescheid aufgehoben. Der Vorbescheid sei rechtswidrig, weil das geplante Vorhaben mit § 34 Abs. 1 BauGB unvereinbar sei. Es füge sich nach seiner Bauweise nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, die in offener Bauweise gebaut sei. Das Vorhaben des Beigeladenen beseitige das bestehende Doppelhaus, ohne ein neues Doppelhaus zu schaffen. Die beiden Haushälften würden vielmehr bei Realisierung des Vorhabens den Eindruck disproportionaler, zufällig in grenzständiger Weise nebeneinander gestellter Baukörper erwecken. Auf diesen Verstoß gegen § 34 Abs. 1 BauGB könne sich der Kläger berufen. Denn mit der Doppelhausbebauung gingen die Grundstückseigentümer ein nachbarliches Austauschverhältnis ein, das nicht einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden dürfe.

5

Mit seiner vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Beigeladene geltend, die Rechtsprechung zur nachbarschützenden Wirkung von Festsetzungen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO (Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <362 f.>) könne auf den unbeplanten Innenbereich nicht übertragen werden. Die maßgeblichen Fälle seien über das Gebot der Rücksichtnahme nach § 34 Abs. 1 BauGB zu lösen. Danach sei die Klage abzuweisen. Auf den Kläger sei umso weniger Rücksicht zu nehmen, als dieser sein Grundstück baulich nicht vollständig ausnutze.

6

Die Beklagte schließt sich dem Standpunkt des Beigeladenen an.

7

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der streitgegenständliche Vorbescheid ist rechtswidrig (1.) und verletzt den Kläger in seinen Rechten (2.) (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

9

1. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass sich das Vorhaben des Beigeladenen entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der Bauweise nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.

10

a) Das Vorhaben des Beigeladenen ist hinsichtlich seiner Bauweise planungsrechtlich an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen, da es insoweit an bauplanerischen Festsetzungen fehlt und das Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegt. Maßstabsbildend im Sinne dieser Vorschrift ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (stRspr, Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 48). Das Oberverwaltungsgericht hat als nähere Umgebung die beiden Seiten der R...straße in den Blick genommen (UA S. 9), die Beteiligten haben hiergegen Einwände nicht erhoben.

11

b) In dieser Umgebung befindet sich nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts eine Bebauung mit Doppelhäusern, Hausgruppen und wenigen Einzelhäusern, die das Oberverwaltungsgericht als offene Bauweise bezeichnet.

12

Mit diesen Bezeichnungen greift das Oberverwaltungsgericht ohne Rechtsfehler auf Begriffe der Baunutzungsverordnung zurück. Denn deren Vorschriften können im unbeplanten Innenbereich als Auslegungshilfe herangezogen werden (Beschluss vom 27. Juli 2011 - BVerwG 4 B 4.11 - BRS 78 Nr. 102 Rn. 4; Urteile vom 23. März 1994 - BVerwG 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278> = Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 168 S. 9 und vom 15. Dezember 1994 - BVerwG 4 C 19.93 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 173 S. 30). Sie enthalten definitorische Grundsätze, was etwa die Begriffe der offenen oder geschlossenen Bauweise meinen (Beschlüsse vom 7. Juli 1994 - BVerwG 4 B 131.94 - juris Rn. 3 und vom 11. März 1994 - BVerwG 4 B 53.94 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 166 S. 6). Aus diesem Grund konnte das Oberverwaltungsgericht auch auf den Begriff des Doppelhauses der Baunutzungsverordnung zurückgreifen, als es die Eigenart der Umgebungsbebauung, die bestehende Bebauung auf den Grundstücken des Klägers und des Beigeladenen und das streitgegenständliche Vorhaben gewürdigt hat.

13

Im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist ein Doppelhaus eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Kein Doppelhaus bilden dagegen zwei Gebäude, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus verlangt ferner, dass die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden (Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - a.a.O. S. 357 ff. = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 3 ff.; Beschluss vom 23. April 2013 - BVerwG 4 B 17.13 - BauR 2013, 1427 Rn. 5). Diese Begriffsbestimmung bezeichnet den Begriff des Doppelhauses im Sinne bauplanungsrechtlicher Vorschriften (Beschluss vom 10. April 2012 - BVerwG 4 B 42.11 - ZfBR 2012, 478, juris Rn. 9), also auch für den unbeplanten Innenbereich.

14

Die knappen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zur Umgebungsbebauung bieten keinen Anlass für die Annahme, das Oberverwaltungsgericht habe bei der Feststellung von Doppelhäusern in der näheren Umgebung einen hiervon abweichenden Begriff des Doppelhauses zugrunde gelegt. Nach den Urteilsgründen handelt es sich bei dem gegenwärtigen Gebäude des Klägers und des Beigeladenen "auch" um ein Doppelhaus (UA S. 9). Diese Formulierung setzt einen einheitlichen Begriffsinhalt voraus. Damit steht fest, dass sich in der näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks nur solche einseitig grenzständigen Haushälften befinden, die das begrifflich geforderte Mindestmaß an Übereinstimmung aufweisen und deshalb Doppelhäuser im Sinne des Senatsurteils vom 24. Februar 2000 (a.a.O.) sind. Diese mit Revisionsrügen nicht angegriffene Feststellung bindet den Senat (§ 137 Abs. 2 VwGO), insbesondere ist sie nicht zweifelsfrei aktenwidrig (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 137 Rn. 70).

15

c) Damit prägen solche Gebäude die nähere Umgebung, die bei bauplanerischer Festsetzung einer offenen Bauweise zulässig sind (vgl. § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO). Dennoch bestimmt sich die Zulässigkeit des Vorhabens des Beigeladenen hinsichtlich der Bauweise nicht nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO. Die Vorschrift richtet sich an die planende Gemeinde (vgl. Urteil vom 16. September 1993 - BVerwG 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 <154> = Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 118 S. 97). Anders als § 34 Abs. 2 BauGB für die Art der baulichen Nutzung verweist § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich des Einfügens nach der Bauweise selbst dann nicht auf den Maßstab der Baunutzungsverordnung, wenn die nähere Umgebung der dort definierten offenen oder geschlossenen Bauweise entspricht. Den rechtlichen Maßstab bestimmt vielmehr § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wonach sich das Vorhaben des Beigeladenen nach seiner Bauweise in die nähere Umgebung einfügen muss.

16

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts beseitigt das Vorhaben des Beigeladenen das bestehende Doppelhaus, führt aber nicht zur Entstehung eines neuen Doppelhauses. Es stützt sich für diese Würdigung auf quantitative Abweichungen, die zwei zusätzlichen Vollgeschosse und ein Staffelgeschoss, die unterschiedliche Höhe der Gebäudehälften und die Erweiterung im viergeschossigen Bereich sowie die zusätzliche Erweiterung im zweigeschossigen Bereich. Hinzu träten qualitative Gesichtspunkte, insbesondere die unterschiedlichen Dachformen (Satteldach auf der einen, Flachdach auf der anderen Seite). Diese Würdigung verstößt nicht gegen Bundesrecht. Zwar mahnt das Urteil vom 24. Februar 2000, den Begriff des Doppelhauses nicht bauordnungsrechtlich zu überladen. In dem städtebaulichen Regelungszusammenhang beurteilt sich die Frage, ob zwei an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Gebäude noch ein Doppelhaus bilden, allein nach dem Merkmal des wechselseitigen Verzichts auf seitliche Grenzabstände, mit dem eine spezifisch bauplanerische Gestaltung des Orts- und Stadtbildes verfolgt wird (BVerwGE 110, 355 <361> = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 6). Dennoch hängt die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus nicht allein davon ab, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. Es kann daher das Vorliegen eines Doppelhauses mit Blick auf die bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- und Stadtbildes geprüft und ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden (Beschluss vom 10. April 2012 - BVerwG 4 B 42.11 - a.a.O. Rn. 12). Die Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, bei Verwirklichung des Vorhabens des Beigeladenen entstände der Eindruck disproportionaler, zufällig in grenzständiger Weise nebeneinander gestellter Baukörper, wahrt diesen bundesrechtlichen Maßstab.

17

d) Das Vorhaben des Beigeladenen fügt sich damit in den Rahmen der Umgebungsbebauung nicht ein. Denn seine Verwirklichung führt nicht zu einem Doppelhaus, sondern zu einer einseitig grenzständigen Bebauung, für die es in der Umgebung an Vorbildern fehlt. Das Oberverwaltungsgericht hat auch ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass das Vorhaben geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen (Urteile vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <386> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 53 und vom 13. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 44 S. 7). Bodenrechtlich beachtliche und bewältigungsbedürftige Spannungen sind dadurch gekennzeichnet, dass das Vorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet und das Bedürfnis hervorruft, die Voraussetzungen für seine Zulassung unter Einsatz der Mittel der Bauleitplanung zu schaffen (Urteil vom 16. September 2010 - BVerwG 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 Rn. 23). Hierfür reicht die mögliche Vorbildwirkung des Vorhabens (Urteil vom 26. Mai 1978 a.a.O.), die ein Bedürfnis nach planerischer Gestaltung auslösen kann (vgl. § 22 Abs. 4 BauNVO).

18

2. Das Oberverwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit Bundesrecht angenommen, dass dieser Rechtsverstoß Rechte des Klägers verletzt. Diese Auffassung wird in der Literatur geteilt (Blechschmidt, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Juni 2013, § 22 BauNVO Rn. 50; Upmeier, Mampel, BRS-Info 4/2012, S. 19; Aschke, in: Ferner/Kröninger/Aschke, BauGB, 3. Aufl. 2013, § 22 BauNVO Rn. 16; Wolf, Drittschutz im Bauplanungsrecht, Band 11, 2012, S. 175 f.).

19

a) Ein Drittschutz kann weder direkt noch analog aus § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO hergeleitet werden. Die Vorschrift entfaltet selbst im beplanten Bereich keinen Nachbarschutz. Nachbarschutz vermittelt hier vielmehr die planerische Festsetzung (Urteil vom 24. Februar 2000 a.a.O. S. 362 = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 7), an der es im unbeplanten Bereich fehlt.

20

b) Der vom Oberverwaltungsgericht angenommene Drittschutz folgt vielmehr aus dem Gebot der Rücksichtnahme.

21

Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur durchdringen, wenn eine angefochtene Baugenehmigung oder ein planungsrechtlicher Vorbescheid gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt (stRspr, Beschluss vom 13. November 1997 - BVerwG 4 B 195.97 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 189 S. 59; Urteil vom 23. Mai 1986 - BVerwG 4 C 34.85 - Buchholz 406.11 § 34 BBauGB Nr. 114 S. 64). Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme setzt dabei einen Verstoß gegen das objektive Recht voraus (Urteil vom 26. September 1991 - BVerwG 4 C 5.87 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 103 S. 76 ). Er kann vorliegen, wenn ein Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil das Vorhaben es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <385 f.> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 52). Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann auch vorliegen, wenn sich ein Vorhaben objektiv-rechtlich nach seinem Maß der baulichen Nutzung, seiner Bauweise oder seiner überbauten Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (Beschluss vom 11. Januar 1999 - BVerwG 4 B 128.98 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 159 S. 3). Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (Urteil vom 13. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 44 S. 99). Es kommt darauf an, dass sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (Urteil vom 19. September 1986 - BVerwG 4 C 8.84 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 71 S. 56).

22

Dies ist hier der Fall: Die Zulässigkeit einer Bebauung als Doppelhaus setzt den wechselseitigen Verzicht auf seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze voraus. Dieser Verzicht bindet die benachbarten Grundeigentümer bauplanungsrechtlich in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs ein. Ihre Baufreiheit wird zugleich erweitert und beschränkt. Durch die Möglichkeit des Grenzanbaus wird die bauliche Nutzbarkeit der Grundstücke erhöht. Das wird durch den Verlust seitlicher Grenzabstände an der gemeinsamen Grenze, die Freiflächen schaffen und dem Wohnfrieden dienen, "erkauft" (Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <359> = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 4). Diese Interessenlage rechtfertigt es, dem Bauherrn eine Rücksichtnahmeverpflichtung aufzuerlegen, die eine grenzständige Bebauung ausschließt, wenn er den bisher durch das Doppelhaus gezogenen Rahmen überschreitet. Sie ist im beplanten und unbeplanten Bereich identisch. Dass die Rücksichtnahmepflichten im beplanten Gebiet auf einer planerischen Konzeption beruhen, führt auf keinen Unterschied. Denn im Fall des § 34 Abs. 1 BauGB ergeben sich die Beschränkungen der Baufreiheit regelmäßig aus der Umgebungsbebauung und nicht aus einer planerischen Konzeption.

23

Sachgesetzlichkeiten (Beschluss vom 19. Oktober 1995 - BVerwG 4 B 215.95 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 131 S. 12) fordern keine unterschiedliche Behandlung. Dass der Zulässigkeitsmaßstab bei § 34 Abs. 1 BauGB stets weniger scharf ist, lässt sich nicht sagen. Allerdings ist einzuräumen, dass den Nachbarn größere Hinnahmepflichten treffen, wenn die maßgebliche Umgebungsbebauung eine größere Wahlfreiheit als eine planerische Festsetzung eröffnet (vgl. Beschluss vom 11. März 1994 - BVerwG 4 B 53.94 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 166). So liegt es hier nicht, weil die Umgebungsbebauung nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts einen vergleichsweise engen Rahmen setzt. Anders als bei Festsetzungen nach den §§ 16 ff. BauNVO und § 23 BauNVO (vgl. Beschluss vom 19. Oktober 1995 a.a.O. S. 13) hängt es im Übrigen auch im beplanten Gebiet nicht vom Willen der Gemeinde ab, ob Festsetzungen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO hinsichtlich der Nachbarn von Doppelhäusern dem Schutz des Nachbarn dienen. Schließlich kann für die "Doppelhaus"-Fälle eine so einheitliche Interessenlage angenommen werden, dass es jedenfalls grundsätzlich einer Betrachtung der konkreten Situation nicht bedarf. Dass hier ausnahmsweise etwas Anderes gelten könnte, ist nicht ersichtlich. Namentlich reicht der Hinweis des Beigeladenen nicht aus, dass die bestehenden Haushälften die Bebauungsmöglichkeiten derzeit nicht vollständig ausnutzen. Dies betrifft das Maß der baulichen Nutzung, berührt aber das nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu erfüllende Erfordernis eines Einfügens nach der Bauweise nicht.


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Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Trier vom 9. Dezember 2015 wird die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 18. März 2015 in Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 23. November 2015 insoweit angeordnet, als diese die Errichtung des Erd-, Ober- und Dachgeschosses von Haus 1 zum Gegenstand hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Antragsteller die Hälfte einschließlich der Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die Antragsgegnerin ein Viertel mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen und die Beigeladene ebenfalls ein Viertel sowie die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Eigentümer des Anwesens Z. Straße …, das mit einem zweigeschossigen Wohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoss bebaut ist. Es weist entlang der Straße eine Breite von 11 m und eine Tiefe von 10,20 m auf und besteht aus drei Wohnungen. Der Antragsteller wendet sich gegen die der Beigeladenen für das Nachbargrundstück erteilte Baugenehmigung zur Errichtung von zwei Wohngebäuden mit insgesamt 17 Wohneinheiten sowie einer Tiefgarage. Im Einzelnen handelt es sich um ein an das Haus des Antragstellers angebautes zweigeschossiges Mehrfamilienhaus mit 8 Wohneinheiten („Haus 1“) mit einer Breite von 24,53 m und einer Tiefe von 13,85 m im Bereich des Grenzanbaus, ferner um ein rückwärtiges freistehendes dreigeschossiges Mehrfamilienhaus mit 7 Wohneinheiten sowie einem zweigeschossigen Vorbau mit 2 Wohneinheiten („Haus 2“) und schließlich um ein einheitliches Keller- und Tiefgaragengeschoss unter den beiden Häusern mit einer Breite von 24,53 m und einer Tiefe von maximal 57,30 m. Grundlage für die Baugenehmigung ist der Bebauungsplan „BN 49/1 1. Änderung“ vom 27. Juli 2014. Den hiergegen gerichteten Normenkontrollantrag des Antragstellers hat der Senat durch Urteil vom 6. Mai 2015 – 8 C 10974/14.OVG –, juris, abgelehnt.

2

Nach Ansicht des Antragstellers ist die angegriffene Baugenehmigung deshalb rechtswidrig, weil sie gegen die Festsetzung im Bebauungsplan über die offene Bauweise verstößt. Haus 1 stelle wegen seiner Disproportionalität zu seinem Anwesen weder eine Doppelhaushälfte dar, noch handele es sich mangels selbstständig benutzbarer Einzelhäuser um eine Hausgruppe. Der ursprünglich geltend gemachte Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht durch Haus 2 habe sich inzwischen aufgrund der Nachtragsbaugenehmigung vom 23. November 2015 erledigt.

3

Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 9. Dezember 2015 mit der Begründung abgewiesen, dass eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften durch die angegriffene Baugenehmigung hinreichend sicher auszuschließen sei. Zwar sei die Festsetzung im Bebauungsplan über die „offene Bauweise“ drittschützend. Auch handele es sich bei Haus 1 wegen des Vorhandenseins von nur einem Eingang und einem Treppenhaus nicht um den Teil einer Hausgruppe. Jedoch könne das Gebäude bei der gebotenen Gesamtwürdigung als Teil eines Doppelhauses angesehen werden. Auf das im rückwärtigen Bereich des Grundstücks genehmigte - derzeit bereits im Bau befindliche - Haus 2 komme es für den vorliegenden Nachbarrechtsstreit nicht an.

II.

4

Die Beschwerde, mit der das Suspensivinteresse auch im Anschluss an die Nachtragsbaugenehmigung für das gesamte Bauvorhaben aufrechterhalten wird, hat in dem tenorierten Umfang - teilweise - Erfolg.

5

Hinsichtlich der genehmigten oberirdischen Teile von Haus 1 überwiegt bei der nach § 80a Abs. 3 und § 80 Abs. 5 VwGO anzustellenden Abwägung das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Denn insofern spricht nach summarischer Prüfung viel für die Rechtswidrigkeit der Genehmigung und die hieraus folgende Rechtsverletzung zu Lasten des Antragstellers. Dies lässt sich hingegen für die unterirdisch errichtete Tiefgarage sowie für das im rückwärtigen Bereich genehmigte freistehende Haus nicht annehmen. Im Rahmen der nach § 80a Abs. 3 und § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Ermessensentscheidung hat es nach Auffassung des Senats daher insofern bei der gesetzlich in § 212a BauGB angeordneten aufschiebenden Wirkung zu bleiben.

6

1. Die genehmigte Errichtung von Haus 1 erweist sich aller Voraussicht nach als objektiv rechtswidrig.

7

Haus 1 dürfte mit der im Bebauungsplan „BN 49/1 1. Änderung“ getroffenen Festsetzung zur „offenen Bauweise“ nicht vereinbar sein. Diese Festsetzung ergibt sich aus den „Zeichnerischen Festsetzungen“ des Änderungsplans unter Ziff. I. Nr. 3 und der Nutzungsschablone unter Nr. 8. Sie ergänzt damit die für das Nachbargrundstück des Antragstellers bereits nach dem Ursprungsbebauungsplan BN 49/1 bestehende Festsetzung der offenen Bauweise.

8

Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO werden die Gebäude in der offenen Bauweise mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Festsetzung der offenen Bauweise betrifft ausschließlich die Stellung der Gebäude in Bezug auf Grundstücksgrenzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 – 4 C 12.98 –, BVerwGE 110, 355 und juris, Rn. 17; Determann/Stühler, in: Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 22 Nr. 1), hier also die Grenze zwischen den Grundstücken des Antragstellers und der Beigeladenen. Bei der Zulassung von Doppelhäusern und Hausgruppen handelt es sich um eine vom Verordnungsgeber zugelassene Modifikationen der offenen Bauweise. Denn es wird gerade ein Anbau an einer bzw. beiden seitlichen Grundstücksgrenzen ermöglicht, was man deshalb für hinnehmbar hält, weil die Hausform insgesamt wegen ihrer maximalen Länge von 50 m (§ 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO) und den seitlichen Grenzabständen immer noch an der gewollten aufgelockerten Bebauung teilhat (vgl. BVerwG, ebenda; Blechschmidt, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 118. EL 2015, § 22 Rn. 26).

9

a) Bei Haus 1 handelt es sich aller Voraussicht nach nicht um den Teil eines zusammen mit dem Anwesen des Antragstellers gebildeten Doppelhauses.

10

Ein Doppelhaus im Sinne des § 22 Abs. 2 BauNVO ist eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Das Erfordernis der baulichen Einheit ist nur erfüllt, wenn die beiden Gebäude in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000, a.a.O., Leitsätze 1 und 2). Ob die beiden „Haushälften“ wechselseitig verträglich und abgestimmt aneinandergebaut werden, beurteilt sich nach quantitativen und qualitativen Merkmalen. In welchem Umfang die beiden Haushälften zusammengebaut sein müssen, lässt sich weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual festlegen; verlangt ist vielmehr eine Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000, a.a.O., juris, Rn. 20 und 22; zuletzt: BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 – 4 C 12.14 –, BauR 2015, 1309 und juris, Rn. 15 ff.). Quantitative Kriterien sind neben der Bautiefe, der Geschossigkeit und der Gebäudehöhe auch das oberirdische Brutto-Raumvolumen. In qualitativer Hinsicht müssen die beiden Haushälften zwar nicht deckungsgleich oder spiegelbildlich sein, jedoch ein Mindestmaß an Übereinstimmung aufweisen, so dass das Doppelhaus als ein Gebäude erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000, a.a.O., juris, Rn. 18, Urteil vom 19. März 2015, a.a.O., Rn. 18 f.).

11

Hinsichtlich der quantitativen Elemente teilt der Senat zwar die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass Haus 1 bezüglich der Bautiefe (aneinandergebauter Teil von 10,20 m bei straßenseitigem Versprung von 3,65 m), der im Wesentlichen gleichen Gebäudehöhe sowie der gleichen Geschosszahl wechselseitig verträglich und abgestimmt ist. Dies kann indes nach Auffassung des Senats nicht mehr angenommen werden hinsichtlich der straßenseitigen Breite, die bei Haus 1 mit 24,50 m mehr als das Doppelte der Breite des Anwesens des Antragstellers (11 m) beträgt. Damit zusammenhängend weist auch das oberirdische Brutto-Raumvolumen von Haus 1 mit 3.217 m³ (vgl. Bl. 31 der Bauakten) mehr als das Vierfache des Raumvolumens des Anwesens des Antragstellers auf (766 m³ nach dem unbestrittenen Vortrag des Antragstellers). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht die von dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vertretene Grenzziehung einer Abweichung von maximal der Hälfte der jeweiligen quantitativen Einzelmerkmale zugunsten einer Einzelfallabwägung zurückgewiesen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015, a.a.O., Rn. 15 ff.). Jedoch führt der Umstand einer mehr als doppelt so breiten Straßenfront und eines mehr als viermal so großen oberirdischen Brutto-Raumvolumens zu einer so deutlichen Disproportionalität der beiden Haushälften, dass nach Auffassung des Senats von einer baulichen Einheit nicht mehr gesprochen werden kann (vgl. zur Disproportionalität bei der Erhöhung des Firstes von 11,60 m auf 15 m: BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 –, BVerwGE 148, 290 und juris, Rn. 16 f.).

12

Auch qualitative Aspekte rechtfertigen es nicht, trotz der deutlichen quantitativen Abweichungen von einer Gebäudeeinheit zu sprechen (vgl. zu dieser Möglichkeit: BVerwG, Urteil vom 19. März 2015, a.a.O., Rn. 21). Vielmehr bestätigen die straßenseitige „Ansicht Nordwest (Z. Straße)“ (Bl. 49 der Behördenakte) sowie die Visualisierung auf Bl. 79 der Bauakte den dominierenden Eindruck des Bauvorhabens der Beigeladenen, was die Annahme eines wechselseitig abgestimmten Doppelhauses verbietet. Im Übrigen haben auch die Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren eingeräumt, dass es sich bei Haus 1 nicht um eine Doppelhaushälfte, sondern – aufgrund der Fassadengestaltung und -gliederung - vielmehr um zwei Gebäude handelt, die zusammen mit dem Anwesen des Antragstellers eine Hausgruppe bilden (vgl. Schriftsatz vom 27. November 2015, S. 5, Bl. 138 der Gerichtsakte).

13

Entgegen der Auffassung der Beigeladenen hat der Senat die Abgewogenheit des Neubauvorhabens mit dem vorhandenen Bestand auf dem Grundstück des Antragstellers in dem Normenkontrollurteil vom 6. Mai 2015 – 8 C 10974/14.OVG –, juris, auch nicht bestätigt. Zur Überprüfung stand nicht die auf das Vorhaben der Beigeladenen zugeschnittene Festsetzung einer abweichenden Bauweise nach § 22 Abs. 4 BauNVO. Vielmehr war im Änderungsplan die bereits im Ursprungsplan BN 49/1 festgesetzte offene Bauweise übernommen worden. Im Rahmen der Abwägungskontrolle hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Festsetzung der offenen Bauweise nicht in einem unüberbrückbaren Widerspruch zur Festsetzung eines größeren Baufensters im straßenseitigen Bereich des Änderungsbebauungsplans stehe. Selbst bei vollständiger Ausschöpfung des Baufensters ergäbe sich kein unüberbrückbarer Widerspruch zur Festsetzung der offenen Bauweise. Die im Bereich der gemeinsamen Grundstücksgrenze zugelassene Bautiefe erlaube durchaus einen mit dem Anwesen des Antragstellers wechselseitig verträglichen Anbau. Sollte sich der Anbau wegen seines im Vergleich zum Gebäude des Antragstellers deutlich größeren Raumvolumens nicht mehr als Doppelhaushälfte darstellen, würde dies keinen unlösbaren Konflikt zur Festsetzung der offenen Bauweise begründen. Denn in diesem Fall könnte die vollständige Ausschöpfung des Baufensters durch Errichtung einer Hausgruppe geschehen, und zwar bestehend aus dem Anwesen des Antragstellers und etwa zwei – jeweils auf eigenen Flurstücken errichteten – Häusern im Änderungsplangebiet (vgl. das Urteil des Senats vom 6. Mai 2015, S. 11 f.).

14

b) Haus 1 stellt sich aller Voraussicht nach auch nicht als Teil einer in der offenen Bauweise ebenfalls zulässigen Hausgruppe dar.

15

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, besteht eine Hausgruppe aus mindestens drei auf (ebenso vielen) benachbarten Grundstücken stehenden Gebäuden, die durch Aneinanderbauen an den gemeinsamen Grundstücksgrenzen zu einer Einheit zusammengefügt werden und deren Kopfhäuser einen seitlichen Grenzabstand einhalten (vgl. Blechschmidt, a.a.O., § 22 Rn. 29; Urteil des Senats vom 6. Mai 2014 – 8 C 10974/14.OVG –, S. 11 d.U.). Hinsichtlich der Anforderungen an die Einheitlichkeit dieser Hausform, das heißt an das Zusammenfügen der Einzelhäuser in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise, gelten dieselben Maßstäbe wie in der „Doppelhaus-Rechtsprechung“ des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2015 – 4 B 65.14 –, ZfBR 2015, 702 und juris, Rn. 6; Urteil vom 19. März 2015 – 4 C 12.14 –, BauR 2015, 1309 und juris, Rn. 19).

16

Im vorliegenden Fall hat die Beigeladene zwar durch die Gliederung des Baukörpers von Haus 1 versucht, den Eindruck eigenständiger Gebäude zu erwecken. Indes fehlt es an den für die Annahme von Einzelhäusern notwendigen eigenen Eingängen und Treppenhäusern (vgl. Determann/Stühler, in: Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 22 Rn. 6.1). Nach der bisherigen Planung verfügt Haus 1 hingegen nur über einen Eingang und ein einheitliches Treppenhaus, von dem im Erd- und Obergeschoss jeweils drei Wohnungen erschlossen werden.

17

Ob der Zugang baulich-konstruktiv derart verändert werden kann, dass selbständige Häuser entstehen, die den Anforderungen an wechselseitig verträgliche und abgestimmte Einzelhäuser genügen, wie die Beigeladene vorträgt, kann dahingestellt bleiben. Denn Gegenstand der hier vorzunehmenden Beurteilung ist allein das genehmigte Vorhaben. Ebenso kann offenbleiben, ob die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Festsetzung der offenen Bauweise vorliegen, wie die Antragsgegnerin angedeutet hat. Denn für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage kommt es allein auf die Genehmigungslage an. Eine eventuell bestehende Befreiungslage ist deshalb in diesem Zusammenhang unerheblich (vgl. OVG Rh-Pf, Beschluss vom 5. Februar 2010 – 1 B 11356/09 -, S. 4 d.U.).

18

2. Der vorstehend festgestellte Verstoß der Baugenehmigung gegen die Festsetzung über die „offene Bauweise“ verletzt den Antragsteller auch in seinen Rechten.

19

a) Denn die Festsetzung ist nachbarschützend, was sich aus dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses ergibt: Weil und soweit der einzelne Eigentümer gemeinsam mit anderen – benachbarten – Eigentümern in der Ausnutzung seines Grundstücks öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er grundsätzlich deren Beachtung auch im Verhältnis zu den anderen Eigentümern verlangen; dies gilt unabhängig davon, ob der Plangeber einen Willen zur drittschützenden Wirkung dieser Festsetzung ausdrücklich zu erkennen gegeben hat. Die nachbarschützende Wirkung dieser Festsetzung zur Bauweise ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Doppelhaus-Festsetzung anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000, a.a.O., juris, Rn. 27; Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 –, a.a.O., juris, Rn. 19 f, auch zum Nachbarrechtsschutz im unbeplanten Innenbereich auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebots). Da die Grundsätze der Doppelhaus-Rechtsprechung auch auf die Zulässigkeit von Hausgruppen entsprechend anzuwenden sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2015 – 4 B 75.14 –, ZfBR 2015, 702 und juris, Rn. 6), finden die zu Doppelhaus-Festsetzungen entwickelten Grundsätze zum Drittschutz auch insofern entsprechende Anwendung (vgl. Blechschmidt, a.a.O., § 22 Rn. 50).

20

Der Grundstücksnachbar kann demnach verlangen, dass ein Anbau an die gemeinsame Grundstücksgrenze unter Beachtung der hierfür geltenden bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen erfolgt. Er kann also insbesondere verlangen, dass die angebaute Doppelhaushälfte bzw. das angebaute Gebäude der Hausgruppe nicht nur hinsichtlich der unmittelbar grenzständigen Gebäudeteile verträglich ist, sondern auch im Übrigen den Anforderungen an die notwendige Einheit der Hausform genügt. So hat denn auch das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 19. März 2015 – 4 C 12.14 – (BauR 2015, 1309) trotz Verträglichkeit des Grenzanbaus in quantitativer Hinsicht das Verfahren an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen, um zu klären, ob die unterschiedliche Dachausrichtung des Anbaus den Anforderungen an eine Doppelhausbebauung genügt. Diese Zurückverweisung war nur deshalb geboten, weil für den Erfolg der zugrundeliegenden Nachbarklage auch die Einheitlichkeit in qualitativer Hinsicht erheblich war (vgl. zur erneuten Beurteilung: OVG NRW, Urteil vom 3. September 2015 – 7 A 1276/13 –, juris, Rn. 42 f.).

21

Entgegen der Auffassung der Beigeladenen ist die subjektive Rechtsmacht des Antragstellers im vorliegenden Fall also nicht bloß auf die Beachtung des Rücksichtnahmegebots beschränkt. Vielmehr kann der Antragsteller sich darauf berufen, dass das genehmigte Haus 1 wegen seiner Disproportionalität zum Anwesen des Antragstellers keine Doppelhaushälfte darstellt und es sich bei dem angebauten Gebäudeteil mangels selbstständigem Eingang und Treppenhaus auch nicht um ein Element einer – im Bebauungsplan ebenfalls zugelassenen – Hausgruppe handelt.

22

b) Hinsichtlich der im Übrigen genehmigten Gebäudeteile ist hingegen eine Rechtsverletzung des Antragstellers im Rahmen der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht ersichtlich, so dass der Umfang des gewährten Eilrechtsschutzes entsprechend einzuschränken war.

23

Das Fehlen einer Rechtsverletzung betrifft zunächst einmal die unterirdisch verwirklichte Tiefgarage, die abstandsflächenrechtlich unerheblich ist (vgl. OVG RP, Beschluss vom 27. April 2006 – 8 A 10233/06.OVG –), weshalb es insofern auf eine - durch die festgesetzte offene Bauweise - bauplanungsrechtlich zugelassene Grenzbebauung nicht ankommt. Sie betrifft aber auch das genehmigte Haus 2, für das in Gestalt der Änderungsgenehmigung vom 23. November 2015 eine Verletzung des Abstandsflächenrechts weder geltend gemacht wird noch ersichtlich ist.

24

Ob und in welchem Umfang die Beigeladene von dem vollziehbaren Teil der Baugenehmigung Gebrauch macht, obliegt ihrer Verantwortung. Dies gilt insbesondere für die Errichtung der Tiefgarage im straßenseitigen Bereich und deren Vereinbarkeit mit eventuell notwendigen Änderungen der Genehmigung von Haus 1.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3 und 162 Abs. 3 VwGO.

26

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47, 52 GKG.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.

2

1. Die Beschwerde hält zunächst für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob Baugrenzen, welche ein über mehrere Grundstücke sich erstreckendes Baufenster festsetzen, mit der Festsetzung der offenen Bauweise kollidieren, wenn das Baufenster die in der offenen Bauweise höchstzulässige Länge der Gebäude überschreitet,

und konkretisiert diese Frage dahingehend,

ob ein Verstoß gegen § 1 Abs. 3 (Satz 1) BauGB bzw. - zumindest - ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot darin liegt, dass ein im Gebiet der festgesetzten offenen Bauweise aus Baugrenzen gebildetes Baufenster, welches über mehrere Grundstücke reicht, seiner 50 m überschreitenden Länge wegen von demjenigen, der zuletzt baut, nicht ausgeschöpft werden kann, wenn bzw. weil derjenige, der am anderen Ende zuerst gebaut hat, die Baugrenze bereits ausgeschöpft hat, und ferner,

ob ein relevanter Abwägungsfehler darin liegt, dass diese reduzierte Ausnutzbarkeit des Baufensters ein Grundstück treffen kann, welches bei Änderung des Teils eines Bebauungsplans bzw. Aufstellung eines den alten Plan teils überdeckenden Bebauungsplanes im nicht geänderten Planbereich liegt, wenn - wie hier - diese Auswirkung bei Aufstellung des neuen Bebauungsplanes nicht bedacht wurde.

3

Die Beschwerde hat dabei Hausgruppen im Blick, die über Grundstücksgrenzen hinweg errichtet werden sollen. Sie möchte sinngemäß klären lassen, ob ein Bebauungsplan, der bei festgesetzter offener Bauweise mittels Baugrenzen grundstücksübergreifende Bauräume ausweist, die die nach § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO in offener Bauweise maximal zulässige Länge von 50 m überschreiten, deshalb abwägungsfehlerhaft oder nicht erforderlich ist, weil der Eigentümer des einen Eckgrundstücks der Hausgruppe den festgesetzten Bauraum nicht mehr voll ausschöpfen kann, wenn der Eigentümer des anderen Eckgrundstücks zuvor bereits an die Baugrenze gebaut hat und damit den Bauraum auf seinem Grundstück voll ausgeschöpft hat (unzulässiges "Windhundrennen"). Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass sowohl der Ursprungs- als auch der Änderungsbebauungsplan offene Bauweise festsetzen (UA S. 4, 10). In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet (§ 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO), die nicht länger als 50 Meter sein dürfen (§ 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO). Leitbild ist dabei ein Gebäude, das nach beiden Seiten mit Grenzabstand errichtet wird und so einen Vorgarten mit einem Hausgarten verbindet (BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 4 C 12.14 - BauR 2015, 1309 Rn. 16). Dass nach den Festsetzungen des vorliegenden Bebauungsplans in der offenen Bauweise nur Hausgruppen zulässig sind, wie die von der Beschwerde aufgeworfene Frage unterstellt, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Hieraus folgt, dass es der Bebauungsplan den beteiligten Grundstückseigentümern überlässt, in welcher Weise sie ihr Grundstück unter Ausnutzung der festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche bebauen. Die Errichtung eines Doppelhauses oder einer Hausgruppe i.S.v. § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist dabei nur möglich, wenn sich die betroffenen Grundstückseigentümer über eine solche Bebauung einigen, denn ein einseitiger Grenzanbau ist in der offenen Bauweise unzulässig (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <359>; Beschluss vom 10. April 2012 - 4 B 42.11 - ZfBR 2012, 478 <479>). Kommt eine Einigung nicht zustande, sind die Bauräume nur unter Einhaltung eines seitlichen Grenzabstandes - nach Maßgabe der landesrechtlichen Abstandsflächenregelungen - ausnutzbar. Daran ändert auch die auf die Grenze zum Grundstück des Antragstellers festgesetzte (seitliche) Baugrenze nichts. Mit der Festsetzung einer Baugrenze gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO wird die überbaubare Grundstücksfläche bestimmt, und zwar ohne (unmittelbare) Beziehung zu den Grundstücksgrenzen; das Kriterium der Baugrenze sagt für sich genommen nichts darüber aus, ob ein Grenzanbau geboten oder erlaubt ist, denn durch die Festsetzung einer Baugrenze wird nur eine äußerste Linie gesetzt; ein Vortreten des Gebäudes ist grundsätzlich (§ 23 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauNVO) unzulässig, ein Zurücktreten dagegen erlaubt (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 23 Rn. 16). Die Maßgeblichkeit eines seitlichen Grenzabstandes wird vielmehr allein durch die Festsetzung der Bauweise nach § 22 BauNVO festgelegt, weil nur diese - wie ausgeführt - den seitlichen Grenzabstand im Blick hat. Setzt ein Bebauungsplan - wie hier - die offene Bauweise fest, dann folgt hieraus, dass eine solche Festsetzung gegenüber der Festsetzung einer seitlichen Baugrenze vorrangig ist (König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 23 Rn. 18); es besteht damit keine Verpflichtung für die Grundstückseigentümer, ohne Einhaltung eines seitlichen Grenzabstandes zu bauen. Eine unter Einhaltung seitlicher Grenzabstände grundstücksbezogene Ausschöpfung der Bauräume bleibt möglich. Das vom Antragsteller befürchtete "Windhundrennen" ist folglich keine zwangsläufige Folge der hier fraglichen Festsetzungen. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

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2. Die weitere Frage,

ob bei Änderung eines Teils eines Bebauungsplans bzw. der Aufstellung eines den Teil eines Bebauungsplans betreffenden neuen Bebauungsplans in den Blick genommen und in die Abwägung einbezogen werden muss, dass die ursprüngliche Baugrenzenfestsetzung, die sich nicht anders als durch ein Doppelhaus realisieren ließ, dergestalt geändert wird, dass die von der Änderung nicht betroffene, im alten Plangebiet befindliche Doppelhaushälfte infolge der vom neuen Bebauungsplan getroffenen Festsetzung diesen Charakter verliert und zum Ende einer Hausgruppe wird,

rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Auf sie lässt sich, soweit entscheidungserheblich, auf der Grundlage bisheriger Senatsrechtsprechung ohne weiteres antworten. Abwägungserheblich sind alle Belange, die nach Lage der Dinge in die Abwägung eingestellt werden müssen (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 - 4 C 105.66 - BVerwGE 34, 301 <309>). Private Interessen sind für die Abwägung erheblich, sofern sie in planungsrechtlich beachtlicher Weise berührt werden (BVerwG, Urteil vom 9. November 1979 - 4 N 1.78, 4 N 2 - 4.79 - BVerwGE 59, 87 <98>) oder - anders ausgedrückt - in der konkreten Planungssituation einen städtebaulichen Bezug haben. Nicht abwägungsbeachtlich sind insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Bebauungsplan nicht erkennbar waren (BVerwG, Urteil vom 30. April 2004 - 4 CN 1.03 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 165 S. 138 m.w.N.). Insofern kann auch das private Interesse am Fortbestand der bisherigen planungsrechtlichen Situation (hier Doppelhausbebauung) ein in der Abwägung zu berücksichtigender Belang sein, sofern der Dritte von der beabsichtigten Änderung mehr als nur geringfügig in seinen Interessen berührt wird (BVerwG, Beschlüsse vom 20. August 1992 - 4 NB 3.92 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 69 und vom 7. Januar 2010 - 4 BN 36/09 - juris Rn. 9). Ob das in der konkreten Planungssituation der Fall ist, beurteilt sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles und ist einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren ein baubehördliches Einschreiten gegen einen Anbau eines Wohnhauses an ihr Wohnhaus auf dem Nachbargrundstück.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks ... Weg 9 in ... Die Beigeladene ist Eigentümerin des Nachbargrundstücks ... Weg 7. Im Rahmen des Kenntnisgabeverfahrens zeigte sie die Errichtung des Neubaus einer Doppelhaushälfte an, das an das der Kläger angebaut werden soll. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“, der am 19.04.2007 in Kraft trat. Dieser setzt für beide Grundstücke ein allgemeines Wohngebiet mit offener Bauweise innerhalb der festgelegten Baugrenzen fest. Zulässig sind Einzel- und Doppelhäuser.
Das Grundstück der Kläger ist an der Grenze zu dem der Beigeladenen mit einer ca. 11,10 m langen
und ca. 5 m breiten zweigeschossigen Doppelhaushälfte bebaut. Daran soll das geplante Vorhaben auf
einer Länge von ca. 7,10 m angebaut werden, vorne um 3,00 m versetzt, hinten ragt es ca. 3,80 m über
das Wohnhaus der Kläger hinaus. Dem Hauptgebäude schließt sich entlang der gemeinsamen Grenze eine
Doppelgarage mit einem Walmdach in einer Breite von ca. 8,20 m und einer Wandhöhe von 3 m an.
Darin ist ein ca. 2 m breites Verbindungselement integriert, von dem eine Treppe in den Keller und
ein Eingang zur Garage und zum Wohnhaus führt. Die Ansicht von ... Weg sieht folgendermaßen aus:
Zugang und Zufahrt zum Vorhaben der Beigeladenen sind zum ... Ring hin ausgerichtet.
Im Rahmen der Angrenzer-Beteiligung wendeten die Kläger ein, das Bauvorhaben stelle keine Doppelhaushälfte, sondern ein Einzelhaus dar und verstoße gegen die vorgeschriebene offene Bauweise sowie gegen Abstandsflächenvorschriften (siehe Schreiben vom 28.02.2012 und vom 13.03.2012). Zugleich beantragten sie gegen das Bauvorhaben einzuschreiten und eine Baueinstellungsverfügung zu erlassen.
Mit Bescheid vom 05.04.2012 erteilte das Landratsamt Karlsruhe auf Antrag der Beigeladenen eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ bezüglich der Überschreitung der Baugrenze durch ein untergeordnetes Bauteil in dem beantragten Umfang. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte das Landratsamt Karlsruhe dem Prozessbevollmächtigten der Kläger mit, dass gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß zugelassen werden könne und dass dies nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde zu erfolgen habe. Im Übrigen sei kein Verstoß gegen bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Vorschriften feststellbar.
Mit Bescheid vom 04.06.2012 lehnte das Landratsamt Karlsruhe den Antrag auf baubehördliches Einschreiten ab. Zur Begründung ist unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 05.04.2012 ausgeführt, die Voraussetzungen für das begehrte Einschreiten gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 64 Abs. 1 LBO seien nicht gegeben. Dagegen legten die Kläger per Fax am 10.07.2012 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie erneut vortrugen, das Vorhaben verstoße gegen die offene Bauweise und sei kein Doppelhaus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2012 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch als unbegründet zurück. Darin ist im Wesentlichen ausgeführt: Ein Verstoß gegen die im Bebauungsplan festgesetzte offene Bauweise gemäß § 22 Abs. 2 BauNVO liege nicht vor. Bei einem Eckgrundstück hänge die offene Bauweise im Sinne des § 22 Abs. 2 BauNVO nicht davon ab, in welcher Richtung der Eingang ausgerichtet sei. Denn auch im vorliegenden Fall liege ein aneinander gebautes Bauwerk vor, das zusammengefasst, d.h. wenn man gedanklich beide Grundstücke als ein großes Grundstück sehen würde, „offen“ i. S. d. § 22 Abs. 2 BauNVO errichtet sei. Es halte ringsum Abstandsflächen zu der übrigen Bebauung ein. Hierauf komme es an. Im Übrigen halte das zusammengefasste künftige Doppelhaus auch im Verhältnis zu der übrigen Bebauung gerade die seitlichen Grenzabstände ein, sodass die Vorschrift des § 22 Abs. 2 BauNVO auch ihrem Wortlaut nach erfüllt sei. Die atypische „palazzoartige“ Gestaltung des Bauvorhabens ändere daran nichts. Fragen der äußeren Gestaltung spielten beim Begriff des Doppelhauses und einer Doppelhaushälfte keine Rolle. Auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.02.2000 (4 C 12/98) werde verwiesen. Auch der weitere, an der gemeinsamen Grundstücksgrenze vorhandene Doppelgaragenanbau inklusive des zwischen Doppelgarage und Wohnhaus liegenden Zwischenelements mit gemeinsamer Eingangstür und Treppe in den Keller ändere hieran nichts, weil insoweit die Voraussetzungen eines privilegierten Grenzbaus nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO und § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO erfüllt seien. Ein Verstoß gegen das in § 15 Abs. 1 BauNVO enthaltene Rücksichtnahmegebot sei nicht gegeben. Der Widerspruchsbescheid wurde den Klägern am 02.11.2012 zugestellt.
Am 28.11.2012 haben die Kläger Klage erhoben; sie beantragen,
10 
die Entscheidung des Landratsamtes Karlsruhe vom 04.06.2012 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 31.10.2012 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, gegen den geplanten Neubau einer sog. Doppelhaushälfte mit Garage auf dem Baugrundstück Flst.Nr. ..., ... Weg 7 in ... baupolizeilich einzuschreiten.
11 
Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor: Durch die Ablehnung, baupolizeilich einzuschreiten, seien sie in ihren Rechten, insbesondere in Art. 2 Abs. 1, 14 Abs. 1, 19 Abs. 4 und 103 Abs. 1 GG verletzt. Der direkte Anbau des Bauvorhabens sei planungsrechtlich unzulässig, weil es sich nicht um eine Doppelhaushälfte handele. Ob das Doppelhaus über eine seitliche - oder eine vordere bzw. rückwärtige - Grundstücksgrenze gebaut sei, müsse von der das jeweilige Grundstück erschließenden öffentlichen Verkehrsfläche aus beurteilt werden. Auf die dazu ergangene Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (VBLBW 2008, 272) werde verwiesen. Die das Grundstück der Beigeladenen erschließende öffentliche Verkehrsfläche sei nicht der ... Weg, sondern der ... Ring. Denn sowohl der Hauseingang als auch die Einfahrten zu der Doppelgarage seien dem ... Ring zugeordnet. Tatsächlich werde das Grundstück überhaupt nicht vom ... Weg her erschlossen. Lediglich die Hausnummer für das künftige Wohngebäude werde mit ... Weg 7 angegeben. Die Argumentation im Widerspruchsbescheid gehe am Kern der rechtlich maßgeblichen Argumentation vorbei. Maßgebend für das wechselseitige Abgestimmtsein der Doppelhaushälften seien regelmäßig Höhe, Breite und Tiefe sowie die Zahl der Geschosse und die Dachform, die einem Haus seine maßgebliche Gestalt geben. Auch Übereinstimmungen und Abweichungen in der Kubatur der Häuser infolge hervortretender Bauteile wie Dachterrassen, Gauben oder Anbauten könnten mitentscheidend für die Beantwortung der Frage sein, ob noch von einer baulichen Einheit und damit von einem Doppelhaus die Rede sein könne. Ein Mindestmaß an Übereinstimmung mit dem zugehörigen Nachbarhaus verlange, dass die andere Doppelhaushälfte einzelne der diesen Proportionen und Gestalt gebenden baulichen Elemente aufgreife. Auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des OVG Nordrhein-Westfalens werde verwiesen. Letztere stehe nicht im Widerspruch zu der des Bundesverwaltungsgerichts. Das Vorhaben der Beigeladenen erwecke den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus. Schon die Kubatur des geplanten Hauses falle weitaus größer aus als diejenige der vorhandenen Doppelhaushälfte. Auch die äußere Gestalt beider Bauvorhaben weiche auffällig voneinander ab. Der „palazzoartige“ Charakter des Bauvorhabens mit seinem portikusartigen Eingang, der von dem Erker im Obergeschoss gebildet werde, in Verbindung mit der Tatsache, dass sämtliche Öffnungen des Gebäudes einschließlich der Garagentore, des Hauseinganges in dem „Zwischenelement“ sowie der von den beiden Säulen gebildeten Öffnung unterhalb des Erkers zum Odenwald hin ausgerichtet sowie sämtliche Fenster durch halbrunde Fensterstürze gekennzeichnet seien, sprenge das zu fordernde Mindestmaß an Übereinstimmung. Im Übrigen verstoße das geplante Bauvorhaben gegen das Rücksichtnahmegebot. Durch die durchgängige Grenzbebauung des geplanten Bauvorhabens bis an das nördliche Ende des Grundstücks der Beigeladenen entstehe für die Freifläche hinter ihrem Wohnhaus eine unzumutbare Beeinträchtigung. Das Bauvorhaben sei im Verhältnis zu dem schlichten und einfachen Stil der nachbarlichen Doppelhaushälfte „wie die Faust aufs Auge“.
12 
Schließlich sei das sog Zwischenelement unzulässig. Der Anbau müsse den Grenzabstand einhalten. Nahezu die gesamte westliche Grenze solle verbaut werden. Sie hätten von Westen keinen Lichteinfall mehr und müssten nur noch Mauern anstarren.
13 
Das beklagte Land beantragt,
14 
die Klagen abzuweisen.
15 
Es ist der Ansicht. Das Bauvorhaben sei planungs- und bauordnungsrechtlich zulässig. Die zulässige Doppelhaushälfte der Beigeladenen sei überdies niedriger als die der Kläger, weshalb es weniger Licht wegnehme als eine gleich hohe Doppelhaushälfte wie die der Kläger.
16 
Mit Beschluss vom 30.11.2012 hat das Gericht die Bauherrin zu dem Rechtsstreit beigeladen. Sie hat keinen Sachantrag gestellt und sich im Verfahren nicht geäußert.
17 
Die Kammer hat den Rechtsstreit der Berichterstatterin zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen. In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht durch Einnahme eines Augenscheins Beweis erhoben. Auf die darüber gefertigte Niederschrift wird verwiesen. Dem Gericht liegen die Verwaltungsakten des beklagten Landes (1 Heft), die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe und die Bebauungsplanakten zu Bebauungsplan „...“ vom 07.05.2007 vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf deren Inhalt und den der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Klagen sind zulässig, jedoch unbegründet.
19 
Der Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 04.06.2012 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 31.10.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Den Klägern steht kein Anspruch darauf zu, das beklagte Land zu verpflichten, gegen den geplanten Neubau einer sog. Doppelhaushälfte mit Garage auf dem Nachbargrundstück, ... Weg 7 in ..., baupolizeilich einzuschreiten (§ 113 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 VwGO).
20 
Rechtsgrundlage für das begehrte Einschreiten der Kläger gegenüber der Beigeladenen ist § 47 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 59 Abs. 4 LBO. Danach kann die Baurechtsbehörde, falls wie hier mit dem Bau noch nicht begonnen wurde, den Baubeginn eines Bauvorhaben untersagen, wenn die baurechtlichen Vorschriften sowie die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Errichtung von Anlagen nicht eingehalten werden. Wie im Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 02.08.2012 zu Recht ausgeführt worden ist, erwächst dem Nachbarn hieraus regelmäßig nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung und zwar nur dann, wenn das strittige Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht entspricht, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.10.1994 - 8 S 2763/94 - m.w.N.; zustimmend Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, Kommentar, 3. Aufl., § 51 Rn. 50 ff., 53 m.w.N.). Das Vorhaben der Beigeladenen ist bauplanungsrechtlich als Doppelhaushälfte zulässig und bauordnungs- sowie bauordnungsrechtlich sind keine Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften zugunsten der Kläger gegeben.
21 
Das Vorhaben der Beigeladenen beurteilt sich planungsrechtlich nach § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ vom 07.05.2007. Dieser setzt für das Baugrundstück ein allgemeines Wohngebiet mit offener Bauweise innerhalb der festgelegten Baugrenzen fest. Zulässig sind Einzel- und Doppelhäuser. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO werden in der offenen Bauweise "die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand" als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Gebäude im Sinne dieser Vorschrift ist das Doppelhaus als bauliche Einheit; denn nur als Gesamtgebäude wird es "mit seitlichem Grenzabstand", d.h. mit einem Grenzabstand vor den äußeren Seitenwänden errichtet. Ein Doppelhaus entsteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 24.02.2000 - 4 C 12/98 - unter Hinweis auf König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 1. Aufl. 1999, Rn. 13, 16 zu § 22 ) deshalb nur dann, wenn zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Dies bestätigt § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO, der das Doppelhaus als "Hausform" bezeichnet. Nicht erforderlich ist, dass die Doppelhaushälften gleichzeitig oder deckungsgleich (spiegelbildlich) errichtet werden. Das Erfordernis einer baulichen Einheit im Sinne eines Gesamtbaukörpers schließt auch nicht aus, dass die ein Doppelhaus bildenden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zueinander versetzt oder gestaffelt aneinandergebaut werden (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO).
22 
Im Urteil vom 24. Februar 2000 hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich entschieden, dass bauordnungsrechtliche Vorschriften über die Höhe und Breite von Gebäuden, die traufen- oder giebelständige Anordnung, First-, Sockel- oder Traufhöhen, Farbe und Gliederung von Fassaden, der Drempel, Dächer und Dachaufbauten, die der Abwehr von Verunstaltungen oder der positiven Baugestaltungspflege dienen, nicht geeignet seien, den bauplanungsrechtlichen Gehalt des "Doppelhauses" als eine der in der offenen Bauweise zulässigen Hausformen zu erfassen. In diesem städtebaulichen Regelungszusammenhang beurteile sich die Frage, ob zwei an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Gebäude (noch) ein Doppelhaus bilden, allein nach dem Merkmal des wechselseitigen Verzichts auf seitliche Grenzabstände, mit dem eine spezifisch bauplanerische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes verfolgt werde (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO).
23 
Unter Bezugnahme auf diese grundlegenden Ausführungen hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 10. April 2012 (- 4 B 42/11 - ) ausgeführt, dass allein dadurch, dass zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden, der bauordnungsrechtliche Begriff des Doppelhauses noch nicht erfüllt ist. Er verlangt ferner, dass die beiden "Haushälften" in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Insoweit enthält das Erfordernis einer baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element. In dem System der offenen Bauweise, das durch seitliche Grenzabstände zu den benachbarten Grundstücken gekennzeichnet ist, ordnet sich ein aus zwei Gebäuden zusammengefügter Baukörper nur ein und kann somit als Doppelhaus gelten, wenn das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird. Ein einseitiger Grenzanbau ist in der offenen Bauweise unzulässig (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO). Der Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus kann nicht nur entstehen, wenn - wie in dem durch Urteil vom 24. Februar 2000 entschiedenen Fall - ein Gebäude gegen das andere an der gemeinsamen Grundstücksgrenze so stark versetzt wird, dass sein vorderer oder rückwärtiger Versprung den Rahmen einer wechselseitigen Grenzbebauung überschreitet, sondern auch, wenn ein nicht grenzständiger Anbau wegen seiner Abmessungen die bisherige Doppelhaushälfte so massiv verändert, dass die beiden Gebäude nicht mehr als bauliche Einheit erscheinen (vgl. BVerwG, Beschl. V. 17.08. 2011 - 4 B 25.11 - Rn. 5). Ein solcher Fall kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der im Verhältnis zur bisherigen Kubatur massive Anbau grenznah errichtet wird und - in seiner Wirkung einem grenzständigen Anbau vergleichbar - die Freiflächen auf dem Grundstück der anderen Doppelhaushälfte abriegelt. Ob ein nicht grenzständiger Anbau die bisherige bauliche Einheit zweier Doppelhaushälften aufhebt, hängt maßgebend von den Umständen des Einzelfalls ab (BVerwG, Urt. v. 10.04.2012, aaO).
24 
Klarstellend hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 10.04.2012 (aaO) ausgeführt, dass es im Urteil vom 24.02.2000 (aaO) nicht entschieden hat, dass die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus allein davon abhänge, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. In dem im Urteil vom 24.02.2000 zu entscheidenden Fall hat das Bundesverwaltungsgericht die beiden Gebäude nicht als Doppelhaus qualifiziert, weil sie an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stark gegeneinander versetzt waren. Dass zwei Gebäude, die an der gemeinsamen Grundstücksgrenze vollständig aneinander gebaut sind, stets ein Doppelhaus bilden, also auch dann, wenn sie mit Blick auf den Baukörper im Übrigen nicht als bauliche Einheit erscheinen, kann daraus nicht abgeleitet werden (BVerwG, Urt. v. 10.04.2012, aaO).
25 
Ein geplantes Haus erfährt jedoch durch die bereits vorhandene Grenzbebauung eine das Baugeschehen beeinflussende Vorprägung. Umgekehrt trägt der Erstbauende das Risiko, dass die spätere Nachbarbebauung den planerisch eröffneten Freiraum stärker ausschöpft als er selbst. Er kann nicht erwarten, dass die später errichtete Doppelhaushälfte die überbaubare Grundstücksfläche nur in demselben Umfang ausnutzt wie er es getan hat (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO, Rn. 25).
26 
Der Begriff des Doppelhauses darf zwar nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mit bauordnungsrechtlichen Merkmalen ausgefüllt werden. Die Frage, ob eine bauliche Einheit vorliegt, ist aber mit Blick auf die von § 22 Abs. 2 BauNVO verfolgten bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- oder Stadtbildes zu prüfen und dabei darf auf „Aspekte der Kubatur der Gebäude“ abgestellt werden. Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 10.04.2012, aaO) hat damit die Erwägungen des seiner Entscheidung vorausgegangenen Beschlusses des OVG Nordrhein-Westfalen (v. 04.06.1998 - 10 A 1318/97 - ) für zulässig gehalten, wonach Höhe, Breite und Tiefe, sowie die Zahl der Geschosse und die Dachform einem Haus regelmäßig seine maßgebliche Gestalt geben und dass diese Kriterien daher im Einzelfall Anhaltspunkte für die Beurteilung des wechselseitigen Abgestimmtseins geben können. Auch Übereinstimmungen oder Abweichungen in der Kubatur der Häuser infolge hervortretender Bauteile, wie Dachterrassen, Gauben oder Anbauten können mitentscheidend für die Beantwortung der Frage sein, ob noch von einer baulichen Einheit und damit von einem Doppelhaus oder einer Hausgruppe die Rede sein kann.
27 
Aus der vom Kläger-Vertreter zitierten Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 04.10.2007 - 8 S 1447/07 - ) ergibt sich nichts anderes. Zutreffend ist, dass die Frage, ob eine seitliche - oder eine vordere bzw. rückwärtige - Grundstücksgrenze vorliegt, von der das Grundstück erschließenden öffentlichen Verkehrsfläche aus zu beurteilen ist (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.10.2007 , aaO, m.w.N.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO, 111. Ergänzungslieferung 2013, § 22 Rn. 23). Vordere Grundstücksgrenze können bei einem Eckgrundstück beide angrenzenden öffentlichen Verkehrsflächen sein. Das Eckgrundstück der Beigeladenen ist sowohl vom ... Weg aus als auch vom ... Ring aus erschlossen. Im Hinblick auf die bestehende Doppelhaushälfte der Kläger auf dem Nachbargrundstück, die zum ... Weg hin ausgerichtet ist, ist die vordere Grundstücksgrenze am ... Weg. Der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 04.10.2007, aaO) lag die hier nicht gegebene Situation zugrunde, dass die Grundstücke von verschiedenen Straßen aus erschlossen und beide Gebäude rückwärtig (nicht seitlich) aneinander gebaut und deshalb nicht Doppelhäuser i. S. von § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO waren. So liegt es hier aber nicht, die Hauptgebäude sollen von der vorderen Grundstücksgrenze aus betrachtet - vom ... Weg aus - nebeneinander errichtet werden.
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Für die Qualifizierung eines Doppelhauses ist nur auf das (Haupt-)Gebäude bzw. das „Haus“ abzustellen, nicht hinzuzurechnen sind nicht zum Gebäude bzw. „Haus“ zählende daran angebaute Nebengebäude oder -anlagen, mithin nicht die in den bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften (§§ 5, 6 LBO) zulässigen baulichen Anlagen und Garagen. Denn im Zusammenhang mit der Bauweise (§ 22 BauNVO) und der überbaubaren Grundstücksfläche (§ 23 BauNVO) gilt die städtebaulich bedeutsame Unterscheidung zwischen Hauptgebäuden (Wohngebäuden) und zugeordneten Nebenanlagen bzw. Nebengebäuden, wie sie in diesen Vorschriften zum Ausdruck kommt (vgl. §§ 22 Abs. 2, 23 Abs. 3 und 5 BauNVO; s. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 09.12.2005 - 5 S 274/05 - Rn. 33). Umgekehrt können Nebenanlagen im Sinne von § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO nur Anlagen sein, die nicht Bestandteil des (Haupt-)Gebäudes sind (BVerwG, Urt. v. 14.02.1994 - 4 B 18/94 - ). Deshalb darf für die Annahme einer Doppelhaushälfte bzw. für ein Doppelhaus nicht die im Kenntnisgabeverfahren angezeigte Doppelgarage nebst Verbindungselement in die Betrachtung der Kubatur des geplanten Wohnhauses mit einbezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob die Doppelgarage mit § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO in der ab 01.03.2010 gültigen Fassung vom 05.03.2010 (GBL. S. 357) in Einklang steht.
29 
Das geplante Vorhaben der Beigeladenen vermittelt nicht den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus, sondern hält sich im Rahmen einer in offener Bauweise gestatteten wechselseitigen Grenzbebauung. Maßgebend ist, ob die Gebäude bzw. Häuser ein Doppelhaus bilden. Dies ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil das Wohnhaus der Beigeladenen nicht wie die Doppelhaushälfte der Kläger seine Zufahrt und seinen Zugang vom ... Weg hin nimmt, sondern über den ... Ring und mit seinen Fenstern und Türen dorthin ausgerichtet ist. Denn dabei handelt es sich neben Gesichtspunkten der Erschließung und der Frage der vorderen Grundstücksgrenze um gestalterische Aspekte, die nicht berücksichtigungsfähig sind. Die Haushälfte der Kläger und die der Beigeladenen werden nach der Realisierung des Vorhabens nach wie vor quantitativ und qualitativ eine bauliche Einheit im Sinne eines Gesamtbaukörpers bilden. Zwar tritt die Haushälfte der Beigeladenen über die gesamte Breite um ca. 3,00 m am ... Weg zurück und ragt im hinteren Grundstücksbereich über die - nach den Abmessungen bei Einnahme des Augenscheins 11,10 m lange - Doppelhaushälfte der Kläger um 3,80 m hinaus. Beide Gebäude decken sich damit auf einer Länge von etwa 7,10 m, indem die Rückwand des Vorhabens der Beigeladenen an die Giebelwand des Hauses der Kläger angebaut wird. Trotz ihrer versetzten Anordnung werden die Haushälften zum weitaus größten Teil - einer Länge von ca. 7,10 m - mit ihren Wänden auf miteinander verbunden sein. Im rückwärtigen Grundstücksbereich entsteht für die Kläger zusammen mit der Doppelgaragenbebauung zwar eine riegelartige Bebauung über die gesamte rückwärtige Grundstückslänge, diese ist aber nicht allein darauf zurückzuführen, dass das geplante Haus im rückwärtigen Bereich 3,80 m länger ist als das der Kläger. Die Bebauung entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze mit einer Doppelgarage darf, wie bereits ausgeführt, bei dieser Beurteilung nicht mit einbezogen werden. In der Breite weichen beide Haushälften mit ihrer Front zum ... Weg hin nicht wesentlich voneinander ab, die Doppelhaushälfte der Kläger ist etwa 6,40 m breit, das geplante Vorhaben am ... Weg ca. 8,71 m. Nur in Höhe des von der Ansicht am ... Weg aus zwar sichtbaren, aber erst nach etwa 4,50 m beginnenden ca. 1,10 m tiefen vorspringenden Erkers (in Höhe des ersten Oberschosses) ist das geplante Vorhaben insgesamt ca. 10 m breit, was sich aber nicht beachtlich auswirkt, weil der Erker durch den kleinen Dachansatz (sog. „Mini-Walmdach“) die Kubatur des Hauses wiederum auflockert. Eine vollständige Deckungsgleichheit ist - wie dargelegt - nicht erforderlich. Außerdem wird das Haus der Beigeladenen um ca. 1 m niedriger ausgeführt als das der Kläger, weshalb es weder die vordere noch die rückwärtige Gebäudefront dominiert, sondern sich insgesamt in seinen Dimensionen dem Gesamtbaukörper von der Ansicht vom ... Weg aus gesehen unterordnet, mit der Folge, dass von einem wechselseitigen Abgestimmtsein des Wohnhauses der Beigeladenen mit dem der Kläger auszugehen ist, mithin von einem Doppelhaus
30 
Die im Bescheid vom 05.04.2012 zugelassene Überschreitung der westlichen Baugrenze durch ein untergeordnetes Bauteil, dem Erker, ist rechtsfehlerfrei. Abgesehen davon würden durch eine fehlerhafte Zulassung des Erkers gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO Rechte der Kläger nicht verletzt, weil die seitliche Baugrenze zum... Ring hin nicht nachbarschützend zugunsten der Kläger ist, was im Rahmen des Ermessens des bauaufsichtlichen Einschreitens bedeutsam ist. Denn seitliche und hintere Baugrenzen entfalten regelmäßig eine drittschützende Wirkung (nur) zugunsten der ihnen gegenüber liegenden Nachbargrundstücke (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.11.2013 - 8 S 1813/13 - ). Ob für die zur Nutzung als Stellplatz vorgesehenen Rasengittersteine vor der Doppelgarage eine Ausnahme von der Überschreitung der seitlichen Baugrenze nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO erteilt worden ist, was im Widerspruchsbescheid (S. 7, zweiter Absatz) konkludent geschehen sein könnte, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
31 
Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften zugunsten der Kläger. Die Doppelgarage und die in diesem Gebäude integrierte zu der Garage und zum Keller führende Treppe ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO i.d.F. vom 05.03.2010, gültig ab 01.03.2010, in der Abstandsfläche zulässig, weil es ein Gebäude ohne Aufenthaltsraum (Sauter, aaO, § 6 Rn. 15) ist und die Doppelgarage einschließlich dieses Raums die Maße des § 6 Abs. 1 Nr. 1 LBO einhält.
32 
Selbst wenn kein Doppelhaus vorläge, wäre ein Anspruch auf baupolizeiliches Einschreiten nur gegeben, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Kläger anzunehmen wäre. Dies wäre hier selbst dann zur verneinen, wenn gegen die Festsetzung der offenen Bauweise verstoßen worden wäre. Denn das geplante Vorhaben der Beigeladenen ist nicht derart rücksichtslos, dass nur eine Entscheidung zugunsten der Kläger rechtsfehlerfrei wäre. Maßgebend dafür ist, dass das geplante Wohnhaus der Beigeladenen weniger Licht aus Westen wegnimmt als es eine gleich hohe Haushälfte wie die der Kläger bewirken würde. Hinzu kommt, dass von einem die bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften einhaltenden Vorhaben i.d.R. keine erdrückende, abriegelnde oder „optisch bedrängende“ Wirkung ausgeht, die eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots und eine Ermessensreduzierung auf Null gebieten kann. So liegt es hier. Selbst eine rechtsfehlerhafte Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezüglich des Erkers würde nicht zu einer Ermessensreduzierung zugunsten des Begehrens der Kläger auf ein bauaufsichtliches Einschreiten führen, weil die seitliche Baugrenze auf der vom Grundstück der Kläger abgewandten Grundstücksseite (zum... Ring) nicht nachbarschützend zugunsten der Kläger ist. Die gleiche Bewertung gilt für die Zulassung einer Ausnahme gem. § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO für Stellplätze vor der Doppelgarage.
33 
Eine im Verpflichtungsantrag enthaltenen Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsansicht des Gerichts nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO kommt deshalb ebenfalls nicht in Betracht.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. In Anwendung der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen dem Unterlegenen nach dem Maß seines Unterliegens, d.h. den Klägern aufzuerlegen, auch dann, wenn er keinen eigenen Sachantrag gestellt hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.10.1994 - 5 S 2545/94 -; Beschl. v. 06.08.1996 - 5 S 1502/96 -). Da die Kläger unterlegen sind, war ihnen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens insgesamt einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.
35 
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat die Frage, ob ein Gebäude, das an eine Doppelhaushälfte angebaut wird und auf der rückwärtigen Seite ca. 3,80 m über die bestehende Doppelhaushälfte hinausragt mit diesem zusammen ein Doppelhaus bildet, und zwar auch dann, wenn im Anschluss an das Haus eine Doppelgarage entlang der gesamten gemeinsamen Grundstücksgrenze zum Nachbarn angebaut wird.
36 
BESCHLUSS
37 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 7.500,-- festgesetzt.
38 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
18 
Die Klagen sind zulässig, jedoch unbegründet.
19 
Der Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 04.06.2012 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 31.10.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Den Klägern steht kein Anspruch darauf zu, das beklagte Land zu verpflichten, gegen den geplanten Neubau einer sog. Doppelhaushälfte mit Garage auf dem Nachbargrundstück, ... Weg 7 in ..., baupolizeilich einzuschreiten (§ 113 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 VwGO).
20 
Rechtsgrundlage für das begehrte Einschreiten der Kläger gegenüber der Beigeladenen ist § 47 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 59 Abs. 4 LBO. Danach kann die Baurechtsbehörde, falls wie hier mit dem Bau noch nicht begonnen wurde, den Baubeginn eines Bauvorhaben untersagen, wenn die baurechtlichen Vorschriften sowie die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Errichtung von Anlagen nicht eingehalten werden. Wie im Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 02.08.2012 zu Recht ausgeführt worden ist, erwächst dem Nachbarn hieraus regelmäßig nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung und zwar nur dann, wenn das strittige Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht entspricht, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.10.1994 - 8 S 2763/94 - m.w.N.; zustimmend Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, Kommentar, 3. Aufl., § 51 Rn. 50 ff., 53 m.w.N.). Das Vorhaben der Beigeladenen ist bauplanungsrechtlich als Doppelhaushälfte zulässig und bauordnungs- sowie bauordnungsrechtlich sind keine Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften zugunsten der Kläger gegeben.
21 
Das Vorhaben der Beigeladenen beurteilt sich planungsrechtlich nach § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ vom 07.05.2007. Dieser setzt für das Baugrundstück ein allgemeines Wohngebiet mit offener Bauweise innerhalb der festgelegten Baugrenzen fest. Zulässig sind Einzel- und Doppelhäuser. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO werden in der offenen Bauweise "die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand" als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Gebäude im Sinne dieser Vorschrift ist das Doppelhaus als bauliche Einheit; denn nur als Gesamtgebäude wird es "mit seitlichem Grenzabstand", d.h. mit einem Grenzabstand vor den äußeren Seitenwänden errichtet. Ein Doppelhaus entsteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 24.02.2000 - 4 C 12/98 - unter Hinweis auf König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 1. Aufl. 1999, Rn. 13, 16 zu § 22 ) deshalb nur dann, wenn zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Dies bestätigt § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO, der das Doppelhaus als "Hausform" bezeichnet. Nicht erforderlich ist, dass die Doppelhaushälften gleichzeitig oder deckungsgleich (spiegelbildlich) errichtet werden. Das Erfordernis einer baulichen Einheit im Sinne eines Gesamtbaukörpers schließt auch nicht aus, dass die ein Doppelhaus bildenden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zueinander versetzt oder gestaffelt aneinandergebaut werden (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO).
22 
Im Urteil vom 24. Februar 2000 hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich entschieden, dass bauordnungsrechtliche Vorschriften über die Höhe und Breite von Gebäuden, die traufen- oder giebelständige Anordnung, First-, Sockel- oder Traufhöhen, Farbe und Gliederung von Fassaden, der Drempel, Dächer und Dachaufbauten, die der Abwehr von Verunstaltungen oder der positiven Baugestaltungspflege dienen, nicht geeignet seien, den bauplanungsrechtlichen Gehalt des "Doppelhauses" als eine der in der offenen Bauweise zulässigen Hausformen zu erfassen. In diesem städtebaulichen Regelungszusammenhang beurteile sich die Frage, ob zwei an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Gebäude (noch) ein Doppelhaus bilden, allein nach dem Merkmal des wechselseitigen Verzichts auf seitliche Grenzabstände, mit dem eine spezifisch bauplanerische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes verfolgt werde (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO).
23 
Unter Bezugnahme auf diese grundlegenden Ausführungen hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 10. April 2012 (- 4 B 42/11 - ) ausgeführt, dass allein dadurch, dass zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden, der bauordnungsrechtliche Begriff des Doppelhauses noch nicht erfüllt ist. Er verlangt ferner, dass die beiden "Haushälften" in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Insoweit enthält das Erfordernis einer baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element. In dem System der offenen Bauweise, das durch seitliche Grenzabstände zu den benachbarten Grundstücken gekennzeichnet ist, ordnet sich ein aus zwei Gebäuden zusammengefügter Baukörper nur ein und kann somit als Doppelhaus gelten, wenn das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird. Ein einseitiger Grenzanbau ist in der offenen Bauweise unzulässig (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO). Der Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus kann nicht nur entstehen, wenn - wie in dem durch Urteil vom 24. Februar 2000 entschiedenen Fall - ein Gebäude gegen das andere an der gemeinsamen Grundstücksgrenze so stark versetzt wird, dass sein vorderer oder rückwärtiger Versprung den Rahmen einer wechselseitigen Grenzbebauung überschreitet, sondern auch, wenn ein nicht grenzständiger Anbau wegen seiner Abmessungen die bisherige Doppelhaushälfte so massiv verändert, dass die beiden Gebäude nicht mehr als bauliche Einheit erscheinen (vgl. BVerwG, Beschl. V. 17.08. 2011 - 4 B 25.11 - Rn. 5). Ein solcher Fall kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der im Verhältnis zur bisherigen Kubatur massive Anbau grenznah errichtet wird und - in seiner Wirkung einem grenzständigen Anbau vergleichbar - die Freiflächen auf dem Grundstück der anderen Doppelhaushälfte abriegelt. Ob ein nicht grenzständiger Anbau die bisherige bauliche Einheit zweier Doppelhaushälften aufhebt, hängt maßgebend von den Umständen des Einzelfalls ab (BVerwG, Urt. v. 10.04.2012, aaO).
24 
Klarstellend hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 10.04.2012 (aaO) ausgeführt, dass es im Urteil vom 24.02.2000 (aaO) nicht entschieden hat, dass die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus allein davon abhänge, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. In dem im Urteil vom 24.02.2000 zu entscheidenden Fall hat das Bundesverwaltungsgericht die beiden Gebäude nicht als Doppelhaus qualifiziert, weil sie an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stark gegeneinander versetzt waren. Dass zwei Gebäude, die an der gemeinsamen Grundstücksgrenze vollständig aneinander gebaut sind, stets ein Doppelhaus bilden, also auch dann, wenn sie mit Blick auf den Baukörper im Übrigen nicht als bauliche Einheit erscheinen, kann daraus nicht abgeleitet werden (BVerwG, Urt. v. 10.04.2012, aaO).
25 
Ein geplantes Haus erfährt jedoch durch die bereits vorhandene Grenzbebauung eine das Baugeschehen beeinflussende Vorprägung. Umgekehrt trägt der Erstbauende das Risiko, dass die spätere Nachbarbebauung den planerisch eröffneten Freiraum stärker ausschöpft als er selbst. Er kann nicht erwarten, dass die später errichtete Doppelhaushälfte die überbaubare Grundstücksfläche nur in demselben Umfang ausnutzt wie er es getan hat (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO, Rn. 25).
26 
Der Begriff des Doppelhauses darf zwar nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mit bauordnungsrechtlichen Merkmalen ausgefüllt werden. Die Frage, ob eine bauliche Einheit vorliegt, ist aber mit Blick auf die von § 22 Abs. 2 BauNVO verfolgten bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- oder Stadtbildes zu prüfen und dabei darf auf „Aspekte der Kubatur der Gebäude“ abgestellt werden. Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 10.04.2012, aaO) hat damit die Erwägungen des seiner Entscheidung vorausgegangenen Beschlusses des OVG Nordrhein-Westfalen (v. 04.06.1998 - 10 A 1318/97 - ) für zulässig gehalten, wonach Höhe, Breite und Tiefe, sowie die Zahl der Geschosse und die Dachform einem Haus regelmäßig seine maßgebliche Gestalt geben und dass diese Kriterien daher im Einzelfall Anhaltspunkte für die Beurteilung des wechselseitigen Abgestimmtseins geben können. Auch Übereinstimmungen oder Abweichungen in der Kubatur der Häuser infolge hervortretender Bauteile, wie Dachterrassen, Gauben oder Anbauten können mitentscheidend für die Beantwortung der Frage sein, ob noch von einer baulichen Einheit und damit von einem Doppelhaus oder einer Hausgruppe die Rede sein kann.
27 
Aus der vom Kläger-Vertreter zitierten Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 04.10.2007 - 8 S 1447/07 - ) ergibt sich nichts anderes. Zutreffend ist, dass die Frage, ob eine seitliche - oder eine vordere bzw. rückwärtige - Grundstücksgrenze vorliegt, von der das Grundstück erschließenden öffentlichen Verkehrsfläche aus zu beurteilen ist (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.10.2007 , aaO, m.w.N.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO, 111. Ergänzungslieferung 2013, § 22 Rn. 23). Vordere Grundstücksgrenze können bei einem Eckgrundstück beide angrenzenden öffentlichen Verkehrsflächen sein. Das Eckgrundstück der Beigeladenen ist sowohl vom ... Weg aus als auch vom ... Ring aus erschlossen. Im Hinblick auf die bestehende Doppelhaushälfte der Kläger auf dem Nachbargrundstück, die zum ... Weg hin ausgerichtet ist, ist die vordere Grundstücksgrenze am ... Weg. Der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 04.10.2007, aaO) lag die hier nicht gegebene Situation zugrunde, dass die Grundstücke von verschiedenen Straßen aus erschlossen und beide Gebäude rückwärtig (nicht seitlich) aneinander gebaut und deshalb nicht Doppelhäuser i. S. von § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO waren. So liegt es hier aber nicht, die Hauptgebäude sollen von der vorderen Grundstücksgrenze aus betrachtet - vom ... Weg aus - nebeneinander errichtet werden.
28 
Für die Qualifizierung eines Doppelhauses ist nur auf das (Haupt-)Gebäude bzw. das „Haus“ abzustellen, nicht hinzuzurechnen sind nicht zum Gebäude bzw. „Haus“ zählende daran angebaute Nebengebäude oder -anlagen, mithin nicht die in den bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften (§§ 5, 6 LBO) zulässigen baulichen Anlagen und Garagen. Denn im Zusammenhang mit der Bauweise (§ 22 BauNVO) und der überbaubaren Grundstücksfläche (§ 23 BauNVO) gilt die städtebaulich bedeutsame Unterscheidung zwischen Hauptgebäuden (Wohngebäuden) und zugeordneten Nebenanlagen bzw. Nebengebäuden, wie sie in diesen Vorschriften zum Ausdruck kommt (vgl. §§ 22 Abs. 2, 23 Abs. 3 und 5 BauNVO; s. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 09.12.2005 - 5 S 274/05 - Rn. 33). Umgekehrt können Nebenanlagen im Sinne von § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO nur Anlagen sein, die nicht Bestandteil des (Haupt-)Gebäudes sind (BVerwG, Urt. v. 14.02.1994 - 4 B 18/94 - ). Deshalb darf für die Annahme einer Doppelhaushälfte bzw. für ein Doppelhaus nicht die im Kenntnisgabeverfahren angezeigte Doppelgarage nebst Verbindungselement in die Betrachtung der Kubatur des geplanten Wohnhauses mit einbezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob die Doppelgarage mit § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO in der ab 01.03.2010 gültigen Fassung vom 05.03.2010 (GBL. S. 357) in Einklang steht.
29 
Das geplante Vorhaben der Beigeladenen vermittelt nicht den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus, sondern hält sich im Rahmen einer in offener Bauweise gestatteten wechselseitigen Grenzbebauung. Maßgebend ist, ob die Gebäude bzw. Häuser ein Doppelhaus bilden. Dies ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil das Wohnhaus der Beigeladenen nicht wie die Doppelhaushälfte der Kläger seine Zufahrt und seinen Zugang vom ... Weg hin nimmt, sondern über den ... Ring und mit seinen Fenstern und Türen dorthin ausgerichtet ist. Denn dabei handelt es sich neben Gesichtspunkten der Erschließung und der Frage der vorderen Grundstücksgrenze um gestalterische Aspekte, die nicht berücksichtigungsfähig sind. Die Haushälfte der Kläger und die der Beigeladenen werden nach der Realisierung des Vorhabens nach wie vor quantitativ und qualitativ eine bauliche Einheit im Sinne eines Gesamtbaukörpers bilden. Zwar tritt die Haushälfte der Beigeladenen über die gesamte Breite um ca. 3,00 m am ... Weg zurück und ragt im hinteren Grundstücksbereich über die - nach den Abmessungen bei Einnahme des Augenscheins 11,10 m lange - Doppelhaushälfte der Kläger um 3,80 m hinaus. Beide Gebäude decken sich damit auf einer Länge von etwa 7,10 m, indem die Rückwand des Vorhabens der Beigeladenen an die Giebelwand des Hauses der Kläger angebaut wird. Trotz ihrer versetzten Anordnung werden die Haushälften zum weitaus größten Teil - einer Länge von ca. 7,10 m - mit ihren Wänden auf miteinander verbunden sein. Im rückwärtigen Grundstücksbereich entsteht für die Kläger zusammen mit der Doppelgaragenbebauung zwar eine riegelartige Bebauung über die gesamte rückwärtige Grundstückslänge, diese ist aber nicht allein darauf zurückzuführen, dass das geplante Haus im rückwärtigen Bereich 3,80 m länger ist als das der Kläger. Die Bebauung entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze mit einer Doppelgarage darf, wie bereits ausgeführt, bei dieser Beurteilung nicht mit einbezogen werden. In der Breite weichen beide Haushälften mit ihrer Front zum ... Weg hin nicht wesentlich voneinander ab, die Doppelhaushälfte der Kläger ist etwa 6,40 m breit, das geplante Vorhaben am ... Weg ca. 8,71 m. Nur in Höhe des von der Ansicht am ... Weg aus zwar sichtbaren, aber erst nach etwa 4,50 m beginnenden ca. 1,10 m tiefen vorspringenden Erkers (in Höhe des ersten Oberschosses) ist das geplante Vorhaben insgesamt ca. 10 m breit, was sich aber nicht beachtlich auswirkt, weil der Erker durch den kleinen Dachansatz (sog. „Mini-Walmdach“) die Kubatur des Hauses wiederum auflockert. Eine vollständige Deckungsgleichheit ist - wie dargelegt - nicht erforderlich. Außerdem wird das Haus der Beigeladenen um ca. 1 m niedriger ausgeführt als das der Kläger, weshalb es weder die vordere noch die rückwärtige Gebäudefront dominiert, sondern sich insgesamt in seinen Dimensionen dem Gesamtbaukörper von der Ansicht vom ... Weg aus gesehen unterordnet, mit der Folge, dass von einem wechselseitigen Abgestimmtsein des Wohnhauses der Beigeladenen mit dem der Kläger auszugehen ist, mithin von einem Doppelhaus
30 
Die im Bescheid vom 05.04.2012 zugelassene Überschreitung der westlichen Baugrenze durch ein untergeordnetes Bauteil, dem Erker, ist rechtsfehlerfrei. Abgesehen davon würden durch eine fehlerhafte Zulassung des Erkers gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO Rechte der Kläger nicht verletzt, weil die seitliche Baugrenze zum... Ring hin nicht nachbarschützend zugunsten der Kläger ist, was im Rahmen des Ermessens des bauaufsichtlichen Einschreitens bedeutsam ist. Denn seitliche und hintere Baugrenzen entfalten regelmäßig eine drittschützende Wirkung (nur) zugunsten der ihnen gegenüber liegenden Nachbargrundstücke (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.11.2013 - 8 S 1813/13 - ). Ob für die zur Nutzung als Stellplatz vorgesehenen Rasengittersteine vor der Doppelgarage eine Ausnahme von der Überschreitung der seitlichen Baugrenze nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO erteilt worden ist, was im Widerspruchsbescheid (S. 7, zweiter Absatz) konkludent geschehen sein könnte, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
31 
Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften zugunsten der Kläger. Die Doppelgarage und die in diesem Gebäude integrierte zu der Garage und zum Keller führende Treppe ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO i.d.F. vom 05.03.2010, gültig ab 01.03.2010, in der Abstandsfläche zulässig, weil es ein Gebäude ohne Aufenthaltsraum (Sauter, aaO, § 6 Rn. 15) ist und die Doppelgarage einschließlich dieses Raums die Maße des § 6 Abs. 1 Nr. 1 LBO einhält.
32 
Selbst wenn kein Doppelhaus vorläge, wäre ein Anspruch auf baupolizeiliches Einschreiten nur gegeben, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Kläger anzunehmen wäre. Dies wäre hier selbst dann zur verneinen, wenn gegen die Festsetzung der offenen Bauweise verstoßen worden wäre. Denn das geplante Vorhaben der Beigeladenen ist nicht derart rücksichtslos, dass nur eine Entscheidung zugunsten der Kläger rechtsfehlerfrei wäre. Maßgebend dafür ist, dass das geplante Wohnhaus der Beigeladenen weniger Licht aus Westen wegnimmt als es eine gleich hohe Haushälfte wie die der Kläger bewirken würde. Hinzu kommt, dass von einem die bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften einhaltenden Vorhaben i.d.R. keine erdrückende, abriegelnde oder „optisch bedrängende“ Wirkung ausgeht, die eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots und eine Ermessensreduzierung auf Null gebieten kann. So liegt es hier. Selbst eine rechtsfehlerhafte Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezüglich des Erkers würde nicht zu einer Ermessensreduzierung zugunsten des Begehrens der Kläger auf ein bauaufsichtliches Einschreiten führen, weil die seitliche Baugrenze auf der vom Grundstück der Kläger abgewandten Grundstücksseite (zum... Ring) nicht nachbarschützend zugunsten der Kläger ist. Die gleiche Bewertung gilt für die Zulassung einer Ausnahme gem. § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO für Stellplätze vor der Doppelgarage.
33 
Eine im Verpflichtungsantrag enthaltenen Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsansicht des Gerichts nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO kommt deshalb ebenfalls nicht in Betracht.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. In Anwendung der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen dem Unterlegenen nach dem Maß seines Unterliegens, d.h. den Klägern aufzuerlegen, auch dann, wenn er keinen eigenen Sachantrag gestellt hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.10.1994 - 5 S 2545/94 -; Beschl. v. 06.08.1996 - 5 S 1502/96 -). Da die Kläger unterlegen sind, war ihnen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens insgesamt einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.
35 
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat die Frage, ob ein Gebäude, das an eine Doppelhaushälfte angebaut wird und auf der rückwärtigen Seite ca. 3,80 m über die bestehende Doppelhaushälfte hinausragt mit diesem zusammen ein Doppelhaus bildet, und zwar auch dann, wenn im Anschluss an das Haus eine Doppelgarage entlang der gesamten gemeinsamen Grundstücksgrenze zum Nachbarn angebaut wird.
36 
BESCHLUSS
37 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 7.500,-- festgesetzt.
38 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Tenor

I. Unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 29. September 2014 wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in beiden Rechtszügen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ wenn nicht die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks FlNr. 8849/47 der Gemarkung … …, O … Str. 4a. Sie wenden sich mit ihrer Anfechtungsklage gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 1. Oktober 2013 für den Neubau eines Wohnhauses mit Tiefgarage - Haus E - für das westlich benachbarte Grundstück FlNr. 8849/60 der Gemarkung M … 

Das Grundstück der Kläger ist mit einer zweigeschossigen Doppelhaushälfte sowie einer Garage an der westlichen Grundstücksgrenze bebaut. Das Wohnhaus der Kläger weist eine Traufhöhe von 5,45 m und eine Firsthöhe von 8,25 m, die Garage mit Flachdach eine Höhe von 2,30 m auf.

1. Mit der Baugenehmigung vom 1. Oktober 2013 wurde die Errichtung eines dreigeschossigen Gebäudes mit zwei nach Westen zurückgesetzten Dachgeschossebenen genehmigt, das den Abschluss einer Blockrandbebauung bildet, die sich mit den Häusern A bis D von der K … Straße über die L … Straße bis in die O … Straße erstreckt. Die Häuser A bis C wurden mit Baugenehmigung vom 26. September 2013 und Haus D mit Baugenehmigung vom 25. September 2013 genehmigt. Das strittige Haus E soll dabei die volle Grundstücksbreite von ca. 8 m ausnutzen, d.h. es soll sowohl westlich als auch östlich grenzständig errichtet werden. Unmittelbar an der östlichen Grundstücksgrenze zum Anwesen der Kläger ist eine zunächst dreigeschossige Bebauung mit einer Höhe von 9,31 m vorgesehen. Um ca. 2,70 m in Richtung Westen zurückgesetzt ist die 1. Dachgeschossebene vorgesehen, über der ein abgewalmtes Dach mit der 2. Dachgeschossebene in einem ca. 45o-Winkel nach Westen bis zu einer Gesamthöhe von 14,60 m ansteigt.

Für das Straßengeviert O … Straße/P … Straße/K … Straße/L … Straße setzt ein übergeleiteter Baulinienplan eine Straßenbegrenzungslinie sowie in einem Abstand von 5 m hierzu eine vordere Baulinie fest. Weitergehende bauplanungsrechtliche Festsetzungen bestehen nicht.

Mit Urteil vom 29. September 2014 hat das Verwaltungsgericht München die Baugenehmigung vom 1. Oktober 2013 aufgehoben. Das strittige Vorhaben stelle sich im Hinblick auf die gerügte Verschlechterung der Belichtung sowie eine einmauernde oder abriegelnde Wirkung gegenüber dem Anwesen der Kläger als unzumutbar und damit rücksichtslos dar. Das grenzständig geplante Vorhaben der Beigeladenen sei schon aufgrund des Rechtsgedankens in § 22 Abs. 3 BauNVO im Hinblick auf das Vorhandensein eines Grenzabstands auf dem Nachbargrundstück der Kläger rücksichtslos. Das strittige grenzständig geplante Bauvorhaben stelle sich gegenüber dem Anwesen der Kläger zudem auch deshalb als rücksichtslos dar, weil ihm im Hinblick auf seine Ausmaße und Höhenentwicklung gegenüber dem Anwesen der Kläger eine „erdrückende“ bzw. „einmauernde“ Wirkung zukomme.

2. Zur Begründung ihrer vom Senat am 5. Dezember 2016 zugelassene Berufung macht die Beigeladene geltend, das Verwaltungsgericht München verkenne, dass dem § 22 Abs. 3 BauNVO gerade kein Rechtsgedanke zu entnehmen sei, dass eine geschlossene Bauweise dann unzulässig sei, wenn auf dem Nachbargrundstück ein Gebäude, das selbst die Abstandsflächen einhält, vorhanden ist. Wann die vorhandene Bebauung eine Abweichung von der geschlossenen Bauweise im Sinn von § 22 Abs. 3 Halbsatz 2 BauNVO erfordere, sei vielmehr im Rahmen einer Abwägung zu ermitteln, die anhand der von der Rechtsprechung für die Prüfung des Rücksichtnahmegebots aufgestellten Kriterien zu erfolgen habe.

Das Vorhaben entfalte auch keine erdrückende oder einmauernde Wirkung. Wie das Verwaltungsgericht zu der Auffassung komme, dass es sich um ein Wohngebiet mit einer sich aus Einfamilien-, Doppel- und Mehrfamilienhäusern zusammensetzenden Bebauung handle, sei nicht nachvollziehbar. Richtig sei vielmehr, dass das Geviert ausschließlich aus Mehrfamilienhäusern in der Form des Geschosswohnungsbaus bestehe. Das einzige noch bestehende Doppelhaus sei das klägerische Anwesen. Die Blockrandbebauung ende aktuell auf dem Grundstück FlNr. 8849/59.

Hinzu komme, dass das strittige Gebäude lediglich eine Tiefe von ca. 12 m aufweise. Damit sei gewährleistet, dass umfangreiche Grün- und Freiflächen erhalten blieben. Im konkreten Einzelfall sei daher jedenfalls zu würdigen, dass das Geviert von einer Blockrandbebauung geprägt sei, gleichwohl aber umfangreiche Frei- und Grünflächen erhalten blieben. Das entspreche auch vergleichbaren Gevierten in unmittelbarer Nachbarschaft.

Vorliegend werde das Anwesen der Kläger von drei Seiten belichtet. Das Fenster in der westlichen Außenwand spiele dabei nur eine untergeordnete Rolle. Eine ausreichende Belichtung erfolge über die großen nach Süden ausgerichteten Fenster im Erdgeschoss. Eine erdrückende/gefängnishofartige Situation sei zu verneinen. Das Bauvorhaben habe eine Traufhöhe von 9,31 m, das Vorhaben der Kläger eine solche von 6,07 m. Die Höhendifferenz betrage danach lediglich 3,24 m. Das Bauvorhaben sei somit nicht „deutlich höher“ als das Anwesen der Kläger.

Auch der Abstand zwischen dem grenzständigen Gebäude in dem Anwesen der Kläger mit ca. 3,7 m ändere daran nichts. Das Bauvorhaben habe lediglich eine grenzständige Breite von ca. 12 m. Die übrige gemeinsame Grundstücksgrenze mit einer Gesamtlänge von ca. 38 m bleibe von Bebauung frei. Auch die anderen Grundstücksgrenzen des Anwesens der Kläger seien wegen der Blockrandbebauung frei von Bebauung. Das Gebäude der Kläger sei zudem etwas im Grundstück zurückversetzt, so dass auch aus diesem Grund eine erdrückende Wirkung zu verneinen sei. Unmittelbar in dem Bereich, in dem das streitgegenständliche Vorhaben auf einer Länge von ca. 12 m errichtet werden soll, befinde sich zudem die ca. 6,7 m tiefe Garage der Kläger. Auch aufgrund dieser auf dem Grundstück der Kläger vorhandenen Grenzbebauung werde die Wirkung des strittigen Vorhabens reduziert. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Beigeladene das strittige Vorhaben gegenüber der zulässigen Blockrandbebauung - um dem Gebot der Rücksichtnahme Rechnung zu tragen - schon deutlich reduziert habe.

Zudem besitze das Anwesen der Kläger eine Tiefe von 13,44 m und sei damit sogar tiefer als das strittige Vorhaben mit einer Tiefe von 12,03 m. Jedenfalls sei das Anwesen der Kläger weiterhin selbständig wahrnehmbar. Dieses sei auch ausreichend belichtet und nur eine geringe Verschlechterung der Belichtungssituation gegeben. Dies werde durch das Gutachten eines Sachverständigen bestätigt, wonach keine Verschlechterung gegeben sei.

Auch in Bezug auf gesunde Wohnverhältnisse unter dem Gesichtspunkt einer ausreichenden Belichtung verletze das Vorhaben keine Rechte der Kläger. Das Erstgericht bestätige sogar, dass der 45o-Winkel eingehalten werde. Allerdings gehe es davon aus, dass die Einhaltung des 45o-Winkels nicht der geeignete Ansatzpunkt für die Beurteilung der Zumutbarkeit sei. Entgegen den Ausführungen des Erstgerichts sei aber gerade in der Rechtsprechung geklärt, dass jedenfalls bei Einhaltung eines 45o-Winkels bei zulässiger geschlossener Bauweise, wie im vorliegenden Fall, eine ausreichende Belichtung gewährleistet ist.

Die Beigeladene beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 29. September 2014 die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die unzutreffenderweise vom Erstgericht zu Lasten der Kläger bestätigte geschlossene Bebauung im hiesigen Geviertbereich sei unzulässig. Das Gebäude E verstoße damit gegen Art. 6 BayBO. Selbiges gelte für das vorgelagerte Gebäude D des Gesamtgebäudekomplexes. Klärungsbedürftig sei die Frage, ob die Zulassung geschlossener Bebauung in einem tatsächlich durch offene Bauweise geprägten Raum für sich genommen eine Nachbarrechtsverletzung darstellen könne, wenn durch eine sukzessive Bebauungsentwicklung in Form eigentlich unzulässiger geschlossener Bebauung die offene Bauweise untergraben und damit die eigentlich nachbarrechtlich relevante Geltung des Abstandsflächenrechts durch die betroffenen Grundstückseigentümer nicht mehr durchgesetzt werden kann. Das Erstgericht gehe unzutreffend davon aus, dass im unbeplanten Innenbereich ein Drittschutz hinsichtlich der Bauweise weder direkt noch analog aus § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO hergeleitet werden könne. Damit werde aber das Abstandsflächenrecht ausgehebelt. Ein Verweisen auf ein bauaufsichtliches Einschreiten bezüglich Art. 6 BayBO sei insoweit nicht ausreichend.

Vielmehr sei der von Festsetzung nach § 22 BauNVO zur offenen Bauweise ausgehende Drittschutz auch auf Grundstücke auszuweiten, die nicht unmittelbar aneinander grenzen. Diese bedeute, dass die Kläger schon das Unterlaufen der offenen Bauweise durch die Häuser A bis D nicht hinzunehmen haben. Fallen diese in geschlossener Form Weg, bleibe die offene Bauweise erhalten, verbunden damit, dass bezüglich des hier strittigen Hauses E offene Bauweise und die Einhaltung der Abstandsflächen gefordert werden könne. Die Schaffung der geschlossenen Bauweise löse letztlich ein Planungsbedürfnis innerhalb des Gevierts aus.

Im Übrigen habe das Erstgericht die Vorschrift des § 22 Abs. 3 BauNVO in zutreffender Weise seinen Rechtsausführungen mit dem Schluss der Rücksichtslosigkeit zugrunde gelegt. Das Erstgericht habe deutlich gemacht, dass aufgrund der hier bestehenden Nahbeziehung und dem durch das klägerische Anwesen eingehaltenen Grenzabstand im Sinn des Rechtsgedankens des § 22 Abs. 3 BauNVO die Einhaltung eines Grenzabstands erforderlich sei, um hier die notwendige Rücksichtnahme hin zum bestandsgeschützten Gebäude der Kläger zu wahren.

Das Verwaltungsgericht habe außerdem zutreffend eine erdrückende und einmauernde Wirkung des strittigen Bauvorhabens angenommen. Die massive Höhenentwicklung des strittigen Baukörpers und dessen Ausmaße im gesamten unmittelbar an der Grundstücksgrenze erzeugten eine einmauernde Wirkung. Über eine Länge von 12 m hinweg überrage das strittige Bauvorhaben das klägerische Anwesen teilweise um 6,35 m, dies bei einem nur noch vorhandenen und damit letztlich verschwindend geringen Abstand der jeweiligen Außenwände von 3,70 m. Die Baugenehmigungen für die Häuser A bis D seien ebenfalls angefochten worden, so dass diese Häuser im Zusammenhang mit der Bewertung der Umgebungsstruktur keine Berücksichtigung finden könnten.

In seiner Gesamtausprägung stelle sich das genehmigte Bauvorhaben als teilweise gut 9 m bzw. teilweise gut 14 m hohe Abschlusswand gegenüber dem klägerischen Anwesen und dem dortigen Gartenbereich dar. Die westlichen Fenster im Haus der Kläger spielten sehr wohl eine maßgebende Rolle für die Beleuchtung des Anwesens. Die großen nach Süden ausgerichteten Fenster im Erdgeschoss reichten nicht aus, um eine Belichtung des Anwesens der Kläger in der notwendigen Form zu bewerkstelligen. Sogar der Gutachter der Klägerseite habe bestätigt, dass es hier zu einer Lichteinbuße von wenigstens 10% im Erdgeschossbereich kommen werde. Die Obergeschosse seien hingegen nur von der Westseite her mit Fenstern mit entsprechender Belichtungsfunktion ausgestattet.

Hinzu kämen die unverträglichen Einflussnahmen auf das Grundstück der Kläger über die durch die Dachterrassen geschaffene Aussichtsplattform. Das strittige Bauvorhaben überrage zudem das maßvolle bestandsgeschützte Gebäude der Kläger in wesentlichen Teilen über 6 m. Hinzu komme eine bloße Distanz der Gebäude von 3,70 m, wobei sogar an die Grenzgarage unmittelbar angeschlossen werde. Das strittige Gebäude erstrecke sich unmittelbar an der Grundstücksgrenze auch erheblich in den rückwärtigen Grundstücksbereich.

Weiterhin resultiere die Verletzung des Rücksichtnahmegebots auch daraus, dass die gesunden Wohnverhältnisse im Blick auf das klägerische Anwesen unzumutbar litten, weil aufgrund des Heranrückens des strittigen Baukörpers eine ausreichende Belichtung des Wohngebäudes und des Grundstücksbereichs der Kläger nicht mehr sichergestellt sei. Zutreffend möge sein, dass der 45o-Winkel im Blick auf die westseitigen Fenster des Anwesens der Kläger eingehalten sei. Dies sei jedoch dem Umstand geschuldet, dass sich die im Erdgeschoss und die im ersten Obergeschoss befindlichen Fenster der östlichen Gebäudewand des strittigen Bauvorhabens nicht unmittelbar gegenüber lägen. Das für die Wohnräume im Dachgeschoss in der Westseite des klägerischen Anwesens befindliche Fenster werde von der östlichen Gebäudewand des strittigen Bauvorhabens überlappt. Außerdem liege der eigentliche Lichteinfallswinkel in den westlichen Bereichen des klägerischen Anwesens deutlich über 45o. Der gesamte Grundstücksbereich zwischen den beiden Anwesen sei daher letztlich durch eine dauerhafte Verschattung geprägt. Durch die Vorlagerung des strittigen Baukörpers komme hinzu, dass der gesamte Südgarten betreffend die südwestliche Sondereinstrahlung einer massiven Verschattung unterliege.

Die Beklagte äußerte sich im Berufungsverfahren dahingehend, dass das Erstgericht rechtsfehlerhaft einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme bejaht habe, indem es rechtssatzartig dem § 22 Abs. 3 BauNVO den Gedanken entnehme, dass grundsätzlich auch bei zulässiger geschlossener Bauweise dann ein seitlicher Grenzabstand einzuhalten sei, wenn ein vorhandenes Gebäude auf dem Nachbargrundstück einen Grenzabstand einhalte. Ein solcher Rechtsgedanke lasse sich aber dem § 22 Abs. 3 BauNVO nicht entnehmen. Zudem habe das Verwaltungsgericht selbst noch im Urteil ausgeführt, dass die Frage, wann eine Abweichung von der geschlossenen Bauweise erforderlich sei, grundsätzlich eine Frage der jeweiligen Umstände des Einzelfalls sei und sich damit einer allgemein gültigen Aussage entziehe, es aber unterlassen, eine solche Einzelfallprüfung und Abwägung durchzuführen. Darüber hinaus nehme das Erstgericht unzutreffenderweise eine erdrückende Wirkung an. Noch zutreffend komme es zwar zu einer Höhendifferenz der Traufhöhen von 3,86 m bei einem Abstand von 3,70 m zum Nachbargebäude. Für die Annahme einer erdrückenden Wirkung sei es dem Gericht dann aber auf die Gesamtschau angekommen, insbesondere auf einen Vergleich der Gesamthöhe in Verbindung mit der Länge und Lage des Vorhabens. Dabei lege das Gericht allein die geringe Entfernung von 3,70 m zugrunde, was jedoch fehl gehe. Denn wie sich aus der Südansicht des Hauses E ergebe, befinde sich das zurückversetzte Dachgeschoss mit einer Höhe von 11,08 m in einem Abstand von ca. 6,50 m zur Bebauung des klägerischen Nachbargrundstücks (Höhendifferenz zwischen Vorhaben und klägerischer Bebauung Traufe dann 5,48 m) und der First erreiche seine Höhe erst mit einem Abstand von ca. 10 m zur klägerischen Bebauung (Höhendifferenz der beiden Firste dann 6,35 m). Damit bestehe zwar eine Höhendifferenz zwischen Vorhaben und der Bebauung des klägerischen Nachbargrundstücks, es fehle jedoch an der geringen Entfernung von 3,70 m, wie das Verwaltungsgericht durchgängig bei den Höhendifferenzen zugrunde lege.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschriften über die Einnahme eines Augenscheins vom 4. April 2017 und über die mündliche Verhandlung vom 27. April 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beigeladenen (§ 124 Abs. 1 VwGO) ist begründet. Der Baugenehmigungsbescheid vom 1. Oktober 2013 verletzt die Kläger nicht im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten. Ihre Anfechtungsklage ist deshalb unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 29. September 2014 abzuweisen.

1. Die angefochtene Baugenehmigung vom 1. Oktober 2013 verstößt nicht zulasten der Kläger gegen das Rücksichtnahmegebot aus § 34 Abs. 1 BauGB.

Das Erstgericht hat festgestellt, dass in der näheren Umgebung des Bauvorhabens sowohl geschlossene als auch offene Bauweise vorhanden ist. Hierbei ist maßgeblich auf die tatsächlich vorhandenen baulichen Anlagen in der Umgebung abzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369; U.v. 15.2.1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322). In dem Geviert K … Straße/L … Straße/O … Straße/P … Straße ist überwiegend geschlossene Bebauung vorhanden. Lediglich in der nächsten Umgebung des klägerischen Anwesens stellt sich die Bebauung noch als offen dar. Ebenso ist auf der südlichen Seite der O … Straße eine offene Bauweise gegeben (vgl. Niederschrift über den Augenschein des Senats vom 4.4.2017, S. 2). Unabhängig davon, ob man mit dem Verwaltungsgericht das ganze Geviert heranzieht oder nur die Bebauung beidseits der O … Straße in den Blick nimmt, ist mithin sowohl geschlossene als auch offene Bauweise vorzufinden. Kommt aber sowohl geschlossene als auch offene Bauweise in der näheren Umgebung des Bauvorhabens gehäuft vor, so sind regelmäßig beide Bauweisen bauplanungsrechtlich zulässig (vgl. BVerwG, B.v. 11.3.1994 - 4 B 53.94 - NVwZ 1994, 1008; BayVGH, B.v. 29.4.2003 - 20 B 02.1904 - juris; U.v. 12.7.2012 - 2 B 12.997 - juris). Demnach darf die Beigeladene im vorliegenden Fall nach Planungsrecht ihr Vorhaben an der Grundstücksgrenze zu den Klägern hin errichten.

1.1 Entgegen der Auffassung des Erstgerichts ergibt sich vorliegend nicht aus § 22 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise, dass das Vorhaben der Beigeladenen einen Grenzabstand zum Grundstück der Kläger wahren muss. Hierbei kann dahinstehen, ob diese Vorschrift überhaupt über das allgemeine Rücksichtnahmegebot aus § 34 Abs. 1 BauGB hinaus einen Nachbarschutz vermittelt (vgl. BVerwG, B.v. 12.1.1995 - 4 B 197.94 - BRS 57 Nr. 131; BayVGH, B.v. 19.10.2009 - 1 CS 09.1847 - juris). Jedenfalls ergibt sich nicht der vom Verwaltungsgericht angenommene Automatismus, dass das grenzständig geplante Vorhaben der Beigeladenen schon aufgrund des Rechtsgedankens in § 22 Abs. 3 BauNVO im Hinblick auf das Vorhandensein eines Grenzabstands auf dem Nachbargrundstück der Kläger rücksichtslos ist. Vielmehr ist die Frage, ob die vorhandene Bebauung eine Abweichung im Sinn von § 22 Abs. 3 BauNVO erfordert, aufgrund einer Abwägung zwischen den auf der vorhandenen Bebauung beruhenden, objektiv für ein Abrücken von einer seitlichen Grundstücksgrenze sprechenden Gründen auf der einen und dem Interesse des Bauherrn, die an sich gegebene Möglichkeit des Grenzanbaus auszunutzen, auf der anderen Seite, zu entscheiden. Der Grenzanbau müsste für den Nachbarn unzumutbar und damit rücksichtslos sein (vgl. König in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 22 BauNVO Rn. 26 m.w.N.; VGH Kassel, B.v. 16.4.2009 - 3 B 273/09 - BRS 74 Nr. 91; OVG Hamburg, B.v. 28.7.2009 - 2 BS 67/09 - NordÖR 2010, 72). Im vorliegenden Fall ist eine solche Unzumutbarkeit und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Anwesen der Kläger nicht zu erkennen. Das Bauvorhaben ist in südlicher Richtung etwas vom Wohngebäude der Kläger abgerückt und befindet sich in Höhe deren Grenzgarage. Diese Situation beruht unter anderem darauf, dass das geplante Vorhaben der Beigeladenen auf der straßenseitigen Baulinie errichtet werden soll, während sich die Kläger mit ihrem Wohngebäude nicht an diese Baulinie gehalten haben. Dadurch liegen sich die beiden Wohngebäude nicht völlig gegenüber. Dem nördlichen Gebäudeteil der Kläger wird keine Grenzbebauung der Beigeladenen gegenüberliegen. Auch wird das Grundstück der Kläger im nördlichen und damit überwiegenden Teil seiner Westgrenze nicht von der Bebauung der Beigeladenen tangiert. Hinzu kommt, dass die Beigeladene die erste Dachgeschossebene, die sich jedoch mehr als drittes Obergeschoss gegenüber den Klägern darstellt, um ca. 2,70 m in Richtung Westen zurückgesetzt hat. Darüber steigt das abgewalmte Dach mit der zweiten Dachgeschossebene in einem ca. 45°-Winkel nach Westen bis zu einer Gesamthöhe von 14,60 m an. Damit ist die Beigeladene den Interessen der Kläger erheblich entgegengekommen. Vor diesem zurückgesetzten ersten Dachgeschoss findet sich zwar eine Dachterrasse, die aber durch ein nicht begehbares Hochbeet begrenzt wird. Dadurch wird zugunsten der Nutzung des südlichen Gebäudeteils der Kläger sowie der dort befindlichen Terrasse und des angrenzenden Gartenanteils aus Gründen der Rücksichtnahme ein gewisser Abstand geschaffen. Damit ist der Grenzanbau jedenfalls in dieser Hinsicht gegenüber den Klägern nicht rücksichtslos.

1.2. Ebenso wenig ist das Rücksichtnahmegebot aus § 34 Abs. 1 BauGB dadurch zulasten der Kläger verletzt, dass das Vorhaben der Beigeladenen eine erdrückende bzw. einmauernde Wirkung hätte. Bereits die vom Erstgericht angeführten Beispiele aus der Rechtsprechung lassen erkennen, dass ein solcher Fall hier nicht vorliegt. Auch die angestellten Vergleiche zur Traufhöhe sowie zur Gesamthöhe der beiden sich gegenüberliegenden Gebäude lässt solches nicht befürchten. Vielmehr bleiben trotz des ca. 12 m tiefen Grenzgebäudes der Beigeladenen rund zwei Drittel der westlichen Grundstücksgrenze der Kläger von Bebauung frei. Ebenso sind die nördliche und die südliche Grundstücksgrenze sowie die östliche Grundstücksgrenze, soweit sie nicht von der anderen Doppelhaushälfte eingenommen wird, von Bebauung frei. Nimmt man hinzu, dass das Wohngebäude der Kläger nach Norden versetzt ist, dem Bauvorhaben zunächst die etwa 7 m lange Grenzgarage der Kläger gegenüberliegt und die oberen Geschosse des Bauvorhabens ab einer Höhe von 9,31 m um ca. 2,70 m zurückversetzt werden, kann weder von einer erdrückenden noch gar von einer einmauernden Wirkung die Rede sein.

1.3. Im Hinblick auf die gesunden Wohnverhältnisse im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB unter dem Gesichtspunkt der ausreichenden Belichtung stellt die Einhaltung eines Lichteinfallswinkels von 45° in Höhe der Fensterbrüstung vor Fenstern von Aufenthaltsräumen grundsätzlich eine ausreichende Belichtung sicher (vgl. BayVGH, B.v. 9.6.2011 - 2 ZB 10.9290 - juris). Hierzu hat das Erstgericht zutreffend festgestellt, dass vorliegend der erforderliche 45°-Winkel für die im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss vorhandenen Wohnräume der Kläger mit entsprechenden notwendigen Fenstern in Richtung zum strittigen Bauvorhaben eingehalten ist. In der mündlichen Verhandlung des Senats konnte dies anhand der von Beigeladenenseite übergebenen Studie zur Tageslichtberechnung nachvollzogen werden (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27.4.2017, S. 2). Auf Grund der Tatsache, dass das Wohngebäude der Kläger etwas nördlich versetzt zum Bauvorhaben der Beigeladenen besteht, konnte dies ohnehin nur hinsichtlich eines Teils des nach Westen gerichteten Fensters im Dachgeschoss des Anwesens der Kläger problematisch sein.

Soweit das Erstgericht die Verschattungswirkungen durch das Bauvorhaben für die Kläger als unzumutbar ansieht, kann dem nicht gefolgt werden. Dass sich die Lage der Fenster auf der Westseite des klägerischen Wohngebäudes als für das Bauvorhaben der Beigeladenen vorteilhaft erweist, kann dieser jedenfalls nicht angelastet werden. Ebenso wenig ist es entscheidend, dass im Essbereich der Kläger eine Verschlechterung der Belichtungssituation um etwa 10% zu erwarten ist. Wie sich beim Augenschein des Senats gezeigt hat, ist der Essbereich im klägerischen Anwesen schon jetzt nicht hell. Es wird bereits jetzt die Esstischlampe zur Beleuchtung benötigt (vgl. Niederschrift über den Augenschein vom 4.4.2017, S. 3). Auch wird die Belichtung der südlichen Terrasse durch den vorspringenden Balkon am Anwesen der Kläger sowie durch die klägerische Grenzgarage schon etwas beeinträchtigt. Es ist zwar nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Besonnung für den südlichen Gebäudeteil und den südlichen Gartenanteil der Kläger durch das Bauvorhaben etwas verschlechtern wird. Es ist aber nach Auffassung des Senats nicht so, dass hierdurch unzumutbare Zustände für die Kläger entstünden. Solches ergibt sich auch weder aus der von der Beigeladenen erstinstanzlich vorgelegten Tageslichtberechnung vom 16. Januar 2014, die beim Essbereich von einer Verschlechterung um 9,9% und beim gesamten Wohnraum im Erdgeschoss von einer Verschlechterung um 6,7% ausgeht, noch lässt sich dies der klägerseits erstinstanzlich vorgelegten Verschattungsstudie entnehmen. Im Übrigen lässt sich feststellen, dass sich der nördliche Versatz des klägerischen Wohngebäudes hinsichtlich der Belichtungssituation für die Räume hinter den Fenstern in der Westfassade eher positiv, während er sich für die Besonnung der Südterrasse sowie des südlichen Gartenanteils etwas negativ auswirkt. Die Tatsache, dass sich die Kläger nicht an die straßenseitige Baulinie gehalten haben, zeitigt damit ambivalente Folgen.

2. Die angefochtene Baugenehmigung vom 1. Oktober 2013 verstößt - soweit deren Genehmigungsumfang reicht - ebenso wenig gegen nachbarschützende Abstandsflächenvorschriften. Sie wurde im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 BayBO erteilt, so dass nur beantragte Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften zu prüfen waren.

2.1. Die Baugenehmigungsbehörde hat gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO eine Abweichung von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen zum Nachbargrundstück der Kläger insoweit erteilt, als die Abstandsflächen der straßenseitigen Fassade des Bauvorhabens auf das klägerische Grundstück fallen (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27.4.2017, S. 2 sowie die rot schraffierte Einzeichnung in der übergebenen Studie zur Tageslichtberechnung). Die Abweichung sei erteilt worden, weil diese unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar und daher gerechtfertigt sei, zumal die Atypik des Grundstücks (Grenzverlauf und Baulinie) die Überschreitung erforderten. Darüber hinaus fielen die Abstandsflächen vom Grundstück der Kläger ebenso auf das Baugrundstück. Die Erteilung dieser Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften durch die Beklagte ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend ist diese davon ausgegangen, dass hier insoweit die erforderliche Atypik darauf beruht, dass zwischen der Baulinie und der Grundstücksgrenze kein rechter Winkel besteht. Die Beigeladene ist jedoch gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gehalten, auf diese Baulinie zu bauen. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen im geringfügigen Ausmaß erscheint im vorliegenden Fall weder sinnvoll noch hinreichend erfolgversprechend. Denn eine vollständige Beseitigung der Abstandsflächenüberschreitung wäre nicht erreichbar. Dagegen würden andere Probleme gegenüber dem Nachbargrundstück der Kläger etwas verstärkt. Die Abweichung konnte auch unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange der Kläger erteilt werden. Die Abstandsflächen der straßenseitigen Fassade des Bauvorhabens der Beigeladenen fallen nur geringfügig auf das klägerische Grundstück. Dies geschieht in einem Bereich, der aufgrund der Baulinie von Bebauung freizuhalten ist. Auch die vorhandene Bebauung der Kläger befindet sich nördlich davon. Für die Beigeladene spricht dagegen, dass sie ihr Baugrundstück bis zur festgesetzten Baulinie ausnützen will und das geplante Gebäude in einer Flucht mit den in westlicher Richtung an der O … Straße bereits errichteten Gebäuden gebaut werden soll.

2.2. Zurecht haben die Beklagte und das Verwaltungsgericht die Einhaltung der Abstandsflächen auf der östlichen Seite des geplanten Bauvorhabens zum Nachbargrundstück der Kläger hin nicht geprüft. Denn insoweit wurde keine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO seitens der Beigeladenen beantragt. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. B.v. 11.11.2015 - 2 CS 15.1251 - juris; B.v. 19.12.2016 - 2 CS 16.2137; B.v. 7.2.2017 - 2 CS 16.2098) davon auszugehen, dass insoweit Abstandsflächen anfallen können. Denn die Ausnahmevorschrift des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO, dass eine Abstandsfläche nicht erforderlich ist vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf, ist insoweit nicht anwendbar. Aufgrund des zurückversetzten Wandteils des Bauvorhabens zum Grundstück der Kläger hin, wird das geplante Gebäude der Beigeladenen nicht vollständig an der Grundstücksgrenze errichtet. Zumindest aufgrund der um etwa 2,70 m in Richtung Westen zurückversetzten ersten Dachgeschossebene, die sich gegenüber den Klägern eher als drittes Obergeschoss darstellt, dürften in Richtung Osten Abstandsflächen anfallen. Aufgrund des beschränkten Prüfungsumfangs im Verfahren nach Art. 59 BayBO war diese Frage jedoch nicht Prüfungs- und Genehmigungsgegenstand. Im Übrigen dürfte die Angelegenheit erst dann richtig problematisch werden, wenn eines Tages auf dem Grundstück der Kläger ebenfalls ein Gebäude in geschlossener Bauweise errichtet und dabei gegenüber der Dachterrasse auf der ersten Dachgeschossebene des Gebäudes der Beigeladenen eine Brandwand nach Art. 28 BayBO hochgezogen werden sollte.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat Anträge gestellt und das Rechtsmittel eingelegt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Tenor

I. Unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 29. September 2014 wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in beiden Rechtszügen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ wenn nicht die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks FlNr. 8849/47 der Gemarkung … …, O … Str. 4a. Sie wenden sich mit ihrer Anfechtungsklage gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 1. Oktober 2013 für den Neubau eines Wohnhauses mit Tiefgarage - Haus E - für das westlich benachbarte Grundstück FlNr. 8849/60 der Gemarkung M … 

Das Grundstück der Kläger ist mit einer zweigeschossigen Doppelhaushälfte sowie einer Garage an der westlichen Grundstücksgrenze bebaut. Das Wohnhaus der Kläger weist eine Traufhöhe von 5,45 m und eine Firsthöhe von 8,25 m, die Garage mit Flachdach eine Höhe von 2,30 m auf.

1. Mit der Baugenehmigung vom 1. Oktober 2013 wurde die Errichtung eines dreigeschossigen Gebäudes mit zwei nach Westen zurückgesetzten Dachgeschossebenen genehmigt, das den Abschluss einer Blockrandbebauung bildet, die sich mit den Häusern A bis D von der K … Straße über die L … Straße bis in die O … Straße erstreckt. Die Häuser A bis C wurden mit Baugenehmigung vom 26. September 2013 und Haus D mit Baugenehmigung vom 25. September 2013 genehmigt. Das strittige Haus E soll dabei die volle Grundstücksbreite von ca. 8 m ausnutzen, d.h. es soll sowohl westlich als auch östlich grenzständig errichtet werden. Unmittelbar an der östlichen Grundstücksgrenze zum Anwesen der Kläger ist eine zunächst dreigeschossige Bebauung mit einer Höhe von 9,31 m vorgesehen. Um ca. 2,70 m in Richtung Westen zurückgesetzt ist die 1. Dachgeschossebene vorgesehen, über der ein abgewalmtes Dach mit der 2. Dachgeschossebene in einem ca. 45o-Winkel nach Westen bis zu einer Gesamthöhe von 14,60 m ansteigt.

Für das Straßengeviert O … Straße/P … Straße/K … Straße/L … Straße setzt ein übergeleiteter Baulinienplan eine Straßenbegrenzungslinie sowie in einem Abstand von 5 m hierzu eine vordere Baulinie fest. Weitergehende bauplanungsrechtliche Festsetzungen bestehen nicht.

Mit Urteil vom 29. September 2014 hat das Verwaltungsgericht München die Baugenehmigung vom 1. Oktober 2013 aufgehoben. Das strittige Vorhaben stelle sich im Hinblick auf die gerügte Verschlechterung der Belichtung sowie eine einmauernde oder abriegelnde Wirkung gegenüber dem Anwesen der Kläger als unzumutbar und damit rücksichtslos dar. Das grenzständig geplante Vorhaben der Beigeladenen sei schon aufgrund des Rechtsgedankens in § 22 Abs. 3 BauNVO im Hinblick auf das Vorhandensein eines Grenzabstands auf dem Nachbargrundstück der Kläger rücksichtslos. Das strittige grenzständig geplante Bauvorhaben stelle sich gegenüber dem Anwesen der Kläger zudem auch deshalb als rücksichtslos dar, weil ihm im Hinblick auf seine Ausmaße und Höhenentwicklung gegenüber dem Anwesen der Kläger eine „erdrückende“ bzw. „einmauernde“ Wirkung zukomme.

2. Zur Begründung ihrer vom Senat am 5. Dezember 2016 zugelassene Berufung macht die Beigeladene geltend, das Verwaltungsgericht München verkenne, dass dem § 22 Abs. 3 BauNVO gerade kein Rechtsgedanke zu entnehmen sei, dass eine geschlossene Bauweise dann unzulässig sei, wenn auf dem Nachbargrundstück ein Gebäude, das selbst die Abstandsflächen einhält, vorhanden ist. Wann die vorhandene Bebauung eine Abweichung von der geschlossenen Bauweise im Sinn von § 22 Abs. 3 Halbsatz 2 BauNVO erfordere, sei vielmehr im Rahmen einer Abwägung zu ermitteln, die anhand der von der Rechtsprechung für die Prüfung des Rücksichtnahmegebots aufgestellten Kriterien zu erfolgen habe.

Das Vorhaben entfalte auch keine erdrückende oder einmauernde Wirkung. Wie das Verwaltungsgericht zu der Auffassung komme, dass es sich um ein Wohngebiet mit einer sich aus Einfamilien-, Doppel- und Mehrfamilienhäusern zusammensetzenden Bebauung handle, sei nicht nachvollziehbar. Richtig sei vielmehr, dass das Geviert ausschließlich aus Mehrfamilienhäusern in der Form des Geschosswohnungsbaus bestehe. Das einzige noch bestehende Doppelhaus sei das klägerische Anwesen. Die Blockrandbebauung ende aktuell auf dem Grundstück FlNr. 8849/59.

Hinzu komme, dass das strittige Gebäude lediglich eine Tiefe von ca. 12 m aufweise. Damit sei gewährleistet, dass umfangreiche Grün- und Freiflächen erhalten blieben. Im konkreten Einzelfall sei daher jedenfalls zu würdigen, dass das Geviert von einer Blockrandbebauung geprägt sei, gleichwohl aber umfangreiche Frei- und Grünflächen erhalten blieben. Das entspreche auch vergleichbaren Gevierten in unmittelbarer Nachbarschaft.

Vorliegend werde das Anwesen der Kläger von drei Seiten belichtet. Das Fenster in der westlichen Außenwand spiele dabei nur eine untergeordnete Rolle. Eine ausreichende Belichtung erfolge über die großen nach Süden ausgerichteten Fenster im Erdgeschoss. Eine erdrückende/gefängnishofartige Situation sei zu verneinen. Das Bauvorhaben habe eine Traufhöhe von 9,31 m, das Vorhaben der Kläger eine solche von 6,07 m. Die Höhendifferenz betrage danach lediglich 3,24 m. Das Bauvorhaben sei somit nicht „deutlich höher“ als das Anwesen der Kläger.

Auch der Abstand zwischen dem grenzständigen Gebäude in dem Anwesen der Kläger mit ca. 3,7 m ändere daran nichts. Das Bauvorhaben habe lediglich eine grenzständige Breite von ca. 12 m. Die übrige gemeinsame Grundstücksgrenze mit einer Gesamtlänge von ca. 38 m bleibe von Bebauung frei. Auch die anderen Grundstücksgrenzen des Anwesens der Kläger seien wegen der Blockrandbebauung frei von Bebauung. Das Gebäude der Kläger sei zudem etwas im Grundstück zurückversetzt, so dass auch aus diesem Grund eine erdrückende Wirkung zu verneinen sei. Unmittelbar in dem Bereich, in dem das streitgegenständliche Vorhaben auf einer Länge von ca. 12 m errichtet werden soll, befinde sich zudem die ca. 6,7 m tiefe Garage der Kläger. Auch aufgrund dieser auf dem Grundstück der Kläger vorhandenen Grenzbebauung werde die Wirkung des strittigen Vorhabens reduziert. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Beigeladene das strittige Vorhaben gegenüber der zulässigen Blockrandbebauung - um dem Gebot der Rücksichtnahme Rechnung zu tragen - schon deutlich reduziert habe.

Zudem besitze das Anwesen der Kläger eine Tiefe von 13,44 m und sei damit sogar tiefer als das strittige Vorhaben mit einer Tiefe von 12,03 m. Jedenfalls sei das Anwesen der Kläger weiterhin selbständig wahrnehmbar. Dieses sei auch ausreichend belichtet und nur eine geringe Verschlechterung der Belichtungssituation gegeben. Dies werde durch das Gutachten eines Sachverständigen bestätigt, wonach keine Verschlechterung gegeben sei.

Auch in Bezug auf gesunde Wohnverhältnisse unter dem Gesichtspunkt einer ausreichenden Belichtung verletze das Vorhaben keine Rechte der Kläger. Das Erstgericht bestätige sogar, dass der 45o-Winkel eingehalten werde. Allerdings gehe es davon aus, dass die Einhaltung des 45o-Winkels nicht der geeignete Ansatzpunkt für die Beurteilung der Zumutbarkeit sei. Entgegen den Ausführungen des Erstgerichts sei aber gerade in der Rechtsprechung geklärt, dass jedenfalls bei Einhaltung eines 45o-Winkels bei zulässiger geschlossener Bauweise, wie im vorliegenden Fall, eine ausreichende Belichtung gewährleistet ist.

Die Beigeladene beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 29. September 2014 die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die unzutreffenderweise vom Erstgericht zu Lasten der Kläger bestätigte geschlossene Bebauung im hiesigen Geviertbereich sei unzulässig. Das Gebäude E verstoße damit gegen Art. 6 BayBO. Selbiges gelte für das vorgelagerte Gebäude D des Gesamtgebäudekomplexes. Klärungsbedürftig sei die Frage, ob die Zulassung geschlossener Bebauung in einem tatsächlich durch offene Bauweise geprägten Raum für sich genommen eine Nachbarrechtsverletzung darstellen könne, wenn durch eine sukzessive Bebauungsentwicklung in Form eigentlich unzulässiger geschlossener Bebauung die offene Bauweise untergraben und damit die eigentlich nachbarrechtlich relevante Geltung des Abstandsflächenrechts durch die betroffenen Grundstückseigentümer nicht mehr durchgesetzt werden kann. Das Erstgericht gehe unzutreffend davon aus, dass im unbeplanten Innenbereich ein Drittschutz hinsichtlich der Bauweise weder direkt noch analog aus § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO hergeleitet werden könne. Damit werde aber das Abstandsflächenrecht ausgehebelt. Ein Verweisen auf ein bauaufsichtliches Einschreiten bezüglich Art. 6 BayBO sei insoweit nicht ausreichend.

Vielmehr sei der von Festsetzung nach § 22 BauNVO zur offenen Bauweise ausgehende Drittschutz auch auf Grundstücke auszuweiten, die nicht unmittelbar aneinander grenzen. Diese bedeute, dass die Kläger schon das Unterlaufen der offenen Bauweise durch die Häuser A bis D nicht hinzunehmen haben. Fallen diese in geschlossener Form Weg, bleibe die offene Bauweise erhalten, verbunden damit, dass bezüglich des hier strittigen Hauses E offene Bauweise und die Einhaltung der Abstandsflächen gefordert werden könne. Die Schaffung der geschlossenen Bauweise löse letztlich ein Planungsbedürfnis innerhalb des Gevierts aus.

Im Übrigen habe das Erstgericht die Vorschrift des § 22 Abs. 3 BauNVO in zutreffender Weise seinen Rechtsausführungen mit dem Schluss der Rücksichtslosigkeit zugrunde gelegt. Das Erstgericht habe deutlich gemacht, dass aufgrund der hier bestehenden Nahbeziehung und dem durch das klägerische Anwesen eingehaltenen Grenzabstand im Sinn des Rechtsgedankens des § 22 Abs. 3 BauNVO die Einhaltung eines Grenzabstands erforderlich sei, um hier die notwendige Rücksichtnahme hin zum bestandsgeschützten Gebäude der Kläger zu wahren.

Das Verwaltungsgericht habe außerdem zutreffend eine erdrückende und einmauernde Wirkung des strittigen Bauvorhabens angenommen. Die massive Höhenentwicklung des strittigen Baukörpers und dessen Ausmaße im gesamten unmittelbar an der Grundstücksgrenze erzeugten eine einmauernde Wirkung. Über eine Länge von 12 m hinweg überrage das strittige Bauvorhaben das klägerische Anwesen teilweise um 6,35 m, dies bei einem nur noch vorhandenen und damit letztlich verschwindend geringen Abstand der jeweiligen Außenwände von 3,70 m. Die Baugenehmigungen für die Häuser A bis D seien ebenfalls angefochten worden, so dass diese Häuser im Zusammenhang mit der Bewertung der Umgebungsstruktur keine Berücksichtigung finden könnten.

In seiner Gesamtausprägung stelle sich das genehmigte Bauvorhaben als teilweise gut 9 m bzw. teilweise gut 14 m hohe Abschlusswand gegenüber dem klägerischen Anwesen und dem dortigen Gartenbereich dar. Die westlichen Fenster im Haus der Kläger spielten sehr wohl eine maßgebende Rolle für die Beleuchtung des Anwesens. Die großen nach Süden ausgerichteten Fenster im Erdgeschoss reichten nicht aus, um eine Belichtung des Anwesens der Kläger in der notwendigen Form zu bewerkstelligen. Sogar der Gutachter der Klägerseite habe bestätigt, dass es hier zu einer Lichteinbuße von wenigstens 10% im Erdgeschossbereich kommen werde. Die Obergeschosse seien hingegen nur von der Westseite her mit Fenstern mit entsprechender Belichtungsfunktion ausgestattet.

Hinzu kämen die unverträglichen Einflussnahmen auf das Grundstück der Kläger über die durch die Dachterrassen geschaffene Aussichtsplattform. Das strittige Bauvorhaben überrage zudem das maßvolle bestandsgeschützte Gebäude der Kläger in wesentlichen Teilen über 6 m. Hinzu komme eine bloße Distanz der Gebäude von 3,70 m, wobei sogar an die Grenzgarage unmittelbar angeschlossen werde. Das strittige Gebäude erstrecke sich unmittelbar an der Grundstücksgrenze auch erheblich in den rückwärtigen Grundstücksbereich.

Weiterhin resultiere die Verletzung des Rücksichtnahmegebots auch daraus, dass die gesunden Wohnverhältnisse im Blick auf das klägerische Anwesen unzumutbar litten, weil aufgrund des Heranrückens des strittigen Baukörpers eine ausreichende Belichtung des Wohngebäudes und des Grundstücksbereichs der Kläger nicht mehr sichergestellt sei. Zutreffend möge sein, dass der 45o-Winkel im Blick auf die westseitigen Fenster des Anwesens der Kläger eingehalten sei. Dies sei jedoch dem Umstand geschuldet, dass sich die im Erdgeschoss und die im ersten Obergeschoss befindlichen Fenster der östlichen Gebäudewand des strittigen Bauvorhabens nicht unmittelbar gegenüber lägen. Das für die Wohnräume im Dachgeschoss in der Westseite des klägerischen Anwesens befindliche Fenster werde von der östlichen Gebäudewand des strittigen Bauvorhabens überlappt. Außerdem liege der eigentliche Lichteinfallswinkel in den westlichen Bereichen des klägerischen Anwesens deutlich über 45o. Der gesamte Grundstücksbereich zwischen den beiden Anwesen sei daher letztlich durch eine dauerhafte Verschattung geprägt. Durch die Vorlagerung des strittigen Baukörpers komme hinzu, dass der gesamte Südgarten betreffend die südwestliche Sondereinstrahlung einer massiven Verschattung unterliege.

Die Beklagte äußerte sich im Berufungsverfahren dahingehend, dass das Erstgericht rechtsfehlerhaft einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme bejaht habe, indem es rechtssatzartig dem § 22 Abs. 3 BauNVO den Gedanken entnehme, dass grundsätzlich auch bei zulässiger geschlossener Bauweise dann ein seitlicher Grenzabstand einzuhalten sei, wenn ein vorhandenes Gebäude auf dem Nachbargrundstück einen Grenzabstand einhalte. Ein solcher Rechtsgedanke lasse sich aber dem § 22 Abs. 3 BauNVO nicht entnehmen. Zudem habe das Verwaltungsgericht selbst noch im Urteil ausgeführt, dass die Frage, wann eine Abweichung von der geschlossenen Bauweise erforderlich sei, grundsätzlich eine Frage der jeweiligen Umstände des Einzelfalls sei und sich damit einer allgemein gültigen Aussage entziehe, es aber unterlassen, eine solche Einzelfallprüfung und Abwägung durchzuführen. Darüber hinaus nehme das Erstgericht unzutreffenderweise eine erdrückende Wirkung an. Noch zutreffend komme es zwar zu einer Höhendifferenz der Traufhöhen von 3,86 m bei einem Abstand von 3,70 m zum Nachbargebäude. Für die Annahme einer erdrückenden Wirkung sei es dem Gericht dann aber auf die Gesamtschau angekommen, insbesondere auf einen Vergleich der Gesamthöhe in Verbindung mit der Länge und Lage des Vorhabens. Dabei lege das Gericht allein die geringe Entfernung von 3,70 m zugrunde, was jedoch fehl gehe. Denn wie sich aus der Südansicht des Hauses E ergebe, befinde sich das zurückversetzte Dachgeschoss mit einer Höhe von 11,08 m in einem Abstand von ca. 6,50 m zur Bebauung des klägerischen Nachbargrundstücks (Höhendifferenz zwischen Vorhaben und klägerischer Bebauung Traufe dann 5,48 m) und der First erreiche seine Höhe erst mit einem Abstand von ca. 10 m zur klägerischen Bebauung (Höhendifferenz der beiden Firste dann 6,35 m). Damit bestehe zwar eine Höhendifferenz zwischen Vorhaben und der Bebauung des klägerischen Nachbargrundstücks, es fehle jedoch an der geringen Entfernung von 3,70 m, wie das Verwaltungsgericht durchgängig bei den Höhendifferenzen zugrunde lege.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschriften über die Einnahme eines Augenscheins vom 4. April 2017 und über die mündliche Verhandlung vom 27. April 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beigeladenen (§ 124 Abs. 1 VwGO) ist begründet. Der Baugenehmigungsbescheid vom 1. Oktober 2013 verletzt die Kläger nicht im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten. Ihre Anfechtungsklage ist deshalb unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 29. September 2014 abzuweisen.

1. Die angefochtene Baugenehmigung vom 1. Oktober 2013 verstößt nicht zulasten der Kläger gegen das Rücksichtnahmegebot aus § 34 Abs. 1 BauGB.

Das Erstgericht hat festgestellt, dass in der näheren Umgebung des Bauvorhabens sowohl geschlossene als auch offene Bauweise vorhanden ist. Hierbei ist maßgeblich auf die tatsächlich vorhandenen baulichen Anlagen in der Umgebung abzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369; U.v. 15.2.1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322). In dem Geviert K … Straße/L … Straße/O … Straße/P … Straße ist überwiegend geschlossene Bebauung vorhanden. Lediglich in der nächsten Umgebung des klägerischen Anwesens stellt sich die Bebauung noch als offen dar. Ebenso ist auf der südlichen Seite der O … Straße eine offene Bauweise gegeben (vgl. Niederschrift über den Augenschein des Senats vom 4.4.2017, S. 2). Unabhängig davon, ob man mit dem Verwaltungsgericht das ganze Geviert heranzieht oder nur die Bebauung beidseits der O … Straße in den Blick nimmt, ist mithin sowohl geschlossene als auch offene Bauweise vorzufinden. Kommt aber sowohl geschlossene als auch offene Bauweise in der näheren Umgebung des Bauvorhabens gehäuft vor, so sind regelmäßig beide Bauweisen bauplanungsrechtlich zulässig (vgl. BVerwG, B.v. 11.3.1994 - 4 B 53.94 - NVwZ 1994, 1008; BayVGH, B.v. 29.4.2003 - 20 B 02.1904 - juris; U.v. 12.7.2012 - 2 B 12.997 - juris). Demnach darf die Beigeladene im vorliegenden Fall nach Planungsrecht ihr Vorhaben an der Grundstücksgrenze zu den Klägern hin errichten.

1.1 Entgegen der Auffassung des Erstgerichts ergibt sich vorliegend nicht aus § 22 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise, dass das Vorhaben der Beigeladenen einen Grenzabstand zum Grundstück der Kläger wahren muss. Hierbei kann dahinstehen, ob diese Vorschrift überhaupt über das allgemeine Rücksichtnahmegebot aus § 34 Abs. 1 BauGB hinaus einen Nachbarschutz vermittelt (vgl. BVerwG, B.v. 12.1.1995 - 4 B 197.94 - BRS 57 Nr. 131; BayVGH, B.v. 19.10.2009 - 1 CS 09.1847 - juris). Jedenfalls ergibt sich nicht der vom Verwaltungsgericht angenommene Automatismus, dass das grenzständig geplante Vorhaben der Beigeladenen schon aufgrund des Rechtsgedankens in § 22 Abs. 3 BauNVO im Hinblick auf das Vorhandensein eines Grenzabstands auf dem Nachbargrundstück der Kläger rücksichtslos ist. Vielmehr ist die Frage, ob die vorhandene Bebauung eine Abweichung im Sinn von § 22 Abs. 3 BauNVO erfordert, aufgrund einer Abwägung zwischen den auf der vorhandenen Bebauung beruhenden, objektiv für ein Abrücken von einer seitlichen Grundstücksgrenze sprechenden Gründen auf der einen und dem Interesse des Bauherrn, die an sich gegebene Möglichkeit des Grenzanbaus auszunutzen, auf der anderen Seite, zu entscheiden. Der Grenzanbau müsste für den Nachbarn unzumutbar und damit rücksichtslos sein (vgl. König in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 22 BauNVO Rn. 26 m.w.N.; VGH Kassel, B.v. 16.4.2009 - 3 B 273/09 - BRS 74 Nr. 91; OVG Hamburg, B.v. 28.7.2009 - 2 BS 67/09 - NordÖR 2010, 72). Im vorliegenden Fall ist eine solche Unzumutbarkeit und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Anwesen der Kläger nicht zu erkennen. Das Bauvorhaben ist in südlicher Richtung etwas vom Wohngebäude der Kläger abgerückt und befindet sich in Höhe deren Grenzgarage. Diese Situation beruht unter anderem darauf, dass das geplante Vorhaben der Beigeladenen auf der straßenseitigen Baulinie errichtet werden soll, während sich die Kläger mit ihrem Wohngebäude nicht an diese Baulinie gehalten haben. Dadurch liegen sich die beiden Wohngebäude nicht völlig gegenüber. Dem nördlichen Gebäudeteil der Kläger wird keine Grenzbebauung der Beigeladenen gegenüberliegen. Auch wird das Grundstück der Kläger im nördlichen und damit überwiegenden Teil seiner Westgrenze nicht von der Bebauung der Beigeladenen tangiert. Hinzu kommt, dass die Beigeladene die erste Dachgeschossebene, die sich jedoch mehr als drittes Obergeschoss gegenüber den Klägern darstellt, um ca. 2,70 m in Richtung Westen zurückgesetzt hat. Darüber steigt das abgewalmte Dach mit der zweiten Dachgeschossebene in einem ca. 45°-Winkel nach Westen bis zu einer Gesamthöhe von 14,60 m an. Damit ist die Beigeladene den Interessen der Kläger erheblich entgegengekommen. Vor diesem zurückgesetzten ersten Dachgeschoss findet sich zwar eine Dachterrasse, die aber durch ein nicht begehbares Hochbeet begrenzt wird. Dadurch wird zugunsten der Nutzung des südlichen Gebäudeteils der Kläger sowie der dort befindlichen Terrasse und des angrenzenden Gartenanteils aus Gründen der Rücksichtnahme ein gewisser Abstand geschaffen. Damit ist der Grenzanbau jedenfalls in dieser Hinsicht gegenüber den Klägern nicht rücksichtslos.

1.2. Ebenso wenig ist das Rücksichtnahmegebot aus § 34 Abs. 1 BauGB dadurch zulasten der Kläger verletzt, dass das Vorhaben der Beigeladenen eine erdrückende bzw. einmauernde Wirkung hätte. Bereits die vom Erstgericht angeführten Beispiele aus der Rechtsprechung lassen erkennen, dass ein solcher Fall hier nicht vorliegt. Auch die angestellten Vergleiche zur Traufhöhe sowie zur Gesamthöhe der beiden sich gegenüberliegenden Gebäude lässt solches nicht befürchten. Vielmehr bleiben trotz des ca. 12 m tiefen Grenzgebäudes der Beigeladenen rund zwei Drittel der westlichen Grundstücksgrenze der Kläger von Bebauung frei. Ebenso sind die nördliche und die südliche Grundstücksgrenze sowie die östliche Grundstücksgrenze, soweit sie nicht von der anderen Doppelhaushälfte eingenommen wird, von Bebauung frei. Nimmt man hinzu, dass das Wohngebäude der Kläger nach Norden versetzt ist, dem Bauvorhaben zunächst die etwa 7 m lange Grenzgarage der Kläger gegenüberliegt und die oberen Geschosse des Bauvorhabens ab einer Höhe von 9,31 m um ca. 2,70 m zurückversetzt werden, kann weder von einer erdrückenden noch gar von einer einmauernden Wirkung die Rede sein.

1.3. Im Hinblick auf die gesunden Wohnverhältnisse im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB unter dem Gesichtspunkt der ausreichenden Belichtung stellt die Einhaltung eines Lichteinfallswinkels von 45° in Höhe der Fensterbrüstung vor Fenstern von Aufenthaltsräumen grundsätzlich eine ausreichende Belichtung sicher (vgl. BayVGH, B.v. 9.6.2011 - 2 ZB 10.9290 - juris). Hierzu hat das Erstgericht zutreffend festgestellt, dass vorliegend der erforderliche 45°-Winkel für die im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss vorhandenen Wohnräume der Kläger mit entsprechenden notwendigen Fenstern in Richtung zum strittigen Bauvorhaben eingehalten ist. In der mündlichen Verhandlung des Senats konnte dies anhand der von Beigeladenenseite übergebenen Studie zur Tageslichtberechnung nachvollzogen werden (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27.4.2017, S. 2). Auf Grund der Tatsache, dass das Wohngebäude der Kläger etwas nördlich versetzt zum Bauvorhaben der Beigeladenen besteht, konnte dies ohnehin nur hinsichtlich eines Teils des nach Westen gerichteten Fensters im Dachgeschoss des Anwesens der Kläger problematisch sein.

Soweit das Erstgericht die Verschattungswirkungen durch das Bauvorhaben für die Kläger als unzumutbar ansieht, kann dem nicht gefolgt werden. Dass sich die Lage der Fenster auf der Westseite des klägerischen Wohngebäudes als für das Bauvorhaben der Beigeladenen vorteilhaft erweist, kann dieser jedenfalls nicht angelastet werden. Ebenso wenig ist es entscheidend, dass im Essbereich der Kläger eine Verschlechterung der Belichtungssituation um etwa 10% zu erwarten ist. Wie sich beim Augenschein des Senats gezeigt hat, ist der Essbereich im klägerischen Anwesen schon jetzt nicht hell. Es wird bereits jetzt die Esstischlampe zur Beleuchtung benötigt (vgl. Niederschrift über den Augenschein vom 4.4.2017, S. 3). Auch wird die Belichtung der südlichen Terrasse durch den vorspringenden Balkon am Anwesen der Kläger sowie durch die klägerische Grenzgarage schon etwas beeinträchtigt. Es ist zwar nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Besonnung für den südlichen Gebäudeteil und den südlichen Gartenanteil der Kläger durch das Bauvorhaben etwas verschlechtern wird. Es ist aber nach Auffassung des Senats nicht so, dass hierdurch unzumutbare Zustände für die Kläger entstünden. Solches ergibt sich auch weder aus der von der Beigeladenen erstinstanzlich vorgelegten Tageslichtberechnung vom 16. Januar 2014, die beim Essbereich von einer Verschlechterung um 9,9% und beim gesamten Wohnraum im Erdgeschoss von einer Verschlechterung um 6,7% ausgeht, noch lässt sich dies der klägerseits erstinstanzlich vorgelegten Verschattungsstudie entnehmen. Im Übrigen lässt sich feststellen, dass sich der nördliche Versatz des klägerischen Wohngebäudes hinsichtlich der Belichtungssituation für die Räume hinter den Fenstern in der Westfassade eher positiv, während er sich für die Besonnung der Südterrasse sowie des südlichen Gartenanteils etwas negativ auswirkt. Die Tatsache, dass sich die Kläger nicht an die straßenseitige Baulinie gehalten haben, zeitigt damit ambivalente Folgen.

2. Die angefochtene Baugenehmigung vom 1. Oktober 2013 verstößt - soweit deren Genehmigungsumfang reicht - ebenso wenig gegen nachbarschützende Abstandsflächenvorschriften. Sie wurde im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 BayBO erteilt, so dass nur beantragte Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften zu prüfen waren.

2.1. Die Baugenehmigungsbehörde hat gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO eine Abweichung von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen zum Nachbargrundstück der Kläger insoweit erteilt, als die Abstandsflächen der straßenseitigen Fassade des Bauvorhabens auf das klägerische Grundstück fallen (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27.4.2017, S. 2 sowie die rot schraffierte Einzeichnung in der übergebenen Studie zur Tageslichtberechnung). Die Abweichung sei erteilt worden, weil diese unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar und daher gerechtfertigt sei, zumal die Atypik des Grundstücks (Grenzverlauf und Baulinie) die Überschreitung erforderten. Darüber hinaus fielen die Abstandsflächen vom Grundstück der Kläger ebenso auf das Baugrundstück. Die Erteilung dieser Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften durch die Beklagte ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend ist diese davon ausgegangen, dass hier insoweit die erforderliche Atypik darauf beruht, dass zwischen der Baulinie und der Grundstücksgrenze kein rechter Winkel besteht. Die Beigeladene ist jedoch gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gehalten, auf diese Baulinie zu bauen. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen im geringfügigen Ausmaß erscheint im vorliegenden Fall weder sinnvoll noch hinreichend erfolgversprechend. Denn eine vollständige Beseitigung der Abstandsflächenüberschreitung wäre nicht erreichbar. Dagegen würden andere Probleme gegenüber dem Nachbargrundstück der Kläger etwas verstärkt. Die Abweichung konnte auch unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange der Kläger erteilt werden. Die Abstandsflächen der straßenseitigen Fassade des Bauvorhabens der Beigeladenen fallen nur geringfügig auf das klägerische Grundstück. Dies geschieht in einem Bereich, der aufgrund der Baulinie von Bebauung freizuhalten ist. Auch die vorhandene Bebauung der Kläger befindet sich nördlich davon. Für die Beigeladene spricht dagegen, dass sie ihr Baugrundstück bis zur festgesetzten Baulinie ausnützen will und das geplante Gebäude in einer Flucht mit den in westlicher Richtung an der O … Straße bereits errichteten Gebäuden gebaut werden soll.

2.2. Zurecht haben die Beklagte und das Verwaltungsgericht die Einhaltung der Abstandsflächen auf der östlichen Seite des geplanten Bauvorhabens zum Nachbargrundstück der Kläger hin nicht geprüft. Denn insoweit wurde keine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO seitens der Beigeladenen beantragt. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. B.v. 11.11.2015 - 2 CS 15.1251 - juris; B.v. 19.12.2016 - 2 CS 16.2137; B.v. 7.2.2017 - 2 CS 16.2098) davon auszugehen, dass insoweit Abstandsflächen anfallen können. Denn die Ausnahmevorschrift des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO, dass eine Abstandsfläche nicht erforderlich ist vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf, ist insoweit nicht anwendbar. Aufgrund des zurückversetzten Wandteils des Bauvorhabens zum Grundstück der Kläger hin, wird das geplante Gebäude der Beigeladenen nicht vollständig an der Grundstücksgrenze errichtet. Zumindest aufgrund der um etwa 2,70 m in Richtung Westen zurückversetzten ersten Dachgeschossebene, die sich gegenüber den Klägern eher als drittes Obergeschoss darstellt, dürften in Richtung Osten Abstandsflächen anfallen. Aufgrund des beschränkten Prüfungsumfangs im Verfahren nach Art. 59 BayBO war diese Frage jedoch nicht Prüfungs- und Genehmigungsgegenstand. Im Übrigen dürfte die Angelegenheit erst dann richtig problematisch werden, wenn eines Tages auf dem Grundstück der Kläger ebenfalls ein Gebäude in geschlossener Bauweise errichtet und dabei gegenüber der Dachterrasse auf der ersten Dachgeschossebene des Gebäudes der Beigeladenen eine Brandwand nach Art. 28 BayBO hochgezogen werden sollte.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat Anträge gestellt und das Rechtsmittel eingelegt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Tenor

I. Unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 29. September 2014 wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in beiden Rechtszügen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ wenn nicht die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks FlNr. 8849/47 der Gemarkung … …, O … Str. 4a. Sie wenden sich mit ihrer Anfechtungsklage gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 1. Oktober 2013 für den Neubau eines Wohnhauses mit Tiefgarage - Haus E - für das westlich benachbarte Grundstück FlNr. 8849/60 der Gemarkung M … 

Das Grundstück der Kläger ist mit einer zweigeschossigen Doppelhaushälfte sowie einer Garage an der westlichen Grundstücksgrenze bebaut. Das Wohnhaus der Kläger weist eine Traufhöhe von 5,45 m und eine Firsthöhe von 8,25 m, die Garage mit Flachdach eine Höhe von 2,30 m auf.

1. Mit der Baugenehmigung vom 1. Oktober 2013 wurde die Errichtung eines dreigeschossigen Gebäudes mit zwei nach Westen zurückgesetzten Dachgeschossebenen genehmigt, das den Abschluss einer Blockrandbebauung bildet, die sich mit den Häusern A bis D von der K … Straße über die L … Straße bis in die O … Straße erstreckt. Die Häuser A bis C wurden mit Baugenehmigung vom 26. September 2013 und Haus D mit Baugenehmigung vom 25. September 2013 genehmigt. Das strittige Haus E soll dabei die volle Grundstücksbreite von ca. 8 m ausnutzen, d.h. es soll sowohl westlich als auch östlich grenzständig errichtet werden. Unmittelbar an der östlichen Grundstücksgrenze zum Anwesen der Kläger ist eine zunächst dreigeschossige Bebauung mit einer Höhe von 9,31 m vorgesehen. Um ca. 2,70 m in Richtung Westen zurückgesetzt ist die 1. Dachgeschossebene vorgesehen, über der ein abgewalmtes Dach mit der 2. Dachgeschossebene in einem ca. 45o-Winkel nach Westen bis zu einer Gesamthöhe von 14,60 m ansteigt.

Für das Straßengeviert O … Straße/P … Straße/K … Straße/L … Straße setzt ein übergeleiteter Baulinienplan eine Straßenbegrenzungslinie sowie in einem Abstand von 5 m hierzu eine vordere Baulinie fest. Weitergehende bauplanungsrechtliche Festsetzungen bestehen nicht.

Mit Urteil vom 29. September 2014 hat das Verwaltungsgericht München die Baugenehmigung vom 1. Oktober 2013 aufgehoben. Das strittige Vorhaben stelle sich im Hinblick auf die gerügte Verschlechterung der Belichtung sowie eine einmauernde oder abriegelnde Wirkung gegenüber dem Anwesen der Kläger als unzumutbar und damit rücksichtslos dar. Das grenzständig geplante Vorhaben der Beigeladenen sei schon aufgrund des Rechtsgedankens in § 22 Abs. 3 BauNVO im Hinblick auf das Vorhandensein eines Grenzabstands auf dem Nachbargrundstück der Kläger rücksichtslos. Das strittige grenzständig geplante Bauvorhaben stelle sich gegenüber dem Anwesen der Kläger zudem auch deshalb als rücksichtslos dar, weil ihm im Hinblick auf seine Ausmaße und Höhenentwicklung gegenüber dem Anwesen der Kläger eine „erdrückende“ bzw. „einmauernde“ Wirkung zukomme.

2. Zur Begründung ihrer vom Senat am 5. Dezember 2016 zugelassene Berufung macht die Beigeladene geltend, das Verwaltungsgericht München verkenne, dass dem § 22 Abs. 3 BauNVO gerade kein Rechtsgedanke zu entnehmen sei, dass eine geschlossene Bauweise dann unzulässig sei, wenn auf dem Nachbargrundstück ein Gebäude, das selbst die Abstandsflächen einhält, vorhanden ist. Wann die vorhandene Bebauung eine Abweichung von der geschlossenen Bauweise im Sinn von § 22 Abs. 3 Halbsatz 2 BauNVO erfordere, sei vielmehr im Rahmen einer Abwägung zu ermitteln, die anhand der von der Rechtsprechung für die Prüfung des Rücksichtnahmegebots aufgestellten Kriterien zu erfolgen habe.

Das Vorhaben entfalte auch keine erdrückende oder einmauernde Wirkung. Wie das Verwaltungsgericht zu der Auffassung komme, dass es sich um ein Wohngebiet mit einer sich aus Einfamilien-, Doppel- und Mehrfamilienhäusern zusammensetzenden Bebauung handle, sei nicht nachvollziehbar. Richtig sei vielmehr, dass das Geviert ausschließlich aus Mehrfamilienhäusern in der Form des Geschosswohnungsbaus bestehe. Das einzige noch bestehende Doppelhaus sei das klägerische Anwesen. Die Blockrandbebauung ende aktuell auf dem Grundstück FlNr. 8849/59.

Hinzu komme, dass das strittige Gebäude lediglich eine Tiefe von ca. 12 m aufweise. Damit sei gewährleistet, dass umfangreiche Grün- und Freiflächen erhalten blieben. Im konkreten Einzelfall sei daher jedenfalls zu würdigen, dass das Geviert von einer Blockrandbebauung geprägt sei, gleichwohl aber umfangreiche Frei- und Grünflächen erhalten blieben. Das entspreche auch vergleichbaren Gevierten in unmittelbarer Nachbarschaft.

Vorliegend werde das Anwesen der Kläger von drei Seiten belichtet. Das Fenster in der westlichen Außenwand spiele dabei nur eine untergeordnete Rolle. Eine ausreichende Belichtung erfolge über die großen nach Süden ausgerichteten Fenster im Erdgeschoss. Eine erdrückende/gefängnishofartige Situation sei zu verneinen. Das Bauvorhaben habe eine Traufhöhe von 9,31 m, das Vorhaben der Kläger eine solche von 6,07 m. Die Höhendifferenz betrage danach lediglich 3,24 m. Das Bauvorhaben sei somit nicht „deutlich höher“ als das Anwesen der Kläger.

Auch der Abstand zwischen dem grenzständigen Gebäude in dem Anwesen der Kläger mit ca. 3,7 m ändere daran nichts. Das Bauvorhaben habe lediglich eine grenzständige Breite von ca. 12 m. Die übrige gemeinsame Grundstücksgrenze mit einer Gesamtlänge von ca. 38 m bleibe von Bebauung frei. Auch die anderen Grundstücksgrenzen des Anwesens der Kläger seien wegen der Blockrandbebauung frei von Bebauung. Das Gebäude der Kläger sei zudem etwas im Grundstück zurückversetzt, so dass auch aus diesem Grund eine erdrückende Wirkung zu verneinen sei. Unmittelbar in dem Bereich, in dem das streitgegenständliche Vorhaben auf einer Länge von ca. 12 m errichtet werden soll, befinde sich zudem die ca. 6,7 m tiefe Garage der Kläger. Auch aufgrund dieser auf dem Grundstück der Kläger vorhandenen Grenzbebauung werde die Wirkung des strittigen Vorhabens reduziert. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Beigeladene das strittige Vorhaben gegenüber der zulässigen Blockrandbebauung - um dem Gebot der Rücksichtnahme Rechnung zu tragen - schon deutlich reduziert habe.

Zudem besitze das Anwesen der Kläger eine Tiefe von 13,44 m und sei damit sogar tiefer als das strittige Vorhaben mit einer Tiefe von 12,03 m. Jedenfalls sei das Anwesen der Kläger weiterhin selbständig wahrnehmbar. Dieses sei auch ausreichend belichtet und nur eine geringe Verschlechterung der Belichtungssituation gegeben. Dies werde durch das Gutachten eines Sachverständigen bestätigt, wonach keine Verschlechterung gegeben sei.

Auch in Bezug auf gesunde Wohnverhältnisse unter dem Gesichtspunkt einer ausreichenden Belichtung verletze das Vorhaben keine Rechte der Kläger. Das Erstgericht bestätige sogar, dass der 45o-Winkel eingehalten werde. Allerdings gehe es davon aus, dass die Einhaltung des 45o-Winkels nicht der geeignete Ansatzpunkt für die Beurteilung der Zumutbarkeit sei. Entgegen den Ausführungen des Erstgerichts sei aber gerade in der Rechtsprechung geklärt, dass jedenfalls bei Einhaltung eines 45o-Winkels bei zulässiger geschlossener Bauweise, wie im vorliegenden Fall, eine ausreichende Belichtung gewährleistet ist.

Die Beigeladene beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 29. September 2014 die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die unzutreffenderweise vom Erstgericht zu Lasten der Kläger bestätigte geschlossene Bebauung im hiesigen Geviertbereich sei unzulässig. Das Gebäude E verstoße damit gegen Art. 6 BayBO. Selbiges gelte für das vorgelagerte Gebäude D des Gesamtgebäudekomplexes. Klärungsbedürftig sei die Frage, ob die Zulassung geschlossener Bebauung in einem tatsächlich durch offene Bauweise geprägten Raum für sich genommen eine Nachbarrechtsverletzung darstellen könne, wenn durch eine sukzessive Bebauungsentwicklung in Form eigentlich unzulässiger geschlossener Bebauung die offene Bauweise untergraben und damit die eigentlich nachbarrechtlich relevante Geltung des Abstandsflächenrechts durch die betroffenen Grundstückseigentümer nicht mehr durchgesetzt werden kann. Das Erstgericht gehe unzutreffend davon aus, dass im unbeplanten Innenbereich ein Drittschutz hinsichtlich der Bauweise weder direkt noch analog aus § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO hergeleitet werden könne. Damit werde aber das Abstandsflächenrecht ausgehebelt. Ein Verweisen auf ein bauaufsichtliches Einschreiten bezüglich Art. 6 BayBO sei insoweit nicht ausreichend.

Vielmehr sei der von Festsetzung nach § 22 BauNVO zur offenen Bauweise ausgehende Drittschutz auch auf Grundstücke auszuweiten, die nicht unmittelbar aneinander grenzen. Diese bedeute, dass die Kläger schon das Unterlaufen der offenen Bauweise durch die Häuser A bis D nicht hinzunehmen haben. Fallen diese in geschlossener Form Weg, bleibe die offene Bauweise erhalten, verbunden damit, dass bezüglich des hier strittigen Hauses E offene Bauweise und die Einhaltung der Abstandsflächen gefordert werden könne. Die Schaffung der geschlossenen Bauweise löse letztlich ein Planungsbedürfnis innerhalb des Gevierts aus.

Im Übrigen habe das Erstgericht die Vorschrift des § 22 Abs. 3 BauNVO in zutreffender Weise seinen Rechtsausführungen mit dem Schluss der Rücksichtslosigkeit zugrunde gelegt. Das Erstgericht habe deutlich gemacht, dass aufgrund der hier bestehenden Nahbeziehung und dem durch das klägerische Anwesen eingehaltenen Grenzabstand im Sinn des Rechtsgedankens des § 22 Abs. 3 BauNVO die Einhaltung eines Grenzabstands erforderlich sei, um hier die notwendige Rücksichtnahme hin zum bestandsgeschützten Gebäude der Kläger zu wahren.

Das Verwaltungsgericht habe außerdem zutreffend eine erdrückende und einmauernde Wirkung des strittigen Bauvorhabens angenommen. Die massive Höhenentwicklung des strittigen Baukörpers und dessen Ausmaße im gesamten unmittelbar an der Grundstücksgrenze erzeugten eine einmauernde Wirkung. Über eine Länge von 12 m hinweg überrage das strittige Bauvorhaben das klägerische Anwesen teilweise um 6,35 m, dies bei einem nur noch vorhandenen und damit letztlich verschwindend geringen Abstand der jeweiligen Außenwände von 3,70 m. Die Baugenehmigungen für die Häuser A bis D seien ebenfalls angefochten worden, so dass diese Häuser im Zusammenhang mit der Bewertung der Umgebungsstruktur keine Berücksichtigung finden könnten.

In seiner Gesamtausprägung stelle sich das genehmigte Bauvorhaben als teilweise gut 9 m bzw. teilweise gut 14 m hohe Abschlusswand gegenüber dem klägerischen Anwesen und dem dortigen Gartenbereich dar. Die westlichen Fenster im Haus der Kläger spielten sehr wohl eine maßgebende Rolle für die Beleuchtung des Anwesens. Die großen nach Süden ausgerichteten Fenster im Erdgeschoss reichten nicht aus, um eine Belichtung des Anwesens der Kläger in der notwendigen Form zu bewerkstelligen. Sogar der Gutachter der Klägerseite habe bestätigt, dass es hier zu einer Lichteinbuße von wenigstens 10% im Erdgeschossbereich kommen werde. Die Obergeschosse seien hingegen nur von der Westseite her mit Fenstern mit entsprechender Belichtungsfunktion ausgestattet.

Hinzu kämen die unverträglichen Einflussnahmen auf das Grundstück der Kläger über die durch die Dachterrassen geschaffene Aussichtsplattform. Das strittige Bauvorhaben überrage zudem das maßvolle bestandsgeschützte Gebäude der Kläger in wesentlichen Teilen über 6 m. Hinzu komme eine bloße Distanz der Gebäude von 3,70 m, wobei sogar an die Grenzgarage unmittelbar angeschlossen werde. Das strittige Gebäude erstrecke sich unmittelbar an der Grundstücksgrenze auch erheblich in den rückwärtigen Grundstücksbereich.

Weiterhin resultiere die Verletzung des Rücksichtnahmegebots auch daraus, dass die gesunden Wohnverhältnisse im Blick auf das klägerische Anwesen unzumutbar litten, weil aufgrund des Heranrückens des strittigen Baukörpers eine ausreichende Belichtung des Wohngebäudes und des Grundstücksbereichs der Kläger nicht mehr sichergestellt sei. Zutreffend möge sein, dass der 45o-Winkel im Blick auf die westseitigen Fenster des Anwesens der Kläger eingehalten sei. Dies sei jedoch dem Umstand geschuldet, dass sich die im Erdgeschoss und die im ersten Obergeschoss befindlichen Fenster der östlichen Gebäudewand des strittigen Bauvorhabens nicht unmittelbar gegenüber lägen. Das für die Wohnräume im Dachgeschoss in der Westseite des klägerischen Anwesens befindliche Fenster werde von der östlichen Gebäudewand des strittigen Bauvorhabens überlappt. Außerdem liege der eigentliche Lichteinfallswinkel in den westlichen Bereichen des klägerischen Anwesens deutlich über 45o. Der gesamte Grundstücksbereich zwischen den beiden Anwesen sei daher letztlich durch eine dauerhafte Verschattung geprägt. Durch die Vorlagerung des strittigen Baukörpers komme hinzu, dass der gesamte Südgarten betreffend die südwestliche Sondereinstrahlung einer massiven Verschattung unterliege.

Die Beklagte äußerte sich im Berufungsverfahren dahingehend, dass das Erstgericht rechtsfehlerhaft einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme bejaht habe, indem es rechtssatzartig dem § 22 Abs. 3 BauNVO den Gedanken entnehme, dass grundsätzlich auch bei zulässiger geschlossener Bauweise dann ein seitlicher Grenzabstand einzuhalten sei, wenn ein vorhandenes Gebäude auf dem Nachbargrundstück einen Grenzabstand einhalte. Ein solcher Rechtsgedanke lasse sich aber dem § 22 Abs. 3 BauNVO nicht entnehmen. Zudem habe das Verwaltungsgericht selbst noch im Urteil ausgeführt, dass die Frage, wann eine Abweichung von der geschlossenen Bauweise erforderlich sei, grundsätzlich eine Frage der jeweiligen Umstände des Einzelfalls sei und sich damit einer allgemein gültigen Aussage entziehe, es aber unterlassen, eine solche Einzelfallprüfung und Abwägung durchzuführen. Darüber hinaus nehme das Erstgericht unzutreffenderweise eine erdrückende Wirkung an. Noch zutreffend komme es zwar zu einer Höhendifferenz der Traufhöhen von 3,86 m bei einem Abstand von 3,70 m zum Nachbargebäude. Für die Annahme einer erdrückenden Wirkung sei es dem Gericht dann aber auf die Gesamtschau angekommen, insbesondere auf einen Vergleich der Gesamthöhe in Verbindung mit der Länge und Lage des Vorhabens. Dabei lege das Gericht allein die geringe Entfernung von 3,70 m zugrunde, was jedoch fehl gehe. Denn wie sich aus der Südansicht des Hauses E ergebe, befinde sich das zurückversetzte Dachgeschoss mit einer Höhe von 11,08 m in einem Abstand von ca. 6,50 m zur Bebauung des klägerischen Nachbargrundstücks (Höhendifferenz zwischen Vorhaben und klägerischer Bebauung Traufe dann 5,48 m) und der First erreiche seine Höhe erst mit einem Abstand von ca. 10 m zur klägerischen Bebauung (Höhendifferenz der beiden Firste dann 6,35 m). Damit bestehe zwar eine Höhendifferenz zwischen Vorhaben und der Bebauung des klägerischen Nachbargrundstücks, es fehle jedoch an der geringen Entfernung von 3,70 m, wie das Verwaltungsgericht durchgängig bei den Höhendifferenzen zugrunde lege.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschriften über die Einnahme eines Augenscheins vom 4. April 2017 und über die mündliche Verhandlung vom 27. April 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beigeladenen (§ 124 Abs. 1 VwGO) ist begründet. Der Baugenehmigungsbescheid vom 1. Oktober 2013 verletzt die Kläger nicht im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten. Ihre Anfechtungsklage ist deshalb unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 29. September 2014 abzuweisen.

1. Die angefochtene Baugenehmigung vom 1. Oktober 2013 verstößt nicht zulasten der Kläger gegen das Rücksichtnahmegebot aus § 34 Abs. 1 BauGB.

Das Erstgericht hat festgestellt, dass in der näheren Umgebung des Bauvorhabens sowohl geschlossene als auch offene Bauweise vorhanden ist. Hierbei ist maßgeblich auf die tatsächlich vorhandenen baulichen Anlagen in der Umgebung abzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369; U.v. 15.2.1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322). In dem Geviert K … Straße/L … Straße/O … Straße/P … Straße ist überwiegend geschlossene Bebauung vorhanden. Lediglich in der nächsten Umgebung des klägerischen Anwesens stellt sich die Bebauung noch als offen dar. Ebenso ist auf der südlichen Seite der O … Straße eine offene Bauweise gegeben (vgl. Niederschrift über den Augenschein des Senats vom 4.4.2017, S. 2). Unabhängig davon, ob man mit dem Verwaltungsgericht das ganze Geviert heranzieht oder nur die Bebauung beidseits der O … Straße in den Blick nimmt, ist mithin sowohl geschlossene als auch offene Bauweise vorzufinden. Kommt aber sowohl geschlossene als auch offene Bauweise in der näheren Umgebung des Bauvorhabens gehäuft vor, so sind regelmäßig beide Bauweisen bauplanungsrechtlich zulässig (vgl. BVerwG, B.v. 11.3.1994 - 4 B 53.94 - NVwZ 1994, 1008; BayVGH, B.v. 29.4.2003 - 20 B 02.1904 - juris; U.v. 12.7.2012 - 2 B 12.997 - juris). Demnach darf die Beigeladene im vorliegenden Fall nach Planungsrecht ihr Vorhaben an der Grundstücksgrenze zu den Klägern hin errichten.

1.1 Entgegen der Auffassung des Erstgerichts ergibt sich vorliegend nicht aus § 22 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise, dass das Vorhaben der Beigeladenen einen Grenzabstand zum Grundstück der Kläger wahren muss. Hierbei kann dahinstehen, ob diese Vorschrift überhaupt über das allgemeine Rücksichtnahmegebot aus § 34 Abs. 1 BauGB hinaus einen Nachbarschutz vermittelt (vgl. BVerwG, B.v. 12.1.1995 - 4 B 197.94 - BRS 57 Nr. 131; BayVGH, B.v. 19.10.2009 - 1 CS 09.1847 - juris). Jedenfalls ergibt sich nicht der vom Verwaltungsgericht angenommene Automatismus, dass das grenzständig geplante Vorhaben der Beigeladenen schon aufgrund des Rechtsgedankens in § 22 Abs. 3 BauNVO im Hinblick auf das Vorhandensein eines Grenzabstands auf dem Nachbargrundstück der Kläger rücksichtslos ist. Vielmehr ist die Frage, ob die vorhandene Bebauung eine Abweichung im Sinn von § 22 Abs. 3 BauNVO erfordert, aufgrund einer Abwägung zwischen den auf der vorhandenen Bebauung beruhenden, objektiv für ein Abrücken von einer seitlichen Grundstücksgrenze sprechenden Gründen auf der einen und dem Interesse des Bauherrn, die an sich gegebene Möglichkeit des Grenzanbaus auszunutzen, auf der anderen Seite, zu entscheiden. Der Grenzanbau müsste für den Nachbarn unzumutbar und damit rücksichtslos sein (vgl. König in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 22 BauNVO Rn. 26 m.w.N.; VGH Kassel, B.v. 16.4.2009 - 3 B 273/09 - BRS 74 Nr. 91; OVG Hamburg, B.v. 28.7.2009 - 2 BS 67/09 - NordÖR 2010, 72). Im vorliegenden Fall ist eine solche Unzumutbarkeit und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Anwesen der Kläger nicht zu erkennen. Das Bauvorhaben ist in südlicher Richtung etwas vom Wohngebäude der Kläger abgerückt und befindet sich in Höhe deren Grenzgarage. Diese Situation beruht unter anderem darauf, dass das geplante Vorhaben der Beigeladenen auf der straßenseitigen Baulinie errichtet werden soll, während sich die Kläger mit ihrem Wohngebäude nicht an diese Baulinie gehalten haben. Dadurch liegen sich die beiden Wohngebäude nicht völlig gegenüber. Dem nördlichen Gebäudeteil der Kläger wird keine Grenzbebauung der Beigeladenen gegenüberliegen. Auch wird das Grundstück der Kläger im nördlichen und damit überwiegenden Teil seiner Westgrenze nicht von der Bebauung der Beigeladenen tangiert. Hinzu kommt, dass die Beigeladene die erste Dachgeschossebene, die sich jedoch mehr als drittes Obergeschoss gegenüber den Klägern darstellt, um ca. 2,70 m in Richtung Westen zurückgesetzt hat. Darüber steigt das abgewalmte Dach mit der zweiten Dachgeschossebene in einem ca. 45°-Winkel nach Westen bis zu einer Gesamthöhe von 14,60 m an. Damit ist die Beigeladene den Interessen der Kläger erheblich entgegengekommen. Vor diesem zurückgesetzten ersten Dachgeschoss findet sich zwar eine Dachterrasse, die aber durch ein nicht begehbares Hochbeet begrenzt wird. Dadurch wird zugunsten der Nutzung des südlichen Gebäudeteils der Kläger sowie der dort befindlichen Terrasse und des angrenzenden Gartenanteils aus Gründen der Rücksichtnahme ein gewisser Abstand geschaffen. Damit ist der Grenzanbau jedenfalls in dieser Hinsicht gegenüber den Klägern nicht rücksichtslos.

1.2. Ebenso wenig ist das Rücksichtnahmegebot aus § 34 Abs. 1 BauGB dadurch zulasten der Kläger verletzt, dass das Vorhaben der Beigeladenen eine erdrückende bzw. einmauernde Wirkung hätte. Bereits die vom Erstgericht angeführten Beispiele aus der Rechtsprechung lassen erkennen, dass ein solcher Fall hier nicht vorliegt. Auch die angestellten Vergleiche zur Traufhöhe sowie zur Gesamthöhe der beiden sich gegenüberliegenden Gebäude lässt solches nicht befürchten. Vielmehr bleiben trotz des ca. 12 m tiefen Grenzgebäudes der Beigeladenen rund zwei Drittel der westlichen Grundstücksgrenze der Kläger von Bebauung frei. Ebenso sind die nördliche und die südliche Grundstücksgrenze sowie die östliche Grundstücksgrenze, soweit sie nicht von der anderen Doppelhaushälfte eingenommen wird, von Bebauung frei. Nimmt man hinzu, dass das Wohngebäude der Kläger nach Norden versetzt ist, dem Bauvorhaben zunächst die etwa 7 m lange Grenzgarage der Kläger gegenüberliegt und die oberen Geschosse des Bauvorhabens ab einer Höhe von 9,31 m um ca. 2,70 m zurückversetzt werden, kann weder von einer erdrückenden noch gar von einer einmauernden Wirkung die Rede sein.

1.3. Im Hinblick auf die gesunden Wohnverhältnisse im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB unter dem Gesichtspunkt der ausreichenden Belichtung stellt die Einhaltung eines Lichteinfallswinkels von 45° in Höhe der Fensterbrüstung vor Fenstern von Aufenthaltsräumen grundsätzlich eine ausreichende Belichtung sicher (vgl. BayVGH, B.v. 9.6.2011 - 2 ZB 10.9290 - juris). Hierzu hat das Erstgericht zutreffend festgestellt, dass vorliegend der erforderliche 45°-Winkel für die im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss vorhandenen Wohnräume der Kläger mit entsprechenden notwendigen Fenstern in Richtung zum strittigen Bauvorhaben eingehalten ist. In der mündlichen Verhandlung des Senats konnte dies anhand der von Beigeladenenseite übergebenen Studie zur Tageslichtberechnung nachvollzogen werden (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27.4.2017, S. 2). Auf Grund der Tatsache, dass das Wohngebäude der Kläger etwas nördlich versetzt zum Bauvorhaben der Beigeladenen besteht, konnte dies ohnehin nur hinsichtlich eines Teils des nach Westen gerichteten Fensters im Dachgeschoss des Anwesens der Kläger problematisch sein.

Soweit das Erstgericht die Verschattungswirkungen durch das Bauvorhaben für die Kläger als unzumutbar ansieht, kann dem nicht gefolgt werden. Dass sich die Lage der Fenster auf der Westseite des klägerischen Wohngebäudes als für das Bauvorhaben der Beigeladenen vorteilhaft erweist, kann dieser jedenfalls nicht angelastet werden. Ebenso wenig ist es entscheidend, dass im Essbereich der Kläger eine Verschlechterung der Belichtungssituation um etwa 10% zu erwarten ist. Wie sich beim Augenschein des Senats gezeigt hat, ist der Essbereich im klägerischen Anwesen schon jetzt nicht hell. Es wird bereits jetzt die Esstischlampe zur Beleuchtung benötigt (vgl. Niederschrift über den Augenschein vom 4.4.2017, S. 3). Auch wird die Belichtung der südlichen Terrasse durch den vorspringenden Balkon am Anwesen der Kläger sowie durch die klägerische Grenzgarage schon etwas beeinträchtigt. Es ist zwar nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Besonnung für den südlichen Gebäudeteil und den südlichen Gartenanteil der Kläger durch das Bauvorhaben etwas verschlechtern wird. Es ist aber nach Auffassung des Senats nicht so, dass hierdurch unzumutbare Zustände für die Kläger entstünden. Solches ergibt sich auch weder aus der von der Beigeladenen erstinstanzlich vorgelegten Tageslichtberechnung vom 16. Januar 2014, die beim Essbereich von einer Verschlechterung um 9,9% und beim gesamten Wohnraum im Erdgeschoss von einer Verschlechterung um 6,7% ausgeht, noch lässt sich dies der klägerseits erstinstanzlich vorgelegten Verschattungsstudie entnehmen. Im Übrigen lässt sich feststellen, dass sich der nördliche Versatz des klägerischen Wohngebäudes hinsichtlich der Belichtungssituation für die Räume hinter den Fenstern in der Westfassade eher positiv, während er sich für die Besonnung der Südterrasse sowie des südlichen Gartenanteils etwas negativ auswirkt. Die Tatsache, dass sich die Kläger nicht an die straßenseitige Baulinie gehalten haben, zeitigt damit ambivalente Folgen.

2. Die angefochtene Baugenehmigung vom 1. Oktober 2013 verstößt - soweit deren Genehmigungsumfang reicht - ebenso wenig gegen nachbarschützende Abstandsflächenvorschriften. Sie wurde im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 BayBO erteilt, so dass nur beantragte Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften zu prüfen waren.

2.1. Die Baugenehmigungsbehörde hat gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO eine Abweichung von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen zum Nachbargrundstück der Kläger insoweit erteilt, als die Abstandsflächen der straßenseitigen Fassade des Bauvorhabens auf das klägerische Grundstück fallen (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27.4.2017, S. 2 sowie die rot schraffierte Einzeichnung in der übergebenen Studie zur Tageslichtberechnung). Die Abweichung sei erteilt worden, weil diese unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar und daher gerechtfertigt sei, zumal die Atypik des Grundstücks (Grenzverlauf und Baulinie) die Überschreitung erforderten. Darüber hinaus fielen die Abstandsflächen vom Grundstück der Kläger ebenso auf das Baugrundstück. Die Erteilung dieser Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften durch die Beklagte ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend ist diese davon ausgegangen, dass hier insoweit die erforderliche Atypik darauf beruht, dass zwischen der Baulinie und der Grundstücksgrenze kein rechter Winkel besteht. Die Beigeladene ist jedoch gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gehalten, auf diese Baulinie zu bauen. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen im geringfügigen Ausmaß erscheint im vorliegenden Fall weder sinnvoll noch hinreichend erfolgversprechend. Denn eine vollständige Beseitigung der Abstandsflächenüberschreitung wäre nicht erreichbar. Dagegen würden andere Probleme gegenüber dem Nachbargrundstück der Kläger etwas verstärkt. Die Abweichung konnte auch unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange der Kläger erteilt werden. Die Abstandsflächen der straßenseitigen Fassade des Bauvorhabens der Beigeladenen fallen nur geringfügig auf das klägerische Grundstück. Dies geschieht in einem Bereich, der aufgrund der Baulinie von Bebauung freizuhalten ist. Auch die vorhandene Bebauung der Kläger befindet sich nördlich davon. Für die Beigeladene spricht dagegen, dass sie ihr Baugrundstück bis zur festgesetzten Baulinie ausnützen will und das geplante Gebäude in einer Flucht mit den in westlicher Richtung an der O … Straße bereits errichteten Gebäuden gebaut werden soll.

2.2. Zurecht haben die Beklagte und das Verwaltungsgericht die Einhaltung der Abstandsflächen auf der östlichen Seite des geplanten Bauvorhabens zum Nachbargrundstück der Kläger hin nicht geprüft. Denn insoweit wurde keine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO seitens der Beigeladenen beantragt. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. B.v. 11.11.2015 - 2 CS 15.1251 - juris; B.v. 19.12.2016 - 2 CS 16.2137; B.v. 7.2.2017 - 2 CS 16.2098) davon auszugehen, dass insoweit Abstandsflächen anfallen können. Denn die Ausnahmevorschrift des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO, dass eine Abstandsfläche nicht erforderlich ist vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf, ist insoweit nicht anwendbar. Aufgrund des zurückversetzten Wandteils des Bauvorhabens zum Grundstück der Kläger hin, wird das geplante Gebäude der Beigeladenen nicht vollständig an der Grundstücksgrenze errichtet. Zumindest aufgrund der um etwa 2,70 m in Richtung Westen zurückversetzten ersten Dachgeschossebene, die sich gegenüber den Klägern eher als drittes Obergeschoss darstellt, dürften in Richtung Osten Abstandsflächen anfallen. Aufgrund des beschränkten Prüfungsumfangs im Verfahren nach Art. 59 BayBO war diese Frage jedoch nicht Prüfungs- und Genehmigungsgegenstand. Im Übrigen dürfte die Angelegenheit erst dann richtig problematisch werden, wenn eines Tages auf dem Grundstück der Kläger ebenfalls ein Gebäude in geschlossener Bauweise errichtet und dabei gegenüber der Dachterrasse auf der ersten Dachgeschossebene des Gebäudes der Beigeladenen eine Brandwand nach Art. 28 BayBO hochgezogen werden sollte.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat Anträge gestellt und das Rechtsmittel eingelegt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines mehrgeschossigen Wohngebäudes mit Tiefgarage.

Mit Bescheid vom 14. August 2014 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Genehmigung zum „Neubau einer Wohnanlage mit 87 Wohneinheiten und 129 Tiefgaragenstellplätzen, Fahrrad- und Kinderwagenabstellräumen, Kinderspielplatz sowie Blockheizkraftwerk mit 39 kW und Niedertemperaturkessel mit 200 kW“ auf dem Grundstück Fl. Nr. 3645 Gemarkung W. Die Baugenehmigung beinhaltet verschiedene immissionsschutzrechtliche Auflagen sowie eine Abweichung von der gesetzlich vorgeschriebenen Rettungsweglänge hinsichtlich einiger Tiefgaragenstellplätze. Sie wurde am 20. August 2014 öffentlich bekannt gemacht.

Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Wohngebiet Platz’scher Garten“ vom 26. Februar 2014. Über die hiergegen vom Antragsteller erhobene Normenkontrolle (Az. 9 N 14.429) ist noch nicht entschieden; ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde mit Beschluss des Senats vom 24. April 2014 (Az. 9 NE 14.430) abgelehnt.

Der Antragsteller ist Wohnungserbbauberechtigter und Miteigentümer einer Wohnung im 3. Obergeschoss des Gebäudes auf Fl. Nr. 3505/6 Gemarkung Würzburg, die nach Norden zur St.-Benedikt-Straße hin orientiert ist. Dieses Grundstück liegt, getrennt durch die St.-Benedikt-Straße, dem Baugrundstück auf einer Länge von ca. 4 m gegenüber und im Übrigen nach Westen versetzt, südwestlich des Baugrundstücks. Die genehmigte Wohnanlage besteht aus insgesamt sechs, in geschlossener Bauweise errichteten Häusern, die sich von der St.-Benedikt-Straße in östlicher Richtung bis zur Dürerstraße, dann in nördlicher Richtung bis zur Rottendorfer Straße und anschließend in nordwestlicher Richtung entlang der Rottendorfer Straße erstrecken. Die Zufahrt zur Tiefgarage befindet sich in der südwestlichen Ecke von „Haus 1“ in der St.-Benedikt-Straße schräg gegenüber des Gebäudes auf Fl. Nr. 3505/6 Gemarkung W.

Am 29. August 2014 erhob der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht, über die noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig ließ er einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stellen. Diesen lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. Oktober 2014 ab. Die angefochtene Baugenehmigung verletze den Antragsteller weder unter Zugrundelegung des Bebauungsplans noch bei Annahme der Unwirksamkeit des Bebauungsplans in nachbarschützenden Rechten; insbesondere sei das Bauvorhaben ihm gegenüber nicht rücksichtslos.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er macht geltend, dass das Bauvorhaben im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht im Innenbereich, sondern im Außenbereich liege, da der „Platz’sche Garten“ keine Baulücke, sondern eine Außenbereichsinsel sei. Dementsprechend sei das Vorhaben nur nach dem Bebauungsplan zulässig, der aber - wie die Ausführungen des Antragstellers im Normenkontrollverfahren zeigten - unwirksam sei.

Das Bauvorhaben sei jedoch auch im Innenbereich nicht zulässig, da es sich nicht einfüge. Dies belege die Nichteinhaltung der Abstandsflächen, die Überschreitung der Obergrenzen für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung und die Blockrandbebauung, die in der Umgebung nicht vorhanden sei und zur Entstehung einer Straßenschlucht führe. Das Vorhaben verletze das Gebot der Rücksichtnahme, in dem es gegenüber dem Antragsteller eine erdrückende Wirkung entfalte und zu unzumutbaren Immissionen führe. Die Stellungnahme des Dipl.-Physikers P. vom 19. November 2014 zeige, dass es zu Mehrbelastungen des Antragstellers komme und die Lärmsituation fehlerhaft berücksichtigt worden sei. Dementsprechend sei es auch zu einer fehlerhaften Abwägung mit seinen Interessen gekommen.

Der Antragsteller beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 13. Oktober 2014, bekannt gegeben am 24. Oktober 2014, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die dem Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 14. August 2014 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Bauvorhaben sei sowohl unter Zugrundelegung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Wohngebiet Platz’scher Garten“ als auch im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans zulässig. Ein Verstoß gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme liege nicht vor.

Der Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Bauvorhaben sei sowohl bei Wirksamkeit als auch bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans bauplanungsrechtlich zulässig. Auch bei Annahme einer - nicht vorliegenden - Außenbereichsinsel könne der Antragsteller allein eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme geltend machen, die jedoch nicht vorliege.

Die Abstandsflächen seien für die Frage des Einfügens nicht maßgeblich. Zudem werde der Kläger aufgrund der Grundstückssituation hiervon gar nicht betroffen. Das Bauvorhaben halte die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung ein und liege unter den Höchstgrenzen des § 17 BauNVO. Unabhängig davon seien die Umgebung deutlich dichter bebaut und gewisse Überschreitungen gesetzlich zulässig. Blockrandbebauung befinde sich zudem beispielsweise im Bestand entlang der St.-Benedikt-Straße und im nördlichen Teil der Rottendorfer Straße.

Das Bauvorhaben führe zu keiner abriegelnden oder erdrückenden Wirkung gegenüber dem Gebäude, in dem der Antragsteller seine Wohnung habe. Die straßenraumprägende Gebäudefront entspreche der umliegenden Bebauung und die Gesamthöhe liege unterhalb der Gesamthöhe der Umgebungsbebauung. Zudem weise das Bauvorhaben zum Gebäude auf Fl. Nr. 3505/6 der Gemarkung Würzburg einen Abstand von über 17 m auf. Das Vorhaben führe auch zu keiner unzumutbaren Immissionsbelastung des Antragstellers, wie das Schallgutachten der Firma A. vom 9. Mai 2012 im Rahmen des Bauleitplanverfahrens belege. Trotz unzutreffender Darstellung der Eingangsdaten würden die Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm jedenfalls deutlich unterschritten. Wohngebietstypische Emissionen seien berücksichtigt und vom Antragsteller hinzunehmen.

Mit Schreiben des Berichterstatters vom 9. Januar 2015 wurde der Bevollmächtigte des Antragstellers darauf hingewiesen, dass die Begründungsfrist für die Beschwerde nicht eingehalten worden sei. Mit Schriftsatz vom 19. Januar 2015 hat der Bevollmächtigte sodann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung wurde dargelegt, dass das Einschreiben mit dem Begründungsschriftsatz, der bei Gericht erst am 25. Oktober 2014 einging, bereits am 21. Oktober 2014 zur Post gegeben worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten sowie Planakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Dem Antragsteller war hinsichtlich der Versäumung der Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO um einen Tag wegen einer Überschreitung der normalen Postlaufzeit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren, da die Laufzeitvorgabe nach der Produktbeschreibung des in Anspruch genommenen Zustelldienstes E+1 beträgt und der Bevollmächtigte sich grundsätzlich auf die normale Postlaufzeit und die postamtlichen Auskünfte zur Postbeförderungsdauer verlassen darf (VGH BW, U. v. 10.3.1997 - 6 S 210/97 - VBlBW 1997, 297 = juris Rn. 14; BVerwG, B. v. 15.10.1997 - 6 BN 51/97 - juris Rn. 11; BVerwG, B. v. 28.12.1989 - 5 B 13/89 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 166 = juris Rn. 3; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 60 Rn. 9). Anhaltspunkte, die eine hiervon abweichende Beurteilung zulassen, liegen im vorliegenden Fall nicht vor.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage verletzt die angefochtene Baugenehmigung den Antragsteller voraussichtlich nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller als Wohnungseigentümer auf die Geltendmachung einer Beeinträchtigung seines Sondereigentums beschränkt ist (vgl. Happ in Eyermann, a. a. O., § 42 Rn. 121).

Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss darauf abgestellt, dass das Bauvorhaben des Beigeladenen sowohl unter Zugrundelegung des Bebauungsplans „Wohngebiet Platz’scher Garten“ als auch bei dessen Unwirksamkeit bauplanungsrechtlich zulässig und gegenüber dem Antragsteller nicht rücksichtslos ist. In einem solchen Fall muss der Antragsteller Beschwerdegründe gegen jeden tragenden Grundsatz im Beschluss des Verwaltungsgerichts darlegen (vgl. Happ in Eyermann, a. a. O., § 146 Rn. 22 und § 124a Rn. 61). Der Antrag bleibt jedoch nach jeder Variante erfolglos.

1. Im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans „Wohngebiet Platz’scher Garten“ vom 26. Februar 2014 richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen nach § 30 Abs. 2 i. V. m. § 12 BauGB. Das Bauvorhaben hält - vom Antragsteller nicht bestritten - die Festsetzungen dieses vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein, so dass eine Verletzung drittschützender Festsetzungen von vornherein nicht in Betracht kommt. Eine Abweichung (Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO) wurde lediglich hinsichtlich der Rettungsweglänge gem. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GaStellV beantragt und erteilt, die jedoch - abgesehen davon, dass der Antragsteller dies nicht rügt - nicht drittschützend ist (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand Januar 2014, Art. 66 Rn. 284). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Gebäude mit der Wohnung des Antragstellers nicht im Geltungsbereich des Bebauungsplans liegt und grundsätzlich kein plangebietsübergreifender Nachbarschutz besteht, so dass er daher vorliegend auf die Geltendmachung einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme beschränkt ist (BVerwG, B. v. 18.12.2007 - 4 B 55/07 - BayVBl 2008, 765 = juris Rn. 6). Da der Antragsteller, wie sich im Folgenden zeigt, auch im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans nur eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme geltend machen kann und sich der Prüfungsmaßstab insoweit nicht unterscheidet (vgl. BVerwG, U. v. 28.10.1993 - 4 C 5/93 - juris Rn. 26), kann hier dahingestellt bleiben, ob der Bebauungsplan „Wohngebiet Platz’scher Garten“ wirksam ist oder nicht.

2. Dahingestellt bleiben kann auch, ob sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans nach § 34 BauGB für den Innenbereich oder nach § 35 BauGB für den Außenbereich richtet. Denn der Antrag bleibt in jedem Fall erfolglos.

Soweit der Antragsteller behauptet, im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans richte sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens nach § 35 BauGB, lässt sich allein aus einer eventuellen fehlerhaften Gebietseinstufung kein Drittschutz ableiten (vgl. BayVGH, B. v. 18.9.2008 - 1 ZB 06.2294 - juris Rn. 38). Vielmehr ergibt sich der Nachbarschutz auch im Falle des § 35 BauGB aus dem in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme (vgl. BVerwG, U. v. 28.10.1993 - 4 C 5/93 - DVBl 1994, 697 = juris Rn. 15, 19). Zwar ist im Falle des § 35 BauGB auch das Erfordernis einer förmlichen Planung ein ungeschriebener öffentlicher Belang i. S. d. § 35 Abs. 3 BauGB. Eine Beeinträchtigung kommt insoweit jedoch nur bei einer Konfliktlage mit hoher Intensität für die berührten öffentlichen und privaten Belange in Betracht und ist im Übrigen für eine Rechtsverletzung des Nachbarn auch nur bei einer erdrückenden Wirkung oder einer unzumutbaren Lärmbelastung, wie sie im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme zu prüfen sind, denkbar (vgl. BayVGH, B. v. 18.9.2008 - 1 ZB 06.2294 - juris Rn. 37).

Mangels Anhaltspunkten für einen Verstoß gegen die Art der baulichen Nutzung ergibt sich auch im Falle des § 34 BauGB ein Drittschutz hier nur über das im Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ enthaltene Gebot der Rücksichtnahme. Dabei kann sowohl ein Rahmen wahrendes Vorhaben ausnahmsweise unzulässig sein, wenn es nicht die gebotene Rücksicht auf die Bebauung in der Nachbarschaft nimmt (vgl. BVerwG, U. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - DVBl 2014, 530 = juris Rn. 21) als auch umgekehrt ein den Rahmen überschreitendes Vorhaben ausnahmsweise zulässig sein, wenn es trotz der Überschreitung keine städtebaulichen Spannungen hervorruft (BVerwG v. 26.5.1978 - 4 C 9/77 - juris Rn. 46 f). Im vorliegenden Fall wird im Beschwerdevorbringen nicht ausreichend dargelegt, dass der Rahmen der Eigenart der näheren Umgebung i. S. d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wie ihn das Verwaltungsgericht zugrunde gelegt hat (Rn. 40 ff), nicht eingehalten ist. Unabhängig davon, dass die Vorschriften zum Maß der baulichen Nutzung auch im Rahmen des § 34 BauGB grundsätzlich nicht drittschützend sind (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 12; Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage 2014, Vorb. §§ 29 - 38 Rn. 69), werden substantiierte Einwendungen betreffend das Maß der baulichen Nutzung nicht erhoben und bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Vorhaben unabhängig von seiner Nutzungsart den vorhandenen Rahmen in unangemessener Weise überschreitet (vgl. BVerwG, B. v. 21.6.2007 - 4 B 8/07 - juris Rn. 6; BayVGH, B. v. 13.3.2014 - 15 ZB 13.1017 - juris Rn. 7 m. w. N.). Die Obergrenzen des § 17 BauNVO sind im Rahmen des § 34 BauGB nicht maßgeblich, da es allein auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt (vgl. BayVGH, B. v. 7.1.1992 - 2 B 90.1394 - BayVBl 1992, 589; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 1.7.2014, § 34 Rn. 45 und § 17 BauNVO Rn. 3, 15). Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts hierzu werden vom Antragsteller nicht in Zweifel gezogen. Eine „Blockrandbebauung“, wie sie der Antragsteller vorträgt, betrifft - unabhängig davon, ob diese gegenüber dem Antragsteller, der kein seitlicher Grenznachbar des Bauvorhabens ist, überhaupt drittschützende Wirkung hätte (vgl. Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 22 BauNVO Rn. 48 f) - den Antragsteller allenfalls hinsichtlich des ihm unmittelbar schräg gegenüberliegenden Teil des Gebäudekomplexes mit „Haus 1“ und teilweise „Haus 2“, nicht jedoch mit dem gesamten Baukörper der Wohnanlage. Insbesondere Haus 3 bis 5 entlang der Dürerstraße und der Rottendorfer Straße sind vom Antragsteller aufgrund der baulichen Gegebenheiten und der abschirmenden Wirkung des Gebäudeteils entlang der St.-Benedikt-Straße im Falle der Realisierung des Bauvorhabens aber gar nicht wahrnehmbar. Abgesehen davon befindet sich gerade auf der nördlichen Seite der St.-Benedikt-Straße, auf der auch das Bauvorhaben ausgeführt werden soll, im westlichen Anschluss an das Baugrundstück eine geschlossene Bebauung, so dass die nähere Umgebung nicht ausschließlich durch offene Bauweise geprägt ist.

3. Nach dem hier - entsprechend den obigen Ausführungen - allein maßgeblichen Gebot der Rücksichtnahme, liegt eine Rechtsverletzung des Antragstellers, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, aller Voraussicht nach nicht vor. Dabei kommt es im Einzelfall wesentlich auf die Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U. v. 28.10.1993 - 4 C 5/93 - NVwZ 1994, 354 = juris Rn. 17; BVerwG, U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - DVBl 2005, 702 = juris Rn. 22).

a) Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ergibt sich hier nicht aus der vorgetragenen Verletzung der Abstandsflächenvorschriften.

Soweit sich der Antragsteller auf die Nichteinhaltung der Abstandsflächen des Art. 6 BayBO beruft, kann dies bereits deshalb nicht zum Erfolg der Beschwerde führen, da die angefochtene Baugenehmigung im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art 59 BayBO erteilt wurde. Die Feststellungswirkung der Genehmigung ist deshalb auf die in Art. 59 Satz 1 BayBO genannten Kriterien beschränkt (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 - NVwZ 1998, 58 = juris Rn. 3). Die Prüfung der Abstandsflächenvorschriften ist darin nicht vorgesehen; eine Abweichung (Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO) von der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften wurde weder beantragt noch erteilt. Den beschränkten Prüfungsmaßstab des Art. 59 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde außer im Fall der Versagung der Baugenehmigung nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO nicht selbst erweitern. Eine Verletzung von Nachbarrechten des Antragstellers durch die angefochtene Baugenehmigung wegen Nichteinhaltung von Abstandsflächen kommt deshalb nicht in Betracht (BayVGH, B. v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 11 m. w. N.). Im Übrigen kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine - unterstellte - Verletzung der Abstandsflächenvorschriften auch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots indizieren würde (vgl. BayVGH, B. v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris Rn. 17).

b) Die vom Antragsteller vorgetragene erdrückende Wirkung hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint.

Maßgeblich für die Frage, ob einem Vorhaben „abriegelnde“ oder „erdrückende“ Wirkung zukommt, ist eine Gesamtschau der Umstände des konkreten Einzelfalls. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BayVGH, B. v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 12 m. w. N.) Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt eine erdrückende Wirkung des Bauvorhabens gegenüber dem Antragsteller nicht vor.

Bereits die Lage und die Entfernung der beiden Baukörper sprechen vorliegend gegen eine erdrückende Wirkung. Denn das Gebäude, in dem der Antragsteller seine Wohnung im 3. Obergeschoß hat, liegt dem Bauvorhaben getrennt durch die ca. 10 m breite St.-Benedikt-Straße schräg gegenüber und ist von diesem insgesamt ca. 17 m entfernt (vgl. zu einer vergleichbaren Entfernung: BayVGH, B. v. 29.7.2014 - 9 CS 14.709 - juris Rn. 19). Die vom Antragsteller immer wieder angeführte Gesamtgebäudelänge spielt hierbei mangels Betroffenheit des Antragstellers - wie oben bereits ausgeführt - keine Rolle. Auch gibt es ausweislich der Lagepläne und Luftbilder entlang der St.-Benedikt-Straße keine durchgehend geschlossene Bebauung. Vielmehr besteht ein Abstand von ca. 8 m zwischen dem Bauvorhaben auf Fl. Nr. 3645 Gemarkung W. und der westlich folgenden Bestandsbebauung auf Fl. Nr. 3644 Gemarkung W., deren östlicher Gebäudeteil der Wohnung des Antragstellers gegenüberliegt. Sowohl das geplante Gebäude als auch das Gebäude mit der Wohnung des Antragstellers sind zudem durchaus vergleichbar. Das mehrgeschossige Gebäude, in dem der Antragsteller seine Wohnung hat, weist eine Traufhöhe von 16,10 m und eine Gesamthöhe von 206,92 m üNN auf, das geplante Bauvorhaben eine Traufhöhe von 14,53 m bzw. 18,24 m des zurückversetzten Geschoßes bei einer Gesamthöhe von 211,60 m üNN. Die vom Antragsteller angeführte Wirkung einer übermächtigen Erscheinung des genehmigten Bauvorhabens gegenüber dem Gebäude mit der Wohnung des Antragstellers auf Fl. Nr. 3505/6 Gemarkung Würzburg, mit der Folge, dass dieses überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen werde (vgl. OVG NW, B. v. 9.2.2009 - 10 B 1713/08 - NVwZ-RR 2009, 374 = juris Rn. 25), ist angesichts dieser Umstände und der weiteren in der St.-Benedikt-Straße vorhandenen Bebauung nicht nachvollziehbar. Aufgrund der Lage des Bauvorhabens im Nordosten der Wohnung des Antragstellers ist darüber hinaus der pauschale Einwand gegen die Verschattungsstudie der A. Ingenieur GmbH im Rahmen des Bauleitplanverfahrens für die Annahme einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Antragstellers nicht ausreichend.

c) Die Darlegungen des Antragstellers zur vorhabenbedingten Immissionsbelastung, die sich allein auf eine sein Sondereigentum beeinträchtigende Wirkung beziehen können, führen ebenfalls zu keiner vom Verwaltungsgericht abweichenden Beurteilung.

Der Antragsteller wendet sich im Wesentlichen gegen den durch den Zu- und Abfahrtsverkehr verursachten Lärm, bedingt durch die Situierung der Tiefgaragenzufahrt am südwestlichen Gebäudeteil des Bauvorhabens in der St.-Benedikt-Straße schräg gegenüber der Wohnung des Antragstellers. Über diese Zufahrt wird die gesamte Tiefgarage mit 129 Auto-, 12 Motorrad- und 131 Fahrradstellplätzen erschlossen. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass 11 Tiefgaragenstellplätze dinglich für die Errichtung eines Neubaus auf der Fl. Nr. 3645/4 Gemarkung W. gesichert werden, ist keine den Antragsteller beeinträchtigende Überschreitung des Ausmaßes des Bedürfnisses des sich auf dem Baugrundstück zulässigerweise verwirklichten Wohnbestandes ersichtlich (vgl. BayVGH, B. v. 11.8.1999 - 27 ZS 99.1717 - juris Rn. 7). Die für die zugelassene Nutzung notwendigen Stellplätze sind einschließlich der mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen Immissionen grundsätzlich hinzunehmen und als sozialadäquat zu dulden; insoweit besteht eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit (vgl. BayVGH, B. v. 18.9.2008 - 1 ZB 06.2294 - juris Rn. 35; BayVGH, B. v. 13.3.2014 - 15 ZB 13.1017 - juris Rn. 14). Zu berücksichtigen ist ferner, dass - worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat - zugunsten des Antragstellers zur Beurteilung hinsichtlich seines Schutzniveaus trotz möglicher gegenteiliger Anhaltspunkte ein allgemeines Wohngebiet angenommen wurde und dem Schallgutachten der Firma A. Ingenieure GmbH vom 9. Mai 2012 eine deutlich höhere Zahl an Stellplätzen (147 statt 129) zugrunde liegt. Nach diesem Gutachten kommt es bereits im Erdgeschoß des Gebäudes auf Fl. Nr. 3505/6 Gemarkung Würzburg, in dem die Wohnung des Antragstellers liegt, zu keiner Überschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte und ist für die Wohnung im 3. Obergeschoß von einer weiteren Reduzierung auszugehen. Nach den korrigierten Angaben des Beigeladenen beträgt der Beurteilungspegel an der Fassade des Gebäudes Fl. Nr. 3506/6 Gemarkung Würzburg („St.-Benedikt-Straße 9“ - richtig wohl „6“) bereits im 1. Obergeschoß zur Nachtzeit 38 dB(A) und liegt damit unter dem maßgeblichen Immissionsrichtwert von 40 dB(A). Für das für den Antragsteller maßgebliche 3. Obergeschoß reduziert sich der Beurteilungspegel um 1 dB(A) und beträgt nur 37 dB(A). Auch unter Berücksichtigung der - vom Antragsteller angeführten und vom Beigeladenen korrigierten - fehlerhaften Eingangsdaten, wird im Beschwerdevorbringen nicht ausreichend dargelegt, dass es an der Wohnung des Antragstellers im 3. Obergeschoß des Gebäudes auf Fl. Nr. 3505/6 Gemarkung W. entgegen dem Ergebnis dieses Gutachtens zu einer Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte der TA Lärm kommt. Die vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme des Dipl.-Physikers P. vom 19. November 2014 ist nicht geeignet, zu einer anderen Beurteilung zu kommen. Denn die Stellungnahme führt zahlreiche Punkte an, die sich nicht auf die Immissionsbelastung des Antragstellers auswirken bzw. nicht durch das Bauvorhaben bedingt sind (z. B. Verkehrszunahme in der Rottendorfer Straße unter Außerachtlassung der Abschirmwirkung der geplanten Gebäude, Eignung des „Platz’schen Gartens“ als Wohngebiet aufgrund darauf einwirkender Immissionen, Schallimmissionen auf das Bauvorhaben durch die Bäckerei und den Lebensmittelmarkt). Auch der angeführte Zuschlag für Straßenschluchten nach der Städtebaulichen Lärmfibel des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur des Landes Baden-Württemberg 2013 (S. 69) führt zu keiner anderen Beurteilung, da es sich bei der Bebauung in der St.-Benedikt-Straße auch unter Einbeziehung des geplanten Vorhabens nicht um eine beidseitig mehrgeschossige und geschlossene Bebauung handelt. Abgesehen davon, dass die Nordseite der St.-Benedikt-Straße zwischen den Fl. Nrn. 3644 und 3645 Gemarkung W. nicht durchgehend geschlossen ist, ist jedenfalls die Südseite der St.-Benedikt-Straße nicht mit einer geschlossenen Gebäudeflucht bebaut. Eine vom Antragsteller beanstandete fehlende Berücksichtigung wohngebietstypischer Immissionen ist weder ausreichend dargelegt noch sonst ersichtlich. Schließlich kann sich der Antragsteller auch nicht mit Erfolg auf eine durch das Bauvorhaben steigende Feinstaubbelastung wegen entfallender Bäume und verlorengehender Frischluftschneise berufen. Nach dem lufthygienischen Gutachten der Firma s. vom 11. Dezember 2013 zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Wohngebiet Platz’scher Garten“ werden - unter Berücksichtigung der zum Luftreinhalteplan W. veröffentlichten NO2-Hintergrundbelastung, der Eingriffe in den Baumbestand und der Bebauungsvarianten sowie unter Auswertung der Feinstaub-Messwerte umliegender Messstationen - die für NO2, PM10 und PM2,5 relevanten Grenzwerte der 39. BImSchV im gesamten Untersuchungsgebiet in allen beurteilungsrelevanten Bereichen eingehalten. Diesem Ergebnis wird durch den bloßen Hinweis auf die Überschreitung der Feinstaubbelastung an der ca. 200 m entfernt liegenden Messstation Süd des Landesamtes für Umwelt nicht substantiiert entgegengetreten.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 154 Abs. 3‚ § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (wie Verwaltungsgericht).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.