Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 12. Juli 2018 - 9 K 12142/17

bei uns veröffentlicht am12.07.2018

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots.
Der am … 1990 geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger. Er reiste am 13.07.2002 im Wege der Familienzusammenführung gemeinsam mit seiner Mutter und seinen beiden Geschwistern zu dem bereits in Deutschland lebenden irakischen Vater. Seitdem lebt er ununterbrochen im Bundesgebiet. Am 23.10.2002 erteilte die Stadt Ludwigsburg dem Kläger eine bis zum 15.01.2003 befristete Aufenthaltsbefugnis, die zweimal verlängert wurde. Am 11.12.2006 erhielt der Kläger von der Stadt Ludwigsburg eine bis zum 10.12.2007 befristete Aufenthaltserlaubnis. Am 19.12.2007 beantragte der Kläger die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis.
Nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland besuchte der Kläger zunächst eine Sprachförderschule und wechselte anschließend in die 5. Klasse der J.-K.-Hauptschule. Er entglitt immer mehr dem erzieherischen Einfluss seiner Eltern. Deshalb und weil es zu erheblichen Fehlzeiten in der Schule gekommen war, wurde der Kläger im November 2004 in eine Schule für Erziehungshilfe umgeschult und in einer Außenwohngruppe der P. Pflege in L.-W. untergebracht. Nachdem es zu erheblichen Schwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten in der Schule gekommen war, wurde der Kläger im Juni 2006 ausgeschult. Wegen des Schulausschlusses konnte er nicht länger in der Wohngruppe bleiben und kehrte zu seinen Eltern zurück. Ab 2006 besuchte der Kläger die O.-W.-Berufsschule in L.. Da der Kläger seiner Schulpflicht nicht nachkam, wurde er im April 2007 vom weiteren Schulbesuch ausgeschlossen. Anschließend besuchte er einen Kurs des Berufsfortbildungswerks im Projekt „Neue Chancen“. Aufgrund häufiger Fehlzeiten wurde er im Frühjahr 2008 vom weiteren Schulbesuch ausgeschlossen. In der Folgezeit besuchte er keine Schule mehr und ging keiner Arbeit nach. Die Eltern des Klägers haben sich im Juni 2007 getrennt. Der Vater verzog nach der Trennung nach Pforzheim, hält aber weiterhin Kontakt zu seiner Familie. Zeitweise war der Kläger als Lagerarbeiter tätig.
Während seines Aufenthalts im Bundesgebiet ist der Kläger wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
1. Urteil des Amtsgerichts Waiblingen vom 04.07.2006: Arbeitsauflage wegen Diebstahls.
2. Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 19.07.2007: Zwei Wochen Jugendarrest wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen, Diebstahls in zwei Fällen und Unterschlagung.
3. Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 27.11.2007: Jugendstrafe von 10 Monaten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen, Diebstahls in drei Fällen, Körperverletzung und gemeinschaftlicher Sachbeschädigung. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
4. Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 04.03.2008: Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und zwei Monaten wegen Betrugs geringwertiger Sachen, Fahrens ohne Fahrerlaubnis, unbefugtem Gebrauchs eines Kraftfahrzeugs in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis. Die Verurteilung durch das Amtsgericht Ludwigsburg vom 27.11.2007 wurde in das Strafmaß einbezogen.
5. Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 29.04.2008: Jugendstrafe von zwei Jahren wegen Betrugs in zwei Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, Unfallflucht in zwei Fällen in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis. Die Verurteilung durch das Amtsgericht Ludwigsburg vom 04.03.2008 wurde in das Strafmaß einbezogen.
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6. Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15.12.2008: Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Das Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 29.04.2008 wurde in das Strafmaß einbezogen.
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7. Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 26.07.2011: Jugendstrafe von vier Jahren wegen gemeinschaftlichen Raubs in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Körperverletzung. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15.12.2008 wurde in das Strafmaß einbezogen. Der Rest der Jugendstrafe wurde zur Bewährung bis zum 09.01.2015 ausgesetzt.
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8. Urteil des Amtsgerichts Offenburg vom 17.01.2013: Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je zehn Euro wegen Erschleichens von Leistungen.
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9. Urteil des Landgerichts Münster vom 04.09.2013: Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten wegen schweren Raubes.
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Im Mai 2009 prüfte das Regierungspräsidium Stuttgart im Fall des Klägers die Ausweisungsvoraussetzungen. Aus den im Rahmen dessen seitens der Staatsanwaltschaft Stuttgart übersandten Dokumenten (Protokoll zur Beschuldigtenvernehmung, persönliche Schreiben des Klägers an eine Richterin am Amtsgericht Ludwigsburg und an den Vorsitzenden Richter der zuständigen Strafkammer des Landgerichts Stuttgart, Protokoll zur Haftprüfung vom 26.08.2008, Jugendhilfebericht des Landratsamts Ludwigsburg vom 21.11.2008 sowie jugendpsychiatrisches Sachverständigengutachten vom 24.11.2008) ging unter anderem hervor, dass der Kläger seine eigene Beteiligung an der Schlägerei vom 07.06.2008 verneine und seine Unschuld beteuere. Der Kläger habe angegeben, dass er durch die Inhaftierung verstanden habe, dass er sein Verhalten ändern müsse. Er wolle gerne seinen Schulabschluss machen. Der Kläger sei seit seiner Ausreise aus dem Irak nicht mehr zurückgereist und habe dort auch keine Verwandten mehr. Die Familie des Klägers habe diesen regelmäßig in der Haft besucht und wolle im Fall einer Entlassung die Verantwortung für ihn übernehmen. Im Rahmen eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens wurde ausgeführt, dass der Kläger über intellektuelle Fähigkeiten am unteren Rand des Normspektrums verfüge. Die intellektuelle Schwäche betreffe dabei nicht nur die bildungsabhängigen Bereiche, sondern auch die Handlungskompetenz und das situative Verständnis. Die soziale und sprachliche Integration sei diesem nach seiner Übersiedlung nach Deutschland noch nicht gelungen. Der Kläger sei noch naiv und kritiklos. Trotz seines Reiferückstandes sei der Kläger aber zu autonomen Entscheidungen und zur Bildung eines moralischen Urteils in der Lage. Weiter wurde ausgeführt, es sei nicht fernliegend, dass der Kläger während seiner Kindheit im Irak, im Zusammenhang mit seiner Übersiedlung nach Deutschland und wegen des Auseinanderbrechens seiner Familie besonders belastende Erfahrungen gemacht habe. Diese hätten sich aber nicht im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung verdichtet. Die erfahrenen Belastungen hätten zwar zu einer unspezifischen dissozialen Fehlentwicklung geführt, der aber kein Krankheitswert zukomme. Im Rahmen einer vom Regierungspräsidium Stuttgart angeforderten Stellungnahme zum Vollzugsverlauf des Klägers vom 18.11.2009 wurde ausgeführt, dass der Kläger keine konkreten Angebote bezüglich seiner Gewaltproblematik angenommen habe, jedoch auch nicht negativ aufgefallen sei. Ferner sei er aufgrund seines Leistungsstandes nicht in die Hauptschule übernommen worden. Er habe aber den Staplerführerschein erworben und erneut den Aufbaukurs der Schule besucht.
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Mit Bescheid vom 25.11.2009 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus dem Bundesgebiet aus und lehnte seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab. Weiter wurde dem Kläger die Abschiebung in den Irak ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht. Für den Fall, dass im Zeitpunkt der Haftentlassung eine Abschiebung nicht erfolgt, wurde ihm mit einer Ausreisefrist von einem Monat die Abschiebung in den Irak angedroht. Am 18.12.2009 erhob der Kläger Klage und beantragte, den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.11.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, seine Aufenthaltserlaubnis zu verlängern. Die Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30.03.2010 rechtskräftig abgewiesen (Az.: 11 K 4696/09).
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Mit Beschluss des Amtsgerichts Adelsheim vom 16.08.2010 wurde die Vollstreckung der Restjugendstrafe unter Auflagen zur Bewährung ausgesetzt. Der Kläger wurde am 01.09.2010 aus der Haft entlassen. Eine Abschiebung erfolgte nicht.
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Am 20.09.2010 stellte der Kläger einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 17.01.2011 abgelehnt und die Abschiebung in den Irak angedroht. Der weitere Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet wurde geduldet.
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Im Rahmen der Verbüßung der Haftstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Münster vom 04.09.2013 wurde der Kläger zur Ermittlung der Notwendigkeit einer Sozialtherapie am 16.09.2014 in die Justizvollzugsanstalt Offenburg verlegt. Anschließend erfolgte eine Verlegung in die sozialtherapeutische Anstalt im Justizvollzugskrankenhaus H.. In der Zeit vom 04.04.2017 bis zum 18.04.2018 war der Kläger in der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall inhaftiert.
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Im April 2017 prüfte das Regierungspräsidium Stuttgart die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots. Dem Kläger wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
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Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.05.2017 führte der Kläger aus, dass er mit einer deutschen Staatsangehörigen verlobt sei. Diese habe sich bereits beim Standesamt nach den erforderlichen Dokumenten für eine Eheschließung erkundigt. Zudem besuchten die Verlobte sowie die anderen Familienmitglieder ihn regelmäßig in der Haft. Er habe die Suchtgruppe in der Haft besucht und versuche, sich seinen Drogen- und Alkoholproblemen zu stellen. Hierbei habe er bereits erkennbare Fortschritte gemacht. Zudem sei die derzeitig bestehende instabile Lage im Irak bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Im Rahmen der Entscheidung über die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots solle zudem berücksichtigt werden, dass er eine Ehe sowie ein Familienleben mit den in Deutschland lebenden Familienangehörigen nicht aus dem Irak führen könne. Es gebe dort auch keine Therapiemöglichkeiten. Dem Anwaltsschreiben wurden ein Abschlussbericht der Suchtgruppe der sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg vom 17.02.2017 sowie ein Schreiben dieser Anstalt vom 02.02.2017 beigefügt. In dem Abschlussbericht der Suchtgruppe wurde aufgeführt, dass der Kläger einige Fehlzeiten aufweise. Zudem schwanke seine Motivation an der Teilnahme. Dennoch habe der Kläger erkannt, welche Faktoren einen Rückfall begünstigten und wie er einen Rückfall vermeiden könne. Er neige zu Verharmlosungen, habe aber dennoch erkannt, dass der Alkohol ein größeres Problemfeld darstelle. Der Kläger bemühe sich im Rahmen seiner Möglichkeiten, sein Drogen- und Alkoholproblem zu erkennen und Lösungsstrategien hierfür zu suchen.
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Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens übersandte die Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall am 08.06.2017 Stellungnahmen der sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg vom 11.01.2016, 17.03.2016 und 12.05.2017 sowie eine eigene Stellungnahme über die Frage einer bewährungsweisen Entlassung des Klägers gemäß §§ 57, 57a StGB. In den Stellungnahmen der sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich bei dem Kläger diagnostisch das Bild einer dissozialen Persönlichkeitsstörung zeige. Diese äußere sich in einer Missachtung von sozialen Verpflichtungen, Regeln und Gesetzen, einem Mangel an Gefühlen für andere sowie in einer Neigung zu gewalttätigem Verhalten. Die Frustrationstoleranz und Kritikfähigkeit des Klägers seien gering ausgeprägt. Zudem neige er dazu, andere zu beschuldigen und sein eigenes Verhalten zu rationalisieren. Er sei stets auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Ferner bestehe bei dem Kläger eine deutliche Beziehungs- und Bindungsstörung. Aufgrund eines in der Vorgeschichte berichteten Schädel-Hirn-Traumas bestehe der Verdacht eines postkonsionellen Psychosyndroms, zu welchem allerdings keine validen medizinischen Unterlagen vorlägen. Dieses zeige sich in Konzentrationsstörungen, Minderbelastbarkeit, Umstellungserschwernis und Affektlabilität mit Antriebsstörungen und schneller Ermüd- und Erschöpfbarkeit. Seit der Kindheit des Klägers bestehe eine unbehandelte hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens, die sich unter anderem in vielfachen Verhaltensauffälligkeiten im Sinne von mangelnder Disziplin, Gehorsamkeit, Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit, Lügen, Beginn körperlicher Auseinandersetzungen, mehrtägiger Abwesenheit/Weglaufen von Zuhause, strafrechtlichen Auffälligkeiten und polytropem Suchtmittelkonsum darstelle. Aus der Aktenlage sowie den Einlassungen des Klägers ergebe sich ein schwerer Alkoholmissbrauch an der Grenze zur Abhängigkeit, der durch Enthemmung die Begehung von Straftaten zumindest in einem gewissen Grad mitbedinge, sowie ein polytroper Substanzmissbrauch von Cannabis, Kokain und Amphetaminen. Eine Abhängigkeitserkrankung bezüglich Alkohols könne aufgrund fehlender Kriterien nicht valide festgestellt werden. Der Alkoholkonsum könne zudem nicht eindeutig als Ursache für Einschränkungen seiner beruflichen und sozialen Leistungsfähigkeit identifiziert werden. Bei dem Kläger bestehe eine allgemeine Neigung zum Konsum von Suchtmitteln.
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Das allgemeine sowie einschlägige Rückfallrisiko im Hinblick auf Gewaltstraftaten sei bei dem Kläger auf Grundlage der Anwendung standardisierter kriminalprognostischer Instrumente als hoch eingeschätzt worden. In der Wohngruppe habe sich der Kläger dennoch gut eingefunden. Er habe regelmäßig an den Sitzungen teilgenommen und sich auch aktiv beteiligt. Dennoch falle immer wieder das jugendliche Verhalten des Klägers auf. Obwohl der Kläger in seinem Verhalten Fortschritte erreicht habe, würden die bisher erzielten Erfolge nicht ausreichen, um das Rückfallrisiko signifikant zu senken. Bei einer Routinekontrolle des Haftraums des Klägers am 04.04.2017 seien mehrere SIM-Karten gefunden worden. Deren Auswertung habe ergeben, dass der Kläger aus der Zelle gefilmt und sich im Internet, insbesondere auch in sozialen Medien bewegt habe. Wegen dieses Regelverstoßes und aufgrund der deutlichen Gefährdung von Sicherheit und Ordnung der Anstalt und nicht zuletzt aufgrund der brüchigen und immer wieder einbrechenden Mitarbeit und Behandlungsmotivation des Klägers erfolgte am 04.04.2017 in Rücksprache mit der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch-Hall eine Zurückverlegung dorthin. Im Nachhinein wurde bei der Auswertung der Daten noch festgestellt, dass sich der Kläger bereits seit Oktober 2016 in den „sozialen Medien“ bewegte und auch Mitgefangene davon überzeugte, sein Handy zu benutzen.
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Weiter wurde in der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall gegenüber der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 08.06.2017 einer bewährungsweisen Haftentlassung entgegengetreten und ausgeführt, dass der Kläger in den vergangenen Wochen von verschiedensten Fachbereichen als sehr fordernd und extrem ungeduldig wahrgenommen worden sei. Darüber hinaus habe er versucht, sämtliche Bedienstete für seine Zwecke zu instrumentalisieren. Er stelle auf dem Stockwerk eine Belastung dar, indem er häufig die Haftraumkommunikationsanlage benutze und den Vollzugsablauf durch immer sehr dringende Anliegen störe. Durch sein Verhalten in der Sozialtherapie habe der Kläger gezeigt, dass er zwar therapiebedürftig, aber nicht -fähig bzw. -willig sei. Der Kläger beherrsche seine Muttersprache und habe in der Vergangenheit mehrfach für Mitgefangene gedolmetscht. Seine Mutter, seine Geschwister, seine Verlobte sowie ein Onkel und eine Nichte hätten ihn regelmäßig in der Haft besucht. Zusammenfassend könne dem Kläger ohne eine entsprechende Aufarbeitung seiner vielfältigen Problematiken keine günstige Sozial- und Legalprognose gestellt werden. Mit E-Mail vom 20.06.2017 teilte die Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall mit, dass der Kläger plane, seine Verlobte zu heiraten, allerdings noch kein Termin bekannt sei. Er habe angegeben, dass noch Unterlagen aus dem Irak fehlten, welche aber bereits angefordert worden seien.
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Mit Verfügung vom 29.06.2017 befristete das Regierungspräsidium Stuttgart das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf einen Zeitraum von acht Jahren. Zur Begründung führte es aus, dass die Voraussetzungen für eine Aufhebung des mit der Ausweisung verbundenen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 4 AufenthG nicht vorlägen. Daher sei nach der Änderung des § 11 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung zum 01.08.2015 von Amts wegen und einheitlich über die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu entscheiden. Über die Länge der Frist sei gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen zu entscheiden. Dabei seien alle bekannten und vorgetragenen sowie denkbaren Gesichtspunkte zu berücksichtigen wie die aktuelle Lebenssituation, schutzwürdige Bindungen im Bundesgebiet, das Maß der Widerholungsgefahr und ähnliches. Bei der Bemessung der Frist sei auf die von dem Bundesverwaltungsgericht aufgestellte Zwei-Schritt-Prüfung abzustellen. Im Hinblick darauf, dass den Kläger weder die Ausweisung noch Vorverurteilungen noch eine weitere Verurteilung noch eine erneute Hafterfahrung zur Warnung hätten dienen können, sei in einem ersten Schritt ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Dauer von 10 Jahren zu bestimmen. Auch die Sozialprognose habe ergeben, dass das allgemeine sowie einschlägige Rückfallrisiko im Hinblick auf Gewaltstraftaten bei dem Kläger als hoch einzuschätzen sei. Obwohl der Kläger sich bemüht zeige, sei die Prognose für die Zukunft dennoch ungewiss. Es sei zu erwarten, dass erst durch eine zehnjährige Abwesenheit des Klägers aus dem Bundesgebiet die Wiederholungsgefahr und das von ihm ausgehende Gefährdungspotential gemindert würden. Der damit verbundene Eingriff in Art. 8 EMRK sei wegen der hohen und konkreten Wiederholungsgefahr gerechtfertigt. Im Hinblick auf den spezialpräventiven Ausweisungszweck sei die Frist von 10 Jahren ab Ausreise oder Abschiebung nicht unverhältnismäßige Folge der in eigener Verantwortung des Klägers begangenen Straftaten.
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Diese Frist von 10 Jahren sei in einem zweiten Schritt aufgrund der Bindungen des Klägers im Bundesgebiet zu reduzieren. Zugunsten des Klägers sei zu berücksichtigen, dass dieser sich bereits seit 15 Jahren im Bundesgebiet aufhalte und er mit einer Ausweisung sein soziales Umfeld verliere. Zu seiner Familie, die in Deutschland lebe, pflege er ein gutes Verhältnis. Zudem habe er eine deutsche Verlobte, mit der er die Eheschließung plane. Diese Umstände rechtfertigten eine Herabsetzung der Befristung auf insgesamt acht Jahre. Die Festsetzung einer Sperrfrist von acht Jahren sei erforderlich, aber auch ausreichend. Durch seine nicht nur vereinzelten und zum Teil schwerwiegenden Straftaten habe er seine Gefährlichkeit dokumentiert.
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Am 19.07.2017 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Zur Begründung seiner Klage wiederholt und vertieft der Kläger sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Weiter führt er aus, dass bei der Festlegung der Sperrfrist verkannt worden sei, dass er zuletzt vor vier Jahren verurteilt worden sei. Zudem habe er in der Haft eine Suchtgruppe besucht. Es seien Fortschritte hinsichtlich seines Verhaltens erkennbar. Die Befristung sei auch im Hinblick auf Art. 6 GG unverhältnismäßig und rechtswidrig. Er unterhalte eine stabile Beziehung mit einer deutschen Staatsangehörigen. Nachdem bereits eine Verlobung erfolgt sei, stehe eine Eheschließung unmittelbar bevor. Auch pflege er regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie. Im Irak habe er keine Verwandten. Sein Geburtsland sei ihm fremd geblieben, da er dieses bereits in jungen Jahren verlassen habe. Insbesondere beherrsche er seine Muttersprache nur unzulänglich. Er sei mit den dortigen Lebensverhältnissen und kulturellen Gepflogenheiten nicht vertraut. Es werde ihm daher nicht gelingen, im Irak Fuß zu fassen.
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Er beantragt,
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den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.06.2017 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
29 
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
31 
Zur Begründung wurde auf den Bescheid vom 29.06.2018 verwiesen.
32 
Mit Beschluss vom 27.09.2017 (S 10 StVK 577-578/17) entschied das Landgericht Heilbronn, dass der aus dem Urteil des Landgerichts Münster vom 04.09.2013 und dem Urteil des Amtsgerichts Leonberg vom 26.07.2011 noch zu verbüßende Strafrest nicht zur Bewährung ausgesetzt wird. Zur Begründung berief es sich u.a. auf das eingeholte nervenärztliche Sachverständigengutachten des Dr. H. (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Chefarzt der Suchtklinik für Suchttherapie, Klinikum am W.) vom 17.07.2017, welches zu dem Ergebnis kam, dass bei dem Kläger eine dissoziale Persönlichkeitsstörung vorliege (ICD10 F 60.2) und insgesamt aus sachverständiger Sicht neben einigen kriminalprognostisch positiven eine Reihe von neutralen und (teils auch gewichtigen) negativen kriminalprognostischen Faktoren vorlägen. Hier sei insbesondere auch das die (prognostisch bedeutsame) Neigung zu wiederkehrenden Norm- und Regelverletzungen widerspiegelnde, lebensgeschichtlich nicht auf bestimmte - etwa kritische - Phasen begrenzte, über einen langen Zeitraum wiederkehrende Auftreten deliquenter Handlungen bedeutsam. In einer abwägenden Gesamtschau aller vorliegenden prognostischen Faktoren lasse sich aus sachverständiger Sicht derzeit eine für eine bedingte Entlassung ausreichend günstige Kriminalprognose im Sinne des § 454 Abs. 2 StPO nicht stellen. Dass bei dem Kläger keine Gefahr mehr bestehe, dass dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbestehe, lasse sich aus sachverständiger Sicht derzeit noch nicht konstatieren. Für eine relevante Verbesserung der Kriminalprognose wäre das erfolgreiche Durchlaufen der Sozialtherapie geeignet gewesen. Das erfolgreiche Durchlaufen einer Entwöhnungsbehandlung könne die Kriminalprognose verbessern, allerdings lägen auch dadurch nicht direkt beeinflussbare negative Faktoren vor. Naturgemäß könne eine solche Entwöhnungsbehandlung auch wieder scheitern. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Heilbronn vom 27.09.2017 wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart (2 VS 283/17) vom 09.11.2017 verworfen.
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In der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall vom 14.02.2018 zur vorzeitigen Entlassung des Klägers gemäß § 57 StGB führte diese aus, der Kläger sei mittlerweile ruhiger geworden, trete weniger fordernd auf und könne mit seinen Anliegen bisweilen auch warten. Zudem sei sein Verhalten zu den Bediensteten freundlicher geworden. Im letzten Jahr sei es wegen „Pendelns“, Notrufmissbrauchs und einer körperlichen Auseinandersetzung zu Disziplinarmaßnahmen gekommen. Seit diesem Jahr seien noch keine Disziplinierungen notwendig geworden. Sein Erscheinen bei der Arbeit im Werksbereich sei nicht verlässlich gewesen. Der Kläger habe sich an eine externe Drogenberatung gewandt und eine stationäre Suchttherapie beantragt. Es sei für den Kläger nach wie vor wichtig, dass er therapeutisch behandelt werden könne. Eine stationäre Therapieeinrichtung und psychotherapeutische Gespräche über die Forensische Ambulanz böten diese Möglichkeit. Es stehe dem Kläger ein stationärer Therapieplatz ab dem 14.02.2018 zur Verfügung; bei der Forensischen Ambulanz sei er angemeldet. Deshalb könne eine vorzeitige Entlassung direkt in die stationäre Therapieeinrichtung befürwortet werden.
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Der seitens des Landgerichts Heilbronn erneut mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragte Sachverständige Dr. H. führte in seinem ergänzenden nervenärztlichen Gutachten vom 02.03.2018 aus, dass nach wie vor eine für eine bedingte Entlassung günstige Kriminalprognose nicht gestellt werden könne. Verändert habe sich seit der letzten Begutachtung das bessere Vollzugsverhalten sowie die Zusage zu einem Therapieplatz. Wie bereits in der letzten Begutachtung ausgeführt, könne das erfolgreiche Durchlaufen einer Entwöhnungsbehandlung die Kriminalprognose nicht unerheblich verbessern, allerdings lägen auch dadurch nicht direkt beeinflussbare negative Faktoren vor (die aber zu einem Gutteil statisch und nicht mehr beeinflussbar seien). Eine Entlassung zum Endstrafenzeitpunkt ohne die Durchführung einer entsprechenden therapeutischen Maßnahme sei aber kriminalprognostisch besonders ungünstig.
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Mit Beschluss vom 05.04.2018 setzte das Landgericht Heilbronn u.a. die Vollstreckung des Strafrests der mit Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 26.07.2011 verhängten Jugendstrafe von 4 Jahren ab 19.04.2018 zur Bewährung aus (Ziffer 1), setzte weiter fest, dass die Bewährungszeit 3 Jahre beträgt (Ziffer 2) und wies den Kläger an, sich nach der Entlassung sofort und unmittelbar in die Fachklinik Haus R. in W. zu begeben, dort die vorgesehene stationäre Therapie zu beginnen, an dieser bis zum festgesetzten Behandlungsende teilzunehmen und alles zu unterlassen, was zur disziplinarischen Beendigung der Therapie führen könnte. In der Begründung hieß es, dass unter Berücksichtigung des verbesserten Vollzugsverhaltens sowie der Zusage zu einem Therapieplatz eine bedingte Entlassung nunmehr erfolgen könne. Das Verhalten des Klägers zeige, dass es ihm ernst sei, eine stationäre Therapie anzutreten, nachdem er sich zuletzt intensiv um diesen Therapieplatz bemüht habe. Auch sei bei der mündlichen Anhörung zu erkennen gewesen, dass der Kläger durch das Durchlaufen einer Entwöhnungsbehandlung seine Suchtproblematik überwinden wolle. Zwar liege bei ihm auch eine dissoziale Persönlichkeitsstörung vor, jedoch biete die Fachklinik R. ein Behandlungskonzept für Sucht und Psychose. Dort würden alkohol- und drogenabhängige Männer ab 18 Jahren mit zusätzlichen psychiatrischen Erkrankungen aufgenommen, die eine stationäre medizinische Rehabilitation benötigten. Die vorgesehene Behandlung sei daher geeignet, sowohl die Suchtproblematik als auch die dissoziale Persönlichkeitsstörung des Verurteilten zu behandeln. Es wurde weitergehend darauf hingewiesen, dass sich der Kläger darüber im Klaren sein müsse, dass er beim Nichtantritt der Therapie, bei einem von ihm verschuldeten Abbruch der stationären Behandlung, einem Verstoß gegen die ihm erteilten Weisungen und Auflagen, insbesondere einer mangelnden Zusammenarbeit mit dem Bewährungshelfer, erneutem Alkohol- oder Drogenkonsum oder einer erneuten Straffälligkeit unweigerlich mit dem Widerruf der bedingten Entlassung rechnen müsse.
36 
Am 18.04.2018 wurde der Kläger aus der Haft entlassen. Er trat die Therapie in der Fachklinik R. nicht an. Derzeit wohnt er bei seiner Verlobten in G..
37 
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzende Angaben gemacht. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12.07.2018 verwiesen. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlungen ergänzende Ausführungen zu seiner Ermessensentscheidung getätigt. Hinsichtlich des Inhalts wird ebenfalls auf die Sitzungsniederschrift vom 12.07.2018 verwiesen.
38 
Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Behördenakten und der Gefangenenpersonalakten verwiesen, welche dem Gericht vorliegen.

Entscheidungsgründe

 
39 
Die Klage ist zulässig. Sie ist als Verpflichtungsklage in Form der Bescheidungsklage statthaft (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
40 
Die Aufhebung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG hat der Kläger nicht beantragt, weshalb hierüber auch nicht zu entscheiden war (§ 88 VwGO - ne ultra petita).
41 
Die Klage ist jedoch sachlich nicht begründet.
42 
Dem Kläger steht kein Anspruch auf eine erneute Entscheidung des Beklagten über die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Befristung des an die Ausweisung anknüpfenden (1.) als auch im Hinblick auf die Befristung des an die Abschiebung anknüpfenden Einreise- und Aufenthaltsverbots (2.), über welche der Beklagte einheitlich entschieden hat.
43 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris). Anwendung findet daher das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.02.2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 08.03.2018.
44 
1. Die Befristung des an die mit bestandskräftigem Bescheid vom 25.11.2009 verfügte Ausweisung anknüpfenden Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 2 und 3 AufenthG auf acht Jahre ist nicht zu beanstanden.
45 
Nach § 11 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden (Einreise- und Aufenthaltsverbot). Nach § 11 Abs. 2 AufenthG ist das mit einer Ausweisung verbundene Einreise- und Aufenthaltsverbot von Amts wegen zu befristen (Satz 1). Die Frist beginnt mit der Ausreise (Satz 2) und ist gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung festzusetzen (Satz 3). Über die Länge der Frist wird nach § 11 Abs. 3 AufenthG nach Ermessen entschieden (Satz 1). Die Frist darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht (Satz 2), und soll zehn Jahre nicht überschreiten (Satz 3).
46 
Angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG steht die Entscheidung über die Länge der Frist für die Wirkungen der Ausweisung nunmehr im Ermessen der Behörde (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris). Diese Ermessensentscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat sich bei der Art und Weise der Fristbestimmung an den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts orientiert (a.), der Beklagte konnte die Frist auf mehr als fünf Jahre festsetzen (b.) und die Ermessensentscheidung ist frei von Ermessensfehlern (c.), § 114 Satz 1 VwGO. Darüber hinaus steht die Befristung im Einklang mit den verfassungs- und konventionsrechtlichen Wertvorgaben des Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK (d.).
47 
a.) Die Ausländerbehörde muss bei der allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzenden Frist das Gewicht des Ausweisungsinteresses und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck berücksichtigen. Hierzu bedarf es in einem ersten Schritt der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das seiner Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr begründet (hierzu und zum Folgenden: vgl. BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 23). Die auf diese Weise an der Erreichung des Ausweisungszwecks ermittelte Höchstfrist muss von der Behörde in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, das heißt verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) sowie konventionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 8 EMRK, gemessen und gegebenenfalls relativiert werden. Über dieses normative Korrektiv lassen sich auch bei einer Ermessensentscheidung die einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen begrenzen. Dabei sind von der Ausländerbehörde nicht nur die nach § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG schutzwürdigen Bleibeinteressen des Ausländers in den Blick zu nehmen, sondern es bedarf nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls einer umfassenden Abwägung der betroffenen Belange.
48 
Der Beklagte hat unter Zugrundelegung dieser Kriterien (Bl. 16 ff. der Verfügung) das Einreise- und Aufenthaltsverbot anhand einer zweistufigen Prüfung zunächst im ersten Schritt auf zehn Jahre festgesetzt und sodann in einem zweiten Schritt auf acht Jahre nach Ausreise oder Abschiebung reduziert.
49 
b.) Die seitens des Beklagten in einem ersten Schritt bemessene Frist von zehn Jahren war nicht zu beanstanden.
50 
Denn der Beklagte konnte den Rahmen, innerhalb der sich die Dauer der Befristung zu bewegen hat, auf eine Frist von über fünf Jahren festlegen. Da der Kläger aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen wurde, galt hier die Obergrenze des § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von fünf Jahren nicht, vielmehr war die in § 11 Abs. 3 Satz 3 AufenthG normierte „Soll“-Grenze von maximal zehn Jahren maßgeblich, die nur in - hier nicht gegebenen - atypischen Fällen überschritten werden darf.
51 
Im genannten ersten Schritt der Bemessung der Frist auf zehn Jahre war weiterhin einzustellen, dass der Kläger zuletzt wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (2008), wegen gemeinschaftlichen Raubes in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Körperverletzung (2011) und wegen schweren Raubes (2013) verurteilt worden war. Der Kläger wurde damit wegen schwerer bis schwerster Verbrechen verurteilt. Das Ausweisungsinteresse des Klägers wiegt gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1, 1a AufenthG auch nach neuer Rechtslage besonders schwer.
52 
c.) Der Beklagte hat weitergehend bei der Bemessung der Frist alle relevanten Gesichtspunkte in sein Ermessen eingestellt und ist zutreffend von der fortbestehenden Gefahr erneuter Straffälligkeit des Klägers ausgegangen, die er überzeugend aus der erheblichen Zahl der vom Kläger begangenen Straftaten, der hohen Begehungsfrequenz, der Rückfallgeschwindigkeit, dem Umstand, dass der Kläger in Kenntnis der aufenthaltsrechtlichen Folgen seines strafbaren Verhaltens wieder straffällig geworden ist, der Begehung von Straftaten innerhalb der Bewährungszeit und dessen fehlendem Bewusstseinswandel abgeleitet hat.
53 
Es ist nachvollziehbar, dass der Beklagte bei der von ihm anzustellenden Gefahrenprognose u.a. auf die Rückfallgeschwindigkeit sowie die Umstände abgestellt hat, dass der Kläger die Straftaten innerhalb der Bewährungszeit und in Kenntnis der aufenthaltsrechtlichen Folgen seines strafbaren Verhaltens beging. Denn der Kläger wurde nach seiner Ausweisung noch mehrfach straffällig und strafrechtlich verurteilt. Er wurde am 26.07.2011 wegen gemeinschaftlichen Raubs in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Körperverletzung zu einer Einheitsjugendstrafe von 4 Jahren verurteilt. Tattage waren der 11.02.2011 und 10.04.2011. Damit wurden die abgeurteilten Taten nur etwas mehr als fünf bzw. sieben Monate nach der am 01.09.2010 erfolgten bedingten bewährungsweisen Haftentlassung begangen. Das Landgericht Münster verurteilte ihn am 04.09.2013 wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 9 Monaten. Tattag war der 23.02.2013. Die abgeurteilte Tat wurde somit nur etwas mehr als ein Jahr nach der Haftentlassung am 10.01.2012 in eine Fachklinik begangen.
54 
Bei der prognostischen Einschätzung, wie lange das Verhalten des Klägers das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr noch begründet, wie hoch also nach dem Verhalten des Klägers nach der letzten Verurteilung die Gefahr einzuschätzen ist, dass er im Fall einer Rückkehr nach Deutschland erneut Straftaten (gleicher Art) begehen wird, durfte der Beklagte darüber hinaus die Prognosen der sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg vom 11.01.2016, 17.03.2016 und 12.05.2017 sowie die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall über die Frage einer bewährungsweisen Entlassung des Klägers gemäß §§ 57, 57a StGB vom 08.06.2017 berücksichtigen, die einheitlich zu dem Ergebnis kamen, dass der Kläger erneut straffällig werde. Bei dem Kläger zeigt sich diagnostisch das Bild einer dissozialen Persönlichkeitsstörung, was sich in einer Missachtung von sozialen Verpflichtungen, Regeln und Gesetzen, einem Mangel an Gefühlen für andere sowie in einer Neigung zu gewalttätigem Verhalten äußert. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass der Kläger in seinem Verhalten Fortschritte erzielt hat, denn diese Erfolge genügten nicht, um das Rückfallrisiko signifikant zu senken. Bestätigt wurde dies nochmals durch die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall vom 08.06.2017, wonach dem Kläger ohne eine entsprechende Aufarbeitung seiner vielfältigen Problematiken keine günstige Sozial- und Legalprognose gestellt werden konnte.
55 
Die Annahme des Beklagten, in den Lebensumständen des Klägers sei keine Zäsur eingetreten, welche auf einen Bewusstseinswandel hindeutet, ist ebenfalls nachvollziehbar. Denn die Neigung des Klägers, Verpflichtungen, Regeln und Gesetze zu missachten, zeigte sich auch in seinem Vollzugsverhalten. So benutzte der Kläger trotz längerem Aufenthalt in der sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg über mehrere Monate hinweg heimlich ein Handy zum Filmen, gab dieses auch anderen Mitgefangenen zur Benutzung und bewegte sich im Internet. Nach Rückkehr aus der sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg wurde sein Vollzugsverhalten seitens der Justizvollzugsanstalt Baden-Württemberg als fordernd und ungeduldig beschrieben.
56 
Diese Einschätzung gilt auch weiterhin und insbesondere ungeachtet von sich nach der Befristungsentscheidung ergebenden Aspekten, wie besseres Vollzugsverhalten im Jahr 2018, die bedingte bewährungsweise Haftentlassung des Klägers im April 2018, das Bemühen um und die mögliche Aussicht auf einen Therapieplatz in einer Fachklinik für Suchtkranke sowie des Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrags bei einer Zeitarbeitsfirma. Diesbezüglich hat der Beklagte sein Ermessen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht im gebotenen Umfang ergänzt und diese Umstände beanstandungsfrei berücksichtigt (§ 114 Satz 2 VwGO). Insofern ist von Bedeutung, dass dem Kläger trotz seiner bewährungsweisen Haftentlassung keine günstige Kriminalprognose gestellt werden konnte. Dies geht aus dem seitens des Bewährungsgerichts eingeholten nervenärztlichen Sachverständigengutachten des Dr. H. hervor, auf welches das Bewährungsgericht in seinem Beschluss vom 05.04.2018 Bezug nimmt und das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 98 VwGO i.Vm. § 411a ZPO verwertet werden kann. Zwar hat sich hiernach das Vollzugsverhalten des Klägers gebessert und dieser hat sich auch um einen Therapieplatz bemüht, was das Bewährungsgericht dahingehend positiv wertet, als dass der Kläger durch das Durchlaufen einer Entwöhnungsbehandlung seine Suchtproblematik überwinden wolle. Gleichwohl kam das eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. H. zu dem Ergebnis, dass selbst das erfolgreiche Durchlaufen einer Entwöhnungsbehandlung die Kriminalprognose zwar verbessern, naturgemäß eine Therapie aber auch (wieder) scheitern kann. Zu einer relevanten Verbesserung ist das erfolgreiche Durchlaufen einer Sozialtherapie erforderlich.
57 
Es ist damit nicht zu beanstanden, dass der Beklagte aufgrund der bewährungsweisen Entlassung eine Reduzierung der Befristung nicht in Betracht zog, denn nach Aktenlage erfolgte diese, weil eine therapeutische Maßnahme als Voraussetzung für jede Besserung der Persönlichkeit des Klägers nur auf diese Art und Weise noch erzwungen werden konnte. Auch im Hinblick auf die Möglichkeit des Klägers, eine Entwöhnungstherapie anzutreten, hat der Beklagte zu Recht eine Reduzierung der Befristung abgelehnt. Denn zum einen hat der Kläger die Therapie nicht einmal angetreten. Die Absicht allein, eine Therapie antreten zu wollen, sowie der feste Entschluss, diese durchzuhalten, kann insofern für sich genommen noch nicht ausreichen, um eine positive Kriminalprognose zu begründen. Vielmehr bedarf es hierfür des erfolgreichen Abschlusses der Therapie, weil - wie Dr. H. in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat - eine Therapie naturgemäß auch wieder scheitern kann. Zum anderen hat der Kläger bereits nach seiner letzten bedingten Haftentlassung Anfang des Jahres 2012 im Rahmen von Weisungen eine Entwöhnungstherapie in der von ihm genannten Klinik Wilhelmsheim begonnen, diese wurde aber schon nach wenigen Wochen aufgrund eines Alkoholrückfalls abgebrochen. Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob sich der Kläger weiterhin um einen Therapieplatz bemüht. Im Übrigen ist selbst das erfolgreiche Durchlaufen einer Entwöhnungstherapie nicht von vornherein geeignet, die Kriminalprognose des Klägers zu verbessern. Ausweislich des auch insoweit nachvollziehbaren Gutachtens des Dr. H. bedarf es vielmehr (auch) eines erfolgreichen Abschlusses einer Sozialtherapie, um die dissoziale Persönlichkeitsstörung des Klägers zu behandeln. Auch hieran fehlt es. Schließlich führt auch der Abschluss des Arbeitsvertrags bei einer Job-Firma nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn diesen hatte der Kläger erst eine Woche vor der mündlichen Verhandlung abgeschlossen, so dass darin eine gefestigte Änderung in seinen Lebensumständen bzw. eine Zäsur nicht ansatzweise zu erblicken ist. Zu einer derart kurzfristigen und letztlich noch nicht entscheidungserheblichen Änderung des Sachverhalts musste sich die Vertreterin des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung auch nicht äußern. Auch vor seiner Inhaftierung war der Kläger zeitweise als Lagerarbeiter tätig.
58 
Gemessen hieran war die Bemessung der Frist von zehn Jahren im vorliegenden ersten Schritt nicht unverhältnismäßig.
59 
d.) Die in einem zweiten Schritt erfolgte Reduzierung der Befristung auf acht Jahre war ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
60 
Da sich - wie oben dargelegt - die nach der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ermittelte Frist an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) sowie den Vorgaben aus Art. 8 EMRK, messen lassen muss, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die Beziehung des Klägers zu seiner die deutsche Staatsangehörigkeit besitzenden Verlobten und die familiären Beziehungen zu seiner Mutter und seiner Schwester sowie seine Bindungen in Deutschland es gebieten, die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu reduzieren. Gemessen daran hat der Beklagte die Frist von zehn Jahren beanstandungsfrei auf zwei Jahre verkürzt.
61 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Nach der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG hat der Staat die Pflicht, die Familie zu schützen und zu fördern. Vor dem Hintergrund des Art. 8 Abs. 1 EMRK war zu berücksichtigen, dass der Kläger mit einer deutschen Staatsangehörigen verlobt ist und einen guten Kontakt zu ihr pflegt. Nach seiner Haftentlassung wohnt er bei dieser und auch in der Haft besuchte sie ihn ausweislich der Besucherlisten regelmäßig. Ein Verlöbnis ist allerdings nicht mit einer nach Art. 6 GG, Art. 8 EMRK geschützten Ehe gleichzustellen. Ein Verlöbnis hat allenfalls die „Vorwirkung“ einer Ehe, wenn die Eheschließung und der Beginn der ehelichen Lebensgemeinschaft unmittelbar bevorstehen (BayVGH, Beschluss vom 24.10.2012 - 10 CE 12.2125 -, juris). Dies ist regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn der Eheschließungstermin feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist. Dies ist vorliegend nicht gegeben, denn dem Kläger fehlen noch die für eine Eheschließung erforderlichen Dokumente aus dem Irak, welche er erst beantragt hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausführte, er habe mittlerweile seine Verlobte nach islamischen Recht geheiratet. Ungeachtet des Umstands, dass dem Gericht ein diesbezüglicher Nachweis nicht vorliegt, fehlt es bei dieser Art der Ehe an einer den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG begründenden wirksamen Eheschließung. Nach § 13 Abs. 4 EGBGB kann eine Ehe im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form nach § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB geschlossen werden. Das bedeutet, dass die Eheschließenden vor einem Standesbeamten erklären müssen, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Dies ist bei einer Eheschließung vor einem Imam nicht der Fall.
62 
Darüber hinaus war im Sinne von Art. 8 EMRK weiterhin zugrunde zu legen, dass die Familie des Klägers in Deutschland lebt und er guten Kontakt zu dieser pflegt. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um die Kernfamilie des Klägers. Der Kläger ist volljährig und damit nicht mehr auf die Pflege und Unterstützung durch seine Familie angewiesen. Von Bedeutung war ebenfalls, dass der Kläger bereits im Jahr 2002 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist war und über keine Bindungen im Irak mehr verfügt.
63 
Gemessen daran hat der Beklagte zutreffend das Gewicht des Ausweisungsgrunds und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck sowie die familiären und persönlichen Bindungen des Klägers im Bundesgebiet berücksichtigt. Angesichts des Umstands, dass der Kläger Straftaten in hoher Rückfallgeschwindigkeit auch innerhalb der Bewährungszeit und in Kenntnis seiner Ausweisung begangen hat, ist die Verkürzung der Frist um zwei Jahre bei einer Gesamtbetrachtung der bedrohten Rechtsgüter des Art. 8 EMRK und der ausgeführten erheblichen Wiederholungsgefahr verhältnismäßig und eine weitere Verkürzung unter Berücksichtigung der Interessen des Klägers nicht geboten. Insbesondere wirken die nach Erlass der Verfügung eingetretenen Änderungen tatsächlicher Art nicht zu Gunsten des Klägers und gebieten nicht zwingend, die Befristung im Rahmen der ergänzenden Ermessenserwägungen des Beklagten weiter herabzusetzen.
64 
2. Auch die Befristung der Wirkungen einer möglichen Abschiebung auf acht Jahre begegnet unter Berücksichtigung der oben genannten Gesichtspunkte keinen rechtlichen Bedenken.
65 
Dass der Beklagte das durch eine Abschiebung eintretende Einreise- und Aufenthaltsverbot hinsichtlich der Länge gleichlaufend mit den Folgen der Ausweisung im Sinne einer einheitlichen Regelung ausgestaltet hat, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.03.2017 - 11 S 2029/16 -, juris).
66 
Soweit ein Einreise- und Aufenthaltsverbot an eine Abschiebung anknüpft, ist unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die von Art. 11 Abs. 1 Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 (ABl. S. 348/98) - Rückführungsrichtlinie - geforderte Einzelfallentscheidung über die Verhängung eines Einreiseverbots von bestimmter Dauer in unionsrechtskonformer Auslegung des Aufenthaltsgesetzes auch in der behördlichen Befristungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zu sehen (BVerwG, Beschluss vom 13.07.2017 - 1 VR 3.17 -, juris). Jedenfalls liegt diese vorliegend in der Entscheidung nach § 11 Abs. 4 AufenthG, weil der Beklagte eine ausdrückliche Entscheidung über das Absehen der Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots getroffen hat. Insofern bedarf es auch keiner Entscheidung, ob für den Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage besteht (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.03.2018 - 11 S 2776/18 -, juris). Denn im vorliegenden Fall stellt § 11 Abs. 4 AufenthG eine solche dar.
67 
Nach alledem war die Klage insgesamt abzuweisen.
68 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
69 
Die Berufung war vom erkennenden Gericht (vgl. § 124a Abs. 1 VwGO) nicht zuzulassen, da die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.

Gründe

 
39 
Die Klage ist zulässig. Sie ist als Verpflichtungsklage in Form der Bescheidungsklage statthaft (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
40 
Die Aufhebung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG hat der Kläger nicht beantragt, weshalb hierüber auch nicht zu entscheiden war (§ 88 VwGO - ne ultra petita).
41 
Die Klage ist jedoch sachlich nicht begründet.
42 
Dem Kläger steht kein Anspruch auf eine erneute Entscheidung des Beklagten über die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Befristung des an die Ausweisung anknüpfenden (1.) als auch im Hinblick auf die Befristung des an die Abschiebung anknüpfenden Einreise- und Aufenthaltsverbots (2.), über welche der Beklagte einheitlich entschieden hat.
43 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris). Anwendung findet daher das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.02.2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 08.03.2018.
44 
1. Die Befristung des an die mit bestandskräftigem Bescheid vom 25.11.2009 verfügte Ausweisung anknüpfenden Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 2 und 3 AufenthG auf acht Jahre ist nicht zu beanstanden.
45 
Nach § 11 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden (Einreise- und Aufenthaltsverbot). Nach § 11 Abs. 2 AufenthG ist das mit einer Ausweisung verbundene Einreise- und Aufenthaltsverbot von Amts wegen zu befristen (Satz 1). Die Frist beginnt mit der Ausreise (Satz 2) und ist gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung festzusetzen (Satz 3). Über die Länge der Frist wird nach § 11 Abs. 3 AufenthG nach Ermessen entschieden (Satz 1). Die Frist darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht (Satz 2), und soll zehn Jahre nicht überschreiten (Satz 3).
46 
Angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG steht die Entscheidung über die Länge der Frist für die Wirkungen der Ausweisung nunmehr im Ermessen der Behörde (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris). Diese Ermessensentscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat sich bei der Art und Weise der Fristbestimmung an den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts orientiert (a.), der Beklagte konnte die Frist auf mehr als fünf Jahre festsetzen (b.) und die Ermessensentscheidung ist frei von Ermessensfehlern (c.), § 114 Satz 1 VwGO. Darüber hinaus steht die Befristung im Einklang mit den verfassungs- und konventionsrechtlichen Wertvorgaben des Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK (d.).
47 
a.) Die Ausländerbehörde muss bei der allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzenden Frist das Gewicht des Ausweisungsinteresses und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck berücksichtigen. Hierzu bedarf es in einem ersten Schritt der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das seiner Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr begründet (hierzu und zum Folgenden: vgl. BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 23). Die auf diese Weise an der Erreichung des Ausweisungszwecks ermittelte Höchstfrist muss von der Behörde in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, das heißt verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) sowie konventionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 8 EMRK, gemessen und gegebenenfalls relativiert werden. Über dieses normative Korrektiv lassen sich auch bei einer Ermessensentscheidung die einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen begrenzen. Dabei sind von der Ausländerbehörde nicht nur die nach § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG schutzwürdigen Bleibeinteressen des Ausländers in den Blick zu nehmen, sondern es bedarf nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls einer umfassenden Abwägung der betroffenen Belange.
48 
Der Beklagte hat unter Zugrundelegung dieser Kriterien (Bl. 16 ff. der Verfügung) das Einreise- und Aufenthaltsverbot anhand einer zweistufigen Prüfung zunächst im ersten Schritt auf zehn Jahre festgesetzt und sodann in einem zweiten Schritt auf acht Jahre nach Ausreise oder Abschiebung reduziert.
49 
b.) Die seitens des Beklagten in einem ersten Schritt bemessene Frist von zehn Jahren war nicht zu beanstanden.
50 
Denn der Beklagte konnte den Rahmen, innerhalb der sich die Dauer der Befristung zu bewegen hat, auf eine Frist von über fünf Jahren festlegen. Da der Kläger aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen wurde, galt hier die Obergrenze des § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von fünf Jahren nicht, vielmehr war die in § 11 Abs. 3 Satz 3 AufenthG normierte „Soll“-Grenze von maximal zehn Jahren maßgeblich, die nur in - hier nicht gegebenen - atypischen Fällen überschritten werden darf.
51 
Im genannten ersten Schritt der Bemessung der Frist auf zehn Jahre war weiterhin einzustellen, dass der Kläger zuletzt wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (2008), wegen gemeinschaftlichen Raubes in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Körperverletzung (2011) und wegen schweren Raubes (2013) verurteilt worden war. Der Kläger wurde damit wegen schwerer bis schwerster Verbrechen verurteilt. Das Ausweisungsinteresse des Klägers wiegt gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1, 1a AufenthG auch nach neuer Rechtslage besonders schwer.
52 
c.) Der Beklagte hat weitergehend bei der Bemessung der Frist alle relevanten Gesichtspunkte in sein Ermessen eingestellt und ist zutreffend von der fortbestehenden Gefahr erneuter Straffälligkeit des Klägers ausgegangen, die er überzeugend aus der erheblichen Zahl der vom Kläger begangenen Straftaten, der hohen Begehungsfrequenz, der Rückfallgeschwindigkeit, dem Umstand, dass der Kläger in Kenntnis der aufenthaltsrechtlichen Folgen seines strafbaren Verhaltens wieder straffällig geworden ist, der Begehung von Straftaten innerhalb der Bewährungszeit und dessen fehlendem Bewusstseinswandel abgeleitet hat.
53 
Es ist nachvollziehbar, dass der Beklagte bei der von ihm anzustellenden Gefahrenprognose u.a. auf die Rückfallgeschwindigkeit sowie die Umstände abgestellt hat, dass der Kläger die Straftaten innerhalb der Bewährungszeit und in Kenntnis der aufenthaltsrechtlichen Folgen seines strafbaren Verhaltens beging. Denn der Kläger wurde nach seiner Ausweisung noch mehrfach straffällig und strafrechtlich verurteilt. Er wurde am 26.07.2011 wegen gemeinschaftlichen Raubs in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Körperverletzung zu einer Einheitsjugendstrafe von 4 Jahren verurteilt. Tattage waren der 11.02.2011 und 10.04.2011. Damit wurden die abgeurteilten Taten nur etwas mehr als fünf bzw. sieben Monate nach der am 01.09.2010 erfolgten bedingten bewährungsweisen Haftentlassung begangen. Das Landgericht Münster verurteilte ihn am 04.09.2013 wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 9 Monaten. Tattag war der 23.02.2013. Die abgeurteilte Tat wurde somit nur etwas mehr als ein Jahr nach der Haftentlassung am 10.01.2012 in eine Fachklinik begangen.
54 
Bei der prognostischen Einschätzung, wie lange das Verhalten des Klägers das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr noch begründet, wie hoch also nach dem Verhalten des Klägers nach der letzten Verurteilung die Gefahr einzuschätzen ist, dass er im Fall einer Rückkehr nach Deutschland erneut Straftaten (gleicher Art) begehen wird, durfte der Beklagte darüber hinaus die Prognosen der sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg vom 11.01.2016, 17.03.2016 und 12.05.2017 sowie die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall über die Frage einer bewährungsweisen Entlassung des Klägers gemäß §§ 57, 57a StGB vom 08.06.2017 berücksichtigen, die einheitlich zu dem Ergebnis kamen, dass der Kläger erneut straffällig werde. Bei dem Kläger zeigt sich diagnostisch das Bild einer dissozialen Persönlichkeitsstörung, was sich in einer Missachtung von sozialen Verpflichtungen, Regeln und Gesetzen, einem Mangel an Gefühlen für andere sowie in einer Neigung zu gewalttätigem Verhalten äußert. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass der Kläger in seinem Verhalten Fortschritte erzielt hat, denn diese Erfolge genügten nicht, um das Rückfallrisiko signifikant zu senken. Bestätigt wurde dies nochmals durch die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall vom 08.06.2017, wonach dem Kläger ohne eine entsprechende Aufarbeitung seiner vielfältigen Problematiken keine günstige Sozial- und Legalprognose gestellt werden konnte.
55 
Die Annahme des Beklagten, in den Lebensumständen des Klägers sei keine Zäsur eingetreten, welche auf einen Bewusstseinswandel hindeutet, ist ebenfalls nachvollziehbar. Denn die Neigung des Klägers, Verpflichtungen, Regeln und Gesetze zu missachten, zeigte sich auch in seinem Vollzugsverhalten. So benutzte der Kläger trotz längerem Aufenthalt in der sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg über mehrere Monate hinweg heimlich ein Handy zum Filmen, gab dieses auch anderen Mitgefangenen zur Benutzung und bewegte sich im Internet. Nach Rückkehr aus der sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg wurde sein Vollzugsverhalten seitens der Justizvollzugsanstalt Baden-Württemberg als fordernd und ungeduldig beschrieben.
56 
Diese Einschätzung gilt auch weiterhin und insbesondere ungeachtet von sich nach der Befristungsentscheidung ergebenden Aspekten, wie besseres Vollzugsverhalten im Jahr 2018, die bedingte bewährungsweise Haftentlassung des Klägers im April 2018, das Bemühen um und die mögliche Aussicht auf einen Therapieplatz in einer Fachklinik für Suchtkranke sowie des Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrags bei einer Zeitarbeitsfirma. Diesbezüglich hat der Beklagte sein Ermessen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht im gebotenen Umfang ergänzt und diese Umstände beanstandungsfrei berücksichtigt (§ 114 Satz 2 VwGO). Insofern ist von Bedeutung, dass dem Kläger trotz seiner bewährungsweisen Haftentlassung keine günstige Kriminalprognose gestellt werden konnte. Dies geht aus dem seitens des Bewährungsgerichts eingeholten nervenärztlichen Sachverständigengutachten des Dr. H. hervor, auf welches das Bewährungsgericht in seinem Beschluss vom 05.04.2018 Bezug nimmt und das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 98 VwGO i.Vm. § 411a ZPO verwertet werden kann. Zwar hat sich hiernach das Vollzugsverhalten des Klägers gebessert und dieser hat sich auch um einen Therapieplatz bemüht, was das Bewährungsgericht dahingehend positiv wertet, als dass der Kläger durch das Durchlaufen einer Entwöhnungsbehandlung seine Suchtproblematik überwinden wolle. Gleichwohl kam das eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. H. zu dem Ergebnis, dass selbst das erfolgreiche Durchlaufen einer Entwöhnungsbehandlung die Kriminalprognose zwar verbessern, naturgemäß eine Therapie aber auch (wieder) scheitern kann. Zu einer relevanten Verbesserung ist das erfolgreiche Durchlaufen einer Sozialtherapie erforderlich.
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Es ist damit nicht zu beanstanden, dass der Beklagte aufgrund der bewährungsweisen Entlassung eine Reduzierung der Befristung nicht in Betracht zog, denn nach Aktenlage erfolgte diese, weil eine therapeutische Maßnahme als Voraussetzung für jede Besserung der Persönlichkeit des Klägers nur auf diese Art und Weise noch erzwungen werden konnte. Auch im Hinblick auf die Möglichkeit des Klägers, eine Entwöhnungstherapie anzutreten, hat der Beklagte zu Recht eine Reduzierung der Befristung abgelehnt. Denn zum einen hat der Kläger die Therapie nicht einmal angetreten. Die Absicht allein, eine Therapie antreten zu wollen, sowie der feste Entschluss, diese durchzuhalten, kann insofern für sich genommen noch nicht ausreichen, um eine positive Kriminalprognose zu begründen. Vielmehr bedarf es hierfür des erfolgreichen Abschlusses der Therapie, weil - wie Dr. H. in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat - eine Therapie naturgemäß auch wieder scheitern kann. Zum anderen hat der Kläger bereits nach seiner letzten bedingten Haftentlassung Anfang des Jahres 2012 im Rahmen von Weisungen eine Entwöhnungstherapie in der von ihm genannten Klinik Wilhelmsheim begonnen, diese wurde aber schon nach wenigen Wochen aufgrund eines Alkoholrückfalls abgebrochen. Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob sich der Kläger weiterhin um einen Therapieplatz bemüht. Im Übrigen ist selbst das erfolgreiche Durchlaufen einer Entwöhnungstherapie nicht von vornherein geeignet, die Kriminalprognose des Klägers zu verbessern. Ausweislich des auch insoweit nachvollziehbaren Gutachtens des Dr. H. bedarf es vielmehr (auch) eines erfolgreichen Abschlusses einer Sozialtherapie, um die dissoziale Persönlichkeitsstörung des Klägers zu behandeln. Auch hieran fehlt es. Schließlich führt auch der Abschluss des Arbeitsvertrags bei einer Job-Firma nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn diesen hatte der Kläger erst eine Woche vor der mündlichen Verhandlung abgeschlossen, so dass darin eine gefestigte Änderung in seinen Lebensumständen bzw. eine Zäsur nicht ansatzweise zu erblicken ist. Zu einer derart kurzfristigen und letztlich noch nicht entscheidungserheblichen Änderung des Sachverhalts musste sich die Vertreterin des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung auch nicht äußern. Auch vor seiner Inhaftierung war der Kläger zeitweise als Lagerarbeiter tätig.
58 
Gemessen hieran war die Bemessung der Frist von zehn Jahren im vorliegenden ersten Schritt nicht unverhältnismäßig.
59 
d.) Die in einem zweiten Schritt erfolgte Reduzierung der Befristung auf acht Jahre war ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
60 
Da sich - wie oben dargelegt - die nach der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ermittelte Frist an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) sowie den Vorgaben aus Art. 8 EMRK, messen lassen muss, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die Beziehung des Klägers zu seiner die deutsche Staatsangehörigkeit besitzenden Verlobten und die familiären Beziehungen zu seiner Mutter und seiner Schwester sowie seine Bindungen in Deutschland es gebieten, die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu reduzieren. Gemessen daran hat der Beklagte die Frist von zehn Jahren beanstandungsfrei auf zwei Jahre verkürzt.
61 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Nach der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG hat der Staat die Pflicht, die Familie zu schützen und zu fördern. Vor dem Hintergrund des Art. 8 Abs. 1 EMRK war zu berücksichtigen, dass der Kläger mit einer deutschen Staatsangehörigen verlobt ist und einen guten Kontakt zu ihr pflegt. Nach seiner Haftentlassung wohnt er bei dieser und auch in der Haft besuchte sie ihn ausweislich der Besucherlisten regelmäßig. Ein Verlöbnis ist allerdings nicht mit einer nach Art. 6 GG, Art. 8 EMRK geschützten Ehe gleichzustellen. Ein Verlöbnis hat allenfalls die „Vorwirkung“ einer Ehe, wenn die Eheschließung und der Beginn der ehelichen Lebensgemeinschaft unmittelbar bevorstehen (BayVGH, Beschluss vom 24.10.2012 - 10 CE 12.2125 -, juris). Dies ist regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn der Eheschließungstermin feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist. Dies ist vorliegend nicht gegeben, denn dem Kläger fehlen noch die für eine Eheschließung erforderlichen Dokumente aus dem Irak, welche er erst beantragt hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausführte, er habe mittlerweile seine Verlobte nach islamischen Recht geheiratet. Ungeachtet des Umstands, dass dem Gericht ein diesbezüglicher Nachweis nicht vorliegt, fehlt es bei dieser Art der Ehe an einer den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG begründenden wirksamen Eheschließung. Nach § 13 Abs. 4 EGBGB kann eine Ehe im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form nach § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB geschlossen werden. Das bedeutet, dass die Eheschließenden vor einem Standesbeamten erklären müssen, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Dies ist bei einer Eheschließung vor einem Imam nicht der Fall.
62 
Darüber hinaus war im Sinne von Art. 8 EMRK weiterhin zugrunde zu legen, dass die Familie des Klägers in Deutschland lebt und er guten Kontakt zu dieser pflegt. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um die Kernfamilie des Klägers. Der Kläger ist volljährig und damit nicht mehr auf die Pflege und Unterstützung durch seine Familie angewiesen. Von Bedeutung war ebenfalls, dass der Kläger bereits im Jahr 2002 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist war und über keine Bindungen im Irak mehr verfügt.
63 
Gemessen daran hat der Beklagte zutreffend das Gewicht des Ausweisungsgrunds und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck sowie die familiären und persönlichen Bindungen des Klägers im Bundesgebiet berücksichtigt. Angesichts des Umstands, dass der Kläger Straftaten in hoher Rückfallgeschwindigkeit auch innerhalb der Bewährungszeit und in Kenntnis seiner Ausweisung begangen hat, ist die Verkürzung der Frist um zwei Jahre bei einer Gesamtbetrachtung der bedrohten Rechtsgüter des Art. 8 EMRK und der ausgeführten erheblichen Wiederholungsgefahr verhältnismäßig und eine weitere Verkürzung unter Berücksichtigung der Interessen des Klägers nicht geboten. Insbesondere wirken die nach Erlass der Verfügung eingetretenen Änderungen tatsächlicher Art nicht zu Gunsten des Klägers und gebieten nicht zwingend, die Befristung im Rahmen der ergänzenden Ermessenserwägungen des Beklagten weiter herabzusetzen.
64 
2. Auch die Befristung der Wirkungen einer möglichen Abschiebung auf acht Jahre begegnet unter Berücksichtigung der oben genannten Gesichtspunkte keinen rechtlichen Bedenken.
65 
Dass der Beklagte das durch eine Abschiebung eintretende Einreise- und Aufenthaltsverbot hinsichtlich der Länge gleichlaufend mit den Folgen der Ausweisung im Sinne einer einheitlichen Regelung ausgestaltet hat, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.03.2017 - 11 S 2029/16 -, juris).
66 
Soweit ein Einreise- und Aufenthaltsverbot an eine Abschiebung anknüpft, ist unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die von Art. 11 Abs. 1 Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 (ABl. S. 348/98) - Rückführungsrichtlinie - geforderte Einzelfallentscheidung über die Verhängung eines Einreiseverbots von bestimmter Dauer in unionsrechtskonformer Auslegung des Aufenthaltsgesetzes auch in der behördlichen Befristungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zu sehen (BVerwG, Beschluss vom 13.07.2017 - 1 VR 3.17 -, juris). Jedenfalls liegt diese vorliegend in der Entscheidung nach § 11 Abs. 4 AufenthG, weil der Beklagte eine ausdrückliche Entscheidung über das Absehen der Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots getroffen hat. Insofern bedarf es auch keiner Entscheidung, ob für den Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage besteht (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.03.2018 - 11 S 2776/18 -, juris). Denn im vorliegenden Fall stellt § 11 Abs. 4 AufenthG eine solche dar.
67 
Nach alledem war die Klage insgesamt abzuweisen.
68 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
69 
Die Berufung war vom erkennenden Gericht (vgl. § 124a Abs. 1 VwGO) nicht zuzulassen, da die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 12. Juli 2018 - 9 K 12142/17 zitiert 19 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 55 Bleibeinteresse


(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 54 Ausweisungsinteresse


(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden

Strafgesetzbuch - StGB | § 57 Aussetzung des Strafrestes bei zeitiger Freiheitsstrafe


(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1. zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,2. dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 98


Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 454 Aussetzung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung


(1) Die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll (§§ 57 bis 58 des Strafgesetzbuches) sowie die Entscheidung, daß vor Ablauf einer bestimmten Frist ein solcher Antrag des Verurteilten un

Strafgesetzbuch - StGB | § 57a Aussetzung des Strafrestes bei lebenslanger Freiheitsstrafe


(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1. fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,2. nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und3

Zivilprozessordnung - ZPO | § 411a Verwertung von Sachverständigengutachten aus anderen Verfahren


Die schriftliche Begutachtung kann durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1310 Zuständigkeit des Standesbeamten, Heilung fehlerhafter Ehen


(1) Die Ehe wird nur dadurch geschlossen, dass die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Der Standesbeamte darf seine Mitwirkung an der Eheschließung nicht verweigern, wenn die Voraussetzungen der Eh

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 12. Juli 2018 - 9 K 12142/17 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. März 2017 - 11 S 2029/16

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2016 - 11 K 1286/16 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Soweit die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts

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(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
§ 57 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 gilt entsprechend.

(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.

(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.

(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll (§§ 57 bis 58 des Strafgesetzbuches) sowie die Entscheidung, daß vor Ablauf einer bestimmten Frist ein solcher Antrag des Verurteilten unzulässig ist, trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft, der Verurteilte und die Vollzugsanstalt sind zu hören. Der Verurteilte ist mündlich zu hören. Von der mündlichen Anhörung des Verurteilten kann abgesehen werden, wenn

1.
die Staatsanwaltschaft und die Vollzugsanstalt die Aussetzung einer zeitigen Freiheitsstrafe befürworten und das Gericht die Aussetzung beabsichtigt,
2.
der Verurteilte die Aussetzung beantragt hat, zur Zeit der Antragstellung
a)
bei zeitiger Freiheitsstrafe noch nicht die Hälfte oder weniger als zwei Monate,
b)
bei lebenslanger Freiheitsstrafe weniger als dreizehn Jahre
der Strafe verbüßt hat und das Gericht den Antrag wegen verfrühter Antragstellung ablehnt oder
3.
der Antrag des Verurteilten unzulässig ist (§ 57 Abs. 7, § 57a Abs. 4 des Strafgesetzbuches).
Das Gericht entscheidet zugleich, ob eine Anrechnung nach § 43 Abs. 10 Nr. 3 des Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen wird.

(2) Das Gericht holt das Gutachten eines Sachverständigen über den Verurteilten ein, wenn es erwägt, die Vollstreckung des Restes

1.
der lebenslangen Freiheitsstrafe auszusetzen oder
2.
einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art auszusetzen und nicht auszuschließen ist, daß Gründe der öffentlichen Sicherheit einer vorzeitigen Entlassung des Verurteilten entgegenstehen.
Das Gutachten hat sich namentlich zu der Frage zu äußern, ob bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, daß dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht. Der Sachverständige ist mündlich zu hören, wobei der Staatsanwaltschaft, dem Verurteilten, seinem Verteidiger und der Vollzugsanstalt Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben ist. Das Gericht kann von der mündlichen Anhörung des Sachverständigen absehen, wenn der Verurteilte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft darauf verzichten.

(3) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist sofortige Beschwerde zulässig. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(4) Im Übrigen sind § 246a Absatz 2, § 268a Absatz 3, die §§ 268d, 453, 453a Absatz 1 und 3 sowie die §§ 453b und 453c entsprechend anzuwenden. Die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes wird mündlich erteilt; die Belehrung kann auch der Vollzugsanstalt übertragen werden. Die Belehrung soll unmittelbar vor der Entlassung erteilt werden.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
§ 57 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 gilt entsprechend.

(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.

(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.

(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Die schriftliche Begutachtung kann durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Ehe wird nur dadurch geschlossen, dass die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Der Standesbeamte darf seine Mitwirkung an der Eheschließung nicht verweigern, wenn die Voraussetzungen der Eheschließung vorliegen. Der Standesbeamte muss seine Mitwirkung verweigern, wenn

1.
offenkundig ist, dass die Ehe nach § 1314 Absatz 2 aufhebbar wäre, oder
2.
nach Artikel 13 Absatz 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche die beabsichtigte Ehe unwirksam wäre oder die Aufhebung der Ehe in Betracht kommt.

(2) Als Standesbeamter gilt auch, wer, ohne Standesbeamter zu sein, das Amt eines Standesbeamten öffentlich ausgeübt und die Ehe in das Eheregister eingetragen hat.

(3) Eine Ehe gilt auch dann als geschlossen, wenn die Ehegatten erklärt haben, die Ehe miteinander eingehen zu wollen, und

1.
der Standesbeamte die Ehe in das Eheregister eingetragen hat,
2.
der Standesbeamte im Zusammenhang mit der Beurkundung der Geburt eines gemeinsamen Kindes der Ehegatten einen Hinweis auf die Eheschließung in das Geburtenregister eingetragen hat oder
3.
der Standesbeamte von den Ehegatten eine familienrechtliche Erklärung, die zu ihrer Wirksamkeit eine bestehende Ehe voraussetzt, entgegengenommen hat und den Ehegatten hierüber eine in Rechtsvorschriften vorgesehene Bescheinigung erteilt worden ist
und die Ehegatten seitdem zehn Jahre oder bis zum Tode eines der Ehegatten, mindestens jedoch fünf Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2016 - 11 K 1286/16 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Soweit die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hinsichtlich Ziffer 2 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 zurückgewiesen worden ist, wird die Revision zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein im Jahre 1973 in Luanda geborener angolanischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine Ausweisung aus Deutschland. Hilfsweise erstrebt er eine neue Entscheidung des Beklagten über die Befristung des mit der Ausweisung verbundenen Einreise- und Aufenthaltsverbots.
Der Kläger stellte nach seiner Einreise in das Bundesgebiet im Januar 1990 einen Asylantrag, zu dessen Begründung er vortrug, er sei Kriegswaise und nicht bereit gewesen, beim angolanischen Militär zu dienen, weshalb ihm politische Verfolgung drohe. Nach dem negativen Ausgang dieses und eines weiteren am 23. November 1993 in Gang gesetzten Asylverfahrens verblieb er in Deutschland. Er heiratete im Jahre 1994 eine deutsche Staatsangehörige und erhielt aufgrund dessen eine Aufenthaltserlaubnis. Ab dem 1. April 1997 war er im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AuslG 1990. Die Ehe wurde im Jahre 1998 rechtskräftig geschieden.
Der Kläger lebt seit dem Jahre 2003 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit der im Jahre 1978 geborenen angolanischen Staatsangehörigen E. M. B., die im April 2002 in das Bundesgebiet einreiste. Ihr Asylantrag wurde rechtskräftig abgelehnt. Frau B. ist die Mutter von drei in den Jahren 2003, 2005 und 2011 im Bundesgebiet geborenen Töchtern, für die der Kläger die Vaterschaft anerkannt und eine Sorgerechtserklärung abgegeben hat. Sie ist seit dem 17. Oktober 2005 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG, die immer wieder verlängert wird - zuletzt bis 12. Januar 2019.
Der Kläger ist ausweislich des Auszugs aus dem Zentralregister vom 30. Januar 2017, auf dessen Inhalt hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, im Bundesgebiet bislang 13 Mal verurteilt worden:
Nachdem der Kläger in den Jahren 1992 bis 1994 unter anderem wegen Verstößen gegen das Asylverfahrensgesetz insgesamt drei Mal zu Geldstrafen und am 19. Oktober 1994 wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in drei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer weiteren Geldstrafe verurteilt worden war, wurde er unter dem 16. August 1995 ausländerrechtlich verwarnt.
Am 4. Februar 1999 verhängte das Amtsgericht Lörrach wegen Verschaffens falscher amtlicher Ausweise eine Geldstrafe in Höhe von 25 Tagessätzen zu je 10 DM gegen ihn, weil er am 10. Oktober 1998 bei der versuchten Ausreise in die Schweiz bei der Grenzabfertigung im Badischen Bahnhof Basel einen durch Lichtbildauswechslung verfälschten, für eine andere Person ausgestellten portugiesischen Reisepass mit sich geführt hatte.
Das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt verurteilte ihm am 24. Juli 2000 wegen Betrugs in zwei Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 30 DM.
Im Jahre 2001 wurde der Kläger wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe und im Jahre 2002 wegen Leistungserschleichung in fünf Fällen zu einer weiteren Geldstrafe verurteilt.
Mit seit 24. August 2002 rechtskräftigem Strafbefehl vom 25. Februar 2002 verhängte das Amtsgericht Nürtingen gegen den Kläger wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung in vier Fällen eine Geldstrafe. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger ab dem 16. März 2001 aufgrund eines jeweils neu gefassten Tatenschlusses Überweisungsträger ausgestellt auf ein Konto bei der ... Bank ..., Filiale N., Kontoinhaberin Frau S. K., vorlegte. Diese Überweisungsträger hatte er jeweils über Beträge von 132,59 DM, 256,84 DM, 200,43 DM sowie über 592,69 DM und 648,42 DM ausgestellt und jeweils mit der Unterschrift S.K. versehen, um den Eindruck zu erwecken, sie seien von einer berechtigten Person unterzeichnet worden. Das jeweilige Personal, so getäuscht, überwies jeweils das Geld, auf das der Kläger, wie er wusste, keinen Anspruch hatte.
10 
Es folgten Verurteilungen zu Geldstrafen durch das Amtsgericht Stuttgart am 9. April 2003 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr und das Amtsgericht Göppingen am 11. Juli 2006 wegen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz.
11 
Mit rechtskräftigem Urteil vom 25. September 2007 verhängte das Landgericht Stuttgart gegen den Kläger wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug in 37 Fällen sowie Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug in 16 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren. Ausweislich der diesem Strafverfahren zugrunde liegenden Anklageschriften war hinsichtlich weiterer Taten nach § 154 StPO verfahren worden.
12 
Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger mit nicht identifizierten Mittätern im Jahre 2005 beschloss, künftig regelmäßig bei unterschiedlichen Banken Überweisungsträger aus Briefkästen „herauszuangeln“. Sein Tatplan sah vor, die Kundendaten der Bankkunden den Überweisungsformularen zu entnehmen, sie auf Überweisungsformulare der jeweiligen Bank zu übertragen und als Empfänger solche Konten zu benennen, die er oder seine Mittäter zuvor mit falschen Personalien eröffnet hatten. Weiter war geplant, die Unterschrift der Bankkunden zu imitieren und die total gefälschten Überweisungsformulare bei den Banken einzureichen, um dadurch dauerhaften Gewinn zu erzielen. Die Empfängerkonten waren bei Kreditinstituten im In- und Ausland, dort insbesondere Spanien. Im Einzelnen kam es zwischen dem 27. März 2006 und dem 10. Februar 2007 zu 53 Taten. Teilweise führten die Verantwortlichen der Banken die Aufträge aus, teilweise kam es mangels Deckung der Kundenkonten nicht zur Ausführung, teilweise wurden die Fälschungen erkannt und in anderen Fällen konnte das Geld nach Ausführung der Überweisung wieder zurückerlangt werden. Die Überweisungsträger bezogen sich auf Beträge zwischen 2.124,09 Euro und 45.767,07 Euro. Die Überweisungen zielten auf ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen in Höhe von insgesamt ca. 458.698 Euro ab. Hinsichtlich der Einzelheiten der Sachverhaltsfeststellungen wird auf die Gründe des Urteils vom 25. September 2007 (unter II., Bl. 4 bis 11) Bezug genommen. Das Strafgericht legte für sämtliche (Einzel-) Strafen den Strafrahmen des § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB zugrunde und verneinte Gründe dafür, vom Vorliegen eines besonders schweren Falls trotz der Vermutungswirkung des Regelbeispiels abzusehen.
13 
Am 25. November 2014 verurteilte das Amtsgericht Stuttgart den Kläger wegen Urkundenfälschung in sieben Fällen, hiervon in drei Fällen in Tateinheit mit Betrug und in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug, zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Das Urteil wurde am 29. April 2015 rechtskräftig. Dem Urteil zufolge eröffnete der Kläger ab dem 4. August 2012 unter Vorlage gefälschter Passdokumente, teilweise auch gefälschter Gehaltsnachweise, verschiedene Bankkonten unter falscher Identität, teilweise um den bewilligten Kreditrahmen auszunutzen, und teilweise um mittels gefälschter Überweisungsformulare Geld auf Konten transferieren zu lassen. In drei Fällen brachte er ausgefüllte Überweisungsträger verschiedener Bankkunden an sich, übertrug ihre Kundendaten auf Überweisungsformulare der jeweiligen Bank, imitierte die Unterschrift und reichte sie bei der Bank ein. Im Rahmen der Strafzumessung nahm das Strafgericht bei sämtlichen Taten ein gewerbsmäßiges Handeln an.
14 
Bei Begehung eines Teils der Taten, die der Verurteilung vom 25. November 2014 zugrunde lagen, stand der Kläger noch wegen des ausgesetzten Strafrests aus der Verurteilung durch das Landgericht Stuttgart vom 25. September 2007 unter Bewährung. Die durch das Landgericht verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren hatte er bis 18. November 2009 in der Justizvollzugsanstalt H. verbüßt. Ausweislich des Zentralregisterauszugs vom 30. Januar 2017 wurde der Strafrest aus dieser Verurteilung mit Wirkung vom 28. Dezember 2012 erlassen.
15 
Am 1. Juli 2015 stellte sich der Kläger in der Justizvollzugsanstalt Ulm zum Strafantritt. Beginnend ab 24. Oktober 2015 erhielt er Regelausgänge und ab 24. Dezember 2015 Freistellung aus der Haft. Nach dem Inhalt der Gefangenenpersonalakte versuchte der Kläger am 16. September 2016 einen Mitgefangenen, der ihn zuvor beleidigt und provoziert hatte, zu ohrfeigen. Da dieser zurückwich, streifte ihn die Hand des Klägers nur; äußere Verletzungen waren nicht festzustellen. Aufgrund dieses Vorfalls erfolgte am 22. September 2016 die Verlegung des Klägers in die Justizvollzugsanstalt H.. Dort befindet er sich mit Strafende 31. Dezember 2017 im geschlossenen Vollzug. Das Landgericht Ulm - Strafvollstreckungskammer - wies mit Beschluss vom 16. November 2016 den Antrag des Klägers auf gerichtliche Entscheidung gegen die Maßnahme seiner Ablösung vom offenen Vollzug als unbegründet zurück.
16 
Seit dem 10. Dezember 2015 betreibt der Kläger ein Insolvenzverfahren und führt regelmäßig Beträge ab.
17 
Gegen den Kläger erging unter dem 30. Juni 2008 erstmals eine Ausweisungsverfügung. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart am 21. Juli 2009 - 5 K 2850/08 - schlossen die Beteiligten einen Vergleich, der u.a. die Duldung des Klägers ab Haftentlassung für die Dauer von drei Jahren und die Aufhebung der Ausweisung und Abschiebungsandrohung in der Verfügung vom 30. Juni 2008 vorsah, sofern er nicht erneut in dieser Zeit wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat rechtskräftig verurteilt würde. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vergleichs wird auf die Sitzungsniederschrift im Verfahren 5 K 2850/08 verwiesen.
18 
Nachdem der Zentralregisterauszug vom 22. November 2012 keine neuen Straftaten aufführte und auch sonst keine Erkenntnisse vorlagen, hob das Regierungspräsidium Stuttgart unter dem 6. Dezember 2012 die Ausweisungsverfügung vom 30. Juni 2008 auf und veranlasste die Aushändigung der Niederlassungserlaubnis.
19 
Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Kläger nach vorheriger Anhörung mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 30. Januar 2016, zugestellt am 5. Februar 2016, aus dem Bundesgebiet aus (Ziffer 1) und drohte ihm die Abschiebung nach Angola aus der Haft ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise an, soweit die Ausweisung bis dahin bestandskräftig oder die sofortige Vollziehung der Ausweisung angeordnet worden ist (Ziffer 2). Unter Ziffer 3 wurde er für den Fall der Entlassung aus der Haft ohne Abschiebung aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland spätestens innerhalb von einem Monat nach Bestandskraft oder einer Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung zu verlassen, und ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Angola angedroht. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf fünf Jahre nach Ausreise oder Abschiebung befristet (Ziffer 4), wobei die Behörde über die Länge der Frist nach Ermessen entschied.
20 
Zur Begründung der gegen den Bescheid am 3. März 2016 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klage trug die Prozessbevollmächtigte des Klägers vor, ihm sei bewusst, dass er zahlreiche Straftaten begangen habe und auch durch die Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Juni 2008 gewarnt gewesen sei. Er bedauere zutiefst, dass er gleichwohl noch einmal rückfällig geworden und es zu dem Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom November 2014 gekommen sei. Die Taten hätten sich (zwischen) Ende Juli 2012 und Februar 2013 ereignet. Im vorliegenden Fall überwiege bei der nach § 53 Abs. 1 AufenthG gebotenen Abwägung nicht das öffentliche Interesse an der Ausweisung, sondern sein Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet. Er habe sich zum Strafantritt selbst gestellt und ihm sei klar gewesen, dass er sich jetzt mit seiner Vergangenheit und seinen Taten auseinandersetzen müsse, um in Zukunft straffrei zu leben. Die Haftanstalt bewerte ihn positiv, was eine positive Sozialprognose rechtfertige. Ihm sei klar geworden, dass er seiner Verantwortung für die Familie nur gerecht werde, wenn er ein straffreies Leben führe und den Kindern in ihrer Entwicklung zur Seite stehe sowie für den Lebensunterhalt sorge. Er lebe mit seinen drei minderjährigen Töchtern deutscher Staatsangehörigkeit in familiärer Lebensgemeinschaft. Diese hätten das Recht, mit ihrem Vater in der Bundesrepublik zusammenzuleben. Durch die Ausweisung wäre die Eltern-Kind-Beziehung nachhaltig gestört. Ein das Kindeswohl berücksichtigender Umgang sei bei einer Abschiebung nach Angola nicht möglich.
21 
Der Beklagte trat der Klage entgegen.
22 
Mit Urteil vom 27. Juli 2016 - 11 K 1286/16 - hob das Verwaltungsgericht nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung Ziffer 4 des angegriffenen Bescheids des Beklagten vom 30. Januar 2016 insoweit auf, als die darin gesetzte Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot drei Jahre und sechs Monate überstieg und wies im Übrigen die Klage ab. Zur Begründung des Urteils führte das Gericht unter anderem aus, dass Art. 8 EMRK der Ausweisung nicht entgegenstehe. Im vorliegenden Fall fehle es an den tatbestandlichen Voraussetzungen. Ein reiner mehrjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet genüge nicht. Zu fordern sei darüber hinaus eine starke Verwurzelung in die hiesigen Verhältnisse. Gesichtspunkte, aus denen sich diese ergeben könne, seien gute deutsche Sprachkenntnisse, eine feste soziale Bindung etwa aufgrund gelungener beruflicher Integration, ein fester Wohnsitz, ein gesicherter Lebensunterhalt und das Fehlen von Straffälligkeit. Der Kläger habe einen festen Wohnsitz, eine deutsche Familie und spreche deutsch. Beruflich sei er wenig integriert und massiv, über einen längeren Zeitraum und unbeeindruckt von staatlichen Sanktionen oder Änderungen seiner persönlichen Lebensumstände wiederholt straffällig geworden. In jeder Straftat liege nicht nur eine Verletzung individueller Rechtsgüter, sondern auch eine solche gesellschaftlicher Bande. Sie störe neben der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auch das für ein gedeihliches Zusammenleben notwendige Vertrauen der übrigen Gesellschaftsmitglieder in die Rechtstreue ihrer Mitmenschen, setze auf Täterseite folglich eine gewisse Ignoranz gegen die Belange der Mitmenschen und der Gesellschaft voraus. Wer sich massiv und wiederholt gegen die Gesellschaft und ihre Normen auflehne, könne den Verweis aus deren Mitte nicht als unzumutbar rügen. Dies gelte umso mehr als der Kläger in Angola auch nicht entwurzelt sei. Mit Blick auf seine familiären Verhältnisse, insbesondere die deutschen Kinder, sei allerdings ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nur dann verhältnismäßig, wenn es drei Jahre und sechs Monate nicht übersteige.
23 
Gegen das Urteil hat der Senat auf Antrag des Klägers mit Beschluss vom 19. Oktober 2016 - 11 S 1655/16 - die Berufung zugelassen. Der Kläger hat die Berufung am 16. November 2016 unter Stellung eines Antrags begründet und trägt im Wesentlichen vor: Er sei seit 2002 mit seiner Lebensgefährtin zusammen und habe mit dieser drei deutsche Kinder. Seine Lebensgefährtin arbeite als Küchenhilfe täglich von 9 Uhr bis 15.30. Die älteste Tochter besuche den gymnasialen Zweig einer Gesamtschule, die mittlere Tochter die Realschule und die jüngste den Kindergarten. Er könne über eine Zeitarbeitsfirma jederzeit wieder bei seiner früheren Firma anfangen. Er sei nach Deutschland geflüchtet und habe um Asyl nachgesucht, weil er als Kindersoldat in Angola für den damaligen Diktator unter Zwang eingesetzt worden sei. Er habe keine Familie in Angola, seine Eltern seien beide gestorben. Angola würde ihn als geflüchteten Kindersoldaten sofort unter Strafe stellen und verurteilen. Es bestehe für ihn die Gefahr für Leib und Leben in Angola. Die von ihm getätigten strafbaren Handlungen erschienen in der Abwägung zur Abschiebung nach Angola und den damit für ihn dort verbundenen Repressalien nicht so gravierend, dass es für eine Abschiebung in sein Herkunftsland entscheidend sein könne. Wenn seine drei Kinder ohne den Vater, welcher einer geregelten Arbeit nachgehe und weiterhin nachgehen werde, aufwachsen müssten, wäre dies für ihre weitere Entwicklung katastrophal. Die sehr gut entwickelte Beziehung zu den Kindern wäre abrupt unterbrochen und der Vater würde den Kindern für eine sehr lange Zeit fehlen. Gerade jetzt seien seine Töchter in einer Entwicklungsphase, während derer sie den Vater bräuchten. Die von ihm verübten Straftaten seien keine gewalttätigen Delikte gewesen, so dass eine Güterabwägung zum Erhalt der Familieneinheit in Deutschland ausgehen müsse.
24 
Der Kläger beantragt,
25 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2016 - 11 K 1286/16 - zu ändern und die Ziffern 1 bis 3 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 aufzuheben,
26 
hilfsweise den Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung von Ziffer 4 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu entscheiden.
27 
Der Beklagte beantragt,
28 
die Berufung zurückzuweisen.
29 
Er verteidigt die angefochtene Verfügung, insbesondere sei die Ausweisung auch mit Blick auf die familiären Belange verhältnismäßig.
30 
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört. Hinsichtlich seiner Angaben wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
31 
Dem Senat liegen die Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart, die Ausländerakten der unteren Ausländerbehörde bezüglich des Klägers und seiner Lebenspartnerin, die Strafakten einschließlich der Vollstreckungsakten im Verfahren 104 Ls 91 Js 4507/13, die Gefangenenpersonalakte sowie die Akten des Verwaltungsgerichts vor. Wegen des weiteren Vortrags und Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
32 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht und ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 6 und Abs. 3 Satz 4 VwGO) Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2016 bleibt ohne Erfolg.
33 
Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage gegen die mit Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 verfügte Ausweisung abgewiesen (I.). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist auch das Befristungsbegehren. Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Kläger mit der Berufungsbegründung weder einen eigenen Antrag zur Befristungsentscheidung formuliert noch spezielle Berufungsgründe vorgebracht hat, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat aus Gründen der Rechtseinheit folgt, ist das Befristungsbegehren als Minus notwendiger Bestandteil des Begehrens auf Aufhebung einer Ausweisung und kann daher von den Parteien nicht gesondert aus dem Verfahren ausgegliedert werden (BVerwG im Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 17). Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die auf der Grundlage der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehende Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots von drei Jahren und sechs Monaten zu Lasten des Klägers fehlerhaft wäre (II.). Die Abschiebungsandrohung erweist sich ebenfalls als rechtmäßig; dies gilt auch soweit dem Kläger die Abschiebung aus der Haft heraus ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht wird (III.).
34 
Maßgeblich für die Beurteilung all dieser Streitgegenstände, nämlich die Ausweisung, das Befristungsbegehren und die noch nicht vollzogene Abschiebungsandrohung, ist jeweils die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 18, vom 14.05.2013 - 1 C 13.12 -, juris Rn. 9 und vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 16).
I.)
35 
Die Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig.
36 
Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 53 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der seit dem 17. März 2016 geltenden Fassung gemäß Art. 1 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016 (BGBl. I, S. 394). Nachfolgende Änderungen in den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes durch spätere Gesetze haben die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Regelungen nicht verändert.
37 
Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer ausgewiesen, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Ein Ermessen ist der Ausländerbehörde aufgrund des am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen gesetzlichen Systemwechsels im Ausweisungsrecht, hin zu einer gebundenen Entscheidung, nicht mehr eingeräumt (siehe etwa BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 23; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, juris Rn. 49 und Beschluss vom 11.04.2016 - 11 S 393/16 -, juris Rn. 19).
38 
Die in § 54 AufenthG fixierten Tatbestände erfüllen zwei Funktionen: Sie sind gesetzliche Umschreibungen spezieller öffentlicher Interessen an einer Ausweisung im Sinne von § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG und weisen diesen Ausweisungsinteressen zugleich ein besonderes Gewicht für die durch § 53 Abs. 1 Halbs. 2 und Abs. 3 AufenthG geforderte Abwägung zu. Ein Rückgriff auf die allgemeine Formulierung eines öffentlichen Ausweisungsinteresses in § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG ist deshalb entbehrlich, wenn der Tatbestand eines besonderen Ausweisungsinteresses nach § 54 AufenthG verwirklicht ist. Allerdings bedarf es auch bei Verwirklichung eines Tatbestandes nach § 54 AufenthG stets der Feststellung, dass die von dem Ausländer ausgehende Gefahr im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt fortbesteht (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 26).
39 
Hier erfüllt das Verhalten des Klägers das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (1). Vom Kläger geht nach wie vor eine außerordentlich hohe Gefahr einer erneuten Straffälligkeit im Bereich betrügerischer Vermögenskriminalität aus (2). Dem öffentlichen Ausweisungsinteresse stehen gewichtige Bleibeinteressen des Klägers und seiner Familie nach § 53 Abs. 1, § 55 AufenthG gegenüber (3). Die Abwägung zwischen dem öffentlichen Ausweisungsinteresse und dem Bleibeinteresse des Klägers und seiner Familie unter Berücksichtigung sämtlicher den Einzelfall prägender Umstände und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit führt zu dem Ergebnis, dass das Regierungspräsidium die Ausweisung des Klägers zu Recht verfügt hat (4.).
40 
1.) Nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG wiegt das Ausweisungsinteresse u.a. dann besonders schwer, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist. Ausreichend ist die Bildung einer Gesamtstrafe nach §§ 53 ff. StGB (Graßhof, in: BeckOK AuslR, AufenthG, § 54 Rn. 11 ). Der Kläger erfüllt aufgrund der seit 29. April 2015 rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht Stuttgart vom 25. November 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen Urkundenfälschung in sieben Fällen, hiervon in drei Fällen in Tateinheit mit Betrug und in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug diesen Tatbestand. Damit lag beim Kläger auch nach der im Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung vom 30. Januar 2016 und noch bis zum 16. März 2016 geltenden Fassung des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vor; dort war bei Verurteilung wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse typisiert worden. Unschädlich ist hierbei, dass die Einzelstrafen der jeweiligen Vorsatztaten der Gesamtfreiheitsstrafe jeweils unterhalb von zwei Jahren Freiheitsstrafe festgesetzt wurden. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG unterscheidet sich insoweit von § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 17.12 -, juris Rn. 12).
41 
2.) Die Gefahr, dass der Kläger erneut im Bereich der betrügerischen Vermögenskriminalität straffällig wird, ist außerordentlich hoch. Sie folgt aus dem entsprechenden strafrechtlichen Werdegang des Klägers, der sich seit mehr als einem Jahrzehnt unbeeindruckt von irgendwelchen straf- und ordnungsrechtlichen Sanktionen zeigt.
42 
a) Für die Beurteilung, ob nach dem Verhalten des Ausländers damit zu rechnen ist, dass er erneut die öffentliche Sicherung und Ordnung gefährdet, bedarf es einer Prognose, bei der der Grad der Wahrscheinlichkeit neuer Verfehlungen und Art und Ausmaß möglicher Schäden zu ermitteln und zu einander in Bezug zu setzen sind. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 18). Bei der insoweit zu treffenden Prognose sind nicht allein das Strafurteil und die diesem zugrunde liegende Straftat zu berücksichtigen, sondern alle Umstände des Einzelfalls einzustellen, wie etwa die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des Gerichts (BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 12; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., § 53 Rn. 28 m.w.N.). Diese Prognoseentscheidung obliegt dem die Ausweisung überprüfenden Gericht. Es gibt im konkreten Fall keine Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Umstände (wie etwa psychische Erkrankungen), die die Hinzuziehung eines Sachverständigen gebieten würden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.09.2015 - 1 B 39.15 -, juris Rn. 12 und vom 01.03.2016 - 1 B 30.16 -, juris Rn. 7).
43 
b) Nach den Feststellungen des Amtsgerichts Stuttgart im Urteil vom 4. November 2014 eröffnete der Kläger am 4. August 2012 mit dem falschen Namen R.-P. und weiteren falschen Personalien unter Vorlage eines gefälschten angolanischen Reisepasses ein Sparkonto bei einer Postbankfiliale der Postbank AG. Er wollte dieses Konto nutzen, um durch gefälschte Überweisungsträger Zahlungseingänge herbeizuführen und anschließend die Gelder unerkannt abheben zu können. Am 14. Januar 2013 eröffnete er bei drei verschiedenen Geldinstituten verschiedene Bankkonten, um diese für rechtswidrige Transaktionen zu nutzen und unerkannt eingehende Gelder abheben zu können. Dabei gab der Kläger, der hier unter dem Namen K. P. auftrat, (neue) falsche Personalien an und nutzte einen gefälschten französischen Reisepass. Für das an diesem Tag bei der Kreissparkasse L. eingerichtete Konto bekam der Kläger keine Kreditlinie eingeräumt und zahlte lediglich 5 Euro ein, weshalb es in der Folgezeit zu zahlreichen Lastschriftrückgaben kam. Bei der Filiale einer anderen Bank legte der Kläger außer dem gefälschten Pass auch gefälschte Gehaltsnachweise vor und im Vertrauen auf die Echtheit dieser Unterlagen erhielt er eine Kreditkarte zugesandt und ein Kreditkartenlimit in Höhe von 600 Euro eingeräumt. Dieses nutzend hob er am 2. Februar 2013 an einem Geldautomaten am ... Platz in Stuttgart 500 Euro und am 4. Februar 2013 an einem anderen Geldautomaten 80 Euro ab. Wie von ihm von vornherein beabsichtigt, glich er den negativen Saldo auch in der Folgezeit nicht aus. Im Rahmen eines Postident-Verfahrens eröffnete der Kläger ein Privat-Girokonto bei der Postbank AG und erhielt eine Kreditkarte. Mit dieser tätigte er am 13. Februar 2013 eine Zahlung in Höhe von 512,50 Euro und schädigte die Postbank insoweit. Zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 31. Juli und dem 4. August 2012 entwendete der Kläger zudem aus dem Briefkasten einer Filiale einer Bank mehrere Überweisungsträger, die die Kundin J. K. dort zuvor eingeworfen hatte, fertigte hiervon Kopien und warf die Originale anschließend zurück in den Briefkasten. Sodann veranlasste er am 7. August 2013 mittels einer mit den Kontodaten und der Unterschrift von J. K. versehenen Kopie eines Überweisungsträgers eine Überweisung an sich selbst unter Angabe des falschen Empfängernamens R.-P. in Höhe von 2.759,65 Euro. Nachdem J. K. diese unberechtigte Überweisung bemerkt hatte, gelang es der Bank, ihr den Betrag zurück zu überweisen. Am 5. Februar 2013 reichte der Kläger bei der Kreissparkasse E. einen Überweisungsträger für das dort geführte Konto des H. D. ein, welchen er zuvor mit einer von ihm nachgeahmten Unterschrift der Bevollmächtigten des H. D., der Tochter M. T., versehen hatte. Empfänger der Überweisung in Höhe von 6.800 Euro sollte er selbst unter Nutzung seines Kontos mit dem Alias-Personalien K. P. sein. Die Überweisung unterblieb, da die Bank Verdacht schöpfte. Unter dem 13. Februar 2013 reichte der Kläger einen Überweisungsträger mit einer gefälschten Unterschrift des Kontoinhabers A. R. bei der Kreissparkasse L. über 6.885,96 ein mit dem Ziel, dass ihm dieser Betrag auf das unter dem Namen K. P. auch bei dieser Bank geführten Konto überwiesen wird. Zur Ausführung der Überweisung kam es jedoch nicht, weil den Bankmitarbeitern eine Abweichung der Unterschrift aufgefallen war.
44 
Im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Stuttgart bestritt der Kläger diese Taten und trug vor, er habe weder mit den Eröffnungen der Konten noch mit den Überweisungen bzw. Abhebungen irgendetwas zu tun; er sei unschuldig (Protokoll des Amtsgerichts vom 04.11.2015, Strafakte 104 Ls 91 Ls 4507/13, Bl. 762 f.; Strafurteil Bl. 10). Das Amtsgericht war jedoch nach Durchführung der Beweisaufnahme, insbesondere der Auswertung der hinsichtlich des Abhebevorgangs am 2. Februar 2013 von der Überwachungskamera angefertigten Lichtbilder und der Analyse der Unterschriften durch eine Sachverständige, von der Täterschaft des Klägers überzeugt. Bei der Strafzumessung nahm das Amtsgericht bei sämtlichen Taten ein gewerbsmäßiges Handeln an, d.h. den Willen, sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen (Tiedemann, in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2012, § 263 Rn. 296). Es stellte zu Lasten des Klägers insbesondere darauf ab, dass er zumindest einen Teil der Taten als Bewährungsbrecher aus einer einschlägigen Verurteilung heraus begangen hatte, den Taten eine erhebliche kriminelle Energie zugrunde lag und zum Teil erhebliche Schäden eingetreten waren. Gegen das Urteil des Amtsgerichts legten sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Das Landeskriminalamt - Kriminaltechnisches Institut - erstellte unter dem 20. April 2015 ein Behördengutachten. Danach handelt es sich bei der Person auf den Täteraufnahmen am 2. Februar 2013 bei der Bank am ... Platz und bei dem Kläger nach den festgestellten optischen Übereinstimmungen wahrscheinlich um ein und dieselbe Person. In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Stuttgart am 29. April 2015 nahmen sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft die Berufung zurück.
45 
c) Eine weitere Grundlage für die Prognose des Senats ist der Umstand, dass der Kläger bereits vor der Verurteilung durch das Amtsgericht Stuttgart vom 24. November 2014 einschlägig vorbestraft war. Nachdem der Kläger in den Jahren 2000 und 2002 wegen Betrugsdelikten zu Geldstrafen verurteilt worden war, intensivierte er ab dem Jahre 2005 nach den Feststellungen des Landgerichts Stuttgart im Urteil vom 25. September 2007 seine „Karriere“ auf dem Gebiet der Vermögenskriminalität in Gestalt des Überweisungsbetrugs. Bei sämtlichen 53 Taten, die der Verurteilung vom 25. September 2007 zugrunde lagen und die sich in einem Zeitraum von etwa einem Jahr ereignet hatten, bejahte das Strafgericht ein gewerbsmäßiges Handeln des Klägers. Obwohl anlässlich einer Durchsuchung am 19. Januar 2007 beim Kläger Zettel mit Notizen sichergestellt worden waren, die Bezüge zu Begünstigten von Überweisungsbetrugstaten aufwiesen (Name, Kontodaten), die später unter dem 25. September 2007 abgeurteilt wurden, sowie Blanko-Überweisungsvordrucke einer Bank, bei der der Kläger kein Konto unterhielt, setzte er noch kurze Zeit danach, nämlich am 25. Januar und im Februar 2007, sein kriminelles Verhalten fort. So erstellte er jeweils mit Datum vom 10. Februar 2007 einen Überweisungsträger zu Lasten des Kontos des K. W. bei der Sparkasse P.-C. und zugunsten des Kontos B. H. bei der Postbank M. über einen Betrag von 7.987,09 Euro sowie einen Überweisungsträger zu Lasten des Kontos D. K. H. bei der Volksbank N. und zugunsten des Kontos des D. B. L. bei der Postbank M. in Höhe von 4.979,99 Euro. Ungeachtet dessen, dass ihm allein schon durch die Hausdurchsuchung bewusst gewesen sein musste, dass die Polizei ihn verdächtigte, bewirkte dies beim Kläger kein Unterlassen weiteren kriminellen Verhaltens. Auch die durch das Amtsgericht Stuttgart am 28. März 2007 angeordnete Untersuchungshaft und die daran anschließende Verbüßung der Strafhaft bis 18. November 2009 beeindruckten den Kläger offensichtlich in keiner Weise. Noch unter Bewährung nach § 57 StGB stehend und in Kenntnis der Inhalts des Duldungsvergleichs vom 21. Juli 2009 wurde der Kläger ab Ende Juli / Anfang August 2012 erneut auf dem Gebiet des Konto-bzw. Überweisungsbetrugs tätig.
46 
d) Es gibt keine Gründe, die den Senat daran hindern würden, für seine Prognose diese strafrechtlichen Verurteilungen zu verwerten. Der Kläger hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dahingehend geäußert, die Verurteilung 2014 sei zu Unrecht erfolgt. Seine Fingerabdrücke seien auf einer „Blanko-Überweisung“ gewesen, die er 2009 einem Bekannten gegeben habe. Die Polizei habe aus den Fingerabdrücken geschlossen, dass er es gewesen sei. Das sei aber falsch. Die Klamotten, die auf dem Lichtbild gewesen seien, habe er schon seit Jahren nicht mehr. Man habe Fotos von ihm aus dem Jahre 2005 verwendet. Jeder könne über einen Laptop alte Bilder einspielen. In der Verhandlung im Jahr 2014 sei erst ein Kripo-Beamter vernommen worden. Dieser habe gesagt, er gehöre einer Bande an, die von Stuttgart bis Köln aktiv sei. Er habe gesagt, er habe nichts damit zu tun. Es sei dann ausgehandelt worden, dass er die Berufung zurücknehme und er dafür ins „Freigängerheim“ komme.
47 
Aus den vom Senat beigezogenen Straf- bzw. Strafvollstreckungsakten ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich zu irgendeinem Zeitpunkt eine Verständigung nach § 257c StPO vorgelegen hätte oder eine sonstige Abrede getroffenen worden wäre. Für den Senat belegen diese Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vielmehr, dass er auch die Zeit in der erneuten Haft bislang nicht genutzt hat, um sich zu seinen Straftaten tatsächlich zu bekennen und sich mit diesen kritisch auseinanderzusetzen. So ist in diesem Zusammenhang im Übrigen auffällig, dass er in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart am 4. November 2014 angegeben hatte, er sei im Jahre 2007 zu Unrecht verurteilt worden (Protokoll des Amtsgerichts vom 04.11.2015, Strafakte 104 Ls 91 Ls 4507/13, Bl. 763, 766), obwohl er damals vor dem Landgericht - wenn auch im Wege einer pauschalen Verteidigererklärung - die Taten eingeräumt hatte. Das Landgericht Stuttgart hatte keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dieses Geständnis nicht der Wahrheit entsprechen würde, da es sich mit den Angaben der vernommenen Zeugen deckte (Strafurteil vom 25.09.2007, Bl. 11), und berücksichtigte dieses Geständnis im Rahmen der Strafzumessung erheblich strafmildernd (a.a.O., Bl. 12).
48 
Der Heranziehung der Straftaten, die Gegenstand einer älteren Verurteilung sind, steht auch nicht der Gedanke des Verbrauchs entgegen, weil diese Anlass eines früheren Ausweisungsverfahren gewesen sind, das mit einem gerichtlichen Vergleich vom 21. Juli 2009 beendet worden ist und infolge dessen der Kläger drei Jahre nach Haftentlassung wieder in den Besitz der Niederlassungserlaubnis gelangt ist.
49 
Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich anerkannt, dass Ausweisungsgründe bzw. nunmehr Ausweisungsinteressen in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und so lange entgegengehalten werden dürfen, als sie noch aktuell und nicht verbraucht sind und die Ausländerbehörde auf ihre Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent verzichtet hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297 <313> und vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114 <121 f.>). Aus der Ableitung dieser Kriterien aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes folgt jedoch, dass die Ausländerbehörde einen ihr zurechenbaren Vertrauenstatbestand geschaffen haben muss, aufgrund dessen der Ausländer annehmen kann, ihm werde ein bestimmtes Verhalten im Rahmen einer Ausweisung nicht entgegengehalten. Zudem muss ein hierauf gegründetes Vertrauen des Ausländers schützenswert sein (siehe insgesamt BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 39). Im vorliegenden Fall fehlt es jedenfalls an einem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers. (Geschäfts-)Grundlage des Vergleichs ist gewesen, dass der damals in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertretene Kläger sich drei Jahre lang nach Haftentlassung keine vorsätzliche Straftat zu Schulde kommen lässt. Hieran hat sich der Kläger aber offensichtlich nicht gehalten.
50 
e) Der Kläger ist im Rahmen seines strafrechtlichen Verhaltens stets ideenreich, organisiert und planvoll vorgegangen. Was ihn letztlich zu den Straftaten bewegt hat, hat er nicht offenbart. Es gibt keine erkennbaren tatsächlichen Änderungen in seinen Lebensverhältnissen, die den Schluss nahelegen würden, dass sich trotz immer wieder aufgetretenen Urkundenfälschungen und Betrugshandlungen im Zusammenhang mit Kontoeröffnungen, Überweisungen oder sonstigen Verfügungen über Konten solches in Zukunft nicht mehr ereignen würde. Der Kläger verfügt nach wie vor nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung und in der Vergangenheit haben sich Zeiten von Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit abgewechselt (vgl. hierzu auch die vom Kläger mit Schriftsatz vom 27.07.2016 vorgelegten Unterlagen). Nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht sondern auch mit Blick auf die persönliche Situation des Klägers lassen sich keine belastbaren stabilisierenden Faktoren erkennen. Er ist bei Begehung der mit Strafbefehl vom 25. Februar 2002 abgeurteilten vier Fälle des Überweisungsbetrugs alleinstehend gewesen. Bei Beginn der Serie von Straftaten, die dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2007 zugrunde liegen, hat bereits eine familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner heutigen Partnerin und zwei in den Jahren 2003 und 2005 geborenen Töchtern bestanden. Die Straftaten ab Sommer 2012 sind zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem der familiären Lebensgemeinschaft eine weitere Tochter angehört hat. Dass seine drei Töchter und Lebenspartnerin der entscheidende Antrieb wären, „künftig nichts mehr anzustellen“ (vgl. seine Angaben in der mündlichen Verhandlung), lässt sich nicht objektivieren.
51 
Der Kläger zeichnet sich bislang vor allem durch eine fehlende Einsicht und Aufarbeitung seines strafrechtlichen Verhaltens aus. Er hat sich mit seinen Straftaten bis heute nicht ernsthaft auseinandergesetzt. Die gilt insbesondere auch für seine letzte Verurteilung, deren Richtigkeit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestritten hat. Dies belegt zudem sein Agieren in der Justizvollzugsanstalt. So hat die Justizvollzugsanstalt Ulm am 9. Juli 2015 in einem Vermerk über das Erstgespräch unter anderem festgehalten, der Kläger habe sich eher zurückhaltend und wortkarg verhalten. Zu den Taten befragt, habe er kaum Angaben gemacht. Er streite seine Tatbeteiligung wie bereits vor Gericht ab. Die an ihn gerichteten Fragen habe er kurz und knapp beantwortet, eine kritische Auseinandersetzung mit seinem Fehlverhalten habe bislang wohl eher noch nicht stattgefunden. Das weitere Vollzugsverhalten bleibe abzuwarten. Anhaltspunkte für eine psychische Problematik bzw. eine psychologische/psychotherapeutische Indikation wurden nicht festgestellt. In einem Führungsbericht vom 10. November 2015 führte die Justizvollzugsanstalt wiederum aus, zu seinen Taten befragt habe der Kläger im Anamnesegespräch kaum Angaben gemacht. Er streite im Wesentlichen seine Tatbeteiligung wie bereits vor Gericht ab. Aus einer Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Ulm vom 16. Juni 2016, die zum erfolglosen Antrag des Klägers vom 28. Mai 2016 auf Aussetzung der Vollstreckung der mit Urteil des Amtsgerichts Stuttgart verhängten Gesamtfreiheitsstrafe nach Verbüßung der Hälfte zur Bewährung erstellt worden ist, heißt es unter anderem, der Kläger sei kein Erstverbüßer und Bewährungsbrecher; eine Einsicht in sein Fehlverhalten sei bei ihm nicht zu erkennen. Aus dem Vollzugsbericht der Justizvollzugsanstalt H. vom 1. Februar 2017 ergibt sich nichts Gegenteiliges. Eine bewährungsweise Entlassung wurde seitens der Justizvollzugsanstalt H. auch für den Antrag des Klägers vom 7. November 2016 auf Strafaussetzung zur Bewährung nach Verbüßung von Zweidritteln der Strafe nicht befürwortet.
52 
Soweit sich der Kläger selbst zu seinem strafrechtlichen Werdegang äußert, sind die Angaben pauschal und blenden die Tragweite der eigenen Verantwortung, Hintergründe und Folgen für die Opfer der Straftaten aus. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt, er wolle sich zunächst für alles, was passiert sei, entschuldigen. Er leide selbst schon. Er wolle sich nunmehr um seine Familie kümmern und seinen Kindern ein guter Vater sein. Er bereue seine Taten sehr und merke, wie seine Familie leide. Seine Straftaten seien Dummheiten gewesen. Er wisse auch nicht, wie es dazu gekommen sei. Er hätte nur Leuten helfen wollen. Er sei zwar als Einzeltäter verurteilt worden, tatsächlich hätten aber mehrere gehandelt. Er habe die Taten nicht so richtig begangen, sondern nur anderen Leuten geholfen und das Helfen sei etwas anderes. Mit den Leuten stehe er aktuell nicht in Kontakt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beklagte er vor allem die Situation seiner Töchter, die mit seiner Inhaftierung leben müssten, ohne sich jedoch zu seinem eigenen Fehlverhalten zu bekennen. Dass es dem Kläger an einem kritischen Umgang mit sich selbst mangelt, ist auch daran zu erkennen, dass er den Grund für seine Verlegung von der Justizvollzugsanstalt Ulm mit einer offenen Vollzugsform in den geschlossenen Vollzugs der Justizvollzugsanstalt H. allein bei anderen sieht.
53 
Auch die Haltung der Staatsanwaltschaft Stuttgart und der Strafvollstreckungskammer anlässlich des Antrags des Klägers auf Aussetzung des Strafrestes nach zwei Drittel verdeutlichen das Fortbestehen der vom Kläger ausgehenden Gefahr. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ist diesem Antrag unter Hinweis unter anderem auf die mehrfach einschlägigen Vorstrafen, den Bewährungsbruch und die hohe kriminelle Energie entgegen getreten. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Anhörung vor der Strafvollstreckungskammer am 9. Februar 2017 hat der Kläger erklärt, dies sei seine letzte Straffälligkeit, er habe eine Familie mit drei Kindern, er habe draußen als Lagerfachkraft bei der Firma F. seine Arbeit gemacht. Dort möchte er nach der Haftentlassung wieder arbeiten. Eine konkrete Arbeitszusage habe er nicht. Die Strafvollstreckungskammer hat dem Protokoll zufolge erläutert, dass nach derzeitiger Einschätzung keine Strafaussetzung zur Bewährung in Betracht komme, insbesondere im Hinblick auf die einschlägigen und mehrfachen Vorstrafen und die letzte Haftverbüßung, die ihn nicht davon abgehalten habe, erneut straffällig zu werden. Am 14. Februar 2017 hat der Kläger seinen Antrag auf Aussetzung des Strafrests zurückgenommen.
54 
Die Tatsache, dass der Strafvollzug des Klägers entsprechend den Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt H. beanstandungsfrei verläuft, relativiert die Gefahrenprognose nicht. Der Kläger hatte auch in der Vergangenheit immer wieder längere Zeiten - auch in Freiheit - , in denen er nicht aufgefallen, jedoch dann erneut in unverändert kriminelle Verhaltensmuster zurückgefallen ist.
55 
3.) Dem öffentlichen Ausweisungsinteresse stehen besonders schwerwiegende Bleibeinteressen des Klägers und seiner Familie gegenüber. Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG sind mit Blick auf die in der Vergangenheit geführte und nach Haftentlassung geplante Fortsetzung der familiären Lebensgemeinschaft mit den drei deutschen minderjährigen Kindern, für die er auch das Personensorgerecht wahrnimmt, gegeben. Zudem hat der Kläger - im Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung - eine Niederlassungserlaubnis besessen und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Die auf der Grundlage des gerichtlichen Vergleichs vom 21. Juli 2009 erfolgte Aufhebung der Ausweisung unter dem 6. Dezember 2012 und Erteilung der Niederlassungserlaubnis unter Hinweis auf § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG führen dazu, dass die Voraussetzungen auch nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegen. Da die Regelung allein auf den tatsächlichen Besitz der Niederlassungserlaubnis abstellt, kommt es hier nicht darauf an, dass der Kläger noch unter der Geltung der „Bewährungszeit“ des Duldungsvergleichs von drei Jahren ab der Haftentlassung - bis 18. November 2009 war er inhaftiert - ab Ende Juli / Anfang August 2012 erneut einschlägig straffällig geworden und damit die Grundlage und die Intention des Vergleichs letztlich unterlaufen hat. Die Bewertung eines solchen Sachverhalts erfolgt nach der Konzeption des Gesetzes ggfs. im Rahmen der Gesamtabwägung.
56 
4.) Das öffentliche Interesse an der Ausreise des Klägers überwiegt die Interessen an seinem weiteren Verbleib im Bundesgebiet deutlich.
57 
§ 53 Abs. 1 AufenthG verlangt für eine Ausweisung ein Überwiegen des Interesses an der Ausreise, das unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung festzustellen ist, wobei in die hierbei vorzunehmende Abwägung des Interesses an der Ausreise mit dem Bleibeinteresse die in § 53 Abs. 2 AufenthG niedergelegten Umstände in wertender Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind. Diese sind, nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Ausländers, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner, sowie - in der seit dem 17. März 2016 geltenden Fassung - die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, wobei die in Absatz 2 aufgezählten Umstände weder abschließend zu verstehen sind, noch nur zu Gunsten des Ausländers ausfallen müssen. Zudem sind stets die grund- und konventionsrechtliche Stellung des Ausländers und seiner Familie und die sich daraus ergebenden Gewichtungen in den Blick zu nehmen. Umstände im Sinne des § 53 Abs. 2 AufenthG prägen den Einzelfall insoweit, als sie über die den vertypten Interessen zugrunde liegenden Wertungen hinausgehen, diese unterschreiten oder ihnen entgegenstehen. Insbesondere ist hier der Frage nachzugehen, ob und in welchem Maße die konkreten Umstände des Einzelfalles signifikant von vertypten gesetzlichen Wertungen abweichen. Sind im konkreten Fall keine Gründe von erheblichem Gewicht - etwa auch solche rechtlicher Art - ersichtlich, die den gesetzlichen Wertungen der §§ 54, 55 AufenthG entgegenstehen, wird regelmäßig kein Anlass bestehen, diese Wertungen einzelfallbezogen zu korrigieren. Eine schematische und alleine den gesetzlichen Typisierungen und Gewichtungen verhaftete Betrachtungsweise, die einer umfassenden Bewertung der den Fall prägenden Umstände, jeweils entsprechend deren konkreten Gewicht, zuwiderlaufen würde, verbietet sich ebenso (BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, NVwZ 2007, 946) wie eine „mathematische“ Abwägung im Sinne eines bloßen Abzählens von Umständen, die das Ausweisungsinteresse einerseits und das Bleibeinteresse andererseits begründen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 - juris Rn. 141 ff.; Beschluss vom 11.04.2016 - 11 S 393/16 -, juris Rn. 29 ff.; OVG NRW, Urteil vom 10.05.2016 - 18 A 610/14 -, juris Rn. 76 f.). Bei der erforderlichen Gesamtabwägung sind zur Sicherung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung zudem ergänzend die vom Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Rahmen seiner Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK hierzu entwickelten Kriterien heranzuziehen (vgl. zu den sog. „Boultif-Üner-Kriterien“ insbesondere EGMR, Urteile vom 18.10.2006 - 46410/99 <Üner> -, NVwZ 2007, 1279 und vom 02.08.2001 - 54273/00 -, InfAuslR 2001, 476 -; ausführlich auch: Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl., 2016, Vorb §§ 53-56 AufenthG, Rn. 95 ff. und Mayer, VerwArch 2010, 482 <530 ff.>, m.w.N.)
58 
Hiervon ausgehend ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er seit 1990 seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hat und über einen langjährigen und legalen Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt. Er hat zwar keinen im Bundesgebiet allgemein anerkannten Bildungs- bzw. Berufsabschluss, er ist hier jedoch immer wieder erwerbstätig gewesen und hat nach seinen Angaben nach seiner Haftentlassung Aussicht auf einen Arbeitsplatz. Er hat Möglichkeiten genutzt, sich Fähigkeiten anzueignen, mit denen bessere berufliche Perspektiven verbunden sein können, wie die Qualifizierung zur Lagerfachkraft im Jahre 2000 oder der Erwerb von Kenntnissen im Bereich Microsoft Excel 2000. Der Kläger spricht - wovon sich der Senat anlässlich der mündlichen Verhandlung hat überzeugen können - ein alltagstaugliches Deutsch.
59 
Von besonderer Bedeutung sind die familiären Bindungen. Der Kläger hat in Deutschland eine Familie gegründet. Wie insbesondere aus seinen Erklärungen in der Berufsverhandlung deutlich geworden ist, ist sein Verhältnis zu seinen drei deutschen Töchter, die den Kindergarten bzw. die weiterführende Schule besuchen, von einer wechselseitig innigen emotionalen Beziehung geprägt. Er nimmt - selbst unter den erschwerten Bedingungen des geschlossenen Vollzugs - aktiv am Leben der Kinder teil und hat in der mündlichen Verhandlung insbesondere von den musikalischen Talenten der beiden größeren Töchtern näher berichtet. Seine Lebensgefährtin schöpft mit den Kindern die in der Vollzugsanstalt zulässigen Besuche aus. Der Kläger nutzt mit seinen Töchtern zudem mittlerweile das Vater-Kind-Projekt der Justizvollzugsanstalt, welches ihnen ermöglicht, mehr Zeit als bei einem Regelbesuch üblich miteinander zu verbringen. Nicht nur die drei am 16. Dezember 2003, 7. Oktober 2005 und 27. Dezember 2011 geborenen Töchter, die sich aufgrund ihres Alters in unterschiedlichen Entwicklungsstufen befinden, haben ein außerordentlich hohes Interesse daran, dass ihr Vater im Bundegebiet verbleibt; dies gilt mit Blick auf die familiäre Lebensgemeinschaft gleichermaßen für die Lebensgefährtin und den Kläger selbst. Ihm kommt das Recht und die Aufgabe zu, als Vater für seine Kinder - auch emotional - zu sorgen. Seine Ausweisung - zumal sie zu seiner Trennung von den übrigen Familienmitgliedern führt - ist vor diesem Hintergrund ein erheblicher Eingriff in das auch durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.
60 
Zu Lasten des Klägers ist die Schwere der begangenen Straftaten, deren Aburteilung zum Entstehen des Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG geführt hat, zu berücksichtigen. Neben der bereits oben festgestellten außerordentlich hohen Wiederholungsgefahr betrügerischer Vermögenskriminalität, fällt auch seine fehlende Bereitschaft bzw. Fähigkeit zur Rechtstreue ins Gewicht. Die Anzahl der Einträge im Zentralregister sprechen für sich.
61 
Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers haben die öffentlichen Interessen an einer Ausreise im Hinblick auf die drei deutschen Kinder nicht deshalb zurückzutreten, weil dieser keine Gewaltdelikte begangen hat, die sich gegen elementare Rechtsgüter wie Leib und Leben richten, sondern sich seine Verfehlungen primär auf dem Gebiet des Vermögensstrafrechts ereignet haben. Die Gesamtabwägung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes führt hier vielmehr auch unter Berücksichtigung des sehr hohen Gewichts der familiären Bindungen zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung.
62 
Bei den vom Kläger begangenen Straftaten handelt es sich um gewerbsmäßig begangene Betrugsdelikte in erheblicher Anzahl, überwiegend in Gestalt des Überweisungsbetrugs, die teilweise von Urkundenfälschungen begleitet worden sind. Der Kläger ist - wenn auch immer wieder mit „Pausen“ - seit dem Jahre 2001 auf diesem Gebiet „aktiv“. Es ist nicht ersichtlich, dass er sich aus für sein Leben atypischen Situationen, etwa einer einmalig erlebten finanziellen Bedrängnis, zu solchen Taten hat hinreißen lassen. Vielmehr drängt sich der Schluss auf, dass er der geltenden (Strafrechts-)Ordnung ungeachtet seines langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet einfach keine Bedeutung beimisst, sondern allein so agiert, wie es ihm in den Sinn kommt und hierbei bereit ist, zum eigenen Vorteil und zur Verschaffung einer regelmäßigen Einnahmequelle anderen Menschen erheblichen finanziellen Schaden zuzufügen. Zu den Konten, die der Kläger „anzapfte“ oder „anzapfen“ wollte, gehören solche von Privatpersonen, von Firmen oder von Vereinen, wobei die Beträge, die in den Überweisungsträgern ausgewiesen waren, durchaus nicht unerheblich waren. Exemplarisch verdeutlichen dies die Taten Nr. 6 und 7, die durch das Amtsgericht Stuttgart unter dem 25. November 2014 abgeurteilt wurden, mit Überweisungsbeträgen von 6.800 Euro bzw. 6.885,96 Euro, und die Taten Nr. 14 und Nr. 38 im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2007, bei denen es um 9.787,97 Euro (zu Lasten eines Vereins) bzw. 45.767,07 Euro (zu Lasten einer Schreinerei) handelte. Die Handlungen des Klägers waren allein bei den Straftaten, die Gegenstand der landgerichtlichen Verurteilung waren, auf ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen in Höhe von nahezu 459.000 Euro gerichtet. Bei seinen Taten ging der Kläger unter Benutzung verschiedener falscher Identitäten und unterschiedlicher Konten sehr professionell vor. Eine besondere Brisanz erhält die kriminelle Laufbahn des Klägers auch dadurch, dass er nicht allein und teilweise zudem grenzüberschreitend agiert hat (vgl. hierzu die Feststellungen im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2009 unter II.), aber auch insoweit bis heute „keinen reinen Tisch gemacht hat“. Dass bei etlichen Taten eine Schädigung der tatsächlichen Kontoinhaber bzw. der Geldinstitute letztlich vermieden und der Kläger durch die Polizei gefasst werden konnte, beruht allein darauf, dass andere Menschen aufgepasst bzw. interne und externe Kontrollsysteme funktioniert haben. Solche Zufälligkeiten entlasten den Kläger aber nicht. Bezeichnender Weise hat er im Übrigen immer wieder selbst festgestellt, dass Überweisungen durch die Bank nicht ausgeführt worden sind. Das hat ihn aber gerade nicht abgeschreckt. Mit den kriminellen Handlungen fuhr er unverändert fort.
63 
Die vom Kläger ausgehende außerordentlich hohe Wiederholungsgefahr (siehe oben I.2.) von betrügerischen Aktionen im Bereich des bargeldlosen Transfers von Geldern unter Einschaltung einer Bank, auf dessen Funktionieren und korrekte Abwicklung der Einzelne, aber auch letztlich ein Wirtschaftssystem angewiesen sind, rechtfertigt die durch die Ausweisung herbeigeführte Trennung von seinen Familienmitgliedern (zur Bedeutung der Gefahrenprognose im Rahmen der Gesamtabwägung unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit siehe Funke-Kaiser, Fragen des novellierten Aufenthaltsrechts, in: Dokumentation, 18. Deutscher Verwaltungsgerichtstag, Hamburg 2016, S. 221, 235).
64 
Die minderjährigen deutschen Töchter des Klägers sind faktisch nicht gezwungen den Kläger zu begleiten, sondern können weiter im Bundesgebiet leben. Da ihre Mutter über einen in der Vergangenheit stets verlängerten und aktuell bis 12. Januar 2019 gültigen Aufenthaltstitel nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG verfügt, ist gewährleistet, dass ein erziehungsberechtigter drittstaatsangehöriger Elternteil im Bundesgebiet verbleibt, weshalb die Kinder nicht das Unionsgebiet als Ganzes verlassen müssen (vgl. zu diesen Aspekten EuGH, Urteil vom 13.09.2016 - C-304/14 - CS, Rn. 24 ff.; u.a. in Anknüpfung an das Urteil vom 08.03.2011 - C-34/09 - Ruiz Zambrano; siehe schon VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, juris Rn. 34). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die gravierende Gefahr neuer Straftaten des Klägers hingenommen werden müsste, weil sein Verbleib für die Kinder bzw. das Kindeswohl von überragender, ggf. existenzieller Bedeutung wäre. Das Leben der Töchter ist durch die Inhaftierung des Klägers davon geprägt, dass sie ihren Vater im Alltag schon seit längerer Zeit nicht um sich haben. Die beiden älteren Töchter haben diese Erfahrungen auch schon zuvor ab dem Jahre 2007 gemacht. Zwar ist die Aufrechterhaltung von familiären Beziehungen und Kontakten bei einem Aufenthalt des Klägers in Angola gegenüber der derzeitigen Situation deutlich erschwert, unmöglich ist dies jedoch auch mit Blick auf das Alter der Töchter nicht. Hinzu kommt, dass durch die Befristung der Wirkungen des mit der Ausweisung verbundenen Einreise- und Aufenthaltsverbots (siehe nachfolgend II.) und der Möglichkeit für den Kläger, danach zu seinen deutschen Kindern zurückzukehren, die Trennung perspektivisch begrenzt ist. Da der Kläger bis zum Alter von etwa 17 Jahren in Angola gelebt und aktuell auch noch portugiesisch beherrscht, steht zu erwarten, dass er sich dort zurecht finden wird - zumal er im Jahre 2005 im Rahmen der Vorbereitungen auf die Fußball-WM zu Besuch in Angola gewesen ist und seine Partnerin, die im April 2002 in das Bundesgebiet eingereist ist, ebenfalls aus Angola stammt. Nach dem Vermerk der Justizvollzugsanstalt Ulm vom 9. Juli 2015 zum Erstgespräch mit dem Kläger leben zudem zwei jüngere Schwestern von ihm in Angola.
II.)
65 
Dem Kläger steht die hilfsweise begehrte Verpflichtung des Beklagten, unter Aufhebung der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu entscheiden, nicht zu.
66 
1.) Der Kläger hat eine - logisch vorrangige - (hilfsweise) Verpflichtung des Beklagten über die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, nicht beantragt. Für einen solchen Antrag gibt es auch keine Veranlassung. Der Beklagte hat in der angefochtenen Verfügung hierzu keine Entscheidung getroffen; dies ist nicht zu beanstanden.
67 
Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG kann das Einreise- und Aufenthaltsverbot zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist nach Absatz 2 verkürzt werden. Aus den vorstehenden Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung unter I. ergibt sich jedoch, dass die vom Kläger ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, deren Abwehr das Einreise- und Aufenthaltsverbot dient, fortbesteht und das öffentliche Interesse an der Ausreise schutzwürdige Belange des Ausländers überwiegt. Erweist sich eine Ausweisung als rechtmäßig, ist es nach den hierfür notwendigen Voraussetzungen ausgeschlossen, dass zum gleichen Zeitpunkt, der für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Ausweisung maßgeblich ist, Anlass für die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu diesem Zeitpunkt bestehen könnte. Würde sich eine Ausweisung hingegen als rechtswidrig erweisen, beispielsweise wegen einer nach Erlass der Verfügung eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage, wäre sie mit Wirkung ex tunc aufzuheben (BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 21 ff.), so dass ebenfalls kein Raum für eine Entscheidung nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG wäre. Soweit das Bundesverwaltungsgericht der Auffassung ist, dass seit der zum 1. August 2015 in Kraft getretenen gesetzlichen Neuordnung der Regelungen zur Beseitigung der Wirkungen einer Ausweisung die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots einer eigenständigen, von der Befristung zu trennenden Entscheidung bedarf, die von der Ausländerbehörde nicht nur nachträglich, sondern zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers auch schon zusammen mit der Ausweisung getroffen werden kann (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 15), hatte für die Ausländerbehörde im vorliegenden Fall kein Grund für eine solche Ermessensentscheidung bestanden. Im Übrigen liegt der Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots - anders als der Befristung - keine Prognose zugrunde, so dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen.
68 
2.) Die Ausländerbehörde hat bei der Befristung des mit einer Ausweisung verbundenen gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots seit Inkrafttreten des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 über die Länge der Frist nach Ermessen zu entscheiden (BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 19 ff. und - 1 C 3.16 -, Rn. 65 f.). Der Senat hält an seiner bislang vertretenen Auffassung, wonach es sich hierbei trotz des Wortlauts um eine gebundene Entscheidung handelt (grundlegend Senatsurteil vom 09.12.2015 - 11 S 1857/15 -, juris), aus Gründen der Rechtseinheit nicht mehr fest.
69 
Dem Bundesverwaltungsgericht zufolge ändert das Erfordernis einer Ermessensentscheidung nichts am behördlichen Prüfprogramm, wie es von diesem im Urteil vom 10. Juli 2012 (1 C 19.11 -, juris Rn. 42) entwickelt worden ist (vgl. auch schon BVerwG, Urteil vom 14.02. 2012 - 1 C 7.11 -, juris Rn. 28 f.). Die Ausländerbehörde muss bei der allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzenden Frist das Gewicht des Ausweisungsinteresses und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck berücksichtigen. Hierzu bedarf es in einem ersten Schritt der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das seiner Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die auf diese Weise an der Erreichung des Ausweisungszwecks ermittelte Höchstfrist muss von der Behörde in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den unions- und konventionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 7 GRC und Art. 8 EMRK, gemessen und ggf. relativiert werden. Dabei sind von der Ausländerbehörde nicht nur die nach § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG schutzwürdigen Bleibeinteressen des Ausländers in den Blick zu nehmen, sondern bedarf es nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles einer umfassenden Abwägung aller betroffenen Belange (BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 23 ff. und - 1 C 3.16 -, Rn. 66).
70 
Das Regierungspräsidium hat im Rahmen seiner Ermessensentscheidung unter Zugrundelegung der Kriterien des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. im Einzelnen Bl. 17 ff. der Verfügung) das Einreise- und Aufenthaltsverbot anhand einer zweistufigen Prüfung auf fünf Jahre nach Ausreise oder Abschiebung befristet. Das Verwaltungsgericht hat - allerdings unter Bezugnahme auf das Urteil des erkennenden Senats vom 9. Dezember 2015 und damit unter Zugrundelegung der bisherigen Auffassung des Senats zum gebundenen Charakter der Befristungsentscheidung - in seinem Urteil die vom Beklagten festgesetzte Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots mit Blick auf die familiären Belange insoweit aufgehoben, als die Frist in Ziffer 4 des Bescheids vom 30. Januar 2016 drei Jahre und sechs Monate übersteigt. Der Beklagte hat hiergegen kein (Anschluss-) Rechtsmittel eingelegt. Dass diese für den Beklagten verbindliche Länge der Sperrfrist von drei Jahre und sechs Monaten, die unterhalb der Fünf-Jahres-Frist nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG liegt, zu Lasten des Klägers im Ergebnis fehlerhaft wäre, ist mit Blick auf die von ihm ausgehende Gefährlichkeit (siehe oben u.a. I. 2.) nicht ersichtlich; es ergeben sich ferner keine Anhaltspunkte dafür, aufgrund der bereits oben unter I. dargestellten familiären Situation und weiterer individueller Belange könnte eine noch kürzere Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots im Raum stehen. Es sind insbesondere auch nach Erlass der Verfügung keine weiteren Änderungen tatsächlicher Art eingetreten, die zu Gunsten des Klägers wirken und Anlass für neue bzw. ergänzende Ermessenserwägungen bei dem Beklagten sein könnten.
71 
Dass der Beklagte das durch eine Abschiebung eintretende Einreise- und Aufenthaltsverbot hinsichtlich der Länge gleichlaufend mit den Folgen der Ausweisung im Sinne einer einheitlichen Regelung ausgestaltet hat, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
72 
Im Übrigen bleibt es dem Kläger unbenommen, einen Antrag auf Verkürzung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu stellen, wenn sich die Gefährdungssituation günstiger als erwartet entwickeln sollte oder neue persönliche bzw. familiäre Umstände eine andere, günstigere Entscheidung angezeigt erscheinen ließen.
III.)
73 
Die Klage gegen die Abschiebungsandrohung bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
74 
Ziffer 3 der Verfügung vom 30. Januar 2016 ist unter Berücksichtigung der Begründung im angefochtenen Bescheid dahingehend auszulegen, dass für den Fall der Entlassung aus der Haft der Kläger aufgefordert wird, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bestandskraft der Ausweisung zu verlassen und ihm für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise innerhalb dieser Frist die Abschiebung nach Angola angedroht wird. Entsprechendes soll gelten, falls - was aber nicht geschehen ist - der Sofortvollzug angeordnet wird. Die Frist von einem Monat ist auszulegen als 31 Tage (BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 -, juris Rn. 44). Für den Fall, dass sich der Kläger bei Bestandskraft der Ausweisung (oder deren sofortiger Vollziehbarkeit) noch in Haft befindet, wird ihm mit Ziffer 2 der Verfügung die Abschiebung ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht, wobei die unterbliebene Fristsetzung nach der Begründung des Bescheids allein auf § 59 Abs. 5 AufenthG beruht.
75 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine Abschiebung nach Angola nicht deshalb unzulässig, weil er im Jahre 1990 unter Berufung auf den drohenden Einsatz als Kindersoldat aus Angola geflohen ist (1.). Soweit dem Kläger, der sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung mit voraussichtlichem Strafende 31. Dezember 2017 in Strafhaft befindet, die Abschiebung aus der Haft ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht wird (§ 59 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG), ist dies nicht zu beanstanden; dies steht insbesondere mit der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) - RFRL - in Einklang (2.)
76 
1.) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Angola unzulässiger Zielstaat einer Abschiebung des Klägers mit der Folge der Einschränkung der Abschiebungsandrohung nach § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist. Soweit er ausführt, er sei im Alter von 17 Jahren vor der zwangsweisen Einsetzung als Kindersoldat für den damaligen Diktator geflohen und bei einer Rückkehr nach Angola bestehe für ihn eine Gefahr für Leib und Leben, ist damit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nicht schlüssig vorgetragen, denn der Kläger hielt sich nach eigenen Angaben etwa 15 Jahre nach seiner Flucht im Jahre 2005 ohne Probleme in Angola auf. Im Übrigen steht bereits der negative Ausgang des Asylverfahrens einer Berufung auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote entgegen (§ 42 AsylG).
77 
2.) Die Androhung der Abschiebung aus der Haft ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise entspricht den Bestimmungen des nationalen Aufenthaltsrechts (a). Dass dem Kläger nicht die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise eingeräumt worden ist, steht mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang (b). Dies beruht allerdings nicht auf einer „Opt-Out“-Entscheidung des Gesetzgebers auf der Grundlage des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL (aa), sondern basiert auf der vom Kläger ausgehenden Gefahr, die auch ein Unterbleiben der Gewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise nach Art. 7 Abs. 4 RFRL trägt (bb).
78 
a) Nach § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG bedarf es in den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG, d.h. unter anderem dann, wenn der Ausländer sich - wie hier - auf richterliche Anordnung in Haft befindet, keiner Setzung einer Ausreisefrist. Nach nationalem Recht dient eine Ausreisefrist dazu, eine Abschiebung durch eine freiwillige Ausreise vermeiden zu können. Sie bezweckt ferner dem Ausländer zu ermöglichen, seine Lebensverhältnisse in Deutschland abwickeln und ggfs. ein Rechtsschutzverfahren betreiben zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.12.1997 - 1 C 14.96 -, juris Rn. 15; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 AufenthG Rn. 105, 147 ). Ausgehend hiervon wird § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG als ein - gegenüber § 59 Abs. 1 Satz 2 AufenthG - spezieller Fall angesehen, in dem die Setzung einer Ausreisefrist entbehrlich ist, weil im Falle der Abschiebung aus der Haft ohnehin keine freiwillige Ausreise möglich ist (so BayVGH, Beschluss vom 12.12.2016 - 10 C 16.2176 -, juris Rn. 8). Mit der Regelung in § 59 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Abschiebung mindestens eine Woche vorher angekündigt werden soll, wird der Ausländer in Haftfällen in die Lage versetzt, sich auf das Verlassen des Landes vorzubereiten und ggfs. entsprechende Maßnahmen zu treffen (Hocks, in: Hofmann, AuslR, 2. Aufl., 2016, § 59 AufenthG Rn. 17). Eine solche Konkretisierung des Zeitpunkts der Abschiebung ist im vorliegenden Fall noch nicht erfolgt. Zwar beabsichtigt der Beklagte ausweislich des Hinweises in der Verfügung vom 30. Januar 2016, den Kläger zum Zeitpunkt der Haftentlassung auf der Grundlage der Entscheidung nach § 456a StPO abzuschieben. Eine derartige Entscheidung liegt ausweislich der beigezogenen Akten aber bislang nicht vor.
79 
Nach § 456a StPO kann die Strafvollstreckungsbehörde von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, einer Ersatzfreiheitsstrafe oder einer Maßregel der Besserung oder Sicherung unter anderem dann absehen, wenn der Verurteilte aus dem Geltungsbereich des Gesetzes abgeschoben wird. Die Regelung setzt aber voraus, dass diese Maßnahme, d.h. die Abschiebung, bereits bestandskräftig angedroht worden (Schmitt, in: Meyer/Großner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., 2016, § 456a Rn. 3; Appl, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., 2008, § 456a Rn. 3) oder diese zumindest vollziehbar ist und demnächst durchgeführt wird (Klein, in: Graf, StPO, 2010, § 456a Rn. 3). Wann die Staatsanwaltschaft ggfs. von einer weiteren Vollstreckung absieht, ist im vorliegenden Fall ungewiss.
80 
b) Dass dem Kläger auf der Grundlage des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise nicht eingeräumt wird, steht im vorliegenden Fall mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang.
81 
Das Ziel der Richtlinie 2008/115 ist - wie sich aus ihren Erwägungsgründen 2 und 11 ergibt - die Festlegung einer wirksamen Rückkehr- und Rücknahmepolitik, die auf gemeinsamen Normen und rechtlichen Garantien beruht, die gewährleisten, dass die betreffenden Personen unter vollständiger Achtung der Grundrechte auf menschenwürdige Weise zurückgeführt werden (EuGH, Urteil vom 05.06.2014 - C-146/14 PPU - Mahdi - Rn. 38). Die Richtlinie ist von ihrem Zweck her sowohl ein Rückkehrinstrument als auch ein Menschen- bzw. Grundrechteinstrument, die den Mitgliedstaaten aber nicht unbedeutende Gestaltungsspielräume belässt (näher Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 136 ff.).
82 
aa) § 59 Abs. 5 AufenthG mit der normativen Folge des Unterbleibens einer Frist zur freiwilligen Ausreise ist nicht bereits deshalb mit Unionsrecht in Einklang zu bringen, weil die Bundesrepublik insoweit vom „Opt-Out“ nach Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch gemacht hätte.
83 
Nach dieser Bestimmung können die Mitgliedstaaten beschließen, diese Richtlinie nicht auf Drittstaatsangehörige anzuwenden, die nach einzelstaatlichem Recht aufgrund einer strafrechtlichen Sanktion oder infolge einer strafrechtlichen Sanktion rückkehrpflichtig sind oder gegen die ein Auslieferungsverfahren anhängig ist. Zwar könnte der Wortlaut „infolge“ durchaus daraufhin deuten, dass auch Rückkehrentscheidungen, die im Verwaltungswege erlassen werden, letztlich aber an eine strafrechtliche Verurteilung anknüpfen, unter diese Regelung fallen können (dies jedenfalls für die frühere Ist-Ausweisung nach § 53 AufenthG a.F. annehmend Franßen-de la Cerda, Die Vergemeinschaftung der Rückführungspolitik - das Inkrafttreten der EU-Rückführungsrichtlinie, ZAR 2008, 377, 381; weitergehend Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 164 ff.). Für die Auffassung, dass die 2. Alternative des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL, die auf eine Rückkehrverpflichtung abstellt, die „infolge einer strafrechtlichen Sanktion“ ausgelöst wurde, nur Fälle betrifft, in denen die Rückkehrpflicht unmittelbar aufgrund einer strafrechtlichen Sanktion als Nebenfolge ausgelöst wird (vgl. näher Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 302 ), sprechen nach der Bedeutung der Regelung und ihrer Entstehungsgeschichte die besseren Gründe.
84 
Die Kommission hat während der Beratungen im Rat stets deutlich gemacht, dass die verschiedenen Stufen „Beendigung des legalen Aufenthalts“ und (deswegen danach) illegaler Aufenthalt zu unterscheiden sind und die Rückführungsrichtlinie nur den letzteren Fall erfasst. Verschiedene Mitgliedstaaten, deren Strafrecht bei Delikten von Ausländern auch den Verlust des Aufenthaltsrechts als Strafe oder Nebenstrafe vorsieht, befürchteten, dass durch die Rückführungsrichtlinie in die ihrer alleinigen Kompetenz obliegenden Angelegenheit des nationalen Strafrechts eingegriffen würde. Obwohl sowohl das Europäische Parlament als auch andere Mitgliedstaaten die Auffassung der Kommission, dass die Beendigung des legalen Aufenthalts - auch mit Mitteln des Strafrechts - schon gar nicht vom Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie erfasst ist, stützten und eine solche Klausel für nicht notwendig erachteten, verlangten diese Länder ausdrücklich eine Optionsregelung. Letztlich ist dem aus Gründen des politischen Pragmatismus entsprochen worden, weil andernfalls die Gefahr des Scheiterns der Richtlinie gedroht hätte (siehe hierzu Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., 2016, § 11 Rn. 20 unter Hinweis auf Lutz, The Negotiations on the Return Directive, 2010, unter 2.2.2, S. 32; siehe auch Franßen-de la Cerda, a.a.O., ZAR 2008, 377, 381; Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Immigration and Asylum Law, 2nd Edition. 2016, Part C VII Art. 2 Rn. 15 f.).
85 
Auch der Umstand, dass erhebliche Bewertungsunsicherheiten (vgl. dazu Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG § 59 Rn. 302 ) auftreten würden, wenn man für die 2. Alt des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL eine Verwaltungsentscheidung genügen lassen würde, die allein oder jedenfalls maßgeblich auf eine vorangegangene strafrechtliche Sanktion gestützt wäre (wie etwa die Versagung der Erteilung eines Aufenthaltstitels aufgrund des Bestehens eines Ausweisungsinteresses nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG wegen einer Straftat), spricht für die restriktive Interpretation.
86 
Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. September 2013 (C-297/12 - Filev und Osmani - Rn. 50 f.). Das Urteil beruht - entsprechend den Ausführungen in der Vorlage des Amtsgerichts Laufen vom Juni 2012 zu einer Ausweisungsentscheidung aus dem Jahre 1999 - auf der nicht problematisierten Annahme, dass die Bundesrepublik Deutschland mit dem Richtlinienumsetzungsgesetz vom 22. November 2011 (BGBl I 2258) von der in Art. 2 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 2008/115 enthaltenen Ermächtigung Gebrauch gemacht habe (vgl. EuGH, Urteil vom 19.09.2013, a.a.O., Rn. 22, 50 ff.). Mangels entscheidungserheblicher Fragestellung sind aber die Problematik der Wirksamkeit und der Reichweite eines „Opt-Out“ keiner näheren Betrachtung durch den Gerichtshof der Europäischen Union unterzogen worden.
87 
Anlässlich des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 finden sich lediglich Ausführungen in der Gesetzesbegründung dazu, dass bezüglich der Dauer der für ein Einreiseverbot zu bestimmenden Frist explizit von der „Opt-Out“ Möglichkeit Gebrauch gemacht werden solle (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 06.11.2012 - 11 S 2307/11 -, juris Rn. 71). In der Bundestagsdrucksache 17/5470, S. 21 heißt es zu § 11 AufenthG:
88 
„Die in dem neuen Satz 4 vorgesehenen Ausnahmen von der regelmäßigen Höchstfrist von 5 Jahren beruhen auf Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b - gegenüber verurteilten Straftätern wird der Anwendungsbereich der Richtlinie insoweit eingeschränkt - und Artikel 11 Absatz 2 Satz 2 (schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit und Ordnung) der Rückführungsrichtlinie. Eine strafrechtliche Verurteilung im Sinne der Ausnahme erfordert das Zugrunde liegen schwerwiegender Straftaten.“
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Selbst wenn man der hier nicht geteilten Auffassung wäre, dass Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Verwaltungsentscheidungen erfassen könnte, ist nicht ersichtlich, dass die Bundesrepublik auch mit Blick auf die Vorschrift des § 59 Abs. 5 AufenthG insoweit (wirksam) von dem „Opt-Out“ Gebrauch gemacht hätte. Diese Regelung gilt in der vorliegenden Fassung seit dem Richtlinienumsetzungsgesetz vom 19. August 2007 (BGBl I, 1970, 1982) unverändert. Es gibt keine Anhaltspunkte (in einer Gesetzesbegründung), die es erlaubten, ein „Opt-Out“ auch insoweit anzunehmen (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 172 ), wenn eine gesetzliche Bestimmung, die vor Inkrafttreten einer Richtlinie bereits gegolten hat, schlicht später beibehalten wird. Ob es aus Gründen der Rechtsklarheit, insbesondere weil die Geltung des Unionsrechts keinen Zweifeln unterliegen darf, sogar geboten sein könnte, dass sich Art und Umfang des „Opt-Out“ aus dem Gesetz selbst ergeben müssen, kann daher hier offen bleiben (vgl. hierzu Lutz, in: Hailbronner/Thym, a.a.O., Art. 2 Rn. 5 f.; siehe zur Frage der Pflicht zur Veröffentlichung des Beschlusses nach Art. 2 Abs. 2 RFRL auch Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 179 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.03.2017 - 1 C 17.16 -, juris Rn. 17 zur Frage der Erheblichkeit des Willens, Unionsrecht umzusetzen und anzuwenden).
90 
bb) Aufgrund der vom Kläger im vorliegenden Fall ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung wahrt das in § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG vorgesehene Absehen von einer Frist für die freiwillige Ausreise aber die Vorgaben des Art. 7 Abs. 4 RFRL.
91 
Die Richtlinie 2018/115 schreibt vor, welches Verfahren von jedem Mitgliedstaat bei der Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger anzuwenden ist, und legt die Reihenfolge der verschiedenen Schritte fest, die dieses Verfahren nacheinander umfasst. So sieht Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie zunächst vor, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich verpflichtet sind, gegen alle illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörige eine Rückkehrentscheidung zu erlassen (EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - El Dridi - Rn. 34 f.). Teil dieser Rückkehrentscheidung ist auch die Entscheidung über eine Frist zur freiwilligen Ausreise nach Art. 7 RFRL. Freiwillige Ausreise bedeutet die Erfüllung der Rückkehrverpflichtung innerhalb der dafür in der Rückkehrentscheidung festgesetzten Frist (Art. 3 Nr. 8 RFRL). Besteht Fluchtgefahr oder ist der Antrag auf einen Aufenthaltstitel als offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich abgelehnt worden oder stellt die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit dar, so können die Mitgliedstaaten nach Art. 7 Abs. 4 RFRL davon absehen, eine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, oder sie können eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen einräumen. Auch mit Blick auf die Frage einer Ausreisefrist muss, wie sich aus den Erwägungsgründen 2, 6, 11 und 24 der Richtlinie 2008/115 sowie ihrem Art. 5 ergibt, gemäß den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, darunter der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die nach dieser Richtlinie getroffene Entscheidung im Einzelfall verhältnismäßig sein und die Grundrechte der betreffenden Person gebührend berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 69).
92 
Nach Art. 7 Abs. 4 RFRL darf von der Gewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise unter anderem dann abgesehen werden, wenn die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt. Der Begriff der Gefahr für die öffentliche Ordnung, wie er in Art. 7 Abs. 4 RFRL vorgesehen ist, setzt jedenfalls voraus, dass außer der sozialen Störung, die jeder Gesetzesverstoß darstellt, eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 60). Wie der Senat mit Beschluss vom 30. August 2016 (11 S 1660/16 - InfAuslR 2016, 421) ausgeführt hat, bedarf es hierzu nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union einer individuellen Prüfung des Einzelfalls und kann nicht allein aus der Tatsache geschlossen werden, dass sich der Betreffende in (Straf-)haft befindet (EuGH, Urteil vom 11.06.2015, a.a.O., Rn. 70 ff.; vgl. zur Notwendigkeit der Einzelfallprüfung auch Urteil vom 21.03.2013 - C-522/11 - Mbaye - Rn. 31 f.; Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Migration and Asylum Law, 2nd Ed., 2016, Part C VII Art. 7 Rn. 14). Damit stellt der Gerichtshof vor allem sicher, dass die Verhängung (und Vollstreckung) etwa einer Haftstrafe allein wegen unerlaubter Einreise und unerlaubtem Aufenthalt nicht dazu führt, dass die zu Gunsten des Ausländers gewährten Garantien der Rückführungsrichtlinie keine Geltung mehr beanspruchen würden (Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Migration and Asylum Law, 2nd Ed., 2016, Part C VII Art. 1 Rn. 25).
93 
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat allerdings Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2008/115 auch dahin ausgelegt, dass der Rückgriff auf die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit, gar keine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, wenn der Drittstaatsangehörige eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt, keine erneute Prüfung der Kriterien erfordert, die bereits geprüft wurden, um das Bestehen dieser Gefahr festzustellen (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 73).
94 
Im vorliegenden Fall ist der Kläger aufgrund betrügerischer Vermögenskriminalität und Urkundenfälschung inhaftiert. Von ihm geht eine außerordentlich hohe Gefahr aus, dass er insoweit erneut straffällig wird. Die Ausländerbehörde hat unter Berücksichtigung der persönlichen und familiären Bindungen des Klägers und unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zurecht die Ausweisung des Klägers verfügt. Die für die Ausweisung maßgeblichen Gründe tragen zugleich die Annahme einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Dies erschließt sich aus den Ausführungen oben unter I.
95 
Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 RFRL, Art. 3 Nr. 4 RFRL allein die Abschiebungsandrohung (vgl. etwa Urteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 -, NVwZ-RR 2012, 492 und vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, NVwZ-RR 2012, 412; Beschlüsse vom 30.08.2016 - 11 S 1660/16 -, InfAuslR 2016, 421 und vom 19.12.2012 - 1 S 2303/12 -, InfAuslR 2013, 98; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 307 ) und nicht die Ausweisung (siehe etwa Urteile vom 30.04.2014 - 11 S 244/14 -, juris, vom 15.10.2013 - 11 S 2114/13 -, juris und vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 -, juris; vgl. auch Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 292 ; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., 2016 § 11 Rn. 15 ff.). Entscheidend ist jedoch, dass die die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendende Verfügung - hier die Ausweisung - und die Rückkehrentscheidung - hier die Abschiebungsandrohung - nach Art. 6 Abs. 6 RFRL im Rahmen einer Entscheidung ergehen dürfen. Unionsrechtlich muss lediglich sichergestellt werden, dass die Gefahr für die öffentliche Ordnung, wie sie in Art. 7 Abs. 4 RFRL vorausgesetzt wird, bereits an anderer Stelle unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls geprüft worden ist. Dies ist hier im Rahmen der Ausweisung geschehen. Die normative Regelung in § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, von einer Fristsetzung abzusehen, ist hier unmittelbare Folge der Ausweisung.
96 
Es gibt im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür, dass (Grund-)rechte des betroffenen Ausländers eine andere Entscheidung im Rahmen des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erforderlich machen könnten. Sofern dies (in anderen Fallkonstellationen) ggfs. zu erwägen wäre, kann dies durch die Anwendung des nationalen Rechts gewährleistet werden. Schon aus dem Wortlaut des Gesetzes („bedarf“) ist ersichtlich, dass die Setzung einer Ausreisefrist nicht durch die Norm untersagt ist, sondern vielmehr Raum für (unionsrechtlich) notwendige abweichende Entscheidung lässt (vgl. auch GK-AufenthG, § 59 Rn. 170 ff. ).
IV.)
97 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
98 
Soweit die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hinsichtlich Ziffer 2 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 zurückgewiesen worden ist, war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsache (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen, denn es ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt, ob und ggfs. unter welchen Voraussetzungen die Abschiebung aus der Haft ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise auf der Grundlage des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang steht.
99 
Im Übrigen liegen Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, nicht vor.
100 
Soweit die Revision zugelassen worden ist, gilt folgende
101 
Beschluss vom 29. März 2017
102 
Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 52 Abs. 1 GKG für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auf 10.000 Euro festgesetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 25.05.2016 - 11 S 2480/15 -, juris).
103 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
32 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht und ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 6 und Abs. 3 Satz 4 VwGO) Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2016 bleibt ohne Erfolg.
33 
Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage gegen die mit Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 verfügte Ausweisung abgewiesen (I.). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist auch das Befristungsbegehren. Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Kläger mit der Berufungsbegründung weder einen eigenen Antrag zur Befristungsentscheidung formuliert noch spezielle Berufungsgründe vorgebracht hat, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat aus Gründen der Rechtseinheit folgt, ist das Befristungsbegehren als Minus notwendiger Bestandteil des Begehrens auf Aufhebung einer Ausweisung und kann daher von den Parteien nicht gesondert aus dem Verfahren ausgegliedert werden (BVerwG im Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 17). Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die auf der Grundlage der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehende Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots von drei Jahren und sechs Monaten zu Lasten des Klägers fehlerhaft wäre (II.). Die Abschiebungsandrohung erweist sich ebenfalls als rechtmäßig; dies gilt auch soweit dem Kläger die Abschiebung aus der Haft heraus ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht wird (III.).
34 
Maßgeblich für die Beurteilung all dieser Streitgegenstände, nämlich die Ausweisung, das Befristungsbegehren und die noch nicht vollzogene Abschiebungsandrohung, ist jeweils die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 18, vom 14.05.2013 - 1 C 13.12 -, juris Rn. 9 und vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 16).
I.)
35 
Die Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig.
36 
Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 53 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der seit dem 17. März 2016 geltenden Fassung gemäß Art. 1 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016 (BGBl. I, S. 394). Nachfolgende Änderungen in den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes durch spätere Gesetze haben die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Regelungen nicht verändert.
37 
Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer ausgewiesen, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Ein Ermessen ist der Ausländerbehörde aufgrund des am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen gesetzlichen Systemwechsels im Ausweisungsrecht, hin zu einer gebundenen Entscheidung, nicht mehr eingeräumt (siehe etwa BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 23; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, juris Rn. 49 und Beschluss vom 11.04.2016 - 11 S 393/16 -, juris Rn. 19).
38 
Die in § 54 AufenthG fixierten Tatbestände erfüllen zwei Funktionen: Sie sind gesetzliche Umschreibungen spezieller öffentlicher Interessen an einer Ausweisung im Sinne von § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG und weisen diesen Ausweisungsinteressen zugleich ein besonderes Gewicht für die durch § 53 Abs. 1 Halbs. 2 und Abs. 3 AufenthG geforderte Abwägung zu. Ein Rückgriff auf die allgemeine Formulierung eines öffentlichen Ausweisungsinteresses in § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG ist deshalb entbehrlich, wenn der Tatbestand eines besonderen Ausweisungsinteresses nach § 54 AufenthG verwirklicht ist. Allerdings bedarf es auch bei Verwirklichung eines Tatbestandes nach § 54 AufenthG stets der Feststellung, dass die von dem Ausländer ausgehende Gefahr im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt fortbesteht (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 26).
39 
Hier erfüllt das Verhalten des Klägers das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (1). Vom Kläger geht nach wie vor eine außerordentlich hohe Gefahr einer erneuten Straffälligkeit im Bereich betrügerischer Vermögenskriminalität aus (2). Dem öffentlichen Ausweisungsinteresse stehen gewichtige Bleibeinteressen des Klägers und seiner Familie nach § 53 Abs. 1, § 55 AufenthG gegenüber (3). Die Abwägung zwischen dem öffentlichen Ausweisungsinteresse und dem Bleibeinteresse des Klägers und seiner Familie unter Berücksichtigung sämtlicher den Einzelfall prägender Umstände und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit führt zu dem Ergebnis, dass das Regierungspräsidium die Ausweisung des Klägers zu Recht verfügt hat (4.).
40 
1.) Nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG wiegt das Ausweisungsinteresse u.a. dann besonders schwer, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist. Ausreichend ist die Bildung einer Gesamtstrafe nach §§ 53 ff. StGB (Graßhof, in: BeckOK AuslR, AufenthG, § 54 Rn. 11 ). Der Kläger erfüllt aufgrund der seit 29. April 2015 rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht Stuttgart vom 25. November 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen Urkundenfälschung in sieben Fällen, hiervon in drei Fällen in Tateinheit mit Betrug und in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug diesen Tatbestand. Damit lag beim Kläger auch nach der im Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung vom 30. Januar 2016 und noch bis zum 16. März 2016 geltenden Fassung des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vor; dort war bei Verurteilung wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse typisiert worden. Unschädlich ist hierbei, dass die Einzelstrafen der jeweiligen Vorsatztaten der Gesamtfreiheitsstrafe jeweils unterhalb von zwei Jahren Freiheitsstrafe festgesetzt wurden. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG unterscheidet sich insoweit von § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 17.12 -, juris Rn. 12).
41 
2.) Die Gefahr, dass der Kläger erneut im Bereich der betrügerischen Vermögenskriminalität straffällig wird, ist außerordentlich hoch. Sie folgt aus dem entsprechenden strafrechtlichen Werdegang des Klägers, der sich seit mehr als einem Jahrzehnt unbeeindruckt von irgendwelchen straf- und ordnungsrechtlichen Sanktionen zeigt.
42 
a) Für die Beurteilung, ob nach dem Verhalten des Ausländers damit zu rechnen ist, dass er erneut die öffentliche Sicherung und Ordnung gefährdet, bedarf es einer Prognose, bei der der Grad der Wahrscheinlichkeit neuer Verfehlungen und Art und Ausmaß möglicher Schäden zu ermitteln und zu einander in Bezug zu setzen sind. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 18). Bei der insoweit zu treffenden Prognose sind nicht allein das Strafurteil und die diesem zugrunde liegende Straftat zu berücksichtigen, sondern alle Umstände des Einzelfalls einzustellen, wie etwa die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des Gerichts (BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 12; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., § 53 Rn. 28 m.w.N.). Diese Prognoseentscheidung obliegt dem die Ausweisung überprüfenden Gericht. Es gibt im konkreten Fall keine Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Umstände (wie etwa psychische Erkrankungen), die die Hinzuziehung eines Sachverständigen gebieten würden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.09.2015 - 1 B 39.15 -, juris Rn. 12 und vom 01.03.2016 - 1 B 30.16 -, juris Rn. 7).
43 
b) Nach den Feststellungen des Amtsgerichts Stuttgart im Urteil vom 4. November 2014 eröffnete der Kläger am 4. August 2012 mit dem falschen Namen R.-P. und weiteren falschen Personalien unter Vorlage eines gefälschten angolanischen Reisepasses ein Sparkonto bei einer Postbankfiliale der Postbank AG. Er wollte dieses Konto nutzen, um durch gefälschte Überweisungsträger Zahlungseingänge herbeizuführen und anschließend die Gelder unerkannt abheben zu können. Am 14. Januar 2013 eröffnete er bei drei verschiedenen Geldinstituten verschiedene Bankkonten, um diese für rechtswidrige Transaktionen zu nutzen und unerkannt eingehende Gelder abheben zu können. Dabei gab der Kläger, der hier unter dem Namen K. P. auftrat, (neue) falsche Personalien an und nutzte einen gefälschten französischen Reisepass. Für das an diesem Tag bei der Kreissparkasse L. eingerichtete Konto bekam der Kläger keine Kreditlinie eingeräumt und zahlte lediglich 5 Euro ein, weshalb es in der Folgezeit zu zahlreichen Lastschriftrückgaben kam. Bei der Filiale einer anderen Bank legte der Kläger außer dem gefälschten Pass auch gefälschte Gehaltsnachweise vor und im Vertrauen auf die Echtheit dieser Unterlagen erhielt er eine Kreditkarte zugesandt und ein Kreditkartenlimit in Höhe von 600 Euro eingeräumt. Dieses nutzend hob er am 2. Februar 2013 an einem Geldautomaten am ... Platz in Stuttgart 500 Euro und am 4. Februar 2013 an einem anderen Geldautomaten 80 Euro ab. Wie von ihm von vornherein beabsichtigt, glich er den negativen Saldo auch in der Folgezeit nicht aus. Im Rahmen eines Postident-Verfahrens eröffnete der Kläger ein Privat-Girokonto bei der Postbank AG und erhielt eine Kreditkarte. Mit dieser tätigte er am 13. Februar 2013 eine Zahlung in Höhe von 512,50 Euro und schädigte die Postbank insoweit. Zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 31. Juli und dem 4. August 2012 entwendete der Kläger zudem aus dem Briefkasten einer Filiale einer Bank mehrere Überweisungsträger, die die Kundin J. K. dort zuvor eingeworfen hatte, fertigte hiervon Kopien und warf die Originale anschließend zurück in den Briefkasten. Sodann veranlasste er am 7. August 2013 mittels einer mit den Kontodaten und der Unterschrift von J. K. versehenen Kopie eines Überweisungsträgers eine Überweisung an sich selbst unter Angabe des falschen Empfängernamens R.-P. in Höhe von 2.759,65 Euro. Nachdem J. K. diese unberechtigte Überweisung bemerkt hatte, gelang es der Bank, ihr den Betrag zurück zu überweisen. Am 5. Februar 2013 reichte der Kläger bei der Kreissparkasse E. einen Überweisungsträger für das dort geführte Konto des H. D. ein, welchen er zuvor mit einer von ihm nachgeahmten Unterschrift der Bevollmächtigten des H. D., der Tochter M. T., versehen hatte. Empfänger der Überweisung in Höhe von 6.800 Euro sollte er selbst unter Nutzung seines Kontos mit dem Alias-Personalien K. P. sein. Die Überweisung unterblieb, da die Bank Verdacht schöpfte. Unter dem 13. Februar 2013 reichte der Kläger einen Überweisungsträger mit einer gefälschten Unterschrift des Kontoinhabers A. R. bei der Kreissparkasse L. über 6.885,96 ein mit dem Ziel, dass ihm dieser Betrag auf das unter dem Namen K. P. auch bei dieser Bank geführten Konto überwiesen wird. Zur Ausführung der Überweisung kam es jedoch nicht, weil den Bankmitarbeitern eine Abweichung der Unterschrift aufgefallen war.
44 
Im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Stuttgart bestritt der Kläger diese Taten und trug vor, er habe weder mit den Eröffnungen der Konten noch mit den Überweisungen bzw. Abhebungen irgendetwas zu tun; er sei unschuldig (Protokoll des Amtsgerichts vom 04.11.2015, Strafakte 104 Ls 91 Ls 4507/13, Bl. 762 f.; Strafurteil Bl. 10). Das Amtsgericht war jedoch nach Durchführung der Beweisaufnahme, insbesondere der Auswertung der hinsichtlich des Abhebevorgangs am 2. Februar 2013 von der Überwachungskamera angefertigten Lichtbilder und der Analyse der Unterschriften durch eine Sachverständige, von der Täterschaft des Klägers überzeugt. Bei der Strafzumessung nahm das Amtsgericht bei sämtlichen Taten ein gewerbsmäßiges Handeln an, d.h. den Willen, sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen (Tiedemann, in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2012, § 263 Rn. 296). Es stellte zu Lasten des Klägers insbesondere darauf ab, dass er zumindest einen Teil der Taten als Bewährungsbrecher aus einer einschlägigen Verurteilung heraus begangen hatte, den Taten eine erhebliche kriminelle Energie zugrunde lag und zum Teil erhebliche Schäden eingetreten waren. Gegen das Urteil des Amtsgerichts legten sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Das Landeskriminalamt - Kriminaltechnisches Institut - erstellte unter dem 20. April 2015 ein Behördengutachten. Danach handelt es sich bei der Person auf den Täteraufnahmen am 2. Februar 2013 bei der Bank am ... Platz und bei dem Kläger nach den festgestellten optischen Übereinstimmungen wahrscheinlich um ein und dieselbe Person. In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Stuttgart am 29. April 2015 nahmen sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft die Berufung zurück.
45 
c) Eine weitere Grundlage für die Prognose des Senats ist der Umstand, dass der Kläger bereits vor der Verurteilung durch das Amtsgericht Stuttgart vom 24. November 2014 einschlägig vorbestraft war. Nachdem der Kläger in den Jahren 2000 und 2002 wegen Betrugsdelikten zu Geldstrafen verurteilt worden war, intensivierte er ab dem Jahre 2005 nach den Feststellungen des Landgerichts Stuttgart im Urteil vom 25. September 2007 seine „Karriere“ auf dem Gebiet der Vermögenskriminalität in Gestalt des Überweisungsbetrugs. Bei sämtlichen 53 Taten, die der Verurteilung vom 25. September 2007 zugrunde lagen und die sich in einem Zeitraum von etwa einem Jahr ereignet hatten, bejahte das Strafgericht ein gewerbsmäßiges Handeln des Klägers. Obwohl anlässlich einer Durchsuchung am 19. Januar 2007 beim Kläger Zettel mit Notizen sichergestellt worden waren, die Bezüge zu Begünstigten von Überweisungsbetrugstaten aufwiesen (Name, Kontodaten), die später unter dem 25. September 2007 abgeurteilt wurden, sowie Blanko-Überweisungsvordrucke einer Bank, bei der der Kläger kein Konto unterhielt, setzte er noch kurze Zeit danach, nämlich am 25. Januar und im Februar 2007, sein kriminelles Verhalten fort. So erstellte er jeweils mit Datum vom 10. Februar 2007 einen Überweisungsträger zu Lasten des Kontos des K. W. bei der Sparkasse P.-C. und zugunsten des Kontos B. H. bei der Postbank M. über einen Betrag von 7.987,09 Euro sowie einen Überweisungsträger zu Lasten des Kontos D. K. H. bei der Volksbank N. und zugunsten des Kontos des D. B. L. bei der Postbank M. in Höhe von 4.979,99 Euro. Ungeachtet dessen, dass ihm allein schon durch die Hausdurchsuchung bewusst gewesen sein musste, dass die Polizei ihn verdächtigte, bewirkte dies beim Kläger kein Unterlassen weiteren kriminellen Verhaltens. Auch die durch das Amtsgericht Stuttgart am 28. März 2007 angeordnete Untersuchungshaft und die daran anschließende Verbüßung der Strafhaft bis 18. November 2009 beeindruckten den Kläger offensichtlich in keiner Weise. Noch unter Bewährung nach § 57 StGB stehend und in Kenntnis der Inhalts des Duldungsvergleichs vom 21. Juli 2009 wurde der Kläger ab Ende Juli / Anfang August 2012 erneut auf dem Gebiet des Konto-bzw. Überweisungsbetrugs tätig.
46 
d) Es gibt keine Gründe, die den Senat daran hindern würden, für seine Prognose diese strafrechtlichen Verurteilungen zu verwerten. Der Kläger hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dahingehend geäußert, die Verurteilung 2014 sei zu Unrecht erfolgt. Seine Fingerabdrücke seien auf einer „Blanko-Überweisung“ gewesen, die er 2009 einem Bekannten gegeben habe. Die Polizei habe aus den Fingerabdrücken geschlossen, dass er es gewesen sei. Das sei aber falsch. Die Klamotten, die auf dem Lichtbild gewesen seien, habe er schon seit Jahren nicht mehr. Man habe Fotos von ihm aus dem Jahre 2005 verwendet. Jeder könne über einen Laptop alte Bilder einspielen. In der Verhandlung im Jahr 2014 sei erst ein Kripo-Beamter vernommen worden. Dieser habe gesagt, er gehöre einer Bande an, die von Stuttgart bis Köln aktiv sei. Er habe gesagt, er habe nichts damit zu tun. Es sei dann ausgehandelt worden, dass er die Berufung zurücknehme und er dafür ins „Freigängerheim“ komme.
47 
Aus den vom Senat beigezogenen Straf- bzw. Strafvollstreckungsakten ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich zu irgendeinem Zeitpunkt eine Verständigung nach § 257c StPO vorgelegen hätte oder eine sonstige Abrede getroffenen worden wäre. Für den Senat belegen diese Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vielmehr, dass er auch die Zeit in der erneuten Haft bislang nicht genutzt hat, um sich zu seinen Straftaten tatsächlich zu bekennen und sich mit diesen kritisch auseinanderzusetzen. So ist in diesem Zusammenhang im Übrigen auffällig, dass er in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart am 4. November 2014 angegeben hatte, er sei im Jahre 2007 zu Unrecht verurteilt worden (Protokoll des Amtsgerichts vom 04.11.2015, Strafakte 104 Ls 91 Ls 4507/13, Bl. 763, 766), obwohl er damals vor dem Landgericht - wenn auch im Wege einer pauschalen Verteidigererklärung - die Taten eingeräumt hatte. Das Landgericht Stuttgart hatte keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dieses Geständnis nicht der Wahrheit entsprechen würde, da es sich mit den Angaben der vernommenen Zeugen deckte (Strafurteil vom 25.09.2007, Bl. 11), und berücksichtigte dieses Geständnis im Rahmen der Strafzumessung erheblich strafmildernd (a.a.O., Bl. 12).
48 
Der Heranziehung der Straftaten, die Gegenstand einer älteren Verurteilung sind, steht auch nicht der Gedanke des Verbrauchs entgegen, weil diese Anlass eines früheren Ausweisungsverfahren gewesen sind, das mit einem gerichtlichen Vergleich vom 21. Juli 2009 beendet worden ist und infolge dessen der Kläger drei Jahre nach Haftentlassung wieder in den Besitz der Niederlassungserlaubnis gelangt ist.
49 
Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich anerkannt, dass Ausweisungsgründe bzw. nunmehr Ausweisungsinteressen in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und so lange entgegengehalten werden dürfen, als sie noch aktuell und nicht verbraucht sind und die Ausländerbehörde auf ihre Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent verzichtet hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297 <313> und vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114 <121 f.>). Aus der Ableitung dieser Kriterien aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes folgt jedoch, dass die Ausländerbehörde einen ihr zurechenbaren Vertrauenstatbestand geschaffen haben muss, aufgrund dessen der Ausländer annehmen kann, ihm werde ein bestimmtes Verhalten im Rahmen einer Ausweisung nicht entgegengehalten. Zudem muss ein hierauf gegründetes Vertrauen des Ausländers schützenswert sein (siehe insgesamt BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 39). Im vorliegenden Fall fehlt es jedenfalls an einem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers. (Geschäfts-)Grundlage des Vergleichs ist gewesen, dass der damals in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertretene Kläger sich drei Jahre lang nach Haftentlassung keine vorsätzliche Straftat zu Schulde kommen lässt. Hieran hat sich der Kläger aber offensichtlich nicht gehalten.
50 
e) Der Kläger ist im Rahmen seines strafrechtlichen Verhaltens stets ideenreich, organisiert und planvoll vorgegangen. Was ihn letztlich zu den Straftaten bewegt hat, hat er nicht offenbart. Es gibt keine erkennbaren tatsächlichen Änderungen in seinen Lebensverhältnissen, die den Schluss nahelegen würden, dass sich trotz immer wieder aufgetretenen Urkundenfälschungen und Betrugshandlungen im Zusammenhang mit Kontoeröffnungen, Überweisungen oder sonstigen Verfügungen über Konten solches in Zukunft nicht mehr ereignen würde. Der Kläger verfügt nach wie vor nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung und in der Vergangenheit haben sich Zeiten von Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit abgewechselt (vgl. hierzu auch die vom Kläger mit Schriftsatz vom 27.07.2016 vorgelegten Unterlagen). Nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht sondern auch mit Blick auf die persönliche Situation des Klägers lassen sich keine belastbaren stabilisierenden Faktoren erkennen. Er ist bei Begehung der mit Strafbefehl vom 25. Februar 2002 abgeurteilten vier Fälle des Überweisungsbetrugs alleinstehend gewesen. Bei Beginn der Serie von Straftaten, die dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2007 zugrunde liegen, hat bereits eine familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner heutigen Partnerin und zwei in den Jahren 2003 und 2005 geborenen Töchtern bestanden. Die Straftaten ab Sommer 2012 sind zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem der familiären Lebensgemeinschaft eine weitere Tochter angehört hat. Dass seine drei Töchter und Lebenspartnerin der entscheidende Antrieb wären, „künftig nichts mehr anzustellen“ (vgl. seine Angaben in der mündlichen Verhandlung), lässt sich nicht objektivieren.
51 
Der Kläger zeichnet sich bislang vor allem durch eine fehlende Einsicht und Aufarbeitung seines strafrechtlichen Verhaltens aus. Er hat sich mit seinen Straftaten bis heute nicht ernsthaft auseinandergesetzt. Die gilt insbesondere auch für seine letzte Verurteilung, deren Richtigkeit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestritten hat. Dies belegt zudem sein Agieren in der Justizvollzugsanstalt. So hat die Justizvollzugsanstalt Ulm am 9. Juli 2015 in einem Vermerk über das Erstgespräch unter anderem festgehalten, der Kläger habe sich eher zurückhaltend und wortkarg verhalten. Zu den Taten befragt, habe er kaum Angaben gemacht. Er streite seine Tatbeteiligung wie bereits vor Gericht ab. Die an ihn gerichteten Fragen habe er kurz und knapp beantwortet, eine kritische Auseinandersetzung mit seinem Fehlverhalten habe bislang wohl eher noch nicht stattgefunden. Das weitere Vollzugsverhalten bleibe abzuwarten. Anhaltspunkte für eine psychische Problematik bzw. eine psychologische/psychotherapeutische Indikation wurden nicht festgestellt. In einem Führungsbericht vom 10. November 2015 führte die Justizvollzugsanstalt wiederum aus, zu seinen Taten befragt habe der Kläger im Anamnesegespräch kaum Angaben gemacht. Er streite im Wesentlichen seine Tatbeteiligung wie bereits vor Gericht ab. Aus einer Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Ulm vom 16. Juni 2016, die zum erfolglosen Antrag des Klägers vom 28. Mai 2016 auf Aussetzung der Vollstreckung der mit Urteil des Amtsgerichts Stuttgart verhängten Gesamtfreiheitsstrafe nach Verbüßung der Hälfte zur Bewährung erstellt worden ist, heißt es unter anderem, der Kläger sei kein Erstverbüßer und Bewährungsbrecher; eine Einsicht in sein Fehlverhalten sei bei ihm nicht zu erkennen. Aus dem Vollzugsbericht der Justizvollzugsanstalt H. vom 1. Februar 2017 ergibt sich nichts Gegenteiliges. Eine bewährungsweise Entlassung wurde seitens der Justizvollzugsanstalt H. auch für den Antrag des Klägers vom 7. November 2016 auf Strafaussetzung zur Bewährung nach Verbüßung von Zweidritteln der Strafe nicht befürwortet.
52 
Soweit sich der Kläger selbst zu seinem strafrechtlichen Werdegang äußert, sind die Angaben pauschal und blenden die Tragweite der eigenen Verantwortung, Hintergründe und Folgen für die Opfer der Straftaten aus. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt, er wolle sich zunächst für alles, was passiert sei, entschuldigen. Er leide selbst schon. Er wolle sich nunmehr um seine Familie kümmern und seinen Kindern ein guter Vater sein. Er bereue seine Taten sehr und merke, wie seine Familie leide. Seine Straftaten seien Dummheiten gewesen. Er wisse auch nicht, wie es dazu gekommen sei. Er hätte nur Leuten helfen wollen. Er sei zwar als Einzeltäter verurteilt worden, tatsächlich hätten aber mehrere gehandelt. Er habe die Taten nicht so richtig begangen, sondern nur anderen Leuten geholfen und das Helfen sei etwas anderes. Mit den Leuten stehe er aktuell nicht in Kontakt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beklagte er vor allem die Situation seiner Töchter, die mit seiner Inhaftierung leben müssten, ohne sich jedoch zu seinem eigenen Fehlverhalten zu bekennen. Dass es dem Kläger an einem kritischen Umgang mit sich selbst mangelt, ist auch daran zu erkennen, dass er den Grund für seine Verlegung von der Justizvollzugsanstalt Ulm mit einer offenen Vollzugsform in den geschlossenen Vollzugs der Justizvollzugsanstalt H. allein bei anderen sieht.
53 
Auch die Haltung der Staatsanwaltschaft Stuttgart und der Strafvollstreckungskammer anlässlich des Antrags des Klägers auf Aussetzung des Strafrestes nach zwei Drittel verdeutlichen das Fortbestehen der vom Kläger ausgehenden Gefahr. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ist diesem Antrag unter Hinweis unter anderem auf die mehrfach einschlägigen Vorstrafen, den Bewährungsbruch und die hohe kriminelle Energie entgegen getreten. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Anhörung vor der Strafvollstreckungskammer am 9. Februar 2017 hat der Kläger erklärt, dies sei seine letzte Straffälligkeit, er habe eine Familie mit drei Kindern, er habe draußen als Lagerfachkraft bei der Firma F. seine Arbeit gemacht. Dort möchte er nach der Haftentlassung wieder arbeiten. Eine konkrete Arbeitszusage habe er nicht. Die Strafvollstreckungskammer hat dem Protokoll zufolge erläutert, dass nach derzeitiger Einschätzung keine Strafaussetzung zur Bewährung in Betracht komme, insbesondere im Hinblick auf die einschlägigen und mehrfachen Vorstrafen und die letzte Haftverbüßung, die ihn nicht davon abgehalten habe, erneut straffällig zu werden. Am 14. Februar 2017 hat der Kläger seinen Antrag auf Aussetzung des Strafrests zurückgenommen.
54 
Die Tatsache, dass der Strafvollzug des Klägers entsprechend den Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt H. beanstandungsfrei verläuft, relativiert die Gefahrenprognose nicht. Der Kläger hatte auch in der Vergangenheit immer wieder längere Zeiten - auch in Freiheit - , in denen er nicht aufgefallen, jedoch dann erneut in unverändert kriminelle Verhaltensmuster zurückgefallen ist.
55 
3.) Dem öffentlichen Ausweisungsinteresse stehen besonders schwerwiegende Bleibeinteressen des Klägers und seiner Familie gegenüber. Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG sind mit Blick auf die in der Vergangenheit geführte und nach Haftentlassung geplante Fortsetzung der familiären Lebensgemeinschaft mit den drei deutschen minderjährigen Kindern, für die er auch das Personensorgerecht wahrnimmt, gegeben. Zudem hat der Kläger - im Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung - eine Niederlassungserlaubnis besessen und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Die auf der Grundlage des gerichtlichen Vergleichs vom 21. Juli 2009 erfolgte Aufhebung der Ausweisung unter dem 6. Dezember 2012 und Erteilung der Niederlassungserlaubnis unter Hinweis auf § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG führen dazu, dass die Voraussetzungen auch nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegen. Da die Regelung allein auf den tatsächlichen Besitz der Niederlassungserlaubnis abstellt, kommt es hier nicht darauf an, dass der Kläger noch unter der Geltung der „Bewährungszeit“ des Duldungsvergleichs von drei Jahren ab der Haftentlassung - bis 18. November 2009 war er inhaftiert - ab Ende Juli / Anfang August 2012 erneut einschlägig straffällig geworden und damit die Grundlage und die Intention des Vergleichs letztlich unterlaufen hat. Die Bewertung eines solchen Sachverhalts erfolgt nach der Konzeption des Gesetzes ggfs. im Rahmen der Gesamtabwägung.
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4.) Das öffentliche Interesse an der Ausreise des Klägers überwiegt die Interessen an seinem weiteren Verbleib im Bundesgebiet deutlich.
57 
§ 53 Abs. 1 AufenthG verlangt für eine Ausweisung ein Überwiegen des Interesses an der Ausreise, das unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung festzustellen ist, wobei in die hierbei vorzunehmende Abwägung des Interesses an der Ausreise mit dem Bleibeinteresse die in § 53 Abs. 2 AufenthG niedergelegten Umstände in wertender Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind. Diese sind, nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Ausländers, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner, sowie - in der seit dem 17. März 2016 geltenden Fassung - die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, wobei die in Absatz 2 aufgezählten Umstände weder abschließend zu verstehen sind, noch nur zu Gunsten des Ausländers ausfallen müssen. Zudem sind stets die grund- und konventionsrechtliche Stellung des Ausländers und seiner Familie und die sich daraus ergebenden Gewichtungen in den Blick zu nehmen. Umstände im Sinne des § 53 Abs. 2 AufenthG prägen den Einzelfall insoweit, als sie über die den vertypten Interessen zugrunde liegenden Wertungen hinausgehen, diese unterschreiten oder ihnen entgegenstehen. Insbesondere ist hier der Frage nachzugehen, ob und in welchem Maße die konkreten Umstände des Einzelfalles signifikant von vertypten gesetzlichen Wertungen abweichen. Sind im konkreten Fall keine Gründe von erheblichem Gewicht - etwa auch solche rechtlicher Art - ersichtlich, die den gesetzlichen Wertungen der §§ 54, 55 AufenthG entgegenstehen, wird regelmäßig kein Anlass bestehen, diese Wertungen einzelfallbezogen zu korrigieren. Eine schematische und alleine den gesetzlichen Typisierungen und Gewichtungen verhaftete Betrachtungsweise, die einer umfassenden Bewertung der den Fall prägenden Umstände, jeweils entsprechend deren konkreten Gewicht, zuwiderlaufen würde, verbietet sich ebenso (BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, NVwZ 2007, 946) wie eine „mathematische“ Abwägung im Sinne eines bloßen Abzählens von Umständen, die das Ausweisungsinteresse einerseits und das Bleibeinteresse andererseits begründen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 - juris Rn. 141 ff.; Beschluss vom 11.04.2016 - 11 S 393/16 -, juris Rn. 29 ff.; OVG NRW, Urteil vom 10.05.2016 - 18 A 610/14 -, juris Rn. 76 f.). Bei der erforderlichen Gesamtabwägung sind zur Sicherung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung zudem ergänzend die vom Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Rahmen seiner Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK hierzu entwickelten Kriterien heranzuziehen (vgl. zu den sog. „Boultif-Üner-Kriterien“ insbesondere EGMR, Urteile vom 18.10.2006 - 46410/99 <Üner> -, NVwZ 2007, 1279 und vom 02.08.2001 - 54273/00 -, InfAuslR 2001, 476 -; ausführlich auch: Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl., 2016, Vorb §§ 53-56 AufenthG, Rn. 95 ff. und Mayer, VerwArch 2010, 482 <530 ff.>, m.w.N.)
58 
Hiervon ausgehend ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er seit 1990 seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hat und über einen langjährigen und legalen Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt. Er hat zwar keinen im Bundesgebiet allgemein anerkannten Bildungs- bzw. Berufsabschluss, er ist hier jedoch immer wieder erwerbstätig gewesen und hat nach seinen Angaben nach seiner Haftentlassung Aussicht auf einen Arbeitsplatz. Er hat Möglichkeiten genutzt, sich Fähigkeiten anzueignen, mit denen bessere berufliche Perspektiven verbunden sein können, wie die Qualifizierung zur Lagerfachkraft im Jahre 2000 oder der Erwerb von Kenntnissen im Bereich Microsoft Excel 2000. Der Kläger spricht - wovon sich der Senat anlässlich der mündlichen Verhandlung hat überzeugen können - ein alltagstaugliches Deutsch.
59 
Von besonderer Bedeutung sind die familiären Bindungen. Der Kläger hat in Deutschland eine Familie gegründet. Wie insbesondere aus seinen Erklärungen in der Berufsverhandlung deutlich geworden ist, ist sein Verhältnis zu seinen drei deutschen Töchter, die den Kindergarten bzw. die weiterführende Schule besuchen, von einer wechselseitig innigen emotionalen Beziehung geprägt. Er nimmt - selbst unter den erschwerten Bedingungen des geschlossenen Vollzugs - aktiv am Leben der Kinder teil und hat in der mündlichen Verhandlung insbesondere von den musikalischen Talenten der beiden größeren Töchtern näher berichtet. Seine Lebensgefährtin schöpft mit den Kindern die in der Vollzugsanstalt zulässigen Besuche aus. Der Kläger nutzt mit seinen Töchtern zudem mittlerweile das Vater-Kind-Projekt der Justizvollzugsanstalt, welches ihnen ermöglicht, mehr Zeit als bei einem Regelbesuch üblich miteinander zu verbringen. Nicht nur die drei am 16. Dezember 2003, 7. Oktober 2005 und 27. Dezember 2011 geborenen Töchter, die sich aufgrund ihres Alters in unterschiedlichen Entwicklungsstufen befinden, haben ein außerordentlich hohes Interesse daran, dass ihr Vater im Bundegebiet verbleibt; dies gilt mit Blick auf die familiäre Lebensgemeinschaft gleichermaßen für die Lebensgefährtin und den Kläger selbst. Ihm kommt das Recht und die Aufgabe zu, als Vater für seine Kinder - auch emotional - zu sorgen. Seine Ausweisung - zumal sie zu seiner Trennung von den übrigen Familienmitgliedern führt - ist vor diesem Hintergrund ein erheblicher Eingriff in das auch durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.
60 
Zu Lasten des Klägers ist die Schwere der begangenen Straftaten, deren Aburteilung zum Entstehen des Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG geführt hat, zu berücksichtigen. Neben der bereits oben festgestellten außerordentlich hohen Wiederholungsgefahr betrügerischer Vermögenskriminalität, fällt auch seine fehlende Bereitschaft bzw. Fähigkeit zur Rechtstreue ins Gewicht. Die Anzahl der Einträge im Zentralregister sprechen für sich.
61 
Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers haben die öffentlichen Interessen an einer Ausreise im Hinblick auf die drei deutschen Kinder nicht deshalb zurückzutreten, weil dieser keine Gewaltdelikte begangen hat, die sich gegen elementare Rechtsgüter wie Leib und Leben richten, sondern sich seine Verfehlungen primär auf dem Gebiet des Vermögensstrafrechts ereignet haben. Die Gesamtabwägung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes führt hier vielmehr auch unter Berücksichtigung des sehr hohen Gewichts der familiären Bindungen zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung.
62 
Bei den vom Kläger begangenen Straftaten handelt es sich um gewerbsmäßig begangene Betrugsdelikte in erheblicher Anzahl, überwiegend in Gestalt des Überweisungsbetrugs, die teilweise von Urkundenfälschungen begleitet worden sind. Der Kläger ist - wenn auch immer wieder mit „Pausen“ - seit dem Jahre 2001 auf diesem Gebiet „aktiv“. Es ist nicht ersichtlich, dass er sich aus für sein Leben atypischen Situationen, etwa einer einmalig erlebten finanziellen Bedrängnis, zu solchen Taten hat hinreißen lassen. Vielmehr drängt sich der Schluss auf, dass er der geltenden (Strafrechts-)Ordnung ungeachtet seines langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet einfach keine Bedeutung beimisst, sondern allein so agiert, wie es ihm in den Sinn kommt und hierbei bereit ist, zum eigenen Vorteil und zur Verschaffung einer regelmäßigen Einnahmequelle anderen Menschen erheblichen finanziellen Schaden zuzufügen. Zu den Konten, die der Kläger „anzapfte“ oder „anzapfen“ wollte, gehören solche von Privatpersonen, von Firmen oder von Vereinen, wobei die Beträge, die in den Überweisungsträgern ausgewiesen waren, durchaus nicht unerheblich waren. Exemplarisch verdeutlichen dies die Taten Nr. 6 und 7, die durch das Amtsgericht Stuttgart unter dem 25. November 2014 abgeurteilt wurden, mit Überweisungsbeträgen von 6.800 Euro bzw. 6.885,96 Euro, und die Taten Nr. 14 und Nr. 38 im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2007, bei denen es um 9.787,97 Euro (zu Lasten eines Vereins) bzw. 45.767,07 Euro (zu Lasten einer Schreinerei) handelte. Die Handlungen des Klägers waren allein bei den Straftaten, die Gegenstand der landgerichtlichen Verurteilung waren, auf ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen in Höhe von nahezu 459.000 Euro gerichtet. Bei seinen Taten ging der Kläger unter Benutzung verschiedener falscher Identitäten und unterschiedlicher Konten sehr professionell vor. Eine besondere Brisanz erhält die kriminelle Laufbahn des Klägers auch dadurch, dass er nicht allein und teilweise zudem grenzüberschreitend agiert hat (vgl. hierzu die Feststellungen im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2009 unter II.), aber auch insoweit bis heute „keinen reinen Tisch gemacht hat“. Dass bei etlichen Taten eine Schädigung der tatsächlichen Kontoinhaber bzw. der Geldinstitute letztlich vermieden und der Kläger durch die Polizei gefasst werden konnte, beruht allein darauf, dass andere Menschen aufgepasst bzw. interne und externe Kontrollsysteme funktioniert haben. Solche Zufälligkeiten entlasten den Kläger aber nicht. Bezeichnender Weise hat er im Übrigen immer wieder selbst festgestellt, dass Überweisungen durch die Bank nicht ausgeführt worden sind. Das hat ihn aber gerade nicht abgeschreckt. Mit den kriminellen Handlungen fuhr er unverändert fort.
63 
Die vom Kläger ausgehende außerordentlich hohe Wiederholungsgefahr (siehe oben I.2.) von betrügerischen Aktionen im Bereich des bargeldlosen Transfers von Geldern unter Einschaltung einer Bank, auf dessen Funktionieren und korrekte Abwicklung der Einzelne, aber auch letztlich ein Wirtschaftssystem angewiesen sind, rechtfertigt die durch die Ausweisung herbeigeführte Trennung von seinen Familienmitgliedern (zur Bedeutung der Gefahrenprognose im Rahmen der Gesamtabwägung unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit siehe Funke-Kaiser, Fragen des novellierten Aufenthaltsrechts, in: Dokumentation, 18. Deutscher Verwaltungsgerichtstag, Hamburg 2016, S. 221, 235).
64 
Die minderjährigen deutschen Töchter des Klägers sind faktisch nicht gezwungen den Kläger zu begleiten, sondern können weiter im Bundesgebiet leben. Da ihre Mutter über einen in der Vergangenheit stets verlängerten und aktuell bis 12. Januar 2019 gültigen Aufenthaltstitel nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG verfügt, ist gewährleistet, dass ein erziehungsberechtigter drittstaatsangehöriger Elternteil im Bundesgebiet verbleibt, weshalb die Kinder nicht das Unionsgebiet als Ganzes verlassen müssen (vgl. zu diesen Aspekten EuGH, Urteil vom 13.09.2016 - C-304/14 - CS, Rn. 24 ff.; u.a. in Anknüpfung an das Urteil vom 08.03.2011 - C-34/09 - Ruiz Zambrano; siehe schon VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, juris Rn. 34). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die gravierende Gefahr neuer Straftaten des Klägers hingenommen werden müsste, weil sein Verbleib für die Kinder bzw. das Kindeswohl von überragender, ggf. existenzieller Bedeutung wäre. Das Leben der Töchter ist durch die Inhaftierung des Klägers davon geprägt, dass sie ihren Vater im Alltag schon seit längerer Zeit nicht um sich haben. Die beiden älteren Töchter haben diese Erfahrungen auch schon zuvor ab dem Jahre 2007 gemacht. Zwar ist die Aufrechterhaltung von familiären Beziehungen und Kontakten bei einem Aufenthalt des Klägers in Angola gegenüber der derzeitigen Situation deutlich erschwert, unmöglich ist dies jedoch auch mit Blick auf das Alter der Töchter nicht. Hinzu kommt, dass durch die Befristung der Wirkungen des mit der Ausweisung verbundenen Einreise- und Aufenthaltsverbots (siehe nachfolgend II.) und der Möglichkeit für den Kläger, danach zu seinen deutschen Kindern zurückzukehren, die Trennung perspektivisch begrenzt ist. Da der Kläger bis zum Alter von etwa 17 Jahren in Angola gelebt und aktuell auch noch portugiesisch beherrscht, steht zu erwarten, dass er sich dort zurecht finden wird - zumal er im Jahre 2005 im Rahmen der Vorbereitungen auf die Fußball-WM zu Besuch in Angola gewesen ist und seine Partnerin, die im April 2002 in das Bundesgebiet eingereist ist, ebenfalls aus Angola stammt. Nach dem Vermerk der Justizvollzugsanstalt Ulm vom 9. Juli 2015 zum Erstgespräch mit dem Kläger leben zudem zwei jüngere Schwestern von ihm in Angola.
II.)
65 
Dem Kläger steht die hilfsweise begehrte Verpflichtung des Beklagten, unter Aufhebung der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu entscheiden, nicht zu.
66 
1.) Der Kläger hat eine - logisch vorrangige - (hilfsweise) Verpflichtung des Beklagten über die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, nicht beantragt. Für einen solchen Antrag gibt es auch keine Veranlassung. Der Beklagte hat in der angefochtenen Verfügung hierzu keine Entscheidung getroffen; dies ist nicht zu beanstanden.
67 
Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG kann das Einreise- und Aufenthaltsverbot zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist nach Absatz 2 verkürzt werden. Aus den vorstehenden Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung unter I. ergibt sich jedoch, dass die vom Kläger ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, deren Abwehr das Einreise- und Aufenthaltsverbot dient, fortbesteht und das öffentliche Interesse an der Ausreise schutzwürdige Belange des Ausländers überwiegt. Erweist sich eine Ausweisung als rechtmäßig, ist es nach den hierfür notwendigen Voraussetzungen ausgeschlossen, dass zum gleichen Zeitpunkt, der für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Ausweisung maßgeblich ist, Anlass für die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu diesem Zeitpunkt bestehen könnte. Würde sich eine Ausweisung hingegen als rechtswidrig erweisen, beispielsweise wegen einer nach Erlass der Verfügung eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage, wäre sie mit Wirkung ex tunc aufzuheben (BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 21 ff.), so dass ebenfalls kein Raum für eine Entscheidung nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG wäre. Soweit das Bundesverwaltungsgericht der Auffassung ist, dass seit der zum 1. August 2015 in Kraft getretenen gesetzlichen Neuordnung der Regelungen zur Beseitigung der Wirkungen einer Ausweisung die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots einer eigenständigen, von der Befristung zu trennenden Entscheidung bedarf, die von der Ausländerbehörde nicht nur nachträglich, sondern zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers auch schon zusammen mit der Ausweisung getroffen werden kann (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 15), hatte für die Ausländerbehörde im vorliegenden Fall kein Grund für eine solche Ermessensentscheidung bestanden. Im Übrigen liegt der Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots - anders als der Befristung - keine Prognose zugrunde, so dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen.
68 
2.) Die Ausländerbehörde hat bei der Befristung des mit einer Ausweisung verbundenen gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots seit Inkrafttreten des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 über die Länge der Frist nach Ermessen zu entscheiden (BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 19 ff. und - 1 C 3.16 -, Rn. 65 f.). Der Senat hält an seiner bislang vertretenen Auffassung, wonach es sich hierbei trotz des Wortlauts um eine gebundene Entscheidung handelt (grundlegend Senatsurteil vom 09.12.2015 - 11 S 1857/15 -, juris), aus Gründen der Rechtseinheit nicht mehr fest.
69 
Dem Bundesverwaltungsgericht zufolge ändert das Erfordernis einer Ermessensentscheidung nichts am behördlichen Prüfprogramm, wie es von diesem im Urteil vom 10. Juli 2012 (1 C 19.11 -, juris Rn. 42) entwickelt worden ist (vgl. auch schon BVerwG, Urteil vom 14.02. 2012 - 1 C 7.11 -, juris Rn. 28 f.). Die Ausländerbehörde muss bei der allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzenden Frist das Gewicht des Ausweisungsinteresses und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck berücksichtigen. Hierzu bedarf es in einem ersten Schritt der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das seiner Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die auf diese Weise an der Erreichung des Ausweisungszwecks ermittelte Höchstfrist muss von der Behörde in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den unions- und konventionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 7 GRC und Art. 8 EMRK, gemessen und ggf. relativiert werden. Dabei sind von der Ausländerbehörde nicht nur die nach § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG schutzwürdigen Bleibeinteressen des Ausländers in den Blick zu nehmen, sondern bedarf es nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles einer umfassenden Abwägung aller betroffenen Belange (BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 23 ff. und - 1 C 3.16 -, Rn. 66).
70 
Das Regierungspräsidium hat im Rahmen seiner Ermessensentscheidung unter Zugrundelegung der Kriterien des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. im Einzelnen Bl. 17 ff. der Verfügung) das Einreise- und Aufenthaltsverbot anhand einer zweistufigen Prüfung auf fünf Jahre nach Ausreise oder Abschiebung befristet. Das Verwaltungsgericht hat - allerdings unter Bezugnahme auf das Urteil des erkennenden Senats vom 9. Dezember 2015 und damit unter Zugrundelegung der bisherigen Auffassung des Senats zum gebundenen Charakter der Befristungsentscheidung - in seinem Urteil die vom Beklagten festgesetzte Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots mit Blick auf die familiären Belange insoweit aufgehoben, als die Frist in Ziffer 4 des Bescheids vom 30. Januar 2016 drei Jahre und sechs Monate übersteigt. Der Beklagte hat hiergegen kein (Anschluss-) Rechtsmittel eingelegt. Dass diese für den Beklagten verbindliche Länge der Sperrfrist von drei Jahre und sechs Monaten, die unterhalb der Fünf-Jahres-Frist nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG liegt, zu Lasten des Klägers im Ergebnis fehlerhaft wäre, ist mit Blick auf die von ihm ausgehende Gefährlichkeit (siehe oben u.a. I. 2.) nicht ersichtlich; es ergeben sich ferner keine Anhaltspunkte dafür, aufgrund der bereits oben unter I. dargestellten familiären Situation und weiterer individueller Belange könnte eine noch kürzere Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots im Raum stehen. Es sind insbesondere auch nach Erlass der Verfügung keine weiteren Änderungen tatsächlicher Art eingetreten, die zu Gunsten des Klägers wirken und Anlass für neue bzw. ergänzende Ermessenserwägungen bei dem Beklagten sein könnten.
71 
Dass der Beklagte das durch eine Abschiebung eintretende Einreise- und Aufenthaltsverbot hinsichtlich der Länge gleichlaufend mit den Folgen der Ausweisung im Sinne einer einheitlichen Regelung ausgestaltet hat, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
72 
Im Übrigen bleibt es dem Kläger unbenommen, einen Antrag auf Verkürzung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu stellen, wenn sich die Gefährdungssituation günstiger als erwartet entwickeln sollte oder neue persönliche bzw. familiäre Umstände eine andere, günstigere Entscheidung angezeigt erscheinen ließen.
III.)
73 
Die Klage gegen die Abschiebungsandrohung bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
74 
Ziffer 3 der Verfügung vom 30. Januar 2016 ist unter Berücksichtigung der Begründung im angefochtenen Bescheid dahingehend auszulegen, dass für den Fall der Entlassung aus der Haft der Kläger aufgefordert wird, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bestandskraft der Ausweisung zu verlassen und ihm für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise innerhalb dieser Frist die Abschiebung nach Angola angedroht wird. Entsprechendes soll gelten, falls - was aber nicht geschehen ist - der Sofortvollzug angeordnet wird. Die Frist von einem Monat ist auszulegen als 31 Tage (BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 -, juris Rn. 44). Für den Fall, dass sich der Kläger bei Bestandskraft der Ausweisung (oder deren sofortiger Vollziehbarkeit) noch in Haft befindet, wird ihm mit Ziffer 2 der Verfügung die Abschiebung ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht, wobei die unterbliebene Fristsetzung nach der Begründung des Bescheids allein auf § 59 Abs. 5 AufenthG beruht.
75 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine Abschiebung nach Angola nicht deshalb unzulässig, weil er im Jahre 1990 unter Berufung auf den drohenden Einsatz als Kindersoldat aus Angola geflohen ist (1.). Soweit dem Kläger, der sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung mit voraussichtlichem Strafende 31. Dezember 2017 in Strafhaft befindet, die Abschiebung aus der Haft ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht wird (§ 59 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG), ist dies nicht zu beanstanden; dies steht insbesondere mit der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) - RFRL - in Einklang (2.)
76 
1.) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Angola unzulässiger Zielstaat einer Abschiebung des Klägers mit der Folge der Einschränkung der Abschiebungsandrohung nach § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist. Soweit er ausführt, er sei im Alter von 17 Jahren vor der zwangsweisen Einsetzung als Kindersoldat für den damaligen Diktator geflohen und bei einer Rückkehr nach Angola bestehe für ihn eine Gefahr für Leib und Leben, ist damit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nicht schlüssig vorgetragen, denn der Kläger hielt sich nach eigenen Angaben etwa 15 Jahre nach seiner Flucht im Jahre 2005 ohne Probleme in Angola auf. Im Übrigen steht bereits der negative Ausgang des Asylverfahrens einer Berufung auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote entgegen (§ 42 AsylG).
77 
2.) Die Androhung der Abschiebung aus der Haft ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise entspricht den Bestimmungen des nationalen Aufenthaltsrechts (a). Dass dem Kläger nicht die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise eingeräumt worden ist, steht mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang (b). Dies beruht allerdings nicht auf einer „Opt-Out“-Entscheidung des Gesetzgebers auf der Grundlage des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL (aa), sondern basiert auf der vom Kläger ausgehenden Gefahr, die auch ein Unterbleiben der Gewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise nach Art. 7 Abs. 4 RFRL trägt (bb).
78 
a) Nach § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG bedarf es in den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG, d.h. unter anderem dann, wenn der Ausländer sich - wie hier - auf richterliche Anordnung in Haft befindet, keiner Setzung einer Ausreisefrist. Nach nationalem Recht dient eine Ausreisefrist dazu, eine Abschiebung durch eine freiwillige Ausreise vermeiden zu können. Sie bezweckt ferner dem Ausländer zu ermöglichen, seine Lebensverhältnisse in Deutschland abwickeln und ggfs. ein Rechtsschutzverfahren betreiben zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.12.1997 - 1 C 14.96 -, juris Rn. 15; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 AufenthG Rn. 105, 147 ). Ausgehend hiervon wird § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG als ein - gegenüber § 59 Abs. 1 Satz 2 AufenthG - spezieller Fall angesehen, in dem die Setzung einer Ausreisefrist entbehrlich ist, weil im Falle der Abschiebung aus der Haft ohnehin keine freiwillige Ausreise möglich ist (so BayVGH, Beschluss vom 12.12.2016 - 10 C 16.2176 -, juris Rn. 8). Mit der Regelung in § 59 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Abschiebung mindestens eine Woche vorher angekündigt werden soll, wird der Ausländer in Haftfällen in die Lage versetzt, sich auf das Verlassen des Landes vorzubereiten und ggfs. entsprechende Maßnahmen zu treffen (Hocks, in: Hofmann, AuslR, 2. Aufl., 2016, § 59 AufenthG Rn. 17). Eine solche Konkretisierung des Zeitpunkts der Abschiebung ist im vorliegenden Fall noch nicht erfolgt. Zwar beabsichtigt der Beklagte ausweislich des Hinweises in der Verfügung vom 30. Januar 2016, den Kläger zum Zeitpunkt der Haftentlassung auf der Grundlage der Entscheidung nach § 456a StPO abzuschieben. Eine derartige Entscheidung liegt ausweislich der beigezogenen Akten aber bislang nicht vor.
79 
Nach § 456a StPO kann die Strafvollstreckungsbehörde von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, einer Ersatzfreiheitsstrafe oder einer Maßregel der Besserung oder Sicherung unter anderem dann absehen, wenn der Verurteilte aus dem Geltungsbereich des Gesetzes abgeschoben wird. Die Regelung setzt aber voraus, dass diese Maßnahme, d.h. die Abschiebung, bereits bestandskräftig angedroht worden (Schmitt, in: Meyer/Großner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., 2016, § 456a Rn. 3; Appl, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., 2008, § 456a Rn. 3) oder diese zumindest vollziehbar ist und demnächst durchgeführt wird (Klein, in: Graf, StPO, 2010, § 456a Rn. 3). Wann die Staatsanwaltschaft ggfs. von einer weiteren Vollstreckung absieht, ist im vorliegenden Fall ungewiss.
80 
b) Dass dem Kläger auf der Grundlage des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise nicht eingeräumt wird, steht im vorliegenden Fall mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang.
81 
Das Ziel der Richtlinie 2008/115 ist - wie sich aus ihren Erwägungsgründen 2 und 11 ergibt - die Festlegung einer wirksamen Rückkehr- und Rücknahmepolitik, die auf gemeinsamen Normen und rechtlichen Garantien beruht, die gewährleisten, dass die betreffenden Personen unter vollständiger Achtung der Grundrechte auf menschenwürdige Weise zurückgeführt werden (EuGH, Urteil vom 05.06.2014 - C-146/14 PPU - Mahdi - Rn. 38). Die Richtlinie ist von ihrem Zweck her sowohl ein Rückkehrinstrument als auch ein Menschen- bzw. Grundrechteinstrument, die den Mitgliedstaaten aber nicht unbedeutende Gestaltungsspielräume belässt (näher Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 136 ff.).
82 
aa) § 59 Abs. 5 AufenthG mit der normativen Folge des Unterbleibens einer Frist zur freiwilligen Ausreise ist nicht bereits deshalb mit Unionsrecht in Einklang zu bringen, weil die Bundesrepublik insoweit vom „Opt-Out“ nach Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch gemacht hätte.
83 
Nach dieser Bestimmung können die Mitgliedstaaten beschließen, diese Richtlinie nicht auf Drittstaatsangehörige anzuwenden, die nach einzelstaatlichem Recht aufgrund einer strafrechtlichen Sanktion oder infolge einer strafrechtlichen Sanktion rückkehrpflichtig sind oder gegen die ein Auslieferungsverfahren anhängig ist. Zwar könnte der Wortlaut „infolge“ durchaus daraufhin deuten, dass auch Rückkehrentscheidungen, die im Verwaltungswege erlassen werden, letztlich aber an eine strafrechtliche Verurteilung anknüpfen, unter diese Regelung fallen können (dies jedenfalls für die frühere Ist-Ausweisung nach § 53 AufenthG a.F. annehmend Franßen-de la Cerda, Die Vergemeinschaftung der Rückführungspolitik - das Inkrafttreten der EU-Rückführungsrichtlinie, ZAR 2008, 377, 381; weitergehend Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 164 ff.). Für die Auffassung, dass die 2. Alternative des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL, die auf eine Rückkehrverpflichtung abstellt, die „infolge einer strafrechtlichen Sanktion“ ausgelöst wurde, nur Fälle betrifft, in denen die Rückkehrpflicht unmittelbar aufgrund einer strafrechtlichen Sanktion als Nebenfolge ausgelöst wird (vgl. näher Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 302 ), sprechen nach der Bedeutung der Regelung und ihrer Entstehungsgeschichte die besseren Gründe.
84 
Die Kommission hat während der Beratungen im Rat stets deutlich gemacht, dass die verschiedenen Stufen „Beendigung des legalen Aufenthalts“ und (deswegen danach) illegaler Aufenthalt zu unterscheiden sind und die Rückführungsrichtlinie nur den letzteren Fall erfasst. Verschiedene Mitgliedstaaten, deren Strafrecht bei Delikten von Ausländern auch den Verlust des Aufenthaltsrechts als Strafe oder Nebenstrafe vorsieht, befürchteten, dass durch die Rückführungsrichtlinie in die ihrer alleinigen Kompetenz obliegenden Angelegenheit des nationalen Strafrechts eingegriffen würde. Obwohl sowohl das Europäische Parlament als auch andere Mitgliedstaaten die Auffassung der Kommission, dass die Beendigung des legalen Aufenthalts - auch mit Mitteln des Strafrechts - schon gar nicht vom Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie erfasst ist, stützten und eine solche Klausel für nicht notwendig erachteten, verlangten diese Länder ausdrücklich eine Optionsregelung. Letztlich ist dem aus Gründen des politischen Pragmatismus entsprochen worden, weil andernfalls die Gefahr des Scheiterns der Richtlinie gedroht hätte (siehe hierzu Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., 2016, § 11 Rn. 20 unter Hinweis auf Lutz, The Negotiations on the Return Directive, 2010, unter 2.2.2, S. 32; siehe auch Franßen-de la Cerda, a.a.O., ZAR 2008, 377, 381; Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Immigration and Asylum Law, 2nd Edition. 2016, Part C VII Art. 2 Rn. 15 f.).
85 
Auch der Umstand, dass erhebliche Bewertungsunsicherheiten (vgl. dazu Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG § 59 Rn. 302 ) auftreten würden, wenn man für die 2. Alt des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL eine Verwaltungsentscheidung genügen lassen würde, die allein oder jedenfalls maßgeblich auf eine vorangegangene strafrechtliche Sanktion gestützt wäre (wie etwa die Versagung der Erteilung eines Aufenthaltstitels aufgrund des Bestehens eines Ausweisungsinteresses nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG wegen einer Straftat), spricht für die restriktive Interpretation.
86 
Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. September 2013 (C-297/12 - Filev und Osmani - Rn. 50 f.). Das Urteil beruht - entsprechend den Ausführungen in der Vorlage des Amtsgerichts Laufen vom Juni 2012 zu einer Ausweisungsentscheidung aus dem Jahre 1999 - auf der nicht problematisierten Annahme, dass die Bundesrepublik Deutschland mit dem Richtlinienumsetzungsgesetz vom 22. November 2011 (BGBl I 2258) von der in Art. 2 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 2008/115 enthaltenen Ermächtigung Gebrauch gemacht habe (vgl. EuGH, Urteil vom 19.09.2013, a.a.O., Rn. 22, 50 ff.). Mangels entscheidungserheblicher Fragestellung sind aber die Problematik der Wirksamkeit und der Reichweite eines „Opt-Out“ keiner näheren Betrachtung durch den Gerichtshof der Europäischen Union unterzogen worden.
87 
Anlässlich des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 finden sich lediglich Ausführungen in der Gesetzesbegründung dazu, dass bezüglich der Dauer der für ein Einreiseverbot zu bestimmenden Frist explizit von der „Opt-Out“ Möglichkeit Gebrauch gemacht werden solle (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 06.11.2012 - 11 S 2307/11 -, juris Rn. 71). In der Bundestagsdrucksache 17/5470, S. 21 heißt es zu § 11 AufenthG:
88 
„Die in dem neuen Satz 4 vorgesehenen Ausnahmen von der regelmäßigen Höchstfrist von 5 Jahren beruhen auf Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b - gegenüber verurteilten Straftätern wird der Anwendungsbereich der Richtlinie insoweit eingeschränkt - und Artikel 11 Absatz 2 Satz 2 (schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit und Ordnung) der Rückführungsrichtlinie. Eine strafrechtliche Verurteilung im Sinne der Ausnahme erfordert das Zugrunde liegen schwerwiegender Straftaten.“
89 
Selbst wenn man der hier nicht geteilten Auffassung wäre, dass Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Verwaltungsentscheidungen erfassen könnte, ist nicht ersichtlich, dass die Bundesrepublik auch mit Blick auf die Vorschrift des § 59 Abs. 5 AufenthG insoweit (wirksam) von dem „Opt-Out“ Gebrauch gemacht hätte. Diese Regelung gilt in der vorliegenden Fassung seit dem Richtlinienumsetzungsgesetz vom 19. August 2007 (BGBl I, 1970, 1982) unverändert. Es gibt keine Anhaltspunkte (in einer Gesetzesbegründung), die es erlaubten, ein „Opt-Out“ auch insoweit anzunehmen (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 172 ), wenn eine gesetzliche Bestimmung, die vor Inkrafttreten einer Richtlinie bereits gegolten hat, schlicht später beibehalten wird. Ob es aus Gründen der Rechtsklarheit, insbesondere weil die Geltung des Unionsrechts keinen Zweifeln unterliegen darf, sogar geboten sein könnte, dass sich Art und Umfang des „Opt-Out“ aus dem Gesetz selbst ergeben müssen, kann daher hier offen bleiben (vgl. hierzu Lutz, in: Hailbronner/Thym, a.a.O., Art. 2 Rn. 5 f.; siehe zur Frage der Pflicht zur Veröffentlichung des Beschlusses nach Art. 2 Abs. 2 RFRL auch Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 179 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.03.2017 - 1 C 17.16 -, juris Rn. 17 zur Frage der Erheblichkeit des Willens, Unionsrecht umzusetzen und anzuwenden).
90 
bb) Aufgrund der vom Kläger im vorliegenden Fall ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung wahrt das in § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG vorgesehene Absehen von einer Frist für die freiwillige Ausreise aber die Vorgaben des Art. 7 Abs. 4 RFRL.
91 
Die Richtlinie 2018/115 schreibt vor, welches Verfahren von jedem Mitgliedstaat bei der Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger anzuwenden ist, und legt die Reihenfolge der verschiedenen Schritte fest, die dieses Verfahren nacheinander umfasst. So sieht Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie zunächst vor, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich verpflichtet sind, gegen alle illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörige eine Rückkehrentscheidung zu erlassen (EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - El Dridi - Rn. 34 f.). Teil dieser Rückkehrentscheidung ist auch die Entscheidung über eine Frist zur freiwilligen Ausreise nach Art. 7 RFRL. Freiwillige Ausreise bedeutet die Erfüllung der Rückkehrverpflichtung innerhalb der dafür in der Rückkehrentscheidung festgesetzten Frist (Art. 3 Nr. 8 RFRL). Besteht Fluchtgefahr oder ist der Antrag auf einen Aufenthaltstitel als offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich abgelehnt worden oder stellt die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit dar, so können die Mitgliedstaaten nach Art. 7 Abs. 4 RFRL davon absehen, eine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, oder sie können eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen einräumen. Auch mit Blick auf die Frage einer Ausreisefrist muss, wie sich aus den Erwägungsgründen 2, 6, 11 und 24 der Richtlinie 2008/115 sowie ihrem Art. 5 ergibt, gemäß den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, darunter der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die nach dieser Richtlinie getroffene Entscheidung im Einzelfall verhältnismäßig sein und die Grundrechte der betreffenden Person gebührend berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 69).
92 
Nach Art. 7 Abs. 4 RFRL darf von der Gewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise unter anderem dann abgesehen werden, wenn die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt. Der Begriff der Gefahr für die öffentliche Ordnung, wie er in Art. 7 Abs. 4 RFRL vorgesehen ist, setzt jedenfalls voraus, dass außer der sozialen Störung, die jeder Gesetzesverstoß darstellt, eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 60). Wie der Senat mit Beschluss vom 30. August 2016 (11 S 1660/16 - InfAuslR 2016, 421) ausgeführt hat, bedarf es hierzu nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union einer individuellen Prüfung des Einzelfalls und kann nicht allein aus der Tatsache geschlossen werden, dass sich der Betreffende in (Straf-)haft befindet (EuGH, Urteil vom 11.06.2015, a.a.O., Rn. 70 ff.; vgl. zur Notwendigkeit der Einzelfallprüfung auch Urteil vom 21.03.2013 - C-522/11 - Mbaye - Rn. 31 f.; Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Migration and Asylum Law, 2nd Ed., 2016, Part C VII Art. 7 Rn. 14). Damit stellt der Gerichtshof vor allem sicher, dass die Verhängung (und Vollstreckung) etwa einer Haftstrafe allein wegen unerlaubter Einreise und unerlaubtem Aufenthalt nicht dazu führt, dass die zu Gunsten des Ausländers gewährten Garantien der Rückführungsrichtlinie keine Geltung mehr beanspruchen würden (Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Migration and Asylum Law, 2nd Ed., 2016, Part C VII Art. 1 Rn. 25).
93 
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat allerdings Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2008/115 auch dahin ausgelegt, dass der Rückgriff auf die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit, gar keine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, wenn der Drittstaatsangehörige eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt, keine erneute Prüfung der Kriterien erfordert, die bereits geprüft wurden, um das Bestehen dieser Gefahr festzustellen (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 73).
94 
Im vorliegenden Fall ist der Kläger aufgrund betrügerischer Vermögenskriminalität und Urkundenfälschung inhaftiert. Von ihm geht eine außerordentlich hohe Gefahr aus, dass er insoweit erneut straffällig wird. Die Ausländerbehörde hat unter Berücksichtigung der persönlichen und familiären Bindungen des Klägers und unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zurecht die Ausweisung des Klägers verfügt. Die für die Ausweisung maßgeblichen Gründe tragen zugleich die Annahme einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Dies erschließt sich aus den Ausführungen oben unter I.
95 
Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 RFRL, Art. 3 Nr. 4 RFRL allein die Abschiebungsandrohung (vgl. etwa Urteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 -, NVwZ-RR 2012, 492 und vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, NVwZ-RR 2012, 412; Beschlüsse vom 30.08.2016 - 11 S 1660/16 -, InfAuslR 2016, 421 und vom 19.12.2012 - 1 S 2303/12 -, InfAuslR 2013, 98; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 307 ) und nicht die Ausweisung (siehe etwa Urteile vom 30.04.2014 - 11 S 244/14 -, juris, vom 15.10.2013 - 11 S 2114/13 -, juris und vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 -, juris; vgl. auch Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 292 ; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., 2016 § 11 Rn. 15 ff.). Entscheidend ist jedoch, dass die die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendende Verfügung - hier die Ausweisung - und die Rückkehrentscheidung - hier die Abschiebungsandrohung - nach Art. 6 Abs. 6 RFRL im Rahmen einer Entscheidung ergehen dürfen. Unionsrechtlich muss lediglich sichergestellt werden, dass die Gefahr für die öffentliche Ordnung, wie sie in Art. 7 Abs. 4 RFRL vorausgesetzt wird, bereits an anderer Stelle unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls geprüft worden ist. Dies ist hier im Rahmen der Ausweisung geschehen. Die normative Regelung in § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, von einer Fristsetzung abzusehen, ist hier unmittelbare Folge der Ausweisung.
96 
Es gibt im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür, dass (Grund-)rechte des betroffenen Ausländers eine andere Entscheidung im Rahmen des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erforderlich machen könnten. Sofern dies (in anderen Fallkonstellationen) ggfs. zu erwägen wäre, kann dies durch die Anwendung des nationalen Rechts gewährleistet werden. Schon aus dem Wortlaut des Gesetzes („bedarf“) ist ersichtlich, dass die Setzung einer Ausreisefrist nicht durch die Norm untersagt ist, sondern vielmehr Raum für (unionsrechtlich) notwendige abweichende Entscheidung lässt (vgl. auch GK-AufenthG, § 59 Rn. 170 ff. ).
IV.)
97 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
98 
Soweit die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hinsichtlich Ziffer 2 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 zurückgewiesen worden ist, war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsache (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen, denn es ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt, ob und ggfs. unter welchen Voraussetzungen die Abschiebung aus der Haft ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise auf der Grundlage des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang steht.
99 
Im Übrigen liegen Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, nicht vor.
100 
Soweit die Revision zugelassen worden ist, gilt folgende
101 
Beschluss vom 29. März 2017
102 
Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 52 Abs. 1 GKG für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auf 10.000 Euro festgesetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 25.05.2016 - 11 S 2480/15 -, juris).
103 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
§ 57 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 gilt entsprechend.

(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.

(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.

(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Die schriftliche Begutachtung kann durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Ehe wird nur dadurch geschlossen, dass die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Der Standesbeamte darf seine Mitwirkung an der Eheschließung nicht verweigern, wenn die Voraussetzungen der Eheschließung vorliegen. Der Standesbeamte muss seine Mitwirkung verweigern, wenn

1.
offenkundig ist, dass die Ehe nach § 1314 Absatz 2 aufhebbar wäre, oder
2.
nach Artikel 13 Absatz 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche die beabsichtigte Ehe unwirksam wäre oder die Aufhebung der Ehe in Betracht kommt.

(2) Als Standesbeamter gilt auch, wer, ohne Standesbeamter zu sein, das Amt eines Standesbeamten öffentlich ausgeübt und die Ehe in das Eheregister eingetragen hat.

(3) Eine Ehe gilt auch dann als geschlossen, wenn die Ehegatten erklärt haben, die Ehe miteinander eingehen zu wollen, und

1.
der Standesbeamte die Ehe in das Eheregister eingetragen hat,
2.
der Standesbeamte im Zusammenhang mit der Beurkundung der Geburt eines gemeinsamen Kindes der Ehegatten einen Hinweis auf die Eheschließung in das Geburtenregister eingetragen hat oder
3.
der Standesbeamte von den Ehegatten eine familienrechtliche Erklärung, die zu ihrer Wirksamkeit eine bestehende Ehe voraussetzt, entgegengenommen hat und den Ehegatten hierüber eine in Rechtsvorschriften vorgesehene Bescheinigung erteilt worden ist
und die Ehegatten seitdem zehn Jahre oder bis zum Tode eines der Ehegatten, mindestens jedoch fünf Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2016 - 11 K 1286/16 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Soweit die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hinsichtlich Ziffer 2 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 zurückgewiesen worden ist, wird die Revision zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein im Jahre 1973 in Luanda geborener angolanischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine Ausweisung aus Deutschland. Hilfsweise erstrebt er eine neue Entscheidung des Beklagten über die Befristung des mit der Ausweisung verbundenen Einreise- und Aufenthaltsverbots.
Der Kläger stellte nach seiner Einreise in das Bundesgebiet im Januar 1990 einen Asylantrag, zu dessen Begründung er vortrug, er sei Kriegswaise und nicht bereit gewesen, beim angolanischen Militär zu dienen, weshalb ihm politische Verfolgung drohe. Nach dem negativen Ausgang dieses und eines weiteren am 23. November 1993 in Gang gesetzten Asylverfahrens verblieb er in Deutschland. Er heiratete im Jahre 1994 eine deutsche Staatsangehörige und erhielt aufgrund dessen eine Aufenthaltserlaubnis. Ab dem 1. April 1997 war er im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AuslG 1990. Die Ehe wurde im Jahre 1998 rechtskräftig geschieden.
Der Kläger lebt seit dem Jahre 2003 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit der im Jahre 1978 geborenen angolanischen Staatsangehörigen E. M. B., die im April 2002 in das Bundesgebiet einreiste. Ihr Asylantrag wurde rechtskräftig abgelehnt. Frau B. ist die Mutter von drei in den Jahren 2003, 2005 und 2011 im Bundesgebiet geborenen Töchtern, für die der Kläger die Vaterschaft anerkannt und eine Sorgerechtserklärung abgegeben hat. Sie ist seit dem 17. Oktober 2005 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG, die immer wieder verlängert wird - zuletzt bis 12. Januar 2019.
Der Kläger ist ausweislich des Auszugs aus dem Zentralregister vom 30. Januar 2017, auf dessen Inhalt hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, im Bundesgebiet bislang 13 Mal verurteilt worden:
Nachdem der Kläger in den Jahren 1992 bis 1994 unter anderem wegen Verstößen gegen das Asylverfahrensgesetz insgesamt drei Mal zu Geldstrafen und am 19. Oktober 1994 wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in drei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer weiteren Geldstrafe verurteilt worden war, wurde er unter dem 16. August 1995 ausländerrechtlich verwarnt.
Am 4. Februar 1999 verhängte das Amtsgericht Lörrach wegen Verschaffens falscher amtlicher Ausweise eine Geldstrafe in Höhe von 25 Tagessätzen zu je 10 DM gegen ihn, weil er am 10. Oktober 1998 bei der versuchten Ausreise in die Schweiz bei der Grenzabfertigung im Badischen Bahnhof Basel einen durch Lichtbildauswechslung verfälschten, für eine andere Person ausgestellten portugiesischen Reisepass mit sich geführt hatte.
Das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt verurteilte ihm am 24. Juli 2000 wegen Betrugs in zwei Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 30 DM.
Im Jahre 2001 wurde der Kläger wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe und im Jahre 2002 wegen Leistungserschleichung in fünf Fällen zu einer weiteren Geldstrafe verurteilt.
Mit seit 24. August 2002 rechtskräftigem Strafbefehl vom 25. Februar 2002 verhängte das Amtsgericht Nürtingen gegen den Kläger wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung in vier Fällen eine Geldstrafe. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger ab dem 16. März 2001 aufgrund eines jeweils neu gefassten Tatenschlusses Überweisungsträger ausgestellt auf ein Konto bei der ... Bank ..., Filiale N., Kontoinhaberin Frau S. K., vorlegte. Diese Überweisungsträger hatte er jeweils über Beträge von 132,59 DM, 256,84 DM, 200,43 DM sowie über 592,69 DM und 648,42 DM ausgestellt und jeweils mit der Unterschrift S.K. versehen, um den Eindruck zu erwecken, sie seien von einer berechtigten Person unterzeichnet worden. Das jeweilige Personal, so getäuscht, überwies jeweils das Geld, auf das der Kläger, wie er wusste, keinen Anspruch hatte.
10 
Es folgten Verurteilungen zu Geldstrafen durch das Amtsgericht Stuttgart am 9. April 2003 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr und das Amtsgericht Göppingen am 11. Juli 2006 wegen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz.
11 
Mit rechtskräftigem Urteil vom 25. September 2007 verhängte das Landgericht Stuttgart gegen den Kläger wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug in 37 Fällen sowie Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug in 16 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren. Ausweislich der diesem Strafverfahren zugrunde liegenden Anklageschriften war hinsichtlich weiterer Taten nach § 154 StPO verfahren worden.
12 
Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger mit nicht identifizierten Mittätern im Jahre 2005 beschloss, künftig regelmäßig bei unterschiedlichen Banken Überweisungsträger aus Briefkästen „herauszuangeln“. Sein Tatplan sah vor, die Kundendaten der Bankkunden den Überweisungsformularen zu entnehmen, sie auf Überweisungsformulare der jeweiligen Bank zu übertragen und als Empfänger solche Konten zu benennen, die er oder seine Mittäter zuvor mit falschen Personalien eröffnet hatten. Weiter war geplant, die Unterschrift der Bankkunden zu imitieren und die total gefälschten Überweisungsformulare bei den Banken einzureichen, um dadurch dauerhaften Gewinn zu erzielen. Die Empfängerkonten waren bei Kreditinstituten im In- und Ausland, dort insbesondere Spanien. Im Einzelnen kam es zwischen dem 27. März 2006 und dem 10. Februar 2007 zu 53 Taten. Teilweise führten die Verantwortlichen der Banken die Aufträge aus, teilweise kam es mangels Deckung der Kundenkonten nicht zur Ausführung, teilweise wurden die Fälschungen erkannt und in anderen Fällen konnte das Geld nach Ausführung der Überweisung wieder zurückerlangt werden. Die Überweisungsträger bezogen sich auf Beträge zwischen 2.124,09 Euro und 45.767,07 Euro. Die Überweisungen zielten auf ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen in Höhe von insgesamt ca. 458.698 Euro ab. Hinsichtlich der Einzelheiten der Sachverhaltsfeststellungen wird auf die Gründe des Urteils vom 25. September 2007 (unter II., Bl. 4 bis 11) Bezug genommen. Das Strafgericht legte für sämtliche (Einzel-) Strafen den Strafrahmen des § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB zugrunde und verneinte Gründe dafür, vom Vorliegen eines besonders schweren Falls trotz der Vermutungswirkung des Regelbeispiels abzusehen.
13 
Am 25. November 2014 verurteilte das Amtsgericht Stuttgart den Kläger wegen Urkundenfälschung in sieben Fällen, hiervon in drei Fällen in Tateinheit mit Betrug und in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug, zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Das Urteil wurde am 29. April 2015 rechtskräftig. Dem Urteil zufolge eröffnete der Kläger ab dem 4. August 2012 unter Vorlage gefälschter Passdokumente, teilweise auch gefälschter Gehaltsnachweise, verschiedene Bankkonten unter falscher Identität, teilweise um den bewilligten Kreditrahmen auszunutzen, und teilweise um mittels gefälschter Überweisungsformulare Geld auf Konten transferieren zu lassen. In drei Fällen brachte er ausgefüllte Überweisungsträger verschiedener Bankkunden an sich, übertrug ihre Kundendaten auf Überweisungsformulare der jeweiligen Bank, imitierte die Unterschrift und reichte sie bei der Bank ein. Im Rahmen der Strafzumessung nahm das Strafgericht bei sämtlichen Taten ein gewerbsmäßiges Handeln an.
14 
Bei Begehung eines Teils der Taten, die der Verurteilung vom 25. November 2014 zugrunde lagen, stand der Kläger noch wegen des ausgesetzten Strafrests aus der Verurteilung durch das Landgericht Stuttgart vom 25. September 2007 unter Bewährung. Die durch das Landgericht verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren hatte er bis 18. November 2009 in der Justizvollzugsanstalt H. verbüßt. Ausweislich des Zentralregisterauszugs vom 30. Januar 2017 wurde der Strafrest aus dieser Verurteilung mit Wirkung vom 28. Dezember 2012 erlassen.
15 
Am 1. Juli 2015 stellte sich der Kläger in der Justizvollzugsanstalt Ulm zum Strafantritt. Beginnend ab 24. Oktober 2015 erhielt er Regelausgänge und ab 24. Dezember 2015 Freistellung aus der Haft. Nach dem Inhalt der Gefangenenpersonalakte versuchte der Kläger am 16. September 2016 einen Mitgefangenen, der ihn zuvor beleidigt und provoziert hatte, zu ohrfeigen. Da dieser zurückwich, streifte ihn die Hand des Klägers nur; äußere Verletzungen waren nicht festzustellen. Aufgrund dieses Vorfalls erfolgte am 22. September 2016 die Verlegung des Klägers in die Justizvollzugsanstalt H.. Dort befindet er sich mit Strafende 31. Dezember 2017 im geschlossenen Vollzug. Das Landgericht Ulm - Strafvollstreckungskammer - wies mit Beschluss vom 16. November 2016 den Antrag des Klägers auf gerichtliche Entscheidung gegen die Maßnahme seiner Ablösung vom offenen Vollzug als unbegründet zurück.
16 
Seit dem 10. Dezember 2015 betreibt der Kläger ein Insolvenzverfahren und führt regelmäßig Beträge ab.
17 
Gegen den Kläger erging unter dem 30. Juni 2008 erstmals eine Ausweisungsverfügung. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart am 21. Juli 2009 - 5 K 2850/08 - schlossen die Beteiligten einen Vergleich, der u.a. die Duldung des Klägers ab Haftentlassung für die Dauer von drei Jahren und die Aufhebung der Ausweisung und Abschiebungsandrohung in der Verfügung vom 30. Juni 2008 vorsah, sofern er nicht erneut in dieser Zeit wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat rechtskräftig verurteilt würde. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vergleichs wird auf die Sitzungsniederschrift im Verfahren 5 K 2850/08 verwiesen.
18 
Nachdem der Zentralregisterauszug vom 22. November 2012 keine neuen Straftaten aufführte und auch sonst keine Erkenntnisse vorlagen, hob das Regierungspräsidium Stuttgart unter dem 6. Dezember 2012 die Ausweisungsverfügung vom 30. Juni 2008 auf und veranlasste die Aushändigung der Niederlassungserlaubnis.
19 
Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Kläger nach vorheriger Anhörung mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 30. Januar 2016, zugestellt am 5. Februar 2016, aus dem Bundesgebiet aus (Ziffer 1) und drohte ihm die Abschiebung nach Angola aus der Haft ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise an, soweit die Ausweisung bis dahin bestandskräftig oder die sofortige Vollziehung der Ausweisung angeordnet worden ist (Ziffer 2). Unter Ziffer 3 wurde er für den Fall der Entlassung aus der Haft ohne Abschiebung aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland spätestens innerhalb von einem Monat nach Bestandskraft oder einer Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung zu verlassen, und ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Angola angedroht. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf fünf Jahre nach Ausreise oder Abschiebung befristet (Ziffer 4), wobei die Behörde über die Länge der Frist nach Ermessen entschied.
20 
Zur Begründung der gegen den Bescheid am 3. März 2016 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klage trug die Prozessbevollmächtigte des Klägers vor, ihm sei bewusst, dass er zahlreiche Straftaten begangen habe und auch durch die Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Juni 2008 gewarnt gewesen sei. Er bedauere zutiefst, dass er gleichwohl noch einmal rückfällig geworden und es zu dem Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom November 2014 gekommen sei. Die Taten hätten sich (zwischen) Ende Juli 2012 und Februar 2013 ereignet. Im vorliegenden Fall überwiege bei der nach § 53 Abs. 1 AufenthG gebotenen Abwägung nicht das öffentliche Interesse an der Ausweisung, sondern sein Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet. Er habe sich zum Strafantritt selbst gestellt und ihm sei klar gewesen, dass er sich jetzt mit seiner Vergangenheit und seinen Taten auseinandersetzen müsse, um in Zukunft straffrei zu leben. Die Haftanstalt bewerte ihn positiv, was eine positive Sozialprognose rechtfertige. Ihm sei klar geworden, dass er seiner Verantwortung für die Familie nur gerecht werde, wenn er ein straffreies Leben führe und den Kindern in ihrer Entwicklung zur Seite stehe sowie für den Lebensunterhalt sorge. Er lebe mit seinen drei minderjährigen Töchtern deutscher Staatsangehörigkeit in familiärer Lebensgemeinschaft. Diese hätten das Recht, mit ihrem Vater in der Bundesrepublik zusammenzuleben. Durch die Ausweisung wäre die Eltern-Kind-Beziehung nachhaltig gestört. Ein das Kindeswohl berücksichtigender Umgang sei bei einer Abschiebung nach Angola nicht möglich.
21 
Der Beklagte trat der Klage entgegen.
22 
Mit Urteil vom 27. Juli 2016 - 11 K 1286/16 - hob das Verwaltungsgericht nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung Ziffer 4 des angegriffenen Bescheids des Beklagten vom 30. Januar 2016 insoweit auf, als die darin gesetzte Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot drei Jahre und sechs Monate überstieg und wies im Übrigen die Klage ab. Zur Begründung des Urteils führte das Gericht unter anderem aus, dass Art. 8 EMRK der Ausweisung nicht entgegenstehe. Im vorliegenden Fall fehle es an den tatbestandlichen Voraussetzungen. Ein reiner mehrjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet genüge nicht. Zu fordern sei darüber hinaus eine starke Verwurzelung in die hiesigen Verhältnisse. Gesichtspunkte, aus denen sich diese ergeben könne, seien gute deutsche Sprachkenntnisse, eine feste soziale Bindung etwa aufgrund gelungener beruflicher Integration, ein fester Wohnsitz, ein gesicherter Lebensunterhalt und das Fehlen von Straffälligkeit. Der Kläger habe einen festen Wohnsitz, eine deutsche Familie und spreche deutsch. Beruflich sei er wenig integriert und massiv, über einen längeren Zeitraum und unbeeindruckt von staatlichen Sanktionen oder Änderungen seiner persönlichen Lebensumstände wiederholt straffällig geworden. In jeder Straftat liege nicht nur eine Verletzung individueller Rechtsgüter, sondern auch eine solche gesellschaftlicher Bande. Sie störe neben der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auch das für ein gedeihliches Zusammenleben notwendige Vertrauen der übrigen Gesellschaftsmitglieder in die Rechtstreue ihrer Mitmenschen, setze auf Täterseite folglich eine gewisse Ignoranz gegen die Belange der Mitmenschen und der Gesellschaft voraus. Wer sich massiv und wiederholt gegen die Gesellschaft und ihre Normen auflehne, könne den Verweis aus deren Mitte nicht als unzumutbar rügen. Dies gelte umso mehr als der Kläger in Angola auch nicht entwurzelt sei. Mit Blick auf seine familiären Verhältnisse, insbesondere die deutschen Kinder, sei allerdings ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nur dann verhältnismäßig, wenn es drei Jahre und sechs Monate nicht übersteige.
23 
Gegen das Urteil hat der Senat auf Antrag des Klägers mit Beschluss vom 19. Oktober 2016 - 11 S 1655/16 - die Berufung zugelassen. Der Kläger hat die Berufung am 16. November 2016 unter Stellung eines Antrags begründet und trägt im Wesentlichen vor: Er sei seit 2002 mit seiner Lebensgefährtin zusammen und habe mit dieser drei deutsche Kinder. Seine Lebensgefährtin arbeite als Küchenhilfe täglich von 9 Uhr bis 15.30. Die älteste Tochter besuche den gymnasialen Zweig einer Gesamtschule, die mittlere Tochter die Realschule und die jüngste den Kindergarten. Er könne über eine Zeitarbeitsfirma jederzeit wieder bei seiner früheren Firma anfangen. Er sei nach Deutschland geflüchtet und habe um Asyl nachgesucht, weil er als Kindersoldat in Angola für den damaligen Diktator unter Zwang eingesetzt worden sei. Er habe keine Familie in Angola, seine Eltern seien beide gestorben. Angola würde ihn als geflüchteten Kindersoldaten sofort unter Strafe stellen und verurteilen. Es bestehe für ihn die Gefahr für Leib und Leben in Angola. Die von ihm getätigten strafbaren Handlungen erschienen in der Abwägung zur Abschiebung nach Angola und den damit für ihn dort verbundenen Repressalien nicht so gravierend, dass es für eine Abschiebung in sein Herkunftsland entscheidend sein könne. Wenn seine drei Kinder ohne den Vater, welcher einer geregelten Arbeit nachgehe und weiterhin nachgehen werde, aufwachsen müssten, wäre dies für ihre weitere Entwicklung katastrophal. Die sehr gut entwickelte Beziehung zu den Kindern wäre abrupt unterbrochen und der Vater würde den Kindern für eine sehr lange Zeit fehlen. Gerade jetzt seien seine Töchter in einer Entwicklungsphase, während derer sie den Vater bräuchten. Die von ihm verübten Straftaten seien keine gewalttätigen Delikte gewesen, so dass eine Güterabwägung zum Erhalt der Familieneinheit in Deutschland ausgehen müsse.
24 
Der Kläger beantragt,
25 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2016 - 11 K 1286/16 - zu ändern und die Ziffern 1 bis 3 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 aufzuheben,
26 
hilfsweise den Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung von Ziffer 4 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu entscheiden.
27 
Der Beklagte beantragt,
28 
die Berufung zurückzuweisen.
29 
Er verteidigt die angefochtene Verfügung, insbesondere sei die Ausweisung auch mit Blick auf die familiären Belange verhältnismäßig.
30 
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört. Hinsichtlich seiner Angaben wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
31 
Dem Senat liegen die Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart, die Ausländerakten der unteren Ausländerbehörde bezüglich des Klägers und seiner Lebenspartnerin, die Strafakten einschließlich der Vollstreckungsakten im Verfahren 104 Ls 91 Js 4507/13, die Gefangenenpersonalakte sowie die Akten des Verwaltungsgerichts vor. Wegen des weiteren Vortrags und Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
32 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht und ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 6 und Abs. 3 Satz 4 VwGO) Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2016 bleibt ohne Erfolg.
33 
Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage gegen die mit Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 verfügte Ausweisung abgewiesen (I.). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist auch das Befristungsbegehren. Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Kläger mit der Berufungsbegründung weder einen eigenen Antrag zur Befristungsentscheidung formuliert noch spezielle Berufungsgründe vorgebracht hat, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat aus Gründen der Rechtseinheit folgt, ist das Befristungsbegehren als Minus notwendiger Bestandteil des Begehrens auf Aufhebung einer Ausweisung und kann daher von den Parteien nicht gesondert aus dem Verfahren ausgegliedert werden (BVerwG im Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 17). Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die auf der Grundlage der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehende Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots von drei Jahren und sechs Monaten zu Lasten des Klägers fehlerhaft wäre (II.). Die Abschiebungsandrohung erweist sich ebenfalls als rechtmäßig; dies gilt auch soweit dem Kläger die Abschiebung aus der Haft heraus ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht wird (III.).
34 
Maßgeblich für die Beurteilung all dieser Streitgegenstände, nämlich die Ausweisung, das Befristungsbegehren und die noch nicht vollzogene Abschiebungsandrohung, ist jeweils die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 18, vom 14.05.2013 - 1 C 13.12 -, juris Rn. 9 und vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 16).
I.)
35 
Die Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig.
36 
Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 53 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der seit dem 17. März 2016 geltenden Fassung gemäß Art. 1 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016 (BGBl. I, S. 394). Nachfolgende Änderungen in den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes durch spätere Gesetze haben die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Regelungen nicht verändert.
37 
Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer ausgewiesen, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Ein Ermessen ist der Ausländerbehörde aufgrund des am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen gesetzlichen Systemwechsels im Ausweisungsrecht, hin zu einer gebundenen Entscheidung, nicht mehr eingeräumt (siehe etwa BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 23; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, juris Rn. 49 und Beschluss vom 11.04.2016 - 11 S 393/16 -, juris Rn. 19).
38 
Die in § 54 AufenthG fixierten Tatbestände erfüllen zwei Funktionen: Sie sind gesetzliche Umschreibungen spezieller öffentlicher Interessen an einer Ausweisung im Sinne von § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG und weisen diesen Ausweisungsinteressen zugleich ein besonderes Gewicht für die durch § 53 Abs. 1 Halbs. 2 und Abs. 3 AufenthG geforderte Abwägung zu. Ein Rückgriff auf die allgemeine Formulierung eines öffentlichen Ausweisungsinteresses in § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG ist deshalb entbehrlich, wenn der Tatbestand eines besonderen Ausweisungsinteresses nach § 54 AufenthG verwirklicht ist. Allerdings bedarf es auch bei Verwirklichung eines Tatbestandes nach § 54 AufenthG stets der Feststellung, dass die von dem Ausländer ausgehende Gefahr im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt fortbesteht (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 26).
39 
Hier erfüllt das Verhalten des Klägers das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (1). Vom Kläger geht nach wie vor eine außerordentlich hohe Gefahr einer erneuten Straffälligkeit im Bereich betrügerischer Vermögenskriminalität aus (2). Dem öffentlichen Ausweisungsinteresse stehen gewichtige Bleibeinteressen des Klägers und seiner Familie nach § 53 Abs. 1, § 55 AufenthG gegenüber (3). Die Abwägung zwischen dem öffentlichen Ausweisungsinteresse und dem Bleibeinteresse des Klägers und seiner Familie unter Berücksichtigung sämtlicher den Einzelfall prägender Umstände und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit führt zu dem Ergebnis, dass das Regierungspräsidium die Ausweisung des Klägers zu Recht verfügt hat (4.).
40 
1.) Nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG wiegt das Ausweisungsinteresse u.a. dann besonders schwer, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist. Ausreichend ist die Bildung einer Gesamtstrafe nach §§ 53 ff. StGB (Graßhof, in: BeckOK AuslR, AufenthG, § 54 Rn. 11 ). Der Kläger erfüllt aufgrund der seit 29. April 2015 rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht Stuttgart vom 25. November 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen Urkundenfälschung in sieben Fällen, hiervon in drei Fällen in Tateinheit mit Betrug und in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug diesen Tatbestand. Damit lag beim Kläger auch nach der im Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung vom 30. Januar 2016 und noch bis zum 16. März 2016 geltenden Fassung des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vor; dort war bei Verurteilung wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse typisiert worden. Unschädlich ist hierbei, dass die Einzelstrafen der jeweiligen Vorsatztaten der Gesamtfreiheitsstrafe jeweils unterhalb von zwei Jahren Freiheitsstrafe festgesetzt wurden. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG unterscheidet sich insoweit von § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 17.12 -, juris Rn. 12).
41 
2.) Die Gefahr, dass der Kläger erneut im Bereich der betrügerischen Vermögenskriminalität straffällig wird, ist außerordentlich hoch. Sie folgt aus dem entsprechenden strafrechtlichen Werdegang des Klägers, der sich seit mehr als einem Jahrzehnt unbeeindruckt von irgendwelchen straf- und ordnungsrechtlichen Sanktionen zeigt.
42 
a) Für die Beurteilung, ob nach dem Verhalten des Ausländers damit zu rechnen ist, dass er erneut die öffentliche Sicherung und Ordnung gefährdet, bedarf es einer Prognose, bei der der Grad der Wahrscheinlichkeit neuer Verfehlungen und Art und Ausmaß möglicher Schäden zu ermitteln und zu einander in Bezug zu setzen sind. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 18). Bei der insoweit zu treffenden Prognose sind nicht allein das Strafurteil und die diesem zugrunde liegende Straftat zu berücksichtigen, sondern alle Umstände des Einzelfalls einzustellen, wie etwa die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des Gerichts (BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 12; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., § 53 Rn. 28 m.w.N.). Diese Prognoseentscheidung obliegt dem die Ausweisung überprüfenden Gericht. Es gibt im konkreten Fall keine Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Umstände (wie etwa psychische Erkrankungen), die die Hinzuziehung eines Sachverständigen gebieten würden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.09.2015 - 1 B 39.15 -, juris Rn. 12 und vom 01.03.2016 - 1 B 30.16 -, juris Rn. 7).
43 
b) Nach den Feststellungen des Amtsgerichts Stuttgart im Urteil vom 4. November 2014 eröffnete der Kläger am 4. August 2012 mit dem falschen Namen R.-P. und weiteren falschen Personalien unter Vorlage eines gefälschten angolanischen Reisepasses ein Sparkonto bei einer Postbankfiliale der Postbank AG. Er wollte dieses Konto nutzen, um durch gefälschte Überweisungsträger Zahlungseingänge herbeizuführen und anschließend die Gelder unerkannt abheben zu können. Am 14. Januar 2013 eröffnete er bei drei verschiedenen Geldinstituten verschiedene Bankkonten, um diese für rechtswidrige Transaktionen zu nutzen und unerkannt eingehende Gelder abheben zu können. Dabei gab der Kläger, der hier unter dem Namen K. P. auftrat, (neue) falsche Personalien an und nutzte einen gefälschten französischen Reisepass. Für das an diesem Tag bei der Kreissparkasse L. eingerichtete Konto bekam der Kläger keine Kreditlinie eingeräumt und zahlte lediglich 5 Euro ein, weshalb es in der Folgezeit zu zahlreichen Lastschriftrückgaben kam. Bei der Filiale einer anderen Bank legte der Kläger außer dem gefälschten Pass auch gefälschte Gehaltsnachweise vor und im Vertrauen auf die Echtheit dieser Unterlagen erhielt er eine Kreditkarte zugesandt und ein Kreditkartenlimit in Höhe von 600 Euro eingeräumt. Dieses nutzend hob er am 2. Februar 2013 an einem Geldautomaten am ... Platz in Stuttgart 500 Euro und am 4. Februar 2013 an einem anderen Geldautomaten 80 Euro ab. Wie von ihm von vornherein beabsichtigt, glich er den negativen Saldo auch in der Folgezeit nicht aus. Im Rahmen eines Postident-Verfahrens eröffnete der Kläger ein Privat-Girokonto bei der Postbank AG und erhielt eine Kreditkarte. Mit dieser tätigte er am 13. Februar 2013 eine Zahlung in Höhe von 512,50 Euro und schädigte die Postbank insoweit. Zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 31. Juli und dem 4. August 2012 entwendete der Kläger zudem aus dem Briefkasten einer Filiale einer Bank mehrere Überweisungsträger, die die Kundin J. K. dort zuvor eingeworfen hatte, fertigte hiervon Kopien und warf die Originale anschließend zurück in den Briefkasten. Sodann veranlasste er am 7. August 2013 mittels einer mit den Kontodaten und der Unterschrift von J. K. versehenen Kopie eines Überweisungsträgers eine Überweisung an sich selbst unter Angabe des falschen Empfängernamens R.-P. in Höhe von 2.759,65 Euro. Nachdem J. K. diese unberechtigte Überweisung bemerkt hatte, gelang es der Bank, ihr den Betrag zurück zu überweisen. Am 5. Februar 2013 reichte der Kläger bei der Kreissparkasse E. einen Überweisungsträger für das dort geführte Konto des H. D. ein, welchen er zuvor mit einer von ihm nachgeahmten Unterschrift der Bevollmächtigten des H. D., der Tochter M. T., versehen hatte. Empfänger der Überweisung in Höhe von 6.800 Euro sollte er selbst unter Nutzung seines Kontos mit dem Alias-Personalien K. P. sein. Die Überweisung unterblieb, da die Bank Verdacht schöpfte. Unter dem 13. Februar 2013 reichte der Kläger einen Überweisungsträger mit einer gefälschten Unterschrift des Kontoinhabers A. R. bei der Kreissparkasse L. über 6.885,96 ein mit dem Ziel, dass ihm dieser Betrag auf das unter dem Namen K. P. auch bei dieser Bank geführten Konto überwiesen wird. Zur Ausführung der Überweisung kam es jedoch nicht, weil den Bankmitarbeitern eine Abweichung der Unterschrift aufgefallen war.
44 
Im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Stuttgart bestritt der Kläger diese Taten und trug vor, er habe weder mit den Eröffnungen der Konten noch mit den Überweisungen bzw. Abhebungen irgendetwas zu tun; er sei unschuldig (Protokoll des Amtsgerichts vom 04.11.2015, Strafakte 104 Ls 91 Ls 4507/13, Bl. 762 f.; Strafurteil Bl. 10). Das Amtsgericht war jedoch nach Durchführung der Beweisaufnahme, insbesondere der Auswertung der hinsichtlich des Abhebevorgangs am 2. Februar 2013 von der Überwachungskamera angefertigten Lichtbilder und der Analyse der Unterschriften durch eine Sachverständige, von der Täterschaft des Klägers überzeugt. Bei der Strafzumessung nahm das Amtsgericht bei sämtlichen Taten ein gewerbsmäßiges Handeln an, d.h. den Willen, sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen (Tiedemann, in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2012, § 263 Rn. 296). Es stellte zu Lasten des Klägers insbesondere darauf ab, dass er zumindest einen Teil der Taten als Bewährungsbrecher aus einer einschlägigen Verurteilung heraus begangen hatte, den Taten eine erhebliche kriminelle Energie zugrunde lag und zum Teil erhebliche Schäden eingetreten waren. Gegen das Urteil des Amtsgerichts legten sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Das Landeskriminalamt - Kriminaltechnisches Institut - erstellte unter dem 20. April 2015 ein Behördengutachten. Danach handelt es sich bei der Person auf den Täteraufnahmen am 2. Februar 2013 bei der Bank am ... Platz und bei dem Kläger nach den festgestellten optischen Übereinstimmungen wahrscheinlich um ein und dieselbe Person. In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Stuttgart am 29. April 2015 nahmen sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft die Berufung zurück.
45 
c) Eine weitere Grundlage für die Prognose des Senats ist der Umstand, dass der Kläger bereits vor der Verurteilung durch das Amtsgericht Stuttgart vom 24. November 2014 einschlägig vorbestraft war. Nachdem der Kläger in den Jahren 2000 und 2002 wegen Betrugsdelikten zu Geldstrafen verurteilt worden war, intensivierte er ab dem Jahre 2005 nach den Feststellungen des Landgerichts Stuttgart im Urteil vom 25. September 2007 seine „Karriere“ auf dem Gebiet der Vermögenskriminalität in Gestalt des Überweisungsbetrugs. Bei sämtlichen 53 Taten, die der Verurteilung vom 25. September 2007 zugrunde lagen und die sich in einem Zeitraum von etwa einem Jahr ereignet hatten, bejahte das Strafgericht ein gewerbsmäßiges Handeln des Klägers. Obwohl anlässlich einer Durchsuchung am 19. Januar 2007 beim Kläger Zettel mit Notizen sichergestellt worden waren, die Bezüge zu Begünstigten von Überweisungsbetrugstaten aufwiesen (Name, Kontodaten), die später unter dem 25. September 2007 abgeurteilt wurden, sowie Blanko-Überweisungsvordrucke einer Bank, bei der der Kläger kein Konto unterhielt, setzte er noch kurze Zeit danach, nämlich am 25. Januar und im Februar 2007, sein kriminelles Verhalten fort. So erstellte er jeweils mit Datum vom 10. Februar 2007 einen Überweisungsträger zu Lasten des Kontos des K. W. bei der Sparkasse P.-C. und zugunsten des Kontos B. H. bei der Postbank M. über einen Betrag von 7.987,09 Euro sowie einen Überweisungsträger zu Lasten des Kontos D. K. H. bei der Volksbank N. und zugunsten des Kontos des D. B. L. bei der Postbank M. in Höhe von 4.979,99 Euro. Ungeachtet dessen, dass ihm allein schon durch die Hausdurchsuchung bewusst gewesen sein musste, dass die Polizei ihn verdächtigte, bewirkte dies beim Kläger kein Unterlassen weiteren kriminellen Verhaltens. Auch die durch das Amtsgericht Stuttgart am 28. März 2007 angeordnete Untersuchungshaft und die daran anschließende Verbüßung der Strafhaft bis 18. November 2009 beeindruckten den Kläger offensichtlich in keiner Weise. Noch unter Bewährung nach § 57 StGB stehend und in Kenntnis der Inhalts des Duldungsvergleichs vom 21. Juli 2009 wurde der Kläger ab Ende Juli / Anfang August 2012 erneut auf dem Gebiet des Konto-bzw. Überweisungsbetrugs tätig.
46 
d) Es gibt keine Gründe, die den Senat daran hindern würden, für seine Prognose diese strafrechtlichen Verurteilungen zu verwerten. Der Kläger hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dahingehend geäußert, die Verurteilung 2014 sei zu Unrecht erfolgt. Seine Fingerabdrücke seien auf einer „Blanko-Überweisung“ gewesen, die er 2009 einem Bekannten gegeben habe. Die Polizei habe aus den Fingerabdrücken geschlossen, dass er es gewesen sei. Das sei aber falsch. Die Klamotten, die auf dem Lichtbild gewesen seien, habe er schon seit Jahren nicht mehr. Man habe Fotos von ihm aus dem Jahre 2005 verwendet. Jeder könne über einen Laptop alte Bilder einspielen. In der Verhandlung im Jahr 2014 sei erst ein Kripo-Beamter vernommen worden. Dieser habe gesagt, er gehöre einer Bande an, die von Stuttgart bis Köln aktiv sei. Er habe gesagt, er habe nichts damit zu tun. Es sei dann ausgehandelt worden, dass er die Berufung zurücknehme und er dafür ins „Freigängerheim“ komme.
47 
Aus den vom Senat beigezogenen Straf- bzw. Strafvollstreckungsakten ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich zu irgendeinem Zeitpunkt eine Verständigung nach § 257c StPO vorgelegen hätte oder eine sonstige Abrede getroffenen worden wäre. Für den Senat belegen diese Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vielmehr, dass er auch die Zeit in der erneuten Haft bislang nicht genutzt hat, um sich zu seinen Straftaten tatsächlich zu bekennen und sich mit diesen kritisch auseinanderzusetzen. So ist in diesem Zusammenhang im Übrigen auffällig, dass er in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart am 4. November 2014 angegeben hatte, er sei im Jahre 2007 zu Unrecht verurteilt worden (Protokoll des Amtsgerichts vom 04.11.2015, Strafakte 104 Ls 91 Ls 4507/13, Bl. 763, 766), obwohl er damals vor dem Landgericht - wenn auch im Wege einer pauschalen Verteidigererklärung - die Taten eingeräumt hatte. Das Landgericht Stuttgart hatte keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dieses Geständnis nicht der Wahrheit entsprechen würde, da es sich mit den Angaben der vernommenen Zeugen deckte (Strafurteil vom 25.09.2007, Bl. 11), und berücksichtigte dieses Geständnis im Rahmen der Strafzumessung erheblich strafmildernd (a.a.O., Bl. 12).
48 
Der Heranziehung der Straftaten, die Gegenstand einer älteren Verurteilung sind, steht auch nicht der Gedanke des Verbrauchs entgegen, weil diese Anlass eines früheren Ausweisungsverfahren gewesen sind, das mit einem gerichtlichen Vergleich vom 21. Juli 2009 beendet worden ist und infolge dessen der Kläger drei Jahre nach Haftentlassung wieder in den Besitz der Niederlassungserlaubnis gelangt ist.
49 
Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich anerkannt, dass Ausweisungsgründe bzw. nunmehr Ausweisungsinteressen in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und so lange entgegengehalten werden dürfen, als sie noch aktuell und nicht verbraucht sind und die Ausländerbehörde auf ihre Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent verzichtet hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297 <313> und vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114 <121 f.>). Aus der Ableitung dieser Kriterien aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes folgt jedoch, dass die Ausländerbehörde einen ihr zurechenbaren Vertrauenstatbestand geschaffen haben muss, aufgrund dessen der Ausländer annehmen kann, ihm werde ein bestimmtes Verhalten im Rahmen einer Ausweisung nicht entgegengehalten. Zudem muss ein hierauf gegründetes Vertrauen des Ausländers schützenswert sein (siehe insgesamt BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 39). Im vorliegenden Fall fehlt es jedenfalls an einem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers. (Geschäfts-)Grundlage des Vergleichs ist gewesen, dass der damals in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertretene Kläger sich drei Jahre lang nach Haftentlassung keine vorsätzliche Straftat zu Schulde kommen lässt. Hieran hat sich der Kläger aber offensichtlich nicht gehalten.
50 
e) Der Kläger ist im Rahmen seines strafrechtlichen Verhaltens stets ideenreich, organisiert und planvoll vorgegangen. Was ihn letztlich zu den Straftaten bewegt hat, hat er nicht offenbart. Es gibt keine erkennbaren tatsächlichen Änderungen in seinen Lebensverhältnissen, die den Schluss nahelegen würden, dass sich trotz immer wieder aufgetretenen Urkundenfälschungen und Betrugshandlungen im Zusammenhang mit Kontoeröffnungen, Überweisungen oder sonstigen Verfügungen über Konten solches in Zukunft nicht mehr ereignen würde. Der Kläger verfügt nach wie vor nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung und in der Vergangenheit haben sich Zeiten von Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit abgewechselt (vgl. hierzu auch die vom Kläger mit Schriftsatz vom 27.07.2016 vorgelegten Unterlagen). Nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht sondern auch mit Blick auf die persönliche Situation des Klägers lassen sich keine belastbaren stabilisierenden Faktoren erkennen. Er ist bei Begehung der mit Strafbefehl vom 25. Februar 2002 abgeurteilten vier Fälle des Überweisungsbetrugs alleinstehend gewesen. Bei Beginn der Serie von Straftaten, die dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2007 zugrunde liegen, hat bereits eine familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner heutigen Partnerin und zwei in den Jahren 2003 und 2005 geborenen Töchtern bestanden. Die Straftaten ab Sommer 2012 sind zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem der familiären Lebensgemeinschaft eine weitere Tochter angehört hat. Dass seine drei Töchter und Lebenspartnerin der entscheidende Antrieb wären, „künftig nichts mehr anzustellen“ (vgl. seine Angaben in der mündlichen Verhandlung), lässt sich nicht objektivieren.
51 
Der Kläger zeichnet sich bislang vor allem durch eine fehlende Einsicht und Aufarbeitung seines strafrechtlichen Verhaltens aus. Er hat sich mit seinen Straftaten bis heute nicht ernsthaft auseinandergesetzt. Die gilt insbesondere auch für seine letzte Verurteilung, deren Richtigkeit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestritten hat. Dies belegt zudem sein Agieren in der Justizvollzugsanstalt. So hat die Justizvollzugsanstalt Ulm am 9. Juli 2015 in einem Vermerk über das Erstgespräch unter anderem festgehalten, der Kläger habe sich eher zurückhaltend und wortkarg verhalten. Zu den Taten befragt, habe er kaum Angaben gemacht. Er streite seine Tatbeteiligung wie bereits vor Gericht ab. Die an ihn gerichteten Fragen habe er kurz und knapp beantwortet, eine kritische Auseinandersetzung mit seinem Fehlverhalten habe bislang wohl eher noch nicht stattgefunden. Das weitere Vollzugsverhalten bleibe abzuwarten. Anhaltspunkte für eine psychische Problematik bzw. eine psychologische/psychotherapeutische Indikation wurden nicht festgestellt. In einem Führungsbericht vom 10. November 2015 führte die Justizvollzugsanstalt wiederum aus, zu seinen Taten befragt habe der Kläger im Anamnesegespräch kaum Angaben gemacht. Er streite im Wesentlichen seine Tatbeteiligung wie bereits vor Gericht ab. Aus einer Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Ulm vom 16. Juni 2016, die zum erfolglosen Antrag des Klägers vom 28. Mai 2016 auf Aussetzung der Vollstreckung der mit Urteil des Amtsgerichts Stuttgart verhängten Gesamtfreiheitsstrafe nach Verbüßung der Hälfte zur Bewährung erstellt worden ist, heißt es unter anderem, der Kläger sei kein Erstverbüßer und Bewährungsbrecher; eine Einsicht in sein Fehlverhalten sei bei ihm nicht zu erkennen. Aus dem Vollzugsbericht der Justizvollzugsanstalt H. vom 1. Februar 2017 ergibt sich nichts Gegenteiliges. Eine bewährungsweise Entlassung wurde seitens der Justizvollzugsanstalt H. auch für den Antrag des Klägers vom 7. November 2016 auf Strafaussetzung zur Bewährung nach Verbüßung von Zweidritteln der Strafe nicht befürwortet.
52 
Soweit sich der Kläger selbst zu seinem strafrechtlichen Werdegang äußert, sind die Angaben pauschal und blenden die Tragweite der eigenen Verantwortung, Hintergründe und Folgen für die Opfer der Straftaten aus. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt, er wolle sich zunächst für alles, was passiert sei, entschuldigen. Er leide selbst schon. Er wolle sich nunmehr um seine Familie kümmern und seinen Kindern ein guter Vater sein. Er bereue seine Taten sehr und merke, wie seine Familie leide. Seine Straftaten seien Dummheiten gewesen. Er wisse auch nicht, wie es dazu gekommen sei. Er hätte nur Leuten helfen wollen. Er sei zwar als Einzeltäter verurteilt worden, tatsächlich hätten aber mehrere gehandelt. Er habe die Taten nicht so richtig begangen, sondern nur anderen Leuten geholfen und das Helfen sei etwas anderes. Mit den Leuten stehe er aktuell nicht in Kontakt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beklagte er vor allem die Situation seiner Töchter, die mit seiner Inhaftierung leben müssten, ohne sich jedoch zu seinem eigenen Fehlverhalten zu bekennen. Dass es dem Kläger an einem kritischen Umgang mit sich selbst mangelt, ist auch daran zu erkennen, dass er den Grund für seine Verlegung von der Justizvollzugsanstalt Ulm mit einer offenen Vollzugsform in den geschlossenen Vollzugs der Justizvollzugsanstalt H. allein bei anderen sieht.
53 
Auch die Haltung der Staatsanwaltschaft Stuttgart und der Strafvollstreckungskammer anlässlich des Antrags des Klägers auf Aussetzung des Strafrestes nach zwei Drittel verdeutlichen das Fortbestehen der vom Kläger ausgehenden Gefahr. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ist diesem Antrag unter Hinweis unter anderem auf die mehrfach einschlägigen Vorstrafen, den Bewährungsbruch und die hohe kriminelle Energie entgegen getreten. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Anhörung vor der Strafvollstreckungskammer am 9. Februar 2017 hat der Kläger erklärt, dies sei seine letzte Straffälligkeit, er habe eine Familie mit drei Kindern, er habe draußen als Lagerfachkraft bei der Firma F. seine Arbeit gemacht. Dort möchte er nach der Haftentlassung wieder arbeiten. Eine konkrete Arbeitszusage habe er nicht. Die Strafvollstreckungskammer hat dem Protokoll zufolge erläutert, dass nach derzeitiger Einschätzung keine Strafaussetzung zur Bewährung in Betracht komme, insbesondere im Hinblick auf die einschlägigen und mehrfachen Vorstrafen und die letzte Haftverbüßung, die ihn nicht davon abgehalten habe, erneut straffällig zu werden. Am 14. Februar 2017 hat der Kläger seinen Antrag auf Aussetzung des Strafrests zurückgenommen.
54 
Die Tatsache, dass der Strafvollzug des Klägers entsprechend den Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt H. beanstandungsfrei verläuft, relativiert die Gefahrenprognose nicht. Der Kläger hatte auch in der Vergangenheit immer wieder längere Zeiten - auch in Freiheit - , in denen er nicht aufgefallen, jedoch dann erneut in unverändert kriminelle Verhaltensmuster zurückgefallen ist.
55 
3.) Dem öffentlichen Ausweisungsinteresse stehen besonders schwerwiegende Bleibeinteressen des Klägers und seiner Familie gegenüber. Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG sind mit Blick auf die in der Vergangenheit geführte und nach Haftentlassung geplante Fortsetzung der familiären Lebensgemeinschaft mit den drei deutschen minderjährigen Kindern, für die er auch das Personensorgerecht wahrnimmt, gegeben. Zudem hat der Kläger - im Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung - eine Niederlassungserlaubnis besessen und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Die auf der Grundlage des gerichtlichen Vergleichs vom 21. Juli 2009 erfolgte Aufhebung der Ausweisung unter dem 6. Dezember 2012 und Erteilung der Niederlassungserlaubnis unter Hinweis auf § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG führen dazu, dass die Voraussetzungen auch nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegen. Da die Regelung allein auf den tatsächlichen Besitz der Niederlassungserlaubnis abstellt, kommt es hier nicht darauf an, dass der Kläger noch unter der Geltung der „Bewährungszeit“ des Duldungsvergleichs von drei Jahren ab der Haftentlassung - bis 18. November 2009 war er inhaftiert - ab Ende Juli / Anfang August 2012 erneut einschlägig straffällig geworden und damit die Grundlage und die Intention des Vergleichs letztlich unterlaufen hat. Die Bewertung eines solchen Sachverhalts erfolgt nach der Konzeption des Gesetzes ggfs. im Rahmen der Gesamtabwägung.
56 
4.) Das öffentliche Interesse an der Ausreise des Klägers überwiegt die Interessen an seinem weiteren Verbleib im Bundesgebiet deutlich.
57 
§ 53 Abs. 1 AufenthG verlangt für eine Ausweisung ein Überwiegen des Interesses an der Ausreise, das unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung festzustellen ist, wobei in die hierbei vorzunehmende Abwägung des Interesses an der Ausreise mit dem Bleibeinteresse die in § 53 Abs. 2 AufenthG niedergelegten Umstände in wertender Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind. Diese sind, nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Ausländers, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner, sowie - in der seit dem 17. März 2016 geltenden Fassung - die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, wobei die in Absatz 2 aufgezählten Umstände weder abschließend zu verstehen sind, noch nur zu Gunsten des Ausländers ausfallen müssen. Zudem sind stets die grund- und konventionsrechtliche Stellung des Ausländers und seiner Familie und die sich daraus ergebenden Gewichtungen in den Blick zu nehmen. Umstände im Sinne des § 53 Abs. 2 AufenthG prägen den Einzelfall insoweit, als sie über die den vertypten Interessen zugrunde liegenden Wertungen hinausgehen, diese unterschreiten oder ihnen entgegenstehen. Insbesondere ist hier der Frage nachzugehen, ob und in welchem Maße die konkreten Umstände des Einzelfalles signifikant von vertypten gesetzlichen Wertungen abweichen. Sind im konkreten Fall keine Gründe von erheblichem Gewicht - etwa auch solche rechtlicher Art - ersichtlich, die den gesetzlichen Wertungen der §§ 54, 55 AufenthG entgegenstehen, wird regelmäßig kein Anlass bestehen, diese Wertungen einzelfallbezogen zu korrigieren. Eine schematische und alleine den gesetzlichen Typisierungen und Gewichtungen verhaftete Betrachtungsweise, die einer umfassenden Bewertung der den Fall prägenden Umstände, jeweils entsprechend deren konkreten Gewicht, zuwiderlaufen würde, verbietet sich ebenso (BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, NVwZ 2007, 946) wie eine „mathematische“ Abwägung im Sinne eines bloßen Abzählens von Umständen, die das Ausweisungsinteresse einerseits und das Bleibeinteresse andererseits begründen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 - juris Rn. 141 ff.; Beschluss vom 11.04.2016 - 11 S 393/16 -, juris Rn. 29 ff.; OVG NRW, Urteil vom 10.05.2016 - 18 A 610/14 -, juris Rn. 76 f.). Bei der erforderlichen Gesamtabwägung sind zur Sicherung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung zudem ergänzend die vom Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Rahmen seiner Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK hierzu entwickelten Kriterien heranzuziehen (vgl. zu den sog. „Boultif-Üner-Kriterien“ insbesondere EGMR, Urteile vom 18.10.2006 - 46410/99 <Üner> -, NVwZ 2007, 1279 und vom 02.08.2001 - 54273/00 -, InfAuslR 2001, 476 -; ausführlich auch: Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl., 2016, Vorb §§ 53-56 AufenthG, Rn. 95 ff. und Mayer, VerwArch 2010, 482 <530 ff.>, m.w.N.)
58 
Hiervon ausgehend ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er seit 1990 seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hat und über einen langjährigen und legalen Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt. Er hat zwar keinen im Bundesgebiet allgemein anerkannten Bildungs- bzw. Berufsabschluss, er ist hier jedoch immer wieder erwerbstätig gewesen und hat nach seinen Angaben nach seiner Haftentlassung Aussicht auf einen Arbeitsplatz. Er hat Möglichkeiten genutzt, sich Fähigkeiten anzueignen, mit denen bessere berufliche Perspektiven verbunden sein können, wie die Qualifizierung zur Lagerfachkraft im Jahre 2000 oder der Erwerb von Kenntnissen im Bereich Microsoft Excel 2000. Der Kläger spricht - wovon sich der Senat anlässlich der mündlichen Verhandlung hat überzeugen können - ein alltagstaugliches Deutsch.
59 
Von besonderer Bedeutung sind die familiären Bindungen. Der Kläger hat in Deutschland eine Familie gegründet. Wie insbesondere aus seinen Erklärungen in der Berufsverhandlung deutlich geworden ist, ist sein Verhältnis zu seinen drei deutschen Töchter, die den Kindergarten bzw. die weiterführende Schule besuchen, von einer wechselseitig innigen emotionalen Beziehung geprägt. Er nimmt - selbst unter den erschwerten Bedingungen des geschlossenen Vollzugs - aktiv am Leben der Kinder teil und hat in der mündlichen Verhandlung insbesondere von den musikalischen Talenten der beiden größeren Töchtern näher berichtet. Seine Lebensgefährtin schöpft mit den Kindern die in der Vollzugsanstalt zulässigen Besuche aus. Der Kläger nutzt mit seinen Töchtern zudem mittlerweile das Vater-Kind-Projekt der Justizvollzugsanstalt, welches ihnen ermöglicht, mehr Zeit als bei einem Regelbesuch üblich miteinander zu verbringen. Nicht nur die drei am 16. Dezember 2003, 7. Oktober 2005 und 27. Dezember 2011 geborenen Töchter, die sich aufgrund ihres Alters in unterschiedlichen Entwicklungsstufen befinden, haben ein außerordentlich hohes Interesse daran, dass ihr Vater im Bundegebiet verbleibt; dies gilt mit Blick auf die familiäre Lebensgemeinschaft gleichermaßen für die Lebensgefährtin und den Kläger selbst. Ihm kommt das Recht und die Aufgabe zu, als Vater für seine Kinder - auch emotional - zu sorgen. Seine Ausweisung - zumal sie zu seiner Trennung von den übrigen Familienmitgliedern führt - ist vor diesem Hintergrund ein erheblicher Eingriff in das auch durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.
60 
Zu Lasten des Klägers ist die Schwere der begangenen Straftaten, deren Aburteilung zum Entstehen des Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG geführt hat, zu berücksichtigen. Neben der bereits oben festgestellten außerordentlich hohen Wiederholungsgefahr betrügerischer Vermögenskriminalität, fällt auch seine fehlende Bereitschaft bzw. Fähigkeit zur Rechtstreue ins Gewicht. Die Anzahl der Einträge im Zentralregister sprechen für sich.
61 
Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers haben die öffentlichen Interessen an einer Ausreise im Hinblick auf die drei deutschen Kinder nicht deshalb zurückzutreten, weil dieser keine Gewaltdelikte begangen hat, die sich gegen elementare Rechtsgüter wie Leib und Leben richten, sondern sich seine Verfehlungen primär auf dem Gebiet des Vermögensstrafrechts ereignet haben. Die Gesamtabwägung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes führt hier vielmehr auch unter Berücksichtigung des sehr hohen Gewichts der familiären Bindungen zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung.
62 
Bei den vom Kläger begangenen Straftaten handelt es sich um gewerbsmäßig begangene Betrugsdelikte in erheblicher Anzahl, überwiegend in Gestalt des Überweisungsbetrugs, die teilweise von Urkundenfälschungen begleitet worden sind. Der Kläger ist - wenn auch immer wieder mit „Pausen“ - seit dem Jahre 2001 auf diesem Gebiet „aktiv“. Es ist nicht ersichtlich, dass er sich aus für sein Leben atypischen Situationen, etwa einer einmalig erlebten finanziellen Bedrängnis, zu solchen Taten hat hinreißen lassen. Vielmehr drängt sich der Schluss auf, dass er der geltenden (Strafrechts-)Ordnung ungeachtet seines langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet einfach keine Bedeutung beimisst, sondern allein so agiert, wie es ihm in den Sinn kommt und hierbei bereit ist, zum eigenen Vorteil und zur Verschaffung einer regelmäßigen Einnahmequelle anderen Menschen erheblichen finanziellen Schaden zuzufügen. Zu den Konten, die der Kläger „anzapfte“ oder „anzapfen“ wollte, gehören solche von Privatpersonen, von Firmen oder von Vereinen, wobei die Beträge, die in den Überweisungsträgern ausgewiesen waren, durchaus nicht unerheblich waren. Exemplarisch verdeutlichen dies die Taten Nr. 6 und 7, die durch das Amtsgericht Stuttgart unter dem 25. November 2014 abgeurteilt wurden, mit Überweisungsbeträgen von 6.800 Euro bzw. 6.885,96 Euro, und die Taten Nr. 14 und Nr. 38 im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2007, bei denen es um 9.787,97 Euro (zu Lasten eines Vereins) bzw. 45.767,07 Euro (zu Lasten einer Schreinerei) handelte. Die Handlungen des Klägers waren allein bei den Straftaten, die Gegenstand der landgerichtlichen Verurteilung waren, auf ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen in Höhe von nahezu 459.000 Euro gerichtet. Bei seinen Taten ging der Kläger unter Benutzung verschiedener falscher Identitäten und unterschiedlicher Konten sehr professionell vor. Eine besondere Brisanz erhält die kriminelle Laufbahn des Klägers auch dadurch, dass er nicht allein und teilweise zudem grenzüberschreitend agiert hat (vgl. hierzu die Feststellungen im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2009 unter II.), aber auch insoweit bis heute „keinen reinen Tisch gemacht hat“. Dass bei etlichen Taten eine Schädigung der tatsächlichen Kontoinhaber bzw. der Geldinstitute letztlich vermieden und der Kläger durch die Polizei gefasst werden konnte, beruht allein darauf, dass andere Menschen aufgepasst bzw. interne und externe Kontrollsysteme funktioniert haben. Solche Zufälligkeiten entlasten den Kläger aber nicht. Bezeichnender Weise hat er im Übrigen immer wieder selbst festgestellt, dass Überweisungen durch die Bank nicht ausgeführt worden sind. Das hat ihn aber gerade nicht abgeschreckt. Mit den kriminellen Handlungen fuhr er unverändert fort.
63 
Die vom Kläger ausgehende außerordentlich hohe Wiederholungsgefahr (siehe oben I.2.) von betrügerischen Aktionen im Bereich des bargeldlosen Transfers von Geldern unter Einschaltung einer Bank, auf dessen Funktionieren und korrekte Abwicklung der Einzelne, aber auch letztlich ein Wirtschaftssystem angewiesen sind, rechtfertigt die durch die Ausweisung herbeigeführte Trennung von seinen Familienmitgliedern (zur Bedeutung der Gefahrenprognose im Rahmen der Gesamtabwägung unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit siehe Funke-Kaiser, Fragen des novellierten Aufenthaltsrechts, in: Dokumentation, 18. Deutscher Verwaltungsgerichtstag, Hamburg 2016, S. 221, 235).
64 
Die minderjährigen deutschen Töchter des Klägers sind faktisch nicht gezwungen den Kläger zu begleiten, sondern können weiter im Bundesgebiet leben. Da ihre Mutter über einen in der Vergangenheit stets verlängerten und aktuell bis 12. Januar 2019 gültigen Aufenthaltstitel nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG verfügt, ist gewährleistet, dass ein erziehungsberechtigter drittstaatsangehöriger Elternteil im Bundesgebiet verbleibt, weshalb die Kinder nicht das Unionsgebiet als Ganzes verlassen müssen (vgl. zu diesen Aspekten EuGH, Urteil vom 13.09.2016 - C-304/14 - CS, Rn. 24 ff.; u.a. in Anknüpfung an das Urteil vom 08.03.2011 - C-34/09 - Ruiz Zambrano; siehe schon VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, juris Rn. 34). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die gravierende Gefahr neuer Straftaten des Klägers hingenommen werden müsste, weil sein Verbleib für die Kinder bzw. das Kindeswohl von überragender, ggf. existenzieller Bedeutung wäre. Das Leben der Töchter ist durch die Inhaftierung des Klägers davon geprägt, dass sie ihren Vater im Alltag schon seit längerer Zeit nicht um sich haben. Die beiden älteren Töchter haben diese Erfahrungen auch schon zuvor ab dem Jahre 2007 gemacht. Zwar ist die Aufrechterhaltung von familiären Beziehungen und Kontakten bei einem Aufenthalt des Klägers in Angola gegenüber der derzeitigen Situation deutlich erschwert, unmöglich ist dies jedoch auch mit Blick auf das Alter der Töchter nicht. Hinzu kommt, dass durch die Befristung der Wirkungen des mit der Ausweisung verbundenen Einreise- und Aufenthaltsverbots (siehe nachfolgend II.) und der Möglichkeit für den Kläger, danach zu seinen deutschen Kindern zurückzukehren, die Trennung perspektivisch begrenzt ist. Da der Kläger bis zum Alter von etwa 17 Jahren in Angola gelebt und aktuell auch noch portugiesisch beherrscht, steht zu erwarten, dass er sich dort zurecht finden wird - zumal er im Jahre 2005 im Rahmen der Vorbereitungen auf die Fußball-WM zu Besuch in Angola gewesen ist und seine Partnerin, die im April 2002 in das Bundesgebiet eingereist ist, ebenfalls aus Angola stammt. Nach dem Vermerk der Justizvollzugsanstalt Ulm vom 9. Juli 2015 zum Erstgespräch mit dem Kläger leben zudem zwei jüngere Schwestern von ihm in Angola.
II.)
65 
Dem Kläger steht die hilfsweise begehrte Verpflichtung des Beklagten, unter Aufhebung der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu entscheiden, nicht zu.
66 
1.) Der Kläger hat eine - logisch vorrangige - (hilfsweise) Verpflichtung des Beklagten über die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, nicht beantragt. Für einen solchen Antrag gibt es auch keine Veranlassung. Der Beklagte hat in der angefochtenen Verfügung hierzu keine Entscheidung getroffen; dies ist nicht zu beanstanden.
67 
Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG kann das Einreise- und Aufenthaltsverbot zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist nach Absatz 2 verkürzt werden. Aus den vorstehenden Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung unter I. ergibt sich jedoch, dass die vom Kläger ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, deren Abwehr das Einreise- und Aufenthaltsverbot dient, fortbesteht und das öffentliche Interesse an der Ausreise schutzwürdige Belange des Ausländers überwiegt. Erweist sich eine Ausweisung als rechtmäßig, ist es nach den hierfür notwendigen Voraussetzungen ausgeschlossen, dass zum gleichen Zeitpunkt, der für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Ausweisung maßgeblich ist, Anlass für die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu diesem Zeitpunkt bestehen könnte. Würde sich eine Ausweisung hingegen als rechtswidrig erweisen, beispielsweise wegen einer nach Erlass der Verfügung eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage, wäre sie mit Wirkung ex tunc aufzuheben (BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 21 ff.), so dass ebenfalls kein Raum für eine Entscheidung nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG wäre. Soweit das Bundesverwaltungsgericht der Auffassung ist, dass seit der zum 1. August 2015 in Kraft getretenen gesetzlichen Neuordnung der Regelungen zur Beseitigung der Wirkungen einer Ausweisung die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots einer eigenständigen, von der Befristung zu trennenden Entscheidung bedarf, die von der Ausländerbehörde nicht nur nachträglich, sondern zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers auch schon zusammen mit der Ausweisung getroffen werden kann (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 15), hatte für die Ausländerbehörde im vorliegenden Fall kein Grund für eine solche Ermessensentscheidung bestanden. Im Übrigen liegt der Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots - anders als der Befristung - keine Prognose zugrunde, so dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen.
68 
2.) Die Ausländerbehörde hat bei der Befristung des mit einer Ausweisung verbundenen gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots seit Inkrafttreten des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 über die Länge der Frist nach Ermessen zu entscheiden (BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 19 ff. und - 1 C 3.16 -, Rn. 65 f.). Der Senat hält an seiner bislang vertretenen Auffassung, wonach es sich hierbei trotz des Wortlauts um eine gebundene Entscheidung handelt (grundlegend Senatsurteil vom 09.12.2015 - 11 S 1857/15 -, juris), aus Gründen der Rechtseinheit nicht mehr fest.
69 
Dem Bundesverwaltungsgericht zufolge ändert das Erfordernis einer Ermessensentscheidung nichts am behördlichen Prüfprogramm, wie es von diesem im Urteil vom 10. Juli 2012 (1 C 19.11 -, juris Rn. 42) entwickelt worden ist (vgl. auch schon BVerwG, Urteil vom 14.02. 2012 - 1 C 7.11 -, juris Rn. 28 f.). Die Ausländerbehörde muss bei der allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzenden Frist das Gewicht des Ausweisungsinteresses und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck berücksichtigen. Hierzu bedarf es in einem ersten Schritt der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das seiner Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die auf diese Weise an der Erreichung des Ausweisungszwecks ermittelte Höchstfrist muss von der Behörde in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den unions- und konventionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 7 GRC und Art. 8 EMRK, gemessen und ggf. relativiert werden. Dabei sind von der Ausländerbehörde nicht nur die nach § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG schutzwürdigen Bleibeinteressen des Ausländers in den Blick zu nehmen, sondern bedarf es nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles einer umfassenden Abwägung aller betroffenen Belange (BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 23 ff. und - 1 C 3.16 -, Rn. 66).
70 
Das Regierungspräsidium hat im Rahmen seiner Ermessensentscheidung unter Zugrundelegung der Kriterien des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. im Einzelnen Bl. 17 ff. der Verfügung) das Einreise- und Aufenthaltsverbot anhand einer zweistufigen Prüfung auf fünf Jahre nach Ausreise oder Abschiebung befristet. Das Verwaltungsgericht hat - allerdings unter Bezugnahme auf das Urteil des erkennenden Senats vom 9. Dezember 2015 und damit unter Zugrundelegung der bisherigen Auffassung des Senats zum gebundenen Charakter der Befristungsentscheidung - in seinem Urteil die vom Beklagten festgesetzte Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots mit Blick auf die familiären Belange insoweit aufgehoben, als die Frist in Ziffer 4 des Bescheids vom 30. Januar 2016 drei Jahre und sechs Monate übersteigt. Der Beklagte hat hiergegen kein (Anschluss-) Rechtsmittel eingelegt. Dass diese für den Beklagten verbindliche Länge der Sperrfrist von drei Jahre und sechs Monaten, die unterhalb der Fünf-Jahres-Frist nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG liegt, zu Lasten des Klägers im Ergebnis fehlerhaft wäre, ist mit Blick auf die von ihm ausgehende Gefährlichkeit (siehe oben u.a. I. 2.) nicht ersichtlich; es ergeben sich ferner keine Anhaltspunkte dafür, aufgrund der bereits oben unter I. dargestellten familiären Situation und weiterer individueller Belange könnte eine noch kürzere Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots im Raum stehen. Es sind insbesondere auch nach Erlass der Verfügung keine weiteren Änderungen tatsächlicher Art eingetreten, die zu Gunsten des Klägers wirken und Anlass für neue bzw. ergänzende Ermessenserwägungen bei dem Beklagten sein könnten.
71 
Dass der Beklagte das durch eine Abschiebung eintretende Einreise- und Aufenthaltsverbot hinsichtlich der Länge gleichlaufend mit den Folgen der Ausweisung im Sinne einer einheitlichen Regelung ausgestaltet hat, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
72 
Im Übrigen bleibt es dem Kläger unbenommen, einen Antrag auf Verkürzung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu stellen, wenn sich die Gefährdungssituation günstiger als erwartet entwickeln sollte oder neue persönliche bzw. familiäre Umstände eine andere, günstigere Entscheidung angezeigt erscheinen ließen.
III.)
73 
Die Klage gegen die Abschiebungsandrohung bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
74 
Ziffer 3 der Verfügung vom 30. Januar 2016 ist unter Berücksichtigung der Begründung im angefochtenen Bescheid dahingehend auszulegen, dass für den Fall der Entlassung aus der Haft der Kläger aufgefordert wird, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bestandskraft der Ausweisung zu verlassen und ihm für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise innerhalb dieser Frist die Abschiebung nach Angola angedroht wird. Entsprechendes soll gelten, falls - was aber nicht geschehen ist - der Sofortvollzug angeordnet wird. Die Frist von einem Monat ist auszulegen als 31 Tage (BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 -, juris Rn. 44). Für den Fall, dass sich der Kläger bei Bestandskraft der Ausweisung (oder deren sofortiger Vollziehbarkeit) noch in Haft befindet, wird ihm mit Ziffer 2 der Verfügung die Abschiebung ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht, wobei die unterbliebene Fristsetzung nach der Begründung des Bescheids allein auf § 59 Abs. 5 AufenthG beruht.
75 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine Abschiebung nach Angola nicht deshalb unzulässig, weil er im Jahre 1990 unter Berufung auf den drohenden Einsatz als Kindersoldat aus Angola geflohen ist (1.). Soweit dem Kläger, der sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung mit voraussichtlichem Strafende 31. Dezember 2017 in Strafhaft befindet, die Abschiebung aus der Haft ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht wird (§ 59 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG), ist dies nicht zu beanstanden; dies steht insbesondere mit der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) - RFRL - in Einklang (2.)
76 
1.) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Angola unzulässiger Zielstaat einer Abschiebung des Klägers mit der Folge der Einschränkung der Abschiebungsandrohung nach § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist. Soweit er ausführt, er sei im Alter von 17 Jahren vor der zwangsweisen Einsetzung als Kindersoldat für den damaligen Diktator geflohen und bei einer Rückkehr nach Angola bestehe für ihn eine Gefahr für Leib und Leben, ist damit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nicht schlüssig vorgetragen, denn der Kläger hielt sich nach eigenen Angaben etwa 15 Jahre nach seiner Flucht im Jahre 2005 ohne Probleme in Angola auf. Im Übrigen steht bereits der negative Ausgang des Asylverfahrens einer Berufung auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote entgegen (§ 42 AsylG).
77 
2.) Die Androhung der Abschiebung aus der Haft ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise entspricht den Bestimmungen des nationalen Aufenthaltsrechts (a). Dass dem Kläger nicht die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise eingeräumt worden ist, steht mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang (b). Dies beruht allerdings nicht auf einer „Opt-Out“-Entscheidung des Gesetzgebers auf der Grundlage des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL (aa), sondern basiert auf der vom Kläger ausgehenden Gefahr, die auch ein Unterbleiben der Gewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise nach Art. 7 Abs. 4 RFRL trägt (bb).
78 
a) Nach § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG bedarf es in den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG, d.h. unter anderem dann, wenn der Ausländer sich - wie hier - auf richterliche Anordnung in Haft befindet, keiner Setzung einer Ausreisefrist. Nach nationalem Recht dient eine Ausreisefrist dazu, eine Abschiebung durch eine freiwillige Ausreise vermeiden zu können. Sie bezweckt ferner dem Ausländer zu ermöglichen, seine Lebensverhältnisse in Deutschland abwickeln und ggfs. ein Rechtsschutzverfahren betreiben zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.12.1997 - 1 C 14.96 -, juris Rn. 15; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 AufenthG Rn. 105, 147 ). Ausgehend hiervon wird § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG als ein - gegenüber § 59 Abs. 1 Satz 2 AufenthG - spezieller Fall angesehen, in dem die Setzung einer Ausreisefrist entbehrlich ist, weil im Falle der Abschiebung aus der Haft ohnehin keine freiwillige Ausreise möglich ist (so BayVGH, Beschluss vom 12.12.2016 - 10 C 16.2176 -, juris Rn. 8). Mit der Regelung in § 59 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Abschiebung mindestens eine Woche vorher angekündigt werden soll, wird der Ausländer in Haftfällen in die Lage versetzt, sich auf das Verlassen des Landes vorzubereiten und ggfs. entsprechende Maßnahmen zu treffen (Hocks, in: Hofmann, AuslR, 2. Aufl., 2016, § 59 AufenthG Rn. 17). Eine solche Konkretisierung des Zeitpunkts der Abschiebung ist im vorliegenden Fall noch nicht erfolgt. Zwar beabsichtigt der Beklagte ausweislich des Hinweises in der Verfügung vom 30. Januar 2016, den Kläger zum Zeitpunkt der Haftentlassung auf der Grundlage der Entscheidung nach § 456a StPO abzuschieben. Eine derartige Entscheidung liegt ausweislich der beigezogenen Akten aber bislang nicht vor.
79 
Nach § 456a StPO kann die Strafvollstreckungsbehörde von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, einer Ersatzfreiheitsstrafe oder einer Maßregel der Besserung oder Sicherung unter anderem dann absehen, wenn der Verurteilte aus dem Geltungsbereich des Gesetzes abgeschoben wird. Die Regelung setzt aber voraus, dass diese Maßnahme, d.h. die Abschiebung, bereits bestandskräftig angedroht worden (Schmitt, in: Meyer/Großner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., 2016, § 456a Rn. 3; Appl, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., 2008, § 456a Rn. 3) oder diese zumindest vollziehbar ist und demnächst durchgeführt wird (Klein, in: Graf, StPO, 2010, § 456a Rn. 3). Wann die Staatsanwaltschaft ggfs. von einer weiteren Vollstreckung absieht, ist im vorliegenden Fall ungewiss.
80 
b) Dass dem Kläger auf der Grundlage des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise nicht eingeräumt wird, steht im vorliegenden Fall mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang.
81 
Das Ziel der Richtlinie 2008/115 ist - wie sich aus ihren Erwägungsgründen 2 und 11 ergibt - die Festlegung einer wirksamen Rückkehr- und Rücknahmepolitik, die auf gemeinsamen Normen und rechtlichen Garantien beruht, die gewährleisten, dass die betreffenden Personen unter vollständiger Achtung der Grundrechte auf menschenwürdige Weise zurückgeführt werden (EuGH, Urteil vom 05.06.2014 - C-146/14 PPU - Mahdi - Rn. 38). Die Richtlinie ist von ihrem Zweck her sowohl ein Rückkehrinstrument als auch ein Menschen- bzw. Grundrechteinstrument, die den Mitgliedstaaten aber nicht unbedeutende Gestaltungsspielräume belässt (näher Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 136 ff.).
82 
aa) § 59 Abs. 5 AufenthG mit der normativen Folge des Unterbleibens einer Frist zur freiwilligen Ausreise ist nicht bereits deshalb mit Unionsrecht in Einklang zu bringen, weil die Bundesrepublik insoweit vom „Opt-Out“ nach Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch gemacht hätte.
83 
Nach dieser Bestimmung können die Mitgliedstaaten beschließen, diese Richtlinie nicht auf Drittstaatsangehörige anzuwenden, die nach einzelstaatlichem Recht aufgrund einer strafrechtlichen Sanktion oder infolge einer strafrechtlichen Sanktion rückkehrpflichtig sind oder gegen die ein Auslieferungsverfahren anhängig ist. Zwar könnte der Wortlaut „infolge“ durchaus daraufhin deuten, dass auch Rückkehrentscheidungen, die im Verwaltungswege erlassen werden, letztlich aber an eine strafrechtliche Verurteilung anknüpfen, unter diese Regelung fallen können (dies jedenfalls für die frühere Ist-Ausweisung nach § 53 AufenthG a.F. annehmend Franßen-de la Cerda, Die Vergemeinschaftung der Rückführungspolitik - das Inkrafttreten der EU-Rückführungsrichtlinie, ZAR 2008, 377, 381; weitergehend Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 164 ff.). Für die Auffassung, dass die 2. Alternative des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL, die auf eine Rückkehrverpflichtung abstellt, die „infolge einer strafrechtlichen Sanktion“ ausgelöst wurde, nur Fälle betrifft, in denen die Rückkehrpflicht unmittelbar aufgrund einer strafrechtlichen Sanktion als Nebenfolge ausgelöst wird (vgl. näher Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 302 ), sprechen nach der Bedeutung der Regelung und ihrer Entstehungsgeschichte die besseren Gründe.
84 
Die Kommission hat während der Beratungen im Rat stets deutlich gemacht, dass die verschiedenen Stufen „Beendigung des legalen Aufenthalts“ und (deswegen danach) illegaler Aufenthalt zu unterscheiden sind und die Rückführungsrichtlinie nur den letzteren Fall erfasst. Verschiedene Mitgliedstaaten, deren Strafrecht bei Delikten von Ausländern auch den Verlust des Aufenthaltsrechts als Strafe oder Nebenstrafe vorsieht, befürchteten, dass durch die Rückführungsrichtlinie in die ihrer alleinigen Kompetenz obliegenden Angelegenheit des nationalen Strafrechts eingegriffen würde. Obwohl sowohl das Europäische Parlament als auch andere Mitgliedstaaten die Auffassung der Kommission, dass die Beendigung des legalen Aufenthalts - auch mit Mitteln des Strafrechts - schon gar nicht vom Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie erfasst ist, stützten und eine solche Klausel für nicht notwendig erachteten, verlangten diese Länder ausdrücklich eine Optionsregelung. Letztlich ist dem aus Gründen des politischen Pragmatismus entsprochen worden, weil andernfalls die Gefahr des Scheiterns der Richtlinie gedroht hätte (siehe hierzu Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., 2016, § 11 Rn. 20 unter Hinweis auf Lutz, The Negotiations on the Return Directive, 2010, unter 2.2.2, S. 32; siehe auch Franßen-de la Cerda, a.a.O., ZAR 2008, 377, 381; Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Immigration and Asylum Law, 2nd Edition. 2016, Part C VII Art. 2 Rn. 15 f.).
85 
Auch der Umstand, dass erhebliche Bewertungsunsicherheiten (vgl. dazu Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG § 59 Rn. 302 ) auftreten würden, wenn man für die 2. Alt des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL eine Verwaltungsentscheidung genügen lassen würde, die allein oder jedenfalls maßgeblich auf eine vorangegangene strafrechtliche Sanktion gestützt wäre (wie etwa die Versagung der Erteilung eines Aufenthaltstitels aufgrund des Bestehens eines Ausweisungsinteresses nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG wegen einer Straftat), spricht für die restriktive Interpretation.
86 
Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. September 2013 (C-297/12 - Filev und Osmani - Rn. 50 f.). Das Urteil beruht - entsprechend den Ausführungen in der Vorlage des Amtsgerichts Laufen vom Juni 2012 zu einer Ausweisungsentscheidung aus dem Jahre 1999 - auf der nicht problematisierten Annahme, dass die Bundesrepublik Deutschland mit dem Richtlinienumsetzungsgesetz vom 22. November 2011 (BGBl I 2258) von der in Art. 2 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 2008/115 enthaltenen Ermächtigung Gebrauch gemacht habe (vgl. EuGH, Urteil vom 19.09.2013, a.a.O., Rn. 22, 50 ff.). Mangels entscheidungserheblicher Fragestellung sind aber die Problematik der Wirksamkeit und der Reichweite eines „Opt-Out“ keiner näheren Betrachtung durch den Gerichtshof der Europäischen Union unterzogen worden.
87 
Anlässlich des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 finden sich lediglich Ausführungen in der Gesetzesbegründung dazu, dass bezüglich der Dauer der für ein Einreiseverbot zu bestimmenden Frist explizit von der „Opt-Out“ Möglichkeit Gebrauch gemacht werden solle (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 06.11.2012 - 11 S 2307/11 -, juris Rn. 71). In der Bundestagsdrucksache 17/5470, S. 21 heißt es zu § 11 AufenthG:
88 
„Die in dem neuen Satz 4 vorgesehenen Ausnahmen von der regelmäßigen Höchstfrist von 5 Jahren beruhen auf Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b - gegenüber verurteilten Straftätern wird der Anwendungsbereich der Richtlinie insoweit eingeschränkt - und Artikel 11 Absatz 2 Satz 2 (schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit und Ordnung) der Rückführungsrichtlinie. Eine strafrechtliche Verurteilung im Sinne der Ausnahme erfordert das Zugrunde liegen schwerwiegender Straftaten.“
89 
Selbst wenn man der hier nicht geteilten Auffassung wäre, dass Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Verwaltungsentscheidungen erfassen könnte, ist nicht ersichtlich, dass die Bundesrepublik auch mit Blick auf die Vorschrift des § 59 Abs. 5 AufenthG insoweit (wirksam) von dem „Opt-Out“ Gebrauch gemacht hätte. Diese Regelung gilt in der vorliegenden Fassung seit dem Richtlinienumsetzungsgesetz vom 19. August 2007 (BGBl I, 1970, 1982) unverändert. Es gibt keine Anhaltspunkte (in einer Gesetzesbegründung), die es erlaubten, ein „Opt-Out“ auch insoweit anzunehmen (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 172 ), wenn eine gesetzliche Bestimmung, die vor Inkrafttreten einer Richtlinie bereits gegolten hat, schlicht später beibehalten wird. Ob es aus Gründen der Rechtsklarheit, insbesondere weil die Geltung des Unionsrechts keinen Zweifeln unterliegen darf, sogar geboten sein könnte, dass sich Art und Umfang des „Opt-Out“ aus dem Gesetz selbst ergeben müssen, kann daher hier offen bleiben (vgl. hierzu Lutz, in: Hailbronner/Thym, a.a.O., Art. 2 Rn. 5 f.; siehe zur Frage der Pflicht zur Veröffentlichung des Beschlusses nach Art. 2 Abs. 2 RFRL auch Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 179 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.03.2017 - 1 C 17.16 -, juris Rn. 17 zur Frage der Erheblichkeit des Willens, Unionsrecht umzusetzen und anzuwenden).
90 
bb) Aufgrund der vom Kläger im vorliegenden Fall ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung wahrt das in § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG vorgesehene Absehen von einer Frist für die freiwillige Ausreise aber die Vorgaben des Art. 7 Abs. 4 RFRL.
91 
Die Richtlinie 2018/115 schreibt vor, welches Verfahren von jedem Mitgliedstaat bei der Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger anzuwenden ist, und legt die Reihenfolge der verschiedenen Schritte fest, die dieses Verfahren nacheinander umfasst. So sieht Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie zunächst vor, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich verpflichtet sind, gegen alle illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörige eine Rückkehrentscheidung zu erlassen (EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - El Dridi - Rn. 34 f.). Teil dieser Rückkehrentscheidung ist auch die Entscheidung über eine Frist zur freiwilligen Ausreise nach Art. 7 RFRL. Freiwillige Ausreise bedeutet die Erfüllung der Rückkehrverpflichtung innerhalb der dafür in der Rückkehrentscheidung festgesetzten Frist (Art. 3 Nr. 8 RFRL). Besteht Fluchtgefahr oder ist der Antrag auf einen Aufenthaltstitel als offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich abgelehnt worden oder stellt die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit dar, so können die Mitgliedstaaten nach Art. 7 Abs. 4 RFRL davon absehen, eine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, oder sie können eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen einräumen. Auch mit Blick auf die Frage einer Ausreisefrist muss, wie sich aus den Erwägungsgründen 2, 6, 11 und 24 der Richtlinie 2008/115 sowie ihrem Art. 5 ergibt, gemäß den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, darunter der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die nach dieser Richtlinie getroffene Entscheidung im Einzelfall verhältnismäßig sein und die Grundrechte der betreffenden Person gebührend berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 69).
92 
Nach Art. 7 Abs. 4 RFRL darf von der Gewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise unter anderem dann abgesehen werden, wenn die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt. Der Begriff der Gefahr für die öffentliche Ordnung, wie er in Art. 7 Abs. 4 RFRL vorgesehen ist, setzt jedenfalls voraus, dass außer der sozialen Störung, die jeder Gesetzesverstoß darstellt, eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 60). Wie der Senat mit Beschluss vom 30. August 2016 (11 S 1660/16 - InfAuslR 2016, 421) ausgeführt hat, bedarf es hierzu nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union einer individuellen Prüfung des Einzelfalls und kann nicht allein aus der Tatsache geschlossen werden, dass sich der Betreffende in (Straf-)haft befindet (EuGH, Urteil vom 11.06.2015, a.a.O., Rn. 70 ff.; vgl. zur Notwendigkeit der Einzelfallprüfung auch Urteil vom 21.03.2013 - C-522/11 - Mbaye - Rn. 31 f.; Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Migration and Asylum Law, 2nd Ed., 2016, Part C VII Art. 7 Rn. 14). Damit stellt der Gerichtshof vor allem sicher, dass die Verhängung (und Vollstreckung) etwa einer Haftstrafe allein wegen unerlaubter Einreise und unerlaubtem Aufenthalt nicht dazu führt, dass die zu Gunsten des Ausländers gewährten Garantien der Rückführungsrichtlinie keine Geltung mehr beanspruchen würden (Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Migration and Asylum Law, 2nd Ed., 2016, Part C VII Art. 1 Rn. 25).
93 
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat allerdings Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2008/115 auch dahin ausgelegt, dass der Rückgriff auf die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit, gar keine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, wenn der Drittstaatsangehörige eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt, keine erneute Prüfung der Kriterien erfordert, die bereits geprüft wurden, um das Bestehen dieser Gefahr festzustellen (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 73).
94 
Im vorliegenden Fall ist der Kläger aufgrund betrügerischer Vermögenskriminalität und Urkundenfälschung inhaftiert. Von ihm geht eine außerordentlich hohe Gefahr aus, dass er insoweit erneut straffällig wird. Die Ausländerbehörde hat unter Berücksichtigung der persönlichen und familiären Bindungen des Klägers und unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zurecht die Ausweisung des Klägers verfügt. Die für die Ausweisung maßgeblichen Gründe tragen zugleich die Annahme einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Dies erschließt sich aus den Ausführungen oben unter I.
95 
Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 RFRL, Art. 3 Nr. 4 RFRL allein die Abschiebungsandrohung (vgl. etwa Urteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 -, NVwZ-RR 2012, 492 und vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, NVwZ-RR 2012, 412; Beschlüsse vom 30.08.2016 - 11 S 1660/16 -, InfAuslR 2016, 421 und vom 19.12.2012 - 1 S 2303/12 -, InfAuslR 2013, 98; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 307 ) und nicht die Ausweisung (siehe etwa Urteile vom 30.04.2014 - 11 S 244/14 -, juris, vom 15.10.2013 - 11 S 2114/13 -, juris und vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 -, juris; vgl. auch Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 292 ; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., 2016 § 11 Rn. 15 ff.). Entscheidend ist jedoch, dass die die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendende Verfügung - hier die Ausweisung - und die Rückkehrentscheidung - hier die Abschiebungsandrohung - nach Art. 6 Abs. 6 RFRL im Rahmen einer Entscheidung ergehen dürfen. Unionsrechtlich muss lediglich sichergestellt werden, dass die Gefahr für die öffentliche Ordnung, wie sie in Art. 7 Abs. 4 RFRL vorausgesetzt wird, bereits an anderer Stelle unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls geprüft worden ist. Dies ist hier im Rahmen der Ausweisung geschehen. Die normative Regelung in § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, von einer Fristsetzung abzusehen, ist hier unmittelbare Folge der Ausweisung.
96 
Es gibt im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür, dass (Grund-)rechte des betroffenen Ausländers eine andere Entscheidung im Rahmen des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erforderlich machen könnten. Sofern dies (in anderen Fallkonstellationen) ggfs. zu erwägen wäre, kann dies durch die Anwendung des nationalen Rechts gewährleistet werden. Schon aus dem Wortlaut des Gesetzes („bedarf“) ist ersichtlich, dass die Setzung einer Ausreisefrist nicht durch die Norm untersagt ist, sondern vielmehr Raum für (unionsrechtlich) notwendige abweichende Entscheidung lässt (vgl. auch GK-AufenthG, § 59 Rn. 170 ff. ).
IV.)
97 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
98 
Soweit die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hinsichtlich Ziffer 2 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 zurückgewiesen worden ist, war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsache (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen, denn es ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt, ob und ggfs. unter welchen Voraussetzungen die Abschiebung aus der Haft ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise auf der Grundlage des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang steht.
99 
Im Übrigen liegen Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, nicht vor.
100 
Soweit die Revision zugelassen worden ist, gilt folgende
101 
Beschluss vom 29. März 2017
102 
Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 52 Abs. 1 GKG für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auf 10.000 Euro festgesetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 25.05.2016 - 11 S 2480/15 -, juris).
103 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
32 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht und ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 6 und Abs. 3 Satz 4 VwGO) Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2016 bleibt ohne Erfolg.
33 
Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage gegen die mit Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 verfügte Ausweisung abgewiesen (I.). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist auch das Befristungsbegehren. Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Kläger mit der Berufungsbegründung weder einen eigenen Antrag zur Befristungsentscheidung formuliert noch spezielle Berufungsgründe vorgebracht hat, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat aus Gründen der Rechtseinheit folgt, ist das Befristungsbegehren als Minus notwendiger Bestandteil des Begehrens auf Aufhebung einer Ausweisung und kann daher von den Parteien nicht gesondert aus dem Verfahren ausgegliedert werden (BVerwG im Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 17). Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die auf der Grundlage der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehende Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots von drei Jahren und sechs Monaten zu Lasten des Klägers fehlerhaft wäre (II.). Die Abschiebungsandrohung erweist sich ebenfalls als rechtmäßig; dies gilt auch soweit dem Kläger die Abschiebung aus der Haft heraus ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht wird (III.).
34 
Maßgeblich für die Beurteilung all dieser Streitgegenstände, nämlich die Ausweisung, das Befristungsbegehren und die noch nicht vollzogene Abschiebungsandrohung, ist jeweils die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 18, vom 14.05.2013 - 1 C 13.12 -, juris Rn. 9 und vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 16).
I.)
35 
Die Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig.
36 
Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 53 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der seit dem 17. März 2016 geltenden Fassung gemäß Art. 1 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016 (BGBl. I, S. 394). Nachfolgende Änderungen in den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes durch spätere Gesetze haben die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Regelungen nicht verändert.
37 
Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer ausgewiesen, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Ein Ermessen ist der Ausländerbehörde aufgrund des am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen gesetzlichen Systemwechsels im Ausweisungsrecht, hin zu einer gebundenen Entscheidung, nicht mehr eingeräumt (siehe etwa BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 23; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, juris Rn. 49 und Beschluss vom 11.04.2016 - 11 S 393/16 -, juris Rn. 19).
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Die in § 54 AufenthG fixierten Tatbestände erfüllen zwei Funktionen: Sie sind gesetzliche Umschreibungen spezieller öffentlicher Interessen an einer Ausweisung im Sinne von § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG und weisen diesen Ausweisungsinteressen zugleich ein besonderes Gewicht für die durch § 53 Abs. 1 Halbs. 2 und Abs. 3 AufenthG geforderte Abwägung zu. Ein Rückgriff auf die allgemeine Formulierung eines öffentlichen Ausweisungsinteresses in § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG ist deshalb entbehrlich, wenn der Tatbestand eines besonderen Ausweisungsinteresses nach § 54 AufenthG verwirklicht ist. Allerdings bedarf es auch bei Verwirklichung eines Tatbestandes nach § 54 AufenthG stets der Feststellung, dass die von dem Ausländer ausgehende Gefahr im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt fortbesteht (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 26).
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Hier erfüllt das Verhalten des Klägers das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (1). Vom Kläger geht nach wie vor eine außerordentlich hohe Gefahr einer erneuten Straffälligkeit im Bereich betrügerischer Vermögenskriminalität aus (2). Dem öffentlichen Ausweisungsinteresse stehen gewichtige Bleibeinteressen des Klägers und seiner Familie nach § 53 Abs. 1, § 55 AufenthG gegenüber (3). Die Abwägung zwischen dem öffentlichen Ausweisungsinteresse und dem Bleibeinteresse des Klägers und seiner Familie unter Berücksichtigung sämtlicher den Einzelfall prägender Umstände und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit führt zu dem Ergebnis, dass das Regierungspräsidium die Ausweisung des Klägers zu Recht verfügt hat (4.).
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1.) Nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG wiegt das Ausweisungsinteresse u.a. dann besonders schwer, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist. Ausreichend ist die Bildung einer Gesamtstrafe nach §§ 53 ff. StGB (Graßhof, in: BeckOK AuslR, AufenthG, § 54 Rn. 11 ). Der Kläger erfüllt aufgrund der seit 29. April 2015 rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht Stuttgart vom 25. November 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen Urkundenfälschung in sieben Fällen, hiervon in drei Fällen in Tateinheit mit Betrug und in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug diesen Tatbestand. Damit lag beim Kläger auch nach der im Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung vom 30. Januar 2016 und noch bis zum 16. März 2016 geltenden Fassung des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vor; dort war bei Verurteilung wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse typisiert worden. Unschädlich ist hierbei, dass die Einzelstrafen der jeweiligen Vorsatztaten der Gesamtfreiheitsstrafe jeweils unterhalb von zwei Jahren Freiheitsstrafe festgesetzt wurden. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG unterscheidet sich insoweit von § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 17.12 -, juris Rn. 12).
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2.) Die Gefahr, dass der Kläger erneut im Bereich der betrügerischen Vermögenskriminalität straffällig wird, ist außerordentlich hoch. Sie folgt aus dem entsprechenden strafrechtlichen Werdegang des Klägers, der sich seit mehr als einem Jahrzehnt unbeeindruckt von irgendwelchen straf- und ordnungsrechtlichen Sanktionen zeigt.
42 
a) Für die Beurteilung, ob nach dem Verhalten des Ausländers damit zu rechnen ist, dass er erneut die öffentliche Sicherung und Ordnung gefährdet, bedarf es einer Prognose, bei der der Grad der Wahrscheinlichkeit neuer Verfehlungen und Art und Ausmaß möglicher Schäden zu ermitteln und zu einander in Bezug zu setzen sind. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 18). Bei der insoweit zu treffenden Prognose sind nicht allein das Strafurteil und die diesem zugrunde liegende Straftat zu berücksichtigen, sondern alle Umstände des Einzelfalls einzustellen, wie etwa die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des Gerichts (BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 12; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., § 53 Rn. 28 m.w.N.). Diese Prognoseentscheidung obliegt dem die Ausweisung überprüfenden Gericht. Es gibt im konkreten Fall keine Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Umstände (wie etwa psychische Erkrankungen), die die Hinzuziehung eines Sachverständigen gebieten würden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.09.2015 - 1 B 39.15 -, juris Rn. 12 und vom 01.03.2016 - 1 B 30.16 -, juris Rn. 7).
43 
b) Nach den Feststellungen des Amtsgerichts Stuttgart im Urteil vom 4. November 2014 eröffnete der Kläger am 4. August 2012 mit dem falschen Namen R.-P. und weiteren falschen Personalien unter Vorlage eines gefälschten angolanischen Reisepasses ein Sparkonto bei einer Postbankfiliale der Postbank AG. Er wollte dieses Konto nutzen, um durch gefälschte Überweisungsträger Zahlungseingänge herbeizuführen und anschließend die Gelder unerkannt abheben zu können. Am 14. Januar 2013 eröffnete er bei drei verschiedenen Geldinstituten verschiedene Bankkonten, um diese für rechtswidrige Transaktionen zu nutzen und unerkannt eingehende Gelder abheben zu können. Dabei gab der Kläger, der hier unter dem Namen K. P. auftrat, (neue) falsche Personalien an und nutzte einen gefälschten französischen Reisepass. Für das an diesem Tag bei der Kreissparkasse L. eingerichtete Konto bekam der Kläger keine Kreditlinie eingeräumt und zahlte lediglich 5 Euro ein, weshalb es in der Folgezeit zu zahlreichen Lastschriftrückgaben kam. Bei der Filiale einer anderen Bank legte der Kläger außer dem gefälschten Pass auch gefälschte Gehaltsnachweise vor und im Vertrauen auf die Echtheit dieser Unterlagen erhielt er eine Kreditkarte zugesandt und ein Kreditkartenlimit in Höhe von 600 Euro eingeräumt. Dieses nutzend hob er am 2. Februar 2013 an einem Geldautomaten am ... Platz in Stuttgart 500 Euro und am 4. Februar 2013 an einem anderen Geldautomaten 80 Euro ab. Wie von ihm von vornherein beabsichtigt, glich er den negativen Saldo auch in der Folgezeit nicht aus. Im Rahmen eines Postident-Verfahrens eröffnete der Kläger ein Privat-Girokonto bei der Postbank AG und erhielt eine Kreditkarte. Mit dieser tätigte er am 13. Februar 2013 eine Zahlung in Höhe von 512,50 Euro und schädigte die Postbank insoweit. Zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 31. Juli und dem 4. August 2012 entwendete der Kläger zudem aus dem Briefkasten einer Filiale einer Bank mehrere Überweisungsträger, die die Kundin J. K. dort zuvor eingeworfen hatte, fertigte hiervon Kopien und warf die Originale anschließend zurück in den Briefkasten. Sodann veranlasste er am 7. August 2013 mittels einer mit den Kontodaten und der Unterschrift von J. K. versehenen Kopie eines Überweisungsträgers eine Überweisung an sich selbst unter Angabe des falschen Empfängernamens R.-P. in Höhe von 2.759,65 Euro. Nachdem J. K. diese unberechtigte Überweisung bemerkt hatte, gelang es der Bank, ihr den Betrag zurück zu überweisen. Am 5. Februar 2013 reichte der Kläger bei der Kreissparkasse E. einen Überweisungsträger für das dort geführte Konto des H. D. ein, welchen er zuvor mit einer von ihm nachgeahmten Unterschrift der Bevollmächtigten des H. D., der Tochter M. T., versehen hatte. Empfänger der Überweisung in Höhe von 6.800 Euro sollte er selbst unter Nutzung seines Kontos mit dem Alias-Personalien K. P. sein. Die Überweisung unterblieb, da die Bank Verdacht schöpfte. Unter dem 13. Februar 2013 reichte der Kläger einen Überweisungsträger mit einer gefälschten Unterschrift des Kontoinhabers A. R. bei der Kreissparkasse L. über 6.885,96 ein mit dem Ziel, dass ihm dieser Betrag auf das unter dem Namen K. P. auch bei dieser Bank geführten Konto überwiesen wird. Zur Ausführung der Überweisung kam es jedoch nicht, weil den Bankmitarbeitern eine Abweichung der Unterschrift aufgefallen war.
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Im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Stuttgart bestritt der Kläger diese Taten und trug vor, er habe weder mit den Eröffnungen der Konten noch mit den Überweisungen bzw. Abhebungen irgendetwas zu tun; er sei unschuldig (Protokoll des Amtsgerichts vom 04.11.2015, Strafakte 104 Ls 91 Ls 4507/13, Bl. 762 f.; Strafurteil Bl. 10). Das Amtsgericht war jedoch nach Durchführung der Beweisaufnahme, insbesondere der Auswertung der hinsichtlich des Abhebevorgangs am 2. Februar 2013 von der Überwachungskamera angefertigten Lichtbilder und der Analyse der Unterschriften durch eine Sachverständige, von der Täterschaft des Klägers überzeugt. Bei der Strafzumessung nahm das Amtsgericht bei sämtlichen Taten ein gewerbsmäßiges Handeln an, d.h. den Willen, sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen (Tiedemann, in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2012, § 263 Rn. 296). Es stellte zu Lasten des Klägers insbesondere darauf ab, dass er zumindest einen Teil der Taten als Bewährungsbrecher aus einer einschlägigen Verurteilung heraus begangen hatte, den Taten eine erhebliche kriminelle Energie zugrunde lag und zum Teil erhebliche Schäden eingetreten waren. Gegen das Urteil des Amtsgerichts legten sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Das Landeskriminalamt - Kriminaltechnisches Institut - erstellte unter dem 20. April 2015 ein Behördengutachten. Danach handelt es sich bei der Person auf den Täteraufnahmen am 2. Februar 2013 bei der Bank am ... Platz und bei dem Kläger nach den festgestellten optischen Übereinstimmungen wahrscheinlich um ein und dieselbe Person. In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Stuttgart am 29. April 2015 nahmen sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft die Berufung zurück.
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c) Eine weitere Grundlage für die Prognose des Senats ist der Umstand, dass der Kläger bereits vor der Verurteilung durch das Amtsgericht Stuttgart vom 24. November 2014 einschlägig vorbestraft war. Nachdem der Kläger in den Jahren 2000 und 2002 wegen Betrugsdelikten zu Geldstrafen verurteilt worden war, intensivierte er ab dem Jahre 2005 nach den Feststellungen des Landgerichts Stuttgart im Urteil vom 25. September 2007 seine „Karriere“ auf dem Gebiet der Vermögenskriminalität in Gestalt des Überweisungsbetrugs. Bei sämtlichen 53 Taten, die der Verurteilung vom 25. September 2007 zugrunde lagen und die sich in einem Zeitraum von etwa einem Jahr ereignet hatten, bejahte das Strafgericht ein gewerbsmäßiges Handeln des Klägers. Obwohl anlässlich einer Durchsuchung am 19. Januar 2007 beim Kläger Zettel mit Notizen sichergestellt worden waren, die Bezüge zu Begünstigten von Überweisungsbetrugstaten aufwiesen (Name, Kontodaten), die später unter dem 25. September 2007 abgeurteilt wurden, sowie Blanko-Überweisungsvordrucke einer Bank, bei der der Kläger kein Konto unterhielt, setzte er noch kurze Zeit danach, nämlich am 25. Januar und im Februar 2007, sein kriminelles Verhalten fort. So erstellte er jeweils mit Datum vom 10. Februar 2007 einen Überweisungsträger zu Lasten des Kontos des K. W. bei der Sparkasse P.-C. und zugunsten des Kontos B. H. bei der Postbank M. über einen Betrag von 7.987,09 Euro sowie einen Überweisungsträger zu Lasten des Kontos D. K. H. bei der Volksbank N. und zugunsten des Kontos des D. B. L. bei der Postbank M. in Höhe von 4.979,99 Euro. Ungeachtet dessen, dass ihm allein schon durch die Hausdurchsuchung bewusst gewesen sein musste, dass die Polizei ihn verdächtigte, bewirkte dies beim Kläger kein Unterlassen weiteren kriminellen Verhaltens. Auch die durch das Amtsgericht Stuttgart am 28. März 2007 angeordnete Untersuchungshaft und die daran anschließende Verbüßung der Strafhaft bis 18. November 2009 beeindruckten den Kläger offensichtlich in keiner Weise. Noch unter Bewährung nach § 57 StGB stehend und in Kenntnis der Inhalts des Duldungsvergleichs vom 21. Juli 2009 wurde der Kläger ab Ende Juli / Anfang August 2012 erneut auf dem Gebiet des Konto-bzw. Überweisungsbetrugs tätig.
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d) Es gibt keine Gründe, die den Senat daran hindern würden, für seine Prognose diese strafrechtlichen Verurteilungen zu verwerten. Der Kläger hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dahingehend geäußert, die Verurteilung 2014 sei zu Unrecht erfolgt. Seine Fingerabdrücke seien auf einer „Blanko-Überweisung“ gewesen, die er 2009 einem Bekannten gegeben habe. Die Polizei habe aus den Fingerabdrücken geschlossen, dass er es gewesen sei. Das sei aber falsch. Die Klamotten, die auf dem Lichtbild gewesen seien, habe er schon seit Jahren nicht mehr. Man habe Fotos von ihm aus dem Jahre 2005 verwendet. Jeder könne über einen Laptop alte Bilder einspielen. In der Verhandlung im Jahr 2014 sei erst ein Kripo-Beamter vernommen worden. Dieser habe gesagt, er gehöre einer Bande an, die von Stuttgart bis Köln aktiv sei. Er habe gesagt, er habe nichts damit zu tun. Es sei dann ausgehandelt worden, dass er die Berufung zurücknehme und er dafür ins „Freigängerheim“ komme.
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Aus den vom Senat beigezogenen Straf- bzw. Strafvollstreckungsakten ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich zu irgendeinem Zeitpunkt eine Verständigung nach § 257c StPO vorgelegen hätte oder eine sonstige Abrede getroffenen worden wäre. Für den Senat belegen diese Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vielmehr, dass er auch die Zeit in der erneuten Haft bislang nicht genutzt hat, um sich zu seinen Straftaten tatsächlich zu bekennen und sich mit diesen kritisch auseinanderzusetzen. So ist in diesem Zusammenhang im Übrigen auffällig, dass er in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart am 4. November 2014 angegeben hatte, er sei im Jahre 2007 zu Unrecht verurteilt worden (Protokoll des Amtsgerichts vom 04.11.2015, Strafakte 104 Ls 91 Ls 4507/13, Bl. 763, 766), obwohl er damals vor dem Landgericht - wenn auch im Wege einer pauschalen Verteidigererklärung - die Taten eingeräumt hatte. Das Landgericht Stuttgart hatte keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dieses Geständnis nicht der Wahrheit entsprechen würde, da es sich mit den Angaben der vernommenen Zeugen deckte (Strafurteil vom 25.09.2007, Bl. 11), und berücksichtigte dieses Geständnis im Rahmen der Strafzumessung erheblich strafmildernd (a.a.O., Bl. 12).
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Der Heranziehung der Straftaten, die Gegenstand einer älteren Verurteilung sind, steht auch nicht der Gedanke des Verbrauchs entgegen, weil diese Anlass eines früheren Ausweisungsverfahren gewesen sind, das mit einem gerichtlichen Vergleich vom 21. Juli 2009 beendet worden ist und infolge dessen der Kläger drei Jahre nach Haftentlassung wieder in den Besitz der Niederlassungserlaubnis gelangt ist.
49 
Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich anerkannt, dass Ausweisungsgründe bzw. nunmehr Ausweisungsinteressen in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und so lange entgegengehalten werden dürfen, als sie noch aktuell und nicht verbraucht sind und die Ausländerbehörde auf ihre Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent verzichtet hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297 <313> und vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114 <121 f.>). Aus der Ableitung dieser Kriterien aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes folgt jedoch, dass die Ausländerbehörde einen ihr zurechenbaren Vertrauenstatbestand geschaffen haben muss, aufgrund dessen der Ausländer annehmen kann, ihm werde ein bestimmtes Verhalten im Rahmen einer Ausweisung nicht entgegengehalten. Zudem muss ein hierauf gegründetes Vertrauen des Ausländers schützenswert sein (siehe insgesamt BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 39). Im vorliegenden Fall fehlt es jedenfalls an einem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers. (Geschäfts-)Grundlage des Vergleichs ist gewesen, dass der damals in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertretene Kläger sich drei Jahre lang nach Haftentlassung keine vorsätzliche Straftat zu Schulde kommen lässt. Hieran hat sich der Kläger aber offensichtlich nicht gehalten.
50 
e) Der Kläger ist im Rahmen seines strafrechtlichen Verhaltens stets ideenreich, organisiert und planvoll vorgegangen. Was ihn letztlich zu den Straftaten bewegt hat, hat er nicht offenbart. Es gibt keine erkennbaren tatsächlichen Änderungen in seinen Lebensverhältnissen, die den Schluss nahelegen würden, dass sich trotz immer wieder aufgetretenen Urkundenfälschungen und Betrugshandlungen im Zusammenhang mit Kontoeröffnungen, Überweisungen oder sonstigen Verfügungen über Konten solches in Zukunft nicht mehr ereignen würde. Der Kläger verfügt nach wie vor nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung und in der Vergangenheit haben sich Zeiten von Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit abgewechselt (vgl. hierzu auch die vom Kläger mit Schriftsatz vom 27.07.2016 vorgelegten Unterlagen). Nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht sondern auch mit Blick auf die persönliche Situation des Klägers lassen sich keine belastbaren stabilisierenden Faktoren erkennen. Er ist bei Begehung der mit Strafbefehl vom 25. Februar 2002 abgeurteilten vier Fälle des Überweisungsbetrugs alleinstehend gewesen. Bei Beginn der Serie von Straftaten, die dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2007 zugrunde liegen, hat bereits eine familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner heutigen Partnerin und zwei in den Jahren 2003 und 2005 geborenen Töchtern bestanden. Die Straftaten ab Sommer 2012 sind zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem der familiären Lebensgemeinschaft eine weitere Tochter angehört hat. Dass seine drei Töchter und Lebenspartnerin der entscheidende Antrieb wären, „künftig nichts mehr anzustellen“ (vgl. seine Angaben in der mündlichen Verhandlung), lässt sich nicht objektivieren.
51 
Der Kläger zeichnet sich bislang vor allem durch eine fehlende Einsicht und Aufarbeitung seines strafrechtlichen Verhaltens aus. Er hat sich mit seinen Straftaten bis heute nicht ernsthaft auseinandergesetzt. Die gilt insbesondere auch für seine letzte Verurteilung, deren Richtigkeit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestritten hat. Dies belegt zudem sein Agieren in der Justizvollzugsanstalt. So hat die Justizvollzugsanstalt Ulm am 9. Juli 2015 in einem Vermerk über das Erstgespräch unter anderem festgehalten, der Kläger habe sich eher zurückhaltend und wortkarg verhalten. Zu den Taten befragt, habe er kaum Angaben gemacht. Er streite seine Tatbeteiligung wie bereits vor Gericht ab. Die an ihn gerichteten Fragen habe er kurz und knapp beantwortet, eine kritische Auseinandersetzung mit seinem Fehlverhalten habe bislang wohl eher noch nicht stattgefunden. Das weitere Vollzugsverhalten bleibe abzuwarten. Anhaltspunkte für eine psychische Problematik bzw. eine psychologische/psychotherapeutische Indikation wurden nicht festgestellt. In einem Führungsbericht vom 10. November 2015 führte die Justizvollzugsanstalt wiederum aus, zu seinen Taten befragt habe der Kläger im Anamnesegespräch kaum Angaben gemacht. Er streite im Wesentlichen seine Tatbeteiligung wie bereits vor Gericht ab. Aus einer Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Ulm vom 16. Juni 2016, die zum erfolglosen Antrag des Klägers vom 28. Mai 2016 auf Aussetzung der Vollstreckung der mit Urteil des Amtsgerichts Stuttgart verhängten Gesamtfreiheitsstrafe nach Verbüßung der Hälfte zur Bewährung erstellt worden ist, heißt es unter anderem, der Kläger sei kein Erstverbüßer und Bewährungsbrecher; eine Einsicht in sein Fehlverhalten sei bei ihm nicht zu erkennen. Aus dem Vollzugsbericht der Justizvollzugsanstalt H. vom 1. Februar 2017 ergibt sich nichts Gegenteiliges. Eine bewährungsweise Entlassung wurde seitens der Justizvollzugsanstalt H. auch für den Antrag des Klägers vom 7. November 2016 auf Strafaussetzung zur Bewährung nach Verbüßung von Zweidritteln der Strafe nicht befürwortet.
52 
Soweit sich der Kläger selbst zu seinem strafrechtlichen Werdegang äußert, sind die Angaben pauschal und blenden die Tragweite der eigenen Verantwortung, Hintergründe und Folgen für die Opfer der Straftaten aus. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt, er wolle sich zunächst für alles, was passiert sei, entschuldigen. Er leide selbst schon. Er wolle sich nunmehr um seine Familie kümmern und seinen Kindern ein guter Vater sein. Er bereue seine Taten sehr und merke, wie seine Familie leide. Seine Straftaten seien Dummheiten gewesen. Er wisse auch nicht, wie es dazu gekommen sei. Er hätte nur Leuten helfen wollen. Er sei zwar als Einzeltäter verurteilt worden, tatsächlich hätten aber mehrere gehandelt. Er habe die Taten nicht so richtig begangen, sondern nur anderen Leuten geholfen und das Helfen sei etwas anderes. Mit den Leuten stehe er aktuell nicht in Kontakt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beklagte er vor allem die Situation seiner Töchter, die mit seiner Inhaftierung leben müssten, ohne sich jedoch zu seinem eigenen Fehlverhalten zu bekennen. Dass es dem Kläger an einem kritischen Umgang mit sich selbst mangelt, ist auch daran zu erkennen, dass er den Grund für seine Verlegung von der Justizvollzugsanstalt Ulm mit einer offenen Vollzugsform in den geschlossenen Vollzugs der Justizvollzugsanstalt H. allein bei anderen sieht.
53 
Auch die Haltung der Staatsanwaltschaft Stuttgart und der Strafvollstreckungskammer anlässlich des Antrags des Klägers auf Aussetzung des Strafrestes nach zwei Drittel verdeutlichen das Fortbestehen der vom Kläger ausgehenden Gefahr. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ist diesem Antrag unter Hinweis unter anderem auf die mehrfach einschlägigen Vorstrafen, den Bewährungsbruch und die hohe kriminelle Energie entgegen getreten. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Anhörung vor der Strafvollstreckungskammer am 9. Februar 2017 hat der Kläger erklärt, dies sei seine letzte Straffälligkeit, er habe eine Familie mit drei Kindern, er habe draußen als Lagerfachkraft bei der Firma F. seine Arbeit gemacht. Dort möchte er nach der Haftentlassung wieder arbeiten. Eine konkrete Arbeitszusage habe er nicht. Die Strafvollstreckungskammer hat dem Protokoll zufolge erläutert, dass nach derzeitiger Einschätzung keine Strafaussetzung zur Bewährung in Betracht komme, insbesondere im Hinblick auf die einschlägigen und mehrfachen Vorstrafen und die letzte Haftverbüßung, die ihn nicht davon abgehalten habe, erneut straffällig zu werden. Am 14. Februar 2017 hat der Kläger seinen Antrag auf Aussetzung des Strafrests zurückgenommen.
54 
Die Tatsache, dass der Strafvollzug des Klägers entsprechend den Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt H. beanstandungsfrei verläuft, relativiert die Gefahrenprognose nicht. Der Kläger hatte auch in der Vergangenheit immer wieder längere Zeiten - auch in Freiheit - , in denen er nicht aufgefallen, jedoch dann erneut in unverändert kriminelle Verhaltensmuster zurückgefallen ist.
55 
3.) Dem öffentlichen Ausweisungsinteresse stehen besonders schwerwiegende Bleibeinteressen des Klägers und seiner Familie gegenüber. Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG sind mit Blick auf die in der Vergangenheit geführte und nach Haftentlassung geplante Fortsetzung der familiären Lebensgemeinschaft mit den drei deutschen minderjährigen Kindern, für die er auch das Personensorgerecht wahrnimmt, gegeben. Zudem hat der Kläger - im Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung - eine Niederlassungserlaubnis besessen und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Die auf der Grundlage des gerichtlichen Vergleichs vom 21. Juli 2009 erfolgte Aufhebung der Ausweisung unter dem 6. Dezember 2012 und Erteilung der Niederlassungserlaubnis unter Hinweis auf § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG führen dazu, dass die Voraussetzungen auch nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegen. Da die Regelung allein auf den tatsächlichen Besitz der Niederlassungserlaubnis abstellt, kommt es hier nicht darauf an, dass der Kläger noch unter der Geltung der „Bewährungszeit“ des Duldungsvergleichs von drei Jahren ab der Haftentlassung - bis 18. November 2009 war er inhaftiert - ab Ende Juli / Anfang August 2012 erneut einschlägig straffällig geworden und damit die Grundlage und die Intention des Vergleichs letztlich unterlaufen hat. Die Bewertung eines solchen Sachverhalts erfolgt nach der Konzeption des Gesetzes ggfs. im Rahmen der Gesamtabwägung.
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4.) Das öffentliche Interesse an der Ausreise des Klägers überwiegt die Interessen an seinem weiteren Verbleib im Bundesgebiet deutlich.
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§ 53 Abs. 1 AufenthG verlangt für eine Ausweisung ein Überwiegen des Interesses an der Ausreise, das unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung festzustellen ist, wobei in die hierbei vorzunehmende Abwägung des Interesses an der Ausreise mit dem Bleibeinteresse die in § 53 Abs. 2 AufenthG niedergelegten Umstände in wertender Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind. Diese sind, nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Ausländers, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner, sowie - in der seit dem 17. März 2016 geltenden Fassung - die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, wobei die in Absatz 2 aufgezählten Umstände weder abschließend zu verstehen sind, noch nur zu Gunsten des Ausländers ausfallen müssen. Zudem sind stets die grund- und konventionsrechtliche Stellung des Ausländers und seiner Familie und die sich daraus ergebenden Gewichtungen in den Blick zu nehmen. Umstände im Sinne des § 53 Abs. 2 AufenthG prägen den Einzelfall insoweit, als sie über die den vertypten Interessen zugrunde liegenden Wertungen hinausgehen, diese unterschreiten oder ihnen entgegenstehen. Insbesondere ist hier der Frage nachzugehen, ob und in welchem Maße die konkreten Umstände des Einzelfalles signifikant von vertypten gesetzlichen Wertungen abweichen. Sind im konkreten Fall keine Gründe von erheblichem Gewicht - etwa auch solche rechtlicher Art - ersichtlich, die den gesetzlichen Wertungen der §§ 54, 55 AufenthG entgegenstehen, wird regelmäßig kein Anlass bestehen, diese Wertungen einzelfallbezogen zu korrigieren. Eine schematische und alleine den gesetzlichen Typisierungen und Gewichtungen verhaftete Betrachtungsweise, die einer umfassenden Bewertung der den Fall prägenden Umstände, jeweils entsprechend deren konkreten Gewicht, zuwiderlaufen würde, verbietet sich ebenso (BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, NVwZ 2007, 946) wie eine „mathematische“ Abwägung im Sinne eines bloßen Abzählens von Umständen, die das Ausweisungsinteresse einerseits und das Bleibeinteresse andererseits begründen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 - juris Rn. 141 ff.; Beschluss vom 11.04.2016 - 11 S 393/16 -, juris Rn. 29 ff.; OVG NRW, Urteil vom 10.05.2016 - 18 A 610/14 -, juris Rn. 76 f.). Bei der erforderlichen Gesamtabwägung sind zur Sicherung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung zudem ergänzend die vom Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Rahmen seiner Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK hierzu entwickelten Kriterien heranzuziehen (vgl. zu den sog. „Boultif-Üner-Kriterien“ insbesondere EGMR, Urteile vom 18.10.2006 - 46410/99 <Üner> -, NVwZ 2007, 1279 und vom 02.08.2001 - 54273/00 -, InfAuslR 2001, 476 -; ausführlich auch: Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl., 2016, Vorb §§ 53-56 AufenthG, Rn. 95 ff. und Mayer, VerwArch 2010, 482 <530 ff.>, m.w.N.)
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Hiervon ausgehend ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er seit 1990 seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hat und über einen langjährigen und legalen Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt. Er hat zwar keinen im Bundesgebiet allgemein anerkannten Bildungs- bzw. Berufsabschluss, er ist hier jedoch immer wieder erwerbstätig gewesen und hat nach seinen Angaben nach seiner Haftentlassung Aussicht auf einen Arbeitsplatz. Er hat Möglichkeiten genutzt, sich Fähigkeiten anzueignen, mit denen bessere berufliche Perspektiven verbunden sein können, wie die Qualifizierung zur Lagerfachkraft im Jahre 2000 oder der Erwerb von Kenntnissen im Bereich Microsoft Excel 2000. Der Kläger spricht - wovon sich der Senat anlässlich der mündlichen Verhandlung hat überzeugen können - ein alltagstaugliches Deutsch.
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Von besonderer Bedeutung sind die familiären Bindungen. Der Kläger hat in Deutschland eine Familie gegründet. Wie insbesondere aus seinen Erklärungen in der Berufsverhandlung deutlich geworden ist, ist sein Verhältnis zu seinen drei deutschen Töchter, die den Kindergarten bzw. die weiterführende Schule besuchen, von einer wechselseitig innigen emotionalen Beziehung geprägt. Er nimmt - selbst unter den erschwerten Bedingungen des geschlossenen Vollzugs - aktiv am Leben der Kinder teil und hat in der mündlichen Verhandlung insbesondere von den musikalischen Talenten der beiden größeren Töchtern näher berichtet. Seine Lebensgefährtin schöpft mit den Kindern die in der Vollzugsanstalt zulässigen Besuche aus. Der Kläger nutzt mit seinen Töchtern zudem mittlerweile das Vater-Kind-Projekt der Justizvollzugsanstalt, welches ihnen ermöglicht, mehr Zeit als bei einem Regelbesuch üblich miteinander zu verbringen. Nicht nur die drei am 16. Dezember 2003, 7. Oktober 2005 und 27. Dezember 2011 geborenen Töchter, die sich aufgrund ihres Alters in unterschiedlichen Entwicklungsstufen befinden, haben ein außerordentlich hohes Interesse daran, dass ihr Vater im Bundegebiet verbleibt; dies gilt mit Blick auf die familiäre Lebensgemeinschaft gleichermaßen für die Lebensgefährtin und den Kläger selbst. Ihm kommt das Recht und die Aufgabe zu, als Vater für seine Kinder - auch emotional - zu sorgen. Seine Ausweisung - zumal sie zu seiner Trennung von den übrigen Familienmitgliedern führt - ist vor diesem Hintergrund ein erheblicher Eingriff in das auch durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.
60 
Zu Lasten des Klägers ist die Schwere der begangenen Straftaten, deren Aburteilung zum Entstehen des Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG geführt hat, zu berücksichtigen. Neben der bereits oben festgestellten außerordentlich hohen Wiederholungsgefahr betrügerischer Vermögenskriminalität, fällt auch seine fehlende Bereitschaft bzw. Fähigkeit zur Rechtstreue ins Gewicht. Die Anzahl der Einträge im Zentralregister sprechen für sich.
61 
Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers haben die öffentlichen Interessen an einer Ausreise im Hinblick auf die drei deutschen Kinder nicht deshalb zurückzutreten, weil dieser keine Gewaltdelikte begangen hat, die sich gegen elementare Rechtsgüter wie Leib und Leben richten, sondern sich seine Verfehlungen primär auf dem Gebiet des Vermögensstrafrechts ereignet haben. Die Gesamtabwägung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes führt hier vielmehr auch unter Berücksichtigung des sehr hohen Gewichts der familiären Bindungen zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung.
62 
Bei den vom Kläger begangenen Straftaten handelt es sich um gewerbsmäßig begangene Betrugsdelikte in erheblicher Anzahl, überwiegend in Gestalt des Überweisungsbetrugs, die teilweise von Urkundenfälschungen begleitet worden sind. Der Kläger ist - wenn auch immer wieder mit „Pausen“ - seit dem Jahre 2001 auf diesem Gebiet „aktiv“. Es ist nicht ersichtlich, dass er sich aus für sein Leben atypischen Situationen, etwa einer einmalig erlebten finanziellen Bedrängnis, zu solchen Taten hat hinreißen lassen. Vielmehr drängt sich der Schluss auf, dass er der geltenden (Strafrechts-)Ordnung ungeachtet seines langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet einfach keine Bedeutung beimisst, sondern allein so agiert, wie es ihm in den Sinn kommt und hierbei bereit ist, zum eigenen Vorteil und zur Verschaffung einer regelmäßigen Einnahmequelle anderen Menschen erheblichen finanziellen Schaden zuzufügen. Zu den Konten, die der Kläger „anzapfte“ oder „anzapfen“ wollte, gehören solche von Privatpersonen, von Firmen oder von Vereinen, wobei die Beträge, die in den Überweisungsträgern ausgewiesen waren, durchaus nicht unerheblich waren. Exemplarisch verdeutlichen dies die Taten Nr. 6 und 7, die durch das Amtsgericht Stuttgart unter dem 25. November 2014 abgeurteilt wurden, mit Überweisungsbeträgen von 6.800 Euro bzw. 6.885,96 Euro, und die Taten Nr. 14 und Nr. 38 im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2007, bei denen es um 9.787,97 Euro (zu Lasten eines Vereins) bzw. 45.767,07 Euro (zu Lasten einer Schreinerei) handelte. Die Handlungen des Klägers waren allein bei den Straftaten, die Gegenstand der landgerichtlichen Verurteilung waren, auf ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen in Höhe von nahezu 459.000 Euro gerichtet. Bei seinen Taten ging der Kläger unter Benutzung verschiedener falscher Identitäten und unterschiedlicher Konten sehr professionell vor. Eine besondere Brisanz erhält die kriminelle Laufbahn des Klägers auch dadurch, dass er nicht allein und teilweise zudem grenzüberschreitend agiert hat (vgl. hierzu die Feststellungen im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2009 unter II.), aber auch insoweit bis heute „keinen reinen Tisch gemacht hat“. Dass bei etlichen Taten eine Schädigung der tatsächlichen Kontoinhaber bzw. der Geldinstitute letztlich vermieden und der Kläger durch die Polizei gefasst werden konnte, beruht allein darauf, dass andere Menschen aufgepasst bzw. interne und externe Kontrollsysteme funktioniert haben. Solche Zufälligkeiten entlasten den Kläger aber nicht. Bezeichnender Weise hat er im Übrigen immer wieder selbst festgestellt, dass Überweisungen durch die Bank nicht ausgeführt worden sind. Das hat ihn aber gerade nicht abgeschreckt. Mit den kriminellen Handlungen fuhr er unverändert fort.
63 
Die vom Kläger ausgehende außerordentlich hohe Wiederholungsgefahr (siehe oben I.2.) von betrügerischen Aktionen im Bereich des bargeldlosen Transfers von Geldern unter Einschaltung einer Bank, auf dessen Funktionieren und korrekte Abwicklung der Einzelne, aber auch letztlich ein Wirtschaftssystem angewiesen sind, rechtfertigt die durch die Ausweisung herbeigeführte Trennung von seinen Familienmitgliedern (zur Bedeutung der Gefahrenprognose im Rahmen der Gesamtabwägung unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit siehe Funke-Kaiser, Fragen des novellierten Aufenthaltsrechts, in: Dokumentation, 18. Deutscher Verwaltungsgerichtstag, Hamburg 2016, S. 221, 235).
64 
Die minderjährigen deutschen Töchter des Klägers sind faktisch nicht gezwungen den Kläger zu begleiten, sondern können weiter im Bundesgebiet leben. Da ihre Mutter über einen in der Vergangenheit stets verlängerten und aktuell bis 12. Januar 2019 gültigen Aufenthaltstitel nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG verfügt, ist gewährleistet, dass ein erziehungsberechtigter drittstaatsangehöriger Elternteil im Bundesgebiet verbleibt, weshalb die Kinder nicht das Unionsgebiet als Ganzes verlassen müssen (vgl. zu diesen Aspekten EuGH, Urteil vom 13.09.2016 - C-304/14 - CS, Rn. 24 ff.; u.a. in Anknüpfung an das Urteil vom 08.03.2011 - C-34/09 - Ruiz Zambrano; siehe schon VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, juris Rn. 34). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die gravierende Gefahr neuer Straftaten des Klägers hingenommen werden müsste, weil sein Verbleib für die Kinder bzw. das Kindeswohl von überragender, ggf. existenzieller Bedeutung wäre. Das Leben der Töchter ist durch die Inhaftierung des Klägers davon geprägt, dass sie ihren Vater im Alltag schon seit längerer Zeit nicht um sich haben. Die beiden älteren Töchter haben diese Erfahrungen auch schon zuvor ab dem Jahre 2007 gemacht. Zwar ist die Aufrechterhaltung von familiären Beziehungen und Kontakten bei einem Aufenthalt des Klägers in Angola gegenüber der derzeitigen Situation deutlich erschwert, unmöglich ist dies jedoch auch mit Blick auf das Alter der Töchter nicht. Hinzu kommt, dass durch die Befristung der Wirkungen des mit der Ausweisung verbundenen Einreise- und Aufenthaltsverbots (siehe nachfolgend II.) und der Möglichkeit für den Kläger, danach zu seinen deutschen Kindern zurückzukehren, die Trennung perspektivisch begrenzt ist. Da der Kläger bis zum Alter von etwa 17 Jahren in Angola gelebt und aktuell auch noch portugiesisch beherrscht, steht zu erwarten, dass er sich dort zurecht finden wird - zumal er im Jahre 2005 im Rahmen der Vorbereitungen auf die Fußball-WM zu Besuch in Angola gewesen ist und seine Partnerin, die im April 2002 in das Bundesgebiet eingereist ist, ebenfalls aus Angola stammt. Nach dem Vermerk der Justizvollzugsanstalt Ulm vom 9. Juli 2015 zum Erstgespräch mit dem Kläger leben zudem zwei jüngere Schwestern von ihm in Angola.
II.)
65 
Dem Kläger steht die hilfsweise begehrte Verpflichtung des Beklagten, unter Aufhebung der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu entscheiden, nicht zu.
66 
1.) Der Kläger hat eine - logisch vorrangige - (hilfsweise) Verpflichtung des Beklagten über die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, nicht beantragt. Für einen solchen Antrag gibt es auch keine Veranlassung. Der Beklagte hat in der angefochtenen Verfügung hierzu keine Entscheidung getroffen; dies ist nicht zu beanstanden.
67 
Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG kann das Einreise- und Aufenthaltsverbot zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist nach Absatz 2 verkürzt werden. Aus den vorstehenden Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung unter I. ergibt sich jedoch, dass die vom Kläger ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, deren Abwehr das Einreise- und Aufenthaltsverbot dient, fortbesteht und das öffentliche Interesse an der Ausreise schutzwürdige Belange des Ausländers überwiegt. Erweist sich eine Ausweisung als rechtmäßig, ist es nach den hierfür notwendigen Voraussetzungen ausgeschlossen, dass zum gleichen Zeitpunkt, der für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Ausweisung maßgeblich ist, Anlass für die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu diesem Zeitpunkt bestehen könnte. Würde sich eine Ausweisung hingegen als rechtswidrig erweisen, beispielsweise wegen einer nach Erlass der Verfügung eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage, wäre sie mit Wirkung ex tunc aufzuheben (BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 21 ff.), so dass ebenfalls kein Raum für eine Entscheidung nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG wäre. Soweit das Bundesverwaltungsgericht der Auffassung ist, dass seit der zum 1. August 2015 in Kraft getretenen gesetzlichen Neuordnung der Regelungen zur Beseitigung der Wirkungen einer Ausweisung die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots einer eigenständigen, von der Befristung zu trennenden Entscheidung bedarf, die von der Ausländerbehörde nicht nur nachträglich, sondern zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers auch schon zusammen mit der Ausweisung getroffen werden kann (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 15), hatte für die Ausländerbehörde im vorliegenden Fall kein Grund für eine solche Ermessensentscheidung bestanden. Im Übrigen liegt der Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots - anders als der Befristung - keine Prognose zugrunde, so dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen.
68 
2.) Die Ausländerbehörde hat bei der Befristung des mit einer Ausweisung verbundenen gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots seit Inkrafttreten des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 über die Länge der Frist nach Ermessen zu entscheiden (BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 19 ff. und - 1 C 3.16 -, Rn. 65 f.). Der Senat hält an seiner bislang vertretenen Auffassung, wonach es sich hierbei trotz des Wortlauts um eine gebundene Entscheidung handelt (grundlegend Senatsurteil vom 09.12.2015 - 11 S 1857/15 -, juris), aus Gründen der Rechtseinheit nicht mehr fest.
69 
Dem Bundesverwaltungsgericht zufolge ändert das Erfordernis einer Ermessensentscheidung nichts am behördlichen Prüfprogramm, wie es von diesem im Urteil vom 10. Juli 2012 (1 C 19.11 -, juris Rn. 42) entwickelt worden ist (vgl. auch schon BVerwG, Urteil vom 14.02. 2012 - 1 C 7.11 -, juris Rn. 28 f.). Die Ausländerbehörde muss bei der allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzenden Frist das Gewicht des Ausweisungsinteresses und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck berücksichtigen. Hierzu bedarf es in einem ersten Schritt der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das seiner Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die auf diese Weise an der Erreichung des Ausweisungszwecks ermittelte Höchstfrist muss von der Behörde in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den unions- und konventionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 7 GRC und Art. 8 EMRK, gemessen und ggf. relativiert werden. Dabei sind von der Ausländerbehörde nicht nur die nach § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG schutzwürdigen Bleibeinteressen des Ausländers in den Blick zu nehmen, sondern bedarf es nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles einer umfassenden Abwägung aller betroffenen Belange (BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 23 ff. und - 1 C 3.16 -, Rn. 66).
70 
Das Regierungspräsidium hat im Rahmen seiner Ermessensentscheidung unter Zugrundelegung der Kriterien des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. im Einzelnen Bl. 17 ff. der Verfügung) das Einreise- und Aufenthaltsverbot anhand einer zweistufigen Prüfung auf fünf Jahre nach Ausreise oder Abschiebung befristet. Das Verwaltungsgericht hat - allerdings unter Bezugnahme auf das Urteil des erkennenden Senats vom 9. Dezember 2015 und damit unter Zugrundelegung der bisherigen Auffassung des Senats zum gebundenen Charakter der Befristungsentscheidung - in seinem Urteil die vom Beklagten festgesetzte Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots mit Blick auf die familiären Belange insoweit aufgehoben, als die Frist in Ziffer 4 des Bescheids vom 30. Januar 2016 drei Jahre und sechs Monate übersteigt. Der Beklagte hat hiergegen kein (Anschluss-) Rechtsmittel eingelegt. Dass diese für den Beklagten verbindliche Länge der Sperrfrist von drei Jahre und sechs Monaten, die unterhalb der Fünf-Jahres-Frist nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG liegt, zu Lasten des Klägers im Ergebnis fehlerhaft wäre, ist mit Blick auf die von ihm ausgehende Gefährlichkeit (siehe oben u.a. I. 2.) nicht ersichtlich; es ergeben sich ferner keine Anhaltspunkte dafür, aufgrund der bereits oben unter I. dargestellten familiären Situation und weiterer individueller Belange könnte eine noch kürzere Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots im Raum stehen. Es sind insbesondere auch nach Erlass der Verfügung keine weiteren Änderungen tatsächlicher Art eingetreten, die zu Gunsten des Klägers wirken und Anlass für neue bzw. ergänzende Ermessenserwägungen bei dem Beklagten sein könnten.
71 
Dass der Beklagte das durch eine Abschiebung eintretende Einreise- und Aufenthaltsverbot hinsichtlich der Länge gleichlaufend mit den Folgen der Ausweisung im Sinne einer einheitlichen Regelung ausgestaltet hat, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
72 
Im Übrigen bleibt es dem Kläger unbenommen, einen Antrag auf Verkürzung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu stellen, wenn sich die Gefährdungssituation günstiger als erwartet entwickeln sollte oder neue persönliche bzw. familiäre Umstände eine andere, günstigere Entscheidung angezeigt erscheinen ließen.
III.)
73 
Die Klage gegen die Abschiebungsandrohung bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
74 
Ziffer 3 der Verfügung vom 30. Januar 2016 ist unter Berücksichtigung der Begründung im angefochtenen Bescheid dahingehend auszulegen, dass für den Fall der Entlassung aus der Haft der Kläger aufgefordert wird, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bestandskraft der Ausweisung zu verlassen und ihm für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise innerhalb dieser Frist die Abschiebung nach Angola angedroht wird. Entsprechendes soll gelten, falls - was aber nicht geschehen ist - der Sofortvollzug angeordnet wird. Die Frist von einem Monat ist auszulegen als 31 Tage (BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 -, juris Rn. 44). Für den Fall, dass sich der Kläger bei Bestandskraft der Ausweisung (oder deren sofortiger Vollziehbarkeit) noch in Haft befindet, wird ihm mit Ziffer 2 der Verfügung die Abschiebung ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht, wobei die unterbliebene Fristsetzung nach der Begründung des Bescheids allein auf § 59 Abs. 5 AufenthG beruht.
75 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine Abschiebung nach Angola nicht deshalb unzulässig, weil er im Jahre 1990 unter Berufung auf den drohenden Einsatz als Kindersoldat aus Angola geflohen ist (1.). Soweit dem Kläger, der sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung mit voraussichtlichem Strafende 31. Dezember 2017 in Strafhaft befindet, die Abschiebung aus der Haft ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht wird (§ 59 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG), ist dies nicht zu beanstanden; dies steht insbesondere mit der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) - RFRL - in Einklang (2.)
76 
1.) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Angola unzulässiger Zielstaat einer Abschiebung des Klägers mit der Folge der Einschränkung der Abschiebungsandrohung nach § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist. Soweit er ausführt, er sei im Alter von 17 Jahren vor der zwangsweisen Einsetzung als Kindersoldat für den damaligen Diktator geflohen und bei einer Rückkehr nach Angola bestehe für ihn eine Gefahr für Leib und Leben, ist damit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nicht schlüssig vorgetragen, denn der Kläger hielt sich nach eigenen Angaben etwa 15 Jahre nach seiner Flucht im Jahre 2005 ohne Probleme in Angola auf. Im Übrigen steht bereits der negative Ausgang des Asylverfahrens einer Berufung auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote entgegen (§ 42 AsylG).
77 
2.) Die Androhung der Abschiebung aus der Haft ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise entspricht den Bestimmungen des nationalen Aufenthaltsrechts (a). Dass dem Kläger nicht die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise eingeräumt worden ist, steht mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang (b). Dies beruht allerdings nicht auf einer „Opt-Out“-Entscheidung des Gesetzgebers auf der Grundlage des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL (aa), sondern basiert auf der vom Kläger ausgehenden Gefahr, die auch ein Unterbleiben der Gewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise nach Art. 7 Abs. 4 RFRL trägt (bb).
78 
a) Nach § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG bedarf es in den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG, d.h. unter anderem dann, wenn der Ausländer sich - wie hier - auf richterliche Anordnung in Haft befindet, keiner Setzung einer Ausreisefrist. Nach nationalem Recht dient eine Ausreisefrist dazu, eine Abschiebung durch eine freiwillige Ausreise vermeiden zu können. Sie bezweckt ferner dem Ausländer zu ermöglichen, seine Lebensverhältnisse in Deutschland abwickeln und ggfs. ein Rechtsschutzverfahren betreiben zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.12.1997 - 1 C 14.96 -, juris Rn. 15; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 AufenthG Rn. 105, 147 ). Ausgehend hiervon wird § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG als ein - gegenüber § 59 Abs. 1 Satz 2 AufenthG - spezieller Fall angesehen, in dem die Setzung einer Ausreisefrist entbehrlich ist, weil im Falle der Abschiebung aus der Haft ohnehin keine freiwillige Ausreise möglich ist (so BayVGH, Beschluss vom 12.12.2016 - 10 C 16.2176 -, juris Rn. 8). Mit der Regelung in § 59 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Abschiebung mindestens eine Woche vorher angekündigt werden soll, wird der Ausländer in Haftfällen in die Lage versetzt, sich auf das Verlassen des Landes vorzubereiten und ggfs. entsprechende Maßnahmen zu treffen (Hocks, in: Hofmann, AuslR, 2. Aufl., 2016, § 59 AufenthG Rn. 17). Eine solche Konkretisierung des Zeitpunkts der Abschiebung ist im vorliegenden Fall noch nicht erfolgt. Zwar beabsichtigt der Beklagte ausweislich des Hinweises in der Verfügung vom 30. Januar 2016, den Kläger zum Zeitpunkt der Haftentlassung auf der Grundlage der Entscheidung nach § 456a StPO abzuschieben. Eine derartige Entscheidung liegt ausweislich der beigezogenen Akten aber bislang nicht vor.
79 
Nach § 456a StPO kann die Strafvollstreckungsbehörde von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, einer Ersatzfreiheitsstrafe oder einer Maßregel der Besserung oder Sicherung unter anderem dann absehen, wenn der Verurteilte aus dem Geltungsbereich des Gesetzes abgeschoben wird. Die Regelung setzt aber voraus, dass diese Maßnahme, d.h. die Abschiebung, bereits bestandskräftig angedroht worden (Schmitt, in: Meyer/Großner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., 2016, § 456a Rn. 3; Appl, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., 2008, § 456a Rn. 3) oder diese zumindest vollziehbar ist und demnächst durchgeführt wird (Klein, in: Graf, StPO, 2010, § 456a Rn. 3). Wann die Staatsanwaltschaft ggfs. von einer weiteren Vollstreckung absieht, ist im vorliegenden Fall ungewiss.
80 
b) Dass dem Kläger auf der Grundlage des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise nicht eingeräumt wird, steht im vorliegenden Fall mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang.
81 
Das Ziel der Richtlinie 2008/115 ist - wie sich aus ihren Erwägungsgründen 2 und 11 ergibt - die Festlegung einer wirksamen Rückkehr- und Rücknahmepolitik, die auf gemeinsamen Normen und rechtlichen Garantien beruht, die gewährleisten, dass die betreffenden Personen unter vollständiger Achtung der Grundrechte auf menschenwürdige Weise zurückgeführt werden (EuGH, Urteil vom 05.06.2014 - C-146/14 PPU - Mahdi - Rn. 38). Die Richtlinie ist von ihrem Zweck her sowohl ein Rückkehrinstrument als auch ein Menschen- bzw. Grundrechteinstrument, die den Mitgliedstaaten aber nicht unbedeutende Gestaltungsspielräume belässt (näher Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 136 ff.).
82 
aa) § 59 Abs. 5 AufenthG mit der normativen Folge des Unterbleibens einer Frist zur freiwilligen Ausreise ist nicht bereits deshalb mit Unionsrecht in Einklang zu bringen, weil die Bundesrepublik insoweit vom „Opt-Out“ nach Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch gemacht hätte.
83 
Nach dieser Bestimmung können die Mitgliedstaaten beschließen, diese Richtlinie nicht auf Drittstaatsangehörige anzuwenden, die nach einzelstaatlichem Recht aufgrund einer strafrechtlichen Sanktion oder infolge einer strafrechtlichen Sanktion rückkehrpflichtig sind oder gegen die ein Auslieferungsverfahren anhängig ist. Zwar könnte der Wortlaut „infolge“ durchaus daraufhin deuten, dass auch Rückkehrentscheidungen, die im Verwaltungswege erlassen werden, letztlich aber an eine strafrechtliche Verurteilung anknüpfen, unter diese Regelung fallen können (dies jedenfalls für die frühere Ist-Ausweisung nach § 53 AufenthG a.F. annehmend Franßen-de la Cerda, Die Vergemeinschaftung der Rückführungspolitik - das Inkrafttreten der EU-Rückführungsrichtlinie, ZAR 2008, 377, 381; weitergehend Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 164 ff.). Für die Auffassung, dass die 2. Alternative des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL, die auf eine Rückkehrverpflichtung abstellt, die „infolge einer strafrechtlichen Sanktion“ ausgelöst wurde, nur Fälle betrifft, in denen die Rückkehrpflicht unmittelbar aufgrund einer strafrechtlichen Sanktion als Nebenfolge ausgelöst wird (vgl. näher Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 302 ), sprechen nach der Bedeutung der Regelung und ihrer Entstehungsgeschichte die besseren Gründe.
84 
Die Kommission hat während der Beratungen im Rat stets deutlich gemacht, dass die verschiedenen Stufen „Beendigung des legalen Aufenthalts“ und (deswegen danach) illegaler Aufenthalt zu unterscheiden sind und die Rückführungsrichtlinie nur den letzteren Fall erfasst. Verschiedene Mitgliedstaaten, deren Strafrecht bei Delikten von Ausländern auch den Verlust des Aufenthaltsrechts als Strafe oder Nebenstrafe vorsieht, befürchteten, dass durch die Rückführungsrichtlinie in die ihrer alleinigen Kompetenz obliegenden Angelegenheit des nationalen Strafrechts eingegriffen würde. Obwohl sowohl das Europäische Parlament als auch andere Mitgliedstaaten die Auffassung der Kommission, dass die Beendigung des legalen Aufenthalts - auch mit Mitteln des Strafrechts - schon gar nicht vom Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie erfasst ist, stützten und eine solche Klausel für nicht notwendig erachteten, verlangten diese Länder ausdrücklich eine Optionsregelung. Letztlich ist dem aus Gründen des politischen Pragmatismus entsprochen worden, weil andernfalls die Gefahr des Scheiterns der Richtlinie gedroht hätte (siehe hierzu Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., 2016, § 11 Rn. 20 unter Hinweis auf Lutz, The Negotiations on the Return Directive, 2010, unter 2.2.2, S. 32; siehe auch Franßen-de la Cerda, a.a.O., ZAR 2008, 377, 381; Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Immigration and Asylum Law, 2nd Edition. 2016, Part C VII Art. 2 Rn. 15 f.).
85 
Auch der Umstand, dass erhebliche Bewertungsunsicherheiten (vgl. dazu Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG § 59 Rn. 302 ) auftreten würden, wenn man für die 2. Alt des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL eine Verwaltungsentscheidung genügen lassen würde, die allein oder jedenfalls maßgeblich auf eine vorangegangene strafrechtliche Sanktion gestützt wäre (wie etwa die Versagung der Erteilung eines Aufenthaltstitels aufgrund des Bestehens eines Ausweisungsinteresses nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG wegen einer Straftat), spricht für die restriktive Interpretation.
86 
Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. September 2013 (C-297/12 - Filev und Osmani - Rn. 50 f.). Das Urteil beruht - entsprechend den Ausführungen in der Vorlage des Amtsgerichts Laufen vom Juni 2012 zu einer Ausweisungsentscheidung aus dem Jahre 1999 - auf der nicht problematisierten Annahme, dass die Bundesrepublik Deutschland mit dem Richtlinienumsetzungsgesetz vom 22. November 2011 (BGBl I 2258) von der in Art. 2 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 2008/115 enthaltenen Ermächtigung Gebrauch gemacht habe (vgl. EuGH, Urteil vom 19.09.2013, a.a.O., Rn. 22, 50 ff.). Mangels entscheidungserheblicher Fragestellung sind aber die Problematik der Wirksamkeit und der Reichweite eines „Opt-Out“ keiner näheren Betrachtung durch den Gerichtshof der Europäischen Union unterzogen worden.
87 
Anlässlich des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 finden sich lediglich Ausführungen in der Gesetzesbegründung dazu, dass bezüglich der Dauer der für ein Einreiseverbot zu bestimmenden Frist explizit von der „Opt-Out“ Möglichkeit Gebrauch gemacht werden solle (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 06.11.2012 - 11 S 2307/11 -, juris Rn. 71). In der Bundestagsdrucksache 17/5470, S. 21 heißt es zu § 11 AufenthG:
88 
„Die in dem neuen Satz 4 vorgesehenen Ausnahmen von der regelmäßigen Höchstfrist von 5 Jahren beruhen auf Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b - gegenüber verurteilten Straftätern wird der Anwendungsbereich der Richtlinie insoweit eingeschränkt - und Artikel 11 Absatz 2 Satz 2 (schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit und Ordnung) der Rückführungsrichtlinie. Eine strafrechtliche Verurteilung im Sinne der Ausnahme erfordert das Zugrunde liegen schwerwiegender Straftaten.“
89 
Selbst wenn man der hier nicht geteilten Auffassung wäre, dass Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Verwaltungsentscheidungen erfassen könnte, ist nicht ersichtlich, dass die Bundesrepublik auch mit Blick auf die Vorschrift des § 59 Abs. 5 AufenthG insoweit (wirksam) von dem „Opt-Out“ Gebrauch gemacht hätte. Diese Regelung gilt in der vorliegenden Fassung seit dem Richtlinienumsetzungsgesetz vom 19. August 2007 (BGBl I, 1970, 1982) unverändert. Es gibt keine Anhaltspunkte (in einer Gesetzesbegründung), die es erlaubten, ein „Opt-Out“ auch insoweit anzunehmen (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 172 ), wenn eine gesetzliche Bestimmung, die vor Inkrafttreten einer Richtlinie bereits gegolten hat, schlicht später beibehalten wird. Ob es aus Gründen der Rechtsklarheit, insbesondere weil die Geltung des Unionsrechts keinen Zweifeln unterliegen darf, sogar geboten sein könnte, dass sich Art und Umfang des „Opt-Out“ aus dem Gesetz selbst ergeben müssen, kann daher hier offen bleiben (vgl. hierzu Lutz, in: Hailbronner/Thym, a.a.O., Art. 2 Rn. 5 f.; siehe zur Frage der Pflicht zur Veröffentlichung des Beschlusses nach Art. 2 Abs. 2 RFRL auch Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 179 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.03.2017 - 1 C 17.16 -, juris Rn. 17 zur Frage der Erheblichkeit des Willens, Unionsrecht umzusetzen und anzuwenden).
90 
bb) Aufgrund der vom Kläger im vorliegenden Fall ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung wahrt das in § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG vorgesehene Absehen von einer Frist für die freiwillige Ausreise aber die Vorgaben des Art. 7 Abs. 4 RFRL.
91 
Die Richtlinie 2018/115 schreibt vor, welches Verfahren von jedem Mitgliedstaat bei der Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger anzuwenden ist, und legt die Reihenfolge der verschiedenen Schritte fest, die dieses Verfahren nacheinander umfasst. So sieht Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie zunächst vor, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich verpflichtet sind, gegen alle illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörige eine Rückkehrentscheidung zu erlassen (EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - El Dridi - Rn. 34 f.). Teil dieser Rückkehrentscheidung ist auch die Entscheidung über eine Frist zur freiwilligen Ausreise nach Art. 7 RFRL. Freiwillige Ausreise bedeutet die Erfüllung der Rückkehrverpflichtung innerhalb der dafür in der Rückkehrentscheidung festgesetzten Frist (Art. 3 Nr. 8 RFRL). Besteht Fluchtgefahr oder ist der Antrag auf einen Aufenthaltstitel als offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich abgelehnt worden oder stellt die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit dar, so können die Mitgliedstaaten nach Art. 7 Abs. 4 RFRL davon absehen, eine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, oder sie können eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen einräumen. Auch mit Blick auf die Frage einer Ausreisefrist muss, wie sich aus den Erwägungsgründen 2, 6, 11 und 24 der Richtlinie 2008/115 sowie ihrem Art. 5 ergibt, gemäß den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, darunter der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die nach dieser Richtlinie getroffene Entscheidung im Einzelfall verhältnismäßig sein und die Grundrechte der betreffenden Person gebührend berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 69).
92 
Nach Art. 7 Abs. 4 RFRL darf von der Gewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise unter anderem dann abgesehen werden, wenn die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt. Der Begriff der Gefahr für die öffentliche Ordnung, wie er in Art. 7 Abs. 4 RFRL vorgesehen ist, setzt jedenfalls voraus, dass außer der sozialen Störung, die jeder Gesetzesverstoß darstellt, eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 60). Wie der Senat mit Beschluss vom 30. August 2016 (11 S 1660/16 - InfAuslR 2016, 421) ausgeführt hat, bedarf es hierzu nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union einer individuellen Prüfung des Einzelfalls und kann nicht allein aus der Tatsache geschlossen werden, dass sich der Betreffende in (Straf-)haft befindet (EuGH, Urteil vom 11.06.2015, a.a.O., Rn. 70 ff.; vgl. zur Notwendigkeit der Einzelfallprüfung auch Urteil vom 21.03.2013 - C-522/11 - Mbaye - Rn. 31 f.; Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Migration and Asylum Law, 2nd Ed., 2016, Part C VII Art. 7 Rn. 14). Damit stellt der Gerichtshof vor allem sicher, dass die Verhängung (und Vollstreckung) etwa einer Haftstrafe allein wegen unerlaubter Einreise und unerlaubtem Aufenthalt nicht dazu führt, dass die zu Gunsten des Ausländers gewährten Garantien der Rückführungsrichtlinie keine Geltung mehr beanspruchen würden (Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Migration and Asylum Law, 2nd Ed., 2016, Part C VII Art. 1 Rn. 25).
93 
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat allerdings Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2008/115 auch dahin ausgelegt, dass der Rückgriff auf die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit, gar keine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, wenn der Drittstaatsangehörige eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt, keine erneute Prüfung der Kriterien erfordert, die bereits geprüft wurden, um das Bestehen dieser Gefahr festzustellen (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 73).
94 
Im vorliegenden Fall ist der Kläger aufgrund betrügerischer Vermögenskriminalität und Urkundenfälschung inhaftiert. Von ihm geht eine außerordentlich hohe Gefahr aus, dass er insoweit erneut straffällig wird. Die Ausländerbehörde hat unter Berücksichtigung der persönlichen und familiären Bindungen des Klägers und unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zurecht die Ausweisung des Klägers verfügt. Die für die Ausweisung maßgeblichen Gründe tragen zugleich die Annahme einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Dies erschließt sich aus den Ausführungen oben unter I.
95 
Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 RFRL, Art. 3 Nr. 4 RFRL allein die Abschiebungsandrohung (vgl. etwa Urteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 -, NVwZ-RR 2012, 492 und vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, NVwZ-RR 2012, 412; Beschlüsse vom 30.08.2016 - 11 S 1660/16 -, InfAuslR 2016, 421 und vom 19.12.2012 - 1 S 2303/12 -, InfAuslR 2013, 98; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 307 ) und nicht die Ausweisung (siehe etwa Urteile vom 30.04.2014 - 11 S 244/14 -, juris, vom 15.10.2013 - 11 S 2114/13 -, juris und vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 -, juris; vgl. auch Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 292 ; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., 2016 § 11 Rn. 15 ff.). Entscheidend ist jedoch, dass die die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendende Verfügung - hier die Ausweisung - und die Rückkehrentscheidung - hier die Abschiebungsandrohung - nach Art. 6 Abs. 6 RFRL im Rahmen einer Entscheidung ergehen dürfen. Unionsrechtlich muss lediglich sichergestellt werden, dass die Gefahr für die öffentliche Ordnung, wie sie in Art. 7 Abs. 4 RFRL vorausgesetzt wird, bereits an anderer Stelle unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls geprüft worden ist. Dies ist hier im Rahmen der Ausweisung geschehen. Die normative Regelung in § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, von einer Fristsetzung abzusehen, ist hier unmittelbare Folge der Ausweisung.
96 
Es gibt im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür, dass (Grund-)rechte des betroffenen Ausländers eine andere Entscheidung im Rahmen des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erforderlich machen könnten. Sofern dies (in anderen Fallkonstellationen) ggfs. zu erwägen wäre, kann dies durch die Anwendung des nationalen Rechts gewährleistet werden. Schon aus dem Wortlaut des Gesetzes („bedarf“) ist ersichtlich, dass die Setzung einer Ausreisefrist nicht durch die Norm untersagt ist, sondern vielmehr Raum für (unionsrechtlich) notwendige abweichende Entscheidung lässt (vgl. auch GK-AufenthG, § 59 Rn. 170 ff. ).
IV.)
97 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
98 
Soweit die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hinsichtlich Ziffer 2 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 zurückgewiesen worden ist, war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsache (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen, denn es ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt, ob und ggfs. unter welchen Voraussetzungen die Abschiebung aus der Haft ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise auf der Grundlage des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang steht.
99 
Im Übrigen liegen Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, nicht vor.
100 
Soweit die Revision zugelassen worden ist, gilt folgende
101 
Beschluss vom 29. März 2017
102 
Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 52 Abs. 1 GKG für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auf 10.000 Euro festgesetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 25.05.2016 - 11 S 2480/15 -, juris).
103 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.