Verwaltungsgericht Trier Urteil, 28. Nov. 2018 - 1 K 7864/17.TR

ECLI:ECLI:DE:VGTRIER:2018:1128.1K7864.17.00
28.11.2018

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckungsfähigen Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein bei dem UNRWA registrierter, staatenloser Palästinenser mit gewöhnlichem Aufenthalt im Libanon, reiste am 02.11.2015 in die Bundesrepublik ein und stellte am 03.05.2016 einen Asylantrag, der auf die Zuerkennung internationalen Schutzes beschränkt worden ist.

2

Im Rahmen seiner mündlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gab der Kläger im Wesentlichen an, dass er in Beirut gewohnt und dort als Maler gearbeitet habe. Er habe von dem damit erzielten Einkommen leben können. Der Grund für seine Ausreise habe darin gelegen, dass er sowohl von der schiitischen Hisbollah als auch von den sunnitischen Organisationen Fatah, Hamas und der sog. Zukunftsbewegung beschuldigt worden sei, Anhänger der jeweils anderen, verfeindeten Organisation zu sein. So sei es etwa zu Übergriffen des sunnitischen Lagers auf ihn gekommen, falls ein Sunnit getötet worden sei und umgekehrt. Er sei von den Anhängern der sunnitischen Gruppen mehrmals verprügelt worden. Zuletzt sei ihm dies Mitte 2014 widerfahren. Als Palästinenser dürfe er sich im Libanon zudem nicht frei bewegen und nicht arbeiten. Der Kläger sei im Libanon auch Anwerbungsversuchen der Hisbollah und der Zukunftsbewegung ausgesetzt gewesen, denen er jedoch nicht nachgegeben habe. Er habe sich auch im Übrigen nicht politisch betätigt und wolle einfach in Frieden leben. Müsste er erneut in den Libanon zurückkehren, fürchte er, abermals von der Zukunftsbewegung belästigt zu werden.

3

Mit Bescheid vom 24.05.2017, dem Kläger zugestellt mit Schreiben vom 26.05.2017, lehnte die Beklagte den Asylantrag insgesamt als unbegründet ab, stellte fest, dass zielstaatsbezogene Abschiebeverbote hinsichtlich des Libanon nicht vorlägen und forderte den Kläger unter Androhung der Abschiebung nach dort oder einen zulässigen Drittstaat dazu auf, die Bundesrepublik binnen Frist von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides bzw. – im Fall einer Klageerhebung – unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Zusätzlich wurde ein dreißigmonatiges Einreise- und Aufenthaltsverbot, beginnend mit dem Tag der Abschiebung festgesetzt. Zur Begründung führte die Beklagte insbesondere aus, dass der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die Registrierung des Klägers bei dem UNRWA entgegenstehe. Auch stehe aktuell nicht zu befürchten, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in den Libanon einer Gefahrenlage i.S.d. § 4 AsylG, respektive des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG ausgesetzt wäre.

4

Hiergegen richtet sich die am 31.05.2017 erhobene Klage, die im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die klägerischen Ausführungen im Asylverfahren begründet worden ist. Im Übrigen liege der Fall so, dass der Kläger aus heteronomen Gründen gehindert sei, sich dem Schutz des UNRWA im Libanon zu unterstellen, weswegen ihm die Flüchtlingseigenschaft in Anwendung des § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG „ipso facto“ zuzuerkennen sei.

5

Der Kläger b e a n t r a g t,

6

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des entgegenstehenden Bescheides zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zuzuerkennen,

7

h i l f s w e i s e,

8

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des entgegenstehenden Bescheides zu verpflichten ihn als subsidiär Schutzberechtigten anzuerkennen und zuletzt

9

h i l f s w e i s e,

10

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des entgegenstehenden Bescheides zu verpflichten, festzustellen, dass in der Person des Klägers die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorliegen.

11

Die Beklagte b e a n t r a g t schriftsätzlich,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie bezieht sich zur Begründung ihres Antrags auf den angefochtenen Bescheid.

14

In der mündlichen Verhandlung am 28.11.2018 wurde der Kläger informatorisch angehört. Er nahm in der Terminsstunde vollumfänglich Bezug auf seine bereits im Asylverfahren gemachten Angaben.

15

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands ergeben sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2018, sowie aus dem Inhalt der zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten, der bei Gericht vorhandenen Asyldokumentation über die asyl- und abschiebungsrelevanten Verhältnisse im Libanon und den vorgelegten Verwaltungsvorgängen der Beklagten, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.

17

Die Kammer entscheidet gemäß § 87a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 VwGO durch den Berichterstatter als konsentierten Einzelrichter, da sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden zeigten. Das Gericht ist dabei auch durch das Ausbleiben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht gehindert, in der Sache zu entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und mit der Ladung gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann.

18

Die Klage hat mit ihrem, auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichteten, Hauptantrag keinen Erfolg (nachfolgend I.). Auch ihren Hilfsanträgen bleibt der Erfolg jeweils versagt (nachfolgend II. und III.).

19

I. Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO zulässig, aber nicht begründet. Dem Kläger steht im gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der geltend gemachte Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht zu. Der Bescheid der Beklagten vom 24.05.2017 erweist sich zunächst insoweit als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

20

1. Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, wenn er Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG ist. Hiernach ist Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juni 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK -, BGBl. 1953 II S. 560) unter anderem, wer sich wegen begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt bzw. in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.

21

Ob eine Verfolgung droht, ist anhand einer Prognose zu beurteilen, die von einer zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes auszugehen und die Wahrscheinlichkeit künftiger Geschehensabläufe bei einer hypothetisch zu unterstellenden Rückkehr des Schutzsuchenden in seinen Heimatstaat zum Gegenstand hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. März 1990 - 9 C 14.89 -, BVerwGE 85, 12, juris Rn. 13, m.w.N.).

22

a. Ausgangspunkt der zu treffenden Prognoseentscheidung ist das bisherige Schicksal des Schutzsuchenden. Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat beziehungsweise von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war (Vorverfolgung), ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein ernsthafter Hinweis auf die Begründetheit seiner Furcht vor Verfolgung (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, BVerwGE 136, 377, juris Rn. 23, unter Hinweis auf: EuGH, Urteil vom 2. März 2010 - C-175/08 u.a. [Abdulla u.a.] -, NVwZ 2010, 505, juris Rn. 92 ff.). Der Asylsuchende muss danach bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles sein Heimatland aus Furcht vor politischer Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG verlassen haben. Aufgabe des Schutzsuchenden ist es insoweit, von sich aus unter genauer Angabe von Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich - als wahr unterstellt - ergibt, dass ihm bei verständiger Würdigung Verfolgung droht.

23

b. Die begründete Furcht vor Verfolgung kann jedoch gemäß § 28 Abs. 1a AsylG auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist. Ist der Asylsuchende unverfolgt ausgereist, liegen eine Verfolgungsgefahr und damit eine begründete Furcht vor Verfolgung vor, wenn ihm bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung droht. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen (vgl. hierzu zusammenfassend: BVerwG, Vorlagebeschluss vom 7. Februar 2008 - 10 C 33.07 -, DVBl. 2008, 118, juris Rn. 37).

24

2. Diese Voraussetzungen liegen in der Person des Klägers nicht vor. Dessen Vortrag als wahr unterstellt ist bereits nicht ersichtlich, dass er einer Verfolgungshandlung von flüchtlingsrechtlich relevanter Intensität ausgesetzt gewesen wäre (nachfolgend a.). Ungeachtet dessen steht auch der im Libanon bestehende und erreichbare Schutz des UNRWA einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegen (nachfolgend b.).

25

a. Der Kläger ist nicht in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise vorverfolgt aus dem Libanon ausgereist. So gab er im Rahmen seiner asylverfahrensrechtlichen Anhörung fallmaßgeblich an, dass er in Beirut mehrmals von Anhängern der sunnitischen Zukunftsbewegung sowie auch einmal durch Anhänger der „All-Arabischen-Partei“ „beleidigt“ und „verprügelt“ worden sei, wobei sich der letzte Vorfall bereits „Mitte 2014“ ereignet habe.

26

Darin liegt jedoch bereits keine Handlung i.S.d. § 3a Abs. 2 Nr. 1 Variante 1 AsylG begründet, welche die Erheblichkeitsschwelle des § 3a Abs. 1 AsylG erreicht hätte. Erforderlich wäre insoweit entweder, dass diese Vorkommnisse für sich genommen auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend gewesen sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellten, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der EMRK keine Abweichung zulässig ist oder aber, dass in der Gesamtschau eine derartige Kumulation an Körperverletzungshandlungen eingetreten wäre, die so schwerwiegend war, dass der Kläger davon in ähnlich gravierender Weise betroffen gewesen ist.

27

Hierfür ist freilich nichts ersichtlich. Die durch den Kläger beschriebenen handgreiflichen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit Demonstrationen und dergleichen genügen für sich genommen nicht, um von einem Erreichen der erforderlichen Erheblichkeitsschwelle ausgehen zu können, zumal der Kläger weder gegenüber der Beklagten, noch im streitigen Verfahren vorgetragen hat, dass er in fallrelevanter Weise verletzt worden wäre. So gab er auf Nachfrage lediglich pauschal - unsubstantiiert an, dass er „mehrmals behandelt“ worden sei (Bl. 37 d. Asylakte), diesbezüglich könne er jedoch keine Dokumente vorlegen. Auch machte er keine detaillierten Angaben zum Grad der erlittenen Verletzungen.

28

In diesem Kontext muss auch beachtet werden, dass sich der letzte Vorfall nach Angaben des Klägers bereits „Mitte 2014“ und damit über ein Jahr vor dessen Ausreise im Oktober 2015 ereignet hat. Diese nicht unerhebliche zeitliche Zäsur, während der es augenscheinlich zu keinen weiteren Übergriffen auf den Kläger mehr kam, spricht ebenfalls beträchtlich gegen die Annahme eines „real risk“ hinsichtlich einer erneut drohenden Behandlung, die ggf. im Sinne des § 3a AsylG als relevant einzustufen wäre.

29

Hiernach konnte das Gericht bereits nicht die nach § 108 Abs. 1 VwGO erforderliche Gewissheit davon erlangen, dass der Kläger überhaupt in flüchtlingsrelevanter Weise behandelt worden ist, weswegen schließlich auch die im Wege der richtlinienkonformen Auslegung zu beachtende Vermutungswirkung des Art. 4 Abs. 4 Halbsatz 1 der Richtlinie 2011/95/EU als nicht gegeben angesehen werden muss.

30

b. Ungeachtet des Vorstehenden scheidet die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft jedenfalls deshalb aus, weil der Kläger im Libanon als Land seines gewöhnlichen Aufenthaltes (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 b) AsylG) Zugriff auf einen komplementären Schutz durch das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (engl.: United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East – UNRWA) hatte und auch weiterhin hat. Der Kläger hat aufgrund dessen keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, denn er ist entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten nicht ipso facto Flüchtling nach § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG, da die Anwendung des § 3 Abs. 1 AsylG durch den Ausschlussgrund des § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG gesperrtbleibt. Im Einzelnen:

31

aa. Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG, wenn er den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) nach Art. 1 D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK) genießt. Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG gilt dieser Ausschluss freilich dann nicht, wenn dem Ausländer ein solcher Schutz oder Beistand nicht länger gewährt wird, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt worden ist. Ist dies der Fall, besteht die Flüchtlingseigenschaft „ipso facto“, d.h. unmittelbar ohne dass es einer Einzelfallprüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG bedarf (vgl. im Übrigen Art. 1 D GFK und Art. 12 Abs. 1 a) der Richtlinie 2011/95/EU, mit denen § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG inhaltlich übereinstimmt; sowie u.a. VG Trier, Urteil vom 24.03.2017 – 1 K 3865/16.TR –, juris).

32

bb. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG sind indessen nicht erfüllt. Der Kläger bleibt daher gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG von der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausgeschlossen.

33

(1) Der Kläger ist ausweislich des im Asylverfahren zur dortigen Akte gereichten Registrierungsnachweises (Bl. 62 d. Asylakte) bei dem UNRWA im Libanon registriert. Die Registrierung erfolgte im Januar 2000 im südlibanesischen Saida (Sidon). Unerheblich ist insoweit, dass der Kläger vor seiner Ausreise augenscheinlich keinerlei Leistungen des UNRWA konkret in Anspruch nahm, da er nach seinen eigenen Angaben aufgrund der ausgeübten Malertätigkeit wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen konnte.

34

Bei dem UNRWA handelt es sich u.a. nach der Rechtsprechung des EuGHs um eine Organisation im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG und die Lage der Personen, die den Beistand des UNRWA genießen, ist bislang auch nicht im Normsinne „endgültig“ geklärt (vgl. hierzu: EuGH, Urteile vom 19.12.2012 – C-364/11 –, Rn. 48, 54 und vom 25.07.2018 – C-585/16 –, Rn. 84, beide juris).

35

(2) Dieser Schutz bzw. Beistand wird dem Kläger auch weiterhin im ausreichenden Umfang gewährt werden, sollte er in den Libanon zurückkehren. Der EuGH hat Art. 12 Abs. 1 lit. a) Satz 2 der Vorgängerrichtlinie 2004/83/EG, dessen Wortlaut Art. 12 Abs. 1 lit. a) Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU entspricht, dahingehend konkretisierend ausgelegt, dass ein Entfallen des gewährten Schutzes oder Beistandes im Sinne der Richtlinie nur dann vorliegt, wenn die betroffene Person aufgrund von Zwängen, die von ihrem Willen unabhängig sind, das Einsatzgebiet der Organisation oder Institution verlässt bzw. verlassen muss. Ein palästinensischer Flüchtling ist dann als gezwungen anzusehen, das Einsatzgebiet des UNRWA zu verlassen, wenn er sich in einer sehr unsicheren persönlichen Lage befindet und es dieser Organisation unmöglich ist, ihm in diesem Gebiet Lebensverhältnisse zu gewährleisten, die mit der ihr übertragenen Aufgabe im Einklang stehen. Die bloße Abwesenheit aus dem Einsatzgebiet des UNRWA oder die freiwillige Entscheidung, dieses zu verlassen, führen vice versa also nicht zu einem Wegfall des Schutzes oder Beistandes im Sinne der Richtlinie (vgl. EuGH, Urteil vom 19.12.2012, a.a.O, Rn. 59, 63 und 65).

36

Zur Beurteilung der fallmaßgeblichen Lage im Libanon hat das Gericht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG) alle aktuellen Tatsachen und individuellen Fallumstände im Rahmen einer Gesamtschau zu beachten (Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2011/95/EU).

37

Dies vorweggeschickt ergibt sich aus der dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittellage nicht, dass die Operationen des UNRWA im Libanon derzeit derart behindert wären, dass die Organisation nicht in der Lage wäre, einen komplementären Flüchtlingsschutz für den Kläger zu gewährleisten. Entsprechendes resultiert weder aus der UNRWA – spezifischen Sicherheitslage im Libanon (nachfolgend (a)), noch aus der dort gegebenen allgemeinen Situation palästinensischer Flüchtlinge oder aber den dortigen humanitären Verhältnissen (nachfolgend (b)).

38

(a) Das Auswärtige Amt führt zur Sicherheitslage in den Einrichtungen des UNRWA zwar aus, dass dort durchaus beachtliche Sicherheitsdefizite vorlägen:

39

Die palästinensischen Flüchtlingslager sind der Kontrolle durch staatliche Gewalt weitgehend entzogen. Die Sicherheit innerhalb der Lager wird teilweise durch palästinensische bewaffnete Ordnungskräfte und Volkskomitees gewährleistet, die von der jeweils politisch bestimmenden Fraktion gestellt werden. Die libanesische Armee beschränkt sich auf Zugangskontrollen und die Sicherung der Umgebung. Alle Lager sind massiv von Hilfeleistungen der chronisch unterfinanzierten UNRWA abhängig. Immer wieder kommt es speziell in den Lagern Mie-Mie und Ain-el-Hilwe zu schweren bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen extremistischen Gruppierungen (Jund al-Scham, AbdullahAzzam-Brigaden etc.). Die libanesischen Sicherheitskräfte greifen in diese Auseinandersetzungen nicht ein.

40

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Libanon [Stand: Dezember 2017], Gz.: 508-516.80/3 LBN vom 01.03.2018, S. 12).

41

Der Bericht enthält freilich keine genauen Angaben zum tatsächlichen Risiko, in einer Einrichtung des UNRWA von der beschriebenen Gefahr betroffen zu sein, sollte man sich als Schutzsuchender Zivilist dorthin begeben. Das Gericht kann seine Entscheidung basierend lediglich hierauf nicht fundiert treffen, da die Auswahl und Evaluation von Quellen einer kritischen Prüfung nicht standhält (vgl. hierzu: UNHCR – Country of Origin Information: Towards Enhanced International Cooperation, February 2014, Abschnitt B – Selection and evaluation of Sources).

42

Ein wesentlich detaillierteres Bild der relevanten Sicherheitslage lässt sich jedoch einem aktuellen Bericht des U.N. Generalsekretärs an den U.N. Sicherheitsrat vom 08.03.2018 über die Durchführung der Resolution (UN) 1701 (2006) im Zeitraum vom 07.11.2017 bis 28.02.2018 entnehmen.

43

Im Berichtszeitraum wurden landesweit nämlich lediglich die folgenden sicherheitsrelevanten Vorfälle beobachtet:

44

- 11.11.2017: Ein libanesischer Soldat wurde bei einer Aktion gegen kriminelle Banden in Baalbek getötet, vier weitere verletzt (U.N., a.a.O., S. 8).

45

- 10.12.2017: Ein libanesischer Soldat wurde in Baalbek von einem Unbekannten angeschossen und verletzt (U.N., a.a.O., S. 8).

46

- 04.02.2018: In Tripoli wurden bei einem Zugriff libanesischer Sicherheitskräfte ein mutmaßlicher IS – Anhänger und ein libanesischer Soldat getötet. Sechs weitere Menschen wurden verletzt (U.N., a.a.O., S. 7).

47

- Im Zeitraum vom 07.11.2017 bis 28.02.2018 kam es bei Unruhen im Flüchtlingslager Ein el Helweh zu vier Todesfällen und 11 Verletzten (U.N., a.a.O., S. 8).

48

- Am 14.01.2018 wurde ein Anhänger der Hamas in Sidon von einer Autobombe verletzt

49

(U.N. Security Council, Implementation of Security Council Resolution 1701 (2006), Report of the Secretary-General, Zeitraum 07.11.2017 - 28.02.2018, S. 13 ff., abrufbar unter: https://digitallibrary.un.org/record/1477500/files/S_2018_210-EN.pdf, zuletzt abgerufen am 04.12.2018)

50

Die Berichte sind als besonders glaubhaft und aussagekräftig einzustufen, da die U.N. mit den dort stationierten UNIFIL – Kräften vor Ort sind und sich so ein unmittelbares und umfassendes Bild von der Sicherheitslage verschaffen können. Somit steht für den jüngsten Zeitraum belastbar fest, dass es unter unbeteiligten Zivilisten lediglich zu einer sehr geringen Anzahl an Verletzten oder gar Getöteten gekommen ist. Im Hinblick auf Einrichtungen des UNRWA kam es überhaupt nur im südlibanesischen Flüchtlingslager Ein el Helweh nahe Sidon zu einem nennenswerten Zwischenfall. Bei insgesamt zwölf unter der Regie des UNRWA im Libanon betriebenen Flüchtlingslagern (vgl.: https://www.unrwa.org/where-we-work/lebanon, zuletzt abgerufen am 04.12.2018), muss das Sicherheitsrisiko als verschwindend gering angesehen werden, weswegen dem Kläger auch im Sinne der EuGH – Rechtsprechung zugemutet werden kann, sich unter den Schutz des UNRWA zu stellen. Zum regelmäßigen Aufenthaltsort des Klägers in einem Flüchtlingslager in Beirut (Shatila) wird überhaupt nichts über entsprechende Vorkommnisse berichtet. Auch die generelle Sicherheitslage im Libanon muss derzeit als stabil betrachtet werden. Insoweit wird aus Gründen der Schwerpunktsetzung auf die unter II. folgenden Ausführungen verwiesen. Selbst wenn die Lage in einzelnen Flüchtlingslagern eine solche wäre, dass die lokale Sicherheitslage im Einzelfall einer Schutzgewährung durch das UNRWA entgegenstünde, wäre der Kläger nicht gehindert, sich in eine andere Einrichtung des UNRWA zu begeben. Hierzu liegen insbesondere keinerlei Erkenntnisse dahingehend vor, dass staatenlose Palästinenser daran gehindert werden, innerhalb des Libanon zu reisen (vgl. u.a.: AA, a.a.O., S. 13).

51

(b) Die Schutzmöglichkeit bei dem UNRWA ist für den Kläger auch nicht deswegen entfallen, weil sich dieser im Falle der Rückkehr aufgrund der für Palästinenser im Libanon geltenden Diskriminierungen oder der humanitären Lage in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen oder gesundheitlichen Situation wiederfinden würde.

52

Das Gericht verkennt zunächst nicht, dass die Lage palästinensischer Flüchtlinge im Libanon von Armut und Entbehrung geprägt ist. Hierzu das Auswärtige Amt:

53

„Parallel ist auch die Lage der zum Teil seit 1948 im Libanon lebenden palästinensischen Flüchtlinge prekär. Trotz eines sicheren Aufenthaltsstatus für die bei UNRWA (Hilfswerk der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge, The United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East) registrierten Palästinenser gelten für sie gravierende wirtschaftliche und politische Einschränkungen, da die libanesische Regierung fürchtet, dass die Integration der (meist sunnitischen) Palästinenser das konfessionelle Gleichgewicht des Landes gefährdet. Etwa 425.000 palästinensische Flüchtlinge sind bei UNRWA zurzeit registriert; es ist davon auszugehen, dass sich davon ca. 270.000 Personen tatsächlich im Land aufhalten.

54

Repressionen allein aufgrund der palästinensischen Volkszugehörigkeit sind nicht bekannt. Den palästinensischen Flüchtlingen werden aber weiterhin politische und wirtschaftliche Rechte verwehrt, sie dürfen, anders als andere Ausländer, in Libanon seit 2001 keinen Grund und Boden mehr erwerben. Auch wenn einige Berufe den Palästinensern zugänglich gemacht werden, bestehen rechtliche Hindernisse und gesellschaftliche Diskriminierung. So wird von Palästinensern stets eine Arbeitserlaubnis verlangt; freie Berufe (Arzt, Rechtsanwalt etc.) können nicht ausgeübt werden. Der Besuch staatlicher Schulen ist palästinensischen Flüchtlingen untersagt, sie haben Zugang zu den (unterfinanzierten) UNRWA-Schulen. Palästinensische Studenten müssen sich auf die für Ausländer reservierten 10% der Studienplätze bewerben. Für ihre Schulbildung und gesundheitliche Versorgung hängt die Lagerbevölkerung ausschließlich vom UNRWA-Hilfswerk bzw. Hilfeleistungen anderer NROs (z.B. des Palästinensischen Roten Halbmondes) ab. Palästinenserinnen können per Gesetz durch Heirat die libanesische Staatsbürgerschaft erlangen, doch werden ihnen häufig gesetzlich nicht vorgesehene administrative Hürden in den Weg gestellt (z.B. Einbürgerung erst nach Geburt eines Sohnes). Libanesische Frauen, die mit einem Palästinenser (oder anderem Ausländer) verheiratet sind, können ihre Staatsangehörigkeit weder an ihren Ehemann, noch an ihre Kinder weitergeben. Bis zu 200.000-250.000 Menschen der o.g. Personengruppe leben unter zum Teil sehr schwierigen und beengten Verhältnissen in den zwölf über das ganze Land verteilten palästinensischen Flüchtlingslagern.“

55

(AA, a.a.O., S. 12)

56

Bei der Evaluation des Rückkehrrisikos – hier der Frage danach, ob der Kläger mit Hilfe des UNRWA in der Lage wäre, seine Grundbedürfnisse hinsichtlich Ernährung, Unterkunft und Hygiene zu befriedigen – sind jedoch neben den allgemein zugänglichen Erkenntnismitteln auch die individuelle Lage des Betroffenen und dessen persönliche Umstände zu beachten (Art. 4 Abs. 3 lit. c) der Richtlinie 2011/95/EU). Unter gebührlicher Mitberücksichtigung dieser Faktoren ist es in der Gesamtschau nicht ersichtlich, dass der Kläger im Falle der Rückkehr zu derjenigen Gruppe der palästinensischen Flüchtlinge zählen würde, die sich in besonders – und damit fallrelevanten – prekären Verhältnissen zurechtfinden müssen.

57

So zählt der Kläger nach dessen Angaben im Rahmen des Asylverfahrens bereits nicht zu derjenigen Personengruppe, die auf die tägliche Unterstützung des UNRWA angewiesen wäre. Er führte hierzu aus, dass er nach einem neunjährigen Schulbesuch eine Anstellung als Maler gefunden habe und dass er von seinem Arbeitseinkommen in Beirut habe leben können (Bl. 36 d. Asylakte). Auch wenn er parallel hierzu angab, dass er in einem relativ heruntergekommenen Gebäude (dem sogenannten Gaza – Gebäude, einem ehemaligen Krankenhaus, vgl. hierzu: https://www.trtworld.com/mea/refugees-live-in-ruins-of-destroyed-hospital-207570, zuletzt abgerufen am 04.12.2018; Bl. 35 d. Asylakte) gelebt habe, war seine Lage im Vergleich dennoch nicht derart prekär, dass von einer unzumutbaren Inanspruchnahme des komplementären UNRWA – Schutzes ausgegangen werden könnte. Im Gegenteil war der Kläger augenscheinlich sogar in der Lage, sich einen bescheidenen Wohlstand zu erarbeiten, der es ihm nach eigenen Angaben auch ermöglicht hat, einen Betrag von 2300 $ für seine Reise nach Europa bereitzustellen (Bl. 35 d. Asylakte).

58

Im Umkehrschluss kann daher belastbar davon ausgegangen werden, dass der Kläger auch im Falle einer erneuten Rückkehr in den Libanon in der Lage wäre, sich durch die Wiederaufnahme seiner beruflichen Tätigkeit einen bescheidenen Wohlstand zu erarbeiten, der es ihm – zusammen mit den durch das UNRWA bereitgestellten Leistungen – ermöglichen würde, seine elementaren Grundbedürfnisse zu decken. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger aufgrund seiner individuellen Lage sonst einer besonders vulnerablen Personengruppe angehören würde, sind ebenfalls weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.

59

II. Bleibt die Klage mit ihrem Hauptantrag demnach ohne Erfolg, hat das Gericht über den zulässigerweise unter der aufschiebenden (§ 158 Abs. 1 BGB analog), innerprozessualen Bedingung der Erfolglosigkeit des Hauptantrages gestellten Hilfsantrag auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes zu entscheiden, zumal durch den Bedingungseintritt auch ein Fall der nachträglichen, objektiven Klagehäufung (§ 44 VwGO) eingetreten ist.

60

Insoweit teilt die Klage das Schicksal des Hauptantrages. Sie ist auch insoweit zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Halbsatz 1 AsylG) auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzes. Der angegriffene Bescheid der Beklagten erweist sich auch insoweit als rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in subjektiven Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

61

1. Subsidiär Schutzberechtigter ist ein Ausländer gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG dann, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Das Tatbestandsmerkmal des „ernsthaften Schadens“ charakterisiert sowohl die Art als auch die Intensität des Eingriffs in die Rechte einer Person. Damit dieser Eingriff als schwer gelten kann, muss er jedoch hinreichend gravierend sein. Der Katalog des § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG enthält in Umsetzung des Art. 15 der Richtlinie 2011/95/EU drei abschließend typisierte Schadensarten, welche einen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes begründen.

62

Hierunter fallen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1); eine drohende Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Gemäß § 4 Abs. 3 AsylG gelten die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend, wobei an die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens treten. Auch insoweit hat das Gericht eine Prognoseentscheidung analog zu derjenigen i.R.d. § 3 Abs. 4 AsylG zu treffen. Eine allgemeine Gefahr kann insoweit freilich genügen und somit jede Person aus einem bestimmten Herkunftsgebiet einer relevanten Gefahr ausgesetzt sein. Je weniger individuelle Aspekte zu einer Gefahrerhöhung führen, desto höher sind jedoch die Anforderungen an das Niveau der allgemeinen Gewalt (sog. „sliding scale – Maßstab, vgl.: EuGH, Urteil vom 17.02.2009 – C-465/07 – [Elgafaji], juris).

63

2. Diese Voraussetzungen liegen in der Person des Klägers nicht vor. Die beachtliche Gefahr des Eintritts eines ernsthaften Schadens ergibt sich zunächst nicht aus den klägerseitig vorgetragenen Schlägereien und Belästigungen durch die Anhänger sunnitischer Parteien. Analog zu den Ausführungen unter I. 2.a. erreichen die allein infrage kommenden einfachen Körperverletzungen nicht diejenige Schwelle, wie sie vom Tatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 2 AsylG; Art. 3 EMRK vorausgesetzt wird.

64

Im Übrigen steht der Eintritt einer entsprechenden Gefahrenlage auch nicht aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage im Libanon (nachfolgend a.) bzw. den dortigen allgemeinen humanitären Verhältnissen zu befürchten. Letzteres bereits deshalb, weil es an einem tauglichen Akteur fehlt, dem eine entsprechende Gefahrverursachung zugerechnet werden könnte (nachfolgend b.).

65

a. Die allgemeine Sicherheitslage im Libanon erreicht nicht die Schwelle, wie sie für die Annahme des Bestehens eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG erforderlich wäre. Für die Beurteilung dieser Gefahrenlage hat das Gericht auch hier auf die Herkunftsregion des Klägers abzustellen, in die er typischerweise zurückkehren wird. Ist für die maßgebliche Region eine individuelle Bedrohung entweder wegen gefahrerhöhender individueller Umstände oder ausnahmsweise wegen eines besonders hohen Niveaus allgemeiner Gefahren im Rahmen eines bewaffneten Konflikts anzunehmen, ist weiter zu prüfen, ob der Kläger in anderen Teilen des Libanon, in denen derartige Gefahren nicht bestehen, internen Schutz finden kann (vgl.: BVerwG, Urteil vom 14.07.2009 – 10 C 9.08 – juris).

66

aa. Der jeweils drohende Grad der Gewalt ist dabei anhand einer wertenden Gesamtschau der regional spezifischen Konfliktdeterminanten einzuschätzen. Hierunter fallen sowohl qualitative als auch quantitative Faktoren: In der europaweiten Rechtsprechung hat sich – auch maßgeblich auf die Judikatur des EGMR gestützt (vgl. insbesondere: EGMR, Urteile vom 05.09.2013 [K.A.B. v. Schweden] – Rs. 886/11 – und vom 28.06.2011 [Sufi and Elmi v. United Kingdom] – Rs. 8319/07 und 11449/07 –) – eine recht umfassende Betrachtungsweise durchgesetzt, die folgende Faktoren mit einbezieht: (1) Die „Sufi und Elmi – Kriterien“ des EGMR (die Konfliktparteien und ihre relative militärische Stärke; die angewandten Methoden und Taktiken der Kriegsführung – hier insbesondere die Gefahr von Opfern in der Zivilbevölkerung –; die Art der eingesetzten Waffen; den geografischen Umfang der Kampfhandlungen und die Zahl der infolge der Kämpfe getöteten, verletzten und vertriebenen Zivilpersonen); (2) die Fähigkeit oder Unfähigkeit des Staates, seine Bürger gegen Gewalt zu schützen bzw. das Ausmaß des Staatsversagens; (3) die sozioökonomischen Bedingungen und (4) die kumulativen Effekte lang andauernder bewaffneter Konflikte.

67

bb. Die Gefahr eines ernsthaften Schadens im vorgenannten Sinne besteht – hier ungeachtet der Frage nach einer innerstaatlichen Schutzalternative – im gesamten Libanon nicht. Zwar werden die zahlreichen innenpolitischen Konflikte des Landes mitunter auch gewaltsam ausgetragen; die gegenwärtige Situation erreicht jedoch in der anzustellenden Gesamtschau aller aktuellen Erkenntnismittel (Art. 4 Abs. 3 lit. a) der Richtlinie 2011/95/EU) nicht einen solchen Schweregrad, der es unter Anwendung des vorgenannten „Sliding Scale“-Maßstabs unter gleichzeitiger Einbeziehung der spezifischen Kriterien zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG rechtfertigen würde, eine beachtliche Rückkehrgefährdung des Klägers aus diesen Gründen anzunehmen. So führt das Auswärtige Amt in seinem jüngsten Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Libanon vom 01.03.2018 (Stand: Dezember 2017; GZ: 508-516.80/3 LBN) etwa aus:

68

„Die allgemeine Sicherheitslage gibt vielen Libanesen Anlass zu Besorgnis: Sie fürchten ein Übergreifen des Konflikts in Syrien. Zwar bleibt die Sicherheitslage im Großen und Ganzen stabil. Es kommt jedoch immer wieder zu Sicherheitsvorfällen seit Beginn der Auseinandersetzungen in Syrien. Alle terroristischen Gruppen im Libanon stehen unter einem hohen Verfolgungsdruck der Sicherheitskräfte. Dass dennoch weiter mit Attentaten gerechnet werden muss, zeigen die Erfolge der Sicherheitsbehörden, die regelmäßig Terrorzellen ausheben.“

69

(AA, a.a.O., S. 8).

70

In einer einleitenden Betrachtung ergibt sich so eine zwar fragile, aber dennoch ausreichend stabile Gesamtlage, die denkbar weit von einer Gefahrenlage im vorgenannten Sinne entfernt ist. Wie bereits unter I. 2. b. ausgeführt, geht auch aus einem aktuellen Bericht des U.N. Generalsekretärs an den U.N. Sicherheitsrat vom 08.03.2018 über die Durchführung der Resolution (UN) 1701 (2006) nichts Gegenteiliges hervor.

71

Von lediglich sporadisch auftretenden Zwischenfällen und einer größtenteils sicheren Gesamtlage spricht auch ein Bericht der australischen Regierung zur allgemeinen Lage im Libanon:

72

„Since the conclusion of the civil war from the mid-1970s to late-1980s, violence between non-state actors has continued sporadically. Many non-state actors have their roots in political and paramilitary groups established during the civil war. The majority of non-state actors, with the exception of Hizballah, disarmed as agreed in the 1989 Taef Accord, although weapons remain prevalent and non-state actors retain the ability to re-arm quickly. Hizballah is the most prominent non-state actor and has a rising military strength believed to exceed that of the Lebanese Armed Forces, particularly in the south of Lebanon. The Australian government has listed Hizballah’s External Security Organisation as a terrorist organisation.

73

Since late 2013, incidents of violence influenced by longstanding sectarian tensions have decreased, ostensibly in response to successful interventions by authorities and cooperation between traditionally opposing actors (including Hizballah, which has played a role in safeguarding some areas of Lebanon). Security plans implemented in a number of areas by the Lebanese Armed Forces and dialogue between the Sunni-dominated Future Movement and the Shi’a Hizballah have contributed to a more stable security situation in many areas.

74

Despite this, the conflict in neighbouring Syria continues to challenge Lebanon’s stability. ISIL has a presence in Lebanon, and is intent on perpetrating violence and agitating pre-existing sectarian tensions within Lebanon. Although areas in Syria under ISIL control are diminishing, sporadic attacks by ISIL continue to occur in areas that border Syria. ISIL maintains a presence in and around Arsal and the mountainous region of Baalbek, although at the time of publication, military operations against ISIL were continuing. Incountry contacts suggest that the Lebanese Armed Forces and Hizballah have been successful in subduing ISIL’s further attempts to carry out attacks in Lebanon. Hizballah has also successfully expelled militants from Jabhat Fatah al-Sham from an area near the border.

75

Tensions between Israel and Hizballah have remained high since the 2006 war. Skirmishes on the Lebanon – Israel border (where Hizballah maintains control on the Lebanese side) occur sporadically, including frequent cross border artillery fire, albeit generally into unpopulated areas. While this occasionally flares up due to broader Israeli – Hizballah tensions, it predominantly occurs in an effort to maintain the status quo and to reinforce Israel and Hizballah’s claims to disputed territory along the Lebanon – Israel border.

76

Overall, DFAT assesses that the security situation in Lebanon remains largely stable, but unpredictable. Instability is greatest in areas where ISIL and Jabhat Fatah al-Sham are located, particularly around the north-eastern border, although local authorities largely contain these groups.“

77

„Seit dem Ende des Bürgerkrieges von Mitte der 70er bis Ende der 80er Jahre ging die gewaltsame Auseinandersetzung zwischen nichtstaatlichen Akteuren sporadisch weiter. Viele nichtstaatliche Akteure haben ihren Ursprung in politischen und paramilitärischen Gruppen, die während des Bürgerkrieges entstanden sind. Die Mehrzahl der nichtstaatlichen Akteure – mit Ausnahme der Hisbollah – gaben ihre Waffen gemäß dem Taef – Übereinkommen von 1989 ab; ungeachtet dessen sind Waffen weit verbreitet und nichtstaatliche Akteure behalten die Fähigkeit, sich schnell erneut zu bewaffnen. Die Hisbollah ist der bekannteste nichtstaatliche Akteur und verfügt über eine steigende militärische Stärke, die – insbesondere im Süden des Libanon – vermutlich diejenige der libanesischen Streitkräfte übersteigt. Die australische Regierung führt den militärischen Arm der Hisbollah als terroristische Vereinigung.

78

Seit Ende 2013 haben gewaltsame Zwischenfälle, die von langanhaltenden Spannungen zwischen den Konfessionen beeinflusst wurden, durch erfolgreiche Interventionen von Behörden und einer Kooperation zwischen traditionell gegnerischen Lagern (einschließlich der Hisbollah, die eine Rolle in der Befriedung einiger Gebiete des Libanon gespielt hat), dem Vernehmen nach abgenommen. Sicherheitspläne, die in einer Reihe von Landesteilen durch die libanesischen Streitkräfte implementiert werden und der Dialog zwischen der sunnitisch dominierten Zukunftsbewegung und der schiitischen Hisbollah haben in vielen Gebieten zu einer stabileren Sicherheitslage beigetragen.

79

Ungeachtet dessen fordert der Konflikt im benachbarten Syrien die Stabilität des Libanon weiterhin heraus. Der Islamische Staat ist im Libanon präsent und bestrebt, Gewalt anzuwenden sowie alte konfessionelle Spannungen innerhalb des Libanon wieder aufflammen zu lassen. Obwohl diejenigen Gebiete, die in Syrien unter der Kontrolle des Islamischen Staates stehen, weniger werden, kommt es nach wie vor zu sporadischen Angriffen in den Grenzgebieten zu Syrien. Der Islamische Staat ist weiterhin in und um Arsal und der Gebirgsregion um Baalbek präsent, obwohl die militärischen Operationen gegen den Islamischen Staat während dieser Publikation weiter anhielten. Inländische Kontakte legen nahe, dass die libanesischen Streitkräfte und die Hisbollah erfolgreich weitere Versuche des Islamischen Staates, Angriffe im Libanon auszuführen, eingedämmt haben. Die Hisbollah hat außerdem erfolgreich Kämpfer der Organisation Jabhat Fatah al-Sham aus einem grenznahen Gebiet vertrieben.

80

Insgesamt gelangt das Ministerium für äußere Angelegenheiten und Handel zu der Einschätzung, dass die Sicherheitslage im Libanon größtenteils stabil, aber unvorhersehbar bleibt. Die Instabilität ist in denjenigen Gebieten am größten, in denen der Islamische Staat und Jabhat Fatah al-Sham vertreten sind, insbesondere rund um die nordöstliche Landesgrenze, wobei die lokalen Sicherheitskräfte diese Gruppen zum Großteil in Schach halten.“

81

(Australian Government – Department of Foreign Affairs and Trade, DFAT Country Information Report Lebanon, 23 October 2017, S. 9/10, abzurufen unter: https://www.ecoi.net/en/file/local/1419306/4792_1512559377_ country- information-report-lebanon.pdf, zuletzt abgerufen am 03.12.2018, freie Übersetzung durch den Einzelrichter).

82

Zuletzt gelang es augenscheinlich auch, beginnende Spannungen zwischen der schiitischen und christlichen Bevölkerung des Landes durch ein Treffen zwischen der Hisbollah und Vertretern des christlichen Lagers aufzufangen, welche durch Äußerungen des libanesischen Außenministers Gebran Bassil in Richtung des Parlamentssprechers Nabih Berri ausgelöst wurden (vgl.: Reuters, Bericht vom 02.02.2018 – Lebanon tensions ease as Shi’ite officials visit Christian area, abzurufen unter: https://www.reuters.com/article/us-lebanon-politics/lebanon-tensions-ease-as-shiite-officials-visit-christian-area-idUSKBN1FM1J0, zuletzt abgerufen am 03.12.2018). Dieser Umstand, zeigt, dass eine friedenserhaltende Kommunikation zwischen den großen religiös – politischen Machtblöcken des Landes erfolgreich stattfindet und grundsätzlich auch als Instrument der Konfliktlösung angenommen wird.

83

b. Dem Kläger droht schließlich auch nicht deshalb eine ernsthafte Gefahr im Normsinne, weil die humanitären Bedingungen im Libanon eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG oder eine wesensgleiche Gefahr darstellen würden.

84

Der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG wird weder durch das AsylG, noch durch Art. 15 lit. b) der Richtlinie 2011/95/EU näher definiert. Die Rechtsprechung sowohl des EuGHs als auch des EGMR hatte sich freilich in der Vergangenheit bereits mehrmals mit der Konkretisierung einer entsprechenden Gefahrenschwelle im Kontext des inhaltsgleichen Art. 3 EMRK zu befassen, an den Art. 15 lit. b) der Richtlinie 2011/95/EU anknüpft. Demnach ist unter einer unmenschlichen Behandlung die absichtliche, d.h. vorsätzliche Zufügung schwerer körperlicher oder seelischer Leiden, die im Hinblick auf Intensität und Dauer eine hinreichende Schwere aufweisen, zu verstehen (vgl. hierzu: EGMR, Urteile vom 21.01.2011 - 30696/09 – [M.S.S./Belgien und Griechenland], sowie vom 11.07.2006 - 54810/00 – [Jalloh/Deutschland] und im Übrigen auch: BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15/12 –, alle juris). Es muss also zumindest eine erniedrigende Behandlung in der Form einer, einen bestimmten Schweregrad erreichenden, Demütigung oder Herabsetzung vorliegen. Diese ist im Übrigen dann gegeben, wenn bei dem Betroffenen Gefühle von Furcht, Todesangst und Minderwertigkeit verursacht werden, die geeignet sind, diese Person zu erniedrigen oder zu entwürdigen und möglicherweise ihren psychischen oder moralischen Widerstand zu brechen.

85

Ungeachtet der Frage nach den derzeitigen humanitären Verhältnissen im Libanon scheidet die Zuerkennung des subsidiären Schutzes aus diesem Grund bereits aufgrund eines nicht ersichtlichen Akteurs aus, auf dessen zurechenbarem Verhalten eine entsprechende Gefahrenlage überhaupt zurückgehen könnte.

86

Trotz der inhaltlichen Kongruenz des Art. 3 EMRK mit § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG, führt dasbloße Vorliegen einer entsprechenden Gefahrenlage nicht zwingend dazu, dass sich hieraus die Zuerkennung des subsidiären Schutzes ableiten ließe. Wie sich § 4 AsylG im Übrigen entnehmen lässt, bedarf es aufgrund eines Verweises des § 4 Abs. 3 AsylG (auch) auf § 3c AsylG zwingend auch eines entsprechenden Akteurs. Dieses Erfordernis ergibt sich spiegelbildlich auch aus der Richtlinie 2011/95/EU. Deren Art. 18 bestimmt insoweit, dass einem Betroffenen der subsidiäre Schutzstatus nur dann zuzuerkennen ist, wenn er neben den Voraussetzungen des Kapitels V der Richtlinie zugleich auch diejenigen des Kapitels II und damit des dortigen Art. 6 (Akteure, von denen die Verfolgungoder ein ernsthafter Schaden ausgehen kann) erfüllt.

87

Zuletzt bedarf es im Lichte des Art. 3 EMRK auch keiner erweiterten Normauslegung, da die Gewährleistung des Schutzbereiches auf anderen Ebenen sichergestellt ist. Insbesondere wird mit der Versagung des subsidiären Schutzes nicht abschließend darüber entschieden, ob eine Abschiebung in den jeweiligen Herkunftsstaat rechtlich zulässig ist oder nicht. Dieser Umstand findet sich im unionsrechtlichen Normengefüge etwa in Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU und in Art. 21 Art. 5 der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) wieder, wonach die Mitgliedsstaaten u.a. den Grundsatz der Nichtzurückweisung (sog. non-refoulement) und damit insb. den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu beachten haben. Die Bundesrepublik kommt diesem Erfordernis mit der Vorhaltung des § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG nach (s.u. III).

88

III. Analog zu den unter II. einleitend gemachten Ausführungen, hat das Gericht zuletzt auch über den auf die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung zielstaatsbezogener Abschiebehindernisse (§ 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG) lautenden Hilfsantrag des Klägers zu entscheiden, der ebenfalls zulässig, in der Sache jedoch gleichfalls unbegründet ist, sodass der angegriffene Bescheid der Beklagten sich schließlich insgesamt als rechtmäßig erweist und den Kläger nicht in subjektiven Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 VwGO).

89

Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf der Ausländer nicht abgeschoben werden, wenn eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK zwar nicht von Akteuren im Sinne des § 4 Abs. 3 in Verbindung mit § 3c AsylG ausgeht, aber dennoch wegen der im Zielstaat herrschenden Zustände tatsächlich droht, sowie im Übrigen dann nicht, wenn sonst eine EMRK – widrige Behandlung zu befürchten steht. Im letztgenannten Fall müssen die von allen Vertragsstaaten als grundlegend anerkannte Menschenrechtsgarantien jedoch in ihrem Kern bedroht, das heißt nach ihrer Schwere mit dem vergleichbar sein, was wegen einer menschenunwürdigen Behandlung zu einem Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK führen würde. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.

90

Entsprechende Anhaltspunkte für einen hier allein infrage kommenden Fall des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK sind indes nicht ersichtlich. Insoweit nimmt das Gericht zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die unter I. und II. gemachten Ausführungen.

91

IV. Nach alldem bestehen abschließend auch an der Rechtmäßigkeit der beklagtenseitig getroffenen Nebenentscheidungen keine Zweifel. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in den §§ 34 AsylG, 59 AufenthG, respektive in den §§ 75 Nr. 12; 11 Abs. 1 bis Abs. 3 AufenthG. Insoweit verweist das Gericht abermals gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten, zumal hiergegen klägerseitig nichts erinnert wurde.

92

V. Die Klage ist daher letztlich mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

93

VI. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

94

VII. Die Zulassung der Berufung kommt aufgrund der Rechtsmittelsystematik des AsylG nicht in Betracht (§ 78 AsylG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Tatbestand 1 Der Kläger erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm in Afghanistan drohender Gefahren. 2

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung. Satz 1 findet insbesondere keine Anwendung, wenn der Ausländer sich auf Grund seines Alters und Entwicklungsstandes im Herkunftsland noch keine feste Überzeugung bilden konnte.

(1a) Die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 zu erleiden, kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist.

(2) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Asylantrags erneut einen Asylantrag und stützt diesen auf Umstände, die er nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines früheren Antrags selbst geschaffen hat, kann in einem Folgeverfahren in der Regel die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.

(2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tatbestand

1

Der Kläger erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm in Afghanistan drohender Gefahren.

2

Der 1986 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er stammt aus der Provinz Helmand (Afghanistan), ist schiitischen Glaubens und gehört dem Volk der Hazara an. Im Februar 2009 reiste er nach Deutschland ein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - lehnte seinen Asylantrag mit Bescheid vom 17. März 2010 ab. Zugleich stellte es fest, dass weder die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen, und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Afghanistan an.

3

Nach Rücknahme der Klage auf Asylanerkennung hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG hinsichtlich Afghanistans verpflichtet und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 27. April 2012 die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dem Kläger stehe weder unionsrechtlicher noch nationaler Abschiebungsschutz zu. Hinsichtlich eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die konkrete Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung drohe. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 3 AufenthG sei nicht erkennbar. Die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor. Da in Afghanistan kein landesweiter bewaffneter Konflikt herrsche, komme eine individuelle Bedrohung nur in Betracht, wenn sich der Konflikt auf den tatsächlichen Zielort bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat erstrecke. Dies sei die Herkunftsregion des Ausländers, in der er zuletzt gelebt habe bzw. in die er typischerweise zurückkehren könne und voraussichtlich auch werde. Der Kläger habe glaubhaft vorgetragen, dass er in seiner Heimatregion Helmand keine aufnahmebereiten Bekannten oder Verwandten und keine Existenzgrundlage mehr habe. Zudem habe er Angst vor einer dort lebenden Privatperson, außerdem befürchte er Diskriminierungen, denen seine Volksgruppe in Helmand in besonderem Maße ausgesetzt sei. Wolle bzw. werde der Kläger keinesfalls nach Helmand zurückkehren, sei auf das derzeit einzig mögliche Abschiebungsziel Kabul abzustellen. Dort herrsche kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt mehr. Die Sicherheitslage werde in Kabul, abgesehen von einigen spektakulären Anschlägen, relativ einheitlich als stabil und weiterhin deutlich ruhiger als noch etwa vor zwei Jahren bewertet.

4

Dem Kläger stehe hinsichtlich Afghanistans auch nicht der hilfsweise begehrte nationale Abschiebungsschutz zur Seite. Es sei nicht ersichtlich, welches Menschenrecht der EMRK ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könnte. Einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen der allgemein schlechten Lebensverhältnisse in Afghanistan stehe § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG entgegen. Eine extreme Gefahrenlage, bei der aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ausnahmsweise nicht greife, liege für Kabul nicht (mehr) vor. Vielmehr sei eine gewisse Verbesserung der allgemeinen Versorgungslage in Kabul zu erkennen, die nach den strengen Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen einer wertenden Gesamtschau der Annahme einer alsbald nach der Abschiebung eintretenden Extremgefahr für gesunde ledige afghanische Männer auch ohne Vermögen oder Anbindung an lokale Familien- bzw. Stammesstrukturen entgegenstehe. Der Senat sehe keine hinreichenden Anhaltspunkte mehr dafür, dass bei dieser Personengruppe im Falle der Abschiebung alsbald der Tod oder schwerste gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten wären. Es sei vielmehr zu erwarten, dass Rückkehrer in Kabul durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Zwar dürfte aufgrund der schlechten Gesamtsituation ohne schützende Familien- oder Stammesstrukturen in der Tat eine Rückkehr nach Kabul selbst für gesunde alleinstehende Männer unter humanitären Gesichtspunkten kaum zumutbar sein. Diese Zumutbarkeit sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch kein zentraler Maßstab für die Bestimmung einer extremen Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Im Falle des Klägers seien auch keine hinreichenden individuellen Faktoren gegeben, die ausnahmsweise eine extreme Gefahrenlage begründen könnten.

5

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 60 Abs. 2, 5 sowie 7 Satz 1 und 2 AufenthG. Außerdem macht er Verfahrensfehler geltend und regt zur weiteren Klärung des Gehalts der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 und 7 Satz 2 AufenthG eine Vorlage an den EuGH an.

6

Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist zulässig und begründet. Das Berufungsurteil verletzt hinsichtlich des vom Kläger mit seinem Hauptantrag verfolgten Begehrens auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes Bundesrecht. Das Berufungsgericht hat bei der im Rahmen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG gebotenen Prüfung, ob am tatsächlichen Zielort des Klägers bei einer Rückkehr nach Afghanistan ein bewaffneter Konflikt besteht, nicht auf die Herkunftsregion des Klägers, sondern auf die Verhältnisse in Kabul als dem derzeit einzig möglichen Abschiebungsziel abgestellt. Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen im Berufungsurteil nicht selbst abschließend über die Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes entscheiden kann, ist das Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

9

1. Gegenstand des Verfahrens ist neben dem unionsrechtlichen Abschiebungsschutz weiterhin auch der vom Kläger hilfsweise begehrte nationale Abschiebungsschutz. Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht die Zulassung der Revision allein mit der grundsätzlichen Bedeutung einer auf den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz zugeschnittenen Frage begründet hat. Die Urteilsformel enthält keine Beschränkung der Zulassung auf den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz. Der Umfang der Zulassung ist daher unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Rechtsmittelklarheit durch Auslegung zu ermitteln. Danach ist hier von einer uneingeschränkten Zulassung auszugehen. Die vom Kläger im Berufungsverfahren gestellten (Haupt- und Hilfs-)Anträge betreffen zwar unterschiedliche Streitgegenstände. Diese sind aber eng miteinander verflochten, insbesondere stellt sich die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage des maßgeblichen Anknüpfungsortes nicht nur beim unionsrechtlichen, sondern auch beim nationalen Abschiebungsschutz. Für eine uneingeschränkte Zulassung der Revision spricht im Übrigen auch die dem Berufungsurteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung, die sich lediglich auf das Rechtsmittel der Revision bezieht.

10

2. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens auf Gewährung von Abschiebungsschutz ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 10). Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte. Maßgeblich ist daher für das Revisionsverfahren das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 86). Unionsrechtlich finden sowohl die Richtlinie 2004/83/EG des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes - Qualifikations-Richtlinie - vom 29. April 2004 (ABl EU Nr. L 304 vom 30. September 2004 S. 12; berichtigt ABl EU Nr. L 204 vom 5. August 2005 S. 24) Anwendung als auch die - während des Berufungsverfahrens in Kraft getretene - Neufassung durch die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 337 vom 20. Dezember 2011 S. 9). Für die in der Neufassung inhaltlich geänderten Bestimmungen wurde den Mitgliedstaaten eine Umsetzungsfrist bis zum 21. Dezember 2013 eingeräumt (Art. 39 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU) und es bleibt bis zum Ablauf dieser Frist bei der Anwendung der Richtlinie 2004/83/EG (vgl. Art. 41 Abs. 2 i.V.m. Art. 40 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU). Hinsichtlich der unverändert übernommenen Bestimmungen gilt die Neufassung hingegen schon jetzt (vgl. Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU).

11

3. Das Berufungsurteil verletzt in Bezug auf den vom Kläger primär begehrten unionsrechtlichen Abschiebungsschutz Bundesrecht. Die diesbezüglichen Vorgaben des Art. 15 der Richtlinie 2011/95/EU (früher: Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG) sind in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG - in überschießender Umsetzung - als absolute Abschiebungsverbote ausgestaltet und bilden einen eigenständigen, in sich nicht weiter teilbaren Streitgegenstand (Urteile vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 11 und vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 13 und 16).

12

3.1 Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG mit einer Begründung abgelehnt, die revisionsrechtlicher Prüfung nicht standhält. Nach dieser Vorschrift ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist.

13

Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieses - die Vorgaben des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG (inzwischen: Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2011/95/EU) umsetzenden - Abschiebungsverbots können auch dann erfüllt sein, wenn sich der bewaffnete Konflikt nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt (Urteil vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 25). In diesem Fall ist Bezugspunkt für die Gefahrenprognose der tatsächliche Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr. Das ist in der Regel die Herkunftsregion des Ausländers, in die er typischerweise zurückkehren wird (Urteil vom 14. Juli 2009 - BVerwG 10 C 9.08 - BVerwGE 134, 188 Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C-465/07, Elgafaji - NVwZ 2009, 705 Rn. 40).

14

Das Berufungsgericht hat dies zutreffend zu Grunde gelegt. Es hat aber nicht geprüft, ob in der Herkunftsregion des Klägers ein bewaffneter Konflikt herrscht, sondern stattdessen auf die Verhältnisse in Kabul als dem derzeit einzig möglichen Abschiebungsziel abgestellt, weil der Kläger keinesfalls nach Helmand zurückkehren wolle bzw. werde. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 14. November 2012 (BVerwG 10 B 22.12 - juris Rn. 7) als geklärt gesehen hat, kommt es für die Frage, welche Region als Zielort der Rückkehr eines Ausländers anzusehen ist, aber weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Ein Abweichen von der Regel kann insbesondere nicht damit begründet werden, dass dem Ausländer in der Herkunftsregion die Gefahren drohen, vor denen ihm § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Schutz gewähren soll. Dies ergibt sich schon aus dem systematischen Zusammenhang der unionsrechtlichen Abschiebungsverbote mit den Bestimmungen über den internen Schutz (Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG; künftig: Art. 8 der Richtlinie 2011/95/EU). Kommt die Herkunftsregion als Zielort wegen der dem Ausländer dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG auf eine andere Region des Landes verwiesen werden. Der Begriff des "tatsächlichen Zielortes der Rückkehr" ist daher kein rein empirischer Begriff, bei dem auf die tatsächlich wahrscheinlichste oder subjektiv gewollte Rückkehrregion abzustellen ist. Da es bei § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG um den Schutz vor den Gefahren eines - nicht notwendig landesweiten - bewaffneten Konflikts im Heimatstaat geht, kommt bei der Bestimmung des Ortes der (voraussichtlichen) tatsächlichen Rückkehr der Herkunft als Ordnungs- und Zuschreibungsmerkmal eine besondere Bedeutung zu. Ein Abweichen von der Herkunftsregion kann daher auch nicht damit begründet werden, dass der Ausländer infolge eines bewaffneten Konflikts den personalen Bezug zu seiner Herkunftsregion verloren hat, etwa weil Familienangehörige getötet worden sind oder diese Gebiete ebenfalls verlassen haben. Auch soweit die nachlassende subjektive Bindung zur Herkunftsregion durch Umstände begründet worden ist, die mittelbare Folgen des bewaffneten Konflikts sind (z.B. Beeinträchtigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, nachhaltige Verschlechterung der Versorgungslage), und es mangels Existenzgrundlage und Zukunftsperspektive eine nachvollziehbare Haltung ist, nicht in die Herkunftsregion zurückkehren zu wollen, behält diese für die schutzrechtliche Betrachtung grundsätzlich ihre Relevanz. Allerdings ist jedenfalls dann nicht (mehr) auf die Herkunftsregion abzustellen, wenn sich der Ausländer schon vor der Ausreise und unabhängig von den fluchtauslösenden Umständen von dieser gelöst und in einem anderen Landesteil mit dem Ziel niedergelassen hatte, dort auf unabsehbare Zeit zu leben. Durch eine solche freiwillige Ablösung verliert die Herkunftsregion ihre Bedeutung als Ordnungs- und Zurechnungsmerkmal und scheidet damit als Anknüpfungspunkt für die Gefahrenprognose bei § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG aus.

15

Diese Ausdeutung des vom Gerichtshof der Europäischen Union - EuGH - (Urteil vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 40) verwandten Begriffs des tatsächlichen Zielorts der Rückkehr kann vorgenommen werden, ohne diesem die Rechtssache zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der EuGH hat den Begriff in seinem Urteil vom 17. Februar 2009 zwar nicht abschließend definiert. Die hier entfaltete Auslegung trägt aber dem Zweck der Vorschriften über den internen Schutz Rechnung und folgt damit der Vorgabe des EuGH, die Auslegung nationalen Rechts so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen und auf diese Weise Art. 249 Abs. 3 EG (inzwischen: Art. 288 AEUV) nachzukommen (EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 42).

16

Das Berufungsurteil verstößt nach den vorstehenden Grundsätzen gegen Bundesrecht, weil es für das Bestehen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht die Verhältnisse in der Herkunftsregion des Klägers in den Blick genommen, sondern auf die Lage in Kabul als dem voraussichtlichen Zielort einer Abschiebung abgestellt hat. Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist aber nicht zu entnehmen, dass der Kläger sich vor seiner Ausreise dauerhaft in einer anderen Region als Helmand niedergelassen hat. Er ist zwar zunächst mit seiner Lebensgefährtin nach Kabul (und später in den Iran zu seiner Schwester) gegangen. Dies geschah nach seinen Angaben aber allein aus Angst vor dem Vater seiner Lebensgefährtin; zur Dauer und den näheren Umständen des Aufenthalts in Kabul enthält das Berufungsurteil keine Feststellungen. Die vom Berufungsgericht angeführten Erwägungen, warum der Kläger nicht nach Helmand zurückkehren wolle bzw. werde, lassen die Relevanz der Heimatregion für die Gefahrenprognose bei einem bewaffneten Konflikt nicht entfallen.

17

3.2 Das Berufungsurteil beruht auf diesem Fehler. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen zur Lage in der Provinz Helmand getroffen. Ob in dieser Region ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht und dem Kläger dort die in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG definierte Gefahr droht, kann daher revisionsgerichtlich weder festgestellt noch ausgeschlossen werden.

18

3.3 Die Entscheidung erweist sich hinsichtlich des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO) oder unrichtig, so dass der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden kann.

19

a) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG scheidet nicht schon deshalb aus, weil der Kläger - einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in seiner Herkunftsregion unterstellt - in Kabul internen Schutz finden könnte. Dies würde nach § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG voraussetzen, dass für den Kläger in Kabul nicht nur keine Gefahr besteht, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, sondern von ihm auch vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort aufhält.

20

Auch hierzu fehlen hinreichende tatrichterliche Feststellungen. Das Berufungsgericht hat in Bezug auf Kabul zwar festgestellt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG nicht vorliegen, weil dort keine extreme Gefahrenlage herrsche und zu erwarten sei, dass Rückkehrer durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Nach Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG muss beim internen Schutz die Existenzgrundlage aber so weit gesichert sein, dass vom Ausländer vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort aufhält. Dieser Zumutbarkeitsmaßstab geht über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus; weiterhin offenbleiben kann, welche darüber hinausgehenden wirtschaftlichen und sozialen Standards erfüllt sein müssen (vgl. Urteil vom 29. Mai 2008 - BVerwG 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 Rn. 35).

21

b) Umgekehrt kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Berufungsurteil hinsichtlich des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes aus anderen Gründen unrichtig ist. Das Berufungsgericht hat vor allem im Ergebnis zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG verneint. Ein solches Abschiebungsverbot ergibt sich - entgegen der Auffassung der Revision - insbesondere nicht aus den allgemeinen humanitären Verhältnissen in Afghanistan.

22

Nach § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Mit diesem Abschiebungsverbot wird Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG (inzwischen: Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU) umgesetzt. Die Europäische Kommission hat sich bei der Formulierung dieser Richtlinienbestimmung an Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685) - EMRK - orientiert und in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR - Bezug genommen (Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen vom 12. September 2001 KOM <2001> 510 endgültig S. 6, 30). Die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK ist bei der Auslegung des § 60 Abs. 2 AufenthG auch über Art. 19 Abs. 2 der Grundrechte-Charta (ABl EU 2010 Nr. C 83, 389) - GR-Charta - zu berücksichtigen. Danach darf niemand in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn das ernsthafte Risiko der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht. Dies gilt nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta auch für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union. Nach den gemäß Art. 52 Abs. 7 GR-Charta bei ihrer Auslegung gebührend zu berücksichtigenden Erläuterungen (ABl EU 2007 Nr. C 303 S. 17 = EuGRZ 2008, 92) wird durch die Regelung in Art. 19 Abs. 2 GR-Charta die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK in Auslieferungs-, Ausweisungs- und Abschiebungsfällen übernommen (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 15 und 17).

23

Entgegen der Auffassung der Revision ist der neueren Rechtsprechung des EGMR nicht zu entnehmen, dass sich der Maßstab für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bei Abschiebungen in Staaten mit schwierigen Lebensbedingungen nach den "für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung" bestimmt. Entsprechendes ergibt sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des EGMR im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/06 - NVwZ 2011, 413). Bereits in seinem Beschluss vom 25. Oktober 2012 (BVerwG 10 B 16.12 - juris Rn. 8 f.) hat der Senat dargelegt, dass der EGMR davon ausgeht, dass die Staaten - unbeschadet ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich derer aus der Konvention selbst - das Recht haben, die Einreise fremder Staatsbürger in ihr Hoheitsgebiet zu regeln (EGMR, Urteile vom 28. Mai 1985 - Nr. 15/1983/71/107-109, Abdulaziz u. a./Vereinigtes Königreich - NJW 1986, 3007 Rn. 67; vom 18. Oktober 2006 - Nr. 46410/99, Üner/Niederlande - NVwZ 2007, 1279 Rn. 54 und vom 28. Juni 2012 - Nr. 14499/09, A.A. u.a. - Rn. 71). Die Abschiebung durch einen Konventionsstaat kann aber dessen Verantwortlichkeit nach der Konvention begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. In einem solchen Fall ergibt sich aus Art. 3 EMRK die Verpflichtung, die Person nicht in dieses Land abzuschieben (stRspr, EGMR, Urteile vom 7. Juli 1989 - Nr. 1/1989/161/217, Soering/Vereinigtes Königreich - NJW 1990, 2183 Rn. 90 f. und vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi/Italien - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125). Allerdings können Ausländer kein Recht aus der Konvention auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 - Nr. 26565/05, N./Vereinigtes Königreich - NVwZ 2008, 1334 Rn. 42). So hat der EGMR ein Abschiebungsverbot aus Art. 3 EMRK zugunsten eines im fortgeschrittenen, tödlichen und unheilbaren Stadiums an Aids Erkrankten angenommen, weil die Abschiebung seinen Tod beschleunigen würde, er keine angemessene Behandlung erreichen könne und kein Beweis für irgendeine mögliche moralische oder soziale Unterstützung im Zielstaat zu erbringen sei (EGMR, Urteil vom 2. Mai 1997 - Nr. 146/1996/767/964, D./Vereinigtes Königreich - NVwZ 1998, 161 Rn. 52 f.). Zusammenfassend führt der Gerichtshof zur Herleitung eines Abschiebungsverbots aus Art. 3 EMRK aufgrund von Krankheiten aus, dass angesichts der grundlegenden Bedeutung von Art. 3 EMRK im System der Konvention zwar eine gewisse Flexibilität notwendig sei, um eine Ausweisung (expulsion) in besonderen Ausnahmefällen zu verhindern. Doch verpflichte Art. 3 EMRK die Staaten nicht, Fortschritte in der Medizin sowie Unterschiede in sozialen und wirtschaftlichen Standards durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 a.a.O. Rn. 44).

24

Wie der Senat in seinem Beschluss vom 25. Oktober 2012 (a.a.O. Rn. 9) ausgeführt hat, ist diese gefestigte Rechtsprechung durch das Urteil der Großen Kammer vom 21. Januar 2011 (a.a.O.) im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland nicht grundsätzlich revidiert worden. Dieses Urteil verhält sich - entgegen der Auffassung der Revision - erkennbar nicht zu den "für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung". Zwar hat der EGMR eine Verletzung von Art. 3 EMRK durch das Königreich Belgien als abschiebenden Staat angenommen, weil der betroffene Asylantragsteller mit seiner Überstellung an Griechenland als Signaturstaat der EMRK einer Situation äußerster materieller Armut ausgeliefert worden sei, was den belgischen Behörden bewusst gewesen sei (Rn. 263 f., 366 f.). Jedoch erstreckt diese Entscheidung den Schutzbereich des Art. 3 EMRK ausdrücklich nicht allgemein auf soziale Leistungsrechte; der EGMR betont vielmehr die Fortgeltung seiner insoweit sehr zurückhaltenden Rechtsprechung (Rn. 249 m.w.N.) und begründet seine Entscheidung mit dem Schutz der Menschenwürde von Personen, die - in einem ihnen völlig fremden Umfeld - vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig sind und behördlicher Gleichgültigkeit gegenüberstehen, obwohl sie sich in ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befinden (Rn. 253). Als eine hiernach in Betracht zu ziehende Personengruppe führt der EGMR die Gruppe der Asylsuchenden an, die er als besonders verletzlich und schutzbedürftig qualifiziert (Rn. 251, 259).

25

Dass damit keine generelle Erstreckung des Schutzes nach Art. 3 EMRK auf zu gewährleistende Standards im Heimatstaat des Betroffenen einhergeht, ergibt sich auch aus nachfolgenden Urteilen des EGMR (vgl. Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 9 m.w.N.). In seinem Urteil vom 28. Juni 2011 im Verfahren Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich (Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681) stellt der EGMR nochmals klar, dass in Abschiebungsfällen nur zu prüfen ist, ob unter Berücksichtigung aller Umstände ernstliche Gründe für die Annahme nachgewiesen worden sind, dass der Betroffene im Fall seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr liefe, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Wenn eine solche Gefahr nachgewiesen ist, verletzt die Abschiebung des Ausländers notwendig Art. 3 EMRK, einerlei, ob sich die Gefahr aus einer allgemeinen Situation der Gewalt ergibt, einem besonderen Merkmal des Ausländers oder einer Verbindung von beiden (Rn. 218). Zugleich weist der EGMR darauf hin, dass die sozio-ökonomischen und humanitären Verhältnisse im Bestimmungsland hingegen nicht notwendig für die Frage bedeutend und erst recht nicht dafür entscheidend sind, ob der Betroffene in diesem Gebiet wirklich der Gefahr einer Misshandlung unter Verstoß gegen Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Denn die Konvention zielt hauptsächlich darauf ab, bürgerliche und politische Rechte zu schützen. Die grundlegende Bedeutung von Art. 3 EMRK macht nach Auffassung des EGMR aber eine gewisse Flexibilität erforderlich, um in sehr ungewöhnlichen Fällen eine Abschiebung zu verhindern. In ganz außergewöhnlichen Fällen können daher auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung "zwingend" sind (Rn. 278). Nur soweit die schlechten humanitären Bedingungen - wie in Somalia - nicht nur oder überwiegend auf Armut oder fehlende staatliche Mittel beim Umgang mit Naturereignissen zurückzuführen sind, sondern überwiegend auf direkte und indirekte Aktionen der Konfliktparteien zurückgehen, hält der EGMR das im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (a.a.O.) entwickelte Kriterium für besser geeignet, nach dem die Fähigkeit des Beschwerdeführers berücksichtigt werden muss, seine elementaren Bedürfnisse zu befriedigen, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, weiter seine Verletzlichkeit für Misshandlungen und seine Aussicht auf eine Verbesserung der Lage in angemessener Zeit (Rn. 282 f.).

26

Welche Anforderungen sich aus dieser Rechtsprechung des EGMR im Einzelnen für Abschiebungen in den Herkunftsstaat bei schlechten humanitären Bedingungen ergeben, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst der EGMR geht in Bezug auf Afghanistan davon aus, dass die allgemeine Lage dort nicht so ernst ist, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK wäre (EGMR, Urteil vom 13. Oktober 2011 - Nr. 10611/09, Husseini/Schweden - NJOZ 2012, 952 Rn. 84). Auch auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen für eine allein auf die allgemeinen Lebensbedingungen im Herkunftsland gestützte Verletzung des Art. 3 EMRK ersichtlich nicht vor. Maßgeblich ist dabei die Perspektive des abschiebenden Staates, aus dessen Sicht zu prüfen ist, ob der Betroffene durch die Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Bei dieser Prüfung stellt der EGMR grundsätzlich auf den gesamten Abschiebungszielstaat ab und prüft zunächst, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an dem die Abschiebung endet (EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 a.a.O. Rn. 265, 301, 309). Das gilt auch bei der Beurteilung von Umständen, die nicht in die unmittelbare Verantwortung des Abschiebungszielstaates fallen, dem abschiebenden Staat nach Art. 3 EMRK aber dennoch eine Abschiebung des Ausländers verbieten.

27

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass derzeit nur eine Abschiebung nach Kabul möglich ist (UA S. 14). Zugleich hat es sich bezüglich der allgemeinen Lebensbedingungen in Kabul - im Rahmen seiner Ausführungen zu § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG - in tatsächlicher Hinsicht der Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs angeschlossen, dass zu erwarten sei, dass Rückkehrer dort durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten (UA S. 23). Die daran anschließende Bemerkung des Berufungsgerichts, aufgrund der schlechten Gesamtsituation dürfte ohne schützende Familien- und Stammesstrukturen eine Rückkehr nach Kabul selbst für gesunde alleinstehende Männer unter humanitären Gesichtspunkten "kaum zumutbar" sein, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Sie umfasst nicht die tatsächliche Feststellung, die sozio-ökonomischen und humanitären Verhältnisse im Abschiebezielstaat seien so schlecht, dass nach Art. 3 EMRK von einer Abschiebung zwingend abgesehen werden müsse. Mit dieser Formulierung bringt das Berufungsgericht lediglich seine Haltung zum Ausdruck, dass die rechtlichen "Hürden" des Bundesverwaltungsgerichts für die Annahme eines Abschiebungsverbots in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG seiner Auffassung nach zu hoch sind, und lässt in der Sache sein Bedauern erkennen, dass die oberste Landesbehörde für Afghanistan keinen generellen Abschiebestopp aus humanitären Gründen gemäß § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG angeordnet hat und das Gericht diese politische Entscheidung - unterhalb der hier nicht erreichten Grenze verfassungsrechtlich gebotenen Abschiebungsschutzes - nicht zu ersetzen vermag (Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 5).

28

Damit liegen die tatsächlichen Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG - ungeachtet des Umstandes, dass bei § 60 Abs. 2 AufenthG und bei § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in rechtlicher Hinsicht unterschiedliche Maßstäbe gelten - ersichtlich nicht vor. Selbst bei Zugrundelegung der - vom EGMR im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland für einen gänzlich anderen Anwendungsfall entwickelten und in den Verfahren Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich auf eine ebenfalls andere Ausgangssituation im Herkunftsstaat übertragenen - abgesenkten und auf die Situation besonderer Verletzlichkeit und Schutzbedürftigkeit bezogenen Maßstäbe ergäbe sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Verhältnissen in Kabul für den Kläger kein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK (Beschluss vom 25. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 10).

29

Auch insoweit bedarf es keiner Vorlage an den EuGH. Die Voraussetzungen, unter denen einen abschiebenden Staat aus Art. 3 EMRK ausnahmsweise eine Verantwortung für nicht dem Abschiebezielstaat oder anderen Akteuren zuzurechnende Umstände trifft, ergeben sich aus der Rechtsprechung des EGMR und werfen im vorliegenden Verfahren keine entscheidungserheblichen unionsrechtlichen Zweifelsfragen auf. Die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK ist bei der Auslegung des Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU zu beachten. Dass die Richtlinie in Bezug auf Art. 3 EMRK bei Umständen, die weder in die Verantwortung des Abschiebezielstaats noch eines sonstigen Akteurs fallen, keinen über die Rechtsprechung des EGMR hinausgehenden Schutz gewährt, ergibt sich schon aus Art. 6 der Richtlinie 2011/95/EU (früher: Art. 6 der Richtlinie 2004/83/EG). Denn dieser Vorschrift ist zu entnehmen, dass es nach den Vorstellungen des Richtliniengebers auch beim subsidiären Schutz grundsätzlich eines Akteurs bedarf, von dem ein ernsthafter Schaden ausgehen kann.

30

4. Kann der Senat mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen weder positiv noch negativ abschließend über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes entscheiden, so ist das Berufungsurteil schon aus diesem Grund aufzuheben und das Verfahren an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, ohne dass es auf die von der Revision fristgerecht erhobenen Verfahrensrügen ankommt. Zur Klarstellung weist der Senat allerdings darauf hin, dass die gerügten Verfahrensfehler nicht vorliegen. Insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen in den Beschlüssen des Senats vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 10 B 16.12 und 10 B 20.12 - zu vergleichbaren Verfahrensrügen des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Das Berufungsgericht hat auch nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, weil es den Rechtsstreit nicht dem EuGH vorgelegt hat. Ein solcher Verstoß scheidet schon deswegen aus, weil es nach Art. 267 Abs. 2 AEUV zwar zur Vorlage berechtigt, nicht aber verpflichtet ist. Unabhängig davon liegen die Voraussetzungen für eine Vorlage an den EuGH aber auch nicht vor. Die entscheidungserheblichen Fragen des Unionsrechts sind in der Rechtsprechung des EuGH geklärt bzw. unterliegen keinen Zweifeln, die eine Vorlage rechtfertigen oder gar gebieten. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen.

31

5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

32

5.1 Das Berufungsgericht wird hinsichtlich des Begehrens auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes vor allem mit Blick auf § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG auf aktueller Tatsachengrundlage zu klären haben, ob in der Herkunftsregion des Klägers ein bewaffneter Konflikt herrscht und ihm dort die Gefahren drohen, vor denen § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Schutz gewährt. Ist dies der Fall, hat es weiter zu prüfen, ob der Kläger nach § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG auf die Möglichkeit internen Schutzes in einem anderen Landesteil - insbesondere Kabul - verwiesen werden kann.

33

5.2 Kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes hat, wird es auf aktueller Erkenntnislage auch erneut über den Hilfsantrag des Klägers auf Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 und 3 AufenthG zu entscheiden haben.

34

a) Dabei kann dahinstehen, wie die Aussage des Berufungsgerichts bei § 60 Abs. 5 AufenthG zu verstehen ist, dass bezüglich Art. 3 EMRK die weitergehende und unionsrechtlich aufgeladene Schutznorm des § 60 Abs. 2 AufenthG "vorrangig, d.h. im vorliegenden Falle nicht zu prüfen" sei. Sollte das Berufungsgericht damit zum Ausdruck bringen wollen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK durch § 60 Abs. 2 AufenthG verdrängt wird, wäre dies allerdings nicht mit Bundesrecht zu vereinbaren.

35

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG (Urteil vom 11. November 1997 - BVerwG 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen ("zielstaatsbezogene" Abschiebungshindernisse).

36

Der Verweis auf Abschiebungsverbote, die sich aus der Anwendung der EMRK ergeben, umfasst auch das Verbot der Abschiebung in einen Zielstaat, in dem dem Ausländer unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von Art. 3 EMRK droht. Bei § 60 Abs. 5 AufenthG sind alle Verbürgungen der EMRK in den Blick zu nehmen, aus denen sich ein Abschiebungsverbot ergeben kann. Soweit § 60 Abs. 5 AufenthG die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung zu berücksichtigen (Art. 3 EMRK), ist der sachliche Regelungsbereich zwar weitgehend identisch mit dem unionsrechtlichen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG und geht über diesen, soweit Art. 3 EMRK in Rede steht, jedenfalls nicht hinaus. Denn § 60 Abs. 2 AufenthG knüpft - wie dargelegt - an Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EG an, der seinerseits die Verantwortung des Abschiebestaats nach Art. 3 EMRK übernimmt. Auch wenn bei Anträgen auf internationalen Schutz der unionsrechtliche Abschiebungsschutz - und damit auch das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG - vor dem nationalen Abschiebungsschutz zu prüfen ist, folgt hieraus in Bezug auf eine Verletzung des Art. 3 EMRK keine (verdrängende) Spezialität des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG, die eine Prüfung des § 60 Abs. 5 AufenthG bereits dem Grunde nach ausschließt. Die Gewährleistung nach nationalem Recht tritt vielmehr selbstständig neben die aus Unionsrecht. Eine tatbestandsausschließende Spezialität des § 60 Abs. 2 AufenthG wäre mit dem hohen Rang, den die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechtsgüter haben, unvereinbar. Damit ist hinsichtlich des Vorliegens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG in jedem Fall materiell zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 3 EMRK erfüllt sind. In Fällen, in denen - wie hier - gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet allerdings bei Verneinung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus, so dass in der Sache divergierende Bewertungen kaum denkbar sind.

37

b) Schließlich soll nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat auch dann abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Allerdings sind Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, grundsätzlich nur nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (Sperrwirkung).

38

Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Ausländer im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die ihn im Abschiebezielstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen kann, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Denn nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren (stRspr, vgl. Urteil vom 8. September 2012 - BVerwG 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 - Rn. 22 f. m.w.N.). Auch insoweit sind die Verhältnisse im ganzen Land in den Blick zu nehmen und - wie bei § 60 Abs. 2 und 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK - zunächst die Verhältnisse am Zielort der Abschiebung zu prüfen.

39

Das Berufungsgericht hat in Anwendung dieser Maßstäbe ein Abschiebungsverbot verneint, weil in tatsächlicher Hinsicht zu erwarten sei, dass Rückkehrer in Kabul durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten. Dabei hat es weder die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit, dass es infolge der problematischen Versorgungslage, die neben der Versorgung mit Lebensmitteln auch die medizinische Versorgung und die Versorgung mit Wohnraum umfasst, zur Beeinträchtigung fundamentaler Schutzgüter kommen werde, überspannt noch hat es seine tatrichterliche Überzeugung auf einer zu schmalen Tatsachenbasis gebildet. Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe im Rahmen der Beurteilung einer extremen Gefahrenlage die medizinische Versorgungslage nicht hinreichend berücksichtigt, verkennt sie, dass diese nur bei akut behandlungsbedürftigen Vorerkrankungen oder in Fällen von Bedeutung ist, in denen aufgrund der allgemeinen Lebensverhältnisse mit einer entsprechend hohen Wahrscheinlichkeit eine lebensbedrohliche Erkrankung zu erwarten ist, für die dann faktisch kein Zugang zu medizinischer (Grund-)Versorgung besteht (s.a. Beschluss vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 10 B 20.12 - Rn. 14).

40

Soweit das Berufungsgericht im Übrigen der Auffassung ist, das Bundesverwaltungsgericht stelle an das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung überzogene rechtliche Anforderungen, geben die Ausführungen dem Senat keine Veranlassung zu einer Änderung seiner Rechtsprechung. Das Berufungsgericht begründet seine Kritik damit, dass die Zumutbarkeit einer Rückkehr unter humanitären Gesichtspunkten, die es aufgrund der schlechten Gesamtsituation ohne schützende Familien- oder Stammesstrukturen selbst für gesunde alleinstehende Männer "kaum" für gegeben hält, nach der Rechtsprechung "kein zentraler Maßstab für die Bestimmung einer extremen Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG" sei. Mit diesen Erwägungen stellt es dem aus dem Verfassungsrecht abgeleiteten Rechtsbegriff der Zumutbarkeit eine eigene - mit außerrechtlichen Erwägungen begründete und enger gefasste - Zumutbarkeit gegenüber und vermischt damit die Grenze zwischen einer dem Betroffenen rechtlich (noch) zumutbaren und einer nicht (mehr) zumutbaren Rückkehr. Dabei vernachlässigt es zudem, dass es bei der verfassungskonformen Auslegung nicht um die Bestimmung eines aus Sicht des jeweiligen Gerichts "sinnvollen" und/oder "menschenrechtsfreundlichen" Abschiebungsschutzregimes geht, sondern um die Festlegung der Voraussetzungen, unter denen im gewaltenteilenden Rechtsstaat die Rechtsprechung befugt ist, über eine verfassungskonforme Auslegung ausnahmsweise die Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, allgemeine Gefahren nur im Rahmen einer Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen, unbeachtet zu lassen. Hierbei macht es in der Sache einen erheblichen Unterschied, ob ein Mensch ohne jeden Ausweg in eine Situation gebracht wird, in der er so gut wie keine Überlebensmöglichkeit hat, oder ob er bei allen - auch existenzbedrohenden - Schwierigkeiten nicht chancenlos ist, sondern die Möglichkeit hat, Einfluss auf sein Schicksal zu nehmen.

41

Die weiteren Zweifel des Berufungsgerichts, ob ein Obergericht revisionsrechtlich dazu verpflichtet werden könne, sich mit der abweichenden Einschätzung anderer Obergerichte auseinanderzusetzen, betreffen nicht den materiell-rechtlichen Maßstab für die Beurteilung einer extremen Gefahrenlage selbst. Die damit ausgedrückte Kritik an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an die tatrichterliche Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. Urteil vom 29. Juni 2010 - BVerwG 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226 Rn. 22) vernachlässigt, dass diese Auseinandersetzung nicht als Selbstzweck gefordert wird. Sie zielt auf eine Verbesserung der Entscheidungsqualität durch Verbreiterung der erkennbar in die tatrichterliche Bewertung eingestellten Tatsachen- und Argumentationsbasis. Dies gilt namentlich in Fällen, in denen es - wie hier - im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG um eine "Korrektur" des demokratisch legitimierten Gesetzgebers geht, für die im Rahmen der Tatsachen- und Lagebeurteilung eine umfassende Gesamtwürdigung der voraussichtlichen Lebensbedingungen im Abschiebezielstaat und der damit verbundenen Gefahren erforderlich ist.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.