Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 16. Feb. 2015 - 7 K 5740/14
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig bis zum Ende des Schuljahres 2014/2015 Eingliederungshilfe gemäß § 35 a SGB VIII in Form einer ambulanten Schulbegleitung für 22 Stunden pro Woche zu gewähren.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.
(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt vom beklagten Landkreis als Träger der Jugendhilfe den Ersatz der Kosten für eine selbst beschaffte Schulbegleitung im Schuljahr 2008/2009.
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Der 1999 geborene Kläger litt unter anderem an einer Aufmerksamkeitsstörung, einer Störung sozialer Funktionen, einer Sprachstörung, einer kombinierten Störung schulischer Fertigkeiten sowie motorischen Problemen. Er besuchte ab dem Schuljahr 2007/2008 ein Sonderpädagogisches Förderzentrum im Bereich des Beklagten. Dieser gewährte dem Kläger ab November 2007 Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten einer heilpädagogischen Einzelbehandlung.
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Anfang August 2008 beantragte der Kläger die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für eine Schulbegleiterin. Dem Antrag waren eine Bescheinigung des Kinderzentrums München und eine Stellungnahme des Rektors des Sonderpädagogischen Förderzentrums beigefügt, in welchen der Einsatz eines individuellen Schulbegleiters in der Schule befürwortet wird.
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Der Fachdienst des Jugendamts des Beklagten kam in einer Stellungnahme vom 24. September 2008 zu dem Ergebnis, dass beim Kläger ein Integrationsrisiko in den Bereichen schulische Anpassung, Bewältigung von sozialen Situationen und sozialen Kompetenzen, allgemeine Selbständigkeit und Selbstwertproblematik, soziale Beziehung zu Familienangehörigen und Freizeitaktivitäten bestehe. Der Fachdienst schlug eine Fortführung der heilpädagogischen Einzelförderung mit zusätzlicher Kleingruppenarbeit und gegebenenfalls parallel eine ambulante Psychotherapie oder eine heilpädagogische Tagesstätte vor.
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Mit Bescheid vom 1. Oktober 2008 lehnte der Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme für eine Schulbegleitung mit der Begründung ab, es sei nicht Aufgabe der Jugendhilfe, die Kosten des pädagogischen und integrativen Bedarfs an Förderschulen zu decken. Die Notwendigkeit einer Unterstützung des Klägers im Schulalltag werde vom Fachdienst zwar bestätigt, jedoch sei hierfür vorrangig die Schule heranzuziehen.
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Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos. Zur Begründung wurde im Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2008 ausgeführt, dass dem Jugendhilfeträger bei der Entscheidung über Notwendigkeit und Geeignetheit einer Hilfe ein Beurteilungsspielraum zustehe. Die Beurteilung des Jugendamtes, dass für den Kläger die Fortführung der heilpädagogischen Einzelförderung und ggf. Psychotherapie oder eine heilpädagogische Tagesstätte die geeignete und notwendige Eingliederungshilfemaßnahme darstelle, sei angemessen, fachlich vertretbar und nachvollziehbar.
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Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, dem Kläger die Kosten für die Schulbegleitung im Schuljahr 2008/2009 zu gewähren. Der Beurteilungsspielraum des Beklagten bei der Auswahl der im Einzelfall zu gewährenden Hilfe sei auf diese Maßnahme reduziert. Der durch die schulische Teilhabebeeinträchtigung ausgelöste Bedarf des Klägers könne trotz der sonderpädagogischen Ausrichtung der Förderschule von dieser nicht ausreichend abgedeckt werden.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die vom Kläger selbst beschaffte Hilfe eines Schulintegrationshelfers sei für sich genommen fachlich nicht geeignet gewesen. Die nach § 35a Achtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VIII - zu gewährende Eingliederungshilfe erfordere eine Hilfe, die dem Hilfebedarf des Behinderten in seiner Gesamtheit gerecht werde. Hier hätten sich die Eltern des Klägers lediglich für eine Schulbegleitung entschieden. Damit seien die übrigen von einer Teilhabebeeinträchtigung betroffenen Lebensbereiche vernachlässigt und dem Kläger eine seinem gesamten Eingliederungsbedarf entsprechende Hilfe vorenthalten worden. Ein solches Vorgehen genüge auch nicht allgemeingültigen fachlichen Maßstäben, weil mögliche negative Wechselwirkungen einer Schulbegleitung - etwa im Bereich der Verselbständigung - mit dem im Übrigen bestehenden Hilfebedarf nicht berücksichtigt worden seien.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 36a Abs. 3 und des § 35a SGB VIII i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XII -.
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Der Beklagte und die beteiligte Landesanwaltschaft verteidigen das angefochtene Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs steht mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) nicht in Einklang (1). Es erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO) (2). Weil der Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht abschließend entscheiden kann, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO) (3).
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1. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass nur dann ein Anspruch auf Eingliederungshilfe und dementsprechend auf Aufwendungsersatz für eine selbst beschaffte Maßnahme bestehen könne, wenn die Hilfemaßnahme auf die Deckung des Gesamtbedarfs ausgerichtet sei, ist mit § 35a SGB VIII nicht vereinbar.
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Der Verwaltungsgerichtshof ist jedoch zutreffend davon ausgegangen, dass als Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der verauslagten Aufwendungen für eine Integrationshelferin § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII einschlägig ist. Nach dieser Vorschrift setzt ein Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Aufwendungen für Hilfen, die - wie hier - vom Leistungsberechtigten abweichend von § 36a Abs. 1 und 2 SGB VIII selbst beschafft werden, ohne dass eine Entscheidung des Trägers der Jugendhilfe oder eine Zulassung durch diesen vorangegangen ist, voraus, dass der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat (Nr. 1), die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorgelegen haben (Nr. 2) und die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat (Nr. 3).
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Die Beteiligten streiten zu Recht weder darüber, dass der Kläger den Beklagten mit seinem Anfang August 2008 gestellten Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Bereitstellung einer Schulbegleitung (Integrationshelfers) rechtzeitig (vgl. Urteil vom 11. August 2005 - BVerwG 5 C 18.04 - BVerwGE 124, 83 <86 ff.> = Buchholz 436.511 § 35a KJHG/SGB VIII Nr. 4 S. 10 ff.) vor Beginn des Zeitraums, für den die Übernahme der Aufwendungen beantragt wurde, von dem Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat, noch darüber, dass - bei Vorliegen eines Leistungsanspruchs - die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat. Im Streit steht allein das Vorliegen der Voraussetzung des § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII, hier also die Frage, ob dem Kläger in dem in Rede stehenden Zeitraum ein Anspruch auf Gewährung von Eingliederungshilfe in Form einer Schulbegleiterin aus § 35a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zustand. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof mit einer Begründung verneint, die rechtlich nicht trägt.
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a) Dabei ist der Verwaltungsgerichtshof zutreffend davon ausgegangen, dass die tatbestandlichen Anforderungen des § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII hier erfüllt sind. Nach dieser Vorschrift haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht (Nr. 1) und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (Nr. 2). Die Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs rechtfertigen dessen Annahme - die auch zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht -, dass die seelische Gesundheit des Klägers im streitigen Zeitraum von dem für sein Lebensalter typischen Zustand abwich. Denn danach litt der Kläger unter anderem an einer Aufmerksamkeitsstörung, einer Störung sozialer Funktionen, einer Sprachstörung, einer kombinierten Störung schulischer Fertigkeiten sowie motorischen Problemen. Diese Abweichung führte dazu, dass die Teilhabe des Klägers am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt bzw. eine solche Beeinträchtigung zu erwarten war. So bestand nach der vom Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommenen Bewertung des Allgemeinen Sozialen Dienstes des Beklagten bei dem Kläger ein Integrationsrisiko in den Bereichen schulische Anpassung, allgemeine Selbständigkeit, Bewältigung von sozialen Situationen sowie sozialen Beziehungen zu Familienangehörigen und Freizeitaktivitäten.
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b) Der Verwaltungsgerichtshof hat weiterhin im Ansatz auch zutreffend angenommen, dass die begehrte Maßnahme als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII einzuordnen ist, die geeignet und erforderlich sein muss, dem behinderten Menschen den Schulbesuch zu ermöglichen oder zu erleichtern.
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Nach § 35a Abs. 3 SGB VIII richten sich Aufgabe und Ziel der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie die Art der Leistungen nach § 53 Abs. 3 und 4 Satz 1 sowie den §§ 54, 56 und 57 SGB XII, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden. Dementsprechend erhalten nach § 35a Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII seelisch behinderte Kinder Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu.
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Zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII kann auf § 12 der Verordnung nach § 60 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (EinglHVO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 1975 (BGBl I S. 433), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Dezember 2003 (BGBl I S. 3022), zurückgegriffen werden. § 12 EinglHVO nennt zwar nur noch Maßnahmen zugunsten körperlich oder geistig behinderter Kinder und Jugendlicher. Die Regelung enthält jedoch eine allgemeine Konkretisierung des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII. Mit diesem Inhalt ist sie kraft der Verweisung des § 35a Abs. 3 SGB VIII auch für seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen entsprechend anwendbar (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 15. Juni 2011 - 7 A 10420/11 - JAmt 2011, 594 f. Rn. 39 f.; Fischer, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Aufl. 2012, § 35a Rn. 22 m.w.N.).
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Nach § 12 Nr. 1 EinglHVO gehören zu den Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII auch heilpädagogische und sonstige Maßnahmen, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Dies schließt alle Leistungen ein, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Eingliederung zu erreichen, d.h. die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mindern (vgl. Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 5 C 20.04 - BVerwGE 123, 316 <318>). Die Zurverfügungstellung einer Schulbegleitung bzw. Integrationshilfe fällt dabei unter den in § 12 Nr. 1 EinglHVO verwandten Begriff der "sonstige(n) Maßnahmen" zugunsten behinderter Kinder (Beschluss vom 2. September 2003 - BVerwG 5 B 259.02 - juris Rn. 15).
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c) Der tragende Rechtsstandpunkt, mit dem der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfe durch Bereitstellung einer Schulbegleiterin abgelehnt hat, nämlich der Satz, dass ein Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII und dementsprechend auf Aufwendungsersatz für eine selbst beschaffte Maßnahme (§ 36a Abs. 3 SGB VIII) nur bestehen könne, wenn diese Hilfe dem Hilfebedarf in seiner Gesamtheit gerecht werde (UA S. 13 Rn. 81 f.), hält aber einer Überprüfung nicht stand. Ein solcher Rechtssatz lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.
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§ 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII trifft selbst keine Regelung darüber, wie ein Hilfebedarf zu decken ist, sondern knüpft (in Nr. 2 der Vorschrift) den Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine selbst beschaffte Hilfe insbesondere daran, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Hilfe nach einer anderen Bestimmung des Gesetzes - hier allein in Betracht kommend der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII - vorgelegen haben.
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Aus der Regelung des § 35a SGB VIII kann der Rechtssatz, dass eine (selbst beschaffte) Hilfemaßnahme, um einen Anspruch auf Kostenübernahme nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII begründen zu können, den gesamten Eingliederungshilfebedarf abdecken muss, ebenfalls nicht abgeleitet werden. Dieser Satz findet weder im Wortlaut des § 35a SGB VIII oder den von dieser Norm in Bezug genommenen Vorschriften eine Verankerung, noch lässt er sich aus der Systematik oder aus dem Sinn und Zweck der Eingliederungshilfe folgern.
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Während der Wortlaut des § 35a SGB VIII noch offen ist, spricht die Systematik des Gesetzes in gewichtiger Weise dafür, dass Eingliederungshilfeleistungen auch darauf ausgerichtet sein dürfen, einen Teilbedarf zu decken. So greift § 35a Abs. 3 SGB VIII mit der Inbezugnahme auf § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII und damit die Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung selbst einen Teilleistungsbereich heraus und geht davon aus, dass es Hilfen gibt, die gerade auf die Deckung dieses (Teil-) Bedarfs zugeschnitten sind. Die systematische Gesamtschau mit den weiteren von § 35a Abs. 3 SGB VIII in Bezug genommenen Leistungstatbeständen unterstützt dieses Ergebnis. Diese enthalten ebenfalls in der Regel - wie sich aus der jeweiligen Verwendung des Wortes "insbesondere" ergibt - beispielhafte Aufzählungen (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, § 26 Abs. 2 und 3 SGB IX, § 33 Abs. 2, 3 und 6 SGB IX), die ein offenes Leistungssystem normieren und jeweils darauf ausgerichtet sind, den Bedarf in bestimmten Bereichen zu decken (vgl. Urteil vom 18. Oktober 2012 - BVerwG 5 C 15.11 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
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Dieses Auslegungsergebnis wird durch den Sinn und Zweck der Regelungen über die Eingliederungshilfe bestätigt. Aufgabe und Ziel der Eingliederungshilfe werden durch die über § 35a Abs. 3 SGB VIII entsprechend anwendbare Regelung des § 53 Abs. 3 SGB XII näher bestimmt. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es danach, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern.
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Im Hinblick auf diese Zwecksetzung geht der Verwaltungsgerichtshof zwar im Ansatz richtig davon aus, dass der Jugendhilfeträger möglichst den gesamten Hilfebedarf abzudecken hat, der durch die seelische Behinderung hervorgerufen wird und deshalb alle von einer Teilhabebeeinträchtigung betroffenen Lebensbereiche in den Blick zu nehmen hat. Hilfebedarfe in unterschiedlichen Lebensbereichen sollen dabei nach Möglichkeit einheitlich abgedeckt werden und etwa die Eingliederungshilfe mit der Erziehungshilfe kombiniert werden (vgl. § 35a Abs. 4 Satz 1 SGB VIII). Hilfeleistungen sind demnach so auszuwählen und aufeinander abzustimmen, dass sie den gesamten Bedarf so weit wie möglich erfassen. Denn aus dem (sozialhilferechtlichen) Bedarfsdeckungsgrundsatz, der im Bereich der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe in § 35a Abs. 2 SGB VIII (vgl. "Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall ... geleistet") verankert ist, folgt, dass grundsätzlich der gesamte im konkreten Einzelfall anzuerkennende Hilfebedarf seelisch behinderter oder von einer solchen Behinderung bedrohter Kinder oder Jugendlicher abzudecken ist (vgl. Urteile vom 18. Oktober 2012 a.a.O. und vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 6.11 - Buchholz 436.511 § 10 KJHG/SGB VIII Nr. 6 Rn. 12 m.w.N.). Das erfordert, dass sich der Träger der öffentlichen Jugendhilfe bzw. im Fall der selbstbeschafften Hilfe der Leistungsberechtigte der Art und Form nach aller Leistungen und Hilfen bedienen kann, die zur Deckung des konkreten und individuellen eingliederungsrechtlichen Bedarfs geeignet und erforderlich sind (Urteil vom 18. Oktober 2012 a.a.O.).
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Dies kann es jedoch gerade bedingen, dass der durch Teilhabebeeinträchtigungen in verschiedenen Lebensbereichen erzeugte Hilfebedarf nur durch verschiedene, auf den jeweiligen Bereich zugeschnittene Leistungen abgedeckt werden kann und muss, um die Aufgabe der Eingliederungshilfe zu erfüllen. Hilfebedarf in unterschiedlichen Bereichen kann es geboten erscheinen lassen, verschiedene Hilfeleistungen zu kombinieren oder durch mehrere Einzelleistungen den Gesamtbedarf des Hilfebedürftigen abzudecken. Um dem Ziel der Eingliederungshilfe nach möglichst umfassender Bedarfsdeckung in allen von einer Teilhabebeeinträchtigung betroffenen Bereichen gerecht zu werden, kann es, wenn nicht sogleich der Gesamtbedarf gedeckt werden kann, erforderlich sein, Hilfeleistungen zumindest und zunächst für diejenigen Teilbereiche zu erbringen, in denen dies möglich ist. Steht etwa eine bestimmte Hilfeleistung tatsächlich zeitweilig nicht zur Verfügung oder wird eine bestimmte Hilfe vom Hilfeempfänger oder dessen Erziehungsberechtigten (zeitweise) nicht angenommen, kann es gleichwohl geboten sein, die Hilfen zu gewähren, die den in anderen Teilbereichen bestehenden (akuten) Bedarf abdecken.
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Etwas anderes kann - mit Blick auf den dargelegten Sinn und Zweck der Eingliederungshilfe - dann anzunehmen sein, wenn die Gewährung der Hilfe für einen Teilbereich die Erreichung des Eingliederungszieles in anderen von der Teilhabebeeinträchtigung betroffenen Lebensbereichen erschweren oder vereiteln würde, es also zu Friktionen zwischen Hilfsmaßnahmen käme. Nachteilige Wechselwirkungen mit anderen Hilfeleistungen können die fachliche Geeignetheit einer (begehrten) Leistung für einen Teilleistungsbereich in Frage stellen. Dies ist eine Frage der fachlich sinnvollen Abstimmung verschiedener Hilfeleistungen aufeinander.
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Dass der Gesamtbedarf durch eine bestimmte Hilfemaßnahme nicht gedeckt wird, schließt es mithin - entgegen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs - nicht aus, dass sie geeignet und erforderlich sein kann, einen Teilbedarf zu decken und insoweit ein Anspruch auf Eingliederungshilfe besteht; es sei denn, die Gewährung der Hilfe für diesen Teilbedarf würde Hilfemaßnahmen für andere von einer Teilhabebeeinträchtigung betroffene Lebensbereiche vereiteln oder konterkarieren.
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2. Das Urteil des Verwaltungsgerichthofs erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs kann nicht der rechtliche Schluss gezogen werden, dass eine der (sonstigen) Voraussetzungen für die Übernahme der Aufwendungen für die Schulbegleitung nicht vorliegt und deshalb der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht besteht.
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a) Der Anspruch des Klägers auf den Ersatz von Aufwendungen für die Schulbegleitung gemäß § 36a Abs. 3 SGB VIII scheidet nicht deshalb aus, weil der Beklagte - unter Berücksichtigung seines Einschätzungsspielraums - die begehrte Hilfe mit vertretbaren Erwägungen abgelehnt hat.
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aa) Die gerichtliche Kontrolldichte ist aufgrund der aus § 36a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII folgenden Steuerungsverantwortung des Jugendhilfeträgers beschränkt. Nach dieser Vorschrift trägt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird. Der Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass es nicht dem gesetzlichen Auftrag des Jugendhilfeträgers entspricht, nur "Zahlstelle" und nicht Leistungsträger zu sein. Das Jugendhilferecht zielt auf eine partnerschaftliche Hilfe unter Achtung familiärer Autonomie und auf kooperative pädagogische Entscheidungsprozesse. Nur wenn die Eltern bzw. der Hilfeempfänger grundsätzlich den Träger der Jugendhilfe von Anfang an in den Entscheidungsprozess einbeziehen, kann er seine aus § 36a Abs. 1, § 79 Abs. 1 SGB VIII folgende Gesamtverantwortung für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben und die Planungsverantwortung nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SGB VIII wahrnehmen (Beschluss vom 22. Mai 2008 - BVerwG 5 B 130.07 - JAmt 2008, 600).
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Weil der Hilfeplan eine unverzichtbare Voraussetzung der Gewährung von Jugendhilfe bildet, ist es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit entscheidend, ob die Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfe auch ohne eine schriftliche Fixierung in einem Hilfeplan festgestellt werden kann. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der Entscheidung über die Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfe um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses unter Mitwirkung des Kindes bzw. des Jugendlichen und mehrerer Fachkräfte handelt, welches nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebt, jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthalten soll, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung hat sich dabei darauf zu beschränken, ob allgemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind, ob keine sachfremden Erwägungen eingeflossen sind und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind (Urteil vom 24. Juni 1999 - BVerwG 5 C 24.98 - BVerwGE 109, 155 <167>).
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Dementsprechend ist auch bei der Selbstbeschaffung einer aus fachlichen Gründen abgelehnten bzw. vom Hilfeplan ausgeschlossenen Leistung im Hinblick auf § 36a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zu prüfen, ob der vom Jugendamt aufgestellte Hilfeplan (bzw. das Hilfekonzept) verfahrensfehlerfrei zustande gekommen, nicht von sachfremden Erwägungen beeinflusst und fachlich vertretbar ist. Diese Prüfung erstreckt sich dabei nicht auf eine reine Ergebniskontrolle, sondern erfasst auch die von der Behörde - maßgeblich ist die letzte Behördenentscheidung - gegebene Begründung. Denn diese muss für den Betroffenen nachvollziehbar sein, um ihn in die Lage zu versetzen, mittels einer Prognose selbst darüber zu entscheiden, ob eine Selbstbeschaffung (dennoch) gerechtfertigt ist. Hat das Jugendamt die begehrte Hilfe aus im vorgenannten Sinne vertretbaren Erwägungen abgelehnt, besteht weder ein Anspruch des Betroffenen auf die begehrte Eingliederungshilfeleistung noch auf den Ersatz von Aufwendungen für eine selbst beschaffte Hilfe. Der Regelung des § 36a Abs. 3 SGB VIII liegt in dem Sinne der Gedanke des Systemversagens zugrunde, dass die selbst beschaffte Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder zu Unrecht abgelehnt worden sein muss (vgl. Meysen, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 6. Aufl. 2009, § 36a Rn. 4 m.w.N.).
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Hat demgegenüber das Jugendamt nicht rechtzeitig oder nicht in einer den vorgenannten Anforderungen entsprechenden Weise über die begehrte Hilfeleistung entschieden, können an dessen Stelle die Betroffenen den sonst der Behörde zustehenden nur begrenzt gerichtlich überprüfbaren Einschätzungsspielraum für sich beanspruchen. Denn in dieser Situation sind sie - obgleich ihnen der Sachverstand des Jugendamtes fehlt - dazu gezwungen, im Rahmen der Selbstbeschaffung des § 36a Abs. 3 SGB VIII eine eigene Entscheidung über die Geeignetheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme zu treffen. Weil nun ihnen die Entscheidung aufgebürdet ist, eine angemessene Lösung für eine Belastungssituation zu treffen, hat dies zur Folge, dass die Verwaltungsgerichte nur das Vorhandensein des jugendhilferechtlichen Bedarfs uneingeschränkt zu prüfen, sich hinsichtlich der Geeignetheit und Erforderlichkeit der selbst beschafften Hilfe aber auf eine fachliche Vertretbarkeitskontrolle aus der ex-ante-Betrachtung der Leistungsberechtigten zu beschränken haben. Ist die Entscheidung der Berechtigten in diesem Sinne fachlich vertretbar, kann ihr etwa im Nachhinein nicht mit Erfolg entgegnet werden, das Jugendamt hätte eine andere Hilfe für geeignet gehalten (vgl. Meysen, in: Münder/Meysen/Trenczek, a.a.O.; Kunkel, LPK-SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 36a Rn. 13 jeweils m.w.N.).
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bb) Bei Zugrundelegung der vorstehenden Maßstäbe lässt sich nicht feststellen, dass der Beklagte die begehrte Hilfeleistung in nicht zu beanstandender Weise verweigert hat. Im Bescheid des Beklagten vom 1. Oktober 2008 hat dieser die Ablehnung einer Schulbegleitung nicht mit fachlichen Erwägungen, sondern mit der - wie noch (sogleich unter 2. b) darzulegen sein wird - so nicht zutreffenden rechtlichen Erwägung begründet, dass hierfür die Förderschule allein zuständig sei. In der insoweit maßgeblichen letzten Behördenentscheidung, dem Widerspruchsbescheid, wird diese Begründung zwar ausgetauscht und auf die Stellungnahme des Fachdienstes des Jugendamts vom 24. September 2008 verwiesen, aus der sich die mangelnde fachliche Notwendigkeit einer Schulbegleitung ergebe. Allerdings wird gerade in dieser Stellungnahme bei dem Kläger ein "Integrationsrisiko" im Bereich der "schulischen Anpassung" ausgemacht und ein zusätzlicher Betreuungsbedarf nicht in Abrede gestellt. Für die Ablehnung der von den Erziehungsberechtigten des Klägers geforderten Schulbegleitung wird in der Stellungnahme weder ein nachvollziehbares fachliches noch ein durchgreifendes rechtliches Argument geliefert. Am Ende der Stellungnahme heißt es lediglich, dass eine Schulbegleitung nur im Falle einer Beschulung an einer Regelschule notwendig sei. Weil diese Aussage in ihrer Pauschalität weder rechtlich fundiert ist noch eine fachliche Begründung für die Verweigerung der Leistung darstellt, ist die Hilfeplanung der Beklagten jedenfalls im Hinblick auf den hier streitigen schulischen Betreuungsbedarf als defizitär anzusehen, so dass die Steuerungsverantwortung des Jugendamts der Aufwendungserstattung für die selbst beschaffte Hilfe hier nicht entgegensteht.
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b) Das Urteil des Verwaltungsgerichthofs erweist sich auch nicht deshalb als richtig, weil - wie der Beklagte und der Beteiligte der Sache nach geltend gemacht haben - der Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe in Gestalt einer Schulbegleitung wegen eines Vorrangs der schulischen Leistung ausscheide.
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aa) Eine Spezialität in dem Sinne, dass eine schulische Förderleistung einschlägig ist, die einen Anspruch auf jugendhilferechtliche Eingliederungshilfe ausschließen könnte, liegt nicht vor. Zwar käme eine die Eingliederungshilfe verdrängende, weil ausschließlich von der Schule - hier der Förderschule - zu erbringende Leistung in Betracht, wenn der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Lehrer in der Schule betroffen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 8 SO 30/10 R - juris Rn. 21). Dieser Bereich ist jedoch unabhängig von seiner exakten Bestimmung (s. dazu BSG, Urteil vom 22. März 2012 a.a.O. Rn. 21 f.) hier nicht betroffen. Vielmehr ging es - wie sich auch aus den vom Verwaltungsgerichtshof zitierten Stellungnahmen des Kinderzentrums sowie des Rektors des Sonderpädagogischen Förderzentrums schließen lässt - darum, dass die Schulbegleitung die eigentliche pädagogische Arbeit der Lehrer absichern und mit die Rahmenbedingungen dafür schaffen sollte, dem Kläger erst den erfolgreichen Besuch der Schule zu ermöglichen.
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bb) Ein Anspruch des Klägers auf eine Schulbegleitung ist auch nicht wegen des Nachrangs der Jugendhilfe ausgeschlossen.
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Nach § 10 Abs. 1 SGB VIII werden Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, durch dieses Buch nicht berührt. Darin ist der Grundsatz vom Nachrang der Jugendhilfe bzw. die allgemeine Subsidiarität jugendhilferechtlicher Leistungen gegenüber denen anderer Sozialleistungsträger und der Schulen verankert (vgl. Urteile vom 27. Mai 2010 - BVerwG 5 C 7.09 - BVerwGE 137, 85 <87> und vom 22. Februar 2007 - BVerwG 5 C 32.05 - Buchholz 436.511 § 35a KJHG/SGB VIII Nr. 5 Rn. 16). Dieser Grundsatz kommt auch in der Formulierung des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 2 SGB XII zum Ausdruck, dass die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben. Es genügt aber für die Nachrangigkeit der Jugendhilfe nicht, dass eine anderweitige Verpflichtung überhaupt besteht. Vielmehr muss diese anderweitige Verpflichtung auch rechtzeitig realisierbar und nach den Umständen des Einzelfalles im öffentlichen Schulwesen eine bedarfsdeckende Hilfe zu erhalten sein (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 8. September 2010 - 12 A 1326/10 - juris m.w.N.; Gutachten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. vom 22. Januar 2012 - G 3/10, NDV 2012, 264; Vondung, in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 10 Rn. 7). In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht auch einen gegenüber der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe vorrangigen Anspruch gegen die Schulverwaltung nur angenommen, soweit und solange die Schule tatsächlich Hilfe gewährt oder der Betroffene den Anspruch auf Hilfeleistung gegen die Schulverwaltung rechtzeitig verwirklichen kann (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 13. Juni 2001 - BVerwG 5 B 105.00 juris Rn. 2; Urteil vom 23. November 1995 - BVerwG 5 C 13.94 - BVerwGE 100, 50 <54>).
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Gemessen an diesen Grundsätzen kann hier jedenfalls nicht angenommen werden, dass der Kläger einen Anspruch gegen die Schulverwaltung auf Bereitstellung eines Integrationshelfers für den Besuch der Förderschule rechtzeitig hätte geltend machen oder durchsetzen können. Denn zu dieser Frage des nicht revisiblen Landesrechts hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Urteil vom 6. Juli 2005 (12 B 02.2188 - FEVS 57, 138 <139>) entschieden, dass behinderten Kindern nach bayerischem Landesrecht kein Anspruch gegen die Schulverwaltung auf Bereitstellung eines Integrationshelfers für den Besuch einer Förderschule zukommt.
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3. Mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs kann der Senat nicht abschließend über die Sache entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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Der Verwaltungsgerichtshof hat keine genügenden Feststellungen dazu getroffen, ob und inwieweit eine Schulbegleitung als einen Teilbedarf abdeckende Maßnahme geeignet und erforderlich ist, sondern sich - auf der Grundlage seiner Rechtsansicht konsequent - lediglich dazu verhalten, dass die dem Kläger vom Fachdienst des Beklagten angebotene Behandlung in einer heilpädagogischen Tagesstätte (ggf. in Kombination mit einer Psychotherapie) eine geeignete, weil ganzheitliche Hilfemaßnahme gewesen sei. Der Verwaltungsgerichtshof wird daher zu prüfen haben, ob - bei Zugrundelegung eines fachlichen Einschätzungsspielraums - die Erziehungsberechtigten des Klägers für den streitbefangenen Zeitraum eine Schulbegleitung für geeignet und erforderlich halten durften, um den Schulbesuch des Klägers am Förderzentrum zu ermöglichen oder zu erleichtern. Im Rahmen der Prüfung, ob die Entscheidung für die Selbstbeschaffung der Schulbegleitung im vorgenannten Sinne vertretbar und nachvollziehbar war, wird dabei zu berücksichtigen sein, ob die Bestellung einer Schulbegleitung im streitigen Zeitraum auf die vom Beklagten gewährte sonstige Hilfeleistung, nämlich auf die weitergeführte heilpädagogische Einzelförderung mit zwei Wochenstunden in einer heilpädagogischen Fachpraxis, eine deren Zielsetzung vereitelnde Wirkung gehabt hätte und dies für die Erziehungsberechtigten erkennbar war.
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Dies führt zur Zurückverweisung der Sache (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Auf den vom Kläger gerügten Verfahrensmangel kommt es daher nicht mehr an.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. November 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Im Streit ist die Erstattung von Kosten für die Fortführung einer Maßnahme ("Montessori-Therapie") in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2006.
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Die 1998 geborene Klägerin litt an einer rezeptiven und expressiven Sprachentwicklungsverzögerung mit auditiver Gedächtnisschwäche und wurde deshalb vom Beklagten ab Mitte 2003 bis zum Ende der Kindergartenzeit Ende Juli 2005 durch die Übernahme von Kosten für eine (nicht ärztlich verordnete) "Montessori-Einzeltherapie" gefördert. Auch nach Einschulung der Klägerin in die Regelschule übernahm der Beklagte die Kosten einer Stunde "Montessori-Einzeltherapie" pro Woche für die Zeit vom 19.9. bis 31.12.2005, lehnte jedoch die Kostenübernahme für die Fortführung der Maßnahme ab 1.1.2006 mit der Begründung ab, dass Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) nur für begleitende Hilfen in Betracht komme, während pädagogische Maßnahmen wie die durchgeführte Montessori-Therapie in den Verantwortungsbereich der Schule fielen (Bescheid vom 30.9.2005; Widerspruchsbescheid vom 13.4.2006). Die Kosten der in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2006 durchgeführten Therapiestunden haben daraufhin die Eltern der Klägerin getragen.
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Das Sozialgericht (SG) hat der auf Erstattung dieser Kosten in Höhe von 1181,50 Euro gerichteten Klage - weil die Maßnahme sowohl therapeutische als auch pädagogische Elemente enthalte - nur teilweise entsprochen und den Beklagten verurteilt, der Klägerin "für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 Eingliederungshilfe für die durchgeführte Montessori-Therapie in Höhe von 590,75 Euro zu gewähren" (Urteil vom 21.10.2008). Auf die Berufungen beider Beteiligten hat das Landessozialgericht (LSG) den Beklagten unter Zurückweisung von dessen Berufung verurteilt, der Klägerin die gesamten Kosten in Höhe von 1181,50 Euro zu erstatten (Urteil vom 18.11.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Pflicht zur Übernahme der Kosten ergebe sich aus § 19 Abs 3 SGB XII iVm § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII, § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-Verordnung (Eingliederungshilfe-VO). Es habe sich bei der Therapie um eine heilpädagogische oder sonstige geeignete und erforderliche Maßnahme gehandelt, die der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht habe ermöglichen oder erleichtern sollen. Der Nachranggrundsatz (§ 2 Abs 1 SGB XII)stehe der Leistungspflicht nicht deshalb entgegen, weil die Montessori-Therapie auch pädagogische Elemente enthalte; sie sei nach den landesrechtlichen Vorschriften des Schulrechts nicht dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit im Sinne des schulischen Erziehungs- und Bildungsauftrags zuzurechnen. Schließlich stehe der Gewährung der Eingliederungshilfe nicht entgegen, dass die Eltern der Klägerin die Therapie bereits bezahlt hätten.
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Mit der Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 2 Abs 1 SGB XII. Nach § 15 Abs 4 Schulgesetz für Baden-Württemberg sei die Förderung behinderter Schüler Aufgabe der Schule selbst, sodass diese für Hilfen zur angemessenen Schulbildung eintrittspflichtig sei. Unzutreffend sei die Feststellung des LSG, es handele sich bei der Montessori-Therapie um eine begleitende, nicht um eine sonderpädagogische Maßnahme. Das LSG habe insoweit sowie zur Frage der Geeignetheit und Erforderlichkeit die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten und seine Amtsermittlungspflicht verletzt, weil es die Feststellungen der Therapeutin und des Sachverständigen kritiklos übernommen und sich damit ua auf die Ausführungen eines Diplom-Psychologen gestützt habe, der weder durch Habilitation noch durch Promotion eine besondere wissenschaftliche Qualifikation nachweisen könne.
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Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin aufzuheben und das Urteil des SG unter vollständiger Abweisung der Klage abzuändern.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurück-verweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) . Es fehlen ausreichende Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für ein abschließendes Urteil.
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Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 30.9.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.4.2006 (§ 95 SGG), soweit darin die Übernahme von Kosten (1181,50 Euro) für eine in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2006 durchgeführte Therapie (Montessori-Einzeltherapie) abgelehnt worden ist. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4, § 56 SGG).
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Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere ist weder eine Beiladung der für die Klägerin zuständigen Krankenkasse (KK) noch eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe noch der Therapeutin der Klägerin erforderlich. Nach § 75 Abs 2 Satz 1 1. Alt SGG sind Dritte nämlich (nur) beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung); diese Voraussetzungen sind für keinen der Bezeichneten erfüllt. Über eine unechte notwendige Beiladung war mangels Rüge im Revisionsverfahren (s zu dieser Voraussetzung nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b mwN) nicht zu befinden.
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Eine notwendige Beiladung der KK im Hinblick auf § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) scheidet aus(vgl zur notwendigen Beiladung wegen unterlassener Weiterleitung des Antrags an den "eigentlich zuständigen" Träger der Teilhabeleistung nur BSGE 93, 283 ff RdNr 6 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 1). Die durchgeführte Maßnahme stellt keine Leistung zur Teilhabe iS der §§ 4, 5 Nr 1, 14 SGB IX dar; denn die KKen sind abweichend von den Vorschriften des SGB IX (vgl § 7 SGB IX) nur unter den Voraussetzungen des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (
vgl § 11 Abs 2, §§ 40 ff SGB V) zur Erbringung medizinischer Rehabilitationsleistungen verpflichtet (BSGE 98, 277 ff RdNr 18 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4). Trotz des Aspektes bzw des Ziels der (Wieder-)Herstellung der Gesundheit haben jedoch nicht alle Maßnahmen des SGB V rehabilitativen Charakter in einem Sinn, der dem Verständnis des SGB V über eine Teilhabeleistung entspricht. Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob der Begriff der Teilhabeleistung des § 14 SGB IX eigenständig (weit) oder (nur) nach dem Verständnis des SGB V auszulegen ist. Vorliegend gehörte die durchgeführte Maßnahme ohnedies nicht zum Leistungskatalog des SGB V, sodass schon deshalb keine Zuständigkeit des Beklagten nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX eingetreten ist und eine echte notwendige - ebenso wie im Übrigen eine unechte - Beiladung der KK ausscheidet.
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Ein Kostenerstattungsanspruch für eine vom Versicherten selbstbeschaffte Leistung des SGB V würde voraussetzen, dass diese allgemein als Sach- oder Dienstleistung hätte erbracht werden müssen. Wie das LSG zu Recht erkannt hat, liegen die Voraussetzungen für einen Sachleistungsanspruch auf Gewährung der durchgeführten Therapie im Jahre 2006 nicht vor. Nach den insoweit unangefochtenen Tatsachenfeststellungen des LSG käme, weil die Therapie nicht von ärztlichen Fachkräften erbracht worden ist, allenfalls eine medizinische Dienstleistung in der Gestalt eines Heilmittels iS des § 32 SGB V(zum Heilmittelbegriff s: BSGE 88, 204, 206 ff = SozR 3-2500 § 33 Nr 41 S 229 ff; BSGE 96, 153 ff RdNr 26 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7) in Betracht.
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Der Heilmittelanspruch eines Versicherten (§ 11 Abs 1 Nr 4, § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und Nr 3 SGB V)unterliegt jedoch den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Insoweit sind neue Heilmittel grundsätzlich nur dann von der Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) zuvor ihren therapeutischen Nutzen anerkannt und in den Richtlinien (RL) nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V über die Versorgung mit Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-RL) Empfehlungen für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung abgegeben hat(§ 138 SGB V). Die Beurteilung der Neuheit eines Heilmittels richtet sich unter formalen Gesichtspunkten danach, ob es nach dem Stand der Beschlüsse des GBA bei Inkrafttreten des § 138 SGB V (am 1.1.1989) Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung war oder seitdem einbezogen worden ist (Bundessozialgericht
SozR 3-2500 § 138 Nr 2 S 26, 28 und 31; BSGE 94, 221 ff RdNr 24 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 25). Dies trifft für die Montessori-Therapie nicht zu, wie den Heilmittel-RL zu entnehmen ist, in die sie als verordnungsfähige Leistung nicht aufgenommen wurde; sie ist mithin als mögliches Heilmittel neu. Der GBA hat demgemäß in einem zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses "Heil- und Hilfsmittel" des Bundesausschusses vom 18.5.2005 über die Beratungen gemäß § 138 SGB V zur konduktiven Förderung nach Petö(abgerufen über das Internet am 15.5.2012 über http://www.g-ba.de/downloads/40-268-256/2005-05-18-Abschluss-Petoe.pdf ) auch ausgeführt, die Wirksamkeit der Montessori-Therapie sei in wissenschaftlichen Studien nicht eindeutig belegt (S 165). Die somit notwendige Empfehlung für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung fehlt. Zudem mangelt es an der nach § 73 Abs 2 Nr 7 SGB V vorausgesetzten ärztlichen Verordnung(s dazu BSGE 73, 271 ff = SozR 3-2500 § 13 Nr 4), sodass es auf einen eventuellen indikationsbezogenen Ausschluss über § 32 Abs 1 Satz 2 SGB V in den Heilmittel-RL nicht mehr ankommt.
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Ein Anspruch aus § 43a SGB V(in der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Fassung; Abs 2 wurde erst mit Wirkung ab 23.7.2009 eingeführt) scheidet von vornherein aus. Danach haben versicherte Kinder (nur) Anspruch auf nichtärztliche sozialpädiatrische, insbesondere auch psychologische, heilpädagogische und psychosoziale Leistungen, wenn sie unter ärztlicher Verantwortung erbracht werden und erforderlich sind, um eine Krankheit zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und einen Behandlungsplan aufzustellen. Nach den insoweit unangegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG diente die Maßnahme jedoch weder der Früherkennung noch stand sie unter ärztlicher Verantwortung. Es kann dahinstehen, ob der Senat an diese Feststellung entgegen § 163 SGG deshalb nicht gebunden ist, weil sie im Rahmen der von Amts wegen zu überprüfenden Beiladungsnotwendigkeit von Bedeutung ist(s dazu nur Leitherer, aaO, § 163 RdNr 5b mwN); denn diese Feststellung des LSG ist in der Sache ohnedies nicht zu beanstanden.
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Eine Beiladung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe als "eigentlich zuständigen" Rehabilitationsträgers iS des § 6 Abs 1 Nr 6 SGB IX im Hinblick auf § 14 SGB IX dürfte schon deshalb ausscheiden, weil der Beklagte auch der nach §§ 69, 85, 86 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) iVm § 1 Kinder- und Jugendhilfegesetz für Baden-Württemberg (LKJHG) vom 14.4.2005 (Gesetzblatt
376) - zur Überprüfung des Landesrechts ist der Senat entgegen § 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung (ZPO) mangels Berücksichtigung durch das LSG befugt(vgl nur das Senatsurteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 14 mwN) - für die einzig denkbare Leistung des § 35a SGB VIII als Jugendhilfeträger zuständig sein dürfte. Einer genaueren Überprüfung, ob nach den Vorschriften der §§ 5, 6 LKJHG ausnahmsweise eine Zuständigkeit der landkreisangehörigen Gemeinden begründet worden ist, bedarf es nicht, denn auch dann wäre die Gemeinde nicht notwendig beizuladen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (zuletzt BVerwG, Urteil vom 19.10.2011 - 5 C 6/11 -, ZFSH/SGB 2012, 33, 35 f), der sich der Senat anschließt, wäre vorliegend von einer vorrangigen Leistungspflicht des beklagten Sozialhilfeträgers (Leistungen der Eingliederungshilfe für ua geistig behinderte junge Menschen) gemäß § 10 Abs 4 SGB VIII(in der seit 1.10.2005 geltenden Fassung) auszugehen. Aufgaben, Ziele und die Leistungen richten sich nämlich ohnedies nach den Vorschriften des SGB XII (§ 35a Abs 3 SGB VIII), decken sich also (vgl zum Erfordernis der Gleichheit oder Gleichartigkeit BVerwG aaO), und bei der Klägerin liegt jedenfalls eine wesentliche geistige Behinderung vor (dazu später). Es kann deshalb dahinstehen, ob sich eine Maßnahmenotwendigkeit auch aufgrund einer seelischen (= psychischen) Behinderung ergeben würde und wodurch sich diese von der geistigen abgrenzt.
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Schließlich ist auch nicht die Therapeutin der Klägerin notwendig beizuladen. Zwar ist der sozialhilferechtliche Leistungserbringer iS des § 75 SGB XII - und zwar auch bei ambulanten Diensten(§ 75 Abs 1 Satz 1 SGB XII; vgl Jaritz/Eicher, juris PraxisKommentar
-SGB XII, § 75 SGB XII RdNr 24) - bei einer beantragten Kostenübernahme, also einem Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung (vgl nur BSGE 102, 1 ff RdNr 25 ff = SozR 4-1500 § 75 Nr 9), notwendig beizuladen (BSG, aaO, RdNr 13 ff). Vorliegend verlangt die Klägerin jedoch nicht die Kostenübernahme durch den Beklagten im Rahmen einer Sachleistung im weiten Sinne, sondern die Erstattung der bereits beglichenen Therapiekosten als Geldleistung.
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Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung durch den zuständigen (§ 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 2 Satz 1 SGB XII und §§ 1, 2 Ausführungsgesetz Baden-Württemberg zum SGB XII vom 1.7.2004 - GBl 534; zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG entgegen § 202 SGG iVm § 560 ZPO befugt - vgl das Senatsurteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 14 mwN) Beklagten ist § 15 Abs 1 Satz 4 2. Alt SGB IX. Danach sind selbstbeschaffte Leistungen zu erstatten, wenn der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (vgl dazu BSGE 102, 126 ff RdNr 11 f = SozR 4-3500 § 54 Nr 3). Ob der Beklagte die Übernahme der Kosten für die durchgeführte Therapie ab 1.1.2006 "zu Unrecht" abgelehnt hat, lässt sich allerdings anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht abschließend beurteilen. Grundlage dafür ist § 19 Abs 3 SGB XII(hier in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) iVm §§ 53, 54 Abs 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Abs 1 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO. Hilfen nach § 19 Abs 3 SGB XII werden unter den besonderen Voraussetzungen der Vorschriften des Fünften und Neunten Kapitels geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist.
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Die Klägerin erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Nach dieser Vorschrift werden Pflichtleistungen nur an Personen erbracht, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 SGB IX sind erfüllt, wenn - soweit einschlägig - die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach den in diesem Punkt unangegriffenen Tatsachenfeststellungen des LSG liegt eine Behinderung im bezeichneten Sinn bei der Klägerin vor, die an einer geistigen Leistungsstörung (s insoweit zur Legasthenie BVerwG, Urteil vom 28.9.1995 - 5 C 21/93 -, FEVS 46, 360 ff), nämlich einer ausgeprägten rezeptiven und expressiven Sprachentwicklungsverzögerung mit auditiver Gedächtnisschwäche, litt; diese geistige Behinderung war auch wesentlich.
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Wann dies der Fall ist, ergibt sich aus § 2 Eingliederungshilfe-VO. Er verlangt, dass infolge einer Schwäche der geistigen Kräfte in erheblichem Umfange die Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist (vgl allgemein dazu Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, § 53 SGB XII RdNr 20 ff; Heinz, ZfF 2010, 79 ff). Dies ist jedenfalls zu bejahen, wenn - wie hier - die mit einer Behinderung einhergehenden Beeinträchtigungen der erfolgreichen Teilnahme am Unterricht in einer Grundschule entgegenstehen (vgl auch BVerwG, Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02), weil Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung nicht aufgenommen und verarbeitet werden können; denn eine Grundschulbildung bildet die essentielle Basis für jegliche weitere Schullaufbahn (vgl BSG, Urteil vom 3.11.2011 - B 3 KR 8/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 22) bzw eine valide spätere berufliche Tätigkeit. Insoweit ist wie bei der Prüfung einer Behinderung selbst auch ihre Wesentlichkeit wertend auszurichten an den Auswirkungen für die Eingliederung in der Gesellschaft (so wohl auch BVerwG, Urteil vom 28.9.1995 - 5 C 21/93 -, FEVS 46, 360 ff). Entscheidend ist mithin nicht, wie stark die geistigen Kräfte beeinträchtigt sind und in welchem Umfang ein Funktionsdefizit vorliegt, sondern wie sich die Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit auswirkt.
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Nicht abschließend entschieden werden kann indes, ob die im Jahre 2006 durchgeführte Therapie geeignet und erforderlich war, der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern, ob also iS des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII nach der Besonderheit des Einzelfalles die Aussicht bestand, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden konnte. Diese allgemeine Voraussetzung konkretisierend bezeichnet § 54 Abs 1 Nr 1 SGB XII(hier idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) als Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht. Nach § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern.
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Wie bereits § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII verdeutlicht ("nach der Besonderheit des Einzelfalles"), liegt § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO ein individualisiertes Förderverständnis zugrunde(BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22). Eine Unterscheidung der Maßnahmen nach ihrer Art, etwa nach pädagogischen oder nichtpädagogischen bzw begleitenden, ist rechtlich nicht geboten, weil grundsätzlich alle Maßnahmen in Betracht kommen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 101, 79 ff RdNr 27 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 1). Deshalb können von der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers auch Maßnahmen umfasst werden, die zum Aufgabenbereich der Schulverwaltung gehören. Ausgeschlossen sind allerdings Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimmt. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII ausdrücklich anordnet, die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht sollten unberührt bleiben. Die schulrechtlichen Verpflichtungen stehen mithin grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen. Zum anderen normiert § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII lediglich Hilfen, mithin unterstützende Leistungen, überlässt damit die Schulbildung selbst aber den Schulträgern. Der Kernbereich der schulischen Arbeit liegt damit nach Sinn und Zweck der §§ 53, 54 SGB XII gänzlich außerhalb der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers(ähnlich bereits, wenn auch mit anderer Begründung, BVerwG, Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02 - juris RdNr 17 mwN; BVerwG, Urteil vom 30.4.1992 - 5 C 1/88 - NVwZ 1993, 995, 996 f).
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Nach diesen Maßstäben kann die durchgeführte Maßnahme eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung sein, weil sie - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - jedenfalls nicht den Kernbereich der schulischen pädagogischen Arbeit berührt, ohne dass dieser genau bestimmt werden müsste. Die durchgeführte Therapie, die nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des LSG den Prinzipien der Montessori-Therapie gefolgt ist, weist den Charakter einer nur unterstützenden und außerhalb des schulischen Betriebs stattfindenden Hilfe auf. Im Rahmen eines ganzheitlichen Denkansatzes sollten unter Verwendung von unterschiedlichem Material vielfältige Bereiche ua der Wahrnehmung, des Sprachverständnisses, der Mathematik, der Geografie, der Biologie und der Umwelt (nur) durch ein zurückhaltendes Angebot von Hilfe und Unterstützung, auch durch "sensibles Beobachten", durch den Therapeuten gefördert werden (hierzu insgesamt der in der Gerichtsakte befindliche "Infobrief über die Montessori-Therapie für Fachstellen" des Montessori-Bundesverbands eV, Mengkofen; zur Zulässigkeit der Feststellung genereller Tatsachen in der Revisionsinstanz s nur BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 28 mwN).
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Soweit das LSG in seiner Entscheidung die Ausführungen des Sachverständigen und die Äußerungen der früheren Klassenlehrerin der Klägerin zur Geeignetheit und Erforderlichkeit der Therapie wiedergegeben und verwertet sowie ausgeführt hat, dass die Therapie "nach dem Förderplan der Montessori-Therapeutin gezielt auf den Aufbau der auditiven Wahrnehmungsleistung abgestimmt" gewesen sei, reicht dies jedoch für eine Beurteilung der individuellen Geeignetheit und Erforderlichkeit der durchgeführten Therapie nicht aus. Erforderlich sind vielmehr konkrete Feststellungen dazu, wie die Klägerin betreut worden ist und wie sich dies im Einzelnen auf die individuelle Lernfähigkeit der Klägerin unter prognostischer Sicht - abgestellt auf den Zeitpunkt der Entscheidung (vgl nur allgemein dazu BSG SozR 4-4300 § 86 Nr 1 RdNr 15) - auswirken sollte. Allgemein gehaltene Bewertungen der Montessori-Therapie, ihrer Ziele und Methoden, können diese Beurteilung nicht ersetzen. Da das LSG nach der Zurückverweisung der Sache die fehlenden Feststellungen nachzuholen hat, kommt es auf die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen des Beklagten nicht an. Im Rahmen der Erforderlichkeit der Hilfe wird das LSG auch die Anzahl der Therapiestunden zu überprüfen haben.
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Schließlich wird es anhand der schuldrechtlichen Vereinbarungen mit der Therapeutin die Höhe der der Klägerin (bzw ihren Eltern) entstandenen und damit übernahme- und erstattungsfähigen Kosten zu ermitteln haben, wobei ohne Bedeutung ist, ob mit der Therapeutin Vereinbarungen nach §§ 75 ff SGB XII geschlossen sind und - wenn ja - welche Vergütung darin für die Therapiestunden vorgesehen war. Eine diesbezügliche rechtliche Unsicherheit kann sich nicht zu Lasten der Klägerin auswirken (vgl BSGE 102, 126 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 54 Nr 3). Dies gilt umso mehr, als sich Umfang der Behandlung und Vergütung offenbar im Rahmen dessen bewegen, was vom Beklagten in der Zeit zuvor übernommen worden ist. Ob die Voraussetzungen einer Schuldverpflichtung der Klägerin bzw ihrer Eltern gegenüber der Therapeutin und der Angemessenheit der Kosten normimmanent aus §§ 53, 54 SGB XII oder aus § 9 Abs 1 SGB XII (Leistungen nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Bedarfs) zu entnehmen sind, kann offen bleiben. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bedarf dies schon deshalb keiner näheren Begründung, weil nicht ersichtlich ist, dass sich in vorliegender Konstellation hieraus unterschiedliche Rechtsfragen ergäben.
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Entgegen der Ansicht des Beklagten steht einem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin § 2 Abs 1 SGB XII (sog Nachranggrundsatz) nicht entgegen. Danach erhält Sozialhilfe nicht, wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Diese Vorschrift ist, wenn andere Leistungen - wie hier - tatsächlich nicht erbracht werden, keine eigenständige Ausschlussnorm, sondern ihr kommt regelmäßig nur im Zusammenhang mit ergänzenden bzw konkretisierenden sonstigen Vorschriften des SGB XII Bedeutung zu; ein Leistungsausschluss ohne Rückgriff auf andere Normen des SGB XII ist mithin allenfalls in extremen Ausnahmefällen denkbar, etwa wenn sich der Bedürftige generell eigenen Bemühungen verschließt und Ansprüche ohne weiteres realisierbar sind (BSG, Urteil vom 2.2.2010 - B 8 SO 21/08 R - RdNr 13; Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1; Urteil vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 16/07 R - RdNr 15). Eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit der Schule ist deshalb in aller Regel zu bejahen, solange und soweit die Schule - wie hier - eine entsprechende Hilfe nicht gewährt, ja sogar darauf verweist, sie nicht erbringen zu können. Ob sie dazu verpflichtet ist, ist unerheblich. Der Sozialhilfeträger muss ggf mittels einer Überleitungsanzeige (§ 93 SGB XII) beim zuständigen Schulträger Rückgriff nehmen. Soweit der Beklagte mit seiner Revision in diesem Zusammenhang eine fehlerhafte Auslegung des Landesschulrechts rügt, kommt es darauf unabhängig davon, inwieweit der Senat diese Auslegung überhaupt überprüfen darf (§ 202 SGG iVm § 560 ZPO), für die Entscheidung nicht an.
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Dem Kostenerstattungsanspruch steht schließlich nicht entgegen, dass die Eltern der Klägerin die angefallenen Kosten bereits getragen haben. Sozialhilfeleistungen setzen zwar vom Grundgedanken her einen aktuellen Bedarf voraus; dies gilt allerdings aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 Grundgesetz) nicht bei einer rechtswidrigen Ablehnung der Hilfegewährung und zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder Hilfe Dritter, wenn der Hilfesuchende innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf eingelegt hat und im Rechtsbehelfsverfahren die Hilfegewährung erst erstreiten muss (BSG, Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R -, BSGE 104, 213 ff RdNr 14 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20; vgl auch zum Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende -
: BSG, Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 19, und Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 46/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 17 mwN) .
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Ermittlungen darüber, ob die Klägerin im Falle des Klageerfolgs ihren Eltern deren Auslagen erstatten muss oder zumindest wird (vgl dazu in einer anderen Konstellation BSG, Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 19), sind entbehrlich. Im Rahmen der Vermögenssorge (§ 1926 Bürgerliches Gesetzbuch)für ein achtjähriges Kind sind Vereinbarungen über eine Rückerstattung der Kosten besonderer Sozialhilfeleistungen (§ 84 Abs 2 SGB XII ist nicht anwendbar, weil § 92 Abs 1 Satz 2 SGB XII insoweit als Sonderregelung vorgeht), die die Eltern übernommen haben, weil der Sozialhilfeträger die Leistung abgelehnt hat, bei realitätsnaher Sichtweise unüblich. Unerheblich ist es auch, ob und inwieweit in der Übernahme dieser Kosten eine tatsächliche Unterhaltszahlung zu sehen sein könnte. Eine solche Prüfung würde den Zweck des § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII(hier in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) konterkarieren, die Eltern behinderter mit denen nichtbehinderter Kinder hinsichtlich der aus einer angemessenen Schulbildung ihrer Kinder folgenden Lasten wirtschaftlich gleichzustellen (so bereits BVerwGE 94, 127, 135 f mwN zur Vorgängervorschrift des § 43 Abs 2 Satz 1 Nr 2 und Satz 2 Bundessozialhilfegesetz).
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Aus § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII ergibt sich zugleich, dass auf Leistungen weder Einkommen der Klägerin noch Einkommen ihrer Eltern anzurechnen ist; denn nach Satz 1 ist eine Aufbringung der Mittel nur für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten. Eine Vermögensanrechnung unterbleibt völlig (Satz 2). Die Beschränkung auf die Kosten des Lebensunterhalts in § 92 Abs 2 Satz 1 SGB XII bedeutet, dass Aufwendungen des Sozialhilfeträgers für die besonderen Hilfen nicht zu erstatten sind, soweit nicht integraler Bestandteil dieser Hilfen Kosten des Lebensunterhalts sind(Behrend in jurisPK-SGB XII, § 92 SGB XII RdNr 23 mwN). Dies war indes bei der durchgeführten Therapie nicht der Fall. Insoweit setzt § 92 Abs 2 SGB XII nicht voraus, dass gleichzeitig die in § 92 Abs 1 SGB XII beschriebenen Merkmale für die Hilfe für eine stationäre Einrichtung, für eine Tageseinrichtung für behinderte Menschen oder für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen vorliegen(Behrend, aaO, RdNr 22 mwN).
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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.
(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung ihres Bescheides vom 28. Juli 2010 dazu verpflichtet, die Kosten des Besuchs der Privatschule E. durch die Klägerin in den Schuljahren 2010/2011 und 2011/2012 zu übernehmen.
Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Instanzen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die am 1999 geborene Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten ihrer Beschulung auf der Privatschule E. in X. für die Schuljahre 2010/2011 und 2011/2012 durch die Beklagte.
3Die Klägerin besuchte ab dem Jahr 2002 eine Kindertagesstätte und erhielt bereits vorschulisch eine ergotherapeutische und logopädische Behandlung, nachdem ein Sprachentwicklungsrückstand und Wahrnehmungsstörungen diagnostiziert worden waren. Zum Schuljahr 2005/2006 wurde die Klägerin auf der T. schule X. , einer städtischen Gemeinschaftsgrundschule, eingeschult. Dort wiederholte sie die 1. Klasse. Einhergehend mit der Diagnose eines unterlagernden Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms wurde die Klägerin ab dem Jahr 2007 durch Frau Dr. C. E1. , Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Psychotherapeutin in X. , verhaltenstherapeutisch und medikamentös behandelt. Ebenfalls ab dem Jahr 2007 nahm die Klägerin eine lerntherapeutische Behandlung in der Praxis J. E. in X. wahr.
4Ausweislich eines Aktenvermerks der Beklagten vom 21. Dezember 2009 erkundigte sich die Mutter der Klägerin am 10. Dezember 2009 nach Fördermöglichkeiten für die Klägerin, da diese in der Schule Probleme wegen einer Dyskalkulie und eines ADS habe, woraufhin ein Hausbesuch am 17. Dezember 2009 vereinbart worden sei. Aus dem Vermerk geht weiter hervor, dass die Klägerin von ihren Eltern umfassend versorgt und intensiv gefördert werde. Sie zeige sich im Gespräch aufgeschlossen und freundlich und besuche derzeit die 4. Klasse der GGS T. schule. Die Klägerin berichte, sie gehe gerne zur Schule, habe dort aber keine Freunde und werde auch nicht zu Geburtstagen eingeladen. Sie spiele in der Pause Fangen mit anderen Kindern. Das Fach Sport möge sie besonders gerne, Mathematik dagegen nicht. Sie fahre alleine zur Schule mit einem Roller. Sie sei bereits einmal mit ihrer Klasse zu einer Klassenfahrt gefahren und freue sich auf die nächste. Nachmittags spiele sie mit ihrem Bruder oder nehme am Vereinstraining (Schwimmen und Leichtathletik) teil. Die Eltern hätten sich dahingehend geäußert, dass die Entwicklung der Klägerin bedingt durch eine Sprachentwicklungsverzögerung, eine Störung der Körperwahrnehmung und Entzündungen der Ohren, die zeitweise das Hörvermögen eingeschränkt hätten, problematisch verlaufen sei. Sie habe Ergo- und Sprachtherapie erhalten und werde lerntherapeutisch behandelt. Ihre guten Leistungen seien nur durch das Zusammenwirken von intensiver häuslicher, schulischer und lerntherapeutischer Unterstützung entstanden. Sie zeige sich sehr lernmotiviert und ehrgeizig und habe eine uneingeschränkte Empfehlung zum Besuch einer Real- oder Gesamtschule erhalten. Sorge bereite allerdings ihre Tendenz zum sozialen Rückzug. In der Kinderarztpraxis E1. seien Dyskalkulie und ADS diagnostiziert worden. Es sei zu befürchten, dass die Klägerin mit dem Besuch einer weiterführenden Regelschule wegen der großen Klassenverbände und mangelnder individueller Förderung überfordert sei und keinen angemessen Schulabschluss erreichen könne.
5Am 21. Dezember 2009 fand eine „Einzelberatung/weiterführende Schulen“ an der T. schule statt, bei der die Klassenlehrerin der Klägerin, Frau D. T. , mit deren Eltern das in der Grundschule gezeigte Arbeits- und Sozialverhalten sowie die erkennbare Leistungsfähigkeit und -bereitschaft besprach. Aus der zugehörigen Niederschrift geht hervor, dass die Klassenlehrerin „nach heutigem Stand der Erkenntnisse den Besuch einer Realschule oder einer Gesamtschule“ empfehle. Unter „besondere Bemerkungen“ ist weiter festgehalten: „M. sollte eine Realschule besuchen, die auf die besonderen Bedürfnisse von M. Rücksicht nimmt!“.
6Unter dem 1. Februar 2010 beantragten die Eltern der Klägerin die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII. Die Klägerin solle ab der 5. Klasse die Privatschule E. besuchen, da sie dort optimale Bedingungen vorfände, um einen angemessenen Schulabschluss zu erreichen, ohne durch ihre Teilleistungsstörungen und die damit verbundenen seelischen Probleme benachteiligt zu sein. Schon seit früher Kindheit habe sie Probleme, dauerhafte Kontakte zu anderen Kindern zu knüpfen, weil sie auch durch eine Sprachentwicklungsverzögerung belastet sei. Daraus habe sich eine tiefe Verunsicherung entwickelt, die sich in der Schulzeit verstärkt habe, da sie in ihrem Lernverhalten durch eine Dyskal-kulie und ADHS beeinträchtigt sei. Auch wenn durch diverse Therapien eine gewisse Besserung eingetreten sei, neige sie dazu, sich bei Kritik abgelehnt zu fühlen, so dass sie sich in der Schule oft zurückziehe. Sie sei wenig selbstbewusst und befürchte immer, dass man über sie und ihre Probleme spreche und sie den Anforderungen nicht genügen könne. Jedoch sei sie sehr lernwillig und könne einige Defizite mit viel Fleiß ausgleichen. Es sei zu befürchten, dass sie in einer staatlichen Realschule mit großen Klassen und fehlender individueller Zugehens-weise der Lehrer nicht zu einem angemessenen Schulabschluss gelangen könne. Dem Antrag waren ein Zwischenbericht über die lerntherapeutische Behandlung und die Schulzeugnisse der Klägerin beigefügt.
7In ihrem auf den 29. Januar 2010 datierten schulischen Gutachten wies die damalige Klassenlehrerin der Klägerin, Frau D. T. , darauf hin, dass sich die Klägerin von Anfang an ihren Lehrerinnen gegenüber sehr aufgeschlossen gezeigt und sich gegenüber ihren Mitschülern freundlich verhalten habe. Sie habe allerdings bisher keinen altersangemessenen Kontakt zu ihren Mitschülern aufgebaut. Es sei ihr bei Gruppenarbeiten nur sehr bedingt gelungen, eigene Ideen einzubringen. Auf dem Schulhof habe sie sich entweder alleine beschäftigt oder mit sehr viel jüngeren Kindern gespielt. Um Konflikte zu lösen, habe sie stets die unterstützende Hilfe durch ihre Lehrerinnen benötigt. Sie sei in der Lage, Gelerntes sicher anzuwenden, und könne gut etwas auswendig lernen. Jedoch falle es ihr schwer, neues Wissen in vorhandene Strukturen einzubinden. Oft scheitere sie an der Art und Weise der Aufgabenstellung, die sie nicht verstehe. Wenn man mit ihr die eigentliche Aufgabe bespreche und mit ihr Beispiele durchgehe, so sei sie in der Lage, die Aufgaben sicher zu lösen. Allerdings gelinge ihr der Transfer auf ähnliche Aufgaben nur bedingt. Zum einen sei sie auf eine sehr intensive Zuwendung ihrer Lehrerinnen und zum anderen auf eine umfassende außerschulische Förderung ihrer Eltern und einer Therapeutin angewiesen. Sie benötige eine durchgängige individuelle Zuwendung und Hilfe, durch die sie ohne Zeitdruck an klar strukturierte, überschaubare und individuell differenzierte Aufgaben herangehen könne. Auch nach der Grundschule sei es wichtig, dass sie schulisch und außerschulisch weiterhin intensiv gefördert werde.
8In ihrem ärztlichen Attest vom 10. März 2010 führte die Kinder- und Jugendärztin und Kinder- und Jugendtherapeutin Dr. C. E1. u. a. aus, dass die Klägerin in allen schulischen und leistungsbezogenen Anforderungen auf Unterstützung durch Lehrer, Eltern oder Lerntherapeutin angewiesen sei. Die geringsten Herausforderungen oder Schwierigkeiten ließen sie ansonsten resignieren und sie sei dann nicht mehr in der Lage, sich konstruktiv mit dem Problem auseinander zu setzen. Sie habe trotz aller Unterstützung nur ein sehr geringes Selbstwertgefühl. Die Klägerin benötige auf der weiterführenden Schule eine kleine Gruppe, in der eine gezielte persönliche Ansprache und Unterstützung möglich sei. In einer Regelschulform würde sie „untergehen“. In diesem Sinne drohe eine seelische Behinderung im Sinne von § 35a SGB VIII.
9Das Schulamt für den S. -F. -Kreis nahm unter dem 5. Juli 2010 dahingehend Stellung, dass aus schulfachlicher Sicht keine Beschulung an einer Privatschule notwendig sei, da die Klägerin die Schulformempfehlung „Real-oder Gesamtschule“ erhalten habe. Falls es dennoch zu Problemen in der weiterführenden Schule komme, sei dort die Einleitung eines AO-SF-Verfahrens angezeigt.
10Nach Durchführung einer Hilfeplankonferenz lehnte die Beklagte den Antrag auf Übernahme der Kosten für den Besuch einer Privatschule mit Bescheid vom 28. Juli 2010 ab. Zur Begleitung und Unterstützung des Übergangs auf eine weiterführende Schule bewilligte sie im Umfang von 40 Fachleistungsstunden eine Dyskalkulietherapie. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, dass die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Privatschule nur im Ausnahmefall möglich sei, wenn alle staatlichen schulischen Fördermaßnahmen nicht ausreichten, um eine angemessene Schulbildung zu ermöglichen. Aus dem gewonnenen Gesamtbild gemäß den Berichten von Eltern und Schule sowie dem medizinischen Gutachten ergebe sich, dass die Klägerin in ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben infolge der Teilleistungs- und Aufmerksamkeitsstörung nicht so massiv beeinträchtigt sei, dass eine Beschulung im staatlichen Regelschulsystem nicht möglich sei, zumal sie in ihrer bisherigen Schullaufbahn auf einer Regelschule beständig befriedigende Leistungen auch im Fach Mathematik gezeigt habe. Durch intensive Unterstützung ihrer Eltern sei die Klägerin sozial eingebunden und werde medizinisch/verhaltenstherapeutisch begleitet. Nach Vorgabe der Schulaufsichtsbehörde erscheine es zur Abwendung der von Eltern und Gutachterin befürchteten Schulschwierigkeiten ausreichend, wenn die Klägerin mit ihrem Wechsel auf eine Real- oder Gesamtschule weiterhin konsequent häuslich begleitet werde und eine Dyskalkulietherapie stattfinde; bei dem Schulwechsel sei die Fachstelle für AD(H)S zu beteiligen mit der Option, bei auftretenden Lernproblemen den weiteren Förderbedarf abzuklären. Selbstwertproblematik und emotionale Instabilität erforderten eine individuelle Behandlung im Rahmen des Leistungskatalogs der Krankenversicherung. Ergänzend stehe die Schul- und Erziehungsberatung zur Verfügung.
11Die Klägerin, die seit dem Schuljahr 2010/2011 die Privatschule E. besucht, hat am 19. August 2010 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Sie gehöre unstreitig zum Kreis der Eingliederungsberechtigten nach § 35a SGB VIII. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei auch der Besuch einer Privatschule zur Sicherstellung des Erwerbs einer angemessenen Schulbildung erforderlich. Dem ärztlichen Attest der Frau Dr. E1. vom 10. März 2010 sowie den Stellungnahmen der Klassenlehrerin und der Therapeutin J. E. könne entnommen werden, dass sie, die Klägerin, in allen schulischen und leistungsbezogenen Anforderungen immer auf Unterstützung durch Lehrer, Eltern oder Lerntherapeuten angewiesen sein werde. Die geringsten Herausforderungen oder Schwierigkeiten ließen sie ansonsten resignieren und sie sei dann nicht mehr in der Lage, sich mit den Problemen konstruktiv auseinander zu setzen. Ihr Selbstwertgefühl sei gering. Aufgrund der erwähnten Stellungnahmen sei auch der Besuch der Privatschule E. erforderlich, um ihrem Behinderungsbild gerecht zu werden und ihr eine angemessene Schulbildung zu ermöglichen. Der Verweis auf das staatliche Regelschulsystem führe hier nicht weiter, da nicht ersichtlich sei, dass sie an der Regelschule unter Berücksichtigung ihrer Beeinträchtigungen angemessen gefördert werden könne.
12Die Klägerin hat beantragt,
13die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28. Juli 2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der Privatschule E. durch die Klägerin in den Schuljahren 2010/2011 und 2011/2012 zu übernehmen.
14Die Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie hat vorgetragen: Entgegen der Auffassung der Klägerin sei im vorliegenden Fall eine Beschulung an einer Regelschule geeignet, um eine angemessene Schulausbildung zu gewährleisten. Die B. -F1. -Realschule in X. sei z. B. in der Lage, der Klägerin die nötigen Rahmenbedingungen zum Erreichen eines angemessenen Schulabschlusses zu verschaffen. Die Beschulung von Kindern mit ADHS sei im Alltag an Regelschulen nichts Außergewöhnliches und werde mit gutem Erfolg durchgeführt. Im Zusammenwirken der Eltern, der Lehrkräfte der Schule, des Jugendamtes, der Bezirksregierung und ggf. weiterer Fachkräfte sei die Ausarbeitung eines individuellen Förderkonzeptes für die Klägerin möglich. Nach den Angaben der Schulleiterin der B. -F1. -Real-schule verfüge die Schule über drei zertifizierte Beratungslehrer, die im Rahmen von umfangreichen Fortbildungsmaßnahmen in Bezug auf individuelle und nachhaltige Förderung von Schülerinnen und Schülern mit ADHS-Problematik geschult seien. Des Weiteren unterhalte die Schule ein enges und gut funktionierendes Netzwerk zu Sonderpädagogen und anderen externen Stellen wie Ge-sundheitsamt, Kompetenznetzwerken und Elterngruppen. Dies zeige, dass an dieser Schule mit der Problematik ernsthaft umgegangen werde. Ein individuelles Förderkonzept der Klägerin habe mangels Mitwirkung ihrer Eltern bislang nicht realisiert werden können. Eine Prognose dahingehend, dass die Klägerin an der Regelschule keinen adäquaten Abschluss erreichen könne, sei nicht tragfähig.
17Mit dem angefochtenen Urteil vom 10. November 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
18Ob die Klägerin zum Personenkreis der nach § 35a SGB VIII Berechtigten zu zählen sei, könne dahingestellt bleiben. Denn die Beschulung auf einer Privatschule sei jedenfalls nicht zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung erforderlich. Die Beklagte könne sich insoweit auf den Vorrang der Beschulung im öffentlichen Schulwesen berufen. Im Hinblick auf die schulischen Leistungen, welche die Klägerin auf der Grundschule gezeigt habe, und die hierauf basierende Empfehlung für den Besuch einer weiterführenden Schule könne auch unter Berücksichtigung der bei der Klägerin vorliegenden Teilleistungsstörungen nicht davon ausgegangen werden, dass es für sie unmöglich sei, eine weiterführende Regelschule zu besuchen, sofern sie - wie bisher - familiär und außerschulisch gefördert werde. Die Eignung der von der Beklagten vorgeschlagenen B. -F1. -Realschule sei von Klägerseite lediglich pauschal bestritten worden. Darüber hinaus habe es den Eltern der Klägerin frei gestanden, die Möglichkeiten der individuellen Förderung an anderen öffentlichen Schulen abzuklären, gegebenenfalls auch mit Hilfe des AD(H)S-Netzwerkes bei der Bezirksregierung L. . Die frühzeitige Festlegung auf den Besuch einer Privatschule könne nicht dazu führen, dass der gesetzliche Vorrang der Förderung im staatlichen Schulsystem auf Kosten der Eingliederungshilfe umgangen werde. Die im Verwaltungsverfahren eingeholten ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen der Klassenlehrerin und Therapeutin böten keine hinreichende Grundlage dafür, dass die Klägerin im öffentlichen Schulsystem nicht gefördert werden könne. Die Entscheidung der Beklagten, zunächst auf den Besuch einer öffentlichen Regelschule zu verweisen und insoweit zur Vermeidung oder Abmilderung von Umstellungsschwierigkeiten eine (Dyskalkulie-)Therapie zu bewilligen, die gegebenenfalls den Bedürfnissen der Klägerin entsprechend hätte umgestellt werden können, sei vor diesem Hintergrund nachvollziehbar und fachlich nicht zu beanstanden.
19Mit Beschluss vom 25. Oktober 2012 hat der Senat die Berufung der Klägerin wegen des Vorliegens des Zulassungsgrundes der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen.
20Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen im Wesentlichen vor:
21Das angefochtene Urteil widerspreche den Bestimmungen des § 36 Abs. 2 SGB VIII über das Hilfeplanverfahren. Ob bei ihr, der Klägerin, die Voraussetzungen der Eingliederungshilfe vorlägen, könne nicht offen bleiben. Bereits bei der Antragstellung hätten ihre Eltern auf die bestehende Teilhabebeeinträchtigung hingewiesen. Aufgrund der Kontaktschwierigkeiten, der tiefen Verunsicherung, die sich entwickelt habe, und des mangelnden Selbstbewusstseins sei zu befürchten, dass sie in einer öffentlichen Realschule mit großen Klassen und fehlender individueller Zugangsweise der Lehrer nicht zu einem angemessenen Schulabschluss kommen könne. Die behandelnde Kinder- und Jugendpsychiaterin, Frau Dr. E1. , habe das Vorliegen einer seelischen Störung gegenüber dem Jugendamt der Beklagten bestätigt. Das Jugendamt habe indes, obwohl die Voraussetzungen der Eingliederungshilfe nach seiner Einschätzung vorgelegen hätten, keine Ermittlung der geeigneten Hilfeart vorgenommen. Anfragen der Beklagten an schulische Stellen seien nicht zielführend beantwortet worden. Soweit die Einleitung eines AO-SF-Verfahrens angesprochen worden sei, habe die Grundschule dazu keinen Anlass gesehen. Daran sei der Jugendhilfeträger gebunden. Die Bestimmung einer Schule für soziale und emotionale Entwicklung als Förderort wäre im vorliegenden Fall auch unzulässig, da dort nur nach den Lehrplänen der Hauptschule unterrichtet werde. Erst nach Klageerhebung habe die Beklagte auf die B. -F1. -Realschule verwiesen. Nachfragen bei der Beklagten, ob diese Schule die Rahmenbedingungen für eine Beschulung unter Berücksichtigung ihrer, der Klägerin, Beeinträchtigungen biete, hätten jedoch keinen Aufschluss gebracht. Das Verwaltungsgericht habe insoweit keine Sachaufklärung betrieben. Wenn keine geeignete Beschulung im öffentlichen Schulwesen zur Verfügung stehe, liege ein Fall des Systemversagens vor. In einem solchen Fall sei das Jugendamt verpflichtet, im Rahmen des § 35a SGB VIII auch Kosten für den Besuch einer Privatschule zu übernehmen. Auf den Vorrang des öffentlichen Schulsystems könne sich die Beklagte nur berufen, wenn die von ihr benannte Schule konkret eine Beschulungsmöglichkeit unter Berücksichtigung der Beeinträchtigungen der Klägerin darstellen würde. Das sei hinsichtlich der B. -F1. -Realschule in X. nicht aufgeklärt. Die Beklagte begnüge sich mit allgemeinen Ausführungen. Ihre, der Klägerin, Eltern hätten sich seinerzeit dazu entschlossen, sie die erste Klasse wiederholen zu lassen, weil sich herausgestellt habe, dass sie in der Schule vollständig isoliert gewesen sei. Sie sei dann in die Klasse von Frau T. gekommen, die für die Ausbildung der Referendare an der Schule zuständig gewesen sei. Frau T. sei im Unterricht über den kompletten Zeitraum ihres, der Klägerin, weiteren Besuchs der Grundschule jeweils durch einen (wechselnden) Referendar bzw. eine Referendarin unterstützt worden. In der Klasse seien maximal 23 Schüler gewesen. Auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Erörterungstermin habe die Zeugin Dr. E1. eindrucksvoll die seit Jahren bestehende seelische Störung und die im schulischen Bereich bestehende Teilhabebeeinträchtigung bestätigt und dargelegt, dass sie, die Klägerin, einer intensiven Begleitung im Rahmen von kleinen Lerngruppen bedürfe. Bei Besuch einer Regelschule habe die Befürchtung im Raum gestanden, dass sie zum Mobbingopfer werden würde. Die Einschätzung der Zeugin, sie, die Klägerin, würde an einer Regelschule untergehen, beruhe darauf, dass dort die Rahmenbedingungen fehlten, welche sie aufgrund ihrer tief greifenden Entwicklungsstörungen für eine erfolgreiche Beschulung benötige. Nach der Aussage der Zeugin E. sei die Eignung der Beschulung auf der Privatschule E. als Maßnahme der Eingliederungshilfe in ihrem Fall bewiesen. Die Angaben der Zeugin C1. zu den Klassenstärken an der B. -F1. -Realschule seien falsch, was sich den Informationen der Stadtelternpflegschaft X. entnehmen lasse. Es seien auch Fälle bekannt, in denen Kindern mit entsprechender Beeinträchtigung ein Nachteilsausgleich seitens der Realschule verwehrt worden sei. Speziell ausgebildete Pädagogen mit lerntherapeutischer Fachausbildung habe die Realschule zu keiner Zeit beschäftigt. Soweit die Zeugin C1. angegeben habe, die Schüler an ihrer Schule seien nicht in herausgehobener Weise „schwierig“ und von einem „sozialen Brennpunkt“ könne keine Rede sein, treffe dies nicht zu. Mitarbeiter des Ordnungsamtes der Beklagten hätten mindestens bis 2012 einen Ordnungs-, Kontroll- und Sicherheitsdienst auf dem Gelände des Schulzentrums und damit auch der Realschule wahrgenommen. Die Zeugin C1. habe gerade nicht bestätigt, dass an ihrer Schule vergleichbare Möglichkeiten der individuellen Begleitung von Schülern bestünden, wie sie während des Grundschulbesuchs der Klägerin gegeben gewesen seien. Dort sei die damalige Klasse 4b mit 21 Schülern sehr klein gewesen; in der Klasse hätten jeweils die Klassenlehrerin oder ein Fachlehrer sowie zusätzlich zwei Integrationshelferinnen und eine Lehramtsanwärterin gearbeitet, so dass ein Großteil der Unterrichtsstunden doppelt bzw. teilweise sogar dreifach besetzt gewesen sei. Nach alldem stelle die B. -F1. -Realschule keine geeignete Beschulungsmöglichkeit für sie, die Klägerin, dar. Soweit sich die Beklagte auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts berufen habe, wonach der „Kernbereich der pädagogischen Aufgabe der Schule“ nicht Gegenstand einer Leistung der Eingliederungshilfe sein könne, sei diese Rechtsprechung hier nicht einschlägig und widerspreche auch der ständigen verwaltungsgerichtlichen Judikatur. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei das Hilfeplanverfahren nicht fachlich fehlerfrei abgeschlossen worden. Die bewilligte Dyskalkulietherapie betreffe nur einen kleinen Ausschnitt aus dem komplexen Hilfebedarf, der sich bereits aus der ärztlichen Stellungnahme der Frau Dr. E1. vom 10. März 2010 ergeben habe. Eine inhaltliche Aussage der Schulverwaltung zu der Frage, ob unter diesen Voraussetzungen einer Beschulung der Klägerin auf einer öffentlichen Schule möglich sei, sei nicht herbeigeführt worden.
22Die Klägerin beantragt,
23das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28. Juli 2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der Privatschule E. durch die Klägerin in den Schuljahren 2010/2011 und 2011/2012 zu übernehmen.
24Die Beklagte beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Sie trägt im Wesentlichen vor:
27Die Unterstellung, es gebe keine individuelle Zugehensweise von Lehrern an öffentlichen Schulen, sei haltlos. Jeder Lehrer sei verpflichtet, seinen Schülern eine den Fähigkeiten entsprechende Förderung anzubieten. Das Jugendamt entscheide in eigener Verantwortung über die Eignung einer Hilfe und deren Notwendigkeit. Wenn es vorrangig verpflichtete Leistungserbringer gebe, sei das Jugendamt nicht zuständig. Auch im Falle der Durchführung eines AO-SF-Verfahrens verbleibe die Entscheidung über den Förderort bei den Eltern. Der Besuch einer Schule mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung sei für die Klägerin weder indiziert noch jemals vorgeschlagen worden. Der Vorwurf über die verspätete Mitteilung eines Platzes an der Realschule sei unbegründet. Der Antrag auf Eingliederungshilfe entbinde die Eltern nicht von ihrer allgemeinen Verpflichtung, Informationsveranstaltungen weiterführender Schulen und sonstige Informationsquellen zu nutzen, um eine geeignete Schule für ihr Kind zu finden. Schüler mit Teilleistungsstörungen und ADHS würden seit jeher an Regelschulen beschult, so dass insoweit umfangreiche Erfahrungen bestünden. Nachdem die Klägerin über einen Zeitraum von fünf Jahren erfolgreich eine Regelschule besucht habe, lägen keine Hinweise auf ein zwangsläufiges Scheitern an einer weiterführenden Regelschule vor. Mit einer pauschalen Ablehnung der örtlichen Realschule sei ein Systemversagen nicht zu begründen. Die Beweisaufnahme im gerichtlichen Erörterungstermin habe die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils bestätigt. Die Vernehmung der Ärztin Dr. E1. habe keine neuen Erkenntnisse gebracht. Ihre Aussagen zu Teilhabebeeinträchtigungen seien wenig professionell und von Vorurteilen geprägt. Ohne belegbare Anhaltspunkte sei sie davon ausgegangen, dass die Klägerin an einer Regelschule zum Mobbingopfer würde. Unergiebig sei auch die Vernehmung der Zeugin E. verlaufen. Die Eignung ihrer Privatschule als Teilhabeleistung stehe nicht im Streit; hier gehe es vielmehr darum, ob diese Leistung auch erforderlich sei. Zur Frage einer Teilhabebeeinträchtigung der Klägerin an einer öffentlichen Schule habe die Zeugin allein angegeben, dass die Klägerin eine Regelschule allein aufgrund der Größe als erschreckend wahrnehme. Die von der Zeugin benannten Vorteile der Privatschule gehörten zu dem, was in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als „Kernbereich der pädagogischen Aufgabe der Schule“ bezeichnet werden müsse. Daher sei schon fragwürdig, ob es sich bei dem Angebot der Privatschule überhaupt um Teilhabeleistungen im Sinne von § 35a SGB VIII handele. Soweit die Zeugin die relative Überschaubarkeit der Privatschule als entscheidenden Vorteil benannt habe, sei dies lediglich eine Rahmenbedingung. Die Zeugin C1. habe belegt, dass die B. -F1. -Realschule mit der Beschulung von Kindern mit Teilleistungsschwächen vertraut und geübt sei. Der Sorge des Mobbings werde kompetent begegnet. Zu keiner Zeit hätten sich die Eltern der Klägerin nach konkreten bedarfsgerechten Möglichkeiten der Beschulung ihrer Tochter an dieser Regelschule erkundigt. Sie hätten vielmehr schon lange vor dem anstehenden Wechsel auf eine weiterführende Schule beschlossen, dass der Besuch einer Privatschule alternativlos sei. Selbstverständlich könne eine geeignete Förderung von Kindern mit Beeinträchtigungen im schulischen Bereich von einer Regelschule geleistet werden, so auch von der B. -F1. -Realschule. Soweit der Zeugin C1. von Klägerseite eine Falschaussage unterstellt worden sei, solle dies aus Gründen der Sachlichkeit nicht weiter kommentiert werden, zumal der Vorwurf ohnehin belanglos sei. Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit und Geeignetheit einer Maßnahme der Eingliederungshilfe stehe dem Jugendhilfeträger ein Beurteilungsspielraum zu, der nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliege. Nach den hierbei zugrunde zu legenden Maßstäben habe die Beklagte auf den Antrag der Klägerin hin die erforderlichen und gesetzlich gebotenen Schritte in angemessener Weise umgesetzt. Sie habe Stellungnahmen der Grundschule, der behandelnden Ärztin und des Schulamtes eingeholt. Auf der Grundlage der vorliegenden Informationen sei dann der Antrag im Rahmen einer Hilfeplankonferenz abgelehnt worden, da nicht erkennbar gewesen sei, dass die Klägerin an einer Regelschule nicht weiterhin erfolgreich beschult werden könne. Wären weitere Hilfen erforderlich geworden, damit die Klägerin eine Regelschule mit Erfolg besuchen könne, so wären diese zur Verfügung gestellt worden. Dies sei zum Zeitpunkt vor der Schulaufnahme jedoch nicht absehbar gewesen.
28Der Berichterstatter des Senats hat Frau Dr. C. E1. als sachverständige Zeugin sowie Frau J. E. , die Leiterin der Privatschule E. , und Frau L1. C1. , die Leiterin der B. -F1. -Realschule in X. , als Zeuginnen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Vernehmungen wird auf das Protokoll des Erörterungstermins vom 27. März 2014 verwiesen. Ferner ist eine - unter dem 26. Mai 2014 abgegebene - dienstliche Stellungnahme der Leiterin der T. -schule und früheren Klassenlehrerin der Klägerin, Frau D. T. , eingeholt worden.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
31Das Gericht kann nach §§ 101 Abs. 2, 125 Abs. 1 VwGO im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
32Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Verpflichtungsklage der Klägerin ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 2010 ist, soweit mit ihm die Übernahme der Kosten für den Privatschulbesuch abgelehnt wurde, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Kosten des Besuchs der Privatschule E. in den Schuljahren 2010/2011 und 2011/2012 nach § 36a Abs. 3 SGB VIII übernimmt.
33Haben Leistungsberechtigte sich - wie hier - eine Leistung, die grundsätzlich im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe gewährt werden kann, ohne Mitwirkung und Zustimmung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe bereits von Dritten selbst beschafft, so führt eine solche Selbstbeschaffung schon nach der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats nicht zum ersatzlosen Wegfall des Primäranspruchs auf Hilfe durch das Jugendamt. Vielmehr ist anerkannt, dass der Träger der Jugendhilfe (sekundär) zur Erstattung von Kosten bzw. Aufwendungen für bereits anderweitig durchgeführte Maßnahmen verpflichtet sein kann.
34Vgl. auch zu Folgendem: OVG NRW, Urteile vom 25. April 2012 - 12 A 659/11 -, JAmt 2012, 548, juris, und vom 20. Juni 2008 - 12 A 739/06 -, jeweils m. w. N.
35Der (sekundäre) Anspruch auf Erstattung der Kosten bzw. Aufwendungen ist in derselben Weise vom Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des Hilfetatbestands abhängig wie die primäre Verpflichtung des Jugendhilfeträgers zur Hilfegewährung.
36Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. März 2003 - 12 A 1193/01 -, FEVS 55, 86, juris, m. w. N. insbesondere zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, und Beschluss vom 18. August 2004 - 12 A 1174/01 -, juris; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 11. August 2005 - 5 C 18/04 -, BVerwGE 124, 83, juris.
37Allerdings ist der Hilfesuchende nur dann zur Selbstbeschaffung einer Jugendhilfeleistung berechtigt, wenn er hierauf zur effektiven Durchsetzung eines bestehenden Jugendhilfeanspruchs angewiesen ist, weil der öffentliche Jugendhilfeträger sie nicht rechtzeitig erbracht oder zu Unrecht abgelehnt hat, das für die Leistungsgewährung vorgesehene System also versagt hat. Ein solches „Systemversagen“ liegt vor, wenn die Leistung vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht erbracht wird, obwohl der Hilfesuchende die Leistungserbringung durch eine rechtzeitige Antragstellung und seine hinreichende Mitwirkung ermöglicht hat und auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung vorliegen. In einer solchen Situation darf sich der Leistungsberechtigte die Leistung selbst beschaffen, wenn es ihm wegen der Dringlichkeit seines Bedarfs nicht zuzumuten ist, die Bedarfsdeckung aufzuschieben.
38Vgl. den Senatsbeschluss vom 18. August 2004 - 12 A 1174/01 -, a. a. O., m. w. N.
39Diese Grundsätze sind als § 36a Abs. 3 SGB VIII durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz - KICK - vom 8. September 2005 (BGBl. I S. 2729) zum 1. Oktober 2005 ausdrücklich normiert worden,
40so schon OVG NRW, Urteil vom 4. Februar 2009 - 12 A 255/08 -, m. w. N.
41Nach § 36a Abs. 3 SGB VIII ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen für Hilfen, die abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft wurden, nur verpflichtet,
421. wenn der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat (Nr. 1),
432. die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen (Nr. 2) und
443. die Deckung des Bedarfs bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat (Nr. 3).
45Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
46Die Klägerin kann für sich in Anspruch nehmen, die Beklagte über den Hilfebedarf rechtzeitig i. S. v. § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII in Kenntnis gesetzt zu haben. Das „Inkenntnissetzen“ umfasst grundsätzlich auch eine Beantragung der begehrten Jugendhilfeleistungen, wobei für einen solchen Antrag keine besondere Form vorgeschrieben ist und er auch in der Form schlüssigen Verhaltens gestellt werden kann.
47Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 2011 - 5 B 43.10 -, JAmt 2011, 274, juris, mit Hinweis auf Beschluss vom 22. Mai 2008 - 5 B 130.07 -, JAmt 2008, 600, juris.
48Der Antrag muss dabei so rechtzeitig gestellt werden, dass der Jugendhilfeträger zur pflichtgemäßen Prüfung sowohl der Anspruchsvoraussetzungen als auch möglicher Hilfemaßnahmen in der Lage ist.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. August 2005 - 5 C 18.04 -, BVerwGE 124, 83, juris.
50Das Jugendhilferecht ist nämlich kein Recht der reinen Kostenerstattung für selbst beschaffte Leistungen, sondern verpflichtet den Träger der Jugendhilfe zur partnerschaftlichen Hilfe. Nur so kann der Jugendhilfeträger seiner Gesamtverantwortung i. S. d. § 97 Abs. 1 SGB VIII und seiner Planungsverantwortung nach § 80 Abs. 1 Nr. 2, 3 SGB VIII gerecht werden.
51In diesem Sinne ist der auf den 1. Februar 2010 datierte Antrag, dem alle wesentlichen schulischen, medizinischen und therapeutischen Unterlagen beigefügt waren, offenkundig rechtzeitig angebracht worden. Wie aus der Eingangsbestätigung hervorgeht, lag der Antrag der Beklagten am 4. Februar 2010 vor. Der mehr als fünf Monate umfassende Zeitraum bis zum Beginn der Sommerferien am 15. Juli 2010 war ausreichend bemessen, um bei straffer Verfahrensführung noch vor Anfang des Schuljahres 2010/2011 eine Entscheidung über den Antrag zu treffen.
52In dem hier maßgeblichen Zeitraum haben auch i. S. d. § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe nach § 35a SGB VIII vorgelegen. Der Senat sieht es mit der im Nachhinein noch erreichbaren Sicherheit für die hier streitgegenständlichen Schuljahre 2010/2011 und 2011/2012 als gegeben an, dass die Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 35a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 SGB VIII i. V. m. §§ 53, 54 SGB XII, § 12 Nr. 2 EinglVO einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Beschulung an der Privatschule E. zur Erreichung einer angemessenen Bildung besessen hat.
53Insoweit setzt § 35a Abs. 1 SGB VIII voraus, dass
541. die seelische Gesundheit des Betroffenen mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für seinen Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
552. daher seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
56Bei kumulativen Vorliegen beider Voraussetzungen geht das Gesetz von einer „seelischen Behinderung“ aus (vgl. § 35a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII), wobei es ausreicht, wenn der Betreffende von einer solchen Behinderung bedroht ist.
57Eine seelische Störung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII ist der Klägerin schon mit der fachärztlichen Stellungnahme der Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie Dr. E1. vom 10. März 2010 bescheinigt worden. Darin wurde der Klägerin eine tief greifende Entwicklungsstörung attestiert, darüber hinaus eine komplexe Wahrnehmungsstörung sowie eine Dyskalkulie als Teilleistungsstörung und schließlich eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung. Gegen die - von der Beklagten auch nicht in Frage gestellte - Richtigkeit dieser Diagnosen, derer Herleitung und Auswirkungen in einem Begleitschreiben näher beschrieben wurden, und die die Ärztin bei ihrer Vernehmung als sachverständige Zeugin im Wesentlichen deckungsgleich bestätigt hat, bestehen keine Bedenken.
58Unter Berücksichtigung aller vorliegenden schulischen und medizinischen bzw. therapeutischen Erkenntnisse und der plausiblen Angaben der Eltern ist gleichfalls von einer - durch die seelische Erkrankung hervorgerufenen - Teilhabebeeinträchtigung der Klägerin auszugehen.
59Die Teilhabe des Betroffenen am Leben in der Gesellschaft ist im Sinne des § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGB VIII beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung ist zu erwarten, wenn die seelische Störung nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv ist, dass sie die Fähigkeit des Betroffenen zur Eingliederung in die Gesellschaft beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung erwarten lässt.
60Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. August 2005 - 5 C 18.04 -, BVerwGE 124, 83, juris; vom 28. September 2000 - 5 C 29.99 -, BVerwGE 112, 98, juris; vom 26. November 1998 - 5 C 38.97 -, FEVS 49, 487, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26. März 2007 - 7 E 10212/07 -, FEVS 58, 477, juris; HessVGH, Urteil vom 20. August 2009 - 10 A 1799/08 -, NVwZ-RR 2010, 59, juris; OVG NRW, Beschluss vom 15. Juli 2011 - 12 A 1168/11 -, juris, m. w. N.
61Erforderlich ist daher, dass eine nachhaltige Einschränkung der sozialen Funktionstüchtigkeit des Betreffenden vorliegt oder eine solche droht. Dies ist beispielsweise bei einer auf Versagensängsten beruhenden Schulphobie, bei einer totalen Schul- und Lernverweigerung, bei einem Rückzug aus jedem sozialen Kontakt oder bei einer Vereinzelung in der Schule anzunehmen, nicht aber bereits bei bloßen Schulproblemen und Schulängsten, wie sie auch andere Kinder teilen.
62Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 1998 - 5 C 38.97 -, FEVS 49, 487, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 14. November 2007 - 12 A 457/06 -, vom 12. November 2008 - 12 A 2551/08 -, vom 29. Mai 2008 - 12 A 3841/06 -, juris, vom 19. Februar 2010 - 12 A 2745/09 - und vom 13. August 2010 - 12 A 1237/09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. März 2007 - 7 E 10212/07 -, FEVS 58, 477, juris.
63Während die Beurteilung, ob die seelische Gesundheit im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht, regelmäßig Aufgabe von Ärzten oder Psychotherapeuten ist, fällt die Einschätzung, ob die Teilhabe des jungen Menschen am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist bzw. eine solche Beeinträchtigung droht, in die Kompetenz sozialpädagogischer Fachlichkeit und somit zunächst in den Aufgabenbereich des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe.
64Vgl. etwa Meysen, in: Münder/Meysen/Trenczek, FK-SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 35a Rn. 33, m. w. N.
65Die Feststellung der Beeinträchtigung nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII ist deshalb auch nicht Ziel der Stellungnahme nach § 35a Abs. 1a SGB VIII. Dem insoweit vielmehr allein entscheidungsbefugten zuständigen Jugendamt - und damit auch dem Gericht im Überprüfungsfall - ist es allerdings unbenommen, vor der abschließenden Beurteilung des Vorliegens der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen und der Entscheidung über die Rechtsfolge ärztliche/psychotherapeutische oder andere fachliche Stellungnahmen einzuholen und auf diese Weise zu einer Entscheidung in fachlichem Zusammenwirken von ärztlichen/psychotherapeutischen und sozialpädagogischen Fachkräften unter der Federführung des Jugendamtes zu kommen.
66Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2010 - 12 A 2745/09 -, m. w. N.
67Dessen eingedenk hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass bei der Klägerin eine - von der Beklagten mit ihrem Bescheid vom 28. Juli 2010 auch dem Grunde nach anerkannte - Teilhabebeeinträchtigung vorgelegen hat, weil ihre soziale Funktionstüchtigkeit vor allem infolge eines Entwicklungsrückstandes nachhaltig eingeschränkt war. Aus der fachärztlichen Stellungnahme vom 10. März 2010 geht hervor, dass die Klägerin bereits im Kindergarten Schwierigkeiten hatte, sich in die Gruppe zu integrieren, sie mit zunehmendem Alter ihre eigenen Schwächen umso deutlicher wahrnahm und ihr Selbstwertgefühl trotz aller Unterstützung nur sehr gering ist. Zu den festgestellten Entwicklungsverzögerungen hat Frau Dr. E1. bei ihrer Vernehmung als sachverständige Zeugin ergänzend ausgeführt, dass die Klägerin, wenn auch körperlich altersgemäß entwickelt, im emotionalen Bereich „noch viel kindlicher“ wirke. Dieser Befund wird auch durch das schulische Gutachten vom 29. Januar 2010 bestätigt. Darin führte die Klassenlehrerin aus, die Klägerin habe „bislang keinen altersangemessenen Kontakt“ zu ihren Mitschülern aufgebaut; auf dem Schulhof beschäftige sie sich „entweder alleine oder … mit sehr viel jüngeren Kindern“. Die Problematik der „Selbstentwertung“ hat die Zeugin E. bei ihrer Vernehmung ebenfalls bestätigt. Dass sich bei der Klägerin aufgrund ihrer Entwicklungsverzögerung eine „tiefe Verunsicherung“ entwickelt hat, sie dazu neigt, sich „abgelehnt zu fühlen“ und sich „in der Schule oft zurückzieht“, hatten die Eltern schon in ihrem Antrag vom 1. Februar 2010 ausgeführt; diese Beschreibung der Beeinträchtigungen der Klägerin deckt sich mit den ärztlichen und schulischen Erkenntnissen.
68Der Besuch der Privatschule E. stellt sich auch als erforderliche und geeignete Maßnahme der Jugendhilfe dar. Dabei folgt aus den Grundsätzen zum Systemversagen, dass die Erforderlichkeit und Eignung der selbstbeschafften Maßnahme hier aus der damaligen Perspektive der leistungsberechtigten Klägerin zu beurteilen ist.
69Denn auch bei der Selbstbeschaffung einer aus fachlichen Gründen abgelehnten bzw. vom Hilfeplan ausgeschlossenen Leistung ist im Hinblick auf § 36a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zunächst zu prüfen, ob der vom Jugendamt aufgestellte Hilfeplan (bzw. das Hilfekonzept) verfahrensfehlerfrei zustande gekommen, nicht von sachfremden Erwägungen beeinflusst und fachlich vertretbar ist. Diese Prüfung erstreckt sich dabei nicht auf eine reine Ergebniskontrolle, sondern erfasst auch die von der Behörde - maßgeblich ist die letzte Behördenentscheidung - gegebene Begründung. Denn diese muss für den Betroffenen nachvollziehbar sein, um ihn in die Lage zu versetzen, mittels einer Prognose selbst darüber zu entscheiden, ob eine Selbstbeschaffung (dennoch) gerechtfertigt ist. Hat das Jugendamt die begehrte Hilfe aus im vorgenannten Sinne vertretbaren Erwägungen abgelehnt, besteht weder ein Anspruch des Betroffenen auf die begehrte Eingliederungshilfeleistung noch auf den Ersatz von Aufwendungen für eine selbst beschaffte Hilfe. Der Regelung des § 36a Abs. 3 SGB VIII liegt in dem Sinne der Gedanke des Systemversagens zugrunde, dass die selbst beschaffte Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder zu Unrecht abgelehnt worden sein muss. Hat demgegenüber das Jugendamt nicht rechtzeitig oder nicht in einer den vorgenannten Anforderungen entsprechenden Weise über die begehrte Hilfeleistung entschieden, können an dessen Stelle die Betroffenen den sonst der Behörde zustehenden nur begrenzt gerichtlich überprüfbaren Einschätzungsspielraum für sich beanspruchen. Denn in dieser Situation sind sie - obgleich ihnen der Sachverstand des Jugendamtes fehlt - dazu gezwungen, im Rahmen der Selbstbeschaffung des § 36a Abs. 3 SGB VIII eine eigene Entscheidung über die Geeignetheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme zu treffen. Weil nun ihnen die Entscheidung aufgebürdet ist, eine angemessene Lösung für eine Belastungssituation zu treffen, hat dies zur Folge, dass die Verwaltungsgerichte nur das Vorhandensein des jugendhilferechtlichen Bedarfs uneingeschränkt zu prüfen, sich hinsichtlich der Geeignetheit und Erforderlichkeit der selbst beschafften Hilfe aber auf eine fachliche Vertretbarkeitskontrolle aus der ex-ante-Betrachtung der Leistungsberechtigten zu beschränken haben. Ist die Entscheidung der Berechtigten in diesem Sinne fachlich vertretbar, kann ihr etwa im Nachhinein nicht mit Erfolg entgegnet werden, das Jugendamt hätte eine andere Hilfe für geeignet gehalten.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 2012 - 5 C 21.11 -, BVerwGE 145, 1, juris; zum Systemversagen vgl. auch BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 - 5 C 35.12 -, JAmt 2014, 41, juris.
71Ausgehend von diesen Maßstäben ist zunächst festzustellen, dass die Beklagte die Grenzen fachlicher Vertretbarkeit bei ihrer Hilfeplanung überschritten hat, weil ihr Hilfekonzept, das dem Bescheid vom 28. Juli 2010 zugrunde lag, keine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthielt. Denn es drängte sich auf, dass die jugendhilferechtliche Bedarfslage der Klägerin, wie sie insbesondere bereits aus dem schulischen Gutachten vom 29. Januar 2010 und der fachärztlichen Stellungnahme vom 10. März 2010 ersichtlich war, hiermit nur unzureichend erfasst und abgearbeitet wurde.
72Die frühere Klassenlehrerin der Klägerin, Frau T. , hatte in ihrem Gutachten u. a. ausgeführt, dass die Klägerin „auf eine sehr intensive Zuwendung ihrer Lehrerinnen … angewiesen“ sei; sie brauche „eine durchgängige individuelle Zuwendung und Hilfe, durch die sie ohne Zeitdruck an klar strukturierte, überschaubare und individuell differenzierte Aufgaben herangehen kann“; auch nach der Grundschule sei es „wichtig, dass M. schulisch und außerschulisch weiterhin intensiv gefördert wird“.
73Die behandelnde Kinderärztin und -therapeutin, Frau Dr. E1. , hatte in ihrer Stellungnahme u. a. darauf hingewiesen, dass die Klägerin „in allen schulischen und leistungsbezogenen Anforderungen … immer auf Unterstützung durch Lehrer, Eltern oder Lerntherapeuten angewiesen“ sei; auf einer weiterführenden Schule werde sie „eine kleine Gruppe brauchen, in der eine gezielte persönliche Ansprache und Unterstützung möglich sind“; „in einer Regelschulform würde das Mädchen 'untergehen'“.
74Ungeachtet der Frage, ob eine hinreichende Grundlage für die letztgenannte Prognose der Fachärztin bestand, musste die Beklagte nach den ansonsten im Wesentlichen übereinstimmenden, vorstehend zitierten Aussagen von Frau T. und Frau Dr. E1. , die jeweils auf mehrjährigen Erfahrungen im Umgang mit der Klägerin beruhten und gegen deren Richtigkeit die Beklagte im Rahmen ihrer Hilfeplanung auch nichts Substantielles eingewandt hatte, davon ausgehen, dass die Klägerin im schulischen Anforderungsbereich einer ausgesprochen intensiven Unterstützung und Begleitung durch das Lehrpersonal bedarf, um ihrem Potential entsprechend mit Erfolg beschult werden zu können. Vor diesem Hintergrund konnte sich die Beklagte in der Begründung ihres Bescheides vom 28. Juli 2010 nicht darauf zurückziehen, dass die Klägerin „in ihrer bisherigen Schullaufbahn auf einer Regelschule beständig befriedigende Leistungen auch im Fach Mathematik gezeigt hat“. Denn die Beklagte hätte als naheliegend in ihre Erwägungen einbeziehen müssen, dass dieser schulische Erfolg maßgeblich auf Rahmenbedingungen beruhte (wie hier: geringe Klassenstärke, mehrere Lehr- und Betreuungskräfte im Unterricht), deren Fortbestand an einer weiterführenden staatlichen Regelschule nicht als gesichert angesehen werden konnte. Das in der fachärztlichen Stellungnahme angesprochene Erfordernis einer „kleinen Gruppe“ findet sich in der Bescheidbegründung lediglich im Sachverhalt wieder; eine inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Aspekt blieb die Beklagte schuldig. Die gebotene Befassung mit der Frage, ob die üblichen Klassenstärken an den staatlichen Real- oder Gesamtschulen einer erfolgreichen Beschulung der Klägerin entgegenstehen, wurde auch nicht durch den Verweis auf die Stellungnahme des Schulamtes des S. -F. -Kreises vom 5. Juli 2010 ersetzt, das „nach eingehender Prüfung keine Notwendigkeit für eine Beschulung auf einer Privatschule“ sehe. Denn auch diese - ohnehin nur kurz gehaltene - Stellungnahme geht nicht auf die in Rede stehende Frage ein. Allein der Hinweis des Schulamtes darauf, dass die „Einleitung eines AO-SF-Verfahrens angezeigt“ sei, „falls es dennoch zu Problemen in der weiterführenden Schule kommen sollte“, greift im gegebenen Zusammenhang zu kurz. Abgesehen davon, dass auf die Inanspruchnahme sonderpädagogischer Förderung nur verwiesen werden kann, wenn eine diesbezügliche wirksame schulrechtliche Entscheidung über einen sonderpädagogischen Förderbedarf vorliegt,
75vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 18. Dezember 2013 - 12 B 1190/13 -, juris, m. w. N.,
76hat die Beklagte auch nicht ansatzweise dargelegt, dass die Klägerin aus den in § 19 Abs. 1 SchulG NRW, § 3 Abs. 1 AO-SF (jeweils in der im Zeitpunkt der Bescheidung maßgeblichen Fassung) genannten Gründen nicht am Unterricht einer allgemeinen Schule teilnehmen könne. Die Beklagte trägt vielmehr selbst vor, dass der Besuch einer Schule mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung für die Klägerin „weder indiziert noch jemals vorgeschlagen“ worden sei, ohne allerdings im Hilfeplanverfahren dargelegt zu haben, dass die alternativ dann nur in Betracht kommende sonderpädagogische Förderung in der allgemeinen Schule in den hier streitgegenständlichen Schuljahren bereits an den in Betracht kommenden weiterführenden Regelschulen installiert war; so hat die Zeugin C1. etwa bei ihrer Vernehmung am 27. März 2014 angegeben, dass Gemeinsamer Unterricht an der B. -F1. -Realschule erst seit dem laufenden Schuljahr stattfinde. Ebenso wenig hat die Beklagte bei ihrer Hilfeplanung aufgezeigt, dass eine sonderpädagogische Förderung an einer weiterführenden Regelschule - unterstellt, es läge ein entsprechender Förderbedarf vor und eine solche Förderung würde auch angeboten - dem spezifischen Beeinträchtigungsprofil der Klägerin auch im Rahmen einer „normalen“ Klassenstärke gerecht werden würde.
77Kommt es für die Frage der Geeignetheit und Erforderlichkeit der selbst beschafften Hilfe mithin auf die ex-ante-Betrachtung der leistungsberechtigten Klägerin an, erschien es aus deren Perspektive - bzw. letztlich aus dem Blickwinkel der sie gesetzlich vertretenden Eltern - ohne Weiteres fachlich vertretbar, sich für eine weitere Beschulung auf der Privatschule E. zu entscheiden. Dass diese Bildungseinrichtung geeignet ist, der Klägerin auch in Ansehung ihres spezifischen Beeinträchtigungsprofils eine adäquate Schulbildung zu vermitteln, stand und steht außer Frage und wird im Nachhinein durch die vorliegenden Zeugnisse aus der 5. bis 8. Klasse bestätigt. Die seinerzeit getroffene Entscheidung erwies sich auch nicht unter dem Erforderlichkeitsaspekt als unvertretbar. Nach den vorliegenden Erfahrungen und fachlichen Erkenntnissen, die sich vor allem in dem schulischen Gutachten vom 29. Januar 2010 und der ärztlichen Stellungnahme vom 10. März 2010 widerspiegelten, mussten die Eltern der Klägerin mit der konkreten Gefahr rechnen, dass ihre Tochter auf einer weiterführenden staatlichen Schule nicht angemessen beschult werden könne und die ohnehin bestehende Teilhabebeeinträchtigung sich erheblich verschlimmern werde. In dieser Situation war ihnen nicht zuzumuten, die Klägerin - gleichsam zu „Versuchszwecken“ - dennoch auf einer Regelschule anzumelden, zumal es der Beklagten, wie dargelegt, im Hilfeplanverfahren nicht gelungen war, eine dem Beeinträchtigungsbild der Klägerin angemessen Rechnung tragende Perspektive für eine erfolgreiche Beschulung im öffentlichen Schulwesen aufzuzeigen.
78Die von der Beklagten herangezogene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach die Übernahme von Schulgeld für eine private Ersatzschule als eine vom Kernbereich der pädagogischen Arbeit umfasste Leistung keine im Rahmen der Eingliederungshilfe vom Sozialhilfeträger zu erbringende Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII ist,
79vgl. BSG, Urteil vom 15. November 2012 - B 8 SO 10/11 R -, BSGE 112, 196, juris,
80steht dem Kostenübernahmeanspruch der Klägerin nicht entgegen, auch wenn § 35a Abs. 3 SGB VIII u. a. auf § 54 SGB XII verweist. Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf den Bereich der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe, die zu dem - nach Auffassung des Senats unhaltbaren - Ergebnis führen würde, dass Privatschulkosten durch den Träger der Jugendhilfe in keinem Fall zu übernehmen sind, also auch dann nicht, wenn im Einzelfall davon auszugehen ist, dass eine bedarfsdeckende Hilfe im öffentlichen Schulwesen nicht zu erhalten ist, kommt aufgrund der folgenden Erwägungen nicht in Betracht:
81Zunächst ist aus dem Wortlaut von § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII, § 12 EinglVO nicht abzuleiten, dass „Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung“ nur die Schulbildung begleitende bzw. unterstützende Leistungen sind, wie vom Bundessozialgericht angenommen.
82Vgl. hierzu neben der vorstehend zitierten Entscheidung auch BSG, Urteil vom 22. März 2012 -B 8 SO 30/10 R -, BSGE 110, 301, juris.
83Der Begriff der „Hilfen“ ist zielorientiert und daher umfassend zu verstehen. Er ist nicht auf Maßnahmen limitiert, die an eine anderweitig gewährleistete Schulbildung angelehnt sind. Dabei ergibt sich aus § 12 EinglVO nichts anderes. Dementsprechend hatte das Bundesverwaltungsgericht schon zum seinerzeit noch geltenden § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSHG festgestellt, dass die hiernach möglichen Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung „nicht auf solche untergeordneter oder flankierender Art beschränkt“ sind und auch solche Hilfen umfassen, die dem behinderten Menschen „Zugang zu einer angemessenen Schulbildung“ ermöglichen.
84Vgl. Urteil vom 28. April 2005 - 5 C 20.04 -,BVerwGE 123, 316, juris.
85Die auf der Annahme eines Verhältnisses der Spezialität beruhende Argumentation des Bundessozialgerichts lässt sich aber vor allem deshalb nicht fruchtbar machen, weil bei der hier in Rede stehenden jugendhilferechtlichen Fallgestaltung das Verständnis des § 10 Abs. 1 SGB VIII im Vordergrund steht, wonach die „Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, … durch dieses Buch nicht berührt“ werden. Diese Regelung beschreibt aber nach allgemeiner Auffassung ein Vorrang-Nachrang-Verhältnis.
86Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2010 - 5 C 7.09 -, BVerwGE 137, 85, juris; OVG NRW, Beschluss vom 18. Oktober 2012 - 12 B 1018/12 -, juris; HessVGH, Urteil vom 20. August 2009 - 10 A 1874/08 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 23. April 2009 - 12 CE 09.686 -, juris; NdsOVG, Urteil vom 27. April 2005 - 4 LC 343/04 -, JAmt 2005, 360, juris; Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 10 Rn. 20 ff.; Schellhorn, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Auflage 2012, § 10 Rn. 6 ff., Meysen, in: FK-SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 10 Rn. 2 ff.
87Von diesem Verständnis geht auch die Begründung zum Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz vom 8. September 2005 (BGBl. I S. 2729) aus, mit dem die „Schulen“ erstmals ausdrückliche Erwähnung in § 10 Abs. 1 SGB VIII gefunden haben, indem sie darauf abstellt, dass die „Leistungen der Schulträger vorrangig gegenüber Leistungen der Sozialhilfe zu erbringen sind“.
88Vgl. BT-Drs. 15/5616, S. 25.
89In seiner jüngeren Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht,
90vgl. Urteil vom 18. Oktober 2012 - 5 C 21.11 -, BVerwGE 145, 1, juris,
91unter Bezugnahme auf den in § 10 Abs. 1 SGB VIII verankerten Grundsatz des Nachrangs bzw. der Subsidiarität der Jugendhilfe erneut betont, dass dieses Prinzip nur greift, wenn nach den Umständen des Einzelfalles im öffentlichen Schulwesen eine bedarfsdeckende Hilfe zu erhalten ist. Auf den Ansatz des Bundessozialgerichts, schulische Förderleistungen könnten einen Anspruch auf jugendhilferechtliche Eingliederungshilfe im Wege der Spezialität ausschließen, wenn der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Lehrer in der Schule betroffen wäre, hat sich das Bundesverwaltungsgericht nur insofern gestützt, als es geprüft hat, ob die in jenem Verfahren streitgegenständliche Schulbegleitung mit der pädagogischen Arbeit der Lehrer konfligiert. Ein solcher Konflikt setzt aber ein Nebeneinander von Beschulung (im öffentlichen Schulwesen) und Eingliederungshilfemaßnahme voraus; daran fehlt es indes, wenn die Eingliederungshilfe allein auf die Ermöglichung der Beschulung an einer Privatschule zielt.
92Schließlich ist auch davon auszugehen, dass die Deckung des Bedarfs i. S. v. § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII keinen zeitlichen Aufschub mehr geduldet hat. Mit Blick auf den absehbar anstehenden Wechsel auf eine weiterführende Schule war es der Klägerin angesichts ihrer festgestellten Beeinträchtigungslage und der drohenden Gefahr einer Verfestigung und Verschlimmerung nicht zuzumuten, sich zunächst auf eine weitere Beschulung an einer Regelschule einzulassen, nachdem die Beklagte im Rahmen ihrer Hilfeplanung nicht aufzuzeigen vermochte hatte, dass dieser Weg zu einer adäquaten Bedarfsdeckung führt.
93Als „erforderliche Aufwendungen“, welche die Beklagte nach alldem gemäß § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII für die selbst beschaffte Hilfe in den streitgegenständlichen Schuljahren 2010/2011 und 2011/2012 zu übernehmen verpflichtet ist, sind in Anwendung des Rechtsgedankens des § 683 Satz 1 i. V. m. § 670 BGB diejenigen Aufwendungen anzusehen, welche die Eltern der Klägerin nach ihrem subjektiv vernünftigen Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen des Jugendhilfeträgers für erforderlich halten durften.
94Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. April 2012 - 12 A 659/11 -, JAmt 2012, 548, juris, und Beschluss vom 28. Juni 2012 - 12 A 2374/11 -, juris.
95Darunter fallen namentlich das monatlich an die Privatschule zu zahlende Schulgeld sowie eine etwaig geleistete Aufnahmegebühr; steuerliche Vorteile sind in Abzug zu bringen.
96Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
97Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 67 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
98Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Namentlich fehlt es an einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die sich auch nicht aus der vorstehend thematisierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Ausschluss von Privatschulkosten aus dem Leistungskatalog der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe ergibt. Dass diese Rechtsprechung auf den Bereich des Jugendhilferechts nicht übertragbar ist, folgt - wie dargelegt - insbesondere aus dem Verständnis des § 10 Abs. 1 SGB VIII als Vorrang-Nachrang-Regelung, das in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.