Verwaltungsgericht Trier Urteil, 18. Feb. 2016 - 2 K 3757/15.TR
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin erstrebt mit der vorliegenden Klage weitere Eingliederungshilfe in Form der Schulbeförderung von ihrem Wohnort in B... zur privaten Grundschule St. ... in A... sowie der Gewährung einer zusätzlichen Integrationshilfe für die Zeit der Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag in der Grundschule.
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Der Klage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
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Die Klägerin wurde am 01. Januar 2007 geboren. Ausweislich des Berichts der Tagesklinik C... für Kinder- und Jugendpsychiatrie der ... Fachklinik D... vom 21. März 2014 wurden bei der Klägerin ein Asperger-Syndrom (ICD-10: F84.5 G) sowie eine tiefgreifende Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung (ICD-10: F80.20 G) diagnostiziert. Derzeit besucht die Klägerin die zweite Klasse der privaten Grundschule ... in A..., in der sie auch die Hausaufgaben im Rahmen der allgemeinen Hausaufgabenbetreuung erledigt.
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Die Klägerin besuchte im Schuljahr 2013/2014 die erste Klasse in der Grundschule in E... Am 07. Mai 2014 beantragten die Eltern der Klägerin beim Beklagten erstmals die Gewährung von Jugendhilfe. Daraufhin fand im Juni 2014 ein Hilfeplangespräch zur Ausgestaltung der Hilfe für die Klägerin statt. Nach Erstellung eines Hilfeplans wurden der Klägerin mit Bescheid vom 04. Juni 2014 bis zu zehn Therapieeinheiten im Monat für die autismusspezifische Einzelförderung, für die Beratung der Eltern und der Bezugsperson in der Schule sowie die notwendigen Fahrtkosten des Fachpersonals des Autismus-Therapiezentrums F... zur Grundschule und zu ihrer Familie vom 01. Juni 2014 bis zum 31. Juli 2014 bewilligt. Mit Bescheiden vom 10. Juli 2014 und vom 30. Juli 2015 wurde die Therapie weiterhin bewilligt bis zum 31. Juli 2016.
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Am 09. Juli 2014 beantragten die Eltern der Klägerin über die bereits gewährten Leistungen hinaus „Integrationshilfe“. Im Rahmen des Gespräches zur Ausgestaltung der Hilfe wurde über die Frage der richtigen Beschulung der Klägerin sowie über die Möglichkeit einer Integrationshilfe gesprochen. Der Beklagte sah vor, dass eine Integrationshilfe in der Grundschule E... zum Schuljahr 2014/2015 eingesetzt werden sollte. Die Eltern der Klägerin äußerten jedoch den Wunsch, dass die Klägerin zum nächsten Schuljahr auf die integrative Grundschule ... in A... wechseln solle. Der Beklagte hatte Bedenken dagegen, die Klägerin außerhalb des sozialen Umfeldes zu beschulen. Dies sei für die Integration im sozialen Umfeld nicht ratsam. Zudem wies er darauf hin, dass die Zubringung nach A... nicht geregelt sei.
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Die Klägerin wechselte gleichwohl die Grundschule mit Genehmigung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier auf Wunsch ihrer Eltern und wiederholte in der Grundschule ... in A... die erste Schulklasse.
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Mit Bescheid vom 03. September 2014 wurde der Klägerin Eingliederungshilfe in Form einer Integrationshilfe zur Wahrnehmung der allgemeinen Schulpflicht während der verpflichtenden Unterrichtszeiten in der Grundschule ... bewilligt. Die Integrationshilfe wurde zunächst ab dem 09. September 2014 bis zum 06. Juli 2015 gewährt. Mit Bescheid vom 14. August 2015 wurde sie aufgrund des Hilfeplans vom 06. Juli 2015 weiterbewilligt bis zum 17. Juli 2016. Zudem wurde der Klägerin für das Schuljahr 2015/2016 Integrationshilfe für bis zu einer Stunde Förderunterricht pro Woche bewilligt.
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Mit E-Mail vom 22. September 2014 beantragten die Eltern der Klägerin zusätzliche Eingliederungshilfe für die Zubringung zur privaten Grundschule. Das Schulzentrum ...unterrichte seit zehn Jahren nach dem TEACHH-Modell und sei somit für Autisten hervorragend geeignet.
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Mit Antrag vom 25. Februar 2015 und E-Mail vom 16. März 2015 beantragten die Eltern der Klägerin zudem Integrationshilfe für die Zeit der Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag. Die Hausaufgaben könne die Klägerin nicht zu Hause erledigen. Dies führe immer wieder zu Streit und Verwirrung. Die Sphären von Schule und zu Hause müssten für die Klägerin getrennt sein. In der Schule könne die Klägerin - anders als zu Hause - ihre Hausaufgaben ordnungsgemäß und zufriedenstellend erledigen. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Hausaufgabenerledigung zu Hause sei die Klägerin zwar von den Hausaufgaben befreit worden. Dies sei jedoch keine Lösung, weil sie den Stoff so nicht richtig erlerne.
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Im April wurde den Eltern der Klägerin im Rahmen eines Gespräches mitgeteilt, dass weder eine Schülerbeförderung, noch eine Integrationshilfe für die Hausaufgabenbetreuung bewilligt werden könne. Zudem wurden andere Beschulungsmöglichkeiten aufgezeigt.
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Mit Bescheid vom 22. Mai 2015 wurden die Anträge der Klägerin abgelehnt. Der Beklagte begründete die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Eingliederungshilfe sich nicht auf die Einrichtung einer Einzelbeförderung zu einer selbst gewählten Schule beziehen würde, insbesondere dann nicht, wenn andere behinderungsgerechte Beschulungsmöglichkeiten samt Beförderung angeboten würden. Die grundsätzliche Geeignetheit des Schulbesuchs in der gewählten privaten Grundschule werde nicht infrage gestellt. Allerdings habe man in zahlreichen Gesprächen mitgeteilt, dass die Beförderung zur Grundschule in A... in den eigenen Verantwortungsbereich falle.
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Auch die Gewährung von zusätzlichen Stunden der Integrationshilfe für die Zeit der Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag in der Grundschule ... sei nicht von den Leistungen der Eingliederungshilfe umfasst. Aus Sicht des Beklagten sei ein wesentliches Ziel der beantragten Hilfe die Entlastung der Eltern bzw. die Entschärfung der häuslichen Situation bei der Bearbeitung der Hausaufgaben. Es sei auch zu berücksichtigen, dass Hausaufgaben im häuslichen Umfeld bearbeitet werden sollen. Dies ergebe sich bereits aus dem Begriff „Hausaufgaben“. Für Grundschulen sei nach § 37 Abs. 1 der Schulordnung für die öffentlichen Grundschulen geregelt, dass Hausaufgaben so zu stellen seien, dass die Schülerinnen und Schüler sie ohne außerschulische Hilfe in angemessener Zeit bewältigen können. Umfang und Schwierigkeitsgrad seien dabei dem Alter und dem individuellen Leistungsvermögen der Schülerinnen und Schüler anzupassen.
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Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 15. Juni 2015 Widerspruch ein. Sie machte geltend, dass die Aufzählung der in Betracht kommenden Eingliederungshilfe in den einschlägigen Vorschriften nur beispielhaft sei. Zu den Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung gehörten somit auch Hilfen, die den behinderten Menschen den Besuch der Schule erst ermöglichen. Maßgeblich sei, ob die Beschulung auf der Grundschule ... A... „erforderlich“ sei, um ihre Teilhabe an der schulischen Bildung sicherzustellen. Alle Beteiligten hätten die Grundschule A... als besonders geeignet für die Beschulung der Klägerin angesehen. Zudem sei nicht ersichtlich, wo die Beschulung stattfinden solle, wenn nicht in der Grundschule St. Martin. Keine andere Schule in vertretbarer Nähe sei für die Beschulung der Klägerin in gleicher Weise geeignet. Auch bezüglich der Hausaufgabenhilfe verkenne der Beklagte, dass der Katalog der Hilfen nicht abschließend sei. Der Begriff der Schulbildung sei weit zu verstehen. Es seien alle Maßnahmen zur Ermöglichung der Leistung des Schulbesuches umfasst, auch die Unterstützung bei der Bewältigung der Hausaufgaben.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei Aufgabe der zuständigen Schulbehörde, zu entscheiden, welche Schulform die geeignete ist. Es handle sich hierbei nicht um eine Frage, die der zuständige Jugendhilfeträger zu beantworten habe. Für eine Überweisung an die Grundschule ... habe aus schulischer Sicht keine Veranlassung bestanden. Im Gegenteil: Die Klassenlehrerin der Klägerin in der Grundschule E... habe keine auffälligen Leistungsdefizite feststellen können und habe den Aufstieg in die zweite Klasse für unproblematisch gehalten. Die Schwierigkeiten bei der Integration im sozialen Umfeld, die Kontaktprobleme und die Schwierigkeiten bei Abweichungen vom regulären Tagesablauf würden durch den Schulwechsel nicht behoben. Die Beschulung in der privaten Grundschule sei nicht „erforderlich“ im Sinne der maßgeblichen Vorschriften. Für den Besuch in der Grundschule E... werde eine kostenlose Schülerbeförderung angeboten. Damit stehe der allgemeine sozialhilferechtliche Nachranggrundsatz der Verpflichtung zur Übernahme der Fahrtkosten entgegen. Es gebe auch keine hinreichenden oder gar zwingenden Gründe dafür, dass gerade der Besuch einer privaten Grundschule zur Erlangung einer angemessenen Schulausbildung erforderlich wäre. Die zusätzlichen Stunden der Integrationshilfe für die Zeit der Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag seien ebenfalls nicht „erforderlich“. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass die Betreuung im häuslich-familiären Bereich aus zwingenden, insbesondere pädagogischen Gründen, nicht in ähnlicher Weise möglich wäre. Zweifel an der Erforderlichkeit folgten auch daraus, dass die Eltern der Klägerin sich eine eigene Entlastung am Nachmittag durch eine zusätzliche Hausaufgabenbetreuung erhofften.
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Die Klägerin hat am 14. Dezember 2015 Klage erhoben. Sie verfolgt unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrages aus dem Verwaltungsverfahren ihr Begehren weiter. Sie trägt überdies vor, dass die Entscheidung über die Art, den Umfang und die zeitliche Dauer der Hilfe im Grundsatz maßgeblich von der Beurteilung der Notwendigkeit der Hilfe aufgrund der individuellen Situation abhänge. Dem Jugendamt stehe insoweit aber kein Beurteilungsspielraum zu. Der Beklagte habe in der schwierigen Situation die Wahl einer geeigneten Schule nicht erarbeitet und angeboten. Das Bundesverwaltungsgericht habe den Grundsatz aufgestellt, dass auch dann, wenn die Krankenkasse die Therapie bezahlt, es am Träger der Eingliederungshilfe sei, die Fahrtkosten zu übernehmen. Es liege damit auf der Hand, dass erst Recht im vorliegenden Fall, in dem der Besuch der Privatschule für die Klägerin erforderlich sei, um ihr die Teilhabe an der schulischen Bildung zukommen zu lassen, die Fahrten unumgänglich seien, um den Zweck der Teilhabe sicherzustellen. Die Begründung des Bescheides sei völlig unzureichend. Die Hausaufgabenunterstützung gehöre zweifelsfrei zu den Leistungen, die den Schulbesuch förderten. Die Erforderlichkeit der Begleitung bei den Schulaufgaben in der Schule liege - wie bei der Bewältigung des Unterrichts – auf der Hand.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 22. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2015 aufzuheben und ihn zu verpflichten, den Umfang der gewährten schulischen Integrationshilfe um die Zeiten der Hausaufgabenbetreuung zu erhöhen und den Einsatz eines Fahrdienstes zur Schule zu bewilligen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt vor, dass aus schulischer Sicht keine Notwendigkeit eines Schulwechsels bestanden habe. Von keiner Seite sei vertreten worden, dass die Beschulung in E... ungeeignet sei. Die Übernahme von Fahrtkosten zur „Wunschschule“ könne daher nicht erfolgen. Die weitere Beschulung an der Grundschule E... mit Einsatz einer Integrationshilfe sei möglich gewesen. In der Schwerpunktschule C... sei der Unterricht auf die Fähigkeiten und den individuellen Förderbedarf abgestimmt. Bezüglich der Hausaufgabenhilfe trägt der Beklagte vor, dass es nicht Aufgabe der Eingliederungshilfe sei, häuslichen Aufwand zu vermeiden. Im Rahmen der Beschulung seien Hausaufgaben solche Aufgaben, die Schüler in der unterrichtsfreien Zeit bearbeiten sollen. Im Übrigen finde nunmehr eine Betreuung am Nachmittag statt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
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Die als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage statthafte und zulässige Klage ist unbegründet. Der Ablehnungsbescheid vom 22. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin damit nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 S.1 Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2490) geändert worden ist (VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Eingliederungshilfe in dem von ihr geltend gemachten Umfang.
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1. Die Klägerin hat gem. § 35a Abs. 1 des Achten Buchs Sozialgesetzbuch – Kinder und Jugendhilfe – in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1802) geändert worden ist (SGB VIII), einen Anspruch auf Eingliederungshilfe, jedoch nicht über die bereits gewährte Hilfe hinaus. Hiernach haben Kinder und Jugendliche einen Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht (Nr. 1.) und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (Nr. 2.). Nach einhelliger Rechtsprechung ist das Autismus/Asperger-Syndrom als seelische Störung im Sinne des § 35a Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII einzustufen (VG Minden, Beschluss vom 25. Januar 2011 - 6 L 16/11 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 14. Mai 2003 - 19 K 3248/03 -; VG Augsburg, Urteil vom 28. April 2009 – Au 3 K 08.814 -; jeweils juris). Eine solche seelische Störung wurde hier mit ärztlichem Gutachten der Tagesklinik C... für Kinder- und Jugendpsychiatrie vom 21. März 2014 festgestellt. Der Beklagte hat aufgrund seiner Fachkompetenz auch eine Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gem. § 35a Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII festgestellt. Es ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 35a Abs. 1 SGB VIII vorliegen. Daher erbringt der Beklagte bereits Leistungen für eine Integrationshilfe und für Therapiestunden im Autismus-Therapiezentrum F... . Streitig ist lediglich der Umfang des Anspruchs der Klägerin.
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2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr mit der vorliegenden Klage konkret begehrten weiteren Hilfsmaßnahmen. Zwar können die beantragten Maßnahmen grundsätzlich im Rahmen der Eingliederungshilfe gewährt werden. Der Beklagte hat jedoch im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums unter Beachtung allgemeingültiger fachlicher Maßstäbe, ohne sachfremde Erwägungen und unter Beteiligung der Leistungsadressatin nachvollziehbar entschieden, dass die gewünschten Maßnahmen hier nicht erforderlich sind.
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a) Die von der Klägerin beantragten Maßnahmen können im Einzelfall von der Eingliederungshilfe umfasst sein. Gemäß § 35a Abs. 3 SGB VIII richten sich Aufgabe und Ziel der Hilfe nach den §§ 54, 56 und 57 SGB XII soweit solche Bestimmungen auf seelisch Behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden. Diese Hilfe umfasst nach § 35a Abs. 3 SGB VIII i. V. m. § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII auch die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Die im Gesetz aufgeführten Leistungen sind dabei nicht abschließend. Dies ergibt sich aus der nur beispielhaften Aufzählung (vgl. BVerwG zur Vorgängernorm § 40 BSHG „vor allem“, Urteil vom 22. Februar 2007 - 5 C 32/05 -, juris Rn. 12). Vielmehr sind alle Maßnahmen einzubeziehen, die im Rahmen der Aufgabenstellung der Eingliederungshilfe geeignet und notwendig sind (vgl. m. w. N. Nothacker, in: Fieseler/Schleicher/Busch (Hrsg.), Kinder- und Jugendhilferecht, GK –SGB VIII, Aktualisierung Nr. 33, zu § 35a SGB VIII, Rn. 38). Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne dieser Vorschrift umfasst nach § 12 Nr. 1 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfeverordnung (EinglHVO) in der Fassung vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022, 3059) auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern; § 12 Nr. 2 EinglHVO umfasst Maßnahmen der Schulbildung, wenn diese erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
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Fahrtkosten zu einer privaten Schule können damit im Einzelfall zu den Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung gehören, die dem behinderten Menschen den Besuch der Schule erst im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglHVO ermöglichen (vgl. VG München, Urteil vom 18. April 2012 – M 18 K 12.288 -, juris Rn. 28). Die Eingliederungshilfe kann Fahrtkosten dann umfassen, wenn der Besuch einer öffentlichen Schule aus objektiven oder subjektiven schwerwiegenden Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 02. September 2003 – 5 B 259/02 -, Rn. 17; BVerwG, Urteil vom 10. September 1992 – 5 C 7/87 –, Rn. 13; LSG NRW, Urteil vom 11. Juni 2014 – L 20 SO 418/11 -, Rnrn. 48ff.; jeweils juris).
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Auch die Gewährung einer Integrationshilfe für die Zeit der Hausaufgaben kann im Einzelfall von der Eingliederungshilfe gem. § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i. V. m. § 12 Nr. 1 EinglHVO umfasst sein (VG Düsseldorf, Urteil vom 02. September 2014 – 19 K 4852/13 -, juris Rn. 45). Für die Beurteilung der „Erforderlichkeit“ ist dabei darauf abzustellen, dass die begehrte Maßnahme nicht nur „förderlich“ zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung ist (LSG NRW, Beschluss vom 15. Januar 2014 - L 20 SO 477/13 B ER -, juris Rn. 43). Die „Erforderlichkeit“ einer Integrationshilfe während der Hausaufgabenbetreuung in der Schule für die Erleichterung der Erreichung des Bildungsziels kommt dann in Betracht, wenn „die Betreuung im häuslich-familiären Bereich aus zwingenden (insbesondere pädagogischen) Gründen nicht in ähnlicher Weise möglich“ ist (LSG NRW, Beschluss vom 15. Januar 2014 - L 20 SO 477/13 B ER -, juris Rn. 48).
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b) Der Jugendhilfeträger entscheidet im Einzelfall, welche Maßnahmen konkret zu gewähren sind. Ist der Tatbestand des § 35a Abs. 1 SGB VIII – so wie es hier der Fall ist - erfüllt und besteht deshalb dem Grunde nach ein Hilfeanspruch, so steht dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart (§ 36 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII) bzw. über Art und Umfang der Hilfe (§ 36 Abs. 1 Satz 1 sowie § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII), bei der Ausgestaltung der Hilfe (§ 36 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII) und gegebenenfalls bei der Auswahl der Einrichtung oder Pflegestelle (§ 36 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII) ein Beurteilungsspielraum zu (so OVG RP, Urteil vom 26. März 2007 – 7 E 10212/07-, juris Rn. 9). Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfe handelt es sich um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses unter Mitwirkung des Kindes bzw. des Jugendlichen und mehrerer Fachkräfte, welches nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebt, jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthält, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss (OVG RP, a.a.O., m. w. N.).
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Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob allgemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind, ob keine sachfremden Erwägungen eingeflossen sind und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind (so BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1999 - 5 C 24/98 -, Rn. 39; VGH BW, Urteil vom 09. Dezember 1996 - 7 S 310/95 -, Rnrn. 24f.; BayVGH, Beschluss vom 17. Juni 2004 - 12 CE 04.578 -, Rnrn. 16f.; jeweils juris; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 21. Aufl. 2015, zu § 114 VwGO Rnrn. 28f.). Eine solche Restriktion der gerichtlichen Kontrolle steht im Einklang mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG. In Fällen, in welchen das materielle Recht der fachlich versierten Verwaltung nämlich prognostische Entscheidungen oder eine Entscheidungsfindung in einem Prozess unter Hinzuziehung verschiedener Fachkräfte und sogar des betroffenen Bürgers abverlangt, ohne hinreichend bestimmte Vorgaben (sogenannte Entscheidungsprogramme) zu enthalten, handelt die Exekutive kraft eigener Kompetenz. Die Judikative hat diese Kompetenz zu beachten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1992 - 1 BvR 167/87 -, Rn. 55; VG Sigmaringen, Urteil vom 21. Juli 2005 – 2 K 2115/04 -, Rn. 37; jeweils juris).
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c) Ausgehend von diesen Maßstäben hat der Beklagte unter Beteiligung der Leistungsadressatin in jedem Stadium der Hilfegewährung eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Situation erarbeitet, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar ist. In der Sachverhaltsfeststellung, der Abwägung und Wertung durch den Beklagten sind keine Mängel erkennbar, die sich auf das Ergebnis ausgewirkt haben.
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aa) Das Hilfeplanverfahren wurde formell ordnungsgemäß durchgeführt. Am 04. Juni 2014 und am 03. Juli 2014 fanden Hilfeplangespräche statt. Das erste Gespräch diente vor allem der Definition von Zielen für die Autismus-Therapie im Autismus-Therapiezentrum in F... Anwesend waren hier neben dem Vertreter des Beklagten sowohl die Mutter der Klägerin, als auch eine Vertreterin der Autismus-Therapiezentrum F... . Das zweite Gespräch am 09. Juli 2014 diente vor allem der geeigneten Beschulung und der richtigen Rahmenbedingungen für die Klägerin. Neben dem Vertreter des Jugendamtes waren hier sowohl die Eltern der Klägerin, die Leiterin der Grundschule E..., die Schulrätin für die Grundschulen der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier, eine Integrationskraft und eine Vertreterin der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Palais e.V. anwesend. Alle maßgeblichen Belange wurden ermittelt und sind erkennbar in die Entscheidung eingeflossen.
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Die Abwesenheit des fachkompetenten Arztes bzw. Therapeuten im Rahmen des Hilfeplanverfahrens, die nach § 36 Abs. 3 SGB VIII vorgesehen ist, hat sich auf den Hilfeplan nicht ausgewirkt (vgl. auch VG Aachen, Urteil vom 03. Juni 2014 – 2 K 2045/12 -, juris Rn. 51). Die Stellungnahme der Ärzte bzw. Psychotherapeuten gem. § 35a Abs. 1a SGB VIII beschränkt sich auf die Feststellung einer Abweichung der seelischen Gesundheit vom alterstypischen Zustand. Die Feststellung des Vorliegens einer (daraus resultierenden) Teilhabebeeinträchtigung obliegt dem Jugendamt. Insoweit kann auch die Beteiligung der Ärzte bzw. Psychotherapeuten, die § 36 Abs. 3 SGB VIII vorschreibt, nicht über diese Kompetenzen hinausgehen. Das Jugendamt alleine entscheidet bei – wie hier - feststehendem medizinischem Befund über die Erforderlichkeit der Eingliederungshilfe, die geeignete Hilfe und den jeweiligen Leistungserbringer unter Einbeziehung des Wunsch- und Wahlrechts des Leistungsberechtigten, ohne hieran gebunden zu sein (so v. Koppenfels-Spies in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 1. Aufl. 2014, § 36 SGB VIII, Rn. 61). Vor diesem Hintergrund hat sich das Fehlen des ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Sachverstandes auf die Entscheidungsfindung hinsichtlich der Hilfsmaßnahmen nicht ausgewirkt.
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bb) Die Beurteilung des Beklagten, dass die Beschulung in der Grundschule ... und damit auch die Zubringung zu dieser Grundschule nicht erforderlich war, weil eine Beschulung in E... – im sozialen Umfeld der Klägerin - zur Verfügung gestanden hat, ist aufgrund einer ausführlichen Sachverhaltsermittlung erfolgt. Diese Beurteilung ist auch fachlich vertretbar.
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Der Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid dargelegt, dass nach seiner Ansicht der Besuch der privaten Grundschule in A... – und damit auch der Transport hin zu dieser Schule - nicht erforderlich war, weil eine Beschulung der Klägerin in der Grundschule E... (für die es auch einen Schultransport gibt) insbesondere mit den zusätzlich gewährten Hilfeleistungen möglich gewesen wäre. Er kann bis heute keine Gründe dafür erkennen, dass für die Klägerin gerade der Besuch an der privaten Grundschule zur Erlangung einer angemessenen Schulausbildung erforderlich wäre. Aus medizinischen Gründen sei eine Beschulung in E... nicht ausgeschlossen. Der Klägerin sei ohne weiteres zuzumuten, die Grundschule in E... zu besuchen.
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Prüfungsmaßstab ist hier, ob die geleistete Hilfe im Einzelfall erforderlich und geeignet ist, den Schulbesuch zu ermöglichen und zu erleichtern. Grundsätzlich kommen dabei – und das verkennt das Gericht nicht (vgl. oben 2. a) - alle Maßnahmen in Betracht, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSG, Urteil vom 23. August 2013 – B 8 SO 10/12 R –, juris Rn. 18). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vermittlung einer angemessenen - nicht optimalen - Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht vorrangig eine Aufgabe der staatlichen Schulverwaltung ist (VG Stuttgart, Beschluss vom 16. Februar 2015 – 7 K 5740/14 -, juris Rn. 14; VG München, Beschluss vom 21. Juli 2014 – M 18 E 14.2338, juris Rn. 46). Auf jugendhilferechtliche Eingliederungsmaßnahmen kann gleichwohl zurückgegriffen werden, um den Schulbesuch zu ermöglichen oder zu erleichtern (VGH BW, Beschluss vom 14. Januar 2003 – 9 S 2268 -, juris Rn. 5). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Eingliederungsmaßnahme darauf gerichtet sein müsste, eine optimale Schulbildung zu gewährleisten. Die Behauptung der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 19. Februar 2016, das Gericht gehe „unzulässig von einem geringeren Qualitäts- und Intensitätsniveau“ aus, ist hiernach unzutreffend. Es werden alle Maßnahmen berücksichtigt, die dem Ziel des Gesetzes – der Reintegration des behinderten Menschen – dienen. Der Hinweis der Klägerin darauf, dass die Frage des Teilhabepotentials grundsätzlich individuell zu ermitteln sei, und zwar mit einer Prognose der Entwicklung, die bei bestmöglicher Förderung sowie bestmöglicher Nutzung aller Ressourcen und Kompetenzen der Betroffenen erreichbar wäre, widerspricht dem hier angewandten Maßstab nicht. Auch die Klägerin erkennt letztlich zutreffend, dass das Ziel der Leistungen zur Teilhabe der Klägerin die ganzheitliche Förderung der persönlichen Entwicklung sowie die im Einzelfall erforderliche Unterstützung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und einer möglichst selbständigen selbstbestimmten Lebensführung ist. Es kommt hier jedoch nicht – davon scheint die Klägerin jedoch auszugehen - darauf an, ob das Konzept der privaten Grundschule für Autisten besser geeignet ist, als dasjenige einer anderen zu Verfügung stehenden Schule. Entscheidend ist hier, ob der Beklagte Hilfsmaßnahmen ergriffen hat, die geeignet und erforderlich sind, um der Klägerin eine angemessene Beschulung zu ermöglichen. Dies ist, wie sich aus den zahlreichen Stellungnahmen ergibt, der Fall.
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Der Beklagte hat ursprünglich Hilfe für eine Beschulung in der Grundschule in E... vorgesehen. Dies hat er beispielsweise im Hilfeplangespräch vom 09. Juli 2014 gegenüber den Eltern der Klägerin geäußert. Für eine mangelnde Beschulbarkeit der Klägerin an der Grundschule E... gibt es – wie vom Beklagten festgestellt wurde - keine Anhaltspunkte. Das vom Beklagten vorgesehene Hilfsprogramm stellte eine erforderliche und geeignete Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung dar.
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Aus dem fachärztlichen Gutachten der ... Fachklinik D... vom 21. März 2014 wurde die Beschulung der Klägerin in der Grundschule E..., an der sie zu dem damaligen Zeitpunkt die erste Klasse besuchte, nicht infrage gestellt. Es wurde lediglich der Einsatz eines Integrationshelfers empfohlen. Dieser wurde durch den Beklagten gewährt. Aus dem Bericht der Klassenlehrerin in der Grundschule E... vom 29. Mai 2014 (Bl. 32f. d. Verwaltungsakte) folgt, dass eine weitere Beschulung der Klägerin für möglich gehalten wurde. Auch ein Aufstieg in das zweite Schuljahr war zu diesem Zeitpunkt vorgesehen. Nach Auskunft der Grundschulen E... und A... hat die Klägerin auch keinen sonderpädagogischen Förderbedarf (vgl. Bl. 175f. d. Verwaltungsakte). Der Bericht des Autismus-Therapiezentrums F... vom 02. Juli 2015 (Bl. 300f. d. Verwaltungsakte), in dem die Situation der Klägerin in der Grundschule E... beschrieben wird, zeigt zwar, dass sich diese ohne Integrationshilfe im Unterricht nicht gut zurechtfand; dies bedeutet jedoch nicht, dass eine angemessene Beschulung der Klägerin mit Hilfsmaßnahmen, welche ursprünglich explizit für die Grundschule E... vorgesehen waren, nicht möglich und erfolgversprechend gewesen wäre. Im Gutachten der Tagesklinik C... für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Tagesklinik D... vom 08. Januar 2016 (Bl. 60 Gerichtsakte) wurde eine positive Entwicklung in den letzten 1,5 Jahren festgestellt, die auf die Nutzung umfangreicher Hilfsangebote – und damit zumindest nicht explizit auf die Beschulung in A... - zurückgeführt wird. Das Gutachten hebt hervor, dass ein Schulwechsel sicherlich eine ganz erhebliche Verschlechterung und Destabilisierung ihres Zustandes zur Folge hätte. Daher wird empfohlen, die Beschulung in A... fortzuführen. Aus dieser Beurteilung lässt sich jedoch nicht schlussfolgern, dass die Beschulung in der Grundschule E..., so wie sie im Hilfeplan vom 09. Juli 2014 durch den Beklagten vorgesehen worden war, ungeeignet gewesen wäre. Das umfangreiche Hilfsangebot in Form der Autismustherapie und der Gewährung eines Integrationshelfers hätte auch an dieser Schule flankierend stattfinden und funktionieren können. Es ist wegen der eigenmächtigen Beschaffung der Hilfe durch die Eltern nicht darauf abzustellen, ob nunmehr ein Schulwechsel schaden würde, sondern ob das von dem Beklagten entwickelte Konzept tragfähig gewesen wäre.
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cc) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Integrationshilfe am Nachmittag. Der Beklagte geht davon aus, dass die „Erforderlichkeit“ einer Integrationshilfe während der Hausaufgabenbetreuung in der Schule nicht erforderlich war, weil die Betreuung im häuslich-familiären Bereich in ähnlicher Weise möglich war. Die Erwägungen des Beklagten sind im Ergebnis zutreffend.
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Zunächst geht der Beklagte in seinem Ausgangsbescheid vom 22. Mai 2015 – fehlerhaft - davon aus, dass Integrationshilfe für die Hausaufgaben grundsätzlich nicht gewährt werden könne. Wie jedoch bereits dargelegt wurde (vgl. 2. a), können im Rahmen des § 12 Nr. 1 EinglHVO alle Maßnahmen erbracht werden, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hat der Beklagte zutreffend erkannt, dass die Hilfe zur Bewältigung der Hausaufgaben grundsätzlich einen Teil der Eingliederungshilfe darstellen kann.
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Der Beklagte hält jedoch die Maßnahme im Einzelfall nicht für „erforderlich“, um der Klägerin den Schulbesuch zu ermöglichen oder zu erleichtern. Das Ergebnis seiner Beurteilung hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Er hat die Integrationshilfe für die Zeit der Hausaufgabenbetreuung unter anderem verweigert, weil er zunächst davon ausgegangen ist, Ziel der beantragten Hilfe sei die Entlastung der Eltern bzw. die Entschärfung der häuslichen Situation bei der Bearbeitung der Hausaufgaben. Zudem hielt er es für eine Aufgabe der Autismustherapie, die auch die Eltern miteinbezieht, die Klägerin in die Situation zu versetzen, ihre Hausaufgaben bewältigen zu können.
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Zunächst ist es zutreffend, dass zumindest auch die Entlastung der familiären Situation eine Triebfeder für das Begehren der Klägerin ist. Dies wird unter anderem bestätigt durch die Beschreibungen der Eltern (E-Mail vom 16.03.2015, Bl. 224f. d. Gerichtsakte) sowie insbesondere durch das Schreiben der Grundschule ... vom 10. März 2015 (Bl. 78 d. Gerichtsakte), wonach diese den Wunsch der Eltern für eine Inklusionskraft am Nachmittag unterstützt „um die familiäre Situation zu entlasten“. Ziel der Eingliederungshilfe ist es jedoch nicht, die Familie zu entlasten. Entscheidend ist hier, dass die gewünschte Trennung von Schule und Zuhause für die Klägerin faktisch gegeben ist. Inwiefern der Beklagte sich ausreichend mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob die Klägerin krankheitsbedingt ihre Hausaufgaben im schulischen Umfeld ausüben muss, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen. Infolge der eigenen Entscheidung der Eltern zum Schulwechsel konnte das vom Beklagten entwickelte Gesamtförderungskonzept bei einer Beschulung in E... nicht erprobt werden. Es ist daher nicht so, dass ohnehin denknotwendig am Nachmittag eine Betreuung in der Schule oder auch sonst mit einem Integrationshelfer hätte stattfinden müssen. Nachdem die Klägerin nunmehr ihre Hausaufgaben im Rahmen der Hausaufgabenbetreuung in der Schule erledigen darf, stellt sich das Problem nunmehr anders. Die gewünschte und unter Umständen auch erforderliche Trennung der Sphären Schule und Zuhause ist aufgrund der Möglichkeit der Teilnahme an der Hausaufgabenbetreuung in der privaten Grundschule gewährleistet.
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Der Bedarf nach einer weiteren Hilfe für die Zeit der Hausaufgaben am Nachmittag in der Schule wurde seitens der Klägerin nicht überzeugend dargelegt. Die Problematik, Hausaufgaben könnten im häuslichen Umfeld aufgrund der Erkrankung nicht erledigt werden, besteht aktuell nicht mehr. Ein weiterer Hilfebedarf ist nicht nachvollziehbar, weil sich die Klägerin in der aktuellen Situation angemessen entwickelt. Im ergotherapeutischen Verlaufsbericht vom 12. Januar 2016 (Bl. 79 f. d. Gerichtsakte) wird festgestellt, dass die Klägerin „ihr Potential aufgrund der familiär gestalteten Schulsituation entfalten“ kann. Das Autismus-Therapiezentrums F... stellt in seinem Bericht vom 13. Januar 2016 (Bl. 76f. d. Gerichtsakte) fest, dass die Klägerin sich schulisch gut entwickelt und in der Hausaufgabensituation an Sicherheit gewonnen habe.
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Sofern ein weiterer Bedarf an Hilfe bei der Bewältigung der Hausaufgaben besteht, war es vor dem Hintergrund der guten Entwicklung der Klägerin fachlich vertretbar, die Hilfe im Rahmen der Autismustherapie durch das Autismus-Therapiezentrum F... als ausreichend zu beurteilen. Die Therapie dient unter anderem dazu, die Klägerin und ihre Familie in die Lage zu versetzen, die Hausaufgabensituation angemessen zu bewältigen. Zutreffend geht der Beklagte daher davon aus, dass der Einsatz eines Integrationshelfers am Nachmittag nicht erforderlich ist.
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3. Nach alldem war die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Eltern der Klägerin nicht geboten. Der Klägerin ist umfassend rechtliches Gehör gewährt worden. Der verfassungsrechtlich verankerte Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) erfordert, dass die Äußerungen der Beteiligten ernsthaft zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden (BVerfG, Urteil vom 22. November 1983 – 2 BvR 399/81 –, Rn. 11; BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1996 - 1 BvR 55/96 -, Rn. 4; jeweils juris). Die Klägerin hatte die Gelegenheit, sich umfassend zur Sach- und Rechtslage zu äußern. Ihre Äußerungen wurden zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Es war und ist nicht erkennbar, dass bestimmte rechtserhebliche Ausführungen nur von den Eltern der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung hätten gemacht werden können. Es ist nicht die Aufgabe des Gerichts, durch eine Anordnung des persönlichen Erscheinens eines der Beteiligten die Grundlage für eine Urlaubsgewährung durch deren Arbeitsgeber zu schaffen. Es liegt gem. § 87 Abs. 1 Nr. 5 VwGO im Ermessen des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, das persönliche Erscheinen der Beteiligten anzuordnen (Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 21. Aufl. 2015, zu § 87 Rn. 2). Die Anordnung des persönlichen Erscheinens dient unter anderem der Klärung des Sachverhalts, der Beschleunigung des Verfahrens oder der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits (Schenke, a.a.O., Rn. 5). Das Ermessen wurde dahingehend ausgeübt, dass das persönliche Erscheinen der Eltern der Klägerin hier nicht für notwendig befunden wurde. Dem lag die Erwägung zugrunde, dass die Situation der Klägerin nach Aktenlage aufgrund zahlreicher Gutachten umfänglich ermittelt wurde. Zudem wird die Klägerin durch eine Prozessbevollmächtigte vertreten, die zur Sach- und Rechtslage vortragen konnte und dies auch getan hat. Das persönliche Erscheinen des Behördenvertreters wurde im Übrigen ebenfalls nicht gerichtlich angeordnet. Seine Anwesenheit war gleichwohl sachdienlich, weil sie die weitere Erläuterung und Überprüfung derjenigen Beurteilungen ermöglichte, die er im Rahmen des Hilfeplanverfahrens angestellt hat.
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Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1, § 188 S. 2 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der ZPO.
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Trier Urteil, 18. Feb. 2016 - 2 K 3757/15.TR zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 verurteilt, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin seit August 2010 zu übernehmen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Tagesbildungsstätte in Niedersachsen seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 nach dem SGB XII.
3Die am 00.00.2003 geborene Klägerin, die weder über Einkommen noch über Vermögen verfügt, leidet im Wesentlichen an einer chromosomalen Störung in Form des sog. Pallister-Kilian-Syndroms (Mosaik-Tetrasomie 12p), welche mit einer globalen Entwicklungsverzögerung einhergeht. Darüber hinaus bestehen bei ihr ein frühkindlicher Autismus sowie der Verdacht auf eine schwerste Intelligenzminderung. Sie lebt mit ihren Eltern und Geschwistern in W/Nordrhein-Westfalen, nahe der Landesgrenze zu Niedersachsen.
4Von August 2008 bis Juli 2010 besuchte die Klägerin den heilpädagogischen Kindergarten B in C (Niedersachsen). Dieser ist von ihrem Wohnort 13 km entfernt; Träger ist der Beigeladene zu 2. Die Kosten für die heilpädagogischen Leistungen sowie für die Fahrten zwischen Wohnung und Einrichtung übernahm der Beklagte zunächst für die Zeit von August 2008 bis zum voraussichtlichen Beginn der Schulpflicht am 31.07.2009 (Bescheid vom 27.01.2009) sowie - nach Zurückstellung der Klägerin vom Schulbesuch für das Schuljahr 2009/2010 - bis Juli 2010 (Bescheid vom 12.05.2009).
5Im Hinblick auf die bevorstehende Einschulung der Klägerin stellte das Schulamt des Kreises H mit (bestandskräftig gewordenem) Bescheid vom 25.03.2009 den sonderpädagogischen Förderbedarf der Klägerin im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" fest und wies sie einer entsprechenden Förderschule zu. Zugleich benannte es die N-Schule in H als nächstgelegene entsprechende (nordrhein-westfälische) Förderschule und bat die Eltern, die Klägerin dort anzumelden.
6Die N-Schule ist etwa 24,5 km von der Wohnung der Klägerin entfernt; mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) würde ein Transport der Klägerin zu dieser Schule pro Weg maximal 60 Minuten dauern. Der Unterricht an der N-Schule beginnt montags bis freitags gleitend zwischen 8.15 Uhr und 8.30 Uhr. Er endet montags bis donnerstags um 15.00 Uhr, freitags um 12.30 Uhr. Wegen der weiteren Rahmenbedingungen der dortigen Beschulung, u.a. der Größe der Schule und Klassen, der Organisation, des Förderkonzepts sowie des Betreuungsschlüssels wird auf die Bekundungen des dortigen Schulleiters, des Zeugen L, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen, ferner auf dessen Stellungnahme vom 24.04.2009 aus dem Verfahren L 20 SO 67/08 (LSG NRW) sowie den aktuellen Internetauftritt der N-Schule, welche der Senat zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat.
7Mit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 meldeten die Eltern die Klägerin nicht auf der N-Schule, sondern auf der T-Schule in C an. An dieser Schule wird die Klägerin seither gefördert.
8Die T-Schule ist eine vom Land Niedersachsen anerkannte Tagesbildungsstätte. Sie liegt auf dem gleichen Gelände wie der Kindergarten B; Träger der Schule ist ebenfalls der Beigeladene zu 2. Die Fahrtzeit von der Wohnung der Klägerin zur 13 km entfernten Schule beträgt ausweislich eines verbreitet genutzten Routenplaners (www.falk.de/routenplaner) 17 Minuten; die Transportzeit mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) dauert nach den Angaben der Eltern der Klägerin etwa 15 Minuten. Der Unterricht findet montags bis freitags von 7.45 Uhr bis 14.15 Uhr statt. Die Schule verfügt über einen Fachdienst für Autismus-Spektrum-Störungen mit einer Diplom-Psychologin, einer Sozialpädagogin und einer Ergotherapeutin. Dieser Fachdienst betreut diejenigen Schüler/innen, welche aufgrund eines frühkindlichen Autismus einen spezifischen Unterstützungsbedarf haben, u.a. in Form von Einzeltherapien während der Schulzeit. Bezüglich der weiteren Rahmenbedingungen der Beschulung an der T-Schule wird auf die Stellungnahmen der Schulleiterin T1 vom 11.11.2013 und 31.01.2013 verwiesen. Die Kosten für den Besuch der T-Schule (monatlich ca. 2.100,00 EUR) trägt der Beklagte seit Beginn des Schuljahrs 2011/2012 vorläufig aufgrund entsprechender einstweiliger Anordnungen des erkennenden Senats.
9Am 20.11.2009 beantragten die Eltern der Klägerin beim Beklagten die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule ab Beginn des Schuljahres 2010/2011 als sozialhilfeweise Eingliederungshilfe. Sie verwiesen auf den dortigen Fachdienst für Kinder mit autistischen Verhaltensweisen sowie den für derart beeinträchtigte Kinder geeigneten Unterricht. Zudem werde dort in allen Klassen eine Methode der unterstützen Kommunikation angewandt, auf welche die Klägerin wegen fehlender Lautsprache angewiesen sei. Häufige Infekte der Klägerin erforderten zudem eine zügige Erreichbarkeit der Schule durch die Eltern; dies sei bei der T-Schule bei 15-minütiger Entfernung von der Wohnung der Familie und 10-minütiger Entfernung vom Arbeitsplatz des Vaters gewährleistet. Ohnehin müsse die bisherige intensive Therapie und Förderung der Klägerin, welche in der Vergangenheit in enger Kooperation zwischen Therapeuten, Pädagogen und den Eltern erfolgt sei, dringend weitergeführt werden. Dies sei nur möglich, wenn die Eltern den Schulort schnell erreichen könnten.
10Mit Bescheid vom 01.04.2010 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zwar sei er sachlich und örtlich zuständig. Die Klägerin könne jedoch an der N-Schule in H und damit in Nordrhein-Westfalen angemessen und unentgeltlich gefördert werden. Dass diese Schule zur Förderung der Klägerin geeignet sei, habe das Schulamt im Bescheid vom 25.03.2009 inzident und für den Beklagten bindend (BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 5 C 20/04) bejaht. Auch der Schulwegetransport zur N-Schule sei der Klägerin nach den einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen zumutbar; gegebenenfalls müsse im Rahmen der Ausgestaltung des Schülertransports auf Besonderheiten in der Person der Klägerin Rücksicht genommen werden. Ein Besuch der T-Schule sei demgegenüber mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden, weil weder das Schulgeld noch die Fahrtkosten vom Schulträger bzw. vom Land Nordrhein-Westfalen übernommen würden. Eine Beschulung an der T-Schule sei daher nach dem Subsidiaritätsprinzip (§ 2 Abs. 1 SGB XII) nicht notwendig und wegen der damit einhergehenden Mehrkosten auch nicht durch das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB XII) gerechtfertigt. Dies gelte auch, wenn durch kleinere Klassen an der T-Schule und eine der Klägerin dort bereits vertraute Umgebung eine optimiertere Förderung stattfinden könne.
11Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein mit der Begründung, ein Besuch der N-Schule wäre mit erheblichen körperlichen Belastungen verbunden, so dass sie dort nicht angemessen beschult werden könnte. Sie leide unter einer extremen Mehrfachbehinderung, bei der eine Kommunikation mit anderen Menschen nur unter äußerst schwierigen Bedingungen möglich sei. Sie sei insbesondere nicht in der Lage, ihre Bedürfnisse selbst zu äußern. Neben ihrer körperlichen und geistigen Behinderung führten häufige Infektionskrankheiten oftmals zu einer rapiden Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und erforderten eine ärztliche Untersuchung und Behandlung durch bekannte Betreuungspersonen. So seien seit Dezember 2009 insgesamt fünf Mittelohrentzündungen aufgetreten. Zudem habe sie im März 2010 bei einem Unfall eine Gehirnerschütterung erlitten. Die Klägerin hat eine schulärztliche Stellungnahme des Kreises H (Fachärztin für Kinderheilkunde Dr. L) vom 27.05.2010 sowie einen Zwischenbericht des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) des Evangelischen Krankenhauses (EVK) C (Fachärzte für Kinderheilkunde bzw. Neuropädiatrie Dres. C und Q) vom 19.04.2010 (erstellt anlässlich einer ambulanten Vorstellung der Klägerin vom 13.04.2010) vorgelegt; auf diese Unterlagen wird Bezug genommen.
12Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2010 wies der Beklagte nach Beteiligung sozial erfahrener Personen den Widerspruch zurück. Die Beschulung eines jeden Schülers bzw. einer jeden Schülerin könne in Nordrhein-Westfalen aus Landesmitteln angemessen im Rahmen des dortigen differenzierten Sonder-/Förderschulwesens erfolgen. Die Funktionseinbußen der Klägerin seien nicht in einer Weise erheblich, dass ihr eine entsprechende Beschulung nicht möglich bzw. zumutbar sei.
13Mit ihrer am 30.07.2010 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie ist bei ihrer Auffassung verblieben, dass ihr wegen ihrer Behinderungen ein Besuch der N-Schule nicht möglich sei. Ihre Eltern hätten sich anlässlich der bevorstehenden Einschulung diese Schule angesehen. Sie sei wesentlich größer als die T Schule; der Gebäudekomplex sei weniger übersichtlich. Zudem seien die Klassen dort mit teilweise mehr als 10 Schüler/innen erheblich stärker als an der T-Schule. Der Schultag wäre für sie an der N-Schule zu lang. Hinzu käme eine Fahrtzeit mit dem Schülerspezialtransport von annähernd 60 Minuten; wegen ihrer Muskelschwäche würde dies jedoch zu Problemen führen. Abgesehen davon wäre sie anschließend nicht mehr aufnahmefähig. Ohnehin sei ein Verbleib in der ihr bereits vom Kindergarten her vertrauten Einrichtung wichtig. Sie benötige eine extrem lange Eingewöhnungszeit; so habe sie mehr als ein Jahr gebraucht, um sich an den Kindergarten zu gewöhnen. Darüber hinaus habe die N-Schule ihren Eltern keine direkten Informationen hinsichtlich einer notwendigen Autismusbehandlung erteilt, sondern insoweit stets nur auf das Westfälische Institut für Entwicklungsförderung (WIE) in C verwiesen. Die Klägerin hat weitere ärztliche bzw. psychologische Berichte (Behandlungsberichte des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin bzw. Neuropädiatrie Dr. L1 - Chefarzt der I Klinik I, Neurologisches Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche - vom 09.07.2010, der Diplom-Psychologin M und der Erzieherin N - ebenda - vom 16.07.2010 sowie der Logopädin H vom 01.04.2010) vorgelegt, auf deren Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird. Der Übernahme der Beschulungskosten stehe - so die Klägerin weiter - keineswegs entgegen, dass die T-Schule eine niedersächsische Tagesbildungsstätte sei. Sie könne auch dort ihre Schulpflicht erfüllen. Allein aus der Formulierung in § 34 Abs. 5 SchulG NRW ergebe sich nichts Gegenteiliges. Werde die T-Schule durch das niedersächsische Schulgesetz einer Schule gleichgestellt, müsse diese Schule mit Blick auf Sinn und Zweck des § 34 SchulG NRW nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ebenso als deutsche Schule gelten. Abgesehen davon lasse § 34 Abs. 5 S. 2 SchulG NRW Ausnahmen von der Schulpflicht aus wichtigem Grund zu. Eine solche Ausnahme liege hier mit Blick auf ihre Behinderungen vor.
14Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
15den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe ab August 2010 für die Klägerin zu übernehmen.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Er hat an seinen Bescheiden festgehalten und unter Vorlage einer Stellungnahme eines Referatsleiters des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2011 ergänzend die Auffassung vertreten, die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin dort ihre Schulpflicht nicht erfüllen könne. Ein wichtiger Grund für die ausnahmsweise Erfüllung der Schulpflicht an einem anderen Ort als einer deutschen Schule im Sinne von § 34 Abs. 5 S. 2 SchulG NRW liege nicht vor. Denn die T-Schule sei keine Schule, sondern eine Tagesbildungsstätte, deren Besuch gemäß § 162 Nieders. SchulG zwar in Niedersachen, nicht hingegen in anderen Bundesländern der Schulpflicht genüge. In Nordrhein-Westfalen könnten Schulpflichtige ihre Schulpflicht lediglich an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen. Ohnehin entfalte die Entscheidung des Schulamtes vom 25.03.2009, welche die N-Schule als nächstgelegene Förderschule benenne, nicht nur für den Beklagten Tatbestandswirkung, sondern binde auch die Gerichte. Die Klägerin könne auch in Ansehung ihrer Behinderungen an der N-Schule angemessen beschult werden; insbesondere stehe dem ihre autistische Störung nicht entgegen. Insoweit hat der Beklagte ergänzend eine Stellungnahme des Zeugen L vom 02.11.2010 vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
19Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Schulamts des Kreises H vom 22.02.2011 eingeholt. Danach hat das Schulamt mit seinem Bescheid vom 25.03.2009 keine konkrete und verbindliche Zuweisungsentscheidung im Sinne des § 46 Abs. 6 SchulG NRW getroffen; die N-Schule sei ohne nähere Prüfung ihrer Eignung allein als für den Förderbedarf der Antragstellerin abstrakt zuständiger Förderort benannt worden.
20Mit Urteil vom 16.06.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eingliederungshilfe in Form einer Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule nach § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin durch den Besuch einer in Niedersachsen gelegenen Tagesbildungsstätte ihrer Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht genüge und mindestens an einer geeigneten Schule in Nordrhein-Westfalen angemessen beschult werden könne. Der Bescheid des Schulamtes verpflichte die Klägerin zwar nicht bindend zu einem Besuch der darin benannten N-Schule. Gleichwohl habe das Schulamt diese Schule als abstrakt geeignet festgestellt; gesundheitliche Gründe, die dieser abstrakten Eignung entgegenstünden, seien nicht erkennbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
21Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 28.06.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.07.2011 Berufung eingelegt. Sie trägt im Hinblick auf einen etwaigen Wechsel an die N-Schule ergänzend vor, sich auf neue Therapeuten kaum einlassen zu können und durch jegliche neue Umgebung und Umstellung in ihrem Entwicklungszustand weit zurückgeworfen zu werden. So habe sie nach einem Personalwechsel an der T-Schule bereits ein halbes Jahr und länger mit Schwierigkeiten kämpfen müssen. Die Konsequenzen eines Wechsels der Schule, der Bezugspersonen, der Therapeuten, des Schulprogramms, des Tagesablaufs sowie des Schulwegetransports seien für sie unzumutbar und dürften - im Anschluss an die zweitinstanzliche Beweisaufnahme, insbesondere ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M - zu einer deutlichen Entwicklungsverzögerung führen. Zudem sei die Autismus-Förderung an der T-Schule wesentlich differenzierter als auf der N-Schule. Ihre Eltern hätten vor der Einschulung mehrfach bei der N-Schule vorgesprochen und nach einer individuell angepassten Förderung gefragt. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass man zum Entspannen lediglich den sog. Snoezelen-Raum aufsuchen würde, wenn sie - die Klägerin - nicht in der Lage sei, lange im Klassenverband zu bleiben. Das WIE habe die Auskunft erteilt, für die in Kooperation mit der N-Schule durchgeführte autismusspezifische Einzelförderung gebe es Wartelisten. Auch würden autistische Kinder in C, also außerhalb der N-Schule, gefördert, was mit einer zusätzlichen Fahrt verbunden wäre. Während langer Fahrtzeiten füge sie sich aufgrund von Wahrnehmungsstörungen jedoch häufig Schmerzen zu. Ferner könnten in der Regel nur ihre Eltern ihren Gesundheitszustand richtig einschätzen; selbst Ärzte seien bei der Diagnose auf deren Hilfe angewiesen. Im November/Dezember 2013 sowie im Januar 2014 hätten ihre Eltern sie dreimal krankheitsbedingt von der Schule abholen müssen.
22In der mündlichen Verhandlung hat die Bevollmächtigte der Klägerin klargestellt, weder Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII noch eine Übernahme von Fahrtkosten für den Schulbesuch geltend zu machen. Sie begehre vielmehr allein die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule.
23Die Klägerin beantragt,
24das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin seit August 2010 zu übernehmen,
25hilfsweise, über folgende Beweisanträge Beweis zu erheben:
261. Was ist für die Klägerin zumutbar, erforderlich und geeignet - der Schulweg mit dem Bus und der gesamte Schultag inklusive Abfahrt und Ankunft zu Hause zur N-Schule in H oder das Äquivalent (Schulweg und gesamter Schultag) zur T-Schule?
272. Wie schnell müssen die Eltern im Falle eines medizinischen Notfalls der Klägerin vor Ort sein und wie lange dauert die Fahrt zwischen Wohnort und N-Schule bzw. der T-Schule für die Eltern werktags tagsüber tatsächlich? Die gleiche Frage des tatsächlichen Weges gilt für die Fahrt des Vaters der Klägerin von seinem Arbeitsplatz in E.
28Der Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Er hält daran fest, dass schon der Bescheid des Schulamts dem geltend gemachten Anspruch entgegenstehe; denn dieser regle verbindlich die von der Klägerin zu besuchende Schulform. Zudem könne die Klägerin durch den Besuch der Tagesbildungsstätte in Niedersachsen ihre Schulpflicht nicht erfüllen. Durch eine antragsgemäße Verurteilung würde der Beklagte gezwungen, entgegen Art. 20 Abs. 3 GG die fortgesetzte Begehung einer - rechtlich unstreitigen - Ordnungswidrigkeit zu finanzieren. Die N-Schule sei für die Klägerin trotz deren Behinderungen geeignet. Hinsichtlich der Klassengröße und des Betreuungsschlüssels bestünden keine signifikanten Unterschiede zur T-Schule. Die Fahrtzeit zur N-Schule sei nicht viel länger als zur T-Schule. Die vom Sachverständigen Prof. Dr. M bei einem Wechsel des vertrauten Umfelds oder der Bezugspersonen angenommene temporäre Entwicklungsverzögerung träte bei einem Wechsel zur N-Schule lediglich einmalig auf. Dies sei der Klägerin zumutbar; denn auch andere Ereignisse, beispielsweise eine stationäre Krankenbehandlung oder ein Wechsel/Ausfall der Beschäftigten der T-Schule, könnten jederzeit den gleichen Effekt auslösen.
31Die mit Beschluss vom 05.08.2013 Beigeladenen stellen keinen Antrag.
32Der Beigeladene zu 2 hält die T-Schule zur Beschulung der Klägerin für geeignet. Bezüglich seiner Angaben zu dortigen Beschulungsbedingungen sowie die Entwicklung der Klägerin wird auf die Stellungnahmen der Schulleiterin der T-Schule vom 11.11.2013 und 31.01.2013 verwiesen.
33Der Senat hat zunächst Befundberichte des Facharztes für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Dr. X und der Kinderärztin Dr. Q (SPZ) vom 13.09.2011 eingeholt. Ferner hat er die Klägerin betreffende Förderpläne und Zeugnisse sowie die Dokumentation des Fachdienstes für Autismus von der T-Schule beigezogen. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.
34Anschließend hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Neurologie und Psychiatrie sowie Diplom-Psychologen Prof. Dr. M (Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinik L) vom 24.05.2012 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 12.11.2012 und 08.04.2013 eingeholt. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige seine gutachterlichen Ausführungen weiter erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Äußerungen des Sachverständigen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
35Der Senat hat zudem den Zeugen L schriftlich sowie in der mündlichen Verhandlung zu den Rahmenbedingungen der Beschulung an der von ihm geleiteten N-Schule befragt. Insoweit wird auf dessen schriftliche Auskunft vom 24.09.2013 sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Darüber hinaus hat der Senat eine Stellungnahme des Zeugen L vom 24.04.2009 aus dem Verfahren L 20 SO 67/08 (LSG NRW) sowie den aktuellen Internetauftritt der N-Schule zum Gegenstand des Verfahrens gemacht; auch hierauf wird Bezug genommen.
36Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, des Schulamtes des Kreises H sowie der Streitakten (gleichen Rubrums) S 2 SO 204/10 ER (SG Detmold) bzw. L 20 SO 450/10 ER (LSG NRW) Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
37Entscheidungsgründe:
38Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
39A. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 (§ 95 SGG). Da der Beklagte darin den Antrag der Klägerin auf Übernahme von Kosten für den Besuch der T-Schule "ab dem (.) Schuljahr 2010/2011" vollständig und zukunftsoffen abgelehnt hat, ist Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht der gesamte Zeitraum vom Beginn des Schuljahres 2010/2011 (= August 2010) bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R Rn. 12 m.w.N.).
40B. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG) statthafte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 54 Rn. 20a ff., 38 ff.; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab Beginn des Schuljahrs 2010/2011 zu Unrecht abgelehnt. Die Klägerin kann vom Beklagten gemäß §§ 53 ff., 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 Eingliederungshilfeverordnung (EinglhVO) die Übernahme dieser Kosten ab August 2010 (= Beginn des Schuljahrs 2010/2011) beanspruchen (dazu im Folgenden). Sonstige Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht (dazu weiter unten).
41I. Der Beklagte - nicht hingegen der (als örtlicher Träger der Sozialhilfe) vorsorglich Beigeladene zu 1 - ist für die Erbringung der begehrten Leistungen sachlich und örtlich zuständig.
42Insofern mag insbesondere offen bleiben, ob es sich bei der T-Schule um eine teilstationäre Einrichtung handelt, für welche der Beklagte gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW und § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII als überörtlicher Träger Hilfen zu erbringen hat (vgl. zur - dort allerdings im Ergebnis offen gelassenen - Frage der Qualifizierung einer Schule als teilstationäre Einrichtung BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
43Denn der Beklagte ist (unabhängig von einer etwaigen originären Zuständigkeit) jedenfalls gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB IX sachlich und örtlich für die streitbefangenen Hilfen zuständig. Nach diesen Vorschriften stellt der Rehabilitationsträger, sofern Leistungen zur Teilhabe erbracht werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1, 1. Halbsatz SGB IX). Hält er sich für unzuständig, so leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf selbst unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX). Auf diese Weise wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, welche sich auf sämtliche Rechtsgrundlagen erstreckt, die in der Bedarfssituation in Betracht kommen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R m.w.N.).
44§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX ist vorliegend anwendbar. Denn die Träger der Sozialhilfe - und damit auch der Beklagte - sind nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 5 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Zu derartigen Leistungen gehören auch solche der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (vgl. Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 4).
45Auch die (weiteren) Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX sind erfüllt. Der Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule vom 20.11.2009 nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags (20.11.2009) und im Übrigen auch nicht im Anschluss daran an den Beigeladenen zu 1 oder einen anderen aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet. Folglich ist er nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX nicht nur sachlich, sondern auch örtlich zuständig geworden; denn diese Vorschrift legt sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit fest (Luik in jurisPK-SGB IX, § 14 Rn. 45 unter Hinweis auf Welti in Luthe, Rehabilitationsrecht, 2009, S. 154) und verdrängt die Regelung des § 98 SGB XII (Luik, a.a.O. unter Hinweis auf Welti, a.a.O., LSG Schleswig-Holstein vom 09.11.2005 - L 9 B 268/05 SO ER).
46II. Die materiellen Voraussetzungen der §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO liegen ebenfalls vor.
47Nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII erhalten die in § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannten Personen Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls Aussicht besteht, dass die Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllt werden. Dabei bleiben die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt (§ 54 Abs. 1 S. 1. 2. Halbsatz SGB XII). Was dabei unter dem Begriff "angemessene Schulbildung" zu verstehen ist, wird im Rahmen des SGB XII nicht definiert. Jedoch bestimmt § 12 Nr. 2 EinglH-VO, dass die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch Maßnahmen der Schulbildung umfasst, wenn diese erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
481. Die Klägerin gehörte aufgrund ihrer schwerwiegenden dauerhaften Behinderungen zu dem von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfassten Personenkreis.
49Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen Leistungen der Eingliederungshilfe. Die Klägerin leidet - was zwischen den Beteiligen auch unstreitig ist - unter einer solchen wesentlichen Behinderung; denn ihre körperlichen Funktionen und geistigen Fähigkeiten weichen aufgrund eines Pallister-Kilian-Syndroms mit globaler Entwicklungsverzögerung, frühkindlichen Autismus sowie Verdachts auf eine schwerste Intelligenzminderung von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand erheblich ab. Wegen dieser Behinderungen ist ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durchgehend und insbesondere auch in dem hier streitbefangenen Zeitraum seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 wesentlich beeinträchtigt. Der Senat folgt insoweit in erster Linie den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten vom 24.05.2012. Dieser ist aufgrund eingehender Untersuchung der Klägerin und sorgfältiger Befunderhebung unter Berücksichtigung der übrigen aktenkundigen medizinischen Unterlagen zu seiner Beurteilung gelangt. Zudem decken sich die von ihm erhobenen Diagnosen im Wesentlichen mit denjenigen in den Befundberichten bzw. Arztbriefen der die Klägerin behandelnden Ärzte Dres. X und Q aus den Jahren 2010 und 2011. Im Übrigen besteht bei der Klägerin aufgrund der genannten Einschränkungen ein sonderpädagogischer Förderbedarf; ein solcher begründet ohnehin stets die Annahme einer wesentlichen Behinderung im vorgenannten Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
502. Zu den - somit für die Klägerin in Betracht kommenden - Hilfen für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII gehören auch die hier streitbefangenen Kosten für den Besuch der T-Schule.
51Der Qualifizierung der Übernahme von Beschulungskosten als "Hilfen" im gesetzlichen Sinne steht nicht entgegen, dass die Klägerin nicht eine die Schulbildung begleitende Maßnahme, sondern die Übernahme der (gesamten) Kosten für den Besuch der T-Schule als solche begehrt.
52a) Zwar ist der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule - und damit im Regelfall auch das Schulgeld, mit welchem der Unterricht finanziert wird - den Regelungen der Eingliederungshilfe grundsätzlich entzogen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Spricht dieser - ebenso wie § 12 EinglhVO - gerade von "Hilfen", so erfasst er grundsätzlich nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (in Ergänzung der Beschulung als solcher) geeignet und erforderlich sind, Behinderungsfolgen zu beseitigen und zu mildern. Dementsprechend betreffen die Regelbeispiele einer solchen Hilfe in § 12 EinglhVO nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen (vgl. zu alledem BSG, a.a.O.).
53b) Gleichwohl verbleibt auch im Kernbereich der Schulbildung ausnahmsweise Raum für Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn nämlich der Besuch einer öffentlichen (und damit für den Sozialhilfeträger kostenfreien) Schule aus objektiven Gründen (z.B. wegen der räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (so BVerwG, Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02; vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88, sowie Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02).
54Der Klägerin war der Besuch einer öffentlichen Schule jedoch aus schwerwiegenden subjektiven Gründen schon seit August 2010 nicht möglich bzw. nicht zumutbar.
55aa) Maßstab hierfür ist vor allem die Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und ihn so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. § 1 SGB XII; vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88). Insofern mag vorliegend offen bleiben, ab wann die Grenze der Unzumutbarkeit überschritten sein kann, wenn - wie hier - die Übernahme der Kosten für den Besuch einer nicht vom zuständigen Schulträger bereitgestellten Schule streitbefangen ist. Jedenfalls dann, wenn seitens des zuständigen Schulträgers keine Schule zur Verfügung steht, die den Hilfebedürftigen unter Berücksichtigung seiner Behinderungen im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII angemessen beschulen könnte, liegen schwerwiegende subjektive Gründe vor, welche Eingliederungshilfe durch Übernahme der (gesamten) Beschulungskosten ausnahmsweise zulassen.
56bb) So aber liegt es aber hier. Denn der Besuch der N-Schule - welche vom Beklagten sowie vom Schulamt des Kreises H als allein in Betracht kommende öffentliche Schule benannt wurde, und die mit Blick auf die räumlichen Verhältnisse auch die einzige in Nordrhein-Westfalen in Betracht kommende einschlägige Förderschule ist - ist der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer schwerwiegenden Behinderungen seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 und auch später nicht zumutbar (dazu weiter unten). Vielmehr konnte und kann sie lediglich an der T-Schule angemessen beschult werden. Allein diese Schule ist im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und - mangels Zumutbarkeit des Besuchs der N-Schule - auch erforderlich, der Klägerin eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (dazu im Folgenden).
57(1) Dabei steht - anders als der Beklagte meint - der Geeignetheit der T-Schule nicht etwa der bestandskräftige Bescheid des Schulamtes vom 24.03.2009 entgegen. Dieser benennt zwar die N-Schule (lediglich) als nächstgelegene Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung". Er trifft jedoch - was die Schulbehörde in ihrer späteren Stellungnahme vom 22.02.2011 auch ausdrücklich bestätigt - weder inzident eine den Beklagten bindende Entscheidung über die Eignung der N-Schule, noch weist er der Klägerin die N-Schule im Sinne von § 46 Abs. 6 SchulG NRW als Förderschule konkret zu. Dementsprechend hat das Schulamt auf Anfrage des Senats in dem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes L 20 450/10 B ER mit weiterem Schreiben vom 30.08.2010 ergänzend mitgeteilt, diese "Benennung" orientiere sich lediglich an den Bestimmungen zur Ausführung des § 97 Abs. 4 SchulG NRW bzw. der Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO) und bezeichne damit die örtlich nähere von zwei abstrakt für die Klägerin in Betracht kommenden Schulen im Kreis H. Eine Prüfung der Eignung der Schule unter behinderungsspezifischen Gesichtspunkten war damit jedoch nicht verbunden. Die Schulbehörden entscheiden zwar mit bindender Wirkung gegenüber dem Sozialhilfeträger, in welchem Umfang eine bestimmte Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines behinderten Menschen entspricht, hingegen in der Regel nicht darüber, an welcher konkreten Schule die Beschulung zu erfolgen hat (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 06.09.2010 - 20 SO 450/10 B ER). Aus schulrechtlichem Standpunkt verblieb der Klägerin vielmehr - was das Schulamt in der Stellungnahme vom 22.02.2011 selbst ausgeführt hat - letztlich ein Wahlrecht, welche geeignete Schule sie besuchen will.
58(2) Ebenso wenig steht einer Geeignetheit der T-Schule entgegen, dass die Klägerin durch den Besuch dieser niedersächsischen Tagesbildungsstätte ihrer Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht nachkäme.
59(a) Zwar können in Nordrhein-Westfalen Schulpflichtige ihre Schulpflicht grundsätzlich nur an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen (vgl. § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW). Insbesondere fehlt im SchulG NRW eine § 162 S. 1 Nieders. SchulG entsprechende Regelung, wonach Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen ihre Schulpflicht auch durch den Besuch einer anerkannten Tagesbildungsstätte erfüllen. Auch hat die zuständige Schulaufsichtsbehörde der Klägerin bislang keine Ausnahmegenehmigung (etwa nach § 34 Abs. 5 S. 3 SchulG NRW) erteilt und auch kein Ruhen der Schulpflicht (§ 40 Abs. 2 SchulG NRW) angeordnet.
60(b) Die nach niedersächsischem Recht erfolgte Erfassung der T-Schule als Tagesbildungsstätte kann indes (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) nicht ausschlaggebend sein. Der Senat hält vielmehr für entscheidend, dass der Bildungsauftrag der T-Schule (als Tagesbildungsstätte) inhaltlich mit dem Auftrag der in § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW genannten Schulen identisch ist. Vermittelt erstere nach ihrem gesamten Konzept inhaltlich wie die letzteren Wissen und Können an die Schülerinnen und Schüler, so leistet sie in der Sache eine ebenso geeignete Beschulung. Letztlich ist dies zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
61(c) Unabhängig hiervon ist die Erfüllung der Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ohnehin nicht Voraussetzung für Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Schon § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, lässt schulrechtliche Verpflichtungen grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen Pflichten bestehen, ohne dass diese sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sind vielmehr lediglich vorrangig an einer Einrichtung zu gewähren, durch deren Besuch der behinderte Mensch der allgemeinen Schulpflicht nach jeweiligem Landesrecht genügt.
62§ 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII lässt sich i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO und unter zusätzlicher Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes (§ 2 Abs. 1 SGB XII) insofern entnehmen, dass nicht jedwede Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des behinderten Menschen bzw. seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden kann. Vielmehr ist die schulische Förderung von Kindern nach Art. 7 Abs. 1 GG eine grundsätzlich allein den (öffentlichen) Schulträgern zugewiesene Aufgabe (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R). Insbesondere besteht ein Ausschluss für die Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, (zumindest) soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke, in Hauck/Noftz, SGB XII, 19. Erg.-Lfg. II/10, § 54 Rn. 44a; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Steht hingegen fest, dass eine im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, so kann unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe die Übernahme von Kosten für eine anderweitige Beschulung des behinderten Menschen in Betracht kommen (LSG NRW, Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; LSG Hessen, Urteil vom 22.11.2010 - L 9 SO 9/07 und zu § 35a SGB VIII; VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08).
63Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII, der keinen abschließenden Leistungskatalog möglicher Eingliederungshilfen enthält, sondern von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (nur) "insbesondere" im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht spricht. Zudem umfassen nach § 12 Nr. 2 EinglhVO Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auch solche Maßnahmen der Schulbildung, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine "im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht" (lediglich) "üblicherweise erreichbare" Bildung zu ermöglichen. Insofern bildet die allgemeine Schulpflicht also nur den Vergleichsmaßstab dafür, in welchem Umfang bzw. in welchem Maße Leistungen der Eingliederungshilfe auch außerhalb der allgemeinen Schulpflicht erbracht werden können.
64Diese Lesart wird zudem durch Sinn und Zweck der Eingliederungshilfevorschriften gestützt. Diese sollen nicht vorrangig sicherstellen, dass der nach §§ 53 ff. SGB XII berechtigte Personenkreis seiner Schulpflicht gerecht wird, sondern dem behinderten Menschen nach dem Willen des Gesetzgebers die Integration in die Gesellschaft ermöglichen. § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII bestimmt insoweit als besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, ihnen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder (auch nur), sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII). Mit Blick auf diese Ziele kann es jedenfalls dann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, einem behinderten Menschen nach den - im Übrigen bundesrechtlichen - Eingliederungshilfevorschriften der §§ 53 ff. SGB XII eine angemessene Beschulung außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen mit der Begründung zu versagen, dass dort die Schulpflicht nach landesrechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werde, wenn das landesrechtliche Schul(pflicht-)system selbst eine angemessene Beschulung nicht sicherstellt (vgl. hierzu schon den Beschluss des Senats vom 15.08.2012 - L 20 SO 309/12 ER).
65(d) Auf ein etwaiges schulrechtliches Wahl- und Bestimmungsrecht des behinderten Menschen bzw. seiner Eltern kommt es in diesem Zusammenhang im Übrigen von vornherein nicht an. Ein solches Wahlrecht ist allenfalls dann von Bedeutung, wenn (wie in dem der Entscheidung des BVerwG vom 26.10.2007 - 5 C 35.06 zugrunde liegenden Sachverhalt) der Besuch zweier Schulen im Raume steht, welche beide in das System der allgemeinen Schulpflicht des betroffenen Bundeslandes integriert sind. Im vorliegenden Fall liegt jedoch allein die N-Schule in Nordrhein-Westfalen, während sich die T-Schule in Niedersachen befindet.
66cc) Ausgehend von den dargestellten Kriterien ist mit Blick auf die Formulierungen in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII (" angemessene Schulbildung ") und § 12 Nr. 2 EinglhVO (" üblicherweise erreichbare Bildung ") in einem ersten Schritt festzustellen, welches konkrete Bildungsziel für den behinderten Menschen in Betracht kommt (so auch Voelzke a.a.O. Rn. 40a; dazu im Folgenden). Daran anschließend ist zu prüfen, ob dieses Ziel mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem für den Betroffenen bereithält, in zumutbarer Weise verfolgt werden kann oder nicht (dazu weiter unten). Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschritts sind unter "bereithalten" die Leistungen oder Rahmenbedingungen zu verstehen, die das öffentliche Bildungssystem dem behinderten Menschen tatsächlich zur Verfügung stellt, oder die der Betroffene im Rahmen zumutbarer Bemühungen rechtzeitig realisieren kann (vgl. das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 53 Rn. 71; Voelzke a.a.O. Rn. 44a mit Hinweis m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.06.2000 - 16 A 3108/99 Rn. 17 a.E. und Rn. 22).
67(1) Die für die Klägerin in Betracht kommenden Bildungsziele hat der Senat umfassend ermittelt; diese Bildungsziele werden an der von ihr besuchten T-Schule im Übrigen konsequent in geeigneter Weise verfolgt.
68(a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, namentlich den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinen schriftlichen Äußerungen sowie seinen weiteren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung, ist der Senat davon überzeugt, dass das für die Klägerin anzustrebende Bildungsziel seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums weit unterhalb der Qualifikation eines formalen Bildungsabschlusses (wie etwa eines Hauptschulabschlusses) anzusiedeln ist. Die Klägerin wird aller Voraussicht nach basale Fähigkeiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben nicht erlernen. Vielmehr liegen ihre Lernziele - den nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen vor allem in seiner Stellungnahme vom 08.04.2013 sowie seinen mündlichen Erläuterungen folgend - im Wesentlichen darin, kommunikative und interaktive Fähigkeiten zu erlernen bzw. zu verbessern, Alltagsfertigkeiten zu erwerben und auszubauen sowie ihre Selbstbeschäftigung zu fördern. Das betrifft konkret erstens das Erlernen und Anwenden von Symbolen und Symbolhandlungen durch Bilder und Piktogramme für verschiedene Alltagssituationen und Kommunikationsanlässe (= Bereich der Kommunikation und sozialen Interaktion), zweitens die bessere Koordination der Abläufe des Essvorgangs und Erlangung einer größeren Selbständigkeit bei den Mahlzeiten sowie die Verbesserung der Körperhygiene (= Bereich der Alltagsfähigkeiten), und schließlich drittens die Intensivierung der Erkundung der Umgebung sowie das Begreifen und Ausüben einfacher Spiele oder Beschäftigungen (= Bereich der Selbstbeschäftigung).
69(b) Die T-Schule, deren Schulkosten vorliegend im Streit stehen, ist im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhV geeignet, der Klägerin diese Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln. Das gilt sowohl mit Blick auf die Schülerzahl, die Klassengröße und die sonstigen Rahmenbedingungen (insbesondere die Dauer der Anfahrt zur Schule) als auch auf die von der Schule vorgehaltenen pädagogischen und therapeutischen Angebote sowie das Förderkonzept. Dies steht unter Berücksichtigung der von der Leiterin der T-Schule beschriebenen dortigen Umstände der Beschulung sowie der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M fest und wird auch vom Beklagten nicht bestritten. Der Sachverständige ist insoweit in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2013 zu der Einschätzung gelangt, dass die T-Schule "in höchstem Maße" geeignet ist, die von ihm beschriebenen Lernziele zu fördern. Zweifel an dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Sie erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der vom Sachverständigen behinderungsbedingt für notwendig erachteten Rahmenbedingungen für die Beschulung der Klägerin sowie der diesbezüglichen Angaben der Schulleiterin der T-Schule in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2013 sowie in der mündlichen Verhandlung schlüssig.
70(aa) Zwar kommt es nach den Feststellungen des Sachverständigen für die Beurteilung der Geeignetheit auf die Größe der T -Schule (nach den Angaben der Schulleiterin im Schuljahr 2013/2014 86 Schüler) und Klassen (5 bis 9 Schüler), die Dauer eines Schultags (von 8:00 Uhr bis 14:15 Uhr) sowie die Dauer der Fahrt zur Schule (ca. 17 Minuten) nicht entscheidend an. Im Hinblick auf den erheblichen Förderbedarf und die schnelle Überforderung der (u.a.) geistig schwerstbehinderten Klägerin bei Unruhe im Umfeld ist ihre adäquate Beschulung jedoch - den nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen folgend - nur dann möglich, wenn sie bei Bedarf kurzfristig aus der Klasse herausgenommen und ihr im Rahmen einer Einzelbetreuung (außerhalb oder innerhalb des Klassenraums) Möglichkeiten zum Stressabbau und Rückzug geboten werden können. Dass die T-Schule diesen Anforderungen gerecht wird, steht unter Zugrundelegung der Angaben der Schulleiterin vom 11.11.2013 fest. Danach wird jede Klasse konstant durch zwei Lehrkräfte sowie im Bedarfsfall durch zusätzliche Hilfskräfte betreut, die eine vorübergehende Einzelbetreuung der Klägerin jederzeit sicherstellen können.
71(bb) Darüber hinaus trägt das Konzept der T-Schule auch den Auswirkungen der bei der Klägerin bestehenden autistischen Störung und den insoweit von dem Sachverständigen nachvollziehbar für notwendig erachteten Beschulungsbedingungen hinreichend Rechnung.
72Der Sachverständige hat insofern (insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme aus 12.11.2012) deutlich gemacht, dass die Klägerin einer konsequenten autismusspezifischen Förderung im Bereich der Schule bedarf, die nicht auf gelegentlich angebotene Einzelförderung im schulischen Kontext beschränkt sein, sondern sich zudem in der Gesamtkonzeption des Unterrichts und des schulischen Alltags widerspiegeln soll. Dabei sollten sämtliche Lehrer über grundlegende Kenntnisse und lerntheoretische Techniken (Verstärkung, Prompting, Fading), insbesondere der angewandten Verhaltensanalyse, im Umgang mit Kindern verfügen, welche unter einer Störung aus dem Autismusspektrum leiden. Das gilt nach den Ausführungen des Sachverständigen sowohl im Hinblick auf die soziale Interaktion und Kommunikation als auch auf die häufig begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster solcher Kinder.
73Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Einschätzung des Sachverständigen. Sie erscheint vor allem mit Blick auf die von ihm in seinem Gutachten vom 24.05.2012 erhobenen Befunde, nach denen die Klägerin bereits im Schuljahr 2010/2011 unter einem frühkindlichen Autismus litt, schlüssig. Bestätigt werden diese Ausführungen im Übrigen durch den Zwischenbericht des EVK C vom 19.04.2010, in welchem Dres. C und Q (offenbar erstmals) eine tiefgreifende Entwicklungsstörung mit autistischen Zügen beschrieben haben. Zudem hat auch der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin bzw. Neuropädiatrie Dr. L1, der die Klägerin während einer stationären neuropädiatrischen Rehabilitation und damit über einen längeren Zeitraum beobachten konnte, in seinem Behandlungsbericht vom 09.07.2010 wesentliche Symptome eines frühkindlichen Autismus (u.a. kaum vorhandene Kontaktaufnahme, kaum Entwicklung von aktiver Sprache, zwanghafte Verhaltensweisen, stereotype Verhaltensmuster, Abhängigkeit von vorgegebenen Mustern und Ritualen sowie Selbststimulation durch Zufügen von Schmerzen) festgestellt.
74(cc) Dass die Klägerin mit Blick auf ihren frühkindlichen Autismus besonderer Förderung bedarf, welche über eine Einzelförderung im Rahmen zeitlich begrenzter Therapieeinheiten hinausgeht und sich in der Gesamtkonzeption des Unterrichts und des schulischen Alltags widerspiegeln soll, hat der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt. Danach erfordern die soziale Interaktion und Kommunikation sowie die häufig begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster von Kindern, die unter einer autistischen Störung leiden, u.a. besondere lerntheoretische Techniken sowie das Zerlegen komplexer Handlungsfolgen in möglichst kleine Teilschritte, welche jeweils möglichst genau und konsistent sowie operant verstärkt werden müssen. Zudem bedarf es klarer Strukturen und Abläufe sowie der Visualisierung durch vor allem Bilder, Postkarten oder Handzeichen, welche oft erfolgreicher sind als eine komplexe Sprache, subtile Mimik und Gestik.
75Diesen Anforderungen trägt die T-Schule in geeigneter Weise - wenn nicht sogar in besonderem Maße - Rechnung. Nach den Angaben der Schulleiterin in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2013 fördert der dortige Fachdienst für Autismus-Spektrum-Störungen die Schüler/innen, welche aufgrund eines frühkindlichen Autismus einen spezifischen Unterstützungsbedarf haben, nicht nur in Form von Einzeltherapien während der Schulzeit. Vielmehr ist der gesamte Schulalltag durch klare Strukturen, individuell angepasste Orientierungshilfen (z.B. sog. TEACCH-Uhren) und unterstützte Kommunikation geprägt. Sämtliche Lehrkräfte, pädagogische Mitarbeiter und Therapeuten, welche an der T-Schule unterrichten bzw. Therapien durchführen, sind zum einen im Hinblick auf die Auswirkungen einer Störung aus dem Autismusspektrum auf die Entwicklung der betroffenen Schüler/innen unter besonderer Berücksichtigung von Interaktion, Kommunikation und Verarbeitung der Wahrnehmung geschult. Zum anderen verfügen sie über Kenntnisse zur unterstützten Kommunikation durch "TEACCH" (= Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children, dt.: Behandlung und pädagogische Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikationsbehinderter Kinder), autismusspezifischer Verhaltenstherapie und leichter Sprache. Dabei findet neben externen Fortbildungsangeboten eine kontinuierliche Beratung und Supervision der (Lehr-)Kräfte durch den Fachdienst statt, wobei u.a. in Abständen von zwei Monaten für alle Lehrkräfte, deren Klasse von einem Schüler mit einer Störung aus dem Autismusspektrum besucht wird, weitergehende vertiefende Schulungen erfolgen.
76(dd) Die Beurteilung des Sachverständigen, der zufolge die T-Schule nach ihrem Schulkonzept geeignet ist, die Klägerin unter Berücksichtigung ihres frühkindlichen Autismus angemessen zu beschulen, wird zudem bestätigt durch die vorliegenden Befund- bzw. Arztberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte. Diese sind übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer autistischen Störung in der T-Schule beschult werden kann.
77(2) Der Besuch der T Schule ist seit Schulbeginn (August 2010) nicht nur geeignet, sondern auch im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO erforderlich, um die Klägerin angemessen zu beschulen; denn die vom Sachverständigen Prof. Dr. M beschriebenen Lernziele können seither mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem in Nordrhein-Westfalen für die Klägerin bereit hält, nicht in zumutbarer Weise verfolgt werden.
78Zunächst, d.h. zumindest im Schuljahr 2010/2011, war das Förderkonzept der (von der Beklagten einzig als geeignet benannten) N-Schule nicht ausreichend, um den Behinderungen der Klägerin gerecht zu werden (dazu im Folgenden). Anschließend war der Klägerin jedenfalls ein Schulwechsel behinderungsbedingt nicht mehr zumutbar (dazu weiter unten).
79(a) Im Anschluss an die Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass die N-Schule jedenfalls im Schuljahr 2010/2011 zur Erreichung der beschriebenen Förderziele (noch) nicht geeignet war. Zwar mögen unter Zugrundelegung der schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M insbesondere die dortigen Schülerzahlen (nach den Bekundungen des Zeugen L im Verhandlungstermin seit dem Jahr 2010 zwischen ca. 180 und 169), die Klassenstärken (im Eingangsbereich sieben oder acht, später ca. zehn Schüler/innen), die tägliche Schulzeit (montags bis donnerstags 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr, freitags bis 12.30 Uhr) und die Dauer des Schulwegs mit dem Schülerspezialtransport (maximal eine Stunde) einer dortigen Beschulung der Klägerin seit Schulbeginn nicht entgegenstehen. Auch bietet die N-Schule aufgrund ihres Betreuungsschlüssels in gleicher Weise wie die T-Schule die Möglichkeit, die Klägerin - wie vom Sachverständigen für notwendig erachtet - bei Bedarf kurzfristig aus der Klasse herauszunehmen und ihr im Rahmen einer Einzelbetreuung (außerhalb oder innerhalb des Klassenraums) Stressabbau und einen vorübergehenden Rückzug zu bieten. Der Senat legt insoweit ebenfalls die Angaben des Zeugen L in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 sowie bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung zugrunde. Danach erfolgt ca. 85 % des Unterrichts in Anwesenheit von zwei Lehrkräften; zusätzlich werden je nach Bedarf weitere Hilfskräfte (in der Regel mindestens eine) eingesetzt, insbesondere Mitarbeiter/innen im freiwilligen sozialen Jahr und Integrationshelfer/innen, die bei entsprechender Veranlassung jederzeit Schüler/innen auch außerhalb des Klassenraums betreuen können.
80Indes wurde das Förderkonzept der N-Schule zumindest im Schuljahr 2010/2011 der (im Zusammenhang mit den weiteren individuellen Einschränkungen infolge des Pallister-Kilian-Syndroms zu berücksichtigenden) autistischen Störung der Klägerin (noch) nicht gerecht. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Unterrichtsgestaltung als auch auf die insofern notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten der Lehrkräfte. Zwar hat der Zeuge L in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 ausgeführt, dass an der N-Schule nicht nur eine autismusspezifische Einzelförderung (in der Regel zwei Therapiestunden pro Woche) stattfinde, sondern auch eine entsprechende Förderung nach dem TEACCH-Konzept während des Unterrichts und im schulischen Alltag. Bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung hat er jedoch klarstellend bekundet, das TEACCH-Konzept sei an der N-Schule erst im Laufe des Jahres 2011 und im Anschluss an eine (lediglich) eintägige Schulung der Lehrkräfte eingeführt worden; zuvor sei hingegen - wie von ihm in einer E-Mail an den Beklagten vom 02.11.2010 beschrieben - kein einheitliches innerschulisches Konzept für Schüler mit einer Störung aus dem Autismusspektrum angewandt worden. Im Übrigen entzog es sich der Kenntnis des Zeugen, in welchem Umfang die Lehrkräfte das erlernte TEACCH-Konzept (z.B. im Hinblick auf die notwendige Reduzierung verbaler Informationen) selbst gegenwärtig im Unterricht tatsächlich umsetzen. Dies zugrundelegend, fehlte es selbst nach dem Schuljahr 2010/2011 noch an konsequenter Beratung und Supervision der Lehrkräfte.
81(b) Es bedarf keiner abschließenden Klärung, ob die autismusspezifische Förderung jedenfalls in Folgeschuljahren an der N-Schule der spezifischen Behinderung der Klägerin hätte genügen können. Denn im Anschluss an ihre zu Recht an der T-Schule erfolgte Einschulung war ihr jedenfalls ein Wechsel zur N-Schule spätestens nach Absolvierung des ersten Schuljahrs (2010/2011) - wenn nicht schon (was der Senat offen lassen kann) nach Beendigung des Kindergartens B (Mitte des Jahres 2010) - aufgrund der Besonderheiten ihrer Behinderung, insbesondere mit Blick auf ihre autistische Störung, nicht mehr zumutbar.
82(aa) Der Senat legt seiner Beurteilung auch insoweit in erster Linie die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M zugrunde. Bereits in seinem Gutachten vom 24.05.2012 (daneben in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2013) ist er zu der Einschätzung gelangt ist, ein Schulwechsel würde bei der Klägerin mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer zeitweisen Verlangsamung der angestoßenen Lernprozesse führen; von einem solchen Wechsel hat er daher "klar abgeraten". Ergänzend hat er in seiner Stellungnahme vom 08.04.2013 einen Schulwechsel wegen der massiven Einschränkungen der Klägerin, ihrer autistischen Störung sowie ihrer aktuell sehr positiven Entwicklung aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht für nicht vertretbar gehalten. In der mündlichen Verhandlung hat er schließlich auf ausdrückliches Befragen erklärt, schon zur Zeit der Einschulung (im Jahr 2010) den Besuch der - dem zuvor besuchten Kindergarten B angegliederten - T-Schule für klar empfehlenswert gehalten zu haben (ob bereits allein dies einer Einschulung der Klägerin an der N-Schule entgegengestanden hätte, kann der Senat indes offen lassen).
83Auch diese Beurteilung des Sachverständigen zur Unzumutbarkeit eines Schulwechsels hält der Senat für überzeugend. Zwar konnte der Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkreter angeben, mit welchen Rückschritten im Einzelnen ein solcher Wechsel bei der Klägerin verbunden wäre. Gleiches gilt für das zu erwartende Ausmaß der Rückschritte, namentlich die Zeit, welche die Klägerin benötigen würde, um sie wieder aufzufangen. Der Senat hält dies mit Blick darauf, dass das Pallister-Kilian-Syndrom - den Ausführungen des Sachverständigen folgend - eine äußerst seltene Erkrankung ist, die eine derartige Prognose nur schwer zulässt, indes für nachvollziehbar. Dass eine Umschulung bei der Klägerin jedenfalls mit erheblichen Rückschritten verbunden ist, welche - so die Ausführungen im Gutachten vom 24.05.2012 - mit Rücksicht auf die massiven Beeinträchtigungen der Klägerin und die enorme Bedeutung auch kleiner Entwicklungsschritte nicht vertretbar erscheint, hat der Sachverständige jedoch mit "großer Sicherheit" bejaht. Bedenken an der Richtigkeit dieser Einschätzung hat der Senat nicht. Der Sachverständige hat insofern unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen und psychologischen Berichte sowie der Schilderungen der Eltern der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass jeder räumliche Wechsel für ein Kind mit dem Beschwerdebild der Klägerin eine große Verunsicherung bedeutet, und dass er mit Eingewöhnungsschwierigkeiten sowie Rückschritten einhergeht, weil zunächst viel Anstrengung auf die Anpassung an die neue Situation verwendet werden muss.
84(bb) Bestätigt wird diese Einschätzung durch die Diplom-Psychologin M und die Erzieherin N (I Klinik I). Diese haben in ihrem neuropsychologischen Abschlussbericht vom 16.07.2010 u.a. wegen der autistischen Störung der Klägerin von einer Änderung des gewohnten Umfelds bzw. von einer Beschulung in der N-Schule dringend abgeraten. Auch der Arzt für Kinder- und Jugendmedizin Dr. X hat in seinem Befundbericht vom 13.09.2011 im Zusammenhang mit einem Wechsel von Schule und Therapeuten auf eine (mögliche) Gefährdung der bisher gemachten Fortschritte hingewiesen.
85(cc) Der Einschätzung des Sachverständigen steht auch nicht entgegen, dass der Schulbericht des Kindergartens B aus Oktober 2008 von einer gelassenen Reaktion der Klägerin auf kurzzeitige Veränderungen spricht. Denn diese temporären Erlebnisse (z.B. durch Besuch des Zoos bzw. Besuche außenstehender Personen in der Gruppe) erfolgten - den glaubhaften Angaben der Schulleiterin T1 in der mündlichen Verhandlung folgend - innerhalb einer damals sehr konstanten personellen Grundsituation der Kindergartengruppe und ihrer Betreuer/innen. Ein Wechsel der Schule wäre für die Klägerin jedoch nicht nur mit kurzzeitigen räumlichen Veränderungen, sondern - neben einem geänderten Schulwegetransport, Tagesablauf und Schulprogramm sowie Verlust der gesamten bisherigen Mitschüler/innen - insbesondere auch mit einem Austausch sämtlicher Lehr- und Betreuungskräfte und damit der maßgebenden Bezugspersonen verbunden, welche die Klägerin während des gesamten Schulalltags begleiten und fördern. Derartig einschneidende und vielschichtige Veränderungen sind im Übrigen - entgegen der Auffassung des Beklagten - von vornherein nicht vergleichbar mit Umständen wie einem stationären Krankenhausaufenthalt oder einem Wechsel bzw. Ausfall einzelner Lehrkräfte oder Betreuungspersonen, die naturgemäß in jedem Schulalltag vorkommen können.
86(c) War - zusammenfassend - der Klägerin aber ein Schulwechsel spätestens nach Absolvierung des ersten Schuljahres (Schuljahr 2010/2011) behinderungsbedingt nicht mehr zumutbar, so war ihr - selbst wenn die N-Schule wegen zwischenzeitlich erweiterter autismusspezifischer Lehrinhalte geeignet gewesen sein sollte, die Klägerin angemessen zu beschulen - ein Wechsel auf diese Schule aus schwerwiegenden subjektiven Gründen (s.o.) unmöglich bzw. unzumutbar. Der (weitere) Besuch der T-Schule war aus diesem Grund auch über das Schuljahr 2010/2011 hinaus erforderlich im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO.
87dd) Der Umstand, dass die Klägerin ihre Schulbildung an der T-Schule entgegen der angefochtenen Entscheidung des Beklagten aufgenommen und auf diese Weise vollendete Tatsachen geschaffen hat, steht der Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule von vornherein nicht entgegen. Das gilt zumindest für das Schuljahr 2010/2011 schon deshalb, weil die N-Schule (deren Besuch der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden für angemessen erachtet hat) seinerzeit keine geeignete, auf die Besonderheiten der zusammenwirkenden Behinderungen der Klägerin abgestellte Förderung zur Verfügung hätte stellen können (s.o.). Für die Folgezeit aber war schon wegen Unzumutbarkeit eines Schulwechsels der weitere Besuch der T-Schule für die weitere Eingliederung der Klägerin unverzichtbar.
88Der Senat weicht insofern nicht von seinem früheren Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 ab. Zwar ist dort ausgeführt, dass die dortige Klägerin keine Vorteile daraus ziehen darf, dass sie entgegen der von ihr angefochtenen Entscheidung des Beklagten ihre Schulausbildung zunächst an der T-Schule begonnen hat und nunmehr mangels Anspruchs auf Übernahme der Beschulungskosten auf die N-Schule wechseln muss. In jenem Fall ließ sich jedoch - anders als jetzt - nicht feststellen, dass die (insoweit beweispflichtige) dortige Klägerin an der N-Schule nicht hätte angemessen beschult werden können, und dass deshalb eine Umschulung unzumutbar wäre. Unterscheiden sich jener und der vorliegende Sachverhalt deshalb wesentlich, so kann im jetzigen Fall (bei dem kein Ermittlungsausfall vorliegt) offen bleiben, ob und inwiefern "Verschuldensgesichtspunkte" (die im Recht der Sozialhilfe einen zu deckenden Bedarf ohnehin grundsätzlich nicht entfallen lassen, sondern allenfalls unter engen Voraussetzungen eine Leistungseinschränkung bzw. einen Erstattungsanspruch nach sich ziehen können; vgl. § 26 bzw. § 103 SGB XII) hinsichtlich der getroffenen Schulwahl berücksichtigungsfähig sind.
893. Dem Anspruch der Klägerin auf Übernahme ihrer Beschulungskosten an der T-Schule als Eingliederungshilfe stehen sonstige Hindernisse nicht entgegen. Insbesondere verfügte die Klägerin durchgehend seit Schuljahresbeginn 2010/2011 weder über anzurechnendes Einkommen noch Vermögen (wobei letzteres bei den hier in Rede stehenden Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ohnehin nicht anspruchsmindernd oder -ausschließend zu berücksichtigen wäre - vgl. § 92 Abs. 2 S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 2 i.V.m. SGB XII - und ersteres auf die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts beschränkt wäre - vgl. § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII -).
90C. Sonstige Anspruchsgrundlagen für eine Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit der Beschulung der Klägerin existieren nicht.
91I. Leistungen der Eingliederungshilfe des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII scheiden aus. Zwar mag der frühkindliche Autismus der Klägerin eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII sein; eine solche kann grundsätzlich zu einer Leistungszuständigkeit des Jugendhilfeträgers führen. Leidet die Klägerin jedoch zumindest auch unter einer wesentlichen geistigen Behinderung, ist nach der Abgrenzungsregelung des § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII der beklagte Sozialhilfeträger vorrangig zuständig (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich etwa Urteil des Senats vom 18.01.2013 - L 20 SO 170/11 Rn. 59 ff. m.w.N.). Aus diesem Grund bedurfte es von vornherein keiner Beiladung des Jugendhilfeträgers.
92II. Schließlich wurde in der mündlichen Verhandlung für die Klägerin ausdrücklich klargestellt, dass Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 Rn. 18) nicht geltend gemacht werden.
93D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
94E. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger durch Reduzierung des Klageantrages konkludent die Klage zurückgenommen hat.
Die Beklagte wird unter teilweiser entsprechender Aufhebung ihres Bescheides vom 22. Mai 2013 verpflichtet, dem Kläger Eingliederungshilfe in Form einer Integrationshilfe während seiner Teilnahme am Angebot der Offenen Ganztagsschule an der G. -Schule für den Zeitraum entsprechend dem Beschluss der Kammer vom 26. Juli 2013 - 19 L 1042/13 - zu bewilligen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.
1
Tatbestand:
2Der am 00.0.2005 geborene Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage Eingliederungshilfe in Form einer Integrationshilfe für den Besuch des Offenen Ganztags (OGATA) an der G. -Schule in X. für die Zeit vom 9. Oktober 2013 bis zum 7. Februar 2014.
3Er lebt zusammen mit seiner Mutter und seiner im Oktober 2003 geborenen Schwester im Stadtgebiet der Beklagten. Sein Vater ist verstorben. Die Mutter übt eine Teilzeitbeschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden aus, bei der sie in der Regel dienstags, mittwochs und donnerstags von 8.00 bis 15.30 Uhr arbeitet, wobei sie aber auch montags und freitags eingesetzt werden kann. Ihr Weg zur Arbeit dauert eine Stunde.
4Bei dem Kläger wurden Oktober 2010 vom Sozialpädiatrischen Zentrum des Marienhospitals X. (SPZ) eine tiefgreifende Entwicklungsstörung des autistischen Spektrums (ICD 10: F84.9) mit Zeichen einer geistigen Retardation (ICD 10: F70.0) diagnostiziert. Der Antragsteller hatte bei der Testung im K-ABC einen Intelligenzquotienten von 66 erreicht, wobei allerdings nach den Ausführungen des Gutachters dieses Ergebnis vor der Diagnose der Autismus-Spektrums-Störung zu bewerten sei.
5Die Kindergärtnerin, die den Kläger damals betreute, konnte laut dem Gutachten zur Ermittlung des sonderpädagogischen Förderbedarfs die Diagnose einer geistigen Behinderung nicht nachvollziehen. Nach dem genannten Gutachten liegt bei dem Kläger ein sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem Förderschwerpunkt Autismus gemäß § 4 Abs. 6 AO-SF vor. Unter Überschrift „Ressourcenanalyse“ heißt es weiter, der Kläger benötige keine durchgehende sonderpädagogische Betreuung, sondern eine qualifizierte Integrationshilfe, die ihn während des Unterrichts und während des Besuchs der Offenen Ganztagsschule begleite, damit er dort seine Hausaufgaben machen könne. Ebenso kam der Kinder- und Jugendpsychiater N. in seiner Stellungnahme vom 16. Februar 2011 zu der Auffassung, bei dem Kläger liege eine autistische Störung vor. Allerdings sei seiner Auffassung nach der kognitive Begabungsgrad unklar, im Spontangespräch sei dieser höher einzuschätzen als nach dem Ergebnis des K-ABC-Tests. Auch er hielt die Einschulung an einer Regelschule mit Schulbegleitung für den Kläger als die beste Lösung.
6Bei einer weiteren Testung im SPZ im Sommer 2011 wurden die Diagnosen Störung aus dem Autismus-Spektrum, am ehesten einem atypischer Autismus (ICD 10: F84.1) zuzuordnen, mit Zeichen einer grenzwertigen kognitiven Retardation/Lernbehinderung (ICD 10: F70.0) gestellt. Der Kläger erreichte bei dieser Testung im K-ABC-Test einen Intelligenzquotienten von 72.
7Der Kläger wurde entsprechend den übereinstimmenden ärztlichen Empfehlungen zum Schuljahr 2011/2012 auf der Gemeinschaftsgrundschule G. in X. eingeschult. Das Schulamt für den Kreis X. stellte mit Bescheid vom 10. Oktober 2011 bei ihm sonderpädagogischen Förderbedarf mit den Schwerpunkten emotionale und soziale Entwicklung sowie Autismus fest und legte als Förderort die Gemeinschaftsgrundschule G. in X. fest, wo er im gemeinsamen Unterricht beschult werden sollte.
8Aufgrund eines entsprechenden Antrags bewilligte das Sozialamt der Beklagten Eingliederungshilfe für das Schuljahr 2011/2012, zunächst in Form einer Integrationshilfe durch einen FSJ-ler, Studenten, Aushilfe oder Praktikanten, und dann, als sich dies nicht als ausreichend erwies, durch eine Integrationshilfe ohne formale Qualifikationen. Die Integrationshilfe wurde sowohl für die Regelschulzeit als auch für den Besuch des Offenen Ganztags bewilligt. Unter dem 27. Januar 2012 leitete das Sozialamt den Antrag auf Bewilligung einer Integrationshilfe für das Schuljahr 2012/2013 an das Jugendamt der Beklagten weiter, wobei es ausführte, dass die Begleitung des Klägers sowohl während der Regelschulzeit als auch während des Besuchs des Offenen Ganztags erforderlich sei.
9Das Jugendamt der Beklagten führte am 20. März 2012 ein Gespräch mit der Mutter des Klägers und besuchte die Familie am 15. Mai 2012 zu Hause. Dabei teilte das Jugendamt der Mutter des Klägers mit, dass sie auf jeden Fall eine weitere IQ-Testung bei dem Kläger veranlassen müsse, anderenfalls könne über ihren Antrag nicht entschieden werden. Aufgrund einer telefonischen Aufforderung vom 20. August 2012 unterschrieb die Mutter am 21. August 2012 beim Jugendamt einen förmlichen Antrag auf Eingliederungshilfe in Form einer Integrationshilfe und einer Autismustherapie.
10Bei der Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie Dr. L. unterzog sich der Kläger daraufhin erneut dem K-ABC-Test und erreichte einen Gesamt-IQ von 85. Frau Dr. L. stellte außerdem in ihrem Befundbericht vom 28. August 2012 die Diagnosen tiefgreifende Entwicklungsstörung, frühkindlicher Autismus (ICD 10: F84.0), kombinierte Störung schulischer Fertigkeiten (ICD 10: F 81.3), kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen (ICD 10: F92.0), Probleme in der Bezugsgruppe einschließlich des familiären Umfeldes. Darüber hinaus legte sie dar, bei der Überprüfung der Motorik seien deutliche grob- und feinmotorische Schwierigkeiten aufgefallen. Zu bedenken sei außerdem, dass der Kläger bei den Testungen häufiger geäußert habe „Das kann ich nicht“ und immer wieder habe motiviert werden müssen. Er bedürfe aufgrund seiner autistischen Schwierigkeiten und sozialen Anpassungsstörungen dringend auch weiterhin einer Schulbegleitung. Aufgrund der schwierigen familiären Situation halte sie zusätzlich Freizeitbegleitung für notwendig, erforderlich und sinnvoll. Die bereits früher begonnene autismusspezifische, psychotherapeutische und heilpädagogische Therapie am Autismustherapiezentrum solle jetzt dringend fortgesetzt werden.
11Die Grundschule äußerte sich in ihrem Bericht vom 15. Juni 2013 an das Jugendamt dahingehend, dass der Kläger dank der Integrationshilfe gut in die Klasse integriert sei. Durch diese erhalte er auch Einzelförderung, wobei die Aufgaben in Absprache mit dem Koordinator für den gemeinsamen Unterricht gestellt würden. Das Kompetenzzentrum für sonderpädagogische Förderung im Kreis X. teilte unter dem 27. Juni 2013 mit, der Kläger sei bis auf weiteres beim Besuch der Schule auf eine Integrationshilfe angewiesen.
12Die Initiative J e.V., die damals die Integrationshelferin des Klägers stellte, berichtete unter dem 12. September 2012, er verstehe Aufgaben gut, bei ihrer Bearbeitung scheitere er jedoch häufiger aufgrund seiner Arbeitshaltung und mangelnden Eigenmotivation. Nach einer Eingewöhnungsphase habe sich der Kläger gut auf die Integrationsfachkraft eingelassen. Auch mit seinen Mitschülern und den anderen Kindern in der OGATA komme er gut zurecht, wenn diese auf ihn Rücksicht nähmen. Er gehe offen auf andere Kinder zu, wolle aber in den Kontakten den Ablauf gerne bestimmen und könne schlecht damit umgehen, wenn etwas nicht nach seinem Willen funktioniere. Auch auf Erwachsene gehe er zunächst offen zu, benötige aber eine gewisse Zeit, um sich dann letztendlich gut auf den Kontakt einlassen zu können. Die Integrationskraft biete ihm Alternativen zur Bewältigung seiner Wut an, auch das Einhalten von Ruhephasen mit entsprechenden Rückzugsmöglichkeiten sei für ihn sinnvoll und er frage inzwischen gezielt danach. Er benötige im Schulalltag und während der Offenen Ganztagsschule eine „eins zu eins“-Begleitung und Unterstützung.
13Bei einem Hilfeplangespräch am 10. September 2012 wurde festgestellt, dass der Kläger in allen drei Teilbereichen in der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft deutlich beeinträchtigt ist. In das Familienleben sei er zwar integriert und werde dort gefördert, auch habe er unter Berücksichtigung des frühkindlichen Autismus enge Bindungen an seinen Großvater. Veränderungen im Tagesablauf gestalteten sich aber für die Familie schwierig, weil der Kläger darauf mit großer Aggression oder Verweigerung reagiere. Die Mutter gerate öfter an ihre Belastungsgrenzen, weil der Umgang mit ihm schwieriger werde. Im Freizeitbereich sei er sehr isoliert. Dies liege zum Teil daran, dass er sich lieber zurückziehe und am liebsten die Zeit vor dem Fernseher oder mit dem Gameboy verbringe. Zu anderen Kindern in der Nachbarschaft nehme er selten Kontakt auf, werde von diesen aber auch aufgrund seines Verhaltens abgelehnt. In die Schule gehe er gern, dabei habe er hohe Anforderungen an sich und seine Leistungen. Hierbei komme er oft an seine Grenzen und reagiere dann sehr ungehalten, aggressiv oder ziehe sich zurück. Für die anderen Kinder sei er wegen seines Verhaltens und seiner Stimmungsschwankungen sehr schwer einzuschätzen, deshalb lehnten sie oftmals den Kontakt mit ihm ab.
14In der Vorlage zur Fallentscheidung vom 29. Oktober 2012 führte die Sachbearbeiterin der Beklagten u.a. aus, das Störungsbild des Klägers sei so ausgeprägt, dass er ohne Begleitung in der Offenen Ganztagsschule nicht ausreichend betreut werden könne. Durch seine schnell wechselnden Stimmungen und seine teilweise nicht sichtbaren Emotionen sei es für die Mitarbeiterin der OGATA häufig nicht möglich, auf den Kläger und seine Bedürfnisse angemessen zu reagieren. In der OGATA würden 75 bis 85 Kinder betreut. Durch die Begleitung der Integrationshilfe sei es bisher möglich gewesen, den Kläger im Offenen Ganztag zu halten. Ohne die Begleitung durch die Integrationshilfe sei er dort nicht zu betreuen, weil er in vielen Situationen intensive Zuwendung benötige, die das vorhandene Personal nicht aufbringen könne. Mehrfach habe er versucht, wegzulaufen bzw. sei kaum zu beruhigen gewesen. Die Mutter sei durch die Betreuung des Klägers so sehr belastet, dass sie das Gefühl habe, ihre Tochter erhalte zu wenig Aufmerksamkeit. Sie wünsche sich, dass der Kläger in seiner Freizeit Kontakt zu anderen Kindern habe. In der Fallbesprechung am gleichen Tag wurde entschieden, eine Autismustherapie sowie eine Integrationshilfe während der Schulzeit zu bewilligen, die Integrationshilfe für die Offene Ganztagsschule aber weiter zu überprüfen.
15Mit Bescheid vom 25. Januar 2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger Eingliederungshilfe in Form einer Integrationshilfe für 22,5 Stunden pro Woche für den Schulunterricht (20,5 Stunden direkte und 2 Stunden indirekte Betreuung). Mit Schreiben vom gleichen Tage teilte sie mit, dass sie beabsichtige, den Antrag auf eine Integrationshilfe während der Betreuung der Offenen Ganztagsschule abzulehnen. Sie führte aus, die Integrationshelferin für den Besuch des Offenen Ganztages stelle keine Hilfe im Sinne des § 54 SGB XII zu einer allgemeinen Schulbildung dar. Da die Integrationshilfe bereits seit dem Schulbeginn am 22. August 2012 für den Kläger auch während der Offenen Ganztagsschule tätig sei, handele es sich insoweit um eine selbstbeschaffte Hilfe, eine Übernahme der entstandenen Kosten komme daher nicht in Betracht.
16Nachdem die Prozessbevollmächtigte des Klägers noch einmal auf die Bedürfnisse des Klägers und die lange Bearbeitungszeit hingewiesen hatte, die der Annahme einer unzulässigen Selbstbeschaffung entgegenstünden, veranlasste die Beklagte eine Prüfung der Offenen Ganztagsschule an der G. -Schule. Der Träger, die Caritas für die Dezernate E. und X. gab an, dass an der G1. 94 Kinder in drei Gruppen betreut würden. Die Offene Ganztagsschule verfüge dort über einen Basisgruppenraum, zwei Klassenzimmer, eine Küche und eine kleine Mensa, die auf einer Ebene lägen. Außerdem könnten im Untergeschoss ein Gruppenraum durchgängig sowie bei Bedarf weitere Klassenräume, die Rundsporthalle und das Außengelände genutzt werden. Außer dem Kläger würden noch weitere sieben Kinder aus seiner Klasse in der Offenen Ganztagsschule betreut. Die Betreuung finde in einem Zeitfenster vom Ende des Schulunterrichts bis mindestens 15.00 Uhr statt. Nach dem Unterricht nähmen die Kinder in organisierten Strukturen in kleineren Gruppen das Mittagessen ein und machten die Hausaufgaben. Bei den Hausaufgaben finde eine Beaufsichtigung statt, Kontrolle und Hilfestellung könnten nicht gewährleistet werden. Während der Woche stünden sechs Lehrerstunden dafür zur Verfügung. Spezielle Fördermaßnahmen oder spezielle Lernangeboten würden nicht angeboten. Im Anschluss daran werde ein wechselndes Angebot an Sport und Bewegung, hauswirtschaftlichen Angeboten, Einzel- und Gruppenspielen, Kreativprojekten usw. geboten.
17Mit Bescheid vom 22. Mai 2013 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Integrationshilfe für den Besuch der Offenen Ganztagsschule ab und führte zur Begründung aus, der Besuch der Offenen Ganztagsschule sei keine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung, weil dies keine Maßnahme zur Verbesserung der schulischen Fähigkeiten des Klägers darstelle. Eine spezielle Förderung oder Begleitung bei den Hausaufgaben werde nicht geboten. Außerdem sei der Besuch der Offenen Ganztagsschule keine geeignete Maßnahme für den Antragsteller, denn aufgrund des diagnostizierten frühkindlichen Autismus stelle die Betreuung dort auch bei Gewährung einer Integrationshilfe eine Überforderung für den Antragsteller dar. Vielmehr sei eine Betreuung in einem kleineren Rahmen wie bei einer Tagesmutter erforderlich. Da die Kindertagespflege aber aus der Sicht der Mutter des Antragstellers diesen Bedarf nicht decken könne, sei eine weitere Prüfung des Einsatzes einer Tagesmutter nicht möglich gewesen. Außerdem liege eine unzulässige Selbstbeschaffung vor.
18Die Integrationshilfe für den Offenen Ganztag beendete ihre Tätigkeit daraufhin am 27. Mai 2013.
19Gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten hat der Kläger am 3. Juni 2013 die vorliegende Klage erhoben.
20Zur Begründung lässt er zunächst ergänzend zu seinem Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren vortragen, die Ermöglichung und Erleichterung des Schulbesuchs erfolge in seinem Fall in der Offenen Ganztagsschule durch die Hausaufgabenbetreuung und die Verbesserung und Förderung seiner sozialen Kompetenzen. Die von der Beklagten favorisierte Kindertagespflege könne seinen Bedarf nicht decken. Es sei für ihn überaus wichtig, sich in seiner sozialen Kompetenz im Kontakt mit anderen Mitschülern zu üben und weiterzuentwickeln. Eine Überforderung durch die Offene Ganztagsschule werde ausdrücklich bestritten und weder von der Schule noch von den Mitarbeitern der Offenen Ganztagsschule beschrieben. Dabei legte er auch eine Stellungnahme der Schulleiterin und der Grundschullehrerin der G. -Schule vom 12. Juni 2013 vor, die noch einmal darauf hinwiesen, dass er bei der Bearbeitung der Hausaufgaben durch eine Integrationshilfe begleitet werden müsse. In der OGATA würden die Hausaufgaben durch die Begleitpersonen lediglich beaufsichtigt. Er könne die Aufgaben aber nur bewältigen, wenn jemand mit ihm die Aufgaben durchgehe und ihn bei der Bearbeitung begleite. Ohne diese Unterstützung bleibe er ratlos vor seiner Arbeit sitzen. Darüber hinaus müssten in der OGATA die Situationen nachgearbeitet werden, die während des Unterrichts zu Abbrüchen geführt hätten. Die Problemsituationen müssten immer sofort bearbeitet werden, da er sich aufgrund seines Autismus sonst völlig „einigele“ und ihn niemand mehr erreiche. Ohne die Begleitung durch die Integrationshilfe in der OGATA sei auch der Besuch der Regelschule gefährdet, weil die konfliktträchtigen Situationen des Unterrichts nicht mehr aufgefangen werden könnten und er seine Hausaufgaben nicht mehr erledigen könne.
21Die Beklagte tritt der Klage entgegen und führte zunächst aus, dass es sich bei der Hilfe zum Besuch des Offenen Ganztags nicht um eine Hilfe im Sinne des § 54 Abs. 1 Ziff. 1 SGB XII zu einer angemessenen Schulbildung handele. Die Hilfe sei zudem ungeeignet, da eine eins-zu-eins-Betreuung in der OGATA nicht vorgesehen sei. Die Hausaufgabenbetreuung sei aus fachlicher Sicht keine Aufgabe der Integrationskraft, vielmehr habe sie Hilfestellung zur praktischen Bewältigung der im Zusammenhang mit dem Besuch stehenden Schwierigkeiten zu leisten. Die Förderung sozialer Kompetenzen sei innerhalb der OGATA nicht gewährleistet, da deren Rahmenbedingungen (Gruppengrößen und Freizeitangebote) nicht auf die speziellen Bedürfnisse des Klägers abgestimmt seien und damit eher als Überforderung denn als Förderung anzusehen seien. Aus ihrer Sicht sei weiterhin eine Tagesmutter die für den Kläger geeignete Maßnahme, da dies aus der Sicht des Klägers bzw. seiner Mutter aber den Bedarf nicht decken könne, könne dies von ihrem Jugendamt nicht weiter geprüft werden.
22Aufgrund des ebenfalls gestellten Antrages nach § 123 VwGO verpflichtete das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 26. Juli 2013 die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung, dem Kläger vorläufig für das erste Halbjahr des Schuljahres 2013/2014 Eingliederungshilfe in Form einer Integrationshilfe während seiner Teilnahme am Angebot der Offenen Ganztagsschule an der G. -Schule zu bewilligen. Die Beklagte setzte daraufhin in der Zeit vom 9. Oktober 2013 bis zum Ende des ersten Halbjahres des Schuljahres 2013/2014 eine Integrationshilfe ein, die den Kläger während des Besuchs der OGATA betreute.
23Der Träger des Offenen Ganztags an der G. -Schule, der Caritasverband für die Dekanate E. und X. , der in der Zeit vom 9. Oktober 2013 bis zum Ende des Schulhalbjahres 2013/2014 auch die Integrationskraft im Offenen Ganztag für den Kläger stellte, berichtet unter dem 10. Januar 2014 dem Jugendamt, der Kläger habe sich aus der Sicht der Fachkräfte des Caritasverbandes sehr positiv im Offenen Ganztag entwickelt. Die intensive Arbeit der Integrationshilfe im Schulbereich und in der Ganztagsbetreuung habe ganz wesentlich dazu beigetragen, dass der Kläger sich zu einem selbständigen Jungen – seinem Alter gerecht – entwickelt habe. Er sei nunmehr in der Lage, seine Bedürfnisse ohne „Wutanfälle“ klar zu äußern und zu definieren. Er könne sich dem Gruppenalltag anpassen und ihm folgen. Dies habe man in der Zeit sehen können, als er im Offenen Ganztag auf sich und die Hilfe der Erzieherinnen gestellt gewesen sei. Er habe an Selbstbewusstsein gewonnen, weil er inzwischen in der Lage sei, auf andere Kinder zuzugehen, um mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Die gewonnenen Erfolge, durch seinen Einsatz, für sich selbst zu reden, zu sich zu stehen, könne man stetig beobachten. Er entwickele sich immer positiver in der Gruppe des Offenen Ganztags. Durch sein wachsendes Selbstbewusstsein und seine Fähigkeit, sich klar äußern zu können, wachse auch die Anerkennung der anderen Kinder. Er bewege sich inzwischen frei und ungezwungen mit den anderen Kindern und beweise zunehmend Mut und Selbstvertrauen, sich selbst auszuprobieren. Solle es einmal vorkommen, dass es dem Kläger innerhalb des Tagesablaufs im Offenen Ganztag zu laut und zu „hektisch“ zugehe, könne er sich klar äußern und auf die Erzieherinnen zugehen und ihnen mitteilen, dass er eine Ruhepause benötige und was er auch gerne tun würde, um zur Ruhe zu kommen. Nach diesen Ruhephasen sei er wieder im Stande, an dem Gruppengeschehen im Rahmen des Offenen Ganztags teilzunehmen. Während der „Lernzeit/Hausaufgabenbetreuung“ benötige er noch Unterstützung von einer erwachsenen Person, die in dieser Zeit überwiegend als Ansprechpartner für ihn da sei und die ihm die Aufgabenstellung erkläre und verdeutliche. Wenn er diesen Ansprechpartner habe und sich bei Fragen an diese Person wenden könne sowie zwischendurch Hilfestellungen bekomme, könne er seine Hausaufgaben überwiegend selbständig lösen. So brauche er immer wieder Hinweise, wie bestimmte Rechenwege funktionieren, um an die Lösung einer Mathematikaufgabe zu kommen. Durch die Hilfemittel und die Unterstützung der jeweiligen Hausaufgabenbetreuerinnen sei er in der Lage, auch diesen Weg zu gehen. Des weiteren müsse man ihm noch Unterstützung im Fach Deutsch bieten. Er bekomme während der „Lernzeit/Hausaufgabenbetreuung“ eine Hilfestellung durch die Hausaufgabenbetreuerinnen, die intensiver sei als bei den anderen Kindern. Er hole sich diese Unterstützung auch selbst bzw. frage aktiv nach, wann die Hausaufgaben erledigt werden sollten. Er frage nach, wenn er etwas nicht verstehe, und lasse sich motivieren, wenn ihm einmal der Mut zum weitermachen fehle. Durch seine aktuell gute Mitarbeitsbereitschaft sei diese Unterstützung aus Sicht der Fachkräfte von dem Team der OGATA – zur jetzigen Zeit – selber zu leisten. Wie andere Kinder auch schaffe er in der einstündigen Hausaufgabenzeit nicht immer sein Arbeitspensum. Das sei allerdings nicht ungewöhnlich. Hier verhalte es sich wie bei anderen Kindern in der Gruppe auch. Es sei dann üblich, dass diese Kinder ihre Aufgaben zu Hause beendeten. Wenn dies zu Hause zur Zeit nicht möglich sei, solle ein daraus erwachsender Hilfebedarf besprochen und erfasst werden. Insoweit stehe der Caritasverband E. und X. zur Verfügung.
24Die Schulleiterin und die Klassenlehrerin des Klägers teilten unter dem 21. Februar 2014 mit, die Rücknahme der Begleitung für den Kläger in der OGATA während der Hausaufgaben habe für ihn schwerwiegende Folgen nach sich gezogen. Ihrer Auffassung nach benötige der Kläger unbedingt eine Person, die sich mit der absolut notwendigen Intensität mit ihm hinsetze und die Hausaufgaben erledige. Nur durch eine dauerhafte Hilfestellung sei er in der Lage, selbständig zu den richtigen Ergebnissen zu kommen. Da diese Situation nicht gegeben sei, sei der Kläger unglücklich, weil er sein Pensum, das ohnehin schon auf seine Möglichkeiten hin differenziert sei, nicht erledigen könne. Dadurch sei er auch in seinen schulischen Leistungen und in seiner Bereitschaft, sich auf Neues einzustellen, stark zurückgefallen. Nach der Hausaufgabenbetreuung könne er inzwischen ohne Probleme und Einzelbetreuung am weiteren Alltagsgeschehen der OGATA teilnehmen.
25Der Caritasverband für die Dekanate E. und X. führte in einer Stellungnahme für das Jugendamt am 10. März 2014 dazu aus, der Kläger benötige während der Lernzeit eine Einzelbetreuung bzw. eine Person, die ihm zur Seite stehe, da er doch noch einige Schwierigkeiten mit den Hausaufgaben habe. Bisher hätten die Betreuerinnen ihm während der Lernzeit zur Seite stehen können, jedoch habe er zur Zeit einige Konzentrationsschwierigkeiten während der Lernzeit und benötige immer wieder Hilfe von einer erwachsenen Person. Da er nach Unterrichtsschluss erschöpft sei und sich leicht ablenken lasse, benötige er zunehmend eine Begleitperson, die ihm helfe und ihn auf das Wesentliche, die Hausaufgaben, hinweise. Für die intensive Hilfestellung fehle den Betreuerinnen während der Lernzeit oftmals die Zeit, die er für die Hausaufgaben benötige. Daher wäre es im Interesse des Klägers, ihm eine erwachsene Person zur Seite zu stellen, die ihn während der Lernzeit begleite.
26Die Mutter des Klägers ließ im März 2014 im Autismustherapie-Zentrum in N1. einen Intelligenztest durchführen, um die kognitiven Fähigkeiten und Stärken und Schwächen des Jungen besser einschätzen zu können. Bei dem wiederum angewandtenK-ABC-Test erreichte er einen IQ-Wert von 66. Der Bericht legt dar, zwischen den einzelnen Subskalen bestünden einige signifikante Unterschiede. Sein IQ-Profil falle unausgeglichen aus, was bei der Interpretation der Testergebnisse berücksichtigt werden müsse. Zu seinem Verhalten während des Tests führt das Austismustherapie-Zentrum weiter aus, Motivation und Kooperationsbereitschaft hätten im Verlauf der Testung sehr zügig abgenommen, er habe zunehmend müde gewirkt und sich unkooperativ gezeigt. Er habe teilweise stark motiviert werden müssen, um die Aufgaben beenden zu können.
27Der Kläger lässt nunmehr vortragen, er sei inzwischen durchaus in der Lage, während des Spielens mit anderen Kindern ohne Integrationshilfe zu Recht zu kommen, benötige aber während der Hausaufgaben weiterhin eine intensiven Betreuung wie auch während des Unterrichts. Seine Mutter könne die Beobachtungen der Fachkräfte der OGATA hinsichtlich einer zunehmenden Verselbständigung nicht bestätigen. In der Zeit, die er ohne Integrationshilfe in der OGATA verbracht habe, sei er beispielsweise nicht in der Lage gewesen, die Arbeits- und Lernprogramme am Computer zu benutzen. Inzwischen mache er dort gar keine Hausaufgaben mehr. Die ungelernten Kräfte in der OGATA könnten ihm bei der Erledigung seiner Hausaufgaben nicht die Unterstützung bieten, die er benötige. Die fehlende Übung durch die Bearbeitung der Hausaufgaben führe zu einem weiteren Abfall der schulischen Leistungen und seiner Bereitschaft, sich auf Neues einzustellen.
28Der Kläger beantragt,
29die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22. Mai 2013 zu verpflichten, ihm für den Zeitraum entsprechend des Beschlusses vom 26. Juli 2013 – 19 L 1042/13 – Eingliederungshilfe in Form einer Integrationshilfe für den Besuch des Offenen Ganztags zu bewilligen.
30Die Beklagte beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Sie ist der Auffassung, der Kläger benötige die Integrationshilfe nicht. Dies habe sich auch bei einem Hilfeplangespräch im Jugendamt am 16. Dezember 2013 gezeigt, an dem die Mutter des Klägers teilgenommen habe. Der Kläger habe sich demnach besonders im Rahmen der OGATA erfreulich entwickelt. Um seine Selbständigkeit nicht zu untergraben, sei die Begleitung durch eine Integrationshilfe kein geeignetes Mittel der Jugendhilfe.
33Im Hilfeplangespräch am 24. März 2014 habe sich gezeigt, dass sich die Noten des Klägers nicht negativ verändert hätten, vielmehr habe seine Leistungsbereitschaft und sein Arbeitsverhalten abgenommen. Dies sei aus der Sicht ihres Jugendamtes jedoch der Tatsache geschuldet, dass der schulische Alltag des Klägers von vielen Veränderungen gekennzeichnet gewesen sei. Im Dezember 2013 seien die Klassenlehrerin und seine Integrationskraft im Schulbereich längerfristig ausgefallen. Der Kläger habe deshalb viele personelle Veränderungen verarbeiten müssen. Mittlerweile habe sich die Schulsituation wieder stabilisiert. Er sei deshalb davon auszugehen, dass sich das Arbeitsverhalten und die Leistungsbereitschaft des Klägers wieder positiv entwickeln würden. Im Übrigen liege, wie sich auch aus der IQ-Testung des Autismustherapiezentrums ergebe, bei dem Kläger eine geistige Behinderung vor. Laut dem Halbjahreszeugnis rechne er in einem Zahlenraum bis 20 einfache Plus- und Minusaufgaben mit Anschauungsmaterial. Es gelinge ihm, einfache Wörter und kurze Sätze zu erlesen und er habe sich mittlerweile einen aus wenigen Wörtern bestehenden Sichtwortschatz erarbeitet. Sein Lesen sei noch nicht flüssig und er erfasse den Sinn von gelesenen Texten noch nicht sicher. Dies entspreche nicht dem Lernstoff der 3. Klasse.
34Hinsichtlich der Hausaufgabenbetreuung habe die Leiterin der OGATA, Frau G2. , am 1. April 2014 telefonisch Folgendes mitgeteilt: Die Kinder gingen nach dem Mittagessen zur Hausaufgabenbetreuung. Der Kläger versuche den Anforderungen der Hausaufgabenerstellung auszuweichen. Er erkläre dann, dass er müde sei und sich ausruhen müsse und deshalb die Hausaufgaben nicht machen könne. In der Hausaufgabenzeit schweife er gerne ab und verträume die Zeit. Seine Konzentrationsfähigkeit sei davon abhängig, wie der Schulalltag gelaufen sei und wie der Start in den Tag zu Hause gewesen sei. Streit und/oder Ärgernisse beeinflussten seine Tagesform und sein Arbeitsverhalten. Er komme dann auch zu Verweigerungen. Frau G2. habe berichtet, dass es für die Betreuungskräfte teilweise schwer einzuschätzen sei, ob der Grund für die Verweigerung in der kognitiven Überforderung oder eher eine Vermeidungsstrategie sei. Es sei jedoch zu beobachten, dass der Kläger durchaus in der Lage sei, seine Aufgaben ohne große Unterstützung zu bewältigen. Wenn er arbeite, erledige er die für ihn ausgewählten Aufgaben selbständig. Er benötige nur kleine Hilfen bei Fehlern, die er dann auch mit kleinen Hilfestellungen korrigieren könne. Insofern zeige der Kläger nach den Beobachtungen von Frau G2. ein altersgerechtes Verhalten.
35Aus Sicht ihres Jugendamtes könne der Kläger sicherlich ihm bekannte Lerninhalte, die schon häufiger wiederholt worden seien, durchaus allein bearbeiten. Neue Lerninhalte seien für ihn nicht so einfach zu bearbeiten, weil er sich mehr anstrengen müsse und deshalb hier versuche, durch Verweigerung der Anstrengung aus dem Weg zu gehen. Zudem spiele auch die Tagesform – wie bei anderen Kindern auch – eine Rolle.
36Unabhängig davon seien die Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfe nicht erfüllt, da bei dem Kläger eine leichte geistige Behinderung vorliege und bei der OGATA-Betreuung keine Teilhabebeeinträchtigung vorliege. Sowohl die Schule als auch die Leitung der OGATA hätten beschrieben, dass der Kläger gut integriert sei.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte, der Verfahrensakte 19 L 1042/13 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
38Entscheidungsgründe:
39Soweit der Kläger durch Reduzierung des Klageantrages die Klage konkludent teilweise zurückgenommen hat, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
40Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet.
41Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit damit für den Zeitraum, der von dem Beschluss vom 26. Juli 2013 im Verfahren 19 L 1042/13 erfasst wurde, die Eingliederungshilfe in Form der Begleitung durch eine Integrationshilfe während des Offenen Ganztags an der G. -Schule abgelehnt wurde (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat Anspruch auf diese Form der Eingliederungshilfe im Zeitraum vom 9. Oktober 2013 bis zum Ende des 1. Halbjahres des Schuljahres 2013/2014.
42Anspruchsgrundlage für die Eingliederungshilfe ist § 35a SGB VIII. Nach dieser Vorschrift haben Kinder und Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
43Dass bei dem Kläger die seelische Gesundheit seit mehr als sechs Monaten von dem für sein Lebensalter typischen Zustand abwich/abweicht, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Bei ihm liegt eine tiefgreifende Entwicklungsstörung des autistischen Spektrums vor, die von einer kombinierten Störung schulischer Fähigkeiten sowie einer kombinierten Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen begleitet wird.
44Diese psychischen Erkrankungen beeinträchtigten – auch heute noch – die Teilnahme des Klägers am Leben in der Gesellschaft. Zu beurteilen ist in diesem Zusammenhang die selbstbestimmte und altersgemäße Ausübung sozialer Funktionen und Rollen in den zentralen Lebensbereichen Familie, Schule und sozialem Umfeld wie etwa Freundeskreis oder Sport. Die Beklagte hatte im Rahmen ihrer Ermittlungen festgestellt, dass die Teilhabe des Antragstellers in allen drei Bereichen beeinträchtigt sei bzw. eine Beeinträchtigung drohe, weil der Kläger einerseits dazu neige, sich zurückzuziehen und den Kontakt zu anderen zu vermeiden, andererseits aber auch von anderen abgelehnt werde, weil er auf Anforderungen im Tagesverlauf mit Verweigerung, Wut und Aggressionen reagiere. Sogar für seine Mutter sei es manchmal schwierig, mit ihm zurecht zu kommen und im Familienleben müsse auf ihn in hohem Maße Rücksicht genommen werden. Inzwischen stellt sich die Situation zwar insoweit besser dar, als es dem Kläger - aufgrund der Leistungen der Integrationshelferin - wie der Träger der OGATA in seiner Stellungnahme vom 10. Januar 2014 betont - gelingt, mit den anderen Kindern im Offenen Ganztag besser in Kontakt zu kommen. Auf Anforderungen, vor allem wenn es sich um die Erarbeitung von neuen Inhalten handelt, reagiert er jedoch immer noch mit Verweigerung, wie die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 1. April 2014 ausführt. Dass er diese Verweigerung nun nicht mehr in Wutausbrüchen und Aggressionen äußert, ließ die Teilhabebeeinträchtigung nicht entfallen.
45Die Schilderungen des Caritasverbandes für die Dekanate E. und X. in seiner Stellungnahme vom 10. Januar 2014 dürften darüber hinaus auch eine sehr optimistische Sichtweise darstellen, die er in der weiteren Stellungnahme vom 10. März 2014 bereits einschränken musste und die sich nach dem Telefonat mit der Leiterin der OGATA, Frau G2. , wie es die Beklagte wiedergibt, weiter relativiert. Die Schilderungen decken sich zudem gar nicht mit den Beobachtungen der Mutter des Klägers. Durch die fehlende Betreuung während der Hausaufgaben im Offenen Ganztag ist die Motivation des Klägers, sich mit den Hausaufgaben auseinanderzusetzen, inzwischen ganz zum Erliegen gekommen. Auch deuten die Beobachtungen des Autismustherapie-Zentrums während des erneut durchgeführten Intelligenztests darauf hin, dass der Kläger nicht mehr daran gewöhnt ist, sich über längere Zeit auf eine Aufgabe zu konzentrieren, weil ihm das Training insoweit während der Hausaufgabenbetreuung fehlt. Die Leiterin der OGATA hat in dem Telefonat mit dem Jugendamt dazu ausgeführt, der Kläger neige dazu, in der Hausaufgabenzeit abzuschweifen und die Zeit zu verträumen. Insoweit muss, offenbar anders als bei anderen Kindern, die nicht unter den gleichen Behinderungen wie der Kläger leiden, vermehrt seine Aufmerksamkeit immer wieder auf die Lösung bzw. Bearbeitung der Hausaufgaben gelenkt werden, weil nur so seine Konzentrationsfähigkeit angemessen gefördert werden kann. Ohne eine schrittweise Entwicklung der Konzentrationsfähigkeit sowie der Entwicklung seiner Fähigkeit, sich auch auf neue Aufgabenstellungen einzulassen, dürfte eine Integration in den Schulbereich jedoch nicht möglich sein und zumindest insoweit eine Teilhabebeeinträchtigung vorliegen bzw. drohen. Abgesehen davon droht bei einer Verweigerung der Hausaufgaben auch ein Scheitern des Schulbesuchs insgesamt. Dass die ablehnende Haltung des Klägers lediglich aus einer ungünstigen personellen Situation während des Unterrichts resultierte, wird von der Beklagten offenbar nicht mehr vertreten, weil sich das Verhalten des Klägers auch nach Verbesserung der Bedingungen insoweit nicht, wie gehofft, verbessert, sondern eher verschlechtert hat. Dem Vorbringen der Prozessbevollmächtigten des Klägers, dieser verweigere inzwischen die Hausaufgaben völlig, ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten.
46Soweit der Träger des Offenen Ganztags und die Beklagte die Auffassung vertreten, dass der Kläger im Offenen Ganztag die Hausaufgaben nicht erledigt habe, rechtfertige nicht den Einsatz einer Integrationshilfe, weil auch andere Kinder dies nicht schafften, ist dem nicht zu folgen. Nach den Erhebungen der Beklagten beträgt die Lernzeit/Hausaufgabenzeit in der OGATA der G. -Schule eine Stunde. Nach dem Runderlass der Kultusministeriums vom 2. März 1974 (GABl. NW. S. 249) sollten die Hausaufgaben für die Klassen 3 und 4 so bemessen sein, dass sie, bezogen auf den einzelnen Tag, in 60 Minuten erledigt sein können. In den Stellungnahmen des Trägers des Offenen Ganztags ist nicht ausgeführt, dass die Lehrer der G. -Schule diesen Erlass missachteten und den Kindern deutlich über dieses Maß hinaus Hausaufgaben aufgaben. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Abfragen des Lernstoffs (Vokabeln, Einmaleins, Gedichte auswendig lernen, etc.) ohnehin in einer eins-zu- eins-Situation zu Hause noch durchgeführt werden muss, müsste es bei adäquater Betreuung im Offenen Ganztag möglich sein, dass die Kinder dort innerhalb einer Stunde auch ihre Hausaufgaben erledigen. Soweit dies die dortige Betreuung auch für die anderen Kinder nicht gewährleisten kann, stellt dies keine Rechtfertigung dafür dar, dem Kläger die erforderliche Hilfe zu verweigern. Denn für den Kläger kommt hinzu, dass er neben den Hausaufgaben zu Hause auch noch die Therapien und die in diesem Rahmen gegebenen täglichen Übungen absolvieren muss. Wenn er nach dem Besuch der OGATA noch die Hausaufgaben vollständig zu Hause erledigen muss, dürfte dies für ihn eine deutliche Überforderungssituation darstellen.
47Dass ein Anspruch auf Eingliederungshilfe auch zum Besuch des Offenen Ganztags an der G. -Schule bestand und von den Maßnahmen nach § 54 SGB XII umfasst wird, hat die Kammer bereits im Beschluss vom 26. Juli 2013 – 19 L 1042/13 - dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Gründe dieses Beschlusses verwiesen, der den Beteiligten bekannt ist. Auch dürfte die Beklagte nicht mehr bestreiten, dass sich der Besuch des Offenen Ganztags positiv auf das Kontaktverhalten des Klägers ausgewirkt hat und dass sich die Einschätzung seiner Mutter, er könne dadurch soziale Kompetenzen erwerben, als richtig erwiesen hat.
48In dem hier zu beurteilenden Zeitraum stellte sich die Integrationshilfe auch als ein geeignetes und erforderliches Mittel zum Besuch des Offenen Ganztags dar. Denn nur mit deren Hilfe ist es ihm nach Auffassung des Trägers der Maßnahme gelungen, diese Fähigkeiten zu erwerben. Die Notwendigkeit dieser Hilfe beschränkte sich dabei auch nicht nur auf den Hausaufgabenbereich. Denn der Kläger ist nach der Schule nur imstande, sich mit den Hausaufgaben angemessen auseinanderzusetzen, wenn er die während des Unterrichtszeitraums angefallenen Probleme angemessen verarbeitet hat. Das ergibt sich noch einmal deutlich aus den Äußerungen von Frau G2. in dem Telefonat mit der Beklagten. Auch die Schulleiterin und die Lehrerin des Klägers hatten auf diesen Umstand bereits in ihrer Stellungnahme vom 12. Juni 2013 hingewiesen.
49Soweit sich die Beklagte darauf beruft, während des Spiels mit anderen Kindern sei der Kläger nicht mehr auf die Integrationshilfe angewiesen gewesen, ergibt sich dies frühestens aus der Stellungnahme des Caritasverbandes für die Dekanate E. und X. vom Januar 2014 und nicht schon für den Beginn der Maßnahme im September. Zu beurteilen ist die Erforderlichkeit aber zum Zeitpunkt des Beginns der Maßnahme, nicht anhand der Fortschritte, die der Betroffenen während und aufgrund der Maßnahme gemacht hat. Soweit sich die Beklagte noch auf eine unzulässige Selbstbeschaffung beruft, folgt dem die Kammer ebenfalls nicht und verweist insoweit auch auf die Darlegungen im Beschluss vom 26. Juli 2013 – 19 L 1042/13 -, der den Beteiligten bekannt ist.
50Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, dass bei dem Kläger eine geistige Behinderung vorgelegen habe bzw. vorliege. Zum einen ergibt sich dies aus der IQ-Testung vom März 2014 nicht zwingend, denn das Autismustherapie-Zentrum weist im Hinblick auf die Auswertung des Tests darauf hin, dass das Ergebnis auch wegen der signifikanten Unterschiede in den Einzeltest interpretiert werden muss. Außerdem spricht gegen die Diagnose einer geistigen Behinderung im vorliegenden Fall auch, dass es dem Kläger gelungen ist, innerhalb relativ kurzer Zeit seine sozialen Kompetenzen deutlich zu verbessern, was bei fehlenden kognitiven Fähigkeiten sicherlich nicht möglich gewesen wäre. Letztlich kann dies aber dahinstehen. Denn die Beklagte wäre bei Vorliegen einer geistigen Behinderung auch in ihrer Eigenschaft als Sozialhilfeträger verpflichtet gewesen, die erforderliche Eingliederungshilfe zum Besuch des Offenen Ganztags im Rahmen der §§ 53,54 SGB XII zu bewilligen.
51Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1, 188 VwGO.
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.
(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.
(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.
(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.
(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.
(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.
(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.
(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.
(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
Tenor
Der Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 15. September 2004 und dessen Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2004 werden aufgehoben, soweit sie der Übernahme der Kosten einer weiteren Einheit pro Woche Legasthenietherapie entgegenstehen.
Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Tatbestand
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(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.
(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.
(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.
(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.
(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit überein-stimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Beklagte
1. unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 18. Juli 2012 verpflichtet, dem Kläger über die bislang bewilligte Eingliederungshilfe hinaus - bis zur Höhe der von ihm jeweils nachzuweisenden erbrachten Vorausleistungen - die Kosten eines Integrationshelfers für den Bereich der Offenen Ganztagsschule (OGS) für den Zeitraum vom 1. August 2012 bis zum 31. Januar 2013 im Umfang von weiteren 16,5 Fachleistungsstunden pro Woche, für den Monat Februar 2013 im Umfang von weiteren 13,5 Fachleistungsstunden pro Woche und für den Zeitraum vom März bis Juli 2013 in einem Umfang von 15 Fachleistungsstunden pro Woche zu bewilligen,
2. unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 20. September 2013 verpflichtet, dem Kläger über die bislang bewilligte Eingliederungshilfe hinaus ‑ bis zur Höhe der von ihm nachzuweisenden erbrachten Vorausleistungen - die Kosten eines Integrationshelfers für den Bereich der OGS für den Zeitraum vom 23. September 2013 bis zum 04. Dezember 2013 im Umfang von weiteren 11 Fachleistungsstunden pro Woche zu bewilligen.
Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Der am 00.00.2005 geborene Kläger erstrebt mit der vorliegenden Klage die Erstattung der Kosten eines Schulbegleiters für den Bereich der Offenen Ganztagsschule (OGS) für die Zeit vom 1. August 2012 bis zum 4. Dezember 2013 aus Mitteln der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII) ‑ Kinder und Jugendhilfe -.
3Der Kläger ist das älteste von drei Kindern der Familie C. . Der Bruder K. ist am 00.00.2007 und die Schwester F. T. N. am 00.00.2008 geboren. Die Mutter ist als C1. , der Vater ist als V. tätig.
4Der Kläger besucht seit dem Schuljahr 2011/2012 die T1. Gemeinschaftsgrundschule in B. -X. , die auch eine Betreuung nach der Schulzeit im Rahmen eine OGS anbietet. Die Städteregion B. bewilligte dem Kläger im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII vom Beginn des Schullaufbesuchs für die Dauer des Schulunterrichts am Vormittag einen Integrationshelfer. Nachdem sie zunächst einen Integrationshelfer für den Besuch der OGS abgelehnt hatte, bewilligte sie auf den Widerspruch des Klägers im Rahmen einer Abhilfeentscheidung einen Schulbegleiter für den Besuch der Grundschule einschließlich der OGS im Umfang von wöchentlich 37,5 Stunden; diese Hilfe verlängerte sie im gleichen zeitlichen Umfang ab dem 1. Januar 2012 für vier weitere Monate bis zum 30. April 2012.
5Bei der Städteregion B. beantragten die Eltern des Klägers mit Schreiben vom 8. März 2012 die Fortsetzung der Schulbegleitung für ihren Sohn Q. . Nach Kenntnisnahme der in das Verfahren eingeführten ärztlichen Stellungnahmen leitete die Städteregion den Antrag an das Jugendamt der Beklagten weiter. Mit Blick auf die dort festgestellte seelische Behinderung des Klägers stehe hier nicht eine Leistung der Sozialhilfe sondern der Jugendhilfe in Rede. Die Beklagte sandte den Antrag mit Schreiben vom 26. April 2012 an das Sozialamt der Städteregion zurück, da seine Weiterleitung nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 14 Abs. 1 SGB Neuntes Buch (IX) – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – erfolgt sei. Deshalb habe die Städteregion über eine mögliche Weiterbewilligung zu entscheiden. Daraufhin bewilligte die Städteregion B. dem Kläger mit Bescheid vom 2. Mai 2012 den beantragten Schulbegleiter auch für die Zeit ab dem 1. Mai bis zum Ende des Schuljahres 2011/2012 im Umfang von 39,5 Stunden pro Woche.
6Schließlich beantragte der Kläger am 24. Mai 2012 zunächst per email und am 4. Juni 2012 mit förmlichem Antrag beim Jugendamt der Beklagten die Bewilligung eines Schulbegleiters für die Offene Ganztagsschule für das Schuljahr 2012/2013. Mit Schreiben vom 1. Juni 2012 teilte die Beklagte den Eltern des Klägers mit, dass die Zuständigkeit für die Bewilligung eines Schulbegleiters nunmehr auf das Jugendamt der Stadt B. übergegangen sei und sie deshalb über die begehrte Hilfe entscheiden werde.
7Zur Bescheidung dieses Antrags lag dem Jugendamt unter anderem eine ärztliche Stellungnahme von Frau Prof. Dr. I. -E. , der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters des V1. B. und ihres Oberarztes I1. vom 26. August 2011 vor. Danach wurden bei dem Kläger die Diagnosen gestellt:
8Verdacht auf einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (ICD 10: F 90.0),
9Verdacht auf Asperger-Autismus (ICD 10: F 84.5),
10Enuresis nocturna (ICD 10: F 98.0),
11Artikulationsstörung mit Schetismus und Sigmatismus (ICD 10: F 80.0).
12Die anamnestischen Angaben sowie die im Rahmen der Untersuchung erhobenen Befunde wiesen sowohl auf eine Störung aus dem Autismusspektrum als auf eine Aufmerksamkeitsproblematik hin, wobei hier allerdings die hohe Intelligenz des Jungen zu berücksichtigen sei. Eine weitere Abklärung sollte einige Wochen nach Einschulung erfolgen.
13In einer ärztlichen Stellungnahme der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin vom C2. -H. in T2. vom 20. März 2012 wurden unter Hinweis auf die Untersuchung von Dr. I1. der Verdacht auf Asperger-Autismus und ein Verdacht auf ADHS geäußert. Mit einer sehr erfahrenen und engagierten Lehrerin und der Genehmigung einer Integrationshelferin sei die Integration von Q. in die Grundschulklasse bis zum Untersuchungszeitpunkt erstaunlich gut gelungen, wobei die Lehrerin auf telefonische Rückfrage mitgeteilt habe, dass der Kläger nach wie vor häufig laut, unangepasst und aggressiv gegenüber Mitschülern und Gegenständen auftrete. In anderen Situationen, wie z. B. beim Schwimmen, sei er sehr ängstlich. Große Probleme habe er weiterhin mit Übergangssituationen (Unterrichtsstunde ‑ Pause und umgekehrt). An einem Schultag sei die Integrationshelferin erkrankt gewesen. Nach Pausenende sei festgestellt worden, dass der Kläger im Klassenraum fehle. Die Lehrerin habe ihn suchen müssen; der Kläger hatte sich im Schulgarten versteckt. Derartige Verhaltensweisen, die die Aufmerksamkeit und das pädagogische Geschick einer Betreuungsperson dermaßen herausforderten, zeigten, dass angemessene Reaktionen mit dem gleichzeitigen Unterrichten einer Schulklasse nicht vereinbar seien. Aus Sicht der Klinik sei der Kläger von einer seelischen Behinderung bedroht. Bereits jetzt sei seine soziale Teilhabe am Leben und in der Gemeinschaft beeinträchtigt bzw. es seien bei Persistenz der Symptomatik weitere Beeinträchtigungen in seiner Teilhabe an der Gesellschaft zu erwarten. Es werde deshalb weiterhin eine individuelle Schulbegleitung durch eine pädagogisch geschulte Kraft benötigt.
14Am 15. Juni 2012 fand eine Besprechung zwischen dem Sachbearbeiter des Jugendamtes und den Eltern statt, dass von den Beteiligten als Bestandteil eines Hilfeplangesprächs (HPG) gesehen wurde. Nach dem Inhalt eines darüber unter dem 19. Juni 2012 gefertigten Vermerks verfüge der Kläger über eine enorm hohe intellektuelle Auffassungsgabe. Dagegen sei seine emotionale Auffassungsgabe sehr gering. Bereits im Kindergarten sei aufgefallen, dass er große Probleme habe, sich in Gruppen zurechtzufinden. Gesetzte Grenzen von Erwachsenen könne er schlecht einhalten, es sei denn, er befürchte Ärger. Die Eltern legten ferner dar, dass für den Kläger auch die Teilnahme an der OGS nur mit Unterstützung einer durchgängigen Begleitung möglich sei. Dies betreffe nicht nur den Betreuungsbereich der OGS, der sich mit schulischen Aufgaben befasse, wie etwa die Hausaufgabenzeit oder die Teilnahme an einzelnen Arbeitsgemeinschaften, sondern auch allen anderen gemeinsamen Aktivitäten der Kinder. Der Vertreter des Jugendamtes hielt dem entgegen, dass das OGS-Angebot nicht zum Pflichtbereich der Regelschule gehöre, sondern ein freiwilliges Betreuungsangebot sei. Dies müsse bei der Bewertung des Bedarfs im Rahmen der Eingliederungshilfe berücksichtigt werden.
15Dieses HPG wurde Anfang Juli 2012 fortgesetzt. Laut dem Protokoll vom 9. Juli 2012 endete dieser Termin mit der Entscheidung, dem Kläger für den Besuch der Grundschule ambulante Eingliederungshilfe gemäß § 35 a SGB VIII in Form einer Schulbegleitung zu bewilligen. Die Hilfe solle am 1. August 2012 einsetzen und durch den bisherigen Leistungserbringer den erbracht werden. Bezüglich des OGS-Bereichs werde der Hilfeumfang noch überprüft werden.
16Diesen Entscheidungsvorschlag setzte die Beklagte mit dem streitbefangenen Bescheid vom 18. Juli 2012 um. Danach wurde die beantragte Eingliederungshilfe für den Grundschulbesuch nach § 35 a Abs. 2 Ziff. 1 SGB VIII für das Schuljahr 2012/2013 (August 2012 bis Juli 2013 gewährt. Die Hilfe werde von dem Verein für Körper- und Mehrfachbehinderte B. e. V. (VKM) durchgeführt. Der Umfang der Hilfe betrage für die Schulbegleitung für 40 Wochen jeweils 21 Fachleistungsstunden pro Woche, wobei die Kosten der Fachleistungsstunde sich auf 26,44 € beliefen. Der über diesen Umfang hinaus gewünschten Schulbegleitung des Klägers zur Teilnahme am Betreuungsangebot der OGS werde nicht entsprochen. Bei dem Angebot der OGS handele es sich nicht um ein Pflichtangebot der Schule im Rahmen der bestehenden Schulpflicht. Vielmehr diene das OGS-Angebot den Eltern, die aus unterschiedlichen Gründen eine nachmittägliche Betreuung ihrer Kinder wünschten. Die Teilnahme an diesem Betreuungsangebot sei losgelöst von der Teilhabebeeinträchtigung an schulischer Bildung zu sehen. Somit könne eine zusätzliche Begleitung zur Teilnahme am OGS-Angebot im Rahmen der Eingliederungshilfe nicht erfolgen. Zur weiteren Begründung verwies sie auf das am 15. Juni 2012 stattgefundene Hilfeplangespräch. Dort seien die Gründe ausführlich erörtert worden.
17Mit Bescheid vom 4. Februar 2013 änderte die Beklagte den Bescheid vom 18. Juli 2012 dahin ab, dass für den Zeitraum ab dem 1. Februar 2013 befristet bis zum 31. Juli 2013 dem Kläger ein Schulbegleiter für 20 Wochen im Umfang von 24 Fachleistungsstunden und einem Stundensatz von 26,44 € bewilligt wurde. Angaben zur Schulbegleitung während des Besuchs der OGS enthält der Bescheid nicht. Zusätzlich wurde jedoch auf den entsprechenden Antrag des Klägers vom 11. Januar 2013 eine Begleitung durch das Autismus Therapie Zentrum (ATZ) als Zusatzleistung zur ambulanten Eingliederungshilfe für den Zeitraum vom 30. Januar 2013 bis zum 30. April 2012 im Umfang bis zu 35 Fachleistungsstunden gewährt. Mit der Leistungserbringung wurde das ATZ B. beauftragt. Dieser Teil der im genannten Bescheid getroffenen Regelung beruht im Wesentlichen auf einer Verwaltungsverfahren erstmals vorgelegte ärztliche Stellungnahme des Dr. T3. C3. , D. des Fachbereichs Kinder- und Jugendpsychiatrie der Klinik M. S. in W. vom 10. Januar 2013. Dort sind als Diagnosen festgehalten: Asperger-Syndrom (ICD-10: F 84.5) und ein Aufmerksamkeitsdefizit - Hyperaktivitätsstörung (ICD-10: F 90.0). Nach Erhebung der Anamnese und der Durchführung eigener ergänzender Untersuchungen ist nach dieser ärztlichen Stellungnahme die Diagnose F 84.5 ‑ Asperger-Syndrom - nunmehr gesichert. Die vorherigen Untersuchungen hatten bis dahin lediglich einen Verdacht auf diese Erkrankung aus dem autistischen Formenkreis nahegelegt. In der Stellungnahme des Dr. T3. C3. heißt es ausdrücklich weiter: Eine ambulante autismusspezifische Behandlung, wie sie z. B. die Autismus-Therapiezentren von Autismus Deutschland e. V. durchgeführt werde, sei zur Verbesserung der sozialen Kompetenzen indiziert. Wegen der zunehmend aggressiven Verhaltensweise sei möglicherweise zusätzlich eine medikamentöse Behandlung erforderlich. Aufgrund der zusätzlich vorliegenden ADHS sei zunächst an Methylphenidat zu denken. Mit Blick auf die erheblichen Beeinträchtigungen in den sozialen Kompetenzen sei der Einsatz einer Integrationshilfe aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht weiterhin indiziert, um Q. eine angemessene Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und eine seinen intellektuellen Kompetenzen entsprechende Schulbildung zu ermöglichen. Ein Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 4. Februar 2013 wurde nach den dem Gericht vorliegenden Verwaltungsvorgängen nicht erhoben.
18Auf den Antrag des Klägers vom 4. Juni 2012 wurde ihm mit Bescheid vom 18. Juli 2013 ab dem 1. Februar 2013 bis zum 31. Januar 2014 ambulante Eingliederungshilfe in Form eines Schulbegleiters für 20 Wochen im Umfang von 25 Fachleistungsstunden zum bisherigen Stundensatz bewilligt. Leistungserbringer war weiter die VKM zu der bisher bewilligten Stundensatzhöhe. Weitere Regelungen trifft der Bescheid nicht.
19Am 16. August 2013 fand ein HPG statt, dessen Gegenstand im Hilfeplanprotokoll vom 19 August 2013 niedergelegt ist. Danach wurde der Hilfebedarf des Klägers umfassend besprochen und die Ziele für eine weitere Beschulung mit Unterstützung der Eingliederungshilfe erörtert. Diese liefen im Grundsatz darauf hinaus, dass der Kläger zunehmend lernen solle, Dinge ohne Unterstützung durch die Schulbegleitung zu schaffen, um stufenweise deren Rückzug vorzubereiten. Die Schulbegleiterin vermittelt den Lehrern weiterhin die Stimmung des Klägers und bleibt in der Nähe, um bei schwierigen Situationen eingreifen und die Lehrer unterstützen zu können. Auf Grundlage dieses HPG wiederholte die Beklagte mit Bescheid vom 19. August 2013 unter Bezugnahme auf die Anträge vom 4. Juni 2013 und 11. Januar 20013 in Abänderung des Bescheides vom 4. Februar 2013 die Bewilligung einer Schulbegleitung ab dem 1. Februar 2013 (handschriftlich mit Bleistift auf den 01.08.2013 abgeändert) bis zum 31. Januar 2014 für 20 Wochen mit 25 Fachleistungsstunden pro Woche. Leistungserbringer war weiterhin der VKM. Weiter war in diesem Bescheid eine ambulante Therapie in Form einer Begleitung durch das ATZ als Zusatzleistung für die Zeit vom 13. September 2013 bis 31. August 2014 im Umfang von bis zu 175 Fachleistungsstunden bewilligt worden.
20Im September 2013 wurde bezüglich des Schulbegleiters ein Wechsel des Leistungserbringers gewünscht. Mit weiterem Bescheid vom 20. September 2013, der nach dem Abvermerk am 24. September 2013 zur Post gegeben wurde, wurde im Abänderung des Bescheides vom 19. August 2013 ambulante Eingliederungshilfe in Form einer Schulbegleitung für 15 Wochen mit 25 Fachleistungsstunden ab dem 23. September 2013 befristet bis zum 31. Januar 2014 bewilligt. Leistungserbringer war nunmehr die M1. B. Familienentlastender Dienst GmbH (FeD) Zugleich wurde die Leistungserbringung durch den VKM ab dem 13. September 2013 aufgehoben. Eine zusätzliche ambulante Autismus-Therapie durch das ATZ wurde in diesem Bescheid für den Zeitraum ab dem 13. September 2013 bis zum 31. August 2014 im Umfang von insgesamt bis zu 175 Fachleistungsstunden bewilligt.
21Der Kläger hat am 17. August 2012 Klage erhoben, mit der er unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 18. Juli 2012 weiterhin die Bewilligung eines Schulbegleiters zur Teilnahme am Betreuungsangebot der OGS erstrebt. Am 21. Oktober 2013 hat der Kläger die Klage um den durch den Bescheid vom 20. September 2013 geregelten Zeitraum erweitert. Er habe seit Juli 2012 regelmäßig nur mit einem Schulbegleiter an der OGS teilgenommen. Die Schulbegleitung für die OGS sei auch eine entsprechende Vorgabe der Schule gewesen. Seine Eltern haben seit Beginn des Schuljahres 2012/2013 bis zu den Sommerferien 2013 und dann anschließend auch im Schuljahr 2013/2014 den Schulbegleiter für die benötigten Stunden beauftragt und vorfinanzier soweit sie von der jeweiligen Bewilligung der Beklagten nicht abgedeckt waren. Zum Schuljahr 2013/2014 wurde vorgetragen, dass der Kläger die Schule insgesamt nur bis zum 4. Dezember 2013 besucht habe. Nach diesem Zeitpunkt sei ein Schulbesuch nicht mehr möglich gewesen. Der Kläger hat den Rechtstreit für erledigt erklärt, soweit die Klage ursprünglich auf die Bewilligung einer Schulbegleitung auch für die Zeit vom 5. Dezember 2013 sowie für Januar 2014 gerichtet war, da in dieser Zeit tatsächlich überhaupt kein Schulbesuch stattgefunden hat. Das Klagebegehren erstrecke sich darauf, über die gewährten Fachleistungsstunden hinaus den Schulbegleiter für die tatsächlich besuchten Stunden der OGS finanziert zu erhalten. Insofern sei im Zeitraum vom 1. August 2012 bis zum 31. Januar 2013 die Schule einschließlich OGS für 37,5 Stunden besucht worden, so dass der Antrag sich auf einen Stundenumfang von 16,5 Stunden erstrecke. Im Monat Februar 2013 seien die bewilligten Fachleistungsstunden auf 24 erhöht worden, so dass noch ein ungedeckter Anteil von 13,5 Fachleistungsstunden für diesen Monat verblieben sei. Ab März 2013 habe er, der Kläger, die OGS in vollem Umfang besucht, so dass insgesamt 39 Stunden Aufenthalt abzudecken waren. Über die von der Beklagten bewilligten 24 Fachleistungsstunden hinaus sei insofern ein Bedarf von 15 Fachleistungsstunden verblieben, der von ihm vorfinanziert werden musste. Nach den Sommerferien des Jahres 2013 habe er freitags eine besondere Maßnahme besucht und sei deshalb nicht in der OGS gewesen. Insofern reduziere sich sein Aufenthalt in der Schule auf 36 Stunden. Damit ergebe sich ein ungedeckter Bedarf an Begleitung in Höhe von 11 Fachleistungsstunden. Die Teilnahme an der OGS sei erforderlich für seine Inklusion. Die OGS gebe mit der Hausaufgabenbetreuung, dem offenen Lernanagebot am gleichen Ort mit gleichen Lehrern und gleichen Kindern die Voraussetzung und Grundlage für seinen erfolgreichen Schulbesuch. Hier werde die Sozialkompetenz für den Schulbereich erlernt und trainiert. Hier erlebe er mit seinen Mitschülern ein normgerechteres Verhalten am Nachmittag, ohne die für einen Autisten bedrängenden häufigen und schnellen Wechsel der Lernsituationen des Vormittags. Nur in der offenen Lernsituation des Nachmittags der Ganztagsschule habe er positive Erlebnisse und positive Kontakte mit anderen Kindern. Ohne Schulbegleitung könne die OGS nicht besucht werden. Er verlasse alleine das Schulgelände, schlage andere Kinder und folge grundsätzlich nicht den Anweisungen der Betreuer. Er sei nicht aufnahmefähig und häufig in sich gekehrt. Er bemerke oft nicht einmal, wenn andere Kinder den Raum oder den Pausenhof verließen. Er bleibe dann versunken alleine sitzen. Die Schulleiterin und die pädagogische Koordinatorin bestätigten in einer Stellungnahme vom 26. Oktober 2012 die unbedingte Notwendigkeit eines Integrationshelfers für die Offene Ganztagsbeschulung für den Kläger. Die Hausaufgabenbetreuung sei zwingend notwendig und von pädagogischen Fachkräften in enger Abstimmung mit den unterrichtenden Lehrern oder von diesen selbst durchzuführen. Dies könnten die Eltern nicht leisten. Das Angebot der OGS mit Freiräumen zum kreativen Spielen stärkten und förderten seine Persönlichkeit. Er könne hier unter seinen Mitschüler als Teil der Schulgemeinschaft erleben und lernen, sich selbst zu steuern und zu kontrollieren. Als autistisches Kind komme er ohne Begleitung in der Schule nicht zurecht. Auch die OGS sei eine Schule. Die gesamte Schulzeit zwischen 8.00 Uhr und 16.00 Uhr sei als Einheit zu sehen. Eine Nichtverzahnung von Vor- und Nachmittag an der OGS widerspreche den Tatsachen der Grundschule in B. -X. genauso wie den juristischen Rahmenbedingungen. In einem solchen Fall dürfe das Jugendamt der Stadt B. den OGS-Betrieb der Grundschule X. nach geltendem Recht nicht zulassen. Die Städteregion habe mehrfach die beantragte Eingliederungshilfe in vollem Umfang bewilligt. Dies gelte gerade auch für die Schulbegleitung am Nachmittag. Es fehle an einem sachlichen Grund, weshalb die Hilfe danach nicht mehr weitergewährt werde. Der Kläger rügt weiter, dass es nach wie vor hinsichtlich des Schulbegleiters während der OGS an der Durchführung eines ordnungsgemäßen Hilfeplanverfahrens fehle. Es seien keine Ziele zwischen den Beteiligten und speziell mit den Schulbegleiterinnen mehr definiert worden. Die unterschiedlichen ambulanten Fördermaßnahmen für den Kläger seien nicht mehr koordiniert. Das im Vorgespräch von Herrn H1. zugesagte Hilfeplangespräch habe nicht stattgefunden. Auffallend sei auch, dass das Protokoll über das Gespräch vom 9. Juli 2012 von Herrn G. erstellt worden sei, der an dem Gespräch selbst nicht teilgenommen habe. Das Hilfeplangespräch sei von der Stadt B. willkürlich abgebrochen worden, nachdem für die Mitarbeiter erkennbar war, dass sie mit ihrer Auffassung im Widerspruch mit der Auffassung der Städteregion B. , dem Landesjugendamt und den Schulämtern stehe.
22Der Kläger beantragt,
231. die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 18. Juli 2012 zu verpflichten, über die gewährte Eingliederungshilfe hinaus auch die Kosten eines Integrationshelfers für den Bereich der OGS für den Zeitraum vom 1. August 2012 bis zum 31. Januar 2013 für weitere 16,5 Fachleistungsstunden pro Woche, für den Monat Februar 2013 für weitere 13,5 Fach-leistungsstunden pro Woche und den Zeitraum März bis Juli 2013 in einem Umfang von 15 Fachleistungsstunden pro Woche zu bewilligen,
242. die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 20.09.2013 zu verpflichten, über die gewährte Eingliederungshilfe hinaus die Kosten eines Integrationshelfers für den Bereich der OGS für den Zeitraum 23.09.2013 bis 04.12.2013 in einem Umfang von weiteren 11 Fachleistungsstunden pro Woche zu bewilligen,
253. die Berufung zuzulassen.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen sowie die Berufung im Falle einer stattgebenden Entscheidung zuzulassen.
28Die Beklagte tritt der Klage entgegen. Sie ist der Auffassung, dass die OGS und das dort nach Erlasslage erbrachte Leistungsangebot nicht zu den von der Schulpflicht umfassten Angeboten gehöre. Im Übrigen habe sie dem Bedarf des Klägers durch die Bewilligung eines Schulbegleiters und der ambulanten Therapie durch das ATZ B. ausreichend Rechnung getragen. Den vom Kläger geltend gemachten zeitlichen Umfang des Schulbegleiters im Rahmen der OGS könne er nicht im Einzelnen nachvollziehen.
29Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31Soweit die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren einzustellen, (§ 92 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- analog).
32Die Klage ist für den Zeitraum vom 1. August 2012 bis zum 31. Juli 2013 und vom 23. September 2013 bis zum 4. Dezember 2013 zulässig.
33Die Beklagte hat über den zuerst genannten Zeitraum durch den streitbefangenen Bescheid vom 18. Juli 2012 entschieden, in dem er dort ausdrücklich einen Schulbegleiter für die Zeit des Besuchs der OGS abgelehnt hat. Dieser Zeitraum ist auch nicht durch die Bestandskraft eines nachfolgenden Bescheides ganz oder auch nur teilweise einer gerichtlichen Überprüfung entzogen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des Bescheides vom 4. Februar 2013, gegen den kein Rechtsmittel angebracht wurde. Zwar hat die Beklagte in dem letztgenannten Bescheid die Eingliederungshilfe bezüglich des Besuchs der Grundschule für den Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013 neu geregelt. So wurde die Zahl der Fachleistungsstunden von 21 auf 24 erhöht. Zusätzlich wurde erstmals auf den entsprechenden Antrag des Klägers vom 11. Januar 2013 eine Begleitung durch das ATZ als Zusatzleistung zur ambulanten Eingliederungshilfe für den Zeitraum vom 30. Januar 2013 bis zum 30. April 2012 im Umfang bis zu insgesamt 35 Fachleistungsstunden gewährt. Eine auch nur wiederholende Regelung bezüglich des Schulbegleiters zum Besuch der OGS enthält der Bescheid vom 4. Februar 2013 nicht. Auch bezüglich der Bescheide vom 18. Juli 2013 und 19. August 2013 gilt nichts anderes. Auch sie treffen nur Änderungen bezüglich des Betreuungsumfangs des Schulbegleiters beim Besuch der Grundschule (nunmehr 25 Fachleistungsstunden wöchentlich) und zum Umfang der ambulanten Autismustherapie. Im Übrigen ist bereits fraglich, ob die Beklagte für die in den beiden zuletzt genannten Bescheiden genannten Zeiträume ab dem 1. Februar 2013 bis zum 31. Januar 2014 - soweit sie den durch den Bescheid vom 18. Juli 20112 geregelten Zeitraum (1. August 2012 bis 31. Juli 2013) betreffen -, nicht um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt. Denn zumindest in dem Bescheid vom 19. August 2013 wurde der Zeitpunkt des Beginns der Leistung handschriftlich mit Bleistift vom 1. Februar 2013 auf den 1. August 2013 abgeändert. Dies macht auch Sinn, da über die Bewilligung der Leistungen ab 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013 durch den Bescheid vom 4, Februar 2013 bestandskräftig entschieden worden war und aus Sicht beider Beteiligter keine Gründe vorgetragen oder ersichtlich sind, um das Verwaltungsverfahren für das 2 Schulhalbjahr 2012/2013 nochmals aufzugreifen. Insbesondere ist aus den dem Gericht vorliegenden Verwaltungsvorgängen nicht ersichtlich, dass es irgendeinen Grund gab, im unmittelbaren Grundschulbereich die Zahl der Fachleistungsstunden für die Vergangenheit von 24 auf 25 pro Woche zu erhöhen.
34Auch die Klage gegen den Bescheid vom 20. September 2013, die den Zeitraum vom 23 September 2013 bis zum 4. Dezember 2013 umfasst, bestehen keine Bedenken bezüglich der Zulässigkeit. Sie ist insbesondere fristgerecht erhoben. Denn ausweislich des Abvermerks ist dieser Bescheid am 24. September 2013 zur Post gegeben worden, so dass die am 21. Oktober 2013 Klageerweiterung innerhalb der Monatsfrist des § 74 VwGO beim erkennenden Gericht eingegangen ist.
35Die zulässige Klage ist auch begründet.
36Die streitbefangenen Bescheide der Beklagten vom 18. Juli 2012 und 20. September 2012 sind teilweise - soweit dort dem Kläger ein Schulbegleiter für den Bereich der OGS versagt wurde - rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat im Rahmen der Eingliederungshilfe einen Anspruch auf Übernahme der Kosten in dem im Tenor des Urteils genannten Umfang eines Schulbegleiters für den Besuch der OGS an der Grundschule B. -X. im Zeitraum vom 1. August 2012 bis zum 31. Juli 2013 und vom 23. September 2013 bis zum 4. Dezember 2013.
371.) Soweit der Bewilligungszeitraum vom 1. August 2012 bis Juli 2013 in Rede steht, folgt der Anspruch auf Erstattung der selbstbeschafften und vorfinanzierten Leistung "Schulbegleiter" aus § 36a Abs. 3 SGB VIII in Verbindung mit § 35a SGB VIII.
38Haben Leistungsberechtigte sich - wie hier - eine Leistung, die grundsätzlich im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe ohne Mitwirkung und Zustimmung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe selbst von Dritten beschafft, so führt eine solche Selbstbeschaffung nicht zum ersatzlosen Wegfall des Primäranspruchs auf Hilfe durch das Jugendamt. Allerdings ist der Hilfe Suchende nur dann zur Selbstbeschaffung einer Jugendhilfeleistung berechtigt, wenn er hierfür zur effektiven Durchsetzung angewiesen ist, weil der öffentliche Jugendhilfeträger sie nicht rechtzeitig erbracht oder zu Unrecht abgelehnt hat, das für die Leistungsgewährung vorgesehene System also versagt hat. Ein solches "Systemversagen" liegt vor, wenn die Leistung vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht erbracht wird, obwohl der Hilfe Suchende rechtzeitig einen Antrag gestellt, bei der Entscheidungsfindung ausreichend mitgewirkt und auch die weiteren Voraussetzungen der Leistungsgewährung vorliegen. Die Grundsätze hierzu hat der Gesetzgeber - als Kodifizierung einer entsprechenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung - in § 36 a Abs. 3 SGB VIII niedergelegt.
39§ 36a Abs. 3 SGB VIII bestimmt, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen verpflichtet ist, wenn der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat (Nr. 1), die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen (Nr. 2) und die Deckung des Bedarfs bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder bis zur Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat (Nr. 3).
40Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben steht hier fest, dass der Kläger für sich in Anspruch nehmen kann, die Beklagte über den Hilfebedarf rechtzeitig im Sinne von § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII in Kenntnis gesetzt zu haben. Das "In-Kenntnis-Setzen" umfasst grundsätzlich eine Beantragung der begehrten Jugendhilfeleistungen, wobei für einen solchen Antrag keine besondere Form vorgeschrieben ist und er auch in Form schlüssigen Verhaltens gestellt werden kann.
41Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 17. Februar 2011 ‑ 5 B 43.10 ‑, JAmt 2011, 274. m.w.N.
42Der Antrag muss dabei so rechtzeitig gestellt werden, dass der Jugendhilfeträger zur pflichtgemäßen Prüfung sowohl der Anspruchsvoraussetzungen als auch möglicher Hilfemaßnahmen in der Lage ist. Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist das Jugendhilferecht nämlich kein Recht der reinen Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen, sondern verpflichtet den Träger der Jugendhilfe zur partnerschaftlichen Hilfe. Nur so kann der Jugendhilfeträger seiner Gesamtverantwortung und seiner Planungsverantwortung gerecht werden.
43Hier steht außer Frage, dass der Kläger den Antrag auf Eingliederungshilfe in Form eines Schulbegleiters so rechtzeitig gestellt hat, dass die Beklagte in die Lage versetzt war, den Antrag vor Beginn des Schuljahrs 2012/2013 zu bescheiden. Darüber hinaus war die Beklagte schon im Frühjahr 2012 von der Städteregion B. über einen entsprechenden Hilfebedarf des Klägers unterrichtet worden. Sie musste sich zumindest im Rahmen eines Kostenerstattungsbegehrens der Städteregion B. mit dem Hilfebedarf des Klägers näher befassen. Auch die Beantragung der Eingliederungshilfe am 24. Mai 2012 per Email und formularmäßig am 4. Juni 2012 reichen aus, um dem Tatbestandsmerkmal der Rechtzeitigkeit der Hilfebeantragung für das folgende Schuljahr zu genügen. Der Beklagten lagen mehrere fachärztliche Stellungnahmen vor, so dass sie sich selbst ein Bild von der persönlichen Situation insbesondere bezüglich der drohenden seelischen Behinderung des Klägers machen konnte. Sie hat sich dann auch mit Bescheid vom 18. Juli 2012 über Maßnahmen der ambulanten Eingliederungshilfe in Form eines Schulbegleiters entschieden, wenn auch mit der für die Schulbegleitung an der OGS mit negativem Ausgang.
44Die Voraussetzungen für die Gewährung der begehrten Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII in Form eines Schulbegleiters für den Besuch der OGS liegen vor.
45Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger zu dem Personenkreis gehört, der gerade im Bereich schulischen Lernens im hier streitbefangenen Zeitraum Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII in Form der Schulbegleitung hat. Nach § 35 a Abs. 1 SGB VIII haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
461.) ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und
472.) daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
48Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieses Buches sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Nach § 35 a Abs. 1a SGB VIII ist hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 die Stellungnahme u. a. eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information herausgegebenen Fassung zu erstellen. Schließlich bestimmt § 36 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VIII, dass in den Fällen, in denen Hilfen nach § 35 a SGB VIII erforderlich sind, bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35 a Abs. 1 a SGB VIII abgegeben hat, beteiligt werden soll. Diesen Anforderungen ist nicht zuletzt mit Blick auf die vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und ‑psychotherapie S1. B. und ihres Dr. I1. vom 26. August 2011, der ärztlichen Stellungnahme der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am C2. -H. in T2. vom 20. März 2012 sowie der ärztlichen Stellungnahme des Dr. T3. von C3. , D. des Fachbereichs Kinder- und Jugendpsychiatrie der Klinik des S. in W. vom 10. Januar 2013 genügt. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung stand deshalb fest, dass beim Kläger ein Asperger-Syndrom (ICD-10: F 84.5) und ein Aufmerksamkeitsdefizit - Hyperaktivitätsstörung (ICD-10: F 90.0) vorlag. Daraus ergibt sich klar, dass der Kläger besonderer Unterstützung und Hilfen bei der Bewältigung des schulischen Alltags bedurfte. Dies ist auch der Grund, weshalb die Beklagte in den Bescheiden vom 18. Juli 2012, 4. Februar 2013, 19. August 2013 und 20. September immer ausdrücklich ambulante Eingliederungshilfe in Form eines Schulbegleiters im Grundschulunterricht und in den drei letzten genannten Bescheiden eine spezielle Autismustherapie bewilligt hat. Unter Berücksichtigung aller sozialen Auffälligkeiten ist beim Kläger von einer drohenden seelischen Behinderung und von einer durch die seelische Erkrankung hervorgerufene Teilhabebeeinträchtigung im Bereich Schule auszugehen.
49Entgegen der Auffassung des Beklagten scheitert die Klage auch nicht daran, weil der Besuch der OGS für den Kläger nicht verpflichtend sei und deshalb keine notwendig erforderliche und geeignete Maßnahme der Jugendhilfe darstelle.
50Auch bei der Selbstbeschaffung einer aus fachlichen Gründen abgelehnten bzw. vom Hilfeplan ausgeschlossenen Leistung ist im Hinblick auf § 36 a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zunächst zu prüfen, ob der vom Jugendamt aufgestellte Hilfeplan verfahrensfehlerfrei zustande gekommen, nicht von sachfremden Erwägungen beeinflusst und fachlich vertretbar ist. Diese Prüfung erstreckt sich nicht allein auf eine Ergebniskontrolle sondern schließt eine rechtliche Bewertung der Begründung des Bescheides mit ein. Denn auch diese muss für den Adressaten nachvollziehbar erkennen lassen, ob in der gegebenen Situation eine Selbstbeschaffung angemessen ist. Hat das Jugendamt die beantragte Hilfe zu Recht abgelehnt, besteht weder ein Anspruch auf die begehrte Maßnahme der Eingliederungshilfe noch ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für eine selbstbeschaffte Hilfe. Nicht zuletzt hat die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Erziehungsberechtigten im Rahmen der Selbstbeschaffung dazu angehalten, nun für die von ihnen ergriffene Maßnahme eine fachliche Vertretbarkeit zu überprüfen und dies darzutun.
51Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 2012 - 5 C 21.11 -, BVerwGE 145, 1 ff.
52Ausgehend von diesen Maßstäben geht das Gericht davon aus, dass die Beklagte mit den in den angefochtenen Bescheiden vom 18. Juli 2012 und vom 20. September 2013 bezüglich des Schulbegleiters in der OGS die Grenzen der fachlicher Vertretbarkeit bei ihrer Hilfeplanung überschritten hat.
53Das Hilfeplanverfahren war zwar formell ordnungsgemäß durchgeführt, da - mit Ausnahme des ärztlichen Sachverstandes - alle zu beteiligenden Personen und Einrichtungen unmittelbar am HPG beteiligt waren. Die Abwesenheit der fachärztlichen Kompetenz beim HPG war hier hinnehmbar, weil auf Grund der vorliegenden Gutachten die Situation des Klägers klar zu beurteilen war und keine Widersprüche auszuräumen oder offene Fragen zu klären waren. Im Übrigen waren mit den Eltern, der Lehrerin an der Grundschule, der Rektorin der Grundschule und der Schulbegleiterin sowie den Mitarbeitern des Jugendamtes alle Personen am Hilfeplangespräch am 15. Juni 2012 und Anfang Juli 2012 beteiligt, deren Beteiligung an der Entscheidungsfindung für ein sachgerechtes Ergebnis des HPG geboten war. Die von den Eltern des Klägers aufgeworfenen Frage, ob ein Mitarbeiter ein Hilfeplanprotokoll unterzeichnen kann, der nicht am HPG teilgenommen hat, führt allein nicht zu einem Mangel des Hilfeplanverfahrens, solange die dort niedergelegten Angaben den Tatsachen entsprechen. Das hier falsche Angaben dokumentiert worden sind, haben die Eltern des Klägers selbst nicht vorgetragen. Verfahrensvorschriften über die formelle Ausgestaltung des Hilfeplangesprächs bestehen nicht.
54Die Kammer hält die Entscheidung der Beklagten für fachlich unvertretbar, soweit sie ihre ablehnende Entscheidung im Wesentlichen auf die Erwägung stützt, dass es sich bei dem Angebot der OGS nicht um ein Pflichtangebot der Schule im Rahmen der bestehenden Schulpflicht handelt und deshalb die Teilnahme an diesem Betreuungsangebot losgelöst von der Teilhabebeeinträchtigung an schulischer Bildung zu sehen sei.
55Es handle sich lediglich um ein Angebot für die Eltern, die aus unterschiedlichen Gründen eine nachmittägliche Betreuung ihrer Kinder wünschten.
56Diese Einschätzung vermag die angegriffene Entscheidung nicht zu tragen.
57Rechtsgrundlage für die OGS ist § 9 Abs. 3 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Schulgesetz NRW - SchulG) vom 15. Februar 2005, GV NRW S. 102. Danach kann der Schulträger mit Trägern der öffentlichen und der freien Jugendhilfe und anderen Einrichtungen, die Bildung und Erziehung fördern, eine weitergehende Zusammenarbeit vereinbaren, um außerunterrichtliche Angebote vorzuhalten.
58Näheres zur Organisation, den Zielen sowie den Leistungsangeboten der OGS als außerunterrichtlichem Ganztags- und Betreuungsangebot im Primarbereich und Sekundarstufe I bietet, ergibt sich im hier maßgeblichen Zeitraum August 2012 bis Dezember 2014 aus dem Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 23. Dezember 2010 ‑ ABl. NRW 1/11 S. 38 ‑ (Runderlass).
59Nach Ziffer 3.1 des Runderlasses gehören zu den Angeboten und Merkmalen der Offenen Ganztagsschulen unter anderem
60‑ Angebote für unterschiedlich große und heterogene Gruppen, die auch besondere soziale Problemlagen berücksichtigen,
61‑ ein verlässliches Zeitraster und eine sinnvoll rhythmisierte Verteilung von Lernzeiten auf den Vormittag und den Nachmittag, auch unter Entwicklung neuer Formen der Stundentaktung,
62- ...
63- Förderkonzepte und ‑angebote für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedarfen (z. B. Sprachförderung, Deutsch als Zweitsprache, Mathematik und Naturwissenschaften, Fremdsprache, Bewegungsförderung),
64‑ …
65‑ Möglichkeiten und Freiräume zum sozialen Lernen, für Selbstbildungsprozesse und selbstbestimmte Aktivitäten,
66- ein angemessenes Gleichgewicht von Anspannung und Entspannung mit entsprechenden Ruhe- und Erholungsphasen von Kindern frei gestaltbaren Zeiten,
67‑ …
68‑ vielfältige Bewegungsanreize und ‑angebote,
69‑ …
70‑ Unterstützungsangebote für Eltern, z. B. zu Erziehungsfragen, der Beratung und Mitwirkung.
71Zwar mag danach die OGS eine von der Schule formell getrennte Organisationseinheit sein, die nicht von allen Schülern besucht wird. Dennoch steht nach den Aufgabenfeldern die Zusammenarbeit mit der Schule sowie mit den Trägern der privaten und öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe im Vordergrund. Die enge Verbindung mit dem schulischen Feldern, Lernen und Fördern ergibt sich für die Kammer gerade für Schüler mit besonderen Bedarfen, für die Unterstützungsangebote entwickelt werden. Bei diesen Bedarfen werden zwar im Runderlass beispielhaft Defizite in schulischen Fächern aufgeführt. Dies schließt aber auch die für den schulischen Alltag bedeutsame Üben an einem angemessenen sozialen Verhalten in verschiedenen Lebenssituationen, das Eingehen und Erproben von Freundschaften in unterschiedlich großen und auch im Übrigen heterogenen Gruppen, die Teilnahme und Herausforderungen bei Sport und Spiel nicht aus. Gerade bei Kindern mit Erkrankungen aus dem autistischen Formenkreis stellen die beschriebenen Felder besondere Herausforderungen dar. Hinzu kommt, dass gerade in der Grundschule in B. -X. die Angebote der OGS eng mit dem unterrichtlichen Geschehen verknüpft sind. Nach dem glaubhaften Vortrag der Eltern in der mündlichen Verhandlung bietet die OGS mit der Hausaufgabenbetreuung, dem offenen Lernanagebot am gleichen Ort mit gleichen Lehrern und gleichen Kindern die Voraussetzung und Grundlage für seinen erfolgreichen Schulbesuch. Hier wird die Sozialkompetenz für den Schulbereich erlernt und trainiert. Hier erlebt der Kläger mit seinen Mitschülern ein normgerechteres Verhalten am Nachmittag, ohne die für einen Autisten bedrängenden häufigen und schnellen Wechsel der Lernsituationen des Vormittags. Nur in der offenen Lernsituation des Nachmittags der OGS hat er positive Erlebnisse und positive Kontakte mit anderen Kindern. Diesen Angaben der Eltern des Klägers ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Unter Berücksichtigung der in den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen betonten erheblichen Beeinträchtigungen in den sozialen Kompetenzen ist ferner glaubhaft, dass der Kläger die dabei von ihm zu verlangten Leistungen ohne Zusammenarbeit mit einem Integrationshelfer nicht bewältigen kann. Schließlich spricht für die hier vertretene Auffassung die Verpflichtung, an den Angeboten der OGS im Primarbereich für eine bestimmte Dauer teilzunehmen. Nach Zif. 1.2 des Runderlasses bindet die Anmeldung die Eltern und Kinder für die Dauer eines Schuljahres und verpflichtet in der Regel zu einer regelmäßigen täglichen Teilnahme an diesen Angeboten. Nur so lassen sich auch dauerhafte soziale Beziehungen aufbauen. All diese Angaben sprechen - entgegen der Einschätzung der Beklagten - dafür, dass die dort genannten Angebote der OGS zu den Leistungen einer angemessenen Schulbildung gehören.
72Selbst wenn man der Einschätzung der Beklagten zur OGS folgen würde, hat unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls die Klage dennoch Erfolg. Denn auch dann wäre die gegenüber dem Kläger ausgesprochene Ablehnung der Übernahme der Kosten eines Schulbegleiters für den Besuch der OGS keine fachlich vertretbare Entscheidung. Denn selbst wenn die OGS nicht Teil der schulischen Bildung wäre, so bieten ihre Angebote - wie dargelegt - für den Kläger bedeutende Stützen für eine erfolgreiche Beschulung entsprechend seinen intellektuellen Fertigkeiten. Nach den ärztlich diagnostizierten Erkrankungen und Störungen und der drohenden seelischen Behinderung ist im vorliegenden Fall der Besuch der OGS geradezu erforderlich, um dem Kläger überhaupt den Schulbesuch an einer Regelschule im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen. Diese Auffassung des Gerichts stützt sich auf die ihm vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen von Prof. Dr. I. -E. vom 26. August 2011 und der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin vom C2. -H. in T2. vom 20. März 2012. Diese beschreiben übereinstimmend, dass der Kläger auf Grund der diagnostizierten Erkrankungen während des Schulbesuchs laut, unangepasst und aggressiv gegenüber Mitschülern und Gegenständen auftritt. Dr. T3. C3. befürwortet aus diesem Grund unbedingt Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Kompetenzen des Klägers. Nur daneben aber nicht an Stelle anderer Maßnahmen kann nach seiner fachlichen Stellungnahme ein Teil der aggressiven Verhaltensweise durch eine zusätzliche medikamentöse Behandlung beeinflusst werden. Aufgrund der zusätzlich vorliegenden ADHS und mit Blick auf die erheblichen Beeinträchtigungen der sozialen Kompetenzen ist nach seinem Urteil der Einsatz einer Integrationshilfe aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht weiter indiziert, um dem Kläger eine angemessene Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und eine seinen intellektuellen Kompetenzen entsprechende Schulbildung zu ermöglichen. Gerade die Förderung der sozialen Kompetenzen ist - wie oben bereits beschrieben - im Bereich der OGS besser zu fördern als während des Unterrichts in der Regelschule. Nur in der offenen Lernsituation der OGS hat der Kläger positive Erlebnisse und positive Kontakte mit anderen Kindern. Daneben gibt es Bereiche, wie etwa die Hausaufgabenbetreuung, die die Eltern wegen der Auffälligkeiten des Klägers gar nicht leisten können. Aber auch diese Hilfeangebote der OGS kann der Kläger nur nutzen, wenn er durch einen Integrationshelfer begleitet wird. Der Integrationshelfer wäre deshalb auch dann, wenn die OGS keine Einrichtung der schulischen Bildung wäre, für den Kläger zumindest eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Besuch der Regelschule. Denn hier wird neben den Angeboten die unmittelbar an die Beschulung des Vormittags anknüpfen, auch durch bewusst eingesetzte Entspannung, dem Aufbau freundschaftlicher Beziehungen zu Mitschülern sowie bei Spiel und Bewegung die für den Schulbereich so dringend erforderliche Sozialkompetenz des Klägers erlernt und geübt.
73Schließlich durften die Eltern des Klägers entsprechend der Vorgabe des § 36 a Abs. 3 SGB VIII die Deckung des Bedarfs bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder bis zur Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung bevorschussen, weil die Leistung "Schulbegleitung an der OGS" in den streitbefangenen Zeiträumen vom 1. August 2012 bis zum 31. Juli 2013 und vom 23 September 2013 bis zum 4. Dezember keinen zeitlichen Aufschub duldete. Wie bereits oben ausgeführt, war ohne eine Schulbegleitung beim Besuch der OGS deren Besuch und auch die Beschulung an einer Regelgrundschule nicht möglich. Aus der Bewilligung des Schulbegleiters für den Regelunterricht an der Grundschule konnten die Eltern des Klägers auch erkennen, welcher Betrag als Obergrenze für eine Fachleistungsstunde eines Schulbegleiters in Betracht kommt.
74Schließlich liegen den vom Gericht im Tenor zugesprochenen Leistungen folgende Erwägungen zugrunde. Für den Zeitraum vom 1. August 2012 bis zum 31. Januar 2013 besuchte der Kläger die Schule einschließlich der OGS im Umfang von 37,5 Stunden. Da die Beklagte in diesem Zeitraum nur 21 Fachleistungsstunden wöchentlich bewilligte, war der Klage bezüglich eines Stundenumfangs von 16,5 Stunden wöchentlich zu entsprechen. Im Monat Februar 2013 erhöhte die Beklagte die bewilligten Fachleistungsstunden auf 24 Stunden wöchentlich, so dass noch ein ungedeckter Anteil von wöchentlich 13,5 Fachleistungsstunden. Ab März 2013 bis Ende Juli 2013 besuchte der Kläger die OGS in vollem Umfang von insgesamt 39 Stunden wöchentlich. Über die von der Beklagten bewilligten 24 Fachleistungsstunden hinaus waren somit Kosten von weiteren 15 Fachleistungsstunden wöchentlich zuzusprechen. Nach den Sommerferien des Jahres 2013 besuchte der Kläger in der Zeit vom 23. September 2013 bis zum 4. Dezember 2014 freitags eine besondere Fördermaßnahme und besuchte deshalb an diesem Wochentag nicht in der OGS. Dadurch reduzierte sich sein Aufenthalt in Schule und OGS auf 36 Stunden wöchentlich. Unter Berücksichtigung der Bewilligung der 25 Fachleistungsstunden für den Besuch der Regelschule blieb ein ungedeckter Bedarf in Höhe von 11 Fachleistungsstunden wöchentlich, der dem Kläger zuzusprechen war. Da die Höhe der vom Kläger in diesem zugesprochenen Rahmen erbrachten Beträge für die jeweils vorgetragenen vorfinanzierten Stunden weder von den Beteiligten genau beziffert noch vom Gericht einer Überprüfung unterzogen werden konnten, erfolgte die Bewilligung unter der Maßgabe, dass der Kläger die Höhe der von ihm in den jeweiligen Zeiträumen tatsächlich erbrachten Vorausleistungen an Hand von Quittungen oder vergleichbaren Belegen nachweist.
75Das Gericht war nach § 124a Abs. 1 Satz 3 VwGO gehalten, sich eines Ausspruchs über die Zulassung der Berufung zu enthalten, wenn aus seiner Sicht die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht gegeben sind.
76Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Zeitraums vom 4. Dezember 2013 bis 31. Januar 2014 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist lediglich nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO). Billigem Ermessen entspricht es in der Regel, dem die Kosten aufzuerlegen, der im Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen wäre. Dies wäre im vorliegenden Verfahren voraussichtlich der Beklagte gewesen. Da - ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses mangels anderweitiger Anhaltspunkte die Bewilligung für diesen Zeitraum rechtlich nicht anders zu beurteilen ist als für die Zeiträume vom 1. August 2012 bis zum 31. Juli 2013 und vom 23. September 2013 bis zum 4. Dezember 2013.
77Soweit die Sache streitig entschieden worden ist, beruht die Kostenentscheidung auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
78Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.
(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.
(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.
(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.
(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Februar 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Im Streit ist die Übernahme bislang nicht gezahlter Kosten für eine systemische Bewegungstherapie nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ab 1.1.2008.
- 2
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Der im Landkreis E wohnende Kläger ist 1996 geboren und leidet seit der Geburt am Lowe-Syndrom, einer unheilbaren Stoffwechselerkrankung. Bei ihm besteht eine hochgradige beidseitige Sehbehinderung, eine geistige Behinderung, ein hirnorganisches Anfallsleiden, eine Niereninsuffizienz, eine allgemeine Muskelhypotonie, eine Entwicklungsstörung, eine Sprachentwicklungsstörung sowie ein Zustand nach Linsenentfernung beider Augen bei Katarakt beidseits. Von 2000 bis Mitte 2004 hatte der Beklagte die Kosten von zuletzt 43,35 Euro wöchentlich für eine systemische Bewegungstherapie übernommen. Mit Aufnahme des Klägers in die Freie Waldorfschule zum Schuljahr 2004/2005 - das Schulamt F hatte der Erfüllung der Schulbesuchspflicht dort zugestimmt (bestandskräftiger Bescheid vom 8.7.2004) - machte der Beklagte die Übernahme der Kosten für die systemische Bewegungstherapie von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eltern des Klägers abhängig (Schreiben vom 16.9.2004); ein "Extra-Schulgeld" für Assistenzdienste im Rahmen der Eingliederungshilfe von monatlich 235,05 Euro zahlte der Beklagte jedoch (Bescheid vom 19.11.2004). Nachdem die Eltern zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen keine Angaben gemacht hatten, versagte der Beklagte die Kostenübernahme für die Bewegungstherapie wegen fehlender Mitwirkung (bestandskräftiger Bescheid vom 15.11.2004; Widerspruchsbescheid vom 3.5.2005).
- 3
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Den Antrag des Klägers auf Kostenübernahme ohne Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen der Eltern vom 12.4.2007 lehnte der Beklagte unter Hinweis auf fehlenden schulischen Förderbedarf ab (Bescheid vom 1.10.2007; Widerspruchsbescheid vom 4.12.2007). Die beim Sozialgericht (SG) Freiburg auf die Übernahme dieser Kosten ab Januar 2008 beschränkte Klage - die Forderung ist von der Therapeutin gestundet - war erst- und zweitinstanzlich im Sinne eines Grundurteils erfolgreich (Urteil des SG vom 14.12.2009; Urteil des Landessozialgerichts
Baden-Württemberg vom 23.2.2012) . Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ua ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf Freistellung von den Kosten für die Zeit vom 1.1.2008 bis 22.2.2012 in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten und ab 23.2.2012 auf Übernahme künftig entstehender Kosten von bis zu zwei Stunden wöchentlich als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Neben den durch die Waldorfschule geleisteten Integrationshilfen bestehe zusätzlicher Bedarf für eine derartige heilpädagogische Maßnahme, um Auffälligkeiten des Klägers im Sozialverhalten, die auf einer Überreizung im Schulalltag beruhen könnten, entgegenzuwirken.
- 4
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Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII und des § 2 SGB XII. Er ist der Ansicht, das LSG verkenne, dass Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der Eingliederungshilfe nur für den Besuch der allgemeinen Schule in Betracht komme; darunter sei die Grundschule und eine auf ihr aufbauende Schule zu verstehen, nicht aber eine Sonderschule. Dieser sei die Freie Waldorfschule im Sinne einer Schule für Geistigbehinderte gleichzusetzen, die der Kläger besucht habe, weil er aufgrund seiner Behinderung nicht in der Lage gewesen sei, dem gemeinsamen Bildungsgang in einer allgemeinen Schule zu folgen. Dies habe das LSG verkannt und habe damit zugleich den Nachrang der Sozialhilfe missachtet. Es hätte zudem die Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde zur Beschulung des Klägers auf ihre Richtigkeit hin überprüfen müssen; der Besuch der Freien Waldorfschule sei keine angemessene Schulausbildung. Im Übrigen sei die Therapie nicht geeignet und erforderlich, den Schulbesuch zu ermöglichen.
- 6
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 7
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Er hält die Entscheidungen für zutreffend.
Entscheidungsgründe
- 8
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Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) ; das Verfahren leidet an einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel.
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Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 1.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.12.2007 (§ 95 SGG), bei dessen Erlass sozial erfahrene Dritte nicht zu beteiligen waren (§ 116 Abs 2 SGB XII iVm § 9
Gesetz zur Ausführung des SGB XII , inhaltlich begrenzt auf die vom Vermögenseinsatz gänzlich und vom Einkommenseinsatz bis auf die Aufbringung der Kosten des Lebensunterhalts - insoweit hier nicht einschlägig - freigestellte (Eingliederungs-) Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (dazu später). Zwar könnte die systemische Bewegungstherapie ggf auch als Hilfe zum Erwerb praktischer Fähigkeiten, die geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -vom 1.7.2004 - Gesetzblatt 534) ) förderfähig sein bzw eine Hilfe zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 4 SGB IX)oder eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 26 SGB IX) darstellen. Unabhängig davon, dass dem Senat eine Einordnung der systemischen Bewegungstherapie schon mangels tatsächlicher Feststellungen des LSG zum Inhalt der Therapie nicht möglich ist (dazu später), sind derartige Leistungen jedoch nicht nach § 92 Abs 2 SGB XII vom Einkommens- und Vermögenseinsatz des Klägers und seiner Eltern freigestellt, sodass dem Klageziel entsprechend derartige Leistungen nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Dem stünde auch die Bestandskraft des Versagungsbescheids (wegen fehlender Mitwirkung bei der Einkommens- und Vermögensermittlung) vom 15.11.2004 entgegen (vgl § 77 SGG). Der Beklagte hat mit dem angegriffenen Bescheid gerade keinen neuen Verwaltungsakt erlassen, der den Versagungsbescheid vom 15.11.2004 als sog Zweitbescheid ersetzt hätte, sondern entgegen der früheren Prüfung über einen einkommens- und vermögensunabhängigen Anspruch entschieden.
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Das Verfahren leidet jedoch an einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensfehler, weil das LSG nicht die Therapeutin, Frau S, gemäß § 75 Abs 2 1. Alt SGG beigeladen hat. Nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG sind Dritte nämlich dann beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung); diese Voraussetzungen sind in Person der Therapeutin erfüllt, weil ein Anspruch auf Kostenübernahme als Sachleistung im weiten Sinne (Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung) im Streit steht, wegen der Stundung der Forderung also nicht ein Anspruch auf Kostenerstattung. Der Schuldbeitritt hat einen unmittelbaren Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Sozialhilfeträger und einen Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung an den Leistungserbringer zur Folge (BSGE 102, 1 ff RdNr 25 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9 mwN); folglich kann die Entscheidung über die Verpflichtung des Beklagten zur Kostenübernahme gegenüber dem Kläger und der Therapeutin nur einheitlich ergehen (anders beim Streit um die Erstattung von Kosten als reiner Geldleistung, vgl BSGE 110, 301 ff RdNr 16 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; anders auch bei dem - der späteren Kostenübernahme ggf vorgeschalteten - Streit um die Erteilung einer Zusicherung oder auf Erlass eines Grundlagenbescheids: vgl Jaritz/Eicher in juris PraxisKommentar
SGB XII, § 75 SGB XII RdNr 119.5 f) . Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG ist bei einer zulässigen Revision von Amts wegen als Verfahrensfehler zu beachten (vgl nur: BSGE 102, 1 ff RdNr 28 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9; BSG SozR 1500 § 75 Nr 21; BSG, Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VS 6/01 R -, USK 2003-90; anders bei der unechten notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 2. Alt SGG: BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 4 und BSG, Urteil vom 26.1.2005 - B 12 P 9/03 R -, USK 2005-3 mwN).
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Zwar kann nach § 168 Satz 2 SGG die Beiladung noch im Revisionsverfahren nachgeholt werden; der Senat ist hierzu allerdings nicht verpflichtet (vgl nur: BSG SozR 4-3500 § 65 Nr 5 RdNr 10; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 18 mwN) und hat davon abgesehen, weil tatsächliche Feststellungen, insbesondere zum konkreten Inhalt der mit dem Kläger durchgeführten Therapie und ihrer Auswirkungen auf dessen Schulbildung, fehlen (§ 163 SGG); dies stünde einer Sachentscheidung des Senats ohnedies entgegen.
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SG und LSG haben außerdem verfahrensfehlerhaft ein Grundurteil erlassen. Dem steht § 130 Abs 1 Satz 1 SGG entgegen, der ein Grundurteil nur bei einer Leistung in Geld vorsieht(vgl auch zur Unzulässigkeit des Grundurteils im Zivilprozess bei einem Anspruch auf Schuldbefreiung: BGH, Urteil vom 30.1.1987 - V ZR 7/86 -, NJW-RR 1987, 756 f). Da es sich bei der Kostenübernahme um einen Schuldbeitritt, verbunden mit einem Anspruch auf Befreiung von der Schuld gegenüber dem Leistungserbringer, handelt, lagen die Voraussetzungen des § 130 Abs 1 Satz 1 SGG mithin nicht vor. Dieser in der Revisionsinstanz fortwirkende Verstoß gegen einen verfahrensrechtlichen Grundsatz, der im öffentlichen Interesse zu beachten und dessen Befolgung dem Belieben der Beteiligten entzogen ist und (deshalb) die Grundlagen des weiteren Verfahrens berührt (vgl zur vergleichbaren Situation bei Erlass eines Urteils unter Missachtung der Voraussetzungen des § 131 Abs 5 SGG BSG, Urteil vom 25.4.2013 - B 8 SO 21/11 R - RdNr 10 ff), ist ebenfalls im Revisionsverfahren von Amts wegen als Verfahrensfehler zu beachten.
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Ohne Verfahrensfehler hat das LSG hingegen von der Beiladung der Krankenkasse (KK) und des Jugendhilfeträgers nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG (echte notwendige Beiladung) abgesehen (vgl dazu umfassend BSGE 110, 301 ff RdNr 10 ff = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der systemischen Bewegungstherapie um ein von der KK zu gewährendes Heilmittel iS der §§ 32, 92, 138 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) handelt. Denn als Heilmittel wäre die Therapie wohl keine Leistung zur Teilhabe iS des § 14 SGB IX(zu dieser Problematik BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 15) und schon aus diesem Grund eine Beiladung der KK nach der 1. Alt nicht erforderlich (BSG aaO). Jedenfalls fehlt es an der nach § 73 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB V erforderlichen ärztlichen Verordnung. Auch der Träger der öffentlichen Jugendhilfe war in diesem Zusammenhang nicht beizuladen, ohne dass darauf einzugehen ist, ob der Beklagte nicht auch als Jugendhilfeträger für die in Betracht kommende Leistung nach § 35a Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) zuständig wäre. Denn ohnedies besteht eine vorrangige Leistungspflicht des beklagten Sozialhilfeträgers (Leistungen der Eingliederungshilfe für ua geistig behinderte junge Menschen) gemäß § 10 Abs 4 SGB VIII(in der seit 1.10.2005 geltenden Fassung; vgl zum Ganzen BSGE 110, 301 ff RdNr 15 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Da beim Kläger jedenfalls eine wesentliche geistige Behinderung vorliegt, kann dahinstehen, ob sich eine Maßnahmenotwendigkeit auch aufgrund einer seelischen (= psychischen) Behinderung ergeben würde. Anhaltspunkte dafür liegen jedenfalls nicht vor. Ob die KK nach § 75 Abs 2 2. Alt SGG (unechte notwendige Beiladung) als anderer möglicher Leistungsträger hätte beigeladen werden müssen, ist mangels entsprechender Rüge vom Senat nicht zu prüfen (zur Rügepflicht im Revisionsverfahren nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b mwN).
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Vor einer Beiladung der Therapeutin ist der Senat indes gehindert, über die von der Revision aufgeworfenen materiellrechtlichen Fragen für das LSG bindend (§ 170 Abs 5 SGG) zu entscheiden, weil anderenfalls das rechtliche Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention)der Beizuladenden verletzt würde (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen stellen damit lediglich Entscheidungshilfen für das LSG dar.
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Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Kostenübernahme durch den zuständigen (§ 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 2 Satz 1 SGB XII und §§ 1, 2 AG-SGB XII)Beklagten - zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG entgegen § 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung (ZPO) befugt(vgl BSGE 103, 39 ff RdNr 12 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1) - bilden § 19 Abs 3(in den Normfassungen des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - und des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 - BGBl I 453) iVm § 53 Abs 1 Satz 1(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022), § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII(in den Normfassungen des Gesetzes vom 27.12.2003 und des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.7.2009 - BGBl I 2495) und § 12 Abs 1 Nr 1 Eingliederungshilfe-Verordnung - Eingliederungshilfe-VO -(in der Fassung, die diese durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat) iVm § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII(in den Normfassungen des Gesetzes vom 27.12.2003 und vom 24.3.2011).
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Ob der Kläger nach diesen Vorschriften für die Zeit ab 1.1.2008 einen Anspruch auf Übernahme der Kosten hat, lässt sich anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht abschließend beurteilen. Der Kläger hätte einen Anspruch auf Kostenübernahme - ohne Berücksichtigung von Vermögen und ohne Berücksichtigung seines Einkommens und des Einkommens seiner Eltern (§ 92 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB XII) - nur dann, wenn es sich bei der systemischen Bewegungstherapie um eine privilegierte Maßnahme nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII handeln würde, also eine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII. Danach werden Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung - (nur) an Personen erbracht, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der Kläger nach den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG durch seine Sehbehinderung in seiner körperlichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 4 Eingliederungshilfe-VO), vor allem aber in seiner geistigen Funktion wesentlich (zur Wesentlichkeit vgl nur BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 10 RdNr 14 mwN) beeinträchtigt ist (§ 2 Abs 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-VO).
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Der geltend gemachte Anspruch bestünde nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 92 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB XII, wenn es sich um eine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht) handeln würde. Eine abschließende Beurteilung dazu ist nicht möglich. Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung umfasst nach § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahme erforderlich und geeignet ist, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern.
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Wie bereits § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII verdeutlicht ("nach der Besonderheit des Einzelfalles"), liegt § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO ein individualisiertes Förderverständnis zugrunde(BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22). Grundsätzlich kommen alle Maßnahmen in Betracht, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 101, 79 ff RdNr 27 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 1), soweit es sich nicht um solche handelt, die dem Kernbereich der eigentlichen Schulbildung zuzurechnen sind (vgl zuletzt BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 10 RdNr 15 f). Zu diesem Kernbereich gehört die lediglich unterstützende Tätigkeit der Therapeutin außerhalb des Schulbetriebs nicht.
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Jedoch hat das LSG weder den konkreten Inhalt der mit dem Kläger durchgeführten Therapie festgestellt noch dazu Ausführungen gemacht, wie sich die Therapie im Einzelnen auf seine Lernfähigkeit auswirkt. Das LSG hat nur begründet, weshalb aus seiner Sicht beim Kläger neben den durch die Schule geleisteten Integrationshilfen weiterer Förderbedarf bestehe. Inwieweit die Therapie jedoch die Verbesserung schulischer Fähigkeiten des Klägers zum Ziel hat, kann anhand der Ausführungen des LSG nicht nachvollzogen werden; zumindest genügen allgemein gehaltene Bewertungen der Therapie und ihrer Ziele sowie eine allgemein gehaltene Umschreibung der angewandten Methoden anhand von Internetrecherchen oder anderen Publikationen für die notwendige individuelle Beurteilung nicht (BSGE 110, 301 ff RdNr 23 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8); denn daraus lassen sich weder Schlüsse auf konkrete Inhalte noch auf erfolgversprechende Therapieansätze im konkreten Einzelfall ziehen.
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Anders als der Beklagte meint, kann dem Kläger allerdings nicht entgegengehalten werden, er besuche eine seiner Behinderung nicht angemessene Schule und dieser Bildungsgang vermittele keine angemessene Schulbildung. Dies würde im Ergebnis zu einer unzulässigen inzidenten Prüfung der Entscheidung der Schulbehörde über die Erfüllung der Schulbesuchspflicht durch den Sozialhilfeträger im Rahmen der §§ 53 ff SGB XII führen.
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Eine allgemeingültige Definition dessen, was unter einer angemessenen Schulbildung zu verstehen ist, findet sich weder im SGB XII noch im SGB IX; auch in § 12 Eingliederungshilfe-VO sind nur beispielhaft ("umfasst auch") Maßnahmen benannt, die Gegenstand der möglichen Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung sein können. Die Entscheidung darüber, was im Einzelfall für das behinderte Kind eine angemessene Schulbildung ist, beurteilt sich, wie der Verweis in § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Halbsatz SGB XII deutlich macht, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, nach den Schulgesetzen der Länder. Der Sozialhilfeträger ist folglich an die Entscheidung der Schulverwaltung über die Erfüllung der Schulpflicht eines behinderten Kindes in einer Schule bzw über eine bestimmte Schulart gebunden (BVerwGE 123, 316 ff; 130, 1 ff; BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 5; Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, § 54 SGB XII RdNr 48; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 54 SGB XII RdNr 45 und 55; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 54 RdNr 43 a, Stand Februar 2010; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 54 SGB XII RdNr 40; Bieritz-Harder in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 54 SGB XII RdNr 55; vgl zur Letztverantwortlichkeit der Schulbehörde über die Form des Schulbesuchs für förderungsbedürftige Kinder auch BVerfGE 96, 288 ff). Deshalb verfängt auch, solange die Schulbehörde an ihrem Bescheid vom 8.7.2004 festhält, der auf das sog Nachrangprinzip des § 2 SGB XII gestützte weitere Einwand des Beklagten nicht, der Kläger hätte der Schulbesuchspflicht eigentlich in einer Sonderschule genügen müssen, weil er aufgrund seiner Behinderung gar nicht in der Lage sei, dem Schulbetrieb an der Waldorfschule zu folgen. Soweit der Beklagte mit seiner Revision in diesem Zusammenhang eine fehlerhafte Auslegung des Landesschulrechts durch das LSG rügt, kommt es darauf - unabhängig davon, ob der Senat diese Auslegung überhaupt überprüfen dürfte (§ 202 SGG iVm § 560 ZPO) -für die Entscheidung nicht an.
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Bei seiner Entscheidung wird das LSG zu berücksichtigen haben, dass das SG zu Unrecht nur ein Grundurteil erlassen hat (vgl zu den Konsequenzen BSG, Urteil vom 25.4.2013 - B 8 SO 21/11 R RdNr 18); sollten die Kosten bezahlt werden, wäre die Klage umzustellen (§ 99 Abs 3 Nr 3 SGG). Nur dann wären der Umfang der Maßnahme und die Höhe der Vergütung nicht näher zu prüfen, weil der Kläger dann einen einem Grundurteil zugänglichen Erstattungsanspruch geltend machen würde.
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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig bis zum Ende des Schuljahres 2014/2015 Eingliederungshilfe gemäß § 35 a SGB VIII in Form einer ambulanten Schulbegleitung für 22 Stunden pro Woche zu gewähren.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
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(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter hat schon vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Er kann insbesondere
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die Beteiligten zur Erörterung des Sach- und Streitstandes und zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits laden und einen Vergleich entgegennehmen; - 2.
den Beteiligten die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze, die Vorlegung von Urkunden, die Übermittlung von elektronischen Dokumenten und die Vorlegung von anderen zur Niederlegung bei Gericht geeigneten Gegenständen aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen; - 3.
Auskünfte einholen; - 4.
die Vorlage von Urkunden oder die Übermittlung von elektronischen Dokumenten anordnen; - 5.
das persönliche Erscheinen der Beteiligten anordnen; § 95 gilt entsprechend; - 6.
Zeugen und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden. - 7.
(weggefallen)
(2) Die Beteiligten sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen.
(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einzelne Beweise erheben. Dies darf nur insoweit geschehen, als es zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Gericht sachdienlich und von vornherein anzunehmen ist, daß das Gericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.