Verwaltungsgericht Trier Urteil, 18. Feb. 2016 - 2 K 3757/15.TR

ECLI:ECLI:DE:VGTRIER:2016:0218.2K3757.15.TR.0A
bei uns veröffentlicht am18.02.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin erstrebt mit der vorliegenden Klage weitere Eingliederungshilfe in Form der Schulbeförderung von ihrem Wohnort in B... zur privaten Grundschule St. ... in A... sowie der Gewährung einer zusätzlichen Integrationshilfe für die Zeit der Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag in der Grundschule.

2

Der Klage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

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Die Klägerin wurde am 01. Januar 2007 geboren. Ausweislich des Berichts der Tagesklinik C... für Kinder- und Jugendpsychiatrie der ... Fachklinik D... vom 21. März 2014 wurden bei der Klägerin ein Asperger-Syndrom (ICD-10: F84.5 G) sowie eine tiefgreifende Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung (ICD-10: F80.20 G) diagnostiziert. Derzeit besucht die Klägerin die zweite Klasse der privaten Grundschule ... in A..., in der sie auch die Hausaufgaben im Rahmen der allgemeinen Hausaufgabenbetreuung erledigt.

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Die Klägerin besuchte im Schuljahr 2013/2014 die erste Klasse in der Grundschule in E... Am 07. Mai 2014 beantragten die Eltern der Klägerin beim Beklagten erstmals die Gewährung von Jugendhilfe. Daraufhin fand im Juni 2014 ein Hilfeplangespräch zur Ausgestaltung der Hilfe für die Klägerin statt. Nach Erstellung eines Hilfeplans wurden der Klägerin mit Bescheid vom 04. Juni 2014 bis zu zehn Therapieeinheiten im Monat für die autismusspezifische Einzelförderung, für die Beratung der Eltern und der Bezugsperson in der Schule sowie die notwendigen Fahrtkosten des Fachpersonals des Autismus-Therapiezentrums F... zur Grundschule und zu ihrer Familie vom 01. Juni 2014 bis zum 31. Juli 2014 bewilligt. Mit Bescheiden vom 10. Juli 2014 und vom 30. Juli 2015 wurde die Therapie weiterhin bewilligt bis zum 31. Juli 2016.

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Am 09. Juli 2014 beantragten die Eltern der Klägerin über die bereits gewährten Leistungen hinaus „Integrationshilfe“. Im Rahmen des Gespräches zur Ausgestaltung der Hilfe wurde über die Frage der richtigen Beschulung der Klägerin sowie über die Möglichkeit einer Integrationshilfe gesprochen. Der Beklagte sah vor, dass eine Integrationshilfe in der Grundschule E... zum Schuljahr 2014/2015 eingesetzt werden sollte. Die Eltern der Klägerin äußerten jedoch den Wunsch, dass die Klägerin zum nächsten Schuljahr auf die integrative Grundschule ... in A... wechseln solle. Der Beklagte hatte Bedenken dagegen, die Klägerin außerhalb des sozialen Umfeldes zu beschulen. Dies sei für die Integration im sozialen Umfeld nicht ratsam. Zudem wies er darauf hin, dass die Zubringung nach A... nicht geregelt sei.

6

Die Klägerin wechselte gleichwohl die Grundschule mit Genehmigung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier auf Wunsch ihrer Eltern und wiederholte in der Grundschule ... in A... die erste Schulklasse.

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Mit Bescheid vom 03. September 2014 wurde der Klägerin Eingliederungshilfe in Form einer Integrationshilfe zur Wahrnehmung der allgemeinen Schulpflicht während der verpflichtenden Unterrichtszeiten in der Grundschule ... bewilligt. Die Integrationshilfe wurde zunächst ab dem 09. September 2014 bis zum 06. Juli 2015 gewährt. Mit Bescheid vom 14. August 2015 wurde sie aufgrund des Hilfeplans vom 06. Juli 2015 weiterbewilligt bis zum 17. Juli 2016. Zudem wurde der Klägerin für das Schuljahr 2015/2016 Integrationshilfe für bis zu einer Stunde Förderunterricht pro Woche bewilligt.

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Mit E-Mail vom 22. September 2014 beantragten die Eltern der Klägerin zusätzliche Eingliederungshilfe für die Zubringung zur privaten Grundschule. Das Schulzentrum ...unterrichte seit zehn Jahren nach dem TEACHH-Modell und sei somit für Autisten hervorragend geeignet.

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Mit Antrag vom 25. Februar 2015 und E-Mail vom 16. März 2015 beantragten die Eltern der Klägerin zudem Integrationshilfe für die Zeit der Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag. Die Hausaufgaben könne die Klägerin nicht zu Hause erledigen. Dies führe immer wieder zu Streit und Verwirrung. Die Sphären von Schule und zu Hause müssten für die Klägerin getrennt sein. In der Schule könne die Klägerin - anders als zu Hause - ihre Hausaufgaben ordnungsgemäß und zufriedenstellend erledigen. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Hausaufgabenerledigung zu Hause sei die Klägerin zwar von den Hausaufgaben befreit worden. Dies sei jedoch keine Lösung, weil sie den Stoff so nicht richtig erlerne.

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Im April wurde den Eltern der Klägerin im Rahmen eines Gespräches mitgeteilt, dass weder eine Schülerbeförderung, noch eine Integrationshilfe für die Hausaufgabenbetreuung bewilligt werden könne. Zudem wurden andere Beschulungsmöglichkeiten aufgezeigt.

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Mit Bescheid vom 22. Mai 2015 wurden die Anträge der Klägerin abgelehnt. Der Beklagte begründete die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Eingliederungshilfe sich nicht auf die Einrichtung einer Einzelbeförderung zu einer selbst gewählten Schule beziehen würde, insbesondere dann nicht, wenn andere behinderungsgerechte Beschulungsmöglichkeiten samt Beförderung angeboten würden. Die grundsätzliche Geeignetheit des Schulbesuchs in der gewählten privaten Grundschule werde nicht infrage gestellt. Allerdings habe man in zahlreichen Gesprächen mitgeteilt, dass die Beförderung zur Grundschule in A... in den eigenen Verantwortungsbereich falle.

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Auch die Gewährung von zusätzlichen Stunden der Integrationshilfe für die Zeit der Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag in der Grundschule ... sei nicht von den Leistungen der Eingliederungshilfe umfasst. Aus Sicht des Beklagten sei ein wesentliches Ziel der beantragten Hilfe die Entlastung der Eltern bzw. die Entschärfung der häuslichen Situation bei der Bearbeitung der Hausaufgaben. Es sei auch zu berücksichtigen, dass Hausaufgaben im häuslichen Umfeld bearbeitet werden sollen. Dies ergebe sich bereits aus dem Begriff „Hausaufgaben“. Für Grundschulen sei nach § 37 Abs. 1 der Schulordnung für die öffentlichen Grundschulen geregelt, dass Hausaufgaben so zu stellen seien, dass die Schülerinnen und Schüler sie ohne außerschulische Hilfe in angemessener Zeit bewältigen können. Umfang und Schwierigkeitsgrad seien dabei dem Alter und dem individuellen Leistungsvermögen der Schülerinnen und Schüler anzupassen.

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Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 15. Juni 2015 Widerspruch ein. Sie machte geltend, dass die Aufzählung der in Betracht kommenden Eingliederungshilfe in den einschlägigen Vorschriften nur beispielhaft sei. Zu den Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung gehörten somit auch Hilfen, die den behinderten Menschen den Besuch der Schule erst ermöglichen. Maßgeblich sei, ob die Beschulung auf der Grundschule ... A... „erforderlich“ sei, um ihre Teilhabe an der schulischen Bildung sicherzustellen. Alle Beteiligten hätten die Grundschule A... als besonders geeignet für die Beschulung der Klägerin angesehen. Zudem sei nicht ersichtlich, wo die Beschulung stattfinden solle, wenn nicht in der Grundschule St. Martin. Keine andere Schule in vertretbarer Nähe sei für die Beschulung der Klägerin in gleicher Weise geeignet. Auch bezüglich der Hausaufgabenhilfe verkenne der Beklagte, dass der Katalog der Hilfen nicht abschließend sei. Der Begriff der Schulbildung sei weit zu verstehen. Es seien alle Maßnahmen zur Ermöglichung der Leistung des Schulbesuches umfasst, auch die Unterstützung bei der Bewältigung der Hausaufgaben.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei Aufgabe der zuständigen Schulbehörde, zu entscheiden, welche Schulform die geeignete ist. Es handle sich hierbei nicht um eine Frage, die der zuständige Jugendhilfeträger zu beantworten habe. Für eine Überweisung an die Grundschule ... habe aus schulischer Sicht keine Veranlassung bestanden. Im Gegenteil: Die Klassenlehrerin der Klägerin in der Grundschule E... habe keine auffälligen Leistungsdefizite feststellen können und habe den Aufstieg in die zweite Klasse für unproblematisch gehalten. Die Schwierigkeiten bei der Integration im sozialen Umfeld, die Kontaktprobleme und die Schwierigkeiten bei Abweichungen vom regulären Tagesablauf würden durch den Schulwechsel nicht behoben. Die Beschulung in der privaten Grundschule sei nicht „erforderlich“ im Sinne der maßgeblichen Vorschriften. Für den Besuch in der Grundschule E... werde eine kostenlose Schülerbeförderung angeboten. Damit stehe der allgemeine sozialhilferechtliche Nachranggrundsatz der Verpflichtung zur Übernahme der Fahrtkosten entgegen. Es gebe auch keine hinreichenden oder gar zwingenden Gründe dafür, dass gerade der Besuch einer privaten Grundschule zur Erlangung einer angemessenen Schulausbildung erforderlich wäre. Die zusätzlichen Stunden der Integrationshilfe für die Zeit der Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag seien ebenfalls nicht „erforderlich“. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass die Betreuung im häuslich-familiären Bereich aus zwingenden, insbesondere pädagogischen Gründen, nicht in ähnlicher Weise möglich wäre. Zweifel an der Erforderlichkeit folgten auch daraus, dass die Eltern der Klägerin sich eine eigene Entlastung am Nachmittag durch eine zusätzliche Hausaufgabenbetreuung erhofften.

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Die Klägerin hat am 14. Dezember 2015 Klage erhoben. Sie verfolgt unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrages aus dem Verwaltungsverfahren ihr Begehren weiter. Sie trägt überdies vor, dass die Entscheidung über die Art, den Umfang und die zeitliche Dauer der Hilfe im Grundsatz maßgeblich von der Beurteilung der Notwendigkeit der Hilfe aufgrund der individuellen Situation abhänge. Dem Jugendamt stehe insoweit aber kein Beurteilungsspielraum zu. Der Beklagte habe in der schwierigen Situation die Wahl einer geeigneten Schule nicht erarbeitet und angeboten. Das Bundesverwaltungsgericht habe den Grundsatz aufgestellt, dass auch dann, wenn die Krankenkasse die Therapie bezahlt, es am Träger der Eingliederungshilfe sei, die Fahrtkosten zu übernehmen. Es liege damit auf der Hand, dass erst Recht im vorliegenden Fall, in dem der Besuch der Privatschule für die Klägerin erforderlich sei, um ihr die Teilhabe an der schulischen Bildung zukommen zu lassen, die Fahrten unumgänglich seien, um den Zweck der Teilhabe sicherzustellen. Die Begründung des Bescheides sei völlig unzureichend. Die Hausaufgabenunterstützung gehöre zweifelsfrei zu den Leistungen, die den Schulbesuch förderten. Die Erforderlichkeit der Begleitung bei den Schulaufgaben in der Schule liege - wie bei der Bewältigung des Unterrichts – auf der Hand.

16

Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 22. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2015 aufzuheben und ihn zu verpflichten, den Umfang der gewährten schulischen Integrationshilfe um die Zeiten der Hausaufgabenbetreuung zu erhöhen und den Einsatz eines Fahrdienstes zur Schule zu bewilligen.

18

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

20

Er trägt vor, dass aus schulischer Sicht keine Notwendigkeit eines Schulwechsels bestanden habe. Von keiner Seite sei vertreten worden, dass die Beschulung in E... ungeeignet sei. Die Übernahme von Fahrtkosten zur „Wunschschule“ könne daher nicht erfolgen. Die weitere Beschulung an der Grundschule E... mit Einsatz einer Integrationshilfe sei möglich gewesen. In der Schwerpunktschule C... sei der Unterricht auf die Fähigkeiten und den individuellen Förderbedarf abgestimmt. Bezüglich der Hausaufgabenhilfe trägt der Beklagte vor, dass es nicht Aufgabe der Eingliederungshilfe sei, häuslichen Aufwand zu vermeiden. Im Rahmen der Beschulung seien Hausaufgaben solche Aufgaben, die Schüler in der unterrichtsfreien Zeit bearbeiten sollen. Im Übrigen finde nunmehr eine Betreuung am Nachmittag statt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage statthafte und zulässige Klage ist unbegründet. Der Ablehnungsbescheid vom 22. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin damit nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 S.1 Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2490) geändert worden ist (VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Eingliederungshilfe in dem von ihr geltend gemachten Umfang.

23

1. Die Klägerin hat gem. § 35a Abs. 1 des Achten Buchs Sozialgesetzbuch – Kinder und Jugendhilfe – in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1802) geändert worden ist (SGB VIII), einen Anspruch auf Eingliederungshilfe, jedoch nicht über die bereits gewährte Hilfe hinaus. Hiernach haben Kinder und Jugendliche einen Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht (Nr. 1.) und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (Nr. 2.). Nach einhelliger Rechtsprechung ist das Autismus/Asperger-Syndrom als seelische Störung im Sinne des § 35a Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII einzustufen (VG Minden, Beschluss vom 25. Januar 2011 - 6 L 16/11 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 14. Mai 2003 - 19 K 3248/03 -; VG Augsburg, Urteil vom 28. April 2009 – Au 3 K 08.814 -; jeweils juris). Eine solche seelische Störung wurde hier mit ärztlichem Gutachten der Tagesklinik C... für Kinder- und Jugendpsychiatrie vom 21. März 2014 festgestellt. Der Beklagte hat aufgrund seiner Fachkompetenz auch eine Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gem. § 35a Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII festgestellt. Es ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 35a Abs. 1 SGB VIII vorliegen. Daher erbringt der Beklagte bereits Leistungen für eine Integrationshilfe und für Therapiestunden im Autismus-Therapiezentrum F... . Streitig ist lediglich der Umfang des Anspruchs der Klägerin.

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2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr mit der vorliegenden Klage konkret begehrten weiteren Hilfsmaßnahmen. Zwar können die beantragten Maßnahmen grundsätzlich im Rahmen der Eingliederungshilfe gewährt werden. Der Beklagte hat jedoch im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums unter Beachtung allgemeingültiger fachlicher Maßstäbe, ohne sachfremde Erwägungen und unter Beteiligung der Leistungsadressatin nachvollziehbar entschieden, dass die gewünschten Maßnahmen hier nicht erforderlich sind.

25

a) Die von der Klägerin beantragten Maßnahmen können im Einzelfall von der Eingliederungshilfe umfasst sein. Gemäß § 35a Abs. 3 SGB VIII richten sich Aufgabe und Ziel der Hilfe nach den §§ 54, 56 und 57 SGB XII soweit solche Bestimmungen auf seelisch Behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden. Diese Hilfe umfasst nach § 35a Abs. 3 SGB VIII i. V. m. § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII auch die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Die im Gesetz aufgeführten Leistungen sind dabei nicht abschließend. Dies ergibt sich aus der nur beispielhaften Aufzählung (vgl. BVerwG zur Vorgängernorm § 40 BSHG „vor allem“, Urteil vom 22. Februar 2007 - 5 C 32/05 -, juris Rn. 12). Vielmehr sind alle Maßnahmen einzubeziehen, die im Rahmen der Aufgabenstellung der Eingliederungshilfe geeignet und notwendig sind (vgl. m. w. N. Nothacker, in: Fieseler/Schleicher/Busch (Hrsg.), Kinder- und Jugendhilferecht, GK –SGB VIII, Aktualisierung Nr. 33, zu § 35a SGB VIII, Rn. 38). Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne dieser Vorschrift umfasst nach § 12 Nr. 1 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfeverordnung (EinglHVO) in der Fassung vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022, 3059) auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern; § 12 Nr. 2 EinglHVO umfasst Maßnahmen der Schulbildung, wenn diese erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.

26

Fahrtkosten zu einer privaten Schule können damit im Einzelfall zu den Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung gehören, die dem behinderten Menschen den Besuch der Schule erst im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglHVO ermöglichen (vgl. VG München, Urteil vom 18. April 2012 – M 18 K 12.288 -, juris Rn. 28). Die Eingliederungshilfe kann Fahrtkosten dann umfassen, wenn der Besuch einer öffentlichen Schule aus objektiven oder subjektiven schwerwiegenden Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 02. September 2003 – 5 B 259/02 -, Rn. 17; BVerwG, Urteil vom 10. September 1992 – 5 C 7/87 –, Rn. 13; LSG NRW, Urteil vom 11. Juni 2014 – L 20 SO 418/11 -, Rnrn. 48ff.; jeweils juris).

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Auch die Gewährung einer Integrationshilfe für die Zeit der Hausaufgaben kann im Einzelfall von der Eingliederungshilfe gem. § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i. V. m. § 12 Nr. 1 EinglHVO umfasst sein (VG Düsseldorf, Urteil vom 02. September 2014 – 19 K 4852/13 -, juris Rn. 45). Für die Beurteilung der „Erforderlichkeit“ ist dabei darauf abzustellen, dass die begehrte Maßnahme nicht nur „förderlich“ zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung ist (LSG NRW, Beschluss vom 15. Januar 2014 - L 20 SO 477/13 B ER -, juris Rn. 43). Die „Erforderlichkeit“ einer Integrationshilfe während der Hausaufgabenbetreuung in der Schule für die Erleichterung der Erreichung des Bildungsziels kommt dann in Betracht, wenn „die Betreuung im häuslich-familiären Bereich aus zwingenden (insbesondere pädagogischen) Gründen nicht in ähnlicher Weise möglich“ ist (LSG NRW, Beschluss vom 15. Januar 2014 - L 20 SO 477/13 B ER -, juris Rn. 48).

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b) Der Jugendhilfeträger entscheidet im Einzelfall, welche Maßnahmen konkret zu gewähren sind. Ist der Tatbestand des § 35a Abs. 1 SGB VIII – so wie es hier der Fall ist - erfüllt und besteht deshalb dem Grunde nach ein Hilfeanspruch, so steht dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart (§ 36 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII) bzw. über Art und Umfang der Hilfe (§ 36 Abs. 1 Satz 1 sowie § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII), bei der Ausgestaltung der Hilfe (§ 36 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII) und gegebenenfalls bei der Auswahl der Einrichtung oder Pflegestelle (§ 36 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII) ein Beurteilungsspielraum zu (so OVG RP, Urteil vom 26. März 2007 – 7 E 10212/07-, juris Rn. 9). Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfe handelt es sich um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses unter Mitwirkung des Kindes bzw. des Jugendlichen und mehrerer Fachkräfte, welches nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebt, jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthält, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss (OVG RP, a.a.O., m. w. N.).

29

Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob allgemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind, ob keine sachfremden Erwägungen eingeflossen sind und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind (so BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1999 - 5 C 24/98 -, Rn. 39; VGH BW, Urteil vom 09. Dezember 1996 - 7 S 310/95 -, Rnrn. 24f.; BayVGH, Beschluss vom 17. Juni 2004 - 12 CE 04.578 -, Rnrn. 16f.; jeweils juris; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 21. Aufl. 2015, zu § 114 VwGO Rnrn. 28f.). Eine solche Restriktion der gerichtlichen Kontrolle steht im Einklang mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG. In Fällen, in welchen das materielle Recht der fachlich versierten Verwaltung nämlich prognostische Entscheidungen oder eine Entscheidungsfindung in einem Prozess unter Hinzuziehung verschiedener Fachkräfte und sogar des betroffenen Bürgers abverlangt, ohne hinreichend bestimmte Vorgaben (sogenannte Entscheidungsprogramme) zu enthalten, handelt die Exekutive kraft eigener Kompetenz. Die Judikative hat diese Kompetenz zu beachten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1992 - 1 BvR 167/87 -, Rn. 55; VG Sigmaringen, Urteil vom 21. Juli 2005 – 2 K 2115/04 -, Rn. 37; jeweils juris).

30

c) Ausgehend von diesen Maßstäben hat der Beklagte unter Beteiligung der Leistungsadressatin in jedem Stadium der Hilfegewährung eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Situation erarbeitet, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar ist. In der Sachverhaltsfeststellung, der Abwägung und Wertung durch den Beklagten sind keine Mängel erkennbar, die sich auf das Ergebnis ausgewirkt haben.

31

aa) Das Hilfeplanverfahren wurde formell ordnungsgemäß durchgeführt. Am 04. Juni 2014 und am 03. Juli 2014 fanden Hilfeplangespräche statt. Das erste Gespräch diente vor allem der Definition von Zielen für die Autismus-Therapie im Autismus-Therapiezentrum in F... Anwesend waren hier neben dem Vertreter des Beklagten sowohl die Mutter der Klägerin, als auch eine Vertreterin der Autismus-Therapiezentrum F... . Das zweite Gespräch am 09. Juli 2014 diente vor allem der geeigneten Beschulung und der richtigen Rahmenbedingungen für die Klägerin. Neben dem Vertreter des Jugendamtes waren hier sowohl die Eltern der Klägerin, die Leiterin der Grundschule E..., die Schulrätin für die Grundschulen der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier, eine Integrationskraft und eine Vertreterin der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Palais e.V. anwesend. Alle maßgeblichen Belange wurden ermittelt und sind erkennbar in die Entscheidung eingeflossen.

32

Die Abwesenheit des fachkompetenten Arztes bzw. Therapeuten im Rahmen des Hilfeplanverfahrens, die nach § 36 Abs. 3 SGB VIII vorgesehen ist, hat sich auf den Hilfeplan nicht ausgewirkt (vgl. auch VG Aachen, Urteil vom 03. Juni 2014 – 2 K 2045/12 -, juris Rn. 51). Die Stellungnahme der Ärzte bzw. Psychotherapeuten gem. § 35a Abs. 1a SGB VIII beschränkt sich auf die Feststellung einer Abweichung der seelischen Gesundheit vom alterstypischen Zustand. Die Feststellung des Vorliegens einer (daraus resultierenden) Teilhabebeeinträchtigung obliegt dem Jugendamt. Insoweit kann auch die Beteiligung der Ärzte bzw. Psychotherapeuten, die § 36 Abs. 3 SGB VIII vorschreibt, nicht über diese Kompetenzen hinausgehen. Das Jugendamt alleine entscheidet bei – wie hier - feststehendem medizinischem Befund über die Erforderlichkeit der Eingliederungshilfe, die geeignete Hilfe und den jeweiligen Leistungserbringer unter Einbeziehung des Wunsch- und Wahlrechts des Leistungsberechtigten, ohne hieran gebunden zu sein (so v. Koppenfels-Spies in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 1. Aufl. 2014, § 36 SGB VIII, Rn. 61). Vor diesem Hintergrund hat sich das Fehlen des ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Sachverstandes auf die Entscheidungsfindung hinsichtlich der Hilfsmaßnahmen nicht ausgewirkt.

33

bb) Die Beurteilung des Beklagten, dass die Beschulung in der Grundschule ... und damit auch die Zubringung zu dieser Grundschule nicht erforderlich war, weil eine Beschulung in E... – im sozialen Umfeld der Klägerin - zur Verfügung gestanden hat, ist aufgrund einer ausführlichen Sachverhaltsermittlung erfolgt. Diese Beurteilung ist auch fachlich vertretbar.

34

Der Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid dargelegt, dass nach seiner Ansicht der Besuch der privaten Grundschule in A... – und damit auch der Transport hin zu dieser Schule - nicht erforderlich war, weil eine Beschulung der Klägerin in der Grundschule E... (für die es auch einen Schultransport gibt) insbesondere mit den zusätzlich gewährten Hilfeleistungen möglich gewesen wäre. Er kann bis heute keine Gründe dafür erkennen, dass für die Klägerin gerade der Besuch an der privaten Grundschule zur Erlangung einer angemessenen Schulausbildung erforderlich wäre. Aus medizinischen Gründen sei eine Beschulung in E... nicht ausgeschlossen. Der Klägerin sei ohne weiteres zuzumuten, die Grundschule in E... zu besuchen.

35

Prüfungsmaßstab ist hier, ob die geleistete Hilfe im Einzelfall erforderlich und geeignet ist, den Schulbesuch zu ermöglichen und zu erleichtern. Grundsätzlich kommen dabei – und das verkennt das Gericht nicht (vgl. oben 2. a) - alle Maßnahmen in Betracht, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSG, Urteil vom 23. August 2013 – B 8 SO 10/12 R –, juris Rn. 18). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vermittlung einer angemessenen - nicht optimalen - Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht vorrangig eine Aufgabe der staatlichen Schulverwaltung ist (VG Stuttgart, Beschluss vom 16. Februar 2015 – 7 K 5740/14 -, juris Rn. 14; VG München, Beschluss vom 21. Juli 2014 – M 18 E 14.2338, juris Rn. 46). Auf jugendhilferechtliche Eingliederungsmaßnahmen kann gleichwohl zurückgegriffen werden, um den Schulbesuch zu ermöglichen oder zu erleichtern (VGH BW, Beschluss vom 14. Januar 2003 – 9 S 2268 -, juris Rn. 5). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Eingliederungsmaßnahme darauf gerichtet sein müsste, eine optimale Schulbildung zu gewährleisten. Die Behauptung der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 19. Februar 2016, das Gericht gehe „unzulässig von einem geringeren Qualitäts- und Intensitätsniveau“ aus, ist hiernach unzutreffend. Es werden alle Maßnahmen berücksichtigt, die dem Ziel des Gesetzes – der Reintegration des behinderten Menschen – dienen. Der Hinweis der Klägerin darauf, dass die Frage des Teilhabepotentials grundsätzlich individuell zu ermitteln sei, und zwar mit einer Prognose der Entwicklung, die bei bestmöglicher Förderung sowie bestmöglicher Nutzung aller Ressourcen und Kompetenzen der Betroffenen erreichbar wäre, widerspricht dem hier angewandten Maßstab nicht. Auch die Klägerin erkennt letztlich zutreffend, dass das Ziel der Leistungen zur Teilhabe der Klägerin die ganzheitliche Förderung der persönlichen Entwicklung sowie die im Einzelfall erforderliche Unterstützung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und einer möglichst selbständigen selbstbestimmten Lebensführung ist. Es kommt hier jedoch nicht – davon scheint die Klägerin jedoch auszugehen - darauf an, ob das Konzept der privaten Grundschule für Autisten besser geeignet ist, als dasjenige einer anderen zu Verfügung stehenden Schule. Entscheidend ist hier, ob der Beklagte Hilfsmaßnahmen ergriffen hat, die geeignet und erforderlich sind, um der Klägerin eine angemessene Beschulung zu ermöglichen. Dies ist, wie sich aus den zahlreichen Stellungnahmen ergibt, der Fall.

36

Der Beklagte hat ursprünglich Hilfe für eine Beschulung in der Grundschule in E... vorgesehen. Dies hat er beispielsweise im Hilfeplangespräch vom 09. Juli 2014 gegenüber den Eltern der Klägerin geäußert. Für eine mangelnde Beschulbarkeit der Klägerin an der Grundschule E... gibt es – wie vom Beklagten festgestellt wurde - keine Anhaltspunkte. Das vom Beklagten vorgesehene Hilfsprogramm stellte eine erforderliche und geeignete Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung dar.

37

Aus dem fachärztlichen Gutachten der ... Fachklinik D... vom 21. März 2014 wurde die Beschulung der Klägerin in der Grundschule E..., an der sie zu dem damaligen Zeitpunkt die erste Klasse besuchte, nicht infrage gestellt. Es wurde lediglich der Einsatz eines Integrationshelfers empfohlen. Dieser wurde durch den Beklagten gewährt. Aus dem Bericht der Klassenlehrerin in der Grundschule E... vom 29. Mai 2014 (Bl. 32f. d. Verwaltungsakte) folgt, dass eine weitere Beschulung der Klägerin für möglich gehalten wurde. Auch ein Aufstieg in das zweite Schuljahr war zu diesem Zeitpunkt vorgesehen. Nach Auskunft der Grundschulen E... und A... hat die Klägerin auch keinen sonderpädagogischen Förderbedarf (vgl. Bl. 175f. d. Verwaltungsakte). Der Bericht des Autismus-Therapiezentrums F... vom 02. Juli 2015 (Bl. 300f. d. Verwaltungsakte), in dem die Situation der Klägerin in der Grundschule E... beschrieben wird, zeigt zwar, dass sich diese ohne Integrationshilfe im Unterricht nicht gut zurechtfand; dies bedeutet jedoch nicht, dass eine angemessene Beschulung der Klägerin mit Hilfsmaßnahmen, welche ursprünglich explizit für die Grundschule E... vorgesehen waren, nicht möglich und erfolgversprechend gewesen wäre. Im Gutachten der Tagesklinik C... für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Tagesklinik D... vom 08. Januar 2016 (Bl. 60 Gerichtsakte) wurde eine positive Entwicklung in den letzten 1,5 Jahren festgestellt, die auf die Nutzung umfangreicher Hilfsangebote – und damit zumindest nicht explizit auf die Beschulung in A... - zurückgeführt wird. Das Gutachten hebt hervor, dass ein Schulwechsel sicherlich eine ganz erhebliche Verschlechterung und Destabilisierung ihres Zustandes zur Folge hätte. Daher wird empfohlen, die Beschulung in A... fortzuführen. Aus dieser Beurteilung lässt sich jedoch nicht schlussfolgern, dass die Beschulung in der Grundschule E..., so wie sie im Hilfeplan vom 09. Juli 2014 durch den Beklagten vorgesehen worden war, ungeeignet gewesen wäre. Das umfangreiche Hilfsangebot in Form der Autismustherapie und der Gewährung eines Integrationshelfers hätte auch an dieser Schule flankierend stattfinden und funktionieren können. Es ist wegen der eigenmächtigen Beschaffung der Hilfe durch die Eltern nicht darauf abzustellen, ob nunmehr ein Schulwechsel schaden würde, sondern ob das von dem Beklagten entwickelte Konzept tragfähig gewesen wäre.

38

cc) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Integrationshilfe am Nachmittag. Der Beklagte geht davon aus, dass die „Erforderlichkeit“ einer Integrationshilfe während der Hausaufgabenbetreuung in der Schule nicht erforderlich war, weil die Betreuung im häuslich-familiären Bereich in ähnlicher Weise möglich war. Die Erwägungen des Beklagten sind im Ergebnis zutreffend.

39

Zunächst geht der Beklagte in seinem Ausgangsbescheid vom 22. Mai 2015 – fehlerhaft - davon aus, dass Integrationshilfe für die Hausaufgaben grundsätzlich nicht gewährt werden könne. Wie jedoch bereits dargelegt wurde (vgl. 2. a), können im Rahmen des § 12 Nr. 1 EinglHVO alle Maßnahmen erbracht werden, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hat der Beklagte zutreffend erkannt, dass die Hilfe zur Bewältigung der Hausaufgaben grundsätzlich einen Teil der Eingliederungshilfe darstellen kann.

40

Der Beklagte hält jedoch die Maßnahme im Einzelfall nicht für „erforderlich“, um der Klägerin den Schulbesuch zu ermöglichen oder zu erleichtern. Das Ergebnis seiner Beurteilung hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Er hat die Integrationshilfe für die Zeit der Hausaufgabenbetreuung unter anderem verweigert, weil er zunächst davon ausgegangen ist, Ziel der beantragten Hilfe sei die Entlastung der Eltern bzw. die Entschärfung der häuslichen Situation bei der Bearbeitung der Hausaufgaben. Zudem hielt er es für eine Aufgabe der Autismustherapie, die auch die Eltern miteinbezieht, die Klägerin in die Situation zu versetzen, ihre Hausaufgaben bewältigen zu können.

41

Zunächst ist es zutreffend, dass zumindest auch die Entlastung der familiären Situation eine Triebfeder für das Begehren der Klägerin ist. Dies wird unter anderem bestätigt durch die Beschreibungen der Eltern (E-Mail vom 16.03.2015, Bl. 224f. d. Gerichtsakte) sowie insbesondere durch das Schreiben der Grundschule ... vom 10. März 2015 (Bl. 78 d. Gerichtsakte), wonach diese den Wunsch der Eltern für eine Inklusionskraft am Nachmittag unterstützt „um die familiäre Situation zu entlasten“. Ziel der Eingliederungshilfe ist es jedoch nicht, die Familie zu entlasten. Entscheidend ist hier, dass die gewünschte Trennung von Schule und Zuhause für die Klägerin faktisch gegeben ist. Inwiefern der Beklagte sich ausreichend mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob die Klägerin krankheitsbedingt ihre Hausaufgaben im schulischen Umfeld ausüben muss, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen. Infolge der eigenen Entscheidung der Eltern zum Schulwechsel konnte das vom Beklagten entwickelte Gesamtförderungskonzept bei einer Beschulung in E... nicht erprobt werden. Es ist daher nicht so, dass ohnehin denknotwendig am Nachmittag eine Betreuung in der Schule oder auch sonst mit einem Integrationshelfer hätte stattfinden müssen. Nachdem die Klägerin nunmehr ihre Hausaufgaben im Rahmen der Hausaufgabenbetreuung in der Schule erledigen darf, stellt sich das Problem nunmehr anders. Die gewünschte und unter Umständen auch erforderliche Trennung der Sphären Schule und Zuhause ist aufgrund der Möglichkeit der Teilnahme an der Hausaufgabenbetreuung in der privaten Grundschule gewährleistet.

42

Der Bedarf nach einer weiteren Hilfe für die Zeit der Hausaufgaben am Nachmittag in der Schule wurde seitens der Klägerin nicht überzeugend dargelegt. Die Problematik, Hausaufgaben könnten im häuslichen Umfeld aufgrund der Erkrankung nicht erledigt werden, besteht aktuell nicht mehr. Ein weiterer Hilfebedarf ist nicht nachvollziehbar, weil sich die Klägerin in der aktuellen Situation angemessen entwickelt. Im ergotherapeutischen Verlaufsbericht vom 12. Januar 2016 (Bl. 79 f. d. Gerichtsakte) wird festgestellt, dass die Klägerin „ihr Potential aufgrund der familiär gestalteten Schulsituation entfalten“ kann. Das Autismus-Therapiezentrums F... stellt in seinem Bericht vom 13. Januar 2016 (Bl. 76f. d. Gerichtsakte) fest, dass die Klägerin sich schulisch gut entwickelt und in der Hausaufgabensituation an Sicherheit gewonnen habe.

43

Sofern ein weiterer Bedarf an Hilfe bei der Bewältigung der Hausaufgaben besteht, war es vor dem Hintergrund der guten Entwicklung der Klägerin fachlich vertretbar, die Hilfe im Rahmen der Autismustherapie durch das Autismus-Therapiezentrum F... als ausreichend zu beurteilen. Die Therapie dient unter anderem dazu, die Klägerin und ihre Familie in die Lage zu versetzen, die Hausaufgabensituation angemessen zu bewältigen. Zutreffend geht der Beklagte daher davon aus, dass der Einsatz eines Integrationshelfers am Nachmittag nicht erforderlich ist.

44

3. Nach alldem war die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Eltern der Klägerin nicht geboten. Der Klägerin ist umfassend rechtliches Gehör gewährt worden. Der verfassungsrechtlich verankerte Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) erfordert, dass die Äußerungen der Beteiligten ernsthaft zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden (BVerfG, Urteil vom 22. November 1983 – 2 BvR 399/81 –, Rn. 11; BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1996 - 1 BvR 55/96 -, Rn. 4; jeweils juris). Die Klägerin hatte die Gelegenheit, sich umfassend zur Sach- und Rechtslage zu äußern. Ihre Äußerungen wurden zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Es war und ist nicht erkennbar, dass bestimmte rechtserhebliche Ausführungen nur von den Eltern der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung hätten gemacht werden können. Es ist nicht die Aufgabe des Gerichts, durch eine Anordnung des persönlichen Erscheinens eines der Beteiligten die Grundlage für eine Urlaubsgewährung durch deren Arbeitsgeber zu schaffen. Es liegt gem. § 87 Abs. 1 Nr. 5 VwGO im Ermessen des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, das persönliche Erscheinen der Beteiligten anzuordnen (Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 21. Aufl. 2015, zu § 87 Rn. 2). Die Anordnung des persönlichen Erscheinens dient unter anderem der Klärung des Sachverhalts, der Beschleunigung des Verfahrens oder der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits (Schenke, a.a.O., Rn. 5). Das Ermessen wurde dahingehend ausgeübt, dass das persönliche Erscheinen der Eltern der Klägerin hier nicht für notwendig befunden wurde. Dem lag die Erwägung zugrunde, dass die Situation der Klägerin nach Aktenlage aufgrund zahlreicher Gutachten umfänglich ermittelt wurde. Zudem wird die Klägerin durch eine Prozessbevollmächtigte vertreten, die zur Sach- und Rechtslage vortragen konnte und dies auch getan hat. Das persönliche Erscheinen des Behördenvertreters wurde im Übrigen ebenfalls nicht gerichtlich angeordnet. Seine Anwesenheit war gleichwohl sachdienlich, weil sie die weitere Erläuterung und Überprüfung derjenigen Beurteilungen ermöglichte, die er im Rahmen des Hilfeplanverfahrens angestellt hat.

45

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1, § 188 S. 2 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der ZPO.

46

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V .m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO nicht vorliegen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

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Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e

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(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn 1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und2. daher ihre Teilhabe am Leben in d

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 27 Hilfe zur Erziehung


(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe f

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 36 Mitwirkung, Hilfeplan


(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwickl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 87


(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter hat schon vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Er kann insbesondere1.die Beteiligten

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Tenor Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger durch Reduzierung des Klageantrages konkludent die Klage zurückgenommen hat. Die Beklagte wird unter teilweiser entsprechender Aufhebung ihres Bescheides vom 22. Mai 2013 verpflichtet, dem Kläg

Landessozialgericht NRW Urteil, 11. Juni 2014 - L 20 SO 418/11

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Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 verurteilt, die Kosten des B

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Tenor Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit überein-stimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Beklagte 1. unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 18. Juli 2012 verpflichtet, de

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Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 21. Juli 2005 - 2 K 2115/04

bei uns veröffentlicht am 21.07.2005

Tenor Der Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 15. September 2004 und dessen Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2004 werden aufgehoben, soweit sie der Übernahme der Kosten einer weiteren Einheit pro Woche Legasthenietherapie entgegenstehen.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 verurteilt, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin seit August 2010 zu übernehmen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge. Die Revision wird zugelassen.


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Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger durch Reduzierung des Klageantrages konkludent die Klage zurückgenommen hat.

Die Beklagte wird unter teilweiser entsprechender Aufhebung ihres Bescheides vom 22. Mai 2013 verpflichtet, dem Kläger Eingliederungshilfe in Form einer Integrationshilfe während seiner Teilnahme am Angebot der Offenen Ganztagsschule an der G.           -Schule für den Zeitraum entsprechend dem Beschluss der Kammer vom 26. Juli 2013 - 19 L 1042/13 - zu bewilligen.

Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.


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(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Der Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 15. September 2004 und dessen Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2004 werden aufgehoben, soweit sie der Übernahme der Kosten einer weiteren Einheit pro Woche Legasthenietherapie entgegenstehen.

Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Bewilligung weiterer Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII.
Der Kläger ist 13 Jahre alt. Im Januar 2003 beantragten seine Eltern für ihn Eingliederungshilfe wegen seiner Lese - und Rechtschreibeschwierigkeiten. In einem Befundbericht der den Kläger behandelnden Jugendpsychiaterin vom 14.05. 2003 wird unter anderem ausgeführt, dass der Kläger seit Schulbeginn große Probleme in der Rechtschreibung und im Lesen habe. Es sei eine Legasthenie und eine Aufmerksamkeitsstörung zu diagnostizieren. Der Kläger zeige sich innerhalb der testdiagnostischen Settings sehr still und in sich gekehrt. Es sei nicht möglich, mit ihm in eine Beziehung zu treten. In der Interaktion wirke er verhärtet, wenig lebendig und unbeholfen. Es zeige sich, dass es ihm schwer falle, Gefühlsqualitäten wahrzunehmen und zu benennen. Es falle ihm schwer, die richtigen Worte zu finden. Er spreche nur auf Aufforderung und auch dann nur das Nötigste. Es fehle ihm an Anstrengungsbereitschaft. Lob und Aufforderungen erreichten ihn nicht. Er wirke immer wieder wie weggetreten. Er arbeite verlangsamt. Er arbeite manchmal systematisch. Manchmal arbeite er aber nach der Methode Trial and Error.
Der Kläger wirke und verhalte sich deutlich jünger als er sei. Er sei sehr einsilbig und ernst. Er sprechen sehr leise. Er spreche unaufgefordert kein Wort. Auf viele Fragen scheine er nicht in der Lage, zu antworten. Er sei auch nicht in der Lage, über Dinge längere Zeit nachzudenken. Insgesamt sei festzustellen, dass der Kläger ein intellektuelles Leistungsniveau im unteren Durchschnittsbereich aufweise. Das Ergebnis des Intelligenztests spreche für das Vorliegen einer Aufmerksamkeitsstörung des Träumertyps. Teilweise sei er abwesend. Es müsse dabei von einer schweren Legasthenie gesprochen werden. Es falle bei dem Kläger auch eine fehlende Differenzierungsfähigkeit im Sprachbereich auf.
Mit Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 29.07.2003 wurde dem Kläger Eingliederungshilfe für die Kosten einer Legastheniebehandlung für maximal zwei Einheiten pro Woche bewilligt. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens stellte der Beklagte fest, dass bei dem Kläger eine schwere Legasthenie und eine Aufmerksamkeitsstörung festgestellt worden sei. Dies äußere sich als emotionale und körperliche Starrheit. Der Hilfebedarf werde durch § 35a SGB VIII abgedeckt.
Die Eltern des Klägers beantragten Anfang 2004 die Weiterbewilligung der Maßnahme.
Im Rahmen der Überprüfung der Weiterbewilligung erklärte die Therapeutin des Klägers mit Schreiben vom 28.12.2003, dass die Therapie darauf ausgerichtet sei, den Kläger dabei zu unterstützen, einen Text selbstständig zu erlesen, Sätze zu formulieren und das Schriftbild zu verbessern. Die Verbesserungen der Koordination von Auge und Hand sei ein wichtiges Ziel gewesen. Der Kläger habe auf Grund seiner Linkshändigkeit und der nicht geübten Handhaltung nicht lesbar schreiben können. Sowohl die Leseleistungen als auch die Schreibleistung hätten sich erheblich verbessert. Die ersten erfolgreichen Schritte würden darauf hinweisen, dass der Kläger in der Lage sein werde, wie andere Kinder seines Alters zu lesen und zu schreiben. Hierzu müsse er seine jetzt erkennbaren Defizite kompensieren. Er habe es dabei deswegen schwer, weil er bei Beginn der Therapie schon in der sechsten Klasse gewesen sei und keinerlei Förderung erhalten habe. Er müsse auch lernen, den logischen Aufbau einer schriftlichen Mitteilung zu verstehen, um selbstständig Texte zu verfassen.
Der Kläger habe Erfolg. Deswegen sei er auch belastbar. Er sei motiviert, weil er einen Beruf erlernen wolle, zudem eine Ausbildung benötige. Er merkte, dass er richtig lesen und schreiben lernen könne. Er sei hoch motiviert und in der Therapie belastbar. Das Lesen stehe zur Zeit im Mittelpunkt der Therapie. Er habe sichtlich Freude daran, durch Lesen selbstständig Wissen zu erwerben. Die Eltern würden den Kläger die nötige Orientierung geben. Ohne die Unterstützung der Eltern würden die Therapie längere Zeit in Anspruch nehmen. Das Elternhaus würde ihn sehr unterstützen. Weil er mit deren Hilfe seine Freizeitinteressen verwirklichen könne, sei er auch bereit, sich beim Erwerb der Lese- und Schreibfertigkeiten sehr anzustrengen. Die Klassenlehrerin bestätige die Lernerfolge. Mit ihr sei vereinbart, dass der Kläger jetzt aufgefordert werde, im Unterricht laut vorzulesen. Das Selbstbewusstsein des Klägers habe sich verbessert. Er sei nun der Meinung, den Hauptschulabschluss schaffen zu können. Wirklich stabil wäre er jedoch erst dann werden, wenn er merkte, dass seine Leistungen den schulischen Anforderungen entsprechen würden. Deswegen müsse die Therapie dringend fortgesetzt werden.
In einem Schulbericht vom 22.12. 2003 wurde ausgeführt, dass seit Beginn der Förderung eine deutliche Erhöhung in der Motivation zur Mitarbeit im Fach Deutsch festzustellen sei. Auch in Mathematik gebe es eine Verbesserung. Dort sei nun der Leistungswille vorhanden. In den anderen Fächern gebe es mehr mündliche Beiträge durch den Kläger. Insgesamt sei ein wichtiges Selbstvertrauen festzustellen. Auch würde er Hausaufgaben häufiger erledigen. Der Kläger beiße sich durch. Er sei auch nicht mehr der Stille in der Klasse. Er gehe aus sich heraus. Aus Sicht der Schule sei die außerschulische Förderung weiterhin nötig. Er müsse außerschulisch an die Leistungen der Klasse herangeführt werden.
Mit Schreiben vom 30.01.2004 teilte das Landratsamt Bodenseekreis den Eltern des Klägers mit, dass es grundsätzlich Aufgabe der Schule sei, Schüler mit besonderen Schwächen zu fördern. In Schulamtsbereich des Bodenseekreises gebe es ausreichend Wahlmöglichkeiten für Legastheniebetroffene. Aufgrund der Nachrangigkeit der Jugendhilfe seien schulischen Förderungsmöglichkeiten vorrangig in Anspruch zu nehmen. Daher sei beabsichtigt, den Antrag auf Weiterbewilligung abzulehnen.
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Daraufhin trug der Kläger vor, dass dringend eine Einzeltherapie benötigt werde, um die Legasthenie soweit in den Griff zu bekommen, dass er eine seiner Intelligenz entsprechende Schulausbildung abschließen können. Dies bestätigten auch die Lehrer des Klägers. In einer weiteren Stellungnahme der Schule des Klägers führte der Betreuer für Lese- und Rechtschreibeschwächen der Schule aus, dass die Einzelfallmaßnahmen durch die Schule nicht übernommen werden könnten. Sie fielen in den Kompetenzbereich von Ärzten und Therapeuten.
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In einem Aktenvermerk des Sozialen Dienstes des Beklagten vom 26.03.2004 wird ausgeführt, dass eine positive Entwicklung bei dem Kläger festzustellen sei. Die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sei nun nicht mehr beeinträchtigt. Nach Angaben der Mutter fühle sich der Kläger im Klassenverband wohl. Es gebe auch Kontakt zu einem kleinen Kreis von Klassenkameraden außerhalb der Schule. Er trainiere auch zwei Mal in der Woche im Fußballverein. Er sei mit keinen Ausgrenzungserlebnissen mehr konfrontiert. Es gebe allerdings auch die ADS-Problematik. Er sei auf einer Warteliste für das ADS-Elterntraining. Es liege ein Teil der Voraussetzungen, nämlich die Teilhabebeeinträchtigung, des § 35a SGB VIII nicht mehr vor. Eine abschließende Beurteilung sei dem Sozialen Dienst nicht möglich.
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Mit Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 07.04.2004 wurde der Antrag auf Übernahme der weiteren Kosten gem. § 35a SGB VIII für die Legastheniebehandlung des Klägers abgelehnt. Es sei grundsätzlich Aufgabe der Schule, heißt es in der Begründung des Bescheides, Teilleistungsschwächen aufzufangen und Schüler zu fördern. Es sei festzustellen, dass in der bisherigen Therapie deutliche Fortschritte erzielt worden sein. Die noch vorhandenen Leistungsschwächen beeinträchtigten den Kläger bei einer Teilhabe am Leben der Gesellschaft nicht mehr. Der Kläger sei in den Klassenverband integriert. Auch im Fußballverein sei er integriert.
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Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 06.05.2004 Widerspruch ein, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er weiterhin an einer schweren Legasthenie und eine Aufmerksamkeitsstörung leide. Zwar hätten sich die Beschwerden gebessert. Jedoch sei er im Vergleich zu Kindern seines Alters immer noch erheblich benachteiligt. Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sei bedingt durch die Legasthenie, die Aufmerksamkeitsstörung und die auditiven Wahrnehmungsstörungen sehr beeinträchtigt. Es sei weiterhin schwierig, mit ihm in Beziehung zu treten. Er sei sehr schweigsam und mache einen wenig lebendigen Eindruck.
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In einer Stellungnahme der Therapeutin des Klägers vom 13.08.2004 heißt es, dass die Therapie erfolgreich verlaufe. Das Selbstbewusstsein des Klägers habe sich verbessert. Er könne besser lesen und beim Schreiben die Hand besser steuern. Er könne orthographische Regeln nunmehr umsetzen. Die Hör- und Gedächtnisspanne sei bei ihm sehr gering. Durch die therapeutischen Fortschritte habe er schulische Erfolge. Die Leistungen seien stabilisiert. Neuerdings lasse er sich auch auf kurze Dialoge ein. Zur Zeit sei er jedoch zusätzlich belastet, weil sich seine Eltern trennen würden. Die Mutter sei in den Therapieprozess einbezogen. Sie machte ihm Mut. Die positive Entwicklung könne er nur dann aufrechterhalten, wenn er weiterhin die notwendige Unterstützung erhalte. Dazu gehöre ein Therapieprogramm, dass es ihm ermögliche, seine auditive Wahrnehmung zu verbessern. Das begonnene Programm müsse im nächsten Schuljahr deswegen fortgesetzt werden. Wenn er weiterhin unterstützt werde, könne er den Hauptschulabschluss erlangen. Die Therapie sei fortzusetzen.
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In einer weiteren Stellungnahme des Sozialen Dienstes vom 09.09.2004 heißt es, dass sich die Teilhabefähigkeit des Klägers nunmehr in einem etwas anderen Licht darstellen. Folge man den Angaben des Anwaltschreibens, sei davon auszugehen, dass die Teilhabebeeinträchtigung bei Abbruch der Hilfe wieder auftrete. Er sei noch nicht wirklich in der Lage, Kontakt zu halten und aufzubauen. Daher gehe der Soziale Dienst nunmehr davon aus, dass die Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt seien.
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Mit Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 15.09.2004 wurde dem Kläger die Übernahme der Kosten für die Legastheniebehandlung für die Zeit vom 01.01.2004 bis 12.09.2004 mit maximal zwei Einheiten pro Woche und für die Zeit vom 13.09.2004 bis 31.12.2004 mit maximal einer Einheit pro Woche bewilligt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bewilligungsvoraussetzungen nach § 35a Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII vorlägen. Es sei jedoch grundsätzlich Aufgabe der Schule, Schüler mit besonderen Schwächen zu fördern. Ab dem 1.1.2005 sei vorrangig das ADS Elterntraining in Anspruch zu nehmen.
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Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 06.10.2004 Widerspruch ein. Er beantragte, dem Widerspruch insoweit abzuhelfen, als auch weiterhin eine Förderung von zwei Einheiten pro Woche zu übernehmen sei. Er legte eine Stellungnahme der Schule vom 23.07.2004 vor. Nach dieser weist der Kläger Verbesserungen bei schriftlichen Arbeiten im Fach Deutsch auf. Jedoch entspreche sein Leistungsstand nicht dem Niveau der sechsten Klasse. In Mathematik habe er erhebliche Schwierigkeiten bei Textaufgaben. Es gebe zwar mehr mündliche Beiträge. Sie seien aber immer noch selten. Im zweiten Schulhalbjahr sei er häufiger in Konflikte verwickelt worden. Dabei habe er immer wieder aufbrausend reagiert. Er brauche weiterhin eine intensive Einzelförderung, um an den klassengemäßen Leistungsstand herangeführt werden.
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Mit Widerspruchsbescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 20.10.2004 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Das Jugendamt sehe nicht mehr den Hilfebedarf im bisherigen Umfang. Es möge zwar sein, dass der Kläger noch an Legasthenie leide. Jedoch sei die Teilhabe am Leben der Gesellschaft nicht mehr bedroht. Ab Januar 2005 stehe das ADS-Training im Vordergrund.
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Am 20.11.2004 hat der Kläger nunmehr Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass der Umfang der Therapie im Rahmen der Jugendhilfeplanung mit der Therapeutin abgestimmt worden sei. Ohne sachlichen Grund oder Angabe einer Begründung sei dann nur noch eine Stunde bewilligt worden. In einer vorgelegten Stellungnahme der Therapeutin vom 20.03.2005 heißt es u. a., dass der Kläger in der Zeit vom 13.09.2004 bis zum 31.12.2004 zwei Therapieeinheiten pro Woche in Anspruch genommen habe. In der fünften Klasse der Hauptschule habe der Kläger praktisch nicht lesen können. Der Kläger sei ein echter Legastheniker. Ohne Förderung sei er nach wie vor nicht in der Lage, die schulische Laufbahn zu beenden und einen Abschluss zu schaffen. Zwei Stunden Förderung sei knapp bemessen; die weitere Kürzungen sei für sie überraschend. Er bedürfe weiterhin der zweistündigen Förderung. Er leide unter einem schwachen Selbstbewusstsein. Das Selbstbewusstsein sei durch die Therapie stabilisiert. Mit einer bloß einstündigen Förderung ließe sich dies nicht erreichen. Es drohe, dass das Selbstbewusstsein wieder geschwächt werde.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger für den Zeitraum vom 13. September 2004 bis 31. Dezember 2004 die Übernahme der Kosten einer weiteren Einheit pro Woche Legasthenietherapie zu bewilligen und den Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 15. September 2004 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 20. Oktober 2004 aufzuheben, so- weit sie dem entgegenstehen.
22 
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
24 
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Übernahme einer der die Einheit pro Woche geeignet und notwendig sei, den erforderlichen Hilfe bedarf zu decken. Die bisherige Hilfe sei alleine nicht geeignet, den Hilfebedarf zu decken. Es sei so, dass vor allem der Umgang mit den Aufmerksamkeitsproblemen den Kläger daran hindere, adäquate soziale Kontakte zu gestalten. Die Eltern hätten in dieser Richtung nicht die möglichen Angebote wahrgenommen, obwohl sie darüber informiert worden wären. Der Beklagte legte eine Stellungnahme des Sozialen Dienstes vom 25.11.2004 vor, nach welcher die Therapeutin des Klägers in einem Hilfeplangespräch vom 17.11.2004 betont habe, dass sich die Ausgangslage zu Beginn der Therapie als sehr schwierig dargestellt habe. Es seien erhebliche Fortschritte erzielt worden, die den Kläger aber noch nicht auf das angestrebte Niveau geführt hätten. Den Fortschritten im Leistungsbereich stünden die kaum sichtbaren Fortschritte im Sozialbereich gegenüber. Aus den Unterlagen werde deutlich, dass vor allem der Umgang mit den Aufmerksamkeitsproblemen das Problem des Klägers sei. Eine Reduzierung der Therapiestundenzahl auf eine Einheit pro Woche und somit die Möglichkeit, zusätzlich notwendige Hilfeangebote wahrzunehmen, scheine geeignet und notwendig, den Hilfebedarf zu decken.
25 
Im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte die Beklagtenvertreterin unter anderem, dass das Vorliegen des Tatbestandes des § 35a SGB VIII außer Frage stünde. Es sei bei der Entscheidung darum gegangen, die Legasthenietherapie zugunsten der ADS-Therapie zurückzufahren.
26 
Dem Gericht lagen die Behördenakten (1 Band) vor. Auf diese wird wegen der weiteren Einzelheiten ebenso verwiesen wie auf die Gerichtsverfahrensakten.

Entscheidungsgründe

 
27 
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
28 
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass der Kläger die Bewilligung von Leistungen für einen Zeitraum begehrt, der teilweise nach der Zustellung des insoweit ablehnenden Widerspruchbescheids liegt. Zwar ist ein Hilfeanspruch in einem Rechtsstreit um die Gewährung von Jugendhilfe ebenso wie von Sozialhilfe regelmäßig nur im Zeitraum bis zur letzten Verwaltungsentscheidung, also bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides, Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt aber dann, wenn die Behörde den Hilfefall statt für den dem Bescheid nächstliegenden Zahlungszeitraum für einen längeren Zeitraum geregelt hat. Während eine Dauerbewilligung nicht in Betracht kommt und demgemäß auch Leistungen der Jugendhilfe nicht für alle Zukunft zugesprochen werden können, ist eine Bewilligung für längere Zeitabschnitte nicht ausgeschlossen, sondern im Interesse der Effektivität der Hilfegewährung in besonders gelagerten Fällen unter Umständen sogar angezeigt. So liegt der Fall hier. Der Beklagte hat in seinem Bewilligungsbescheid vom 15.09.2004 den Zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2004 abschließend regeln wollen. Daher kann der Kläger mit der Verpflichtungsklage seine geltend gemachten Ansprüche für diesen Regelungszeitraum zulässigerweise verfolgen.
29 
Die Klage ist auch teilweise begründet. Die Ablehnung der durch den Kläger begehrten Bewilligung der Kostenübernahme für eine weitere Therapieeinheit im Zeitraum vom 13.09.2004 bis zum 31.12.2004 erweist sich als rechtswidrig. Allerdings hat der Kläger keinen Anspruch auf den begehrten Verwaltungsakt. Er hat jedoch einen Anspruch auf eine fehlerfreie Befassung des Beklagten mit seinem Begehren, wobei dem Beklagten ein nicht voll gerichtlich nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zukommt. Daher ist der Beklagte zu verpflichten, erneut über den klägerischen Antrag zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).
30 
Die Rechtswidrigkeit der in dem Bescheid vom 15.09.2004 inzident ausgesprochenen Ablehnung einer weitergehenden Bewilligung der Kostenübernahme für die Legasthenietherapie ergibt sich daraus, dass der Beklagte weder den gesamten entscheidungserheblichen Sachverhalt im erforderlichen Maße ermittelt hat noch den einzelnen Gesichtspunkten in seiner pädagogischen Abwägungsentscheidung das zutreffende Gewicht hat zukommen lassen.
31 
Der grundsätzliche Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe nach dem SGB VIII folgt aus § 35a Abs. 1 SGB VIII. Nach dieser Vorschrift in ihrer Fassung vom 19.06.2001 (BGBl I, 1046) haben Kinder und Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht (Nr.1) und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (Nr. 2).
32 
Die seelische Gesundheit des Klägers weicht unstreitig länger als sechs Monate von dem für sein Lebensalter typischen Zustand ab. Er leidet jedenfalls an Legasthenie (ICD-10 F 81.0). Diese unter anderem im Befundbericht der Jugendpsychiaterin Dr. H vom 14.05.2003 gestellte Diagnose ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Ob darüber hinaus auch noch eine Aufmerksamkeitsstörung oder eine zentrale visuelle und auditive Verarbeitungsstörung vorliegt, ist für die Erfüllung des Tatbestands des § 35a Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII nicht von Relevanz.
33 
Der Kläger ist auch aufgrund der seelischen Störung an der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt oder von einer solchen Beeinträchtigung bedroht. Dieses Tatbestandsmerkmal ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, was schon daran zu erkennen ist, dass für den streitgegenständlichen Zeitraum Eingliederungshilfe bewilligt worden ist und nur der Umfang der Hilfeleistung im Streit ist. Darüber hinaus hat das Gericht aber auch keinen Zweifel daran, dass bei dem Kläger eine Teilhabebeeinträchtigung vorliegt. Sowohl das Auftreten des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung als auch die vorgelegten fachlichen Stellungnahmen lassen erkennen, dass der Kläger erhebliche Kontaktprobleme und -ängste aufweist. Dass diese zumindest auch auf die zweifelsfrei festgestellte Legasthenie zurückzuführen ist, ergibt sich ebenfalls aus den vorgelegten Unterlagen.
34 
Ist der Tatbestand des § 35a Abs. 1 SGB VIII erfüllt, so ist der Träger der Jugendhilfe zur Hilfeleistung verpflichtet. Ihm kommt bei der Frage, wie Hilfe zu leisten ist, allerdings ein Beurteilungsspielraum zu, der durch das Gericht nicht vollständig kontrolliert werden kann. Dieser Beurteilungsspielraum folgt aus dem Umstand, dass die Entscheidung über Art und Ausmaß der zu leistenden Hilfe mit einem Hilfeplan bestimmt und koordiniert werden soll, wobei Fachkräfte in Zusammenwirken mit dem Jugendlichen und dessen Personensorgeberechtigten bei der Aufstellung kooperativ mitzuwirken haben (vgl. § 36 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Bei der Bewilligung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII soll darüber hinaus ein Arzt, der über besondere Erfahrungen in der Hilfe für Behinderte verfügt, beteiligt werden, § 36 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII. Angesichts der Tatsache, dass die Entscheidung über Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfeart das Ergebnis dieses kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses darstellt, das einen Anspruch auf objektive Richtigkeit nicht erhebt und nicht erheben kann, jedoch eine angemessene Lösung zur festgestellten Belastungssituation enthält, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss, ist hier von einem gerichtlich nicht voll überprüfbaren Beurteilungsspielraum auszugehen (BVerwG, Urt. v. 24.06.1999 - 5 C 24/98 -, BVerwGE 107, 155 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 09.12.1996 - 7 S 310/95 -, NDV-RD 1997, 133 ff.; BayVGH, Beschl. v. 17.06.2004 - 12 CE 04.578 -, JAmt 2004, 545 f.; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 11.05.2000 - 12 A 12335/99 -, ZfJ 2001, 23 ff.; Wiesner in: Wiesner/Mörseberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, 2. Aufl. 2000, § 36 Rn. 47).
35 
Eine wiederholt in Entscheidungen der Gerichte und Stellungnahmen der Literatur als Gegenansicht hierzu angeführte Entscheidung des 2. Senats des VGH Baden-Württemberg vermag die Kammer nicht als solche zu erkennen. In dem Urteil vom 08.11.2001 (2 S 1198/99 -, NVwZ-RR 2002, 581 ff.) ist entschieden worden, dass der Behörde bei der Frage der Geeignetheit einer Maßnahme nach § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII kein Beurteilungsspielraum eröffnet sei. Die Frage, wie dies allgemein bei der Aufstellung eines Hilfeplans nach § 36 SGB VIII und der darauf fußenden Entscheidung zu beurteilen ist, hat der Senat ausdrücklich offen gelassen.
36 
Gerichtlich zu überprüfen ist eine von einem Beurteilungsspielraum geprägte Entscheidung dahingehend, ob gemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind, ob keine sachfremden Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und ob die an der Entscheidungsfindung zu Beteiligenden tatsächlich in angemessener Weise beteiligt worden sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1999 - 5 C 24/98 -, a.a.O.; Wiesner in: Wiesner/Mörseberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, 2. Aufl. 2000, § 36 Rn. 50).
37 
Eine solche Restriktion der gerichtlichen Kontrolle steht im Einklang mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG. In den Fällen, in welchen das materielle Recht der Verwaltung nämlich prognostische Entscheidungen oder eine Entscheidungsfindung in einem Prozess unter Hinzuziehung verschiedener Fachkräfte und sogar des betroffenen Bürgers abverlangt, ohne hinreichend bestimmte Vorgaben - Entscheidungsprogramme - zu enthalten, handelt die Exekutive insoweit kraft eigener Kompetenz. Diese Kompetenz ist auch durch die Judikative zu beachten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.12.1992 - 1 BvR 167/87 -, BVerfGE 88, 40 ff.).
38 
In Anwendung dieses gerichtlichen Kontrollmaßstabs erweist sich die Ablehnung der Bewilligung einer zweiten Therapieeinheit je Woche ab dem 13.09.2004 als rechtswidrig. Es sind gemeingültige fachliche Maßstäbe bei der Entscheidung missachtet worden. Weiter sind auch die notwendig an der Entscheidungsfindung zu Beteiligenden nicht in erforderlichem Maße an diesem Prozess beteiligt worden. Vermutlich sind auch sachfremde Erwägungen in die Entscheidung mit eingeflossen.
39 
Will ein Träger der Jugendhilfe die Art und das Ausmaß der Leistungen der Eingliederungshilfe im Hinblick auf von ihm angenommene mehrschichtig vorliegende seelische Störungen eines Hilfeempfängers in ihrem Schwergewicht von der Hilfe hinsichtlich der einen Störung auf die Hilfe zur Behandlung der anderen Störung verlagern, so muss er sich zwingend medizinisch-psychologischen Sachverstandes bedienen, was hier weitestgehend unterblieben ist. Er hat den Sachverhalt im Rahmen der ihm obliegenden Amtsermittlung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X) nämlich umfassend zu ermitteln. Dazu gehört, dass er sich im Rahmen des Machbaren sicher ist, dass die weitere, von ihm nun zur Behandlung vorgesehene seelische Störung auch tatsächlich vorliegt. Hinsichtlich der Aufmerksamkeitsstörung lag dem Beklagten zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung lediglich ein 17 Monate alter Befundbericht vor. Nur wenn insoweit kein vernünftiger Grund zu Zweifeln an dem Fortbestand der Diagnose bestünde, kann davon abgesehen werden. So stellt sich die Situation aber gerade nicht dar. Dies hat insbesondere auch die mündliche Verhandlung und der Hinweis des Vaters des Klägers auf weitere Untersuchungen deutlich gezeigt.
40 
Unterstellt man einmal, dass beim Kläger eine Aufmerksamkeitsstörung vorliegt, so ist die Frage, in welchem Umfang die beiden notwendigen Maßnahmen nebeneinander durchgeführt werden könnten, hier unter Zuhilfenahme überholter und damit wahrscheinlich unzutreffender Stellungnahmen, also unter Zugrundelegung eines nicht zutreffenden Sachverhalts getroffen worden. Der im Termin zur mündlichen Verhandlung betonte Aspekt der mangelnden Belastbarkeit des Klägers über den bisherigen Therapieumfang hinaus basiert auf Angaben seiner Therapeutin, welche sich auf den zum damaligen Zeitpunkt deutlich jüngeren Kläger bezogen haben. Der Beklagte hätte dies erkennen müssen und entweder kraft eigenem pädagogischen Fachwissen eine Prognose über die im Zeitpunkt der Entscheidung vorhandene Belastbarkeit des Klägers treffen oder sich mittels eines Sachverständigen dieses notwendige Wissen für eine Prognoseentscheidung verschaffen müssen.
41 
Weiter fehlt es den an der Entscheidungsfindung Beteiligten offenkundig am notwendigen medizinisch-psychologischen Sachverstand, um eine Entscheidung zur Gewichtung der notwendigen Hilfemaßnahmen hinsichtlich Aufmerksamkeitsstörung einerseits und Legasthenie andererseits treffen zu können. Es ist weder aus den Akten ersichtlich noch sonst vorgetragen, dass in die Entscheidung über die Art der Hilfe ein Arzt mit besonderer Erfahrung in der Hilfe für Behinderte involviert gewesen wäre. Dies ist aber hier von offensichtlich erheblicher Bedeutung, da ohne eine solche Stellungnahme eine Prognose über die Wirksamkeit der koordinierten Maßnahmen kaum zu treffen ist. Insbesondere bedürfte es hier einer Bewertung aus medizinisch-psychologischer Sicht, welche Hilfe vorrangig sein könnte und ob die Behandlung der seelischen Störungen innere Abhängigkeiten zwischen einander aufweisen oder diese unabhängig, quasi nebeneinander, erfolgen kann. Diese Fragen sind von dem Beklagten - zumindest nicht in dokumentierter Form - erörtert worden. Aus der mündlichen Verhandlung hat sich ergeben, dass hier eine allgemeine Aufteilung der Zeit stattgefunden hat, welche der Beklagte - möglicherweise irrig (vgl. oben) - als für die Therapien insgesamt zur Verfügung stehend angesehen hat. Damit ist auch insoweit nicht der entscheidungserhebliche Sachverhalt ermittelt worden. Allgemein anerkannte fachliche Maßstäbe für die Beurteilung sind verkannt worden.
42 
Letztlich ist der Sachverhalt auch im Hinblick auf die tatsächlichen Auswirkungen der Legasthenie auf die Teilhabefähigkeit des Klägers nicht hinreichend ermittelt worden, was ebenfalls zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten führen muss. Die - rechtlich voll nachprüfbare - Entscheidung der Frage, ob der Kläger von einer Teilhabebeeinträchtigung bedroht ist oder ob eine solche weiterhin aktuell vorliegt, ist im Wesentlichen auf der Grundlage eines Telefonats mit der Mutter am 24.03.2004 und einer Bewertung der Aktenlage am 09.09.2004 durch den Sozialen Dienst getroffen worden. Das bedeutet, dass der Beklagte sich zum Zeitpunkt der Entscheidung gar kein eigenes Bild von der im Raum stehenden seelischen Behinderung (§ 2 Abs. 1 SGB IX) des Klägers gemacht hat. Wie auf dieser Grundlage eine Bewertung, ob eine oder zwei Therapieeinheiten angemessen sein könnten, möglich sein soll, verschließt sich der Kammer.
43 
Ebenso erweist sich die Entscheidung deswegen als rechtswidrig, weil die Begründung der Entscheidung sowohl in der Gestalt des Widerspruchsbescheids als auch die mündlich zur Verteidigung des Bescheids im Termin zur mündlichen Verhandlung unschlüssig ist. Der pädagogische Freiraum, dem der rechtliche Beurteilungsspielraum erwächst, lässt nur Freiraum für schlüssige und nachvollziehbare Entscheidungen. Die Entscheidung ist unschlüssig, wenn darauf abgestellt wird, dass mit der Kürzung des Therapieumfangs die Möglichkeit zur ADS-Therapie geschaffen werden soll. Losgelöst von der Frage, ob die Eltern des Klägers es vorwerfbar verabsäumt hatten, sich insoweit um einen Therapieplatz für ihren Sohn zu kümmern, war es den Beteiligten zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bewusst, dass eine ADS-Therapie des Klägers im hier erheblichen Zeitraum vom 13.09.2004 bis zum 31.12.2004 nicht stattfinden konnte, weil in diesem Zeitraum ein Therapieplatz nicht mehr zu bekommen war. Damit ist dieses Argument in sich unschlüssig und vermag die Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Geht man von dem verbindlichen, im Widerspruchsbescheid niedergelegten Argument aus, dass bis zum Beginn der ADS-Therapie eine drohende seelische Behinderung mit Hilfe der reduzierten Therapie abzuwenden sei, so entbehrt die Behauptung, dass eine seelische Behinderung nur noch drohe, jeder fachlich abgesicherten Grundlage. Gleiches gilt für die inzident aufgestellte Behauptung, dass eine ADS-Therapie ohne Legasthenietherapie geeignet sein wird, die nach Auffassung des Beklagten „nur“ noch drohende seelische Behinderung abzuwenden. Auch hier hätte es der Einschaltung eines Sachverständigen bedurft. Sozialpädagogischer Sachverstand allein ist hier nicht in der Lage, eine Gewichtung der unterschiedlichen Therapien so vorzunehmen, dass eine aus medizinischer Sicht zutreffende Lösung gefunden werden kann.
44 
Die Ablehnung der Bewilligung einer weiteren Therapiestunde erweist sich darüber hinaus deswegen als rechtswidrig, weil die Gründe für die Entscheidung des Beklagten weder aus den Bescheiden noch aus sonstig dokumentierten Material ersichtlich werden und eine möglicherweise durchgeführte Abwägung innerhalb der zu treffenden Prognoseentscheidung über die Hilfegewährung ebenfalls nicht dokumentiert worden ist.
45 
Sowohl der Ausgangs- als auch der Widerspruchsbescheid genügt überdies nicht dem Begründungserfordernis aus § 35 Abs. 1 SGB X. Diese Regelung verlangt die schriftliche Begründung eines Verwaltungsaktes (Satz 1). Bei Ermessensentscheidungen müssen die Gesichtspunkte erkennbar sein, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. (Satz 3). Da der Sinn dieses verschärften Begründungserfordernisses bei Ermessensentscheidungen darin begründet liegt, dass die eingeschränkte gerichtliche Kontrolle anhand des Maßstabes aus § 114 Satz 1 VwGO der Entscheidung auf Ermessensfehler durch die Angabe der Gründe überhaupt erst ermöglicht werden soll (vgl. Wannagat, SGB X, Stand: Mai 2002, § 35 Rn. 12 ff.), ist diese Vorschrift entsprechend auf Entscheidungen mit einem behördlichen Beurteilungsspielraum anzuwenden. Die gesteigerte Begründungspflicht erweist sich hier als Korrelat zu dem inhaltlichen pädagogischen Freiraum, welcher nur in seinen Grenzen gerichtlicher Kontrolle zugänglich ist (vgl. oben). Um dieses Kontrolle zu ermöglichen, bedarf es der Angabe der wesentlichen Gründe, auf welche die Entscheidung gestützt wird. Nur so kann das Gericht letztlich überprüfen, ob die Behörde den Sachverhalt umfassend richtig erfasst hat und gemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind. Allerdings kann die Begründung zum Verwaltungsakt selbst bei der Entscheidung über Art und Umfang der zu gewährenden Eingliederungshilfe dann knapper ausfallen, wenn sich aus anderen dokumentierten Umständen der wesentliche Weg der Entscheidungsfindung ergibt. Dies kann beispielsweise der Hilfeplan nach § 36 SGB VIII oder die Protokollierung eines Hilfeplangesprächs sein. Im vorliegenden Fall ist eine solch hinreichende Begründung oder anderweitige Dokumentierung unterblieben, sollte es eine abwägende Prognoseentscheidung überhaupt geben. Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass sich in den Behördenakten auch der Entwurf eines voll umfänglich bewilligenden Bescheids befindet ist, der in seiner Begründung mit demjenigen, der tatsächlich wirksam wurde, weit überwiegend wortgleich ist und nur sich nur insoweit unterscheidet, dass zunächst eine Empfehlung hinsichtlich des ADS-Trainings enthalten war, während im endgültigen Bescheid eine verbindliche Bestimmung des Vorrangs dieses ADS-Trainings ausgesprochen wird.
46 
Darüber hinaus ist es denkbar, dass in die Entscheidung sachfremde Erwägungen eingeflossen sind, was ebenfalls zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führen würde. Auffallend oft ist nämlich in den Akten der Hinweis, dass die ADS-Therapie von der Krankenkasse zu finanzieren sei, zu finden. Sollten Kostengesichtspunkte bei der Entscheidung der Kürzung der Legasthenie-Therapie eine entscheidende Rolle gespielt haben, so wäre dies die Einstellung eines nach der Gesetzeslage des SGB VIII nicht beachtenswerten Belangs. Angesichts der Vielzahl der Gründe, die bereits zur Rechtswidrigkeit der Ablehnungsentscheidung führen, kann dieser Punkt aber dahinstehen.
47 
Aus der Rechtswidrigkeit der Ablehnung folgt für den Kläger aber nur ein Anspruch auf eine neue Entscheidung durch den Beklagten. Einen Anspruch auf die begehrte zweite Therapiestunde im streitgegenständlichen Zeitraum hat er jedoch nicht, so dass die Klage insoweit abzuweisen ist.
48 
Ein Anspruch stünde dem Kläger nur dann zu, wenn nur die Entscheidung der Bewilligung dieser zweiten Therapiestunde rechtmäßig wäre. Angesichts des Beurteilungsspielraums, welcher dem Beklagten hier eingeräumt ist (vgl. oben), wäre dies nur dann der Fall, wenn nur die Bewilligung von zwei Therapiestunden je Woche zur Eingliederung des Klägers beitragen könnte, jede andere denkbare Maßnahme hingegen schlichtweg ungeeignet wäre. Dies ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich und wird letztlich auch vom Kläger nicht behauptet. Daher kann die Klage insoweit keinen Erfolg haben.
49 
Bei der Neubescheidung des klägerischen Antrags wird der Beklagte zu berücksichtigen haben, dass zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheids vom 15.09.2004 ein ADS-Training für den Kläger im Jahr 2004 kaum mehr erreichbar gewesen ist, so dass eine Reduktion des Therapieumfangs im Hinblick auf die anzustrebende ADS-Therapie für 2004 nicht in Betracht kommt. Der Beklagte wird auch die Frage, ob eine seelische Behinderung beim Kläger zum damaligen Zeitpunkt überhaupt vorlag oder ob er nur von einer solchen bedroht gewesen ist, intensiver aufzuklären haben als dies bisher geschehen ist. Abhängig von diesem Ergebnis wird er die Frage nach der Notwendigkeit des ursprünglichen Therapieumfangs zu beantworten haben. Insoweit kommt ihm der oben geschilderte Beurteilungsspielraum zu. Die Einräumung eines solchen Beurteilungsspielraums bedeutet jedoch nicht uneingeschränkte Freiheit zur Entscheidung. Sie begründet auch die Pflicht zur sachlich vertretbaren Entscheidung. Fehlt es dem Beklagten am notwendigen Sachverstand zur Beurteilung der Frage, wie sich die Veränderung eines Therapieumfangs auf die Teilhabe des Klägers am Leben in der Gesellschaft auswirken kann, so hat er sich eines geeigneten Sachverständigen zu bedienen. Dies bedeutet andererseits keine sklavische Bindung an das Ergebnis des Gutachtens. Erachtet das Jugendamt andere Hilfegesichtspunkte als wichtiger bei der Bekämpfung der seelischen Behinderung, so darf es selbstverständlich diesen im Rahmen der Prognose über den weiteren Verlauf der Hilfemaßnahmen den Vorrang einräumen, wenn es für das Vorgehen vertretbare Gründe gibt.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie vollzieht das anteilige Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten nach. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 188 Satz 2 VwGO.

Gründe

 
27 
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
28 
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass der Kläger die Bewilligung von Leistungen für einen Zeitraum begehrt, der teilweise nach der Zustellung des insoweit ablehnenden Widerspruchbescheids liegt. Zwar ist ein Hilfeanspruch in einem Rechtsstreit um die Gewährung von Jugendhilfe ebenso wie von Sozialhilfe regelmäßig nur im Zeitraum bis zur letzten Verwaltungsentscheidung, also bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides, Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt aber dann, wenn die Behörde den Hilfefall statt für den dem Bescheid nächstliegenden Zahlungszeitraum für einen längeren Zeitraum geregelt hat. Während eine Dauerbewilligung nicht in Betracht kommt und demgemäß auch Leistungen der Jugendhilfe nicht für alle Zukunft zugesprochen werden können, ist eine Bewilligung für längere Zeitabschnitte nicht ausgeschlossen, sondern im Interesse der Effektivität der Hilfegewährung in besonders gelagerten Fällen unter Umständen sogar angezeigt. So liegt der Fall hier. Der Beklagte hat in seinem Bewilligungsbescheid vom 15.09.2004 den Zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2004 abschließend regeln wollen. Daher kann der Kläger mit der Verpflichtungsklage seine geltend gemachten Ansprüche für diesen Regelungszeitraum zulässigerweise verfolgen.
29 
Die Klage ist auch teilweise begründet. Die Ablehnung der durch den Kläger begehrten Bewilligung der Kostenübernahme für eine weitere Therapieeinheit im Zeitraum vom 13.09.2004 bis zum 31.12.2004 erweist sich als rechtswidrig. Allerdings hat der Kläger keinen Anspruch auf den begehrten Verwaltungsakt. Er hat jedoch einen Anspruch auf eine fehlerfreie Befassung des Beklagten mit seinem Begehren, wobei dem Beklagten ein nicht voll gerichtlich nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zukommt. Daher ist der Beklagte zu verpflichten, erneut über den klägerischen Antrag zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).
30 
Die Rechtswidrigkeit der in dem Bescheid vom 15.09.2004 inzident ausgesprochenen Ablehnung einer weitergehenden Bewilligung der Kostenübernahme für die Legasthenietherapie ergibt sich daraus, dass der Beklagte weder den gesamten entscheidungserheblichen Sachverhalt im erforderlichen Maße ermittelt hat noch den einzelnen Gesichtspunkten in seiner pädagogischen Abwägungsentscheidung das zutreffende Gewicht hat zukommen lassen.
31 
Der grundsätzliche Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe nach dem SGB VIII folgt aus § 35a Abs. 1 SGB VIII. Nach dieser Vorschrift in ihrer Fassung vom 19.06.2001 (BGBl I, 1046) haben Kinder und Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht (Nr.1) und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (Nr. 2).
32 
Die seelische Gesundheit des Klägers weicht unstreitig länger als sechs Monate von dem für sein Lebensalter typischen Zustand ab. Er leidet jedenfalls an Legasthenie (ICD-10 F 81.0). Diese unter anderem im Befundbericht der Jugendpsychiaterin Dr. H vom 14.05.2003 gestellte Diagnose ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Ob darüber hinaus auch noch eine Aufmerksamkeitsstörung oder eine zentrale visuelle und auditive Verarbeitungsstörung vorliegt, ist für die Erfüllung des Tatbestands des § 35a Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII nicht von Relevanz.
33 
Der Kläger ist auch aufgrund der seelischen Störung an der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt oder von einer solchen Beeinträchtigung bedroht. Dieses Tatbestandsmerkmal ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, was schon daran zu erkennen ist, dass für den streitgegenständlichen Zeitraum Eingliederungshilfe bewilligt worden ist und nur der Umfang der Hilfeleistung im Streit ist. Darüber hinaus hat das Gericht aber auch keinen Zweifel daran, dass bei dem Kläger eine Teilhabebeeinträchtigung vorliegt. Sowohl das Auftreten des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung als auch die vorgelegten fachlichen Stellungnahmen lassen erkennen, dass der Kläger erhebliche Kontaktprobleme und -ängste aufweist. Dass diese zumindest auch auf die zweifelsfrei festgestellte Legasthenie zurückzuführen ist, ergibt sich ebenfalls aus den vorgelegten Unterlagen.
34 
Ist der Tatbestand des § 35a Abs. 1 SGB VIII erfüllt, so ist der Träger der Jugendhilfe zur Hilfeleistung verpflichtet. Ihm kommt bei der Frage, wie Hilfe zu leisten ist, allerdings ein Beurteilungsspielraum zu, der durch das Gericht nicht vollständig kontrolliert werden kann. Dieser Beurteilungsspielraum folgt aus dem Umstand, dass die Entscheidung über Art und Ausmaß der zu leistenden Hilfe mit einem Hilfeplan bestimmt und koordiniert werden soll, wobei Fachkräfte in Zusammenwirken mit dem Jugendlichen und dessen Personensorgeberechtigten bei der Aufstellung kooperativ mitzuwirken haben (vgl. § 36 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Bei der Bewilligung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII soll darüber hinaus ein Arzt, der über besondere Erfahrungen in der Hilfe für Behinderte verfügt, beteiligt werden, § 36 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII. Angesichts der Tatsache, dass die Entscheidung über Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfeart das Ergebnis dieses kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses darstellt, das einen Anspruch auf objektive Richtigkeit nicht erhebt und nicht erheben kann, jedoch eine angemessene Lösung zur festgestellten Belastungssituation enthält, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss, ist hier von einem gerichtlich nicht voll überprüfbaren Beurteilungsspielraum auszugehen (BVerwG, Urt. v. 24.06.1999 - 5 C 24/98 -, BVerwGE 107, 155 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 09.12.1996 - 7 S 310/95 -, NDV-RD 1997, 133 ff.; BayVGH, Beschl. v. 17.06.2004 - 12 CE 04.578 -, JAmt 2004, 545 f.; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 11.05.2000 - 12 A 12335/99 -, ZfJ 2001, 23 ff.; Wiesner in: Wiesner/Mörseberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, 2. Aufl. 2000, § 36 Rn. 47).
35 
Eine wiederholt in Entscheidungen der Gerichte und Stellungnahmen der Literatur als Gegenansicht hierzu angeführte Entscheidung des 2. Senats des VGH Baden-Württemberg vermag die Kammer nicht als solche zu erkennen. In dem Urteil vom 08.11.2001 (2 S 1198/99 -, NVwZ-RR 2002, 581 ff.) ist entschieden worden, dass der Behörde bei der Frage der Geeignetheit einer Maßnahme nach § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII kein Beurteilungsspielraum eröffnet sei. Die Frage, wie dies allgemein bei der Aufstellung eines Hilfeplans nach § 36 SGB VIII und der darauf fußenden Entscheidung zu beurteilen ist, hat der Senat ausdrücklich offen gelassen.
36 
Gerichtlich zu überprüfen ist eine von einem Beurteilungsspielraum geprägte Entscheidung dahingehend, ob gemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind, ob keine sachfremden Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und ob die an der Entscheidungsfindung zu Beteiligenden tatsächlich in angemessener Weise beteiligt worden sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1999 - 5 C 24/98 -, a.a.O.; Wiesner in: Wiesner/Mörseberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, 2. Aufl. 2000, § 36 Rn. 50).
37 
Eine solche Restriktion der gerichtlichen Kontrolle steht im Einklang mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG. In den Fällen, in welchen das materielle Recht der Verwaltung nämlich prognostische Entscheidungen oder eine Entscheidungsfindung in einem Prozess unter Hinzuziehung verschiedener Fachkräfte und sogar des betroffenen Bürgers abverlangt, ohne hinreichend bestimmte Vorgaben - Entscheidungsprogramme - zu enthalten, handelt die Exekutive insoweit kraft eigener Kompetenz. Diese Kompetenz ist auch durch die Judikative zu beachten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.12.1992 - 1 BvR 167/87 -, BVerfGE 88, 40 ff.).
38 
In Anwendung dieses gerichtlichen Kontrollmaßstabs erweist sich die Ablehnung der Bewilligung einer zweiten Therapieeinheit je Woche ab dem 13.09.2004 als rechtswidrig. Es sind gemeingültige fachliche Maßstäbe bei der Entscheidung missachtet worden. Weiter sind auch die notwendig an der Entscheidungsfindung zu Beteiligenden nicht in erforderlichem Maße an diesem Prozess beteiligt worden. Vermutlich sind auch sachfremde Erwägungen in die Entscheidung mit eingeflossen.
39 
Will ein Träger der Jugendhilfe die Art und das Ausmaß der Leistungen der Eingliederungshilfe im Hinblick auf von ihm angenommene mehrschichtig vorliegende seelische Störungen eines Hilfeempfängers in ihrem Schwergewicht von der Hilfe hinsichtlich der einen Störung auf die Hilfe zur Behandlung der anderen Störung verlagern, so muss er sich zwingend medizinisch-psychologischen Sachverstandes bedienen, was hier weitestgehend unterblieben ist. Er hat den Sachverhalt im Rahmen der ihm obliegenden Amtsermittlung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X) nämlich umfassend zu ermitteln. Dazu gehört, dass er sich im Rahmen des Machbaren sicher ist, dass die weitere, von ihm nun zur Behandlung vorgesehene seelische Störung auch tatsächlich vorliegt. Hinsichtlich der Aufmerksamkeitsstörung lag dem Beklagten zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung lediglich ein 17 Monate alter Befundbericht vor. Nur wenn insoweit kein vernünftiger Grund zu Zweifeln an dem Fortbestand der Diagnose bestünde, kann davon abgesehen werden. So stellt sich die Situation aber gerade nicht dar. Dies hat insbesondere auch die mündliche Verhandlung und der Hinweis des Vaters des Klägers auf weitere Untersuchungen deutlich gezeigt.
40 
Unterstellt man einmal, dass beim Kläger eine Aufmerksamkeitsstörung vorliegt, so ist die Frage, in welchem Umfang die beiden notwendigen Maßnahmen nebeneinander durchgeführt werden könnten, hier unter Zuhilfenahme überholter und damit wahrscheinlich unzutreffender Stellungnahmen, also unter Zugrundelegung eines nicht zutreffenden Sachverhalts getroffen worden. Der im Termin zur mündlichen Verhandlung betonte Aspekt der mangelnden Belastbarkeit des Klägers über den bisherigen Therapieumfang hinaus basiert auf Angaben seiner Therapeutin, welche sich auf den zum damaligen Zeitpunkt deutlich jüngeren Kläger bezogen haben. Der Beklagte hätte dies erkennen müssen und entweder kraft eigenem pädagogischen Fachwissen eine Prognose über die im Zeitpunkt der Entscheidung vorhandene Belastbarkeit des Klägers treffen oder sich mittels eines Sachverständigen dieses notwendige Wissen für eine Prognoseentscheidung verschaffen müssen.
41 
Weiter fehlt es den an der Entscheidungsfindung Beteiligten offenkundig am notwendigen medizinisch-psychologischen Sachverstand, um eine Entscheidung zur Gewichtung der notwendigen Hilfemaßnahmen hinsichtlich Aufmerksamkeitsstörung einerseits und Legasthenie andererseits treffen zu können. Es ist weder aus den Akten ersichtlich noch sonst vorgetragen, dass in die Entscheidung über die Art der Hilfe ein Arzt mit besonderer Erfahrung in der Hilfe für Behinderte involviert gewesen wäre. Dies ist aber hier von offensichtlich erheblicher Bedeutung, da ohne eine solche Stellungnahme eine Prognose über die Wirksamkeit der koordinierten Maßnahmen kaum zu treffen ist. Insbesondere bedürfte es hier einer Bewertung aus medizinisch-psychologischer Sicht, welche Hilfe vorrangig sein könnte und ob die Behandlung der seelischen Störungen innere Abhängigkeiten zwischen einander aufweisen oder diese unabhängig, quasi nebeneinander, erfolgen kann. Diese Fragen sind von dem Beklagten - zumindest nicht in dokumentierter Form - erörtert worden. Aus der mündlichen Verhandlung hat sich ergeben, dass hier eine allgemeine Aufteilung der Zeit stattgefunden hat, welche der Beklagte - möglicherweise irrig (vgl. oben) - als für die Therapien insgesamt zur Verfügung stehend angesehen hat. Damit ist auch insoweit nicht der entscheidungserhebliche Sachverhalt ermittelt worden. Allgemein anerkannte fachliche Maßstäbe für die Beurteilung sind verkannt worden.
42 
Letztlich ist der Sachverhalt auch im Hinblick auf die tatsächlichen Auswirkungen der Legasthenie auf die Teilhabefähigkeit des Klägers nicht hinreichend ermittelt worden, was ebenfalls zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten führen muss. Die - rechtlich voll nachprüfbare - Entscheidung der Frage, ob der Kläger von einer Teilhabebeeinträchtigung bedroht ist oder ob eine solche weiterhin aktuell vorliegt, ist im Wesentlichen auf der Grundlage eines Telefonats mit der Mutter am 24.03.2004 und einer Bewertung der Aktenlage am 09.09.2004 durch den Sozialen Dienst getroffen worden. Das bedeutet, dass der Beklagte sich zum Zeitpunkt der Entscheidung gar kein eigenes Bild von der im Raum stehenden seelischen Behinderung (§ 2 Abs. 1 SGB IX) des Klägers gemacht hat. Wie auf dieser Grundlage eine Bewertung, ob eine oder zwei Therapieeinheiten angemessen sein könnten, möglich sein soll, verschließt sich der Kammer.
43 
Ebenso erweist sich die Entscheidung deswegen als rechtswidrig, weil die Begründung der Entscheidung sowohl in der Gestalt des Widerspruchsbescheids als auch die mündlich zur Verteidigung des Bescheids im Termin zur mündlichen Verhandlung unschlüssig ist. Der pädagogische Freiraum, dem der rechtliche Beurteilungsspielraum erwächst, lässt nur Freiraum für schlüssige und nachvollziehbare Entscheidungen. Die Entscheidung ist unschlüssig, wenn darauf abgestellt wird, dass mit der Kürzung des Therapieumfangs die Möglichkeit zur ADS-Therapie geschaffen werden soll. Losgelöst von der Frage, ob die Eltern des Klägers es vorwerfbar verabsäumt hatten, sich insoweit um einen Therapieplatz für ihren Sohn zu kümmern, war es den Beteiligten zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bewusst, dass eine ADS-Therapie des Klägers im hier erheblichen Zeitraum vom 13.09.2004 bis zum 31.12.2004 nicht stattfinden konnte, weil in diesem Zeitraum ein Therapieplatz nicht mehr zu bekommen war. Damit ist dieses Argument in sich unschlüssig und vermag die Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Geht man von dem verbindlichen, im Widerspruchsbescheid niedergelegten Argument aus, dass bis zum Beginn der ADS-Therapie eine drohende seelische Behinderung mit Hilfe der reduzierten Therapie abzuwenden sei, so entbehrt die Behauptung, dass eine seelische Behinderung nur noch drohe, jeder fachlich abgesicherten Grundlage. Gleiches gilt für die inzident aufgestellte Behauptung, dass eine ADS-Therapie ohne Legasthenietherapie geeignet sein wird, die nach Auffassung des Beklagten „nur“ noch drohende seelische Behinderung abzuwenden. Auch hier hätte es der Einschaltung eines Sachverständigen bedurft. Sozialpädagogischer Sachverstand allein ist hier nicht in der Lage, eine Gewichtung der unterschiedlichen Therapien so vorzunehmen, dass eine aus medizinischer Sicht zutreffende Lösung gefunden werden kann.
44 
Die Ablehnung der Bewilligung einer weiteren Therapiestunde erweist sich darüber hinaus deswegen als rechtswidrig, weil die Gründe für die Entscheidung des Beklagten weder aus den Bescheiden noch aus sonstig dokumentierten Material ersichtlich werden und eine möglicherweise durchgeführte Abwägung innerhalb der zu treffenden Prognoseentscheidung über die Hilfegewährung ebenfalls nicht dokumentiert worden ist.
45 
Sowohl der Ausgangs- als auch der Widerspruchsbescheid genügt überdies nicht dem Begründungserfordernis aus § 35 Abs. 1 SGB X. Diese Regelung verlangt die schriftliche Begründung eines Verwaltungsaktes (Satz 1). Bei Ermessensentscheidungen müssen die Gesichtspunkte erkennbar sein, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. (Satz 3). Da der Sinn dieses verschärften Begründungserfordernisses bei Ermessensentscheidungen darin begründet liegt, dass die eingeschränkte gerichtliche Kontrolle anhand des Maßstabes aus § 114 Satz 1 VwGO der Entscheidung auf Ermessensfehler durch die Angabe der Gründe überhaupt erst ermöglicht werden soll (vgl. Wannagat, SGB X, Stand: Mai 2002, § 35 Rn. 12 ff.), ist diese Vorschrift entsprechend auf Entscheidungen mit einem behördlichen Beurteilungsspielraum anzuwenden. Die gesteigerte Begründungspflicht erweist sich hier als Korrelat zu dem inhaltlichen pädagogischen Freiraum, welcher nur in seinen Grenzen gerichtlicher Kontrolle zugänglich ist (vgl. oben). Um dieses Kontrolle zu ermöglichen, bedarf es der Angabe der wesentlichen Gründe, auf welche die Entscheidung gestützt wird. Nur so kann das Gericht letztlich überprüfen, ob die Behörde den Sachverhalt umfassend richtig erfasst hat und gemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind. Allerdings kann die Begründung zum Verwaltungsakt selbst bei der Entscheidung über Art und Umfang der zu gewährenden Eingliederungshilfe dann knapper ausfallen, wenn sich aus anderen dokumentierten Umständen der wesentliche Weg der Entscheidungsfindung ergibt. Dies kann beispielsweise der Hilfeplan nach § 36 SGB VIII oder die Protokollierung eines Hilfeplangesprächs sein. Im vorliegenden Fall ist eine solch hinreichende Begründung oder anderweitige Dokumentierung unterblieben, sollte es eine abwägende Prognoseentscheidung überhaupt geben. Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass sich in den Behördenakten auch der Entwurf eines voll umfänglich bewilligenden Bescheids befindet ist, der in seiner Begründung mit demjenigen, der tatsächlich wirksam wurde, weit überwiegend wortgleich ist und nur sich nur insoweit unterscheidet, dass zunächst eine Empfehlung hinsichtlich des ADS-Trainings enthalten war, während im endgültigen Bescheid eine verbindliche Bestimmung des Vorrangs dieses ADS-Trainings ausgesprochen wird.
46 
Darüber hinaus ist es denkbar, dass in die Entscheidung sachfremde Erwägungen eingeflossen sind, was ebenfalls zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führen würde. Auffallend oft ist nämlich in den Akten der Hinweis, dass die ADS-Therapie von der Krankenkasse zu finanzieren sei, zu finden. Sollten Kostengesichtspunkte bei der Entscheidung der Kürzung der Legasthenie-Therapie eine entscheidende Rolle gespielt haben, so wäre dies die Einstellung eines nach der Gesetzeslage des SGB VIII nicht beachtenswerten Belangs. Angesichts der Vielzahl der Gründe, die bereits zur Rechtswidrigkeit der Ablehnungsentscheidung führen, kann dieser Punkt aber dahinstehen.
47 
Aus der Rechtswidrigkeit der Ablehnung folgt für den Kläger aber nur ein Anspruch auf eine neue Entscheidung durch den Beklagten. Einen Anspruch auf die begehrte zweite Therapiestunde im streitgegenständlichen Zeitraum hat er jedoch nicht, so dass die Klage insoweit abzuweisen ist.
48 
Ein Anspruch stünde dem Kläger nur dann zu, wenn nur die Entscheidung der Bewilligung dieser zweiten Therapiestunde rechtmäßig wäre. Angesichts des Beurteilungsspielraums, welcher dem Beklagten hier eingeräumt ist (vgl. oben), wäre dies nur dann der Fall, wenn nur die Bewilligung von zwei Therapiestunden je Woche zur Eingliederung des Klägers beitragen könnte, jede andere denkbare Maßnahme hingegen schlichtweg ungeeignet wäre. Dies ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich und wird letztlich auch vom Kläger nicht behauptet. Daher kann die Klage insoweit keinen Erfolg haben.
49 
Bei der Neubescheidung des klägerischen Antrags wird der Beklagte zu berücksichtigen haben, dass zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheids vom 15.09.2004 ein ADS-Training für den Kläger im Jahr 2004 kaum mehr erreichbar gewesen ist, so dass eine Reduktion des Therapieumfangs im Hinblick auf die anzustrebende ADS-Therapie für 2004 nicht in Betracht kommt. Der Beklagte wird auch die Frage, ob eine seelische Behinderung beim Kläger zum damaligen Zeitpunkt überhaupt vorlag oder ob er nur von einer solchen bedroht gewesen ist, intensiver aufzuklären haben als dies bisher geschehen ist. Abhängig von diesem Ergebnis wird er die Frage nach der Notwendigkeit des ursprünglichen Therapieumfangs zu beantworten haben. Insoweit kommt ihm der oben geschilderte Beurteilungsspielraum zu. Die Einräumung eines solchen Beurteilungsspielraums bedeutet jedoch nicht uneingeschränkte Freiheit zur Entscheidung. Sie begründet auch die Pflicht zur sachlich vertretbaren Entscheidung. Fehlt es dem Beklagten am notwendigen Sachverstand zur Beurteilung der Frage, wie sich die Veränderung eines Therapieumfangs auf die Teilhabe des Klägers am Leben in der Gesellschaft auswirken kann, so hat er sich eines geeigneten Sachverständigen zu bedienen. Dies bedeutet andererseits keine sklavische Bindung an das Ergebnis des Gutachtens. Erachtet das Jugendamt andere Hilfegesichtspunkte als wichtiger bei der Bekämpfung der seelischen Behinderung, so darf es selbstverständlich diesen im Rahmen der Prognose über den weiteren Verlauf der Hilfemaßnahmen den Vorrang einräumen, wenn es für das Vorgehen vertretbare Gründe gibt.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie vollzieht das anteilige Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten nach. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 188 Satz 2 VwGO.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit überein-stimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Beklagte

1. unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 18. Juli 2012 verpflichtet, dem Kläger über die bislang bewilligte Eingliederungshilfe hinaus - bis zur Höhe der von ihm jeweils nachzuweisenden erbrachten Vorausleistungen - die Kosten eines Integrationshelfers für den Bereich der Offenen Ganztagsschule (OGS) für den Zeitraum vom 1. August 2012 bis zum 31. Januar 2013 im Umfang von weiteren 16,5 Fachleistungsstunden pro Woche, für den Monat Februar 2013 im Umfang von weiteren 13,5 Fachleistungsstunden pro Woche und für den Zeitraum vom März bis Juli 2013 in einem Umfang von 15 Fachleistungsstunden pro Woche zu bewilligen,

2. unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 20. September 2013 verpflichtet, dem Kläger über die bislang bewilligte Eingliederungshilfe hinaus ‑ bis zur Höhe der von ihm nachzuweisenden erbrachten Vorausleistungen - die Kosten eines Integrationshelfers für den Bereich der OGS für den Zeitraum vom 23. September 2013 bis zum 04. Dezember 2013 im Umfang von weiteren 11 Fachleistungsstunden pro Woche zu bewilligen.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Februar 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Übernahme bislang nicht gezahlter Kosten für eine systemische Bewegungstherapie nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ab 1.1.2008.

2

Der im Landkreis E wohnende Kläger ist 1996 geboren und leidet seit der Geburt am Lowe-Syndrom, einer unheilbaren Stoffwechselerkrankung. Bei ihm besteht eine hochgradige beidseitige Sehbehinderung, eine geistige Behinderung, ein hirnorganisches Anfallsleiden, eine Niereninsuffizienz, eine allgemeine Muskelhypotonie, eine Entwicklungsstörung, eine Sprachentwicklungsstörung sowie ein Zustand nach Linsenentfernung beider Augen bei Katarakt beidseits. Von 2000 bis Mitte 2004 hatte der Beklagte die Kosten von zuletzt 43,35 Euro wöchentlich für eine systemische Bewegungstherapie übernommen. Mit Aufnahme des Klägers in die Freie Waldorfschule zum Schuljahr 2004/2005 - das Schulamt F hatte der Erfüllung der Schulbesuchspflicht dort zugestimmt (bestandskräftiger Bescheid vom 8.7.2004) - machte der Beklagte die Übernahme der Kosten für die systemische Bewegungstherapie von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eltern des Klägers abhängig (Schreiben vom 16.9.2004); ein "Extra-Schulgeld" für Assistenzdienste im Rahmen der Eingliederungshilfe von monatlich 235,05 Euro zahlte der Beklagte jedoch (Bescheid vom 19.11.2004). Nachdem die Eltern zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen keine Angaben gemacht hatten, versagte der Beklagte die Kostenübernahme für die Bewegungstherapie wegen fehlender Mitwirkung (bestandskräftiger Bescheid vom 15.11.2004; Widerspruchsbescheid vom 3.5.2005).

3

Den Antrag des Klägers auf Kostenübernahme ohne Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen der Eltern vom 12.4.2007 lehnte der Beklagte unter Hinweis auf fehlenden schulischen Förderbedarf ab (Bescheid vom 1.10.2007; Widerspruchsbescheid vom 4.12.2007). Die beim Sozialgericht (SG) Freiburg auf die Übernahme dieser Kosten ab Januar 2008 beschränkte Klage - die Forderung ist von der Therapeutin gestundet - war erst- und zweitinstanzlich im Sinne eines Grundurteils erfolgreich (Urteil des SG vom 14.12.2009; Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23.2.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ua ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf Freistellung von den Kosten für die Zeit vom 1.1.2008 bis 22.2.2012 in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten und ab 23.2.2012 auf Übernahme künftig entstehender Kosten von bis zu zwei Stunden wöchentlich als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Neben den durch die Waldorfschule geleisteten Integrationshilfen bestehe zusätzlicher Bedarf für eine derartige heilpädagogische Maßnahme, um Auffälligkeiten des Klägers im Sozialverhalten, die auf einer Überreizung im Schulalltag beruhen könnten, entgegenzuwirken.

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII und des § 2 SGB XII. Er ist der Ansicht, das LSG verkenne, dass Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der Eingliederungshilfe nur für den Besuch der allgemeinen Schule in Betracht komme; darunter sei die Grundschule und eine auf ihr aufbauende Schule zu verstehen, nicht aber eine Sonderschule. Dieser sei die Freie Waldorfschule im Sinne einer Schule für Geistigbehinderte gleichzusetzen, die der Kläger besucht habe, weil er aufgrund seiner Behinderung nicht in der Lage gewesen sei, dem gemeinsamen Bildungsgang in einer allgemeinen Schule zu folgen. Dies habe das LSG verkannt und habe damit zugleich den Nachrang der Sozialhilfe missachtet. Es hätte zudem die Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde zur Beschulung des Klägers auf ihre Richtigkeit hin überprüfen müssen; der Besuch der Freien Waldorfschule sei keine angemessene Schulausbildung. Im Übrigen sei die Therapie nicht geeignet und erforderlich, den Schulbesuch zu ermöglichen.

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Der Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er hält die Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz); das Verfahren leidet an einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel.

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Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 1.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.12.2007 (§ 95 SGG), bei dessen Erlass sozial erfahrene Dritte nicht zu beteiligen waren (§ 116 Abs 2 SGB XII iVm § 9 Gesetz zur Ausführung des SGB XII vom 1.7.2004 - Gesetzblatt 534), inhaltlich begrenzt auf die vom Vermögenseinsatz gänzlich und vom Einkommenseinsatz bis auf die Aufbringung der Kosten des Lebensunterhalts - insoweit hier nicht einschlägig - freigestellte (Eingliederungs-) Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (dazu später). Zwar könnte die systemische Bewegungstherapie ggf auch als Hilfe zum Erwerb praktischer Fähigkeiten, die geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -) förderfähig sein bzw eine Hilfe zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 4 SGB IX)oder eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 26 SGB IX) darstellen. Unabhängig davon, dass dem Senat eine Einordnung der systemischen Bewegungstherapie schon mangels tatsächlicher Feststellungen des LSG zum Inhalt der Therapie nicht möglich ist (dazu später), sind derartige Leistungen jedoch nicht nach § 92 Abs 2 SGB XII vom Einkommens- und Vermögenseinsatz des Klägers und seiner Eltern freigestellt, sodass dem Klageziel entsprechend derartige Leistungen nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Dem stünde auch die Bestandskraft des Versagungsbescheids (wegen fehlender Mitwirkung bei der Einkommens- und Vermögensermittlung) vom 15.11.2004 entgegen (vgl § 77 SGG). Der Beklagte hat mit dem angegriffenen Bescheid gerade keinen neuen Verwaltungsakt erlassen, der den Versagungsbescheid vom 15.11.2004 als sog Zweitbescheid ersetzt hätte, sondern entgegen der früheren Prüfung über einen einkommens- und vermögensunabhängigen Anspruch entschieden.

10

Das Verfahren leidet jedoch an einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensfehler, weil das LSG nicht die Therapeutin, Frau S, gemäß § 75 Abs 2 1. Alt SGG beigeladen hat. Nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG sind Dritte nämlich dann beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung); diese Voraussetzungen sind in Person der Therapeutin erfüllt, weil ein Anspruch auf Kostenübernahme als Sachleistung im weiten Sinne (Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung) im Streit steht, wegen der Stundung der Forderung also nicht ein Anspruch auf Kostenerstattung. Der Schuldbeitritt hat einen unmittelbaren Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Sozialhilfeträger und einen Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung an den Leistungserbringer zur Folge (BSGE 102, 1 ff RdNr 25 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9 mwN); folglich kann die Entscheidung über die Verpflichtung des Beklagten zur Kostenübernahme gegenüber dem Kläger und der Therapeutin nur einheitlich ergehen (anders beim Streit um die Erstattung von Kosten als reiner Geldleistung, vgl BSGE 110, 301 ff RdNr 16 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; anders auch bei dem - der späteren Kostenübernahme ggf vorgeschalteten - Streit um die Erteilung einer Zusicherung oder auf Erlass eines Grundlagenbescheids: vgl Jaritz/Eicher in juris PraxisKommentar SGB XII, § 75 SGB XII RdNr 119.5 f). Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG ist bei einer zulässigen Revision von Amts wegen als Verfahrensfehler zu beachten (vgl nur: BSGE 102, 1 ff RdNr 28 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9; BSG SozR 1500 § 75 Nr 21; BSG, Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VS 6/01 R -, USK 2003-90; anders bei der unechten notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 2. Alt SGG: BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 4 und BSG, Urteil vom 26.1.2005 - B 12 P 9/03 R -, USK 2005-3 mwN).

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Zwar kann nach § 168 Satz 2 SGG die Beiladung noch im Revisionsverfahren nachgeholt werden; der Senat ist hierzu allerdings nicht verpflichtet (vgl nur: BSG SozR 4-3500 § 65 Nr 5 RdNr 10; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 18 mwN) und hat davon abgesehen, weil tatsächliche Feststellungen, insbesondere zum konkreten Inhalt der mit dem Kläger durchgeführten Therapie und ihrer Auswirkungen auf dessen Schulbildung, fehlen (§ 163 SGG); dies stünde einer Sachentscheidung des Senats ohnedies entgegen.

12

SG und LSG haben außerdem verfahrensfehlerhaft ein Grundurteil erlassen. Dem steht § 130 Abs 1 Satz 1 SGG entgegen, der ein Grundurteil nur bei einer Leistung in Geld vorsieht(vgl auch zur Unzulässigkeit des Grundurteils im Zivilprozess bei einem Anspruch auf Schuldbefreiung: BGH, Urteil vom 30.1.1987 - V ZR 7/86 -, NJW-RR 1987, 756 f). Da es sich bei der Kostenübernahme um einen Schuldbeitritt, verbunden mit einem Anspruch auf Befreiung von der Schuld gegenüber dem Leistungserbringer, handelt, lagen die Voraussetzungen des § 130 Abs 1 Satz 1 SGG mithin nicht vor. Dieser in der Revisionsinstanz fortwirkende Verstoß gegen einen verfahrensrechtlichen Grundsatz, der im öffentlichen Interesse zu beachten und dessen Befolgung dem Belieben der Beteiligten entzogen ist und (deshalb) die Grundlagen des weiteren Verfahrens berührt (vgl zur vergleichbaren Situation bei Erlass eines Urteils unter Missachtung der Voraussetzungen des § 131 Abs 5 SGG BSG, Urteil vom 25.4.2013 - B 8 SO 21/11 R - RdNr 10 ff), ist ebenfalls im Revisionsverfahren von Amts wegen als Verfahrensfehler zu beachten.

13

Ohne Verfahrensfehler hat das LSG hingegen von der Beiladung der Krankenkasse (KK) und des Jugendhilfeträgers nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG (echte notwendige Beiladung) abgesehen (vgl dazu umfassend BSGE 110, 301 ff RdNr 10 ff = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der systemischen Bewegungstherapie um ein von der KK zu gewährendes Heilmittel iS der §§ 32, 92, 138 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) handelt. Denn als Heilmittel wäre die Therapie wohl keine Leistung zur Teilhabe iS des § 14 SGB IX(zu dieser Problematik BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 15) und schon aus diesem Grund eine Beiladung der KK nach der 1. Alt nicht erforderlich (BSG aaO). Jedenfalls fehlt es an der nach § 73 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB V erforderlichen ärztlichen Verordnung. Auch der Träger der öffentlichen Jugendhilfe war in diesem Zusammenhang nicht beizuladen, ohne dass darauf einzugehen ist, ob der Beklagte nicht auch als Jugendhilfeträger für die in Betracht kommende Leistung nach § 35a Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) zuständig wäre. Denn ohnedies besteht eine vorrangige Leistungspflicht des beklagten Sozialhilfeträgers (Leistungen der Eingliederungshilfe für ua geistig behinderte junge Menschen) gemäß § 10 Abs 4 SGB VIII(in der seit 1.10.2005 geltenden Fassung; vgl zum Ganzen BSGE 110, 301 ff RdNr 15 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Da beim Kläger jedenfalls eine wesentliche geistige Behinderung vorliegt, kann dahinstehen, ob sich eine Maßnahmenotwendigkeit auch aufgrund einer seelischen (= psychischen) Behinderung ergeben würde. Anhaltspunkte dafür liegen jedenfalls nicht vor. Ob die KK nach § 75 Abs 2 2. Alt SGG (unechte notwendige Beiladung) als anderer möglicher Leistungsträger hätte beigeladen werden müssen, ist mangels entsprechender Rüge vom Senat nicht zu prüfen (zur Rügepflicht im Revisionsverfahren nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b mwN).

14

Vor einer Beiladung der Therapeutin ist der Senat indes gehindert, über die von der Revision aufgeworfenen materiellrechtlichen Fragen für das LSG bindend (§ 170 Abs 5 SGG) zu entscheiden, weil anderenfalls das rechtliche Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention)der Beizuladenden verletzt würde (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen stellen damit lediglich Entscheidungshilfen für das LSG dar.

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Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Kostenübernahme durch den zuständigen (§ 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 2 Satz 1 SGB XII und §§ 1, 2 AG-SGB XII)Beklagten - zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG entgegen § 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung (ZPO) befugt(vgl BSGE 103, 39 ff RdNr 12 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1) - bilden § 19 Abs 3(in den Normfassungen des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - und des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 - BGBl I 453) iVm § 53 Abs 1 Satz 1(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022), § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII(in den Normfassungen des Gesetzes vom 27.12.2003 und des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.7.2009 - BGBl I 2495) und § 12 Abs 1 Nr 1 Eingliederungshilfe-Verordnung - Eingliederungshilfe-VO -(in der Fassung, die diese durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat) iVm § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII(in den Normfassungen des Gesetzes vom 27.12.2003 und vom 24.3.2011).

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Ob der Kläger nach diesen Vorschriften für die Zeit ab 1.1.2008 einen Anspruch auf Übernahme der Kosten hat, lässt sich anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht abschließend beurteilen. Der Kläger hätte einen Anspruch auf Kostenübernahme - ohne Berücksichtigung von Vermögen und ohne Berücksichtigung seines Einkommens und des Einkommens seiner Eltern (§ 92 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB XII) - nur dann, wenn es sich bei der systemischen Bewegungstherapie um eine privilegierte Maßnahme nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII handeln würde, also eine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII. Danach werden Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung - (nur) an Personen erbracht, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der Kläger nach den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG durch seine Sehbehinderung in seiner körperlichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 4 Eingliederungshilfe-VO), vor allem aber in seiner geistigen Funktion wesentlich (zur Wesentlichkeit vgl nur BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 10 RdNr 14 mwN) beeinträchtigt ist (§ 2 Abs 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-VO).

17

Der geltend gemachte Anspruch bestünde nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 92 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB XII, wenn es sich um eine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht) handeln würde. Eine abschließende Beurteilung dazu ist nicht möglich. Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung umfasst nach § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahme erforderlich und geeignet ist, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern.

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Wie bereits § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII verdeutlicht ("nach der Besonderheit des Einzelfalles"), liegt § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO ein individualisiertes Förderverständnis zugrunde(BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22). Grundsätzlich kommen alle Maßnahmen in Betracht, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 101, 79 ff RdNr 27 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 1), soweit es sich nicht um solche handelt, die dem Kernbereich der eigentlichen Schulbildung zuzurechnen sind (vgl zuletzt BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 10 RdNr 15 f). Zu diesem Kernbereich gehört die lediglich unterstützende Tätigkeit der Therapeutin außerhalb des Schulbetriebs nicht.

19

Jedoch hat das LSG weder den konkreten Inhalt der mit dem Kläger durchgeführten Therapie festgestellt noch dazu Ausführungen gemacht, wie sich die Therapie im Einzelnen auf seine Lernfähigkeit auswirkt. Das LSG hat nur begründet, weshalb aus seiner Sicht beim Kläger neben den durch die Schule geleisteten Integrationshilfen weiterer Förderbedarf bestehe. Inwieweit die Therapie jedoch die Verbesserung schulischer Fähigkeiten des Klägers zum Ziel hat, kann anhand der Ausführungen des LSG nicht nachvollzogen werden; zumindest genügen allgemein gehaltene Bewertungen der Therapie und ihrer Ziele sowie eine allgemein gehaltene Umschreibung der angewandten Methoden anhand von Internetrecherchen oder anderen Publikationen für die notwendige individuelle Beurteilung nicht (BSGE 110, 301 ff RdNr 23 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8); denn daraus lassen sich weder Schlüsse auf konkrete Inhalte noch auf erfolgversprechende Therapieansätze im konkreten Einzelfall ziehen.

20

Anders als der Beklagte meint, kann dem Kläger allerdings nicht entgegengehalten werden, er besuche eine seiner Behinderung nicht angemessene Schule und dieser Bildungsgang vermittele keine angemessene Schulbildung. Dies würde im Ergebnis zu einer unzulässigen inzidenten Prüfung der Entscheidung der Schulbehörde über die Erfüllung der Schulbesuchspflicht durch den Sozialhilfeträger im Rahmen der §§ 53 ff SGB XII führen.

21

Eine allgemeingültige Definition dessen, was unter einer angemessenen Schulbildung zu verstehen ist, findet sich weder im SGB XII noch im SGB IX; auch in § 12 Eingliederungshilfe-VO sind nur beispielhaft ("umfasst auch") Maßnahmen benannt, die Gegenstand der möglichen Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung sein können. Die Entscheidung darüber, was im Einzelfall für das behinderte Kind eine angemessene Schulbildung ist, beurteilt sich, wie der Verweis in § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Halbsatz SGB XII deutlich macht, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, nach den Schulgesetzen der Länder. Der Sozialhilfeträger ist folglich an die Entscheidung der Schulverwaltung über die Erfüllung der Schulpflicht eines behinderten Kindes in einer Schule bzw über eine bestimmte Schulart gebunden (BVerwGE 123, 316 ff; 130, 1 ff; BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 5; Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, § 54 SGB XII RdNr 48; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 54 SGB XII RdNr 45 und 55; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 54 RdNr 43 a, Stand Februar 2010; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 54 SGB XII RdNr 40; Bieritz-Harder in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 54 SGB XII RdNr 55; vgl zur Letztverantwortlichkeit der Schulbehörde über die Form des Schulbesuchs für förderungsbedürftige Kinder auch BVerfGE 96, 288 ff). Deshalb verfängt auch, solange die Schulbehörde an ihrem Bescheid vom 8.7.2004 festhält, der auf das sog Nachrangprinzip des § 2 SGB XII gestützte weitere Einwand des Beklagten nicht, der Kläger hätte der Schulbesuchspflicht eigentlich in einer Sonderschule genügen müssen, weil er aufgrund seiner Behinderung gar nicht in der Lage sei, dem Schulbetrieb an der Waldorfschule zu folgen. Soweit der Beklagte mit seiner Revision in diesem Zusammenhang eine fehlerhafte Auslegung des Landesschulrechts durch das LSG rügt, kommt es darauf - unabhängig davon, ob der Senat diese Auslegung überhaupt überprüfen dürfte (§ 202 SGG iVm § 560 ZPO) -für die Entscheidung nicht an.

22

Bei seiner Entscheidung wird das LSG zu berücksichtigen haben, dass das SG zu Unrecht nur ein Grundurteil erlassen hat (vgl zu den Konsequenzen BSG, Urteil vom 25.4.2013 - B 8 SO 21/11 R RdNr 18); sollten die Kosten bezahlt werden, wäre die Klage umzustellen (§ 99 Abs 3 Nr 3 SGG). Nur dann wären der Umfang der Maßnahme und die Höhe der Vergütung nicht näher zu prüfen, weil der Kläger dann einen einem Grundurteil zugänglichen Erstattungsanspruch geltend machen würde.

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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig bis zum Ende des Schuljahres 2014/2015 Eingliederungshilfe gemäß § 35 a SGB VIII in Form einer ambulanten Schulbegleitung für 22 Stunden pro Woche zu gewähren.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

 
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin (§ 87a Abs. 2 u. 3 VwGO).
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO, durch die der Antragsgegner verpflichtet werden soll, dem Antragsteller vorläufig bis zum Ende des Schuljahres 2014/2015 Eingliederungshilfe gemäß § 35 a SGB VIII in Form einer ambulanten Schulbegleitung für 22 Stunden pro Woche zu gewähren, ist zulässig und begründet.
Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Ferner sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind in beiden Fällen (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), dass einerseits ein Anspruch glaubhaft gemacht wird, dessen vorläufiger Sicherung die begehrte Anordnung dienen soll (Anordnungsanspruch), und dass andererseits die Gründe glaubhaft gemacht werden, die eine gerichtliche Eilentscheidung erforderlich machen (Anordnungsgrund).
Grundsätzlich dient die einstweilige Anordnung nur der vorläufigen Sicherung eines Anspruchs bzw. der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses. Mit der vom Antragsteller begehrten Entscheidung würde die Hauptsache aber - zumindest zeitweise - vorweggenommen. In einem solchen Fall sind an die Prüfung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch qualifiziert hohe Ansprüche zu stellen, d.h. der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nur in Betracht, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht und der Antragsteller ohne die einstweilige Anordnung unzumutbar Nachteilen ausgesetzt wäre (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 14.12.1989 - 2 ER 301/89 -, juris; s. auch Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl., 2008, Rn. 190 und 200 ff. m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.
Der Antragsteller hat einen Anspruch auf vorläufige Weiterbewilligung einer Schulbegleitung im Umfang von 22 Wochenstunden zum Besuch der 6. Klasse der Gemeinschaftsschule in X nach den o.g. Maßgaben hinreichend glaubhaft gemacht.
Der Antragsteller leidet an einer Autismus-Spektrum-Störung (Asperger-Syndrom). Dass der Antragsteller grundsätzlich Anspruch auf Eingliederungshilfe gemäß § 35 a SGB VIII hat, ist zwischen den Beteiligten unstreitig; streitig ist nur der Umfang der vom Antragsgegner als Jugendhilfeträger zu gewährenden Hilfe.
Seit 2007 wird dem Antragsteller vom Antragsgegner ambulante Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten für eine Integrationshilfe gewährt, zunächst für den Besuch des Kindergartens und seit 14.09.2009 für den Besuch der Schule. Mit Bescheid vom 16.10.2009 hatte der Antragsgegner den Umfang der Schulbegleitung auf 20 Wochenstunden festgesetzt. In der Folgezeit wurde der Betreuungsumfang mehrfach in einem Bereich zwischen 20 und 22 Stunden geändert. Mit Bescheid vom 30.07.2014 reduzierte der Antragsgegner den Umfang der Schulbegleitung für das Schuljahr 2014/2015 ab 15.09.2014 von 22 auf 20 Wochenstunden und ab 01.11.2014 auf 15 Wochenstunden. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2014 zurück. Er begründete seien Widerspruchsbescheid zusammengefasst damit, dass gemäß § 10 SGB VIII Hilfen nach dem SGB VIII gegenüber den schulischen Verpflichtungen nachrangig seien. Pädagogische Aufgaben seien dem originären Kernbereich der Schule zuzurechnen. Ein Teil der von der Schule genannten Aufgaben, bei denen eine Unterstützung des Antragstellers durch die Schulbegleitung erfolgen solle, unterlägen eindeutig dem Kernbereich der Schule. Für die dem Jugendhilfeträger obliegenden Assistenzleistungen seien 15 Wochenstunden mehr als ausreichend. Die bisher geleistete Hilfe habe darüber hinaus schon eine positive Wirkung auf den Schulalltag genommen, so dass es gerechtfertigt sei, den Hilfebedarf anzupassen. Für den Schuljahresbeginn seien in der Eingewöhnungsphase noch 20 Stunden festgesetzt und erst nach den Herbstferien sei eine Begrenzung auf 15 Stunden vorgenommen worden. Eine zwischenzeitlich erfolgte Hospitation einer Mitarbeiterin des Antragsgegners in der Schulklasse des Antragstellers am 09.10.2014 mit und ohne Anwesenheit der Schulbegleiterin habe keine Erkenntnisse erbracht, die eine Schulbegleitung im Aufgabenbereich des Jugendamtes rechtfertige.
Nach der im Eilverfahren möglichen Prüfung spricht zunächst alles dafür, dass eine Schulbegleitung im Umfang von 15 Wochenstunden den tatsächlichen Hilfebedarf des Antragstellers nicht zu decken vermag.
10 
Nach der Stellungnahme der Schulleiterin vom 11.11.2014 handelt es sich bei der vom Antragsteller besuchten Gemeinschaftsschule um eine Ganztagesschule mit 34 Wochenstunden Unterricht. Das bedeute, dass sowohl Einzelstunden in den Kernfächern als auch Lern- und Übungszeiten sowie projektorientiertes Arbeiten am Nachmittag stattfinde. Der Antragsteller hat nach dem vorgelegten Stundenplan an vier Tagen in der Woche Nachmittagsunterricht. Dass die bewilligten 15 Zeitstunden rein zeitlich nicht ausreichen, eine Schulbegleitung in allen Schulstunden sicherzustellen, ist unstreitig. Nach der Darstellung der Eltern des Antragstellers sowie der Schulleiterin reichten die vorhandenen Betreuungsstunden schon vor der Kürzung nicht aus, den Bedarf zu decken. Dies habe dazu geführt, dass insbesondere für den Nachmittagsunterricht keine Schulbegleitung zur Verfügung gestanden habe. Nach der Stellungnahme der Schulleiterin vom 11.11.2014 passiere es in diesen Situationen häufig, dass der Antragsteller die Mitarbeit verweigere, den Unterricht massiv störe und in Konflikte mit seinen Mitschülern gerate. Unterricht sei dann nicht mehr möglich, so dass der Antragsteller nach Absprache mit den Eltern in solchen Situationen nach Hause geschickt worden sei (zu den konkreten Fehlzeiten vgl. die Mail der Schulleiterin vom 07.01.2015). Diese Vorgehensweise habe aber dazu geführt, dass sich die Schulleistungen des Antragstellers wegen zu viel verpasstem Unterrichtsstoff deutlich verschlechtert hätten. Aus schulischer Sicht bestehe die Gefahr, dass sich die Leistungen des Antragstellers weiter verschlechterten, da ihm wichtiger Unterrichtsstoff fehle und er diesen auch nicht alleine zu Hause nacharbeiten könne. Die hohen Fehlzeiten des Antragstellers hätten auch Auswirkungen auf sein Sozialverhalten. Er gerate immer häufiger in Auseinandersetzungen mit Mitschülern, vergreife sich im Ton gegenüber Lehrkräften und es falle ihm schwer, sich an vereinbarte Regeln zu halten. Aufgrund des Leistungsabfalls sowohl im Arbeits- als auch im Sozialverhalten sei das Erlangen einer angemessenen Schulbildung deutlich gefährdet.
11 
Zur Rechtfertigung der Stundenkürzung beruft der Antragsgegner sich zum einen darauf, dass die bisher geleistete Hilfe schon eine positive Wirkung auf den Schulalltag gehabt habe, so dass es entsprechend der Hilfeplanfortschreibung vom 17.11.2014 gerechtfertigt sei, den Hilfebedarf anzupassen. Dies habe auch ein Besuch einer Mitarbeiterin in der Klasse des Antragstellers am 09.10.2014 ergeben, bei dem diese den Antragsteller mit und ohne Anwesenheit der Schulbegleiterin beobachtet habe.
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Dass die Fortschritte des Antragstellers eine Kürzung der Schulbegleitung auf 15 Stunden rechtfertigen, lässt sich an Hand der vorgelegten Akten nicht nachvollziehen. Dies erscheint schon deshalb zweifelhaft, weil der Antragsgegner bereits mit Bescheid vom 30.07.2014 den Umfang der Schulbegleitung ab dem 01.11.2014 auf 15 Wochenstunden gekürzt hat, ohne dass zu diesem Zeitpunkt eine konkrete Bedarfserhebung oder eine Hilfeplanfortschreibung unter Einschaltung der Schule erfolgt ist, aus der sich ein verminderter Hilfebedarf des Antragstellers zum 01.11.2014 herleiten lässt. Aus den im Eilverfahren vorgelegten Behördenakten ergibt sich jedenfalls in dieser Hinsicht nichts Konkretes. Der Kammer ist vielmehr aus Parallelverfahren (etwa 7 K 4809/14 und 7 K 453/15) bekannt, dass der Antragsgegner unter Berufung auf das Rechtsgutachten Prof. Dres. Kepert und Pattar, Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl, vom März 2014 bei Kindern mit einer Autismus-Spektrum-Störung die Schulbegleitung grundsätzlich auf 15 Wochenstunden reduziert hat, weil nach seiner Auffassung vom Schulbegleiter überwiegend Aufgaben übernommen werden, die in den Aufgabenbereich der Schule fallen. Etwas anderes folgt im vorliegenden Fall auch nicht aus der Tatsache, dass eine Mitarbeiterin des Antragsgegners am 09.10.2014 die Klasse des Antragstellers besucht, dessen Beschulung mit und ohne Schulbegleiter beobachtet und den Verlauf der Unterrichtsstunden ausweislich des Protokolls des Hilfeplangespräches vom 17.11.2014 als positiv bezeichnet hat. Nach Darstellung der Schulleiterin (vgl. überarbeitetes Protokoll des Hilfeplangespräches vom 17.11.2014) habe die Hospitation zwei Stunden gedauert und sei nicht aussagekräftig. Der Antragsteller habe sich „mächtig angestrengt“, was ihn viel Energie gekostet habe. Ein detailliertes Protokoll über den Schulbesucht, etwa wann und in welchen Schulstunden er erfolgt ist und welcher konkrete Hilfebedarf sich aus den Beobachtungen ergibt, ist in den vorgelegten Akten nicht vorhanden. Wie die Eltern des Antragstellers in ihrer Widerspruchsbegründung nachvollziehbar dargelegt haben, sei insbesondere nach der Pause und dem anschließenden Nachmittagsunterricht eine Strukturierung des weiteren Ablaufs dringend notwendig, da auch gerade durch Erschöpfungszustände Problemsituationen vermehrt entstehen könnten. Auch die Stellungnahme der Schulleiterin vom 11.11.2014 spricht dagegen, dass eine Reduzierung des Umfangs der Schulbegleitung sich aus einem verminderten Hilfebedarf des Antragstellers herleiten lässt. Dass S. den Nachmittagsunterricht selbständig bewältigen kann, ist daher - folgerichtig - nur als Ziel in der Hilfeplanfortschreibung vom 17.11.2014 genannt.
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Zur Rechtfertigung der Stundenkürzung beruft der Antragsgegner sich zum anderen darauf, dass für einen Teil der Aufgaben, bei denen eine Unterstützung des Antragstellers durch die Schulbegleitung erfolgen solle, die Schule und nicht das Jugendamt zuständig sei. Auch dieser Einwand stellt den Anordnungsanspruch nicht mit Erfolg in Frage.
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Richtig ist, dass die Vermittlung einer angemessenen (nicht optimalen) Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht vorrangig Aufgabe der staatlichen Schulverwaltung ist. Dies ergibt sich aus § 10 Abs. 1 SGB VIII, wonach Verpflichtungen anderer, insbesondere der Schulen, durch das SGB VIII nicht berührt werden. Gemäß § 15 Abs. 4 SchulG BW ist die Förderung behinderter Schüler auch Aufgabe in den anderen Schularten als den Sonderschulen. Behinderte Schüler werden in allgemeinen Schulen unterrichtet, wenn sie aufgrund der gegebenen Verhältnisse dem jeweiligen gemeinsamen Bildungsgang in diesen Schulen folgen können. Sofern die Schulverwaltung eine Sonderschulpflicht nicht feststellt, umfasst die schulische Verpflichtung einer Regelschule im Einzelfall daher grundsätzlich auch die Erbringung eines sonderpädagogischen Bedarfs und die Inklusion von behinderten Schülern in den Klassenverband. Die Rechtsprechung geht allerdings davon aus, dass auf jugendhilferechtliche Eingliederungsmaßnahmen wie die Bereitstellung eines Schulbegleiters zurückgegriffen werden kann, um den Schulbesuch zu ermöglichen oder zu erleichtern (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.01.2003 - 9 S 2268/02 -, Rn. 5 f., juris). Dabei ist der Jugendhilfeträger an die Entscheidung der Schulverwaltung über die Zuweisung des schulpflichtigen behinderten Kindes an eine bestimmte Schule oder Schulart gebunden (vgl. BVerwG, Urt. vom 28.04.2005 - 5 C 20/04 -, Rn. 11, juris). Eingliederungshilfen sind unterstützende Leistungen; im „Kernbereich der pädagogischen Aufgaben der Schule“ sind sie regelmäßig nicht zu erbringen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.10.2012 - 5 C 21/11 -, Rn. 37; BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -; jeweils juris).
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Im vorliegenden Fall ist grundsätzlich streitig, inwieweit bei der Beschulung eines Kindes mit dem sog. Asperger-Syndrom, welches durch eine Abweichung der wechselseitigen sozialen Interaktion bei fehlendem Rückstand von Sprache und kognitiver Entwicklung gekennzeichnet ist (vgl. Definition nach ICD-10 F84.5), die Schule vorrangig leistungspflichtig ist. Diese Frage braucht im Eilverfahren jedoch nicht geklärt zu werden. Der Antragsgegner verkennt in seiner Entscheidung, dass die Frage, ob die nachrangige Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers gemäß § 10 Abs. 1 SGB VIII greift, nicht zu Lasten des Leistungsberechtigten entschieden werden darf. Allein das mögliche Bestehen einer vorrangigen Leistungspflicht der Schule lässt die nachrangige Leistungspflicht des Jugendhilfeträgers dann nicht entfallen, wenn die vorrangige Pflicht, aus welchen Gründen auch immer, nicht erfüllt wird. Vielmehr dient die bei Unklarheiten bezüglich der Zuständigkeiten oder Umsetzungsproblemen aktivierte „Ausfallbürgschaft“ des Jugendhilfeträgers gerade dem Zweck, auf jeden Fall die Leistung sicherzustellen. Lässt sich eine integrative Beschulung nur durch die zusätzliche Unterstützung durch einen Schulbegleiter sicherstellen, so besteht - trotz grundsätzlichem Vorrang der Schule nach § 10 Abs. 1 SGB VIII, die vorliegend jedoch nach dem oben Gesagten die notwendige Hilfe nicht sicherstellt -, gegenüber dem Jugendamt ein entsprechender Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII (ebenso OVG NW, Urteil vom 22.08.2014 - 12 A 3019/11 -, Rn. 80, juris; DIJuF-Rechtsgutachten vom 16.10.2014, JAmt 2014, 561 ff., und vom 17.10.2014, JAmt 2014, 558 ff.; Meysen in Münder u.a., Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl., § 10 Rn. 2, 22 f.; Wiesner, Kommentar zum SGB VIII, 4. Aufl., § 10 Rn. 25; Kunkel, LPK zum SGB VIII, 4. Aufl., § 10 Rn. 7, 34 ff.; jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung). Ob und in welchem Umfang dem Antragsgegner wegen seiner Aufwendungen ein Erstattungsanspruch zusteht, braucht im vorliegenden Verfahren nicht geklärt zu werden.
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Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund, d.h. eine besondere Eilbedürftigkeit gerichtlichen Rechtsschutzes, glaubhaft gemacht. Wie sich aus der Stellungnahme der Schulleiterin vom 11.11.2014 schlüssig ergibt, ist bei einer Kürzung der Schulbegleiterstunden auf 15 Wochenstunden die erfolgreiche Beschulung sowie die soziale Integration des Antragstellers konkret gefährdet. Angesichts der Fehlzeiten des Antragstellers haben seine Eltern ab dem 08.12.2014 zwar vorübergehend eine weitere Schulbegleitung privat finanziert, damit der Antragsteller montags, dienstags und donnerstags wieder am Nachmittagsunterricht teilnehmen kann. Sie haben aber mit Schriftsatz vom 21.01.2015 glaubhaft gemacht, dass ihnen die finanzielle Belastung auf Dauer nicht zuzumuten ist. Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankommt, sei darauf hingewiesen, dass die Eltern des Antragstellers zudem unbestritten vorgetragen haben, die Schulbegleiterin betreue den Antragsteller ab Februar 2015 nur noch im Umfang von 15 Zeitstunden, da die AWO einer privaten Kostenübernahme widerspreche.
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Sofern sich während des laufenden Schuljahres entscheidungserhebliche Änderungen ergeben, ist es dem Antragsgegner unbenommen, einen Abänderungsantrag zu stellen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 S. 2 VwGO.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter hat schon vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Er kann insbesondere

1.
die Beteiligten zur Erörterung des Sach- und Streitstandes und zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits laden und einen Vergleich entgegennehmen;
2.
den Beteiligten die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze, die Vorlegung von Urkunden, die Übermittlung von elektronischen Dokumenten und die Vorlegung von anderen zur Niederlegung bei Gericht geeigneten Gegenständen aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen;
3.
Auskünfte einholen;
4.
die Vorlage von Urkunden oder die Übermittlung von elektronischen Dokumenten anordnen;
5.
das persönliche Erscheinen der Beteiligten anordnen; § 95 gilt entsprechend;
6.
Zeugen und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden.
7.
(weggefallen)

(2) Die Beteiligten sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen.

(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einzelne Beweise erheben. Dies darf nur insoweit geschehen, als es zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Gericht sachdienlich und von vornherein anzunehmen ist, daß das Gericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.