Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 21. Apr. 2016 - 3 K 3176/13

bei uns veröffentlicht am21.04.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die (Teil-)Befreiung des Klägers vom Anschluss- und Benutzungszwang für das von ihm in seinem Rinderstall benötigte Brauchwasser.
Der Kläger betreibt auf den Grundstücken Flst.-Nrn. XXX/X, XXX/X und XXX/XX der Gemarkung O. in B. einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Milchviehwirtschaft und Nachzucht von Rindern. Die Hofstelle auf den Flurstücken XXX/X und XXX/X sowie die dort befindlichen Wohnhäuser H. Straße und B. sind durch eine in der Hauptstraße liegende Wasserleitung an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen. Der auf dem Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX, das an das Flurstück XXX/X angrenzt und keine direkte Verbindung zu einer öffentlichen Straße aufweist, errichtete neue Rinderstall ist derzeit nicht an die öffentliche Wasserversorgung der Beklagten angeschlossen. Der Kläger beabsichtigt, das in dem Rinderstall benötigte Brauchwasser aus einer eigenen Wasserversorgung zu decken; zu diesem Zweck soll eine Wasserleitung von der auf dem Grundstück Flst.-Nr. XXX/X seit langer Zeit existierenden Quellfassung zu dem neu errichteten Rinderstall auf dem Flurstück XXX/XX geführt werden. Nach der Gemarkungskarte stellt sich die Lage der Grundstücke wie folgt dar:
Die Satzung der Beklagten über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung - WVS) vom 19.11.2015 bestimmt unter anderem:
㤠4
Anschlusszwang
(1) Die Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wasser verbraucht wird, sind verpflichtet, diese Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen, wenn sie an eine öffentliche Straße mit einer betriebsfertigen Versorgungsleitung angrenzen oder ihren unmittelbaren Zugang zu einer solchen Straße durch einen Privatweg haben. Befinden sich auf einem Grundstück mehrere Gebäude zum dauernden Aufenthalt von Menschen, so ist jedes Gebäude anzuschließen.
(2) Von der Verpflichtung zum Anschluss wird der Grundstückseigentümer auf Antrag befreit, wenn der Anschluss ihm aus besonderen Gründen auch unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Gemeinwohls nicht zugemutet werden kann. Der Antrag auf Befreiung ist unter Angabe der Gründe schriftlich bei der Stadt einzureichen.
§ 5
Benutzungszwang
(1) Auf Grundstücken, die an die öffentliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen sind, haben die Wasserabnehmer ihren gesamten Wasserbedarf aus dieser zu decken. Ausgenommen hiervon ist die Nutzung von Niederschlagswasser für Zwecke der Gartenbewässerung.
(2) Von der Verpflichtung zur Benutzung wird der Wasserabnehmer auf Antrag befreit, wenn die Benutzung ihm aus besonderen Gründen auch unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Gemeinwohls nicht zugemutet werden kann.
10 
(3) Die Stadt räumt dem Wasserabnehmer darüber hinaus im Rahmen des ihr wirtschaftlich Zumutbaren auf Antrag die Möglichkeit ein, den Bezug auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken.
11 
(4) Der Antrag auf Befreiung oder Teilbefreiung ist unter Angabe der Gründe schriftlich bei der Stadt einzureichen.
12 
(5) Der Wasserabnehmer hat der Stadt vor Errichtung einer Eigengewinnungsanlage Mitteilung zu machen. Er hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass von seiner Eigenanlage keine Rückwirkungen auf die öffentliche Wasserversorgungsanlage möglich sind.“
13 
Mit Bescheid vom 23.01.2013 zog die Beklagte den Kläger zu einem Wasserversorgungsbeitrag für den neu errichteten Stall auf dem Flurstück XXX/XX in Höhe von 9.572,86 EUR heran und stellte klar, dass es sich dabei um eine Teilflächenveranlagung handele, da das Grundstück im Außenbereich liege; die zu veranlagende Fläche sei aus dem beiliegenden Plan ersichtlich, welcher Bestandteil des Bescheides sei.
14 
Mit zwei bei der Stadtverwaltung B. am 06.02.2013 eingegangenen Schreiben legte der Kläger Einspruch gegen den Gebührenbescheid vom 23.01.2013 ein, bat um Aussetzung von dessen Vollziehung und stellte einen Antrag auf Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang sowie auf Genehmigung einer Eigenwasserversorgung für den landwirtschaftlichen Betrieb. Er bewirtschafte in O. als Vollerwerbslandwirt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit dem Betriebsschwerpunkt Milchviehhaltung und Milcherzeugung nebst weiblicher Nachzucht. Für den landwirtschaftlichen Bedarf an Wasser zur Tränkung der Tiere beantrage er eine Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang; dieser Antrag umfasse den gesamten landwirtschaftlichen Betriebsstandort in O. auf dem Flurstück XXX/XX, das heißt den Neubau eines Kuhstalles. Für den Bereich des bestehenden Altgebäudes (Melkstand, Milchkühlung, Jungviehbereich) sowie die Wohnhäuser Nr. XX und Nr. XX in O. solle die Wasserversorgung weiterhin durch die öffentliche Versorgungseinrichtung der Gemeinde erfolgen. Des Weiteren werde die Genehmigung einer Eigenwasserversorgung für den oben angegebenen Bereich beantragt, sofern eine derartige Erlaubnis trotz der Bestimmung des § 33 WHG überhaupt erforderlich sei. Eine Eigenwasserversorgung der Landwirtschaft sei wesentlich kostengünstiger als die Wasserversorgung durch die Stadt; auf diese Einsparung könne angesichts der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage nicht verzichtet werden. Der Kläger leide als Milcherzeuger derzeit unter den gesunkenen Milchpreisen und dem Preisanstieg aller landwirtschaftlichen Betriebsmittel; diese Rahmenbedingungen zwängen ihn dazu, Überlegungen zur Kostenreduzierung anzustellen.
15 
Mit einem Schreiben vom 06.02.2013, das keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt und auch sonst nicht als Bescheid ausgestaltet war, erbat die Stadt B. nähere Auskünfte zu dem angebrachten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 361 AO und wies darauf hin, dass diese nur in besonderen Härtefallkonstellationen erfolgen könne. Der mit Schreiben vom 05.02.2013 gestellte Antrag auf Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang sowie auf Gestattung einer Eigenwasserversorgung für den landwirtschaftlichen Betrieb werde abgelehnt. In dem einschlägigen Beschluss des Eigenbetriebsausschusses Städtische Wasser- und Abwasserbeseitigung vom 11.05.1998 sei unter Punkt 4 der Antrag auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang bei der Wasserversorgung beraten und beschlossen worden, dass bis zu einer Entfernung von 500 m zur öffentlichen Wasserversorgungsanlage keine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang gewährt werden könne. Aus diesem Grund ergehe im Fall des Klägers die Entscheidung, dass eine Befreiung vom Anschluss und Benutzungszwang für das Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX in B. leider nicht möglich sei, da die Entfernung des Grundstücks zur nächsten öffentlichen Wasserleitung unter 500 m betrage.
16 
Hiergegen legte der Kläger mit einem bei der Stadtverwaltung B. am 13.03.2013 eingegangenen Schreiben Widerspruch ein und beantragte gleichzeitig die zinslose Stundung der Beitragsforderung nach § 28 KAG. Zur Begründung machte er geltend, es sei nicht nachvollziehbar, warum eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nicht gewährt werde. Gemäß § 4 Abs. 2 und § 5 Abs. 2 der Wasserversorgungssatzung der Stadt B. werde der Grundstückseigentümer bzw. Wasserabnehmer auf Antrag vom Anschluss- und Benutzungszwang zwingend befreit, wenn ihm der Anschluss und die Benutzung aus besonderen Gründen nicht zugemutet werden könnten. Der Kläger habe in seinem Befreiungsantrag ausführlich dargelegt, dass er zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit seines landwirtschaftlichen Betriebes auf eine eigene kostengünstige Wasserversorgung zurückgreifen müsse. Auf seinem Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX sei eine Quelle, die unproblematisch den landwirtschaftlichen Bedarf an Nutzwasser decken könne; die Quelle befinde sich seit jeher auf dem Grundstück und der Kläger habe einen Antrag im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes auf Eintragung dieses alten Wasserrechts in das Wasserbuch gestellt. Die Situation stelle für den Kläger eine ungewöhnliche Härte dar, die zwingend eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang erfordere.
17 
Mit Bescheid vom 16.05.2013 gab die Stadt B. dem Widerspruch des Klägers vom 06.02.2013 statt und hob den Beitragsbescheid vom 23.01.2013 auf (Ziffer 1 des Bescheids). Ferner führte die Beklagte aus, dem Widerspruch des Klägers vom 07.03.2013 werde nicht stattgegeben (Ziffer 2 des Bescheids vom 16.05.2013). Zur Begründung hob die Stadt B. hervor, dem Anfechtungswiderspruch gegen den Beitragsbescheid vom 23.01.2013 müsse stattgegeben werden, da sich das maßgebliche Grundstück im Außenbereich befinde und kein tatsächlicher Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Wasserversorgung vorhanden sei; das Grundstück sei deshalb nach Auffassung der Rechtsaufsichtsbehörde und des hinzugezogenen Gemeindetags Baden-Württemberg nicht beitragspflichtig. Der Verpflichtungswiderspruch vom 07.03.2013 sei zwar statthaft und auch im Übrigen zulässig, er habe jedoch in der Sache keinen Erfolg. Eine Befreiung des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers vom Benutzungszwang führe zu einer weiteren spürbaren Überschreitung des durchschnittlichen Wasserpreises im Landkreis und sei deshalb für die anderen Wasserabnehmer unzumutbar. Dem Bescheid war eine Rechtsbehelfsbelehrung dahingehend beigefügt, dass innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch eingelegt werden könne.
18 
Mit einem bei der Stadtverwaltung B. am 11.06.2013 eingegangenen Schreiben legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.05.2013 ein und wies darauf hin, dass sich dieser Widerspruch lediglich gegen dessen Ziffer 2 richte. Mit Verfügung vom 12.06.2013 hob die Stadt B. den Bescheid vom 16.05.2013 in Ziffer 2 auf. Zur Begründung wies die Beklagte darauf hin, dass keine erneute Entscheidung durch die Stadt B. habe ergehen dürfen, nachdem die Entscheidungskompetenz gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 VwGO bereits bei dem Landratsamt Biberach als Rechtsaufsichtsbehörde gelegen habe; der Bescheid vom 16.05.2013 sei daher in Ziffer 2 rechtswidrig. Der Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung dahingehend, dass innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden könne. Der Kläger ließ mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 25.06.2013 Widerspruch gegen die Entscheidung der Stadtverwaltung vom 12.06.2013 einlegen.
19 
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2013 wies das Landratsamt Biberach den Widerspruch des Klägers zurück und legte ihm die Kosten des Widerspruchsverfahrens auf; für den Bescheid wurde eine Gebühr in Höhe von 200,00 EUR festgesetzt. Der Widerspruch sei zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Da dem Bescheid der Stadt Bad Schussenried vom 06.02.2013 keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt worden sei, habe nach § 58 Abs. 2 VwGO die Jahresfrist gelaufen. Der Widerspruch bleibe jedoch in der Sache ohne Erfolg, da der Bescheid der Stadt B. vom 06.02.2013 rechtmäßig ergangen sei. Zwar habe ein Wasserabnehmer nach § 5 Abs. 3 der Wasserversorgungssatzung (WVS) der Stadt B. grundsätzlich einen Anspruch auf Teilbefreiung vom Benutzungszwang, sofern die Gemeinde nicht die Gründe für die Unzumutbarkeit darlege. Entgegen dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 WVS gehe es nicht um die wirtschaftliche Zumutbarkeit für die Gemeinde, sondern für die übrigen Wasserabnehmer; die Gemeinde müsse daher darlegen, dass eine Teilbefreiung zu einer Wassergebühr führe, die für die übrigen Wasserabnehmer im Stadtgebiet nicht mehr zumutbar sei. Die Schwelle der Unzumutbarkeit sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg dann überschritten, wenn eine Teilbefreiung zu einer Gebühr führen würde, die den üblichen Rahmen in der weiteren Umgebung spürbar überschreite. Dies sei hier der Fall. Der Wasserpreis der Stadt B. betrage derzeit 1,51 EUR (netto) pro Kubikmeter Wasser; im Falle einer Teilbefreiung würde sich dieser Preis um 0,01 EUR erhöhen. Für die Berechnung sei ein Verbrauch von 1.500 m³ Wasser zugrunde gelegt worden. Eine tatsächliche Erhöhung von nur einem Cent auf 1,52 EUR führe zwar nicht per se zur Unzumutbarkeit für die übrigen Wasserabnehmer. Allerdings sei nicht nur ein Gebührensprung ein Indiz für die Unzumutbarkeit; vielmehr könne nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ungeachtet einer nur geringen prozentualen Erhöhung von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit dann gesprochen werden, wenn die Befreiung von der Benutzungspflicht zu einer Gebühr führen würde, deren Höhe das Preisniveau in der Region deutlich übersteige. Bei einer entsprechenden Gebührenspreizung im Vergleichsgebiet setze diese Feststellung daher nicht zwingend die Überschreitung des Rahmens voraus. Gemessen hieran führe die Erteilung einer Befreiung für den landwirtschaftlichen Bedarf des Klägers in B. zu einer spürbaren Überschreitung des durchschnittlichen Wasserpreises. Da der Wasserpreis im Landkreis Biberach von 0,77 EUR bis zu 2,70 EUR pro Kubikmeter Wasser reiche, liege eine erhebliche Gebührenspreizung vor. Das durchschnittliche Wasserentgelt liege im Landkreis Biberach derzeit bei 1,33 EUR; damit liege das Wasserentgelt der Stadt B. mit 1,51 EUR bereits 0,18 EUR über dem durchschnittlichen Wert innerhalb des Landkreises und auch eine nur geringfügige Abweichung von 0,01 EUR begründe nach Auffassung des Landratsamts die Unzumutbarkeit einer Teilbefreiung. Eine Teilbefreiung führe zu einem Wasserpreis in der Stadt B., der 15 Prozent über dem durchschnittlichen Preis im Landkreis liege.
20 
Mit einem per Telefax am 08.10.2013 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, die Klageerhebung sei trotz des Teilaufhebungsbescheids vom 12.06.2013, mit dem der vorausgegangene Bescheid der Stadt B. vom 16.05.2013 in Ziffer 2 aufgehoben worden sei, und der einen actus contrarius zur Versagung der Befreiung darstelle, zur Vermeidung der Bestandskraft geboten. In der Sache habe unabhängig vom erfolgten Anschluss des Grundstücks Flst.-Nr. XXX/XX an die Wasserversorgungsanlage der Stadt B. in den 50iger Jahren im Grunde eine tradierte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang bestanden, der ununterbrochen seit circa 150 Jahren aufrechterhalten worden sei. So habe bereits der Urgroßvater des Klägers vor der vorletzten Jahrhundertwende im Bereich des heutigen Quellschachtes eine Quellfassung mit Wasserhaus errichtet, über die er das Ökonomiegebäude und die dortige Großviehhaltung versorgt habe. Diese Eigenwasserversorgung des landwirtschaftlichen Bedarfs sei in der Folgezeit über Generationen weiter aufrechterhalten worden. Nach Auffassung der Familie des Klägers sei diese Eigenwasserversorgung stets in rechtmäßiger Weise erfolgt, zumal die Vorfahren des Klägers sich in dem Ortsteil als Träger kommunaler Wahlämter überhaupt nicht rechtsuntreu hätten verhalten können. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass der Wasserverbrauch in B. - nachdem der Landkreis Biberach zur letzten deutschen Wachstumsregion gehöre - mittelfristig auch wieder steigen werde; durch eine Steigerung des Wasserverbrauchs sei letztendlich wieder mit sinkenden Wasserpreisen zu rechnen. Da die Stadt B. zur Bescheidung des gestellten Antrags auf Genehmigung einer Eigenwasserversorgung wohl nicht zuständig sei, werde das entsprechende Begehren auf Mitwirkung bei der Entscheidung des Landratsamts als untere Wasserbehörde umgestellt.
21 
Der Kläger beantragt,
22 
den Bescheid der Stadt B. vom 06.02.2013 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Biberach vom 24.09.2013 sowie die darin enthaltene Gebührenfestsetzung aufzuheben und
23 
die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger auf seinen Antrag vom 05.02.2013 hin die Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang der öffentlichen Einrichtung Wasserversorgung der Beklagten betreffend des landwirtschaftlichen Betriebes (Milchviehhaltung) zu erteilen,
24 
sowie die Beklagte zu verpflichten - soweit verfahrensmäßig erforderlich - dem beim Landratsamt Biberach zu führenden wasserrechtlichen Verfahren in Bezug auf die Einrichtung einer Eigenwasserversorgung soweit erforderlich zuzustimmen und
25 
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.
26 
Die Beklagte beantragt,
27 
die Klage abzuweisen.
28 
Die Beklagte tritt der Klage entgegen und macht geltend, die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig. Eine wasserrechtliche Entscheidung über die Nutzung des sogenannten Eigenwassers durch den Kläger sei nicht ergangen; er könne mit der beantragten Teilbefreiung in der Sache nichts anfangen. Unzulässig sei auch das Klagebegehren Ziffer 3, mit dem die Mitwirkung an einem bei dem Landratsamt Biberach zu führenden wasserrechtlichen Verfahren begehrt werde. Der Antrag sei auf ein erst zukünftiges, vom Kläger noch zu beantragendes Verfahren gerichtet; die Widerspruchsbehörde habe hierüber nicht entschieden. Das Begehren sei auch nicht als Untätigkeitsklage statthaft, da der Kläger mit Schreiben vom 05.02.2013 lediglich die Genehmigung einer Eigenwasserversorgung durch die beklagte Stadt beantragt habe, während nunmehr die Zustimmung der Stadt zu einem offensichtlich noch nicht eingeleiteten Verfahren bei dem Landratsamt begehrt werde. Ebenso unzulässig sei der Antrag auf teilweise Befreiung vom Anschlusszwang, da die Wasserversorgungssatzung der Stadt B. eine derartige teilweise Befreiung nicht vorsehe. Unverständlich bleibe auch, weshalb in den 50iger Jahren nach Auffassung des Klägers eine „tradierte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang“ bestanden habe. Diese Rechtsauffassung gehe bereits deshalb fehl, weil vor 150 Jahren ein Anschluss- und Benutzungszwang an die öffentliche Wasserversorgung noch nicht existent gewesen sei. Im Übrigen sei der vom Kläger angebrachte Antrag auf Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang lediglich dann statthaft, wenn ein solcher überhaupt bestehe. Jedenfalls beurteile sich die Frage, ob vorliegend eine Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang zu gewähren sei, nach der heutigen Rechtslage. In der Sache sei das Begehren des Klägers nicht auf eine Teilbefreiung, sondern auf vollständige Befreiung vom Benutzungszwang gerichtet. Der Kläger betreibe auf dem maßgeblichen Grundstück ausschließlich eine Milchviehhaltung; für diesen Bedarf werde vollumfänglich eine Befreiung beantragt, ohne dass noch Raum für einen Wasserbezug durch die Stadt verbleibe. Selbst wenn man den Antrag als Teilbefreiung werte, lägen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 3 WVS nicht vor. Bei der Entscheidung über die begehrte Befreiung sei zu berücksichtigen, dass im Falle eines Obsiegens des Klägers auch andere Landwirte mit Eigenwasserversorgung eine entsprechende Teilbefreiung beantragen würden, also mit Folgeanträgen zu rechnen sei. Dadurch würden insgesamt ca. 16.000 m³ bis 17.000 m³ Wasserabnahme wegfallen, so dass die gleichwohl bestehenden erheblichen Fixkosten der Wasserversorgung dann von den übrigen Wasserabnehmern getragen werden müssten. Im Ergebnis führe dies zu einer Erhöhung des Wasserpreises um weitere fünf Cent pro Kubikmeter, was für die anderen Wasserabnehmer nicht mehr zumutbar sei.
29 
Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung am 21.04.2016 einen Augenschein zu der Lage des klägerischen Grundstücks und dessen Umgebung eingenommen. Wegen der dabei getätigten Feststellungen wird auf die gefertigten Anlagen 1 und 2 zur Niederschrift verwiesen.
30 
Der Kammer liegen die Beitragsakten der Stadt B. sowie ein Band Widerspruchsakten vor. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

31 
Die Klage ist zulässig (1.), sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (2.).
32 
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere kann dem Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang abgesprochen werden. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann; die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 -, BVerwGE 121, 1; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.10.2014 - 10 S 3450/11 -, DVBl. 2015, 189; sowie Beschluss vom 19.11.2015 - 10 S 2004/15 -, juris). Gemessen an diesem Maßstab kann nicht mit der notwendigen Offensichtlichkeit angenommen werden, dass die begehrte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang für den Kläger erkennbar nutzlos ist. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger zum Betrieb seiner Eigenwasserversorgung einer wasserrechtlichen Ausnahmegenehmigung bedarf und eine solche auch erhält. Es kann hier dahin gestellt bleiben, ob der Kläger nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 WHG das aus der Quelle geförderte Wasser für seinen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Vorschrift erlaubnisfrei nutzen darf. Selbst wenn der Kläger hierzu eine wasserrechtliche Genehmigung benötigen sollte, eine solche Zulassung jedoch nicht erhielte, würde er die Beschränkung seiner Benutzungspflicht lediglich nicht in Anspruch nehmen können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.04.1988 - 7 B 54.88 -, NVwZ 1988, 1029; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 03.02.2010 - 2 L 117/05 -, RDL 2012, 118). Auch eine gegebenenfalls erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis wäre für den Kläger ohne Nutzen, wenn er die hier im Streit befindliche Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nicht erhielte. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger unter keinen Umständen berechtigt sein wird, selbst gefördertes Wasser zu dem angegebenen Zweck zu verwenden, so dass sein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis entfallen könnte, bestehen nicht. Besondere Vorschriften, die für die Viehtränke und erst Recht die Stallreinigung Wasser in Trinkwasserqualität verlangten, sind nicht ersichtlich (vgl. BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.579 -, juris).
33 
Des Weiteren hat der Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten für sein Begehren Ziffer 3 das erforderliche Widerspruchsverfahren (§ 68 VwGO) durchgeführt. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger mit seinem Antrag vom 05.02.2013 ursprünglich die Genehmigung der Eigenwasserversorgung durch die beklagte Stadt B. beantragt, während er im gerichtlichen Verfahren sein Begehren auf Mitwirkung der Stadt an einem bei dem Landratsamt zu führenden wasserrechtlichen Verfahren umgestellt hat. Denn dieses Begehren auf Mitwirkung ist als Minus gegenüber der ursprünglich beantragten Entscheidung durch die Stadt über die wasserrechtliche Gestattung anzusehen. Keiner Klärung bedarf in diesem Zusammenhang ferner, ob die Wasserversorgungssatzung der Stadt B. die vom Kläger beantragte teilweise Befreiung vom Anschlusszwang vorsieht. Diese Frage beinhaltet komplexe rechtliche Bewertungen und ist deshalb nicht eine solche des Rechtsschutzbedürfnisses oder sonstiger Zulässigkeitserwägungen, sondern im Rahmen der Begründetheitsprüfung zu beantworten.
34 
2. Die Klage bleibt jedoch in der Sache insgesamt ohne Erfolg. Dem Kläger steht weder der geltend gemachte Anspruch auf (Teil-)Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang der öffentlichen Einrichtung zur Wasserversorgung der Beklagten hinsichtlich des im landwirtschaftlichen Betrieb verwendeten Wassers (2.1) noch auf Zustimmung der beklagten Stadt zu dem beim Landratsamt zur führenden wasserrechtlichen Verfahren (2.2) zu. Der versagende Bescheid der Beklagten vom 06.02.2013 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Biberach vom 24.09.2013 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in eigenen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Schließlich wird der Kläger auch nicht durch die Gebührenfestsetzung im Widerspruchsbescheid des Landratsamts Biberach vom 24.09.2013 in eigenen Rechen verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 2.3).
35 
2.1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der begehrten Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Kammer. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass bei Entscheidungen über Verpflichtungs- und Bescheidungsklagen grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz maßgeblich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.06.2003 - 4 B 14.03 -, NVwZ-RR 2003, 719). So ist mangels einer abweichenden materiell-rechtlichen Regelung auch hier auf die aktuelle Fassung der Satzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung - WVS -) der Stadt B. vom 19.11.2015 abzustellen. Unabhängig hiervon enthalten die Vorgängerfassungen der Satzung im hier interessierenden Bereich keine abweichenden Regelungen. Gemessen an diesen Satzungsbestimmungen steht dem Kläger weder der geltend gemachte Anspruch auf Befreiung vom Anschlusszwang nach § 4 der Satzung (2.1.1) noch auf teilweise oder vollständige Befreiung vom Benutzungszwang aufgrund von § 5 Abs. 2 und 3 der Satzung (2.1.2) zu.
36 
2.1.1 Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Kläger vollständig oder teilweise vom Zwang zum Anschluss seines Viehstalls auf dem Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX der Gemarkung O. an ihre öffentliche Wasserversorgung zu befreien. Zwar unterliegt das Grundstück - was Voraussetzung für eine Befreiung ist und deshalb inzident geprüft werden muss - dem Anschlusszwang (2.1.1.1). Die Stadt B. hat den Kläger nicht wie von ihm angenommen in der Vergangenheit vom Anschlusszwang dispendiert (2.1.1.2). Die Voraussetzungen für eine vollständige oder teilweise Befreiung vom Anschlusszwang liegen nicht vor (2.1.1.3).
37 
2.1.1.1 Die Regelung in § 4 Abs. 1 und 2 WVS ist gültig und rechtlich nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Grundlage in § 11 GemO und § 44 Abs. 1 WG. § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO ermächtigt die Gemeinden, bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebiets unter anderem den Anschluss an der Wasserversorgung dienenden Einrichtungen (Anschlusszwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen (Benutzungszwang) vorzuschreiben; die Satzung kann bestimmte Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zulassen und ihn auf bestimmte Teile des Gemeindegebiets oder bestimmte Gruppen von Grundstücken, Gewerbetreibenden oder Personen beschränken (§ 11 Abs. 2 GemO). § 11 GemO ist eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Spezialermächtigung, die als landesrechtliche Eingriffsgrundlage aus Gründen der Volksgesundheit Eingriffe in die Grundrechte der Grundstückseigentümer oder der sonst zur Nutzung des Grundstücks Berechtigten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG legitimieren kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.2015 - 1 S 1130/15 -, DVBl. 2016, 127; und Urteil vom 20.09.2012 - 1 S 3072/11 -, VBlBW 2013, 73 m.w.N.).
38 
Ein öffentliches Bedürfnis im Sinne des § 11 Abs. 1 GemO ist gegeben, wenn durch den Anschluss- und Benutzungszwang nach objektiven Maßstäben das Wohl der Gemeindeeinwohner gefördert wird. Dabei können neben den Gründen des öffentlichen Wohles auch Rentabilitätsgesichtspunkte den Anschluss- und Benutzungszwang rechtfertigen. Es handelt sich bei diesem gesetzlichen Erfordernis um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in Auslegung und Anwendung uneingeschränkt gerichtlicher Kontrolle unterliegt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.09.2012 - 1 S 3072/11 -, a.a.O.). Wie sich aus § 1 Abs. 1 WVS ergibt, besteht der Zweck des Betriebs einer öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung durch die Beklagte darin, das Gemeindegebiet mit Trinkwasser zu versorgen. Die Einrichtung dient demgemäß dem Interesse an der Erhaltung und Förderung der Volksgesundheit, indem hygienisch einwandfreies, für den menschlichen Gebrauch geeignetes Wasser zur Verfügung gestellt wird. Dieser Belang begründet ein öffentliches Bedürfnis im Sinne des § 11 Abs. 1 GemO, das die Einführung des Anschlusszwangs rechtfertigt.
39 
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 WVS - welcher der Mustersatzung des Gemeindetages Baden-Württemberg entspricht (vgl. BWGZ 2007, 259; 1996, 644) - sind die Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wasser verbraucht wird, verpflichtet, diese Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen, wenn sie an eine öffentliche Straße mit einer betriebsfertigen Versorgungsleitung grenzen oder ihren unmittelbaren Zugang zu einer solchen Straße durch einen Privatweg haben. Der Anschlusszwang setzt mithin die Möglichkeit voraus, ein Grundstück an eine öffentliche Versorgungsleitung anzuschließen. Bedingung hierfür ist, dass der Herstellung einer Leitungsverbindung zwischen dem Grundstück und der öffentlichen Versorgungsleitung keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Voraussetzung für die Auferlegung eines Anschlusszwanges für eine Wasserversorgungsanlage ist, dass das Grundstück überhaupt von dieser Anlage erschlossen wird. Dies setzt wiederum voraus, dass der Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Anlage der Gemeinde tatsächlich und rechtlich möglich ist. Bei leitungsgebundenen Einrichtungen besteht eine tatsächliche Anschlussmöglichkeit für ein Grundstück dann, wenn es nahe genug bei der öffentlichen Einrichtung liegt, um unter gewöhnlichen Umständen an diese angeschlossen zu werden. Maßgeblich für die Frage, ob eine Anschlussmöglichkeit „unter gewöhnlichen Umständen“ besteht, sind die örtlichen Verhältnisse in der betreffenden Gemeinde. Hiernach ist die tatsächliche Anschlussmöglichkeit regelmäßig gegeben, wenn das Grundstück unmittelbar (ggf. mit einer zu ihm gehörenden Zuwegung) an eine Straße angrenzt, in der die Versorgungsleitungen, an die angeschlossen werden soll, bis in die Höhe des anschließenden Grundstücks verlegt sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 01.03.1984 - 2 S 195/82 -, BWGZ 1984, 277; und vom 20.09.2012 - 1 S 3072/11 -, a.a.O.). Ein Hinterliegergrundstück ist rechtlich nur dann an die öffentliche Wasserversorgungsleitung anschließbar, wenn die Möglichkeit, Wasser durch die Fremdgrundstücke zu leiten, dauerhaft gesichert ist. Erforderlich ist dabei eine dingliche Sicherung des Durchleitungsrechts, sei es öffentlich-rechtlich in der Gestalt einer Baulast oder zivilrechtlich durch eine Grunddienstbarkeit. Stehen Vorderlieger- und Hinterliegergrundstück im selben Eigentum, ist beim bebauten Hinterliegergrundstück dieses Recht gesichert, wenn im Fall der Veräußerung des Vorderliegergrundstücks an einen Dritten zu Lasten des Erwerbers ein Notleitungsrecht kraft Gesetzes entsteht (§ 918 Abs. 2 BGB). Denn das allgemeine Notwegerecht enthält auch ein „Notwasser- und Notkanalrecht“. Das kraft Gesetzes entstehende Notleitungsrecht will sicherstellen, dass ein Grundstück, bei dem bisher über das nunmehr veräußerte Grundstück eine Verbindung mit dem öffentlichen Weg tatsächlich und rechtlich möglich war, nicht verbindungslos wird und eine ordnungsgemäße Benutzung nicht mehr möglich wäre. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Notwegerecht kraft Gesetzes dann nicht entsteht und mit Blick auf die Eigentumsgarantie auch nicht entstehen darf, wenn trotz des Eigentümerwechsels beim Vorderliegergrundstück das Hinterliegergrundstück weiterhin über eine Verbindung zu einem öffentlichen Weg verfügt. Ein Notleitungsrecht besteht folglich nicht, wenn die wegemäßige Erschließung des Hinterliegergrundstücks auf andere Weise gesichert wird. Ein Notleitungsrecht setzt voraus, dass die benötigte Ver- oder Entsorgung auf andere Weise nicht erlangt werden kann (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28.08.2008 - 4 ZB 08.1071 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.09.2012 - 1 S 3072/11 -, a.a.O.; sowie Beschluss vom 27.10.2015 - 1 S 1130/15 -, a.a.O.). Dagegen genügt die bloße abstrakte Möglichkeit eines Anspruchs nach § 7e Abs. 1 Satz 1 NRG oder einer behördlichen Anordnung gemäß § 88 Abs. 2 WG BW nicht den Anforderungen, die die Anschlussmöglichkeit voraussetzt.
40 
Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen für eine Anschlussmöglichkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 WVS für das Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX erfüllt. Das Grundstück liegt zwar nicht an einer öffentlichen Verkehrsfläche, in der eine zur Einrichtung gehörende Wasserversorgungsleitung verläuft. Die öffentliche Wasserversorgungsleitung der Beklagten liegt in der Hauptstraße und ist nicht bis zu dem Grundstück Flst.-Nr. XXX/X geführt. Indes würde im Fall der Veräußerung des Vorderliegergrundstücks Flst.-Nr. XXX/X - das ebenso wie das Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX im Eigentum des Klägers steht - zu Lasten des Erwerbers ein Notleitungsrecht kraft Gesetzes entstehen, da die benötigte Versorgung auf andere Weise nicht erlangt werden kann. Das Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX ist nach den Feststellungen der Kammer in dem eingenommenen Augenschein auf das Grundstück Flst.-Nr. XXX/X angewiesen, da es über keine eigene ausreichende Verbindung zu einem öffentlichen Weg mit einer einliegenden Wasserleitung verfügt.
41 
2.1.1.2 Fehl geht die Ansicht des Klägers, er sei vom Anschlusszwang aufgrund der Vorgehensweise der Gemeinde B. befreit bzw. es bestünde seit jeher eine faktische Befreiung vom Anschlusszwang. Nicht zu teilen vermag die Kammer die Annahme des Klägers, die Beklagte habe mit dem Bescheid vom 12.06.2013 Ziffer 2 des versagenden Bescheides vom 16.05.2013 aufgehoben und damit zugleich dem klägerischen Begehren auf Befreiung vom Anschlusszwang vollständig entsprochen. Bei der gebotenen objektiven Auslegung aus dem Empfängerhorizont erschöpft sich die Wirkung des Rücknahmebescheids vom 12.06.2013 darin, die rechtswidrige Entscheidung über den Widerspruch des Klägers im Bescheid vom 16.05.2013 aufzuheben. Der Ausgangsbescheid vom 06.02.2013, mit dem die Beklagte das klägerische Befreiungsbegehren abgelehnt hat, bleibt hiervon unberührt. Im Übrigen hätte eine Aufhebung des versagenden Bescheides nicht zur Folge, dass das klägerische Begehren anerkannt wird. Maßgeblich in einer Verpflichtungskonstellation ist gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein, ob dem Bürger der betreffende Anspruch zusteht; der Aufhebung der versagenden Bescheide kommt dabei lediglich eine Hilfsfunktion zu. Nicht zum Erfolg führt auch das Vorbringen des Klägers, es habe im Grunde „eine tradierte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang seit ca. 150 Jahren“ bestanden. Zutreffend weist die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang das Bestehen eines derartigen Zwanges voraussetzt, was vor 150 Jahren mangels entsprechender Satzungsbestimmungen nicht der Fall war. Im Übrigen betrifft nach dem oben Gesagten der Anschluss- und Benutzungszwang allein das hier in Rede stehende Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX. Auch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers war an die in der Vergangenheit bereits existente Quellfassung lediglich die eigentliche Hofstelle auf den Flurstücken XXX/X bzw. XXX/X angeschlossen. Für die Annahme einer tradierten Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang ist daher auch aufgrund der gebotenen grundstücksbezogenen Betrachtung dieser Institute kein Raum.
42 
2.1.1.3 Dem Kläger steht kein Anspruch auf vollständige oder teilweise Befreiung vom Zwang zum Anschluss des Grundstücks Flst.-Nr. XXX/XX an die öffentliche Wasserversorgung zu. Gemäß § 4 Abs. 2 WVS wird der Grundstückseigentümer von der Verpflichtung zum Anschluss auf Antrag befreit, wenn der Anschluss ihm aus besonderen Gründen und unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Gemeinwohls nicht zugemutet werden kann; der Antrag auf Befreiung ist unter Angabe der Gründe schriftlich bei der Stadt einzureichen. Dieser Befreiungstatbestand ist nicht erfüllt. Das in den Regelungen des § 11 GemO und der auf dessen Grundlage erlassenen Wasserversorgungssatzung zum Ausdruck kommende öffentliche Interesse am Anschluss des Grundstücks wird nicht durch das private Interesse des Klägers an einer eigenen Wasserversorgung für den landwirtschaftlich genutzten Stall überwogen. Der Kläger macht bereits keine substantiierten Gründe geltend, die für eine Befreiung vom Anschlusszwang streiten könnten. Zwar kann die Höhe von Anschlusskosten im Einzelfall eine Befreiung von der Anschlusspflicht grundsätzlich rechtfertigen. Dies gilt aber nicht schon dann, wenn die Anschlusskosten besonders hoch sind. Darüber hinaus ist erforderlich, dass diese Aufwendungen in keinem tragbaren Verhältnis zum Wert des Grundstücks stehen, bei dessen Bemessung die durch die Erschließung vermittelte Wertsteigerung zu berücksichtigen ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.07.2015 - 15 A 2604/14 - NVwZ-RR 2015, 908). Dies zugrunde gelegt ist nicht davon auszugehen, dass die Kosten des Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung insbesondere in Anbetracht der örtlichen Verhältnisse und der Länge der zu errichtenden Hausanschlussleitung unzumutbar wären.
43 
2.1.2 Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf (teilweise) Befreiung vom Zwang zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgung. Zwar scheitert eine Teilbefreiung - entgegen der Auffassung der Beklagten und der Widerspruchsbehörde - nicht an der Unzumutbarkeit der teilweisen Freistellung von der Wasserbezugsverpflichtung aus wirtschaftlichen Gründen für die Allgemeinheit (2.1.2.1). Indes ist das Begehren des Klägers einer Teilbefreiung im Sinne von § 5 Abs. 3 WVS nicht zugänglich (2.1.2.2). Der der Sache nach geltend gemachte Anspruch auf vollständige Befreiung gemäß § 5 Abs. 2 WVS ist nicht begründet (2.1.2.3).
44 
2.1.2.1 Nach § 5 Abs. 3 WVS wird auf Antrag die Verpflichtung zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf beschränkt, soweit das für die öffentliche Wasserversorgung wirtschaftlich zumutbar ist. Mit dieser Regelung hat der Satzungsgeber den auf der Grundlage von § 11 Abs. 1 GemO angeordneten, grundsätzlich umfassenden Zwang zur Benutzung seiner Wasserversorgungseinrichtung (§ 5 Abs. 1 WVS) entsprechend der bundesrechtlichen Vorgabe des § 3 Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20.06.1980 (BGBl. I 1980 S. 750, ber. S. 1067) ausgestaltet. § 5 Abs. 3 WVS bezweckt einen schonenden Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung einerseits und dem Individualinteresse der einzelnen Verbraucher an der Berücksichtigung ihrer jeweiligen besonderen Bedürfnisse und Wünsche andererseits (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.11.1981 - 2 BvR 671/81 -, NVwZ 1982, 306; BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV hängt der Befreiungsanspruch allein von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Versorgungsträger ab, wobei für Ermessenserwägungen kein Raum ist (vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 08.04.2008 - 4 B 403/07 - NJ 2008, 424). Der vom Bundesverordnungsgeber aus Gründen des allgemeinen Verbraucherschutzes (Hermann/Recknagel, in: Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, Kommentar zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, § 3 Abs. 1 AVBWasserV Rdnr. 6) durch § 3 Abs. 1 Satz AVBWasserV vorgegebene Befreiungstatbestand ist von dem sogenannten allgemeinen Befreiungsanspruch strikt zu trennen, der allein an das Überschreiten der Opfer - bzw. Zumutbarkeitsgrenze für den Nutzungspflichtigen anknüpft, ohne die wirtschaftlichen Folgen für den öffentlichen Wasserversorgungsträger vorrangig in den Blick zu nehmen. Der allgemeine Befreiungsanspruch dient der Abmilderung besonderer Härten, die einzelne Anschlussnehmer in besonders gelagerten Einzelfällen durch die abstrakt-generelle Satzungsregelung treffen.
45 
Der begehrten Beschränkung der Benutzungspflicht kann entgegen der Ansicht der Beklagten und der Widerspruchsbehörde hier nicht entgegengehalten werden, sie sei für die öffentliche Wasserversorgung „wirtschaftlich unzumutbar“. Die Zumutbarkeitsregelung unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen Überprüfung, wobei für die Auslegung auf § 3 Abs. 1 AVBWasserV zurückzugreifen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Teilbefreiung vom Benutzungszwang wirtschaftlich unzumutbar, wenn andernfalls die finanziellen Kapazitäten des Versorgungsträgers überfordert wären oder die Wasserversorgung nicht zu erträglichen Preisen möglich wäre. Maßgeblich für die Bewertung, ob infolge einer Teilbefreiung vom Benutzungszwang für den Verbraucher untragbare Wasserpreise zu besorgen sind, ist stets die konkrete Situation des Einzelfalls, deren Beurteilung sich einer verallgemeinerungsfähigen Klärung entzieht. Im Einzelfall kann das Preis- bzw. Gebührenniveau der Wasserversorger in der Umgebung eine Rolle spielen, wobei bereits ein deutlicher prozentualer Anstieg des Wasserpreises oder ein deutlicher Gebührensprung für sich genommen den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren verlassen kann. Von Bedeutung kann aber auch sein, ob die Wasserversorgung im Wege einer Teil- und/oder Vollversorgung erfolgt und ob die Mittel für die Wasserversorgung durch verbrauchsorientierte Gebühren oder verbrauchsunabhängige Anschlussbeiträge beschafft werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.12.2010 - 8 B 40.10 -, RdL 2011, 233; Sächs. OVG, Beschluss vom 06.05.2014 - 4 A 821/12 -, juris).
46 
Ausgehend hiervon ist die teilweise Befreiung des Klägers vom Benutzungszwang der Einrichtung der Beklagten derzeit wirtschaftlich zumutbar. Die mit einer geringeren Wasserabnahme durch den Kläger und etwaige berücksichtigungsfähige Folgeanträge verbundene Erhöhung der Verbrauchsgebühren für Trinkwasser in der Einrichtung der Beklagten ist für die Abnehmer im maßgeblichen Versorgungsgebiet hinnehmbar. Die Finanzierung der Einrichtung der Beklagten erfolgt über Grundgebühren (§ 42 WVS), die sich nach der Zählergröße richten, und Verbrauchsgebühren (§ 43 WVS). Die benutzerabhängige Gebühr in B. beträgt nach unbestrittenem Vortrag der Beklagten derzeit 1,51 EUR netto/m³. Nach den Berechnungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren ergeben sich bei der begehrten Befreiung und einer weiteren, in den Blick zu nehmenden möglichen Befreiung des Landwirts Sch. und einem damit anzunehmenden Minderverbrauch von 3.000 m³ Mehrkosten für die übrigen Verbraucher in Höhe von 0,0098 EUR/m³ bzw. gerundet von 0,01 EUR/m³, mithin erhöht sich die Verbrauchsgebühr auf 1,52 EUR/m³. Ausgehend von der derzeitigen Verbrauchsgebühr macht eine Erhöhung um 0,01 EUR einen Anstieg von unter einem Prozent aus. Dass der Gebührenausfall, der durch den Minderverbrauch auf dem Grundstück des Klägers bewirkt würde, für sich betrachtet die Schwelle zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit nicht überschreitet, steht damit mit Blick auf die in Rede stehenden Gebührenerhöhungen außer Frage. Entgegen der von der Beklagten erstmals mit Schriftsatz vom 15.04.2016 vertretenen Auffassung ist bei der Zumutbarkeitsprüfung nicht von einem potentiellen Minderverbrauch von 16.000 m³ bis 17.000 m³ Wasser durch etwaige Folgeanträge auszugehen. Im Ansatz zutreffend weist die Beklagte freilich darauf hin, dass bei dieser Beurteilung nicht nur die Auswirkungen des konkret zu prüfenden Antrags auf die Gebührenkalkulation in den Blick zu nehmen sind. Vielmehr ist es aus Gründen der Gleichbehandlung geboten, auch weitere anstehende Beschränkungsbegehren in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei darf nicht allein auf anhängige Beschränkungsanträge abgestellt werden; es reicht vielmehr aus, wenn solche Anträge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit abzusehen sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 23.10.1989 - 1 S 2484/88 -, NVwZ-RR 1990, 239; und vom 28.05.2009 - 1 S 1173/08 - VBlBW 2009, 338). Demgegenüber genügen bloße vage Spekulationen nicht. Nach diesen Maßstäben durfte die Beklagte lediglich den im Behördenverfahren in Ansatz gebrachten weiteren Befreiungsantrag des Landwirts Sch. mit einem Verbrauch von 1.500 m³ Wasser berücksichtigen. Wie in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten im Einzelnen näher dargelegt, beruht der von ihr nunmehr für richtig gehaltene Minderverbrauch von 16.000 m³ bis 17.000 m³ Wasser auf einer Abschätzung des gesamten in Bad Schussenried derzeit verbrauchten Stallwassers. Die Beklagte hat demnach keine Prognose angestellt, mit welchen Befreiungsanträgen in Zukunft zu rechnen ist, sondern hat den theoretisch maximal möglichen Minderverbrauch in Ansatz gebracht.
47 
Jedoch kann die wirtschaftliche Unzumutbarkeit für die übrigen Wasserabnehmer nicht lediglich durch den absoluten Anstieg bestimmt werden; vielmehr muss auch der Wasserpreis in seiner absoluten Höhe im Verhältnis zu den Preisen anderer Versorger in der Region in den Blick genommen werden (vgl. BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.05.2009 - 1 S 1173/08 -, a.a.O.). Demnach muss auch das Ausgangs- und Zielniveau verglichen mit den Preisen anderer Wasserversorger in der Umgebung berücksichtigt werden. Danach kann ungeachtet einer nur geringen prozentualen Erhöhung von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit dann ausgegangen werden, wenn die Beschränkung der Benutzungspflicht zu einer Gebühr führen würde, deren Höhe das Preisniveau in der Region deutlich übersteigt. Bei einer erheblichen Spreizung der Gebührenhöhe im Vergleichsgebiet setzt diese Feststellung nicht zwingend die Überschreitung des - gegebenenfalls um offensichtliche „Ausreißer“ bereinigten - Rahmens voraus. Vielmehr kann dann schon das Ausmaß der Abweichung von der durchschnittlichen Gebührenhöhe ausreichen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.05.2009 - 1 S 1173/08 -, a.a.O.). Ausweislich einer von der Widerspruchsbehörde eingeholten Übersicht der Wassergebühren in den Gemeinden des Landkreises Biberach in dem Jahr 2013 beläuft sich die Höhe der Wassergebühren im Durchschnitt auf 1,33 EUR. Dabei reicht die Spanne von 0,77 EUR/m³ bis zu einem Spitzenwert von 2,70 EUR/m³. Der von der Beklagten verlangte Wasserspreis in Höhe von 1,51 EUR liegt damit bereits um 0,18 EUR über dem durchschnittlichen Wert innerhalb des Landkreises Biberach. Die in den Blick zu nehmende Gebührenerhöhung um maximal 0,01 EUR aufgrund der Teilbefreiung des Klägers und eines weiteren Landwirts führt zu einem Wasserpreis in der Stadt B., der 15 Prozent über dem durchschnittlichen Preis im Landkreis in Höhe von 1,33 EUR liegt. Jedoch ist auch bei dieser relativen Betrachtung die zu erwartende Gebührenerhöhung nicht unzumutbar. Eine solche Belastung ist den übrigen Wasserabnehmern bei der gebotenen Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen des Klägers und dem von § 3 AVBWasserV verfolgten Normzweck vielmehr ohne weiteres zumutbar. Wie der Kläger zu Recht hervorhebt, liegt eine derartige Gebührenerhöhung am untersten Rand der möglichen Erhöhung und im Rahmen dessen, was bei einer Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse stets zu gegenwärtigen ist. Nach den in der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäben (vgl. etwa BayVGH, Urteil vom 03.04.2014 - 4 B 13.2455 -, DÖV 2014, 676) erscheint bei einem Überschreiten der örtlichen Verbrauchsgebühr gegenüber dem nivellierten Ausgangswert von weniger als 20 Prozent sogar ein Gebührensprung von 20 Prozent als zumutbar. Auch wenn gegen diese pauschalisierende Betrachtung des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs in Anbetracht der vom Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 30.12.2010 - 8 B 40.10 -, a.a.O.) geforderten individuellen Würdigung ohne feste Bezugsgrößen gewisse Bedenken bestehen, so kann sie doch als erster Anhaltspunkt für die Zumutbarkeitsbetrachtung dienen. Ausgehend hiervon ist die hier in Rede stehende Gebührenerhöhung von 0,01 EUR bzw. relativ gesehen von weniger als einem Prozent auch in Anbetracht der um 15 Prozent über dem Kreisdurchschnitt liegenden Gebühren zumutbar. Im Übrigen ist bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer Teilbefreiung vom Benutzungszwang auch zu berücksichtigen, dass der Wasserversorger bei der Planung und Kalkulation seiner Einrichtung nicht von einer Vollversorgung der landwirtschaftlichen Betriebe in seinem Gebiet ausgehen darf, sondern sich auf die durch § 3 Abs. 1 AVBWasserV eingeräumte Befreiungsmöglichkeit vom Benutzungszwang einstellen muss (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.03.1992 - 2 L 15/91 -, juris).
48 
2.2.1.2 Indes ist das Begehren des Klägers auf Befreiung vom Benutzungszwang für das für landwirtschaftliche Zwecke benötigte Wasser einer Teilbefreiung im Sinne von § 5 Abs. 3 WVS nicht zugänglich. Der Kläger begehrt ausweislich seines Antrags vom 05.02.2013 die Befreiung vom Benutzungszwang für seinen auf dem Flurstück XXX/XX gelegenen neuen Großviehstall, während die übrige Hofstelle (insbesondere die beiden Wohnhäuser XX und XX) auf den Flurstücken XXX/X und XXX/X weiterhin von der öffentlichen Wasserversorgung der Beklagten bedient werden sollen. Dieses Begehren ist bei der gebotenen grundstücksbezogenen Betrachtung indes auf eine vollständige Befreiung vom Benutzungszwang im Sinne von § 5 Abs. 2 WVS gerichtet. Bei der Frage, wie die Vollbefreiung gemäß § 5 Abs. 2 WVS von der Teilbefreiung nach § 5 Abs. 3 WVS auszugehen ist, ist § 3 Abs. 1 AVBWasserV in den Blick zu nehmen, welchem die Beklagte mit § 5 Abs. 3 WVS Rechnung getragen hat. Hiernach hat das Versorgungsunternehmen dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder einen Teilbedarf zu beschränken. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf diese Vorschrift nicht dazu führen, dass ein rechtmäßig angeordneter Benutzungszwang im Ergebnis leer läuft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.01.1986 - 7 CB 51.85 u.a. -, NVwZ 1986, 483). Soweit diese möglich ist, müssen die Satzungsregelungen über die Teilbefreiung so ausgelegt werden, dass die Verpflichtung zum Benutzungszwang im Grundsatz gewahrt bleibt. Ausgehend hiervon liegt eine Vollbefreiung vor, wenn die begehrte Befreiung dazu führt, dass bei dem Betroffenen keine wesentliche Verpflichtung zur Deckung des Wasserbedarfs aus der öffentlichen Anlage mehr verbleibt.
49 
Vorliegend bedarf es keiner genauen Klärung, wo die Grenze von der Voll- zur Teilbefreiung zu ziehen ist. Denn der Kläger will nach seinem eigenen Sachvortrag für den Rinderstall auf dem maßgeblichen Flurstück XXX/XX überhaupt kein Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung der Beklagten beziehen, sondern dieses vollständig mit der Eigenwasserversorgung gewinnen. Die in § 5 Abs. 2 und 3 WVS angelegte Befreiungsmöglichkeit knüpft ebenso wie der Anschluss- und Benutzungszwang an sich an das Grundstück im Sinne des Buchgrundstücks, also des maßgeblichen Flurstücks, an (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.2015 - 1 S 1130/15 -, a.a.O.; sowie Urteil vom 28.05.2009 - 1 S 1173/08 -, a.a.O.). Diese zwingende Folge aus der vom Gesetz vorgegebenen strikt grundstücksbezogenen Betrachtungsweise hat durch das Abstellen auf ein formales Kriterium im Übrigen den Vorteil der Rechtsklarheit und der Beständigkeit für sich, während ein personen- bzw. betriebsbezogener Ansatz jeweils auf Änderungen in den Eigentumsverhältnissen bzw. im Betriebskonzept und Betriebsumfang reagieren müsste. Im Übrigen ist diese grundstücksbezogene Betrachtung lediglich Reflex daraus, dass auch der Benutzungszwang nach dem oben Gesagten gemäß § 4 Abs. 1 WVS an das entsprechende einzelne Grundstück anknüpft, nicht jedoch an den Betrieb als solchen. Im Übrigen ist auch bei einer grundstücksbezogenen Betrachtungsweise eine Prüfung am Maßstab des § 5 Abs. 3 WVS nicht ausgeschlossen. Hiernach muss sich der Umfang der Benutzungspflicht eines landwirtschaftlichen Betriebs nach unterschiedlichen rechtlichen Kriterien messen lassen je nachdem, ob ein abgrenzbarer Wasserbedarf auf dem Grundstück der Hofstelle oder auf einem anderen entsteht, das nicht einmal äußerlich erkennbar deutlich abgegrenzt sein muss. Eine anderweitige Betrachtung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Einheit geboten (vgl. zur ausnahmsweisen Zugrundelegung des wirtschaftlichen Grundstücksrechts in dem Beitragsrecht BayVGH, Beschluss vom 27.06.2000 - 23 ZB 00.1626 -, juris; Urteil vom 04.10.2001 - 23 B 00.3686 -, BayVBl 2002, 148). Denn jedenfalls bilden die Grundstücke Flst.-Nr. XXX/X bzw. XXX/X und das hier maßgebliche Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX keine wirtschaftliche Einheit. Eine wirtschaftliche Einheit ist lediglich dann gegeben, wenn wegen rechtlich verbindlicher planerischer Vorstellungen oder tatsächlicher Geländeverhältnisse ein Teil eines Grundstücks nur selbständig baulich genutzt werden kann und deshalb sinnvoller Weise einen eigenen Anschluss an die öffentliche Einrichtung erhalten muss oder wenn mehrere Grundstücke desselben Eigentümers wegen ihrer geringen Größe nicht jeweils für sich, sondern nur in der Zusammenfassung baulich genutzt werden können und deshalb nur einen Anschluss benötigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.09.2012 - 1 S 3072/11 -, ESVGH 63.187). Gemessen hieran bildet das Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX im Verhältnis zu den Grundstücken Flst.-Nr. XXX/X bzw. XXX/X keine wirtschaftliche Einheit. Trotz räumlichem Zusammenhangs und Eigentümeridentität sind diese Grundstücke nämlich schon aufgrund ihrer Größe jeweils selbständig baulich nutzbar. Beide Grundstücke sind auch tatsächlich selbständig bebaut und liegen planungsrechtlich in unterschiedlichen Gebieten. Unerheblich ist vor diesem Hintergrund der von dem Kläger hervorgehobene Umstand, dass die Hofgrundstücke eine historisch gewachsene betriebliche Einheit bilden und die Hoferweiterung um den neu gebauten Stall betriebswirtschaftlich sinnvoll ist.
50 
2.1.2.3 Bedarf der Kläger hiernach für die von ihm gewünschte Beschränkung des Benutzungszwangs einer Befreiung nach § 5 Abs. 2 WVS, bleibt sein Begehren erfolglos; die Voraussetzungen dieser Regelung liegen nicht vor. Bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen die in § 5 Abs. 2 WVS in Bezug genommenen Befreiungsgründe vorliegen, ist § 11 Abs. 1 und 2 GemO zu berücksichtigen. Danach kann die Satzung Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zulassen. Hiermit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er die Unterwerfung unter den Anschluss- und Benutzungszwang als den Regelfall ansieht und vom Satzungsgeber lediglich Ausnahmen zugelassen werden können. Daraus folgt für eine entsprechende Satzungsregelung, dass sie nur solche Tatbestände als Befreiungsgründe anerkennen darf, die nicht so weit gefasst sind, dass sie das Verhältnis von Regel und Ausnahme umkehren oder auch nur in die Gefahr einer Umkehrung bringen. Demzufolge sind Satzungsregelungen zulässig, die eine Ausnahme bei besonderen atypischen Fallgestaltungen gewähren. Der durch Satzung begründete Zwang, Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen und diese zu benutzen, stellen für den betroffen Grundstückseigentümer grundsätzlich eine zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.01.1988 - 7 B 55.87 -, juris). Dabei sind sogar die Eigentumsrechte des Grundeigentümers, der eine private Wasserversorgungsanlage betreibt, von vornherein dahin eingeschränkt, dass er seine Anlage nur so lange benutzen darf, bis der Wasserversorgungsträger von der ihm gesetzlich zustehenden Befugnis Gebrauch macht, die Wasserversorgung im öffentlichen Interesse in seine Verantwortung zu nehmen.
51 
Die Regelung des § 5 Abs. 2 WVS ist einer Auslegung nach den vorstehenden Maßstäben zugänglich und mit § 11 Abs. 1 und 2 GemO vereinbar. Sie sieht eine Befreiung des Grundstückseigentümers vom Benutzungszwang vor, „wenn die Benutzung ihm aus besonderen Gründen auch unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Gemeinwohls nicht zugemutet werden kann“. Für das Vorliegen eines besonderen, atypischen Falles ist hier indes nichts ersichtlich. Die von dem Kläger geltend gemachten wirtschaftlichen Nachteile des öffentlichen Wasserbezugs reichen nach dem oben Gesagten nicht aus.
52 
2.2. Der Kläger hat auch nicht den von ihm geltend gemachten Anspruch dahingehend, dass die beklagte Gemeinde an den bei dem Landratsamt Biberach zu führenden wasserrechtlichen Verfahren auf Genehmigung einer Eigenwasserversorgung mitwirkt oder hierzu ihre Zustimmung erteilt. Diesem Anspruch stehen bereits die einschlägigen Zuständigkeitsbestimmungen im Wassergesetz Baden-Württemberg entgegen. Nach § 82 Abs. 1 WG BW ist für die Genehmigung zur Entnahme des Grundwasser - sollte eine solche nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 WHG überhaupt erforderlich sein - die unter Wasserbehörde sachlich zuständig, also das Landratsamt Biberach. Ein Handeln im Benehmen oder gar im Einvernehmen mit der Gemeinde ist hierbei nach den wasserrechtlichen Bestimmungen nicht vorgesehen. Nach dem oben unter 1. Ausgeführten stehen vielmehr wasserrechtliche Genehmigungen und der streitgegenständliche Anspruch auf (Teil-)Befreiung vom Benutzungszwang selbständig nebeneinander, ohne dass ein Vorrangverhältnis eines der beiden Institute bestünde.
53 
2.3 Die Festsetzung der Gebühr im Widerspruchsbescheid des Landratsamts Biberach vom 24.09.2013 ist nicht zu beanstanden. Nach dem oben Dargelegten ist die der Gebührenerhebung zugrunde liegende Amtshandlung rechtmäßig; Bedenken gegen die Höhe der festgesetzten Gebühr sind weder vom Kläger geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
54 
Nach alldem bleibt die Klage ohne Erfolg.
55 
Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten war vor diesem Hintergrund nicht auszusprechen.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

31 
Die Klage ist zulässig (1.), sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (2.).
32 
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere kann dem Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang abgesprochen werden. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann; die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 -, BVerwGE 121, 1; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.10.2014 - 10 S 3450/11 -, DVBl. 2015, 189; sowie Beschluss vom 19.11.2015 - 10 S 2004/15 -, juris). Gemessen an diesem Maßstab kann nicht mit der notwendigen Offensichtlichkeit angenommen werden, dass die begehrte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang für den Kläger erkennbar nutzlos ist. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger zum Betrieb seiner Eigenwasserversorgung einer wasserrechtlichen Ausnahmegenehmigung bedarf und eine solche auch erhält. Es kann hier dahin gestellt bleiben, ob der Kläger nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 WHG das aus der Quelle geförderte Wasser für seinen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Vorschrift erlaubnisfrei nutzen darf. Selbst wenn der Kläger hierzu eine wasserrechtliche Genehmigung benötigen sollte, eine solche Zulassung jedoch nicht erhielte, würde er die Beschränkung seiner Benutzungspflicht lediglich nicht in Anspruch nehmen können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.04.1988 - 7 B 54.88 -, NVwZ 1988, 1029; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 03.02.2010 - 2 L 117/05 -, RDL 2012, 118). Auch eine gegebenenfalls erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis wäre für den Kläger ohne Nutzen, wenn er die hier im Streit befindliche Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nicht erhielte. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger unter keinen Umständen berechtigt sein wird, selbst gefördertes Wasser zu dem angegebenen Zweck zu verwenden, so dass sein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis entfallen könnte, bestehen nicht. Besondere Vorschriften, die für die Viehtränke und erst Recht die Stallreinigung Wasser in Trinkwasserqualität verlangten, sind nicht ersichtlich (vgl. BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.579 -, juris).
33 
Des Weiteren hat der Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten für sein Begehren Ziffer 3 das erforderliche Widerspruchsverfahren (§ 68 VwGO) durchgeführt. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger mit seinem Antrag vom 05.02.2013 ursprünglich die Genehmigung der Eigenwasserversorgung durch die beklagte Stadt B. beantragt, während er im gerichtlichen Verfahren sein Begehren auf Mitwirkung der Stadt an einem bei dem Landratsamt zu führenden wasserrechtlichen Verfahren umgestellt hat. Denn dieses Begehren auf Mitwirkung ist als Minus gegenüber der ursprünglich beantragten Entscheidung durch die Stadt über die wasserrechtliche Gestattung anzusehen. Keiner Klärung bedarf in diesem Zusammenhang ferner, ob die Wasserversorgungssatzung der Stadt B. die vom Kläger beantragte teilweise Befreiung vom Anschlusszwang vorsieht. Diese Frage beinhaltet komplexe rechtliche Bewertungen und ist deshalb nicht eine solche des Rechtsschutzbedürfnisses oder sonstiger Zulässigkeitserwägungen, sondern im Rahmen der Begründetheitsprüfung zu beantworten.
34 
2. Die Klage bleibt jedoch in der Sache insgesamt ohne Erfolg. Dem Kläger steht weder der geltend gemachte Anspruch auf (Teil-)Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang der öffentlichen Einrichtung zur Wasserversorgung der Beklagten hinsichtlich des im landwirtschaftlichen Betrieb verwendeten Wassers (2.1) noch auf Zustimmung der beklagten Stadt zu dem beim Landratsamt zur führenden wasserrechtlichen Verfahren (2.2) zu. Der versagende Bescheid der Beklagten vom 06.02.2013 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Biberach vom 24.09.2013 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in eigenen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Schließlich wird der Kläger auch nicht durch die Gebührenfestsetzung im Widerspruchsbescheid des Landratsamts Biberach vom 24.09.2013 in eigenen Rechen verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 2.3).
35 
2.1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der begehrten Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Kammer. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass bei Entscheidungen über Verpflichtungs- und Bescheidungsklagen grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz maßgeblich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.06.2003 - 4 B 14.03 -, NVwZ-RR 2003, 719). So ist mangels einer abweichenden materiell-rechtlichen Regelung auch hier auf die aktuelle Fassung der Satzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung - WVS -) der Stadt B. vom 19.11.2015 abzustellen. Unabhängig hiervon enthalten die Vorgängerfassungen der Satzung im hier interessierenden Bereich keine abweichenden Regelungen. Gemessen an diesen Satzungsbestimmungen steht dem Kläger weder der geltend gemachte Anspruch auf Befreiung vom Anschlusszwang nach § 4 der Satzung (2.1.1) noch auf teilweise oder vollständige Befreiung vom Benutzungszwang aufgrund von § 5 Abs. 2 und 3 der Satzung (2.1.2) zu.
36 
2.1.1 Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Kläger vollständig oder teilweise vom Zwang zum Anschluss seines Viehstalls auf dem Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX der Gemarkung O. an ihre öffentliche Wasserversorgung zu befreien. Zwar unterliegt das Grundstück - was Voraussetzung für eine Befreiung ist und deshalb inzident geprüft werden muss - dem Anschlusszwang (2.1.1.1). Die Stadt B. hat den Kläger nicht wie von ihm angenommen in der Vergangenheit vom Anschlusszwang dispendiert (2.1.1.2). Die Voraussetzungen für eine vollständige oder teilweise Befreiung vom Anschlusszwang liegen nicht vor (2.1.1.3).
37 
2.1.1.1 Die Regelung in § 4 Abs. 1 und 2 WVS ist gültig und rechtlich nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Grundlage in § 11 GemO und § 44 Abs. 1 WG. § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO ermächtigt die Gemeinden, bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebiets unter anderem den Anschluss an der Wasserversorgung dienenden Einrichtungen (Anschlusszwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen (Benutzungszwang) vorzuschreiben; die Satzung kann bestimmte Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zulassen und ihn auf bestimmte Teile des Gemeindegebiets oder bestimmte Gruppen von Grundstücken, Gewerbetreibenden oder Personen beschränken (§ 11 Abs. 2 GemO). § 11 GemO ist eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Spezialermächtigung, die als landesrechtliche Eingriffsgrundlage aus Gründen der Volksgesundheit Eingriffe in die Grundrechte der Grundstückseigentümer oder der sonst zur Nutzung des Grundstücks Berechtigten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG legitimieren kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.2015 - 1 S 1130/15 -, DVBl. 2016, 127; und Urteil vom 20.09.2012 - 1 S 3072/11 -, VBlBW 2013, 73 m.w.N.).
38 
Ein öffentliches Bedürfnis im Sinne des § 11 Abs. 1 GemO ist gegeben, wenn durch den Anschluss- und Benutzungszwang nach objektiven Maßstäben das Wohl der Gemeindeeinwohner gefördert wird. Dabei können neben den Gründen des öffentlichen Wohles auch Rentabilitätsgesichtspunkte den Anschluss- und Benutzungszwang rechtfertigen. Es handelt sich bei diesem gesetzlichen Erfordernis um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in Auslegung und Anwendung uneingeschränkt gerichtlicher Kontrolle unterliegt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.09.2012 - 1 S 3072/11 -, a.a.O.). Wie sich aus § 1 Abs. 1 WVS ergibt, besteht der Zweck des Betriebs einer öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung durch die Beklagte darin, das Gemeindegebiet mit Trinkwasser zu versorgen. Die Einrichtung dient demgemäß dem Interesse an der Erhaltung und Förderung der Volksgesundheit, indem hygienisch einwandfreies, für den menschlichen Gebrauch geeignetes Wasser zur Verfügung gestellt wird. Dieser Belang begründet ein öffentliches Bedürfnis im Sinne des § 11 Abs. 1 GemO, das die Einführung des Anschlusszwangs rechtfertigt.
39 
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 WVS - welcher der Mustersatzung des Gemeindetages Baden-Württemberg entspricht (vgl. BWGZ 2007, 259; 1996, 644) - sind die Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wasser verbraucht wird, verpflichtet, diese Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen, wenn sie an eine öffentliche Straße mit einer betriebsfertigen Versorgungsleitung grenzen oder ihren unmittelbaren Zugang zu einer solchen Straße durch einen Privatweg haben. Der Anschlusszwang setzt mithin die Möglichkeit voraus, ein Grundstück an eine öffentliche Versorgungsleitung anzuschließen. Bedingung hierfür ist, dass der Herstellung einer Leitungsverbindung zwischen dem Grundstück und der öffentlichen Versorgungsleitung keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Voraussetzung für die Auferlegung eines Anschlusszwanges für eine Wasserversorgungsanlage ist, dass das Grundstück überhaupt von dieser Anlage erschlossen wird. Dies setzt wiederum voraus, dass der Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Anlage der Gemeinde tatsächlich und rechtlich möglich ist. Bei leitungsgebundenen Einrichtungen besteht eine tatsächliche Anschlussmöglichkeit für ein Grundstück dann, wenn es nahe genug bei der öffentlichen Einrichtung liegt, um unter gewöhnlichen Umständen an diese angeschlossen zu werden. Maßgeblich für die Frage, ob eine Anschlussmöglichkeit „unter gewöhnlichen Umständen“ besteht, sind die örtlichen Verhältnisse in der betreffenden Gemeinde. Hiernach ist die tatsächliche Anschlussmöglichkeit regelmäßig gegeben, wenn das Grundstück unmittelbar (ggf. mit einer zu ihm gehörenden Zuwegung) an eine Straße angrenzt, in der die Versorgungsleitungen, an die angeschlossen werden soll, bis in die Höhe des anschließenden Grundstücks verlegt sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 01.03.1984 - 2 S 195/82 -, BWGZ 1984, 277; und vom 20.09.2012 - 1 S 3072/11 -, a.a.O.). Ein Hinterliegergrundstück ist rechtlich nur dann an die öffentliche Wasserversorgungsleitung anschließbar, wenn die Möglichkeit, Wasser durch die Fremdgrundstücke zu leiten, dauerhaft gesichert ist. Erforderlich ist dabei eine dingliche Sicherung des Durchleitungsrechts, sei es öffentlich-rechtlich in der Gestalt einer Baulast oder zivilrechtlich durch eine Grunddienstbarkeit. Stehen Vorderlieger- und Hinterliegergrundstück im selben Eigentum, ist beim bebauten Hinterliegergrundstück dieses Recht gesichert, wenn im Fall der Veräußerung des Vorderliegergrundstücks an einen Dritten zu Lasten des Erwerbers ein Notleitungsrecht kraft Gesetzes entsteht (§ 918 Abs. 2 BGB). Denn das allgemeine Notwegerecht enthält auch ein „Notwasser- und Notkanalrecht“. Das kraft Gesetzes entstehende Notleitungsrecht will sicherstellen, dass ein Grundstück, bei dem bisher über das nunmehr veräußerte Grundstück eine Verbindung mit dem öffentlichen Weg tatsächlich und rechtlich möglich war, nicht verbindungslos wird und eine ordnungsgemäße Benutzung nicht mehr möglich wäre. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Notwegerecht kraft Gesetzes dann nicht entsteht und mit Blick auf die Eigentumsgarantie auch nicht entstehen darf, wenn trotz des Eigentümerwechsels beim Vorderliegergrundstück das Hinterliegergrundstück weiterhin über eine Verbindung zu einem öffentlichen Weg verfügt. Ein Notleitungsrecht besteht folglich nicht, wenn die wegemäßige Erschließung des Hinterliegergrundstücks auf andere Weise gesichert wird. Ein Notleitungsrecht setzt voraus, dass die benötigte Ver- oder Entsorgung auf andere Weise nicht erlangt werden kann (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28.08.2008 - 4 ZB 08.1071 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.09.2012 - 1 S 3072/11 -, a.a.O.; sowie Beschluss vom 27.10.2015 - 1 S 1130/15 -, a.a.O.). Dagegen genügt die bloße abstrakte Möglichkeit eines Anspruchs nach § 7e Abs. 1 Satz 1 NRG oder einer behördlichen Anordnung gemäß § 88 Abs. 2 WG BW nicht den Anforderungen, die die Anschlussmöglichkeit voraussetzt.
40 
Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen für eine Anschlussmöglichkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 WVS für das Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX erfüllt. Das Grundstück liegt zwar nicht an einer öffentlichen Verkehrsfläche, in der eine zur Einrichtung gehörende Wasserversorgungsleitung verläuft. Die öffentliche Wasserversorgungsleitung der Beklagten liegt in der Hauptstraße und ist nicht bis zu dem Grundstück Flst.-Nr. XXX/X geführt. Indes würde im Fall der Veräußerung des Vorderliegergrundstücks Flst.-Nr. XXX/X - das ebenso wie das Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX im Eigentum des Klägers steht - zu Lasten des Erwerbers ein Notleitungsrecht kraft Gesetzes entstehen, da die benötigte Versorgung auf andere Weise nicht erlangt werden kann. Das Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX ist nach den Feststellungen der Kammer in dem eingenommenen Augenschein auf das Grundstück Flst.-Nr. XXX/X angewiesen, da es über keine eigene ausreichende Verbindung zu einem öffentlichen Weg mit einer einliegenden Wasserleitung verfügt.
41 
2.1.1.2 Fehl geht die Ansicht des Klägers, er sei vom Anschlusszwang aufgrund der Vorgehensweise der Gemeinde B. befreit bzw. es bestünde seit jeher eine faktische Befreiung vom Anschlusszwang. Nicht zu teilen vermag die Kammer die Annahme des Klägers, die Beklagte habe mit dem Bescheid vom 12.06.2013 Ziffer 2 des versagenden Bescheides vom 16.05.2013 aufgehoben und damit zugleich dem klägerischen Begehren auf Befreiung vom Anschlusszwang vollständig entsprochen. Bei der gebotenen objektiven Auslegung aus dem Empfängerhorizont erschöpft sich die Wirkung des Rücknahmebescheids vom 12.06.2013 darin, die rechtswidrige Entscheidung über den Widerspruch des Klägers im Bescheid vom 16.05.2013 aufzuheben. Der Ausgangsbescheid vom 06.02.2013, mit dem die Beklagte das klägerische Befreiungsbegehren abgelehnt hat, bleibt hiervon unberührt. Im Übrigen hätte eine Aufhebung des versagenden Bescheides nicht zur Folge, dass das klägerische Begehren anerkannt wird. Maßgeblich in einer Verpflichtungskonstellation ist gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein, ob dem Bürger der betreffende Anspruch zusteht; der Aufhebung der versagenden Bescheide kommt dabei lediglich eine Hilfsfunktion zu. Nicht zum Erfolg führt auch das Vorbringen des Klägers, es habe im Grunde „eine tradierte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang seit ca. 150 Jahren“ bestanden. Zutreffend weist die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang das Bestehen eines derartigen Zwanges voraussetzt, was vor 150 Jahren mangels entsprechender Satzungsbestimmungen nicht der Fall war. Im Übrigen betrifft nach dem oben Gesagten der Anschluss- und Benutzungszwang allein das hier in Rede stehende Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX. Auch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers war an die in der Vergangenheit bereits existente Quellfassung lediglich die eigentliche Hofstelle auf den Flurstücken XXX/X bzw. XXX/X angeschlossen. Für die Annahme einer tradierten Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang ist daher auch aufgrund der gebotenen grundstücksbezogenen Betrachtung dieser Institute kein Raum.
42 
2.1.1.3 Dem Kläger steht kein Anspruch auf vollständige oder teilweise Befreiung vom Zwang zum Anschluss des Grundstücks Flst.-Nr. XXX/XX an die öffentliche Wasserversorgung zu. Gemäß § 4 Abs. 2 WVS wird der Grundstückseigentümer von der Verpflichtung zum Anschluss auf Antrag befreit, wenn der Anschluss ihm aus besonderen Gründen und unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Gemeinwohls nicht zugemutet werden kann; der Antrag auf Befreiung ist unter Angabe der Gründe schriftlich bei der Stadt einzureichen. Dieser Befreiungstatbestand ist nicht erfüllt. Das in den Regelungen des § 11 GemO und der auf dessen Grundlage erlassenen Wasserversorgungssatzung zum Ausdruck kommende öffentliche Interesse am Anschluss des Grundstücks wird nicht durch das private Interesse des Klägers an einer eigenen Wasserversorgung für den landwirtschaftlich genutzten Stall überwogen. Der Kläger macht bereits keine substantiierten Gründe geltend, die für eine Befreiung vom Anschlusszwang streiten könnten. Zwar kann die Höhe von Anschlusskosten im Einzelfall eine Befreiung von der Anschlusspflicht grundsätzlich rechtfertigen. Dies gilt aber nicht schon dann, wenn die Anschlusskosten besonders hoch sind. Darüber hinaus ist erforderlich, dass diese Aufwendungen in keinem tragbaren Verhältnis zum Wert des Grundstücks stehen, bei dessen Bemessung die durch die Erschließung vermittelte Wertsteigerung zu berücksichtigen ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.07.2015 - 15 A 2604/14 - NVwZ-RR 2015, 908). Dies zugrunde gelegt ist nicht davon auszugehen, dass die Kosten des Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung insbesondere in Anbetracht der örtlichen Verhältnisse und der Länge der zu errichtenden Hausanschlussleitung unzumutbar wären.
43 
2.1.2 Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf (teilweise) Befreiung vom Zwang zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgung. Zwar scheitert eine Teilbefreiung - entgegen der Auffassung der Beklagten und der Widerspruchsbehörde - nicht an der Unzumutbarkeit der teilweisen Freistellung von der Wasserbezugsverpflichtung aus wirtschaftlichen Gründen für die Allgemeinheit (2.1.2.1). Indes ist das Begehren des Klägers einer Teilbefreiung im Sinne von § 5 Abs. 3 WVS nicht zugänglich (2.1.2.2). Der der Sache nach geltend gemachte Anspruch auf vollständige Befreiung gemäß § 5 Abs. 2 WVS ist nicht begründet (2.1.2.3).
44 
2.1.2.1 Nach § 5 Abs. 3 WVS wird auf Antrag die Verpflichtung zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf beschränkt, soweit das für die öffentliche Wasserversorgung wirtschaftlich zumutbar ist. Mit dieser Regelung hat der Satzungsgeber den auf der Grundlage von § 11 Abs. 1 GemO angeordneten, grundsätzlich umfassenden Zwang zur Benutzung seiner Wasserversorgungseinrichtung (§ 5 Abs. 1 WVS) entsprechend der bundesrechtlichen Vorgabe des § 3 Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20.06.1980 (BGBl. I 1980 S. 750, ber. S. 1067) ausgestaltet. § 5 Abs. 3 WVS bezweckt einen schonenden Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung einerseits und dem Individualinteresse der einzelnen Verbraucher an der Berücksichtigung ihrer jeweiligen besonderen Bedürfnisse und Wünsche andererseits (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.11.1981 - 2 BvR 671/81 -, NVwZ 1982, 306; BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV hängt der Befreiungsanspruch allein von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Versorgungsträger ab, wobei für Ermessenserwägungen kein Raum ist (vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 08.04.2008 - 4 B 403/07 - NJ 2008, 424). Der vom Bundesverordnungsgeber aus Gründen des allgemeinen Verbraucherschutzes (Hermann/Recknagel, in: Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, Kommentar zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, § 3 Abs. 1 AVBWasserV Rdnr. 6) durch § 3 Abs. 1 Satz AVBWasserV vorgegebene Befreiungstatbestand ist von dem sogenannten allgemeinen Befreiungsanspruch strikt zu trennen, der allein an das Überschreiten der Opfer - bzw. Zumutbarkeitsgrenze für den Nutzungspflichtigen anknüpft, ohne die wirtschaftlichen Folgen für den öffentlichen Wasserversorgungsträger vorrangig in den Blick zu nehmen. Der allgemeine Befreiungsanspruch dient der Abmilderung besonderer Härten, die einzelne Anschlussnehmer in besonders gelagerten Einzelfällen durch die abstrakt-generelle Satzungsregelung treffen.
45 
Der begehrten Beschränkung der Benutzungspflicht kann entgegen der Ansicht der Beklagten und der Widerspruchsbehörde hier nicht entgegengehalten werden, sie sei für die öffentliche Wasserversorgung „wirtschaftlich unzumutbar“. Die Zumutbarkeitsregelung unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen Überprüfung, wobei für die Auslegung auf § 3 Abs. 1 AVBWasserV zurückzugreifen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Teilbefreiung vom Benutzungszwang wirtschaftlich unzumutbar, wenn andernfalls die finanziellen Kapazitäten des Versorgungsträgers überfordert wären oder die Wasserversorgung nicht zu erträglichen Preisen möglich wäre. Maßgeblich für die Bewertung, ob infolge einer Teilbefreiung vom Benutzungszwang für den Verbraucher untragbare Wasserpreise zu besorgen sind, ist stets die konkrete Situation des Einzelfalls, deren Beurteilung sich einer verallgemeinerungsfähigen Klärung entzieht. Im Einzelfall kann das Preis- bzw. Gebührenniveau der Wasserversorger in der Umgebung eine Rolle spielen, wobei bereits ein deutlicher prozentualer Anstieg des Wasserpreises oder ein deutlicher Gebührensprung für sich genommen den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren verlassen kann. Von Bedeutung kann aber auch sein, ob die Wasserversorgung im Wege einer Teil- und/oder Vollversorgung erfolgt und ob die Mittel für die Wasserversorgung durch verbrauchsorientierte Gebühren oder verbrauchsunabhängige Anschlussbeiträge beschafft werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.12.2010 - 8 B 40.10 -, RdL 2011, 233; Sächs. OVG, Beschluss vom 06.05.2014 - 4 A 821/12 -, juris).
46 
Ausgehend hiervon ist die teilweise Befreiung des Klägers vom Benutzungszwang der Einrichtung der Beklagten derzeit wirtschaftlich zumutbar. Die mit einer geringeren Wasserabnahme durch den Kläger und etwaige berücksichtigungsfähige Folgeanträge verbundene Erhöhung der Verbrauchsgebühren für Trinkwasser in der Einrichtung der Beklagten ist für die Abnehmer im maßgeblichen Versorgungsgebiet hinnehmbar. Die Finanzierung der Einrichtung der Beklagten erfolgt über Grundgebühren (§ 42 WVS), die sich nach der Zählergröße richten, und Verbrauchsgebühren (§ 43 WVS). Die benutzerabhängige Gebühr in B. beträgt nach unbestrittenem Vortrag der Beklagten derzeit 1,51 EUR netto/m³. Nach den Berechnungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren ergeben sich bei der begehrten Befreiung und einer weiteren, in den Blick zu nehmenden möglichen Befreiung des Landwirts Sch. und einem damit anzunehmenden Minderverbrauch von 3.000 m³ Mehrkosten für die übrigen Verbraucher in Höhe von 0,0098 EUR/m³ bzw. gerundet von 0,01 EUR/m³, mithin erhöht sich die Verbrauchsgebühr auf 1,52 EUR/m³. Ausgehend von der derzeitigen Verbrauchsgebühr macht eine Erhöhung um 0,01 EUR einen Anstieg von unter einem Prozent aus. Dass der Gebührenausfall, der durch den Minderverbrauch auf dem Grundstück des Klägers bewirkt würde, für sich betrachtet die Schwelle zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit nicht überschreitet, steht damit mit Blick auf die in Rede stehenden Gebührenerhöhungen außer Frage. Entgegen der von der Beklagten erstmals mit Schriftsatz vom 15.04.2016 vertretenen Auffassung ist bei der Zumutbarkeitsprüfung nicht von einem potentiellen Minderverbrauch von 16.000 m³ bis 17.000 m³ Wasser durch etwaige Folgeanträge auszugehen. Im Ansatz zutreffend weist die Beklagte freilich darauf hin, dass bei dieser Beurteilung nicht nur die Auswirkungen des konkret zu prüfenden Antrags auf die Gebührenkalkulation in den Blick zu nehmen sind. Vielmehr ist es aus Gründen der Gleichbehandlung geboten, auch weitere anstehende Beschränkungsbegehren in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei darf nicht allein auf anhängige Beschränkungsanträge abgestellt werden; es reicht vielmehr aus, wenn solche Anträge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit abzusehen sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 23.10.1989 - 1 S 2484/88 -, NVwZ-RR 1990, 239; und vom 28.05.2009 - 1 S 1173/08 - VBlBW 2009, 338). Demgegenüber genügen bloße vage Spekulationen nicht. Nach diesen Maßstäben durfte die Beklagte lediglich den im Behördenverfahren in Ansatz gebrachten weiteren Befreiungsantrag des Landwirts Sch. mit einem Verbrauch von 1.500 m³ Wasser berücksichtigen. Wie in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten im Einzelnen näher dargelegt, beruht der von ihr nunmehr für richtig gehaltene Minderverbrauch von 16.000 m³ bis 17.000 m³ Wasser auf einer Abschätzung des gesamten in Bad Schussenried derzeit verbrauchten Stallwassers. Die Beklagte hat demnach keine Prognose angestellt, mit welchen Befreiungsanträgen in Zukunft zu rechnen ist, sondern hat den theoretisch maximal möglichen Minderverbrauch in Ansatz gebracht.
47 
Jedoch kann die wirtschaftliche Unzumutbarkeit für die übrigen Wasserabnehmer nicht lediglich durch den absoluten Anstieg bestimmt werden; vielmehr muss auch der Wasserpreis in seiner absoluten Höhe im Verhältnis zu den Preisen anderer Versorger in der Region in den Blick genommen werden (vgl. BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.05.2009 - 1 S 1173/08 -, a.a.O.). Demnach muss auch das Ausgangs- und Zielniveau verglichen mit den Preisen anderer Wasserversorger in der Umgebung berücksichtigt werden. Danach kann ungeachtet einer nur geringen prozentualen Erhöhung von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit dann ausgegangen werden, wenn die Beschränkung der Benutzungspflicht zu einer Gebühr führen würde, deren Höhe das Preisniveau in der Region deutlich übersteigt. Bei einer erheblichen Spreizung der Gebührenhöhe im Vergleichsgebiet setzt diese Feststellung nicht zwingend die Überschreitung des - gegebenenfalls um offensichtliche „Ausreißer“ bereinigten - Rahmens voraus. Vielmehr kann dann schon das Ausmaß der Abweichung von der durchschnittlichen Gebührenhöhe ausreichen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.05.2009 - 1 S 1173/08 -, a.a.O.). Ausweislich einer von der Widerspruchsbehörde eingeholten Übersicht der Wassergebühren in den Gemeinden des Landkreises Biberach in dem Jahr 2013 beläuft sich die Höhe der Wassergebühren im Durchschnitt auf 1,33 EUR. Dabei reicht die Spanne von 0,77 EUR/m³ bis zu einem Spitzenwert von 2,70 EUR/m³. Der von der Beklagten verlangte Wasserspreis in Höhe von 1,51 EUR liegt damit bereits um 0,18 EUR über dem durchschnittlichen Wert innerhalb des Landkreises Biberach. Die in den Blick zu nehmende Gebührenerhöhung um maximal 0,01 EUR aufgrund der Teilbefreiung des Klägers und eines weiteren Landwirts führt zu einem Wasserpreis in der Stadt B., der 15 Prozent über dem durchschnittlichen Preis im Landkreis in Höhe von 1,33 EUR liegt. Jedoch ist auch bei dieser relativen Betrachtung die zu erwartende Gebührenerhöhung nicht unzumutbar. Eine solche Belastung ist den übrigen Wasserabnehmern bei der gebotenen Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen des Klägers und dem von § 3 AVBWasserV verfolgten Normzweck vielmehr ohne weiteres zumutbar. Wie der Kläger zu Recht hervorhebt, liegt eine derartige Gebührenerhöhung am untersten Rand der möglichen Erhöhung und im Rahmen dessen, was bei einer Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse stets zu gegenwärtigen ist. Nach den in der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäben (vgl. etwa BayVGH, Urteil vom 03.04.2014 - 4 B 13.2455 -, DÖV 2014, 676) erscheint bei einem Überschreiten der örtlichen Verbrauchsgebühr gegenüber dem nivellierten Ausgangswert von weniger als 20 Prozent sogar ein Gebührensprung von 20 Prozent als zumutbar. Auch wenn gegen diese pauschalisierende Betrachtung des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs in Anbetracht der vom Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 30.12.2010 - 8 B 40.10 -, a.a.O.) geforderten individuellen Würdigung ohne feste Bezugsgrößen gewisse Bedenken bestehen, so kann sie doch als erster Anhaltspunkt für die Zumutbarkeitsbetrachtung dienen. Ausgehend hiervon ist die hier in Rede stehende Gebührenerhöhung von 0,01 EUR bzw. relativ gesehen von weniger als einem Prozent auch in Anbetracht der um 15 Prozent über dem Kreisdurchschnitt liegenden Gebühren zumutbar. Im Übrigen ist bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer Teilbefreiung vom Benutzungszwang auch zu berücksichtigen, dass der Wasserversorger bei der Planung und Kalkulation seiner Einrichtung nicht von einer Vollversorgung der landwirtschaftlichen Betriebe in seinem Gebiet ausgehen darf, sondern sich auf die durch § 3 Abs. 1 AVBWasserV eingeräumte Befreiungsmöglichkeit vom Benutzungszwang einstellen muss (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.03.1992 - 2 L 15/91 -, juris).
48 
2.2.1.2 Indes ist das Begehren des Klägers auf Befreiung vom Benutzungszwang für das für landwirtschaftliche Zwecke benötigte Wasser einer Teilbefreiung im Sinne von § 5 Abs. 3 WVS nicht zugänglich. Der Kläger begehrt ausweislich seines Antrags vom 05.02.2013 die Befreiung vom Benutzungszwang für seinen auf dem Flurstück XXX/XX gelegenen neuen Großviehstall, während die übrige Hofstelle (insbesondere die beiden Wohnhäuser XX und XX) auf den Flurstücken XXX/X und XXX/X weiterhin von der öffentlichen Wasserversorgung der Beklagten bedient werden sollen. Dieses Begehren ist bei der gebotenen grundstücksbezogenen Betrachtung indes auf eine vollständige Befreiung vom Benutzungszwang im Sinne von § 5 Abs. 2 WVS gerichtet. Bei der Frage, wie die Vollbefreiung gemäß § 5 Abs. 2 WVS von der Teilbefreiung nach § 5 Abs. 3 WVS auszugehen ist, ist § 3 Abs. 1 AVBWasserV in den Blick zu nehmen, welchem die Beklagte mit § 5 Abs. 3 WVS Rechnung getragen hat. Hiernach hat das Versorgungsunternehmen dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder einen Teilbedarf zu beschränken. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf diese Vorschrift nicht dazu führen, dass ein rechtmäßig angeordneter Benutzungszwang im Ergebnis leer läuft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.01.1986 - 7 CB 51.85 u.a. -, NVwZ 1986, 483). Soweit diese möglich ist, müssen die Satzungsregelungen über die Teilbefreiung so ausgelegt werden, dass die Verpflichtung zum Benutzungszwang im Grundsatz gewahrt bleibt. Ausgehend hiervon liegt eine Vollbefreiung vor, wenn die begehrte Befreiung dazu führt, dass bei dem Betroffenen keine wesentliche Verpflichtung zur Deckung des Wasserbedarfs aus der öffentlichen Anlage mehr verbleibt.
49 
Vorliegend bedarf es keiner genauen Klärung, wo die Grenze von der Voll- zur Teilbefreiung zu ziehen ist. Denn der Kläger will nach seinem eigenen Sachvortrag für den Rinderstall auf dem maßgeblichen Flurstück XXX/XX überhaupt kein Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung der Beklagten beziehen, sondern dieses vollständig mit der Eigenwasserversorgung gewinnen. Die in § 5 Abs. 2 und 3 WVS angelegte Befreiungsmöglichkeit knüpft ebenso wie der Anschluss- und Benutzungszwang an sich an das Grundstück im Sinne des Buchgrundstücks, also des maßgeblichen Flurstücks, an (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.2015 - 1 S 1130/15 -, a.a.O.; sowie Urteil vom 28.05.2009 - 1 S 1173/08 -, a.a.O.). Diese zwingende Folge aus der vom Gesetz vorgegebenen strikt grundstücksbezogenen Betrachtungsweise hat durch das Abstellen auf ein formales Kriterium im Übrigen den Vorteil der Rechtsklarheit und der Beständigkeit für sich, während ein personen- bzw. betriebsbezogener Ansatz jeweils auf Änderungen in den Eigentumsverhältnissen bzw. im Betriebskonzept und Betriebsumfang reagieren müsste. Im Übrigen ist diese grundstücksbezogene Betrachtung lediglich Reflex daraus, dass auch der Benutzungszwang nach dem oben Gesagten gemäß § 4 Abs. 1 WVS an das entsprechende einzelne Grundstück anknüpft, nicht jedoch an den Betrieb als solchen. Im Übrigen ist auch bei einer grundstücksbezogenen Betrachtungsweise eine Prüfung am Maßstab des § 5 Abs. 3 WVS nicht ausgeschlossen. Hiernach muss sich der Umfang der Benutzungspflicht eines landwirtschaftlichen Betriebs nach unterschiedlichen rechtlichen Kriterien messen lassen je nachdem, ob ein abgrenzbarer Wasserbedarf auf dem Grundstück der Hofstelle oder auf einem anderen entsteht, das nicht einmal äußerlich erkennbar deutlich abgegrenzt sein muss. Eine anderweitige Betrachtung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Einheit geboten (vgl. zur ausnahmsweisen Zugrundelegung des wirtschaftlichen Grundstücksrechts in dem Beitragsrecht BayVGH, Beschluss vom 27.06.2000 - 23 ZB 00.1626 -, juris; Urteil vom 04.10.2001 - 23 B 00.3686 -, BayVBl 2002, 148). Denn jedenfalls bilden die Grundstücke Flst.-Nr. XXX/X bzw. XXX/X und das hier maßgebliche Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX keine wirtschaftliche Einheit. Eine wirtschaftliche Einheit ist lediglich dann gegeben, wenn wegen rechtlich verbindlicher planerischer Vorstellungen oder tatsächlicher Geländeverhältnisse ein Teil eines Grundstücks nur selbständig baulich genutzt werden kann und deshalb sinnvoller Weise einen eigenen Anschluss an die öffentliche Einrichtung erhalten muss oder wenn mehrere Grundstücke desselben Eigentümers wegen ihrer geringen Größe nicht jeweils für sich, sondern nur in der Zusammenfassung baulich genutzt werden können und deshalb nur einen Anschluss benötigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.09.2012 - 1 S 3072/11 -, ESVGH 63.187). Gemessen hieran bildet das Grundstück Flst.-Nr. XXX/XX im Verhältnis zu den Grundstücken Flst.-Nr. XXX/X bzw. XXX/X keine wirtschaftliche Einheit. Trotz räumlichem Zusammenhangs und Eigentümeridentität sind diese Grundstücke nämlich schon aufgrund ihrer Größe jeweils selbständig baulich nutzbar. Beide Grundstücke sind auch tatsächlich selbständig bebaut und liegen planungsrechtlich in unterschiedlichen Gebieten. Unerheblich ist vor diesem Hintergrund der von dem Kläger hervorgehobene Umstand, dass die Hofgrundstücke eine historisch gewachsene betriebliche Einheit bilden und die Hoferweiterung um den neu gebauten Stall betriebswirtschaftlich sinnvoll ist.
50 
2.1.2.3 Bedarf der Kläger hiernach für die von ihm gewünschte Beschränkung des Benutzungszwangs einer Befreiung nach § 5 Abs. 2 WVS, bleibt sein Begehren erfolglos; die Voraussetzungen dieser Regelung liegen nicht vor. Bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen die in § 5 Abs. 2 WVS in Bezug genommenen Befreiungsgründe vorliegen, ist § 11 Abs. 1 und 2 GemO zu berücksichtigen. Danach kann die Satzung Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zulassen. Hiermit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er die Unterwerfung unter den Anschluss- und Benutzungszwang als den Regelfall ansieht und vom Satzungsgeber lediglich Ausnahmen zugelassen werden können. Daraus folgt für eine entsprechende Satzungsregelung, dass sie nur solche Tatbestände als Befreiungsgründe anerkennen darf, die nicht so weit gefasst sind, dass sie das Verhältnis von Regel und Ausnahme umkehren oder auch nur in die Gefahr einer Umkehrung bringen. Demzufolge sind Satzungsregelungen zulässig, die eine Ausnahme bei besonderen atypischen Fallgestaltungen gewähren. Der durch Satzung begründete Zwang, Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen und diese zu benutzen, stellen für den betroffen Grundstückseigentümer grundsätzlich eine zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.01.1988 - 7 B 55.87 -, juris). Dabei sind sogar die Eigentumsrechte des Grundeigentümers, der eine private Wasserversorgungsanlage betreibt, von vornherein dahin eingeschränkt, dass er seine Anlage nur so lange benutzen darf, bis der Wasserversorgungsträger von der ihm gesetzlich zustehenden Befugnis Gebrauch macht, die Wasserversorgung im öffentlichen Interesse in seine Verantwortung zu nehmen.
51 
Die Regelung des § 5 Abs. 2 WVS ist einer Auslegung nach den vorstehenden Maßstäben zugänglich und mit § 11 Abs. 1 und 2 GemO vereinbar. Sie sieht eine Befreiung des Grundstückseigentümers vom Benutzungszwang vor, „wenn die Benutzung ihm aus besonderen Gründen auch unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Gemeinwohls nicht zugemutet werden kann“. Für das Vorliegen eines besonderen, atypischen Falles ist hier indes nichts ersichtlich. Die von dem Kläger geltend gemachten wirtschaftlichen Nachteile des öffentlichen Wasserbezugs reichen nach dem oben Gesagten nicht aus.
52 
2.2. Der Kläger hat auch nicht den von ihm geltend gemachten Anspruch dahingehend, dass die beklagte Gemeinde an den bei dem Landratsamt Biberach zu führenden wasserrechtlichen Verfahren auf Genehmigung einer Eigenwasserversorgung mitwirkt oder hierzu ihre Zustimmung erteilt. Diesem Anspruch stehen bereits die einschlägigen Zuständigkeitsbestimmungen im Wassergesetz Baden-Württemberg entgegen. Nach § 82 Abs. 1 WG BW ist für die Genehmigung zur Entnahme des Grundwasser - sollte eine solche nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 WHG überhaupt erforderlich sein - die unter Wasserbehörde sachlich zuständig, also das Landratsamt Biberach. Ein Handeln im Benehmen oder gar im Einvernehmen mit der Gemeinde ist hierbei nach den wasserrechtlichen Bestimmungen nicht vorgesehen. Nach dem oben unter 1. Ausgeführten stehen vielmehr wasserrechtliche Genehmigungen und der streitgegenständliche Anspruch auf (Teil-)Befreiung vom Benutzungszwang selbständig nebeneinander, ohne dass ein Vorrangverhältnis eines der beiden Institute bestünde.
53 
2.3 Die Festsetzung der Gebühr im Widerspruchsbescheid des Landratsamts Biberach vom 24.09.2013 ist nicht zu beanstanden. Nach dem oben Dargelegten ist die der Gebührenerhebung zugrunde liegende Amtshandlung rechtmäßig; Bedenken gegen die Höhe der festgesetzten Gebühr sind weder vom Kläger geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
54 
Nach alldem bleibt die Klage ohne Erfolg.
55 
Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten war vor diesem Hintergrund nicht auszusprechen.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 21. Apr. 2016 - 3 K 3176/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 21. Apr. 2016 - 3 K 3176/13

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 21. Apr. 2016 - 3 K 3176/13 zitiert 17 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 58


(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende F

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 68


(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts


Wasserhaushaltsgesetz - WHG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 73


(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt 1. die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,2. wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- od

Abgabenordnung - AO 1977 | § 361 Aussetzung der Vollziehung


(1) Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheide

Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV | § 35 Öffentlich-rechtliche Versorgung mit Wasser


(1) Rechtsvorschriften, die das Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich regeln, sind den Bestimmungen dieser Verordnung entsprechend zu gestalten; unberührt bleiben die Regelungen des Verwaltungsverfahrens sowie gemeinderechtliche Vorschriften zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 918 Ausschluss des Notwegrechts


(1) Die Verpflichtung zur Duldung des Notwegs tritt nicht ein, wenn die bisherige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Wege durch eine willkürliche Handlung des Eigentümers aufgehoben wird. (2) Wird infolge der Veräußerung eines Teils

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 46 Erlaubnisfreie Benutzungen des Grundwassers


(1) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedarf das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser 1. für den Haushalt, für den landwirtschaftlichen Hofbetrieb, für das Tränken von Vieh außerhalb des Hofbetriebs oder in geringen Me

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 33 Mindestwasserführung


Das Aufstauen eines oberirdischen Gewässers oder das Entnehmen oder Ableiten von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer ist nur zulässig, wenn die Abflussmenge erhalten bleibt, die für das Gewässer und andere hiermit verbundene Gewässer erforderlich

Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV | § 3 Bedarfsdeckung


(1) Das Wasserversorgungsunternehmen hat dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Der Kunde ist verpflichtet, seine

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 21. Apr. 2016 - 3 K 3176/13 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 21. Apr. 2016 - 3 K 3176/13 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 03. Apr. 2014 - 4 B 13.2455

bei uns veröffentlicht am 03.04.2014

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Juni 2013 wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 9. März 2005 und des Widerspruchsbescheids des Landratsamts T1 vom 24. Septembe

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 19. Nov. 2015 - 10 S 2004/15

bei uns veröffentlicht am 19.11.2015

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. September 2015 - 4 K 2620/15 - wird zurückgewiesen.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlic

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 27. Okt. 2015 - 1 S 1130/15

bei uns veröffentlicht am 27.10.2015

Tenor Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. April 2015 - 3 K 1285/15 - teilweise geändert und der Antrag insgesamt abgelehnt.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 31. Juli 2015 - 15 A 2604/14

bei uns veröffentlicht am 31.07.2015

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 15.000,- € festgesetzt. 1Gründe: 2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. 3Die mit dem

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Okt. 2014 - 10 S 3450/11

bei uns veröffentlicht am 30.10.2014

Tenor Die Klagen werden abgewiesen.Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der 2. S

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 03. Feb. 2010 - 2 L 117/05

bei uns veröffentlicht am 03.02.2010

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin - 3. Kammer - vom 28. Oktober 2004 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreck

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 28. Mai 2009 - 1 S 1173/08

bei uns veröffentlicht am 28.05.2009

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Re

Referenzen

Das Aufstauen eines oberirdischen Gewässers oder das Entnehmen oder Ableiten von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer ist nur zulässig, wenn die Abflussmenge erhalten bleibt, die für das Gewässer und andere hiermit verbundene Gewässer erforderlich ist, um den Zielen des § 6 Absatz 1 und der §§ 27 bis 31 zu entsprechen (Mindestwasserführung).

(1) Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

(3) Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheids auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheids bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

(4) Durch Einlegung eines Einspruchs gegen die Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß.

(5) Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung kann das Gericht nur nach § 69 Abs. 3 und 5 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung angerufen werden.

(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt

1.
die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,
2.
wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
3.
in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 2 Nr. 1 kann durch Gesetz bestimmt werden, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig ist.

(2) Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung (im Folgenden: 2. SAG) für das Kernkraftwerk Obrigheim (KWO). Die Kläger, die im Umkreis des KWO von 3 bis 4,5 km Entfernung wohnen, befürchten durch dessen Rückbau Gefahren für Leben, Gesundheit sowie Eigentum, da es infolge eines Störfalls bei den gestatteten Maßnahmen oder eines terroristischen Angriffs auf die Anlage zu einer radioaktiven Verstrahlung ihrer Wohnumgebung kommen könne.
Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen betrieb seit dem Jahre 1968 in der Nähe des Neckars einen Druckwasserreaktor mit einer thermischen Leistung von 1.050 MW. Das Kernkraftwerk wurde auf der Grundlage mehrerer Teilgenehmigungen errichtet und betrieben. Die abschließende Genehmigung für den Betrieb des KWO, die unter anderem den Umgang mit Brennelementen regelte, wurde am 27.10.1992 erteilt. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 22.01.1997 (11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36) die Rechtmäßigkeit dieser Teilbetriebsgenehmigung bestätigt und das abweichende Urteil des Senats vom 07.03.1995 (10 S 2822/92 - ZUR 1996, 33) geändert. Der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen wurde am 26.10.1998 die Genehmigung für die Vornahme von Veränderungen an einem externen Brennelement - Lagerbecken (Errichtung und Betrieb) erteilt. Die Genehmigung gestattete insbesondere den Einbau von Brennelement-Lagergestellen in das externe Brennelement-Lagerbecken im sog. Notstandsgebäude (Bau 37) sowie die Lagerung von höchstens 980 ausschließlich im betriebseigenen Reaktor eingesetzten abgebrannten Brennelementen sowie von Kernbauteilen; ferner wurde die Notauslagerung eines KWO-Reaktorkerns aus anlagentechnischen Gründen genehmigt. Die Genehmigung ist rechtstechnisch als Änderungsgenehmigung zur abschließenden Teilbetriebsgenehmigung vom 27.10.1992 ausgestaltet. Infolge der Atomgesetz-Novelle 2002 und nach einer Übertragung von Reststrommengen vom Kernkraftwerk Philippsburg I auf das KWO wurde dessen Leistungsbetrieb am 11.05.2005 eingestellt; es folgte die Nachbetriebsphase auf der Grundlage der bisherigen Betriebsgenehmigung.
Mit Schreiben vom 21.12.2004 beantragte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen die Erteilung einer 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für das KWO (nachfolgend: 1. SAG). Der Antrag umfasste die endgültige und dauerhafte Betriebseinstellung des KWO, den Stilllegungsbetrieb und den Abbau von nicht mehr benötigten Anlagenteilen im Überwachungsbereich. Die Beigeladene machte sich mit Schreiben vom 15.01.2007 den Antrag ihrer Rechtsvorgängerin zu eigen. Die Überprüfung der Antragsunterlagen durch die Genehmigungsbehörde sowie durch den gemäß § 20 AtG zugezogenen Sachverständigen führte zu einer Fortschreibung der Unterlagen. Das Vorhaben wurde gemäß § 4 Abs. 1 AtVfV unter anderem im Bundesanzeiger vom 03.06.2006 öffentlich bekannt gemacht. Die erforderlichen Unterlagen wurden vom 14.06.2006 bis 14.08.2006 öffentlich ausgelegt; da innerhalb der Auslegungsfrist keine Einwendungen gegen das Vorhaben eingingen, fand kein Erörterungstermin statt. Im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das Gesamtvorhaben durchgeführt. Grundlage hierfür war die von der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen mit Schreiben vom 24.05.2006 vorgelegte Umweltverträglichkeitsuntersuchung zum Gesamtvorhaben, die zusammen mit dem Sicherheitsbericht, der Kurzbeschreibung, den Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau sowie den Angaben zu den radioaktiven Reststoffen und Abfällen öffentlich ausgelegt wurde. Die beteiligten Fachbehörden äußerten in ihren Stellungnahmen keine Einwände gegen das Vorhaben unter dem Gesichtspunkt der Umweltverträglichkeit; Einwendungen aus der Öffentlichkeit gingen nicht ein. Am 28.08.2008 erteilte das Umweltministerium Baden-Württemberg die 1. SAG. Ausweislich ihrer Begründung umfasste diese Genehmigung vor allem die endgültige und dauerhafte Betriebseinstellung des KWO, das Stilllegungsreglement, die zulässige Ableitung von radioaktiven Stoffen mit der Abluft und dem Abwasser sowie den Abbau von (allenfalls geringfügig kontaminierten) Anlagenteilen im Überwachungsbereich (1. Abbauschritt). Des Weiteren gestattete die Genehmigung bauliche Änderungen an den beiden Lagergebäuden (Bau 39 und Bau 52) sowie deren Nutzungsänderung zur Zwischenlagerung verpackter radioaktiver Abfälle. Genehmigt wurde ferner die Lagerung der bestrahlten KWO-Brennelemente im internen Brennelementlagerbecken des Reaktorgebäudes und im externen Lagerbecken des Notstandsgebäudes (Bau 37) sowie der Umgang mit Brennelement-/Brennstabbehältern und mit sonstigen radioaktiven Stoffen auf dem Anlagengelände. In der Genehmigung wird das Gesamtvorhaben Stilllegung und Abbau des KWO in den Blick genommen und beschrieben, das in drei Abbauschritten erfolgen sollte. In der Begründung der 1. SAG wird darauf hingewiesen, dass die Stilllegung und der Abbau des KWO auf der Basis von drei selbständigen atomrechtlichen Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen erfolgen solle; bei der 1. SAG handele es sich um eine selbständige Genehmigung und nicht um eine Teilgenehmigung im Sinne von § 18 AtVfV.
Mit einer bestandskräftig gewordenen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 gestattete der Beklagte den Einbau einer neuen Materialschleuse zum Reaktorgebäude.
Mit Schreiben vom 15.12.2008 (modifiziert mit Anschreiben vom 30.03.2010) beantragte die Beigeladene die Erteilung einer 2. SAG. Dem Antrag vom 15.12.2008 war eine von der Beigeladenen gefertigte Umwelterheblichkeitsprüfung vom 11.12.2008 beigefügt, die zu dem Ergebnis gelangte, dass die vorliegenden Antragsgegenstände keine Abweichungen gegenüber der bereits für das Gesamtvorhaben durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung beinhalteten, sodass auch der Antragsgegenstand zu keinen erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führe. Ferner ging der Antrag davon aus, dass eine weitere Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG nicht erforderlich sei, da die Antragsgegenstände nicht von den öffentlich bekannt gemachten Darstellungen abwichen. Die Genehmigungsbehörde führte im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG keine Öffentlichkeitsbeteiligung durch und hielt eine Umweltverträglichkeitsprüfung der beantragten Maßnahmen nicht für erforderlich. In einem Vermerk vom 26.01.2009 wird festgehalten, dass die Umweltauswirkungen des nunmehr genehmigten Abbauschritts durch die vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig erfasst und abgedeckt würden; aus dem Vorhaben 2. SAG resultierten keine Wirkungen, die zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führen könnten. Eine UVP-Pflicht ergebe sich deshalb aufgrund der allgemeinen Vorprüfung für das Vorhaben 2. SAG nicht. Von einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung werde in Ausübung des behördlichen Ermessens abgesehen, weil bei den beantragten Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen nachteilige Auswirkungen für Dritte und erhebliche Umweltauswirkungen nicht zu besorgen seien. Eine nochmalige Öffentlichkeitsbeteiligung lasse keinen weiteren Erkenntnisgewinn erwarten, sodass dem Gesichtspunkt der beschleunigten Durchführung der Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen im öffentlichen sowie im privaten Interesse des Genehmigungsinhabers der Vorzug zu geben sei. Die Antragsunterlagen wurden von dem TÜV Süd ET sowie der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit GmbH (hinsichtlich des Schutzes gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter) als behördlichen Sachverständigen gemäß § 20 AtG begutachtet. In seinem Gutachten vom März 2011 kommt der TÜV zu dem Ergebnis, dass bei Durchführung des Vorhabens entsprechend den vorgelegten Unterlagen die erforderliche Schadensvorsorge getroffen werde sowie durch die Arbeiten selbst und den danach erreichten Zustand keine unzulässigen Rückwirkungen auf die Umgebung zu besorgen seien.
Am 24.10.2011 erteilte der Beklagte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den streitgegenständlichen 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigungsbescheid. Nach ihrer Begründung beinhaltet die 2. SAG neben dem Abbau von Anlagenteilen im Kontrollbereich und von weiteren Anlagenteilen im Überwachungsbereich auch die Fortführung des mit der 1. SAG genehmigten Stilllegungsbetriebs nach einem geänderten Stilllegungsreglement (S. 32 der Genehmigung). Die 2. SAG gestattet unter anderem den Abbau von (stärker kontaminierten und aktivierten) Anlagenteilen im Reaktorgebäude (Bau 1). Vom Gestattungsumfang erfasst wird insbesondere der Abbau der Großkomponenten des Primärkreislaufs, namentlich der beiden Dampferzeuger, des Druckhalters, der beiden Hauptkühlmittelpumpen sowie der Hauptkühlmittelleitungen mit Anschlussleitungen und Armaturen; erfasst ist auch der Abbau des Deckels des Reaktordruckbehälters, von Reaktorhaupt- und Hilfssystemen sowie von Einrichtungen des internen Brennelementlagerbeckens mit Kühlsystemen, Lagergestellen und Manipulierbrücke. Ferner wird der Abbau von Anlagenteilen im Reaktorhilfsanlagengebäude (Bau 2), im Lager für radioaktive Abfälle (Bau 3) sowie im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60) genehmigt. Der vom Genehmigungsumfang umfasste Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude (Bau 37) betrifft vor allem Einrichtungen des externen Brennelementlagerbeckens wie Kühlsysteme, Beckenreinigungssysteme, Lagergestelle und Manipulierbrücke sowie den Abbau von Notstandssystemen wie Zwischenkühlwassersystem und Nebenkühlwassersystem. Der Abbau dieser Anlagenteile im Notstandsgebäude wird erst nach dem Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage KWO gestattet. Ferner erstreckt sich die 2. SAG nach ihrer Begründung auch auf den Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen und mit Kernbrennstoffen. Abweichend von der ursprünglichen Konzeption umfasst die 2. SAG nicht mehr den Abbau des Reaktordruckbehälterunterteils, der Reaktorbehältereinbauten und des biologischen Schilds; diese Abbaumaßnahmen wurden in einen nachfolgenden zusätzlichen Genehmigungsschritt verschoben.
Wie sich den der Genehmigung zugrunde liegenden Erläuterungsberichten und dem Sicherheitsbericht entnehmen lässt, sollen die beiden Dampferzeuger mit einer Masse von jeweils ca. 158 t als Ganzes abgebaut und unzerlegt aus dem Reaktorgebäude durch die neu errichtete Materialschleuse ausgeschleust werden. Der Transportvorgang soll mit dem vorhandenen Reaktorgebäudekran in Verbindung mit einer neuen Litzenheberkonstruktion erfolgen, die auf der Gebäudekranbrücke verschiebbar durch Teflon-Gleitschuhe gelagert wird. Die übrigen Großkomponenten des Primärkreislaufs, vor allem der Druckhalter, die Hauptkühlmittelpumpen sowie die Hauptkühlmittelleitungen sollen in mehrere Teile zerlegt und anschließend mit dem Reaktorgebäudekran aus dem Gebäude ausgeschleust werden. Die Komponententeile sollen anschließend zu externen Dienstleistern zur weiteren Bearbeitung verbracht oder auf dem Anlagengelände weiterbehandelt werden.
Zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG befanden sich im Lagerbecken des Reaktorgebäudes keine Brennelemente mehr. Die 342 bestrahlten Brennelemente wurden noch während der Nachbetriebsphase bis Ende März 2007 aus dem internen in das externe Brennelementlagerbecken im Notstandsgebäude (Bau 37) umgelagert. Eine Rückverbringung in das Reaktorgebäude ist nach den Planungen der Beigeladenen nicht vorgesehen. Vielmehr sollen sämtliche Brennelemente aus dem Nasslager direkt in ein noch zu errichtendes Standort-Trockenlager oder in das bestehende Brennelement-Zwischenlager am Standort Neckarwestheim verbracht werden. Die Genehmigung zur Errichtung des Standortzwischenlagers ist noch nicht erteilt; das Genehmigungsverfahren wurde im Hinblick auf die noch ausstehende abschließende Entscheidung zur Wahl des Standortes für das Zwischenlager zum Ruhen gebracht. Nach den Ermittlungen der Beigeladenen betrug das radioaktive Gesamtaktivitätsinventar der Anlage KWO zum Bezugszeitpunkt 01.01.2010 maximal 5 x 1018 Bq. Ca. 99% der Gesamtaktivität befindet sich in den bestrahlten 342 Brennelementen. Von den restlichen 1% (ca. 3 x 1016 Bq.) befinden sich ca. 30% in den abzubauenden aktivierten Anlagenteilen und Gebäudestrukturen; die Aktivität ist in dem Material des Reaktordruckbehälters und seinen Einbauten sowie im biologischen Schild fest eingebunden. Ca. 70% (der Restaktivität) ist in den aktivierten Kernbauteilen (Dummyelemente, Steuerelemente, Drosselkörper, Primärquellenfinger etc.) enthalten, die zum großen Teil behandelt und in Gussbehältern verpackt sind. Weniger als 1% liegt als Kontamination vor und befindet sich überwiegend auf den inneren Oberflächen von wenigen noch in Betrieb befindlichen Systemen oder abzubauenden Anlagenteilen im Kontrollbereich.
Die Beigeladene hat inzwischen in Ausnutzung der 2. SAG die Großkomponenten des Primärkreislaufs in den Anlagenräumen des Reaktorgebäudes komplett abgebaut und zu einem externen Dienstleister zur Reststoffbearbeitung verbringen lassen. Nach der Weiterbearbeitung sollen die radioaktiven Reststoffe, die nicht der Freigabe unterfallen, an das KWO zurückgeliefert und zwischengelagert werden. Insgesamt sind von dem mit der 2. SAG genehmigten Abbauumfang zum Stichtag 31.07.2014 im Reaktorgebäude ca. 90% erledigt; von den im Ringraum des Reaktorgebäudes, im Reaktorhilfsanlagengebäude (Bau 2/26) sowie im Lager für radioaktive Abfälle (Bau 3) gestatteten Arbeiten sind zwischen 30 und 45% ausgeführt. Der mit der 2. SAG genehmigte Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude (Bau 37) sowie im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60) des Kontrollbereichs hat indes noch nicht begonnen. Am 30.04.2013 hat der Beklagte der Beigeladenen eine weitere Genehmigung zum Abbau von Anlagenteilen erteilt. Diese dritte Stilllegungs- und Abbaugenehmigung (3. SAG) gestattet den Abbau des Reaktordruckbehälterunterteils, der Reaktordruckbehältereinbauten und einzelner baulicher Anlagenteile im Reaktorgebäude wie des biologischen Schilds und des internen Brennelementlagerbeckens im Reaktorraum. Die für eine Entlassung des Standortes aus dem atomrechtlichen Überwachungsregime notwendig abzubauenden restlichen Anlagenteile sollen mit einer 4. SAG genehmigt werden.
10 
Am 27.12.2011 haben die Kläger Klage gegen die 2. SAG erhoben und nachfolgend einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt. Der Senat hat den Eilantrag mit Beschluss vom 25.09.2012 (10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506) abgelehnt. Zur Begründung ihrer Klage machen die Kläger unter Verweis auf eine von ihnen eingeholte fachliche Stellungnahme der I. GmbH vom 11.06.2012 im Wesentlichen geltend, die Beigeladene habe in ihrem Antragsschreiben vom 15.12.2008 ihren eindeutigen Willen zum Ausdruck gebracht, ein umfassend neues und vollständig eigenständiges Genehmigungsverfahren in Gang zu setzen, mit dem die Stilllegung und der Abbau des KWO auf eine neue Genehmigungsgrundlage gestellt werden sollte. Bereits aus ihrem Antragsschreiben lasse sich eindeutig die Absicht entnehmen, auch das externe Brennelementlagerbecken im Gebäude 37 in den Gestattungsumfang der 2. SAG einzubeziehen. Dieser Wille der Beigeladenen werde auch in zahlreichen dem Genehmigungsantrag beigefügten Erläuterungsberichten, namentlich in den Erläuterungsberichten Nrn. 1, 13 und 15 sowie der Störfallbetrachtung des Gutachtensbüros ... vom 31.03.2010 deutlich. In Übereinstimmung hiermit seien sowohl der amtlich bestellte Gutachter als auch das Umweltministerium als Genehmigungsbehörde davon ausgegangen, dass mit der 2. SAG der Betrieb des externen Brennelementlagerbeckens neu geregelt werden solle. Ausgehend von diesem Gestattungsumfang sei die erforderliche Schadensvorsorge zu Lasten der Kläger nicht gewährleistet. Ihre Klagebefugnis ergebe sich daraus, dass bei zahlreichen von ihnen geltend gemachten Szenarien (gezielter Flugzeugabsturz, Gebäudebrand etc.) mit der vieltausendfachen Überschreitung von Strahlenschutzrichtwerten in der Nachbarschaft der Kläger zu rechnen sei.
11 
Die 2. SAG sei bereits deshalb rechtswidrig, weil die zwingend erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei. Gemäß § 3b Abs. 1 UVPG und den einschlägigen Vorschriften in der Anlage 1 dieses Gesetzes bestehe die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für jedes beantragte Vorhaben, hier also für jeden einzelnen Genehmigungsschritt und damit auch für die mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen. Nach dem Willen der Beigeladenen sei mit der 2. SAG ein vollständig neues Genehmigungsverfahren eingeleitet und die 1. SAG insgesamt ersetzt worden. Daher habe sich die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bei Erteilung der 2. SAG eigenständig und völlig neu gestellt. Der untergesetzlichen Vorschrift des § 19 Abs. 1 AtVfV lasse sich nichts Gegenteiliges entnehmen, da dadurch das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz als höherrangiges Gesetz nicht geändert werden könne. Nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 03.03.2011 - Rs. C-50/09) habe die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht lediglich prozeduralen, sondern einen materiell-rechtlichen Gehalt. Hieraus folge, dass eine fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung nicht nur ein nachträglich zu heilender wenig erheblicher Formfehler sei, sondern dass die Umweltverträglichkeitsprüfung vor der Gestattung des Vorhabens vollständig und umfassend durchgeführt werden müsse. Damit stehe fest, dass ein Nachholen der Umweltverträglichkeitsprüfung im Gerichtsverfahren nicht mehr möglich sei und deren Unterlassen zur Rechtswidrigkeit der darauf aufbauenden Genehmigung führe. In fehlerhafter Weise habe die Genehmigungsbehörde vor Erteilung der 2. SAG keine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung, sondern lediglich eine Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchgeführt. Die Genehmigungsbehörde habe dabei übersehen, dass die 2. SAG nach ihren eigenen Feststellungen im Genehmigungsbescheid gegenüber der 1. SAG eigenständig sei und deshalb auch eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig gemacht habe. Im Übrigen weiche der Planungsstand im Antrag zur 2. SAG erheblich von dem im Antrag zur 1. SAG dargestellten ab. Diese erhebliche Modifikation des Vorgehens zeige sich etwa daran, dass nach Erteilung der 1. SAG eine Materialschleuse eingebaut worden sei, die Beigeladene den Abbau der Reaktoreinbauten und des Reaktordruckbehälterunterteils aus dem Gestattungsumfang der 2. SAG ausgenommen und der Beklagte nachträglich die zeitlich unbefristete weitere Zwischenlagerung der Brennelemente im Notstandsgebäude gestattet habe. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10) könnten die Kläger als nur mittelbar Betroffene das Unterbleiben der Umweltverträglichkeitsprüfung rügen, ohne dass es darauf ankomme, ob sich der Fehler auf ihre Rechtsposition ausgewirkt haben könne.
12 
Ein wichtiger Grund für die Erhebung der Klage sei das Unterbleiben der notwendigen Öffentlichkeitsbeteiligung gewesen. Die Verpflichtung des Beklagten zur Durchführung einer Öffentlichkeitsbeteiligung ergebe sich aus der Notwendigkeit einer vollwertigen Umweltverträglichkeitsprüfung. Selbst wenn entgegen der Auffassung der Kläger ein Fall der obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung mangels UVP-Pflicht der Maßnahme nicht bestehe, sei der Beklagte zur Durchführung einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung verpflichtet gewesen. Denn gemäß § 4 Abs. 4 AtVfV könne die Genehmigungsbehörde im Falle eines Stilllegungsantrags nur unter bestimmten - hier nicht vorliegenden - Voraussetzungen von der fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung absehen. Ein derartiges Vorgehen sei hier nicht zulässig, da die 2. SAG umfassende zusätzliche Belastungen für die Kläger gestatte. Von besonderer Bedeutung sei in diesem Zusammenhang, dass sich in der Anlage nach wie vor 342 abgebrannte Brennelemente befänden und nicht die erforderliche Schadensvorsorge etwa gegen den Absturz eines Großraumflugzeugs getroffen werde. Selbst wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 2 AtVfV für einen Verzicht auf die Öffentlichkeitsbeteiligung entgegen der Auffassung der Kläger vorlägen, sei ein Verzicht hierauf ermessensfehlerhaft. Der Öffentlichkeit seien im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG nicht die erforderlichen Unterlagen vorgelegt worden, um die Auswirkungen des insgesamt gestatteten Vorhabens sachgerecht beurteilen zu können. So hätten die im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen sich nicht mit der Problematik des Absturzes eines Großraumflugzeuges auseinandergesetzt, was nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwingend erforderlich sei. Auch blieben die im Verfahren zur 1. SAG öffentlich ausgelegten Störfallbetrachtungen deutlich hinter den nach der 2. SAG zu besorgenden Störfallszenarien zurück. Dies folge bereits daraus, dass die im Rahmen der 2. SAG abzubauenden Anlagenteile und Komponenten ein um den Faktor 100.000 größeres Radioaktivitätsinventar im Verhältnis zu den mit der 1. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen aufwiesen. Ferner seien in dem vor Erteilung der 1. SAG ausgelegten Sicherheitsbericht weitere wesentliche Angaben, etwa zu Direktstrahlungen am Anlagenzaun und der Umgebungsüberwachung, nicht enthalten gewesen. Insgesamt sei festzustellen, dass für die Bevölkerung in der Umgebung des KWO und damit auch für die Kläger die Prüfung ihrer persönlichen Betroffenheit im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zur 1. SAG nur eingeschränkt möglich gewesen sei. Für die Nachbarn des KWO gebe es eine Vielzahl relevanter Aspekte, die im Rahmen einer Öffentlichkeitsbeteiligung zur 2. SAG zu erörtern seien.
13 
Die 2. SAG erweise sich auch aus materiellen Gründen als rechtswidrig. So sei die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche radiologische Charakterisierung der Anlage vor Beginn der Gesamtplanung des Abbaus nicht erfolgt. Die Kläger könnten indes von einer fehlerhaften Abbauplanung auf der Grundlage einer nicht ausreichenden radiologischen Charakterisierung negativ betroffen werden. Entgegen der ursprünglichen Planung befänden sich aktuell zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG noch 342 abgebrannte Brennelemente aus dem Leistungsbetrieb auf der Anlage. Nach dem Verständnis der Kläger gehöre der Betrieb des Brennelementlagerbeckens in Bau 37 zu dem von der 2. SAG gestatteten Stilllegungsbetrieb. Aus klägerischer Sicht sei kritisch zu hinterfragen, dass für den Weiterbetrieb des Brennelementlagers notwendige Anlagenteile im Rahmen der 2. SAG abgebaut werden sollen. Der Abbau dieser Anlagenteile sei sicherheitstechnisch problematisch, solange sich noch Brennelemente im externen Lagerbecken befänden. Ferner sei der für die Auslagerung erforderliche Transportbehälter für diesen Verwendungszweck nicht zugelassen.
14 
Der Beklagte habe in seiner Störfallbetrachtung vor Erteilung der 2. SAG wesentliche Szenarien nicht berücksichtigt. Dies gelte für den Absturz verschiedener Lasten bei Stilllegung und Abbau der Anlage, für die Erdbebensicherheit sowie den Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs. Vor allem stelle die 2. SAG den gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG erforderlichen Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter nicht in dem von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geforderten Umfang sicher. Zu Unrecht habe die Genehmigungsbehörde den gezielten Absturz eines Großraumflugzeugs für so unwahrscheinlich gehalten, dass weitere Ermittlungen nicht erforderlich gewesen seien. Der Absturz eines großen Verkehrsflugzeuges müsse im Rahmen des atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens betrachtet und gegen dessen Folgen hinreichende Vorkehrungen getroffen werden. Die Genehmigungsbehörde hätte dabei vor allem die weitere Brennelementlagerung im Notstandsgebäude in den Blick nehmen müssen. Bereits überschlägige Berechnungen zeigten, dass im Falle des Absturzes eines Großraumflugzeuges auf das Notstandsgebäude sowohl der Störfallplanungswert als auch der Eingreifrichtwert für den Katastrophenschutz deutlich überschritten würden. Selbst im Falle des Absturzes eines Großraumflugzeuges auf die Restanlage ohne Berücksichtigung des Notstandsgebäudes sei die Strahlenbelastung in der Umgebung sehr hoch. Da der Beklagte für den Fall des Absturzes eines großen Verkehrsflugzeuges nicht die nötige Schadensvorsorge getroffen habe, sei die angegriffene Genehmigung auch unter diesem Gesichtspunkt rechtswidrig. Ferner habe der Beklagte die erforderliche Freigaberegelung für Stoffe mit geringem Radioaktivitätsinventar gemäß § 29 StrlSchV nicht in die Genehmigung aufgenommen. Damit seien die zu treffenden Regelungen den Klägern als potentiell Betroffenen nicht zur Prüfung zugänglich; in der Stilllegungsphase könnten radioaktive Stoffe in großen Mengen in die Umgebung freigegeben werden.
15 
Die Kläger beantragen,
16 
die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vom 24.11.2011 für das Kernkraftwerk Obrigheim aufzuheben.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, die Klage sei bereits unzulässig. Den Klägern fehle sowohl die erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO als auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Die von den Klägern vorgebrachten Individualrechte bezögen sich auf den Regelungsgegenstand der 1. SAG oder der Betriebsgenehmigung des externen Brennelementlagerbeckens, nicht aber auf die mit der 2. SAG gestatteten Maßnahmen. Selbst wenn die 2. SAG wegfiele, bliebe es bei den Regelungen der bestandskräftigen 1. SAG, die das grundlegende Stilllegungskonzept sowie die Lagerung der abgebrannten Brennelemente im Nasslager während der Stilllegungsphase abschließend legalisiere. Dieser Verwaltungsakt entfalte Feststellungswirkung dahingehend, dass das Stilllegungskonzept der 1. SAG von der Beigeladenen verfolgt werden dürfe. Die Klage habe auch in der Sache keinen Erfolg. Auch in diesem Zusammenhang verkennten die Kläger den Regelungsgehalt der 2. SAG und machten Störfallszenarien geltend, die allein aus dem Betrieb des Nasslagers resultierten. Der Regelungsgegenstand der 2. SAG sei in Abgrenzung zu den bestehenden, für den Stilllegungs- und Abbauprozess relevanten Vorgenehmigungen zu bestimmen. Hiernach sei Regelungsgegenstand der 2. SAG weder der Betrieb und die Errichtung des Notstandsgebäudes mit dem externen Nasslager noch der Stilllegungsbetrieb insgesamt, der eine Lagerung der Brennelemente im Notstandsgebäude umfasse. Ausgehend von diesem Regelungsverständnis sei vor Erteilung der 2. SAG weder eine Öffentlichkeitsbeteiligung noch eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich gewesen. Bei dem durch die 2. SAG legalisierten Regelungsumfang habe es sich entgegen der Auffassung der Kläger nicht um „insgesamt geplante Maßnahmen“ gehandelt. Anders als die 1. SAG legalisiere die 2. SAG nicht das Grobkonzept der Stilllegung, sondern entfalte nur einen sehr beschränkten Regelungsgehalt, so dass es sich um „einzelne Maßnahmen“ handle. Das Vorhaben sei deshalb gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 11 der Anlage 1 hierzu nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen gewesen. Die durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles habe prognosefehlerfrei ergeben, dass durch die einzelnen Maßnahmen, die durch die 2. SAG gestattet werden, nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu besorgen seien.
20 
In rechtsfehlerfreier Weise habe der Beklagte von der Durchführung einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung abgesehen. Die Voraussetzungen hierfür lägen entgegen der Auffassung der Kläger gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 AtVfV vor. Im Sicherheitsbericht zur 2. SAG seien keine zusätzlichen oder anderen Umstände dargelegt, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen ließen. Der Beklagte habe das ihm eröffnete Ermessen fehlerfrei dahingehend ausgeübt, von einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung abzusehen. Er habe sich dabei nachvollziehbar von der Erwägung leiten lassen, dass ein öffentliches Interesse am schnellen Abbau der Anlage bestehe und durch eine zusätzliche Öffentlichkeitsbeteiligung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten gewesen seien. Bei der nachträglichen Überprüfung des Ermessens stehe dem Gericht gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur ein eingeschränkter Prüfungsumfang zur Verfügung. In rechtsirriger Weise gingen die Kläger davon aus, aufgrund einer angeblichen Fehlerhaftigkeit der 1. SAG müsse vor Erteilung der 2. SAG eine neue Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden. Diese Argumentation der Kläger gehe bereits deshalb fehl, weil deren Einwendungen aufgrund der Bestandskraft der 1. SAG nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Nach der Grundkonzeption des § 19b AtVfV gebiete auch der zunehmende Detaillierungsgrad der Sicherheitsberichte und sonstigen Unterlagen im Verlaufe des Verfahrens keine zusätzliche Öffentlichkeitsbeteiligung.
21 
Die 2. SAG sei auch materiell rechtmäßig, weil die gemäß § 7 Abs. 3 AtG sinngemäß anwendbaren Erteilungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 AtG vorlägen. Die sinngemäße Anwendung des § 7 Abs. 2 AtG dürfe nicht dazu führen, dass das darin niedergelegte hohe Schutzniveau des heutigen Standes von Wissenschaft und Technik unmittelbar in gleichem Maße auf die stillzulegenden Anlagen und deren Abbau übertragen werde. Vielmehr sei Gegenstand des Rückbaus die Anlage in dem Zustand, der aufgrund der bestandskräftigen Genehmigungen hergestellt worden sei. Die 2. SAG verletze nicht das Recht der Kläger auf Schadensvorsorge nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG. Die Kläger verkennten, dass der Stilllegungsbetrieb und die damit möglicherweise einhergehenden Wechselwirkungen abschließend im Rahmen der 1. SAG legalisiert worden seien; unabhängig hiervon habe die RSK in ihrer Stellungnahme vom 11./12.12.2007 überzeugend dargelegt, dass die mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen rückwirkungsfrei in Bezug auf die Nasslagerung der Brennelemente erfolgen könnten. Die Einwände der Kläger gegen die Störfallbetrachtung richteten sich im Wesentlichen gegen Maßnahmen, die bereits mit der 1. SAG legalisiert worden seien. Deshalb sei vor Erteilung der 2. SAG weder der Absturz verschiedener Lasten noch die Auslegung der Anlage gegen Erdbeben einer Störfallbetrachtung zu unterziehen gewesen. Auch der von den Klägern im Rahmen von § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG vorgetragene Einwand, die Anlage sei nicht gegen den zufälligen oder absichtlichen Absturz großer Verkehrsflugzeuge ausgelegt, gehe fehl. Die von den Klägern herangezogene Rechtsprechung beziehe sich lediglich auf die Errichtung von kerntechnischen Anlagen, nicht jedoch auf deren Stilllegung und Abbau. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung könnten Einwände gegen die risikokonforme Errichtung einer Anlage nicht mehr gegen die nachträgliche Betriebsgenehmigung geltend gemacht werden. Dies gelte erst recht für die Genehmigung zur Stilllegung und zum Abbau einer kerntechnischen Anlage, an die nicht dieselben Sicherheitsanforderungen zu stellen seien wie an Errichtungs- und Betriebsgenehmigungen. Dies folge bereits daraus, dass durch den Abbau der kerntechnischen Anlage das hiervon ausgehende Risiko soweit wie möglich beseitigt werden solle.
22 
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
23 
die Klage abzuweisen.
24 
Zur Begründung stellt sie im Wesentlichen ähnliche Erwägungen wie der Beklagte an. Die Klage sei wegen fehlender Klagebefugnis und des erforderlichen allgemeinen Rechtsschutzinteresses bereits unzulässig, daneben auch unbegründet. Die 2. SAG sei sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht rechtmäßig. Entgegen der Auffassung der Kläger sei vor Erteilung der 2. SAG keine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen. Nach Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG seien lediglich „die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen“ umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig. § 19b AtVfV enthalte die verfahrensrechtlichen Regelungen für die Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG. Danach seien die insgesamt geplanten Maßnahmen im erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG darzustellen. Anknüpfend hieran bestimme § 19b Abs. 3 AtVfV, dass sich die Umweltverträglichkeitsprüfung auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau erstrecke. Nur diese insgesamt geplanten Maßnahmen seien umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig; die einzelnen Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau gälten dagegen als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG. Das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz stelle damit klar, dass die einzelnen Maßnahmen nur dann prüfungspflichtig seien, wenn die gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführende Vorprüfung des Einzelfalles ergebe, dass die einzelnen Maßnahmen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könnten, die nicht bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Maßnahme insgesamt beurteilt worden seien.
25 
Gemessen hieran sei eine weitere Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der 2. SAG nicht erforderlich gewesen. Im Rahmen der Erteilung der 1. SAG sei eine ordnungsgemäße Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden, die das Gesamtvorhaben in den Blick genommen und zutreffend bewertet habe. Die Kläger seien mit Einwendungen gegen die im Rahmen der 1. SAG durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ausgeschlossen, nachdem diese Genehmigung in Bestandskraft erwachsen sei. Vor Erteilung der 2. SAG habe der Beklagte eine fehlerfreie Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchgeführt. Gemäß § 3a Satz 4 UVPG sei der gerichtliche Prüfungsumfang eingeschränkt; das Verwaltungsgericht habe lediglich nachzuprüfen, ob das Ergebnis der Vorprüfung nachvollziehbar sei und keine schweren entscheidungserheblichen Ermittlungsfehler aufweise. Der Beklagte habe auf Grundlage der Bewertung der von der Beigeladenen durchgeführten Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1, 3 UVPG vom 11.12.2008 ohne Verkennung seines Beurteilungsspielraums von der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen. Entgegen der Auffassung der Kläger enthalte die 2. SAG keine Änderungen gegenüber der Umweltverträglichkeitsprüfung zur 1. SAG, die eine zumindest teilweise neue Untersuchung erforderlich machen würden. Der mit der 2. SAG genehmigte Abbau halte sich im Rahmen der im Antrag zur 1. SAG dargestellten „insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen“ im Sinne von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG. Der Einbau der Materialschleuse stelle keine wesentliche Änderung dar; dem stehe bereits entgegen, dass die Materialschleuse nicht durch die 2. SAG, sondern durch eine Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 legalisiert worden sei. Auch die Durchführung des Vorhabens in vier anstatt wie ursprünglich geplant drei Genehmigungsschritten stelle keine wesentliche Änderung dar. Entscheidend für die Umweltauswirkungen seien nicht die geplanten Genehmigungsschritte, sondern die - hier unverändert gebliebenen - technischen Abbauschritte. Unzutreffend sei auch die Annahme der Kläger, die weitere Zwischenlagerung der Brennelemente werde durch die 2. SAG gestattet.
26 
In rechtmäßiger Weise habe die Genehmigungsbehörde vor Erteilung der 2. SAG von einer Öffentlichkeitsbeteiligung abgesehen. Mit dem Antrag auf Erteilung der 1. SAG habe die Beigeladene entsprechend § 19b Abs. 1 AtVfV Angaben zu den insgesamt geplanten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen gemacht. Diese im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen hätten der interessierten Öffentlichkeit eine hinreichende Prüfung der Umweltauswirkungen der Gesamtanlage ermöglicht. Der Beklagte habe unter rechtmäßiger Ausübung seines Ermessens von einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung abgesehen. Er habe sich dabei zutreffend von der Erwägung leiten lassen, dass eine neue Öffentlichkeitsbeteiligung keinen wesentlichen Erkenntnisgewinn verspreche. Diese Beurteilung sei nicht zu beanstanden, da die 2. SAG den Stilllegungsbetrieb nicht insgesamt neu legalisiere und vor allem nicht den Betrieb des externen Brennelementlagerbeckens im Notstandsgebäude neu regele. Die von den Klägern in den Blick genommenen Störfallszenarien stellten sich vor Erteilung der 2. SAG nicht und könnten deshalb auch nicht als wesentliche, eine neue Öffentlichkeitsbeteiligung gebietende Änderung angesehen werden. Auch der vor Erteilung der 1. SAG ausgelegte Sicherheitsbericht habe bereits darauf hingewiesen, dass sich zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG noch bestrahlte Brennelemente im externen Lagerbecken befinden könnten. Die Kläger hätten deshalb nicht die Erwartung hegen können, die Anlage sei zum Zeitpunkt der Durchführung der von der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen kernbrennstofffrei.
27 
Die 2. SAG sei auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Genehmigungsbehörde habe alle erforderlichen Störfallszenarien betrachtet und sei dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass die erforderliche Schadensvorsorge im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG getroffen werde. Die Kritik der Kläger verkenne, dass die Zwischenlagerung von radioaktiven Reststoffen in den Lagergebäuden Bau 39 und Bau 52 mit der bestandskräftigen 1. SAG genehmigt worden sei und deshalb nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sein könne. Aus diesem Grund seien auch weitere Betrachtungen hinsichtlich der Erdbebensicherheit der Anlage nicht mehr anzustellen. Ähnliches gelte hinsichtlich des Schutzes vor Störungen und Einwirkungen Dritter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG. Der Vortrag der Kläger hinsichtlich eines Flugzeugabsturzes auf die Anlage sei nicht entscheidungserheblich. Denn die 2. SAG gestatte weder die Errichtung noch den Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude. Die Stilllegungs- und Abbaugenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beziehe sich auf das Kernkraftwerk, wie es tatsächlich vorhanden sei. Ob dieses Kernkraftwerk heute die Voraussetzungen für eine Errichtungsgenehmigung erfülle, z.B. im Hinblick auf den gezielten Flugzeugabsturz, sei für die Rechtmäßigkeit der Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ohne Bedeutung. Unabhängig hiervon habe die Genehmigungsbehörde vor Erteilung der 1. SAG das Szenario eines zufälligen oder gezielten Flugzeugsabsturzes betrachtet und näher dargelegt, dass die erforderliche Vorsorge getroffen werde.
28 
Dem Senat liegen die Genehmigungsakten des Umweltministeriums vor. Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf diese sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
29 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 28.10.2014 die Sachverständigen Dipl.-Phys. N. und Dipl.-Phys. H. angehört, die dabei Ausführungen insbesondere zur radiologischen Charakterisierung der Anlage gemacht haben. Wegen der dabei getätigten Angaben wir auf die gefertigte Anlage zur Niederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die beim sachlich zuständigen Verwaltungsgerichtshof (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) erhobene Klage ist zulässig (dazu unter 1.), sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (dazu unter 2.). Die der Beigeladenen vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg erteilte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen zulässig. Die Kläger sind klagegefugt (dazu unter 1.1), auch steht ihnen das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis zu (dazu unter 1.2). Indes ist die von den Klägern zur Unterstützung ihres Vorbringens vorgelegte fachliche Begründung des Gutachtensbüros I. GmbH vom 11.06.2012 nur eingeschränkt berücksichtigungsfähig (dazu unter 1.3).
32 
1.1 Die Kläger sind klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Eine Verletzung von Rechten der Kläger kann nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteile vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669; sowie vom 22.02.1994 - 1 C 24.92 - BVerwGE 95, 133). Zwar begründet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats die bloße Behauptung, es könne ein Störfall eintreten, der zu der Freisetzung von erheblichen Mengen radioaktiver Stoffe führen könne, noch nicht die Klagebefugnis (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - BVerwGE 88, 286; Senatsurteil vom 07.03.1995 - 10 C 2822/92 - ZUR 1996, 33 - jeweils m.w.N.). Die Kläger machen jedoch noch hinreichend substantiiert geltend, dass bei Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen Störfälle eintreten können, die zur Freisetzung von Radioaktivitätskonzentrationen führen, die erheblich über dem maßgeblichen Störfallplanungswert liegen würden, und es deshalb zu einem Schaden an ihren schützenswerten Rechtsgütern kommen kann. Auch lässt sich ihrem Vorbringen noch hinreichend entnehmen, dass das zu einem solchen Schaden führende Risiko so hinreichend wahrscheinlich ist, dass hiergegen Vorsorge nach § 7 Abs. 2 Nrn. 3 bzw. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG getroffen werden muss und dass diese Vorsorge als Voraussetzung der angefochtenen Genehmigung ihrer Ansicht nach nicht getroffen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.01.1985 - 7 C 74.82 - BVerwGE 70, 365).
33 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Kläger überwiegend Störfallszenarien im Zusammenhang mit der Lagerung der Brennelemente im Notstandsgebäude (Bau 37) anführen und hieraus ihre Schlussfolgerung ziehen, die erforderliche Schadensvorsorge sei nicht getroffen. Zum einen kann nicht mit dem für die Verneinung der Klagebefugnis erforderlichen Offensichtlichkeitsmaßstab ausgeschlossen werden, dass die Lagerung der Brennelemente im Nasslager - wie von den Klägern umfangreich geltend gemacht - von der 2. SAG gedeckt ist; der Frage nach dem Gestattungsumfang der 2. SAG ist deshalb im Rahmen der Begründetheitsprüfung nachzugehen. Zum andern machen die Kläger noch hinreichend substantiiert geltend, dass zumindest im Falle des Absturzes eines Großraumflugzeuges auf die Anlage selbst ohne Berücksichtigung des Notstandsgebäudes die Strahlenbelastung in ihrer Wohnumgebung sehr hoch sein wird und ein Überschreiten des maßgeblichen Störfallplanungswertes bzw. Eingreifrichtwertes dabei nicht auszuschließen ist. Ob die Klagebefugnis auch aus der fehlerhaften Nichtdurchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die mit der 2. SAG gestatteten Maßnahmen folgt, kann offen bleiben. Mit der oben dargestellten Bejahung der Klagebefugnis wegen möglicherweise nicht hinreichender Schadensvorsorge ist die Klage insgesamt zulässig. Die Bestimmung des § 42 Abs. 2 VwGO lässt es nicht zu, die Klage nach unterschiedlichen Klagegründen aufzuspalten mit der Folge, einzelne Klagegründe im Wege einer Art Vorprüfung endgültig auszuscheiden und die sachliche Nachprüfung des klägerischen Vorbringens auf die verbleibenden Klagegründe zu beschränken (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.05.1998 - 11 C 3.97 - Buchholz 402.25 § 41 BImSchG Nr. 18).
34 
1.2 Schließlich kann den Klägern auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage gegen die 2. SAG nicht abgesprochen werden. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann; die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 -BVerwGE 121, 1; Senatsurteil vom 14.02.2012 - 10 S 1115/10 - RdL 2012, 153). Bei Anwendung dieses Maßstabs steht dem allgemeinen Rechtsschutzinteresse entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen nicht entgegen, dass selbst bei Aufhebung der streitgegenständlichen Genehmigung die in Bestandskraft erwachsene 1. SAG fortbestehen würde, die das Stilllegungsreglement legalisierte. In diesem Zusammenhang bedarf die von dem Beklagten aufgeworfene Frage, ob und in welchem Umfang durch die Erteilung der 1. SAG das dabei geprüfte Konzept der Stilllegung in Bestandskraft erwachsen ist, keiner Klärung. Denn jedenfalls werden mit der 2. SAG zusätzliche Abbaumaßnahmen gestattet, gegen deren Gefahrenpotential sich die Kläger wenden. Die Aufhebung der gegenständlichen Genehmigung ist für die Kläger deshalb nicht unter jedem Gesichtspunkt nutzlos, zumal bei einem eventuell notwendig werdenden Neuerlass der Genehmigung zusätzliche Schutzmaßnahmen verfügt werden könnten.
35 
Das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis besteht auch noch bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fort, obwohl die Beigeladene inzwischen einen erheblichen Teil der mit der 2. SAG legalisierten Abbaumaßnahmen durchgeführt und dabei insbesondere die Großkomponenten des Primärkreislaufs in den Anlagenräumen des Reaktorgebäudes komplett beseitigt und zu einem externen Dienstleister verbracht hat. Zwar leiten die Kläger die von ihnen geltend gemachten Defizite der Schadensvorsorge unter anderem aus Störfallszenarien her, die im Zusammenhang mit dem Abbau der Großkomponenten des Primärkreislaufs stehen. Daneben machen die Kläger Defizite der Schadensvorsorge auch im Zusammenhang mit dem Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude (Bau 37) geltend, etwa indem sie auf das Problem der Rückwirkungsfreiheit von Abbaumaßnahmen auf die weitere Lagerung der Brennelemente in diesem Gebäude hinweisen. Indes hat der mit der 2. SAG genehmigte Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude noch nicht begonnen, sodass das von den Klägern geltend gemachte Besorgnispotential weiter besteht. Gerade das von den Klägern zu Recht thematisierte Problem der Rückwirkungsfreiheit zeigt, dass das Rechtsschutzbedürfnis auch nicht bezüglich eines Teils der bereits durchgeführten Abbaumaßnahmen verneint werden kann.
36 
1.3 Die Kläger haben zur Unterstützung ihres Klagevorbringens vollinhaltlich auf eine „fachliche Begründung zur Klage gegen die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für das AKW Obrigheim“ des Gutachtensbüros I. GmbH vom 11.06.2012 verwiesen. Derartige Stellungnahmen und Ausarbeitungen können grundsätzlich nicht als Klagebegründung berücksichtigt werden. Dies folgt aus § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Für die dem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger aufgegebene eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs ist die Bezugnahme auf Ausführungen eines Dritten nicht ausreichend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.12.2012 - 8 B 58.12 - NVwZ-RR 2013, 341; sowie Urteil vom 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1). Das Gebot, sich vor dem Verwaltungsgerichtshof durch einen Rechtsanwalt oder eine sonstige postulationsfähige Person vertreten zu lassen, soll die Sachlichkeit des Verfahrens und die sachkundige Erörterung des Streitfalles, insbesondere der entscheidungserheblichen Rechtsfragen, gewährleisten. Das erfordert, dass der anwaltliche Prozessbevollmächtigte in erkennbarer Weise die Verantwortung für den Sachvortrag übernimmt. Daher stellt es keine formgerechte Klagebegründung dar, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt sich Ausführungen der von ihm vertretenen Partei oder eines Dritten lediglich zu eigen macht, ohne dass erkennbar wird, dass er eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes vorgenommen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.07.1998 - 4 B 140.88 - Buchholz 406.11 § 236 BauGB Nr. 1). Die in der fachlichen Begründung des Gutachters vom 11.06.2012 enthaltenen rechtlichen Erwägungen sind deshalb nur insoweit berücksichtigungsfähig, wie sich der anwaltliche Prozessbevollmächtigte hiermit in der Klagebegründungsschrift, den sonstigen im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Schriftsätzen oder in der mündlichen Verhandlung zumindest ansatzweise auseinandergesetzt und sie sich damit im Einzelnen zu eigen gemacht hat.
37 
2. Die gegenständliche 2. SAG für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 leidet weder an einem durchgreifenden formellen (dazu unter 2.1) noch an einem materiellen (dazu unter 2.2) Fehler, der die Kläger in drittschützenden Rechtspositionen verletzt.
38 
2.1 Entgegen der Auffassung der Kläger ist die 2. SAG nicht formell rechtswidrig, weil eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung überhaupt nicht (dazu unter 2.1.1) bzw. fehlerhaft (dazu unter 2.1.2) durchgeführt worden oder eine notwendige Öffentlichkeitsbeteiligung unterblieben wäre (dazu unter 2.1.3).
39 
2.1.1 Zwar können die Kläger rügen, eine zwingend notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung sei zu Unrecht unterblieben. Diese Rüge ist jedoch unbegründet, da die mit der 2. SAG genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen nicht zwingend einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung nach der allein in Betracht kommenden Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG zu unterziehen waren.
40 
2.1.1.1 Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 -NuR 2013, 184) auch von einem Vorhaben lediglich mittelbar Betroffene eine zu Unrecht unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine zu Unrecht unterbliebene Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit rügen können, ohne dass es darauf ankommt, ob sich der Fehler im Ergebnis auf ihre Rechtsposition ausgewirkt haben kann. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG u.a. dann verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt und nicht in zulässiger Weise nachgeholt worden ist. Nach § 4 Abs. 3 UmwRG gilt dies entsprechend für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO. Diese Regelungen räumen Individualklägern - abweichend von der früheren Rechtslage (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83) - ein subjektives Recht auf Durchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. auf Vorprüfung ein mit der Folge, dass ein diesbezüglicher Verfahrensfehler als beachtlich einzustufen ist. Danach kann die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung bereits dann verlangt werden, wenn die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten Verfahrensverstöße vorliegen, ohne dass es darauf ankommt, ob sich diese Verstöße auf die Entscheidung ausgewirkt haben; es handelt sich insoweit um eine Sonderregelung, welche die Relevanz bestimmter Verfahrensverstöße gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171). Die Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG ist nach ihrem Wortlaut eindeutig in dem Sinne, dass bereits die Nichtdurchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung einen Aufhebungsanspruch begründet. Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt, bringt er zum Ausdruck, dass auch insoweit das Fehlen einer unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer UVP-Vorprüfung unabhängig von den sonst nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geltenden einschränkenden Maßgaben zur Begründetheit der Klage führt. § 4 Abs. 3 UmwRG begründet damit nicht die Klagebefugnis, sondern verändert gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 LVwVfG die Begründetheitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30.10 - DVBl. 2012, 501). Der Verfahrensfehler führt damit zur Begründetheit der Klage, unabhängig von den sonst nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.06.2013 - 4 B 37.12 - BauR 2013, 2041).
41 
2.1.1.2 Zu Recht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die mit der 2. SAG genehmigten einzelnen Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen waren, sondern dass lediglich eine Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen war. Nach der allein in Betracht kommenden einschlägigen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG sind UVP-pflichtig u.a.
42 
„bei ortsfesten Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen; ausgenommen sind ortsfeste Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistungen nicht überschreitet; einzelne Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der in Halbsatz 1 bezeichneten Anlagen oder von Anlagenteilen gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2;“
43 
Danach bestimmt der Wortlaut von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG eindeutig, dass nur die insgesamt geplanten Maßnahmen nach dieser Bestimmung UVP-pflichtig sind; die einzelnen Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau dagegen „gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2“. Bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung folgt, dass lediglich vor der Entscheidung über den erstmaligen, das Gesamtkonzept enthaltenden Antrag auf eine Stilllegungsgenehmigung gemäß § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, auch wenn den Klägern zuzugeben ist, dass die einschlägige Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG das Wort „erstmalig“ nicht verwendet. Der 3. Halbsatz der Bestimmung stellt jedoch klar, dass die einzelnen Maßnahmen nur dann UVP-pflichtig sind, wenn die gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführende Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass die einzelnen Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen haben können, die nicht bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Maßnahme insgesamt beurteilt wurden. Haben die einzelnen Maßnahmen nach der Vorprüfung jedoch keine über die insgesamt geplanten Maßnahmen hinausgehenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen, bedarf es für sie keiner gesonderten Umweltverträglichkeitsprüfung.
44 
Dieser Befund wird durch eine systematische und historische Gesetzesauslegung bestätigt. Die gesetzliche Regelung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG steht im engen systematischen Zusammenhang mit der untergesetzlichen Bestimmung des § 19b der Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes - Atomrechtliche Verfahrensverordnung (AtVfV). Diese Bestimmung enthält die verfahrensrechtlichen Regelungen für die Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG. Nach § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, auch Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten, die insbesondere die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist. Nach § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV ist in den Unterlagen darzulegen, „wie die geplanten Maßnahmen verfahrensmäßig umgesetzt werden sollen und welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben werden“. Die Verfahrensvorschrift des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV bestimmt somit, dass mit dem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die Auswirkungen der insgesamt geplanten Maßnahmen auf die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem jeweiligen Planungsstand darzulegen sind. § 19b Abs. 2 AtVfV stellt klar, dass dann, wenn erstmals eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beantragt wird, von einer Öffentlichkeitsbeteiligung nicht abgesehen werden kann. Anknüpfend an den vorhergehenden Absatz regelt § 19b Abs. 3 AtVfV, dass sich die Umweltverträglichkeitsprüfung im Falle der erstmaligen Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau erstreckt. Die Binnensystematik von § 19b AtVfV ermöglicht deshalb nicht den von den Klägern gezogenen Schluss, Absatz 2 der Bestimmung regele nur die Notwendigkeit einer Öffentlichkeitsbeteiligung und sei damit im Anwendungsbereich von Absatz 3 der Vorschrift nicht aussagekräftig. Das der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 19b AtVfV zugrunde liegende Regelungskonzept bestätigt deshalb bei einer systematischen Betrachtung den Wortlautbefund der gesetzlichen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG, wonach lediglich die insgesamt geplanten Stilllegungsmaßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen, spätere Einzelmaßnahmen jedoch als Änderung gelten und deshalb nur vorprüfungspflichtig im Sinne von § 3e Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG sind.
45 
Fehl geht in diesem Zusammenhang der Einwand der Kläger, dass eine untergesetzliche Verfahrensregelung wie § 19b AtVfV die höherrangige Gesetzesbestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG nicht abändern könne. Die Kläger verkennen dabei, dass die Verfahrensbestimmungen der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung nicht das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz abändern, sondern lediglich zu dessen Auslegung herangezogen werden. Im Übrigen ist die Umweltverträglichkeitsprüfung bei atomrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 2a Abs. 1 Satz 2 AtG vorrangig nach den Verfahrensvorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung durchzuführen; dies ist im Hinblick auf die in § 4 UVPG enthaltene Subsidiaritätsklausel rechtlich nicht bedenklich. Eine derartige systematische Betrachtung ist trotz der unterschiedlichen Normenhierarchie der herangezogenen Bestimmungen hier vor allem deshalb statthaft, weil beide Bestimmungen nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers von einem einheitlichen Regelungskonzept getragen werden. Nach der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz (BT-Drs. 14/4599 vom 14.11.2000, S. 115 f.) trägt die neu eingeführte Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung im weiteren Sinne von Reaktoren der Neuregelung in Anhang I Nr. 2, 2. Anstrich der UVP-Änderungsrichtlinie Rechnung: „Hierzu wird in den geänderten Vorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung eine Umweltverträglichkeitsprüfung im gestuften Verfahren zur Genehmigung von Errichtung und Betrieb vorgesehen, ohne allerdings die einzelnen Genehmigungen nach § 7 Abs. 1 AtG durch ein vorläufiges positives Gesamturteil als feststellenden Regelungsbestandteil zu verbinden. Damit ist vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der 1. Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen. Der letzte Halbsatz in Nr. 11.1 stellt in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht klar, dass unbeschadet dessen - bei Reaktoren zusätzlich - in jedem Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die jeweils beantragten Maßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen“. Auch die Begründung spricht mithin eher für die Vorstellung des Gesetzgebers, dass lediglich vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der 1. Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen ist und die späteren Genehmigungen zugeordneten einzelnen Abbauschritte nur vorbehaltlich einer nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführenden Vorprüfung des Einzelfalles umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig sind.
46 
Dieses Auslegungsergebnis steht mit den einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben der zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der maßgeblichen Fassung der Richtlinie 97/11/EG (sogenannte UVP-Änderungsrichtlinie) im Einklang. In Anhang I Nr. 2, 2. Anstrich der Richtlinie 97/11/EG wird für die Mitgliedstaaten die Verpflichtung zur Durchführung einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung bei Projekten zur Demontage oder Stilllegung von Kernkraftwerken oder Reaktoren eingeführt. Diese Vorgabe ist mit dem Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27.07.2001 (BGBl. I 2001, 1950) ohne Defizite in das nationale Recht umgesetzt worden. Der Gesetzgeber war insbesondere bei Umsetzung der Richtlinie 97/11/EG nicht gehalten, für einzelne Maßnahmen zur Stilllegung von Reaktoren eine eigenständige Umweltverträglichkeitsprüfung vorzusehen. Vielmehr schreibt Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 97/11/EG lediglich vor, dass Projekte des Anhangs I einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach den näheren Bestimmungen der Art. 5 bis 10 zu unterziehen sind. Wie sich bereits der Binnensystematik von Art. 5 der vorgenannten Richtlinie entnehmen lässt, stellt das Unionsrecht als Bezugspunkt der Umweltverträglichkeitsprüfung maßgeblich auf den Begriff des „Projekts“ ab. Insbesondere die in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie gestellten Anforderungen an vom Projektträger beizubringenden Antragsunterlagen zeigen, dass unter dem Begriff des Projekts das technische Vorhaben insgesamt, nicht aber der Gegenstand des einzelnen Antrags zu verstehen ist. Die Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG gewährleistet bei der hier vertretenen Auslegung, dass die unionsrechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung von Vorhaben zur Stilllegung und zur Demontage von Kernkraftwerken und Reaktoren eingehalten werden. Nach dieser Vorschrift sind nach dem oben Gesagten die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau ortsfester Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig. Die darüber hinaus für einzelne Stilllegungsmaßnahmen vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG stellt darüber hinaus sicher, dass umweltrelevante Abweichungen der einzelnen Maßnahmen von der bei der Verträglichkeitsprüfung des Gesamtvorhabens betrachteten Abbaukonzeption einer zusätzlichen Prüfung zugeführt werden. Jedenfalls seit Einführung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG ist auch gewährleistet, dass im Sinne von § 3a Satz 4 UVPG wesentliche Fehler im Verfahren der Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG gerichtlich sanktioniert werden.
47 
2.1.1.3 Vor Erteilung der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vom 28.08.2008 hat der Beklagte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, die sich entsprechend den Vorgaben der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerkes bezogen hat. Die 1. SAG enthält unter B.III. (S. 118 ff.) eine zusammenfassende Darstellung und Bewertung der Umweltauswirkungen, die auf der von der Beigeladenen erarbeiteten Umweltverträglichkeitsuntersuchung zum Vorhaben „Stilllegung und Abbau der Anlage KWO (Gesamtvorhaben)“ beruht. Damit sind die insgesamt geplanten Maßnahmen der Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks - wie von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG gefordert - vor Erteilung der 1. SAG einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung der insgesamt geplanten Maßnahmen fehlerfrei erfolgt ist. Einwendungen gegen die durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung wurden damals weder von Trägern öffentlicher Belange noch von Anwohnern erhoben; auch ist die 1. SAG vom 28.08.2008 in Bestandskraft erwachsen. Damit steht Einwendungen gegen die damals durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung - unabhängig von einer möglichen Präklusion nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AtVfV - bereits die Bestandskraft der 1. SAG entgegen.
48 
Im Übrigen sind die von den Klägern erhobenen Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung auch in der Sache nicht stichhaltig. Fehl geht die Rüge der Kläger, die Beigeladene habe im Genehmigungsantrag für die 1. SAG die geplanten Maßnahmen nur „sehr allgemein und teilweise unbestimmt dargelegt“. Gemäß § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV müssen die bei einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG vorzulegenden Unterlagen lediglich darlegen, welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben werden. Diesem Regelungskonzept ist immanent, dass die mit dem erstmaligen Antrag beizubringenden Unterlagen typischerweise noch nicht den Detaillierungsgrad nachfolgender Genehmigungsschritte aufweisen. Zutreffend dürften die Kläger zwar darauf hinweisen, dass die Darstellungstiefe der „insgesamt geplanten Maßnahmen“ und ihrer Auswirkungen auf die UVP-Schutzgüter gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 AtVfV weniger weitreichend ist als die Darstellungstiefe im Rahmen eines vorläufigen positiven Gesamturteils im Teilgenehmigungsverfahren nach § 18 AtVfV. Wie in den Genehmigungen eindeutig dargestellt ist, handelt es sich bei der 1. SAG und der 2. SAG indes nicht um Teilgenehmigungen im Sinne von § 18 AtVfV, sondern um jeweils selbständige Genehmigungen, die nicht über ein vorläufiges positives Gesamturteil verbunden sind. Die Anforderungen an den Detaillierungsgrad der Unterlagen und die Entscheidung im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG sind deshalb in § 19b Abs. 1 AtVfV abschließend geregelt; die in § 18 AtVfV für Teilgenehmigungen statuierten Anforderungen sind hier nicht einschlägig.
49 
2.1.1.4 Entgegen der Auffassung der Kläger war vor Erteilung der 2. SAG eine e Umweltverträglichkeitsprüfung nicht deshalb erforderlich, weil diese Genehmigung die 1. SAG vollständig ersetzen sollte bzw. nach dem Willen der Beigeladenen ein völlig eigenständiges Genehmigungsverfahren eröffnet worden sei. Die Kläger verkennen in diesem Zusammenhang das Verhältnis der streitgegenständlichen 2. SAG zur bestandskräftig gewordenen 1. SAG vom 28.08.2008. Maßgebend für das Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander ist der Regelungsinhalt der 2. SAG, wie er sich aus dem Empfängerhorizont vor allem von Drittbetroffenen ergibt. Gerade im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren ist es im Hinblick auf den Einwendungsausschluss für Drittbetroffene nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 7 AtVfV), im gestuften Verfahren darüber hinaus auch durch die Bestandskraft vorangegangener Teilgenehmigungen (§ 7b AtG), rechtsstaatlich geboten, bei der Auslegung von Genehmigungsbescheiden maßgeblich auch auf den Empfängerhorizont potentiell Drittbetroffener abzustellen. Denn sonst obläge Drittbetroffenen zwar eine Anfechtungslast mit allen rechtlichen Nachteilen bei Versäumung von Anfechtungsfristen, ohne dass gewährleistet wäre, dass sie der Anfechtungslast auch tatsächlich nachkommen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.; Senatsurteil vom 07.03.1995 - 10 S 2822/92 - a.a.O.). Bei der gerade auch aus Rechtsschutzgründen gebotenen objektiven Auslegung der 2. SAG aus dem Empfängerhorizont eines Drittbetroffenen kann keine Rede davon sein, dass die 2. SAG die 1. SAG vollständig abgelöst habe. Vielmehr hat die 2. SAG nach ihrem eindeutigen Tenor und ihrer Begründung lediglich die Vornahme einzelner Abbaumaßnahmen vor allem im Kontrollbereich genehmigt und darüber hinaus das Stilllegungsreglement teilweise geändert. Fehl geht insbesondere die Grundannahme der Kläger, die 2. SAG habe den Betrieb des externen Brennelementlagers im sog. Notstandsgebäude (Bau 37) insgesamt und umfassend neu genehmigt.
50 
Bei der Ermittlung des Regelungsinhalts der 2. SAG durch Auslegung ist primär auf den Entscheidungstenor, daneben auf die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung abzustellen. Dabei ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Bescheidtenors und seiner Systematik mit der gebotenen Eindeutigkeit, dass die 2. SAG die 1. SAG nicht vollständig ersetzen sollte. So gestattet die 2. SAG ausweislich des Bescheidausspruchs in A.I.1.1 (S. 6) „den Abbau der nachfolgend tabellarisch aufgeführten Anlagenteile der Anlage KWO“; insoweit wurde durch die angegriffene 2. SAG der Regelungsinhalt der 1. SAG vom 28.08.2008 erweitert. Des Weiteren wird gemäß A.I.1.2 (S. 13) der 2. SAG das Betriebsreglement für die Fortführung des Stilllegungsbetriebs dahingehend geändert, dass die in A.II. Nr. 25 bis Nr. 56 dieser Genehmigung genannten Unterlagen die entsprechenden Unterlagen in A.II. Nr. 16 bis Nr. 48 des Stilllegungsreglements der 1. SAG ersetzen. Die 2. SAG enthält deshalb nach ihrem eindeutigen Tenor lediglich eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, ohne diesen insgesamt und  vollständig zu legalisieren.
51 
Für dieses Verständnis spricht auch die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung zum Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander. Der Beklagte umschreibt in der beigegebenen Begründung den Genehmigungsumfang dahingehend, das „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung neben dem Abbau von Anlagenteilen im Kontrollbereich und von weiteren Anlagenteilen im Überwachungsbereich auch die Fortführung des mit der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung genehmigten Stilllegungsbetriebs nach einem geänderten Stilllegungsreglement“ beinhalte (B.I.2 der 2. SAG, S. 32). Übereinstimmend hiermit stellt die Genehmigung unter B.I.2.2 (S. 34 f. der 2. SAG) klar, dass der mit der 1. SAG genehmigte Stilllegungsbetrieb mit der 2. SAG weiter gilt. Unter B.I.2.3 (S. 36 f. der 2. SAG) grenzt der Beklagte den Regelungsumfang der 1. und 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ausdrücklich voneinander ab. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung als eine zur 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung selbständige Genehmigung neben diese“ trete. Sie löse die für das KWO geltende 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für den weiteren Abbau insoweit ab, als in ihr Festlegungen und Gestattungen aus der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung in Teilen angepasst, übernommen und geändert wurden; daneben enthalte sie die gesamten einhüllenden Gestattungen, die bis zum Ende des gesamten Stilllegungs- und Abbauvorhabens gelten sollten. Damit stellt die Genehmigungsbehörde auch in der Begründung klar, dass Gegenstand der 2. SAG im Hinblick auf das Stilllegungsreglement nur die dort ausdrücklich genannten Änderungen sind, nicht jedoch das Stilllegungsreglement insgesamt. Soweit keine Änderungen im Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vorgenommen werden, verbleibt es nach der eindeutigen Regelung im Bescheidtenor und der oben wiedergegebenen Begründung vielmehr bei dem Stilllegungsbetrieb entsprechend den Regelungen der bestandskräftigen 1. SAG.
52 
Ein gegenteiliges Verständnis kann auch nicht den sonstigen Regelungselementen des Bescheidtenors entnommen werden. Zutreffend weisen die Kläger zwar darauf hin, dass sich die 2. SAG gemäß A.I.1.5 ( S. 14 der 2. SAG ) auch auf den Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen nach § 2 Abs. 1 AtG und mit Kernbrennstoffen nach § 2 Abs. 3 AtG erstreckt. Aus dieser Bestimmung kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die 2. SAG das Betriebsreglement und insbesondere den Betrieb des externen Brennelementlagers vollständig neu regele. Bei der von den Klägern herangezogenen Regelung handelt es sich lediglich um die Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung auf einen an sich nach § 7 Abs. 1 StrlSchV genehmigungsbedürftigen Umgang mit Kernbrennstoffen gemäß § 7 Abs. 2 StrlSchV. Soweit eine solche Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung erfolgt, ist eine eigenständige Genehmigung nach § 7 Abs. 1 StrlSchV nicht mehr erforderlich. Bereits aus der Binnensystematik von § 7 StrlSchV und daneben aus dem systematischen Zusammenhang mit den atomrechtlichen Bestimmungen folgt, dass die Erstreckung nur soweit reichen kann, wie die atomrechtliche Genehmigung eine entsprechende Regelung enthält, die erstreckungsfähig ist. Hieraus folgt zugleich, dass die in A.I.1.5 enthaltene Erstreckung gemäß § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StrlSchV nicht weiter reichen kann als die im sonstigen Bescheidtenor enthaltenen atomrechtlichen Gestattungen. Auch in Bezug auf das Stilllegungsreglement kann die Erstreckung deshalb nicht über die durch die 2. SAG genehmigten Änderungen hinausgehen und nicht die Brennelementlagerung im Notstandsgebäude eigenständig regeln.
53 
Entgegen der Auffassung der Kläger kann aus der Systematik der in A.III. des Genehmigungstenors beigegebenen Nebenbestimmungen nicht ein abweichendes Verständnis des Genehmigungsumfangs der 2. SAG hergeleitet werden. Zwar beinhalten die Nebenbestimmungen insbesondere in A.III.3. (S. 22 der 2. SAG) Maßgaben zur Handhabung bestrahlter Brennelemente, die keine Beschränkung auf das Betriebsreglement der 2. SAG erkennen lassen. In der Einleitung zu den verfügten Nebenbestimmungen (S. 18 der 2. SAG) weist die Genehmigungsbehörde aber darauf hin, dass sämtliche Nebenbestimmungen an die Stelle der Nebenbestimmungen der 1. SAG treten und damit für den Gestattungsumfang beider Genehmigungen Geltung beanspruchen sollen. Bereits daraus folgt, dass die Genehmigungsbehörde lediglich aus Gründen der Klarheit sämtliche Nebenbestimmungen teilweise wiederholend zusammengefasst hat, ohne damit eine inhaltlich abweichende Regelung gegenüber der 1. SAG zu treffen. Im Übrigen bezieht sich die von den Klägern herangezogene Nebenbestimmung in A.III.3. auf die Modalitäten des Brennelementtransports, nicht auf den Betrieb des externen Nasslagers im Notstandsgebäude.
54 
Ebenso wenig können aus dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen vom 15.12.2008 Anhaltspunkte für ein abweichendes Verhältnis der beiden Genehmigungen zueinander hergeleitet werden. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass die Beigeladene in ihrem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 selbst von einem anderen Verständnis der beantragten Genehmigung zu der bestandskräftig erteilten 1. SAG ausgegangen ist. So führte die Beigeladene in dem Antragsschreiben vom 15.12.2008 ausdrücklich aus, „dass die vorliegend beantragte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung die 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vollständig ablöst und bis zum Ende des gesamten Vorhabens gelten soll“. Damit hat die Beigeladene ihren Willen zum Ausdruck gebracht, dass sie ein umfassendes und vollständig eigenständiges Genehmigungsverfahren in Gang setzen wollte, mit dem das Stilllegungsreglement für das Kernkraftwerk insgesamt einer neuen genehmigungsrechtlichen Grundlage unterstellt werden sollte. Für einen derartigen Willen der Beigeladenen sprechen auch weitere Ausführungen in der Begründung ihres Genehmigungsantrags. Indes ist das Antragsschreiben der Beigeladenen vom 15.12.2008 nicht für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts der 2. SAG maßgeblich. Wie oben näher dargestellt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Ermittlung des Inhalts einer atomrechtlichen Genehmigung gerade aus Rechtsschutzgründen auf den Inhalt der Genehmigungsurkunde selbst abzustellen, vor allem primär auf den Bescheidtenor und daneben die von der Behörde beigegebene Begründung. Auf Umstände außerhalb der Genehmigungsurkunde kann allenfalls untergeordnet und zur Beseitigung von Auslegungszweifeln abgestellt werden, wobei sich die Auslegung dabei freilich nicht in Widerspruch zu dem ausdrücklichen Bescheidinhalt setzen darf. Im Übrigen hat die Beigeladene ihre Ausführungen in dem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 im Genehmigungsverfahren nicht aufrecht erhalten, sondern mit Schreiben an den Beklagten vom 31.08.2009 berichtigt. Dabei führte die Beigeladene ausdrücklich aus, dass die 2. SAG nunmehr eine zur 1. SAG selbständige Genehmigung darstellen solle; als solche trete die 2. SAG neben die 1. SAG. Regelungen der 1. SAG könnten gegenstandslos und in Teilen angepasst oder übernommen werden (vgl. S. 2 des Schreibens der Beigeladenen vom 31.08.2009). Von diesem geänderten Verständnis der Beigeladenen ist im Übrigen - wie oben dargestellt - auch die Genehmigungsbehörde in der Begründung der 2. SAG ausgegangen (vgl. S. 37). Deshalb war entgegen der Auffassung der Kläger eine teilweise Antragsablehnung bei Erlass der 2. SAG nicht geboten.
55 
Auch der Versuch der Kläger, aus den dem Genehmigungsantrag beigefügten Unterlagen ein abweichendes Verständnis der beiden Genehmigungen zueinander herzuleiten, geht fehl. Zuzugeben ist den Klägern zwar, dass der von der Beigeladenen vorgelegte technische Bericht „Stilllegung und Abbau KWO - 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung - Störfallbetrachtung“ des Gutachters ... vom 31.03.2010 offenbar davon ausgeht, dass das Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vollständig neu geregelt werden soll. Hierfür spricht, dass der Gutachter in seiner Störfallbetrachtung auch Szenarien berücksichtigt hat, die lediglich von der 1. SAG umfasste Maßnahmen beinhalten. Auch hier gilt jedoch die oben angestellte Erwägung, wonach für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts primär auf die Genehmigung selbst, nicht jedoch auf die Antragsunterlagen abzustellen ist. Im Übrigen ist der technische Bericht des Gutachters ... weder Grundlage noch Inhalt der 2. SAG; er ist in A.II. der 2. SAG nicht als Genehmigungsgrundlage erwähnt.
56 
Aus ähnlichen Gründen kann auch aus den der Genehmigung zugrundeliegenden Erläuterungsberichten Nrn. 1, 13 und Nr. 15 nicht entnommen werden, dass die 2. SAG den Betrieb des externen Lagerbeckens neu genehmige. Diese Erläuterungsberichte enthalten im Wesentlichen eine Beschreibung des Anlagenzustandes in verschiedener Hinsicht, etwa eine Charakterisierung des radiologischen Ausgangszustands oder eine Beschreibung des Gesamtvorhabens und der im Betrieb bleibenden Systeme und Anlagen. Es liegt deshalb auf der Hand, dass in diesen Unterlagen technische Beschreibungen enthalten sind, die über den Regelungsinhalt der beantragten 2. SAG hinausgehen. Von diesem Verständnis ist auch der Beklagte ausgegangen, der diese Unterlagen unter A.II. der 2. SAG lediglich als Grundlage der Genehmigung, nicht aber als Genehmigungsinhalt aufgeführt hat. Entgegen der Auffassung der Kläger kann schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass in dem von der Beigeladenen mit dem Genehmigungsantrag vorgelegten Stilllegungshandbuch der Betrieb des externen Brennelementlagers in Bau 37 wiederholt erwähnt wird, geschlossen werden, der Stilllegungsbetrieb solle mit der 2. SAG insgesamt und umfassend neu geregelt werden. Zum einen ist - wie oben näher dargestellt -aus Rechtsschutzgesichtspunkten zur Ermittlung des Genehmigungsinhalts nicht auf technische Unterlagen wie das Stilllegungshandbuch abzustellen. Zum anderen trägt das neu erstellte Stilllegungshandbuch der Beigeladenen lediglich dem Umstand Rechnung, dass durch die 2. SAG der Stilllegungsbetrieb modifiziert wurde, was im Stilllegungshandbuch zu berücksichtigen war. Zutreffend weisen die Kläger zwar darauf hin, dass der Betrieb des externen Brennelementlagers zum Stilllegungsbetrieb gehört. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Betrieb des externen Nasslagers insgesamt durch die 2. SAG neu legalisiert wurde. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob und in welchem Umfang sich der nach § 20 AtG bestellte Gutachter in seinen Ausführungen vom März 2011 mit dem Betrieb des externen Lagerbeckens beschäftigt hat. Schließlich ist bei der hier vorzunehmenden Auslegung der von den Klägern herangezogene Schriftwechsel zwischen dem Beklagten und dem Bundesministerium für Umwelt unergiebig. Das von den Klägern erwähnte E-Mail des Bundesumweltministeriums vom 12.10.2011 ist in anderen, nämlich aufsichtlichen Zusammenhängen ergangen und bezieht sich auf den geplanten Abbau von Elementen des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude. Der - nach dem oben Gesagten für die Auslegung der Genehmigung im Übrigen nicht maßgeblichen - Korrespondenz des Beklagten mit der Aufsichtsbehörde lässt sich deshalb nichts für die hier in Rede stehende Frage des Umfangs des Betriebsreglements der 2. SAG entnehmen.
57 
Nach alldem kann nicht davon ausgegangen werden, dass die 2. SAG den Stilllegungsbetrieb insgesamt  geregelt und dabei den Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude eigenständig gestattet hat. Gegenstand des Antrags auf Erteilung der 2. SAG waren deshalb nur die dort im Einzelnen aufgeführten Änderungen des Stilllegungsreglements, nicht jedoch die „insgesamt geplanten Maßnahmen“ im Sinne von Nr. 11.1.1 der Anlage 1 zum UVPG.
58 
2.1.2 Die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles leidet nicht an einem zur Aufhebung der Genehmigung führenden Verfahrensfehler. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 UmwRG unter anderem verlangt werden, wenn eine nach den Be-stimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Ein solcher Fall liegt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch dann vor, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, die durch das Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfs-gesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21.01.2013 (BGBl. I S. 95) mit Wirkung vom 29.01.2013 erlassen worden ist, ist hier anwendbar, obwohl es für die gerichtliche Überprüfung atomrechtlicher Genehmigungen grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei ihrem Erlass ankommt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - ZNER 2012, 288; sowie vom 19.12.1985 - 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300). Denn die geänderten Vorschriften des Gesetzes gelten nach § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe nach § 2, die am 12.05.2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29.01.2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Zwar handelt es sich hier nicht um den Rechtsbehelf einer anerkannten Vereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG; der Gesetzgeber knüpft in § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG aber an allgemeine Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts an, die gleichfalls eine Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG fordern (vgl. BT-Drs. 17/10957 S. 18; BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669). Auch gilt die neu geschaffene und die bisherige Rechtslage klarstellende (vgl. hierzu BT-Drs. 17/1095 S. 17; sowie BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30.10 - a.a.O.) Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit für die Kläger entsprechend. Sie wird so auf Rechtsbehelfe erstreckt, deren Zulässigkeit von der Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte abhängt. Hat die Behörde eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterlassen oder leidet sie an einem gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gleichgestellten schwerwiegenden Fehler, ist dieser Mangel nach dem oben Gesagten erheblich, ohne dass es nach nationalem Recht darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könnte. Indes leidet die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Vorprüfung der einzelnen Maßnahmen, die Gegenstand der 2. SAG sind, auf ihre Umweltrelevanz gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG nicht an einem gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Verfahrensfehler.
59 
2.1.2.1 Beruht die Entscheidung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG, ist gemäß § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens ausschließlich darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Diese Einschränkung des gerichtlichen Kontrollumfangs gilt auch für alle Fälle der Vorprüfung, in denen auf § 3c UVPG verwiesen wird, mithin auch für die Vorprüfung nach Maßgabe von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG (vgl. hierzu näher Dienes in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3 UVPG Rn. 26.1). Anknüpfend an diese der zuständige Behörde in § 3a Satz 4 UVPG eingeräumte Beurteilungsermächtigung stellt § 4a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren nur darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde, die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, das anzuwendende Recht verkannt wurde oder sachfremde Erwägungen vorliegen. Der Gesetzgeber bestätigt und konkretisiert damit die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung, wonach das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 12 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - a.a.O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 - 5 Bs 24/10 - UPR 2010, 445).
60 
Bei Anwendung dieses Maßstabs leidet die von dem Beklagten durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler. Die Genehmigungsbehörde hat den relevanten Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst, die einschlägigen Verfahrensregeln und rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten, keine sachfremden Erwägungen angestellt und das maßgebliche Recht zutreffend angewandt. Der Beklagte hat die UVP-Vorprüfung insbesondere entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt und damit das einschlägige Recht im Sinne von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG zutreffend angewendet.
61 
Die Beigeladene hat die mit der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen einer Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG unterzogen und das Ergebnis in dem den Antragsunterlagen beigefügten Bericht vom 11.12.2008 festgehalten. Dabei ist die Beigeladene zu dem Ergebnis gelangt, dass die geplanten Einzelmaßnahmen keine wesentlichen Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter des § 1a AtVfV bzw. § 2a UVPG haben. Der Beklagte hat - wie sich einem Aktenvermerk vom 26.01.2009 entnehmen lässt - die Vorprüfung der Beigeladenen dahingehend kritisch gewürdigt, ob die relevanten Auswirkungen des Vorhabens der 2. SAG auf die Schutzgüter durch die Ergebnisse der im Rahmen des Gesamtvorhabens durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig erfasst wurden und abgedeckt sind. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass bei der Ausnutzung der 2. SAG keine umweltrelevanten Wirkungen eintreten, die zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen gegenüber den Umweltauswirkungen führen, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG waren. Dieses Ergebnis hat der Beklagte ordnungsgemäß gemäß § 3a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass der Prüfvermerk des Beklagten vom 26.01.2009 über die Plausibilität der durchgeführten Vorprüfung sehr knapp gehalten ist, weshalb die von der Genehmigungsbehörde in diesem Zusammenhang im Einzelnen angestellten Erwägungen nicht vollständig nachvollzogen werden können. Dies führt gleichwohl nicht zu einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler im oben dargestellten Sinne, da die von der Beigeladenen durchgeführten Vorprüfungen in ihrem Bericht vom 11.12.2008 wesentlich detaillierter dargestellt sind und die Behörde sich ersichtlich diese Erwägungen insgesamt zu eigen gemacht hat.
62 
2.1.2.2. Die 2. SAG enthält entgegen der Meinung der Kläger keine relevanten Änderungen gegenüber der im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung, die eine zumindest teilweise neue Verträglichkeitsprüfung erforderlich gemacht hätten. Vielmehr halten sich der mit der 2. SAG genehmigte Abbau und die Änderungen des Stilllegungsreglements im Rahmen der im Antrag zur 1. SAG dargestellten insgesamt geplanten Maßnahmen, die Gegenstand der durchgeführten Prüfung nach Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG waren.
63 
2.1.2.2.1. Eine wesentliche Abänderung des mit der 2. SAG genehmigten Vorhabens gegenüber der im Rahmen der 1. SAG dargelegten Gesamtmaßnahme kann nicht in der Errichtung der Materialschleuse zum Reaktorgebäude gesehen werden. Der Einbau der neuen Materialschleuse ist nicht Gegenstand der 2. SAG, sondern wurde mit einer bestandskräftigen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 legalisiert. Den von den Klägern geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der Möglichkeit, die Brennstäbe aus dem externen Brennelementlagerbecken störungsfrei abzutransportieren, war deshalb lediglich im Verfahren zur Erteilung der Änderungsgenehmigung zur 1. SAG nachzugehen. Bereits aufgrund der Bestandskraft dieser Änderungsgenehmigung kann die Errichtung der Materialschleuse als solche nicht als eine den Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung überschreitende Änderung angesehen werden. In diesem Zusammenhang ist deshalb lediglich die Umweltrelevanz von Änderungen des Betriebsreglements zu betrachten, die durch die Errichtung der Materialschleuse eingetreten sind. Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass durch die punktuellen und geringfügigen Änderungen des Betriebsreglements durch Errichtung der neuen Materialschleuse keine derartigen umweltrelevanten Auswirkungen eintreten können, die den Rahmen der bei Erteilung der 1. SAG insgesamt geprüften Maßnahmen überschreiten. In Übereinstimmung hiermit wurde bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 davon ausgegangen, dass im Zuge der Abbaumaßnahmen bauliche Änderungen im Reaktorgebäude notwendig werden können (vgl. S. 112 des Sicherheitsberichts zur 1. SAG).
64 
2.1.2.2.2. Auch durch die abweichende Gestaltung der einzelnen Genehmigungsschritte ist keine wesentliche Änderung der insgesamt geplanten Maßnahmen eingetreten, die Gegenstand der 1. SAG und der Umweltverträglichkeitsprüfung vor deren Erteilung waren. Zutreffend weisen die Kläger in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Beigeladene mit ihrem Antrag zur Erteilung der 2. SAG von den Genehmigungsschritten abweicht, welche im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 und dem hierauf bezogenen Genehmigungsantrag dargestellt waren. Insbesondere hat der damalige Genehmigungsantrag vorgesehen, dass in einem umfassenderen 2. Abbauschritt die stärker aktivierten Anlagenteile des Kontrollbereichs vollständig abgebaut werden sollen, vor allem auch der Reaktordruckbehälter nebst Reaktordruckbehältereinbauten und biologischem Schild (vgl. die Darstellung der vorgesehenen Genehmigungsschritte im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006, S. 12, 15 und 16). Von diesem ursprünglich geplanten Verfahrensablauf weicht der Antrag der Beigeladenen auf Erteilung der 2. SAG insoweit ab, als nunmehr ein weiterer Genehmigungsschritt vorgesehen wird und mit der beantragten 2. SAG lediglich ein Teil der aktivierten Anlagenteile im Kontrollbereich abgebaut werden soll. So soll die 2. SAG nur noch den Abbau des Reaktordruckbehälterdeckels, nicht jedoch des stark aktivierten Reaktordruckbehälterunterteils, der Reaktoreinbauten sowie des biologischen Schilds im Kontrollbereich umfassen; diese Abbaumaßnahmen sollen vielmehr einer - am 30.04.2013 erteilten und in Bestandskraft erwachsenen - 3. SAG vorbehalten bleiben.
65 
Durch diese geänderte Genehmigungsabfolge wird indes nicht der mit der 1. SAG geprüfte Gesamtumfang der geplanten Maßnahmen mit der Folge verlassen, dass nunmehr eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens zu erfolgen hätte. Zum einen hat die Beigeladene bereits in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 (S. 16) explizit darauf hingewiesen, es könne sich bei der für den 2. Genehmigungsschritt noch durchzuführenden Detailabbauplanung unter Berücksichtigung der Verfahrensökonomie und von technischen Notwendigkeiten ergeben, dass zur Umsetzung der Abbauarbeiten im 2. Abbauschritt mehr als nur ein Genehmigungsantrag erforderlich werde. Aufgrund dieser Angaben im Sicherheitsbericht stand bereits bei Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung des Gesamtvorhabens im Rahmen der 1. SAG fest, dass die vorgesehenen Genehmigungsschritte keine verbindliche Planung darstellen. Zum anderen kann eine geänderte Abfolge der zu beantragenden Genehmigungen und die Zuordnung der Abbauschritte hierzu nicht zu relevanten Umweltauswirkungen führen. Maßgeblich für die Umweltrelevanz ist allein, ob die mit der ursprünglichen Planung vorgesehenen konkreten Abbaumaßnahmen bzw. Abbauschritte eingehalten werden oder ob auch insoweit eine relevante Änderung eingetreten ist. Wie sich der Darstellung der Abbaufolge auf S. 76 f. des Sicherheitsberichts vom 19.05.2006 entnehmen lässt, wird durch die geänderte Aufteilung der Genehmigungsschritte nicht von den technisch vorgesehenen Abbaumaßnahmen abgewichen. Im Übrigen wies die Beigeladene bei der Beschreibung des 2. Abbauschritts (S. 90 f. des Sicherheitsberichts) bereits darauf hin, dass die konkrete Abbaufolge erst im Rahmen der Detailplanung des 2. Abbauschritts festgelegt werden könne. Durch die mit der 2. SAG vorgenommene Modifizierung tritt deshalb keine Änderung der technischen Abbauplanung ein, sondern lediglich eine Verschiebung von Maßnahmen in einen späteren Genehmigungsschritt. Gerade im Hinblick auf die Umweltrelevanz eines Vorhabens ist jedoch unerheblich, in welchem Genehmigungsschritt eine konkrete Einzelmaßnahme erfolgen soll. Entscheidend ist allein, dass sich die Ausführungsmaßnahmen innerhalb der insgesamt geplanten Maßnahmen halten, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der 1. SAG waren. Fehl geht in diesem Zusammenhang auch der Hinweis der Kläger, durch den Abbau des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten stünden das Druckbehälter-Unterteil und die stark aktivierten Kerneinbauten für längere Zeit offen. Dem steht bereits entgegen, dass auch in der ursprünglich geprüften Genehmigungsplanung und dem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 keine zeitlichen Vorgaben für den Abbau des Reaktordruckbehälters enthalten waren. Auch ohne die nunmehr vorgesehene Aufspaltung des Abbaus des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten war deshalb nicht sichergestellt, dass dieser in einem engen zeitlichen Rahmen abgebaut wird. Keiner abschließenden Klärung bedarf die zwischen den Beteiligten kontrovers erörterte Frage, ob der von den Betriebsgenehmigungen gedeckte Zustand einer längeren Öffnung des Reaktordeckels bei umfangreichen Revisionsarbeiten mit der hier in Rede stehenden Situation vergleichbar ist. Dabei spricht jedoch einiges für die Darlegung des Beklagten, dass die Situation eines offen stehenden Reaktordruckbehälters in der Leistungsbetriebsphase in sicherheitstechnischer Hinsicht kritischer zu beurteilen ist als der hier in Rede stehende Zustand.
66 
2.1.2.2.3. Eine wesentliche Änderung ist schließlich nicht dadurch eingetreten, dass eine längere Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager (sog. Notstandsgebäude, Bau 37) erfolgen soll. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass nach der ursprünglichen zeitlichen Planung der Beigeladenen bis ca. 2011 alle bestrahlten Brennelemente in das beantragte Standortzwischenlager verbracht werden sollten, sodass die Anlage bei Beginn des 2. Abbauschrittes brennstofffrei gewesen wäre. Die weitere Lagerung der abgebrannten Brennstäbe im Notstandsgebäude führt jedoch entgegen der Auffassung der Kläger nicht dazu, dass der Rahmen der im Zuge der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung überschritten würde. Zum einen handelt es sich bei der oben dargestellten zeitlichen Abfolge lediglich um eine unverbindliche Planung der Beigeladenen, die unter dem Vorbehalt veränderter Umstände, insbesondere einer Verzögerung der Genehmigungserteilung für das Standortzwischenlager, stand. So wurde bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass möglicherweise der Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage KWO nicht - wie vorgesehen - bis ca. 2011 abgeschlossen sein könne, etwa weil das beantragte BE-Zwischenlager zu diesem Zeitpunkt noch nicht betriebsbereit sei (vgl. S. 70 und 90 des Sicherheitsberichts). In diesem Fall sollte nach der im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 dargelegten Konzeption der Stilllegungsbetrieb unter dem Regime der 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung auch die weitere Lagerung der bestrahlten KWO-Brennelemente im externen Nasslager bis zum vollständigen Abtransport aus der Anlage umfassen. Aufgrund dieser Darstellungen im Sicherheitsbericht war die weitergehende Lagerung von Brennelementen im externen Lager auch zum Zeitpunkt des 2. Abbauschritts Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, die im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführt wurde.
67 
Zum anderen wurde die externe Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit einer der Beigeladenen erteilten Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet, welche bestandskräftig wurde (vgl. hierzu auch den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des Senats vom 15.09.1999 - 10 S 1991/99 - VBlBW 2000, 149). Die Dauer dieser Lagerung wurde weder durch die 1. SAG noch durch die gegenständliche Genehmigung eingeschränkt. Vielmehr erstreckt sich der Genehmigungsumfang der 1. SAG nach dem oben Gesagten auf den Stilllegungsbetrieb, der unter anderem die Lagerung der Brennelemente im externen Brennelementlagerbecken des Notstandsgebäudes umfasst (vgl. A I.1.1 der 1. SAG, Seite 2). Übereinstimmend hiermit wird in der Begründung der 1. SAG davon ausgegangen, dass sich die bestrahlten Brennelemente in der Phase des Stilllegungsbetriebs voraussichtlich noch im externen Brennelementlagerbecken befinden werden; die Genehmigung nimmt den Abbau der Anlage und von Anlagenteilen parallel zu dieser Lagerung in den Blick (vgl. B.I.2.4.4.3 der 1. SAG, S. 43). Etwaige mit der externen Brennelementlagerung verbundenen Umweltauswirkungen waren bei Erteilung der 2. SAG daher nur insoweit zu betrachten, als das Betriebsreglement in Bezug hierauf geändert wurde. Dabei ist auszuschließen, dass sich die geringfügigen Änderungen des Betriebsreglements hinsichtlich der Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager in einer für die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung relevanten Weise auswirken könnten. Ferner sollen nach den Darlegungen im Sicherheitsbericht die mit der 2. SAG beantragten Abbaumaßnahmen dergestalt rückwirkungsfrei erfolgen, dass die Lagerung der Brennelemente und die hierfür erforderlichen Sicherheitseinrichtungen im Notstandsgebäude durch die Maßnahmen nicht beeinträchtigt werden kann. Im Sicherheitsbericht wird näher dargelegt, dass die für die Lagerung und Handhabung der bestrahlten Brennelemente erforderlichen Anlagenteile und Systeme erst nach dem Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage stillgesetzt und abgebaut werden. Eine wesentliche Abweichung durch die längere Lagerung, bezogen auf die insgesamt geplanten Maßnahmen, liegt deshalb nicht vor.
68 
Nach alldem hat der Beklagte die mit der 2. SAG geplanten Einzelmaßnahmen zu Recht keiner weiteren vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen, sondern lediglich rechtsfehlerfrei eine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchgeführt.
69 
2.1.3 Entgegen der Auffassung der Kläger war vor Erteilung der 2. SAG weder eine obligatorische (dazu unter 2.1.3.1) noch eine fakultative (dazu unter 2.1.3.2) Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Hiergegen bestehen auch im Hinblick auf von der Bundesrepublik eingegangene völkerrechtliche Verpflichtungen keine Bedenken (dazu unter 2.1.3.3). Dahingestellt bleibt, ob die Kläger bei einer rechtswidrig unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung in eigenen Rechten verletzt würden (dazu unter 2.1.3.4).
70 
2.1.3.1 Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die von der Beigeladenen im Rahmen der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks Obrigheim nicht einer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung bedurften. Gemäß § 19b Abs. 2 Satz 1 AtVfV kann abweichend von § 4 Abs. 4 AtVfV von einer Bekanntmachung und Auslegung des Vorhabens dann nicht abgesehen werden, wenn für eine ortsfeste Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistung überschreitet, erstmals eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beantragt wird. Bei den von der Beigeladenen beantragten Maßnahmen handelte es sich jedoch nicht um einen erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Stilllegungs- und Abbaugenehmigung im Sinne von § 7 Abs. 3 AtG. Auch wenn es sich bei der 1. und 2. Stilllegungsgenehmigung - wie oben unter 2.1.1.3 näher dargestellt - um selbständige Genehmigungen und nicht um Teilgenehmigungen gemäß § 18 AtVfV handelt, sind die Genehmigungen aufeinander bezogen und gestatten ein einheitliches Vorhaben im Sinne von § 19b Abs. 1 AtVfV. In diesem Zusammenhang kann auf die oben angestellten Erwägungen zu der Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verwiesen werden, da diese auch im hier in Rede stehenden Zusammenhang Geltung beanspruchen. Schließlich war nach dem oben Dargelegten für die mit der 2. SAG beantragten Maßnahmen keine e Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, so dass eine obligatorische Öffentlichkeitsbeteiligung auch nicht nach § 4 Abs. 4 Satz 2 AtVfV geboten war.
71 
2.1.3.2 Der Beklagte hat unter fehlerfreier Betätigung seines Ermessens von einer en fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG abgesehen. Die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Absehen von einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung nach Ermessen gemäß § 19b, § 4 Abs. 4 AtVfV lagen vor. Gemäß § 19b Abs. 2 Satz 1 AtVfV kann nach dem oben unter 2.1.3.1 Ausgeführten im Falle der erstmaligen Erteilung einer Stilllegungs- und Abbaugenehmigung nicht von der Auslegung und Bekanntmachung des Vorhabens abgesehen werden. Für den hier in Rede stehenden weiteren Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG bleibt es dagegen gemäß 19b Abs. 2 AtVfV bei der allgemeinen Bestimmung des § 4 Abs. 4 Satz 1 AtVfV. Danach kann die Genehmigungsbehörde von der Bekanntmachung und Auslegung unter den in § 4 Abs. 2 AtVfV genannten Voraussetzungen absehen. Dies ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AtVfV vor allem dann der Fall, wenn im Sicherheitsbericht keine zusätzlichen oder anderen Umstände darzulegen wären, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen lassen.
72 
Diese Voraussetzungen liegen für das Genehmigungsverfahren der 2. SAG vor. Im Sicherheitsbericht zur 1. SAG ist das Gesamtvorhaben der Stilllegung und des Abbaus des Kernkraftwerks Obrigheim in einer den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV genügenden Weise dargestellt. Nach dieser Bestimmung müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, u.a. Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten. Die Beigeladene hat in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 das von ihr verfolgte Gesamtkonzept zum Abbau und zur Stilllegung der von ihr betriebenen kerntechnischen Anlage in den Grundzügen so konkret beschrieben, dass auch für Dritte eine Beurteilung der insgesamt geplanten Maßnahmen möglich war. Insbesondere hat sie im Sicherheitsbericht die insgesamt geplanten Maßnahmen, die Reihenfolge der einzelnen Abbauschritte und die dabei zu verwendenden Methoden so detailliert dargestellt, dass die interessierte Öffentlichkeit sowohl die mögliche Rückwirkungsfreiheit der Maßnahmen als auch das Vorliegen einer sinnvollen Abbaureihenfolge prüfen konnte. Auch hat die Beigeladene in den Unterlagen den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV entsprechend weiter dargelegt, welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a AtVfV genannten Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung haben werden. Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich der Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission vom 11./12.12.2007 nicht entnehmen, dass die vor Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen nicht den oben dargestellten Anforderungen entsprochen hätten. Zwar führt die Reaktorsicherheitskommission aus, dass auf der Basis der vorliegenden Unterlagen eine detaillierte Beurteilung des Gesamtkonzepts zur Stilllegung und zum Abbau des KWO nicht möglich sei, da über Abbaumaßnahmen, ihre vorgesehene Reihenfolge und über Abbaumethoden während des 2. Genehmigungsschritts nur sehr allgemeine Aussagen vorlägen; auch in dem Genehmigungsentwurf werde über die Zulässigkeit der über den 1. Abbauschritt hinausgehenden Maßnahmen keine Aussage getroffen (vgl. S. 7 der Stellungnahme). Indes hat die Reaktorsicherheitskommission in ihrer abschließenden Stellungnahme ausdrücklich bestätigt, dass die vorgelegten Unterlagen im Hinblick auf § 19b AtVfV ausreichend seien (S. 20 der Stellungnahme vom 11./12.12.2007). Diese Auffassung der Reaktorsicherheitskommission steht mit dem Regelungskonzept von § 19b AtVfV im Einklang. § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV erfordert nicht, dass alle Abbauschritte in den mit dem Erstgenehmigungsantrag vorgelegten Unterlagen genehmigungsfähig beschrieben werden. Die Vorschrift erfordert nur, dass „Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung ... oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen“ in den Antragsunterlagen enthalten sind, die „die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist“.
73 
An der Richtigkeit der Einschätzung der Reaktorsicherheitskommission ändern auch die weiteren Rügen der Kläger nichts, die sich im Kern gegen das vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Verwaltungsverfahren richten. Auch in diesem Zusammenhang sind die Kläger aufgrund der Bestandskraft der 1. SAG mit Einwendungen gegen deren Rechtmäßigkeit ausgeschlossen. Im Übrigen durften die Kläger nicht die von ihnen geltend gemachte Erwartung hegen, etwaige Rügedefizite im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG würden in nachfolgenden Genehmigungsschritten geheilt. Vielmehr wären die Kläger gehalten gewesen, die von ihnen beanstandeten Fehler mit einem Rechtsbehelf gegen die 1. SAG geltend zu machen.
74 
Unabhängig hiervon greifen die Rügen der Kläger auch in der Sache nicht durch. Die Kläger beanstanden vor allem, dem im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der 1. SAG ausgelegten Sicherheitsbericht seien keine konkreten Angaben zu der Strahlenbelastung durch Direktstrahlung am Anlagenzaun und der Umgebungsüberwachung zu entnehmen; Betroffenen sei es deshalb nicht möglich gewesen, ihre Belastung durch Direktstrahlung zu überprüfen. Im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 ist die Strahlenexposition in der Umgebung während des gesamten Vorhabens in Kapitel 9 (S. 176 ff.) ausreichend dargestellt. In Kapitel 9.2.1 wird die Strahlenexposition durch Ableitung radioaktiver Stoffe mit der Luft, in Kapitel 9.2.2 durch Ableitung mit dem Abwasser dargestellt; Kapitel 9.4 (S. 182 f.) erörtert die Begrenzung der Strahlenexposition aus Direktstrahlung und aus Ableitungen radioaktiver Stoffe mit der Luft und dem Abwasser. Die von den Klägern vermissten weiteren Angaben zur Direktstrahlung waren im Sicherheitsbericht nicht zwingend veranlasst. Die Direktstrahlung ist lediglich für die Einhaltung des Dosisgrenzwerts nach § 46 StrlSchV von Bedeutung, der die Gesamtstrahlenexposition aus Direktstrahlung sowie sämtlichen Ableitungen und unter Berücksichtigung der radiologischen Vorbelastung am Standort und der Strahlenexposition infolge des geplanten Standortzwischenlagers erfasst. Die Gesamtstrahlenexposition darf den Grenzwert für die effektive Dosis gemäß § 46 Abs. 1 StrlSchV von 1 mSv im Kalenderjahr an keiner Stelle außerhalb des Betriebsgeländes der Anlage überschreiten; einen eigenständigen Grenzwert für die Direktstrahlung gibt es indes nicht. Da der Dosisgrenzwert nach den Darstellungen im Sicherheitsbericht zur 1. SAG deutlich unterschritten wird, waren weitere Darlegungen im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG nicht veranlasst. Auch hinsichtlich der Umgebungsüberwachung waren im Sicherheitsbericht für die 2. SAG keine zusätzlichen oder anderen Umstände im Sinne von § 4 Abs. 2 AtVfV darzulegen, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen ließen. Die Umgebungsüberwachung wird im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 in Kapitel 5.5 (S. 124) für das Gesamtvorhaben dargestellt. Der Sicherheitsbericht weist darauf hin, dass nach der Richtlinie zur Emissions- und Immissionsüberwachung kerntechnischer Anlagen (REI) ein Überwachungsprogramm sowohl durch den Betreiber der Anlage als auch von unabhängigen Messstellen im Auftrag der zuständigen Behörde durchzuführen ist. Weitergehende Darlegungen waren nicht zwingend veranlasst, insbesondere nicht die von den Klägern vermisste konkrete Darstellung der vorgesehenen Orte von Probeentnahmen.
75 
Fehl geht auch die Rüge der Kläger, die Reihenfolge des Abbaus von Systemen und Komponenten für den 2. Genehmigungsschritt sei in den im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen nur sehr allgemein beschrieben; eine Überprüfung der Wechselwirkungen zwischen dem Abbau von Systemen und Komponenten im Kontrollbereich (einschließlich Notstandsgebäude) und dem Betrieb des Brennelementlagerbeckens sei nicht ausreichend möglich. Vielmehr ist eine Beschreibung sämtlicher Abbauschritte im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 zur 1. SAG erfolgt (vgl. Kapitel 4, S. 76 ff.). Dort wurden auch die einzelnen zur Anwendung gelangenden Zerlege- und Abbauverfahren beschrieben und dargestellt, nach welchen Methoden die weitere Abbauplanung erfolgen wird. Schließlich enthält der Sicherheitsbericht zur 1. SAG in Kapitel 2.4 (S. 48 bis 54) eine überschlägige Beschreibung des radiologischen Ausgangszustands der Anlage. Der Detaillierungsgrad dieser Darstellung genügt den an einen Sicherheitsbericht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AtVfV zu stellenden Anforderungen. Die von den Klägern vermisste Zuordnung von Abbau- und Zerlegemethoden zu den einzelnen Anlagen und Komponenten ist von Rechts wegen nicht zwingend geboten. Entgegen der Auffassung der Kläger waren im Sicherheitsbericht für die 2. SAG auch nicht zusätzliche Störfallszenarien zu betrachten, die eine ergänzende Öffentlichkeitsbeteiligung notwendig gemacht hätten. Die Kläger machen auch in diesem Zusammenhang überwiegend Störfallszenarien geltend, die im Zusammenhang mit der Brennstofflagerung im Notstandsgebäude stehen. Nach dem oben unter 2.1.1.4 Dargelegten ist die Nasslagerung der Brennelemente nicht vom Gestattungsumfang der 2. SAG umfasst. Im Sicherheitsbericht zur Erteilung der 2. SAG war deshalb keine weitergehende Betrachtung von Störfallszenarien erforderlich, die im Zusammenhang mit der Brennstofflagerung im externen Becken stehen. Wie oben unter 2.1.2.2 näher dargestellt, wichen die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen auch nicht in einer Weise von der im Sicherheitsbericht zur 1. SAG beschriebenen Abbauplanung ab, dass der vorgegebene Rahmen der Gesamtmaßnahme überschritten worden wäre. Es stand deshalb im Ermessen des Beklagten, auf eine fakultative Öffentlichkeitsbeteiligung zu verzichten.
76 
Wie sich aus der Begründung der 2. SAG (B.I.2.4.1) ergibt, hat die Genehmigungsbehörde das ihr eröffnete Ermessen erkannt; die im Rahmen der Ermessensbetätigung angestellten Erwägungen leiden nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Mangel. Der Beklagte hat sich bei der Ausübung seines Ermessens im Wesentlichen davon leiten lassen, dass die Durchführung einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung weder relevante neue Informationen für die zu treffende Genehmigungsentscheidung liefern würde noch für die Rechtsschutz suchende Öffentlichkeit erforderlich wäre. In diesem Zusammenhang hat er darauf abgehoben, dass durch die beantragten Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen keine nachteiligen Auswirkungen für Dritte zu erwarten seien. Entgegen der Auffassung der Kläger war in die Ermessensentscheidung nicht mit besonderem Gewicht einzustellen, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung zur 1. SAG zwischen Juli und August 2006 und damit über fünf Jahre vor Erteilung der 2. SAG durchgeführt wurde. Zwar kann sich in einem derartigen Zeitraum der Kenntnisstand der Öffentlichkeit etwa zur eigenen Betroffenheit ändern. Auch im Rahmen der Ermessensausübung war die Genehmigungsbehörde jedoch nicht verpflichtet, das Gesamtabbauvorhaben  in den Blick zu nehmen, sondern durfte sich auf die mit der 2. SAG genehmigten Maßnahmen beschränken. Dies gilt im besonderen Maße vor dem Hintergrund, dass im vor Erteilung der 1. SAG durchgeführten förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren keinerlei Äußerungen aus der Bevölkerung eingegangen sind. Schließlich stellt auch der von den Klägern herausgestellte Umstand, dass im Gestattungsumfang der 2. SAG mit einem gegenüber der 1. SAG deutlich größeren Aktivitätsinventar umgegangen wird, keinen für die Ermessensausübung wesentlichen Gesichtspunkt dar. Die Einschätzung des Beklagten hinsichtlich des von einer en Öffentlichkeitsbeteiligung zu erwartenden Erkenntnisgewinns ist zumindest vertretbar und kann deshalb nicht als ermessensfehlerhaft beanstandet werden. Vor diesem Hintergrund begegnet auch die abschließend von dem Beklagten getroffene Abwägungsentscheidung zwischen den Belangen der interessierten Öffentlichkeit und dem öffentlichen Interesse an einer beschleunigten Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen bzw. der privaten Belange der Beigeladenen keinen Bedenken.
77 
2.1.3.3 Eine e Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG war nicht im Hinblick auf die von der Bundesrepublik Deutschland als Signatarstaat des Übereinkommens vom 25.06.1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention; Gesetz vom 09.12.2006, BGBl. II, S. 1251) geboten. Die Aarhus-Konvention ist nicht nur von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sondern von der Europäischen Union selbst ratifiziert worden; als sogenanntes gemischtes Abkommen ist sie Teil des Unionsrechts. Dabei spricht vieles dafür, dass hinreichend bestimmte und unbedingte Bestimmungen der Aarhus-Konvention unmittelbar anwendbares EU-Recht darstellen und aufgrund der Ratifikation durch die Bundesrepublik Deutschland auch als innerstaatliches Recht gelten (vgl. hierzu näher OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.02.2013 - 1 B 11266/12 - UPR 2013, 233; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.06.2012 - 8 B 38/08.AK - NuR 2012, 722). Darüber hinaus sind die nationalen Gerichte der Signatarstaaten gehalten, Bestimmungen der Aarhus-Konvention, denen wegen des darin enthaltenen Ausgestaltungsvorbehalts zugunsten der nationalen Rechtsordnung keine unmittelbare Wirkung zukommt, im Rahmen ihres nationalen Verwaltungsverfahrensrechts und Verwaltungsprozessrechts soweit wie möglich im Einklang mit den Zielen der Konvention zur Anwendung zu bringen (BVerwG, Urteil vom 05.09.2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312).
78 
Entgegen der Auffassung der Kläger gebieten die Bestimmungen der Aarhus-Konvention in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht die Durchführung einer en Öffentlichkeitsbeteiligung. Die von den Klägern herangezogene, allein einschlägige Bestimmung des Art. 6 Abs. 1a i.V.m. Nr. 1 des Anhangs I der Aarhus-Konvention verlangt, dass die Signatarstaaten unter anderem bei der Demontage oder Stilllegung von Kernkraftwerken oder Reaktoren ein Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren durchführen. Der Aarhus-Konvention liegt die Erkenntnis zugrunde, dass im Umweltbereich ein verbesserter Zugang zu Informationen und eine verbesserte Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren die Qualität und die Umsetzung von Entscheidungen verbessern, zum Bewusstsein der Öffentlichkeit in Umweltangelegenheiten beitragen, der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, ihre Anliegen zum Ausdruck zu bringen, und es den Behörden ermöglichen, diese Anliegen angemessen zu berücksichtigen (Erwägungsgründe, 9. Absatz). Zielsetzung der Konvention ist es, eine breitere Öffentlichkeit für Entscheidungsvorhaben im Umweltbereich zu interessieren und ihre Beteiligungsbereitschaft zu fördern, um hierdurch Vollzugsdefiziten zu Lasten der Umwelt entgegenzuwirken (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 18.07.2013 - 4 CN 3.12 - BVerwGE 147, 206). Zur Erreichung dieser Ziele sehen Art. 6 Abs. 2 und 3 der Aarhus-Konvention vor, dass die betroffene Öffentlichkeit im Rahmen umweltbezogener Entscheidungsverfahren frühzeitig über das Vorhaben informiert wird, damit der Öffentlichkeit ausreichend Zeit zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung während des Entscheidungsverfahrens gegeben wird. Nach Art. 6 Abs. 4 der Konvention sorgt jede Vertragspartei für eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Optionen noch offen sind und eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann. Damit soll der Anforderung von Art. 6 Abs. 8 der Aarhus-Konvention Rechnung getragen werden, wonach die Vertragsparteien sicherstellen, dass das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Entscheidung angemessen berücksichtigt werden kann.
79 
Diesen Vorgaben genügt das in § 19b Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 2, 4 AtVfV vorgesehene Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Stilllegung kerntechnischer Anlagen. Die danach bei Teilgenehmigungen oder - wie hier in Rede stehend - bei aufeinander bezogenen Genehmigungen für ein einheitliches Vorhaben des Abbaus einer kerntechnischen Anlage vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der ersten Genehmigung stellt in besonderem Maße sicher, dass Anregungen der Öffentlichkeit berücksichtigt werden können, bevor durch Beginn der Maßnahme vollendete Tatsachen geschaffen werden. Auch wird durch die entsprechend anwendbare Vorschrift des § 4 Abs. 2 und 4 AtVfV sichergestellt, dass eine e Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung weiterer Genehmigungen dann stattfindet, wenn im Sicherheitsbericht zusätzliche oder andere Umstände darzulegen wären, mithin eine wesentliche umweltrelevante Änderung im Verlaufe des Verfahrens eingetreten ist. Weder Art. 6 noch den übrigen Bestimmungen der Aarhus-Konvention lässt sich etwas für die von den Klägern vertretene Auffassung entnehmen, bei aufeinander bezogenen Genehmigungsschritten eines Abbauvorhabens müsse jeder Antragsgegenstand einem neuen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren zugänglich gemacht werden. Mithin war die Genehmigungsbehörde auch im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung gemäß § 19b, § 4 Abs. 4 AtVfV auch nicht mit Blick auf die Vorgaben der Aarhus-Konvention gehalten, im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG eine e Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.
80 
2.1.3.4 Ob bei einer fehlerhaft unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung die Kläger in eigenen Rechten verletzt würden, kann hiernach dahinstehen. Nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermittelt das atomrechtliche Verfahrensrecht jedenfalls, solange der Gesetzgeber nicht Verfahrensteilhaberechte unabhängig von einer potentiellen materiell- rechtlichen Betroffenheit schafft, Drittschutz nur im Hinblick auf eine bestmögliche Verwirklichung einer materiellen Rechtsposition. Dies hat zur Folge, dass ein auf einen Fehler des Verwaltungsverfahrens gestützter Rechtsbehelf eines Dritten nur Erfolg haben kann, wenn er dartut, dass und inwieweit sich die Nichtbeachtung der Verfahrensvorschrift auf seine materiell-rechtliche Rechtsposition ausgewirkt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie Beschluss vom 12.07.1993 - 7 B 114.92 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 42). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Dritte infolge des Verfahrensfehlers daran gehindert worden ist, Umstände vorzutragen, welche die Behörde nicht beachtet hat, denen sie aber bei einer den Anforderungen des § 7 Abs. 3 und Abs. 2 AtG entsprechenden Ermittlung und Bewertung von Risikofaktoren hätte nachgehen müssen. Eine derartige Beeinträchtigung ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten wird von den Klägern nicht substantiiert dargetan. Im Übrigen ist ihnen von der Genehmigungsbehörde jedenfalls nach Erteilung der 2. SAG umfassende Akteneinsicht gewährt worden.
81 
Nach alledem ist die 2. SAG nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen.
82 
2.2 Die der Beigeladenen erteilte 2. SAG leidet nicht an einem durchgreifenden materiell-rechtlichen Mangel. Der Beklagte hat die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik den Klägern gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG (dazu unter 2.2.1) und einen den Klägern gegenüber erforderlichen Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG (dazu unter 2.2.2) als gewährleistet ansehen dürfen. Auch kann die Klage nicht auf die behauptete fehlende Entsorgungsvorsorge und die unterbliebene Freigabeentscheidung gemäß § 29 StrlSchV gestützt werden (dazu unter 2.2.3).
83 
2.2.1 Der Beklagte durfte die gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen als getroffen ansehen.
84 
2.2.1.1 Ob die erforderliche Vorsorge gegen Schäden im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG gewährleistet ist, kann der Senat nur eingeschränkt überprüfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungs-gerichts ergibt sich aus der Normstruktur des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG, dass die Exekutive die alleinige Verantwortung für die Risikoermittlung und Risikobewertung trägt, also auch für die Entscheidung über Art und Ausmaß von Risiken, die hingenommen oder nicht hingenommen werden müssen (vgl. BVerwG, Urteile vom 14.01.1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115; sowie vom 10.04. 2008 - 7 C 39.07 - BVerwGE 131, 129; BVerfG, Beschluss vom 10.11.2009 - 1 BvR /07 - NVwZ 2010, 114 - jeweils mit weiteren Nachweisen aus der umfassenden Rechtsprechung). Daraus folgt, dass es nicht Sache der nachträglichen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle sein kann, die der Exekutive zugewiesene Wertung wissenschaftlicher Streitfragen einschließlich der daraus folgenden Risikoabschätzung durch eine eigene Bewertung zu ersetzen. Reichweite und Grenzen des sog. exekutiven Funktionsvorbehalts ergeben sich aus dem materiellen Recht, namentlich dessen Sinn und Zweck.
85 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dient der Funktionsvorbehalt der Exekutive einem dynamischen Grundrechtsschutz und rechtfertigt sich auch daraus, dass im Atomrecht die erforderliche Schadensvorsorge am in die Zukunft hinein offenen, die bestmögliche Verwirklichung des Schutzzwecks des § 1 Nr. 2 AtG gewährleistenden Maßstab des Stands von Wissenschaft und Technik zu messen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Es ist insoweit nicht Sache der Gerichte, Prognosen der Genehmigungsbehörde im Hinblick auf Situationen zu korrigieren, die allenfalls im Grenzbereich des nach praktischer Vernunft noch Möglichen liegen können. Dabei erschöpft sich der Funktionsvorbehalt der Genehmigungsbehörde nicht in der Identifikation der vorsorgerelevanten Risikoszenarien, sondern umfasst auch die konkrete Ausgestaltung des im Bereich der Risikovorsorge erforderlichen Schutzes. Allerdings ist das Maß des erforderlichen Schutzes normativ vorgegeben. Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 AtG legt die Exekutive normativ auf den Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge fest und lässt die Genehmigungserteilung nur zu, wenn Gefahren und Risiken durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage „praktisch ausgeschlossen“ erscheinen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12.11.2008 - 1 BvR 2456/06 - DVBl. 2009, 642). Dementsprechend unterliegen die behördliche Risikoermittlung und -bewertung einschließlich des hinzunehmenden Restrisikos nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Die Gerichte sind darauf beschränkt zu überprüfen, ob die der behördlichen Beurteilung zugrunde liegende Risikoermittlung und -bewertung auf einer ausreichenden Datenbasis beruht und dem Stand von Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt der Behördenentscheidung Rechnung trägt, die Behörde also im Hinblick auf die Ergebnisse des von ihr durchgeführten Genehmigungsverfahrens „diese Überzeugung von Rechts wegen haben durfte“ (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; sowie vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - BVerwGE 78, 177; Beschluss vom 02.07.1998 - 11 B 30.97 - NVwZ 1999, 654). Das Gericht ist deshalb auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Genehmigungsbehörde willkürfrei annehmen durfte, dass der erforderliche Schutz gegen die Risiken einer Leben oder Gesundheit Drittbetroffener möglicherweise gefährdenden Freisetzung ionisierender Strahlen nach Maßgabe des insoweit vorgesehenen Sicherungs- und Schutzkonzepts gewährleistet ist und Risiken damit praktisch nicht zu gegenwärtigen sind. Die Behörde darf aber nicht maßgebliche wissenschaftliche Erkenntnisse negieren oder in grober Weise fehl gewichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.08.1996 - 11 C 9.95 - DVBl. 1997, 52). Aus dem Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge folgt, dass die Exekutive im Rahmen ihrer prognostischen Einschätzung alle wissenschaftlich und technisch vertretbaren Erkenntnisse heranzuziehen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - BVerwGE 81, 185). Vorsorge bedeutet zudem, dass bei der Beurteilung von Schadenswahrscheinlichkeiten nicht allein auf das vorhandene ingenieurmäßige Erfahrungswissen zurückgegriffen werden darf, sondern Schutzmaßnahmen auch anhand „bloß theoretischer“ Überlegungen und Berechnungen in Betracht gezogen werden müssen, um Risiken aufgrund noch bestehender Unsicherheiten oder Wissenslücken zuverlässig auszuschließen. Unsicherheiten bei der Risikoermittlung und -bewertung ist nach Maßgabe des sich daraus ergebenden Besorgnispotenzials durch hinreichend konservative Annahmen Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.).
86 
2.2.1.2 Bei Anwendung dieser Grundsätze durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Beeinträchtigungen, die aus einer planmäßigen Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen und des genehmigten Stilllegungsreglements herrühren, getroffen worden ist. Welches Risiko hiernach bei der Erteilung einer atomrechtlichen Genehmigung Drittbetroffenen zugemutet werden darf, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 12 Abs. 1 Nr. 2 AtG die Exekutive dazu ermächtigt, näher zu bestimmen, welche Vorsorge zu treffen ist, damit bestimmte Strahlendosen und Konzentrationen radioaktiver Stoffe in der Luft und im Wasser nicht überschritten werden. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen und bestimmte Konzentrationen radioaktiver Stoffe in Luft und Wasser nicht überschritten werden, wird durch die Bestimmung der Dosisgrenzwerte (§§ 46, 47 StrlSchV) konkretisiert. Dieser Wert konkretisiert die Schutzwirkung zugunsten Dritter, weil er die äußerste, nicht mehr überschreitbare Grenze der erforderlichen Schadensvorsorge bestimmt und damit nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch den Einzelnen vor den Gefahren und Risiken der Kernenergie bewahren soll. Soweit die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Entscheidung die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik dem Einzelnen gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden als getroffen ansehen darf, hat es damit auch für den Drittschutz sein Bewenden. Mehr als die erforderliche Vorsorge, die auf den praktischen Ausschluss eines sich als Grundrechtsverletzung darstellenden Schadens hinausläuft, kann ein Dritter nicht verlangen. Insbesondere gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexpositionen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; vom 19.12.1985 - 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300; sowie vom 22.12.1980 - 7 C 84.78 - BVerwGE 61, 256).
87 
Die Genehmigungsbehörde ist aufgrund der von der Beigeladenen vorgelegten fachkundigen Berechnungen, die von dem gemäß § 20 AtG herangezogenen Sachverständigen geprüft worden sind, zu dem Ergebnis gelangt, dass bei Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen und einem ordnungsgemäßen Stilllegungsbetrieb die gemäß §§ 46, 47 StrlSchV hinzunehmenden Werte bei weitem nicht erreicht werden. Die Kläger sehen Defizite in der Schadensvorsorge dadurch begründet, dass die Beigeladene keine ausreichende radiologische Charakterisierung der Anlage vorgenommen habe und sich zum Zeitpunkt der Abbaumaßnahmen noch Kernbrennstoffe in der Anlage befänden. Indes ist der Beklagte willkürfrei ohne Ermittlungs- und Bewertungsdefizite zu dem Ergebnis gelangt, dass bei einem bestimmungsgemäßen Stilllegungs- und Abbaubetrieb die erforderliche Schadensvorsorge getroffen wird und deshalb nicht die Überschreitung von Grenzwerten droht.
88 
2.2.1.2.1 Vor Erteilung der 2. SAG ist eine ausreichende radiologische Charakterisierung der Anlage zumindest in dem Umfang erfolgt, wie dies für die Gewährleistung der erforderlichen Schadensvorsorge notwendig ist. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die radiologische Charakterisierung der Anlage vor ihrem Abbau nicht lediglich für die Bemessung der Deckungsvorsorge nach Maßgabe von § 13 AtG i.V.m. der Verordnung über die Deckungsvorsorge nach dem Atomgesetz (AtDeckV), sondern auch für die sachgerechte Planung der Abbaumaßnahmen notwendig ist. So ist eine hinreichende Kenntnis der radiologischen Ausgangssituation für die Wahl der Abbau- und Zerlegeverfahren sowie für eine fehlerfreie Störfallbetrachtung unerlässlich. Aus diesem Grund hat eine sachgerechte radiologische Charakterisierung Bedeutung für die Einhaltung der erforderlichen Schadensvorsorge gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 bzw. Nr. 5 AtG. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG ist eine ausreichende radiologische Charakterisierung der abzubauenden Anlage erfolgt.
89 
Grundlage der 2. SAG ist nach A.II. Nr. 15 der Erläuterungsbericht Nr. 13 „Radiologischer Anlagenzustand“ (Index a vom 22.02.2010). Der Bericht beschreibt den radiologischen Zustand des KWO zum Bezugszeitpunkt 01.01.2010, schätzt das radioaktive Gesamtinventar der Anlage ab und ordnet dieses einzelnen Komponenten zu. Der Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission vom 11./12.12.2007 kann entgegen der Auffassung der Kläger nicht entnommen werden, dass die radiologische Charakterisierung der Anlage nicht in ausreichendem Umfang erfolgt wäre. Zwar hat die Reaktorsicherheitskommission in dieser im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG abgegebenen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass eine umfassende und detaillierte radiologische Charakterisierung der gesamten Anlage Basis für das gesamte Stilllegungs- und Abbaukonzept einschließlich der Transport- und Lagerlogistik sei; da eine solche radiologische Charakterisierung detailliert noch nicht für die gesamte Anlage durchgeführt worden sei, könne dieser Punkt aus Sicht der Kommission noch nicht vollständig bewertet werden. Indes hat die Beigeladene als Reaktion auf diese Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission eine ergänzende radiologische Charakterisierung erstellt, deren Detaillierungsgrad über den im Genehmigungsverfahren zur Erteilung der 1. SAG vorgelegten Erläuterungsbericht hinausgeht. Nach dem Vortrag der Beigeladenen hat die Reaktorsicherheitskommission diese nicht in das Verfahren zur Erteilung der 2. SAG eingeführte ergänzende radiologische Charakterisierung im Rahmen des aufsichtlichen Verfahrens geprüft und gebilligt. Unabhängig hiervon hat die Beigeladene im Verfahren zur Erteilung der streitgegenständlichen 2. SAG eine zusammenfassende Darstellung der radiologischen Charakterisierung der Anlage mit Schreiben vom 06.07.2010 der Genehmigungsbehörde vorgelegt. Die zuständige Entsorgungskommission hat sich in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 mit der Untersuchung „radiologische Charakterisierung der Anlage“ vom 06.07.2010 auseinandergesetzt und diese gebilligt. Nach Erkenntnis der Entsorgungskommission entsprächen die in den Unterlagen zusammengestellten Daten im Wesentlichen dem Stand in anderen Stilllegungsverfahren und gäben einen groben Überblick über den radiologischen Zustand der Anlage. Für die konkrete Durchführung der einzelnen Abbaugewerke seien die Daten im Rahmen der Abbauplanung durch weitere Probenahmen zu verifizieren und zu ergänzen. Die in der radiologischen Charakterisierung noch fehlenden Aktivitätsangaben von relevanten Nukliden wie z.B. H-3 und C-14 hätten keinen Einfluss auf die Konzeption der Maßnahmen und seien spätestens im Rahmen der Abbauplanung zu ergänzen. Dies gelte auch für die bisher nur auf Basis von Wischtesten durchgeführte radiologische Charakterisierung der Gebäudestrukturen im Kontrollbereich; für die Festlegung von abdeckenden Nuklidvektoren seien auch hier Materialproben erforderlich. Zusammengefasst führt die Entsorgungskommission aus, dass sie „insgesamt keine Bedenken gegen das geplante und nunmehr weiter konkretisierte Gesamtkonzept zur Stilllegung und den Abbau der Anlage KWO“ habe (S. 7 der Stellungnahme vom 09.06.2011). Entgegen der Auffassung der Kläger hat die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 keine gegenüber den früheren Forderungen der Reaktorsicherheitskommission zurückbleibenden Anforderungen an die radiologische Charakterisierung der Anlage gestellt. Vielmehr hat die Entsorgungskommission dem Umstand Rechnung getragen, dass die Beigeladene im Verlaufe des Verfahrens ergänzende, bei Erteilung der 1. SAG noch nicht vorliegende radiologische Charakterisierungen vorgenommen hat. Auch die von den Klägern beanstandete Formulierung in der Stellungnahme der Entsorgungskommission, wonach für die konkrete Durchführung der einzelnen Abbaugewerke weitere Probenahmen und die Verifizierung der gewonnenen Daten notwendig sei, ist nicht im Sinne eines herabgesetzten Darstellungsniveaus zu bewerten. Vielmehr ist diese Aussage so zu verstehen, dass ergänzende Probenahmen vor Abbaumaßnahmen lediglich in den nicht zugänglichen Anlagenteilen für statthaft gehalten werden. Im Übrigen haben die Kläger kein plausibles Szenario geltend gemacht, bei dem die von ihnen beanstandete unzureichende radiologische Charakterisierung zu einer von Rechts wegen nicht hinzunehmenden Strahlenexposition führen könnte. Zu Recht räumen die Kläger ein, dass selbst bei einer nicht in jeder Hinsicht ausreichenden radiologischen Charakterisierung keine Überschreitung der relevanten Dosisgrenzwerte für den bestimmungsgemäßen Stilllegungsbetrieb zu erwarten ist. Die Kläger sehen vielmehr lediglich einen Verstoß gegen das Strahlenminimierungsgebot des § 6 StrlSchV, das nach dem oben unter 2.2.1.2 Ausgeführten jedoch nicht drittschützend ist.
90 
2.2.1.2.2 Auch der Umstand, dass die Anlage KWO zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG und deren bestimmungsgemäßer Ausnutzung nicht kernbrennstofffrei ist, führt nicht zu einem Schadensvorsorgedefizit zu Lasten der Kläger. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die 2. SAG ebenso wie die 1. SAG keine zeitlichen Vorgaben für die Entfernung der bestrahlten Brennelemente aus dem externen Lagerbecken im Notstandsgebäude enthält. Fehl geht indes ihre Annahme, die Kernbrennstofffreiheit der Anlage sei nach den maßgeblichen Regelwerken Grundvoraussetzung für die Vornahme von Abbauarbeiten. Vielmehr fordert Ziff. 2.1 des Leitfadens zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau von Anlagen oder Anlagenteilen nach § 7 des Atomgesetzes vom 26.06.2009 (Bundesanzeiger 2009, Nr. 162a) in Absatz 4 lediglich, dass „solange sich während des Stilllegungsverfahrens noch Kernbrennstoff über den in § 2 Abs. 3 AtG genannten Massen oder Konzentrationen in der Anlage befindet, die dafür notwendigen Anforderungen zur Gewährleistung der Sicherheit weiterhin zu erfüllen“ sind. In Übereinstimmung hiermit sehen auch die „Empfehlungen der ESK Leitlinien zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen“ vom 09.09.2010 (Bundesanzeiger 2010, Nr. 187) vor, dass nach Beendigung des auslegungsgemäßen Betriebs die erforderliche Vorsorge gegen Schäden nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zu treffen sei. Dazu sei die Einhaltung der Schutzziele Kontrolle der Radioaktivität, Abfuhr der Zerfallswärme, Einschluss der radioaktiven Stoffe und Begrenzung der Strahlenexposition sicherzustellen. Nach Erreichen der Kernbrennstofffreiheit seien nur noch die Schutzziele „Einschluss der radioaktiven Stoffe“ und „Begrenzung der Strahlenexposition“ sicherzustellen. Deshalb sei es zweckmäßig, Kernbrennstofffreiheit möglichst schnell herzustellen. Das Herstellen der Kernbrennstofffreiheit wird dabei ausdrücklich als optionale stilllegungsvorbereitende Maßnahme bezeichnet (vgl. Ziff. 4 der Leitlinien). Auch nach den Empfehlungen der Entsorgungskommission ist die Kernbrennstofffreiheit bzw. der Abtransport der Brennelemente nicht unabdingbare Voraussetzung für die Stilllegung und den Abbau einer kerntechnischen Anlage. In Übereinstimmung hiermit sind sowohl die Reaktorsicherheitskommission in ihrer Stellungnahme vom 11./12.12.2007 zur 1. SAG als auch die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 im Rahmen des gegenständlichen Genehmigungsverfahrens zu der Erkenntnis gelangt, dass der Weiterbetrieb des externen Brennelementlagers keine sicherheitsrelevanten Wechselwirkungen mit den gestatteten Abbaumaßnahmen erwarten lasse. So hat die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 auf die entsprechenden Fragen des Bundesministeriums für Umwelt und Reaktorsicherheit ausgeführt:
91 
„Die ESK ist der Auffassung, dass alle geplanten Schritte und Maßnahmen des Stilllegungs- und Abbaukonzeptes technisch machbar und sachgerecht aufeinander abgestimmt sind und nicht von den allgemeinen Angaben zum Gesamtkonzept der Stilllegung, die im Rahmen des Verfahrens zur 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vorgelegt wurden, abweichen. Vielmehr stellen die geplanten Maßnahmen eine notwendige und sinnvolle Konkretisierung dar…. Die Maßnahmen zu Umgang und Lagerung der bestrahlten Brennelemente im externen Nasslager sowie die spätere Beladung von Transport- und Lagerbehältern und deren Transport in ein Standortzwischenlager wurden nachvollziehbar dargestellt. Durch die Berücksichtigung der Schnittstellen der sicherheitstechnisch relevanten Systeme des externen Nasslagers zu den außerhalb des externen Nasslagers liegenden Teilen dieser Systeme beim Abbau kann eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit dieser Systeme vermieden werden. Damit ist aus Sicht der ESK die Autarkie des externen Nasslagers sichergestellt.“ (S. 6 f. der Stellungnahme vom 09.06.2011).
92 
Die Kläger rügen in diesem Zusammenhang weiter, mit der 2. SAG werde in unzulässiger Weise auch der Abbau von Einrichtungen des Brennelementlagerbeckens genehmigt; dies sei unzulässig, da für das System und die Komponenten keine belastbare radiologische Charakterisierung möglich sei. Auch hierin liegt kein Defizit der Schadensvorsorge zu Lasten der Kläger. Wie oben unter 2.2.1.2.1 näher dargestellt, hat die Beigeladene in ihrem ergänzenden Bericht vom 06.07.2010 eine umfassende radiologische Charakterisierung der Anlage vorgenommen und dabei auch das Notstandsgebäude (Bau 37) in ihre Betrachtung einbezogen. Unschädlich ist der von den Klägern beanstandete Umstand, dass aufgrund der fortdauernden Lagerung der Brennelemente eine weitere Erhöhung der Radioaktivität in Bau 37 möglich erscheint und deshalb noch keine abschließende Charakterisierung des dortigen Aktivitätsinventars möglich war. Es handelt sich dabei um Bereiche, die entsprechend der Stellungnahme der Entsorgungskommission vom 09.06.2011 im Verlaufe der Abbaumaßnahmen weiter zu untersuchen und abschließend zu charakterisieren sind.
93 
2.2.1.3 Die Genehmigungsbehörde durfte auch die erforderliche Vorsorge gegen die Auswirkungen von Störfällen, die in Ausnutzung der mit der 2. SAG genehmigten Einzelmaßnahmen zu betrachten waren, als getroffen ansehen. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen bei den zu betrachtenden Störfallereignissen nicht überschritten werden, wird durch den anwendbaren Störfallplanungswert abschließend konkretisiert; auch insoweit gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexposition bei den zu betrachtenden Störfallereignissen (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie vom 10.04. 2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.). Zutreffend ist die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen, dass der für den Abbau und die Stilllegung von Kernkraftwerken maßgebende Störfallplanungswert gemäß § 117 Abs. 16 StrlSchV i.V.m. § 50 StrlSchV 50 mSv beträgt.
94 
Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Schutzkonzept des § 117 Abs. 16 StrlSchV nicht durch wissenschaftliche Erkenntnisfortschritte dergestalt überholt, dass es der rechtlichen Prüfung nicht mehr zugrunde zu legen wäre. Dabei kann es bei der von Rechts wegen gebotenen Überprüfung, ob der Verordnungsgeber seinem gesetzlichen Auftrag genügt hat, den Störfallplanungswert unter Kontrolle zu halten und notfalls nachzubessern, nicht darum gehen, von Gerichts wegen einen bestimmten Stand der Wissenschaft festzustellen. Im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AtG ist dies vielmehr Aufgabe des Verordnungsgebers, der dabei eine wertende Risikoabschätzung vorzunehmen hat, die nur beschränkt gerichtlich überprüft werden kann. Diese Einschränkung der gerichtlichen Überprüfung folgt dabei schon daraus, dass jede gesetzliche Ermächtigung dem Verordnungsgeber Gestaltungsspielräume eröffnet, in die eine (inzidente) gerichtliche Normenkontrolle nicht eindringen darf. Speziell bei einer Verordnung, die zur Konkretisierung des atomrechtlichen Gebots der Schadensvorsorge gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG dient, darf eine gerichtliche Überprüfung nicht dazu führen, dass sich die politische Verantwortung für die Risikoermittlung und -bewertung von der Exekutive auf die Gerichte verlagert. Dies wäre indes der Fall, wenn die Gerichte hier ihre eigenen Bewertungen an die Stelle der Risikoabschätzung des Verordnungsgebers setzen könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.02.1998 - 11 B 5.98 - DVBl. 1998, 596). Der Verordnungsgeber hat sich in § § 117 Abs. 16 StrlSchV für ein konservatives Schutzkonzept entschieden. Einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich bleibt deswegen im Wesentlichen lediglich, ob aufgrund neuerer Erkenntnisse das Schutzkonzept des Verordnungsgebers überholt ist. Dies ist weder ersichtlich noch haben die Kläger hierfür überzeugende Anhaltspunkte dargelegt. Allein der Umstand, dass das Bundesamt für Strahlenschutz in von den Klägern benannten anderen Genehmigungsverfahren anscheinend geringere Grenzwerte zugrunde gelegt hat, sagt nichts darüber aus, ob der in § 117 Abs. 16 StrlSchV durch den Verordnungsgeber festgelegte Wert nicht mehr dem Stand der Wissenschaft entspricht. Unabhängig hiervon liegen die von dem Gutachter ermittelten Störfallauswirkungen weit unterhalb des maßgeblichen Störfallplanungswertes, sodass sich die von den Klägern aufgeworfene Frage nicht entscheidungserheblich stellt.
95 
Die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Störfallbetrachtung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Beigeladene hat mit ihren Genehmigungsunterlagen die Störfallbetrachtung des Sachverständigenbüros ... vom 31.03.2010 vorgelegt, die von dem amtlich bestellten Sachverständigen (§ 20 AtG) und der Genehmigungsbehörde kritisch gewürdigt wurde. Die Gutachter haben im Rahmen ihrer Störfallbetrachtung sämtliche zu unterstellenden sicherheitstechnisch bedeutsamen Ereignisabläufe des Stilllegungsbetriebes und des Abbaus der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen untersucht. Zutreffend haben die Sachverständigen für die Ermittlung der relevanten Ereignisabläufe den Stilllegungsleitfaden vom 12.08.2009 (Bundesanzeiger 2009, Nr. 162a) sowie ergänzend die Störfall-Leitlinien vom 18.10.1983 (Nr.3.33 des Handbuchs für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz) zugrunde gelegt. In Anwendung dieser Vorgaben haben die Gutachter radiologisch repräsentative Ereignisabläufe für Einwirkungen von Innen (EVI) und Einwirkungen von Außen (EVA) untersucht und sind zu der rechnerischen Prognose gelangt, dass der einzuhaltende Störfallplanungswert von 50 mSv bei Weitem - für die meisten zu betrachtenden Szenarien um mehrere Größenordnungen - unterschritten wird. Entgegen der Auffassung der Kläger bestehen weder Ermittlungsdefizite hinsichtlich der Identifizierung der Störfallszenarien noch Bewertungsdefizite hinsichtlich der Auswirkungen der zu betrachtenden Störfälle. Die Genehmigungsbehörde durfte deshalb die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Schadensvorsorge gegen Störfälle im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG als getroffen ansehen.
96 
2.2.1.3.1 In rechtlich nicht zu beanstandender Weise ist die Genehmigungsbehörde zu der Erkenntnis gelangt, dass die erforderliche Schadensvorsorge gegen den Absturz von Lasten bei dem Stilllegungsbetrieb und Abbau der Anlage gewährleistet ist. In der Störfallbetrachtung des Gutachtensbüros ... vom 31.03.2010 wurden verschiedene Absturzszenarien dargestellt und deren radiologische Auswirkungen ermittelt; die Gutachter legen überzeugend näher dar, warum die von ihnen betrachteten Absturzszenarien radiologisch repräsentativ sind. Dabei wird der Absturz eines Gussbehälters oder eines Fasses mit kontaminierten Schlämmen im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60), der Absturz von Lasten in den Lagergebäuden (Bau 39 und Bau 52) sowie der Absturz von anderweitigen Lasten, insbesondere auch von demontierten Großkomponenten des Primärkreislaufs, in sonstigen Gebäuden untersucht (vgl. Kapitel 3.3 Seite 26 ff. des Technischen Berichts). Damit haben die Sachverständigen im Rahmen der Störfallbetrachtung auch Szenarien betrachtet, die nach dem zutreffenden rechtlichen Ansatz der Genehmigungsbehörde nicht in Ausnutzung der 2. SAG eintreten können. So haben die Gutachter u. a. auch den Absturz von Lagerbehältern in den Gebäuden Bau 39 und 52 untersucht, obwohl die baulichen Änderungsmaßnahmen und die Nutzungsänderung dieser Gebäude zur Lagerung von Abfallgebinden nicht mit der gegenständlichen 2. SAG, sondern bereits mit der bestandskräftigen 1. SAG vom 28.08.2008 genehmigt worden sind. Den Einwendungen der Kläger gegen die Störfallbetrachtung hinsichtlich des Lastenabsturzes in den beiden Lagergebäuden Bau 39 und 52 steht deshalb bereits die Bestandskraft der 1. SAG entgegen.
97 
Unabhängig hiervon gehen die Rügen der Kläger gegen die Störfallbetrachtung des Lastenabsturzes auch in der Sache fehl. Entgegen der Auffassung der Kläger hat der Gutachter ... nicht nur den Absturz eines Gussbehälters im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60) untersucht, sondern auch den Absturz von Lasten in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 in den Blick genommen (vgl. Kapitel 3.3.1.2 des Technischen Berichts vom 31.03.2010, Seite 27 f.). Hinsichtlich des Absturzes eines der 200 l Rollreifenfässer, in denen in Bau 39 verpackte Betriebsabfälle gelagert werden, gelangt der Gutachter in Anbetracht der möglichen Absturzhöhen zu der Erkenntnis, dass eine Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Raumluft nicht zu unterstellen sei. Im Hinblick auf den Absturz eines Abfallbehälters (Container, Gussbehälter) in beiden Lagergebäuden legt der Gutachter nachvollziehbar und überzeugend näher dar, dass nur mit der Freisetzung geringer Mengen radioaktiver Stoffe in den Lagerbereich zu rechnen sei; radiologisch relevante Auswirkungen auf die Umgebung seien nicht zu unterstellen. Gleichwohl untersuchte der Gutachter den Absturz eines mit metallischen radioaktiven Abfällen beladenen Containers im Bedien- und Wartebereich unter konservativen Annahmen und errechnete bei einer maximal möglichen Absturzhöhe von ca. 3,5 m eine Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung von ca. 18 Bq. Zutreffend wenden die Kläger ein, dass bei der Freisetzungsbetrachtung von in besonderen Verfahren qualifizierten Behältern ausgegangen wird. Indes wird durch die Regelungen in der maßgeblichen 1. SAG sichergestellt, dass lediglich derartige Behälter zum Einsatz gelangen. So wird in Kapitel B.2.4.4.1 (Seite 41) der 1. SAG näher dargelegt, dass nicht an eine Landessammelstelle abzuliefernde radioaktive Abfälle in der Anlage KWO oder in externen Einrichtungen nach speziellen Verfahren in der Weise zu behandeln sind, dass physikalisch-chemisch stabile Abfallprodukte entstehen und der sichere Einschluss der radioaktiven Stoffe gewährleistet ist; die Sicherheitsanforderungen an die Zwischenlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle der einschlägigen RSK-Empfehlungen seien zu beachten. Anknüpfend hieran bestimmt die Nebenbestimmung A.III.9.2 der 2. SAG, dass bei Transporten von radioaktiven Stoffen auf dem Anlagengelände technische Sicherheitsmaßnahmen zu treffen sind, die Gefahren für Beschäftigte und die Allgemeinheit vermeiden. Dazu wird Bezug genommen auf die Genehmigungsunterlage A.II.Nr.13, also den Erläuterungsbericht Nr. 11 „Lagerung und Transport von radioaktiven Reststoffen und radioaktiven Abfällen“; dort sind Lagerung und Transport von radioaktiven Reststoffen und radioaktiven Abfällen detailliert beschrieben. Ferner ist nach der Nebenbestimmung A.III.9.3 zur 2. SAG bei der Vorbehandlung und Konditionierung radioaktiver Abfälle nach den von der Aufsichtsbehörde nach § 20 AtG zugezogenen Sachverständigen geprüften Prüffolge- und Ablaufplänen, die die wesentlichen Arbeits- und Prüfschritte enthalten, bzw. nach geprüften Fach- und Arbeitsanweisungen vorzugehen. Des Weiteren sehen die verbindlichen Annahmebedingungen für die beiden Lagergebäude Bau 39 und Bau 52 vor, dass die Abfallgebinde bestimmte Sicherheitsanforderungen zu erfüllen haben. Durch die Gesamtheit dieser Regelungen wird hinreichend sichergestellt, dass Abfälle nur in dazu geeigneten und bestimmten Behältern zwischengelagert werden.
98 
Zu Recht ist die Genehmigungsbehörde davon ausgegangen, dass der Absturz eines Castor-Behälters im externen Brennelementlagerbecken nicht in die Störfallbetrachtung einzubeziehen war. Auch in diesem Zusammenhang verkennen die Kläger, dass - wie oben unter 2.1.1.4 näher dargestellt - die Lagerung von Brennelementen im externen Lagerbecken nicht Genehmigungsinhalt der 2. SAG ist. Die von den Klägern beanstandeten Hebeeinrichtungen werden ebenfalls nicht durch die 2. SAG legalisiert und sind deshalb in diesem Verfahren nicht zu betrachten. Zutreffend dürfte die Beigeladene im Übrigen darauf hinweisen, dass die Hebeeinrichtungen im Notstandsgebäude nach den erhöhten Anforderungen der KTA-Regeln ausgelegt sind und deshalb die Wahrscheinlichkeit eines katastrophalen Versagens dieser Einrichtungen soweit reduziert ist, dass das verbleibende Risiko in willkürfreier Weise dem Restrisiko zugeordnet werden durfte.
99 
2.2.1.3.2 Die Genehmigungsbehörde durfte von Rechts wegen davon ausgehen, dass die erforderliche Schadensvorsorge gegen Erdbeben getroffen ist. Die Kläger machen in diesem Zusammenhang geltend, die Erdbebensicherheit des Notstandsgebäudes und des dortigen Brennelementlagerbeckens sei im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG nicht nachgewiesen worden. Die im Genehmigungsverfahren erfolgte Bezugnahme auf frühere Untersuchungen sei im Hinblick auf die inzwischen eingetretenen Änderungen nicht ausreichend; auch bezüglich der Restanlage sei anzunehmen, dass keine neuen Betrachtungen zum Bemessungserdbeben vorgenommen worden seien. Ferner habe die Genehmigungsbehörde die Möglichkeit eines Folgebrandes nach einem Erdbeben nicht untersucht.
100 
Die Bedenken der Kläger hinsichtlich der Erdbebensicherheit beziehen sich demnach überwiegend auf die Brennstofflagerung im externen Notstandsgebäude. Ob dieses ausreichend gegen Erdbeben ausgelegt ist, ist für die Rechtmäßigkeit der 2. SAG jedoch ohne Belang, da durch diese - wie wiederholt dargelegt - weder Errichtung noch Betrieb des Notstandsgebäudes und des dortigen Brennelementlagerbeckens legalisiert werden. Zutreffend weist die Beigeladene im Übrigen darauf hin, dass eine Stilllegungs- und Abbaugenehmigung den tatsächlich vorhandenen technischen Zustand eines Kernkraftwerks in den Blick nimmt. Ob diese Anlage auch nach derzeitigem Erkenntnisstand ausreichend gegen Erdbeben ausgelegt ist, ist für die Rechtmäßigkeit einer Abbaugenehmigung ohne Belang. Die Erdbebensicherheit ist bei Erteilung der 2. SAG nur insoweit zu untersuchen, als konkrete Anforderungen an die genehmigten Abbauarbeiten oder des geänderten Stilllegungsreglements zu erfüllen sind. Unabhängig hiervon hat das Gutachtensbüro ... in seinem technischen Bericht vom 31.03.2010 den „Störfall Erdbeben“ betrachtet und als radiologisch repräsentative Ereignisse das Leerlaufen des Abwasserverdampfers in Bau 2, das Auslaufen von Verdampferkonzentraten im Abfallbehandlungsgebäude sowie den Einsturz der Lagergebäude (Bau 39 und 52) zu Beginn und Ende des Vorhabens betrachtet. Die Gutachter gelangen dabei zu einem maximalen Wert der effektiven Dosis von 0,17 mSv bei einem Erdbeben gegen Ende des Vorhabens; dieser Wert liegt rund drei Größenordnungen unter dem Störfallplanungswert von 50 mSv. Da der Gutachter damit die im Gestattungsumfang der 2. SAG maximal zu gegenwärtigen Erdbebenauswirkungen zugrunde gelegt und den Einsturz der relevanten Lagergebäude unterstellt hat, stellt sich die von den Klägern aufgeworfenen Problematik des Bemessungserdbebens nicht.
101 
2.2.1.3.3 Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch die erforderliche Schadensvorsorge gegen den zufälligen Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeuges getroffen worden.
102 
Die Kläger kritisieren die Störfallbetrachtung zur 2. SAG im Hinblick auf den Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs und machen geltend, die dort zugrunde gelegten Ermittlungen zur Absturzwahrscheinlichkeit für ein Militärflugzeug aus dem Jahre 2000 seien im Hinblick auf die veränderte Sicherheitslage nicht mehr hinreichend belastbar. Der Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs könne in Anbetracht der Konflikte im Kosovo und Afghanistan und der deutschen Reaktion hierauf nicht mehr ohne Weiteres dem Restrisiko zugeordnet werden. Die Konservativität der vom Gutachter angenommenen Randbedingungen sei den Unterlagen nicht zu entnehmen; nicht nachvollziehbar sei, warum der Gutachter bei seinem Störfallszenario mit Brand geringere Auswirkungen annehme als bei einem Absturz ohne Brand.
103 
Das Szenario zufälliger Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs wird in der 2. SAG  betrachtet. Vielmehr nimmt die Begründung der streitgegenständlichen Genehmigung (B.I.3.3.5, S. 48) im Wesentlichen lediglich auf die entsprechenden Ausführungen in der 1. SAG und das dort bewertete Störfallszenario Bezug. In der 1. SAG wird der zufällige Flugzeugabsturz unter B.II.4.3.9 (S. 99 f.) abgehandelt. Die Genehmigungsbehörde geht davon aus, dass das Risiko eines Flugzeugabsturzes schon für den Leistungsbetrieb der Anlage als vernachlässigbar gering zu bewerten sei. Der unter konservativen Annahmen ermittelte Wert für die Absturzhäufigkeit einer schnell fliegenden Militärmaschine bestätige die Einstufung als sehr seltenes Ereignis; dies gelte auch für die Stilllegung und den Abbau. Die Lage des Kernkraftwerkes und die Wirkung vorgelagerter Gebäude verminderten zudem die Wahrscheinlichkeit, dass ein relevantes Gebäude der Anlage KWO getroffen werde. Unabhängig hiervon weise insbesondere das Notstandsgebäude, in dem die bestrahlten Brennelemente bis zu ihrem Abtransport gelagert würden, eine Auslegung gegen Flugzeugabsturz auf. Weiterhin sei der Flugzeugabsturz auf die bestehenden Lagergebäude (Bau 39 und 52) untersucht worden, in denen die beim Abbau der Anlage anfallenden radioaktiven Reststoffe gelagert werden sollten. Die radiologische Belastung der Umgebung infolge des auslegungsüberschreitenden Ereignisses Flugzeugabsturz wird von der Genehmigungsbehörde als so niedrig bewertet, dass weitere Maßnahmen zur Minimierung der radiologischen Auswirkungen auf die Bevölkerung in der Umgebung nicht erforderlich seien. In den von der Störfallbetrachtung vom 31.03.2010 in Bezug genommenen früheren Untersuchungen wird von einer Absturzhäufigkeit einer schnell fliegenden Militärmaschine auf die relevanten Gebäude am Standort (insbesondere das Notstandsgebäude) von kleiner als 4 * 10 -8 a -1 ausgegangen. Ferner wurden die Auswirkungen eines Absturzes einer Militärmaschine mit vollem und leerem Tank (mit und ohne Brand) auf die Lagergebäude Bau 39 und 52 zu Beginn und Ende des Abbauvorhabens untersucht. Der dabei maximal ermittelte Wert für die effektive Dosis betrug am Anlagenzaun ca. 9,5 mSv und wurde für den Absturz einer Militärmaschine mit leerem Tank auf das Lagergebäude Bau 39 ermittelt; beim Absturz einer Militärmaschine mit vollem Tank auf dieses Gebäude wurde ein Wert für die effektive Dosis am Anlagenzaun von 7,8 mSv ermittelt (vgl. den auf S. 68 der Störfallbetrachtung wiedergegebenen Bericht der ... Systemplanung „Radiologische Auswirkungen eines unterstellten Absturzes eines Militärflugzeugs auf die Lagergebäude ...“).
104 
Keiner abschließenden Klärung bedarf in diesem Zusammenhang, ob der Beklagte das Szenario des zufälligen Absturzes einer schnell fliegenden Militärmaschine willkürfrei und ohne Verstoß gegen Ermittlungs- und Bewertungsfehler dem Restrisiko zuordnen durfte. Unzutreffend dürfte jedenfalls der in der 2. SAG (Begründung S. 48) wohl vertretene Standpunkt sein, auslegungsüberschreitende Ereignisse seien in jedem Fall dem Restrisiko zuzuordnen und weitere Minimierungsmaßnahmen hierfür nicht erforderlich. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.) ist der Drittschutz nicht auf die erforderliche Schadensvorsorge gegen Auslegungsstörfälle beschränkt. Das deterministische Konzept der Auslegungsstörfälle (§ 49 Abs. 1 StrlSchV) regelt nur die Schadensvorsorge gegen - radiologisch relevante - Störfälle und schließt damit die erforderliche Vorsorge gegen auslegungsüberschreitende Ereignisse nicht aus. Die erforderliche Schadensvorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG beschränkt sich nicht auf Auslegungsstörfälle (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - a.a.O.). Dabei sind jedoch auch hinsichtlich des Störfallszenarios eines zufälligen Flugzeugabsturzes weder die Brennelementlagerung im Notstandsgebäude noch die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 in den Blick zu nehmen, da diese nicht vom Genehmigungsumfang der 2. SAG umfasst sind. In überzeugender Weise hat der Gutachter des TÜV Süd H. in der mündlichen Verhandlung näher erläutert, warum bei dem Absturz einer Militärmaschine mit leerem Tank auf das Lagergebäude 39 eine effektive Dosis von 9,5 mSV und mithin ein höherer Wert als bei dem Absturz einer Maschine mit vollem Tank ermittelt worden ist. Der Gutachter hat dies in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend damit erklärt, dass bei dem Absturz eines Flugzeuges mit vollem Tank zwar ein zusätzlicher thermischer Antrieb entstehe, dieser jedoch zu einer weiträumigeren Verteilung des Quellterms führe; an den maßgeblichen Beurteilungspunkten trete daher eine geringere Dosisleistung auf. Damit hat der Gutachter die Einwände der Kläger, wonach regelmäßig ein Störfall mit Brand wegen des damit einhergehenden Eintrags einer zusätzlichen thermischen Last zu einem zusätzlichen Freisetzungsantrieb und damit zu höheren Belastungen führe, in überzeugender Weise widerlegt. Der von den Klägern beauftragte Gutachter Dipl-Phys. N. hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass diese Ausführungen des amtlich bestellten Gutachters aus physikalischer Sicht überzeugend seien.
105 
2.2.2 Zu Recht ist die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen, dass der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG zu Gunsten der Kläger gegeben ist.
106 
In der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG auch dem Schutz individueller Rechte eines in der Nähe einer kerntechnischen Anlage wohnenden Drittbetroffenen gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter dient, sofern diese nicht dem Bereich des Restrisikos zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; sowie vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Zutreffend weisen die Kläger ferner in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die von ihnen befürchteten Anschläge auf eine atomrechtliche Anlage als Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG anzusehen sind. Die Begriffe der „Störmaßnahmen“ und „sonstige(n) Einwirkungen Dritter“ sind denkbar weit gefasst, um entsprechend dem Gebot des dynamischen Grundrechtsschutzes auch gegenüber neuen Bedrohungsformen durch Handeln Dritter den erforderlichen Schutz bei atomrechtlichen Anlagen zu gewährleisten. Der Tatbestand schließt deshalb den Schutz vor Terror- und Sabotageakten sowie anderen Gefahren beispielsweise aus einem Flugzeugabsturz oder aus dem Transport gefährlicher Güter auf an der Anlage vorbeiführenden Verkehrswegen ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - a.a.O.). Auch ist der nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderliche Drittschutz gegen Störeinwirkungen von außen nicht auf die erforderliche Vorsorge gegen Auslegungsstörfälle beschränkt (vgl. näher Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.).
107 
Die Kläger sehen vor allem den erforderlichen Schutz gegen die Einwirkung Dritter durch den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs auf das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude (dazu unter 2.2.2.1) als auch auf die Restanlage (dazu unter 2.2.2.2) als nicht gewährleistet an. Sie beanstanden in diesem Zusammenhang, dass im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG keine eigene Störfallbetrachtung hinsichtlich des Absturzes eines großen Verkehrsflugzeuges, insbesondere eines Airbus A 380, auf das Notstandsgebäude vorgenommen worden sei. Der 2. SAG sei lediglich zu entnehmen, dass ein gezielter Flugzeugabsturz auf das Reaktorgebäude unterstellt werde; aus der Genehmigung sei jedoch nicht ersichtlich, von welchem Radioaktivitätsinventar im Reaktorgebäude für den Zeitpunkt des Absturzes ausgegangen werde sowie welcher Flugzeugtyp betrachtet und welche Lastannahmen getroffen worden seien. Der gezielte Flugzeugabsturz gehöre nicht zum Restrisiko; er müsse nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.) auch für den Airbus A 380 zugrunde gelegt werden.
108 
2.2.2.1 Ohne Erfolg berufen sich die Kläger auf das Störfallszenario des gezielten Absturzes eines großen Verkehrsflugzeugs auf das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude (Bau 37). Im Ansatz zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die Genehmigungsbehörde dieses Szenario vor Erteilung der 2. SAG  betrachtet hat (vgl. Genehmigungsbegründung S. 49). Indes ist diese Vorgehensweise der Genehmigungsbehörde rechtlich nicht zu beanstanden. Dies folgt bereits daraus, dass die Errichtung und der Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude - wie oben unter 2.1.1.4 im Einzelnen dargestellt - nicht Regelungsgegenstand der 2. SAG ist. Vielmehr wurde die Errichtung und der Betrieb der externen Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit bestandskräftiger Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet. Mit der 1. SAG vom 28.08.2008 wurde die externe Brennelementlagerung in den Stilllegungsbetrieb einbezogen und das Stilllegungs- bzw. Betriebsreglement der Lagerung neu geregelt. Die 2. SAG enthält im Hinblick auf die externe Brennelementlagerung nach ihrem eindeutigen Tenor und der von der Behörde gegebenen Begründung dagegen nur eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, nicht jedoch eine umfassende und neue Regelung. Bereits aus Gründen der Bestandskraftpräklusion können die Kläger deshalb der 2. SAG nicht entgegenhalten, dass der erforderliche Schutz gegen Einwirkungen Dritter durch den gezielten Absturz einer großen Verkehrsmaschine auf das externe Brennelementlagerbecken nicht gewährleistet sei.
109 
Im Übrigen könnten die Kläger selbst dann, wenn die 2. SAG eine umfassende Neuregelung des Stilllegungsbetriebes des externen Brennelementlagers enthielte, die Rechtmäßigkeit der 2. SAG nicht mit der Erwägung in Zweifel ziehen, Vorsorge gegen die Auswirkungen eines gezielten Flugzeugabsturzes sei nicht hinreichend getroffen worden. Dem steht die bestandskräftige Genehmigung vom 26.10.1998 entgegen, mit der u.a. der Einbau von Brennelementlagergestellen in das externe Brennelementlagerbecken im Notstandsgebäude genehmigt wurde. Insofern liegt eine bestandskräftige Errichtungsgenehmigung für ein dauerhaftes Lagerbecken im Notstandsgebäude vor. Eine Errichtungsgenehmigung enthält nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die verbindliche Feststellung, dass eine genehmigungskonform errichtete Anlage die atomrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - a.a.O.; sowie vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.). Bei Erteilung einer nachfolgenden Betriebsgenehmigung ist insbesondere auch die Genehmigungsvoraussetzung des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG nur noch bezüglich des Betriebsreglements zu prüfen, nicht jedoch bezüglich der früher bestandskräftig genehmigten Errichtung. Mit der Betriebsgenehmigung wird die Genehmigungsfrage neu lediglich im Hinblick auf den Betrieb aufgeworfen. Nur in diesem Umfang können Drittbetroffene mit einer gegen die Betriebsgenehmigung gerichteten Anfechtungsklage Ermittlungs- und Bewertungsdefizite im Bereich der Schadensvorsorge bzw. dem Schutz vor Einwirkungen Dritter rügen. Für den Drittschutz folgt hieraus insbesondere auch, dass die Betriebsgenehmigung nicht mehr mit materiell-rechtlichen Einwendungen bekämpft werden kann, die thematisch zum Regelungsgehalt einer früheren Errichtungsgenehmigung gehören; solchen Einwendungen ist vielmehr lediglich nach Maßgabe des § 17 AtG im aufsichtlichen Verfahren Rechnung zu tragen. Dies gilt selbst dann, wenn von den Drittbetroffenen Einwendungen aufgrund einer veränderten Sachlage geltend gemacht werden, die erst nach Erlass der vorangegangenen Errichtungsgenehmigung entstanden sind. Auch eine derartige Sachverhaltsänderung kann lediglich Anlass zum aufsichtlichen Einschreiten auf der Grundlage von § 17 AtG bieten, nicht jedoch einredeweise einer Betriebsgenehmigung entgegengehalten werden (vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 -a.a.O.). Bereits aus diesem Verhältnis von bestandskräftig gewordener Errichtungs- zu der hier in Rede stehenden Betriebsgenehmigung folgt, dass die Kläger diese nur mit der Einwendung bekämpfen können, die erforderliche Vorsorge gegen Einwirkungen Dritter im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG sei insoweit nicht gewährleistet, als die Genehmigungsfrage hinsichtlich der Errichtung gerade durch die Änderung des Betriebsreglements neu aufgeworfen wird. Dies wird jedoch von den Klägern nicht behauptet und ist auch fernliegend. Vielmehr machen die Kläger im Kern geltend, das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude sei konstruktiv nicht gegen die Folgen eines gezielten Flugzeugabsturzes ausgelegt. Der Einwand bezieht sich auf die generelle bauliche Eignung des Lagergebäudes, nicht jedoch auf Fragen des (geänderten) Betriebsreglements.
110 
Lediglich zur Ergänzung wird darauf hingewiesen, dass der Beklagte vor Erteilung der 1. SAG die Frage eines gezielten Flugzeugabsturzes im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG geprüft hat (vgl. hierzu B.II.4.5 S. 111 f. der 1. SAG). Die Genehmigungsbehörde gelangte dabei nach Auswertung der Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden zu dem Ergebnis, dass nach dem Maßstab der praktischen Vernunft ein absichtlich herbeigeführter Flugzeugabsturz auf eine Anlage, die den Leistungsbetrieb eingestellt habe und offensichtlich keinen besonderen Symbolwert und kein hohes Gefährdungspotenzial mehr aufweise, nicht zu unterstellen sei; sie hat deshalb dieses Szenario dem Restrisiko zugeordnet. Dahingestellt kann bleiben, ob diese Betrachtung auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch vertretbar ist; zutreffend weisen die Kläger insoweit darauf hin, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Szenario „gezielter Flugzeugabsturz“ in Verfahren zur Erteilung einer Errichtungsgenehmigung nicht dem Restrisiko, sondern dem Bereich der Schadensvorsorge zuzuordnen ist (BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Die Genehmigungsbehörde hat unabhängig hiervon die von der Betreiberin vorgelegte Abschätzung der radiologischen Folgen eines absichtlich herbeigeführten Flugzeugabsturzes für den Nachbetrieb bewertet und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dabei sowohl der Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv als auch der Eingreifrichtwert für Umsiedlungen gemäß ICRP 63 und SSK eingehalten wird. Nach dem Vortrag der Beigeladenen wurden bei dieser Untersuchung als im Hinblick auf das Aktivitätsinventar relevante Gebäude das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude, das Reaktorhilfsanlagengebäude, das Abfallbehandlungsgebäude sowie die Lagergebäude Bau 39 und 52 betrachtet. Da die Ergebnisse der Untersuchungen der Beigeladenen dem Beklagten als Verschlusssache übersandt worden und nicht zu der Genehmigungsakte gelangt sind, kann freilich nicht nachvollzogen werden, von welchen konkreten Lastannahmen diese Prognose ausgeht und ob sie hinreichend konservativ erfolgt ist.
111 
Das Abstellen auf den Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen nach Katastrophenschutzgrundsätzen dürfte rechtlich nicht zu beanstanden sein. Jedenfalls sind die in Rede stehenden Szenarien terroristischer Anschläge durch einen gezielten Flugzeugabsturz nach geltendem Recht nicht dem Bereich der auslegungsbestimmenden Störfälle zuzurechnen. Infolge dessen ist die erforderliche Schadensvorsorge nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier nicht nach den Störfallplanungswerten zu bemessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.08.2006 - 7 B 38.06 - Buchholz 451.171 § 9a AtG Nr. 1). Der in § 49 Abs. 1 StrlSchV für den Anwendungsbereich dieser Vorschrift verwendete Begriff des Störfalls ist in § 3 Abs. 1 Nr. 28 Satz 1 StrlSchV als Ereignisablauf definiert, bei dessen Eintreten der Betrieb der Anlage oder die Tätigkeit aus sicherheitstechnischen Gründen nicht fortgeführt werden kann und für den die Anlage auszulegen ist oder für den bei der Tätigkeit vorsorglich Schutzvorkehrungen vorgesehen sind. Damit knüpft die Vorschrift der Sache nach an die Störfall-Leitlinien vom 18.10.1983 an, deren Gegenstand die Schadensvorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG ist, nicht dagegen näher bestimmte andere Ereignisse, wie etwa Szenarien infolge gezielten Flugzeugabsturzes, die wegen ihres geringen Risikos keine Auslegungsstörfälle mehr sind. Bei der gebotenen Konkretisierung des Rechtsbegriffs des erforderlichen Schutzes gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG muss deshalb das allgemeine Schutzziel maßgeblich sein, dass eine Gefährdung von Leben und Gesundheit infolge erheblicher Direktstrahlung oder infolge der Freisetzung einer erheblichen Menge radioaktiver Stoffe verhindert werden muss. Als Orientierungsmaßstab kommen daher die Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden, verabschiedet von der Strahlenschutzkommission am 17./18.12.1998, in Betracht (vgl. hierzu näher Bay.VGH, Urteil vom 09.01.2006 - 22 A 04.40010 u.a. - juris). Der von der Genehmigungsbehörde herangezogene Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv bei einem Integrationszeitraum von sieben Tagen ist daher rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend hat die Beigeladene darüber hinaus bei ihrer Betrachtung auch die Eingreifrichtwerte im Hinblick auf die Umsiedlung nach den „Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen“ herangezogen (vgl. zu dieser Notwendigkeit OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.06.2013 - 4 KS 3/08 - NordÖR 2014, 67) und deren Unterschreitung festgestellt.
112 
2.2.2.2 Zu Recht durfte die Genehmigungsbehörde auch die erforderliche Schadensvorsorge gegen den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs auf die Restanlage für getroffen ansehen. Dabei sind ähnliche Erwägungen wie oben unter 2.2.1.3.2 hinsichtlich der Erdbebensicherheit der Anlage maßgeblich. Die gegenständliche 2. SAG nimmt das Kernkraftwerk in den Blick, wie es aufgrund der bestandskräftigen Genehmigungen errichtet und tatsächlich vorhanden ist. Für die Rechtmäßigkeit der Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ist deshalb ohne Belang, ob dieses Kernkraftwerk auch nach heutigem Erkenntnisstand die Voraussetzungen für eine Errichtungsgenehmigung unter dem Gesichtspunkt des gezielten Flugzeugabsturzes erfüllt. Das Szenario „gezielter Flugzeugabsturz“ ist für die Rechtmäßigkeit der 2. SAG nur insoweit von Bedeutung, als es spezielle Anforderungen an das Betriebsreglement oder den Abbau von Anlagenteilen stellt, die durch die gegenständliche Genehmigung legalisiert werden. Für das Bestehen derartiger spezifischer Anforderungen im Hinblick auf die Gefahr eines gezielten Flugzeugabsturzes ist jedoch nichts ersichtlich noch von den Klägern vorgetragen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass bei Betrachtung eines gezielten Flugzeugabsturzes auf die Restanlage unter Ausklammerung des externen Brennelementlagerbeckens der nach dem oben Gesagten maßgebliche Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv bei einem Integrationszeitraum von sieben Tagen bzw. die Eingreifrichtwerte im Hinblick auf Umsiedlungsmaßnahmen unterschritten werden. Dies folgt bereits daraus, dass nach der von der Beigeladenen gefertigten radiologischen Charakterisierung sich ein ganz erheblicher Teil des Gesamtaktivitätsinventars (ca. 99 %) in den bestrahlten 342 Brennelementen befindet, die derzeit im externen Lagerbecken im Notstandsgebäude aufbewahrt werden. Auch muss in diesem Zusammenhang konsequenterweise das in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 befindliche Aktivitätsinventar außer Betracht bleiben, da diese Lagerung nach dem unter 2.2.1.3.1 Ausgeführten nicht vom Gestattungsumfang der 2. SAG umfasst ist.
113 
Nach alldem durfte die Genehmigungsbehörde den erforderlichen Schutz vor Schäden im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG und gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG von Rechts wegen als gegeben ansehen.
114 
2.2.3 Die Klage kann nicht mit Erfolg auf die behauptete fehlende Entsorgungsvorsorge (dazu unter 2.2.3.1) oder die unterbliebene Freigabeentscheidung gemäß § 29 StrlSchV (dazu unter 2.2.3.2) gestützt werden.
115 
2.2.3.1 Ohne Erfolg machen die Kläger der Sache nach geltend, der erforderliche Entsorgungsnachweis für die in der Anlage noch vorhandenen Brennelemente sei von der Beigeladenen nicht geführt worden. Die Kläger bringen in diesem Zusammenhang vor, die 2. SAG legalisiere die weitere Lagerung der Brennelemente in dem externen Becken des Notstandsgebäudes; die Beigeladene habe nicht den erforderlichen Nachweis - etwa durch eine sog. Kalthandhabung - geführt, dass die Brennelemente direkt aus dem Nasslager in das geplante Standorttrockenlager verbracht werden könnten. Dabei machen die Kläger mit diesem Vorbringen ein „anlagenimmanentes“ Entsorgungsrisiko geltend, das grundsätzlich als Klagegrund anerkannt ist (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - a.a.O.). Die diesem Vorbringen zugrunde liegende Annahme, die 2. SAG genehmige die Lagerung der bestrahlten Brennelemente in dem externen Becken, trifft jedoch - wie wiederholt dargelegt - nicht zu. Vielmehr wird durch die 2. SAG lediglich das Betriebsreglement des externen Brennelementlagerbeckens in Einzelheiten modifiziert, ohne dieses freilich umfassend und  zu legalisieren. Der von den Klägern aufgeworfenen Frage nach der Auslagerungsmöglichkeit der Brennelemente war deshalb vor Erteilung der bestandskräftigen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 nachzugehen, mit der die Errichtung der neuen Materialschleuse zum Reaktorgebäude genehmigt wurde. Der Beklagte hat in Übereistimmung hiermit vor Erteilung der Errichtungsgenehmigung vom 21.04.2010 sachverständig beraten geprüft, ob der Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlager technisch möglich ist und keine Notwendigkeit für den Rücktransport in das interne Brennelementlagerbecken besteht. Aufgrund der Bestandskraft der Änderungsgenehmigung vom 21.04.2010 können die Kläger mithin nicht mehr geltend machen, dass ein Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlagerbecken nicht gefahrlos möglich sei.
116 
2.2.3.2 Ohne Erfolg rügen die Kläger, die angegriffene 2. SAG sei bereits deshalb rechtswidrig, weil sie die nach § 29 StrlSchV notwendige Freigabeentscheidung für radioaktive Reststoffe nicht enthalte. Die Freigaberegelung werde für KWO nicht - wie in anderen Stilllegungsverfahren üblich - im Rahmen der Stilllegungsgenehmigung vorgenommen, sondern einem separaten Verfahren vorbehalten. Damit werde den Klägern die Möglichkeit genommen, ihre potentielle Betroffenheit prüfen zu können. Die Freigabeentscheidung könne die Anwohner indes direkt betreffen, soweit sie mit den in den konventionellen Stoffkreislauf abgegebenen radioaktiven Stoffen in Kontakt kämen.
117 
Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die Freigabe gemäß § 29 StrlSchV nicht in der gegenständlichen Genehmigung erfolgt. Vielmehr enthält die 2. SAG unter Kapitel D.2.1 (Seite 54) den Hinweis, dass in ihr nicht die Freigabe nach § 29 StrlSchV geregelt werde; die Freigabe sowie das Freigabeverfahren werde gemäß § 29 Abs. 4 StrlSchV in gesonderten Bescheiden des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg geregelt. Gegen diese Verfahrensweise ist nichts zu erinnern. Gemäß § 29 Abs. 4 StrlSchV kann die zuständige Behörde in einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG oder in einem gesonderten Bescheid das Verfahren zur Erfüllung der Anforderungen nach § 29 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie zur Feststellung nach § 29 Abs. 3 StrlSchV festlegen. Es besteht mithin keine rechtliche Verpflichtung, dieses Verfahren in der Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG festzulegen. Der Beklagte hat von der in § 29 Abs. 4 StrlSchV gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Freigabe nicht in der Stilllegungsgenehmigung, sondern in besonderen Bescheiden zu regeln. Unabhängig hiervon dürfte die Freigabe gemäß § 29 StrlSchV nicht den gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 7 Abs. 3 AtG drittschützenden Bereich der Schadensvorsorge, sondern die im Allgemeininteresse liegende und Individualrechte Dritter grundsätzlich nicht berührende Entsorgung betreffen (vgl. hierzu Bay.VGH, Gerichtsbescheid vom 17.08.1994 - 22 A 93.40047 - NVwZ-RR 1995, 136). Im Übrigen legen die Kläger nicht dar, inwieweit sie durch eine fehlerhafte oder unterbliebene Freigabeentscheidung in eigenen schützenswerten Belangen betroffen werden. Ihr Hinweis, sie könnten als Beschäftigte in Abfallverwertungs- oder Deponiebetrieben mit fehlerhaft freigegebenem radioaktiven Material in Betracht kommen, bleibt spekulativ.
118 
Nach alldem erweist sich die 2. SAG auch als materiell rechtmäßig.
119 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 S. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
120 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
121 
Beschluss vom 28.10.2014
122 
Der Streitwert des Klageverfahrens wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nr. 6.2 und Nr. 2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 60.000,-- EUR festgesetzt.
123 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
30 
Die beim sachlich zuständigen Verwaltungsgerichtshof (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) erhobene Klage ist zulässig (dazu unter 1.), sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (dazu unter 2.). Die der Beigeladenen vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg erteilte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen zulässig. Die Kläger sind klagegefugt (dazu unter 1.1), auch steht ihnen das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis zu (dazu unter 1.2). Indes ist die von den Klägern zur Unterstützung ihres Vorbringens vorgelegte fachliche Begründung des Gutachtensbüros I. GmbH vom 11.06.2012 nur eingeschränkt berücksichtigungsfähig (dazu unter 1.3).
32 
1.1 Die Kläger sind klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Eine Verletzung von Rechten der Kläger kann nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteile vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669; sowie vom 22.02.1994 - 1 C 24.92 - BVerwGE 95, 133). Zwar begründet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats die bloße Behauptung, es könne ein Störfall eintreten, der zu der Freisetzung von erheblichen Mengen radioaktiver Stoffe führen könne, noch nicht die Klagebefugnis (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - BVerwGE 88, 286; Senatsurteil vom 07.03.1995 - 10 C 2822/92 - ZUR 1996, 33 - jeweils m.w.N.). Die Kläger machen jedoch noch hinreichend substantiiert geltend, dass bei Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen Störfälle eintreten können, die zur Freisetzung von Radioaktivitätskonzentrationen führen, die erheblich über dem maßgeblichen Störfallplanungswert liegen würden, und es deshalb zu einem Schaden an ihren schützenswerten Rechtsgütern kommen kann. Auch lässt sich ihrem Vorbringen noch hinreichend entnehmen, dass das zu einem solchen Schaden führende Risiko so hinreichend wahrscheinlich ist, dass hiergegen Vorsorge nach § 7 Abs. 2 Nrn. 3 bzw. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG getroffen werden muss und dass diese Vorsorge als Voraussetzung der angefochtenen Genehmigung ihrer Ansicht nach nicht getroffen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.01.1985 - 7 C 74.82 - BVerwGE 70, 365).
33 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Kläger überwiegend Störfallszenarien im Zusammenhang mit der Lagerung der Brennelemente im Notstandsgebäude (Bau 37) anführen und hieraus ihre Schlussfolgerung ziehen, die erforderliche Schadensvorsorge sei nicht getroffen. Zum einen kann nicht mit dem für die Verneinung der Klagebefugnis erforderlichen Offensichtlichkeitsmaßstab ausgeschlossen werden, dass die Lagerung der Brennelemente im Nasslager - wie von den Klägern umfangreich geltend gemacht - von der 2. SAG gedeckt ist; der Frage nach dem Gestattungsumfang der 2. SAG ist deshalb im Rahmen der Begründetheitsprüfung nachzugehen. Zum andern machen die Kläger noch hinreichend substantiiert geltend, dass zumindest im Falle des Absturzes eines Großraumflugzeuges auf die Anlage selbst ohne Berücksichtigung des Notstandsgebäudes die Strahlenbelastung in ihrer Wohnumgebung sehr hoch sein wird und ein Überschreiten des maßgeblichen Störfallplanungswertes bzw. Eingreifrichtwertes dabei nicht auszuschließen ist. Ob die Klagebefugnis auch aus der fehlerhaften Nichtdurchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die mit der 2. SAG gestatteten Maßnahmen folgt, kann offen bleiben. Mit der oben dargestellten Bejahung der Klagebefugnis wegen möglicherweise nicht hinreichender Schadensvorsorge ist die Klage insgesamt zulässig. Die Bestimmung des § 42 Abs. 2 VwGO lässt es nicht zu, die Klage nach unterschiedlichen Klagegründen aufzuspalten mit der Folge, einzelne Klagegründe im Wege einer Art Vorprüfung endgültig auszuscheiden und die sachliche Nachprüfung des klägerischen Vorbringens auf die verbleibenden Klagegründe zu beschränken (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.05.1998 - 11 C 3.97 - Buchholz 402.25 § 41 BImSchG Nr. 18).
34 
1.2 Schließlich kann den Klägern auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage gegen die 2. SAG nicht abgesprochen werden. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann; die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 -BVerwGE 121, 1; Senatsurteil vom 14.02.2012 - 10 S 1115/10 - RdL 2012, 153). Bei Anwendung dieses Maßstabs steht dem allgemeinen Rechtsschutzinteresse entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen nicht entgegen, dass selbst bei Aufhebung der streitgegenständlichen Genehmigung die in Bestandskraft erwachsene 1. SAG fortbestehen würde, die das Stilllegungsreglement legalisierte. In diesem Zusammenhang bedarf die von dem Beklagten aufgeworfene Frage, ob und in welchem Umfang durch die Erteilung der 1. SAG das dabei geprüfte Konzept der Stilllegung in Bestandskraft erwachsen ist, keiner Klärung. Denn jedenfalls werden mit der 2. SAG zusätzliche Abbaumaßnahmen gestattet, gegen deren Gefahrenpotential sich die Kläger wenden. Die Aufhebung der gegenständlichen Genehmigung ist für die Kläger deshalb nicht unter jedem Gesichtspunkt nutzlos, zumal bei einem eventuell notwendig werdenden Neuerlass der Genehmigung zusätzliche Schutzmaßnahmen verfügt werden könnten.
35 
Das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis besteht auch noch bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fort, obwohl die Beigeladene inzwischen einen erheblichen Teil der mit der 2. SAG legalisierten Abbaumaßnahmen durchgeführt und dabei insbesondere die Großkomponenten des Primärkreislaufs in den Anlagenräumen des Reaktorgebäudes komplett beseitigt und zu einem externen Dienstleister verbracht hat. Zwar leiten die Kläger die von ihnen geltend gemachten Defizite der Schadensvorsorge unter anderem aus Störfallszenarien her, die im Zusammenhang mit dem Abbau der Großkomponenten des Primärkreislaufs stehen. Daneben machen die Kläger Defizite der Schadensvorsorge auch im Zusammenhang mit dem Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude (Bau 37) geltend, etwa indem sie auf das Problem der Rückwirkungsfreiheit von Abbaumaßnahmen auf die weitere Lagerung der Brennelemente in diesem Gebäude hinweisen. Indes hat der mit der 2. SAG genehmigte Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude noch nicht begonnen, sodass das von den Klägern geltend gemachte Besorgnispotential weiter besteht. Gerade das von den Klägern zu Recht thematisierte Problem der Rückwirkungsfreiheit zeigt, dass das Rechtsschutzbedürfnis auch nicht bezüglich eines Teils der bereits durchgeführten Abbaumaßnahmen verneint werden kann.
36 
1.3 Die Kläger haben zur Unterstützung ihres Klagevorbringens vollinhaltlich auf eine „fachliche Begründung zur Klage gegen die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für das AKW Obrigheim“ des Gutachtensbüros I. GmbH vom 11.06.2012 verwiesen. Derartige Stellungnahmen und Ausarbeitungen können grundsätzlich nicht als Klagebegründung berücksichtigt werden. Dies folgt aus § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Für die dem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger aufgegebene eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs ist die Bezugnahme auf Ausführungen eines Dritten nicht ausreichend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.12.2012 - 8 B 58.12 - NVwZ-RR 2013, 341; sowie Urteil vom 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1). Das Gebot, sich vor dem Verwaltungsgerichtshof durch einen Rechtsanwalt oder eine sonstige postulationsfähige Person vertreten zu lassen, soll die Sachlichkeit des Verfahrens und die sachkundige Erörterung des Streitfalles, insbesondere der entscheidungserheblichen Rechtsfragen, gewährleisten. Das erfordert, dass der anwaltliche Prozessbevollmächtigte in erkennbarer Weise die Verantwortung für den Sachvortrag übernimmt. Daher stellt es keine formgerechte Klagebegründung dar, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt sich Ausführungen der von ihm vertretenen Partei oder eines Dritten lediglich zu eigen macht, ohne dass erkennbar wird, dass er eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes vorgenommen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.07.1998 - 4 B 140.88 - Buchholz 406.11 § 236 BauGB Nr. 1). Die in der fachlichen Begründung des Gutachters vom 11.06.2012 enthaltenen rechtlichen Erwägungen sind deshalb nur insoweit berücksichtigungsfähig, wie sich der anwaltliche Prozessbevollmächtigte hiermit in der Klagebegründungsschrift, den sonstigen im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Schriftsätzen oder in der mündlichen Verhandlung zumindest ansatzweise auseinandergesetzt und sie sich damit im Einzelnen zu eigen gemacht hat.
37 
2. Die gegenständliche 2. SAG für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 leidet weder an einem durchgreifenden formellen (dazu unter 2.1) noch an einem materiellen (dazu unter 2.2) Fehler, der die Kläger in drittschützenden Rechtspositionen verletzt.
38 
2.1 Entgegen der Auffassung der Kläger ist die 2. SAG nicht formell rechtswidrig, weil eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung überhaupt nicht (dazu unter 2.1.1) bzw. fehlerhaft (dazu unter 2.1.2) durchgeführt worden oder eine notwendige Öffentlichkeitsbeteiligung unterblieben wäre (dazu unter 2.1.3).
39 
2.1.1 Zwar können die Kläger rügen, eine zwingend notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung sei zu Unrecht unterblieben. Diese Rüge ist jedoch unbegründet, da die mit der 2. SAG genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen nicht zwingend einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung nach der allein in Betracht kommenden Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG zu unterziehen waren.
40 
2.1.1.1 Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 -NuR 2013, 184) auch von einem Vorhaben lediglich mittelbar Betroffene eine zu Unrecht unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine zu Unrecht unterbliebene Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit rügen können, ohne dass es darauf ankommt, ob sich der Fehler im Ergebnis auf ihre Rechtsposition ausgewirkt haben kann. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG u.a. dann verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt und nicht in zulässiger Weise nachgeholt worden ist. Nach § 4 Abs. 3 UmwRG gilt dies entsprechend für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO. Diese Regelungen räumen Individualklägern - abweichend von der früheren Rechtslage (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83) - ein subjektives Recht auf Durchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. auf Vorprüfung ein mit der Folge, dass ein diesbezüglicher Verfahrensfehler als beachtlich einzustufen ist. Danach kann die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung bereits dann verlangt werden, wenn die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten Verfahrensverstöße vorliegen, ohne dass es darauf ankommt, ob sich diese Verstöße auf die Entscheidung ausgewirkt haben; es handelt sich insoweit um eine Sonderregelung, welche die Relevanz bestimmter Verfahrensverstöße gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171). Die Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG ist nach ihrem Wortlaut eindeutig in dem Sinne, dass bereits die Nichtdurchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung einen Aufhebungsanspruch begründet. Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt, bringt er zum Ausdruck, dass auch insoweit das Fehlen einer unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer UVP-Vorprüfung unabhängig von den sonst nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geltenden einschränkenden Maßgaben zur Begründetheit der Klage führt. § 4 Abs. 3 UmwRG begründet damit nicht die Klagebefugnis, sondern verändert gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 LVwVfG die Begründetheitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30.10 - DVBl. 2012, 501). Der Verfahrensfehler führt damit zur Begründetheit der Klage, unabhängig von den sonst nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.06.2013 - 4 B 37.12 - BauR 2013, 2041).
41 
2.1.1.2 Zu Recht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die mit der 2. SAG genehmigten einzelnen Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen waren, sondern dass lediglich eine Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen war. Nach der allein in Betracht kommenden einschlägigen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG sind UVP-pflichtig u.a.
42 
„bei ortsfesten Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen; ausgenommen sind ortsfeste Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistungen nicht überschreitet; einzelne Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der in Halbsatz 1 bezeichneten Anlagen oder von Anlagenteilen gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2;“
43 
Danach bestimmt der Wortlaut von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG eindeutig, dass nur die insgesamt geplanten Maßnahmen nach dieser Bestimmung UVP-pflichtig sind; die einzelnen Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau dagegen „gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2“. Bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung folgt, dass lediglich vor der Entscheidung über den erstmaligen, das Gesamtkonzept enthaltenden Antrag auf eine Stilllegungsgenehmigung gemäß § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, auch wenn den Klägern zuzugeben ist, dass die einschlägige Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG das Wort „erstmalig“ nicht verwendet. Der 3. Halbsatz der Bestimmung stellt jedoch klar, dass die einzelnen Maßnahmen nur dann UVP-pflichtig sind, wenn die gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführende Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass die einzelnen Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen haben können, die nicht bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Maßnahme insgesamt beurteilt wurden. Haben die einzelnen Maßnahmen nach der Vorprüfung jedoch keine über die insgesamt geplanten Maßnahmen hinausgehenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen, bedarf es für sie keiner gesonderten Umweltverträglichkeitsprüfung.
44 
Dieser Befund wird durch eine systematische und historische Gesetzesauslegung bestätigt. Die gesetzliche Regelung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG steht im engen systematischen Zusammenhang mit der untergesetzlichen Bestimmung des § 19b der Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes - Atomrechtliche Verfahrensverordnung (AtVfV). Diese Bestimmung enthält die verfahrensrechtlichen Regelungen für die Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG. Nach § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, auch Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten, die insbesondere die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist. Nach § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV ist in den Unterlagen darzulegen, „wie die geplanten Maßnahmen verfahrensmäßig umgesetzt werden sollen und welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben werden“. Die Verfahrensvorschrift des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV bestimmt somit, dass mit dem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die Auswirkungen der insgesamt geplanten Maßnahmen auf die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem jeweiligen Planungsstand darzulegen sind. § 19b Abs. 2 AtVfV stellt klar, dass dann, wenn erstmals eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beantragt wird, von einer Öffentlichkeitsbeteiligung nicht abgesehen werden kann. Anknüpfend an den vorhergehenden Absatz regelt § 19b Abs. 3 AtVfV, dass sich die Umweltverträglichkeitsprüfung im Falle der erstmaligen Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau erstreckt. Die Binnensystematik von § 19b AtVfV ermöglicht deshalb nicht den von den Klägern gezogenen Schluss, Absatz 2 der Bestimmung regele nur die Notwendigkeit einer Öffentlichkeitsbeteiligung und sei damit im Anwendungsbereich von Absatz 3 der Vorschrift nicht aussagekräftig. Das der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 19b AtVfV zugrunde liegende Regelungskonzept bestätigt deshalb bei einer systematischen Betrachtung den Wortlautbefund der gesetzlichen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG, wonach lediglich die insgesamt geplanten Stilllegungsmaßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen, spätere Einzelmaßnahmen jedoch als Änderung gelten und deshalb nur vorprüfungspflichtig im Sinne von § 3e Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG sind.
45 
Fehl geht in diesem Zusammenhang der Einwand der Kläger, dass eine untergesetzliche Verfahrensregelung wie § 19b AtVfV die höherrangige Gesetzesbestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG nicht abändern könne. Die Kläger verkennen dabei, dass die Verfahrensbestimmungen der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung nicht das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz abändern, sondern lediglich zu dessen Auslegung herangezogen werden. Im Übrigen ist die Umweltverträglichkeitsprüfung bei atomrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 2a Abs. 1 Satz 2 AtG vorrangig nach den Verfahrensvorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung durchzuführen; dies ist im Hinblick auf die in § 4 UVPG enthaltene Subsidiaritätsklausel rechtlich nicht bedenklich. Eine derartige systematische Betrachtung ist trotz der unterschiedlichen Normenhierarchie der herangezogenen Bestimmungen hier vor allem deshalb statthaft, weil beide Bestimmungen nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers von einem einheitlichen Regelungskonzept getragen werden. Nach der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz (BT-Drs. 14/4599 vom 14.11.2000, S. 115 f.) trägt die neu eingeführte Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung im weiteren Sinne von Reaktoren der Neuregelung in Anhang I Nr. 2, 2. Anstrich der UVP-Änderungsrichtlinie Rechnung: „Hierzu wird in den geänderten Vorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung eine Umweltverträglichkeitsprüfung im gestuften Verfahren zur Genehmigung von Errichtung und Betrieb vorgesehen, ohne allerdings die einzelnen Genehmigungen nach § 7 Abs. 1 AtG durch ein vorläufiges positives Gesamturteil als feststellenden Regelungsbestandteil zu verbinden. Damit ist vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der 1. Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen. Der letzte Halbsatz in Nr. 11.1 stellt in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht klar, dass unbeschadet dessen - bei Reaktoren zusätzlich - in jedem Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die jeweils beantragten Maßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen“. Auch die Begründung spricht mithin eher für die Vorstellung des Gesetzgebers, dass lediglich vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der 1. Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen ist und die späteren Genehmigungen zugeordneten einzelnen Abbauschritte nur vorbehaltlich einer nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführenden Vorprüfung des Einzelfalles umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig sind.
46 
Dieses Auslegungsergebnis steht mit den einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben der zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der maßgeblichen Fassung der Richtlinie 97/11/EG (sogenannte UVP-Änderungsrichtlinie) im Einklang. In Anhang I Nr. 2, 2. Anstrich der Richtlinie 97/11/EG wird für die Mitgliedstaaten die Verpflichtung zur Durchführung einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung bei Projekten zur Demontage oder Stilllegung von Kernkraftwerken oder Reaktoren eingeführt. Diese Vorgabe ist mit dem Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27.07.2001 (BGBl. I 2001, 1950) ohne Defizite in das nationale Recht umgesetzt worden. Der Gesetzgeber war insbesondere bei Umsetzung der Richtlinie 97/11/EG nicht gehalten, für einzelne Maßnahmen zur Stilllegung von Reaktoren eine eigenständige Umweltverträglichkeitsprüfung vorzusehen. Vielmehr schreibt Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 97/11/EG lediglich vor, dass Projekte des Anhangs I einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach den näheren Bestimmungen der Art. 5 bis 10 zu unterziehen sind. Wie sich bereits der Binnensystematik von Art. 5 der vorgenannten Richtlinie entnehmen lässt, stellt das Unionsrecht als Bezugspunkt der Umweltverträglichkeitsprüfung maßgeblich auf den Begriff des „Projekts“ ab. Insbesondere die in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie gestellten Anforderungen an vom Projektträger beizubringenden Antragsunterlagen zeigen, dass unter dem Begriff des Projekts das technische Vorhaben insgesamt, nicht aber der Gegenstand des einzelnen Antrags zu verstehen ist. Die Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG gewährleistet bei der hier vertretenen Auslegung, dass die unionsrechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung von Vorhaben zur Stilllegung und zur Demontage von Kernkraftwerken und Reaktoren eingehalten werden. Nach dieser Vorschrift sind nach dem oben Gesagten die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau ortsfester Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig. Die darüber hinaus für einzelne Stilllegungsmaßnahmen vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG stellt darüber hinaus sicher, dass umweltrelevante Abweichungen der einzelnen Maßnahmen von der bei der Verträglichkeitsprüfung des Gesamtvorhabens betrachteten Abbaukonzeption einer zusätzlichen Prüfung zugeführt werden. Jedenfalls seit Einführung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG ist auch gewährleistet, dass im Sinne von § 3a Satz 4 UVPG wesentliche Fehler im Verfahren der Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG gerichtlich sanktioniert werden.
47 
2.1.1.3 Vor Erteilung der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vom 28.08.2008 hat der Beklagte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, die sich entsprechend den Vorgaben der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerkes bezogen hat. Die 1. SAG enthält unter B.III. (S. 118 ff.) eine zusammenfassende Darstellung und Bewertung der Umweltauswirkungen, die auf der von der Beigeladenen erarbeiteten Umweltverträglichkeitsuntersuchung zum Vorhaben „Stilllegung und Abbau der Anlage KWO (Gesamtvorhaben)“ beruht. Damit sind die insgesamt geplanten Maßnahmen der Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks - wie von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG gefordert - vor Erteilung der 1. SAG einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung der insgesamt geplanten Maßnahmen fehlerfrei erfolgt ist. Einwendungen gegen die durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung wurden damals weder von Trägern öffentlicher Belange noch von Anwohnern erhoben; auch ist die 1. SAG vom 28.08.2008 in Bestandskraft erwachsen. Damit steht Einwendungen gegen die damals durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung - unabhängig von einer möglichen Präklusion nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AtVfV - bereits die Bestandskraft der 1. SAG entgegen.
48 
Im Übrigen sind die von den Klägern erhobenen Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung auch in der Sache nicht stichhaltig. Fehl geht die Rüge der Kläger, die Beigeladene habe im Genehmigungsantrag für die 1. SAG die geplanten Maßnahmen nur „sehr allgemein und teilweise unbestimmt dargelegt“. Gemäß § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV müssen die bei einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG vorzulegenden Unterlagen lediglich darlegen, welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben werden. Diesem Regelungskonzept ist immanent, dass die mit dem erstmaligen Antrag beizubringenden Unterlagen typischerweise noch nicht den Detaillierungsgrad nachfolgender Genehmigungsschritte aufweisen. Zutreffend dürften die Kläger zwar darauf hinweisen, dass die Darstellungstiefe der „insgesamt geplanten Maßnahmen“ und ihrer Auswirkungen auf die UVP-Schutzgüter gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 AtVfV weniger weitreichend ist als die Darstellungstiefe im Rahmen eines vorläufigen positiven Gesamturteils im Teilgenehmigungsverfahren nach § 18 AtVfV. Wie in den Genehmigungen eindeutig dargestellt ist, handelt es sich bei der 1. SAG und der 2. SAG indes nicht um Teilgenehmigungen im Sinne von § 18 AtVfV, sondern um jeweils selbständige Genehmigungen, die nicht über ein vorläufiges positives Gesamturteil verbunden sind. Die Anforderungen an den Detaillierungsgrad der Unterlagen und die Entscheidung im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG sind deshalb in § 19b Abs. 1 AtVfV abschließend geregelt; die in § 18 AtVfV für Teilgenehmigungen statuierten Anforderungen sind hier nicht einschlägig.
49 
2.1.1.4 Entgegen der Auffassung der Kläger war vor Erteilung der 2. SAG eine e Umweltverträglichkeitsprüfung nicht deshalb erforderlich, weil diese Genehmigung die 1. SAG vollständig ersetzen sollte bzw. nach dem Willen der Beigeladenen ein völlig eigenständiges Genehmigungsverfahren eröffnet worden sei. Die Kläger verkennen in diesem Zusammenhang das Verhältnis der streitgegenständlichen 2. SAG zur bestandskräftig gewordenen 1. SAG vom 28.08.2008. Maßgebend für das Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander ist der Regelungsinhalt der 2. SAG, wie er sich aus dem Empfängerhorizont vor allem von Drittbetroffenen ergibt. Gerade im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren ist es im Hinblick auf den Einwendungsausschluss für Drittbetroffene nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 7 AtVfV), im gestuften Verfahren darüber hinaus auch durch die Bestandskraft vorangegangener Teilgenehmigungen (§ 7b AtG), rechtsstaatlich geboten, bei der Auslegung von Genehmigungsbescheiden maßgeblich auch auf den Empfängerhorizont potentiell Drittbetroffener abzustellen. Denn sonst obläge Drittbetroffenen zwar eine Anfechtungslast mit allen rechtlichen Nachteilen bei Versäumung von Anfechtungsfristen, ohne dass gewährleistet wäre, dass sie der Anfechtungslast auch tatsächlich nachkommen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.; Senatsurteil vom 07.03.1995 - 10 S 2822/92 - a.a.O.). Bei der gerade auch aus Rechtsschutzgründen gebotenen objektiven Auslegung der 2. SAG aus dem Empfängerhorizont eines Drittbetroffenen kann keine Rede davon sein, dass die 2. SAG die 1. SAG vollständig abgelöst habe. Vielmehr hat die 2. SAG nach ihrem eindeutigen Tenor und ihrer Begründung lediglich die Vornahme einzelner Abbaumaßnahmen vor allem im Kontrollbereich genehmigt und darüber hinaus das Stilllegungsreglement teilweise geändert. Fehl geht insbesondere die Grundannahme der Kläger, die 2. SAG habe den Betrieb des externen Brennelementlagers im sog. Notstandsgebäude (Bau 37) insgesamt und umfassend neu genehmigt.
50 
Bei der Ermittlung des Regelungsinhalts der 2. SAG durch Auslegung ist primär auf den Entscheidungstenor, daneben auf die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung abzustellen. Dabei ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Bescheidtenors und seiner Systematik mit der gebotenen Eindeutigkeit, dass die 2. SAG die 1. SAG nicht vollständig ersetzen sollte. So gestattet die 2. SAG ausweislich des Bescheidausspruchs in A.I.1.1 (S. 6) „den Abbau der nachfolgend tabellarisch aufgeführten Anlagenteile der Anlage KWO“; insoweit wurde durch die angegriffene 2. SAG der Regelungsinhalt der 1. SAG vom 28.08.2008 erweitert. Des Weiteren wird gemäß A.I.1.2 (S. 13) der 2. SAG das Betriebsreglement für die Fortführung des Stilllegungsbetriebs dahingehend geändert, dass die in A.II. Nr. 25 bis Nr. 56 dieser Genehmigung genannten Unterlagen die entsprechenden Unterlagen in A.II. Nr. 16 bis Nr. 48 des Stilllegungsreglements der 1. SAG ersetzen. Die 2. SAG enthält deshalb nach ihrem eindeutigen Tenor lediglich eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, ohne diesen insgesamt und  vollständig zu legalisieren.
51 
Für dieses Verständnis spricht auch die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung zum Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander. Der Beklagte umschreibt in der beigegebenen Begründung den Genehmigungsumfang dahingehend, das „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung neben dem Abbau von Anlagenteilen im Kontrollbereich und von weiteren Anlagenteilen im Überwachungsbereich auch die Fortführung des mit der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung genehmigten Stilllegungsbetriebs nach einem geänderten Stilllegungsreglement“ beinhalte (B.I.2 der 2. SAG, S. 32). Übereinstimmend hiermit stellt die Genehmigung unter B.I.2.2 (S. 34 f. der 2. SAG) klar, dass der mit der 1. SAG genehmigte Stilllegungsbetrieb mit der 2. SAG weiter gilt. Unter B.I.2.3 (S. 36 f. der 2. SAG) grenzt der Beklagte den Regelungsumfang der 1. und 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ausdrücklich voneinander ab. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung als eine zur 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung selbständige Genehmigung neben diese“ trete. Sie löse die für das KWO geltende 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für den weiteren Abbau insoweit ab, als in ihr Festlegungen und Gestattungen aus der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung in Teilen angepasst, übernommen und geändert wurden; daneben enthalte sie die gesamten einhüllenden Gestattungen, die bis zum Ende des gesamten Stilllegungs- und Abbauvorhabens gelten sollten. Damit stellt die Genehmigungsbehörde auch in der Begründung klar, dass Gegenstand der 2. SAG im Hinblick auf das Stilllegungsreglement nur die dort ausdrücklich genannten Änderungen sind, nicht jedoch das Stilllegungsreglement insgesamt. Soweit keine Änderungen im Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vorgenommen werden, verbleibt es nach der eindeutigen Regelung im Bescheidtenor und der oben wiedergegebenen Begründung vielmehr bei dem Stilllegungsbetrieb entsprechend den Regelungen der bestandskräftigen 1. SAG.
52 
Ein gegenteiliges Verständnis kann auch nicht den sonstigen Regelungselementen des Bescheidtenors entnommen werden. Zutreffend weisen die Kläger zwar darauf hin, dass sich die 2. SAG gemäß A.I.1.5 ( S. 14 der 2. SAG ) auch auf den Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen nach § 2 Abs. 1 AtG und mit Kernbrennstoffen nach § 2 Abs. 3 AtG erstreckt. Aus dieser Bestimmung kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die 2. SAG das Betriebsreglement und insbesondere den Betrieb des externen Brennelementlagers vollständig neu regele. Bei der von den Klägern herangezogenen Regelung handelt es sich lediglich um die Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung auf einen an sich nach § 7 Abs. 1 StrlSchV genehmigungsbedürftigen Umgang mit Kernbrennstoffen gemäß § 7 Abs. 2 StrlSchV. Soweit eine solche Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung erfolgt, ist eine eigenständige Genehmigung nach § 7 Abs. 1 StrlSchV nicht mehr erforderlich. Bereits aus der Binnensystematik von § 7 StrlSchV und daneben aus dem systematischen Zusammenhang mit den atomrechtlichen Bestimmungen folgt, dass die Erstreckung nur soweit reichen kann, wie die atomrechtliche Genehmigung eine entsprechende Regelung enthält, die erstreckungsfähig ist. Hieraus folgt zugleich, dass die in A.I.1.5 enthaltene Erstreckung gemäß § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StrlSchV nicht weiter reichen kann als die im sonstigen Bescheidtenor enthaltenen atomrechtlichen Gestattungen. Auch in Bezug auf das Stilllegungsreglement kann die Erstreckung deshalb nicht über die durch die 2. SAG genehmigten Änderungen hinausgehen und nicht die Brennelementlagerung im Notstandsgebäude eigenständig regeln.
53 
Entgegen der Auffassung der Kläger kann aus der Systematik der in A.III. des Genehmigungstenors beigegebenen Nebenbestimmungen nicht ein abweichendes Verständnis des Genehmigungsumfangs der 2. SAG hergeleitet werden. Zwar beinhalten die Nebenbestimmungen insbesondere in A.III.3. (S. 22 der 2. SAG) Maßgaben zur Handhabung bestrahlter Brennelemente, die keine Beschränkung auf das Betriebsreglement der 2. SAG erkennen lassen. In der Einleitung zu den verfügten Nebenbestimmungen (S. 18 der 2. SAG) weist die Genehmigungsbehörde aber darauf hin, dass sämtliche Nebenbestimmungen an die Stelle der Nebenbestimmungen der 1. SAG treten und damit für den Gestattungsumfang beider Genehmigungen Geltung beanspruchen sollen. Bereits daraus folgt, dass die Genehmigungsbehörde lediglich aus Gründen der Klarheit sämtliche Nebenbestimmungen teilweise wiederholend zusammengefasst hat, ohne damit eine inhaltlich abweichende Regelung gegenüber der 1. SAG zu treffen. Im Übrigen bezieht sich die von den Klägern herangezogene Nebenbestimmung in A.III.3. auf die Modalitäten des Brennelementtransports, nicht auf den Betrieb des externen Nasslagers im Notstandsgebäude.
54 
Ebenso wenig können aus dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen vom 15.12.2008 Anhaltspunkte für ein abweichendes Verhältnis der beiden Genehmigungen zueinander hergeleitet werden. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass die Beigeladene in ihrem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 selbst von einem anderen Verständnis der beantragten Genehmigung zu der bestandskräftig erteilten 1. SAG ausgegangen ist. So führte die Beigeladene in dem Antragsschreiben vom 15.12.2008 ausdrücklich aus, „dass die vorliegend beantragte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung die 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vollständig ablöst und bis zum Ende des gesamten Vorhabens gelten soll“. Damit hat die Beigeladene ihren Willen zum Ausdruck gebracht, dass sie ein umfassendes und vollständig eigenständiges Genehmigungsverfahren in Gang setzen wollte, mit dem das Stilllegungsreglement für das Kernkraftwerk insgesamt einer neuen genehmigungsrechtlichen Grundlage unterstellt werden sollte. Für einen derartigen Willen der Beigeladenen sprechen auch weitere Ausführungen in der Begründung ihres Genehmigungsantrags. Indes ist das Antragsschreiben der Beigeladenen vom 15.12.2008 nicht für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts der 2. SAG maßgeblich. Wie oben näher dargestellt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Ermittlung des Inhalts einer atomrechtlichen Genehmigung gerade aus Rechtsschutzgründen auf den Inhalt der Genehmigungsurkunde selbst abzustellen, vor allem primär auf den Bescheidtenor und daneben die von der Behörde beigegebene Begründung. Auf Umstände außerhalb der Genehmigungsurkunde kann allenfalls untergeordnet und zur Beseitigung von Auslegungszweifeln abgestellt werden, wobei sich die Auslegung dabei freilich nicht in Widerspruch zu dem ausdrücklichen Bescheidinhalt setzen darf. Im Übrigen hat die Beigeladene ihre Ausführungen in dem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 im Genehmigungsverfahren nicht aufrecht erhalten, sondern mit Schreiben an den Beklagten vom 31.08.2009 berichtigt. Dabei führte die Beigeladene ausdrücklich aus, dass die 2. SAG nunmehr eine zur 1. SAG selbständige Genehmigung darstellen solle; als solche trete die 2. SAG neben die 1. SAG. Regelungen der 1. SAG könnten gegenstandslos und in Teilen angepasst oder übernommen werden (vgl. S. 2 des Schreibens der Beigeladenen vom 31.08.2009). Von diesem geänderten Verständnis der Beigeladenen ist im Übrigen - wie oben dargestellt - auch die Genehmigungsbehörde in der Begründung der 2. SAG ausgegangen (vgl. S. 37). Deshalb war entgegen der Auffassung der Kläger eine teilweise Antragsablehnung bei Erlass der 2. SAG nicht geboten.
55 
Auch der Versuch der Kläger, aus den dem Genehmigungsantrag beigefügten Unterlagen ein abweichendes Verständnis der beiden Genehmigungen zueinander herzuleiten, geht fehl. Zuzugeben ist den Klägern zwar, dass der von der Beigeladenen vorgelegte technische Bericht „Stilllegung und Abbau KWO - 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung - Störfallbetrachtung“ des Gutachters ... vom 31.03.2010 offenbar davon ausgeht, dass das Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vollständig neu geregelt werden soll. Hierfür spricht, dass der Gutachter in seiner Störfallbetrachtung auch Szenarien berücksichtigt hat, die lediglich von der 1. SAG umfasste Maßnahmen beinhalten. Auch hier gilt jedoch die oben angestellte Erwägung, wonach für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts primär auf die Genehmigung selbst, nicht jedoch auf die Antragsunterlagen abzustellen ist. Im Übrigen ist der technische Bericht des Gutachters ... weder Grundlage noch Inhalt der 2. SAG; er ist in A.II. der 2. SAG nicht als Genehmigungsgrundlage erwähnt.
56 
Aus ähnlichen Gründen kann auch aus den der Genehmigung zugrundeliegenden Erläuterungsberichten Nrn. 1, 13 und Nr. 15 nicht entnommen werden, dass die 2. SAG den Betrieb des externen Lagerbeckens neu genehmige. Diese Erläuterungsberichte enthalten im Wesentlichen eine Beschreibung des Anlagenzustandes in verschiedener Hinsicht, etwa eine Charakterisierung des radiologischen Ausgangszustands oder eine Beschreibung des Gesamtvorhabens und der im Betrieb bleibenden Systeme und Anlagen. Es liegt deshalb auf der Hand, dass in diesen Unterlagen technische Beschreibungen enthalten sind, die über den Regelungsinhalt der beantragten 2. SAG hinausgehen. Von diesem Verständnis ist auch der Beklagte ausgegangen, der diese Unterlagen unter A.II. der 2. SAG lediglich als Grundlage der Genehmigung, nicht aber als Genehmigungsinhalt aufgeführt hat. Entgegen der Auffassung der Kläger kann schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass in dem von der Beigeladenen mit dem Genehmigungsantrag vorgelegten Stilllegungshandbuch der Betrieb des externen Brennelementlagers in Bau 37 wiederholt erwähnt wird, geschlossen werden, der Stilllegungsbetrieb solle mit der 2. SAG insgesamt und umfassend neu geregelt werden. Zum einen ist - wie oben näher dargestellt -aus Rechtsschutzgesichtspunkten zur Ermittlung des Genehmigungsinhalts nicht auf technische Unterlagen wie das Stilllegungshandbuch abzustellen. Zum anderen trägt das neu erstellte Stilllegungshandbuch der Beigeladenen lediglich dem Umstand Rechnung, dass durch die 2. SAG der Stilllegungsbetrieb modifiziert wurde, was im Stilllegungshandbuch zu berücksichtigen war. Zutreffend weisen die Kläger zwar darauf hin, dass der Betrieb des externen Brennelementlagers zum Stilllegungsbetrieb gehört. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Betrieb des externen Nasslagers insgesamt durch die 2. SAG neu legalisiert wurde. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob und in welchem Umfang sich der nach § 20 AtG bestellte Gutachter in seinen Ausführungen vom März 2011 mit dem Betrieb des externen Lagerbeckens beschäftigt hat. Schließlich ist bei der hier vorzunehmenden Auslegung der von den Klägern herangezogene Schriftwechsel zwischen dem Beklagten und dem Bundesministerium für Umwelt unergiebig. Das von den Klägern erwähnte E-Mail des Bundesumweltministeriums vom 12.10.2011 ist in anderen, nämlich aufsichtlichen Zusammenhängen ergangen und bezieht sich auf den geplanten Abbau von Elementen des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude. Der - nach dem oben Gesagten für die Auslegung der Genehmigung im Übrigen nicht maßgeblichen - Korrespondenz des Beklagten mit der Aufsichtsbehörde lässt sich deshalb nichts für die hier in Rede stehende Frage des Umfangs des Betriebsreglements der 2. SAG entnehmen.
57 
Nach alldem kann nicht davon ausgegangen werden, dass die 2. SAG den Stilllegungsbetrieb insgesamt  geregelt und dabei den Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude eigenständig gestattet hat. Gegenstand des Antrags auf Erteilung der 2. SAG waren deshalb nur die dort im Einzelnen aufgeführten Änderungen des Stilllegungsreglements, nicht jedoch die „insgesamt geplanten Maßnahmen“ im Sinne von Nr. 11.1.1 der Anlage 1 zum UVPG.
58 
2.1.2 Die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles leidet nicht an einem zur Aufhebung der Genehmigung führenden Verfahrensfehler. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 UmwRG unter anderem verlangt werden, wenn eine nach den Be-stimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Ein solcher Fall liegt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch dann vor, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, die durch das Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfs-gesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21.01.2013 (BGBl. I S. 95) mit Wirkung vom 29.01.2013 erlassen worden ist, ist hier anwendbar, obwohl es für die gerichtliche Überprüfung atomrechtlicher Genehmigungen grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei ihrem Erlass ankommt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - ZNER 2012, 288; sowie vom 19.12.1985 - 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300). Denn die geänderten Vorschriften des Gesetzes gelten nach § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe nach § 2, die am 12.05.2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29.01.2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Zwar handelt es sich hier nicht um den Rechtsbehelf einer anerkannten Vereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG; der Gesetzgeber knüpft in § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG aber an allgemeine Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts an, die gleichfalls eine Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG fordern (vgl. BT-Drs. 17/10957 S. 18; BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669). Auch gilt die neu geschaffene und die bisherige Rechtslage klarstellende (vgl. hierzu BT-Drs. 17/1095 S. 17; sowie BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30.10 - a.a.O.) Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit für die Kläger entsprechend. Sie wird so auf Rechtsbehelfe erstreckt, deren Zulässigkeit von der Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte abhängt. Hat die Behörde eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterlassen oder leidet sie an einem gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gleichgestellten schwerwiegenden Fehler, ist dieser Mangel nach dem oben Gesagten erheblich, ohne dass es nach nationalem Recht darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könnte. Indes leidet die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Vorprüfung der einzelnen Maßnahmen, die Gegenstand der 2. SAG sind, auf ihre Umweltrelevanz gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG nicht an einem gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Verfahrensfehler.
59 
2.1.2.1 Beruht die Entscheidung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG, ist gemäß § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens ausschließlich darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Diese Einschränkung des gerichtlichen Kontrollumfangs gilt auch für alle Fälle der Vorprüfung, in denen auf § 3c UVPG verwiesen wird, mithin auch für die Vorprüfung nach Maßgabe von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG (vgl. hierzu näher Dienes in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3 UVPG Rn. 26.1). Anknüpfend an diese der zuständige Behörde in § 3a Satz 4 UVPG eingeräumte Beurteilungsermächtigung stellt § 4a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren nur darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde, die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, das anzuwendende Recht verkannt wurde oder sachfremde Erwägungen vorliegen. Der Gesetzgeber bestätigt und konkretisiert damit die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung, wonach das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 12 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - a.a.O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 - 5 Bs 24/10 - UPR 2010, 445).
60 
Bei Anwendung dieses Maßstabs leidet die von dem Beklagten durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler. Die Genehmigungsbehörde hat den relevanten Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst, die einschlägigen Verfahrensregeln und rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten, keine sachfremden Erwägungen angestellt und das maßgebliche Recht zutreffend angewandt. Der Beklagte hat die UVP-Vorprüfung insbesondere entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt und damit das einschlägige Recht im Sinne von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG zutreffend angewendet.
61 
Die Beigeladene hat die mit der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen einer Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG unterzogen und das Ergebnis in dem den Antragsunterlagen beigefügten Bericht vom 11.12.2008 festgehalten. Dabei ist die Beigeladene zu dem Ergebnis gelangt, dass die geplanten Einzelmaßnahmen keine wesentlichen Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter des § 1a AtVfV bzw. § 2a UVPG haben. Der Beklagte hat - wie sich einem Aktenvermerk vom 26.01.2009 entnehmen lässt - die Vorprüfung der Beigeladenen dahingehend kritisch gewürdigt, ob die relevanten Auswirkungen des Vorhabens der 2. SAG auf die Schutzgüter durch die Ergebnisse der im Rahmen des Gesamtvorhabens durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig erfasst wurden und abgedeckt sind. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass bei der Ausnutzung der 2. SAG keine umweltrelevanten Wirkungen eintreten, die zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen gegenüber den Umweltauswirkungen führen, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG waren. Dieses Ergebnis hat der Beklagte ordnungsgemäß gemäß § 3a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass der Prüfvermerk des Beklagten vom 26.01.2009 über die Plausibilität der durchgeführten Vorprüfung sehr knapp gehalten ist, weshalb die von der Genehmigungsbehörde in diesem Zusammenhang im Einzelnen angestellten Erwägungen nicht vollständig nachvollzogen werden können. Dies führt gleichwohl nicht zu einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler im oben dargestellten Sinne, da die von der Beigeladenen durchgeführten Vorprüfungen in ihrem Bericht vom 11.12.2008 wesentlich detaillierter dargestellt sind und die Behörde sich ersichtlich diese Erwägungen insgesamt zu eigen gemacht hat.
62 
2.1.2.2. Die 2. SAG enthält entgegen der Meinung der Kläger keine relevanten Änderungen gegenüber der im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung, die eine zumindest teilweise neue Verträglichkeitsprüfung erforderlich gemacht hätten. Vielmehr halten sich der mit der 2. SAG genehmigte Abbau und die Änderungen des Stilllegungsreglements im Rahmen der im Antrag zur 1. SAG dargestellten insgesamt geplanten Maßnahmen, die Gegenstand der durchgeführten Prüfung nach Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG waren.
63 
2.1.2.2.1. Eine wesentliche Abänderung des mit der 2. SAG genehmigten Vorhabens gegenüber der im Rahmen der 1. SAG dargelegten Gesamtmaßnahme kann nicht in der Errichtung der Materialschleuse zum Reaktorgebäude gesehen werden. Der Einbau der neuen Materialschleuse ist nicht Gegenstand der 2. SAG, sondern wurde mit einer bestandskräftigen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 legalisiert. Den von den Klägern geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der Möglichkeit, die Brennstäbe aus dem externen Brennelementlagerbecken störungsfrei abzutransportieren, war deshalb lediglich im Verfahren zur Erteilung der Änderungsgenehmigung zur 1. SAG nachzugehen. Bereits aufgrund der Bestandskraft dieser Änderungsgenehmigung kann die Errichtung der Materialschleuse als solche nicht als eine den Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung überschreitende Änderung angesehen werden. In diesem Zusammenhang ist deshalb lediglich die Umweltrelevanz von Änderungen des Betriebsreglements zu betrachten, die durch die Errichtung der Materialschleuse eingetreten sind. Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass durch die punktuellen und geringfügigen Änderungen des Betriebsreglements durch Errichtung der neuen Materialschleuse keine derartigen umweltrelevanten Auswirkungen eintreten können, die den Rahmen der bei Erteilung der 1. SAG insgesamt geprüften Maßnahmen überschreiten. In Übereinstimmung hiermit wurde bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 davon ausgegangen, dass im Zuge der Abbaumaßnahmen bauliche Änderungen im Reaktorgebäude notwendig werden können (vgl. S. 112 des Sicherheitsberichts zur 1. SAG).
64 
2.1.2.2.2. Auch durch die abweichende Gestaltung der einzelnen Genehmigungsschritte ist keine wesentliche Änderung der insgesamt geplanten Maßnahmen eingetreten, die Gegenstand der 1. SAG und der Umweltverträglichkeitsprüfung vor deren Erteilung waren. Zutreffend weisen die Kläger in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Beigeladene mit ihrem Antrag zur Erteilung der 2. SAG von den Genehmigungsschritten abweicht, welche im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 und dem hierauf bezogenen Genehmigungsantrag dargestellt waren. Insbesondere hat der damalige Genehmigungsantrag vorgesehen, dass in einem umfassenderen 2. Abbauschritt die stärker aktivierten Anlagenteile des Kontrollbereichs vollständig abgebaut werden sollen, vor allem auch der Reaktordruckbehälter nebst Reaktordruckbehältereinbauten und biologischem Schild (vgl. die Darstellung der vorgesehenen Genehmigungsschritte im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006, S. 12, 15 und 16). Von diesem ursprünglich geplanten Verfahrensablauf weicht der Antrag der Beigeladenen auf Erteilung der 2. SAG insoweit ab, als nunmehr ein weiterer Genehmigungsschritt vorgesehen wird und mit der beantragten 2. SAG lediglich ein Teil der aktivierten Anlagenteile im Kontrollbereich abgebaut werden soll. So soll die 2. SAG nur noch den Abbau des Reaktordruckbehälterdeckels, nicht jedoch des stark aktivierten Reaktordruckbehälterunterteils, der Reaktoreinbauten sowie des biologischen Schilds im Kontrollbereich umfassen; diese Abbaumaßnahmen sollen vielmehr einer - am 30.04.2013 erteilten und in Bestandskraft erwachsenen - 3. SAG vorbehalten bleiben.
65 
Durch diese geänderte Genehmigungsabfolge wird indes nicht der mit der 1. SAG geprüfte Gesamtumfang der geplanten Maßnahmen mit der Folge verlassen, dass nunmehr eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens zu erfolgen hätte. Zum einen hat die Beigeladene bereits in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 (S. 16) explizit darauf hingewiesen, es könne sich bei der für den 2. Genehmigungsschritt noch durchzuführenden Detailabbauplanung unter Berücksichtigung der Verfahrensökonomie und von technischen Notwendigkeiten ergeben, dass zur Umsetzung der Abbauarbeiten im 2. Abbauschritt mehr als nur ein Genehmigungsantrag erforderlich werde. Aufgrund dieser Angaben im Sicherheitsbericht stand bereits bei Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung des Gesamtvorhabens im Rahmen der 1. SAG fest, dass die vorgesehenen Genehmigungsschritte keine verbindliche Planung darstellen. Zum anderen kann eine geänderte Abfolge der zu beantragenden Genehmigungen und die Zuordnung der Abbauschritte hierzu nicht zu relevanten Umweltauswirkungen führen. Maßgeblich für die Umweltrelevanz ist allein, ob die mit der ursprünglichen Planung vorgesehenen konkreten Abbaumaßnahmen bzw. Abbauschritte eingehalten werden oder ob auch insoweit eine relevante Änderung eingetreten ist. Wie sich der Darstellung der Abbaufolge auf S. 76 f. des Sicherheitsberichts vom 19.05.2006 entnehmen lässt, wird durch die geänderte Aufteilung der Genehmigungsschritte nicht von den technisch vorgesehenen Abbaumaßnahmen abgewichen. Im Übrigen wies die Beigeladene bei der Beschreibung des 2. Abbauschritts (S. 90 f. des Sicherheitsberichts) bereits darauf hin, dass die konkrete Abbaufolge erst im Rahmen der Detailplanung des 2. Abbauschritts festgelegt werden könne. Durch die mit der 2. SAG vorgenommene Modifizierung tritt deshalb keine Änderung der technischen Abbauplanung ein, sondern lediglich eine Verschiebung von Maßnahmen in einen späteren Genehmigungsschritt. Gerade im Hinblick auf die Umweltrelevanz eines Vorhabens ist jedoch unerheblich, in welchem Genehmigungsschritt eine konkrete Einzelmaßnahme erfolgen soll. Entscheidend ist allein, dass sich die Ausführungsmaßnahmen innerhalb der insgesamt geplanten Maßnahmen halten, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der 1. SAG waren. Fehl geht in diesem Zusammenhang auch der Hinweis der Kläger, durch den Abbau des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten stünden das Druckbehälter-Unterteil und die stark aktivierten Kerneinbauten für längere Zeit offen. Dem steht bereits entgegen, dass auch in der ursprünglich geprüften Genehmigungsplanung und dem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 keine zeitlichen Vorgaben für den Abbau des Reaktordruckbehälters enthalten waren. Auch ohne die nunmehr vorgesehene Aufspaltung des Abbaus des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten war deshalb nicht sichergestellt, dass dieser in einem engen zeitlichen Rahmen abgebaut wird. Keiner abschließenden Klärung bedarf die zwischen den Beteiligten kontrovers erörterte Frage, ob der von den Betriebsgenehmigungen gedeckte Zustand einer längeren Öffnung des Reaktordeckels bei umfangreichen Revisionsarbeiten mit der hier in Rede stehenden Situation vergleichbar ist. Dabei spricht jedoch einiges für die Darlegung des Beklagten, dass die Situation eines offen stehenden Reaktordruckbehälters in der Leistungsbetriebsphase in sicherheitstechnischer Hinsicht kritischer zu beurteilen ist als der hier in Rede stehende Zustand.
66 
2.1.2.2.3. Eine wesentliche Änderung ist schließlich nicht dadurch eingetreten, dass eine längere Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager (sog. Notstandsgebäude, Bau 37) erfolgen soll. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass nach der ursprünglichen zeitlichen Planung der Beigeladenen bis ca. 2011 alle bestrahlten Brennelemente in das beantragte Standortzwischenlager verbracht werden sollten, sodass die Anlage bei Beginn des 2. Abbauschrittes brennstofffrei gewesen wäre. Die weitere Lagerung der abgebrannten Brennstäbe im Notstandsgebäude führt jedoch entgegen der Auffassung der Kläger nicht dazu, dass der Rahmen der im Zuge der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung überschritten würde. Zum einen handelt es sich bei der oben dargestellten zeitlichen Abfolge lediglich um eine unverbindliche Planung der Beigeladenen, die unter dem Vorbehalt veränderter Umstände, insbesondere einer Verzögerung der Genehmigungserteilung für das Standortzwischenlager, stand. So wurde bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass möglicherweise der Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage KWO nicht - wie vorgesehen - bis ca. 2011 abgeschlossen sein könne, etwa weil das beantragte BE-Zwischenlager zu diesem Zeitpunkt noch nicht betriebsbereit sei (vgl. S. 70 und 90 des Sicherheitsberichts). In diesem Fall sollte nach der im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 dargelegten Konzeption der Stilllegungsbetrieb unter dem Regime der 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung auch die weitere Lagerung der bestrahlten KWO-Brennelemente im externen Nasslager bis zum vollständigen Abtransport aus der Anlage umfassen. Aufgrund dieser Darstellungen im Sicherheitsbericht war die weitergehende Lagerung von Brennelementen im externen Lager auch zum Zeitpunkt des 2. Abbauschritts Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, die im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführt wurde.
67 
Zum anderen wurde die externe Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit einer der Beigeladenen erteilten Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet, welche bestandskräftig wurde (vgl. hierzu auch den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des Senats vom 15.09.1999 - 10 S 1991/99 - VBlBW 2000, 149). Die Dauer dieser Lagerung wurde weder durch die 1. SAG noch durch die gegenständliche Genehmigung eingeschränkt. Vielmehr erstreckt sich der Genehmigungsumfang der 1. SAG nach dem oben Gesagten auf den Stilllegungsbetrieb, der unter anderem die Lagerung der Brennelemente im externen Brennelementlagerbecken des Notstandsgebäudes umfasst (vgl. A I.1.1 der 1. SAG, Seite 2). Übereinstimmend hiermit wird in der Begründung der 1. SAG davon ausgegangen, dass sich die bestrahlten Brennelemente in der Phase des Stilllegungsbetriebs voraussichtlich noch im externen Brennelementlagerbecken befinden werden; die Genehmigung nimmt den Abbau der Anlage und von Anlagenteilen parallel zu dieser Lagerung in den Blick (vgl. B.I.2.4.4.3 der 1. SAG, S. 43). Etwaige mit der externen Brennelementlagerung verbundenen Umweltauswirkungen waren bei Erteilung der 2. SAG daher nur insoweit zu betrachten, als das Betriebsreglement in Bezug hierauf geändert wurde. Dabei ist auszuschließen, dass sich die geringfügigen Änderungen des Betriebsreglements hinsichtlich der Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager in einer für die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung relevanten Weise auswirken könnten. Ferner sollen nach den Darlegungen im Sicherheitsbericht die mit der 2. SAG beantragten Abbaumaßnahmen dergestalt rückwirkungsfrei erfolgen, dass die Lagerung der Brennelemente und die hierfür erforderlichen Sicherheitseinrichtungen im Notstandsgebäude durch die Maßnahmen nicht beeinträchtigt werden kann. Im Sicherheitsbericht wird näher dargelegt, dass die für die Lagerung und Handhabung der bestrahlten Brennelemente erforderlichen Anlagenteile und Systeme erst nach dem Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage stillgesetzt und abgebaut werden. Eine wesentliche Abweichung durch die längere Lagerung, bezogen auf die insgesamt geplanten Maßnahmen, liegt deshalb nicht vor.
68 
Nach alldem hat der Beklagte die mit der 2. SAG geplanten Einzelmaßnahmen zu Recht keiner weiteren vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen, sondern lediglich rechtsfehlerfrei eine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchgeführt.
69 
2.1.3 Entgegen der Auffassung der Kläger war vor Erteilung der 2. SAG weder eine obligatorische (dazu unter 2.1.3.1) noch eine fakultative (dazu unter 2.1.3.2) Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Hiergegen bestehen auch im Hinblick auf von der Bundesrepublik eingegangene völkerrechtliche Verpflichtungen keine Bedenken (dazu unter 2.1.3.3). Dahingestellt bleibt, ob die Kläger bei einer rechtswidrig unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung in eigenen Rechten verletzt würden (dazu unter 2.1.3.4).
70 
2.1.3.1 Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die von der Beigeladenen im Rahmen der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks Obrigheim nicht einer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung bedurften. Gemäß § 19b Abs. 2 Satz 1 AtVfV kann abweichend von § 4 Abs. 4 AtVfV von einer Bekanntmachung und Auslegung des Vorhabens dann nicht abgesehen werden, wenn für eine ortsfeste Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistung überschreitet, erstmals eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beantragt wird. Bei den von der Beigeladenen beantragten Maßnahmen handelte es sich jedoch nicht um einen erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Stilllegungs- und Abbaugenehmigung im Sinne von § 7 Abs. 3 AtG. Auch wenn es sich bei der 1. und 2. Stilllegungsgenehmigung - wie oben unter 2.1.1.3 näher dargestellt - um selbständige Genehmigungen und nicht um Teilgenehmigungen gemäß § 18 AtVfV handelt, sind die Genehmigungen aufeinander bezogen und gestatten ein einheitliches Vorhaben im Sinne von § 19b Abs. 1 AtVfV. In diesem Zusammenhang kann auf die oben angestellten Erwägungen zu der Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verwiesen werden, da diese auch im hier in Rede stehenden Zusammenhang Geltung beanspruchen. Schließlich war nach dem oben Dargelegten für die mit der 2. SAG beantragten Maßnahmen keine e Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, so dass eine obligatorische Öffentlichkeitsbeteiligung auch nicht nach § 4 Abs. 4 Satz 2 AtVfV geboten war.
71 
2.1.3.2 Der Beklagte hat unter fehlerfreier Betätigung seines Ermessens von einer en fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG abgesehen. Die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Absehen von einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung nach Ermessen gemäß § 19b, § 4 Abs. 4 AtVfV lagen vor. Gemäß § 19b Abs. 2 Satz 1 AtVfV kann nach dem oben unter 2.1.3.1 Ausgeführten im Falle der erstmaligen Erteilung einer Stilllegungs- und Abbaugenehmigung nicht von der Auslegung und Bekanntmachung des Vorhabens abgesehen werden. Für den hier in Rede stehenden weiteren Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG bleibt es dagegen gemäß 19b Abs. 2 AtVfV bei der allgemeinen Bestimmung des § 4 Abs. 4 Satz 1 AtVfV. Danach kann die Genehmigungsbehörde von der Bekanntmachung und Auslegung unter den in § 4 Abs. 2 AtVfV genannten Voraussetzungen absehen. Dies ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AtVfV vor allem dann der Fall, wenn im Sicherheitsbericht keine zusätzlichen oder anderen Umstände darzulegen wären, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen lassen.
72 
Diese Voraussetzungen liegen für das Genehmigungsverfahren der 2. SAG vor. Im Sicherheitsbericht zur 1. SAG ist das Gesamtvorhaben der Stilllegung und des Abbaus des Kernkraftwerks Obrigheim in einer den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV genügenden Weise dargestellt. Nach dieser Bestimmung müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, u.a. Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten. Die Beigeladene hat in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 das von ihr verfolgte Gesamtkonzept zum Abbau und zur Stilllegung der von ihr betriebenen kerntechnischen Anlage in den Grundzügen so konkret beschrieben, dass auch für Dritte eine Beurteilung der insgesamt geplanten Maßnahmen möglich war. Insbesondere hat sie im Sicherheitsbericht die insgesamt geplanten Maßnahmen, die Reihenfolge der einzelnen Abbauschritte und die dabei zu verwendenden Methoden so detailliert dargestellt, dass die interessierte Öffentlichkeit sowohl die mögliche Rückwirkungsfreiheit der Maßnahmen als auch das Vorliegen einer sinnvollen Abbaureihenfolge prüfen konnte. Auch hat die Beigeladene in den Unterlagen den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV entsprechend weiter dargelegt, welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a AtVfV genannten Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung haben werden. Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich der Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission vom 11./12.12.2007 nicht entnehmen, dass die vor Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen nicht den oben dargestellten Anforderungen entsprochen hätten. Zwar führt die Reaktorsicherheitskommission aus, dass auf der Basis der vorliegenden Unterlagen eine detaillierte Beurteilung des Gesamtkonzepts zur Stilllegung und zum Abbau des KWO nicht möglich sei, da über Abbaumaßnahmen, ihre vorgesehene Reihenfolge und über Abbaumethoden während des 2. Genehmigungsschritts nur sehr allgemeine Aussagen vorlägen; auch in dem Genehmigungsentwurf werde über die Zulässigkeit der über den 1. Abbauschritt hinausgehenden Maßnahmen keine Aussage getroffen (vgl. S. 7 der Stellungnahme). Indes hat die Reaktorsicherheitskommission in ihrer abschließenden Stellungnahme ausdrücklich bestätigt, dass die vorgelegten Unterlagen im Hinblick auf § 19b AtVfV ausreichend seien (S. 20 der Stellungnahme vom 11./12.12.2007). Diese Auffassung der Reaktorsicherheitskommission steht mit dem Regelungskonzept von § 19b AtVfV im Einklang. § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV erfordert nicht, dass alle Abbauschritte in den mit dem Erstgenehmigungsantrag vorgelegten Unterlagen genehmigungsfähig beschrieben werden. Die Vorschrift erfordert nur, dass „Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung ... oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen“ in den Antragsunterlagen enthalten sind, die „die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist“.
73 
An der Richtigkeit der Einschätzung der Reaktorsicherheitskommission ändern auch die weiteren Rügen der Kläger nichts, die sich im Kern gegen das vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Verwaltungsverfahren richten. Auch in diesem Zusammenhang sind die Kläger aufgrund der Bestandskraft der 1. SAG mit Einwendungen gegen deren Rechtmäßigkeit ausgeschlossen. Im Übrigen durften die Kläger nicht die von ihnen geltend gemachte Erwartung hegen, etwaige Rügedefizite im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG würden in nachfolgenden Genehmigungsschritten geheilt. Vielmehr wären die Kläger gehalten gewesen, die von ihnen beanstandeten Fehler mit einem Rechtsbehelf gegen die 1. SAG geltend zu machen.
74 
Unabhängig hiervon greifen die Rügen der Kläger auch in der Sache nicht durch. Die Kläger beanstanden vor allem, dem im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der 1. SAG ausgelegten Sicherheitsbericht seien keine konkreten Angaben zu der Strahlenbelastung durch Direktstrahlung am Anlagenzaun und der Umgebungsüberwachung zu entnehmen; Betroffenen sei es deshalb nicht möglich gewesen, ihre Belastung durch Direktstrahlung zu überprüfen. Im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 ist die Strahlenexposition in der Umgebung während des gesamten Vorhabens in Kapitel 9 (S. 176 ff.) ausreichend dargestellt. In Kapitel 9.2.1 wird die Strahlenexposition durch Ableitung radioaktiver Stoffe mit der Luft, in Kapitel 9.2.2 durch Ableitung mit dem Abwasser dargestellt; Kapitel 9.4 (S. 182 f.) erörtert die Begrenzung der Strahlenexposition aus Direktstrahlung und aus Ableitungen radioaktiver Stoffe mit der Luft und dem Abwasser. Die von den Klägern vermissten weiteren Angaben zur Direktstrahlung waren im Sicherheitsbericht nicht zwingend veranlasst. Die Direktstrahlung ist lediglich für die Einhaltung des Dosisgrenzwerts nach § 46 StrlSchV von Bedeutung, der die Gesamtstrahlenexposition aus Direktstrahlung sowie sämtlichen Ableitungen und unter Berücksichtigung der radiologischen Vorbelastung am Standort und der Strahlenexposition infolge des geplanten Standortzwischenlagers erfasst. Die Gesamtstrahlenexposition darf den Grenzwert für die effektive Dosis gemäß § 46 Abs. 1 StrlSchV von 1 mSv im Kalenderjahr an keiner Stelle außerhalb des Betriebsgeländes der Anlage überschreiten; einen eigenständigen Grenzwert für die Direktstrahlung gibt es indes nicht. Da der Dosisgrenzwert nach den Darstellungen im Sicherheitsbericht zur 1. SAG deutlich unterschritten wird, waren weitere Darlegungen im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG nicht veranlasst. Auch hinsichtlich der Umgebungsüberwachung waren im Sicherheitsbericht für die 2. SAG keine zusätzlichen oder anderen Umstände im Sinne von § 4 Abs. 2 AtVfV darzulegen, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen ließen. Die Umgebungsüberwachung wird im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 in Kapitel 5.5 (S. 124) für das Gesamtvorhaben dargestellt. Der Sicherheitsbericht weist darauf hin, dass nach der Richtlinie zur Emissions- und Immissionsüberwachung kerntechnischer Anlagen (REI) ein Überwachungsprogramm sowohl durch den Betreiber der Anlage als auch von unabhängigen Messstellen im Auftrag der zuständigen Behörde durchzuführen ist. Weitergehende Darlegungen waren nicht zwingend veranlasst, insbesondere nicht die von den Klägern vermisste konkrete Darstellung der vorgesehenen Orte von Probeentnahmen.
75 
Fehl geht auch die Rüge der Kläger, die Reihenfolge des Abbaus von Systemen und Komponenten für den 2. Genehmigungsschritt sei in den im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen nur sehr allgemein beschrieben; eine Überprüfung der Wechselwirkungen zwischen dem Abbau von Systemen und Komponenten im Kontrollbereich (einschließlich Notstandsgebäude) und dem Betrieb des Brennelementlagerbeckens sei nicht ausreichend möglich. Vielmehr ist eine Beschreibung sämtlicher Abbauschritte im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 zur 1. SAG erfolgt (vgl. Kapitel 4, S. 76 ff.). Dort wurden auch die einzelnen zur Anwendung gelangenden Zerlege- und Abbauverfahren beschrieben und dargestellt, nach welchen Methoden die weitere Abbauplanung erfolgen wird. Schließlich enthält der Sicherheitsbericht zur 1. SAG in Kapitel 2.4 (S. 48 bis 54) eine überschlägige Beschreibung des radiologischen Ausgangszustands der Anlage. Der Detaillierungsgrad dieser Darstellung genügt den an einen Sicherheitsbericht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AtVfV zu stellenden Anforderungen. Die von den Klägern vermisste Zuordnung von Abbau- und Zerlegemethoden zu den einzelnen Anlagen und Komponenten ist von Rechts wegen nicht zwingend geboten. Entgegen der Auffassung der Kläger waren im Sicherheitsbericht für die 2. SAG auch nicht zusätzliche Störfallszenarien zu betrachten, die eine ergänzende Öffentlichkeitsbeteiligung notwendig gemacht hätten. Die Kläger machen auch in diesem Zusammenhang überwiegend Störfallszenarien geltend, die im Zusammenhang mit der Brennstofflagerung im Notstandsgebäude stehen. Nach dem oben unter 2.1.1.4 Dargelegten ist die Nasslagerung der Brennelemente nicht vom Gestattungsumfang der 2. SAG umfasst. Im Sicherheitsbericht zur Erteilung der 2. SAG war deshalb keine weitergehende Betrachtung von Störfallszenarien erforderlich, die im Zusammenhang mit der Brennstofflagerung im externen Becken stehen. Wie oben unter 2.1.2.2 näher dargestellt, wichen die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen auch nicht in einer Weise von der im Sicherheitsbericht zur 1. SAG beschriebenen Abbauplanung ab, dass der vorgegebene Rahmen der Gesamtmaßnahme überschritten worden wäre. Es stand deshalb im Ermessen des Beklagten, auf eine fakultative Öffentlichkeitsbeteiligung zu verzichten.
76 
Wie sich aus der Begründung der 2. SAG (B.I.2.4.1) ergibt, hat die Genehmigungsbehörde das ihr eröffnete Ermessen erkannt; die im Rahmen der Ermessensbetätigung angestellten Erwägungen leiden nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Mangel. Der Beklagte hat sich bei der Ausübung seines Ermessens im Wesentlichen davon leiten lassen, dass die Durchführung einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung weder relevante neue Informationen für die zu treffende Genehmigungsentscheidung liefern würde noch für die Rechtsschutz suchende Öffentlichkeit erforderlich wäre. In diesem Zusammenhang hat er darauf abgehoben, dass durch die beantragten Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen keine nachteiligen Auswirkungen für Dritte zu erwarten seien. Entgegen der Auffassung der Kläger war in die Ermessensentscheidung nicht mit besonderem Gewicht einzustellen, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung zur 1. SAG zwischen Juli und August 2006 und damit über fünf Jahre vor Erteilung der 2. SAG durchgeführt wurde. Zwar kann sich in einem derartigen Zeitraum der Kenntnisstand der Öffentlichkeit etwa zur eigenen Betroffenheit ändern. Auch im Rahmen der Ermessensausübung war die Genehmigungsbehörde jedoch nicht verpflichtet, das Gesamtabbauvorhaben  in den Blick zu nehmen, sondern durfte sich auf die mit der 2. SAG genehmigten Maßnahmen beschränken. Dies gilt im besonderen Maße vor dem Hintergrund, dass im vor Erteilung der 1. SAG durchgeführten förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren keinerlei Äußerungen aus der Bevölkerung eingegangen sind. Schließlich stellt auch der von den Klägern herausgestellte Umstand, dass im Gestattungsumfang der 2. SAG mit einem gegenüber der 1. SAG deutlich größeren Aktivitätsinventar umgegangen wird, keinen für die Ermessensausübung wesentlichen Gesichtspunkt dar. Die Einschätzung des Beklagten hinsichtlich des von einer en Öffentlichkeitsbeteiligung zu erwartenden Erkenntnisgewinns ist zumindest vertretbar und kann deshalb nicht als ermessensfehlerhaft beanstandet werden. Vor diesem Hintergrund begegnet auch die abschließend von dem Beklagten getroffene Abwägungsentscheidung zwischen den Belangen der interessierten Öffentlichkeit und dem öffentlichen Interesse an einer beschleunigten Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen bzw. der privaten Belange der Beigeladenen keinen Bedenken.
77 
2.1.3.3 Eine e Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG war nicht im Hinblick auf die von der Bundesrepublik Deutschland als Signatarstaat des Übereinkommens vom 25.06.1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention; Gesetz vom 09.12.2006, BGBl. II, S. 1251) geboten. Die Aarhus-Konvention ist nicht nur von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sondern von der Europäischen Union selbst ratifiziert worden; als sogenanntes gemischtes Abkommen ist sie Teil des Unionsrechts. Dabei spricht vieles dafür, dass hinreichend bestimmte und unbedingte Bestimmungen der Aarhus-Konvention unmittelbar anwendbares EU-Recht darstellen und aufgrund der Ratifikation durch die Bundesrepublik Deutschland auch als innerstaatliches Recht gelten (vgl. hierzu näher OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.02.2013 - 1 B 11266/12 - UPR 2013, 233; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.06.2012 - 8 B 38/08.AK - NuR 2012, 722). Darüber hinaus sind die nationalen Gerichte der Signatarstaaten gehalten, Bestimmungen der Aarhus-Konvention, denen wegen des darin enthaltenen Ausgestaltungsvorbehalts zugunsten der nationalen Rechtsordnung keine unmittelbare Wirkung zukommt, im Rahmen ihres nationalen Verwaltungsverfahrensrechts und Verwaltungsprozessrechts soweit wie möglich im Einklang mit den Zielen der Konvention zur Anwendung zu bringen (BVerwG, Urteil vom 05.09.2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312).
78 
Entgegen der Auffassung der Kläger gebieten die Bestimmungen der Aarhus-Konvention in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht die Durchführung einer en Öffentlichkeitsbeteiligung. Die von den Klägern herangezogene, allein einschlägige Bestimmung des Art. 6 Abs. 1a i.V.m. Nr. 1 des Anhangs I der Aarhus-Konvention verlangt, dass die Signatarstaaten unter anderem bei der Demontage oder Stilllegung von Kernkraftwerken oder Reaktoren ein Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren durchführen. Der Aarhus-Konvention liegt die Erkenntnis zugrunde, dass im Umweltbereich ein verbesserter Zugang zu Informationen und eine verbesserte Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren die Qualität und die Umsetzung von Entscheidungen verbessern, zum Bewusstsein der Öffentlichkeit in Umweltangelegenheiten beitragen, der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, ihre Anliegen zum Ausdruck zu bringen, und es den Behörden ermöglichen, diese Anliegen angemessen zu berücksichtigen (Erwägungsgründe, 9. Absatz). Zielsetzung der Konvention ist es, eine breitere Öffentlichkeit für Entscheidungsvorhaben im Umweltbereich zu interessieren und ihre Beteiligungsbereitschaft zu fördern, um hierdurch Vollzugsdefiziten zu Lasten der Umwelt entgegenzuwirken (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 18.07.2013 - 4 CN 3.12 - BVerwGE 147, 206). Zur Erreichung dieser Ziele sehen Art. 6 Abs. 2 und 3 der Aarhus-Konvention vor, dass die betroffene Öffentlichkeit im Rahmen umweltbezogener Entscheidungsverfahren frühzeitig über das Vorhaben informiert wird, damit der Öffentlichkeit ausreichend Zeit zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung während des Entscheidungsverfahrens gegeben wird. Nach Art. 6 Abs. 4 der Konvention sorgt jede Vertragspartei für eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Optionen noch offen sind und eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann. Damit soll der Anforderung von Art. 6 Abs. 8 der Aarhus-Konvention Rechnung getragen werden, wonach die Vertragsparteien sicherstellen, dass das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Entscheidung angemessen berücksichtigt werden kann.
79 
Diesen Vorgaben genügt das in § 19b Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 2, 4 AtVfV vorgesehene Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Stilllegung kerntechnischer Anlagen. Die danach bei Teilgenehmigungen oder - wie hier in Rede stehend - bei aufeinander bezogenen Genehmigungen für ein einheitliches Vorhaben des Abbaus einer kerntechnischen Anlage vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der ersten Genehmigung stellt in besonderem Maße sicher, dass Anregungen der Öffentlichkeit berücksichtigt werden können, bevor durch Beginn der Maßnahme vollendete Tatsachen geschaffen werden. Auch wird durch die entsprechend anwendbare Vorschrift des § 4 Abs. 2 und 4 AtVfV sichergestellt, dass eine e Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung weiterer Genehmigungen dann stattfindet, wenn im Sicherheitsbericht zusätzliche oder andere Umstände darzulegen wären, mithin eine wesentliche umweltrelevante Änderung im Verlaufe des Verfahrens eingetreten ist. Weder Art. 6 noch den übrigen Bestimmungen der Aarhus-Konvention lässt sich etwas für die von den Klägern vertretene Auffassung entnehmen, bei aufeinander bezogenen Genehmigungsschritten eines Abbauvorhabens müsse jeder Antragsgegenstand einem neuen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren zugänglich gemacht werden. Mithin war die Genehmigungsbehörde auch im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung gemäß § 19b, § 4 Abs. 4 AtVfV auch nicht mit Blick auf die Vorgaben der Aarhus-Konvention gehalten, im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG eine e Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.
80 
2.1.3.4 Ob bei einer fehlerhaft unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung die Kläger in eigenen Rechten verletzt würden, kann hiernach dahinstehen. Nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermittelt das atomrechtliche Verfahrensrecht jedenfalls, solange der Gesetzgeber nicht Verfahrensteilhaberechte unabhängig von einer potentiellen materiell- rechtlichen Betroffenheit schafft, Drittschutz nur im Hinblick auf eine bestmögliche Verwirklichung einer materiellen Rechtsposition. Dies hat zur Folge, dass ein auf einen Fehler des Verwaltungsverfahrens gestützter Rechtsbehelf eines Dritten nur Erfolg haben kann, wenn er dartut, dass und inwieweit sich die Nichtbeachtung der Verfahrensvorschrift auf seine materiell-rechtliche Rechtsposition ausgewirkt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie Beschluss vom 12.07.1993 - 7 B 114.92 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 42). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Dritte infolge des Verfahrensfehlers daran gehindert worden ist, Umstände vorzutragen, welche die Behörde nicht beachtet hat, denen sie aber bei einer den Anforderungen des § 7 Abs. 3 und Abs. 2 AtG entsprechenden Ermittlung und Bewertung von Risikofaktoren hätte nachgehen müssen. Eine derartige Beeinträchtigung ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten wird von den Klägern nicht substantiiert dargetan. Im Übrigen ist ihnen von der Genehmigungsbehörde jedenfalls nach Erteilung der 2. SAG umfassende Akteneinsicht gewährt worden.
81 
Nach alledem ist die 2. SAG nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen.
82 
2.2 Die der Beigeladenen erteilte 2. SAG leidet nicht an einem durchgreifenden materiell-rechtlichen Mangel. Der Beklagte hat die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik den Klägern gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG (dazu unter 2.2.1) und einen den Klägern gegenüber erforderlichen Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG (dazu unter 2.2.2) als gewährleistet ansehen dürfen. Auch kann die Klage nicht auf die behauptete fehlende Entsorgungsvorsorge und die unterbliebene Freigabeentscheidung gemäß § 29 StrlSchV gestützt werden (dazu unter 2.2.3).
83 
2.2.1 Der Beklagte durfte die gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen als getroffen ansehen.
84 
2.2.1.1 Ob die erforderliche Vorsorge gegen Schäden im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG gewährleistet ist, kann der Senat nur eingeschränkt überprüfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungs-gerichts ergibt sich aus der Normstruktur des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG, dass die Exekutive die alleinige Verantwortung für die Risikoermittlung und Risikobewertung trägt, also auch für die Entscheidung über Art und Ausmaß von Risiken, die hingenommen oder nicht hingenommen werden müssen (vgl. BVerwG, Urteile vom 14.01.1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115; sowie vom 10.04. 2008 - 7 C 39.07 - BVerwGE 131, 129; BVerfG, Beschluss vom 10.11.2009 - 1 BvR /07 - NVwZ 2010, 114 - jeweils mit weiteren Nachweisen aus der umfassenden Rechtsprechung). Daraus folgt, dass es nicht Sache der nachträglichen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle sein kann, die der Exekutive zugewiesene Wertung wissenschaftlicher Streitfragen einschließlich der daraus folgenden Risikoabschätzung durch eine eigene Bewertung zu ersetzen. Reichweite und Grenzen des sog. exekutiven Funktionsvorbehalts ergeben sich aus dem materiellen Recht, namentlich dessen Sinn und Zweck.
85 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dient der Funktionsvorbehalt der Exekutive einem dynamischen Grundrechtsschutz und rechtfertigt sich auch daraus, dass im Atomrecht die erforderliche Schadensvorsorge am in die Zukunft hinein offenen, die bestmögliche Verwirklichung des Schutzzwecks des § 1 Nr. 2 AtG gewährleistenden Maßstab des Stands von Wissenschaft und Technik zu messen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Es ist insoweit nicht Sache der Gerichte, Prognosen der Genehmigungsbehörde im Hinblick auf Situationen zu korrigieren, die allenfalls im Grenzbereich des nach praktischer Vernunft noch Möglichen liegen können. Dabei erschöpft sich der Funktionsvorbehalt der Genehmigungsbehörde nicht in der Identifikation der vorsorgerelevanten Risikoszenarien, sondern umfasst auch die konkrete Ausgestaltung des im Bereich der Risikovorsorge erforderlichen Schutzes. Allerdings ist das Maß des erforderlichen Schutzes normativ vorgegeben. Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 AtG legt die Exekutive normativ auf den Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge fest und lässt die Genehmigungserteilung nur zu, wenn Gefahren und Risiken durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage „praktisch ausgeschlossen“ erscheinen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12.11.2008 - 1 BvR 2456/06 - DVBl. 2009, 642). Dementsprechend unterliegen die behördliche Risikoermittlung und -bewertung einschließlich des hinzunehmenden Restrisikos nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Die Gerichte sind darauf beschränkt zu überprüfen, ob die der behördlichen Beurteilung zugrunde liegende Risikoermittlung und -bewertung auf einer ausreichenden Datenbasis beruht und dem Stand von Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt der Behördenentscheidung Rechnung trägt, die Behörde also im Hinblick auf die Ergebnisse des von ihr durchgeführten Genehmigungsverfahrens „diese Überzeugung von Rechts wegen haben durfte“ (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; sowie vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - BVerwGE 78, 177; Beschluss vom 02.07.1998 - 11 B 30.97 - NVwZ 1999, 654). Das Gericht ist deshalb auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Genehmigungsbehörde willkürfrei annehmen durfte, dass der erforderliche Schutz gegen die Risiken einer Leben oder Gesundheit Drittbetroffener möglicherweise gefährdenden Freisetzung ionisierender Strahlen nach Maßgabe des insoweit vorgesehenen Sicherungs- und Schutzkonzepts gewährleistet ist und Risiken damit praktisch nicht zu gegenwärtigen sind. Die Behörde darf aber nicht maßgebliche wissenschaftliche Erkenntnisse negieren oder in grober Weise fehl gewichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.08.1996 - 11 C 9.95 - DVBl. 1997, 52). Aus dem Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge folgt, dass die Exekutive im Rahmen ihrer prognostischen Einschätzung alle wissenschaftlich und technisch vertretbaren Erkenntnisse heranzuziehen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - BVerwGE 81, 185). Vorsorge bedeutet zudem, dass bei der Beurteilung von Schadenswahrscheinlichkeiten nicht allein auf das vorhandene ingenieurmäßige Erfahrungswissen zurückgegriffen werden darf, sondern Schutzmaßnahmen auch anhand „bloß theoretischer“ Überlegungen und Berechnungen in Betracht gezogen werden müssen, um Risiken aufgrund noch bestehender Unsicherheiten oder Wissenslücken zuverlässig auszuschließen. Unsicherheiten bei der Risikoermittlung und -bewertung ist nach Maßgabe des sich daraus ergebenden Besorgnispotenzials durch hinreichend konservative Annahmen Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.).
86 
2.2.1.2 Bei Anwendung dieser Grundsätze durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Beeinträchtigungen, die aus einer planmäßigen Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen und des genehmigten Stilllegungsreglements herrühren, getroffen worden ist. Welches Risiko hiernach bei der Erteilung einer atomrechtlichen Genehmigung Drittbetroffenen zugemutet werden darf, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 12 Abs. 1 Nr. 2 AtG die Exekutive dazu ermächtigt, näher zu bestimmen, welche Vorsorge zu treffen ist, damit bestimmte Strahlendosen und Konzentrationen radioaktiver Stoffe in der Luft und im Wasser nicht überschritten werden. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen und bestimmte Konzentrationen radioaktiver Stoffe in Luft und Wasser nicht überschritten werden, wird durch die Bestimmung der Dosisgrenzwerte (§§ 46, 47 StrlSchV) konkretisiert. Dieser Wert konkretisiert die Schutzwirkung zugunsten Dritter, weil er die äußerste, nicht mehr überschreitbare Grenze der erforderlichen Schadensvorsorge bestimmt und damit nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch den Einzelnen vor den Gefahren und Risiken der Kernenergie bewahren soll. Soweit die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Entscheidung die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik dem Einzelnen gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden als getroffen ansehen darf, hat es damit auch für den Drittschutz sein Bewenden. Mehr als die erforderliche Vorsorge, die auf den praktischen Ausschluss eines sich als Grundrechtsverletzung darstellenden Schadens hinausläuft, kann ein Dritter nicht verlangen. Insbesondere gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexpositionen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; vom 19.12.1985 - 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300; sowie vom 22.12.1980 - 7 C 84.78 - BVerwGE 61, 256).
87 
Die Genehmigungsbehörde ist aufgrund der von der Beigeladenen vorgelegten fachkundigen Berechnungen, die von dem gemäß § 20 AtG herangezogenen Sachverständigen geprüft worden sind, zu dem Ergebnis gelangt, dass bei Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen und einem ordnungsgemäßen Stilllegungsbetrieb die gemäß §§ 46, 47 StrlSchV hinzunehmenden Werte bei weitem nicht erreicht werden. Die Kläger sehen Defizite in der Schadensvorsorge dadurch begründet, dass die Beigeladene keine ausreichende radiologische Charakterisierung der Anlage vorgenommen habe und sich zum Zeitpunkt der Abbaumaßnahmen noch Kernbrennstoffe in der Anlage befänden. Indes ist der Beklagte willkürfrei ohne Ermittlungs- und Bewertungsdefizite zu dem Ergebnis gelangt, dass bei einem bestimmungsgemäßen Stilllegungs- und Abbaubetrieb die erforderliche Schadensvorsorge getroffen wird und deshalb nicht die Überschreitung von Grenzwerten droht.
88 
2.2.1.2.1 Vor Erteilung der 2. SAG ist eine ausreichende radiologische Charakterisierung der Anlage zumindest in dem Umfang erfolgt, wie dies für die Gewährleistung der erforderlichen Schadensvorsorge notwendig ist. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die radiologische Charakterisierung der Anlage vor ihrem Abbau nicht lediglich für die Bemessung der Deckungsvorsorge nach Maßgabe von § 13 AtG i.V.m. der Verordnung über die Deckungsvorsorge nach dem Atomgesetz (AtDeckV), sondern auch für die sachgerechte Planung der Abbaumaßnahmen notwendig ist. So ist eine hinreichende Kenntnis der radiologischen Ausgangssituation für die Wahl der Abbau- und Zerlegeverfahren sowie für eine fehlerfreie Störfallbetrachtung unerlässlich. Aus diesem Grund hat eine sachgerechte radiologische Charakterisierung Bedeutung für die Einhaltung der erforderlichen Schadensvorsorge gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 bzw. Nr. 5 AtG. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG ist eine ausreichende radiologische Charakterisierung der abzubauenden Anlage erfolgt.
89 
Grundlage der 2. SAG ist nach A.II. Nr. 15 der Erläuterungsbericht Nr. 13 „Radiologischer Anlagenzustand“ (Index a vom 22.02.2010). Der Bericht beschreibt den radiologischen Zustand des KWO zum Bezugszeitpunkt 01.01.2010, schätzt das radioaktive Gesamtinventar der Anlage ab und ordnet dieses einzelnen Komponenten zu. Der Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission vom 11./12.12.2007 kann entgegen der Auffassung der Kläger nicht entnommen werden, dass die radiologische Charakterisierung der Anlage nicht in ausreichendem Umfang erfolgt wäre. Zwar hat die Reaktorsicherheitskommission in dieser im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG abgegebenen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass eine umfassende und detaillierte radiologische Charakterisierung der gesamten Anlage Basis für das gesamte Stilllegungs- und Abbaukonzept einschließlich der Transport- und Lagerlogistik sei; da eine solche radiologische Charakterisierung detailliert noch nicht für die gesamte Anlage durchgeführt worden sei, könne dieser Punkt aus Sicht der Kommission noch nicht vollständig bewertet werden. Indes hat die Beigeladene als Reaktion auf diese Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission eine ergänzende radiologische Charakterisierung erstellt, deren Detaillierungsgrad über den im Genehmigungsverfahren zur Erteilung der 1. SAG vorgelegten Erläuterungsbericht hinausgeht. Nach dem Vortrag der Beigeladenen hat die Reaktorsicherheitskommission diese nicht in das Verfahren zur Erteilung der 2. SAG eingeführte ergänzende radiologische Charakterisierung im Rahmen des aufsichtlichen Verfahrens geprüft und gebilligt. Unabhängig hiervon hat die Beigeladene im Verfahren zur Erteilung der streitgegenständlichen 2. SAG eine zusammenfassende Darstellung der radiologischen Charakterisierung der Anlage mit Schreiben vom 06.07.2010 der Genehmigungsbehörde vorgelegt. Die zuständige Entsorgungskommission hat sich in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 mit der Untersuchung „radiologische Charakterisierung der Anlage“ vom 06.07.2010 auseinandergesetzt und diese gebilligt. Nach Erkenntnis der Entsorgungskommission entsprächen die in den Unterlagen zusammengestellten Daten im Wesentlichen dem Stand in anderen Stilllegungsverfahren und gäben einen groben Überblick über den radiologischen Zustand der Anlage. Für die konkrete Durchführung der einzelnen Abbaugewerke seien die Daten im Rahmen der Abbauplanung durch weitere Probenahmen zu verifizieren und zu ergänzen. Die in der radiologischen Charakterisierung noch fehlenden Aktivitätsangaben von relevanten Nukliden wie z.B. H-3 und C-14 hätten keinen Einfluss auf die Konzeption der Maßnahmen und seien spätestens im Rahmen der Abbauplanung zu ergänzen. Dies gelte auch für die bisher nur auf Basis von Wischtesten durchgeführte radiologische Charakterisierung der Gebäudestrukturen im Kontrollbereich; für die Festlegung von abdeckenden Nuklidvektoren seien auch hier Materialproben erforderlich. Zusammengefasst führt die Entsorgungskommission aus, dass sie „insgesamt keine Bedenken gegen das geplante und nunmehr weiter konkretisierte Gesamtkonzept zur Stilllegung und den Abbau der Anlage KWO“ habe (S. 7 der Stellungnahme vom 09.06.2011). Entgegen der Auffassung der Kläger hat die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 keine gegenüber den früheren Forderungen der Reaktorsicherheitskommission zurückbleibenden Anforderungen an die radiologische Charakterisierung der Anlage gestellt. Vielmehr hat die Entsorgungskommission dem Umstand Rechnung getragen, dass die Beigeladene im Verlaufe des Verfahrens ergänzende, bei Erteilung der 1. SAG noch nicht vorliegende radiologische Charakterisierungen vorgenommen hat. Auch die von den Klägern beanstandete Formulierung in der Stellungnahme der Entsorgungskommission, wonach für die konkrete Durchführung der einzelnen Abbaugewerke weitere Probenahmen und die Verifizierung der gewonnenen Daten notwendig sei, ist nicht im Sinne eines herabgesetzten Darstellungsniveaus zu bewerten. Vielmehr ist diese Aussage so zu verstehen, dass ergänzende Probenahmen vor Abbaumaßnahmen lediglich in den nicht zugänglichen Anlagenteilen für statthaft gehalten werden. Im Übrigen haben die Kläger kein plausibles Szenario geltend gemacht, bei dem die von ihnen beanstandete unzureichende radiologische Charakterisierung zu einer von Rechts wegen nicht hinzunehmenden Strahlenexposition führen könnte. Zu Recht räumen die Kläger ein, dass selbst bei einer nicht in jeder Hinsicht ausreichenden radiologischen Charakterisierung keine Überschreitung der relevanten Dosisgrenzwerte für den bestimmungsgemäßen Stilllegungsbetrieb zu erwarten ist. Die Kläger sehen vielmehr lediglich einen Verstoß gegen das Strahlenminimierungsgebot des § 6 StrlSchV, das nach dem oben unter 2.2.1.2 Ausgeführten jedoch nicht drittschützend ist.
90 
2.2.1.2.2 Auch der Umstand, dass die Anlage KWO zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG und deren bestimmungsgemäßer Ausnutzung nicht kernbrennstofffrei ist, führt nicht zu einem Schadensvorsorgedefizit zu Lasten der Kläger. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die 2. SAG ebenso wie die 1. SAG keine zeitlichen Vorgaben für die Entfernung der bestrahlten Brennelemente aus dem externen Lagerbecken im Notstandsgebäude enthält. Fehl geht indes ihre Annahme, die Kernbrennstofffreiheit der Anlage sei nach den maßgeblichen Regelwerken Grundvoraussetzung für die Vornahme von Abbauarbeiten. Vielmehr fordert Ziff. 2.1 des Leitfadens zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau von Anlagen oder Anlagenteilen nach § 7 des Atomgesetzes vom 26.06.2009 (Bundesanzeiger 2009, Nr. 162a) in Absatz 4 lediglich, dass „solange sich während des Stilllegungsverfahrens noch Kernbrennstoff über den in § 2 Abs. 3 AtG genannten Massen oder Konzentrationen in der Anlage befindet, die dafür notwendigen Anforderungen zur Gewährleistung der Sicherheit weiterhin zu erfüllen“ sind. In Übereinstimmung hiermit sehen auch die „Empfehlungen der ESK Leitlinien zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen“ vom 09.09.2010 (Bundesanzeiger 2010, Nr. 187) vor, dass nach Beendigung des auslegungsgemäßen Betriebs die erforderliche Vorsorge gegen Schäden nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zu treffen sei. Dazu sei die Einhaltung der Schutzziele Kontrolle der Radioaktivität, Abfuhr der Zerfallswärme, Einschluss der radioaktiven Stoffe und Begrenzung der Strahlenexposition sicherzustellen. Nach Erreichen der Kernbrennstofffreiheit seien nur noch die Schutzziele „Einschluss der radioaktiven Stoffe“ und „Begrenzung der Strahlenexposition“ sicherzustellen. Deshalb sei es zweckmäßig, Kernbrennstofffreiheit möglichst schnell herzustellen. Das Herstellen der Kernbrennstofffreiheit wird dabei ausdrücklich als optionale stilllegungsvorbereitende Maßnahme bezeichnet (vgl. Ziff. 4 der Leitlinien). Auch nach den Empfehlungen der Entsorgungskommission ist die Kernbrennstofffreiheit bzw. der Abtransport der Brennelemente nicht unabdingbare Voraussetzung für die Stilllegung und den Abbau einer kerntechnischen Anlage. In Übereinstimmung hiermit sind sowohl die Reaktorsicherheitskommission in ihrer Stellungnahme vom 11./12.12.2007 zur 1. SAG als auch die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 im Rahmen des gegenständlichen Genehmigungsverfahrens zu der Erkenntnis gelangt, dass der Weiterbetrieb des externen Brennelementlagers keine sicherheitsrelevanten Wechselwirkungen mit den gestatteten Abbaumaßnahmen erwarten lasse. So hat die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 auf die entsprechenden Fragen des Bundesministeriums für Umwelt und Reaktorsicherheit ausgeführt:
91 
„Die ESK ist der Auffassung, dass alle geplanten Schritte und Maßnahmen des Stilllegungs- und Abbaukonzeptes technisch machbar und sachgerecht aufeinander abgestimmt sind und nicht von den allgemeinen Angaben zum Gesamtkonzept der Stilllegung, die im Rahmen des Verfahrens zur 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vorgelegt wurden, abweichen. Vielmehr stellen die geplanten Maßnahmen eine notwendige und sinnvolle Konkretisierung dar…. Die Maßnahmen zu Umgang und Lagerung der bestrahlten Brennelemente im externen Nasslager sowie die spätere Beladung von Transport- und Lagerbehältern und deren Transport in ein Standortzwischenlager wurden nachvollziehbar dargestellt. Durch die Berücksichtigung der Schnittstellen der sicherheitstechnisch relevanten Systeme des externen Nasslagers zu den außerhalb des externen Nasslagers liegenden Teilen dieser Systeme beim Abbau kann eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit dieser Systeme vermieden werden. Damit ist aus Sicht der ESK die Autarkie des externen Nasslagers sichergestellt.“ (S. 6 f. der Stellungnahme vom 09.06.2011).
92 
Die Kläger rügen in diesem Zusammenhang weiter, mit der 2. SAG werde in unzulässiger Weise auch der Abbau von Einrichtungen des Brennelementlagerbeckens genehmigt; dies sei unzulässig, da für das System und die Komponenten keine belastbare radiologische Charakterisierung möglich sei. Auch hierin liegt kein Defizit der Schadensvorsorge zu Lasten der Kläger. Wie oben unter 2.2.1.2.1 näher dargestellt, hat die Beigeladene in ihrem ergänzenden Bericht vom 06.07.2010 eine umfassende radiologische Charakterisierung der Anlage vorgenommen und dabei auch das Notstandsgebäude (Bau 37) in ihre Betrachtung einbezogen. Unschädlich ist der von den Klägern beanstandete Umstand, dass aufgrund der fortdauernden Lagerung der Brennelemente eine weitere Erhöhung der Radioaktivität in Bau 37 möglich erscheint und deshalb noch keine abschließende Charakterisierung des dortigen Aktivitätsinventars möglich war. Es handelt sich dabei um Bereiche, die entsprechend der Stellungnahme der Entsorgungskommission vom 09.06.2011 im Verlaufe der Abbaumaßnahmen weiter zu untersuchen und abschließend zu charakterisieren sind.
93 
2.2.1.3 Die Genehmigungsbehörde durfte auch die erforderliche Vorsorge gegen die Auswirkungen von Störfällen, die in Ausnutzung der mit der 2. SAG genehmigten Einzelmaßnahmen zu betrachten waren, als getroffen ansehen. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen bei den zu betrachtenden Störfallereignissen nicht überschritten werden, wird durch den anwendbaren Störfallplanungswert abschließend konkretisiert; auch insoweit gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexposition bei den zu betrachtenden Störfallereignissen (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie vom 10.04. 2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.). Zutreffend ist die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen, dass der für den Abbau und die Stilllegung von Kernkraftwerken maßgebende Störfallplanungswert gemäß § 117 Abs. 16 StrlSchV i.V.m. § 50 StrlSchV 50 mSv beträgt.
94 
Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Schutzkonzept des § 117 Abs. 16 StrlSchV nicht durch wissenschaftliche Erkenntnisfortschritte dergestalt überholt, dass es der rechtlichen Prüfung nicht mehr zugrunde zu legen wäre. Dabei kann es bei der von Rechts wegen gebotenen Überprüfung, ob der Verordnungsgeber seinem gesetzlichen Auftrag genügt hat, den Störfallplanungswert unter Kontrolle zu halten und notfalls nachzubessern, nicht darum gehen, von Gerichts wegen einen bestimmten Stand der Wissenschaft festzustellen. Im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AtG ist dies vielmehr Aufgabe des Verordnungsgebers, der dabei eine wertende Risikoabschätzung vorzunehmen hat, die nur beschränkt gerichtlich überprüft werden kann. Diese Einschränkung der gerichtlichen Überprüfung folgt dabei schon daraus, dass jede gesetzliche Ermächtigung dem Verordnungsgeber Gestaltungsspielräume eröffnet, in die eine (inzidente) gerichtliche Normenkontrolle nicht eindringen darf. Speziell bei einer Verordnung, die zur Konkretisierung des atomrechtlichen Gebots der Schadensvorsorge gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG dient, darf eine gerichtliche Überprüfung nicht dazu führen, dass sich die politische Verantwortung für die Risikoermittlung und -bewertung von der Exekutive auf die Gerichte verlagert. Dies wäre indes der Fall, wenn die Gerichte hier ihre eigenen Bewertungen an die Stelle der Risikoabschätzung des Verordnungsgebers setzen könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.02.1998 - 11 B 5.98 - DVBl. 1998, 596). Der Verordnungsgeber hat sich in § § 117 Abs. 16 StrlSchV für ein konservatives Schutzkonzept entschieden. Einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich bleibt deswegen im Wesentlichen lediglich, ob aufgrund neuerer Erkenntnisse das Schutzkonzept des Verordnungsgebers überholt ist. Dies ist weder ersichtlich noch haben die Kläger hierfür überzeugende Anhaltspunkte dargelegt. Allein der Umstand, dass das Bundesamt für Strahlenschutz in von den Klägern benannten anderen Genehmigungsverfahren anscheinend geringere Grenzwerte zugrunde gelegt hat, sagt nichts darüber aus, ob der in § 117 Abs. 16 StrlSchV durch den Verordnungsgeber festgelegte Wert nicht mehr dem Stand der Wissenschaft entspricht. Unabhängig hiervon liegen die von dem Gutachter ermittelten Störfallauswirkungen weit unterhalb des maßgeblichen Störfallplanungswertes, sodass sich die von den Klägern aufgeworfene Frage nicht entscheidungserheblich stellt.
95 
Die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Störfallbetrachtung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Beigeladene hat mit ihren Genehmigungsunterlagen die Störfallbetrachtung des Sachverständigenbüros ... vom 31.03.2010 vorgelegt, die von dem amtlich bestellten Sachverständigen (§ 20 AtG) und der Genehmigungsbehörde kritisch gewürdigt wurde. Die Gutachter haben im Rahmen ihrer Störfallbetrachtung sämtliche zu unterstellenden sicherheitstechnisch bedeutsamen Ereignisabläufe des Stilllegungsbetriebes und des Abbaus der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen untersucht. Zutreffend haben die Sachverständigen für die Ermittlung der relevanten Ereignisabläufe den Stilllegungsleitfaden vom 12.08.2009 (Bundesanzeiger 2009, Nr. 162a) sowie ergänzend die Störfall-Leitlinien vom 18.10.1983 (Nr.3.33 des Handbuchs für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz) zugrunde gelegt. In Anwendung dieser Vorgaben haben die Gutachter radiologisch repräsentative Ereignisabläufe für Einwirkungen von Innen (EVI) und Einwirkungen von Außen (EVA) untersucht und sind zu der rechnerischen Prognose gelangt, dass der einzuhaltende Störfallplanungswert von 50 mSv bei Weitem - für die meisten zu betrachtenden Szenarien um mehrere Größenordnungen - unterschritten wird. Entgegen der Auffassung der Kläger bestehen weder Ermittlungsdefizite hinsichtlich der Identifizierung der Störfallszenarien noch Bewertungsdefizite hinsichtlich der Auswirkungen der zu betrachtenden Störfälle. Die Genehmigungsbehörde durfte deshalb die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Schadensvorsorge gegen Störfälle im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG als getroffen ansehen.
96 
2.2.1.3.1 In rechtlich nicht zu beanstandender Weise ist die Genehmigungsbehörde zu der Erkenntnis gelangt, dass die erforderliche Schadensvorsorge gegen den Absturz von Lasten bei dem Stilllegungsbetrieb und Abbau der Anlage gewährleistet ist. In der Störfallbetrachtung des Gutachtensbüros ... vom 31.03.2010 wurden verschiedene Absturzszenarien dargestellt und deren radiologische Auswirkungen ermittelt; die Gutachter legen überzeugend näher dar, warum die von ihnen betrachteten Absturzszenarien radiologisch repräsentativ sind. Dabei wird der Absturz eines Gussbehälters oder eines Fasses mit kontaminierten Schlämmen im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60), der Absturz von Lasten in den Lagergebäuden (Bau 39 und Bau 52) sowie der Absturz von anderweitigen Lasten, insbesondere auch von demontierten Großkomponenten des Primärkreislaufs, in sonstigen Gebäuden untersucht (vgl. Kapitel 3.3 Seite 26 ff. des Technischen Berichts). Damit haben die Sachverständigen im Rahmen der Störfallbetrachtung auch Szenarien betrachtet, die nach dem zutreffenden rechtlichen Ansatz der Genehmigungsbehörde nicht in Ausnutzung der 2. SAG eintreten können. So haben die Gutachter u. a. auch den Absturz von Lagerbehältern in den Gebäuden Bau 39 und 52 untersucht, obwohl die baulichen Änderungsmaßnahmen und die Nutzungsänderung dieser Gebäude zur Lagerung von Abfallgebinden nicht mit der gegenständlichen 2. SAG, sondern bereits mit der bestandskräftigen 1. SAG vom 28.08.2008 genehmigt worden sind. Den Einwendungen der Kläger gegen die Störfallbetrachtung hinsichtlich des Lastenabsturzes in den beiden Lagergebäuden Bau 39 und 52 steht deshalb bereits die Bestandskraft der 1. SAG entgegen.
97 
Unabhängig hiervon gehen die Rügen der Kläger gegen die Störfallbetrachtung des Lastenabsturzes auch in der Sache fehl. Entgegen der Auffassung der Kläger hat der Gutachter ... nicht nur den Absturz eines Gussbehälters im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60) untersucht, sondern auch den Absturz von Lasten in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 in den Blick genommen (vgl. Kapitel 3.3.1.2 des Technischen Berichts vom 31.03.2010, Seite 27 f.). Hinsichtlich des Absturzes eines der 200 l Rollreifenfässer, in denen in Bau 39 verpackte Betriebsabfälle gelagert werden, gelangt der Gutachter in Anbetracht der möglichen Absturzhöhen zu der Erkenntnis, dass eine Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Raumluft nicht zu unterstellen sei. Im Hinblick auf den Absturz eines Abfallbehälters (Container, Gussbehälter) in beiden Lagergebäuden legt der Gutachter nachvollziehbar und überzeugend näher dar, dass nur mit der Freisetzung geringer Mengen radioaktiver Stoffe in den Lagerbereich zu rechnen sei; radiologisch relevante Auswirkungen auf die Umgebung seien nicht zu unterstellen. Gleichwohl untersuchte der Gutachter den Absturz eines mit metallischen radioaktiven Abfällen beladenen Containers im Bedien- und Wartebereich unter konservativen Annahmen und errechnete bei einer maximal möglichen Absturzhöhe von ca. 3,5 m eine Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung von ca. 18 Bq. Zutreffend wenden die Kläger ein, dass bei der Freisetzungsbetrachtung von in besonderen Verfahren qualifizierten Behältern ausgegangen wird. Indes wird durch die Regelungen in der maßgeblichen 1. SAG sichergestellt, dass lediglich derartige Behälter zum Einsatz gelangen. So wird in Kapitel B.2.4.4.1 (Seite 41) der 1. SAG näher dargelegt, dass nicht an eine Landessammelstelle abzuliefernde radioaktive Abfälle in der Anlage KWO oder in externen Einrichtungen nach speziellen Verfahren in der Weise zu behandeln sind, dass physikalisch-chemisch stabile Abfallprodukte entstehen und der sichere Einschluss der radioaktiven Stoffe gewährleistet ist; die Sicherheitsanforderungen an die Zwischenlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle der einschlägigen RSK-Empfehlungen seien zu beachten. Anknüpfend hieran bestimmt die Nebenbestimmung A.III.9.2 der 2. SAG, dass bei Transporten von radioaktiven Stoffen auf dem Anlagengelände technische Sicherheitsmaßnahmen zu treffen sind, die Gefahren für Beschäftigte und die Allgemeinheit vermeiden. Dazu wird Bezug genommen auf die Genehmigungsunterlage A.II.Nr.13, also den Erläuterungsbericht Nr. 11 „Lagerung und Transport von radioaktiven Reststoffen und radioaktiven Abfällen“; dort sind Lagerung und Transport von radioaktiven Reststoffen und radioaktiven Abfällen detailliert beschrieben. Ferner ist nach der Nebenbestimmung A.III.9.3 zur 2. SAG bei der Vorbehandlung und Konditionierung radioaktiver Abfälle nach den von der Aufsichtsbehörde nach § 20 AtG zugezogenen Sachverständigen geprüften Prüffolge- und Ablaufplänen, die die wesentlichen Arbeits- und Prüfschritte enthalten, bzw. nach geprüften Fach- und Arbeitsanweisungen vorzugehen. Des Weiteren sehen die verbindlichen Annahmebedingungen für die beiden Lagergebäude Bau 39 und Bau 52 vor, dass die Abfallgebinde bestimmte Sicherheitsanforderungen zu erfüllen haben. Durch die Gesamtheit dieser Regelungen wird hinreichend sichergestellt, dass Abfälle nur in dazu geeigneten und bestimmten Behältern zwischengelagert werden.
98 
Zu Recht ist die Genehmigungsbehörde davon ausgegangen, dass der Absturz eines Castor-Behälters im externen Brennelementlagerbecken nicht in die Störfallbetrachtung einzubeziehen war. Auch in diesem Zusammenhang verkennen die Kläger, dass - wie oben unter 2.1.1.4 näher dargestellt - die Lagerung von Brennelementen im externen Lagerbecken nicht Genehmigungsinhalt der 2. SAG ist. Die von den Klägern beanstandeten Hebeeinrichtungen werden ebenfalls nicht durch die 2. SAG legalisiert und sind deshalb in diesem Verfahren nicht zu betrachten. Zutreffend dürfte die Beigeladene im Übrigen darauf hinweisen, dass die Hebeeinrichtungen im Notstandsgebäude nach den erhöhten Anforderungen der KTA-Regeln ausgelegt sind und deshalb die Wahrscheinlichkeit eines katastrophalen Versagens dieser Einrichtungen soweit reduziert ist, dass das verbleibende Risiko in willkürfreier Weise dem Restrisiko zugeordnet werden durfte.
99 
2.2.1.3.2 Die Genehmigungsbehörde durfte von Rechts wegen davon ausgehen, dass die erforderliche Schadensvorsorge gegen Erdbeben getroffen ist. Die Kläger machen in diesem Zusammenhang geltend, die Erdbebensicherheit des Notstandsgebäudes und des dortigen Brennelementlagerbeckens sei im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG nicht nachgewiesen worden. Die im Genehmigungsverfahren erfolgte Bezugnahme auf frühere Untersuchungen sei im Hinblick auf die inzwischen eingetretenen Änderungen nicht ausreichend; auch bezüglich der Restanlage sei anzunehmen, dass keine neuen Betrachtungen zum Bemessungserdbeben vorgenommen worden seien. Ferner habe die Genehmigungsbehörde die Möglichkeit eines Folgebrandes nach einem Erdbeben nicht untersucht.
100 
Die Bedenken der Kläger hinsichtlich der Erdbebensicherheit beziehen sich demnach überwiegend auf die Brennstofflagerung im externen Notstandsgebäude. Ob dieses ausreichend gegen Erdbeben ausgelegt ist, ist für die Rechtmäßigkeit der 2. SAG jedoch ohne Belang, da durch diese - wie wiederholt dargelegt - weder Errichtung noch Betrieb des Notstandsgebäudes und des dortigen Brennelementlagerbeckens legalisiert werden. Zutreffend weist die Beigeladene im Übrigen darauf hin, dass eine Stilllegungs- und Abbaugenehmigung den tatsächlich vorhandenen technischen Zustand eines Kernkraftwerks in den Blick nimmt. Ob diese Anlage auch nach derzeitigem Erkenntnisstand ausreichend gegen Erdbeben ausgelegt ist, ist für die Rechtmäßigkeit einer Abbaugenehmigung ohne Belang. Die Erdbebensicherheit ist bei Erteilung der 2. SAG nur insoweit zu untersuchen, als konkrete Anforderungen an die genehmigten Abbauarbeiten oder des geänderten Stilllegungsreglements zu erfüllen sind. Unabhängig hiervon hat das Gutachtensbüro ... in seinem technischen Bericht vom 31.03.2010 den „Störfall Erdbeben“ betrachtet und als radiologisch repräsentative Ereignisse das Leerlaufen des Abwasserverdampfers in Bau 2, das Auslaufen von Verdampferkonzentraten im Abfallbehandlungsgebäude sowie den Einsturz der Lagergebäude (Bau 39 und 52) zu Beginn und Ende des Vorhabens betrachtet. Die Gutachter gelangen dabei zu einem maximalen Wert der effektiven Dosis von 0,17 mSv bei einem Erdbeben gegen Ende des Vorhabens; dieser Wert liegt rund drei Größenordnungen unter dem Störfallplanungswert von 50 mSv. Da der Gutachter damit die im Gestattungsumfang der 2. SAG maximal zu gegenwärtigen Erdbebenauswirkungen zugrunde gelegt und den Einsturz der relevanten Lagergebäude unterstellt hat, stellt sich die von den Klägern aufgeworfenen Problematik des Bemessungserdbebens nicht.
101 
2.2.1.3.3 Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch die erforderliche Schadensvorsorge gegen den zufälligen Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeuges getroffen worden.
102 
Die Kläger kritisieren die Störfallbetrachtung zur 2. SAG im Hinblick auf den Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs und machen geltend, die dort zugrunde gelegten Ermittlungen zur Absturzwahrscheinlichkeit für ein Militärflugzeug aus dem Jahre 2000 seien im Hinblick auf die veränderte Sicherheitslage nicht mehr hinreichend belastbar. Der Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs könne in Anbetracht der Konflikte im Kosovo und Afghanistan und der deutschen Reaktion hierauf nicht mehr ohne Weiteres dem Restrisiko zugeordnet werden. Die Konservativität der vom Gutachter angenommenen Randbedingungen sei den Unterlagen nicht zu entnehmen; nicht nachvollziehbar sei, warum der Gutachter bei seinem Störfallszenario mit Brand geringere Auswirkungen annehme als bei einem Absturz ohne Brand.
103 
Das Szenario zufälliger Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs wird in der 2. SAG  betrachtet. Vielmehr nimmt die Begründung der streitgegenständlichen Genehmigung (B.I.3.3.5, S. 48) im Wesentlichen lediglich auf die entsprechenden Ausführungen in der 1. SAG und das dort bewertete Störfallszenario Bezug. In der 1. SAG wird der zufällige Flugzeugabsturz unter B.II.4.3.9 (S. 99 f.) abgehandelt. Die Genehmigungsbehörde geht davon aus, dass das Risiko eines Flugzeugabsturzes schon für den Leistungsbetrieb der Anlage als vernachlässigbar gering zu bewerten sei. Der unter konservativen Annahmen ermittelte Wert für die Absturzhäufigkeit einer schnell fliegenden Militärmaschine bestätige die Einstufung als sehr seltenes Ereignis; dies gelte auch für die Stilllegung und den Abbau. Die Lage des Kernkraftwerkes und die Wirkung vorgelagerter Gebäude verminderten zudem die Wahrscheinlichkeit, dass ein relevantes Gebäude der Anlage KWO getroffen werde. Unabhängig hiervon weise insbesondere das Notstandsgebäude, in dem die bestrahlten Brennelemente bis zu ihrem Abtransport gelagert würden, eine Auslegung gegen Flugzeugabsturz auf. Weiterhin sei der Flugzeugabsturz auf die bestehenden Lagergebäude (Bau 39 und 52) untersucht worden, in denen die beim Abbau der Anlage anfallenden radioaktiven Reststoffe gelagert werden sollten. Die radiologische Belastung der Umgebung infolge des auslegungsüberschreitenden Ereignisses Flugzeugabsturz wird von der Genehmigungsbehörde als so niedrig bewertet, dass weitere Maßnahmen zur Minimierung der radiologischen Auswirkungen auf die Bevölkerung in der Umgebung nicht erforderlich seien. In den von der Störfallbetrachtung vom 31.03.2010 in Bezug genommenen früheren Untersuchungen wird von einer Absturzhäufigkeit einer schnell fliegenden Militärmaschine auf die relevanten Gebäude am Standort (insbesondere das Notstandsgebäude) von kleiner als 4 * 10 -8 a -1 ausgegangen. Ferner wurden die Auswirkungen eines Absturzes einer Militärmaschine mit vollem und leerem Tank (mit und ohne Brand) auf die Lagergebäude Bau 39 und 52 zu Beginn und Ende des Abbauvorhabens untersucht. Der dabei maximal ermittelte Wert für die effektive Dosis betrug am Anlagenzaun ca. 9,5 mSv und wurde für den Absturz einer Militärmaschine mit leerem Tank auf das Lagergebäude Bau 39 ermittelt; beim Absturz einer Militärmaschine mit vollem Tank auf dieses Gebäude wurde ein Wert für die effektive Dosis am Anlagenzaun von 7,8 mSv ermittelt (vgl. den auf S. 68 der Störfallbetrachtung wiedergegebenen Bericht der ... Systemplanung „Radiologische Auswirkungen eines unterstellten Absturzes eines Militärflugzeugs auf die Lagergebäude ...“).
104 
Keiner abschließenden Klärung bedarf in diesem Zusammenhang, ob der Beklagte das Szenario des zufälligen Absturzes einer schnell fliegenden Militärmaschine willkürfrei und ohne Verstoß gegen Ermittlungs- und Bewertungsfehler dem Restrisiko zuordnen durfte. Unzutreffend dürfte jedenfalls der in der 2. SAG (Begründung S. 48) wohl vertretene Standpunkt sein, auslegungsüberschreitende Ereignisse seien in jedem Fall dem Restrisiko zuzuordnen und weitere Minimierungsmaßnahmen hierfür nicht erforderlich. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.) ist der Drittschutz nicht auf die erforderliche Schadensvorsorge gegen Auslegungsstörfälle beschränkt. Das deterministische Konzept der Auslegungsstörfälle (§ 49 Abs. 1 StrlSchV) regelt nur die Schadensvorsorge gegen - radiologisch relevante - Störfälle und schließt damit die erforderliche Vorsorge gegen auslegungsüberschreitende Ereignisse nicht aus. Die erforderliche Schadensvorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG beschränkt sich nicht auf Auslegungsstörfälle (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - a.a.O.). Dabei sind jedoch auch hinsichtlich des Störfallszenarios eines zufälligen Flugzeugabsturzes weder die Brennelementlagerung im Notstandsgebäude noch die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 in den Blick zu nehmen, da diese nicht vom Genehmigungsumfang der 2. SAG umfasst sind. In überzeugender Weise hat der Gutachter des TÜV Süd H. in der mündlichen Verhandlung näher erläutert, warum bei dem Absturz einer Militärmaschine mit leerem Tank auf das Lagergebäude 39 eine effektive Dosis von 9,5 mSV und mithin ein höherer Wert als bei dem Absturz einer Maschine mit vollem Tank ermittelt worden ist. Der Gutachter hat dies in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend damit erklärt, dass bei dem Absturz eines Flugzeuges mit vollem Tank zwar ein zusätzlicher thermischer Antrieb entstehe, dieser jedoch zu einer weiträumigeren Verteilung des Quellterms führe; an den maßgeblichen Beurteilungspunkten trete daher eine geringere Dosisleistung auf. Damit hat der Gutachter die Einwände der Kläger, wonach regelmäßig ein Störfall mit Brand wegen des damit einhergehenden Eintrags einer zusätzlichen thermischen Last zu einem zusätzlichen Freisetzungsantrieb und damit zu höheren Belastungen führe, in überzeugender Weise widerlegt. Der von den Klägern beauftragte Gutachter Dipl-Phys. N. hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass diese Ausführungen des amtlich bestellten Gutachters aus physikalischer Sicht überzeugend seien.
105 
2.2.2 Zu Recht ist die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen, dass der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG zu Gunsten der Kläger gegeben ist.
106 
In der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG auch dem Schutz individueller Rechte eines in der Nähe einer kerntechnischen Anlage wohnenden Drittbetroffenen gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter dient, sofern diese nicht dem Bereich des Restrisikos zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; sowie vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Zutreffend weisen die Kläger ferner in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die von ihnen befürchteten Anschläge auf eine atomrechtliche Anlage als Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG anzusehen sind. Die Begriffe der „Störmaßnahmen“ und „sonstige(n) Einwirkungen Dritter“ sind denkbar weit gefasst, um entsprechend dem Gebot des dynamischen Grundrechtsschutzes auch gegenüber neuen Bedrohungsformen durch Handeln Dritter den erforderlichen Schutz bei atomrechtlichen Anlagen zu gewährleisten. Der Tatbestand schließt deshalb den Schutz vor Terror- und Sabotageakten sowie anderen Gefahren beispielsweise aus einem Flugzeugabsturz oder aus dem Transport gefährlicher Güter auf an der Anlage vorbeiführenden Verkehrswegen ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - a.a.O.). Auch ist der nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderliche Drittschutz gegen Störeinwirkungen von außen nicht auf die erforderliche Vorsorge gegen Auslegungsstörfälle beschränkt (vgl. näher Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.).
107 
Die Kläger sehen vor allem den erforderlichen Schutz gegen die Einwirkung Dritter durch den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs auf das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude (dazu unter 2.2.2.1) als auch auf die Restanlage (dazu unter 2.2.2.2) als nicht gewährleistet an. Sie beanstanden in diesem Zusammenhang, dass im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG keine eigene Störfallbetrachtung hinsichtlich des Absturzes eines großen Verkehrsflugzeuges, insbesondere eines Airbus A 380, auf das Notstandsgebäude vorgenommen worden sei. Der 2. SAG sei lediglich zu entnehmen, dass ein gezielter Flugzeugabsturz auf das Reaktorgebäude unterstellt werde; aus der Genehmigung sei jedoch nicht ersichtlich, von welchem Radioaktivitätsinventar im Reaktorgebäude für den Zeitpunkt des Absturzes ausgegangen werde sowie welcher Flugzeugtyp betrachtet und welche Lastannahmen getroffen worden seien. Der gezielte Flugzeugabsturz gehöre nicht zum Restrisiko; er müsse nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.) auch für den Airbus A 380 zugrunde gelegt werden.
108 
2.2.2.1 Ohne Erfolg berufen sich die Kläger auf das Störfallszenario des gezielten Absturzes eines großen Verkehrsflugzeugs auf das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude (Bau 37). Im Ansatz zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die Genehmigungsbehörde dieses Szenario vor Erteilung der 2. SAG  betrachtet hat (vgl. Genehmigungsbegründung S. 49). Indes ist diese Vorgehensweise der Genehmigungsbehörde rechtlich nicht zu beanstanden. Dies folgt bereits daraus, dass die Errichtung und der Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude - wie oben unter 2.1.1.4 im Einzelnen dargestellt - nicht Regelungsgegenstand der 2. SAG ist. Vielmehr wurde die Errichtung und der Betrieb der externen Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit bestandskräftiger Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet. Mit der 1. SAG vom 28.08.2008 wurde die externe Brennelementlagerung in den Stilllegungsbetrieb einbezogen und das Stilllegungs- bzw. Betriebsreglement der Lagerung neu geregelt. Die 2. SAG enthält im Hinblick auf die externe Brennelementlagerung nach ihrem eindeutigen Tenor und der von der Behörde gegebenen Begründung dagegen nur eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, nicht jedoch eine umfassende und neue Regelung. Bereits aus Gründen der Bestandskraftpräklusion können die Kläger deshalb der 2. SAG nicht entgegenhalten, dass der erforderliche Schutz gegen Einwirkungen Dritter durch den gezielten Absturz einer großen Verkehrsmaschine auf das externe Brennelementlagerbecken nicht gewährleistet sei.
109 
Im Übrigen könnten die Kläger selbst dann, wenn die 2. SAG eine umfassende Neuregelung des Stilllegungsbetriebes des externen Brennelementlagers enthielte, die Rechtmäßigkeit der 2. SAG nicht mit der Erwägung in Zweifel ziehen, Vorsorge gegen die Auswirkungen eines gezielten Flugzeugabsturzes sei nicht hinreichend getroffen worden. Dem steht die bestandskräftige Genehmigung vom 26.10.1998 entgegen, mit der u.a. der Einbau von Brennelementlagergestellen in das externe Brennelementlagerbecken im Notstandsgebäude genehmigt wurde. Insofern liegt eine bestandskräftige Errichtungsgenehmigung für ein dauerhaftes Lagerbecken im Notstandsgebäude vor. Eine Errichtungsgenehmigung enthält nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die verbindliche Feststellung, dass eine genehmigungskonform errichtete Anlage die atomrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - a.a.O.; sowie vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.). Bei Erteilung einer nachfolgenden Betriebsgenehmigung ist insbesondere auch die Genehmigungsvoraussetzung des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG nur noch bezüglich des Betriebsreglements zu prüfen, nicht jedoch bezüglich der früher bestandskräftig genehmigten Errichtung. Mit der Betriebsgenehmigung wird die Genehmigungsfrage neu lediglich im Hinblick auf den Betrieb aufgeworfen. Nur in diesem Umfang können Drittbetroffene mit einer gegen die Betriebsgenehmigung gerichteten Anfechtungsklage Ermittlungs- und Bewertungsdefizite im Bereich der Schadensvorsorge bzw. dem Schutz vor Einwirkungen Dritter rügen. Für den Drittschutz folgt hieraus insbesondere auch, dass die Betriebsgenehmigung nicht mehr mit materiell-rechtlichen Einwendungen bekämpft werden kann, die thematisch zum Regelungsgehalt einer früheren Errichtungsgenehmigung gehören; solchen Einwendungen ist vielmehr lediglich nach Maßgabe des § 17 AtG im aufsichtlichen Verfahren Rechnung zu tragen. Dies gilt selbst dann, wenn von den Drittbetroffenen Einwendungen aufgrund einer veränderten Sachlage geltend gemacht werden, die erst nach Erlass der vorangegangenen Errichtungsgenehmigung entstanden sind. Auch eine derartige Sachverhaltsänderung kann lediglich Anlass zum aufsichtlichen Einschreiten auf der Grundlage von § 17 AtG bieten, nicht jedoch einredeweise einer Betriebsgenehmigung entgegengehalten werden (vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 -a.a.O.). Bereits aus diesem Verhältnis von bestandskräftig gewordener Errichtungs- zu der hier in Rede stehenden Betriebsgenehmigung folgt, dass die Kläger diese nur mit der Einwendung bekämpfen können, die erforderliche Vorsorge gegen Einwirkungen Dritter im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG sei insoweit nicht gewährleistet, als die Genehmigungsfrage hinsichtlich der Errichtung gerade durch die Änderung des Betriebsreglements neu aufgeworfen wird. Dies wird jedoch von den Klägern nicht behauptet und ist auch fernliegend. Vielmehr machen die Kläger im Kern geltend, das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude sei konstruktiv nicht gegen die Folgen eines gezielten Flugzeugabsturzes ausgelegt. Der Einwand bezieht sich auf die generelle bauliche Eignung des Lagergebäudes, nicht jedoch auf Fragen des (geänderten) Betriebsreglements.
110 
Lediglich zur Ergänzung wird darauf hingewiesen, dass der Beklagte vor Erteilung der 1. SAG die Frage eines gezielten Flugzeugabsturzes im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG geprüft hat (vgl. hierzu B.II.4.5 S. 111 f. der 1. SAG). Die Genehmigungsbehörde gelangte dabei nach Auswertung der Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden zu dem Ergebnis, dass nach dem Maßstab der praktischen Vernunft ein absichtlich herbeigeführter Flugzeugabsturz auf eine Anlage, die den Leistungsbetrieb eingestellt habe und offensichtlich keinen besonderen Symbolwert und kein hohes Gefährdungspotenzial mehr aufweise, nicht zu unterstellen sei; sie hat deshalb dieses Szenario dem Restrisiko zugeordnet. Dahingestellt kann bleiben, ob diese Betrachtung auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch vertretbar ist; zutreffend weisen die Kläger insoweit darauf hin, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Szenario „gezielter Flugzeugabsturz“ in Verfahren zur Erteilung einer Errichtungsgenehmigung nicht dem Restrisiko, sondern dem Bereich der Schadensvorsorge zuzuordnen ist (BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Die Genehmigungsbehörde hat unabhängig hiervon die von der Betreiberin vorgelegte Abschätzung der radiologischen Folgen eines absichtlich herbeigeführten Flugzeugabsturzes für den Nachbetrieb bewertet und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dabei sowohl der Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv als auch der Eingreifrichtwert für Umsiedlungen gemäß ICRP 63 und SSK eingehalten wird. Nach dem Vortrag der Beigeladenen wurden bei dieser Untersuchung als im Hinblick auf das Aktivitätsinventar relevante Gebäude das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude, das Reaktorhilfsanlagengebäude, das Abfallbehandlungsgebäude sowie die Lagergebäude Bau 39 und 52 betrachtet. Da die Ergebnisse der Untersuchungen der Beigeladenen dem Beklagten als Verschlusssache übersandt worden und nicht zu der Genehmigungsakte gelangt sind, kann freilich nicht nachvollzogen werden, von welchen konkreten Lastannahmen diese Prognose ausgeht und ob sie hinreichend konservativ erfolgt ist.
111 
Das Abstellen auf den Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen nach Katastrophenschutzgrundsätzen dürfte rechtlich nicht zu beanstanden sein. Jedenfalls sind die in Rede stehenden Szenarien terroristischer Anschläge durch einen gezielten Flugzeugabsturz nach geltendem Recht nicht dem Bereich der auslegungsbestimmenden Störfälle zuzurechnen. Infolge dessen ist die erforderliche Schadensvorsorge nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier nicht nach den Störfallplanungswerten zu bemessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.08.2006 - 7 B 38.06 - Buchholz 451.171 § 9a AtG Nr. 1). Der in § 49 Abs. 1 StrlSchV für den Anwendungsbereich dieser Vorschrift verwendete Begriff des Störfalls ist in § 3 Abs. 1 Nr. 28 Satz 1 StrlSchV als Ereignisablauf definiert, bei dessen Eintreten der Betrieb der Anlage oder die Tätigkeit aus sicherheitstechnischen Gründen nicht fortgeführt werden kann und für den die Anlage auszulegen ist oder für den bei der Tätigkeit vorsorglich Schutzvorkehrungen vorgesehen sind. Damit knüpft die Vorschrift der Sache nach an die Störfall-Leitlinien vom 18.10.1983 an, deren Gegenstand die Schadensvorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG ist, nicht dagegen näher bestimmte andere Ereignisse, wie etwa Szenarien infolge gezielten Flugzeugabsturzes, die wegen ihres geringen Risikos keine Auslegungsstörfälle mehr sind. Bei der gebotenen Konkretisierung des Rechtsbegriffs des erforderlichen Schutzes gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG muss deshalb das allgemeine Schutzziel maßgeblich sein, dass eine Gefährdung von Leben und Gesundheit infolge erheblicher Direktstrahlung oder infolge der Freisetzung einer erheblichen Menge radioaktiver Stoffe verhindert werden muss. Als Orientierungsmaßstab kommen daher die Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden, verabschiedet von der Strahlenschutzkommission am 17./18.12.1998, in Betracht (vgl. hierzu näher Bay.VGH, Urteil vom 09.01.2006 - 22 A 04.40010 u.a. - juris). Der von der Genehmigungsbehörde herangezogene Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv bei einem Integrationszeitraum von sieben Tagen ist daher rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend hat die Beigeladene darüber hinaus bei ihrer Betrachtung auch die Eingreifrichtwerte im Hinblick auf die Umsiedlung nach den „Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen“ herangezogen (vgl. zu dieser Notwendigkeit OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.06.2013 - 4 KS 3/08 - NordÖR 2014, 67) und deren Unterschreitung festgestellt.
112 
2.2.2.2 Zu Recht durfte die Genehmigungsbehörde auch die erforderliche Schadensvorsorge gegen den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs auf die Restanlage für getroffen ansehen. Dabei sind ähnliche Erwägungen wie oben unter 2.2.1.3.2 hinsichtlich der Erdbebensicherheit der Anlage maßgeblich. Die gegenständliche 2. SAG nimmt das Kernkraftwerk in den Blick, wie es aufgrund der bestandskräftigen Genehmigungen errichtet und tatsächlich vorhanden ist. Für die Rechtmäßigkeit der Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ist deshalb ohne Belang, ob dieses Kernkraftwerk auch nach heutigem Erkenntnisstand die Voraussetzungen für eine Errichtungsgenehmigung unter dem Gesichtspunkt des gezielten Flugzeugabsturzes erfüllt. Das Szenario „gezielter Flugzeugabsturz“ ist für die Rechtmäßigkeit der 2. SAG nur insoweit von Bedeutung, als es spezielle Anforderungen an das Betriebsreglement oder den Abbau von Anlagenteilen stellt, die durch die gegenständliche Genehmigung legalisiert werden. Für das Bestehen derartiger spezifischer Anforderungen im Hinblick auf die Gefahr eines gezielten Flugzeugabsturzes ist jedoch nichts ersichtlich noch von den Klägern vorgetragen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass bei Betrachtung eines gezielten Flugzeugabsturzes auf die Restanlage unter Ausklammerung des externen Brennelementlagerbeckens der nach dem oben Gesagten maßgebliche Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv bei einem Integrationszeitraum von sieben Tagen bzw. die Eingreifrichtwerte im Hinblick auf Umsiedlungsmaßnahmen unterschritten werden. Dies folgt bereits daraus, dass nach der von der Beigeladenen gefertigten radiologischen Charakterisierung sich ein ganz erheblicher Teil des Gesamtaktivitätsinventars (ca. 99 %) in den bestrahlten 342 Brennelementen befindet, die derzeit im externen Lagerbecken im Notstandsgebäude aufbewahrt werden. Auch muss in diesem Zusammenhang konsequenterweise das in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 befindliche Aktivitätsinventar außer Betracht bleiben, da diese Lagerung nach dem unter 2.2.1.3.1 Ausgeführten nicht vom Gestattungsumfang der 2. SAG umfasst ist.
113 
Nach alldem durfte die Genehmigungsbehörde den erforderlichen Schutz vor Schäden im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG und gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG von Rechts wegen als gegeben ansehen.
114 
2.2.3 Die Klage kann nicht mit Erfolg auf die behauptete fehlende Entsorgungsvorsorge (dazu unter 2.2.3.1) oder die unterbliebene Freigabeentscheidung gemäß § 29 StrlSchV (dazu unter 2.2.3.2) gestützt werden.
115 
2.2.3.1 Ohne Erfolg machen die Kläger der Sache nach geltend, der erforderliche Entsorgungsnachweis für die in der Anlage noch vorhandenen Brennelemente sei von der Beigeladenen nicht geführt worden. Die Kläger bringen in diesem Zusammenhang vor, die 2. SAG legalisiere die weitere Lagerung der Brennelemente in dem externen Becken des Notstandsgebäudes; die Beigeladene habe nicht den erforderlichen Nachweis - etwa durch eine sog. Kalthandhabung - geführt, dass die Brennelemente direkt aus dem Nasslager in das geplante Standorttrockenlager verbracht werden könnten. Dabei machen die Kläger mit diesem Vorbringen ein „anlagenimmanentes“ Entsorgungsrisiko geltend, das grundsätzlich als Klagegrund anerkannt ist (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - a.a.O.). Die diesem Vorbringen zugrunde liegende Annahme, die 2. SAG genehmige die Lagerung der bestrahlten Brennelemente in dem externen Becken, trifft jedoch - wie wiederholt dargelegt - nicht zu. Vielmehr wird durch die 2. SAG lediglich das Betriebsreglement des externen Brennelementlagerbeckens in Einzelheiten modifiziert, ohne dieses freilich umfassend und  zu legalisieren. Der von den Klägern aufgeworfenen Frage nach der Auslagerungsmöglichkeit der Brennelemente war deshalb vor Erteilung der bestandskräftigen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 nachzugehen, mit der die Errichtung der neuen Materialschleuse zum Reaktorgebäude genehmigt wurde. Der Beklagte hat in Übereistimmung hiermit vor Erteilung der Errichtungsgenehmigung vom 21.04.2010 sachverständig beraten geprüft, ob der Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlager technisch möglich ist und keine Notwendigkeit für den Rücktransport in das interne Brennelementlagerbecken besteht. Aufgrund der Bestandskraft der Änderungsgenehmigung vom 21.04.2010 können die Kläger mithin nicht mehr geltend machen, dass ein Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlagerbecken nicht gefahrlos möglich sei.
116 
2.2.3.2 Ohne Erfolg rügen die Kläger, die angegriffene 2. SAG sei bereits deshalb rechtswidrig, weil sie die nach § 29 StrlSchV notwendige Freigabeentscheidung für radioaktive Reststoffe nicht enthalte. Die Freigaberegelung werde für KWO nicht - wie in anderen Stilllegungsverfahren üblich - im Rahmen der Stilllegungsgenehmigung vorgenommen, sondern einem separaten Verfahren vorbehalten. Damit werde den Klägern die Möglichkeit genommen, ihre potentielle Betroffenheit prüfen zu können. Die Freigabeentscheidung könne die Anwohner indes direkt betreffen, soweit sie mit den in den konventionellen Stoffkreislauf abgegebenen radioaktiven Stoffen in Kontakt kämen.
117 
Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die Freigabe gemäß § 29 StrlSchV nicht in der gegenständlichen Genehmigung erfolgt. Vielmehr enthält die 2. SAG unter Kapitel D.2.1 (Seite 54) den Hinweis, dass in ihr nicht die Freigabe nach § 29 StrlSchV geregelt werde; die Freigabe sowie das Freigabeverfahren werde gemäß § 29 Abs. 4 StrlSchV in gesonderten Bescheiden des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg geregelt. Gegen diese Verfahrensweise ist nichts zu erinnern. Gemäß § 29 Abs. 4 StrlSchV kann die zuständige Behörde in einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG oder in einem gesonderten Bescheid das Verfahren zur Erfüllung der Anforderungen nach § 29 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie zur Feststellung nach § 29 Abs. 3 StrlSchV festlegen. Es besteht mithin keine rechtliche Verpflichtung, dieses Verfahren in der Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG festzulegen. Der Beklagte hat von der in § 29 Abs. 4 StrlSchV gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Freigabe nicht in der Stilllegungsgenehmigung, sondern in besonderen Bescheiden zu regeln. Unabhängig hiervon dürfte die Freigabe gemäß § 29 StrlSchV nicht den gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 7 Abs. 3 AtG drittschützenden Bereich der Schadensvorsorge, sondern die im Allgemeininteresse liegende und Individualrechte Dritter grundsätzlich nicht berührende Entsorgung betreffen (vgl. hierzu Bay.VGH, Gerichtsbescheid vom 17.08.1994 - 22 A 93.40047 - NVwZ-RR 1995, 136). Im Übrigen legen die Kläger nicht dar, inwieweit sie durch eine fehlerhafte oder unterbliebene Freigabeentscheidung in eigenen schützenswerten Belangen betroffen werden. Ihr Hinweis, sie könnten als Beschäftigte in Abfallverwertungs- oder Deponiebetrieben mit fehlerhaft freigegebenem radioaktiven Material in Betracht kommen, bleibt spekulativ.
118 
Nach alldem erweist sich die 2. SAG auch als materiell rechtmäßig.
119 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 S. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
120 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
121 
Beschluss vom 28.10.2014
122 
Der Streitwert des Klageverfahrens wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nr. 6.2 und Nr. 2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 60.000,-- EUR festgesetzt.
123 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. September 2015 - 4 K 2620/15 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.250,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO), aber nicht begründet.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Beschwerden gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Danach prüft der Verwaltungsgerichtshof nur die in einer rechtzeitig eingegangenen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe. Allerdings sind nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eintretende jedenfalls offensichtliche entscheidungserhebliche Tatsachen, Rechtsänderungen sowie neue, sowie bislang unverschuldet nicht unterbreitete präsente Beweismittel und der diesbezügliche Vortrag der Beteiligten grundsätzlich berücksichtigungsfähig. Dies gebietet, da der Vortrag des Beschwerdegegners normativ keinen thematischen oder zeitlichen Beschränkungen unterliegt, zugunsten des Beschwerdeführers bereits der Grundsatz der Waffengleichheit, im Übrigen die Amtsermittlungspflicht. Zugleich sprechen prozessökonomische Gründe dafür, da ansonsten ein mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartendes Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO provoziert würde (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 08.03.2011 - 10 S 161/09 -NVwZ-RR 2011, 355). Die in der Beschwerdebegründung einschließlich der nach dem Vorstehenden zulässigerweise nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist vorgetragenen Gründe führen nicht dazu, dass die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den kraft Gesetzes (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LKHG) sofort vollziehbaren Änderungsfeststellungsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.08.2014 anzuordnen ist. Mit diesem Bescheid wurde die Bettenzahl für die neurologische Frührehabilitation der Phase B bei der Beigeladenen um fünf Planbetten auf insgesamt 47 Planbetten erhöht. Auch bei einer Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO hat das Gericht eine Abwägung vorzunehmen zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung und dem Interesse des Betroffenen, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, bei der aber die gesetzgeberische Entscheidung für den grundsätzlichen Vorrang des Vollzugsinteresses zu beachten ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 80 Rn 114, 152a m.w.N.). Der zu berücksichtigende Sachvortrag der Antragstellerin führt nicht dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. i.V.m. § 80a Abs. 3 VwGO vorzunehmende Abwägung zugunsten des Interesses der Antragstellerin ausfällt, vom Vollzug des der Beigeladenen erteilten Änderungsfeststellungsbescheids bis zu einer endgültigen Entscheidung über dessen Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben.
Bei mehrpoligen Rechtsverhältnissen, insbesondere wie hier bei begünstigenden Verwaltungsakten mit belastender Drittwirkung, stehen sich die Rechtspositionen der entsprechend reziprok betroffenen Privaten grundsätzlich gleichrangig gegenüber. Ein Rechtssatz des Inhalts, dass sich der einen krankenhausfinanzierungsrechtlichen Feststellungsbescheid anfechtende Dritte gegenüber dessen Empfänger von vornherein in einer bevorzugten verfahrensrechtlichen Position befinden müsse, wenn es um die sofortige Verwirklichung der Aufnahme in den Krankenhausplan geht, ist weder aus dem geltenden Verwaltungsprozessrecht noch aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleiten. Handelt es sich um ein mehrpoliges Rechtsverhältnis, bei dem ein Verwaltungsakt mit Drittwirkung Gegenstand einer Anfechtungsklage ist (vgl. § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO), kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass Art. 19 Abs. 4 GG den regelmäßigen Eintritt der aufschiebenden Wirkung verlangt. Denn das Postulat von der aufschiebenden Wirkung als Regelfall stößt bei der Anfechtung von Feststellungsbescheiden durch Drittbetroffene schon wegen der dabei zu berücksichtigenden Rechtsposition des begünstigten Bescheidadressaten an Grenzen. Dessen Rechtsposition ist grundsätzlich nicht weniger schützenswert als diejenige des Drittbetroffenen. Die einseitige Bevorzugung des Dritten durch die einstweilige Festschreibung des Status quo liefe vielmehr auf eine ungerechtfertigte, mit den Freiheitsgrundrechten des Begünstigten und dem Gleichheitssatz unvereinbare Privilegierung des Dritten hinaus. Kann mithin nicht von einem prinzipiellen prozessualen Vorrang des einen Aufnahmebescheid anfechtenden Dritten ausgegangen werden, so ist die Frage, wer bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, primär nach dem materiellen Recht zu beantworten, also nach der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.10.2008 - 1 BvR 2466/08 - NVwZ 2009, 240 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 25.11.2014 - 10 S 1920/14 - VBlBW 2015, 253; Schoch, Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht, 1988, S. 1003 ff.). Dem trägt auch § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 2. Alt VwGO Rechnung, wonach auf das „überwiegende Interesse eines Beteiligten“ zur Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung abgestellt werden kann, wenn nicht - wie hier - ein Fall des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs in Rede steht. In beiden Fallgestaltungen ist ein überwiegendes Interesse eines durch den Verwaltungsakt begünstigten Beteiligten dann anzunehmen, wenn das von einem Dritten eingelegte Rechtsmittel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird und zudem die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung dem anderen, begünstigten Beteiligten gegenüber unbillig erscheinen muss.
Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage geht der Senat davon aus, dass die bereits erhobene Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den an die Beigeladene gerichteten Änderungsfeststellungsbescheid vom 29.08.2014 ohne Erfolg bleiben wird (1.). Eine von den Erfolgsaussichten der Hauptsache unabhängige Interessenabwägung führt nicht zu dem Ergebnis, dass dem Interesse der Antragstellerin der Vorrang vor der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehung des Bescheids bzw. den Interessen der Beigeladenen einzuräumen ist (2.).
1. Der Senat teilt bei summarischer Sachverhaltsprüfung im Ergebnis die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Änderungsfeststellungsbescheid vom 29.08.2014 bereits unzulässig ist. Zwar steht der Antragstellerin für ihren Antrag das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis zur Seite (1.1), indes ist die Antragstellerin nicht in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt (1.2).
1.1 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann der Antragstellerin nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für ihren Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Änderungsfeststellungsbescheid vom 29.08.2014 abgesprochen werden. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt nur, wenn die Klage bzw. der Antrag für den Antragsteller offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann; die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1; Senatsurteil vom 30.10.2014 - 10 S 3450/11 -DVBl. 2015, 189). Im Ansatz zutreffend weisen freilich der Antragsgegner und die Beigeladene darauf hin, dass bei Verfahren, die das Begehren der Aufnahme in den Krankenhausplan zum Gegenstand haben, grundsätzlich die Verpflichtungsklage „in eigener Sache“ vollständigen Rechtsschutz bietet (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64; bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 23.04.2009 - 1 BvR 3405/08 - NVwZ 2009, 977). Die gerichtliche Überprüfung wird insbesondere nicht dadurch beschränkt, dass die Auswahlentscheidung nicht nur dem an den unterlegenen Bewerber gerichteten Feststellungsbescheid zugrunde liegt, sondern auch einem weiteren an einen Dritten gerichteten Feststellungsbescheid. Ebenso wenig könnte dem unterlegenen Bewerber entgegengehalten werden, dass die dem Dritten gewährte Begünstigung nicht mehr zurückgenommen werden könne. Sobald die erlangte Planposition des Dritten zugleich von einem Konkurrenten beansprucht wird, ist das Vertrauen des Plankrankenhauses in die Konkurrenzlosigkeit seiner Rechtsstellung zerstört. Zudem ist die Planposition eines Krankenhauses ohnehin kein unentziehbarer Besitzstand, sondern steht unter dem Vorbehalt fortlaufender Überprüfung (vgl. Rennert, GesR 2008, 344 <346>). Vor diesem Hintergrund kommt der Klage gegen den einen Dritten begünstigenden Bescheid lediglich eine Hilfsfunktion zu. Sie soll dem Umstand entgegenwirken, dass die Erfolgsaussichten der Klage gegen den „eigenen“ Feststellungsbescheid durch den zwischenzeitlichen Vollzug des den Dritten begünstigenden Bescheids faktisch geschmälert werden können. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der zurückgesetzte Bewerber die Planaufnahme erstrebt, in eigener Sache also eine Verpflichtungsklage auf Erlass eines begünstigenden Feststellungsbescheides erhebt oder erheben müsste. Denn auch wenn die von der Behörde getroffene Auswahlentscheidung fehlerhaft sein sollte, so führt diese Verpflichtungsklage häufig lediglich zu einer Neubescheidung, bei der die dann gegebene Sach- und Rechtslage einschließlich aller zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen zu berücksichtigen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 25.07.1985 - 3 C 25.84 - BVerwGE 72, 38; und vom 25.09.2008 - 3 C 35.07 - a.a.O.). Dies folgt bereits aus dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen einer auf die Aufnahme in den Krankenhausplan gerichteten Verpflichtungsklage. Dabei kommt es nicht auf den den Antrag ablehnenden Bescheid, sondern vielmehr auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz an (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 16.04.2015 - 10 S 96/13 - DÖV 2015, 757). In einer derartigen Fallgestaltung muss die Planbehörde mithin die tatsächlichen Veränderungen einbeziehen, die sich durch den Vollzug der Planaufnahme des Dritten zwischenzeitlich ergeben haben. Das wird die Erfolgsaussichten der Klage in eigener Sache nur dann nicht erheblich schmälern, wenn der Dritte bereits zuvor in den Plan aufgenommen war und diese Planposition lediglich fortgesetzt wurde. Gemessen hieran kann der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis für eine gegen die Drittbegünstigung gerichtete Anfechtungsklage bzw. einen diesbezüglichen Eilantrag nicht abgesprochen werden.
1.1.1 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Beigeladenen kann keine Rede davon sein, dass hier die Planposition der Beigeladenen lediglich fortgesetzt wird und sich deshalb die Rechtsstellung der Antragstellerin im weiteren Verfahrensverlauf nicht verschlechtern könne. Zwar geht das Verwaltungsgericht im Ansatz zutreffend davon aus, dass die Beigeladene hier - anders als die Antragstellerin - keine Neubewerberin für die Aufnahme in den Krankenhausplan im Fachgebiet der neurologischen Frührehabilitation der Phase B ist, sondern sie lediglich eine Erhöhung ihres Planbettenbestandes anstrebt. Indes wird auch in der hier in Rede stehenden Konstellation, in der durch einen Änderungsfeststellungsbescheid der bisherige Bettenbestand eines in den Krankenhausplan bereits aufgenommenen Konkurrenten erhöht wird, dessen Planposition nicht lediglich fortgesetzt. Denn die ursprüngliche Planaufnahme betraf den Planstatus mit einer bestimmten Bettenzahl; diese soll nunmehr jedoch erhöht werden. Gegenstand des Rechtsschutzbegehrens der Antragstellerin ist ausschließlich diese Bettenerhöhung, die insoweit der Planaufnahme eines Neubewerbers gleichzusetzen ist. Diese Betrachtung ist aus Rechtsschutzgründen unabdingbar und steht im Einklang mit den vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 25.09.2008 (- 3 C 35.07 -a.a.O.) aufgestellten Grundsätzen. Danach ist das Rechtsschutzbedürfnis für eine Drittanfechtungsklage dann gegeben, wenn sie notwendig ist, um den Rechtsschutz des die Planaufnahme begehrenden Krankenhausträgers im Verfahren der Verpflichtungsklage zu verbessern. Das ist im Hinblick auf die kassatorische Wirkung der Anfechtungsklage immer dann zu bejahen, wenn dadurch die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindert werden kann, die für den Erfolg des Verpflichtungsrechtsstreits von Bedeutung sind und in diesem Verfahren nicht oder nur schwer rückgängig gemacht werden können. Eine derartige faktische Schmälerung der Position der Antragstellerin ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und der Beigeladenen jedoch nicht nur in Fällen denkbar, in denen es sich bei dem Begünstigten ebenfalls um einen Neubewerber handelt, sondern auch - wenn wie im hier zu beurteilenden Fall - der Dritte bereits in den Plan mit einer bestimmten Bettenzahl aufgenommen worden ist, jedoch nunmehr eine Erhöhung der Planbettenzahl erstrebt. Denn auch wenn der konkurrierende, begünstigte Krankenhausträger seinen mit der an ihn gerichteten Entscheidung erweiterten Planstatus umsetzt, wird die Bedarfssituation, die Gegenstand des Verpflichtungsrechtsstreits ist, verändert und umgestaltet. Diese Veränderung der Sachlage ist dann im Rahmen einer Neubescheidung zu berücksichtigen und für das Ergebnis des Verpflichtungsrechtsstreits von Relevanz. Von einer bloßen Fortsetzung der Planposition des Dritten kann daher nur dann die Rede sein, wenn dessen Bettenbestand nicht erhöht wird. Dies ist im Krankenhausfinanzierungsrecht durchaus vorstellbar, etwa wenn der um Rechtsschutz nachsuchende Krankenhausbetreiber kein eigenes Versorgungsangebot unterbreitet hat. Insoweit unterscheidet sich der hier vorliegende Sachverhalt maßgeblich von der dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.09.2008 (- 3 C 35.07 - a.a.O.) zugrunde liegenden Fallkonstellation, in der der klagende Krankenhausträger kein mit dem des Konkurrenten vergleichbares Versorgungsangebot unterbreitet hat, sondern mit seiner Klage lediglich den Marktzutritt des neuen Bewerbers verhindern wollte; nur in diesem Zusammenhang ist auch die vom Bundesverwaltungsgericht getroffene Aussage zu verstehen, dass sich bei einer bloßen Fortsetzung der Planposition des Begünstigten die Erfolgsaussichten der Verpflichtungsklage in eigener Sache nicht erheblich schmälern könnten und deshalb kein Rechtsschutzbedürfnis für eine flankierende Drittanfechtungsklage bzw. einen entsprechenden Eilantrag bestünde.
1.1.2 Schließlich kann das allgemeine Rechtsschutzinteresse nicht mit der Erwägung der Beigeladenen verneint werden, die Antragstellerin habe mit dem Senatsurteil vom 16.04.2015 (- 10 S 96/13 - a.a.O.) bereits einen Bescheidungsanspruch zuerkannt bekommen und deshalb ihr Rechtsschutzziel vollständig erreicht. Zwar hat der Senat mit seinem Urteil vom 16.04.2015 den an die Antragstellerin gerichteten Versagungsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.08.2014 aufgehoben und das beklagte Land verpflichtet, über den Antrag der Antragstellerin auf Feststellung der Aufnahme ihres Krankenhauses im Fachgebiet der neurologischen Frührehabilitation der Phase B in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg ab dem 27.12.2013 unter Beachtung der - näher präzisierten - Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Dieser Bescheidungsverpflichtung ist der Beklagte zwischenzeitlich noch nicht nachgekommen. Wie das Regierungspräsidium im vorliegenden Verfahren dargelegt hat, steht der Erfüllung des Bescheidungsanspruchs entgegen, dass die Abgrenzung des maßgeblichen Versorgungsgebiets und die Feststellung des zu versorgenden Bedarfs noch nicht abgeschlossen werden konnten. Bis das beklagte Land seiner - rechtskräftig festgestellten - Bescheidungsverpflichtung nachgekommen ist, muss das Regierungspräsidium jedoch Veränderungen der Bedarfssituation Rechnung tragen. Auch in dieser Fallgestaltung ist deshalb eine Verschlechterung der Position der Antragstellerin zu besorgen, da die veränderte Bedarfslage gegebenenfalls zu ihren Lasten zu berücksichtigen ist.
1.2 Der Antragstellerin steht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts jedoch nicht die Klagebefugnis bzw. die nach den gleichen rechtlichen Maßstäben zu beurteilende Antragsbefugnis in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO zu. Eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin kann offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteile vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669; und vom 22.02.1994 - 1 C 24.92 - BVerwGE 95, 133). Die Antragstellerin begehrt die Aussetzung der Vollziehung des an die Beigeladene gerichteten Änderungsfeststellungsbescheides vom 29.08.2014. Das setzt, da die Antragstellerin nicht Adressat des angefochtenen Bescheides ist, voraus, dass sie die Verletzung einer Vorschrift behauptet, die sie als Dritte zu schützen bestimmt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 3 C 35.07 - a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 20.12.2006 - 9 S 2182/06 - KHR 2007, 76). Ausgehend hiervon kann sich die Antragstellerin nicht auf die Verletzung einer drittschützenden Vorschrift stützen.
10 
1.2.1 Der Senat vermag die Antragsbefugnis hier nicht aus § 8 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.04.1991 (BGBl. I S. 886) herzuleiten. Nach dieser Vorschrift entscheidet die zuständige Landesbehörde bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten gerecht wird. Die Entscheidung über die Aufnahme oder Nichtaufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan erfolgt nicht nur im öffentlichen Interesse. Zwar bestimmt § 8 Abs. 2 Satz 1 KHG, dass auf die Feststellung der Aufnahme in den Krankenhausplan kein Anspruch besteht, und § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG gebietet bei einer Auswahlentscheidung nur die Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger und damit nur die Berücksichtigung öffentlicher Belange. Jedoch hat ein bedarfsgerechtes, leistungsfähiges und kostengünstig wirtschaftendes Krankenhaus nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei verfassungskonformer Auslegung des § 8 Abs. 2 KHG einen Anspruch auf Feststellung der Aufnahme in den Krankenhausplan, wenn es anbietet, einen anderweitig nicht gedeckten Bedarf zu befriedigen. Es besitzt einen Anspruch auf eine fehlerfreie Auswahlentscheidung, wenn es mit anderen Krankenhäusern um einen festgestellten Bedarf konkurriert. Diese Auslegung des § 8 Abs. 2 KHG ist durch die Grundrechte des Krankenhausträgers aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG geboten (vgl. hierzu insbesondere BVerwG, Urteil vom 25.07.1985 - 3 C 25.84 - BVerwGE 72, 38).
11 
Soweit § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG Maßstäbe für die behördliche Auswahlentscheidung aufstellt, handelt es sich um eine drittschützende Norm. Es liegt im Wesen einer Auswahlentscheidung, dass sie den Ausgewählten begünstigt und - als Kehrseite - seine Konkurrenten zurückweist. Wenn die Behörde zwischen mehreren Anbietern auswählt, betrifft ihre Entscheidung zwangsläufig die Rechte all dieser Anbieter (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 3 C 35.07 -a.a.O.; OVG Nordrhein Westfalen, Urteil vom 05.10.2010 - 13 A 2071/09 - KHR 2010, 129). Anders gewendet scheidet die Möglichkeit einer Rechtsverletzung des nicht in den Krankenhausplan aufgenommenen Krankenhausbetreibers durch eine an einen anderen Krankenhausbetreiber gerichtete begünstigende Feststellung regelmäßig aus, wenn zwischen den Konkurrenten keine Auswahlentscheidung im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG getroffen worden ist, sondern der andere Betreiber ohne Durchführung einer Auswahlentscheidung schlicht aufgenommen worden ist. Notwendige (wenngleich nicht hinreichende) Bedingung einer Auswahlentscheidung ist daher, dass der Antrag der Antragstellerin abgelehnt worden ist. Über eine erfolgte Ablehnung hinaus setzt eine Auswahlentscheidung weiter voraus, dass eine Zurücksetzung der Antragstellerin gerade im Hinblick auf die Begünstigung der Beigeladenen erfolgt ist, mithin eine inhaltliche Konnexität zweier Entscheidungen der Planungsbehörde vorliegt. Das Recht auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung nach § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG besteht nur, soweit ein Krankenhaus tatsächlich mit anderen Krankenhäusern konkurriert, also nur innerhalb des maßgeblichen Versorgungsbereichs.
12 
Gemessen hieran kann sich die Antragstellerin entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts im vorliegenden Verfahren nicht auf eine mögliche Verletzung von § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG berufen, da keine einheitliche Auswahlentscheidung zwischen ihr und der Beigeladenen getroffen worden ist. Eine derartige einheitliche Auswahlentscheidung hat der Antragsgegner weder in dem an die Beigeladene gerichteten begünstigenden Bescheid vom 29.08.2014 noch in dem an die Antragstellerin adressierten Ablehnungsbescheid vom gleichen Tage getroffen. In die im Ablehnungsbescheid vom 29.08.2014 hilfsweise durchgeführte Auswahlentscheidung, die zu Ungunsten der Antragstellerin ausging, wurden vier weitere Kliniken mit einbezogen. Das Krankenhaus der Beigeladenen wurde in dieser Auswahlentscheidung nicht in den Blick genommen. Vielmehr wies das Regierungspräsidium darauf hin, dass das Krankenhaus der Antragstellerin nicht mit allen zugelassenen Kliniken in diesem Bereich im Land, sondern, vor allem auch aufgrund eines Einzugsgebiets von 60 Kilometern, mit den nächstgelegenen zugelassenen Einrichtungen (XXX Kliniken XXX, XXX, XXX Klinikum XXX und XXX Rehazentrum XXX) konkurriere (vgl. S. 10 f. des Ablehnungsbescheids). Auch der streitgegenständliche Drittbescheid vom 29.08.2014 enthält keine Anhaltspunkte dahingehend, dass der Antragsgegner von einem gemeinsamen Einzugsbereich der Antragstellerin und der Beigeladenen ausging und im Rahmen einer Auswahlentscheidung beide Antragsteller miteinander verglichen hat. Vielmehr wird in dem Änderungsfeststellungsbescheid (S. 5 f.) ausgeführt, der Antrag der Beigeladenen konkurriere teilweise hinsichtlich des Einzugsgebiets mit dem Antrag der XXX Fachkliniken XXX GmbH, so dass eine Auswahlentscheidung zwischen diesen beiden Antragstellern zu treffen sei. Eine umfassende Auswahlentscheidung habe ergeben, dass die Kliniken XXX leistungsfähiger seien und den krankenhausplanerischen Zielen eher gerecht würden als die sich neu bewerbenden XXX Fachkliniken XXX GmbH. Damit hat der Antragsgegner ausweislich des Ablehnungsbescheids und des Änderungsfeststellungsbescheids vom 29.08.2014 keine einheitliche Auswahlentscheidung zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen getroffen. In Übereinstimmung hiermit hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 16.04.2015 (- 10 S 96/13 - a.a.O. juris Rn 52) festgestellt, dass bei der im an die Antragstellerin gerichteten Ablehnungsbescheid vom 29.08.2014 auf der zweiten Stufe getroffenen Auswahlentscheidung lediglich vier weitere, im Umkreis von 60 Kilometern gelegene Kliniken als konkurrierende Einrichtungen in den Blick genommen worden seien und hat diese Vorgehensweise des Regierungspräsidiums als inkongruent mit der vorgenommenen landesweiten Bedarfsermittlung bezeichnet. Von einer einheitlichen Auswahlentscheidung mit dem hier in Rede stehenden Krankenhaus der Beigeladenen ist der Senat in seinem Urteil nicht ausgegangen.
13 
1.2.2 Jedenfalls bei summarischer Sachverhaltsprüfung war der Antragsgegner hier nicht gehalten, zugunsten der Antragstellerin eine einheitliche Auswahlentscheidung mit der Beigeladenen zu treffen. Dabei kann dahingestellt bleiben, in welchen Fallgestaltungen es aus Rechtschutzgründen zwingend geboten ist, eine einheitliche Auswahlentscheidung zwischen mehreren Klinikbetreibern zu treffen. Vorliegend war die Entscheidung des Antragsgegners, die geplante Klinik der Antragstellerin und das Krankenhaus der Beigeladenen nicht in eine einheitliche Auswahlentscheidung einzubeziehen, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat sich in den beiden Bescheiden vom 29.08.2014 maßgeblich von der Erwägung leiten lassen, dass die Antragstellerin und die Beigeladene aufgrund der räumlichen Entfernung von ca. 80 bis 100 Kilometern (je nach zu fahrender Strecke) nicht um einen einheitlichen Versorgungsbedarf konkurrierten. So wird im Ablehnungsbescheid vom 29.08.2014 (S. 10 f.) näher ausgeführt, dass aufgrund von in der Vergangenheit durchgeführten Erhebungen für neurologische Frührehabilitationseinrichtungen lediglich von einem Einzugsbereich von 60 Kilometern ausgegangen werden könne; die Auswertung habe beispielsweise für die XXX-Kliniken XXX bzw. XXX ergeben, dass 87 Prozent bzw. 100 Prozent aller Patienten der Frührehabilitation Phase B aus einem Einzugsbereich von maximal 60 Kilometern stammten. In Übereinstimmung hiermit hat der Sitzungsvertreter des beklagten Landes in der Berufungsverhandlung am 16.04.2015 näher erläutert, dass Ähnliches für den regionalen Einzugsbereich der anderen in den Krankenhausplan aufgenommenen Phase-B-Einrichtungen gelte. Vor diesem Hintergrund vermochte der Senat in seinem Urteil vom 16.04.2015 (- 10 S 96/13 - a.a.O. juris Rn. 52) nicht von einem landesweiten Einzugsbereich im Fachgebiet der neurologischen Frührehabilitation auszugehen. Diese Betrachtung wird im Übrigen durch die im erstinstanzlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorgelegte Patientenherkunftsstatistik der Beigeladenen für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.05.2015 bestätigt. Ausweislich dieser Aufstellung stammten 89,3 Prozent der Frührehabilitationspatienten der Beigeladenen aus einem Umkreis von 60 Kilometer oder weniger vom Klinikstandort. Auch dieser Herkunftsstatistik lässt sich nichts dafür entnehmen, dass die Antragstellerin und die Beigeladene um einen gemeinsamen Versorgungsbedarf konkurrieren und dass deshalb beide in eine einheitliche Auswahlentscheidung einzubeziehen gewesen wären.
14 
1.2.3 Fehlt es damit an einer Auswahlentscheidung oder einer notwendiger Weise konnex zu treffenden Auswahl, so kann die Antragstellerin ihre Befugnis für den Drittanfechtungsantrag auch nicht unter Verweis darauf begründen, der Antragsgegner habe der Beigeladenen rechtswidrig zu viele Planbetten zugestanden und damit eine Überversorgung herbeigeführt. Aus § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG lässt sich ein Verbot der Überversorgung mit Plankrankenhäusern bzw. Planbetten nicht entnehmen; erst Recht begründet diese Vorschrift kein subjektives öffentliches Recht eines anderen Krankenhausbetreibers auf Einhaltung eines solchen Verbots. Auszugehen ist auch in dem reglementierten Markt der Plankrankenhäuser von dem Grundrecht auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG). Dieses Grundrecht sichert die Teilnahme am Wettbewerb; die Wettbewerber haben aber keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleichbleiben. Insbesondere gewährleistet das Grundrecht keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb oder auf Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten; es verleiht kein Recht darauf, den Marktzutritt eines anderes Konkurrenten abzuwehren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.06.2006 - 1 BvR 1160/03 - BVerwGE 116, 135 <151 f.>). Auch unter Plankrankenhäusern besteht Wettbewerb; hier besteht ein eng umschriebener Markt „der Privilegierten“. Indes bietet Art. 12 Abs. 1 GG kein Recht auf Abwehr eines fremden Marktzutritts; innerhalb des Kreises der Privilegierten gilt vielmehr wieder das Marktprinzip, gelten wieder die Regeln des Wettbewerbs. Durch die Regelungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes ist das Betreiben von Krankenhäusern dem Wettbewerb nicht entzogen worden. Dass seine Bestimmungen über die Aufnahme von Krankenhäusern in den Krankenhausplan auch den beruflichen (Erwerbs-)Interesse der vorhandenen Plankrankenhäuser zu dienen bestimmt wären, lässt sich nicht erkennen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 3 C 35.07 - a.a.O.).
15 
Nach alldem bleiben bei summarischer Sachverhaltsprüfung sowohl der gegenständliche Eilantrag als auch die bei dem Verwaltungsgericht anhängige Drittanfechtungsklage mangels Antrags- bzw. nach den gleichen Maßstäben zu beurteilenden Klagebefugnis ohne Erfolg.
16 
2. Darüber hinaus räumt der Senat bei einer von den als offen unterstellten Erfolgsaussichten der Hauptsache unabhängigen Interessenabwägung dem gesetzlich angeordneten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung den Vorrang vor dem privaten Interesse der Antragstellerin ein, vorläufig vom Vollzug des Änderungsfeststellungsbescheids verschont zu bleiben. Der Senat teilt dabei die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, wonach vorliegend das öffentliche Interesse am Planvollzug so groß ist, dass ein Zuwarten auf eine endgültige Entscheidung in der Hauptsache nicht verantwortet werden kann. Diese Interessenabwägung ist bereits dann geboten, wenn lediglich auf die mit dem gegenständlichen Änderungsfeststellungsbescheid vom 29.08.2014 der Beigeladenen zugesprochenen fünf Planbetten für die neurologische Frührehabilitation der Phase B abgestellt wird. Bei den in dieser Phase behandelten Rehabilitationspatienten handelt es sich um schwerstkranke Patienten, bei denen eine intensivmedizinische Behandlung weiterhin indiziert ist bzw. derartige Behandlungsmöglichkeiten zumindest vorgehalten werden müssen. Auch kann das komplexe Behandlungsangebot der neurologischen Frührehabilitation Phase B weder durch Akutbehandlungseinrichtungen der Phase A ersetzt noch in Rehabilitationseinrichtungen der nachgelagerten Phase C oder Pflegeeinrichtungen erbracht werden. Denn in Einrichtungen der Akutphase A kann der notwendige intensive rehabilitationsmedizinische Behandlungsanteil nicht erbracht werden; Einrichtungen der Phase C oder nachgelagerter Phasen halten keine intensivmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten wie etwa Beatmungsplätze vor. Es besteht deshalb zu besorgen, dass bei der Suspendierung des Änderungsfeststellungsbescheids vom 29.08.2014 die durch die Beigeladene bereits eingerichteten Betten nicht mehr belegt und entsprechende Patienten einer indizierten Behandlung nicht zugeführt werden könnten. Dass es sich dabei nicht um eine lediglich theoretische Befürchtung handelt, belegt der durch ein Mitglied der Geschäftsleitung der Beigeladenen eidesstattlich versicherte Auslastungsgrad der gegenständlichen Rehabilitationseinrichtung. Danach war im Zeitraum von Januar bis Mai 2014 eine Bettenbelegung von 46,7 bei nunmehr 47 Planbetten festzustellen; bezogen auf die ganze Klinikgruppe war in der Phase B in diesem Zeitraum eine Belegung von 174,3 Betten (Planbettenbestand 174) zu verzeichnen. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass eine Kompensation des Wegfalls der gegenständlichen Betten durch andere Einrichtungen - beispielsweise die der Antragstellerin - aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen derzeit nicht möglich ist.
17 
Im Übrigen muss das Gericht bei der ihm im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO obliegenden Interessenabwägung grundsätzlich nicht nur die Interessen der Antragstellerin und des Antragsgegners bzw. der Beigeladenen berücksichtigen, sondern auch alle in der Sache sonst betroffenen öffentlichen oder privaten Interessen, insbesondere hier das öffentliche Interesse an einer geordneten Krankenhausversorgung (vgl. hierzu Kopp/Schenke, a.a.O., § 80, Rn 153). Ausgehend hiervon waren in der Interessenabwägung nicht nur die mit Bescheid vom 29.08.2014 der Beigeladenen zugesprochenen fünf Planbetten der neurologischen Rehabilitationshase B zu betrachten. Da die Antragstellerin - soweit aus den Akten ersichtlich - um einstweiligen Rechtsschutz auch hinsichtlich weiterer und damit sämtlicher 59 bewilligter Planbetten nachsucht, müssen diese in der Interessenabwägung mit einbezogen werden. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass somit insgesamt eine Anzahl von 59 Betten bei 454 von dem Antragsgegner für erforderlich gehaltenen Planbetten in Rede steht. Vor diesem Hintergrund überwiegt das öffentliche Interesse an einer ausreichenden Krankenversorgung für schwerkranke Rehabilitationspatienten der Phase B die privaten Interessen der Antragstellerin.
18 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten der unterliegenden Antragstellerin aufzuerlegen.
19 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren stützt sich auf § 63 Abs. 2 und 3, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. der Empfehlung Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013. Danach ist der im Verfahren 10 S 100/13 anzusetzende Streitwert von 12.500,-- EUR für das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu halbieren.
20 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedarf das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser

1.
für den Haushalt, für den landwirtschaftlichen Hofbetrieb, für das Tränken von Vieh außerhalb des Hofbetriebs oder in geringen Mengen zu einem vorübergehenden Zweck,
2.
für Zwecke der gewöhnlichen Bodenentwässerung landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzter Grundstücke,
soweit keine signifikanten nachteiligen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt zu besorgen sind. Wird in den Fällen und unter den Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 2 das Wasser aus der Bodenentwässerung in ein oberirdisches Gewässer eingeleitet, findet § 25 Satz 2 keine Anwendung.

(2) Keiner Erlaubnis bedarf ferner das Einleiten von Niederschlagswasser in das Grundwasser durch schadlose Versickerung, soweit dies in einer Rechtsverordnung nach § 23 Absatz 1 bestimmt ist.

(3) Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass weitere Fälle von der Erlaubnis- oder Bewilligungspflicht ausgenommen sind oder eine Erlaubnis oder eine Bewilligung in den Fällen der Absätze 1 und 2 erforderlich ist.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin - 3. Kammer - vom 28. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über eine Teilbefreiung der Klägerin vom Benutzungszwang für Trinkwasser.

2

Die Klägerin betreibt als landwirtschaftlicher Betrieb im Einzugsbereich des Beklagten auf rund 1280 ha Feldwirtschaft und Rinderhaltung mit etwa 1.200 Tieren. Sie beabsichtigt, ihre Rinder über selbstgefördertes Brunnenwasser zu tränken. Mit Schreiben vom 09. März 2001 beantragte sie die Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang von der Versorgung mit Brauchwasser "zur Durchführung einer weiteren Probebohrung". Eine zwischenzeitlich durchgeführte Probebohrung war erfolgreich.

3

Der Funktionsvorgänger des Beklagten, der Amtsvorsteher des Amtes L., lehnte den Antrag "zur Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang für die Brauchwasserversorgung Ihrer Stallanlage" mit Bescheid vom 14. März 2001 ab. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin 43% des Trinkwassers des Wasserwerkes S. abnehme. Eine Befreiung mache es erforderlich, dass das Wasserwerk und die Versorgungsleitung zurückgebaut werden müssten, um die Trinkwasserqualität zu erhalten. Gebührenerhöhungen für die verbleibenden Nutzer seien die Folge.

4

Den Widerspruch der Klägerin wies die Behörde mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2001 unter Vertiefung der Begründung des Ausgangsbescheides zurück. Ergänzend wurde ausgeführt, dass eine Befreiung der Klägerin Folgeanträge anderer landwirtschaftlicher Betriebe, die im gesamten Versorgungsgebiet ca. 25% des Trinkwassers abnähmen, zur Folge haben könne.

5

Mit ihrer am 19. Oktober 2001 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, ihr sei als landwirtschaftlicher Betrieb entsprechend § 3 Abs. 1 AVBWasserV im Rahmen des öffentlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Brauchwasserbezug zu beschränken. Eine Ausnahme vom Anschluss- und Benutzungszwang sei zu gestatten, wenn die Befreiung für den Beklagten wirtschaftlich zumutbar sei. Eine Ablehnung des Befreiungsantrags komme nur dann in Betracht, wenn andernfalls die öffentliche Trinkwasserversorgung nicht mehr aufrechterhalten werden könne, weil eine unerträgliche Erhöhung des Wasserpreises die Folge wäre. Dies sei erst dann der Fall, wenn eine Erhöhung um mehr als die Hälfte des bisherigen Preises erfolgen müsse. In der Gebührenkalkulation des Beklagten, die den Trinkwassergebühren zugrunde liege, sei auch für gegebenenfalls erforderliche Rückbaukosten durch die Bildung von Rücklagen Vorsorge getroffen worden. Es könne keinen Unterschied machen, ob die Klägerin von dem Benutzungszwang teilweise befreit werde oder die Viehhaltung an diesem Standort einstelle.

6

Nach einer Fusion der Ämter L. und K. ist mit öffentlich-rechtlichem Vertrag vom 29. April 2004 die Aufgabe der Trinkwasserversorgung auf die Gemeinde L. übertragen worden. Der Vertrag ist von der Rechtsaufsichtsbehörde genehmigt worden. Zugleich hat sie die Fortgeltung der Wasserversorgungssatzung vom 29. November 2001 des Amtes L. (WVS 2001) als Satzung der Gemeinde L. bis längstens 30. Juni 2005 verfügt.

7

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Unter Zugrundelegung der damaligen Annahme, dass die Klägerin über eine 200er-Asbestzement(Az)-Leitung, die weiter zu den Ortsteilen T., Neu Z. und D. führe, mit Trinkwasser versorgt werde, trug er vor, in Folge einer Befreiung der Klägerin vom Benutzungszwang erhöhe sich die Durchlaufzeit in der Leitung auf 13,5 Tage. Der damit einhergehenden Gesundheitsgefährdung für die Abnehmer könne nur mit einem Umbau des Wasserwerks und der Neuverlegung von Rohrleitungen begegnet werden. Bei Teilbefreiung sämtlicher landwirtschaftlicher Betriebe im Versorgungsbereich würde sich insgesamt der Trinkwasserpreis von 2,60 DM/cbm netto auf 3,93 DM/cbm erhöhen. Damit wäre eine beinahe 50%-ige Steigerung erreicht, die für die Abnehmer unerträglich hoch sei und in keiner Weise der Gebührenstruktur in der Region entspräche.

8

Mit dem von dem Beklagten angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, die Klägerin von dem Zwang zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage hinsichtlich des für den landwirtschaftlichen Betrieb benötigten Brauchwassers zu befreien. Gestützt auf die damalige Regelung des § 6 Abs. 2 WVS 2001 hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Behörde durch die Regelung kein Ermessen eingeräumt werde. Den unbestimmten Rechtsbegriff der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit hat es dahingehend ausgelegt, dass eine Unerträglichkeit im Einzelfall bei einer Erhöhung des Netto-Wasserbezugs-Preises von 1,38 EUR auf 1,71 EUR, also um knapp 24% noch lange nicht angenommen werden könne. Eine Erhöhung der Trinkwasseraufenthaltszeiten sei differenziert zu betrachten. Die Überdimensionierung der Hauptleitung bis zu den Ortsteilen T., D. und Neu Z., die nach der Entnahmestelle des klägerischen Betriebs versorgt werden würden - so der damals zugrunde gelegte Sachverhalt -, führe schon ohne die Befreiung der Klägerin zu einem Verbleibezeitraum des Trinkwassers in der Versorgungsleitung von deutlich über 8 Tagen und könne weder in die Kostenberechnung in Folge einer Befreiung der Klägerin vom Benutzungszwang eingerechnet, noch sonst der Klägerin angelastet werden. Folgeanträge anderer landwirtschaftlicher Betriebe seien nicht hinreichend wahrscheinlich.

9

Das Urteil ist dem Beklagten am 09. Februar 2005 zugestellt worden. Auf den am 09. März 2005 eingelegten und am 08. April 2005 begründeten Zulassungsantrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 02. Juli 2008 die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, die sich insbesondere im Hinblick auf die vom Bundesverwaltungsgericht (Urt. vom 11.04.1986 - 7 C 59.83 -, NVwZ 1986, 754 f.) genannten Kriterien einer Unzumutbarkeit der Befreiung vom Benutzungszwang ergaben, zugelassen.

10

Nach Vorlage eines Übersichtsplans "Gruppenwasserversorgung S." und ergänzenden Ausführungen des Beklagten im Berufungsverfahren erfolgt die Wasserversorgung der Ortsteile T., Neu Z. und D. - in Abweichung zu dem erstinstanzlich zugrundegelegten Sachverhalt - über eine gesonderte 200er-Az-Leitung. Die Klägerin wird über eine vom Wasserwerk S. durch das Dorf führende 100er-Az-Leitung versorgt. Die Rohrleitung DIN 100 ist vom Wasserwerk bis zur Einmündung Dorfplatz 341 m lang, hat einen Rohrinhalt von 2.728 l und versorgt 24 Abnehmer. Bei einem für das Versorgungsgebiet durchschnittlichen Bedarfswert von 137 l/E/d errechnet sich auf diesem Teilstück ein Tagesverbrauch von 3.288 l. Der sich anschließende Leitungsstrang bis zum Übergabeschacht der Klägerin ist 712 m lang und hat einen Rohrinhalt von 5.696 l.

11

Der Beklagte macht im Berufungsverfahren geltend, die Klägerin habe mit ihrem Schreiben vom 09. März 2001 lediglich die Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang zur Durchführung einer Probebohrung begehrt. Sie verfolge jedoch mit der zugrundeliegenden Verpflichtungsklage die generelle Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang für Brauchwasser zum Betrieb ihres Brunnens. Es fehle damit an der erforderlichen Durchführung eines Vorverfahrens. Das Verwaltungsgericht habe die mit einer Teilbefreiung verbundenen Gesundheitsgefährdungen nicht berücksichtigt. So sei bereits fraglich, ob die Klägerin eine wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung zum Betrieb eines eigenen Brunnens für die Nahrungsmittelproduktion erhalte. Darüber hinaus führe eine Teilbefreiung der Klägerin vom Anschluss- und Benutzungszwang zu hygienisch nicht zu vertretenden Bedingungen. Der Wasseraustausch bezogen auf die 100er-Az-Leitung, die vom Wasserwerk S. durch das Dorf führend 24 Abnehmer versorge, würde sich bei einem Tageswasserverbrauch der Klägerin unter Zugrundelegung einer Abnahme von 548 l/d (bezogen auf 4 Personen) auf 10,4 Tage belaufen. Bisher habe die Klägerin 20.075 cbm Trinkwasser jährlich abgenommen; der Durchsatz verringere sich damit um 90 %. Der Querschnitt der Versorgungsleitung wäre zur Herstellung hygienischer Bedingungen zu verringern, das Wasserwerk anzupassen. Außerdem sei die wirtschaftliche Unzumutbarkeit für das Versorgungsunternehmen durch das Verwaltungsgericht verkannt worden. Bereits ein "Abschlagen" nicht benötigten Wassers zur Erhöhung des Durchflusses sei unwirtschaftlich und verstieße gegen die Verpflichtung zum Schutz von Grundwasserressourcen nach § 44 LWG. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit sei auch deshalb nicht gegeben, weil der Beklagte im Vertrauen auf die Vollversorgung aller Anschlusspflichtigen die Anlage ausgebaut habe. Unter Inanspruchnahme von öffentlichen Zuwendungen in Höhe von 680.018,20 Euro sei unter anderem die Trinkwasserversorgung in L. erweitert und das Wasserwerk in S. umgebaut worden. Die Klägerin sei aus demselben Grund nicht schutzwürdig. Außerdem sei die Steigerung des Trinkwasserpreises bei Befreiung sämtlicher landwirtschaftlicher Betriebe im Versorgungsgebiet, nach den damaligen Preisen um fast 50%, für die verbleibenden Abnehmer unerträglich hoch und entspreche nicht mehr der Gebührenstruktur im mittleren Teil Mecklenburg-Vorpommerns. Aber auch die Steigerung des Wasserpreises um 25%, die sich aus der Teilbefreiung der Klägerin einschließlich aller Mehrbelastungen für den Beklagten ergäbe, führe dazu, dass der Wasserpreis des Beklagten um diesen Anteil die Preise des Umlandes überstiege. Dies würde erhebliche Nachteile für die Ansiedlungspolitik des Beklagten zur Folge haben.

12

Der Beklagte beantragt,

13

das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin - 3. Kammer - vom 28. Oktober 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

14

Die Klägerin beantragt,

15

die Berufung zurückzuweisen.

16

Sie macht geltend: Ein Vorverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Bereits mit dem Ablehnungsbescheid vom 14. März 2001 sei der Befreiungsantrag der Klägerin zutreffend als Antrag auf Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang für die Brauchwasserversorgung nicht nur zur Durchführung einer Probebohrung, für die es keiner Befreiung bedürfe, ausgelegt worden. Auch der Widerspruchsbescheid umfasse dieses Begehren. Im Übrigen schließt sie sich der Begründung des erstinstanzlichen Urteils, insbesondere zur wirtschaftlichen Zumutbarkeit an und vertieft: Die von ihr begehrte Teilbefreiung könne nicht kausal zu einer Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung in den Ortschaften T., D. und Neu-Z. führen, weil die Wasserleitung - wie sich nunmehr gezeigt habe - an der Hofstelle der Klägerin ende. Zudem führe zu ihrem Betrieb nur eine 100er-Az-Versorgungsleitung. Der Beklagte nehme mit der Wasserführung über die gesondert verlaufende 200er-Az-Leitung über 6 km zu den wenigen Abnehmern in den auswärtigen Ortschaften eine erheblich höhere Verweildauer des Trinkwassers in der Wasserleitung in Kauf. Auch die Klägerin sei in der Lage, einen Brunnen mit angemessener Brauchwasserqualität zu betreiben. Dem Beklagten sei bereits seit Anfang 2001 bekannt gewesen, dass die Klägerin die Teilversorgung über einen eigenen Brunnen beabsichtigte. Hierauf habe er sich durch Änderung des bis dahin nicht beschiedenen Fördermittelantrags einstellen können. Darüber hinaus umfasse der Zuwendungsbescheid vom 18. Mai 2001 nach seinem Zuwendungszweck nicht lediglich den Umbau des Wasserwerkes S., sondern außerdem die Erweiterung des Wasserwerks L. und der Anschlüsse Gremmelin und Reinshagen. Die Instandsetzung des Wasserwerks S. sei ausweislich des Zuwendungsbescheides und der zugrundeliegenden Entwurfs- und Genehmigungsplanung dadurch gekennzeichnet, dass korrodierte Ausrüstungen, zwei Reinwasserbehälter und Verbindungsleitungen ausgewechselt werden sollten. Zusätzlich sollte durch Umzäunung und Herstellung von Außenanlagen die Sicherheit des Wasserwerks S. erhöht werden. Alte Wassererfassungen sollten stillgelegt werden. Die Annahme des Beklagten, der Tageswasserverbrauch der Klägerin sei einem 4-Personenhaushalt gleichzustellen, gehe fehl. Die Klägerin würde mit 17 Nutzern voraussichtlich 2.329 l/d Wasser täglich verbrauchen. Damit würde ein Wasseraustausch in der bestehenden Leitung nach 2,5 Tagen erreicht werden, der hygienisch unproblematisch sei. Eine Steigerung des Wasserpreises um 24 % sei nicht wirtschaftlich unzumutbar. Hinzu komme, dass nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, ohnehin Verschiebungen der Preisstruktur erfolgt seien, die zu einer geringeren Steigerung der Preise führten. Im Übrigen sei es unzutreffend, dass damit zugleich um denselben Prozentsatz die Preise der Wasserversorgung im Umkreis überschritten würden. Folgeanträge anderer landwirtschaftlicher Betriebe seien schon wegen der Höhe der Kosten für die Errichtung eines Brunnens, die sich auf etwa 30.000 EUR beliefen, nicht hinreichend wahrscheinlich. Auch im Rahmen einer Ermessensentscheidung stünden dem Begehren der Klägerin damit weder Gründe der Volksgesundheit noch der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit entgegen.

17

Zwischenzeitlich ist die "Wasserversorgungssatzung der Gemeinde L. für das Gebiet der Gemeinden L. und Langenhagen (WVS)" vom 27. Oktober 2008 (WVS 2008) in Kraft getreten. Deren § 6 "Befreiung vom Anschluss oder Benutzungszwang" lautet auszugsweise:

18

(1) Von der Verpflichtung zum Anschluss oder zur Benutzung kann auf Antrag des Grundstückseigentümers ganz oder zum Teil befreit werden, wenn einerseits für den Grundstückseigentümer der Anschluss oder die Benutzung aus besonderen Gründen nicht zumutbar ist und andererseits der Befreiung dringende öffentliche Bedürfnisse, insbesondere die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Befreiung für den Versorgungsbetrieb, nicht entgegenstehen.

19

(2) Über die Befreiungsanträge wird nach pflichtgemäßen Ermessen und unter besonderer Berücksichtigung des Allgemeinwohls, insbesondere einer wirtschaftlichen Wasserversorgung entschieden.

20

Ein Meditationsverfahren ist erfolglos durchgeführt worden.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

23

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

24

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Befreiung vom Benutzungszwang der öffentlichen Wasserversorgungsanlage hinsichtlich des für ihren landwirtschaftlichen Betrieb benötigten Brauchwassers zum Tränken der Tiere und Reinigung der Stallanlage (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

25

I. Die von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage ist zulässig, insbesondere stehen die §§ 68 ff. VwGO nicht entgegen. Bereits dem Antrag der Klägerin vom 9. März 2001 ist - trotz des Zusatzes "zur Durchführung einer weiteren Probebohrung" - ein Begehrten auf dauerhafte Befreiung vom Benutzungszwang für das für die Tiertränke und die Stallreinigung benötigte Brauchwasser zu entnehmen. Dies ergibt sich bei Zugrundelegung des erforderlichen Auslegungsmaßstabs des objektiven Empfängerhorizonts aus dem eindeutigen Betreff des Antragsschreibens, der Formulierung, "bitten wir um eine Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang von der Versorgung mit Brauchwasser" wie auch daraus, dass für eine Probebohrung eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nicht erforderlich ist. Der Beklagte legte diese Sichtweise auch seinem Bescheid vom 14. März 2001 zugrunde. Sämtliche Ausführungen in dem Verwaltungsakt beziehen sich auf ein dauerhaftes Befreiungsbegehren. Dementsprechend hat die Klägerin auch ihr Widerspruchsbegehren mit Schreiben vom 9. April 2001 i.S. eines umfassenden Rechtsschutzziels formuliert. Nichts anderes gilt für die ausdrückliche Tenorierung im Widerspruchsbescheid vom 17. September 2001. Letztlich hat sich der Beklagte mit seiner Klagerwiderung vorbehaltlos auf das umfassende Klagbegehren eingelassen und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er dem Begehren der Klägerin nicht abhelfen will, so dass auch aus prozessökonomischen Gründen die Durchführung eines förmlichen Vorverfahrens hier entbehrlich wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 02.09.1983 - 7 C 97/81 -, zit. nach juris Rn. 9).

26

Unerheblich ist, ob die Klägerin zum Betrieb ihres Brunnens einer wasserrechtlichen Ausnahmegenehmigung bedarf und eine solche auch erhält. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die Klägerin nach § 33 Abs. 1 Satz 1 WHG aus ihrem Brunnen gefördertes Wasser für einen landwirtschaftlichen Hofbetrieb im Sinne der Vorschrift erlaubnisfrei nutzen darf. Selbst wenn die Klägerin eine wasserrechtliche Genehmigung benötigen sollte, eine solche Zulassung jedoch nicht erhielte, würde sie die Beschränkung ihrer Benutzungspflicht lediglich nicht in Anspruch nehmen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.04.1988 - 7 B 54/88 - zit. nach juris Rn. 3). Auch eine ggf. erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis wäre für die Klägerin ohne Nutzen, wenn sie die hier im Streit befindliche Befreiung vom Benutzungszwang nicht erhielte. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin unter keinen Umständen berechtigt sein wird, selbstgefördertes Brunnenwasser zu dem angegebenen Zweck zu verwenden, so dass ihr allgemeines Rechtsschutzbedürfnis entfallen würde, bestehen - auch angesichts der bei den Akten befindlichen Schreiben der unteren Wasserbehörde - nicht. Besondere Vorschriften, die für die Viehtränke und erst recht die Stallreinigung Wasser in Trinkwasserqualität verlangen, sind nicht ersichtlich (vgl. VGH München, Urt. v. 26.04.2007 - 4 B 05.579 -, zit. nach juris Rn. 25).

27

II. Die Klage ist auch begründet.

28

Die Klägerin hat einen Anspruch auf die begehrte Teilbefreiung vom Benutzungszwang für Trinkwasser; insbesondere ist die Befreiung für den Beklagten wirtschaftlich zumutbar.

29

Das Befreiungsbegehren der Klägerin ist hinreichend bestimmt und damit einer Teilbefreiung zugänglich. Die Klägerin hat die Teilbefreiung vom Trinkwasserbezug hinsichtlich des Brauchwassers beantragt, das sie zum Tränken der Tiere und für die Stallreinigung auf ihrem landwirtschaftlichen Hof benötigt. Zusätzlich hat sie sich in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Beklagten verpflichtet, für den Fall der Befreiung 5.000 cbm Trinkwasser/jährlich abzunehmen.

30

1. Anspruchsgrundlage für die begehrte Befreiung ist § 6 WVS 2008.

31

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass bei der Entscheidung über Verpflichtungs- und Bescheidungsklagen grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz maßgeblich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.06.2003 - 4 B 14/03 -, zit. nach juris Rn. 9, m.w.N.). So ist mangels einer abweichenden materiellrechtlichen Regelung auch hier auf die aktuelle Wasserversorgungssatzung abzustellen.

32

Nach § 6 Abs. 1 WVS 2008 kann auf Antrag des Grundstückseigentümers ganz oder zum Teil von der Verpflichtung zum Anschluss oder zur Benutzung befreit werden, wenn einerseits für den Grundstückseigentümer der Anschluss oder die Benutzung aus besonderen Gründen nicht zumutbar ist und andererseits der Befreiung dringende öffentliche Bedürfnisse, insbesondere die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Befreiung für den Versorgungsbetrieb, nicht entgegenstehen. Nach § 6 Abs. 2 WVS 2008 wird nach pflichtgemäßem Ermessen und unter besonderer Berücksichtigung des Allgemeinwohls, insbesondere einer wirtschaftlichen Wasserversorgung über Befreiungsanträge entschieden. § 6 Abs. 3 Satz 2 WVS 2008 schließlich eröffnet die Befugnis, die Befreiung befristet, unter Bedingungen, Auflagen und Widerrufsvorbehalt zu erteilen.

33

2. Die angefochtene Ablehnung des Befreiungsantrags der Klägerin widerspricht diesen entsprechend höherrangigem Bundesrecht auszulegenden Rechtsvorschriften.

34

Die Wasserversorgungssatzung des Beklagten beruht auf der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 15 Abs. 1 KV MV. Hiernach kann die Gemeinde für die Grundstücke ihres Gebiets durch Satzung den Anschluss u.a. an die Wasserversorgung und die Benutzung dieser Einrichtungen vorschreiben, wenn ein dringendes öffentliches Bedürfnis dafür besteht. Ein dringendes öffentliches Bedürfnis kann danach nicht ausschließlich mit der Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Einrichtung begründet werden. Nach § 15 Abs. 2 KV MV kann die Satzung Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang vorsehen. Hiervon hat der Beklagte durch die grundsätzliche Normierung eines Anschluss- und Benutzungszwangs mit Befreiungsmöglichkeit in § 6 Abs. 1 WVS 2008 Gebrauch gemacht. § 6 Abs. 1 sieht auf tatbestandlicher Ebene die Befreiung auch vom Benutzungszwang vor, wenn dringende öffentliche Bedürfnisse, insbesondere die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Befreiung für den Versorgungsbetrieb nicht entgegenstehen. Damit wird zugleich dem Freistellungsanspruch aus §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 35 Abs. 1 AVBWasserV Rechnung getragen. § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV schreibt vor, dass das Wasserversorgungsunternehmen dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen hat, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Entsprechendes gilt nach § 35 Abs. 1 AVBWasserV auch für öffentlich-rechtliche Versorgungsverhältnisse.

35

a) Es kann dahingestellt bleiben, ob die in § 6 Abs. 1 WVS 2008 geregelte Voraussetzung, dass die Benutzung dem Grundstückseigentümer aus besonderen Gründen nicht zumutbar sein darf, mit höherrangigem Recht, insbesondere mit den §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 35 AVBWasserV vereinbar ist, wogegen einiges spricht. Denn mit Rücksicht auf die Kostenersparnis, die sich für die Klägerin aus der Nutzung des eigenen Brunnens ergibt, ist diese Voraussetzung hier jedenfalls erfüllt und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

36

b) Die begehrte Befreiung vom Brauchwasserbezug ist für den Beklagten nicht wirtschaftlich unzumutbar.

37

Wirtschaftlich unzumutbar i.S. des § 3 Abs. 1 AVBWasserV ist jedenfalls eine Befreiung vom Benutzungszwang, die zu für den Verbraucher nicht mehr tragbaren Wasserpreisen führen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.04.1986 - 7 C 50/ 83 -, zit. nach juris Rn. 13). Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass § 3 Abs. 1 AVBWasserV einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer stabilen und kostengünstigen Wasserversorgung und den Individualinteressen des Grundstückseigentümers herstellen soll. Dementsprechend liegt ein dringendes öffentliches Bedürfnis für den Zwang zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgung dann vor, wenn die Trinkwasserversorgung selbst davon abhängt, weil etwa nur auf diese Weise die erforderlichen Durchsatzmengen gewährleistet bleiben oder andernfalls die finanziellen Kapazitäten des Wasserversorgers überschritten werden und eine Wasserversorgung der Allgemeinheit zu erträglichen Preisen nicht mehr möglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.04.1986, a.a.O. Rn. 11). Insoweit kommt es auf die wirtschaftliche Leistungskraft des Wasserversorgers und auf das Verhältnis des infolge der Befreiung zu erwartenden Wasserpreises zum bisherigen Preisniveau an (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.05.1988 - 7 B 84/88 -, zit. nach juris Rn. 6; VGH Mannheim, Urt. v. 28.05.2009 - 1 S 1173/08 -, zit. nach juris Rn. 41). Den Träger der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung trifft insoweit die Darlegungslast (VGH München, Urt. v. 26.04.2007 - 4 B 05.579 -, zit. nach juris Rn. 27; OVG Koblenz, Urt. v. 30.05.1995 - 7 A 12843/94 -, zit. nach juris Rn. 32).

38

aa) Eine hygienisch unvertretbare Durchsatzmenge infolge einer Befreiung der Klägerin vom Brauchwasserbezug kann nicht angenommen werden.

39

Soweit der Beklagte vorgetragen hat, dass die Trinkwasserqualität in den Ortsteilen T., D. und Neu Z. infolge einer Befreiung der Klägerin vom Benutzungszwang leide, lässt sich dieser Vortrag nach dem im Berufungsverfahren offenbar gewordenen Leitungsverlauf nicht mehr nachvollziehen. Die Klägerin wird ausweislich des vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Leitungsplans über eine vom Wasserwerk S. durch den Ort verlaufende 100er-Az-Leitung versorgt. Sie ist letzter Abnehmer an dieser Leitung. Die benannten Ortschaften in einigen Kilometern Entfernung werden über eine gesondert vom Wasserwerk aus geführte 200er-Az-Leitung beliefert. Auswirkungen auf die Trinkwasserqualität in den entfernter gelegenen Ortschaften aufgrund einer Verringerung der Fließgeschwindigkeit in der die Klägerin versorgenden Leitung sind daher nicht ersichtlich.

40

Auch führt die begehrte Befreiung der Klägerin nicht zu hygienisch unverträglichen Bedingungen der Trinkwasserversorgung in der Ortschaft S.. Ausweislich der Entwurfs- und Bedarfsplanung, die dem Antrag auf Bewilligung von Fördermitteln u.a. für den Umbau des Wasserwerks S. zugrunde lag, besteht im Versorgungsbereich des Wasserwerks unter Abzug des Bedarfs für landwirtschaftliche Betriebe ein spezifischer Bedarfswert pro Einwohner von 137 l/d. Unter Zugrundelegung der klägerischen Angaben, dass auf ihrem Hof 17 Personen zu versorgen sind, ergibt sich daraus ein spezifischer Bedarf der Klägerin an Trinkwasser allein für diese Personen von 2329 l/d. Nach den Angaben des Beklagten zum Rohrinhalt der Versorgungsleitung bis zur Abnahmestelle der Klägerin beträgt dieser vom Wasserwerk bis zur Einmündung der Straße Dorfplatz, wo sich die letzten Abnehmer im Dorf befinden, 2728 l und weiter bis zum Übergabeschacht an dem klägerischen Grundstück nochmals 5596 l. Allein die Abnahme von Trinkwasser für die auf dem Hof wohnenden Familienangehörigen des Klägers und die 14 Mitarbeiter, die aufgrund des Einsatzes in der Nahrungsmittelproduktion einen erhöhten Wasserbedarf haben, führt zu einem Wasseraustausch nach 2,4 Tagen auf einer Rohrlänge von 712 m nach dem letzten Abnehmer im Dorf. Nach den rechtlich unverbindlichen Empfehlungen im Arbeitsblatt des Deutschen Verbandes des Gas- und Wasserfachs, Technische Regel, Arbeitsblatt W 400-1 S. 39, das als Richtwert empfiehlt, Fließgeschwindigkeiten von 432 m/d nicht zu unterschreiten, wäre damit zwar der auf einer solchen Streckenlänge empfohlene Wasseraustausch nach 1,65 Tagen überschritten. Dass sich dadurch Trübungen und Verfärbungen, Geschmacksbeeinträchtigungen, Ablagerungen oder Verkeimungen im Einzelfall ergeben können - dies dürfte insbesondere auch von dem Zustand der Rohre, der Verlegungstiefe, der Wasserqualität und weiterer Standortfaktoren abhängen - ist schon nicht hinreichend dargelegt. Vielmehr stellt sich die Trinkwasserqualität nach einem Untersuchungsbericht der Aqua Service Schwerin von Ende 2001 als einwandfrei dar. In dem Bericht heißt es ausdrücklich, dass die entnommenen chemisch-mikrobiologischen Wasserproben sowohl im Wasserwerksausgang wie auch bei Ankunft im landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprechen. Dass ggf. ungünstigen Veränderungen der Trinkwasserqualität durch eine höhere Verweildauer des Wassers in der Versorgungsleitung bis zur Abnahmestelle der Klägerin nicht auch auf anderem (verhältnismäßigem) Wege, insbesondere durch eine Reduzierung des Leitungsquerschnitts auf dem Teilstück nach dem letzten Abnehmer im Dorf begegnet werden könnte, ist nicht ersichtlich und von dem Beklagten auch nicht behauptet. Da schon bei einer Abnahme von 3500 l/d durch die Klägerin exakt die Richtwerte des DVGW zur Fließgeschwindigkeit eingehalten würden, ist dem ohne jegliche Substantiierung durch den Beklagten von diesem aufrechterhaltenen Vortrag bei einer Abnahme von 5000 cbm jährlich nicht weiter nachzugehen.

41

bb) Die Befreiung der Klägerin führt auch nicht zu einer unerträglichen Erhöhung der Verbrauchsgebühr für Trinkwasser.

42

Auf der Grundlage der Ausführungen des Beklagten stünde allenfalls eine Erhöhung der Verbrauchsgebühr um 24 % in Rede.

43

Dass weitere oder gar sämtliche landwirtschaftliche Betriebe im Einzugsbereich des Beklagten gleichfalls Ansprüche auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang geltend machen, ist nicht hinreichend wahrscheinlich dargetan. Zwar ist der Beklagte aus Gründen der Gleichbehandlung gehalten, auch Folgeanträge in die Betrachtung mit einzubeziehen. Es ist aber erforderlich, dass solche Anträge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit absehbar sein müssen (VGH Mannheim, Urt. v. 28.05.2009 -1 S 1173/08 -, zit. nach juris Rn. 38 m.w.N.). Dafür ist - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nichts ersichtlich. Auch das Berufungsvorbringen gibt dafür nicht mehr her.

44

Im Übrigen bestünde bereits satzungsrechtlich für den Beklagten die Möglichkeit, sich für den Fall der Überschreitung der Zumutbarkeitsgrenze in der Zukunft, Handlungsspielräume offen zu halten, indem die Befreiung vom Benutzungszwang gemäß § 6 Abs. 3 WVS 2008 mit einer Nebenbestimmung, insbesondere einem Widerrufsvorbehalt versehen werden kann (VGH München, Urt. v. 26.04.2007 - 4 B 05.579 -, zit. nach juris Rn. 29)

45

Die Verbrauchsgebühr beträgt ausweislich der aktuellen Trinkwassergebührensatzung des Beklagten 1,43 EUR (brutto). Selbst bei einer Erhöhung um 24 % - so sie denn durch die Befreiung der Klägerin vom Benutzungszwang überhaupt erforderlich würde - beliefe sich der Wasserpreis auf 1,77 EUR. Damit würden nicht einmal die Mengengebühren der im Wesentlichen im Landkreis Güstrow versorgenden Wasserverbände in Höhe von 1,80 EUR (WAZ Güstrow-Bützow-Sternberg) und 1,98 EUR (Warnow-Wasser- und Abwasserzweckverband) erreicht.

46

Es kommt damit ersichtlich nicht darauf an, was im Rahmen der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit einzustellen wäre, ob einer wirtschaftlich unzumutbaren Erhöhung der Verbrauchsgebühr nicht ggf. durch einen Ausgleich des Wasserpreises im Rahmen ordnungsgemäßer Kalkulation mittels Verschiebung des Verhältnisses zwischen Grund- und Verbrauchsgebühr zu begegnen wäre (vgl. VGH München, Urt. v. 26.04.2007 - 4 B 05.579 -, zit. nach juris Rn. 32).

47

cc) Schließlich verhilft auch das Vorbringen des Beklagten, es seien im Vertrauen auf den Wasserversorgungsbedarf der Klägerin subventionierte Investitionen in die Erweiterung des Wasserversorgungswerks S. getätigt worden, nicht zum Erfolg des Rechtsmittels.

48

Es kann dahingestellt bleiben, ob ein derartiger Vertrauensschutz über § 242 BGB analog angesichts des Freistellungsanspruchs aus §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 35 Abs. 1 AVBWasserV überhaupt Berücksichtigung finden kann. Denn der Fördermittelbescheid, auf den der Beklagte in diesem Zusammenhang verweist, ist erst unter dem 18. Mai 2001, also zeitlich nach dem von der Klägerin gestellten Teilbefreiungsantrag ergangen. Ein etwaiges Vertrauen des Beklagten war damit jedenfalls erschüttert. Davon unabhängig ist der Teil des geförderten Vorhabens, der sich auf die Wasserversorgung durch das Wasserwerk S. bezieht, ausweislich der Entwurfs- und Genehmigungsplanung nicht als Erweiterung der Kapazität, sondern im Wesentlichen als Umbau zur Erhöhung der Versorgungssicherheit beschrieben, der vornehmlich durch Sanierungsarbeiten an stark korrodierten Ausrüstungen des aus dem Jahr 1965 stammenden Wasserwerks gekennzeichnet ist.

49

3. Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Teilbefreiung in dem begehrten Umfang und nicht lediglich auf Neubescheidung.

50

Soweit in § 6 Abs. 2 WVS 2008 dem Beklagten eine Ermessensentscheidung dergestalt eingeräumt wird, als über die Befreiungsanträge nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls, insbesondere einer wirtschaftlichen Wasserversorgung zu entscheiden ist, läuft diese Regelung hier jedenfalls leer.

51

Denn über die §§ 3, 35 AVBWasserV ergibt sich ein Freistellungsanspruch der Klägerin. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts "muss" die Gemeinde nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 1 AVBWasserV bei der Ausgestaltung des satzungsrechtlichen Benutzungszwangs dem Wunsch des Grundeigentümers, den Wasserbezug auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken, in den Grenzen des wirtschaftlich Zumutbaren Rechnung tragen (BVerwG, Beschl. v. 24.09.1987 - 7 B 49/87 -, zit. nach juris Rn. 3, m.w.N.). Der Grundsatz der gesetzeskonformen Auslegung von Satzungsbestimmungen gebietet hier, die Befreiungsmöglichkeit so zu interpretieren, dass den bundesrechtlichen Anforderungen aus § 3 Abs. 1 AVBWasserV ausreichend Rechnung getragen wird (vgl. auch VGH München, Urt. v. 26.04.2007 - 4 B 05.579 -, zit. nach juris Rn. 31).

52

a) Die Ermessensregelung des § 6 Abs. 2 WVS 2008 ist nicht schon deshalb unanwendbar, weil es sich bei der Befreiungsregelung um eine sog. Kopplungsnorm handelt.

53

Bei den ortsrechtlichen Regelungen des § 6 Abs. 1 und Abs. 2 WVS 2008 handelt es sich um Koppelungsvorschriften. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass die Vorschriften auf der Tatbestandsseite einen unbestimmten Rechtsbegriff und auf der Rechtsfolgenseite eine Ermessensermächtigung enthalten (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2009, § 7 Rn. 48 f.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 40 Rn. 36 m.w.N.). Es ist nicht begriffsnotwendig, diese Ermächtigung dahingehend auszulegen, dass sie die Ermessensausübung der Verwaltung für den Regelfall in eine bestimmte Richtung festlegt. Aus der Qualifizierung einer Norm als Koppelungsvorschrift kann für sich allein nämlich nicht schon auf ein intendiertes, d.h. ein auf ein bestimmtes Ergebnis ausgerichtetes Ermessen geschlossen werden.

54

b) Etwas anderes gilt aber dann, wenn - wie hier - bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs bereits ein großer Teil der Gesichtspunkte zu berücksichtigen ist, die auch Bedeutung für die Ermessensausübung haben, und sich damit bei der Normanwendung Überschneidungen zwischen der Tatbestands- und der Rechtsfolgenseite ergeben. Die Feststellung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm gegeben sind, bedeutet in diesen Fällen zugleich, dass der Behörde für die Ausübung ihres Ermessens nur noch ein entsprechend eingeschränkter Spielraum verbleibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.1988 - 8 C 69.86 -, BVerwGE 79, 274).

55

Dies führt hier jedenfalls dazu, dass die Aspekte der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit, die bereits auf der Tatbestandsseite Eingang in die Prüfung eines Befreiungsanspruchs gefunden haben, nicht erneut im Rahmen einer - nur eingeschränkt überprüfbaren - Ermessensentscheidung und zudem nach milderen Maßstäben Berücksichtigung finden können. Das Ermessen ist hier jedenfalls intendiert.

56

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

57

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 132 Abs. 2 VwGO).

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. April 2015 - 3 K 1285/15 - teilweise geändert und der Antrag insgesamt abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Verfahren im ersten Rechtszug wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - auf 5.000,-- EUR, derjenige für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die von der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe geben dem Senat Veranlassung, den Beschluss des Verwaltungsgerichts teilweise zu ändern und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung beziehungsweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21.01.2015 insgesamt abzulehnen. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich der Nummern 1, 2, 4 und 5 des Bescheids, soweit sich diese auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx erstrecken, wiederhergestellt und hinsichtlich der Nummern 3 und 6 des Bescheids angeordnet.
Die vom Senat im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung fällt zu Ungunsten des Interesses der Antragstellerin aus, vom Vollzug der Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht, soweit diese das Grundstück Flst.-Nr. xxx betreffen, einstweilen verschont zu bleiben. Das Aufschubinteresse der Antragstellerin überwiegt nicht das öffentliche Vollzugsinteresse, weil nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen, aber auch ausreichenden Prüfung der Sach- und Rechtslage (auch) diese Anordnungen voraussichtlich rechtmäßig sind (1.) Auch die Zwangsgeldandrohungen dürften rechtlich nicht zu beanstanden sein (2.).
1. Die Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht für das Grundstück Flst.-Nr. xxx dürften auf Grundlage von § 3 Abs. 1 und 3 der Satzung der Antragsgegnerin über die öffentliche Abwasserbeseitigung - Abwassersatzung (AbwS) - vom 10.12.2012, geändert durch Satzung vom 09.12.2014, rechtmäßig ergangen sein. Danach sind die Eigentümer von Grundstücken, auf denen Abwasser anfällt, nach näherer Bestimmung der Satzung berechtigt und verpflichtet, ihre Grundstücke an die öffentlichen Abwasseranlagen anzuschließen, diese zu benutzen und das gesamte auf den Grundstücken anfallende Abwasser der Antragsgegnerin im Rahmen des § 45b Abs. 1 und 2 WG (a.F.) zu überlassen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AbwS). Bebaute Grundstücke sind anzuschließen, sobald die für sie bestimmten öffentlichen Abwasseranlagen betriebsfertig hergestellt sind (§ 3 Abs. 3 Satz 1 AbwS). Diese Voraussetzungen dürften hinsichtlich des Grundstücks der Antragstellerin Flst.-Nr. xxx erfüllt sein.
a) Die Regelungen in § 3 Abs. 1 und 3 AbwS sind gültig und dürften rechtlich nicht zu beanstanden sein. Sie dürften ihre Grundlage in § 11 GemO und § 45b Abs. 4 WG a.F. (jetzt § 46 Abs. 4 und 5 WG) finden.
§ 11 Abs. 1 Satz 1 GemO ermächtigt die Gemeinden, bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebiets unter anderem den Anschluss an der Abwasserbeseitigung dienende gemeindliche Einrichtungen (Anschlusszwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen (Benutzungszwang) vorzuschreiben; die Satzung kann bestimmte Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zulassen und ihn auf bestimmte Teile des Gemeindegebiets oder auf bestimmte Gruppen von Grundstücken, Gewerbetrieben oder Personen beschränken (§ 11 Abs. 2 GemO). § 11 GemO ist eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Spezialermächtigung, die als landesrechtliche Eingriffsgrundlage aus Gründen der Volksgesundheit Eingriffe in die Grundrechte der Grundstückseigentümer oder der sonst zur Nutzung des Grundstücks Berechtigten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG legitimieren kann (Senat, Urt. v. 20.09.2013 - 1 S 3072/11 -, VBlBW 2013, 73 m.w.N.). Im vorliegenden Zusammenhang ermöglicht sie den nach Wasserrecht grundsätzlich zur Abwasserbeseitigung verpflichteten Körperschaften (§ 56 WHG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 WG), diese Verpflichtung zu erfüllen (vgl. zu Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayGemO: BayVfGH, Entsch. v. 10.11.2008 - Vf. 4-VII-06 -, NVwZ 2009, 298). Der Anschluss- und Benutzungszwang wird durch die Überlassungspflicht desjenigen, bei dem das Abwasser anfällt, gegenüber dem Beseitigungspflichtigen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WG) ergänzt (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 1a; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 28.10.1994 - 23 N 90.2272 -, NVwZ-RR 1995, 345). Nach § 46 Abs. 4 Satz 1 WG gestalten die Gemeinden die Überlassungspflicht durch Satzung aus, indem sie regeln, unter welchen Voraussetzungen Abwasser als angefallen gilt und in welcher Weise und Zusammensetzung ihr das Abwasser zu überlassen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.05.1995 - 2 S 2568/92 -, juris). Darüber hinaus können sie Ausschlüsse von der Abwasserbeseitigung festlegen (§ 46 Abs. 4 Satz 2 WG) sowie Ausnahmen von der Überlassungspflicht vorsehen (§ 46 Abs. 5 Satz 1 WG).
Die der geordneten Abwasserbeseitigung dienenden Ermächtigungen in § 11 GemO und § 46 Abs. 4 und 5 WG beziehen sich im Grundsatz nicht nur auf Schmutzwasser, also durch Gebrauch in seinen Eigenschaften verändertes und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG), sondern auch auf Niederschlagswasser, das aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließt (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG). Für die Überlassungspflicht folgt dies bereits daraus, dass § 46 WG zur Ausführung und Ergänzung des § 56 WHG an den in § 54 Abs. 1 WHG definierten Begriff „Abwasser“ anknüpft, ohne diesem einen abweichenden Bedeutungsgehalt zuzuweisen; zudem besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die durch Art. 1 des Gesetzes vom 03.12.2013 (GBl. S. 389) neugefassten Regelungen der Abwasserbeseitigung auf einen anderen Gegenstand beziehen wollte als die das Niederschlagswasser aus bebauten oder befestigten Flächen ausdrücklich einbeziehenden (§ 45a Abs. 3 WG a.F.) bisherigen Vorschriften (vgl. LT-Drs. 15/3760, S. 142 ff.). Aber auch der Begriff „Abwasserbeseitigung“ in § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO umfasst neben den üblichen Arten von Schmutzwasser das Niederschlagswasser von bebauten und befestigten Flächen. Angesichts des vom Normgeber vorgefundenen Erscheinungsbilds kommunaler Abwasserbeseitigungsanlagen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 3 m.w.N.) hätte es eines ausdrücklichen Ausschlusses des Niederschlagswassers als Gegenstand des Anschluss- und Benutzungszwangs bedurft, wenn dieses von vornherein hätte außer Betracht bleiben sollen (vgl. zu Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayGemO: BayVGH, Urt. v. 28.10.1994, a.a.O.). Gegen die prinzipielle Einbeziehung des Niederschlagswassers in den Anschluss- und Benutzungszwang bestehen keine rechtlichen Bedenken, soweit durch das Erfordernis des öffentlichen Bedürfnisses im Sinn des § 11 Abs. 1 GemO sichergestellt ist, dass die Einleitung des Niederschlagswassers in eine Sammelkanalisation nicht den Vorrang vor anderen Arten seiner schadlosen Beseitigung, etwa der Versickerung oder der Einleitung in oberirdische Gewässer, genießt (vgl. BayVfGH, Entsch. v. 10.11.2008, a.a.O.).
Allerdings nimmt § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WG Niederschlagswasser, welches dezentral beseitigt wird, von der Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden aus, es sei denn die Gemeinde hat den Anschluss an Anlagen der dezentralen Beseitigung oder der öffentlichen Abwasserbeseitigung für nach dem - am 01.01.2014 erfolgten - Inkrafttreten dieses Gesetzes bebaute Grundstücke angeordnet. Soweit die Gemeinde nicht zur Beseitigung verpflichtet ist, hat derjenige das Abwasser zu beseitigen, bei dem es anfällt (§ 46 Abs. 2 Satz 2 WG). Der eine Beseitigungspflicht der Gemeinde notwendig voraussetzenden Überlassungspflicht nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WG wird dadurch die Grundlage entzogen. Auch für einen Anschluss- und Benutzungszwang nach § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO ist in diesem Umfang kein Raum (mehr). Denn mit dem Wegfall der Beseitigungspflicht entfällt nicht nur die Pflichtaufgabe der Gemeinde (zur Abwasserbeseitigung), sondern auch die Aufgabe der Abwasserbeseitigung überhaupt als öffentliche Aufgabe der Gemeinde (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 1a; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.11.2007 - 12 B 32.07 -, juris).
Die Abwassersatzung der Antragsgegnerin trägt dem Rechnung, indem trotz genereller Einbeziehung des Niederschlagswassers in den Anwendungsbereich der Satzung (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwS) Anschlusszwang sowie Benutzungs- und Überlassungspflicht nach § 3 Abs. 1 AbwS nur „im Rahmen des § 45b Abs. 2 WG (a.F.)“ bestehen, dessen Satz 1 Nr. 3 ebenfalls vorgesehen hatte, dass für dezentral beseitigtes Niederschlagswasser die Pflicht der Gemeinden zur Abwasserbeseitigung entfällt. Ob die Antragsgegnerin eine Anschlussanordnung im Sinn des § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 WG getroffen hat, ist demgegenüber unerheblich, da das streitgegenständliche Grundstück vor dem 01.01.2014 bebaut worden ist.
b) Nach diesen rechtlichen Vorgaben dürften die Voraussetzungen des Anschluss- und Benutzungszwangs und der Abwasserüberlassungspflicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AbwS (auch) für das Grundstück Flst.-Nr. xxx erfüllt sein (vgl. zur grundstücksbezogenen Anknüpfung des Anschluss- und Benutzungszwangs Senat, Urt. v. 28.05.2009 - 1 S 1173/08 -, VBlBW 2009, 338).
10 
Bei dem Grundstück Flst.-Nr. xxx handelt es sich entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts um ein bebautes Grundstück, auf dem Abwasser anfällt. Die Antragsgegnerin hat mit der Beschwerde dargelegt und durch Vorlage eines aktuellen Lageplans und von Lichtbildern glaubhaft gemacht, dass sich auf dem Grundstück eine Scheune befindet; die Antragstellerin ist dem nicht entgegengetreten. Auf dem Grundstück fällt somit jedenfalls von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließendes Wasser (Niederschlagswasser) nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwS an; auch dies hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 07.10.2015 nicht (mehr) in Frage gestellt.
11 
Die Abwasserüberlassungspflicht und der Anschluss- und Benutzungszwang für das Grundstück Flst.-Nr. xxx dürften nicht wegen Wegfalls der Beseitigungspflicht der Antragsgegnerin nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WG entfallen. Denn nach Aktenlage ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen für eine erlaubnisfreie dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers erfüllt.
12 
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der auf Grundlage von § 45b Abs. 3 Satz 3 WG a.F. (jetzt § 46 Abs. 3 WG) erlassenen Verordnung des Umweltministeriums über die dezentrale Beseitigung von Niederschlagswasser (NiedSchlWasBesV) vom 22.03.1999 (GBl. S. 157) wird Niederschlagswasser dezentral eingeleitet, wenn es versickert oder ortsnah in ein oberirdisches Gewässer eingeleitet wird. Für das dezentrale Einleiten von Niederschlagswasser in ein Gewässer zum Zweck seiner schadlosen Beseitigung ist eine Erlaubnis nicht erforderlich, soweit die Bestimmungen der §§ 2 und 3 NiedSchlWasBesV eingehalten werden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 NiedSchlWasBesV), oder wenn die dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers in bauplanungsrechtlichen oder bauordnungsrechtlichen Vorschriften vorgesehen ist (§ 1 Abs. 1 Satz 3 NiedSchlWasBesV). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 NiedSchlWasBesV darf Niederschlagswasser unter anderem erlaubnisfrei versickert werden, wenn es von Dachflächen stammt, mit Ausnahme von Dachflächen in Gewerbegebieten und Industriegebieten sowie Sondergebieten mit vergleichbaren Nutzungen. Schadlos beseitigt wird Niederschlagswasser von Dachflächen, wenn es flächenhaft oder in Mulden auf mindestens 30 cm mächtigem Boden oder über Mulden-Rigolen-Elemente in das Grundwasser versickert wird (§ 2 Abs. 2 Satz 1 NiedSchlWasBesV); Niederschlagswasser von nicht beschichteten oder in ähnlicher Weise behandelten kupfer-, zink- oder bleigedeckten Dächern darf nicht ohne Erlaubnis dezentral beseitigt werden (§ 3 Satz 2 NiedSchlWasBesV). Sind die Anforderungen an die erlaubnisfreie Beseitigung nach den §§ 2 und 3 NiedSchlWasBesV nicht erfüllt, ist das Niederschlagswasser nicht generell von der dezentralen Beseitigung ausgeschlossen; vielmehr ist dann im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren über die Zulassung zur dezentralen Beseitigung zu entscheiden, soweit ein wasserrechtlicher Benutzungstatbestand (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG; § 14 Abs. 1 Nr. 5 WG) verwirklicht ist (vgl. Begründung zur Niederschlagsverordnung vom 22. März 1999, S. 2).
13 
Die Antragstellerin hat nach Hinweis des Berichterstatters auf die vorgenannten Regelungen der Niederschlagswasserverordnung nicht dargetan oder gar glaubhaft gemacht, dass vorliegend die Voraussetzungen für eine erlaubnisfreie dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers erfüllt wären. Der pauschale Vortrag im Schriftsatz vom 07.10.2015, dass das von den Dachflächen des Scheunentrakts abfließende Niederschlagswasser direkt auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx versickern könne, genügt hierfür ersichtlich nicht. Denn es fehlt jede Angabe dazu, ob und gegebenenfalls wie den Anforderungen an eine schadlose Versickerung des Niederschlagswassers nach § 2 Abs. 2 Satz 1 NiedSchlWasBesV Rechnung getragen wird, und dass etwaige hierzu errichtete Anlagen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik hergestellt worden sind und betrieben werden (§ 2 Abs. 3 NiedSchlWasBesV). Insbesondere dem erstinstanzlichen Vortrag, dass die Abwässer aus dem auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx befindlichen Wohnhaus seit vielen Jahren in eine Fäkaliengrube entsorgt würden, lässt sich in dieser Hinsicht nichts entnehmen. Eine wasserrechtliche Erlaubnis zur dezentralen Beseitigung des auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx anfallenden Niederschlagswassers, die Feststellungen zu Art und Weise von dessen Versickerung entbehrlich machte, ist der Antragstellerin nicht erteilt worden. Für eine Verzichtbarkeit der wasserrechtlichen Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Satz 3 NiedSchlWasBesV ist ebenfalls nichts erkennbar.
14 
c) Auch der im Verwaltungsverfahren erhobene Einwand, dass das Grundstück Flst.-Nr. xxx nicht an die xxx angrenze und deshalb nicht erschlossen werden müsse, führt voraussichtlich nicht zu einem Wegfall des Anschluss- und Benutzungszwangs und der Abwasserüberlassungspflicht. Zwar ist Voraussetzung für die Auferlegung eines Anschluss- und Benutzungszwangs für eine Abwasseranlage, dass das Grundstück überhaupt von dieser Anlage erschlossen wird, was wiederum voraussetzt, dass der Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Abwasseranlage der Gemeinde tatsächlich und rechtlich möglich ist (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004 - 1 S 2121/03 - und v. 20.09.2012, a.a.O. , jeweils m.w.N.). Dies dürfte indes hier der Fall sein.
15 
Dass ein Anschluss des Grundstücks Flst.-Nr. xxx an die öffentliche Abwasseranlage aus tatsächlichen Gründen scheitern könnte, ist nicht erkennbar. Bei leitungsgebundenen Einrichtungen besteht eine tatsächliche Anschlussmöglichkeit für ein Grundstück dann, wenn es nahe genug bei der öffentlichen Einrichtung liegt, um unter gewöhnlichen Umständen an diese angeschlossen zu werden; maßgeblich für die Frage, ob eine Anschlussmöglichkeit „unter gewöhnlichen Umständen“ besteht, sind die örtlichen Verhältnisse in der betreffenden Gemeinde (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004 und v. 20.09.2012, jeweils a.a.O.). Hiernach dürfte die tatsächliche Anschlussmöglichkeit für das Grundstück Flst.-Nr. xxx gegeben sein. Denn die betriebsbereite öffentliche Abwasseranlage ist unmittelbar vor dem an die kanalisierte xxx angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. xxx hergestellt, und das weniger als 15 m von der xxx entfernt liegende Hinterliegergrundstück dürfte technisch ohne Weiteres an diese Leitung anschließbar sein. Soweit die Antragstellerin in der Beschwerdeerwiderung pauschal behauptet, der Grundstücksanschluss sei allenfalls zur Aufnahme des Niederschlagswassers der auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx befindlichen Scheune geeignet, sowie die technische Anschlussmöglichkeit des Wohnhauses an die Abwasseranlage in Abrede stellt, hat sie diesen Vortrag weder substantiiert noch gar glaubhaft gemacht.
16 
Auch die rechtliche Anschlussmöglichkeit dürfte im Fall des (Hinterlieger-) Grundstücks Flst.-Nr. xxx gegeben sein, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob die Grundstücke Flst.-Nrn. xxx und xxx eine wirtschaftliche Einheit bilden (vgl. dazu Senat, Urt. v. 20.09.2012, a.a.O.). Ein Hinterliegergrundstück ist rechtlich nur dann an die öffentliche Abwasseranlage anschließbar, wenn das Durchleitungsrecht durch das Zwischengrundstück auf Dauer dinglich gesichert ist, sei es öffentlich-rechtlich in Gestalt einer Baulast oder zivilrechtlich durch eine Grunddienstbarkeit (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004, a.a.O. m.w.N.). Stehen - wie hier - Vorderlieger- und Hinterliegergrundstück im selben Eigentum, ist beim bebauten Hinterliegergrundstück dieses Recht gesichert, wenn im Fall der Veräußerung des Vorderliegergrundstücks an einen Dritten zulasten des Erwerbers ein Notleitungsrecht kraft Gesetzes entsteht (§ 918 Abs. 2 BGB), was voraussetzt, dass die benötigte Entsorgung auf andere Weise nicht erlangt werden kann (vgl. ausf. Senat, Urt. v. 20.09.2012, a.a.O. m.w.N.). Dies dürfte hier der Fall sein. Nach Aktenlage ist das Grundstück Flst.-Nr. xxx wegemäßig auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx angewiesen, da es über keine eigene Verbindung zu einem öffentlichen Weg verfügt.
17 
d) Sonstige Umstände, die dem Anschluss- und Benutzungszwang und der Abwasserüberlassungspflicht für das Grundstück Flst.-Nr. xxx entgegenstehen könnten, sind weder von der Antragstellerin dargetan noch ersichtlich. Soweit sie sinngemäß geltend macht, der Anschluss des Grundstücks Flst.-Nr. xxx an den öffentlichen Abwasserkanal sei ihr wegen der höheren Kosten infolge der Lage des Grundstücksanschlusses in der äußersten Ecke des Grundstücks beim Schuppen wirtschaftlich unzumutbar, berührt dies nicht ihre grundsätzliche Verpflichtung, den Anschluss herzustellen und die öffentliche Abwasserbeseitigung zu benutzen. Gesichtspunkte der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit sind allein bei der Frage zu prüfen, ob eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nach § 5 AbwS zu gewähren ist (vgl. Senat, Urt. v. 20.06.1994 - 1 S 2393/93 -, BWGZ 1995, 33). Ein Befreiungsantrag ist indes nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; im Gegenteil hat die Antragstellerin nach Aktenlage einen solchen Antrag bislang nicht gestellt.
18 
2. Die Zwangsgeldandrohungen in den Nummern 3 und 6 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 21.01.2015 dürften auf Grundlage von § 2 Nr. 2, §§ 19, 20 und 23 LVwVfG ebenfalls rechtmäßig ergangen sein. Insbesondere sind sie voraussichtlich hinreichend bestimmt und hinsichtlich der Höhe der angedrohten Zwangsgelder als verhältnismäßig anzusehen.
19 
§ 20 Abs. 4 LVwVG verlangt, dass die Androhung eines Zwangsgelds „in bestimmter Höhe“ erfolgt. Dem Bestimmtheitsgrundsatz ist genügt, wenn für den Vollstreckungsschuldner erkennbar ist, für welchen Fall der Nichterfüllung einer Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht ihm ein Zwangsgeld in welcher Höhe droht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1995 - 5 S 71/95 -, VBlBW 1996, 65 m.w.N.; vgl. auch OVG Saarland, Beschl. v. 06.10.2014 - 2 B 348/14 -, NVwZ-RR 2015, 101). Diese Voraussetzungen dürften hier erfüllt sein, obgleich die Antragsgegnerin zur Durchsetzung der sich auf beide Grundstücke der Antragstellerin beziehenden Handlungsgebote in den Nummern 1 (Anschlusszwang) und 4 (Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht) des angefochtenen Bescheids jeweils nur ein einheitliches Zwangsgeld in Höhe von 3.500,-- EUR beziehungsweise 250,-- EUR angedroht hat. Denn der Wortlaut der Zwangsgeldandrohungen und die Höhe der angedrohten Zwangsgelder lassen die Auslegung zu, dass die Antragsgegnerin das volle Zwangsgeld jeweils für jeden einzelnen Verstoß gegen den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht androhen wollte, für beide Grundstücke zusammen aber auch nicht mehr als 3.500,-- EUR beziehungsweise 250,-- EUR. Eine solche „gebündelte“ Zwangsgeldandrohung ist mit dem Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar, wenn der angedrohte Betrag für jede einzelne der umstrittenen Handlungspflichten und besonders im Fall weitgehender Teilerfüllung für die letzte, noch nicht erfüllte Handlungspflicht nicht unangemessen hoch ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.02.1980 - III 1381/79 -, juris). So liegt der Fall hier. Was Nummer 3 des angefochtenen Bescheids angeht, ist nicht erkennbar, dass das angedrohte Zwangsgeld von 3.500,-- EUR zu den voraussichtlichen Kosten des Anschlusses nur eines der beiden Grundstücke an die öffentliche Abwasseranlage außer Verhältnis stünde (zur Maßgeblichkeit des mutmaßlichen wirtschaftlichen Interesses an einer Nichtbefolgung der Anordnung vgl. Sächs. OVG, Urt. v. 16.04.2013 - 4 A 260/12 -, DVBl 2013, 867). Soweit es Nummer 6 des angefochtenen Bescheids betrifft, bestehen gegen die Androhung eines Zwangsgelds von 250,-- EUR für die Nichterfüllung der Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht mit nur einem der beiden Grundstücke schon im Hinblick auf die geringe Höhe des angedrohten Betrages keine Bedenken.
20 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
21 
Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 39 Abs. 1 GKG. Hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht ist für jedes der Grundstücke Flst.-Nrn. xxx und xxx mangels konkreter Anhaltspunkte für die Höhe der der Antragstellerin hieraus entstehenden Kosten jeweils der Auffangwert anzusetzen, wobei dieser Betrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu halbieren ist. Die unselbstständigen Zwangsgeldandrohungen sind bei der Bemessung des Streitwerts außer Ansatz zu lassen (vgl. Senat, Beschl. v. 12.04.2011 - 1 S 2849/10 -, VBlBW 2011, 425). Danach ergibt sich für das erstinstanzliche Verfahren ein Gesamtstreitwert von 5.000,-- EUR, während für das seinem Umfang nach auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx beschränkte Beschwerdeverfahren 2.500,-- EUR festzusetzen sind.
22 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Verpflichtung zur Duldung des Notwegs tritt nicht ein, wenn die bisherige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Wege durch eine willkürliche Handlung des Eigentümers aufgehoben wird.

(2) Wird infolge der Veräußerung eines Teils des Grundstücks der veräußerte oder der zurückbehaltene Teil von der Verbindung mit dem öffentlichen Wege abgeschnitten, so hat der Eigentümer desjenigen Teils, über welchen die Verbindung bisher stattgefunden hat, den Notweg zu dulden. Der Veräußerung eines Teils steht die Veräußerung eines von mehreren demselben Eigentümer gehörenden Grundstücken gleich.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. April 2015 - 3 K 1285/15 - teilweise geändert und der Antrag insgesamt abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Verfahren im ersten Rechtszug wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - auf 5.000,-- EUR, derjenige für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die von der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe geben dem Senat Veranlassung, den Beschluss des Verwaltungsgerichts teilweise zu ändern und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung beziehungsweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21.01.2015 insgesamt abzulehnen. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich der Nummern 1, 2, 4 und 5 des Bescheids, soweit sich diese auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx erstrecken, wiederhergestellt und hinsichtlich der Nummern 3 und 6 des Bescheids angeordnet.
Die vom Senat im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung fällt zu Ungunsten des Interesses der Antragstellerin aus, vom Vollzug der Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht, soweit diese das Grundstück Flst.-Nr. xxx betreffen, einstweilen verschont zu bleiben. Das Aufschubinteresse der Antragstellerin überwiegt nicht das öffentliche Vollzugsinteresse, weil nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen, aber auch ausreichenden Prüfung der Sach- und Rechtslage (auch) diese Anordnungen voraussichtlich rechtmäßig sind (1.) Auch die Zwangsgeldandrohungen dürften rechtlich nicht zu beanstanden sein (2.).
1. Die Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht für das Grundstück Flst.-Nr. xxx dürften auf Grundlage von § 3 Abs. 1 und 3 der Satzung der Antragsgegnerin über die öffentliche Abwasserbeseitigung - Abwassersatzung (AbwS) - vom 10.12.2012, geändert durch Satzung vom 09.12.2014, rechtmäßig ergangen sein. Danach sind die Eigentümer von Grundstücken, auf denen Abwasser anfällt, nach näherer Bestimmung der Satzung berechtigt und verpflichtet, ihre Grundstücke an die öffentlichen Abwasseranlagen anzuschließen, diese zu benutzen und das gesamte auf den Grundstücken anfallende Abwasser der Antragsgegnerin im Rahmen des § 45b Abs. 1 und 2 WG (a.F.) zu überlassen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AbwS). Bebaute Grundstücke sind anzuschließen, sobald die für sie bestimmten öffentlichen Abwasseranlagen betriebsfertig hergestellt sind (§ 3 Abs. 3 Satz 1 AbwS). Diese Voraussetzungen dürften hinsichtlich des Grundstücks der Antragstellerin Flst.-Nr. xxx erfüllt sein.
a) Die Regelungen in § 3 Abs. 1 und 3 AbwS sind gültig und dürften rechtlich nicht zu beanstanden sein. Sie dürften ihre Grundlage in § 11 GemO und § 45b Abs. 4 WG a.F. (jetzt § 46 Abs. 4 und 5 WG) finden.
§ 11 Abs. 1 Satz 1 GemO ermächtigt die Gemeinden, bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebiets unter anderem den Anschluss an der Abwasserbeseitigung dienende gemeindliche Einrichtungen (Anschlusszwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen (Benutzungszwang) vorzuschreiben; die Satzung kann bestimmte Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zulassen und ihn auf bestimmte Teile des Gemeindegebiets oder auf bestimmte Gruppen von Grundstücken, Gewerbetrieben oder Personen beschränken (§ 11 Abs. 2 GemO). § 11 GemO ist eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Spezialermächtigung, die als landesrechtliche Eingriffsgrundlage aus Gründen der Volksgesundheit Eingriffe in die Grundrechte der Grundstückseigentümer oder der sonst zur Nutzung des Grundstücks Berechtigten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG legitimieren kann (Senat, Urt. v. 20.09.2013 - 1 S 3072/11 -, VBlBW 2013, 73 m.w.N.). Im vorliegenden Zusammenhang ermöglicht sie den nach Wasserrecht grundsätzlich zur Abwasserbeseitigung verpflichteten Körperschaften (§ 56 WHG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 WG), diese Verpflichtung zu erfüllen (vgl. zu Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayGemO: BayVfGH, Entsch. v. 10.11.2008 - Vf. 4-VII-06 -, NVwZ 2009, 298). Der Anschluss- und Benutzungszwang wird durch die Überlassungspflicht desjenigen, bei dem das Abwasser anfällt, gegenüber dem Beseitigungspflichtigen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WG) ergänzt (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 1a; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 28.10.1994 - 23 N 90.2272 -, NVwZ-RR 1995, 345). Nach § 46 Abs. 4 Satz 1 WG gestalten die Gemeinden die Überlassungspflicht durch Satzung aus, indem sie regeln, unter welchen Voraussetzungen Abwasser als angefallen gilt und in welcher Weise und Zusammensetzung ihr das Abwasser zu überlassen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.05.1995 - 2 S 2568/92 -, juris). Darüber hinaus können sie Ausschlüsse von der Abwasserbeseitigung festlegen (§ 46 Abs. 4 Satz 2 WG) sowie Ausnahmen von der Überlassungspflicht vorsehen (§ 46 Abs. 5 Satz 1 WG).
Die der geordneten Abwasserbeseitigung dienenden Ermächtigungen in § 11 GemO und § 46 Abs. 4 und 5 WG beziehen sich im Grundsatz nicht nur auf Schmutzwasser, also durch Gebrauch in seinen Eigenschaften verändertes und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG), sondern auch auf Niederschlagswasser, das aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließt (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG). Für die Überlassungspflicht folgt dies bereits daraus, dass § 46 WG zur Ausführung und Ergänzung des § 56 WHG an den in § 54 Abs. 1 WHG definierten Begriff „Abwasser“ anknüpft, ohne diesem einen abweichenden Bedeutungsgehalt zuzuweisen; zudem besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die durch Art. 1 des Gesetzes vom 03.12.2013 (GBl. S. 389) neugefassten Regelungen der Abwasserbeseitigung auf einen anderen Gegenstand beziehen wollte als die das Niederschlagswasser aus bebauten oder befestigten Flächen ausdrücklich einbeziehenden (§ 45a Abs. 3 WG a.F.) bisherigen Vorschriften (vgl. LT-Drs. 15/3760, S. 142 ff.). Aber auch der Begriff „Abwasserbeseitigung“ in § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO umfasst neben den üblichen Arten von Schmutzwasser das Niederschlagswasser von bebauten und befestigten Flächen. Angesichts des vom Normgeber vorgefundenen Erscheinungsbilds kommunaler Abwasserbeseitigungsanlagen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 3 m.w.N.) hätte es eines ausdrücklichen Ausschlusses des Niederschlagswassers als Gegenstand des Anschluss- und Benutzungszwangs bedurft, wenn dieses von vornherein hätte außer Betracht bleiben sollen (vgl. zu Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayGemO: BayVGH, Urt. v. 28.10.1994, a.a.O.). Gegen die prinzipielle Einbeziehung des Niederschlagswassers in den Anschluss- und Benutzungszwang bestehen keine rechtlichen Bedenken, soweit durch das Erfordernis des öffentlichen Bedürfnisses im Sinn des § 11 Abs. 1 GemO sichergestellt ist, dass die Einleitung des Niederschlagswassers in eine Sammelkanalisation nicht den Vorrang vor anderen Arten seiner schadlosen Beseitigung, etwa der Versickerung oder der Einleitung in oberirdische Gewässer, genießt (vgl. BayVfGH, Entsch. v. 10.11.2008, a.a.O.).
Allerdings nimmt § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WG Niederschlagswasser, welches dezentral beseitigt wird, von der Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden aus, es sei denn die Gemeinde hat den Anschluss an Anlagen der dezentralen Beseitigung oder der öffentlichen Abwasserbeseitigung für nach dem - am 01.01.2014 erfolgten - Inkrafttreten dieses Gesetzes bebaute Grundstücke angeordnet. Soweit die Gemeinde nicht zur Beseitigung verpflichtet ist, hat derjenige das Abwasser zu beseitigen, bei dem es anfällt (§ 46 Abs. 2 Satz 2 WG). Der eine Beseitigungspflicht der Gemeinde notwendig voraussetzenden Überlassungspflicht nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WG wird dadurch die Grundlage entzogen. Auch für einen Anschluss- und Benutzungszwang nach § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO ist in diesem Umfang kein Raum (mehr). Denn mit dem Wegfall der Beseitigungspflicht entfällt nicht nur die Pflichtaufgabe der Gemeinde (zur Abwasserbeseitigung), sondern auch die Aufgabe der Abwasserbeseitigung überhaupt als öffentliche Aufgabe der Gemeinde (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 1a; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.11.2007 - 12 B 32.07 -, juris).
Die Abwassersatzung der Antragsgegnerin trägt dem Rechnung, indem trotz genereller Einbeziehung des Niederschlagswassers in den Anwendungsbereich der Satzung (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwS) Anschlusszwang sowie Benutzungs- und Überlassungspflicht nach § 3 Abs. 1 AbwS nur „im Rahmen des § 45b Abs. 2 WG (a.F.)“ bestehen, dessen Satz 1 Nr. 3 ebenfalls vorgesehen hatte, dass für dezentral beseitigtes Niederschlagswasser die Pflicht der Gemeinden zur Abwasserbeseitigung entfällt. Ob die Antragsgegnerin eine Anschlussanordnung im Sinn des § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 WG getroffen hat, ist demgegenüber unerheblich, da das streitgegenständliche Grundstück vor dem 01.01.2014 bebaut worden ist.
b) Nach diesen rechtlichen Vorgaben dürften die Voraussetzungen des Anschluss- und Benutzungszwangs und der Abwasserüberlassungspflicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AbwS (auch) für das Grundstück Flst.-Nr. xxx erfüllt sein (vgl. zur grundstücksbezogenen Anknüpfung des Anschluss- und Benutzungszwangs Senat, Urt. v. 28.05.2009 - 1 S 1173/08 -, VBlBW 2009, 338).
10 
Bei dem Grundstück Flst.-Nr. xxx handelt es sich entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts um ein bebautes Grundstück, auf dem Abwasser anfällt. Die Antragsgegnerin hat mit der Beschwerde dargelegt und durch Vorlage eines aktuellen Lageplans und von Lichtbildern glaubhaft gemacht, dass sich auf dem Grundstück eine Scheune befindet; die Antragstellerin ist dem nicht entgegengetreten. Auf dem Grundstück fällt somit jedenfalls von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließendes Wasser (Niederschlagswasser) nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwS an; auch dies hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 07.10.2015 nicht (mehr) in Frage gestellt.
11 
Die Abwasserüberlassungspflicht und der Anschluss- und Benutzungszwang für das Grundstück Flst.-Nr. xxx dürften nicht wegen Wegfalls der Beseitigungspflicht der Antragsgegnerin nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WG entfallen. Denn nach Aktenlage ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen für eine erlaubnisfreie dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers erfüllt.
12 
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der auf Grundlage von § 45b Abs. 3 Satz 3 WG a.F. (jetzt § 46 Abs. 3 WG) erlassenen Verordnung des Umweltministeriums über die dezentrale Beseitigung von Niederschlagswasser (NiedSchlWasBesV) vom 22.03.1999 (GBl. S. 157) wird Niederschlagswasser dezentral eingeleitet, wenn es versickert oder ortsnah in ein oberirdisches Gewässer eingeleitet wird. Für das dezentrale Einleiten von Niederschlagswasser in ein Gewässer zum Zweck seiner schadlosen Beseitigung ist eine Erlaubnis nicht erforderlich, soweit die Bestimmungen der §§ 2 und 3 NiedSchlWasBesV eingehalten werden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 NiedSchlWasBesV), oder wenn die dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers in bauplanungsrechtlichen oder bauordnungsrechtlichen Vorschriften vorgesehen ist (§ 1 Abs. 1 Satz 3 NiedSchlWasBesV). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 NiedSchlWasBesV darf Niederschlagswasser unter anderem erlaubnisfrei versickert werden, wenn es von Dachflächen stammt, mit Ausnahme von Dachflächen in Gewerbegebieten und Industriegebieten sowie Sondergebieten mit vergleichbaren Nutzungen. Schadlos beseitigt wird Niederschlagswasser von Dachflächen, wenn es flächenhaft oder in Mulden auf mindestens 30 cm mächtigem Boden oder über Mulden-Rigolen-Elemente in das Grundwasser versickert wird (§ 2 Abs. 2 Satz 1 NiedSchlWasBesV); Niederschlagswasser von nicht beschichteten oder in ähnlicher Weise behandelten kupfer-, zink- oder bleigedeckten Dächern darf nicht ohne Erlaubnis dezentral beseitigt werden (§ 3 Satz 2 NiedSchlWasBesV). Sind die Anforderungen an die erlaubnisfreie Beseitigung nach den §§ 2 und 3 NiedSchlWasBesV nicht erfüllt, ist das Niederschlagswasser nicht generell von der dezentralen Beseitigung ausgeschlossen; vielmehr ist dann im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren über die Zulassung zur dezentralen Beseitigung zu entscheiden, soweit ein wasserrechtlicher Benutzungstatbestand (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG; § 14 Abs. 1 Nr. 5 WG) verwirklicht ist (vgl. Begründung zur Niederschlagsverordnung vom 22. März 1999, S. 2).
13 
Die Antragstellerin hat nach Hinweis des Berichterstatters auf die vorgenannten Regelungen der Niederschlagswasserverordnung nicht dargetan oder gar glaubhaft gemacht, dass vorliegend die Voraussetzungen für eine erlaubnisfreie dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers erfüllt wären. Der pauschale Vortrag im Schriftsatz vom 07.10.2015, dass das von den Dachflächen des Scheunentrakts abfließende Niederschlagswasser direkt auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx versickern könne, genügt hierfür ersichtlich nicht. Denn es fehlt jede Angabe dazu, ob und gegebenenfalls wie den Anforderungen an eine schadlose Versickerung des Niederschlagswassers nach § 2 Abs. 2 Satz 1 NiedSchlWasBesV Rechnung getragen wird, und dass etwaige hierzu errichtete Anlagen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik hergestellt worden sind und betrieben werden (§ 2 Abs. 3 NiedSchlWasBesV). Insbesondere dem erstinstanzlichen Vortrag, dass die Abwässer aus dem auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx befindlichen Wohnhaus seit vielen Jahren in eine Fäkaliengrube entsorgt würden, lässt sich in dieser Hinsicht nichts entnehmen. Eine wasserrechtliche Erlaubnis zur dezentralen Beseitigung des auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx anfallenden Niederschlagswassers, die Feststellungen zu Art und Weise von dessen Versickerung entbehrlich machte, ist der Antragstellerin nicht erteilt worden. Für eine Verzichtbarkeit der wasserrechtlichen Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Satz 3 NiedSchlWasBesV ist ebenfalls nichts erkennbar.
14 
c) Auch der im Verwaltungsverfahren erhobene Einwand, dass das Grundstück Flst.-Nr. xxx nicht an die xxx angrenze und deshalb nicht erschlossen werden müsse, führt voraussichtlich nicht zu einem Wegfall des Anschluss- und Benutzungszwangs und der Abwasserüberlassungspflicht. Zwar ist Voraussetzung für die Auferlegung eines Anschluss- und Benutzungszwangs für eine Abwasseranlage, dass das Grundstück überhaupt von dieser Anlage erschlossen wird, was wiederum voraussetzt, dass der Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Abwasseranlage der Gemeinde tatsächlich und rechtlich möglich ist (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004 - 1 S 2121/03 - und v. 20.09.2012, a.a.O. , jeweils m.w.N.). Dies dürfte indes hier der Fall sein.
15 
Dass ein Anschluss des Grundstücks Flst.-Nr. xxx an die öffentliche Abwasseranlage aus tatsächlichen Gründen scheitern könnte, ist nicht erkennbar. Bei leitungsgebundenen Einrichtungen besteht eine tatsächliche Anschlussmöglichkeit für ein Grundstück dann, wenn es nahe genug bei der öffentlichen Einrichtung liegt, um unter gewöhnlichen Umständen an diese angeschlossen zu werden; maßgeblich für die Frage, ob eine Anschlussmöglichkeit „unter gewöhnlichen Umständen“ besteht, sind die örtlichen Verhältnisse in der betreffenden Gemeinde (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004 und v. 20.09.2012, jeweils a.a.O.). Hiernach dürfte die tatsächliche Anschlussmöglichkeit für das Grundstück Flst.-Nr. xxx gegeben sein. Denn die betriebsbereite öffentliche Abwasseranlage ist unmittelbar vor dem an die kanalisierte xxx angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. xxx hergestellt, und das weniger als 15 m von der xxx entfernt liegende Hinterliegergrundstück dürfte technisch ohne Weiteres an diese Leitung anschließbar sein. Soweit die Antragstellerin in der Beschwerdeerwiderung pauschal behauptet, der Grundstücksanschluss sei allenfalls zur Aufnahme des Niederschlagswassers der auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx befindlichen Scheune geeignet, sowie die technische Anschlussmöglichkeit des Wohnhauses an die Abwasseranlage in Abrede stellt, hat sie diesen Vortrag weder substantiiert noch gar glaubhaft gemacht.
16 
Auch die rechtliche Anschlussmöglichkeit dürfte im Fall des (Hinterlieger-) Grundstücks Flst.-Nr. xxx gegeben sein, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob die Grundstücke Flst.-Nrn. xxx und xxx eine wirtschaftliche Einheit bilden (vgl. dazu Senat, Urt. v. 20.09.2012, a.a.O.). Ein Hinterliegergrundstück ist rechtlich nur dann an die öffentliche Abwasseranlage anschließbar, wenn das Durchleitungsrecht durch das Zwischengrundstück auf Dauer dinglich gesichert ist, sei es öffentlich-rechtlich in Gestalt einer Baulast oder zivilrechtlich durch eine Grunddienstbarkeit (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004, a.a.O. m.w.N.). Stehen - wie hier - Vorderlieger- und Hinterliegergrundstück im selben Eigentum, ist beim bebauten Hinterliegergrundstück dieses Recht gesichert, wenn im Fall der Veräußerung des Vorderliegergrundstücks an einen Dritten zulasten des Erwerbers ein Notleitungsrecht kraft Gesetzes entsteht (§ 918 Abs. 2 BGB), was voraussetzt, dass die benötigte Entsorgung auf andere Weise nicht erlangt werden kann (vgl. ausf. Senat, Urt. v. 20.09.2012, a.a.O. m.w.N.). Dies dürfte hier der Fall sein. Nach Aktenlage ist das Grundstück Flst.-Nr. xxx wegemäßig auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx angewiesen, da es über keine eigene Verbindung zu einem öffentlichen Weg verfügt.
17 
d) Sonstige Umstände, die dem Anschluss- und Benutzungszwang und der Abwasserüberlassungspflicht für das Grundstück Flst.-Nr. xxx entgegenstehen könnten, sind weder von der Antragstellerin dargetan noch ersichtlich. Soweit sie sinngemäß geltend macht, der Anschluss des Grundstücks Flst.-Nr. xxx an den öffentlichen Abwasserkanal sei ihr wegen der höheren Kosten infolge der Lage des Grundstücksanschlusses in der äußersten Ecke des Grundstücks beim Schuppen wirtschaftlich unzumutbar, berührt dies nicht ihre grundsätzliche Verpflichtung, den Anschluss herzustellen und die öffentliche Abwasserbeseitigung zu benutzen. Gesichtspunkte der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit sind allein bei der Frage zu prüfen, ob eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nach § 5 AbwS zu gewähren ist (vgl. Senat, Urt. v. 20.06.1994 - 1 S 2393/93 -, BWGZ 1995, 33). Ein Befreiungsantrag ist indes nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; im Gegenteil hat die Antragstellerin nach Aktenlage einen solchen Antrag bislang nicht gestellt.
18 
2. Die Zwangsgeldandrohungen in den Nummern 3 und 6 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 21.01.2015 dürften auf Grundlage von § 2 Nr. 2, §§ 19, 20 und 23 LVwVfG ebenfalls rechtmäßig ergangen sein. Insbesondere sind sie voraussichtlich hinreichend bestimmt und hinsichtlich der Höhe der angedrohten Zwangsgelder als verhältnismäßig anzusehen.
19 
§ 20 Abs. 4 LVwVG verlangt, dass die Androhung eines Zwangsgelds „in bestimmter Höhe“ erfolgt. Dem Bestimmtheitsgrundsatz ist genügt, wenn für den Vollstreckungsschuldner erkennbar ist, für welchen Fall der Nichterfüllung einer Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht ihm ein Zwangsgeld in welcher Höhe droht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1995 - 5 S 71/95 -, VBlBW 1996, 65 m.w.N.; vgl. auch OVG Saarland, Beschl. v. 06.10.2014 - 2 B 348/14 -, NVwZ-RR 2015, 101). Diese Voraussetzungen dürften hier erfüllt sein, obgleich die Antragsgegnerin zur Durchsetzung der sich auf beide Grundstücke der Antragstellerin beziehenden Handlungsgebote in den Nummern 1 (Anschlusszwang) und 4 (Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht) des angefochtenen Bescheids jeweils nur ein einheitliches Zwangsgeld in Höhe von 3.500,-- EUR beziehungsweise 250,-- EUR angedroht hat. Denn der Wortlaut der Zwangsgeldandrohungen und die Höhe der angedrohten Zwangsgelder lassen die Auslegung zu, dass die Antragsgegnerin das volle Zwangsgeld jeweils für jeden einzelnen Verstoß gegen den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht androhen wollte, für beide Grundstücke zusammen aber auch nicht mehr als 3.500,-- EUR beziehungsweise 250,-- EUR. Eine solche „gebündelte“ Zwangsgeldandrohung ist mit dem Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar, wenn der angedrohte Betrag für jede einzelne der umstrittenen Handlungspflichten und besonders im Fall weitgehender Teilerfüllung für die letzte, noch nicht erfüllte Handlungspflicht nicht unangemessen hoch ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.02.1980 - III 1381/79 -, juris). So liegt der Fall hier. Was Nummer 3 des angefochtenen Bescheids angeht, ist nicht erkennbar, dass das angedrohte Zwangsgeld von 3.500,-- EUR zu den voraussichtlichen Kosten des Anschlusses nur eines der beiden Grundstücke an die öffentliche Abwasseranlage außer Verhältnis stünde (zur Maßgeblichkeit des mutmaßlichen wirtschaftlichen Interesses an einer Nichtbefolgung der Anordnung vgl. Sächs. OVG, Urt. v. 16.04.2013 - 4 A 260/12 -, DVBl 2013, 867). Soweit es Nummer 6 des angefochtenen Bescheids betrifft, bestehen gegen die Androhung eines Zwangsgelds von 250,-- EUR für die Nichterfüllung der Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht mit nur einem der beiden Grundstücke schon im Hinblick auf die geringe Höhe des angedrohten Betrages keine Bedenken.
20 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
21 
Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 39 Abs. 1 GKG. Hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht ist für jedes der Grundstücke Flst.-Nrn. xxx und xxx mangels konkreter Anhaltspunkte für die Höhe der der Antragstellerin hieraus entstehenden Kosten jeweils der Auffangwert anzusetzen, wobei dieser Betrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu halbieren ist. Die unselbstständigen Zwangsgeldandrohungen sind bei der Bemessung des Streitwerts außer Ansatz zu lassen (vgl. Senat, Beschl. v. 12.04.2011 - 1 S 2849/10 -, VBlBW 2011, 425). Danach ergibt sich für das erstinstanzliche Verfahren ein Gesamtstreitwert von 5.000,-- EUR, während für das seinem Umfang nach auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx beschränkte Beschwerdeverfahren 2.500,-- EUR festzusetzen sind.
22 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 15.000,- € festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23

(1) Rechtsvorschriften, die das Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich regeln, sind den Bestimmungen dieser Verordnung entsprechend zu gestalten; unberührt bleiben die Regelungen des Verwaltungsverfahrens sowie gemeinderechtliche Vorschriften zur Regelung des Abgabenrechts.

(2) Bei Inkrafttreten dieser Verordnung geltende Rechtsvorschriften, die das Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich regeln, sind bis zum 1. Januar 1982 anzupassen.

(1) Das Wasserversorgungsunternehmen hat dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Der Kunde ist verpflichtet, seinen Wasserbedarf im vereinbarten Umfange aus dem Verteilungsnetz des Wasserversorgungsunternehmens zu decken.

(2) Vor der Errichtung einer Eigengewinnungsanlage hat der Kunde dem Wasserversorgungsunternehmen Mitteilung zu machen. Der Kunde hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß von seiner Eigenanlage keine Rückwirkungen in das öffentliche Wasserversorgungsnetz möglich sind.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger ein mit einem Schweinestall bebautes Grundstück an die öffentliche Wasserversorgung der Beklagten anschließen und das zur Verfügung gestellte Wasser nutzen muss.
Der Kläger ist Vollerwerbslandwirt. Seine Hofstelle auf dem Grundstück Flst. Nr. ... am Ortsausgang des Ortsteils Nesselbach der Beklagten ist über eine in der St. Straße verlegte Versorgungsleitung an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen; diese nutzt er nur für die Wasserversorgung des Wohnhauses, während er den übrigen Wasserbedarf mit Zustimmung der Beklagten seit 1989 durch einen eigenen Brunnen deckt. Für die Brauchwasserversorgung eines Schweinestalls auf einem Pachtgrundstück, das daneben noch mit einem an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossenen Wohnhaus bebaut ist, wurde der Kläger mit Bescheid vom 04.02.1998 widerruflich vom Anschluss- und Benutzungszwang befreit. Am 22.08.2007 wurde dem Kläger vom Landratsamt Schwäbisch Hall eine Baugenehmigung für die Errichtung eines neuen Schweinestalls mit 530 Mast- und 480 Ferkelaufzuchtplätzen auf dem Grundstück Flst. Nr. ... erteilt. Dieses Grundstück liegt schräg gegenüber der Hofstelle auf der anderen Straßenseite und ist ebenfalls von der öffentlichen Wasserleitung erschlossen. Der Bauplatz befindet sich etwa 320 bis 350 m von der Hofstelle entfernt im Außenbereich. Bereits am 16.04.2007 hatte der Kläger beantragt, die Bohrung eines neuen Brunnens auf dem Baugrundstück zu genehmigen und mitgeteilt, dass er sich nicht an die städtische Wasserversorgung anschließen werde. Das Wasser und die Erschließung seien zu teuer. Im Übrigen sei auch der Druck mit 2,0 bis 2,6 bar für seine Zwecke zu gering. Für die anderen Wasserabnehmer ändere sich nichts.
Die Beklagte sah in diesem Schreiben einen Antrag auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang, den sie mit Bescheid vom 27.04.2007 ablehnte. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass in den vergangenen Jahren Befreiungsanträge abgelehnt worden seien, weil die gemeindliche Wasserversorgung als Ganzes den Interessen der Allgemeinheit diene und sie nur dann „preisgünstig“ gestaltet werden könne, wenn grundsätzlich alle Bewohner ihren gesamten Wasserbedarf aus ihr deckten; wegen der Gleichbehandlung müsse ein strenger Maßstab angelegt werden. Es müsse auch die künftige Entwicklung in die Entscheidung einbezogen werden; denn auch in Zukunft müsse die Wasserversorgung wirtschaftlich geführt werden können und für die verbleibenden Anschlussnehmer bezahlbar bleiben. Der Anschluss des Stalles an die öffentliche Trinkwasserversorgung sei dem Kläger auch finanziell zumutbar. Die Anschlusskosten hatte die Beklagte schon zuvor auf einen Betrag von etwa 16.000 bis 17.000 EUR geschätzt.
Gegen diesen Bescheid, der nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, erhob der Kläger am 05.06.2007 Widerspruch. Er machte geltend, dass für die beantragte Teilbefreiung vom Benutzungszwang allein entscheidend sei, ob die übrigen Anschlussnehmer dadurch in unzumutbarer Weise belastet würden; das sei aber nicht zu erwarten. Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und wies darauf hin, dass die Beklagte mit den Gebühren ihres Wasserwerks, das als Eigenbetrieb nicht mit Gewinnerzielungsabsicht arbeite, mit einem Betrag von 2,54 EUR/m³ Wasser 40,33% über dem Durchschnitt der Wassergebühren im Landkreis Schwäbisch Hall liege. Die Grenze der Zumutbarkeit sei damit erreicht. Bei einer verkauften Jahresmenge von rund 124.000 m³ Trinkwasser wirke sich der Rückgang der Abnahmemenge um einige 1.000 m³ erheblich auf die Höhe der Wassergebühren aus. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2007 wies das Landratsamt Schwäbisch Hall den Widerspruch unter Hinweis u.a. auf die wirtschaftliche Betriebsführung der öffentlichen Einrichtung in der Zukunft zurück.
Mit seiner zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klage hat der Kläger die Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang begehrt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat insbesondere geltend gemacht, dass bei einer Teilbefreiung des Klägers mit weiteren Folgeanträgen zu rechnen wäre. In den letzten zweieinhalb Jahren seien drei Anträge abgelehnt worden. Zusammen mit dem vom Kläger prognostizieren Wasserverbrauch von 2.000 m³/Jahr ergebe sich ein Gesamtvolumen von 16.700 m³/Jahr, was bei positiver Bescheidung zu einem Wasserpreis von 2,88 EUR/m³ zuzüglich MWSt geführt hätte. Damit wäre der durchschnittliche Wasserpreis um 60% überschritten. Auch sei davon auszugehen, dass insgesamt 10 landwirtschaftliche Betriebe mit einer Verbrauchsmenge von ca. 35.000 m³ Wasser einen Befreiungsantrag stellen würden.
Mit Urteil vom 12.03.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Regelungen über den Anschluss- und Benutzungszwang in § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 der Wasserversorgungssatzung der Beklagten - WVS - beruhten auf § 11 Abs. 1 GemO; die öffentliche Wasserversorgung diene der Erhaltung und Förderung der Volksgesundheit. Auch die Bestimmungen in § 4 Abs. 2 WVS über die Befreiung von der Verpflichtung zum Anschluss und in § 5 Abs. 2 WVS über die vollständige Befreiung von der Verpflichtung zur Benutzung wegen Unzumutbarkeit - diese sei vom Abnehmer darzulegen - begegneten keinen rechtlichen Bedenken. Die Teilbefreiung vom Benutzungszwang sei in § 5 Abs. 3 WVS geregelt. Danach räume die Beklagte dem Wasserabnehmer im Rahmen des ihr wirtschaftlich Zumutbaren auf Antrag die Möglichkeit ein, den Wasserbezug auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Auf diese Vorschrift, mit der die Beklagte ihrer Pflicht zur Anpassung des Satzungsrechts an die Bestimmungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV - nachkomme, könne sich der Kläger aber nicht berufen. Die Wassernutzung beim Betrieb des Schweinestalls sei kein bloßer vom Haushalts-Wasserverbrauch auf der Hofstelle abgrenzbarer Verbrauchszweck. Vielmehr seien sowohl der Anschluss- als auch der Benutzungszwang grundstücksbezogen. Denn das Anschluss- und Benutzungsrecht sei nach § 3 Abs. 1 WVS ebenfalls auf ein bestimmtes Grundstück bezogen. Auch aus der AVBWasserV ergebe sich, dass Grundlage jeder Wasserversorgung der grundstücksbezogene Wasserverbrauch sei; denn eine Versorgungsleitung setze immer ein Grundstück voraus, an das sie angeschlossen werden könne. Für die Frage, ob ganz oder teilweise vom Benutzungszwang zu befreien sei, sei deshalb maßgeblich, ob auf dem Grundstück Wasser für unterschiedliche Zwecke verwendet oder nur - wie hier - eine einzige Nutzungsart angestrebt werde. Dann bedürfe der Wasserabnehmer der vollständigen Befreiung vom Benutzungszwang. Der Kläger sei grundsätzlich verpflichtet, das Baugrundstück an die Wasserversorgungsanlage anzuschließen. Es fehle derzeit aber noch am Wasserverbrauch. Dessen ungeachtet könne wegen des bevorstehenden Baubeginns über eine Befreiung für den Fall entschieden werden, dass ein Anschlusszwang wegen eines beabsichtigten Wasserverbrauchs entstehe. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Befreiung nach § 4 Abs. 2 WVS nicht zu. Er habe nicht dargelegt, dass der Anschluss für ihn unzumutbar sei. Der Hinweis darauf, dass die städtische Wasserversorgung zu teuer sei, kennzeichne gerade nicht den Einzelfall. Auch müssten die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Anschlusspflichtigen wegen der Grundstücksbezogenheit außer Betracht bleiben. Es komme vielmehr auf Gründe an, die sich aus einer besonderen und außergewöhnlichen Lage oder Situation des Grundstücks ergäben und den Einzelfall daher untypisch erscheinen ließen. Hier entsprächen die hohen Anschlusskosten dem Regelfall bei Außenbereichsvorhaben. Der Mehraufwand werde nicht durch die topografische Lage des Grundstücks oder Besonderheiten der Bodenbeschaffenheit mit verursacht, sondern sei allein dadurch bedingt, dass der Kläger wegen der Geruchsbelästigung eines Schweinemastbetriebs einen Mindestabstand zur Wohnbebauung einhalten müsse. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf vollständige Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 Abs. 2 WVS. Die Unzumutbarkeit der Benutzung sei nicht dargelegt. Hier könnten auch wirtschaftliche Gesichtspunkte des Wasserabnehmers eine Rolle spielen. Die hohen Kosten der öffentlichen Wasserversorgung träfen aber alle angeschlossenen Grundstückseigentümer. Die Kosten durch den prognostizierten Wasserverbrauch würden nicht ins Verhältnis zu den Gesamtkosten des Klägers gesetzt. Schließlich genüge der Wasserdruck den Anforderungen des § 6 Abs. 1 Satz 2 WVS. Höhere Anforderungen fielen grundsätzlich in die Risikosphäre des Wasserabnehmers und könnten die Unzumutbarkeit nicht begründen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt und innerhalb der auf Antrag verlängerten Begründungsfrist begründet. Er trägt vor: Das Baugrundstück, auf dem der Schweinestall mittlerweile errichtet und in Betrieb genommen worden sei, unterliege nicht dem Anschlusszwang. Aus § 4 Abs. 1 Satz 2 WVS ergebe sich, dass der Anschlusszwang nur für Grundstücke bestehe, auf denen sich mindestens ein zum dauernden Aufenthalt von Menschen dienendes Gebäude befinde. Auch diene die Wasserversorgung nach § 1 Abs. 1 WVS der Lieferung von Trinkwasser. Nur insoweit sei die Satzungsregelung von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage nach § 11 Abs. 1 GemO gedeckt. Denn Gründe der Volksgesundheit könnten einen Anschluss- und Benutzungszwang nur für den Trinkwasserbedarf rechtfertigen; einen solchen Bedarf gebe es nur auf den genannten Grundstücken. Für eine ausnahmsweise Ausdehnung auf den Brauchwasserbereich spreche hier nichts. Das Grundstück sei nur mit einem Stall bebaut, für den lediglich Brauchwasser benötigt werde. Mangels Anschlusszwang bestehe auch kein Benutzungszwang. Da dies im angefochtenen Bescheid aber vorausgesetzt werde, habe er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass ein Anschlusszwang nicht bestehe. Ein Anschlusszwang sei unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch deswegen nicht gegeben, weil er vom Benutzungszwang zu befreien sei; das setze keinen tatsächlichen Wasseranschluss voraus. Der Anspruch auf Beschränkung des Wasserbezugs auf einen Verbrauchszweck oder einen Teilbedarf nach § 5 Abs. 3 WVS sei unter Berücksichtigung von § 3 Abs. 1 AVBWasserV nämlich personenbezogen; er bestehe für den jeweiligen Wasserabnehmer, unabhängig davon, auf welchem Grundstück das Wasser verbraucht werde. Der Verbrauchszweck Brauchwasser auf dem Grundstück Flst. Nr. ... sei schon durch die Grundstücksverschiedenheit abgrenzbar. Die Beschränkung des Wasserbezugs auf das Trinkwasser für das Wohngebäude sei für die Beklagte auch zumutbar, denn die Teilbefreiung führe zu keiner Veränderung der verkauften Wassermenge und damit zu keiner Veränderung der Kosten der Beklagten. Nicht zu berücksichtigen seien hierbei in der Vergangenheit bestandskräftig beschiedene Befreiungsanträge und lediglich mögliche Folgeanträge. Da er demnach auf dem Grundstück Flst Nr. ... kein Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung verbrauche, bestehe für dieses Grundstück kein Anschlusszwang. Jedenfalls habe er bei bestehendem Anschlusszwang Anspruch auf die Beschränkung des Wasserbezugs auf einen Verbrauch, der nicht die Versorgung des Schweinestalls bezwecke. Bei einer grundstücksbezogenen Betrachtungsweise könne die Wasserversorgung auch der Versorgung der auf dem Grundstück arbeitenden Menschen mit Trinkwasser dienen; auf diese abgrenzbare Möglichkeit solle die Nutzung beschränkt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - zu ändern und festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, das Grundstück Flst. Nr. ... an die öffentliche Wasserversorgung der Beklagten anzuschließen,
10 
hilfsweise,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 27.04.2007 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 25.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bezug von Wasser für die Grundstücke Flst. Nr. ... und Nr. ... auf den Trinkwasserbedarf des Wohngebäudes des Klägers zu beschränken,
12 
höchsthilfsweise,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 27.04.2007 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 25.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Benutzungszwang für das Grundstück Flst. Nr. ... auf den Trinkwasserbedarf zu beschränken.
14 
Die Beklagte beantragt.
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Für das Grundstück des Klägers gelte der Anschlusszwang nach § 4 WVS. Dieser bestehe für alle Grundstücke, auf denen Wasser verbraucht werde. Es sei unerheblich, ob das Grundstück bebaut sei oder anderweitig genutzt werde und für welchen Zweck das Wasser verwendet werden solle; folglich werde auch das Brauchwasser umfasst. Die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 WVS lägen nicht vor. Es fehle schon am tatsächlichen Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage. Im Übrigen müssten sowohl der Anschluss- als auch der Benutzungszwang grundstücks- und nicht personenbezogen betrachtet werden. Im Interesse der Rechtsklarheit müsse jeweils vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff ausgegangen werden. Es komme dann darauf an, ob für das Grundstück Wasser für unterschiedliche Zwecke verwendet oder nur eine einzige Nutzungsart - hier durch den Schweinemastbetrieb - angestrebt werde.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und die Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor. Sie waren Gegen- stand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
I.
18 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung ist auch im Übrigen mit den jetzt gestellten Anträgen zulässig.
19 
Erstmals in der Berufungsinstanz macht der Kläger im Hauptantrag zusätzlich zu dem hilfsweise aufrecht erhaltenen Verpflichtungsantrag nebst Anfechtungsannex ein Feststellungsbegehren geltend. Er möchte nunmehr an erster Stelle festgestellt wissen, dass der Brauchwasserverbrauch von vornherein nicht zum Anschlusszwang führt. Darin liegt eine Klageänderung nach § 91 VwGO. Denn der Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens wird damit erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.08.2005 – 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 <135>). Im Übergang zu einer anderen Klageart liegt nicht lediglich eine Präzisierung des Klagebegehrens, was nach dem Rechtsgedanken des § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen wäre (vgl. hierzu Ortloff/Riese in: Schoch u.a. , VwGO, § 91 Rn. 24, 29); denn der Klagegrund wird ausgewechselt, wenn anders als bisher die Reichweite des Anschlusszwangs in Zweifel gezogen und folglich eine Befreiung für entbehrlich erachtet wird. Diese Klageänderung in Gestalt einer nachträglichen objektiven Klagehäufung (§ 44 VwGO), die auch im Berufungsverfahren gem. § 125 VwGO grundsätzlich möglich ist, ist nach § 91 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 VwGO zulässig. Denn die Beklagte hat durch rügelose Einlassung in die Klageänderung eingewilligt.
20 
Bei den Hilfsanträgen handelt es sich demgegenüber nicht um eine Klageänderung; vielmehr ist insoweit das bereits im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachte Klagebegehren nur klarstellend und präzisierend in neue Klageanträge gefasst worden.
II.
21 
Die Berufung ist nicht begründet. Der Hauptantrag hat keinen Erfolg. Das mit den Hilfsanträgen verfolgte Klagebegehren ist bereits vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.
22 
1. a) Der Feststellungsantrag ist nach Maßgabe der auch für die geänderte Klage grundsätzlich zu beachtenden Zulässigkeitsvoraussetzungen zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.10.1980 - 6 C 39.80 -, BVerwGE 61, 45 <51>). Die Beteiligten streiten um die Reichweite des Anschlusszwangs und damit um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.1996 – 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 <264 f.>). Der Kläger ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog), da er geltend machen kann, durch die Anwendung der streitigen Vorschriften in seinem Eigentumsgrundrecht verletzt zu sein. Er kann sich auf ein Feststellungsinteresse berufen, da die begehrte Feststellung geeignet ist, den Rechtsstreit zwischen den Beteiligten abschließend zu klären. Es fehlt auch nicht an der instanziellen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs. Zwar zählt die nun erhobene Feststellungsklage nicht zu den Verfahren, die dem Oberverwaltungsgericht nach § 48 VwGO zur Entscheidung im ersten Rechtszug zugewiesen sind, sodass gem. § 45 VwGO grundsätzlich das Verwaltungsgericht zur Entscheidung berufen ist. Durch die Möglichkeit der Klageänderung in einem anhängigen Berufungsverfahren werden indessen diese Zuständigkeitsregelungen modifiziert und erstinstanzliche Zuständigkeiten der Berufungsgerichte begründet. Dies gilt in Anlehnung an die zur Sachdienlichkeit einer Klageänderung entwickelten Grundsätze (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.04.1999 - 4 C 4.98 -, BVerwGE 109, 74 <78 f.>) jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Klageänderung den Prozess nicht auf ganz neue Grundlagen stellt, also auch die geänderte Klage einen schon bisher zwischen den Beteiligten vorhandenen Streitstoff zum Gegenstand hat und sich deshalb das "Gesicht des Rechtsstreits“ nicht ändert (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.02.1979 - II 697/78 -, juris Rz. 21; Urteil vom 19.09.2002 - 14 S 1429/02 -, juris Rz. 36, jeweils m.w.N.).
23 
Schließlich steht dem Feststellungsantrag die Subsidiaritätsregel des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen. Auf eine isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid, mit dem die zunächst beantragte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang abgelehnt worden ist, kann der Kläger nicht vorrangig verwiesen werden, da ihm insoweit die Klagebefugnis fehlt. Diesem Bescheid liegt zwar die vom Kläger angegriffene Rechtsauffassung über die Reichweite des Anschlusszwangs zugrunde. Als bloßes Begründungselement des Bescheids nimmt die bestrittene Rechtsauffassung jedoch nicht an dem der Bestandskraft fähigen Regelungsgehalt des Bescheids teil (vgl. hierzu U. Stelkens in: Stelkens u.a. , VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 143 f., m.N.); die Rechtsfigur eines inzidenten Feststellungsbescheids gibt es nicht.
24 
b) Der Hauptantrag ist unbegründet. Der Anschlusszwang nach der Satzung der Beklagten über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung – WVS) vom 04.07.2000 erstreckt sich grundsätzlich auf die gesamte Wasserversorgung und beschränkt sich nicht auf das für den Bedarf des Menschen bestimmte Wasser. Mit diesem Inhalt ist die Satzung von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt.
25 
(1) Nach § 4 Abs. 1 WVS sind Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wasser verbraucht wird, bei gegebener Anschlussmöglichkeit verpflichtet, diese Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen. Eine Beschränkung auf einen bestimmten Verbrauchszweck ist nicht vorgesehen. Das Brauchwasser ist nicht ausgenommen. Das wird insbesondere bestätigt durch die Regelung in § 5 Abs. 1 WVS. Nach Satz 1 haben auf Grundstücken, die an die öffentliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen sind, die Wasserabnehmer ihren gesamten Wasserbedarf aus dieser zu decken. Aus Satz 2, der die Nutzung von Niederschlagswasser für Zwecke der Gartenbewässerung vom Benutzungszwang ausnimmt, folgt im Gegenschluss, dass ohne diese ausdrückliche Regelung diese Brauchwassernutzung ebenfalls vom Benutzungszwang erfasst wäre (vgl. auch die Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auch § 8 Abs. 2 WVS geht von einem umfassenden Verständnis des Anschluss- und Benutzungszwangs aus; denn danach darf das Wasser - vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen - für alle Zwecke verwendet werden. Der daraus folgenden Erstreckung des Anschlusszwangs auch auf die Brauchwasserversorgung steht § 1 Abs. 1 Satz 1 WVS nicht entgegen. Danach dient die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Lieferung von Trinkwasser. Die Beklagte hat damit eine Formulierung im Satzungsmuster des Gemeindetags Baden-Württemberg übernommen (BWGZ 1996, 642 <644>), während andere Mustersatzungen das Brauchwasser ausdrücklich erwähnen (siehe etwa § 1 Satz 1 des Arbeitsmusters einer Wasserversorgungssatzung, abgedruckt in: Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Bd. 3, III. Teil, AVBWasserV/Anh.). Für den Umfang des Benutzungszwangs ist die von der Beklagten gewählte Formulierung indessen unerheblich. Denn die Regelung bringt lediglich zum Ausdruck, dass die Beklagte Wasser insgesamt in entsprechender Qualität liefert; eine getrennte Lieferung von Trinkwasser und von Brauchwasser ist nämlich wegen des einheitlichen Leitungsnetzes nicht möglich.
26 
Vor diesem Hintergrund trifft § 4 Abs. 1 Satz 2 WVS, wonach auf einem Grundstück alle Gebäude anzuschließen sind, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, lediglich eine ausdrückliche Sonderregelung für diesen Verbrauchszweck, ohne indessen andere auszuschließen. Im Übrigen wird entgegen der Auffassung des Klägers Wasser, das für den menschlichen Bedarf bestimmt ist, nicht lediglich in Gebäuden verbraucht, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Dies gilt nicht nur für Trinkwasser i.S. der Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Verbrauch (TrinkwasserverordnungTrinkwV) vom 21.05.2001 (BGBl. I S. 959, i.d.F. der Verordnung vom 31.10.2006, BGBl. I S. 2467) – z.B. Wasser zur Körperreinigung etwa in Industriebetrieben (§ 3 Nr. 1 Buchst. a TrinkwV) -, sondern insbesondere für Wasser für Lebensmittelbetriebe - etwa in der Milchwirtschaft Wasser, das zur Reinigung von Gegenständen dient, die bestimmungsgemäß mit Lebensmitteln in Berührung kommen (§ 3 Nr. 1 Buchst. b TrinkwV).
27 
(2) Die Wasserversorgungssatzung der Beklagten ist mit diesem Regelungsinhalt von der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 1 GemO gedeckt. Danach kann die Gemeinde bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung den Anschluss- und Benutzungszwang für die Wasserversorgung als eine der Volksgesundheit dienenden Einrichtung vorschreiben. Bei Wasser für den menschlichen Gebrauch ist die Ausrichtung an diesem Gesetzeszweck ohne weiteres gegeben.
28 
Die grundsätzliche Erstreckung auch auf das Brauchwasser, für die sich die Beklagte auf einen Beurteilungsspielraum nicht berufen kann (vgl. auch Urteil des erk. Senats vom 18.03.2004 – 1 S 2261/02 -, VBlBW 2004, 337 <338> m.w.N.; a.A. etwa OVG NRW; Urteil vom 28.11.1986 – 22 A 1206/81 -, NVwZ 1987, 727 und Kunze/Bonner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 10; siehe auch Seewald in: Steiner , Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2006, Kap. 1 Rn. 171, m.N.), lässt sich demgegenüber weder allein mit dem Interesse an einem wirtschaftlichen Betrieb der Wasserversorgung noch mit dem bloßen Hinweis rechtfertigen, dass die gemeindliche Wasserversorgung als Ganzes dem Interesse der Allgemeinheit und in diesem Rahmen vor allem der Volksgesundheit dient (vgl. etwa Urteile des erk. Senats vom 13.03.1972 - I 192/71 -, KStZ 1972, 158 <159> und vom 19.03.1990 - 1 S 1991/89 -, NVwZ-RR 1990, 499; Kunze/Bonner/Katz, a.a.O., § 11 Rn. 8). Ein hinreichender Bezug zum und eine Rechtfertigung durch den Gesetzeszweck des Gesundheitsschutzes ist insoweit aber dann gegeben, wenn entweder festgestellt werden kann, dass für die Erstreckung auf den Brauchwasserbereich selbst Gründe der Volksgesundheit sprechen oder wenn die Trinkwasserversorgung selbst hiervon abhängt - sei es, weil erst auf diese Weise die erforderlichen Durchsatzmengen gewonnen werden können, sei es, weil eine nur das Trinkwasser betreffende Versorgung den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren verlässt, weil sie die finanziellen Kapazitäten des Versorgungsträgers überfordert oder zu erträglichen Preisen nicht möglich ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>; Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO, LKrO, BezO für den Freistaat Bayern, Art. 24 GO Erl. I 5.1). Die danach gebotene Prüfung, ob eine Beschränkung des Benutzungszwangs angezeigt ist, muss die Beklagte allerdings nicht mit dem Ziel einer generellen Satzungsregelung vornehmen. Vielmehr kann sie dieser Pflicht im Rahmen ihres Satzungsermessens in zulässiger Weise Einzelfall bezogen nachkommen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.11.1991 - 7 B 56.91 –, juris Rz. 3). Das hat die Beklagte durch die Normierung der Möglichkeit einer Teilbefreiung in § 5 Abs. 3 WVS getan. Damit setzt sie zugleich und in erster Linie die in § 35 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV – vom 20.06.1980 (BGBl. I S. 750, 1067 i.d.F. des Gesetzes vom 09.12.2004, BGBl. I S. 3214) vorgeschriebene Anpassung ihrer Satzung an § 3 Abs. 1 AVBWasserV um, wodurch ein absoluter Vorrang des Interesses an einer preisgünstigen öffentlichen Wasserversorgung nicht mehr anerkannt werden soll. Dieser Freistellungsanspruch ist indessen beschränkt, wenn eine konkrete Beeinträchtigung von Belangen der Volksgesundheit zu besorgen ist (vgl. Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/89 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>).
29 
2. Der erste Hilfsantrag ist ebenso wenig begründet. Er zielt letztlich darauf ab, den Kläger für das Baugrundstück von der Benutzungspflicht völlig freizustellen und zugleich als notwendige Folge den Anschlusszwang zu Fall zu bringen, der mangels Benutzung ins Leere ginge. Dabei macht der Kläger nicht geltend, dass entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 Abs. 2 WVS gegeben seien. Er fasst vielmehr der Sache nach die beiden in seinem Eigentum stehenden und seinem landwirtschaftlichen Betrieb zugeordneten Grundstücke Flst. Nr. ... und ... personen- bzw. betriebsbezogen zu einer Einheit zusammen und beruft sich auf dieser Grundlage – auf der Hofstelle wird bereits Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bezogen - allein auf den Beschränkungsanspruch nach § 5 Abs. 3 WVS. Danach räumt die Stadt dem Wasserabnehmer im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren auf Antrag die Möglichkeit ein, den Bezug auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Diese Regelung ist hier indessen schon nach der Systematik der Satzungsbestimmungen über den Benutzungszwang nicht geeignet, die begehrten Rechtsfolgen zu begründen.
30 
§ 5 Abs. 1 WVS normiert als Grundsatz den umfassenden Benutzungszwang zugunsten der gemeindlichen Wasserversorgungsanlage. Dieser ist dabei auf das jeweils angeschlossene Grundstück bezogen und bildet so die Fortsetzung des Anschlusszwangs, der ebenfalls – grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse - an das Grundstück anknüpft (§ 4 Abs. 1 Satz 1 WVS, § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO). In § 5 Abs. 2 WVS folgt sodann der Anspruch auf Befreiung, die nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen gewährt werden kann. Mit der in § 5 Abs. 3 WVS geregelten Beschränkung des Wasserbezugs auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf wird, wie in § 5 Abs. 4 WVS ausdrücklich benannt, eine Teilbefreiung gewährt. Nach dieser auf das jeweilige Grundstück bezogenen Systematik ist zwischen Befreiung und Teilbefreiung im Sinne einer Alternativität streng zu trennen. Einen fließenden Übergang von der Teil- zur Vollbefreiung kann es schon wegen der voneinander abweichenden tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 und § 5 Abs. 3 WVS nicht geben. Während die Befreiung nach § 5 Abs. 2 WVS den Nachweis seitens des Abnehmers fordert, dass die Nutzung des Wassers ihm nicht zumutbar ist, hängt die Teilbefreiung – neben der hygienischen und gesundheitlichen Unbedenklichkeit – von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Wasserversorger ab. Es ginge nicht an, dieselbe Rechtsfolge, nämlich die vollständige Befreiung vom Benutzungszwang für ein Grundstück, auf der Grundlage gänzlich verschiedener Normen zu gewähren.
31 
§ 5 Abs. 3 WVS muss nicht etwa deswegen anders verstanden werden, weil diese Vorschrift, abgesehen von der Bezeichnung der Beteiligten, mit § 3 Abs. 1 AVBWasserV übereinstimmt. Auch diese Bestimmung setzt nämlich eine fortbestehende Wasserbelieferung voraus, da ansonsten der privatrechtliche Vertrag mit dem Wasserversorgungsunternehmen aufzulösen wäre. An die Stelle einer vertraglichen und insoweit personenbezogenen Begründung der Lieferverpflichtungen tritt beim öffentlich-rechtlichen Wasserversorgungsverhältnis der hoheitlich auferlegte Benutzungszwang. Dieser muss dann aber bei der Teilbefreiung mit der Verpflichtung fortbestehen, die Grundbelieferung mit Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage entgegenzunehmen, (vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 25.01.1989 - 22 A 1249/86 -, RdL 1989, 146). Denn die Bestimmungen der AVBWasserV können nur mit der Maßgabe Anwendung finden, dass die Grundentscheidung für den Anschluss- und Benutzungszwang nicht leerläuft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.01.1986 – 7 CB 51 und 52.85 -, NVwZ 1986, 483; vom 15.07.1988 - 7 B 195.87 -, NVwZ 1988, 1126 <1127>; vom 12.07.1991 - 7 B 17 und 18.91 -, NVwZ-RR 1992, 37 <39>).
32 
Hiernach muss sich der Umfang der Benutzungspflicht eines landwirtschaftlichen Betriebs nach unterschiedlichen rechtlichen Kriterien messen lassen je nachdem, ob ein abgrenzbarer Wasserbedarf auf dem Grundstück der Hofstelle oder auf einem anderen entsteht, das - anders als im vorliegenden Fall - nicht einmal äußerlich erkennbar deutlich abgegrenzt sein muss. Diese zwingende Folge aus der vom Gesetz vorgegebenen strikt grundstücksbezogenen Betrachtungsweise hat durch das Abstellen auf ein formales Kriterium den Vorteil der Rechtsklarheit und der Beständigkeit für sich, während ein personen- bzw. betriebsbezogener Ansatz jeweils auf Änderungen in den Eigentumsverhältnissen bzw. im Betriebskonzept reagieren müsste. Im Übrigen ist auch bei einer grundstücksbezogenen Betrachtungsweise eine Prüfung am Maßstab des § 5 Abs. 3 WVS nicht ausgeschlossen.
33 
3. Schließlich bleibt auch der auf der Grundlage der grundstücksbezogenen Betrachtungsweise gestellte zweite Hilfsantrag erfolglos. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Wasserbezug für das Grundstück Flst. Nr. ... auf den Trinkwasserbezug beschränkt und ihn damit für das im Schweinestall benötigte Brauchwasser vom Benutzungszwang befreit (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
34 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 WVS liegen nicht vor. Es fehlt schon an der Beschränkung auf einen Verbrauchszweck. Darüber hinaus erweist sich die begehrte Teilbefreiung jedenfalls als wirtschaftlich unzumutbar.
35 
a) Die Möglichkeit einer Beschränkung des Wasserbezugs nach § 5 Abs. 3 WVS ist dem Kläger nicht von vornherein abgeschnitten. Er kann grundsätzlich geltend machen, den Wasserbezug auf Trinkwasser bzw. Wasser für den menschlichen Gebrauch zu beschränken. Dass ein solcher Bedarf in einem Gebäude besteht, in dem sich Menschen längere Zeit zur Arbeit aufhalten, liegt nicht fern. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Nachfrage indessen angegeben, dass nach einem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage Trinkwasser für das Händewaschen und für das Waschen der für die veterinärmedizinische Versorgung benötigten Spritzen verwendet würde; die Installation einer Hygieneschleuse hat er demgegenüber lediglich als Option für die Zukunft bezeichnet. Der so umschriebene aktuelle Bedarf fällt dann aber im Vergleich zum Wasserbezug für das Tränken der Tiere und die Stallreinigung nicht ins Gewicht. Einen (absoluten oder relativen) Mindestbezug sieht die Satzung zwar nicht ausdrücklich vor. Der in § 5 Abs. 4 WVS verwendete Begriff der Teilbefreiung setzt indessen voraus, dass auch nach der Bezugsbeschränkung weiterhin ein nennenswerter Wasserbezug zu verzeichnen ist. Davon kann hier jedoch insbesondere deswegen nicht ausgegangen werden, weil der Kläger ausweislich des Haupt- und des ersten Hilfsantrags den jetzt bezeichneten Bedarf für sein Betriebskonzept nicht als solchen identifiziert hat. Deshalb liegt bei realistischer Betrachtungsweise der Schluss nahe, dass der Kläger der Sache nach immer noch auf eine vollständige Befreiung abzielt.
36 
b) Mit seinem Antrag kann der Kläger aber auch dann nicht durchdringen, wenn von einer rechtlich beachtlichen Teilbefreiung auszugehen ist. Denn die Auswirkungen einer Beschränkung auf den angegebenen „Restzweck“ überschreiten den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren.
37 
Wegen des kostenrechnenden Charakters der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung, die durch Gebühren und Beiträge als spezielle Entgelte finanziert wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), kann die insoweit darlegungspflichtige Beklagte allerdings in aller Regel keine eigenen finanziellen Interessen geltend machen. Vielmehr kommt es regelmäßig auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit für die übrigen Wasserabnehmer an, die einen Gebührenausfall infolge von Teilbedarfsbeschränkungen angesichts des hohen Fixkostenanteils bei der Wasserversorgung über erhöhte Gebühren mitfinanzieren müssen. Erst wenn solche Beschränkungen zu für den Verbraucher nicht mehr tragbaren Wasserpreisen führen würden, kann der Ausschlussgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit einem Beschränkungsbegehren entgegengehalten werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>).
38 
Der Beklagten ist es nicht verwehrt, bei dieser Beurteilung nicht nur die Auswirkungen des konkret zu prüfenden Antrags auf die Gebührenkalkulation in den Blick zu nehmen. Vielmehr ist sie aus Gründen der Gleichbehandlung gehalten, auch weitere anstehende Beschränkungsbegehren in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei darf sie sich nicht allein auf anhängige Beschränkungsanträge beschränken (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ; im Anschluss daran Sächs. OVG, Urteil vom 08.04.2008 - 4 B 403/07 -, juris Rz. 23). Denn dies entspricht nicht einer wirklichkeitsnahen Betrachtungsweise; es reicht aus, wenn solche Anträge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit abzusehen sind (so schon Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/88 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>; Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 – 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>). Bloße vage Spekulationen genügen demgegenüber nicht. Nach diesen Maßstäben durfte die Beklagte die in den zurückliegenden Jahren verbeschiedenen Beschränkungsanträge in ihre Erwägungen einbeziehen; denn ein neuerlicher Antrag läge ungeachtet der Bestandskraft eines Ablehnungsbescheids bei einer Entscheidung zugunsten des Klägers durchaus nahe. Demgegenüber beruhen die Vermutungen der Beklagten über weitere zu erwartende Anträge auf Teilbefreiung mit einem beträchtlichen mengenmäßigen Umfang auf keiner verlässlichen Tatsachengrundlage. Unter dem Aspekt der gebotenen Gleichbehandlung sind allerdings nur die Anträge von Landwirten auf Teilbefreiung für ihre Betriebe zu berücksichtigen. Der Antrag der Freibadfreunde Langenburg e.V. (Teilbefreiung für das Beckenwasser) in einem Umfang von 6.500 m³/Jahr ist nicht auf eine wirtschaftliche Betätigung bezogen und somit nicht vergleichbar. Demnach verbleibt ein Rückgang der verkauften Trinkwassermenge pro Jahr von 8.200 m³; der vom Kläger prognostizierte Verbrauch von 2.000 m³/Jahr ist nicht hinzuzurechnen, weil diese Menge in der zugrunde gelegten Verkaufsmenge von 124.000 m³/Jahr noch nicht enthalten war. Ausgehend von der vom Klägervertreter mit Schriftsatz vom 15.01.2008 an das Verwaltungsgericht vorgelegten nachvollziehbaren Vergleichsberechnung ergäbe sich dann eine Erhöhung der Wassergebühren, die nach Anhebung der Zählergebühr nunmehr auf 2,50 EUR/m³ ermäßigt worden sind, um 0,18 EUR/m³ - dies entspricht 7,2% - auf 2,68 EUR/m³. Damit ist hier die Grenze des wirtschaftlich Zumutbaren überschritten.
39 
Bei der Bestimmung der Höhe des Wasserpreises, der den Abnehmern noch zugemutet werden kann, ist nicht (allein) auf das Äquivalenzprinzip als gebührenrechtliche Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips abzustellen (hierzu neigend BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Denn dieser Grundsatz bildet nur die allgemeine und absolute Grenze der Gebührenbemessung, die hier ersichtlich noch nicht erreicht ist.
40 
Der in den Zuwendungsrichtlinien des Umweltministeriums für die Förderung wasserwirtschaftlicher Vorhaben (Förderrichtlinien Wasserwirtschaft 2009 - FrWw 2009) vom 23.06.2008 genannte Schwellenwert kann hier ebenso wenig herangezogen werden (so aber - jedenfalls im Sinne einer Negativabgrenzung - Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auf der Grundlage dieser Förderrichtlinien gewährt das Land Zuwendungen für wasserwirtschaftliche Vorhaben von öffentlichem Interesse. U.a. werden die notwendigen Vorhaben zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung gefördert, „um insbesondere unzumutbar hohe Gebühren- und Beitragsleistungen für die Bürger zu vermeiden“ (Abschnitt I. vor 1). Nach den Fördergrundsätzen können Zuwendungsempfänger Zuwendungen erhalten, deren Wasser- und Abwasserentgelt die Antragsschwelle von 5,90 EUR/m³ erreicht (Abschnitt II., 7.1); diese wird von der Beklagten mit dem Betrag von 6,26 EUR/m³ überschritten. Es fehlt indessen an jeglichem Hinweis, nach welchen rechtlichen Maßstäben dieser Schwellenwert - ungeachtet der Zielvorgabe - festgesetzt wird. Eine Anwendung im Regelungsbereich des § 3 Abs. 1 AVBWasserV bzw. § 5 Abs. 3 WVS scheidet deswegen aus.
41 
Bei der Konkretisierung des Begriffs des wirtschaftlich Zumutbaren ist vielmehr von der Zweckbestimmung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 27 Abs. 3 AGBG auszugehen, auf der § 3 Abs. 1 AVBWasserV beruht. Danach soll ein Ausgleich geschaffen werden zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung einerseits und den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an einer Berücksichtigung ihrer jeweils besonderen Bedürfnisse und Wünsche andererseits (vgl. BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschluss vom 02.11.1981 - 2 BvR 671/81 -, NVwZ 1982, 306 <307>). Hiernach kommt es vorrangig auf das Verhältnis des zu erwartenden Wasserpreises zum bisherigen Preisniveau an.
42 
Für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit kann bereits ein deutlicher Gebührensprung sprechen. Demgegenüber rechtfertigt der hier mit 7,2% nur mäßige prozentuale Anstieg der Wassergebühren für sich genommen noch nicht den umgekehrten Schluss auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit. Denn die Verhältnisse im Bereich des betroffenen Wasserversorgers sind nicht allein ausschlaggebend. Die Wasserversorgung ist zwar wegen ihrer örtlichen Radizierung eine gemeindliche Selbstverwaltungsangelegenheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.1981 - 2 BvL 14/79 -, BVerfGE 58, 45 <62>). Deren Kosten werden demnach durch originär kommunalpolitische Entscheidungen maßgeblich beeinflusst; hierzu mag bei der Beklagten die auch vom Wasserhaushaltsrecht grundsätzlich erwünschte Betonung der Eigenversorgung (Ortsnäheprinzip; § 1a Abs. 3 WHG, § 43 Abs. 1 Satz 1 WG) zählen, im Gegensatz etwa zur benachbarten Stadt Gerabronn, die sich einem überörtlichen Zweckverband (§ 43 Abs. 1 Satz 2 WG) angeschlossen hat und mit einem Betrag von 1,71 EUR/m³ (inkl. MwSt.; Stand 2008 ) auf deutlich niedrigere Wassergebühren verweisen kann. Daneben hängen die Kosten von vielfältigen objektiven Umständen - wie Verfügbarkeit der Wasserressourcen nach geologischen und hydrologischen Gegebenheiten, Qualität der Ressourcen, Topografie und Siedlungsstruktur - ab, die aber jedenfalls einen regionalen Vergleich erlauben (vgl. hierzu Heitzmann/Schmauz in: Statistische Monatshefte Baden-Württemberg 8/2008 S. 5 <8 f.>). Demnach muss auch das Ausgangs- und Zielniveau verglichen mit den Preisen anderer Wasserversorger in der Umgebung berücksichtigt werden (so auch Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 - 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Danach kann ungeachtet einer nur geringen prozentualen Erhöhung von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit dann ausgegangen werden, wenn die Beschränkung der Benutzungspflicht zu einer Gebühr führen würde, deren Höhe das Preisniveau in der Region deutlich übersteigt. Bei einer erheblichen Spreizung der Gebührenhöhe im Vergleichsgebiet setzt diese Feststellung nicht zwingend die Überschreitung des - gegebenenfalls um offensichtliche „Ausreißer“ bereinigten - Rahmens voraus (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Vielmehr kann dann schon das Ausmaß der Abweichung von der durchschnittlichen Gebührenhöhe ausreichen. Nach der vorgelegten Übersicht der Wassergebühren in den Gemeinden des Landkreises Schwäbisch Hall aus dem Jahr 2007 beläuft sich die Höhe der Wassergebühren im Durchschnitt auf 1,81 EUR/m³. Dabei reicht die Spanne von 1,15 EUR/m³ bis zu dem von der Beklagten verlangten Spitzenwert von - damals - 2,54 EUR/m³. Bei einer zu erwartenden Erhöhung dieses Betrags auf nunmehr 2,68 EUR/m³ wäre der Durchschnitt um nahezu 50% überschritten. Eine solche Belastung ist den übrigen Wasserabnehmern auch bei der Würdigung der Interessen des Klägers nicht mehr zuzumuten. Dieser Einschätzung kann hier nicht entgegengehalten werden, dass die Beklagte zunächst verpflichtet sei, alle ihr zu Gebote stehenden Mittel einzusetzen, um die Auswirkungen einer Beschränkung der Benutzungspflicht etwa durch die Anpassung der Gebührenstruktur aufzufangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <756>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Denn die Beklagte hat, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, bereits letztes Jahr die Zählergebühr erhöht und im Gegenzug die verbrauchsabhängige Wassergebühr gesenkt, und damit die Großverbraucher auf Kosten der Kleinverbraucher entlastet.
III.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
44 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
45 
Beschluss vom 28. Mai 2009
46 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 45 Abs. 1 Satz 3 und § 63 Abs. 2 GKG).
47 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
18 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung ist auch im Übrigen mit den jetzt gestellten Anträgen zulässig.
19 
Erstmals in der Berufungsinstanz macht der Kläger im Hauptantrag zusätzlich zu dem hilfsweise aufrecht erhaltenen Verpflichtungsantrag nebst Anfechtungsannex ein Feststellungsbegehren geltend. Er möchte nunmehr an erster Stelle festgestellt wissen, dass der Brauchwasserverbrauch von vornherein nicht zum Anschlusszwang führt. Darin liegt eine Klageänderung nach § 91 VwGO. Denn der Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens wird damit erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.08.2005 – 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 <135>). Im Übergang zu einer anderen Klageart liegt nicht lediglich eine Präzisierung des Klagebegehrens, was nach dem Rechtsgedanken des § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen wäre (vgl. hierzu Ortloff/Riese in: Schoch u.a. , VwGO, § 91 Rn. 24, 29); denn der Klagegrund wird ausgewechselt, wenn anders als bisher die Reichweite des Anschlusszwangs in Zweifel gezogen und folglich eine Befreiung für entbehrlich erachtet wird. Diese Klageänderung in Gestalt einer nachträglichen objektiven Klagehäufung (§ 44 VwGO), die auch im Berufungsverfahren gem. § 125 VwGO grundsätzlich möglich ist, ist nach § 91 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 VwGO zulässig. Denn die Beklagte hat durch rügelose Einlassung in die Klageänderung eingewilligt.
20 
Bei den Hilfsanträgen handelt es sich demgegenüber nicht um eine Klageänderung; vielmehr ist insoweit das bereits im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachte Klagebegehren nur klarstellend und präzisierend in neue Klageanträge gefasst worden.
II.
21 
Die Berufung ist nicht begründet. Der Hauptantrag hat keinen Erfolg. Das mit den Hilfsanträgen verfolgte Klagebegehren ist bereits vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.
22 
1. a) Der Feststellungsantrag ist nach Maßgabe der auch für die geänderte Klage grundsätzlich zu beachtenden Zulässigkeitsvoraussetzungen zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.10.1980 - 6 C 39.80 -, BVerwGE 61, 45 <51>). Die Beteiligten streiten um die Reichweite des Anschlusszwangs und damit um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.1996 – 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 <264 f.>). Der Kläger ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog), da er geltend machen kann, durch die Anwendung der streitigen Vorschriften in seinem Eigentumsgrundrecht verletzt zu sein. Er kann sich auf ein Feststellungsinteresse berufen, da die begehrte Feststellung geeignet ist, den Rechtsstreit zwischen den Beteiligten abschließend zu klären. Es fehlt auch nicht an der instanziellen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs. Zwar zählt die nun erhobene Feststellungsklage nicht zu den Verfahren, die dem Oberverwaltungsgericht nach § 48 VwGO zur Entscheidung im ersten Rechtszug zugewiesen sind, sodass gem. § 45 VwGO grundsätzlich das Verwaltungsgericht zur Entscheidung berufen ist. Durch die Möglichkeit der Klageänderung in einem anhängigen Berufungsverfahren werden indessen diese Zuständigkeitsregelungen modifiziert und erstinstanzliche Zuständigkeiten der Berufungsgerichte begründet. Dies gilt in Anlehnung an die zur Sachdienlichkeit einer Klageänderung entwickelten Grundsätze (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.04.1999 - 4 C 4.98 -, BVerwGE 109, 74 <78 f.>) jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Klageänderung den Prozess nicht auf ganz neue Grundlagen stellt, also auch die geänderte Klage einen schon bisher zwischen den Beteiligten vorhandenen Streitstoff zum Gegenstand hat und sich deshalb das "Gesicht des Rechtsstreits“ nicht ändert (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.02.1979 - II 697/78 -, juris Rz. 21; Urteil vom 19.09.2002 - 14 S 1429/02 -, juris Rz. 36, jeweils m.w.N.).
23 
Schließlich steht dem Feststellungsantrag die Subsidiaritätsregel des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen. Auf eine isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid, mit dem die zunächst beantragte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang abgelehnt worden ist, kann der Kläger nicht vorrangig verwiesen werden, da ihm insoweit die Klagebefugnis fehlt. Diesem Bescheid liegt zwar die vom Kläger angegriffene Rechtsauffassung über die Reichweite des Anschlusszwangs zugrunde. Als bloßes Begründungselement des Bescheids nimmt die bestrittene Rechtsauffassung jedoch nicht an dem der Bestandskraft fähigen Regelungsgehalt des Bescheids teil (vgl. hierzu U. Stelkens in: Stelkens u.a. , VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 143 f., m.N.); die Rechtsfigur eines inzidenten Feststellungsbescheids gibt es nicht.
24 
b) Der Hauptantrag ist unbegründet. Der Anschlusszwang nach der Satzung der Beklagten über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung – WVS) vom 04.07.2000 erstreckt sich grundsätzlich auf die gesamte Wasserversorgung und beschränkt sich nicht auf das für den Bedarf des Menschen bestimmte Wasser. Mit diesem Inhalt ist die Satzung von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt.
25 
(1) Nach § 4 Abs. 1 WVS sind Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wasser verbraucht wird, bei gegebener Anschlussmöglichkeit verpflichtet, diese Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen. Eine Beschränkung auf einen bestimmten Verbrauchszweck ist nicht vorgesehen. Das Brauchwasser ist nicht ausgenommen. Das wird insbesondere bestätigt durch die Regelung in § 5 Abs. 1 WVS. Nach Satz 1 haben auf Grundstücken, die an die öffentliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen sind, die Wasserabnehmer ihren gesamten Wasserbedarf aus dieser zu decken. Aus Satz 2, der die Nutzung von Niederschlagswasser für Zwecke der Gartenbewässerung vom Benutzungszwang ausnimmt, folgt im Gegenschluss, dass ohne diese ausdrückliche Regelung diese Brauchwassernutzung ebenfalls vom Benutzungszwang erfasst wäre (vgl. auch die Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auch § 8 Abs. 2 WVS geht von einem umfassenden Verständnis des Anschluss- und Benutzungszwangs aus; denn danach darf das Wasser - vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen - für alle Zwecke verwendet werden. Der daraus folgenden Erstreckung des Anschlusszwangs auch auf die Brauchwasserversorgung steht § 1 Abs. 1 Satz 1 WVS nicht entgegen. Danach dient die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Lieferung von Trinkwasser. Die Beklagte hat damit eine Formulierung im Satzungsmuster des Gemeindetags Baden-Württemberg übernommen (BWGZ 1996, 642 <644>), während andere Mustersatzungen das Brauchwasser ausdrücklich erwähnen (siehe etwa § 1 Satz 1 des Arbeitsmusters einer Wasserversorgungssatzung, abgedruckt in: Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Bd. 3, III. Teil, AVBWasserV/Anh.). Für den Umfang des Benutzungszwangs ist die von der Beklagten gewählte Formulierung indessen unerheblich. Denn die Regelung bringt lediglich zum Ausdruck, dass die Beklagte Wasser insgesamt in entsprechender Qualität liefert; eine getrennte Lieferung von Trinkwasser und von Brauchwasser ist nämlich wegen des einheitlichen Leitungsnetzes nicht möglich.
26 
Vor diesem Hintergrund trifft § 4 Abs. 1 Satz 2 WVS, wonach auf einem Grundstück alle Gebäude anzuschließen sind, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, lediglich eine ausdrückliche Sonderregelung für diesen Verbrauchszweck, ohne indessen andere auszuschließen. Im Übrigen wird entgegen der Auffassung des Klägers Wasser, das für den menschlichen Bedarf bestimmt ist, nicht lediglich in Gebäuden verbraucht, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Dies gilt nicht nur für Trinkwasser i.S. der Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Verbrauch (TrinkwasserverordnungTrinkwV) vom 21.05.2001 (BGBl. I S. 959, i.d.F. der Verordnung vom 31.10.2006, BGBl. I S. 2467) – z.B. Wasser zur Körperreinigung etwa in Industriebetrieben (§ 3 Nr. 1 Buchst. a TrinkwV) -, sondern insbesondere für Wasser für Lebensmittelbetriebe - etwa in der Milchwirtschaft Wasser, das zur Reinigung von Gegenständen dient, die bestimmungsgemäß mit Lebensmitteln in Berührung kommen (§ 3 Nr. 1 Buchst. b TrinkwV).
27 
(2) Die Wasserversorgungssatzung der Beklagten ist mit diesem Regelungsinhalt von der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 1 GemO gedeckt. Danach kann die Gemeinde bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung den Anschluss- und Benutzungszwang für die Wasserversorgung als eine der Volksgesundheit dienenden Einrichtung vorschreiben. Bei Wasser für den menschlichen Gebrauch ist die Ausrichtung an diesem Gesetzeszweck ohne weiteres gegeben.
28 
Die grundsätzliche Erstreckung auch auf das Brauchwasser, für die sich die Beklagte auf einen Beurteilungsspielraum nicht berufen kann (vgl. auch Urteil des erk. Senats vom 18.03.2004 – 1 S 2261/02 -, VBlBW 2004, 337 <338> m.w.N.; a.A. etwa OVG NRW; Urteil vom 28.11.1986 – 22 A 1206/81 -, NVwZ 1987, 727 und Kunze/Bonner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 10; siehe auch Seewald in: Steiner , Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2006, Kap. 1 Rn. 171, m.N.), lässt sich demgegenüber weder allein mit dem Interesse an einem wirtschaftlichen Betrieb der Wasserversorgung noch mit dem bloßen Hinweis rechtfertigen, dass die gemeindliche Wasserversorgung als Ganzes dem Interesse der Allgemeinheit und in diesem Rahmen vor allem der Volksgesundheit dient (vgl. etwa Urteile des erk. Senats vom 13.03.1972 - I 192/71 -, KStZ 1972, 158 <159> und vom 19.03.1990 - 1 S 1991/89 -, NVwZ-RR 1990, 499; Kunze/Bonner/Katz, a.a.O., § 11 Rn. 8). Ein hinreichender Bezug zum und eine Rechtfertigung durch den Gesetzeszweck des Gesundheitsschutzes ist insoweit aber dann gegeben, wenn entweder festgestellt werden kann, dass für die Erstreckung auf den Brauchwasserbereich selbst Gründe der Volksgesundheit sprechen oder wenn die Trinkwasserversorgung selbst hiervon abhängt - sei es, weil erst auf diese Weise die erforderlichen Durchsatzmengen gewonnen werden können, sei es, weil eine nur das Trinkwasser betreffende Versorgung den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren verlässt, weil sie die finanziellen Kapazitäten des Versorgungsträgers überfordert oder zu erträglichen Preisen nicht möglich ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>; Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO, LKrO, BezO für den Freistaat Bayern, Art. 24 GO Erl. I 5.1). Die danach gebotene Prüfung, ob eine Beschränkung des Benutzungszwangs angezeigt ist, muss die Beklagte allerdings nicht mit dem Ziel einer generellen Satzungsregelung vornehmen. Vielmehr kann sie dieser Pflicht im Rahmen ihres Satzungsermessens in zulässiger Weise Einzelfall bezogen nachkommen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.11.1991 - 7 B 56.91 –, juris Rz. 3). Das hat die Beklagte durch die Normierung der Möglichkeit einer Teilbefreiung in § 5 Abs. 3 WVS getan. Damit setzt sie zugleich und in erster Linie die in § 35 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV – vom 20.06.1980 (BGBl. I S. 750, 1067 i.d.F. des Gesetzes vom 09.12.2004, BGBl. I S. 3214) vorgeschriebene Anpassung ihrer Satzung an § 3 Abs. 1 AVBWasserV um, wodurch ein absoluter Vorrang des Interesses an einer preisgünstigen öffentlichen Wasserversorgung nicht mehr anerkannt werden soll. Dieser Freistellungsanspruch ist indessen beschränkt, wenn eine konkrete Beeinträchtigung von Belangen der Volksgesundheit zu besorgen ist (vgl. Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/89 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>).
29 
2. Der erste Hilfsantrag ist ebenso wenig begründet. Er zielt letztlich darauf ab, den Kläger für das Baugrundstück von der Benutzungspflicht völlig freizustellen und zugleich als notwendige Folge den Anschlusszwang zu Fall zu bringen, der mangels Benutzung ins Leere ginge. Dabei macht der Kläger nicht geltend, dass entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 Abs. 2 WVS gegeben seien. Er fasst vielmehr der Sache nach die beiden in seinem Eigentum stehenden und seinem landwirtschaftlichen Betrieb zugeordneten Grundstücke Flst. Nr. ... und ... personen- bzw. betriebsbezogen zu einer Einheit zusammen und beruft sich auf dieser Grundlage – auf der Hofstelle wird bereits Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bezogen - allein auf den Beschränkungsanspruch nach § 5 Abs. 3 WVS. Danach räumt die Stadt dem Wasserabnehmer im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren auf Antrag die Möglichkeit ein, den Bezug auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Diese Regelung ist hier indessen schon nach der Systematik der Satzungsbestimmungen über den Benutzungszwang nicht geeignet, die begehrten Rechtsfolgen zu begründen.
30 
§ 5 Abs. 1 WVS normiert als Grundsatz den umfassenden Benutzungszwang zugunsten der gemeindlichen Wasserversorgungsanlage. Dieser ist dabei auf das jeweils angeschlossene Grundstück bezogen und bildet so die Fortsetzung des Anschlusszwangs, der ebenfalls – grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse - an das Grundstück anknüpft (§ 4 Abs. 1 Satz 1 WVS, § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO). In § 5 Abs. 2 WVS folgt sodann der Anspruch auf Befreiung, die nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen gewährt werden kann. Mit der in § 5 Abs. 3 WVS geregelten Beschränkung des Wasserbezugs auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf wird, wie in § 5 Abs. 4 WVS ausdrücklich benannt, eine Teilbefreiung gewährt. Nach dieser auf das jeweilige Grundstück bezogenen Systematik ist zwischen Befreiung und Teilbefreiung im Sinne einer Alternativität streng zu trennen. Einen fließenden Übergang von der Teil- zur Vollbefreiung kann es schon wegen der voneinander abweichenden tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 und § 5 Abs. 3 WVS nicht geben. Während die Befreiung nach § 5 Abs. 2 WVS den Nachweis seitens des Abnehmers fordert, dass die Nutzung des Wassers ihm nicht zumutbar ist, hängt die Teilbefreiung – neben der hygienischen und gesundheitlichen Unbedenklichkeit – von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Wasserversorger ab. Es ginge nicht an, dieselbe Rechtsfolge, nämlich die vollständige Befreiung vom Benutzungszwang für ein Grundstück, auf der Grundlage gänzlich verschiedener Normen zu gewähren.
31 
§ 5 Abs. 3 WVS muss nicht etwa deswegen anders verstanden werden, weil diese Vorschrift, abgesehen von der Bezeichnung der Beteiligten, mit § 3 Abs. 1 AVBWasserV übereinstimmt. Auch diese Bestimmung setzt nämlich eine fortbestehende Wasserbelieferung voraus, da ansonsten der privatrechtliche Vertrag mit dem Wasserversorgungsunternehmen aufzulösen wäre. An die Stelle einer vertraglichen und insoweit personenbezogenen Begründung der Lieferverpflichtungen tritt beim öffentlich-rechtlichen Wasserversorgungsverhältnis der hoheitlich auferlegte Benutzungszwang. Dieser muss dann aber bei der Teilbefreiung mit der Verpflichtung fortbestehen, die Grundbelieferung mit Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage entgegenzunehmen, (vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 25.01.1989 - 22 A 1249/86 -, RdL 1989, 146). Denn die Bestimmungen der AVBWasserV können nur mit der Maßgabe Anwendung finden, dass die Grundentscheidung für den Anschluss- und Benutzungszwang nicht leerläuft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.01.1986 – 7 CB 51 und 52.85 -, NVwZ 1986, 483; vom 15.07.1988 - 7 B 195.87 -, NVwZ 1988, 1126 <1127>; vom 12.07.1991 - 7 B 17 und 18.91 -, NVwZ-RR 1992, 37 <39>).
32 
Hiernach muss sich der Umfang der Benutzungspflicht eines landwirtschaftlichen Betriebs nach unterschiedlichen rechtlichen Kriterien messen lassen je nachdem, ob ein abgrenzbarer Wasserbedarf auf dem Grundstück der Hofstelle oder auf einem anderen entsteht, das - anders als im vorliegenden Fall - nicht einmal äußerlich erkennbar deutlich abgegrenzt sein muss. Diese zwingende Folge aus der vom Gesetz vorgegebenen strikt grundstücksbezogenen Betrachtungsweise hat durch das Abstellen auf ein formales Kriterium den Vorteil der Rechtsklarheit und der Beständigkeit für sich, während ein personen- bzw. betriebsbezogener Ansatz jeweils auf Änderungen in den Eigentumsverhältnissen bzw. im Betriebskonzept reagieren müsste. Im Übrigen ist auch bei einer grundstücksbezogenen Betrachtungsweise eine Prüfung am Maßstab des § 5 Abs. 3 WVS nicht ausgeschlossen.
33 
3. Schließlich bleibt auch der auf der Grundlage der grundstücksbezogenen Betrachtungsweise gestellte zweite Hilfsantrag erfolglos. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Wasserbezug für das Grundstück Flst. Nr. ... auf den Trinkwasserbezug beschränkt und ihn damit für das im Schweinestall benötigte Brauchwasser vom Benutzungszwang befreit (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
34 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 WVS liegen nicht vor. Es fehlt schon an der Beschränkung auf einen Verbrauchszweck. Darüber hinaus erweist sich die begehrte Teilbefreiung jedenfalls als wirtschaftlich unzumutbar.
35 
a) Die Möglichkeit einer Beschränkung des Wasserbezugs nach § 5 Abs. 3 WVS ist dem Kläger nicht von vornherein abgeschnitten. Er kann grundsätzlich geltend machen, den Wasserbezug auf Trinkwasser bzw. Wasser für den menschlichen Gebrauch zu beschränken. Dass ein solcher Bedarf in einem Gebäude besteht, in dem sich Menschen längere Zeit zur Arbeit aufhalten, liegt nicht fern. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Nachfrage indessen angegeben, dass nach einem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage Trinkwasser für das Händewaschen und für das Waschen der für die veterinärmedizinische Versorgung benötigten Spritzen verwendet würde; die Installation einer Hygieneschleuse hat er demgegenüber lediglich als Option für die Zukunft bezeichnet. Der so umschriebene aktuelle Bedarf fällt dann aber im Vergleich zum Wasserbezug für das Tränken der Tiere und die Stallreinigung nicht ins Gewicht. Einen (absoluten oder relativen) Mindestbezug sieht die Satzung zwar nicht ausdrücklich vor. Der in § 5 Abs. 4 WVS verwendete Begriff der Teilbefreiung setzt indessen voraus, dass auch nach der Bezugsbeschränkung weiterhin ein nennenswerter Wasserbezug zu verzeichnen ist. Davon kann hier jedoch insbesondere deswegen nicht ausgegangen werden, weil der Kläger ausweislich des Haupt- und des ersten Hilfsantrags den jetzt bezeichneten Bedarf für sein Betriebskonzept nicht als solchen identifiziert hat. Deshalb liegt bei realistischer Betrachtungsweise der Schluss nahe, dass der Kläger der Sache nach immer noch auf eine vollständige Befreiung abzielt.
36 
b) Mit seinem Antrag kann der Kläger aber auch dann nicht durchdringen, wenn von einer rechtlich beachtlichen Teilbefreiung auszugehen ist. Denn die Auswirkungen einer Beschränkung auf den angegebenen „Restzweck“ überschreiten den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren.
37 
Wegen des kostenrechnenden Charakters der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung, die durch Gebühren und Beiträge als spezielle Entgelte finanziert wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), kann die insoweit darlegungspflichtige Beklagte allerdings in aller Regel keine eigenen finanziellen Interessen geltend machen. Vielmehr kommt es regelmäßig auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit für die übrigen Wasserabnehmer an, die einen Gebührenausfall infolge von Teilbedarfsbeschränkungen angesichts des hohen Fixkostenanteils bei der Wasserversorgung über erhöhte Gebühren mitfinanzieren müssen. Erst wenn solche Beschränkungen zu für den Verbraucher nicht mehr tragbaren Wasserpreisen führen würden, kann der Ausschlussgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit einem Beschränkungsbegehren entgegengehalten werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>).
38 
Der Beklagten ist es nicht verwehrt, bei dieser Beurteilung nicht nur die Auswirkungen des konkret zu prüfenden Antrags auf die Gebührenkalkulation in den Blick zu nehmen. Vielmehr ist sie aus Gründen der Gleichbehandlung gehalten, auch weitere anstehende Beschränkungsbegehren in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei darf sie sich nicht allein auf anhängige Beschränkungsanträge beschränken (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ; im Anschluss daran Sächs. OVG, Urteil vom 08.04.2008 - 4 B 403/07 -, juris Rz. 23). Denn dies entspricht nicht einer wirklichkeitsnahen Betrachtungsweise; es reicht aus, wenn solche Anträge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit abzusehen sind (so schon Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/88 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>; Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 – 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>). Bloße vage Spekulationen genügen demgegenüber nicht. Nach diesen Maßstäben durfte die Beklagte die in den zurückliegenden Jahren verbeschiedenen Beschränkungsanträge in ihre Erwägungen einbeziehen; denn ein neuerlicher Antrag läge ungeachtet der Bestandskraft eines Ablehnungsbescheids bei einer Entscheidung zugunsten des Klägers durchaus nahe. Demgegenüber beruhen die Vermutungen der Beklagten über weitere zu erwartende Anträge auf Teilbefreiung mit einem beträchtlichen mengenmäßigen Umfang auf keiner verlässlichen Tatsachengrundlage. Unter dem Aspekt der gebotenen Gleichbehandlung sind allerdings nur die Anträge von Landwirten auf Teilbefreiung für ihre Betriebe zu berücksichtigen. Der Antrag der Freibadfreunde Langenburg e.V. (Teilbefreiung für das Beckenwasser) in einem Umfang von 6.500 m³/Jahr ist nicht auf eine wirtschaftliche Betätigung bezogen und somit nicht vergleichbar. Demnach verbleibt ein Rückgang der verkauften Trinkwassermenge pro Jahr von 8.200 m³; der vom Kläger prognostizierte Verbrauch von 2.000 m³/Jahr ist nicht hinzuzurechnen, weil diese Menge in der zugrunde gelegten Verkaufsmenge von 124.000 m³/Jahr noch nicht enthalten war. Ausgehend von der vom Klägervertreter mit Schriftsatz vom 15.01.2008 an das Verwaltungsgericht vorgelegten nachvollziehbaren Vergleichsberechnung ergäbe sich dann eine Erhöhung der Wassergebühren, die nach Anhebung der Zählergebühr nunmehr auf 2,50 EUR/m³ ermäßigt worden sind, um 0,18 EUR/m³ - dies entspricht 7,2% - auf 2,68 EUR/m³. Damit ist hier die Grenze des wirtschaftlich Zumutbaren überschritten.
39 
Bei der Bestimmung der Höhe des Wasserpreises, der den Abnehmern noch zugemutet werden kann, ist nicht (allein) auf das Äquivalenzprinzip als gebührenrechtliche Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips abzustellen (hierzu neigend BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Denn dieser Grundsatz bildet nur die allgemeine und absolute Grenze der Gebührenbemessung, die hier ersichtlich noch nicht erreicht ist.
40 
Der in den Zuwendungsrichtlinien des Umweltministeriums für die Förderung wasserwirtschaftlicher Vorhaben (Förderrichtlinien Wasserwirtschaft 2009 - FrWw 2009) vom 23.06.2008 genannte Schwellenwert kann hier ebenso wenig herangezogen werden (so aber - jedenfalls im Sinne einer Negativabgrenzung - Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auf der Grundlage dieser Förderrichtlinien gewährt das Land Zuwendungen für wasserwirtschaftliche Vorhaben von öffentlichem Interesse. U.a. werden die notwendigen Vorhaben zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung gefördert, „um insbesondere unzumutbar hohe Gebühren- und Beitragsleistungen für die Bürger zu vermeiden“ (Abschnitt I. vor 1). Nach den Fördergrundsätzen können Zuwendungsempfänger Zuwendungen erhalten, deren Wasser- und Abwasserentgelt die Antragsschwelle von 5,90 EUR/m³ erreicht (Abschnitt II., 7.1); diese wird von der Beklagten mit dem Betrag von 6,26 EUR/m³ überschritten. Es fehlt indessen an jeglichem Hinweis, nach welchen rechtlichen Maßstäben dieser Schwellenwert - ungeachtet der Zielvorgabe - festgesetzt wird. Eine Anwendung im Regelungsbereich des § 3 Abs. 1 AVBWasserV bzw. § 5 Abs. 3 WVS scheidet deswegen aus.
41 
Bei der Konkretisierung des Begriffs des wirtschaftlich Zumutbaren ist vielmehr von der Zweckbestimmung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 27 Abs. 3 AGBG auszugehen, auf der § 3 Abs. 1 AVBWasserV beruht. Danach soll ein Ausgleich geschaffen werden zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung einerseits und den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an einer Berücksichtigung ihrer jeweils besonderen Bedürfnisse und Wünsche andererseits (vgl. BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschluss vom 02.11.1981 - 2 BvR 671/81 -, NVwZ 1982, 306 <307>). Hiernach kommt es vorrangig auf das Verhältnis des zu erwartenden Wasserpreises zum bisherigen Preisniveau an.
42 
Für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit kann bereits ein deutlicher Gebührensprung sprechen. Demgegenüber rechtfertigt der hier mit 7,2% nur mäßige prozentuale Anstieg der Wassergebühren für sich genommen noch nicht den umgekehrten Schluss auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit. Denn die Verhältnisse im Bereich des betroffenen Wasserversorgers sind nicht allein ausschlaggebend. Die Wasserversorgung ist zwar wegen ihrer örtlichen Radizierung eine gemeindliche Selbstverwaltungsangelegenheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.1981 - 2 BvL 14/79 -, BVerfGE 58, 45 <62>). Deren Kosten werden demnach durch originär kommunalpolitische Entscheidungen maßgeblich beeinflusst; hierzu mag bei der Beklagten die auch vom Wasserhaushaltsrecht grundsätzlich erwünschte Betonung der Eigenversorgung (Ortsnäheprinzip; § 1a Abs. 3 WHG, § 43 Abs. 1 Satz 1 WG) zählen, im Gegensatz etwa zur benachbarten Stadt Gerabronn, die sich einem überörtlichen Zweckverband (§ 43 Abs. 1 Satz 2 WG) angeschlossen hat und mit einem Betrag von 1,71 EUR/m³ (inkl. MwSt.; Stand 2008 ) auf deutlich niedrigere Wassergebühren verweisen kann. Daneben hängen die Kosten von vielfältigen objektiven Umständen - wie Verfügbarkeit der Wasserressourcen nach geologischen und hydrologischen Gegebenheiten, Qualität der Ressourcen, Topografie und Siedlungsstruktur - ab, die aber jedenfalls einen regionalen Vergleich erlauben (vgl. hierzu Heitzmann/Schmauz in: Statistische Monatshefte Baden-Württemberg 8/2008 S. 5 <8 f.>). Demnach muss auch das Ausgangs- und Zielniveau verglichen mit den Preisen anderer Wasserversorger in der Umgebung berücksichtigt werden (so auch Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 - 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Danach kann ungeachtet einer nur geringen prozentualen Erhöhung von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit dann ausgegangen werden, wenn die Beschränkung der Benutzungspflicht zu einer Gebühr führen würde, deren Höhe das Preisniveau in der Region deutlich übersteigt. Bei einer erheblichen Spreizung der Gebührenhöhe im Vergleichsgebiet setzt diese Feststellung nicht zwingend die Überschreitung des - gegebenenfalls um offensichtliche „Ausreißer“ bereinigten - Rahmens voraus (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Vielmehr kann dann schon das Ausmaß der Abweichung von der durchschnittlichen Gebührenhöhe ausreichen. Nach der vorgelegten Übersicht der Wassergebühren in den Gemeinden des Landkreises Schwäbisch Hall aus dem Jahr 2007 beläuft sich die Höhe der Wassergebühren im Durchschnitt auf 1,81 EUR/m³. Dabei reicht die Spanne von 1,15 EUR/m³ bis zu dem von der Beklagten verlangten Spitzenwert von - damals - 2,54 EUR/m³. Bei einer zu erwartenden Erhöhung dieses Betrags auf nunmehr 2,68 EUR/m³ wäre der Durchschnitt um nahezu 50% überschritten. Eine solche Belastung ist den übrigen Wasserabnehmern auch bei der Würdigung der Interessen des Klägers nicht mehr zuzumuten. Dieser Einschätzung kann hier nicht entgegengehalten werden, dass die Beklagte zunächst verpflichtet sei, alle ihr zu Gebote stehenden Mittel einzusetzen, um die Auswirkungen einer Beschränkung der Benutzungspflicht etwa durch die Anpassung der Gebührenstruktur aufzufangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <756>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Denn die Beklagte hat, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, bereits letztes Jahr die Zählergebühr erhöht und im Gegenzug die verbrauchsabhängige Wassergebühr gesenkt, und damit die Großverbraucher auf Kosten der Kleinverbraucher entlastet.
III.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
44 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
45 
Beschluss vom 28. Mai 2009
46 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 45 Abs. 1 Satz 3 und § 63 Abs. 2 GKG).
47 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Wasserversorgungsunternehmen hat dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Der Kunde ist verpflichtet, seinen Wasserbedarf im vereinbarten Umfange aus dem Verteilungsnetz des Wasserversorgungsunternehmens zu decken.

(2) Vor der Errichtung einer Eigengewinnungsanlage hat der Kunde dem Wasserversorgungsunternehmen Mitteilung zu machen. Der Kunde hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß von seiner Eigenanlage keine Rückwirkungen in das öffentliche Wasserversorgungsnetz möglich sind.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Juni 2013 wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 9. März 2005 und des Widerspruchsbescheids des Landratsamts T1 vom 24. September 2012 verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Teilbefreiung vom Benutzungszwang für das in seinem landwirtschaftlichen Anwesen (T. 5) benötigte Brauchwasser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger erstrebt hinsichtlich des für seinen landwirtschaftlichen Betrieb benötigten Brauchwassers eine Teilbefreiung von der Pflicht zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung. Als Inhaber eines Hofgrundstücks im Gemeindegebiet des Beklagten entnimmt er bisher trotz eines bestehenden Anschlusses an das öffentliche Versorgungsnetz das für die Tierhaltung in seinem Betrieb (derzeit 55 Großvieheinheiten [GVE]) benötigte Wasser einer eigenen Brunnenanlage.

Mit Schreiben vom 10. Februar 2005 beantragte der Kläger die Befreiung vom Benutzungszwang für das Brauchwasser in seinem landwirtschaftlichen Betrieb. Seine Hausbrunnenanlage entspreche allen Anforderungen, insbesondere den Hygienevorschriften. Die Befreiung sei der öffentlichen Wasserversorgung wirtschaftlich zumutbar, da die im Raum stehende Wassermenge keinen für die öffentliche Wasserversorgung nicht mehr zu verkraftenden Gebührenausfall nach sich ziehen könne.

Mit Bescheid vom 9. März 2005 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Da mehrere Anträge der gleichen Art vorlägen und diesen aus Gründen der Gleichbehandlung ebenfalls stattgegeben werden müsste, sei der dadurch entstehende Gebührenausfall der öffentlichen Wasserversorgung des Beklagten wirtschaftlich nicht zumutbar, da die insoweit nach der Rechtsprechung geltende Zumutbarkeitsgrenze von 12% überschritten würde. Zudem sei zu berücksichtigen, dass nach Anschluss der Ortsteile B. und T. an die öffentliche Wasserversorgungsanlage die durch Herstellungsbeiträge nicht gedeckten Investitionskosten bereits die Verbrauchsgebühr erheblich belasteten. Der Beklagte habe bisher noch keiner (Teil-)Befreiung zugestimmt.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies das Landratsamt T1 mit Bescheid vom 24. September 2012 zurück. Ein Anspruch auf Teilbeschränkung nach § 7 Abs. 1 der Satzung für die öffentliche Wasserversorgungsanlage des Beklagten (Wasserabgabesatzung - WAS) bestehe auch im Lichte der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung und der auf dieser Basis durchgeführten Berechnungen und Erhebungen wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit nicht. Zudem stünden Gründe der Volksgesundheit der Befreiung entgegen, da die Gefahr einer Verkeimung der Leitungen bei sich vermindernder Wasserabnahmemenge bestehe.

Der Kläger erhob daraufhin - gleichzeitig mit vier weiteren Landwirten im Ort - Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg mit dem Antrag, ihn von der Verpflichtung zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung auszunehmen, soweit das Wasser der Viehtränke, dem Waschen des Viehstalls und der Maschinen sowie dem Pflanzenschutz diene. Wirtschaftliche Unzumutbarkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 WAS könne dem Antrag nicht entgegengehalten werden. Der Beklagte habe bei seiner Prüfung neben den bei Gericht anhängigen Verfahren weitere 13 Befreiungsanträge berücksichtigt, wobei auffallend sei, dass die Mehrzahl dieser Anträge datumsgleich bzw. in enger zeitlicher Nähe gestellt worden seien. Nach Informationen des Klägers seien die Anträge von Vertretern des Beklagten „eingesammelt“ worden. Ihre Ernsthaftigkeit werde in Zweifel gezogen, zumal viele der Antragsteller über keine eigene Brunnenanlage verfügten. Der Beklagte versuche, mit einer sog. fiktiven Wassergebühr den Wasserpreis „hochzurechnen“; diese Berechnung sei aber nicht nachvollziehbar und von der Rechtsprechung nicht gedeckt. Ein Hochrechnen durch Abschreibungen und Verzinsung des Anlagekapitals sei unzulässig; maßgebend sei der Wasserpreis für den Abnehmer in seiner absoluten Höhe im Verhältnis zu den Preisen anderer Versorger im Landkreis. Da der aktuelle Wasserpreis bei nur 0,87 Euro/m³ (netto) liege, könne von einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit aufgrund der anhängigen Befreiungsanträge auch im Vergleich zum durchschnittlichen Wasserpreis im Landkreis T1 nicht ausgegangen werden. Die Fixkosten würden durch die Grundgebühr abgedeckt. Soweit sich der Beklagte ergänzend auf Gründe der Volksgesundheit für die Ablehnung berufe, seien diese nicht belegt.

Der Beklagte beantragte Klageabweisung. Neben den beim Verwaltungsgericht anhängigen fünf Befreiungsanträgen seien noch 13 Anträge von Landwirten mit einem geschätzten Wasserausfall von insgesamt 22.397 m³ anhängig. Da der Kläger seit dem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung im Jahr 2005 für den Viehstall weiter eigenes Wasser verwende, müsse sein diesbezüglicher Verbrauch anhand der Großvieheinheiten geschätzt werden, wobei ein Verbrauch von jährlich 15 m³/GVE zugrunde gelegt werde; dies führe zu einem geschätzten Verbrauch von 825 m³. Der geschätzte Verbrauch aller bei Gericht anhängigen Verfahren betrage insgesamt 3660 m³. Davon ausgehend sei die begehrte Beschränkung der Benutzungspflicht wirtschaftlich unzumutbar. Zum Zweck des regionalen Vergleichs habe man die Wasserpreise der benachbarten Gemeinden vergleichbar machen müssen und sog. fiktive Gebühren ermittelt, wobei der Beklagte mit einer fiktiven Gebühr (ohne Beitragseinnahmen und Grundgebühr) von 2,00 Euro/m³ im Jahr 2012 bereits über der fiktiven Durchschnittsgebühr im Landkreis T1 von 1,87 Euro/m³ liege. Bei Stattgabe aller anhängigen Beschränkungsanträge würde sich die fiktive Gebühr auf 3,08 Euro/m³ erhöhen. Im Übrigen könnten die örtlichen Verhältnisse nicht unberücksichtigt bleiben. Der Beklagte sei durch landwirtschaftliche Betriebe geprägt; im Jahr 2012 hätten die Landwirte im Versorgungsgebiet rund 31.500 m³ und damit fast die Hälfte des gesamten gelieferten Wassers (64.147 m³) verbraucht. Der Ausfall des Wasserbezugs für die Viehställe müsste von den Kleinabnehmern aufgefangen werden, wodurch der Rechtsfriede zwischen Landwirten und Kleinabnehmern erheblich gestört würde. Ein Widerrufsvorbehalt wäre angesichts der konkreten Umstände nicht praktikabel. Ob wegen der Gefahr einer Verkeimung der Leitungen auch Gründe der Volksgesundheit dem Antrag entgegenstünden, könne dahinstehen. Jedoch müsse nach Auskunft eines Ingenieurbüros gewährleistet sein, dass innerhalb von sieben Tagen der 1,5-fache Leitungsinhalt ausgetauscht werde; dies wäre bei Stattgabe aller Beschränkungsanträge nicht mehr der Fall, so dass durch unvermeidliche Spülungen weitere Kosten entstehen würden.

Mit Urteil vom 24. Juni 2013 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage ab. Die Klage sei insgesamt unbegründet, da die begehrte Beschränkung der Benutzungspflicht gemäß § 7 Abs. 1 WAS wirtschaftlich unzumutbar sei. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs komme es dabei im Regelfall auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit für die Wasserabnehmer an, die den durch Teilbefreiungen entstehenden Gebührenausfall über erhöhte Gebühren mitfinanzieren müssten. Der Beklagte habe der Ermittlung des maßgeblichen Verbrauchsausfalls alle anhängigen Beschränkungsanträge zugrunde legen dürfen, da ihnen im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aus Gründen der Gleichbehandlung ebenfalls stattgegeben werden müsste; für die Anwendung des Prioritätsprinzips bestehe hier kein Raum. Soweit der Kläger Zweifel an der inneren Motivation der 13 weiteren Antragsteller hege, seien diese unbeachtlich; es komme allein auf die förmliche Stellung eines Antrags beim Beklagten an. Dass die Anträge wort- und teilweise auch datumsgleich gestellt seien, reiche noch nicht aus, um sie für nicht ernsthaft zu halten. Ebenfalls irrelevant sei die Frage nach bestehenden Brauchwasserversorgungen auf den in Rede stehenden Grundstücken; ein Brunnen könne auch erst nach der möglichen Stattgabe des Antrags und der gegebenenfalls erforderlichen Erteilung einer wasserrechtlichen Gestattung gebohrt werden. Der nach den Daten des Jahres 2012 bei Stattgabe aller Anträge zu erwartende Verbrauchsausfall betrage ca. 22.397 m³; damit vermindere sich der jährliche Gesamtverbrauch von 64.147 m³ auf 41.750 m³. Der sich daraus ergebende Gebührensprung sei für die übrigen Wasserabnehmer auch bei einem Vergleich der Gebühren mit denen anderer Wasserversorger der Region wirtschaftlich nicht zumutbar. Die derzeit satzungsmäßig bestimmte Verbrauchsgebühr von 0,87 Euro/m³ wäre bei Stattgabe aller Beschränkungsanträge auf 1,38 Euro/m³ anzuheben; dies übersteige die durchschnittliche Verbrauchsgebühr im Landkreis von 1,27 Euro/m³ um knapp 8%. Da der Beklagte mit einer Grundgebühr von mindestens 120 Euro pro Jahr bereits heute mit weitem Abstand an der Spitze der Wasserversorger im Landkreis stehe, bestünden für das Gericht keine Zweifel, dass die gewünschte Beschränkung der Benutzungspflicht im Ergebnis zu einer Gebührensituation beim Beklagten führen würde, die den in der weiteren Umgebung üblichen Rahmen spürbar überschreite. Dies werde durch einen Vergleich anhand typischer Haushaltssituationen verdeutlicht. Die Mehrbelastung der übrigen Wasserabnehmer sei nicht mehr zumutbar auch im Hinblick auf die für die meisten anderen Verbraucher nicht bestehende Möglichkeit einer einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Wasserkosten als Betriebsausgaben. Nachdem schon auf Basis der satzungsmäßig festgelegten Gebührensätze eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit festzustellen sei, komme es auf die zwischen den Beteiligten erörterte Frage, ob ein Gebührenvergleich auf Basis einer sog. fiktiven Vergleichsgebühr erfolgen müsste und welche Berechnungsmethode dabei anzuwenden wäre, nicht entscheidungserheblich an. Ein Vergleich allein der satzungsmäßigen Festsetzungen würde aber nach Auffassung des Gerichts zu kurz greifen, weil die Gestehungskosten für Wasser sich kalkulatorisch nicht nur auf Verbrauchsgebühren, sondern auch auf Grundgebühren und Beiträge verteilen ließen. Eine vordergründig niedrige Wasserverbrauchsgebühr sage noch nichts über die Gesamtbelastung der Wasserverbraucher mit Kosten aus der öffentlichen Wasserversorgung aus, sondern könne beispielsweise einer hohen Beitragsfinanzierungsquote und/oder einer hohen Grundgebühr geschuldet sein. Nachdem das Beschränkungsverlangen bereits aus Gründen der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit keinen Erfolg habe, könne ebenfalls offen bleiben, ob auch Gründe der Volksgesundheit dem klägerischen Begehren entgegenzuhalten wären.

Gleichzeitig mit dem Urteil im Verfahren des Klägers wies das Verwaltungsgericht auch die Verpflichtungsklagen der vier weiteren damaligen Kläger ab. Gegen diese Urteile wurden keine Rechtsmittel eingelegt.

Mit der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Juni 2013 den Bescheid des Beklagten vom 9. März 2005 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts T1 vom 24. September 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Antrag des Klägers auf Befreiung von der Benutzungspflicht für das im landwirtschaftlichen Anwesen in T. ... benötigte Brauchwasser (Viehtränke, Stallwäsche, Maschinenwäsche, Wasser für Pflanzenschutzmittel) stattzugeben.

Der vom Verwaltungsgericht angeführte Umstand, dass bei einer Stattgabe aller anhängigen Brauchwasserbefreiungsanträge der Wasserpreis der Beklagten um 0,11 Euro/m³ bzw. 8% über den durchschnittlichen Wasserpreis im Landkreis T1 ansteigen würde, führe bei weitem nicht dazu, dass der in der weiteren Umgebung übliche Rahmen spürbar überschritten wäre; dies sei aber nach der Rechtsprechung Voraussetzung für eine Ablehnung des Befreiungsantrags. Die relativ geringe finanzielle Mehrbelastung der übrigen Wasserverbraucher bei einem Jahresverbrauch von ca. 40 m³ pro Jahr und Person müsse mit der Belastung des Klägers durch die Benutzungspflicht hinsichtlich des landwirtschaftlichen Brauchwassers verglichen werden. Bei einem Durchschnittsverbraucher ergebe sich eine Mehrbelastung von etwa vier Euro pro Jahr über dem Landkreisdurchschnitt im Vergleich zur Mehrbelastung für den Kläger von mehreren 1000 Euro pro Jahr. Da der Beklagte mit derzeit 0,87 Euro/m³ den geringsten Wasserpreis im Landkreis habe, sei eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit für die Wasserabnehmer auch bei Stattgabe aller anhängigen Befreiungsanträge nicht ersichtlich. Die vom Verwaltungsgericht errechnete Steigerung der absoluten Verbrauchsgebühr im Bereich des Beklagten um 0,51 Euro/m³ ändere nichts daran, dass der Wasserpreis auch dann nur um 8% über dem Landkreisdurchschnitt liege. Das Verwaltungsgericht habe zwar Tabellen für den Wasserpreis bei 1-, 2-, 3- und 4-Personen-Haushalten aufgestellt, dabei aber nicht ermittelt, wie viele solcher Haushalte im Versorgungsgebiet der Beklagten vorhanden seien. Tatsächlich gebe es dort überwiegend Haushalte mit vier und mehr Personen, so dass die Belastung durch die Grundgebühr für jeden einzelnen Abnehmer entsprechend niedrig sei. Die erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegten weiteren 13 Befreiungsanträge seien Scheinanträge; keiner dieser neuen Antragsteller habe während der letzten neun Jahre Interesse an einer Brauchwasserbefreiung bekundet. Selbst wenn bei Stattgabe aller Teilbefreiungsanträge die wirtschaftliche Zumutbarkeitsgrenze überschritten sein sollte, hätte der Beklagte die Anträge nicht vollständig ablehnen dürfen, sondern eine ermessensfehlerfreie Verteilung der verfügbaren Kapazitäten vornehmen müssen. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb Teilbefreiungsanträge nicht bis zur wirtschaftlichen Zumutbarkeitsgrenze ausgeschöpft werden könnten. Dabei hätte zugunsten des Klägers berücksichtigt werden müssen, dass sein Befreiungsantrag schon im Jahr 2005 gestellt, aber erst im Jahr 2012 von der Widerspruchsbehörde abschließend geprüft und entschieden worden sei. Da die übrigen 13 Verfahrensanträge erst Ende 2012 vorgelegt worden seien, hätte sich dem Beklagten eine Ermessensentscheidung dahingehend aufdrängen müssen, dass der Kläger mit seinem früheren Antrag vorrangig zu berücksichtigen sei.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf eine spürbare Überschreitung des durchschnittlichen Wasserpreises im Landkreis allein komme es nicht an; vielmehr sei eine Gesamtbetrachtung der Auswirkungen der Befreiung im Gemeindegebiet anzustellen. Es sprächen gute Gründe dafür, bei der Bestimmung der Grenze der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit ausschließlich auf die Verbrauchsgebührensteigerung beim jeweiligen Einrichtungsträger abzustellen. Beschränkungen der Benutzungspflicht könnten insbesondere bei kleineren Gemeinden eine massive Erhöhung der Verbrauchsgebühr zur Folge haben; dies zeige der vorliegende Fall mit einer Erhöhung um 59%. Das Vertrauen der Wasserabnehmer in die langfristige Stabilität der Verbrauchsgebühren werde erschüttert, wenn unter Hinweis auf hohe Verbrauchsgebühren bei anderen Einrichtungsträgern die Gebühren erheblich erhöht werden könnten. Ein Vergleich der Verbrauchsgebühr eines konkreten Versorgers mit den Gebühren anderer Einrichtungsträger sei nicht sachgerecht, weil die Gebührenhöhe oftmals von örtlichen Gegebenheiten und betriebswirtschaftlichen Besonderheiten wie z. B. unterschiedlichen Beitragsdeckungsquoten, Grundgebühren und Kalkulationszeiträumen abhänge, die Abgrenzung der maßgeblichen Region Schwierigkeiten bereite und regionale Durchschnittspreise wenig aussagekräftig seien. Die konkreten örtlichen Verhältnisse wie etwa die Prägung durch landwirtschaftliche Betriebe könnten nicht unberücksichtigt bleiben. Die Teilbefreiungsbescheide mit einer Befristung oder einem Widerrufsvorbehalt zu versehen, erscheine angesichts der mit der Brunnenerstellung verbundenen erheblichen Investitionen nicht zumutbar und daher nicht sachgerecht. Für den Prioritätsgrundsatz sei nur Raum, wenn keine weiteren Anträge vorlägen. Ansonsten sei es weder sachgerecht noch praktikabel, den Beschränkungsanträgen nach dem Zeitpunkt des Eingangs bis zum Erreichen der Zumutbarkeitsschwelle stattzugeben, zumal dann in jedem Einzelfall geprüft werden müsste, ob es dem Antragsteller rechtlich möglich sei, das benötigte Wasser über einen zu errichtenden eigenen Brunnen zu beziehen. Aus ökologischer Sicht sei nicht davon auszugehen, dass bei Errichtung eines eigenen Brunnens im Ergebnis Ressourcen gespart würden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Juni 2013 hat teilweise Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage des Klägers zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Zwar besteht kein strikter Rechtsanspruch des Klägers auf Befreiung von der Pflicht zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung hinsichtlich des für seinen landwirtschaftlichen Betrieb benötigten Brauchwassers (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Beklagte ist aber verpflichtet, über den Teilbefreiungsantrag des Klägers im Ermessenswege unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

I.

Der Kläger, dessen Hofgrundstück seit dem Jahr 2005 an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten angeschlossen ist, hat keinen unmittelbaren Anspruch darauf, von der in § 5 Abs. 3 Satz 1 WAS normierten Verpflichtung, seinen gesamten Wasserbedarf aus dieser Einrichtung zu decken, für den in seinem Antrag genannten Verbrauchszweck (landwirtschaftlich benötigtes Brauchwasser) teilweise befreit zu werden.

1. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS wird die Benutzungspflicht auf Antrag auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf beschränkt, soweit das für die öffentliche Wasserversorgung wirtschaftlich zumutbar ist und andere Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Mit dieser Regelung hat der Satzungsgeber den nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 GO angeordneten, prinzipiell umfassenden Benutzungszwang an die bundesrechtliche Vorgabe des § 3 Abs. 1 i. V. m. § 35 Abs. 1 AVBWasserV (VO über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser v. 20.6.1980, BGBl I S. 750, ber. S. 1067) angepasst. Mit der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS soll das Allgemeininteresse an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung mit den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an einer Berücksichtigung ihrer besonderen Bedürfnisse zum Ausgleich gebracht werden (vgl. BVerfG, B.v. 2.11.1981 - 2 BvR 671/81 - NVwZ 1982, 306/308; BVerwG, U.v. 11.4.1986 - 7 C 50.83 - NVwZ 1986, 754/755). Da die von der Satzung ermöglichte Beschränkung des Benutzungszwangs eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darstellt, mit der im Einzelfall auftretende Härten abgemildert werden können, ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS - durch Bundesrecht vorgezeichnet - für die einzelnen Antragsteller bei Vorliegen der dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen ein Rechtsanspruch auf entsprechende Teilbefreiung und nicht nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (BayVGH, U.v. 26.4.2007 - 4 BV 05.1037 - DÖV 2007, 935).

Der Kläger erstrebt mit seinem Antrag eine Beschränkung des Benutzungszwangs auf einen „bestimmten Verwendungszweck oder Teilbedarf“ im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS. Es geht ihm erkennbar darum, das für seinen landwirtschaftlichen Betrieb benötigte Brauchwasser in vollem Umfang - die Aufzählung „Viehtränke, Stallwäsche, Maschinenwäsche, Wasser für Pflanzenschutzmittel“ ist insoweit nicht als abschließend zu verstehen - aus seinem eigenen Brunnen beziehen zu dürfen. Das hätte zur Folge, dass er nur noch hinsichtlich des Wohnbereichs seines Anwesens verpflichtet wäre, die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten in Anspruch zu nehmen.

Maßgebend für die Prüfung dieses Verpflichtungsbegehrens sind, da es um eine Beschränkung des Benutzungszwangs für die Zukunft geht, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Gerichtsverfahren (BayVGH, U.v. 5.7.1991 - 23 B 89.03718 - VGH n. F. 44, 106 = BayVBl 1992, 20), insbesondere also die derzeit geltenden örtlichen und regionalen Gebührensätze und die für das letzte Abrechnungsjahr (2013) ermittelten Wasserverbrauchsmengen. Ob dem schon im Jahr 2005 gestellten Antrag des Klägers nach der damaligen Sach- und Rechtslage hätte stattgegeben werden müssen, kann daher offenbleiben.

2. Nach den heute gegebenen Umständen scheitert der geltend gemachte Rechtsanspruch auf Teilbefreiung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS am Tatbestandsmerkmal der „wirtschaftlichen Zumutbarkeit für die öffentliche Wasserversorgung“. Die Schwelle zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit ist insbesondere dann überschritten, wenn als Folge der beantragten Beschränkung der Benutzungspflicht die Trinkwasserversorgung in der betroffenen Gemeinde zu erträglichen Preisen nicht (mehr) möglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 11.4.1986 - 7 C 50.83 - NVwZ 1986, 754; B.v. 30.12.2010, RdL 2011, 233), wofür dem Träger der öffentlichen Versorgungseinrichtung die Darlegungslast obliegt (vgl. BayVGH, U.v. 26.4.2007 - 4 B 05.576 - VGH n. F. 60, 111/113 = BayVBl 2008, 274). Dabei ist nicht nur das konkret zur Entscheidung stehende Beschränkungsverlangen mit seiner Auswirkung auf die Gebührenhöhe in den Blick zu nehmen, sondern neben den bereits früher positiv verbeschiedenen auch etwaige weitere anhängige Beschränkungsanträge, denen aus Gründen der Gleichbehandlung ebenfalls stattgegeben werden müsste (BayVGH, a. a. O.). Nicht als mögliche „Berufungsfälle“ zu berücksichtigen sind dagegen bloße Interessebekundungen, die noch nicht in schriftlich begründeten Anträgen (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 2 WAS) zum Ausdruck gekommen, sondern dem Einrichtungsträger nur auf anderem Wege bekannt geworden sind (BayVGH, a. a. O., 113 f.).

a) Im Falle des Klägers sind demnach in die Prüfung des Ausschlussgrundes der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit auch die bisher nicht verbeschiedenen 13 weiteren Beschränkungsanträge einzubeziehen, die ebenfalls eine Teilbefreiung hinsichtlich des zur Viehhaltung benötigten landwirtschaftlichen Brauchwassers zum Gegenstand haben. Dass diese Anträge erst mehr als sieben Jahre nach Anschluss der Ortsteile B. und T. an die öffentliche Wasserversorgung gestellt wurden, innerhalb einer auffällig kurzen Zeitspanne (11. bis 27. 12. 2012) beim Beklagten eingingen und zumeist identische Formulierungen aufweisen, reicht entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus, um sie als bloße Scheinanträge anzusehen und bei der Prognose der künftigen Gebührenentwicklung außer Betracht zu lassen. Zwar lässt sich nicht ausschließen, dass es zumindest einigen Antragstellern ausschließlich darum gehen könnte, den Beschränkungsanspruch des Klägers zunichte zu machen und so einem andernfalls drohenden Gebührenanstieg entgegenzuwirken. Solange eine solche alleinige Verhinderungsabsicht nicht nachgewiesen ist, muss jedoch davon ausgegangen werden, dass die betreffenden Landwirte sich den Antrag des Klägers lediglich zum Vorbild genommen haben und somit aus den gleichen (wirtschaftlichen) Gründen wie er eine Beschränkung des Benutzungszwangs für ihren Betrieb anstreben. Dass diese 13 weiteren Antragsteller bisher entweder noch gar keine oder - seit dem Anschluss ihrer Hofgrundstücke an das öffentliche Versorgungsnetz - allenfalls eine seit Jahren stillgelegte eigene Wasserversorgungseinrichtung besitzen und daher die wasserrechtliche Zulässigkeit der beabsichtigten Selbstversorgung ungewiss erscheint (vgl. § 18 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 WHG), steht der Berücksichtigung ihrer Anträge nicht entgegen. Denn die Beschränkung der Benutzungspflicht nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS wird unabhängig von der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeit einer anderweitigen Bedarfsdeckung erteilt (BayVGH, U.v. 13.2.1997 - 23 B 94.2319 - GK 1997 RdNr. 185); sie kann eine dafür erforderliche wasserrechtliche Gestattung weder ersetzen noch setzt sie diese voraus (BayVGH, U.v. 26.4.2007 - 4 B 05.576 - VGH n. F. 60, 111/113 = BayVBl 2008, 274; OVG RhPf, U.v. 30.5.1995 - 7 A 12843/94 - NVwZ-RR 1996, 193).

Neben den 13 derzeit im Verwaltungsverfahren anhängigen Beschränkungsanträgen müssen in die Beurteilung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit auch jene vier älteren Anträge einfließen, die nach Ablehnung durch den Beklagten und nach Zurückweisung des Widerspruchs im Klagewege weiterverfolgt und vom Verwaltungsgericht aus den selben Gründen wie das Begehren des Klägers abgewiesen wurden. Zwar haben diese erstinstanzlichen Urteile mangels Rechtsmitteleinlegung mittlerweile Rechtskraft erlangt, so dass das Nichtbestehen eines Befreiungsanspruchs zwischen den Prozessbeteiligten feststeht (§ 121 Nr. 1 VwGO). Die Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft entfällt aber bei entscheidungserheblichen Änderungen der Sachlage (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, § 121 Rn. 46 m. w. N.). Die am 24. Juni 2013 ergangenen Urteile bezogen sich auf die Verbrauchsverhältnisse im damals vorangegangenen Abrechnungszeitraum 2012 und nicht auf die nunmehr maßgebenden Werte des Jahres 2013. Einem neuen Beschränkungsverlangen der damaligen vier Kläger könnte daher heute nicht mehr der Einwand der Rechtskraft entgegengehalten werden. Da diese ehemaligen Antragsteller mit ihrem Verhalten, insbesondere mit dem nach wie vor nicht erfolgten Anschluss ihrer Stallanlagen an die öffentliche Wasserversorgung, die deutliche Absicht erkennen lassen, das Begehren auf Teilbefreiung vom Benutzungszwang zumindest bis zum Abschluss des vom Kläger - gleichsam als Musterprozess - weiterbetriebenen Klageverfahrens weiter zu verfolgen, sind sie ausnahmsweise so zu behandeln, als hätten sie ebenfalls bereits einen (nochmaligen) Antrag beim Beklagten eingereicht.

b) Ob bei gleichzeitiger Stattgabe aller zu berücksichtigenden Teilbefreiungsanträge die Wassergebühren im Versorgungsgebiet des Beklagten für die Verbraucher noch als wirtschaftlich zumutbar im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV anzusehen wären und der streitgegenständliche Antrag des Klägers somit Erfolg haben muss, hängt insbesondere von dem Gebührenniveau ab, das sonst in vergleichbaren Lagen für den Wasserbezug gilt (BVerwG, B.v. 30.12.2010 - 8 B 40/10 - RdL 2011, 233 m. w. N.). Nach der Rechtsprechung des Senats bedarf es daher - trotz der naturgemäß unterschiedlich hohen Gestehungskosten - eines Abgleichs mit den Wasserpreisen anderer Versorger in der Region, wobei von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit erst gesprochen werden kann, wenn die Beschränkung der Benutzungspflicht zu einer Gebühr führen würde, deren Höhe den in der weiteren Umgebung üblichen Rahmen spürbar überschreitet (BayVGH, U.v. 26.4.2007 - 4 B 05.576 - VGH n. F. 60, 111/115 f. = BayVBl 2008, 274 m. w. N.). Ungeachtet dieses vorrangig gebotenen regionalen Vergleichs kann jedoch ein deutlicher Gebührensprung gegebenenfalls auch für sich genommen bereits den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren verlassen (BVerwG, a. a. O.). In der Rechtsprechung des Senats ist bisher allerdings nicht geklärt, ab welchem (prozentualen) Anstieg die Zumutbarkeitsschwelle schon bei rein lokaler Betrachtung überschritten ist. Aus den früheren Entscheidungen ergeben sich auch keine eindeutigen Aussagen dazu, wie die regionalen Vergleichswerte ermittelt werden können, welche Bedeutung dabei dem Nebeneinander von Verbrauchs- und Grundgebühren zukommt und wie sich der regional übliche „Rahmen“ als Grenze der wirtschaftlichen Zumutbarkeit in konkreten Zahlenwerten bestimmen lässt.

aa) Um diese Fragen beantworten zu können, muss als Ausgangspunkt zunächst die für das örtliche Versorgungsgebiet maßgebliche Höhe der bisherigen Wassergebühr bestimmt werden, wie sie sich ohne Teilbefreiungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS darstellt bzw. darstellen würde. Da es um die Gebührenbelastung aus Sicht der Anschlussnehmer geht, kommt es hier im Ausgangspunkt nicht auf die für die Einrichtung tatsächlich anfallenden bzw. kalkulatorisch ermittelten Gestehungskosten pro Kubikmeter Wasser an, sondern auf die satzungsrechtlich festgelegte aktuelle Verbrauchsgebühr (hier: 0,87 Euro/m³) unabhängig von dem damit erreichten Kostendeckungsgrad. Wurden allerdings bereits in der Vergangenheit bei einzelnen Anschlussnehmern Teilbefreiungen zugelassen oder faktisch geduldet, so war der daraus resultierende Einnahmeausfall nur durch eine entsprechende Erhöhung des Gebührensatzes auszugleichen; dieser befreiungsbedingte Anteil ist daher zunächst wieder abzuziehen.

Vorliegend bedeutet dies, dass für die trotz des Benutzungszwangs auf eigenes Brauchwasser zurückgreifenden landwirtschaftlichen Betriebe des Klägers und der vier weiteren ursprünglichen Kläger jeweils fiktive Verbrauchswerte anzusetzen sind. Da die genannten Betriebe nach der vom Beklagten vorgelegten Auflistung einen Bestand von insgesamt 244 Großvieheinheiten aufweisen und je Großvieheinheit ein durchschnittlicher Jahreswasserverbrauch in einer Größenordnung von ca. 20 m³ als realistisch angesehen werden kann (vgl. die Broschüre „Wasserverbrauch und Wasserbedarf - Literaturstudie: Einflussfaktoren, Entwicklung und Prognosen“, 2010; http://www.b...gv.at/p...html S. 67), hat sich durch diese bisherigen Selbstversorger das Abgabevolumen um insgesamt (244 x 20 =) 4880 m³ verringert. Hätte der Beklagte im Jahr 2013 demnach statt der tatsächlich gelieferten 65.082 m³ eine Gesamtmenge von 69.962 m³ Wasser abgeben können, so wären ihm die in diesem Jahr erzielten Einnahmen aus Verbrauchsgebühren in Höhe von 56.578 Euro schon bei einer um 6 Cent geringeren Gebühr von (56.578 : 69.962 =) 0,8078, aufgerundet 0,81 Euro/m³ zugeflossen.

Dieser aus einer (unterstellt) größeren Abgabemenge sich ergebende gebührenmindernde Effekt hätte allerdings nicht in vollem Umfang an die Verbraucher weitergegeben werden können, da sich mit dem höheren Gesamtverbrauch auch der Kostenaufwand für den Einrichtungsträger erhöht hätte. Bei einer gemeindlichen Trinkwasserversorgung machen die verbrauchsabhängigen Kosten aber lediglich ca. 20% der Gesamtkosten aus, während sich die Fixkosten auf ca. 80% belaufen (vgl. Verband kommunaler Unternehmen e.V., Kommunale Wasserwirtschaft. Fragen und Antworten: Wasserpreise und -gebühren, www.v...de/f...pdf, S. 2). Der oben errechnete Absenkungseffekt von 6 Cent ist daher um 20% bzw. ein Fünftel (ca. 1 Cent) zu kürzen, so dass sich ohne die faktischen Teilbefreiungen (bei gleichem Kostendeckungsgrad) eine Verbrauchsgebühr in Höhe von ca. 0,82 Euro/m³ ergeben hätte. Von dieser „teilbefreiungsbereinigten“ örtlichen Gebühr muss - anstelle der in der Satzung bestimmten 0,87 Euro/m³ - ausgegangen werden, wenn der bei Stattgabe sämtlicher Beschränkungsanträge zu erwartende prozentuale Gebührenanstieg ermittelt werden soll.

bb) Hätten im Jahr 2013 - neben den schon bisher nicht angeschlossenen Hofstellen des Klägers und der vier früheren Kläger - auch noch die 13 weiteren Antragsteller kein landwirtschaftliches Brauchwasser aus der öffentlichen Einrichtung entnommen, so wären nach den vom Beklagten vorgelegten aktuellen Verbrauchszahlen dieser Betriebe die jährlichen Entnahmen aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage um insgesamt 24.026 m³ zurückgegangen, so dass die gelieferte Menge nur noch (65.082 - 24.026 =) 41.056 m³ betragen hätte. Um trotz dieses Absatzrückgangs Gebühreneinnahmen im bisherigen Umfang (56.578 Euro) erzielen zu können, wäre demnach eine Verbrauchsgebühr von (56.578 : 41.056 =) 1,378, aufgerundet 1,38 Euro/m³ und damit eine Erhöhung gegenüber der „bereinigten“ örtlichen Ausgangsgebühr von 0,82 Euro/m³ um 0,56 Euro notwendig gewesen. Dabei ist allerdings wiederum zu berücksichtigen, dass sich eine geänderte Abgabemenge auch auf die laufenden Betriebskosten der Einrichtung auswirkt; bei geringerem Gesamtverbrauch bedarf es nicht des vollen bisherigen Einnahmevolumens, um den gleichen Kostendeckungsgrad wie bisher zu erreichen. Da die verbrauchsabhängigen Kosten, wie oben gezeigt, ca. 20% der Gesamtkosten ausmachen, ist auch hier der errechnete Änderungsbetrag um ein Fünftel zu kürzen, so dass sich bei Erteilung aller beantragten Teilbefreiungen ein Gebührenanstieg um (0,56 x 0,8 =) 0,448, aufgerundet 0,45 Euro ergeben würde, d. h. von bisher 0,82 Euro/m³ um 54,87% auf 1,27 Euro/m³.

Mit diesem deutlichen Gebührensprung, der den Ausgangswert um mehr als 50% übersteigt, ist schon bei einer rein lokalen Betrachtung die Zumutbarkeitsschwelle des § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS überschritten, ohne dass es insoweit noch auf einen Vergleich mit den Wasserpreisen der übrigen Versorger in der Region ankäme. Selbst wenn die örtliche Verbrauchsgebühr nach Stattgabe aller Teilbefreiungsanträge noch unter dem regionalen Durchschnitt bliebe, wäre den sonstigen Anschlussnehmern ein isolierter Anstieg um mehr als die Hälfte nicht mehr zuzumuten; sie würden dann in unerträglich hohem Ausmaß zum finanziellen Ausgleich des befreiungsbedingten Lieferausfalls herangezogen (zur 50%-Grenze als maximalem Steigerungssatz vgl. OVG Lüneburg, U.v. 12.2.1991 - 9 L 349/89 - n. v.; OVG SH, U.v. 26.3.1992 - 2 L 15/91 - AgrarR 1993, 407). Dieser absoluten Erhöhungsobergrenze kommt - neben der vorrangig geforderten regionalen Vergleichsbetrachtung - besondere Bedeutung vor allem deshalb zu, weil es nur in diesem Rahmen möglich ist, die aus früheren (ausdrücklichen oder faktischen) Teilbefreiungen resultierenden Gebührenausfälle bei der Prüfung der Zumutbarkeit eines teilbefreiungsbedingten Gebührenanstiegs zu berücksichtigen.

cc) Unabhängig von der Überschreitung der ortsbezogenen 50%-Grenze wäre die hier zu erwartende Erhöhung der Verbrauchsgebühr aber auch gemessen am allgemeinen Gebührenniveau in der Region für die betroffenen Wasserverbraucher unzumutbar, so dass der Kläger aus diesem weiteren Grund keinen Rechtsanspruch auf Teilbefreiung vom Benutzungszwang hat.

Zur Bestimmung der regionalen Vergleichswerte bedarf es keiner aufwändigen und fehleranfälligen Umfragen bei den benachbarten Gemeinden. Im Regelfall kann vielmehr auf die im Drei-Jahres-Turnus veröffentlichten Berichte des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung über „Wasser- und Abwasserentgelte in Bayern“ zurückgegriffen werden, in denen für sämtliche Landkreise und kreisfreien Städte nach den Einwohnerzahlen gewichtete Durchschnittsentgelte für die Trinkwasserversorgung aufgeführt sind. Nach dem aktuellen Bericht vom September 2013 war in den 26 Gemeinden des hier maßgeblichen Landkreises T1 (74.483 Einwohner) im Jahr 2013 im Durchschnitt eine Verbrauchsgebühr von 1,54 Euro/m³ sowie eine jährliche Grundgebühr (Zählergröße Qn=2,5 m³/h oder Pauschale) von 26,21 Euro zu entrichten (Bericht Q1300C 201351, https://www.s...de/v...html, S. 7 u. 13).

Mit diesen gemittelten Zahlenwerten lassen sich die Gebührensätze des Beklagten allerdings nicht unmittelbar vergleichen. Dies folgt zwar nicht schon daraus, dass in die regionale Durchschnittsberechnung auch vom Beklagten gemeldete Einzelzahlen eingegangen sind, denn auf das Gesamtergebnis kann sich dieses sehr kleine Versorgungsgebiet (>1.000 Einwohner) allenfalls marginal ausgewirkt haben. Anders als bei der Ermittlung des Gebührenanstiegs auf örtlicher Ebene (s.o., aa) kann und muss hier auch nicht zunächst ein um alle früheren Teilbefreiungen bereinigter Ausgangswert der Verbrauchsgebühr ermittelt werden, da davon auszugehen ist, dass in den anderen Gemeinden des Landkreises in der Vergangenheit ebenfalls (in unterschiedlichem, im Einzelnen kaum mehr aufklärbarem Umfang) Teilbefreiungen vom Benutzungszwang zugelassen oder faktisch geduldet wurden. Einer direkten Vergleichbarkeit der in der Satzung festgelegten örtlichen Gebühren mit den statistisch ermittelten regionalen Durchschnittspreisen stehen jedoch die erheblichen Unterschiede im Verhältnis der jeweiligen Grund- und Verbrauchsgebühren entgegen, wie der vorliegende Fall besonders anschaulich vor Augen führt.

Für die Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten ist im Regelfall (Zählergröße Qn bis 2,5 m³) eine jährliche Grundgebühr von 120 Euro zu entrichten (§ 9a Abs. 2 Buchst. a WAS) und damit mehr als das Viereinhalbfache der Durchschnittsgebühr von 26,21 Euro auf Landkreisebene. Dementsprechend hat der Beklagte im Jahr 2013 neben den aus Verbrauchsgebühren (0,87 Euro/m³) erzielten Einnahmen von 56.578 Euro immerhin weitere 37.066 Euro Einnahmen aus Grundgebühren (120 Euro/Jahr) erzielt. Dieser im Vergleich zur durchschnittlichen Landkreisgemeinde ungewöhnlich hohe Grundgebührenanteil hat zur Folge, dass die Verbrauchsgebühren im Versorgungsgebiet des Beklagten relativ gering ausfallen konnten. Effektiv vergleichen lässt sich die Gesamtgebührenbelastung daher nur über eine rechnerische Nivellierung im Bereich der Grundgebühren. Würde auch vom Beklagten eine Grundgebühr in Höhe des Landkreis-Durchschnitts (26,21 Euro) gefordert, so hätten seine entsprechenden Einnahmen im Jahr 2013 nur noch (37.066 : 120 x 26,21 =) 8.095,83 Euro betragen. Um gleichwohl den bisherigen Kostendeckungsgrad wieder zu erreichen, hätte die Differenz von (37.066 - 8.096 =) 28.970 Euro zusätzlich aus den Verbrauchsgebühren erwirtschaftet werden müssen. Der entsprechende Sollbetrag von (56.578 + 28.970 =) 85.548 Euro wäre im Jahr 2013 bei dem damaligen Gesamtwasserverbrauch nur bei einer Verbrauchsgebühr von (85.548 : 65.082 =) 1,31 Euro/m³ eingenommen worden. Nur diese „grundgebührnivellierte“ fiktive Gebühr lässt sich mit der Landkreisdurchschnittsgebühr von 1,54 Euro/m³ vergleichen.

Zwar erweist sich damit, dass die Gebührenbelastung im Versorgungsgebiet des Beklagten bisher insgesamt unter dem Landkreisniveau liegt. Würde den weiteren 13 Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe, die ihr Brauchwasser bisher aus der öffentlichen Einrichtung bezogen haben, insoweit antragsgemäß eine Teilbefreiung vom Benutzungszwang erteilt, so wäre diese Schwelle aber deutlich überschritten. Da in einem solchen Fall, wie oben gezeigt, der jährliche Wasserverbrauch der öffentlichen Einrichtung auf (65.082 - 24.026 =) 41.056 m³ zurückginge, könnten mit einer Verbrauchsgebühr von 1,31 Euro/m³ nur noch 53.783 Euro erlöst werden, so dass ein Einnahmeausfall von 31.765 Euro zu verzeichnen wäre. Auch wenn insoweit wiederum wegen der gleichzeitigen Einsparung bei den verbrauchsabhängigen Produktionskosten ein Abschlag von 20% bzw. einem Fünftel vorzunehmen ist, bliebe eine Deckungslücke von (31.765 x 0,8 =) 25.412 Euro, die durch eine entsprechende Gebührenerhöhung ausgeglichen werden müsste. Die örtlichen Anschlussnehmer hätten daher am Ende - grundgebührnivelliert - eine Verbrauchsgebühr in Höhe von (53.783 + 25.412 : 41.056 =) 1,93 Euro/m³ zu entrichten, die damit um 47,33% über dem nivellierten Ausgangswert von 1,31 Euro/m³ und um 25,32% über dem Landkreisdurchschnitt von 1,54 Euro/m³ läge.

Diese deutliche Überschreitung des regionalen Durchschnittswerts kann den Gebührenzahlern im Versorgungsgebiet des Beklagten nicht mehr zugemutet werden. Generell gilt insoweit der Grundsatz, dass der prozentuale Anstieg gegenüber dem (grundgebührnivellierten) örtlichen Ausgangswert umso stärker beschränkt werden muss, je weiter sich die am Ende erreichte Gebühr vom regionalen Durchschnittswert entfernt. Profitieren die Anschlussnehmer eines Wasserversorgers von dessen - im Vergleich zu anderen Kommunen - geringen Gestehungskosten, so kann ihnen ein relativ hoher Gebührensprung als Folge der Absenkung des Gesamtwasserverbrauchs durch vermehrte Beschränkungen von der Benutzungspflicht eher zugemutet werden. Werden dagegen aufgrund einer ungünstigeren Ausgangslage bereits bisher vergleichsweise hohe Gebühren erhoben, so kann schon eine geringere Steigerung die Grenze des Tragbaren überschreiten (BayVGH, U.v. 26.4.2007 - 4 B 05.576 - VGH n. F. 60, 111/116 = BayVBl 2008, 274). Danach müssen, sobald die für den Fall der Erteilung aller beantragten Teilbefreiungen prognostizierte örtliche Verbrauchsgebühr die durchschnittliche Gebühr im Landkreis überschreitet, fünf verschiedene Zumutbarkeitsstufen unterschieden werden: Wird der regionale Durchschnitt nur vergleichsweise geringfügig um bis zu 10% überschritten, so erscheint eine Steigerung der örtlichen Verbrauchsgebühr gegenüber dem nivellierten Ausgangswert von maximal 40% als zumutbar. Liegt die nivellierte örtliche Verbrauchsgebühr nach der Erhöhung um bis zu 20% über dem regionalen Durchschnitt, kann dagegen nur ein Gebührensprung von 30%, bei einer Überschreitung des regionalen Durchschnitts um bis zu 30% ein Anstieg von 20% und bei einer Überschreitung von bis zu 40% eine Anhebung um höchstens 10% hingenommen werden. Liegt die nivellierte Vergleichsgebühr in der betreffenden Gemeinde schon bisher um mehr als 40% über dem regionalen Durchschnittswert, so kommt eine teilbefreiungsbedingte weitere Anhebung nicht mehr in Frage.

Im vorliegenden Fall sind diese den Zumutbarkeitsbegriff konkretisierenden Obergrenzen ersichtlich nicht eingehalten. Die o. g. Überschreitung des Landkreisdurchschnitts um 25,32% wäre den Gebührenzahlern nur zuzumuten, wenn zugleich der Anstieg der bisherigen nivellierten Verbrauchsgebühr nicht mehr als 20% betrüge; tatsächlich beträgt dieser aber 47,33%. Eine solch massive Erhöhung des örtlichen Ausgangswerts um mehr als 40% wäre unter dem Blickwinkel der regionalen Vergleichsbetrachtung nur zulässig, wenn selbst dieser erhöhte Wert noch unter dem Landkreisdurchschnitt bliebe. Das ist hier aber bei einer prognostizierten nivellierten Verbrauchsgebühr von 1,93 Euro/m³ nicht der Fall.

II. Die Feststellung, dass der Kläger keinen unmittelbaren Anspruch auf Teilbefreiung vom Benutzungszwang hat, rechtfertigt allein aber noch nicht, seinen Antrag vollständig abzulehnen. Wie der Senat bereits in früheren Entscheidungen dargelegt hat, schwächt sich der Anspruch aus § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS mit dem Überschreiten der Grenze zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit zu einem subjektiv-öffentlichen Recht auf sachgerechte und fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens ab (BayVGH, U.v. 26.4.2007 - 4 B 05.576 - VGH n. F. 60, 111/114 = BayVBl 2008, 274; vgl. auch HessVGH, U.v. 27.2.1997 - 5 UE 2017/94 - juris). Dieser Anspruch kann im Wege einer Bescheidungsklage nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO verfolgt werden, die in der erhobenen Verpflichtungsklage als „minus“ regelmäßig mit enthalten ist (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.1994 - 3 C 30/93 - NVwZ 1996, 66).

Im vorliegenden Fall war der Beklagte daher zu verpflichten, über den Beschränkungsantrag des Klägers vom 10. Februar 2005 im Rahmen des gegenwärtig verfügbaren Verteilungsspielraums ermessensfehlerfrei zu entscheiden. Die insoweit maßgebende Kapazität ergibt sich aus den oben aufgeführten prozentualen Obergrenzen für Erhöhungen einer örtlichen Verbrauchsgebühr. Um die bei rein örtlicher Betrachtung geltende absolute Schwelle von 50% nicht zu überschreiten, dürfte die „teilbefreiungsbereinigte“ Verbrauchsgebühr von 0,82 Euro/m³ höchstens um 0,41 Euro auf 1,23 Euro/m³ ansteigen, was nur dann der Fall ist, wenn die gewährten Teilbefreiungen jährlich nicht mehr als ca. 19.000 m³ betragen. Zugleich müssen allerdings die für den regionalen Vergleich maßgebenden relativen Obergrenzen eingehalten werden. Welches Befreiungsvolumen nach den vorgenannten Zumutbarkeitsstufen gegenwärtig maximal verfügbar ist, lässt sich entsprechend dem oben dargestellten Rechenweg auf einfache Weise mittels einer Tabellenkalkulation jedenfalls näherungsweise ermitteln. Danach verläuft hier die Obergrenze bei einer Minderung des Wasserverbrauchs um insgesamt ca. 17.500 m³ pro Jahr. Würden in diesem Umfang Teilbefreiungen gewährt, so ergäbe sich daraus für das Versorgungsgebiet des Beklagten eine (grundgebührnivellierte) Verbrauchsgebühr in Höhe von 1,70 Euro/m³, so dass die für den Landkreis angegebene Durchschnittsgebühr von 1,54 Euro/m³ um ca. 10,4% und der örtliche Ausgangswert von 1,31 Euro/m³ um knapp 30% überschritten wären und daher die zweite Stufe der oben dargestellten Zumutbarkeitsskala soeben noch eingehalten würde.

Auf welche Weise der Beklagte diese freie Kapazität unter den Antragstellern verteilt, bleibt seiner willkürfreien Entscheidung überlassen. Eine schematische prozentuale Kürzung aller Befreiungsanträge scheidet dabei allerdings aus, da an einer bloß partiellen Nutzung des eigenen Brauchwassers keiner der antragstellenden Landwirte ernsthaft interessiert sein dürfte; auch wären insoweit kaum ausräumbare Vollzugs- und Überwachungsprobleme zu erwarten. Der Beklagte kann aber z. B. nach dem Prioritätsprinzip vorgehen, Gruppen von Verbrauchszwecken bilden oder andere legitime Auswahlkriterien aufstellen (BayVGH, a. a. O.). So wäre auch denkbar, danach zu differenzieren, ob ein Antragsteller bereits über eine wasserrechtliche Gestattung für einen eigenen Hausbrunnen verfügt, ob und in welchem Umfang er insoweit schon wirtschaftliche Aufwendungen getätigt hat und inwieweit diese ggf. bereits als abgeschrieben anzusehen sind (vgl. HessVGH, U.v. 27.2.1997 - 5 UE 2017/94 - juris). Da sich sowohl die Verhältnisse dessen, dem eine Teilbefreiung gewährt wurde, als auch der regionale Gebührenvergleich und die Nachfrage nach weiteren Befreiungen im Laufe der Zeit ändern können, darf ein stattgebender Bescheid auch befristet ergehen und mit Bedingungen, Auflagen oder einem Widerrufsvorbehalt versehen werden (§ 7 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 6 Abs. 2 WAS). Eine zwingende Verpflichtung, das jeweils bestehende Befreiungsvolumen in regelmäßigen Abständen neu zu verteilen und damit auch jenen Antragstellern, die zunächst leer ausgegangen sind, später eine neue Chance zu eröffnen, besteht allerdings nicht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Das Wasserversorgungsunternehmen hat dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Der Kunde ist verpflichtet, seinen Wasserbedarf im vereinbarten Umfange aus dem Verteilungsnetz des Wasserversorgungsunternehmens zu decken.

(2) Vor der Errichtung einer Eigengewinnungsanlage hat der Kunde dem Wasserversorgungsunternehmen Mitteilung zu machen. Der Kunde hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß von seiner Eigenanlage keine Rückwirkungen in das öffentliche Wasserversorgungsnetz möglich sind.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. April 2015 - 3 K 1285/15 - teilweise geändert und der Antrag insgesamt abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Verfahren im ersten Rechtszug wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - auf 5.000,-- EUR, derjenige für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die von der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe geben dem Senat Veranlassung, den Beschluss des Verwaltungsgerichts teilweise zu ändern und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung beziehungsweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21.01.2015 insgesamt abzulehnen. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich der Nummern 1, 2, 4 und 5 des Bescheids, soweit sich diese auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx erstrecken, wiederhergestellt und hinsichtlich der Nummern 3 und 6 des Bescheids angeordnet.
Die vom Senat im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung fällt zu Ungunsten des Interesses der Antragstellerin aus, vom Vollzug der Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht, soweit diese das Grundstück Flst.-Nr. xxx betreffen, einstweilen verschont zu bleiben. Das Aufschubinteresse der Antragstellerin überwiegt nicht das öffentliche Vollzugsinteresse, weil nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen, aber auch ausreichenden Prüfung der Sach- und Rechtslage (auch) diese Anordnungen voraussichtlich rechtmäßig sind (1.) Auch die Zwangsgeldandrohungen dürften rechtlich nicht zu beanstanden sein (2.).
1. Die Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht für das Grundstück Flst.-Nr. xxx dürften auf Grundlage von § 3 Abs. 1 und 3 der Satzung der Antragsgegnerin über die öffentliche Abwasserbeseitigung - Abwassersatzung (AbwS) - vom 10.12.2012, geändert durch Satzung vom 09.12.2014, rechtmäßig ergangen sein. Danach sind die Eigentümer von Grundstücken, auf denen Abwasser anfällt, nach näherer Bestimmung der Satzung berechtigt und verpflichtet, ihre Grundstücke an die öffentlichen Abwasseranlagen anzuschließen, diese zu benutzen und das gesamte auf den Grundstücken anfallende Abwasser der Antragsgegnerin im Rahmen des § 45b Abs. 1 und 2 WG (a.F.) zu überlassen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AbwS). Bebaute Grundstücke sind anzuschließen, sobald die für sie bestimmten öffentlichen Abwasseranlagen betriebsfertig hergestellt sind (§ 3 Abs. 3 Satz 1 AbwS). Diese Voraussetzungen dürften hinsichtlich des Grundstücks der Antragstellerin Flst.-Nr. xxx erfüllt sein.
a) Die Regelungen in § 3 Abs. 1 und 3 AbwS sind gültig und dürften rechtlich nicht zu beanstanden sein. Sie dürften ihre Grundlage in § 11 GemO und § 45b Abs. 4 WG a.F. (jetzt § 46 Abs. 4 und 5 WG) finden.
§ 11 Abs. 1 Satz 1 GemO ermächtigt die Gemeinden, bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebiets unter anderem den Anschluss an der Abwasserbeseitigung dienende gemeindliche Einrichtungen (Anschlusszwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen (Benutzungszwang) vorzuschreiben; die Satzung kann bestimmte Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zulassen und ihn auf bestimmte Teile des Gemeindegebiets oder auf bestimmte Gruppen von Grundstücken, Gewerbetrieben oder Personen beschränken (§ 11 Abs. 2 GemO). § 11 GemO ist eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Spezialermächtigung, die als landesrechtliche Eingriffsgrundlage aus Gründen der Volksgesundheit Eingriffe in die Grundrechte der Grundstückseigentümer oder der sonst zur Nutzung des Grundstücks Berechtigten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG legitimieren kann (Senat, Urt. v. 20.09.2013 - 1 S 3072/11 -, VBlBW 2013, 73 m.w.N.). Im vorliegenden Zusammenhang ermöglicht sie den nach Wasserrecht grundsätzlich zur Abwasserbeseitigung verpflichteten Körperschaften (§ 56 WHG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 WG), diese Verpflichtung zu erfüllen (vgl. zu Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayGemO: BayVfGH, Entsch. v. 10.11.2008 - Vf. 4-VII-06 -, NVwZ 2009, 298). Der Anschluss- und Benutzungszwang wird durch die Überlassungspflicht desjenigen, bei dem das Abwasser anfällt, gegenüber dem Beseitigungspflichtigen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WG) ergänzt (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 1a; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 28.10.1994 - 23 N 90.2272 -, NVwZ-RR 1995, 345). Nach § 46 Abs. 4 Satz 1 WG gestalten die Gemeinden die Überlassungspflicht durch Satzung aus, indem sie regeln, unter welchen Voraussetzungen Abwasser als angefallen gilt und in welcher Weise und Zusammensetzung ihr das Abwasser zu überlassen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.05.1995 - 2 S 2568/92 -, juris). Darüber hinaus können sie Ausschlüsse von der Abwasserbeseitigung festlegen (§ 46 Abs. 4 Satz 2 WG) sowie Ausnahmen von der Überlassungspflicht vorsehen (§ 46 Abs. 5 Satz 1 WG).
Die der geordneten Abwasserbeseitigung dienenden Ermächtigungen in § 11 GemO und § 46 Abs. 4 und 5 WG beziehen sich im Grundsatz nicht nur auf Schmutzwasser, also durch Gebrauch in seinen Eigenschaften verändertes und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG), sondern auch auf Niederschlagswasser, das aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließt (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG). Für die Überlassungspflicht folgt dies bereits daraus, dass § 46 WG zur Ausführung und Ergänzung des § 56 WHG an den in § 54 Abs. 1 WHG definierten Begriff „Abwasser“ anknüpft, ohne diesem einen abweichenden Bedeutungsgehalt zuzuweisen; zudem besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die durch Art. 1 des Gesetzes vom 03.12.2013 (GBl. S. 389) neugefassten Regelungen der Abwasserbeseitigung auf einen anderen Gegenstand beziehen wollte als die das Niederschlagswasser aus bebauten oder befestigten Flächen ausdrücklich einbeziehenden (§ 45a Abs. 3 WG a.F.) bisherigen Vorschriften (vgl. LT-Drs. 15/3760, S. 142 ff.). Aber auch der Begriff „Abwasserbeseitigung“ in § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO umfasst neben den üblichen Arten von Schmutzwasser das Niederschlagswasser von bebauten und befestigten Flächen. Angesichts des vom Normgeber vorgefundenen Erscheinungsbilds kommunaler Abwasserbeseitigungsanlagen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 3 m.w.N.) hätte es eines ausdrücklichen Ausschlusses des Niederschlagswassers als Gegenstand des Anschluss- und Benutzungszwangs bedurft, wenn dieses von vornherein hätte außer Betracht bleiben sollen (vgl. zu Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayGemO: BayVGH, Urt. v. 28.10.1994, a.a.O.). Gegen die prinzipielle Einbeziehung des Niederschlagswassers in den Anschluss- und Benutzungszwang bestehen keine rechtlichen Bedenken, soweit durch das Erfordernis des öffentlichen Bedürfnisses im Sinn des § 11 Abs. 1 GemO sichergestellt ist, dass die Einleitung des Niederschlagswassers in eine Sammelkanalisation nicht den Vorrang vor anderen Arten seiner schadlosen Beseitigung, etwa der Versickerung oder der Einleitung in oberirdische Gewässer, genießt (vgl. BayVfGH, Entsch. v. 10.11.2008, a.a.O.).
Allerdings nimmt § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WG Niederschlagswasser, welches dezentral beseitigt wird, von der Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden aus, es sei denn die Gemeinde hat den Anschluss an Anlagen der dezentralen Beseitigung oder der öffentlichen Abwasserbeseitigung für nach dem - am 01.01.2014 erfolgten - Inkrafttreten dieses Gesetzes bebaute Grundstücke angeordnet. Soweit die Gemeinde nicht zur Beseitigung verpflichtet ist, hat derjenige das Abwasser zu beseitigen, bei dem es anfällt (§ 46 Abs. 2 Satz 2 WG). Der eine Beseitigungspflicht der Gemeinde notwendig voraussetzenden Überlassungspflicht nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WG wird dadurch die Grundlage entzogen. Auch für einen Anschluss- und Benutzungszwang nach § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO ist in diesem Umfang kein Raum (mehr). Denn mit dem Wegfall der Beseitigungspflicht entfällt nicht nur die Pflichtaufgabe der Gemeinde (zur Abwasserbeseitigung), sondern auch die Aufgabe der Abwasserbeseitigung überhaupt als öffentliche Aufgabe der Gemeinde (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 1a; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.11.2007 - 12 B 32.07 -, juris).
Die Abwassersatzung der Antragsgegnerin trägt dem Rechnung, indem trotz genereller Einbeziehung des Niederschlagswassers in den Anwendungsbereich der Satzung (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwS) Anschlusszwang sowie Benutzungs- und Überlassungspflicht nach § 3 Abs. 1 AbwS nur „im Rahmen des § 45b Abs. 2 WG (a.F.)“ bestehen, dessen Satz 1 Nr. 3 ebenfalls vorgesehen hatte, dass für dezentral beseitigtes Niederschlagswasser die Pflicht der Gemeinden zur Abwasserbeseitigung entfällt. Ob die Antragsgegnerin eine Anschlussanordnung im Sinn des § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 WG getroffen hat, ist demgegenüber unerheblich, da das streitgegenständliche Grundstück vor dem 01.01.2014 bebaut worden ist.
b) Nach diesen rechtlichen Vorgaben dürften die Voraussetzungen des Anschluss- und Benutzungszwangs und der Abwasserüberlassungspflicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AbwS (auch) für das Grundstück Flst.-Nr. xxx erfüllt sein (vgl. zur grundstücksbezogenen Anknüpfung des Anschluss- und Benutzungszwangs Senat, Urt. v. 28.05.2009 - 1 S 1173/08 -, VBlBW 2009, 338).
10 
Bei dem Grundstück Flst.-Nr. xxx handelt es sich entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts um ein bebautes Grundstück, auf dem Abwasser anfällt. Die Antragsgegnerin hat mit der Beschwerde dargelegt und durch Vorlage eines aktuellen Lageplans und von Lichtbildern glaubhaft gemacht, dass sich auf dem Grundstück eine Scheune befindet; die Antragstellerin ist dem nicht entgegengetreten. Auf dem Grundstück fällt somit jedenfalls von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließendes Wasser (Niederschlagswasser) nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwS an; auch dies hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 07.10.2015 nicht (mehr) in Frage gestellt.
11 
Die Abwasserüberlassungspflicht und der Anschluss- und Benutzungszwang für das Grundstück Flst.-Nr. xxx dürften nicht wegen Wegfalls der Beseitigungspflicht der Antragsgegnerin nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WG entfallen. Denn nach Aktenlage ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen für eine erlaubnisfreie dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers erfüllt.
12 
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der auf Grundlage von § 45b Abs. 3 Satz 3 WG a.F. (jetzt § 46 Abs. 3 WG) erlassenen Verordnung des Umweltministeriums über die dezentrale Beseitigung von Niederschlagswasser (NiedSchlWasBesV) vom 22.03.1999 (GBl. S. 157) wird Niederschlagswasser dezentral eingeleitet, wenn es versickert oder ortsnah in ein oberirdisches Gewässer eingeleitet wird. Für das dezentrale Einleiten von Niederschlagswasser in ein Gewässer zum Zweck seiner schadlosen Beseitigung ist eine Erlaubnis nicht erforderlich, soweit die Bestimmungen der §§ 2 und 3 NiedSchlWasBesV eingehalten werden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 NiedSchlWasBesV), oder wenn die dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers in bauplanungsrechtlichen oder bauordnungsrechtlichen Vorschriften vorgesehen ist (§ 1 Abs. 1 Satz 3 NiedSchlWasBesV). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 NiedSchlWasBesV darf Niederschlagswasser unter anderem erlaubnisfrei versickert werden, wenn es von Dachflächen stammt, mit Ausnahme von Dachflächen in Gewerbegebieten und Industriegebieten sowie Sondergebieten mit vergleichbaren Nutzungen. Schadlos beseitigt wird Niederschlagswasser von Dachflächen, wenn es flächenhaft oder in Mulden auf mindestens 30 cm mächtigem Boden oder über Mulden-Rigolen-Elemente in das Grundwasser versickert wird (§ 2 Abs. 2 Satz 1 NiedSchlWasBesV); Niederschlagswasser von nicht beschichteten oder in ähnlicher Weise behandelten kupfer-, zink- oder bleigedeckten Dächern darf nicht ohne Erlaubnis dezentral beseitigt werden (§ 3 Satz 2 NiedSchlWasBesV). Sind die Anforderungen an die erlaubnisfreie Beseitigung nach den §§ 2 und 3 NiedSchlWasBesV nicht erfüllt, ist das Niederschlagswasser nicht generell von der dezentralen Beseitigung ausgeschlossen; vielmehr ist dann im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren über die Zulassung zur dezentralen Beseitigung zu entscheiden, soweit ein wasserrechtlicher Benutzungstatbestand (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG; § 14 Abs. 1 Nr. 5 WG) verwirklicht ist (vgl. Begründung zur Niederschlagsverordnung vom 22. März 1999, S. 2).
13 
Die Antragstellerin hat nach Hinweis des Berichterstatters auf die vorgenannten Regelungen der Niederschlagswasserverordnung nicht dargetan oder gar glaubhaft gemacht, dass vorliegend die Voraussetzungen für eine erlaubnisfreie dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers erfüllt wären. Der pauschale Vortrag im Schriftsatz vom 07.10.2015, dass das von den Dachflächen des Scheunentrakts abfließende Niederschlagswasser direkt auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx versickern könne, genügt hierfür ersichtlich nicht. Denn es fehlt jede Angabe dazu, ob und gegebenenfalls wie den Anforderungen an eine schadlose Versickerung des Niederschlagswassers nach § 2 Abs. 2 Satz 1 NiedSchlWasBesV Rechnung getragen wird, und dass etwaige hierzu errichtete Anlagen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik hergestellt worden sind und betrieben werden (§ 2 Abs. 3 NiedSchlWasBesV). Insbesondere dem erstinstanzlichen Vortrag, dass die Abwässer aus dem auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx befindlichen Wohnhaus seit vielen Jahren in eine Fäkaliengrube entsorgt würden, lässt sich in dieser Hinsicht nichts entnehmen. Eine wasserrechtliche Erlaubnis zur dezentralen Beseitigung des auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx anfallenden Niederschlagswassers, die Feststellungen zu Art und Weise von dessen Versickerung entbehrlich machte, ist der Antragstellerin nicht erteilt worden. Für eine Verzichtbarkeit der wasserrechtlichen Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Satz 3 NiedSchlWasBesV ist ebenfalls nichts erkennbar.
14 
c) Auch der im Verwaltungsverfahren erhobene Einwand, dass das Grundstück Flst.-Nr. xxx nicht an die xxx angrenze und deshalb nicht erschlossen werden müsse, führt voraussichtlich nicht zu einem Wegfall des Anschluss- und Benutzungszwangs und der Abwasserüberlassungspflicht. Zwar ist Voraussetzung für die Auferlegung eines Anschluss- und Benutzungszwangs für eine Abwasseranlage, dass das Grundstück überhaupt von dieser Anlage erschlossen wird, was wiederum voraussetzt, dass der Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Abwasseranlage der Gemeinde tatsächlich und rechtlich möglich ist (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004 - 1 S 2121/03 - und v. 20.09.2012, a.a.O. , jeweils m.w.N.). Dies dürfte indes hier der Fall sein.
15 
Dass ein Anschluss des Grundstücks Flst.-Nr. xxx an die öffentliche Abwasseranlage aus tatsächlichen Gründen scheitern könnte, ist nicht erkennbar. Bei leitungsgebundenen Einrichtungen besteht eine tatsächliche Anschlussmöglichkeit für ein Grundstück dann, wenn es nahe genug bei der öffentlichen Einrichtung liegt, um unter gewöhnlichen Umständen an diese angeschlossen zu werden; maßgeblich für die Frage, ob eine Anschlussmöglichkeit „unter gewöhnlichen Umständen“ besteht, sind die örtlichen Verhältnisse in der betreffenden Gemeinde (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004 und v. 20.09.2012, jeweils a.a.O.). Hiernach dürfte die tatsächliche Anschlussmöglichkeit für das Grundstück Flst.-Nr. xxx gegeben sein. Denn die betriebsbereite öffentliche Abwasseranlage ist unmittelbar vor dem an die kanalisierte xxx angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. xxx hergestellt, und das weniger als 15 m von der xxx entfernt liegende Hinterliegergrundstück dürfte technisch ohne Weiteres an diese Leitung anschließbar sein. Soweit die Antragstellerin in der Beschwerdeerwiderung pauschal behauptet, der Grundstücksanschluss sei allenfalls zur Aufnahme des Niederschlagswassers der auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx befindlichen Scheune geeignet, sowie die technische Anschlussmöglichkeit des Wohnhauses an die Abwasseranlage in Abrede stellt, hat sie diesen Vortrag weder substantiiert noch gar glaubhaft gemacht.
16 
Auch die rechtliche Anschlussmöglichkeit dürfte im Fall des (Hinterlieger-) Grundstücks Flst.-Nr. xxx gegeben sein, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob die Grundstücke Flst.-Nrn. xxx und xxx eine wirtschaftliche Einheit bilden (vgl. dazu Senat, Urt. v. 20.09.2012, a.a.O.). Ein Hinterliegergrundstück ist rechtlich nur dann an die öffentliche Abwasseranlage anschließbar, wenn das Durchleitungsrecht durch das Zwischengrundstück auf Dauer dinglich gesichert ist, sei es öffentlich-rechtlich in Gestalt einer Baulast oder zivilrechtlich durch eine Grunddienstbarkeit (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004, a.a.O. m.w.N.). Stehen - wie hier - Vorderlieger- und Hinterliegergrundstück im selben Eigentum, ist beim bebauten Hinterliegergrundstück dieses Recht gesichert, wenn im Fall der Veräußerung des Vorderliegergrundstücks an einen Dritten zulasten des Erwerbers ein Notleitungsrecht kraft Gesetzes entsteht (§ 918 Abs. 2 BGB), was voraussetzt, dass die benötigte Entsorgung auf andere Weise nicht erlangt werden kann (vgl. ausf. Senat, Urt. v. 20.09.2012, a.a.O. m.w.N.). Dies dürfte hier der Fall sein. Nach Aktenlage ist das Grundstück Flst.-Nr. xxx wegemäßig auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx angewiesen, da es über keine eigene Verbindung zu einem öffentlichen Weg verfügt.
17 
d) Sonstige Umstände, die dem Anschluss- und Benutzungszwang und der Abwasserüberlassungspflicht für das Grundstück Flst.-Nr. xxx entgegenstehen könnten, sind weder von der Antragstellerin dargetan noch ersichtlich. Soweit sie sinngemäß geltend macht, der Anschluss des Grundstücks Flst.-Nr. xxx an den öffentlichen Abwasserkanal sei ihr wegen der höheren Kosten infolge der Lage des Grundstücksanschlusses in der äußersten Ecke des Grundstücks beim Schuppen wirtschaftlich unzumutbar, berührt dies nicht ihre grundsätzliche Verpflichtung, den Anschluss herzustellen und die öffentliche Abwasserbeseitigung zu benutzen. Gesichtspunkte der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit sind allein bei der Frage zu prüfen, ob eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nach § 5 AbwS zu gewähren ist (vgl. Senat, Urt. v. 20.06.1994 - 1 S 2393/93 -, BWGZ 1995, 33). Ein Befreiungsantrag ist indes nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; im Gegenteil hat die Antragstellerin nach Aktenlage einen solchen Antrag bislang nicht gestellt.
18 
2. Die Zwangsgeldandrohungen in den Nummern 3 und 6 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 21.01.2015 dürften auf Grundlage von § 2 Nr. 2, §§ 19, 20 und 23 LVwVfG ebenfalls rechtmäßig ergangen sein. Insbesondere sind sie voraussichtlich hinreichend bestimmt und hinsichtlich der Höhe der angedrohten Zwangsgelder als verhältnismäßig anzusehen.
19 
§ 20 Abs. 4 LVwVG verlangt, dass die Androhung eines Zwangsgelds „in bestimmter Höhe“ erfolgt. Dem Bestimmtheitsgrundsatz ist genügt, wenn für den Vollstreckungsschuldner erkennbar ist, für welchen Fall der Nichterfüllung einer Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht ihm ein Zwangsgeld in welcher Höhe droht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1995 - 5 S 71/95 -, VBlBW 1996, 65 m.w.N.; vgl. auch OVG Saarland, Beschl. v. 06.10.2014 - 2 B 348/14 -, NVwZ-RR 2015, 101). Diese Voraussetzungen dürften hier erfüllt sein, obgleich die Antragsgegnerin zur Durchsetzung der sich auf beide Grundstücke der Antragstellerin beziehenden Handlungsgebote in den Nummern 1 (Anschlusszwang) und 4 (Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht) des angefochtenen Bescheids jeweils nur ein einheitliches Zwangsgeld in Höhe von 3.500,-- EUR beziehungsweise 250,-- EUR angedroht hat. Denn der Wortlaut der Zwangsgeldandrohungen und die Höhe der angedrohten Zwangsgelder lassen die Auslegung zu, dass die Antragsgegnerin das volle Zwangsgeld jeweils für jeden einzelnen Verstoß gegen den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht androhen wollte, für beide Grundstücke zusammen aber auch nicht mehr als 3.500,-- EUR beziehungsweise 250,-- EUR. Eine solche „gebündelte“ Zwangsgeldandrohung ist mit dem Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar, wenn der angedrohte Betrag für jede einzelne der umstrittenen Handlungspflichten und besonders im Fall weitgehender Teilerfüllung für die letzte, noch nicht erfüllte Handlungspflicht nicht unangemessen hoch ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.02.1980 - III 1381/79 -, juris). So liegt der Fall hier. Was Nummer 3 des angefochtenen Bescheids angeht, ist nicht erkennbar, dass das angedrohte Zwangsgeld von 3.500,-- EUR zu den voraussichtlichen Kosten des Anschlusses nur eines der beiden Grundstücke an die öffentliche Abwasseranlage außer Verhältnis stünde (zur Maßgeblichkeit des mutmaßlichen wirtschaftlichen Interesses an einer Nichtbefolgung der Anordnung vgl. Sächs. OVG, Urt. v. 16.04.2013 - 4 A 260/12 -, DVBl 2013, 867). Soweit es Nummer 6 des angefochtenen Bescheids betrifft, bestehen gegen die Androhung eines Zwangsgelds von 250,-- EUR für die Nichterfüllung der Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht mit nur einem der beiden Grundstücke schon im Hinblick auf die geringe Höhe des angedrohten Betrages keine Bedenken.
20 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
21 
Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 39 Abs. 1 GKG. Hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht ist für jedes der Grundstücke Flst.-Nrn. xxx und xxx mangels konkreter Anhaltspunkte für die Höhe der der Antragstellerin hieraus entstehenden Kosten jeweils der Auffangwert anzusetzen, wobei dieser Betrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu halbieren ist. Die unselbstständigen Zwangsgeldandrohungen sind bei der Bemessung des Streitwerts außer Ansatz zu lassen (vgl. Senat, Beschl. v. 12.04.2011 - 1 S 2849/10 -, VBlBW 2011, 425). Danach ergibt sich für das erstinstanzliche Verfahren ein Gesamtstreitwert von 5.000,-- EUR, während für das seinem Umfang nach auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx beschränkte Beschwerdeverfahren 2.500,-- EUR festzusetzen sind.
22 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger ein mit einem Schweinestall bebautes Grundstück an die öffentliche Wasserversorgung der Beklagten anschließen und das zur Verfügung gestellte Wasser nutzen muss.
Der Kläger ist Vollerwerbslandwirt. Seine Hofstelle auf dem Grundstück Flst. Nr. ... am Ortsausgang des Ortsteils Nesselbach der Beklagten ist über eine in der St. Straße verlegte Versorgungsleitung an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen; diese nutzt er nur für die Wasserversorgung des Wohnhauses, während er den übrigen Wasserbedarf mit Zustimmung der Beklagten seit 1989 durch einen eigenen Brunnen deckt. Für die Brauchwasserversorgung eines Schweinestalls auf einem Pachtgrundstück, das daneben noch mit einem an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossenen Wohnhaus bebaut ist, wurde der Kläger mit Bescheid vom 04.02.1998 widerruflich vom Anschluss- und Benutzungszwang befreit. Am 22.08.2007 wurde dem Kläger vom Landratsamt Schwäbisch Hall eine Baugenehmigung für die Errichtung eines neuen Schweinestalls mit 530 Mast- und 480 Ferkelaufzuchtplätzen auf dem Grundstück Flst. Nr. ... erteilt. Dieses Grundstück liegt schräg gegenüber der Hofstelle auf der anderen Straßenseite und ist ebenfalls von der öffentlichen Wasserleitung erschlossen. Der Bauplatz befindet sich etwa 320 bis 350 m von der Hofstelle entfernt im Außenbereich. Bereits am 16.04.2007 hatte der Kläger beantragt, die Bohrung eines neuen Brunnens auf dem Baugrundstück zu genehmigen und mitgeteilt, dass er sich nicht an die städtische Wasserversorgung anschließen werde. Das Wasser und die Erschließung seien zu teuer. Im Übrigen sei auch der Druck mit 2,0 bis 2,6 bar für seine Zwecke zu gering. Für die anderen Wasserabnehmer ändere sich nichts.
Die Beklagte sah in diesem Schreiben einen Antrag auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang, den sie mit Bescheid vom 27.04.2007 ablehnte. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass in den vergangenen Jahren Befreiungsanträge abgelehnt worden seien, weil die gemeindliche Wasserversorgung als Ganzes den Interessen der Allgemeinheit diene und sie nur dann „preisgünstig“ gestaltet werden könne, wenn grundsätzlich alle Bewohner ihren gesamten Wasserbedarf aus ihr deckten; wegen der Gleichbehandlung müsse ein strenger Maßstab angelegt werden. Es müsse auch die künftige Entwicklung in die Entscheidung einbezogen werden; denn auch in Zukunft müsse die Wasserversorgung wirtschaftlich geführt werden können und für die verbleibenden Anschlussnehmer bezahlbar bleiben. Der Anschluss des Stalles an die öffentliche Trinkwasserversorgung sei dem Kläger auch finanziell zumutbar. Die Anschlusskosten hatte die Beklagte schon zuvor auf einen Betrag von etwa 16.000 bis 17.000 EUR geschätzt.
Gegen diesen Bescheid, der nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, erhob der Kläger am 05.06.2007 Widerspruch. Er machte geltend, dass für die beantragte Teilbefreiung vom Benutzungszwang allein entscheidend sei, ob die übrigen Anschlussnehmer dadurch in unzumutbarer Weise belastet würden; das sei aber nicht zu erwarten. Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und wies darauf hin, dass die Beklagte mit den Gebühren ihres Wasserwerks, das als Eigenbetrieb nicht mit Gewinnerzielungsabsicht arbeite, mit einem Betrag von 2,54 EUR/m³ Wasser 40,33% über dem Durchschnitt der Wassergebühren im Landkreis Schwäbisch Hall liege. Die Grenze der Zumutbarkeit sei damit erreicht. Bei einer verkauften Jahresmenge von rund 124.000 m³ Trinkwasser wirke sich der Rückgang der Abnahmemenge um einige 1.000 m³ erheblich auf die Höhe der Wassergebühren aus. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2007 wies das Landratsamt Schwäbisch Hall den Widerspruch unter Hinweis u.a. auf die wirtschaftliche Betriebsführung der öffentlichen Einrichtung in der Zukunft zurück.
Mit seiner zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klage hat der Kläger die Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang begehrt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat insbesondere geltend gemacht, dass bei einer Teilbefreiung des Klägers mit weiteren Folgeanträgen zu rechnen wäre. In den letzten zweieinhalb Jahren seien drei Anträge abgelehnt worden. Zusammen mit dem vom Kläger prognostizieren Wasserverbrauch von 2.000 m³/Jahr ergebe sich ein Gesamtvolumen von 16.700 m³/Jahr, was bei positiver Bescheidung zu einem Wasserpreis von 2,88 EUR/m³ zuzüglich MWSt geführt hätte. Damit wäre der durchschnittliche Wasserpreis um 60% überschritten. Auch sei davon auszugehen, dass insgesamt 10 landwirtschaftliche Betriebe mit einer Verbrauchsmenge von ca. 35.000 m³ Wasser einen Befreiungsantrag stellen würden.
Mit Urteil vom 12.03.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Regelungen über den Anschluss- und Benutzungszwang in § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 der Wasserversorgungssatzung der Beklagten - WVS - beruhten auf § 11 Abs. 1 GemO; die öffentliche Wasserversorgung diene der Erhaltung und Förderung der Volksgesundheit. Auch die Bestimmungen in § 4 Abs. 2 WVS über die Befreiung von der Verpflichtung zum Anschluss und in § 5 Abs. 2 WVS über die vollständige Befreiung von der Verpflichtung zur Benutzung wegen Unzumutbarkeit - diese sei vom Abnehmer darzulegen - begegneten keinen rechtlichen Bedenken. Die Teilbefreiung vom Benutzungszwang sei in § 5 Abs. 3 WVS geregelt. Danach räume die Beklagte dem Wasserabnehmer im Rahmen des ihr wirtschaftlich Zumutbaren auf Antrag die Möglichkeit ein, den Wasserbezug auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Auf diese Vorschrift, mit der die Beklagte ihrer Pflicht zur Anpassung des Satzungsrechts an die Bestimmungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV - nachkomme, könne sich der Kläger aber nicht berufen. Die Wassernutzung beim Betrieb des Schweinestalls sei kein bloßer vom Haushalts-Wasserverbrauch auf der Hofstelle abgrenzbarer Verbrauchszweck. Vielmehr seien sowohl der Anschluss- als auch der Benutzungszwang grundstücksbezogen. Denn das Anschluss- und Benutzungsrecht sei nach § 3 Abs. 1 WVS ebenfalls auf ein bestimmtes Grundstück bezogen. Auch aus der AVBWasserV ergebe sich, dass Grundlage jeder Wasserversorgung der grundstücksbezogene Wasserverbrauch sei; denn eine Versorgungsleitung setze immer ein Grundstück voraus, an das sie angeschlossen werden könne. Für die Frage, ob ganz oder teilweise vom Benutzungszwang zu befreien sei, sei deshalb maßgeblich, ob auf dem Grundstück Wasser für unterschiedliche Zwecke verwendet oder nur - wie hier - eine einzige Nutzungsart angestrebt werde. Dann bedürfe der Wasserabnehmer der vollständigen Befreiung vom Benutzungszwang. Der Kläger sei grundsätzlich verpflichtet, das Baugrundstück an die Wasserversorgungsanlage anzuschließen. Es fehle derzeit aber noch am Wasserverbrauch. Dessen ungeachtet könne wegen des bevorstehenden Baubeginns über eine Befreiung für den Fall entschieden werden, dass ein Anschlusszwang wegen eines beabsichtigten Wasserverbrauchs entstehe. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Befreiung nach § 4 Abs. 2 WVS nicht zu. Er habe nicht dargelegt, dass der Anschluss für ihn unzumutbar sei. Der Hinweis darauf, dass die städtische Wasserversorgung zu teuer sei, kennzeichne gerade nicht den Einzelfall. Auch müssten die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Anschlusspflichtigen wegen der Grundstücksbezogenheit außer Betracht bleiben. Es komme vielmehr auf Gründe an, die sich aus einer besonderen und außergewöhnlichen Lage oder Situation des Grundstücks ergäben und den Einzelfall daher untypisch erscheinen ließen. Hier entsprächen die hohen Anschlusskosten dem Regelfall bei Außenbereichsvorhaben. Der Mehraufwand werde nicht durch die topografische Lage des Grundstücks oder Besonderheiten der Bodenbeschaffenheit mit verursacht, sondern sei allein dadurch bedingt, dass der Kläger wegen der Geruchsbelästigung eines Schweinemastbetriebs einen Mindestabstand zur Wohnbebauung einhalten müsse. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf vollständige Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 Abs. 2 WVS. Die Unzumutbarkeit der Benutzung sei nicht dargelegt. Hier könnten auch wirtschaftliche Gesichtspunkte des Wasserabnehmers eine Rolle spielen. Die hohen Kosten der öffentlichen Wasserversorgung träfen aber alle angeschlossenen Grundstückseigentümer. Die Kosten durch den prognostizierten Wasserverbrauch würden nicht ins Verhältnis zu den Gesamtkosten des Klägers gesetzt. Schließlich genüge der Wasserdruck den Anforderungen des § 6 Abs. 1 Satz 2 WVS. Höhere Anforderungen fielen grundsätzlich in die Risikosphäre des Wasserabnehmers und könnten die Unzumutbarkeit nicht begründen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt und innerhalb der auf Antrag verlängerten Begründungsfrist begründet. Er trägt vor: Das Baugrundstück, auf dem der Schweinestall mittlerweile errichtet und in Betrieb genommen worden sei, unterliege nicht dem Anschlusszwang. Aus § 4 Abs. 1 Satz 2 WVS ergebe sich, dass der Anschlusszwang nur für Grundstücke bestehe, auf denen sich mindestens ein zum dauernden Aufenthalt von Menschen dienendes Gebäude befinde. Auch diene die Wasserversorgung nach § 1 Abs. 1 WVS der Lieferung von Trinkwasser. Nur insoweit sei die Satzungsregelung von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage nach § 11 Abs. 1 GemO gedeckt. Denn Gründe der Volksgesundheit könnten einen Anschluss- und Benutzungszwang nur für den Trinkwasserbedarf rechtfertigen; einen solchen Bedarf gebe es nur auf den genannten Grundstücken. Für eine ausnahmsweise Ausdehnung auf den Brauchwasserbereich spreche hier nichts. Das Grundstück sei nur mit einem Stall bebaut, für den lediglich Brauchwasser benötigt werde. Mangels Anschlusszwang bestehe auch kein Benutzungszwang. Da dies im angefochtenen Bescheid aber vorausgesetzt werde, habe er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass ein Anschlusszwang nicht bestehe. Ein Anschlusszwang sei unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch deswegen nicht gegeben, weil er vom Benutzungszwang zu befreien sei; das setze keinen tatsächlichen Wasseranschluss voraus. Der Anspruch auf Beschränkung des Wasserbezugs auf einen Verbrauchszweck oder einen Teilbedarf nach § 5 Abs. 3 WVS sei unter Berücksichtigung von § 3 Abs. 1 AVBWasserV nämlich personenbezogen; er bestehe für den jeweiligen Wasserabnehmer, unabhängig davon, auf welchem Grundstück das Wasser verbraucht werde. Der Verbrauchszweck Brauchwasser auf dem Grundstück Flst. Nr. ... sei schon durch die Grundstücksverschiedenheit abgrenzbar. Die Beschränkung des Wasserbezugs auf das Trinkwasser für das Wohngebäude sei für die Beklagte auch zumutbar, denn die Teilbefreiung führe zu keiner Veränderung der verkauften Wassermenge und damit zu keiner Veränderung der Kosten der Beklagten. Nicht zu berücksichtigen seien hierbei in der Vergangenheit bestandskräftig beschiedene Befreiungsanträge und lediglich mögliche Folgeanträge. Da er demnach auf dem Grundstück Flst Nr. ... kein Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung verbrauche, bestehe für dieses Grundstück kein Anschlusszwang. Jedenfalls habe er bei bestehendem Anschlusszwang Anspruch auf die Beschränkung des Wasserbezugs auf einen Verbrauch, der nicht die Versorgung des Schweinestalls bezwecke. Bei einer grundstücksbezogenen Betrachtungsweise könne die Wasserversorgung auch der Versorgung der auf dem Grundstück arbeitenden Menschen mit Trinkwasser dienen; auf diese abgrenzbare Möglichkeit solle die Nutzung beschränkt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - zu ändern und festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, das Grundstück Flst. Nr. ... an die öffentliche Wasserversorgung der Beklagten anzuschließen,
10 
hilfsweise,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 27.04.2007 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 25.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bezug von Wasser für die Grundstücke Flst. Nr. ... und Nr. ... auf den Trinkwasserbedarf des Wohngebäudes des Klägers zu beschränken,
12 
höchsthilfsweise,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 27.04.2007 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 25.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Benutzungszwang für das Grundstück Flst. Nr. ... auf den Trinkwasserbedarf zu beschränken.
14 
Die Beklagte beantragt.
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Für das Grundstück des Klägers gelte der Anschlusszwang nach § 4 WVS. Dieser bestehe für alle Grundstücke, auf denen Wasser verbraucht werde. Es sei unerheblich, ob das Grundstück bebaut sei oder anderweitig genutzt werde und für welchen Zweck das Wasser verwendet werden solle; folglich werde auch das Brauchwasser umfasst. Die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 WVS lägen nicht vor. Es fehle schon am tatsächlichen Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage. Im Übrigen müssten sowohl der Anschluss- als auch der Benutzungszwang grundstücks- und nicht personenbezogen betrachtet werden. Im Interesse der Rechtsklarheit müsse jeweils vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff ausgegangen werden. Es komme dann darauf an, ob für das Grundstück Wasser für unterschiedliche Zwecke verwendet oder nur eine einzige Nutzungsart - hier durch den Schweinemastbetrieb - angestrebt werde.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und die Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor. Sie waren Gegen- stand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
I.
18 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung ist auch im Übrigen mit den jetzt gestellten Anträgen zulässig.
19 
Erstmals in der Berufungsinstanz macht der Kläger im Hauptantrag zusätzlich zu dem hilfsweise aufrecht erhaltenen Verpflichtungsantrag nebst Anfechtungsannex ein Feststellungsbegehren geltend. Er möchte nunmehr an erster Stelle festgestellt wissen, dass der Brauchwasserverbrauch von vornherein nicht zum Anschlusszwang führt. Darin liegt eine Klageänderung nach § 91 VwGO. Denn der Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens wird damit erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.08.2005 – 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 <135>). Im Übergang zu einer anderen Klageart liegt nicht lediglich eine Präzisierung des Klagebegehrens, was nach dem Rechtsgedanken des § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen wäre (vgl. hierzu Ortloff/Riese in: Schoch u.a. , VwGO, § 91 Rn. 24, 29); denn der Klagegrund wird ausgewechselt, wenn anders als bisher die Reichweite des Anschlusszwangs in Zweifel gezogen und folglich eine Befreiung für entbehrlich erachtet wird. Diese Klageänderung in Gestalt einer nachträglichen objektiven Klagehäufung (§ 44 VwGO), die auch im Berufungsverfahren gem. § 125 VwGO grundsätzlich möglich ist, ist nach § 91 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 VwGO zulässig. Denn die Beklagte hat durch rügelose Einlassung in die Klageänderung eingewilligt.
20 
Bei den Hilfsanträgen handelt es sich demgegenüber nicht um eine Klageänderung; vielmehr ist insoweit das bereits im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachte Klagebegehren nur klarstellend und präzisierend in neue Klageanträge gefasst worden.
II.
21 
Die Berufung ist nicht begründet. Der Hauptantrag hat keinen Erfolg. Das mit den Hilfsanträgen verfolgte Klagebegehren ist bereits vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.
22 
1. a) Der Feststellungsantrag ist nach Maßgabe der auch für die geänderte Klage grundsätzlich zu beachtenden Zulässigkeitsvoraussetzungen zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.10.1980 - 6 C 39.80 -, BVerwGE 61, 45 <51>). Die Beteiligten streiten um die Reichweite des Anschlusszwangs und damit um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.1996 – 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 <264 f.>). Der Kläger ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog), da er geltend machen kann, durch die Anwendung der streitigen Vorschriften in seinem Eigentumsgrundrecht verletzt zu sein. Er kann sich auf ein Feststellungsinteresse berufen, da die begehrte Feststellung geeignet ist, den Rechtsstreit zwischen den Beteiligten abschließend zu klären. Es fehlt auch nicht an der instanziellen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs. Zwar zählt die nun erhobene Feststellungsklage nicht zu den Verfahren, die dem Oberverwaltungsgericht nach § 48 VwGO zur Entscheidung im ersten Rechtszug zugewiesen sind, sodass gem. § 45 VwGO grundsätzlich das Verwaltungsgericht zur Entscheidung berufen ist. Durch die Möglichkeit der Klageänderung in einem anhängigen Berufungsverfahren werden indessen diese Zuständigkeitsregelungen modifiziert und erstinstanzliche Zuständigkeiten der Berufungsgerichte begründet. Dies gilt in Anlehnung an die zur Sachdienlichkeit einer Klageänderung entwickelten Grundsätze (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.04.1999 - 4 C 4.98 -, BVerwGE 109, 74 <78 f.>) jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Klageänderung den Prozess nicht auf ganz neue Grundlagen stellt, also auch die geänderte Klage einen schon bisher zwischen den Beteiligten vorhandenen Streitstoff zum Gegenstand hat und sich deshalb das "Gesicht des Rechtsstreits“ nicht ändert (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.02.1979 - II 697/78 -, juris Rz. 21; Urteil vom 19.09.2002 - 14 S 1429/02 -, juris Rz. 36, jeweils m.w.N.).
23 
Schließlich steht dem Feststellungsantrag die Subsidiaritätsregel des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen. Auf eine isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid, mit dem die zunächst beantragte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang abgelehnt worden ist, kann der Kläger nicht vorrangig verwiesen werden, da ihm insoweit die Klagebefugnis fehlt. Diesem Bescheid liegt zwar die vom Kläger angegriffene Rechtsauffassung über die Reichweite des Anschlusszwangs zugrunde. Als bloßes Begründungselement des Bescheids nimmt die bestrittene Rechtsauffassung jedoch nicht an dem der Bestandskraft fähigen Regelungsgehalt des Bescheids teil (vgl. hierzu U. Stelkens in: Stelkens u.a. , VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 143 f., m.N.); die Rechtsfigur eines inzidenten Feststellungsbescheids gibt es nicht.
24 
b) Der Hauptantrag ist unbegründet. Der Anschlusszwang nach der Satzung der Beklagten über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung – WVS) vom 04.07.2000 erstreckt sich grundsätzlich auf die gesamte Wasserversorgung und beschränkt sich nicht auf das für den Bedarf des Menschen bestimmte Wasser. Mit diesem Inhalt ist die Satzung von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt.
25 
(1) Nach § 4 Abs. 1 WVS sind Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wasser verbraucht wird, bei gegebener Anschlussmöglichkeit verpflichtet, diese Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen. Eine Beschränkung auf einen bestimmten Verbrauchszweck ist nicht vorgesehen. Das Brauchwasser ist nicht ausgenommen. Das wird insbesondere bestätigt durch die Regelung in § 5 Abs. 1 WVS. Nach Satz 1 haben auf Grundstücken, die an die öffentliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen sind, die Wasserabnehmer ihren gesamten Wasserbedarf aus dieser zu decken. Aus Satz 2, der die Nutzung von Niederschlagswasser für Zwecke der Gartenbewässerung vom Benutzungszwang ausnimmt, folgt im Gegenschluss, dass ohne diese ausdrückliche Regelung diese Brauchwassernutzung ebenfalls vom Benutzungszwang erfasst wäre (vgl. auch die Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auch § 8 Abs. 2 WVS geht von einem umfassenden Verständnis des Anschluss- und Benutzungszwangs aus; denn danach darf das Wasser - vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen - für alle Zwecke verwendet werden. Der daraus folgenden Erstreckung des Anschlusszwangs auch auf die Brauchwasserversorgung steht § 1 Abs. 1 Satz 1 WVS nicht entgegen. Danach dient die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Lieferung von Trinkwasser. Die Beklagte hat damit eine Formulierung im Satzungsmuster des Gemeindetags Baden-Württemberg übernommen (BWGZ 1996, 642 <644>), während andere Mustersatzungen das Brauchwasser ausdrücklich erwähnen (siehe etwa § 1 Satz 1 des Arbeitsmusters einer Wasserversorgungssatzung, abgedruckt in: Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Bd. 3, III. Teil, AVBWasserV/Anh.). Für den Umfang des Benutzungszwangs ist die von der Beklagten gewählte Formulierung indessen unerheblich. Denn die Regelung bringt lediglich zum Ausdruck, dass die Beklagte Wasser insgesamt in entsprechender Qualität liefert; eine getrennte Lieferung von Trinkwasser und von Brauchwasser ist nämlich wegen des einheitlichen Leitungsnetzes nicht möglich.
26 
Vor diesem Hintergrund trifft § 4 Abs. 1 Satz 2 WVS, wonach auf einem Grundstück alle Gebäude anzuschließen sind, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, lediglich eine ausdrückliche Sonderregelung für diesen Verbrauchszweck, ohne indessen andere auszuschließen. Im Übrigen wird entgegen der Auffassung des Klägers Wasser, das für den menschlichen Bedarf bestimmt ist, nicht lediglich in Gebäuden verbraucht, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Dies gilt nicht nur für Trinkwasser i.S. der Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Verbrauch (TrinkwasserverordnungTrinkwV) vom 21.05.2001 (BGBl. I S. 959, i.d.F. der Verordnung vom 31.10.2006, BGBl. I S. 2467) – z.B. Wasser zur Körperreinigung etwa in Industriebetrieben (§ 3 Nr. 1 Buchst. a TrinkwV) -, sondern insbesondere für Wasser für Lebensmittelbetriebe - etwa in der Milchwirtschaft Wasser, das zur Reinigung von Gegenständen dient, die bestimmungsgemäß mit Lebensmitteln in Berührung kommen (§ 3 Nr. 1 Buchst. b TrinkwV).
27 
(2) Die Wasserversorgungssatzung der Beklagten ist mit diesem Regelungsinhalt von der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 1 GemO gedeckt. Danach kann die Gemeinde bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung den Anschluss- und Benutzungszwang für die Wasserversorgung als eine der Volksgesundheit dienenden Einrichtung vorschreiben. Bei Wasser für den menschlichen Gebrauch ist die Ausrichtung an diesem Gesetzeszweck ohne weiteres gegeben.
28 
Die grundsätzliche Erstreckung auch auf das Brauchwasser, für die sich die Beklagte auf einen Beurteilungsspielraum nicht berufen kann (vgl. auch Urteil des erk. Senats vom 18.03.2004 – 1 S 2261/02 -, VBlBW 2004, 337 <338> m.w.N.; a.A. etwa OVG NRW; Urteil vom 28.11.1986 – 22 A 1206/81 -, NVwZ 1987, 727 und Kunze/Bonner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 10; siehe auch Seewald in: Steiner , Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2006, Kap. 1 Rn. 171, m.N.), lässt sich demgegenüber weder allein mit dem Interesse an einem wirtschaftlichen Betrieb der Wasserversorgung noch mit dem bloßen Hinweis rechtfertigen, dass die gemeindliche Wasserversorgung als Ganzes dem Interesse der Allgemeinheit und in diesem Rahmen vor allem der Volksgesundheit dient (vgl. etwa Urteile des erk. Senats vom 13.03.1972 - I 192/71 -, KStZ 1972, 158 <159> und vom 19.03.1990 - 1 S 1991/89 -, NVwZ-RR 1990, 499; Kunze/Bonner/Katz, a.a.O., § 11 Rn. 8). Ein hinreichender Bezug zum und eine Rechtfertigung durch den Gesetzeszweck des Gesundheitsschutzes ist insoweit aber dann gegeben, wenn entweder festgestellt werden kann, dass für die Erstreckung auf den Brauchwasserbereich selbst Gründe der Volksgesundheit sprechen oder wenn die Trinkwasserversorgung selbst hiervon abhängt - sei es, weil erst auf diese Weise die erforderlichen Durchsatzmengen gewonnen werden können, sei es, weil eine nur das Trinkwasser betreffende Versorgung den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren verlässt, weil sie die finanziellen Kapazitäten des Versorgungsträgers überfordert oder zu erträglichen Preisen nicht möglich ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>; Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO, LKrO, BezO für den Freistaat Bayern, Art. 24 GO Erl. I 5.1). Die danach gebotene Prüfung, ob eine Beschränkung des Benutzungszwangs angezeigt ist, muss die Beklagte allerdings nicht mit dem Ziel einer generellen Satzungsregelung vornehmen. Vielmehr kann sie dieser Pflicht im Rahmen ihres Satzungsermessens in zulässiger Weise Einzelfall bezogen nachkommen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.11.1991 - 7 B 56.91 –, juris Rz. 3). Das hat die Beklagte durch die Normierung der Möglichkeit einer Teilbefreiung in § 5 Abs. 3 WVS getan. Damit setzt sie zugleich und in erster Linie die in § 35 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV – vom 20.06.1980 (BGBl. I S. 750, 1067 i.d.F. des Gesetzes vom 09.12.2004, BGBl. I S. 3214) vorgeschriebene Anpassung ihrer Satzung an § 3 Abs. 1 AVBWasserV um, wodurch ein absoluter Vorrang des Interesses an einer preisgünstigen öffentlichen Wasserversorgung nicht mehr anerkannt werden soll. Dieser Freistellungsanspruch ist indessen beschränkt, wenn eine konkrete Beeinträchtigung von Belangen der Volksgesundheit zu besorgen ist (vgl. Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/89 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>).
29 
2. Der erste Hilfsantrag ist ebenso wenig begründet. Er zielt letztlich darauf ab, den Kläger für das Baugrundstück von der Benutzungspflicht völlig freizustellen und zugleich als notwendige Folge den Anschlusszwang zu Fall zu bringen, der mangels Benutzung ins Leere ginge. Dabei macht der Kläger nicht geltend, dass entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 Abs. 2 WVS gegeben seien. Er fasst vielmehr der Sache nach die beiden in seinem Eigentum stehenden und seinem landwirtschaftlichen Betrieb zugeordneten Grundstücke Flst. Nr. ... und ... personen- bzw. betriebsbezogen zu einer Einheit zusammen und beruft sich auf dieser Grundlage – auf der Hofstelle wird bereits Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bezogen - allein auf den Beschränkungsanspruch nach § 5 Abs. 3 WVS. Danach räumt die Stadt dem Wasserabnehmer im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren auf Antrag die Möglichkeit ein, den Bezug auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Diese Regelung ist hier indessen schon nach der Systematik der Satzungsbestimmungen über den Benutzungszwang nicht geeignet, die begehrten Rechtsfolgen zu begründen.
30 
§ 5 Abs. 1 WVS normiert als Grundsatz den umfassenden Benutzungszwang zugunsten der gemeindlichen Wasserversorgungsanlage. Dieser ist dabei auf das jeweils angeschlossene Grundstück bezogen und bildet so die Fortsetzung des Anschlusszwangs, der ebenfalls – grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse - an das Grundstück anknüpft (§ 4 Abs. 1 Satz 1 WVS, § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO). In § 5 Abs. 2 WVS folgt sodann der Anspruch auf Befreiung, die nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen gewährt werden kann. Mit der in § 5 Abs. 3 WVS geregelten Beschränkung des Wasserbezugs auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf wird, wie in § 5 Abs. 4 WVS ausdrücklich benannt, eine Teilbefreiung gewährt. Nach dieser auf das jeweilige Grundstück bezogenen Systematik ist zwischen Befreiung und Teilbefreiung im Sinne einer Alternativität streng zu trennen. Einen fließenden Übergang von der Teil- zur Vollbefreiung kann es schon wegen der voneinander abweichenden tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 und § 5 Abs. 3 WVS nicht geben. Während die Befreiung nach § 5 Abs. 2 WVS den Nachweis seitens des Abnehmers fordert, dass die Nutzung des Wassers ihm nicht zumutbar ist, hängt die Teilbefreiung – neben der hygienischen und gesundheitlichen Unbedenklichkeit – von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Wasserversorger ab. Es ginge nicht an, dieselbe Rechtsfolge, nämlich die vollständige Befreiung vom Benutzungszwang für ein Grundstück, auf der Grundlage gänzlich verschiedener Normen zu gewähren.
31 
§ 5 Abs. 3 WVS muss nicht etwa deswegen anders verstanden werden, weil diese Vorschrift, abgesehen von der Bezeichnung der Beteiligten, mit § 3 Abs. 1 AVBWasserV übereinstimmt. Auch diese Bestimmung setzt nämlich eine fortbestehende Wasserbelieferung voraus, da ansonsten der privatrechtliche Vertrag mit dem Wasserversorgungsunternehmen aufzulösen wäre. An die Stelle einer vertraglichen und insoweit personenbezogenen Begründung der Lieferverpflichtungen tritt beim öffentlich-rechtlichen Wasserversorgungsverhältnis der hoheitlich auferlegte Benutzungszwang. Dieser muss dann aber bei der Teilbefreiung mit der Verpflichtung fortbestehen, die Grundbelieferung mit Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage entgegenzunehmen, (vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 25.01.1989 - 22 A 1249/86 -, RdL 1989, 146). Denn die Bestimmungen der AVBWasserV können nur mit der Maßgabe Anwendung finden, dass die Grundentscheidung für den Anschluss- und Benutzungszwang nicht leerläuft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.01.1986 – 7 CB 51 und 52.85 -, NVwZ 1986, 483; vom 15.07.1988 - 7 B 195.87 -, NVwZ 1988, 1126 <1127>; vom 12.07.1991 - 7 B 17 und 18.91 -, NVwZ-RR 1992, 37 <39>).
32 
Hiernach muss sich der Umfang der Benutzungspflicht eines landwirtschaftlichen Betriebs nach unterschiedlichen rechtlichen Kriterien messen lassen je nachdem, ob ein abgrenzbarer Wasserbedarf auf dem Grundstück der Hofstelle oder auf einem anderen entsteht, das - anders als im vorliegenden Fall - nicht einmal äußerlich erkennbar deutlich abgegrenzt sein muss. Diese zwingende Folge aus der vom Gesetz vorgegebenen strikt grundstücksbezogenen Betrachtungsweise hat durch das Abstellen auf ein formales Kriterium den Vorteil der Rechtsklarheit und der Beständigkeit für sich, während ein personen- bzw. betriebsbezogener Ansatz jeweils auf Änderungen in den Eigentumsverhältnissen bzw. im Betriebskonzept reagieren müsste. Im Übrigen ist auch bei einer grundstücksbezogenen Betrachtungsweise eine Prüfung am Maßstab des § 5 Abs. 3 WVS nicht ausgeschlossen.
33 
3. Schließlich bleibt auch der auf der Grundlage der grundstücksbezogenen Betrachtungsweise gestellte zweite Hilfsantrag erfolglos. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Wasserbezug für das Grundstück Flst. Nr. ... auf den Trinkwasserbezug beschränkt und ihn damit für das im Schweinestall benötigte Brauchwasser vom Benutzungszwang befreit (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
34 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 WVS liegen nicht vor. Es fehlt schon an der Beschränkung auf einen Verbrauchszweck. Darüber hinaus erweist sich die begehrte Teilbefreiung jedenfalls als wirtschaftlich unzumutbar.
35 
a) Die Möglichkeit einer Beschränkung des Wasserbezugs nach § 5 Abs. 3 WVS ist dem Kläger nicht von vornherein abgeschnitten. Er kann grundsätzlich geltend machen, den Wasserbezug auf Trinkwasser bzw. Wasser für den menschlichen Gebrauch zu beschränken. Dass ein solcher Bedarf in einem Gebäude besteht, in dem sich Menschen längere Zeit zur Arbeit aufhalten, liegt nicht fern. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Nachfrage indessen angegeben, dass nach einem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage Trinkwasser für das Händewaschen und für das Waschen der für die veterinärmedizinische Versorgung benötigten Spritzen verwendet würde; die Installation einer Hygieneschleuse hat er demgegenüber lediglich als Option für die Zukunft bezeichnet. Der so umschriebene aktuelle Bedarf fällt dann aber im Vergleich zum Wasserbezug für das Tränken der Tiere und die Stallreinigung nicht ins Gewicht. Einen (absoluten oder relativen) Mindestbezug sieht die Satzung zwar nicht ausdrücklich vor. Der in § 5 Abs. 4 WVS verwendete Begriff der Teilbefreiung setzt indessen voraus, dass auch nach der Bezugsbeschränkung weiterhin ein nennenswerter Wasserbezug zu verzeichnen ist. Davon kann hier jedoch insbesondere deswegen nicht ausgegangen werden, weil der Kläger ausweislich des Haupt- und des ersten Hilfsantrags den jetzt bezeichneten Bedarf für sein Betriebskonzept nicht als solchen identifiziert hat. Deshalb liegt bei realistischer Betrachtungsweise der Schluss nahe, dass der Kläger der Sache nach immer noch auf eine vollständige Befreiung abzielt.
36 
b) Mit seinem Antrag kann der Kläger aber auch dann nicht durchdringen, wenn von einer rechtlich beachtlichen Teilbefreiung auszugehen ist. Denn die Auswirkungen einer Beschränkung auf den angegebenen „Restzweck“ überschreiten den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren.
37 
Wegen des kostenrechnenden Charakters der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung, die durch Gebühren und Beiträge als spezielle Entgelte finanziert wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), kann die insoweit darlegungspflichtige Beklagte allerdings in aller Regel keine eigenen finanziellen Interessen geltend machen. Vielmehr kommt es regelmäßig auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit für die übrigen Wasserabnehmer an, die einen Gebührenausfall infolge von Teilbedarfsbeschränkungen angesichts des hohen Fixkostenanteils bei der Wasserversorgung über erhöhte Gebühren mitfinanzieren müssen. Erst wenn solche Beschränkungen zu für den Verbraucher nicht mehr tragbaren Wasserpreisen führen würden, kann der Ausschlussgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit einem Beschränkungsbegehren entgegengehalten werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>).
38 
Der Beklagten ist es nicht verwehrt, bei dieser Beurteilung nicht nur die Auswirkungen des konkret zu prüfenden Antrags auf die Gebührenkalkulation in den Blick zu nehmen. Vielmehr ist sie aus Gründen der Gleichbehandlung gehalten, auch weitere anstehende Beschränkungsbegehren in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei darf sie sich nicht allein auf anhängige Beschränkungsanträge beschränken (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ; im Anschluss daran Sächs. OVG, Urteil vom 08.04.2008 - 4 B 403/07 -, juris Rz. 23). Denn dies entspricht nicht einer wirklichkeitsnahen Betrachtungsweise; es reicht aus, wenn solche Anträge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit abzusehen sind (so schon Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/88 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>; Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 – 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>). Bloße vage Spekulationen genügen demgegenüber nicht. Nach diesen Maßstäben durfte die Beklagte die in den zurückliegenden Jahren verbeschiedenen Beschränkungsanträge in ihre Erwägungen einbeziehen; denn ein neuerlicher Antrag läge ungeachtet der Bestandskraft eines Ablehnungsbescheids bei einer Entscheidung zugunsten des Klägers durchaus nahe. Demgegenüber beruhen die Vermutungen der Beklagten über weitere zu erwartende Anträge auf Teilbefreiung mit einem beträchtlichen mengenmäßigen Umfang auf keiner verlässlichen Tatsachengrundlage. Unter dem Aspekt der gebotenen Gleichbehandlung sind allerdings nur die Anträge von Landwirten auf Teilbefreiung für ihre Betriebe zu berücksichtigen. Der Antrag der Freibadfreunde Langenburg e.V. (Teilbefreiung für das Beckenwasser) in einem Umfang von 6.500 m³/Jahr ist nicht auf eine wirtschaftliche Betätigung bezogen und somit nicht vergleichbar. Demnach verbleibt ein Rückgang der verkauften Trinkwassermenge pro Jahr von 8.200 m³; der vom Kläger prognostizierte Verbrauch von 2.000 m³/Jahr ist nicht hinzuzurechnen, weil diese Menge in der zugrunde gelegten Verkaufsmenge von 124.000 m³/Jahr noch nicht enthalten war. Ausgehend von der vom Klägervertreter mit Schriftsatz vom 15.01.2008 an das Verwaltungsgericht vorgelegten nachvollziehbaren Vergleichsberechnung ergäbe sich dann eine Erhöhung der Wassergebühren, die nach Anhebung der Zählergebühr nunmehr auf 2,50 EUR/m³ ermäßigt worden sind, um 0,18 EUR/m³ - dies entspricht 7,2% - auf 2,68 EUR/m³. Damit ist hier die Grenze des wirtschaftlich Zumutbaren überschritten.
39 
Bei der Bestimmung der Höhe des Wasserpreises, der den Abnehmern noch zugemutet werden kann, ist nicht (allein) auf das Äquivalenzprinzip als gebührenrechtliche Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips abzustellen (hierzu neigend BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Denn dieser Grundsatz bildet nur die allgemeine und absolute Grenze der Gebührenbemessung, die hier ersichtlich noch nicht erreicht ist.
40 
Der in den Zuwendungsrichtlinien des Umweltministeriums für die Förderung wasserwirtschaftlicher Vorhaben (Förderrichtlinien Wasserwirtschaft 2009 - FrWw 2009) vom 23.06.2008 genannte Schwellenwert kann hier ebenso wenig herangezogen werden (so aber - jedenfalls im Sinne einer Negativabgrenzung - Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auf der Grundlage dieser Förderrichtlinien gewährt das Land Zuwendungen für wasserwirtschaftliche Vorhaben von öffentlichem Interesse. U.a. werden die notwendigen Vorhaben zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung gefördert, „um insbesondere unzumutbar hohe Gebühren- und Beitragsleistungen für die Bürger zu vermeiden“ (Abschnitt I. vor 1). Nach den Fördergrundsätzen können Zuwendungsempfänger Zuwendungen erhalten, deren Wasser- und Abwasserentgelt die Antragsschwelle von 5,90 EUR/m³ erreicht (Abschnitt II., 7.1); diese wird von der Beklagten mit dem Betrag von 6,26 EUR/m³ überschritten. Es fehlt indessen an jeglichem Hinweis, nach welchen rechtlichen Maßstäben dieser Schwellenwert - ungeachtet der Zielvorgabe - festgesetzt wird. Eine Anwendung im Regelungsbereich des § 3 Abs. 1 AVBWasserV bzw. § 5 Abs. 3 WVS scheidet deswegen aus.
41 
Bei der Konkretisierung des Begriffs des wirtschaftlich Zumutbaren ist vielmehr von der Zweckbestimmung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 27 Abs. 3 AGBG auszugehen, auf der § 3 Abs. 1 AVBWasserV beruht. Danach soll ein Ausgleich geschaffen werden zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung einerseits und den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an einer Berücksichtigung ihrer jeweils besonderen Bedürfnisse und Wünsche andererseits (vgl. BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschluss vom 02.11.1981 - 2 BvR 671/81 -, NVwZ 1982, 306 <307>). Hiernach kommt es vorrangig auf das Verhältnis des zu erwartenden Wasserpreises zum bisherigen Preisniveau an.
42 
Für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit kann bereits ein deutlicher Gebührensprung sprechen. Demgegenüber rechtfertigt der hier mit 7,2% nur mäßige prozentuale Anstieg der Wassergebühren für sich genommen noch nicht den umgekehrten Schluss auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit. Denn die Verhältnisse im Bereich des betroffenen Wasserversorgers sind nicht allein ausschlaggebend. Die Wasserversorgung ist zwar wegen ihrer örtlichen Radizierung eine gemeindliche Selbstverwaltungsangelegenheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.1981 - 2 BvL 14/79 -, BVerfGE 58, 45 <62>). Deren Kosten werden demnach durch originär kommunalpolitische Entscheidungen maßgeblich beeinflusst; hierzu mag bei der Beklagten die auch vom Wasserhaushaltsrecht grundsätzlich erwünschte Betonung der Eigenversorgung (Ortsnäheprinzip; § 1a Abs. 3 WHG, § 43 Abs. 1 Satz 1 WG) zählen, im Gegensatz etwa zur benachbarten Stadt Gerabronn, die sich einem überörtlichen Zweckverband (§ 43 Abs. 1 Satz 2 WG) angeschlossen hat und mit einem Betrag von 1,71 EUR/m³ (inkl. MwSt.; Stand 2008 ) auf deutlich niedrigere Wassergebühren verweisen kann. Daneben hängen die Kosten von vielfältigen objektiven Umständen - wie Verfügbarkeit der Wasserressourcen nach geologischen und hydrologischen Gegebenheiten, Qualität der Ressourcen, Topografie und Siedlungsstruktur - ab, die aber jedenfalls einen regionalen Vergleich erlauben (vgl. hierzu Heitzmann/Schmauz in: Statistische Monatshefte Baden-Württemberg 8/2008 S. 5 <8 f.>). Demnach muss auch das Ausgangs- und Zielniveau verglichen mit den Preisen anderer Wasserversorger in der Umgebung berücksichtigt werden (so auch Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 - 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Danach kann ungeachtet einer nur geringen prozentualen Erhöhung von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit dann ausgegangen werden, wenn die Beschränkung der Benutzungspflicht zu einer Gebühr führen würde, deren Höhe das Preisniveau in der Region deutlich übersteigt. Bei einer erheblichen Spreizung der Gebührenhöhe im Vergleichsgebiet setzt diese Feststellung nicht zwingend die Überschreitung des - gegebenenfalls um offensichtliche „Ausreißer“ bereinigten - Rahmens voraus (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Vielmehr kann dann schon das Ausmaß der Abweichung von der durchschnittlichen Gebührenhöhe ausreichen. Nach der vorgelegten Übersicht der Wassergebühren in den Gemeinden des Landkreises Schwäbisch Hall aus dem Jahr 2007 beläuft sich die Höhe der Wassergebühren im Durchschnitt auf 1,81 EUR/m³. Dabei reicht die Spanne von 1,15 EUR/m³ bis zu dem von der Beklagten verlangten Spitzenwert von - damals - 2,54 EUR/m³. Bei einer zu erwartenden Erhöhung dieses Betrags auf nunmehr 2,68 EUR/m³ wäre der Durchschnitt um nahezu 50% überschritten. Eine solche Belastung ist den übrigen Wasserabnehmern auch bei der Würdigung der Interessen des Klägers nicht mehr zuzumuten. Dieser Einschätzung kann hier nicht entgegengehalten werden, dass die Beklagte zunächst verpflichtet sei, alle ihr zu Gebote stehenden Mittel einzusetzen, um die Auswirkungen einer Beschränkung der Benutzungspflicht etwa durch die Anpassung der Gebührenstruktur aufzufangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <756>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Denn die Beklagte hat, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, bereits letztes Jahr die Zählergebühr erhöht und im Gegenzug die verbrauchsabhängige Wassergebühr gesenkt, und damit die Großverbraucher auf Kosten der Kleinverbraucher entlastet.
III.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
44 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
45 
Beschluss vom 28. Mai 2009
46 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 45 Abs. 1 Satz 3 und § 63 Abs. 2 GKG).
47 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
18 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung ist auch im Übrigen mit den jetzt gestellten Anträgen zulässig.
19 
Erstmals in der Berufungsinstanz macht der Kläger im Hauptantrag zusätzlich zu dem hilfsweise aufrecht erhaltenen Verpflichtungsantrag nebst Anfechtungsannex ein Feststellungsbegehren geltend. Er möchte nunmehr an erster Stelle festgestellt wissen, dass der Brauchwasserverbrauch von vornherein nicht zum Anschlusszwang führt. Darin liegt eine Klageänderung nach § 91 VwGO. Denn der Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens wird damit erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.08.2005 – 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 <135>). Im Übergang zu einer anderen Klageart liegt nicht lediglich eine Präzisierung des Klagebegehrens, was nach dem Rechtsgedanken des § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen wäre (vgl. hierzu Ortloff/Riese in: Schoch u.a. , VwGO, § 91 Rn. 24, 29); denn der Klagegrund wird ausgewechselt, wenn anders als bisher die Reichweite des Anschlusszwangs in Zweifel gezogen und folglich eine Befreiung für entbehrlich erachtet wird. Diese Klageänderung in Gestalt einer nachträglichen objektiven Klagehäufung (§ 44 VwGO), die auch im Berufungsverfahren gem. § 125 VwGO grundsätzlich möglich ist, ist nach § 91 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 VwGO zulässig. Denn die Beklagte hat durch rügelose Einlassung in die Klageänderung eingewilligt.
20 
Bei den Hilfsanträgen handelt es sich demgegenüber nicht um eine Klageänderung; vielmehr ist insoweit das bereits im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachte Klagebegehren nur klarstellend und präzisierend in neue Klageanträge gefasst worden.
II.
21 
Die Berufung ist nicht begründet. Der Hauptantrag hat keinen Erfolg. Das mit den Hilfsanträgen verfolgte Klagebegehren ist bereits vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.
22 
1. a) Der Feststellungsantrag ist nach Maßgabe der auch für die geänderte Klage grundsätzlich zu beachtenden Zulässigkeitsvoraussetzungen zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.10.1980 - 6 C 39.80 -, BVerwGE 61, 45 <51>). Die Beteiligten streiten um die Reichweite des Anschlusszwangs und damit um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.1996 – 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 <264 f.>). Der Kläger ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog), da er geltend machen kann, durch die Anwendung der streitigen Vorschriften in seinem Eigentumsgrundrecht verletzt zu sein. Er kann sich auf ein Feststellungsinteresse berufen, da die begehrte Feststellung geeignet ist, den Rechtsstreit zwischen den Beteiligten abschließend zu klären. Es fehlt auch nicht an der instanziellen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs. Zwar zählt die nun erhobene Feststellungsklage nicht zu den Verfahren, die dem Oberverwaltungsgericht nach § 48 VwGO zur Entscheidung im ersten Rechtszug zugewiesen sind, sodass gem. § 45 VwGO grundsätzlich das Verwaltungsgericht zur Entscheidung berufen ist. Durch die Möglichkeit der Klageänderung in einem anhängigen Berufungsverfahren werden indessen diese Zuständigkeitsregelungen modifiziert und erstinstanzliche Zuständigkeiten der Berufungsgerichte begründet. Dies gilt in Anlehnung an die zur Sachdienlichkeit einer Klageänderung entwickelten Grundsätze (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.04.1999 - 4 C 4.98 -, BVerwGE 109, 74 <78 f.>) jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Klageänderung den Prozess nicht auf ganz neue Grundlagen stellt, also auch die geänderte Klage einen schon bisher zwischen den Beteiligten vorhandenen Streitstoff zum Gegenstand hat und sich deshalb das "Gesicht des Rechtsstreits“ nicht ändert (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.02.1979 - II 697/78 -, juris Rz. 21; Urteil vom 19.09.2002 - 14 S 1429/02 -, juris Rz. 36, jeweils m.w.N.).
23 
Schließlich steht dem Feststellungsantrag die Subsidiaritätsregel des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen. Auf eine isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid, mit dem die zunächst beantragte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang abgelehnt worden ist, kann der Kläger nicht vorrangig verwiesen werden, da ihm insoweit die Klagebefugnis fehlt. Diesem Bescheid liegt zwar die vom Kläger angegriffene Rechtsauffassung über die Reichweite des Anschlusszwangs zugrunde. Als bloßes Begründungselement des Bescheids nimmt die bestrittene Rechtsauffassung jedoch nicht an dem der Bestandskraft fähigen Regelungsgehalt des Bescheids teil (vgl. hierzu U. Stelkens in: Stelkens u.a. , VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 143 f., m.N.); die Rechtsfigur eines inzidenten Feststellungsbescheids gibt es nicht.
24 
b) Der Hauptantrag ist unbegründet. Der Anschlusszwang nach der Satzung der Beklagten über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung – WVS) vom 04.07.2000 erstreckt sich grundsätzlich auf die gesamte Wasserversorgung und beschränkt sich nicht auf das für den Bedarf des Menschen bestimmte Wasser. Mit diesem Inhalt ist die Satzung von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt.
25 
(1) Nach § 4 Abs. 1 WVS sind Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wasser verbraucht wird, bei gegebener Anschlussmöglichkeit verpflichtet, diese Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen. Eine Beschränkung auf einen bestimmten Verbrauchszweck ist nicht vorgesehen. Das Brauchwasser ist nicht ausgenommen. Das wird insbesondere bestätigt durch die Regelung in § 5 Abs. 1 WVS. Nach Satz 1 haben auf Grundstücken, die an die öffentliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen sind, die Wasserabnehmer ihren gesamten Wasserbedarf aus dieser zu decken. Aus Satz 2, der die Nutzung von Niederschlagswasser für Zwecke der Gartenbewässerung vom Benutzungszwang ausnimmt, folgt im Gegenschluss, dass ohne diese ausdrückliche Regelung diese Brauchwassernutzung ebenfalls vom Benutzungszwang erfasst wäre (vgl. auch die Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auch § 8 Abs. 2 WVS geht von einem umfassenden Verständnis des Anschluss- und Benutzungszwangs aus; denn danach darf das Wasser - vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen - für alle Zwecke verwendet werden. Der daraus folgenden Erstreckung des Anschlusszwangs auch auf die Brauchwasserversorgung steht § 1 Abs. 1 Satz 1 WVS nicht entgegen. Danach dient die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Lieferung von Trinkwasser. Die Beklagte hat damit eine Formulierung im Satzungsmuster des Gemeindetags Baden-Württemberg übernommen (BWGZ 1996, 642 <644>), während andere Mustersatzungen das Brauchwasser ausdrücklich erwähnen (siehe etwa § 1 Satz 1 des Arbeitsmusters einer Wasserversorgungssatzung, abgedruckt in: Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Bd. 3, III. Teil, AVBWasserV/Anh.). Für den Umfang des Benutzungszwangs ist die von der Beklagten gewählte Formulierung indessen unerheblich. Denn die Regelung bringt lediglich zum Ausdruck, dass die Beklagte Wasser insgesamt in entsprechender Qualität liefert; eine getrennte Lieferung von Trinkwasser und von Brauchwasser ist nämlich wegen des einheitlichen Leitungsnetzes nicht möglich.
26 
Vor diesem Hintergrund trifft § 4 Abs. 1 Satz 2 WVS, wonach auf einem Grundstück alle Gebäude anzuschließen sind, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, lediglich eine ausdrückliche Sonderregelung für diesen Verbrauchszweck, ohne indessen andere auszuschließen. Im Übrigen wird entgegen der Auffassung des Klägers Wasser, das für den menschlichen Bedarf bestimmt ist, nicht lediglich in Gebäuden verbraucht, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Dies gilt nicht nur für Trinkwasser i.S. der Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Verbrauch (TrinkwasserverordnungTrinkwV) vom 21.05.2001 (BGBl. I S. 959, i.d.F. der Verordnung vom 31.10.2006, BGBl. I S. 2467) – z.B. Wasser zur Körperreinigung etwa in Industriebetrieben (§ 3 Nr. 1 Buchst. a TrinkwV) -, sondern insbesondere für Wasser für Lebensmittelbetriebe - etwa in der Milchwirtschaft Wasser, das zur Reinigung von Gegenständen dient, die bestimmungsgemäß mit Lebensmitteln in Berührung kommen (§ 3 Nr. 1 Buchst. b TrinkwV).
27 
(2) Die Wasserversorgungssatzung der Beklagten ist mit diesem Regelungsinhalt von der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 1 GemO gedeckt. Danach kann die Gemeinde bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung den Anschluss- und Benutzungszwang für die Wasserversorgung als eine der Volksgesundheit dienenden Einrichtung vorschreiben. Bei Wasser für den menschlichen Gebrauch ist die Ausrichtung an diesem Gesetzeszweck ohne weiteres gegeben.
28 
Die grundsätzliche Erstreckung auch auf das Brauchwasser, für die sich die Beklagte auf einen Beurteilungsspielraum nicht berufen kann (vgl. auch Urteil des erk. Senats vom 18.03.2004 – 1 S 2261/02 -, VBlBW 2004, 337 <338> m.w.N.; a.A. etwa OVG NRW; Urteil vom 28.11.1986 – 22 A 1206/81 -, NVwZ 1987, 727 und Kunze/Bonner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 10; siehe auch Seewald in: Steiner , Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2006, Kap. 1 Rn. 171, m.N.), lässt sich demgegenüber weder allein mit dem Interesse an einem wirtschaftlichen Betrieb der Wasserversorgung noch mit dem bloßen Hinweis rechtfertigen, dass die gemeindliche Wasserversorgung als Ganzes dem Interesse der Allgemeinheit und in diesem Rahmen vor allem der Volksgesundheit dient (vgl. etwa Urteile des erk. Senats vom 13.03.1972 - I 192/71 -, KStZ 1972, 158 <159> und vom 19.03.1990 - 1 S 1991/89 -, NVwZ-RR 1990, 499; Kunze/Bonner/Katz, a.a.O., § 11 Rn. 8). Ein hinreichender Bezug zum und eine Rechtfertigung durch den Gesetzeszweck des Gesundheitsschutzes ist insoweit aber dann gegeben, wenn entweder festgestellt werden kann, dass für die Erstreckung auf den Brauchwasserbereich selbst Gründe der Volksgesundheit sprechen oder wenn die Trinkwasserversorgung selbst hiervon abhängt - sei es, weil erst auf diese Weise die erforderlichen Durchsatzmengen gewonnen werden können, sei es, weil eine nur das Trinkwasser betreffende Versorgung den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren verlässt, weil sie die finanziellen Kapazitäten des Versorgungsträgers überfordert oder zu erträglichen Preisen nicht möglich ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>; Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO, LKrO, BezO für den Freistaat Bayern, Art. 24 GO Erl. I 5.1). Die danach gebotene Prüfung, ob eine Beschränkung des Benutzungszwangs angezeigt ist, muss die Beklagte allerdings nicht mit dem Ziel einer generellen Satzungsregelung vornehmen. Vielmehr kann sie dieser Pflicht im Rahmen ihres Satzungsermessens in zulässiger Weise Einzelfall bezogen nachkommen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.11.1991 - 7 B 56.91 –, juris Rz. 3). Das hat die Beklagte durch die Normierung der Möglichkeit einer Teilbefreiung in § 5 Abs. 3 WVS getan. Damit setzt sie zugleich und in erster Linie die in § 35 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV – vom 20.06.1980 (BGBl. I S. 750, 1067 i.d.F. des Gesetzes vom 09.12.2004, BGBl. I S. 3214) vorgeschriebene Anpassung ihrer Satzung an § 3 Abs. 1 AVBWasserV um, wodurch ein absoluter Vorrang des Interesses an einer preisgünstigen öffentlichen Wasserversorgung nicht mehr anerkannt werden soll. Dieser Freistellungsanspruch ist indessen beschränkt, wenn eine konkrete Beeinträchtigung von Belangen der Volksgesundheit zu besorgen ist (vgl. Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/89 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>).
29 
2. Der erste Hilfsantrag ist ebenso wenig begründet. Er zielt letztlich darauf ab, den Kläger für das Baugrundstück von der Benutzungspflicht völlig freizustellen und zugleich als notwendige Folge den Anschlusszwang zu Fall zu bringen, der mangels Benutzung ins Leere ginge. Dabei macht der Kläger nicht geltend, dass entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 Abs. 2 WVS gegeben seien. Er fasst vielmehr der Sache nach die beiden in seinem Eigentum stehenden und seinem landwirtschaftlichen Betrieb zugeordneten Grundstücke Flst. Nr. ... und ... personen- bzw. betriebsbezogen zu einer Einheit zusammen und beruft sich auf dieser Grundlage – auf der Hofstelle wird bereits Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bezogen - allein auf den Beschränkungsanspruch nach § 5 Abs. 3 WVS. Danach räumt die Stadt dem Wasserabnehmer im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren auf Antrag die Möglichkeit ein, den Bezug auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Diese Regelung ist hier indessen schon nach der Systematik der Satzungsbestimmungen über den Benutzungszwang nicht geeignet, die begehrten Rechtsfolgen zu begründen.
30 
§ 5 Abs. 1 WVS normiert als Grundsatz den umfassenden Benutzungszwang zugunsten der gemeindlichen Wasserversorgungsanlage. Dieser ist dabei auf das jeweils angeschlossene Grundstück bezogen und bildet so die Fortsetzung des Anschlusszwangs, der ebenfalls – grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse - an das Grundstück anknüpft (§ 4 Abs. 1 Satz 1 WVS, § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO). In § 5 Abs. 2 WVS folgt sodann der Anspruch auf Befreiung, die nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen gewährt werden kann. Mit der in § 5 Abs. 3 WVS geregelten Beschränkung des Wasserbezugs auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf wird, wie in § 5 Abs. 4 WVS ausdrücklich benannt, eine Teilbefreiung gewährt. Nach dieser auf das jeweilige Grundstück bezogenen Systematik ist zwischen Befreiung und Teilbefreiung im Sinne einer Alternativität streng zu trennen. Einen fließenden Übergang von der Teil- zur Vollbefreiung kann es schon wegen der voneinander abweichenden tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 und § 5 Abs. 3 WVS nicht geben. Während die Befreiung nach § 5 Abs. 2 WVS den Nachweis seitens des Abnehmers fordert, dass die Nutzung des Wassers ihm nicht zumutbar ist, hängt die Teilbefreiung – neben der hygienischen und gesundheitlichen Unbedenklichkeit – von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Wasserversorger ab. Es ginge nicht an, dieselbe Rechtsfolge, nämlich die vollständige Befreiung vom Benutzungszwang für ein Grundstück, auf der Grundlage gänzlich verschiedener Normen zu gewähren.
31 
§ 5 Abs. 3 WVS muss nicht etwa deswegen anders verstanden werden, weil diese Vorschrift, abgesehen von der Bezeichnung der Beteiligten, mit § 3 Abs. 1 AVBWasserV übereinstimmt. Auch diese Bestimmung setzt nämlich eine fortbestehende Wasserbelieferung voraus, da ansonsten der privatrechtliche Vertrag mit dem Wasserversorgungsunternehmen aufzulösen wäre. An die Stelle einer vertraglichen und insoweit personenbezogenen Begründung der Lieferverpflichtungen tritt beim öffentlich-rechtlichen Wasserversorgungsverhältnis der hoheitlich auferlegte Benutzungszwang. Dieser muss dann aber bei der Teilbefreiung mit der Verpflichtung fortbestehen, die Grundbelieferung mit Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage entgegenzunehmen, (vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 25.01.1989 - 22 A 1249/86 -, RdL 1989, 146). Denn die Bestimmungen der AVBWasserV können nur mit der Maßgabe Anwendung finden, dass die Grundentscheidung für den Anschluss- und Benutzungszwang nicht leerläuft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.01.1986 – 7 CB 51 und 52.85 -, NVwZ 1986, 483; vom 15.07.1988 - 7 B 195.87 -, NVwZ 1988, 1126 <1127>; vom 12.07.1991 - 7 B 17 und 18.91 -, NVwZ-RR 1992, 37 <39>).
32 
Hiernach muss sich der Umfang der Benutzungspflicht eines landwirtschaftlichen Betriebs nach unterschiedlichen rechtlichen Kriterien messen lassen je nachdem, ob ein abgrenzbarer Wasserbedarf auf dem Grundstück der Hofstelle oder auf einem anderen entsteht, das - anders als im vorliegenden Fall - nicht einmal äußerlich erkennbar deutlich abgegrenzt sein muss. Diese zwingende Folge aus der vom Gesetz vorgegebenen strikt grundstücksbezogenen Betrachtungsweise hat durch das Abstellen auf ein formales Kriterium den Vorteil der Rechtsklarheit und der Beständigkeit für sich, während ein personen- bzw. betriebsbezogener Ansatz jeweils auf Änderungen in den Eigentumsverhältnissen bzw. im Betriebskonzept reagieren müsste. Im Übrigen ist auch bei einer grundstücksbezogenen Betrachtungsweise eine Prüfung am Maßstab des § 5 Abs. 3 WVS nicht ausgeschlossen.
33 
3. Schließlich bleibt auch der auf der Grundlage der grundstücksbezogenen Betrachtungsweise gestellte zweite Hilfsantrag erfolglos. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Wasserbezug für das Grundstück Flst. Nr. ... auf den Trinkwasserbezug beschränkt und ihn damit für das im Schweinestall benötigte Brauchwasser vom Benutzungszwang befreit (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
34 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 WVS liegen nicht vor. Es fehlt schon an der Beschränkung auf einen Verbrauchszweck. Darüber hinaus erweist sich die begehrte Teilbefreiung jedenfalls als wirtschaftlich unzumutbar.
35 
a) Die Möglichkeit einer Beschränkung des Wasserbezugs nach § 5 Abs. 3 WVS ist dem Kläger nicht von vornherein abgeschnitten. Er kann grundsätzlich geltend machen, den Wasserbezug auf Trinkwasser bzw. Wasser für den menschlichen Gebrauch zu beschränken. Dass ein solcher Bedarf in einem Gebäude besteht, in dem sich Menschen längere Zeit zur Arbeit aufhalten, liegt nicht fern. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Nachfrage indessen angegeben, dass nach einem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage Trinkwasser für das Händewaschen und für das Waschen der für die veterinärmedizinische Versorgung benötigten Spritzen verwendet würde; die Installation einer Hygieneschleuse hat er demgegenüber lediglich als Option für die Zukunft bezeichnet. Der so umschriebene aktuelle Bedarf fällt dann aber im Vergleich zum Wasserbezug für das Tränken der Tiere und die Stallreinigung nicht ins Gewicht. Einen (absoluten oder relativen) Mindestbezug sieht die Satzung zwar nicht ausdrücklich vor. Der in § 5 Abs. 4 WVS verwendete Begriff der Teilbefreiung setzt indessen voraus, dass auch nach der Bezugsbeschränkung weiterhin ein nennenswerter Wasserbezug zu verzeichnen ist. Davon kann hier jedoch insbesondere deswegen nicht ausgegangen werden, weil der Kläger ausweislich des Haupt- und des ersten Hilfsantrags den jetzt bezeichneten Bedarf für sein Betriebskonzept nicht als solchen identifiziert hat. Deshalb liegt bei realistischer Betrachtungsweise der Schluss nahe, dass der Kläger der Sache nach immer noch auf eine vollständige Befreiung abzielt.
36 
b) Mit seinem Antrag kann der Kläger aber auch dann nicht durchdringen, wenn von einer rechtlich beachtlichen Teilbefreiung auszugehen ist. Denn die Auswirkungen einer Beschränkung auf den angegebenen „Restzweck“ überschreiten den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren.
37 
Wegen des kostenrechnenden Charakters der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung, die durch Gebühren und Beiträge als spezielle Entgelte finanziert wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), kann die insoweit darlegungspflichtige Beklagte allerdings in aller Regel keine eigenen finanziellen Interessen geltend machen. Vielmehr kommt es regelmäßig auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit für die übrigen Wasserabnehmer an, die einen Gebührenausfall infolge von Teilbedarfsbeschränkungen angesichts des hohen Fixkostenanteils bei der Wasserversorgung über erhöhte Gebühren mitfinanzieren müssen. Erst wenn solche Beschränkungen zu für den Verbraucher nicht mehr tragbaren Wasserpreisen führen würden, kann der Ausschlussgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit einem Beschränkungsbegehren entgegengehalten werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>).
38 
Der Beklagten ist es nicht verwehrt, bei dieser Beurteilung nicht nur die Auswirkungen des konkret zu prüfenden Antrags auf die Gebührenkalkulation in den Blick zu nehmen. Vielmehr ist sie aus Gründen der Gleichbehandlung gehalten, auch weitere anstehende Beschränkungsbegehren in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei darf sie sich nicht allein auf anhängige Beschränkungsanträge beschränken (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ; im Anschluss daran Sächs. OVG, Urteil vom 08.04.2008 - 4 B 403/07 -, juris Rz. 23). Denn dies entspricht nicht einer wirklichkeitsnahen Betrachtungsweise; es reicht aus, wenn solche Anträge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit abzusehen sind (so schon Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/88 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>; Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 – 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>). Bloße vage Spekulationen genügen demgegenüber nicht. Nach diesen Maßstäben durfte die Beklagte die in den zurückliegenden Jahren verbeschiedenen Beschränkungsanträge in ihre Erwägungen einbeziehen; denn ein neuerlicher Antrag läge ungeachtet der Bestandskraft eines Ablehnungsbescheids bei einer Entscheidung zugunsten des Klägers durchaus nahe. Demgegenüber beruhen die Vermutungen der Beklagten über weitere zu erwartende Anträge auf Teilbefreiung mit einem beträchtlichen mengenmäßigen Umfang auf keiner verlässlichen Tatsachengrundlage. Unter dem Aspekt der gebotenen Gleichbehandlung sind allerdings nur die Anträge von Landwirten auf Teilbefreiung für ihre Betriebe zu berücksichtigen. Der Antrag der Freibadfreunde Langenburg e.V. (Teilbefreiung für das Beckenwasser) in einem Umfang von 6.500 m³/Jahr ist nicht auf eine wirtschaftliche Betätigung bezogen und somit nicht vergleichbar. Demnach verbleibt ein Rückgang der verkauften Trinkwassermenge pro Jahr von 8.200 m³; der vom Kläger prognostizierte Verbrauch von 2.000 m³/Jahr ist nicht hinzuzurechnen, weil diese Menge in der zugrunde gelegten Verkaufsmenge von 124.000 m³/Jahr noch nicht enthalten war. Ausgehend von der vom Klägervertreter mit Schriftsatz vom 15.01.2008 an das Verwaltungsgericht vorgelegten nachvollziehbaren Vergleichsberechnung ergäbe sich dann eine Erhöhung der Wassergebühren, die nach Anhebung der Zählergebühr nunmehr auf 2,50 EUR/m³ ermäßigt worden sind, um 0,18 EUR/m³ - dies entspricht 7,2% - auf 2,68 EUR/m³. Damit ist hier die Grenze des wirtschaftlich Zumutbaren überschritten.
39 
Bei der Bestimmung der Höhe des Wasserpreises, der den Abnehmern noch zugemutet werden kann, ist nicht (allein) auf das Äquivalenzprinzip als gebührenrechtliche Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips abzustellen (hierzu neigend BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Denn dieser Grundsatz bildet nur die allgemeine und absolute Grenze der Gebührenbemessung, die hier ersichtlich noch nicht erreicht ist.
40 
Der in den Zuwendungsrichtlinien des Umweltministeriums für die Förderung wasserwirtschaftlicher Vorhaben (Förderrichtlinien Wasserwirtschaft 2009 - FrWw 2009) vom 23.06.2008 genannte Schwellenwert kann hier ebenso wenig herangezogen werden (so aber - jedenfalls im Sinne einer Negativabgrenzung - Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auf der Grundlage dieser Förderrichtlinien gewährt das Land Zuwendungen für wasserwirtschaftliche Vorhaben von öffentlichem Interesse. U.a. werden die notwendigen Vorhaben zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung gefördert, „um insbesondere unzumutbar hohe Gebühren- und Beitragsleistungen für die Bürger zu vermeiden“ (Abschnitt I. vor 1). Nach den Fördergrundsätzen können Zuwendungsempfänger Zuwendungen erhalten, deren Wasser- und Abwasserentgelt die Antragsschwelle von 5,90 EUR/m³ erreicht (Abschnitt II., 7.1); diese wird von der Beklagten mit dem Betrag von 6,26 EUR/m³ überschritten. Es fehlt indessen an jeglichem Hinweis, nach welchen rechtlichen Maßstäben dieser Schwellenwert - ungeachtet der Zielvorgabe - festgesetzt wird. Eine Anwendung im Regelungsbereich des § 3 Abs. 1 AVBWasserV bzw. § 5 Abs. 3 WVS scheidet deswegen aus.
41 
Bei der Konkretisierung des Begriffs des wirtschaftlich Zumutbaren ist vielmehr von der Zweckbestimmung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 27 Abs. 3 AGBG auszugehen, auf der § 3 Abs. 1 AVBWasserV beruht. Danach soll ein Ausgleich geschaffen werden zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung einerseits und den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an einer Berücksichtigung ihrer jeweils besonderen Bedürfnisse und Wünsche andererseits (vgl. BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschluss vom 02.11.1981 - 2 BvR 671/81 -, NVwZ 1982, 306 <307>). Hiernach kommt es vorrangig auf das Verhältnis des zu erwartenden Wasserpreises zum bisherigen Preisniveau an.
42 
Für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit kann bereits ein deutlicher Gebührensprung sprechen. Demgegenüber rechtfertigt der hier mit 7,2% nur mäßige prozentuale Anstieg der Wassergebühren für sich genommen noch nicht den umgekehrten Schluss auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit. Denn die Verhältnisse im Bereich des betroffenen Wasserversorgers sind nicht allein ausschlaggebend. Die Wasserversorgung ist zwar wegen ihrer örtlichen Radizierung eine gemeindliche Selbstverwaltungsangelegenheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.1981 - 2 BvL 14/79 -, BVerfGE 58, 45 <62>). Deren Kosten werden demnach durch originär kommunalpolitische Entscheidungen maßgeblich beeinflusst; hierzu mag bei der Beklagten die auch vom Wasserhaushaltsrecht grundsätzlich erwünschte Betonung der Eigenversorgung (Ortsnäheprinzip; § 1a Abs. 3 WHG, § 43 Abs. 1 Satz 1 WG) zählen, im Gegensatz etwa zur benachbarten Stadt Gerabronn, die sich einem überörtlichen Zweckverband (§ 43 Abs. 1 Satz 2 WG) angeschlossen hat und mit einem Betrag von 1,71 EUR/m³ (inkl. MwSt.; Stand 2008 ) auf deutlich niedrigere Wassergebühren verweisen kann. Daneben hängen die Kosten von vielfältigen objektiven Umständen - wie Verfügbarkeit der Wasserressourcen nach geologischen und hydrologischen Gegebenheiten, Qualität der Ressourcen, Topografie und Siedlungsstruktur - ab, die aber jedenfalls einen regionalen Vergleich erlauben (vgl. hierzu Heitzmann/Schmauz in: Statistische Monatshefte Baden-Württemberg 8/2008 S. 5 <8 f.>). Demnach muss auch das Ausgangs- und Zielniveau verglichen mit den Preisen anderer Wasserversorger in der Umgebung berücksichtigt werden (so auch Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 - 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Danach kann ungeachtet einer nur geringen prozentualen Erhöhung von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit dann ausgegangen werden, wenn die Beschränkung der Benutzungspflicht zu einer Gebühr führen würde, deren Höhe das Preisniveau in der Region deutlich übersteigt. Bei einer erheblichen Spreizung der Gebührenhöhe im Vergleichsgebiet setzt diese Feststellung nicht zwingend die Überschreitung des - gegebenenfalls um offensichtliche „Ausreißer“ bereinigten - Rahmens voraus (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Vielmehr kann dann schon das Ausmaß der Abweichung von der durchschnittlichen Gebührenhöhe ausreichen. Nach der vorgelegten Übersicht der Wassergebühren in den Gemeinden des Landkreises Schwäbisch Hall aus dem Jahr 2007 beläuft sich die Höhe der Wassergebühren im Durchschnitt auf 1,81 EUR/m³. Dabei reicht die Spanne von 1,15 EUR/m³ bis zu dem von der Beklagten verlangten Spitzenwert von - damals - 2,54 EUR/m³. Bei einer zu erwartenden Erhöhung dieses Betrags auf nunmehr 2,68 EUR/m³ wäre der Durchschnitt um nahezu 50% überschritten. Eine solche Belastung ist den übrigen Wasserabnehmern auch bei der Würdigung der Interessen des Klägers nicht mehr zuzumuten. Dieser Einschätzung kann hier nicht entgegengehalten werden, dass die Beklagte zunächst verpflichtet sei, alle ihr zu Gebote stehenden Mittel einzusetzen, um die Auswirkungen einer Beschränkung der Benutzungspflicht etwa durch die Anpassung der Gebührenstruktur aufzufangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <756>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Denn die Beklagte hat, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, bereits letztes Jahr die Zählergebühr erhöht und im Gegenzug die verbrauchsabhängige Wassergebühr gesenkt, und damit die Großverbraucher auf Kosten der Kleinverbraucher entlastet.
III.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
44 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
45 
Beschluss vom 28. Mai 2009
46 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 45 Abs. 1 Satz 3 und § 63 Abs. 2 GKG).
47 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedarf das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser

1.
für den Haushalt, für den landwirtschaftlichen Hofbetrieb, für das Tränken von Vieh außerhalb des Hofbetriebs oder in geringen Mengen zu einem vorübergehenden Zweck,
2.
für Zwecke der gewöhnlichen Bodenentwässerung landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzter Grundstücke,
soweit keine signifikanten nachteiligen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt zu besorgen sind. Wird in den Fällen und unter den Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 2 das Wasser aus der Bodenentwässerung in ein oberirdisches Gewässer eingeleitet, findet § 25 Satz 2 keine Anwendung.

(2) Keiner Erlaubnis bedarf ferner das Einleiten von Niederschlagswasser in das Grundwasser durch schadlose Versickerung, soweit dies in einer Rechtsverordnung nach § 23 Absatz 1 bestimmt ist.

(3) Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass weitere Fälle von der Erlaubnis- oder Bewilligungspflicht ausgenommen sind oder eine Erlaubnis oder eine Bewilligung in den Fällen der Absätze 1 und 2 erforderlich ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung (im Folgenden: 2. SAG) für das Kernkraftwerk Obrigheim (KWO). Die Kläger, die im Umkreis des KWO von 3 bis 4,5 km Entfernung wohnen, befürchten durch dessen Rückbau Gefahren für Leben, Gesundheit sowie Eigentum, da es infolge eines Störfalls bei den gestatteten Maßnahmen oder eines terroristischen Angriffs auf die Anlage zu einer radioaktiven Verstrahlung ihrer Wohnumgebung kommen könne.
Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen betrieb seit dem Jahre 1968 in der Nähe des Neckars einen Druckwasserreaktor mit einer thermischen Leistung von 1.050 MW. Das Kernkraftwerk wurde auf der Grundlage mehrerer Teilgenehmigungen errichtet und betrieben. Die abschließende Genehmigung für den Betrieb des KWO, die unter anderem den Umgang mit Brennelementen regelte, wurde am 27.10.1992 erteilt. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 22.01.1997 (11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36) die Rechtmäßigkeit dieser Teilbetriebsgenehmigung bestätigt und das abweichende Urteil des Senats vom 07.03.1995 (10 S 2822/92 - ZUR 1996, 33) geändert. Der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen wurde am 26.10.1998 die Genehmigung für die Vornahme von Veränderungen an einem externen Brennelement - Lagerbecken (Errichtung und Betrieb) erteilt. Die Genehmigung gestattete insbesondere den Einbau von Brennelement-Lagergestellen in das externe Brennelement-Lagerbecken im sog. Notstandsgebäude (Bau 37) sowie die Lagerung von höchstens 980 ausschließlich im betriebseigenen Reaktor eingesetzten abgebrannten Brennelementen sowie von Kernbauteilen; ferner wurde die Notauslagerung eines KWO-Reaktorkerns aus anlagentechnischen Gründen genehmigt. Die Genehmigung ist rechtstechnisch als Änderungsgenehmigung zur abschließenden Teilbetriebsgenehmigung vom 27.10.1992 ausgestaltet. Infolge der Atomgesetz-Novelle 2002 und nach einer Übertragung von Reststrommengen vom Kernkraftwerk Philippsburg I auf das KWO wurde dessen Leistungsbetrieb am 11.05.2005 eingestellt; es folgte die Nachbetriebsphase auf der Grundlage der bisherigen Betriebsgenehmigung.
Mit Schreiben vom 21.12.2004 beantragte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen die Erteilung einer 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für das KWO (nachfolgend: 1. SAG). Der Antrag umfasste die endgültige und dauerhafte Betriebseinstellung des KWO, den Stilllegungsbetrieb und den Abbau von nicht mehr benötigten Anlagenteilen im Überwachungsbereich. Die Beigeladene machte sich mit Schreiben vom 15.01.2007 den Antrag ihrer Rechtsvorgängerin zu eigen. Die Überprüfung der Antragsunterlagen durch die Genehmigungsbehörde sowie durch den gemäß § 20 AtG zugezogenen Sachverständigen führte zu einer Fortschreibung der Unterlagen. Das Vorhaben wurde gemäß § 4 Abs. 1 AtVfV unter anderem im Bundesanzeiger vom 03.06.2006 öffentlich bekannt gemacht. Die erforderlichen Unterlagen wurden vom 14.06.2006 bis 14.08.2006 öffentlich ausgelegt; da innerhalb der Auslegungsfrist keine Einwendungen gegen das Vorhaben eingingen, fand kein Erörterungstermin statt. Im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das Gesamtvorhaben durchgeführt. Grundlage hierfür war die von der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen mit Schreiben vom 24.05.2006 vorgelegte Umweltverträglichkeitsuntersuchung zum Gesamtvorhaben, die zusammen mit dem Sicherheitsbericht, der Kurzbeschreibung, den Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau sowie den Angaben zu den radioaktiven Reststoffen und Abfällen öffentlich ausgelegt wurde. Die beteiligten Fachbehörden äußerten in ihren Stellungnahmen keine Einwände gegen das Vorhaben unter dem Gesichtspunkt der Umweltverträglichkeit; Einwendungen aus der Öffentlichkeit gingen nicht ein. Am 28.08.2008 erteilte das Umweltministerium Baden-Württemberg die 1. SAG. Ausweislich ihrer Begründung umfasste diese Genehmigung vor allem die endgültige und dauerhafte Betriebseinstellung des KWO, das Stilllegungsreglement, die zulässige Ableitung von radioaktiven Stoffen mit der Abluft und dem Abwasser sowie den Abbau von (allenfalls geringfügig kontaminierten) Anlagenteilen im Überwachungsbereich (1. Abbauschritt). Des Weiteren gestattete die Genehmigung bauliche Änderungen an den beiden Lagergebäuden (Bau 39 und Bau 52) sowie deren Nutzungsänderung zur Zwischenlagerung verpackter radioaktiver Abfälle. Genehmigt wurde ferner die Lagerung der bestrahlten KWO-Brennelemente im internen Brennelementlagerbecken des Reaktorgebäudes und im externen Lagerbecken des Notstandsgebäudes (Bau 37) sowie der Umgang mit Brennelement-/Brennstabbehältern und mit sonstigen radioaktiven Stoffen auf dem Anlagengelände. In der Genehmigung wird das Gesamtvorhaben Stilllegung und Abbau des KWO in den Blick genommen und beschrieben, das in drei Abbauschritten erfolgen sollte. In der Begründung der 1. SAG wird darauf hingewiesen, dass die Stilllegung und der Abbau des KWO auf der Basis von drei selbständigen atomrechtlichen Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen erfolgen solle; bei der 1. SAG handele es sich um eine selbständige Genehmigung und nicht um eine Teilgenehmigung im Sinne von § 18 AtVfV.
Mit einer bestandskräftig gewordenen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 gestattete der Beklagte den Einbau einer neuen Materialschleuse zum Reaktorgebäude.
Mit Schreiben vom 15.12.2008 (modifiziert mit Anschreiben vom 30.03.2010) beantragte die Beigeladene die Erteilung einer 2. SAG. Dem Antrag vom 15.12.2008 war eine von der Beigeladenen gefertigte Umwelterheblichkeitsprüfung vom 11.12.2008 beigefügt, die zu dem Ergebnis gelangte, dass die vorliegenden Antragsgegenstände keine Abweichungen gegenüber der bereits für das Gesamtvorhaben durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung beinhalteten, sodass auch der Antragsgegenstand zu keinen erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führe. Ferner ging der Antrag davon aus, dass eine weitere Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG nicht erforderlich sei, da die Antragsgegenstände nicht von den öffentlich bekannt gemachten Darstellungen abwichen. Die Genehmigungsbehörde führte im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG keine Öffentlichkeitsbeteiligung durch und hielt eine Umweltverträglichkeitsprüfung der beantragten Maßnahmen nicht für erforderlich. In einem Vermerk vom 26.01.2009 wird festgehalten, dass die Umweltauswirkungen des nunmehr genehmigten Abbauschritts durch die vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig erfasst und abgedeckt würden; aus dem Vorhaben 2. SAG resultierten keine Wirkungen, die zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führen könnten. Eine UVP-Pflicht ergebe sich deshalb aufgrund der allgemeinen Vorprüfung für das Vorhaben 2. SAG nicht. Von einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung werde in Ausübung des behördlichen Ermessens abgesehen, weil bei den beantragten Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen nachteilige Auswirkungen für Dritte und erhebliche Umweltauswirkungen nicht zu besorgen seien. Eine nochmalige Öffentlichkeitsbeteiligung lasse keinen weiteren Erkenntnisgewinn erwarten, sodass dem Gesichtspunkt der beschleunigten Durchführung der Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen im öffentlichen sowie im privaten Interesse des Genehmigungsinhabers der Vorzug zu geben sei. Die Antragsunterlagen wurden von dem TÜV Süd ET sowie der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit GmbH (hinsichtlich des Schutzes gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter) als behördlichen Sachverständigen gemäß § 20 AtG begutachtet. In seinem Gutachten vom März 2011 kommt der TÜV zu dem Ergebnis, dass bei Durchführung des Vorhabens entsprechend den vorgelegten Unterlagen die erforderliche Schadensvorsorge getroffen werde sowie durch die Arbeiten selbst und den danach erreichten Zustand keine unzulässigen Rückwirkungen auf die Umgebung zu besorgen seien.
Am 24.10.2011 erteilte der Beklagte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den streitgegenständlichen 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigungsbescheid. Nach ihrer Begründung beinhaltet die 2. SAG neben dem Abbau von Anlagenteilen im Kontrollbereich und von weiteren Anlagenteilen im Überwachungsbereich auch die Fortführung des mit der 1. SAG genehmigten Stilllegungsbetriebs nach einem geänderten Stilllegungsreglement (S. 32 der Genehmigung). Die 2. SAG gestattet unter anderem den Abbau von (stärker kontaminierten und aktivierten) Anlagenteilen im Reaktorgebäude (Bau 1). Vom Gestattungsumfang erfasst wird insbesondere der Abbau der Großkomponenten des Primärkreislaufs, namentlich der beiden Dampferzeuger, des Druckhalters, der beiden Hauptkühlmittelpumpen sowie der Hauptkühlmittelleitungen mit Anschlussleitungen und Armaturen; erfasst ist auch der Abbau des Deckels des Reaktordruckbehälters, von Reaktorhaupt- und Hilfssystemen sowie von Einrichtungen des internen Brennelementlagerbeckens mit Kühlsystemen, Lagergestellen und Manipulierbrücke. Ferner wird der Abbau von Anlagenteilen im Reaktorhilfsanlagengebäude (Bau 2), im Lager für radioaktive Abfälle (Bau 3) sowie im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60) genehmigt. Der vom Genehmigungsumfang umfasste Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude (Bau 37) betrifft vor allem Einrichtungen des externen Brennelementlagerbeckens wie Kühlsysteme, Beckenreinigungssysteme, Lagergestelle und Manipulierbrücke sowie den Abbau von Notstandssystemen wie Zwischenkühlwassersystem und Nebenkühlwassersystem. Der Abbau dieser Anlagenteile im Notstandsgebäude wird erst nach dem Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage KWO gestattet. Ferner erstreckt sich die 2. SAG nach ihrer Begründung auch auf den Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen und mit Kernbrennstoffen. Abweichend von der ursprünglichen Konzeption umfasst die 2. SAG nicht mehr den Abbau des Reaktordruckbehälterunterteils, der Reaktorbehältereinbauten und des biologischen Schilds; diese Abbaumaßnahmen wurden in einen nachfolgenden zusätzlichen Genehmigungsschritt verschoben.
Wie sich den der Genehmigung zugrunde liegenden Erläuterungsberichten und dem Sicherheitsbericht entnehmen lässt, sollen die beiden Dampferzeuger mit einer Masse von jeweils ca. 158 t als Ganzes abgebaut und unzerlegt aus dem Reaktorgebäude durch die neu errichtete Materialschleuse ausgeschleust werden. Der Transportvorgang soll mit dem vorhandenen Reaktorgebäudekran in Verbindung mit einer neuen Litzenheberkonstruktion erfolgen, die auf der Gebäudekranbrücke verschiebbar durch Teflon-Gleitschuhe gelagert wird. Die übrigen Großkomponenten des Primärkreislaufs, vor allem der Druckhalter, die Hauptkühlmittelpumpen sowie die Hauptkühlmittelleitungen sollen in mehrere Teile zerlegt und anschließend mit dem Reaktorgebäudekran aus dem Gebäude ausgeschleust werden. Die Komponententeile sollen anschließend zu externen Dienstleistern zur weiteren Bearbeitung verbracht oder auf dem Anlagengelände weiterbehandelt werden.
Zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG befanden sich im Lagerbecken des Reaktorgebäudes keine Brennelemente mehr. Die 342 bestrahlten Brennelemente wurden noch während der Nachbetriebsphase bis Ende März 2007 aus dem internen in das externe Brennelementlagerbecken im Notstandsgebäude (Bau 37) umgelagert. Eine Rückverbringung in das Reaktorgebäude ist nach den Planungen der Beigeladenen nicht vorgesehen. Vielmehr sollen sämtliche Brennelemente aus dem Nasslager direkt in ein noch zu errichtendes Standort-Trockenlager oder in das bestehende Brennelement-Zwischenlager am Standort Neckarwestheim verbracht werden. Die Genehmigung zur Errichtung des Standortzwischenlagers ist noch nicht erteilt; das Genehmigungsverfahren wurde im Hinblick auf die noch ausstehende abschließende Entscheidung zur Wahl des Standortes für das Zwischenlager zum Ruhen gebracht. Nach den Ermittlungen der Beigeladenen betrug das radioaktive Gesamtaktivitätsinventar der Anlage KWO zum Bezugszeitpunkt 01.01.2010 maximal 5 x 1018 Bq. Ca. 99% der Gesamtaktivität befindet sich in den bestrahlten 342 Brennelementen. Von den restlichen 1% (ca. 3 x 1016 Bq.) befinden sich ca. 30% in den abzubauenden aktivierten Anlagenteilen und Gebäudestrukturen; die Aktivität ist in dem Material des Reaktordruckbehälters und seinen Einbauten sowie im biologischen Schild fest eingebunden. Ca. 70% (der Restaktivität) ist in den aktivierten Kernbauteilen (Dummyelemente, Steuerelemente, Drosselkörper, Primärquellenfinger etc.) enthalten, die zum großen Teil behandelt und in Gussbehältern verpackt sind. Weniger als 1% liegt als Kontamination vor und befindet sich überwiegend auf den inneren Oberflächen von wenigen noch in Betrieb befindlichen Systemen oder abzubauenden Anlagenteilen im Kontrollbereich.
Die Beigeladene hat inzwischen in Ausnutzung der 2. SAG die Großkomponenten des Primärkreislaufs in den Anlagenräumen des Reaktorgebäudes komplett abgebaut und zu einem externen Dienstleister zur Reststoffbearbeitung verbringen lassen. Nach der Weiterbearbeitung sollen die radioaktiven Reststoffe, die nicht der Freigabe unterfallen, an das KWO zurückgeliefert und zwischengelagert werden. Insgesamt sind von dem mit der 2. SAG genehmigten Abbauumfang zum Stichtag 31.07.2014 im Reaktorgebäude ca. 90% erledigt; von den im Ringraum des Reaktorgebäudes, im Reaktorhilfsanlagengebäude (Bau 2/26) sowie im Lager für radioaktive Abfälle (Bau 3) gestatteten Arbeiten sind zwischen 30 und 45% ausgeführt. Der mit der 2. SAG genehmigte Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude (Bau 37) sowie im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60) des Kontrollbereichs hat indes noch nicht begonnen. Am 30.04.2013 hat der Beklagte der Beigeladenen eine weitere Genehmigung zum Abbau von Anlagenteilen erteilt. Diese dritte Stilllegungs- und Abbaugenehmigung (3. SAG) gestattet den Abbau des Reaktordruckbehälterunterteils, der Reaktordruckbehältereinbauten und einzelner baulicher Anlagenteile im Reaktorgebäude wie des biologischen Schilds und des internen Brennelementlagerbeckens im Reaktorraum. Die für eine Entlassung des Standortes aus dem atomrechtlichen Überwachungsregime notwendig abzubauenden restlichen Anlagenteile sollen mit einer 4. SAG genehmigt werden.
10 
Am 27.12.2011 haben die Kläger Klage gegen die 2. SAG erhoben und nachfolgend einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt. Der Senat hat den Eilantrag mit Beschluss vom 25.09.2012 (10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506) abgelehnt. Zur Begründung ihrer Klage machen die Kläger unter Verweis auf eine von ihnen eingeholte fachliche Stellungnahme der I. GmbH vom 11.06.2012 im Wesentlichen geltend, die Beigeladene habe in ihrem Antragsschreiben vom 15.12.2008 ihren eindeutigen Willen zum Ausdruck gebracht, ein umfassend neues und vollständig eigenständiges Genehmigungsverfahren in Gang zu setzen, mit dem die Stilllegung und der Abbau des KWO auf eine neue Genehmigungsgrundlage gestellt werden sollte. Bereits aus ihrem Antragsschreiben lasse sich eindeutig die Absicht entnehmen, auch das externe Brennelementlagerbecken im Gebäude 37 in den Gestattungsumfang der 2. SAG einzubeziehen. Dieser Wille der Beigeladenen werde auch in zahlreichen dem Genehmigungsantrag beigefügten Erläuterungsberichten, namentlich in den Erläuterungsberichten Nrn. 1, 13 und 15 sowie der Störfallbetrachtung des Gutachtensbüros ... vom 31.03.2010 deutlich. In Übereinstimmung hiermit seien sowohl der amtlich bestellte Gutachter als auch das Umweltministerium als Genehmigungsbehörde davon ausgegangen, dass mit der 2. SAG der Betrieb des externen Brennelementlagerbeckens neu geregelt werden solle. Ausgehend von diesem Gestattungsumfang sei die erforderliche Schadensvorsorge zu Lasten der Kläger nicht gewährleistet. Ihre Klagebefugnis ergebe sich daraus, dass bei zahlreichen von ihnen geltend gemachten Szenarien (gezielter Flugzeugabsturz, Gebäudebrand etc.) mit der vieltausendfachen Überschreitung von Strahlenschutzrichtwerten in der Nachbarschaft der Kläger zu rechnen sei.
11 
Die 2. SAG sei bereits deshalb rechtswidrig, weil die zwingend erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei. Gemäß § 3b Abs. 1 UVPG und den einschlägigen Vorschriften in der Anlage 1 dieses Gesetzes bestehe die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für jedes beantragte Vorhaben, hier also für jeden einzelnen Genehmigungsschritt und damit auch für die mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen. Nach dem Willen der Beigeladenen sei mit der 2. SAG ein vollständig neues Genehmigungsverfahren eingeleitet und die 1. SAG insgesamt ersetzt worden. Daher habe sich die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bei Erteilung der 2. SAG eigenständig und völlig neu gestellt. Der untergesetzlichen Vorschrift des § 19 Abs. 1 AtVfV lasse sich nichts Gegenteiliges entnehmen, da dadurch das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz als höherrangiges Gesetz nicht geändert werden könne. Nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 03.03.2011 - Rs. C-50/09) habe die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht lediglich prozeduralen, sondern einen materiell-rechtlichen Gehalt. Hieraus folge, dass eine fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung nicht nur ein nachträglich zu heilender wenig erheblicher Formfehler sei, sondern dass die Umweltverträglichkeitsprüfung vor der Gestattung des Vorhabens vollständig und umfassend durchgeführt werden müsse. Damit stehe fest, dass ein Nachholen der Umweltverträglichkeitsprüfung im Gerichtsverfahren nicht mehr möglich sei und deren Unterlassen zur Rechtswidrigkeit der darauf aufbauenden Genehmigung führe. In fehlerhafter Weise habe die Genehmigungsbehörde vor Erteilung der 2. SAG keine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung, sondern lediglich eine Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchgeführt. Die Genehmigungsbehörde habe dabei übersehen, dass die 2. SAG nach ihren eigenen Feststellungen im Genehmigungsbescheid gegenüber der 1. SAG eigenständig sei und deshalb auch eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig gemacht habe. Im Übrigen weiche der Planungsstand im Antrag zur 2. SAG erheblich von dem im Antrag zur 1. SAG dargestellten ab. Diese erhebliche Modifikation des Vorgehens zeige sich etwa daran, dass nach Erteilung der 1. SAG eine Materialschleuse eingebaut worden sei, die Beigeladene den Abbau der Reaktoreinbauten und des Reaktordruckbehälterunterteils aus dem Gestattungsumfang der 2. SAG ausgenommen und der Beklagte nachträglich die zeitlich unbefristete weitere Zwischenlagerung der Brennelemente im Notstandsgebäude gestattet habe. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10) könnten die Kläger als nur mittelbar Betroffene das Unterbleiben der Umweltverträglichkeitsprüfung rügen, ohne dass es darauf ankomme, ob sich der Fehler auf ihre Rechtsposition ausgewirkt haben könne.
12 
Ein wichtiger Grund für die Erhebung der Klage sei das Unterbleiben der notwendigen Öffentlichkeitsbeteiligung gewesen. Die Verpflichtung des Beklagten zur Durchführung einer Öffentlichkeitsbeteiligung ergebe sich aus der Notwendigkeit einer vollwertigen Umweltverträglichkeitsprüfung. Selbst wenn entgegen der Auffassung der Kläger ein Fall der obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung mangels UVP-Pflicht der Maßnahme nicht bestehe, sei der Beklagte zur Durchführung einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung verpflichtet gewesen. Denn gemäß § 4 Abs. 4 AtVfV könne die Genehmigungsbehörde im Falle eines Stilllegungsantrags nur unter bestimmten - hier nicht vorliegenden - Voraussetzungen von der fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung absehen. Ein derartiges Vorgehen sei hier nicht zulässig, da die 2. SAG umfassende zusätzliche Belastungen für die Kläger gestatte. Von besonderer Bedeutung sei in diesem Zusammenhang, dass sich in der Anlage nach wie vor 342 abgebrannte Brennelemente befänden und nicht die erforderliche Schadensvorsorge etwa gegen den Absturz eines Großraumflugzeugs getroffen werde. Selbst wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 2 AtVfV für einen Verzicht auf die Öffentlichkeitsbeteiligung entgegen der Auffassung der Kläger vorlägen, sei ein Verzicht hierauf ermessensfehlerhaft. Der Öffentlichkeit seien im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG nicht die erforderlichen Unterlagen vorgelegt worden, um die Auswirkungen des insgesamt gestatteten Vorhabens sachgerecht beurteilen zu können. So hätten die im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen sich nicht mit der Problematik des Absturzes eines Großraumflugzeuges auseinandergesetzt, was nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwingend erforderlich sei. Auch blieben die im Verfahren zur 1. SAG öffentlich ausgelegten Störfallbetrachtungen deutlich hinter den nach der 2. SAG zu besorgenden Störfallszenarien zurück. Dies folge bereits daraus, dass die im Rahmen der 2. SAG abzubauenden Anlagenteile und Komponenten ein um den Faktor 100.000 größeres Radioaktivitätsinventar im Verhältnis zu den mit der 1. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen aufwiesen. Ferner seien in dem vor Erteilung der 1. SAG ausgelegten Sicherheitsbericht weitere wesentliche Angaben, etwa zu Direktstrahlungen am Anlagenzaun und der Umgebungsüberwachung, nicht enthalten gewesen. Insgesamt sei festzustellen, dass für die Bevölkerung in der Umgebung des KWO und damit auch für die Kläger die Prüfung ihrer persönlichen Betroffenheit im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zur 1. SAG nur eingeschränkt möglich gewesen sei. Für die Nachbarn des KWO gebe es eine Vielzahl relevanter Aspekte, die im Rahmen einer Öffentlichkeitsbeteiligung zur 2. SAG zu erörtern seien.
13 
Die 2. SAG erweise sich auch aus materiellen Gründen als rechtswidrig. So sei die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche radiologische Charakterisierung der Anlage vor Beginn der Gesamtplanung des Abbaus nicht erfolgt. Die Kläger könnten indes von einer fehlerhaften Abbauplanung auf der Grundlage einer nicht ausreichenden radiologischen Charakterisierung negativ betroffen werden. Entgegen der ursprünglichen Planung befänden sich aktuell zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG noch 342 abgebrannte Brennelemente aus dem Leistungsbetrieb auf der Anlage. Nach dem Verständnis der Kläger gehöre der Betrieb des Brennelementlagerbeckens in Bau 37 zu dem von der 2. SAG gestatteten Stilllegungsbetrieb. Aus klägerischer Sicht sei kritisch zu hinterfragen, dass für den Weiterbetrieb des Brennelementlagers notwendige Anlagenteile im Rahmen der 2. SAG abgebaut werden sollen. Der Abbau dieser Anlagenteile sei sicherheitstechnisch problematisch, solange sich noch Brennelemente im externen Lagerbecken befänden. Ferner sei der für die Auslagerung erforderliche Transportbehälter für diesen Verwendungszweck nicht zugelassen.
14 
Der Beklagte habe in seiner Störfallbetrachtung vor Erteilung der 2. SAG wesentliche Szenarien nicht berücksichtigt. Dies gelte für den Absturz verschiedener Lasten bei Stilllegung und Abbau der Anlage, für die Erdbebensicherheit sowie den Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs. Vor allem stelle die 2. SAG den gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG erforderlichen Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter nicht in dem von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geforderten Umfang sicher. Zu Unrecht habe die Genehmigungsbehörde den gezielten Absturz eines Großraumflugzeugs für so unwahrscheinlich gehalten, dass weitere Ermittlungen nicht erforderlich gewesen seien. Der Absturz eines großen Verkehrsflugzeuges müsse im Rahmen des atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens betrachtet und gegen dessen Folgen hinreichende Vorkehrungen getroffen werden. Die Genehmigungsbehörde hätte dabei vor allem die weitere Brennelementlagerung im Notstandsgebäude in den Blick nehmen müssen. Bereits überschlägige Berechnungen zeigten, dass im Falle des Absturzes eines Großraumflugzeuges auf das Notstandsgebäude sowohl der Störfallplanungswert als auch der Eingreifrichtwert für den Katastrophenschutz deutlich überschritten würden. Selbst im Falle des Absturzes eines Großraumflugzeuges auf die Restanlage ohne Berücksichtigung des Notstandsgebäudes sei die Strahlenbelastung in der Umgebung sehr hoch. Da der Beklagte für den Fall des Absturzes eines großen Verkehrsflugzeuges nicht die nötige Schadensvorsorge getroffen habe, sei die angegriffene Genehmigung auch unter diesem Gesichtspunkt rechtswidrig. Ferner habe der Beklagte die erforderliche Freigaberegelung für Stoffe mit geringem Radioaktivitätsinventar gemäß § 29 StrlSchV nicht in die Genehmigung aufgenommen. Damit seien die zu treffenden Regelungen den Klägern als potentiell Betroffenen nicht zur Prüfung zugänglich; in der Stilllegungsphase könnten radioaktive Stoffe in großen Mengen in die Umgebung freigegeben werden.
15 
Die Kläger beantragen,
16 
die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vom 24.11.2011 für das Kernkraftwerk Obrigheim aufzuheben.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, die Klage sei bereits unzulässig. Den Klägern fehle sowohl die erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO als auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Die von den Klägern vorgebrachten Individualrechte bezögen sich auf den Regelungsgegenstand der 1. SAG oder der Betriebsgenehmigung des externen Brennelementlagerbeckens, nicht aber auf die mit der 2. SAG gestatteten Maßnahmen. Selbst wenn die 2. SAG wegfiele, bliebe es bei den Regelungen der bestandskräftigen 1. SAG, die das grundlegende Stilllegungskonzept sowie die Lagerung der abgebrannten Brennelemente im Nasslager während der Stilllegungsphase abschließend legalisiere. Dieser Verwaltungsakt entfalte Feststellungswirkung dahingehend, dass das Stilllegungskonzept der 1. SAG von der Beigeladenen verfolgt werden dürfe. Die Klage habe auch in der Sache keinen Erfolg. Auch in diesem Zusammenhang verkennten die Kläger den Regelungsgehalt der 2. SAG und machten Störfallszenarien geltend, die allein aus dem Betrieb des Nasslagers resultierten. Der Regelungsgegenstand der 2. SAG sei in Abgrenzung zu den bestehenden, für den Stilllegungs- und Abbauprozess relevanten Vorgenehmigungen zu bestimmen. Hiernach sei Regelungsgegenstand der 2. SAG weder der Betrieb und die Errichtung des Notstandsgebäudes mit dem externen Nasslager noch der Stilllegungsbetrieb insgesamt, der eine Lagerung der Brennelemente im Notstandsgebäude umfasse. Ausgehend von diesem Regelungsverständnis sei vor Erteilung der 2. SAG weder eine Öffentlichkeitsbeteiligung noch eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich gewesen. Bei dem durch die 2. SAG legalisierten Regelungsumfang habe es sich entgegen der Auffassung der Kläger nicht um „insgesamt geplante Maßnahmen“ gehandelt. Anders als die 1. SAG legalisiere die 2. SAG nicht das Grobkonzept der Stilllegung, sondern entfalte nur einen sehr beschränkten Regelungsgehalt, so dass es sich um „einzelne Maßnahmen“ handle. Das Vorhaben sei deshalb gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 11 der Anlage 1 hierzu nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen gewesen. Die durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles habe prognosefehlerfrei ergeben, dass durch die einzelnen Maßnahmen, die durch die 2. SAG gestattet werden, nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu besorgen seien.
20 
In rechtsfehlerfreier Weise habe der Beklagte von der Durchführung einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung abgesehen. Die Voraussetzungen hierfür lägen entgegen der Auffassung der Kläger gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 AtVfV vor. Im Sicherheitsbericht zur 2. SAG seien keine zusätzlichen oder anderen Umstände dargelegt, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen ließen. Der Beklagte habe das ihm eröffnete Ermessen fehlerfrei dahingehend ausgeübt, von einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung abzusehen. Er habe sich dabei nachvollziehbar von der Erwägung leiten lassen, dass ein öffentliches Interesse am schnellen Abbau der Anlage bestehe und durch eine zusätzliche Öffentlichkeitsbeteiligung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten gewesen seien. Bei der nachträglichen Überprüfung des Ermessens stehe dem Gericht gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur ein eingeschränkter Prüfungsumfang zur Verfügung. In rechtsirriger Weise gingen die Kläger davon aus, aufgrund einer angeblichen Fehlerhaftigkeit der 1. SAG müsse vor Erteilung der 2. SAG eine neue Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden. Diese Argumentation der Kläger gehe bereits deshalb fehl, weil deren Einwendungen aufgrund der Bestandskraft der 1. SAG nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Nach der Grundkonzeption des § 19b AtVfV gebiete auch der zunehmende Detaillierungsgrad der Sicherheitsberichte und sonstigen Unterlagen im Verlaufe des Verfahrens keine zusätzliche Öffentlichkeitsbeteiligung.
21 
Die 2. SAG sei auch materiell rechtmäßig, weil die gemäß § 7 Abs. 3 AtG sinngemäß anwendbaren Erteilungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 AtG vorlägen. Die sinngemäße Anwendung des § 7 Abs. 2 AtG dürfe nicht dazu führen, dass das darin niedergelegte hohe Schutzniveau des heutigen Standes von Wissenschaft und Technik unmittelbar in gleichem Maße auf die stillzulegenden Anlagen und deren Abbau übertragen werde. Vielmehr sei Gegenstand des Rückbaus die Anlage in dem Zustand, der aufgrund der bestandskräftigen Genehmigungen hergestellt worden sei. Die 2. SAG verletze nicht das Recht der Kläger auf Schadensvorsorge nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG. Die Kläger verkennten, dass der Stilllegungsbetrieb und die damit möglicherweise einhergehenden Wechselwirkungen abschließend im Rahmen der 1. SAG legalisiert worden seien; unabhängig hiervon habe die RSK in ihrer Stellungnahme vom 11./12.12.2007 überzeugend dargelegt, dass die mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen rückwirkungsfrei in Bezug auf die Nasslagerung der Brennelemente erfolgen könnten. Die Einwände der Kläger gegen die Störfallbetrachtung richteten sich im Wesentlichen gegen Maßnahmen, die bereits mit der 1. SAG legalisiert worden seien. Deshalb sei vor Erteilung der 2. SAG weder der Absturz verschiedener Lasten noch die Auslegung der Anlage gegen Erdbeben einer Störfallbetrachtung zu unterziehen gewesen. Auch der von den Klägern im Rahmen von § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG vorgetragene Einwand, die Anlage sei nicht gegen den zufälligen oder absichtlichen Absturz großer Verkehrsflugzeuge ausgelegt, gehe fehl. Die von den Klägern herangezogene Rechtsprechung beziehe sich lediglich auf die Errichtung von kerntechnischen Anlagen, nicht jedoch auf deren Stilllegung und Abbau. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung könnten Einwände gegen die risikokonforme Errichtung einer Anlage nicht mehr gegen die nachträgliche Betriebsgenehmigung geltend gemacht werden. Dies gelte erst recht für die Genehmigung zur Stilllegung und zum Abbau einer kerntechnischen Anlage, an die nicht dieselben Sicherheitsanforderungen zu stellen seien wie an Errichtungs- und Betriebsgenehmigungen. Dies folge bereits daraus, dass durch den Abbau der kerntechnischen Anlage das hiervon ausgehende Risiko soweit wie möglich beseitigt werden solle.
22 
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
23 
die Klage abzuweisen.
24 
Zur Begründung stellt sie im Wesentlichen ähnliche Erwägungen wie der Beklagte an. Die Klage sei wegen fehlender Klagebefugnis und des erforderlichen allgemeinen Rechtsschutzinteresses bereits unzulässig, daneben auch unbegründet. Die 2. SAG sei sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht rechtmäßig. Entgegen der Auffassung der Kläger sei vor Erteilung der 2. SAG keine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen. Nach Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG seien lediglich „die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen“ umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig. § 19b AtVfV enthalte die verfahrensrechtlichen Regelungen für die Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG. Danach seien die insgesamt geplanten Maßnahmen im erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG darzustellen. Anknüpfend hieran bestimme § 19b Abs. 3 AtVfV, dass sich die Umweltverträglichkeitsprüfung auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau erstrecke. Nur diese insgesamt geplanten Maßnahmen seien umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig; die einzelnen Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau gälten dagegen als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG. Das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz stelle damit klar, dass die einzelnen Maßnahmen nur dann prüfungspflichtig seien, wenn die gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführende Vorprüfung des Einzelfalles ergebe, dass die einzelnen Maßnahmen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könnten, die nicht bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Maßnahme insgesamt beurteilt worden seien.
25 
Gemessen hieran sei eine weitere Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der 2. SAG nicht erforderlich gewesen. Im Rahmen der Erteilung der 1. SAG sei eine ordnungsgemäße Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden, die das Gesamtvorhaben in den Blick genommen und zutreffend bewertet habe. Die Kläger seien mit Einwendungen gegen die im Rahmen der 1. SAG durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ausgeschlossen, nachdem diese Genehmigung in Bestandskraft erwachsen sei. Vor Erteilung der 2. SAG habe der Beklagte eine fehlerfreie Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchgeführt. Gemäß § 3a Satz 4 UVPG sei der gerichtliche Prüfungsumfang eingeschränkt; das Verwaltungsgericht habe lediglich nachzuprüfen, ob das Ergebnis der Vorprüfung nachvollziehbar sei und keine schweren entscheidungserheblichen Ermittlungsfehler aufweise. Der Beklagte habe auf Grundlage der Bewertung der von der Beigeladenen durchgeführten Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1, 3 UVPG vom 11.12.2008 ohne Verkennung seines Beurteilungsspielraums von der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen. Entgegen der Auffassung der Kläger enthalte die 2. SAG keine Änderungen gegenüber der Umweltverträglichkeitsprüfung zur 1. SAG, die eine zumindest teilweise neue Untersuchung erforderlich machen würden. Der mit der 2. SAG genehmigte Abbau halte sich im Rahmen der im Antrag zur 1. SAG dargestellten „insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen“ im Sinne von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG. Der Einbau der Materialschleuse stelle keine wesentliche Änderung dar; dem stehe bereits entgegen, dass die Materialschleuse nicht durch die 2. SAG, sondern durch eine Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 legalisiert worden sei. Auch die Durchführung des Vorhabens in vier anstatt wie ursprünglich geplant drei Genehmigungsschritten stelle keine wesentliche Änderung dar. Entscheidend für die Umweltauswirkungen seien nicht die geplanten Genehmigungsschritte, sondern die - hier unverändert gebliebenen - technischen Abbauschritte. Unzutreffend sei auch die Annahme der Kläger, die weitere Zwischenlagerung der Brennelemente werde durch die 2. SAG gestattet.
26 
In rechtmäßiger Weise habe die Genehmigungsbehörde vor Erteilung der 2. SAG von einer Öffentlichkeitsbeteiligung abgesehen. Mit dem Antrag auf Erteilung der 1. SAG habe die Beigeladene entsprechend § 19b Abs. 1 AtVfV Angaben zu den insgesamt geplanten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen gemacht. Diese im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen hätten der interessierten Öffentlichkeit eine hinreichende Prüfung der Umweltauswirkungen der Gesamtanlage ermöglicht. Der Beklagte habe unter rechtmäßiger Ausübung seines Ermessens von einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung abgesehen. Er habe sich dabei zutreffend von der Erwägung leiten lassen, dass eine neue Öffentlichkeitsbeteiligung keinen wesentlichen Erkenntnisgewinn verspreche. Diese Beurteilung sei nicht zu beanstanden, da die 2. SAG den Stilllegungsbetrieb nicht insgesamt neu legalisiere und vor allem nicht den Betrieb des externen Brennelementlagerbeckens im Notstandsgebäude neu regele. Die von den Klägern in den Blick genommenen Störfallszenarien stellten sich vor Erteilung der 2. SAG nicht und könnten deshalb auch nicht als wesentliche, eine neue Öffentlichkeitsbeteiligung gebietende Änderung angesehen werden. Auch der vor Erteilung der 1. SAG ausgelegte Sicherheitsbericht habe bereits darauf hingewiesen, dass sich zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG noch bestrahlte Brennelemente im externen Lagerbecken befinden könnten. Die Kläger hätten deshalb nicht die Erwartung hegen können, die Anlage sei zum Zeitpunkt der Durchführung der von der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen kernbrennstofffrei.
27 
Die 2. SAG sei auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Genehmigungsbehörde habe alle erforderlichen Störfallszenarien betrachtet und sei dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass die erforderliche Schadensvorsorge im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG getroffen werde. Die Kritik der Kläger verkenne, dass die Zwischenlagerung von radioaktiven Reststoffen in den Lagergebäuden Bau 39 und Bau 52 mit der bestandskräftigen 1. SAG genehmigt worden sei und deshalb nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sein könne. Aus diesem Grund seien auch weitere Betrachtungen hinsichtlich der Erdbebensicherheit der Anlage nicht mehr anzustellen. Ähnliches gelte hinsichtlich des Schutzes vor Störungen und Einwirkungen Dritter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG. Der Vortrag der Kläger hinsichtlich eines Flugzeugabsturzes auf die Anlage sei nicht entscheidungserheblich. Denn die 2. SAG gestatte weder die Errichtung noch den Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude. Die Stilllegungs- und Abbaugenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beziehe sich auf das Kernkraftwerk, wie es tatsächlich vorhanden sei. Ob dieses Kernkraftwerk heute die Voraussetzungen für eine Errichtungsgenehmigung erfülle, z.B. im Hinblick auf den gezielten Flugzeugabsturz, sei für die Rechtmäßigkeit der Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ohne Bedeutung. Unabhängig hiervon habe die Genehmigungsbehörde vor Erteilung der 1. SAG das Szenario eines zufälligen oder gezielten Flugzeugsabsturzes betrachtet und näher dargelegt, dass die erforderliche Vorsorge getroffen werde.
28 
Dem Senat liegen die Genehmigungsakten des Umweltministeriums vor. Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf diese sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
29 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 28.10.2014 die Sachverständigen Dipl.-Phys. N. und Dipl.-Phys. H. angehört, die dabei Ausführungen insbesondere zur radiologischen Charakterisierung der Anlage gemacht haben. Wegen der dabei getätigten Angaben wir auf die gefertigte Anlage zur Niederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die beim sachlich zuständigen Verwaltungsgerichtshof (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) erhobene Klage ist zulässig (dazu unter 1.), sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (dazu unter 2.). Die der Beigeladenen vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg erteilte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen zulässig. Die Kläger sind klagegefugt (dazu unter 1.1), auch steht ihnen das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis zu (dazu unter 1.2). Indes ist die von den Klägern zur Unterstützung ihres Vorbringens vorgelegte fachliche Begründung des Gutachtensbüros I. GmbH vom 11.06.2012 nur eingeschränkt berücksichtigungsfähig (dazu unter 1.3).
32 
1.1 Die Kläger sind klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Eine Verletzung von Rechten der Kläger kann nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteile vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669; sowie vom 22.02.1994 - 1 C 24.92 - BVerwGE 95, 133). Zwar begründet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats die bloße Behauptung, es könne ein Störfall eintreten, der zu der Freisetzung von erheblichen Mengen radioaktiver Stoffe führen könne, noch nicht die Klagebefugnis (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - BVerwGE 88, 286; Senatsurteil vom 07.03.1995 - 10 C 2822/92 - ZUR 1996, 33 - jeweils m.w.N.). Die Kläger machen jedoch noch hinreichend substantiiert geltend, dass bei Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen Störfälle eintreten können, die zur Freisetzung von Radioaktivitätskonzentrationen führen, die erheblich über dem maßgeblichen Störfallplanungswert liegen würden, und es deshalb zu einem Schaden an ihren schützenswerten Rechtsgütern kommen kann. Auch lässt sich ihrem Vorbringen noch hinreichend entnehmen, dass das zu einem solchen Schaden führende Risiko so hinreichend wahrscheinlich ist, dass hiergegen Vorsorge nach § 7 Abs. 2 Nrn. 3 bzw. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG getroffen werden muss und dass diese Vorsorge als Voraussetzung der angefochtenen Genehmigung ihrer Ansicht nach nicht getroffen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.01.1985 - 7 C 74.82 - BVerwGE 70, 365).
33 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Kläger überwiegend Störfallszenarien im Zusammenhang mit der Lagerung der Brennelemente im Notstandsgebäude (Bau 37) anführen und hieraus ihre Schlussfolgerung ziehen, die erforderliche Schadensvorsorge sei nicht getroffen. Zum einen kann nicht mit dem für die Verneinung der Klagebefugnis erforderlichen Offensichtlichkeitsmaßstab ausgeschlossen werden, dass die Lagerung der Brennelemente im Nasslager - wie von den Klägern umfangreich geltend gemacht - von der 2. SAG gedeckt ist; der Frage nach dem Gestattungsumfang der 2. SAG ist deshalb im Rahmen der Begründetheitsprüfung nachzugehen. Zum andern machen die Kläger noch hinreichend substantiiert geltend, dass zumindest im Falle des Absturzes eines Großraumflugzeuges auf die Anlage selbst ohne Berücksichtigung des Notstandsgebäudes die Strahlenbelastung in ihrer Wohnumgebung sehr hoch sein wird und ein Überschreiten des maßgeblichen Störfallplanungswertes bzw. Eingreifrichtwertes dabei nicht auszuschließen ist. Ob die Klagebefugnis auch aus der fehlerhaften Nichtdurchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die mit der 2. SAG gestatteten Maßnahmen folgt, kann offen bleiben. Mit der oben dargestellten Bejahung der Klagebefugnis wegen möglicherweise nicht hinreichender Schadensvorsorge ist die Klage insgesamt zulässig. Die Bestimmung des § 42 Abs. 2 VwGO lässt es nicht zu, die Klage nach unterschiedlichen Klagegründen aufzuspalten mit der Folge, einzelne Klagegründe im Wege einer Art Vorprüfung endgültig auszuscheiden und die sachliche Nachprüfung des klägerischen Vorbringens auf die verbleibenden Klagegründe zu beschränken (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.05.1998 - 11 C 3.97 - Buchholz 402.25 § 41 BImSchG Nr. 18).
34 
1.2 Schließlich kann den Klägern auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage gegen die 2. SAG nicht abgesprochen werden. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann; die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 -BVerwGE 121, 1; Senatsurteil vom 14.02.2012 - 10 S 1115/10 - RdL 2012, 153). Bei Anwendung dieses Maßstabs steht dem allgemeinen Rechtsschutzinteresse entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen nicht entgegen, dass selbst bei Aufhebung der streitgegenständlichen Genehmigung die in Bestandskraft erwachsene 1. SAG fortbestehen würde, die das Stilllegungsreglement legalisierte. In diesem Zusammenhang bedarf die von dem Beklagten aufgeworfene Frage, ob und in welchem Umfang durch die Erteilung der 1. SAG das dabei geprüfte Konzept der Stilllegung in Bestandskraft erwachsen ist, keiner Klärung. Denn jedenfalls werden mit der 2. SAG zusätzliche Abbaumaßnahmen gestattet, gegen deren Gefahrenpotential sich die Kläger wenden. Die Aufhebung der gegenständlichen Genehmigung ist für die Kläger deshalb nicht unter jedem Gesichtspunkt nutzlos, zumal bei einem eventuell notwendig werdenden Neuerlass der Genehmigung zusätzliche Schutzmaßnahmen verfügt werden könnten.
35 
Das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis besteht auch noch bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fort, obwohl die Beigeladene inzwischen einen erheblichen Teil der mit der 2. SAG legalisierten Abbaumaßnahmen durchgeführt und dabei insbesondere die Großkomponenten des Primärkreislaufs in den Anlagenräumen des Reaktorgebäudes komplett beseitigt und zu einem externen Dienstleister verbracht hat. Zwar leiten die Kläger die von ihnen geltend gemachten Defizite der Schadensvorsorge unter anderem aus Störfallszenarien her, die im Zusammenhang mit dem Abbau der Großkomponenten des Primärkreislaufs stehen. Daneben machen die Kläger Defizite der Schadensvorsorge auch im Zusammenhang mit dem Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude (Bau 37) geltend, etwa indem sie auf das Problem der Rückwirkungsfreiheit von Abbaumaßnahmen auf die weitere Lagerung der Brennelemente in diesem Gebäude hinweisen. Indes hat der mit der 2. SAG genehmigte Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude noch nicht begonnen, sodass das von den Klägern geltend gemachte Besorgnispotential weiter besteht. Gerade das von den Klägern zu Recht thematisierte Problem der Rückwirkungsfreiheit zeigt, dass das Rechtsschutzbedürfnis auch nicht bezüglich eines Teils der bereits durchgeführten Abbaumaßnahmen verneint werden kann.
36 
1.3 Die Kläger haben zur Unterstützung ihres Klagevorbringens vollinhaltlich auf eine „fachliche Begründung zur Klage gegen die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für das AKW Obrigheim“ des Gutachtensbüros I. GmbH vom 11.06.2012 verwiesen. Derartige Stellungnahmen und Ausarbeitungen können grundsätzlich nicht als Klagebegründung berücksichtigt werden. Dies folgt aus § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Für die dem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger aufgegebene eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs ist die Bezugnahme auf Ausführungen eines Dritten nicht ausreichend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.12.2012 - 8 B 58.12 - NVwZ-RR 2013, 341; sowie Urteil vom 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1). Das Gebot, sich vor dem Verwaltungsgerichtshof durch einen Rechtsanwalt oder eine sonstige postulationsfähige Person vertreten zu lassen, soll die Sachlichkeit des Verfahrens und die sachkundige Erörterung des Streitfalles, insbesondere der entscheidungserheblichen Rechtsfragen, gewährleisten. Das erfordert, dass der anwaltliche Prozessbevollmächtigte in erkennbarer Weise die Verantwortung für den Sachvortrag übernimmt. Daher stellt es keine formgerechte Klagebegründung dar, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt sich Ausführungen der von ihm vertretenen Partei oder eines Dritten lediglich zu eigen macht, ohne dass erkennbar wird, dass er eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes vorgenommen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.07.1998 - 4 B 140.88 - Buchholz 406.11 § 236 BauGB Nr. 1). Die in der fachlichen Begründung des Gutachters vom 11.06.2012 enthaltenen rechtlichen Erwägungen sind deshalb nur insoweit berücksichtigungsfähig, wie sich der anwaltliche Prozessbevollmächtigte hiermit in der Klagebegründungsschrift, den sonstigen im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Schriftsätzen oder in der mündlichen Verhandlung zumindest ansatzweise auseinandergesetzt und sie sich damit im Einzelnen zu eigen gemacht hat.
37 
2. Die gegenständliche 2. SAG für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 leidet weder an einem durchgreifenden formellen (dazu unter 2.1) noch an einem materiellen (dazu unter 2.2) Fehler, der die Kläger in drittschützenden Rechtspositionen verletzt.
38 
2.1 Entgegen der Auffassung der Kläger ist die 2. SAG nicht formell rechtswidrig, weil eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung überhaupt nicht (dazu unter 2.1.1) bzw. fehlerhaft (dazu unter 2.1.2) durchgeführt worden oder eine notwendige Öffentlichkeitsbeteiligung unterblieben wäre (dazu unter 2.1.3).
39 
2.1.1 Zwar können die Kläger rügen, eine zwingend notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung sei zu Unrecht unterblieben. Diese Rüge ist jedoch unbegründet, da die mit der 2. SAG genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen nicht zwingend einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung nach der allein in Betracht kommenden Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG zu unterziehen waren.
40 
2.1.1.1 Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 -NuR 2013, 184) auch von einem Vorhaben lediglich mittelbar Betroffene eine zu Unrecht unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine zu Unrecht unterbliebene Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit rügen können, ohne dass es darauf ankommt, ob sich der Fehler im Ergebnis auf ihre Rechtsposition ausgewirkt haben kann. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG u.a. dann verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt und nicht in zulässiger Weise nachgeholt worden ist. Nach § 4 Abs. 3 UmwRG gilt dies entsprechend für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO. Diese Regelungen räumen Individualklägern - abweichend von der früheren Rechtslage (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83) - ein subjektives Recht auf Durchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. auf Vorprüfung ein mit der Folge, dass ein diesbezüglicher Verfahrensfehler als beachtlich einzustufen ist. Danach kann die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung bereits dann verlangt werden, wenn die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten Verfahrensverstöße vorliegen, ohne dass es darauf ankommt, ob sich diese Verstöße auf die Entscheidung ausgewirkt haben; es handelt sich insoweit um eine Sonderregelung, welche die Relevanz bestimmter Verfahrensverstöße gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171). Die Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG ist nach ihrem Wortlaut eindeutig in dem Sinne, dass bereits die Nichtdurchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung einen Aufhebungsanspruch begründet. Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt, bringt er zum Ausdruck, dass auch insoweit das Fehlen einer unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer UVP-Vorprüfung unabhängig von den sonst nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geltenden einschränkenden Maßgaben zur Begründetheit der Klage führt. § 4 Abs. 3 UmwRG begründet damit nicht die Klagebefugnis, sondern verändert gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 LVwVfG die Begründetheitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30.10 - DVBl. 2012, 501). Der Verfahrensfehler führt damit zur Begründetheit der Klage, unabhängig von den sonst nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.06.2013 - 4 B 37.12 - BauR 2013, 2041).
41 
2.1.1.2 Zu Recht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die mit der 2. SAG genehmigten einzelnen Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen waren, sondern dass lediglich eine Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen war. Nach der allein in Betracht kommenden einschlägigen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG sind UVP-pflichtig u.a.
42 
„bei ortsfesten Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen; ausgenommen sind ortsfeste Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistungen nicht überschreitet; einzelne Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der in Halbsatz 1 bezeichneten Anlagen oder von Anlagenteilen gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2;“
43 
Danach bestimmt der Wortlaut von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG eindeutig, dass nur die insgesamt geplanten Maßnahmen nach dieser Bestimmung UVP-pflichtig sind; die einzelnen Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau dagegen „gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2“. Bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung folgt, dass lediglich vor der Entscheidung über den erstmaligen, das Gesamtkonzept enthaltenden Antrag auf eine Stilllegungsgenehmigung gemäß § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, auch wenn den Klägern zuzugeben ist, dass die einschlägige Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG das Wort „erstmalig“ nicht verwendet. Der 3. Halbsatz der Bestimmung stellt jedoch klar, dass die einzelnen Maßnahmen nur dann UVP-pflichtig sind, wenn die gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführende Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass die einzelnen Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen haben können, die nicht bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Maßnahme insgesamt beurteilt wurden. Haben die einzelnen Maßnahmen nach der Vorprüfung jedoch keine über die insgesamt geplanten Maßnahmen hinausgehenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen, bedarf es für sie keiner gesonderten Umweltverträglichkeitsprüfung.
44 
Dieser Befund wird durch eine systematische und historische Gesetzesauslegung bestätigt. Die gesetzliche Regelung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG steht im engen systematischen Zusammenhang mit der untergesetzlichen Bestimmung des § 19b der Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes - Atomrechtliche Verfahrensverordnung (AtVfV). Diese Bestimmung enthält die verfahrensrechtlichen Regelungen für die Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG. Nach § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, auch Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten, die insbesondere die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist. Nach § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV ist in den Unterlagen darzulegen, „wie die geplanten Maßnahmen verfahrensmäßig umgesetzt werden sollen und welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben werden“. Die Verfahrensvorschrift des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV bestimmt somit, dass mit dem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die Auswirkungen der insgesamt geplanten Maßnahmen auf die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem jeweiligen Planungsstand darzulegen sind. § 19b Abs. 2 AtVfV stellt klar, dass dann, wenn erstmals eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beantragt wird, von einer Öffentlichkeitsbeteiligung nicht abgesehen werden kann. Anknüpfend an den vorhergehenden Absatz regelt § 19b Abs. 3 AtVfV, dass sich die Umweltverträglichkeitsprüfung im Falle der erstmaligen Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau erstreckt. Die Binnensystematik von § 19b AtVfV ermöglicht deshalb nicht den von den Klägern gezogenen Schluss, Absatz 2 der Bestimmung regele nur die Notwendigkeit einer Öffentlichkeitsbeteiligung und sei damit im Anwendungsbereich von Absatz 3 der Vorschrift nicht aussagekräftig. Das der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 19b AtVfV zugrunde liegende Regelungskonzept bestätigt deshalb bei einer systematischen Betrachtung den Wortlautbefund der gesetzlichen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG, wonach lediglich die insgesamt geplanten Stilllegungsmaßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen, spätere Einzelmaßnahmen jedoch als Änderung gelten und deshalb nur vorprüfungspflichtig im Sinne von § 3e Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG sind.
45 
Fehl geht in diesem Zusammenhang der Einwand der Kläger, dass eine untergesetzliche Verfahrensregelung wie § 19b AtVfV die höherrangige Gesetzesbestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG nicht abändern könne. Die Kläger verkennen dabei, dass die Verfahrensbestimmungen der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung nicht das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz abändern, sondern lediglich zu dessen Auslegung herangezogen werden. Im Übrigen ist die Umweltverträglichkeitsprüfung bei atomrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 2a Abs. 1 Satz 2 AtG vorrangig nach den Verfahrensvorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung durchzuführen; dies ist im Hinblick auf die in § 4 UVPG enthaltene Subsidiaritätsklausel rechtlich nicht bedenklich. Eine derartige systematische Betrachtung ist trotz der unterschiedlichen Normenhierarchie der herangezogenen Bestimmungen hier vor allem deshalb statthaft, weil beide Bestimmungen nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers von einem einheitlichen Regelungskonzept getragen werden. Nach der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz (BT-Drs. 14/4599 vom 14.11.2000, S. 115 f.) trägt die neu eingeführte Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung im weiteren Sinne von Reaktoren der Neuregelung in Anhang I Nr. 2, 2. Anstrich der UVP-Änderungsrichtlinie Rechnung: „Hierzu wird in den geänderten Vorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung eine Umweltverträglichkeitsprüfung im gestuften Verfahren zur Genehmigung von Errichtung und Betrieb vorgesehen, ohne allerdings die einzelnen Genehmigungen nach § 7 Abs. 1 AtG durch ein vorläufiges positives Gesamturteil als feststellenden Regelungsbestandteil zu verbinden. Damit ist vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der 1. Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen. Der letzte Halbsatz in Nr. 11.1 stellt in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht klar, dass unbeschadet dessen - bei Reaktoren zusätzlich - in jedem Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die jeweils beantragten Maßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen“. Auch die Begründung spricht mithin eher für die Vorstellung des Gesetzgebers, dass lediglich vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der 1. Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen ist und die späteren Genehmigungen zugeordneten einzelnen Abbauschritte nur vorbehaltlich einer nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführenden Vorprüfung des Einzelfalles umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig sind.
46 
Dieses Auslegungsergebnis steht mit den einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben der zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der maßgeblichen Fassung der Richtlinie 97/11/EG (sogenannte UVP-Änderungsrichtlinie) im Einklang. In Anhang I Nr. 2, 2. Anstrich der Richtlinie 97/11/EG wird für die Mitgliedstaaten die Verpflichtung zur Durchführung einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung bei Projekten zur Demontage oder Stilllegung von Kernkraftwerken oder Reaktoren eingeführt. Diese Vorgabe ist mit dem Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27.07.2001 (BGBl. I 2001, 1950) ohne Defizite in das nationale Recht umgesetzt worden. Der Gesetzgeber war insbesondere bei Umsetzung der Richtlinie 97/11/EG nicht gehalten, für einzelne Maßnahmen zur Stilllegung von Reaktoren eine eigenständige Umweltverträglichkeitsprüfung vorzusehen. Vielmehr schreibt Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 97/11/EG lediglich vor, dass Projekte des Anhangs I einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach den näheren Bestimmungen der Art. 5 bis 10 zu unterziehen sind. Wie sich bereits der Binnensystematik von Art. 5 der vorgenannten Richtlinie entnehmen lässt, stellt das Unionsrecht als Bezugspunkt der Umweltverträglichkeitsprüfung maßgeblich auf den Begriff des „Projekts“ ab. Insbesondere die in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie gestellten Anforderungen an vom Projektträger beizubringenden Antragsunterlagen zeigen, dass unter dem Begriff des Projekts das technische Vorhaben insgesamt, nicht aber der Gegenstand des einzelnen Antrags zu verstehen ist. Die Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG gewährleistet bei der hier vertretenen Auslegung, dass die unionsrechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung von Vorhaben zur Stilllegung und zur Demontage von Kernkraftwerken und Reaktoren eingehalten werden. Nach dieser Vorschrift sind nach dem oben Gesagten die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau ortsfester Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig. Die darüber hinaus für einzelne Stilllegungsmaßnahmen vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG stellt darüber hinaus sicher, dass umweltrelevante Abweichungen der einzelnen Maßnahmen von der bei der Verträglichkeitsprüfung des Gesamtvorhabens betrachteten Abbaukonzeption einer zusätzlichen Prüfung zugeführt werden. Jedenfalls seit Einführung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG ist auch gewährleistet, dass im Sinne von § 3a Satz 4 UVPG wesentliche Fehler im Verfahren der Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG gerichtlich sanktioniert werden.
47 
2.1.1.3 Vor Erteilung der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vom 28.08.2008 hat der Beklagte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, die sich entsprechend den Vorgaben der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerkes bezogen hat. Die 1. SAG enthält unter B.III. (S. 118 ff.) eine zusammenfassende Darstellung und Bewertung der Umweltauswirkungen, die auf der von der Beigeladenen erarbeiteten Umweltverträglichkeitsuntersuchung zum Vorhaben „Stilllegung und Abbau der Anlage KWO (Gesamtvorhaben)“ beruht. Damit sind die insgesamt geplanten Maßnahmen der Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks - wie von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG gefordert - vor Erteilung der 1. SAG einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung der insgesamt geplanten Maßnahmen fehlerfrei erfolgt ist. Einwendungen gegen die durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung wurden damals weder von Trägern öffentlicher Belange noch von Anwohnern erhoben; auch ist die 1. SAG vom 28.08.2008 in Bestandskraft erwachsen. Damit steht Einwendungen gegen die damals durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung - unabhängig von einer möglichen Präklusion nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AtVfV - bereits die Bestandskraft der 1. SAG entgegen.
48 
Im Übrigen sind die von den Klägern erhobenen Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung auch in der Sache nicht stichhaltig. Fehl geht die Rüge der Kläger, die Beigeladene habe im Genehmigungsantrag für die 1. SAG die geplanten Maßnahmen nur „sehr allgemein und teilweise unbestimmt dargelegt“. Gemäß § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV müssen die bei einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG vorzulegenden Unterlagen lediglich darlegen, welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben werden. Diesem Regelungskonzept ist immanent, dass die mit dem erstmaligen Antrag beizubringenden Unterlagen typischerweise noch nicht den Detaillierungsgrad nachfolgender Genehmigungsschritte aufweisen. Zutreffend dürften die Kläger zwar darauf hinweisen, dass die Darstellungstiefe der „insgesamt geplanten Maßnahmen“ und ihrer Auswirkungen auf die UVP-Schutzgüter gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 AtVfV weniger weitreichend ist als die Darstellungstiefe im Rahmen eines vorläufigen positiven Gesamturteils im Teilgenehmigungsverfahren nach § 18 AtVfV. Wie in den Genehmigungen eindeutig dargestellt ist, handelt es sich bei der 1. SAG und der 2. SAG indes nicht um Teilgenehmigungen im Sinne von § 18 AtVfV, sondern um jeweils selbständige Genehmigungen, die nicht über ein vorläufiges positives Gesamturteil verbunden sind. Die Anforderungen an den Detaillierungsgrad der Unterlagen und die Entscheidung im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG sind deshalb in § 19b Abs. 1 AtVfV abschließend geregelt; die in § 18 AtVfV für Teilgenehmigungen statuierten Anforderungen sind hier nicht einschlägig.
49 
2.1.1.4 Entgegen der Auffassung der Kläger war vor Erteilung der 2. SAG eine e Umweltverträglichkeitsprüfung nicht deshalb erforderlich, weil diese Genehmigung die 1. SAG vollständig ersetzen sollte bzw. nach dem Willen der Beigeladenen ein völlig eigenständiges Genehmigungsverfahren eröffnet worden sei. Die Kläger verkennen in diesem Zusammenhang das Verhältnis der streitgegenständlichen 2. SAG zur bestandskräftig gewordenen 1. SAG vom 28.08.2008. Maßgebend für das Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander ist der Regelungsinhalt der 2. SAG, wie er sich aus dem Empfängerhorizont vor allem von Drittbetroffenen ergibt. Gerade im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren ist es im Hinblick auf den Einwendungsausschluss für Drittbetroffene nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 7 AtVfV), im gestuften Verfahren darüber hinaus auch durch die Bestandskraft vorangegangener Teilgenehmigungen (§ 7b AtG), rechtsstaatlich geboten, bei der Auslegung von Genehmigungsbescheiden maßgeblich auch auf den Empfängerhorizont potentiell Drittbetroffener abzustellen. Denn sonst obläge Drittbetroffenen zwar eine Anfechtungslast mit allen rechtlichen Nachteilen bei Versäumung von Anfechtungsfristen, ohne dass gewährleistet wäre, dass sie der Anfechtungslast auch tatsächlich nachkommen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.; Senatsurteil vom 07.03.1995 - 10 S 2822/92 - a.a.O.). Bei der gerade auch aus Rechtsschutzgründen gebotenen objektiven Auslegung der 2. SAG aus dem Empfängerhorizont eines Drittbetroffenen kann keine Rede davon sein, dass die 2. SAG die 1. SAG vollständig abgelöst habe. Vielmehr hat die 2. SAG nach ihrem eindeutigen Tenor und ihrer Begründung lediglich die Vornahme einzelner Abbaumaßnahmen vor allem im Kontrollbereich genehmigt und darüber hinaus das Stilllegungsreglement teilweise geändert. Fehl geht insbesondere die Grundannahme der Kläger, die 2. SAG habe den Betrieb des externen Brennelementlagers im sog. Notstandsgebäude (Bau 37) insgesamt und umfassend neu genehmigt.
50 
Bei der Ermittlung des Regelungsinhalts der 2. SAG durch Auslegung ist primär auf den Entscheidungstenor, daneben auf die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung abzustellen. Dabei ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Bescheidtenors und seiner Systematik mit der gebotenen Eindeutigkeit, dass die 2. SAG die 1. SAG nicht vollständig ersetzen sollte. So gestattet die 2. SAG ausweislich des Bescheidausspruchs in A.I.1.1 (S. 6) „den Abbau der nachfolgend tabellarisch aufgeführten Anlagenteile der Anlage KWO“; insoweit wurde durch die angegriffene 2. SAG der Regelungsinhalt der 1. SAG vom 28.08.2008 erweitert. Des Weiteren wird gemäß A.I.1.2 (S. 13) der 2. SAG das Betriebsreglement für die Fortführung des Stilllegungsbetriebs dahingehend geändert, dass die in A.II. Nr. 25 bis Nr. 56 dieser Genehmigung genannten Unterlagen die entsprechenden Unterlagen in A.II. Nr. 16 bis Nr. 48 des Stilllegungsreglements der 1. SAG ersetzen. Die 2. SAG enthält deshalb nach ihrem eindeutigen Tenor lediglich eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, ohne diesen insgesamt und  vollständig zu legalisieren.
51 
Für dieses Verständnis spricht auch die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung zum Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander. Der Beklagte umschreibt in der beigegebenen Begründung den Genehmigungsumfang dahingehend, das „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung neben dem Abbau von Anlagenteilen im Kontrollbereich und von weiteren Anlagenteilen im Überwachungsbereich auch die Fortführung des mit der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung genehmigten Stilllegungsbetriebs nach einem geänderten Stilllegungsreglement“ beinhalte (B.I.2 der 2. SAG, S. 32). Übereinstimmend hiermit stellt die Genehmigung unter B.I.2.2 (S. 34 f. der 2. SAG) klar, dass der mit der 1. SAG genehmigte Stilllegungsbetrieb mit der 2. SAG weiter gilt. Unter B.I.2.3 (S. 36 f. der 2. SAG) grenzt der Beklagte den Regelungsumfang der 1. und 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ausdrücklich voneinander ab. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung als eine zur 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung selbständige Genehmigung neben diese“ trete. Sie löse die für das KWO geltende 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für den weiteren Abbau insoweit ab, als in ihr Festlegungen und Gestattungen aus der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung in Teilen angepasst, übernommen und geändert wurden; daneben enthalte sie die gesamten einhüllenden Gestattungen, die bis zum Ende des gesamten Stilllegungs- und Abbauvorhabens gelten sollten. Damit stellt die Genehmigungsbehörde auch in der Begründung klar, dass Gegenstand der 2. SAG im Hinblick auf das Stilllegungsreglement nur die dort ausdrücklich genannten Änderungen sind, nicht jedoch das Stilllegungsreglement insgesamt. Soweit keine Änderungen im Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vorgenommen werden, verbleibt es nach der eindeutigen Regelung im Bescheidtenor und der oben wiedergegebenen Begründung vielmehr bei dem Stilllegungsbetrieb entsprechend den Regelungen der bestandskräftigen 1. SAG.
52 
Ein gegenteiliges Verständnis kann auch nicht den sonstigen Regelungselementen des Bescheidtenors entnommen werden. Zutreffend weisen die Kläger zwar darauf hin, dass sich die 2. SAG gemäß A.I.1.5 ( S. 14 der 2. SAG ) auch auf den Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen nach § 2 Abs. 1 AtG und mit Kernbrennstoffen nach § 2 Abs. 3 AtG erstreckt. Aus dieser Bestimmung kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die 2. SAG das Betriebsreglement und insbesondere den Betrieb des externen Brennelementlagers vollständig neu regele. Bei der von den Klägern herangezogenen Regelung handelt es sich lediglich um die Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung auf einen an sich nach § 7 Abs. 1 StrlSchV genehmigungsbedürftigen Umgang mit Kernbrennstoffen gemäß § 7 Abs. 2 StrlSchV. Soweit eine solche Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung erfolgt, ist eine eigenständige Genehmigung nach § 7 Abs. 1 StrlSchV nicht mehr erforderlich. Bereits aus der Binnensystematik von § 7 StrlSchV und daneben aus dem systematischen Zusammenhang mit den atomrechtlichen Bestimmungen folgt, dass die Erstreckung nur soweit reichen kann, wie die atomrechtliche Genehmigung eine entsprechende Regelung enthält, die erstreckungsfähig ist. Hieraus folgt zugleich, dass die in A.I.1.5 enthaltene Erstreckung gemäß § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StrlSchV nicht weiter reichen kann als die im sonstigen Bescheidtenor enthaltenen atomrechtlichen Gestattungen. Auch in Bezug auf das Stilllegungsreglement kann die Erstreckung deshalb nicht über die durch die 2. SAG genehmigten Änderungen hinausgehen und nicht die Brennelementlagerung im Notstandsgebäude eigenständig regeln.
53 
Entgegen der Auffassung der Kläger kann aus der Systematik der in A.III. des Genehmigungstenors beigegebenen Nebenbestimmungen nicht ein abweichendes Verständnis des Genehmigungsumfangs der 2. SAG hergeleitet werden. Zwar beinhalten die Nebenbestimmungen insbesondere in A.III.3. (S. 22 der 2. SAG) Maßgaben zur Handhabung bestrahlter Brennelemente, die keine Beschränkung auf das Betriebsreglement der 2. SAG erkennen lassen. In der Einleitung zu den verfügten Nebenbestimmungen (S. 18 der 2. SAG) weist die Genehmigungsbehörde aber darauf hin, dass sämtliche Nebenbestimmungen an die Stelle der Nebenbestimmungen der 1. SAG treten und damit für den Gestattungsumfang beider Genehmigungen Geltung beanspruchen sollen. Bereits daraus folgt, dass die Genehmigungsbehörde lediglich aus Gründen der Klarheit sämtliche Nebenbestimmungen teilweise wiederholend zusammengefasst hat, ohne damit eine inhaltlich abweichende Regelung gegenüber der 1. SAG zu treffen. Im Übrigen bezieht sich die von den Klägern herangezogene Nebenbestimmung in A.III.3. auf die Modalitäten des Brennelementtransports, nicht auf den Betrieb des externen Nasslagers im Notstandsgebäude.
54 
Ebenso wenig können aus dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen vom 15.12.2008 Anhaltspunkte für ein abweichendes Verhältnis der beiden Genehmigungen zueinander hergeleitet werden. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass die Beigeladene in ihrem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 selbst von einem anderen Verständnis der beantragten Genehmigung zu der bestandskräftig erteilten 1. SAG ausgegangen ist. So führte die Beigeladene in dem Antragsschreiben vom 15.12.2008 ausdrücklich aus, „dass die vorliegend beantragte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung die 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vollständig ablöst und bis zum Ende des gesamten Vorhabens gelten soll“. Damit hat die Beigeladene ihren Willen zum Ausdruck gebracht, dass sie ein umfassendes und vollständig eigenständiges Genehmigungsverfahren in Gang setzen wollte, mit dem das Stilllegungsreglement für das Kernkraftwerk insgesamt einer neuen genehmigungsrechtlichen Grundlage unterstellt werden sollte. Für einen derartigen Willen der Beigeladenen sprechen auch weitere Ausführungen in der Begründung ihres Genehmigungsantrags. Indes ist das Antragsschreiben der Beigeladenen vom 15.12.2008 nicht für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts der 2. SAG maßgeblich. Wie oben näher dargestellt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Ermittlung des Inhalts einer atomrechtlichen Genehmigung gerade aus Rechtsschutzgründen auf den Inhalt der Genehmigungsurkunde selbst abzustellen, vor allem primär auf den Bescheidtenor und daneben die von der Behörde beigegebene Begründung. Auf Umstände außerhalb der Genehmigungsurkunde kann allenfalls untergeordnet und zur Beseitigung von Auslegungszweifeln abgestellt werden, wobei sich die Auslegung dabei freilich nicht in Widerspruch zu dem ausdrücklichen Bescheidinhalt setzen darf. Im Übrigen hat die Beigeladene ihre Ausführungen in dem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 im Genehmigungsverfahren nicht aufrecht erhalten, sondern mit Schreiben an den Beklagten vom 31.08.2009 berichtigt. Dabei führte die Beigeladene ausdrücklich aus, dass die 2. SAG nunmehr eine zur 1. SAG selbständige Genehmigung darstellen solle; als solche trete die 2. SAG neben die 1. SAG. Regelungen der 1. SAG könnten gegenstandslos und in Teilen angepasst oder übernommen werden (vgl. S. 2 des Schreibens der Beigeladenen vom 31.08.2009). Von diesem geänderten Verständnis der Beigeladenen ist im Übrigen - wie oben dargestellt - auch die Genehmigungsbehörde in der Begründung der 2. SAG ausgegangen (vgl. S. 37). Deshalb war entgegen der Auffassung der Kläger eine teilweise Antragsablehnung bei Erlass der 2. SAG nicht geboten.
55 
Auch der Versuch der Kläger, aus den dem Genehmigungsantrag beigefügten Unterlagen ein abweichendes Verständnis der beiden Genehmigungen zueinander herzuleiten, geht fehl. Zuzugeben ist den Klägern zwar, dass der von der Beigeladenen vorgelegte technische Bericht „Stilllegung und Abbau KWO - 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung - Störfallbetrachtung“ des Gutachters ... vom 31.03.2010 offenbar davon ausgeht, dass das Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vollständig neu geregelt werden soll. Hierfür spricht, dass der Gutachter in seiner Störfallbetrachtung auch Szenarien berücksichtigt hat, die lediglich von der 1. SAG umfasste Maßnahmen beinhalten. Auch hier gilt jedoch die oben angestellte Erwägung, wonach für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts primär auf die Genehmigung selbst, nicht jedoch auf die Antragsunterlagen abzustellen ist. Im Übrigen ist der technische Bericht des Gutachters ... weder Grundlage noch Inhalt der 2. SAG; er ist in A.II. der 2. SAG nicht als Genehmigungsgrundlage erwähnt.
56 
Aus ähnlichen Gründen kann auch aus den der Genehmigung zugrundeliegenden Erläuterungsberichten Nrn. 1, 13 und Nr. 15 nicht entnommen werden, dass die 2. SAG den Betrieb des externen Lagerbeckens neu genehmige. Diese Erläuterungsberichte enthalten im Wesentlichen eine Beschreibung des Anlagenzustandes in verschiedener Hinsicht, etwa eine Charakterisierung des radiologischen Ausgangszustands oder eine Beschreibung des Gesamtvorhabens und der im Betrieb bleibenden Systeme und Anlagen. Es liegt deshalb auf der Hand, dass in diesen Unterlagen technische Beschreibungen enthalten sind, die über den Regelungsinhalt der beantragten 2. SAG hinausgehen. Von diesem Verständnis ist auch der Beklagte ausgegangen, der diese Unterlagen unter A.II. der 2. SAG lediglich als Grundlage der Genehmigung, nicht aber als Genehmigungsinhalt aufgeführt hat. Entgegen der Auffassung der Kläger kann schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass in dem von der Beigeladenen mit dem Genehmigungsantrag vorgelegten Stilllegungshandbuch der Betrieb des externen Brennelementlagers in Bau 37 wiederholt erwähnt wird, geschlossen werden, der Stilllegungsbetrieb solle mit der 2. SAG insgesamt und umfassend neu geregelt werden. Zum einen ist - wie oben näher dargestellt -aus Rechtsschutzgesichtspunkten zur Ermittlung des Genehmigungsinhalts nicht auf technische Unterlagen wie das Stilllegungshandbuch abzustellen. Zum anderen trägt das neu erstellte Stilllegungshandbuch der Beigeladenen lediglich dem Umstand Rechnung, dass durch die 2. SAG der Stilllegungsbetrieb modifiziert wurde, was im Stilllegungshandbuch zu berücksichtigen war. Zutreffend weisen die Kläger zwar darauf hin, dass der Betrieb des externen Brennelementlagers zum Stilllegungsbetrieb gehört. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Betrieb des externen Nasslagers insgesamt durch die 2. SAG neu legalisiert wurde. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob und in welchem Umfang sich der nach § 20 AtG bestellte Gutachter in seinen Ausführungen vom März 2011 mit dem Betrieb des externen Lagerbeckens beschäftigt hat. Schließlich ist bei der hier vorzunehmenden Auslegung der von den Klägern herangezogene Schriftwechsel zwischen dem Beklagten und dem Bundesministerium für Umwelt unergiebig. Das von den Klägern erwähnte E-Mail des Bundesumweltministeriums vom 12.10.2011 ist in anderen, nämlich aufsichtlichen Zusammenhängen ergangen und bezieht sich auf den geplanten Abbau von Elementen des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude. Der - nach dem oben Gesagten für die Auslegung der Genehmigung im Übrigen nicht maßgeblichen - Korrespondenz des Beklagten mit der Aufsichtsbehörde lässt sich deshalb nichts für die hier in Rede stehende Frage des Umfangs des Betriebsreglements der 2. SAG entnehmen.
57 
Nach alldem kann nicht davon ausgegangen werden, dass die 2. SAG den Stilllegungsbetrieb insgesamt  geregelt und dabei den Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude eigenständig gestattet hat. Gegenstand des Antrags auf Erteilung der 2. SAG waren deshalb nur die dort im Einzelnen aufgeführten Änderungen des Stilllegungsreglements, nicht jedoch die „insgesamt geplanten Maßnahmen“ im Sinne von Nr. 11.1.1 der Anlage 1 zum UVPG.
58 
2.1.2 Die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles leidet nicht an einem zur Aufhebung der Genehmigung führenden Verfahrensfehler. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 UmwRG unter anderem verlangt werden, wenn eine nach den Be-stimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Ein solcher Fall liegt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch dann vor, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, die durch das Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfs-gesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21.01.2013 (BGBl. I S. 95) mit Wirkung vom 29.01.2013 erlassen worden ist, ist hier anwendbar, obwohl es für die gerichtliche Überprüfung atomrechtlicher Genehmigungen grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei ihrem Erlass ankommt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - ZNER 2012, 288; sowie vom 19.12.1985 - 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300). Denn die geänderten Vorschriften des Gesetzes gelten nach § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe nach § 2, die am 12.05.2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29.01.2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Zwar handelt es sich hier nicht um den Rechtsbehelf einer anerkannten Vereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG; der Gesetzgeber knüpft in § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG aber an allgemeine Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts an, die gleichfalls eine Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG fordern (vgl. BT-Drs. 17/10957 S. 18; BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669). Auch gilt die neu geschaffene und die bisherige Rechtslage klarstellende (vgl. hierzu BT-Drs. 17/1095 S. 17; sowie BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30.10 - a.a.O.) Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit für die Kläger entsprechend. Sie wird so auf Rechtsbehelfe erstreckt, deren Zulässigkeit von der Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte abhängt. Hat die Behörde eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterlassen oder leidet sie an einem gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gleichgestellten schwerwiegenden Fehler, ist dieser Mangel nach dem oben Gesagten erheblich, ohne dass es nach nationalem Recht darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könnte. Indes leidet die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Vorprüfung der einzelnen Maßnahmen, die Gegenstand der 2. SAG sind, auf ihre Umweltrelevanz gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG nicht an einem gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Verfahrensfehler.
59 
2.1.2.1 Beruht die Entscheidung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG, ist gemäß § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens ausschließlich darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Diese Einschränkung des gerichtlichen Kontrollumfangs gilt auch für alle Fälle der Vorprüfung, in denen auf § 3c UVPG verwiesen wird, mithin auch für die Vorprüfung nach Maßgabe von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG (vgl. hierzu näher Dienes in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3 UVPG Rn. 26.1). Anknüpfend an diese der zuständige Behörde in § 3a Satz 4 UVPG eingeräumte Beurteilungsermächtigung stellt § 4a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren nur darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde, die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, das anzuwendende Recht verkannt wurde oder sachfremde Erwägungen vorliegen. Der Gesetzgeber bestätigt und konkretisiert damit die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung, wonach das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 12 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - a.a.O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 - 5 Bs 24/10 - UPR 2010, 445).
60 
Bei Anwendung dieses Maßstabs leidet die von dem Beklagten durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler. Die Genehmigungsbehörde hat den relevanten Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst, die einschlägigen Verfahrensregeln und rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten, keine sachfremden Erwägungen angestellt und das maßgebliche Recht zutreffend angewandt. Der Beklagte hat die UVP-Vorprüfung insbesondere entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt und damit das einschlägige Recht im Sinne von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG zutreffend angewendet.
61 
Die Beigeladene hat die mit der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen einer Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG unterzogen und das Ergebnis in dem den Antragsunterlagen beigefügten Bericht vom 11.12.2008 festgehalten. Dabei ist die Beigeladene zu dem Ergebnis gelangt, dass die geplanten Einzelmaßnahmen keine wesentlichen Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter des § 1a AtVfV bzw. § 2a UVPG haben. Der Beklagte hat - wie sich einem Aktenvermerk vom 26.01.2009 entnehmen lässt - die Vorprüfung der Beigeladenen dahingehend kritisch gewürdigt, ob die relevanten Auswirkungen des Vorhabens der 2. SAG auf die Schutzgüter durch die Ergebnisse der im Rahmen des Gesamtvorhabens durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig erfasst wurden und abgedeckt sind. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass bei der Ausnutzung der 2. SAG keine umweltrelevanten Wirkungen eintreten, die zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen gegenüber den Umweltauswirkungen führen, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG waren. Dieses Ergebnis hat der Beklagte ordnungsgemäß gemäß § 3a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass der Prüfvermerk des Beklagten vom 26.01.2009 über die Plausibilität der durchgeführten Vorprüfung sehr knapp gehalten ist, weshalb die von der Genehmigungsbehörde in diesem Zusammenhang im Einzelnen angestellten Erwägungen nicht vollständig nachvollzogen werden können. Dies führt gleichwohl nicht zu einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler im oben dargestellten Sinne, da die von der Beigeladenen durchgeführten Vorprüfungen in ihrem Bericht vom 11.12.2008 wesentlich detaillierter dargestellt sind und die Behörde sich ersichtlich diese Erwägungen insgesamt zu eigen gemacht hat.
62 
2.1.2.2. Die 2. SAG enthält entgegen der Meinung der Kläger keine relevanten Änderungen gegenüber der im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung, die eine zumindest teilweise neue Verträglichkeitsprüfung erforderlich gemacht hätten. Vielmehr halten sich der mit der 2. SAG genehmigte Abbau und die Änderungen des Stilllegungsreglements im Rahmen der im Antrag zur 1. SAG dargestellten insgesamt geplanten Maßnahmen, die Gegenstand der durchgeführten Prüfung nach Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG waren.
63 
2.1.2.2.1. Eine wesentliche Abänderung des mit der 2. SAG genehmigten Vorhabens gegenüber der im Rahmen der 1. SAG dargelegten Gesamtmaßnahme kann nicht in der Errichtung der Materialschleuse zum Reaktorgebäude gesehen werden. Der Einbau der neuen Materialschleuse ist nicht Gegenstand der 2. SAG, sondern wurde mit einer bestandskräftigen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 legalisiert. Den von den Klägern geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der Möglichkeit, die Brennstäbe aus dem externen Brennelementlagerbecken störungsfrei abzutransportieren, war deshalb lediglich im Verfahren zur Erteilung der Änderungsgenehmigung zur 1. SAG nachzugehen. Bereits aufgrund der Bestandskraft dieser Änderungsgenehmigung kann die Errichtung der Materialschleuse als solche nicht als eine den Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung überschreitende Änderung angesehen werden. In diesem Zusammenhang ist deshalb lediglich die Umweltrelevanz von Änderungen des Betriebsreglements zu betrachten, die durch die Errichtung der Materialschleuse eingetreten sind. Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass durch die punktuellen und geringfügigen Änderungen des Betriebsreglements durch Errichtung der neuen Materialschleuse keine derartigen umweltrelevanten Auswirkungen eintreten können, die den Rahmen der bei Erteilung der 1. SAG insgesamt geprüften Maßnahmen überschreiten. In Übereinstimmung hiermit wurde bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 davon ausgegangen, dass im Zuge der Abbaumaßnahmen bauliche Änderungen im Reaktorgebäude notwendig werden können (vgl. S. 112 des Sicherheitsberichts zur 1. SAG).
64 
2.1.2.2.2. Auch durch die abweichende Gestaltung der einzelnen Genehmigungsschritte ist keine wesentliche Änderung der insgesamt geplanten Maßnahmen eingetreten, die Gegenstand der 1. SAG und der Umweltverträglichkeitsprüfung vor deren Erteilung waren. Zutreffend weisen die Kläger in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Beigeladene mit ihrem Antrag zur Erteilung der 2. SAG von den Genehmigungsschritten abweicht, welche im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 und dem hierauf bezogenen Genehmigungsantrag dargestellt waren. Insbesondere hat der damalige Genehmigungsantrag vorgesehen, dass in einem umfassenderen 2. Abbauschritt die stärker aktivierten Anlagenteile des Kontrollbereichs vollständig abgebaut werden sollen, vor allem auch der Reaktordruckbehälter nebst Reaktordruckbehältereinbauten und biologischem Schild (vgl. die Darstellung der vorgesehenen Genehmigungsschritte im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006, S. 12, 15 und 16). Von diesem ursprünglich geplanten Verfahrensablauf weicht der Antrag der Beigeladenen auf Erteilung der 2. SAG insoweit ab, als nunmehr ein weiterer Genehmigungsschritt vorgesehen wird und mit der beantragten 2. SAG lediglich ein Teil der aktivierten Anlagenteile im Kontrollbereich abgebaut werden soll. So soll die 2. SAG nur noch den Abbau des Reaktordruckbehälterdeckels, nicht jedoch des stark aktivierten Reaktordruckbehälterunterteils, der Reaktoreinbauten sowie des biologischen Schilds im Kontrollbereich umfassen; diese Abbaumaßnahmen sollen vielmehr einer - am 30.04.2013 erteilten und in Bestandskraft erwachsenen - 3. SAG vorbehalten bleiben.
65 
Durch diese geänderte Genehmigungsabfolge wird indes nicht der mit der 1. SAG geprüfte Gesamtumfang der geplanten Maßnahmen mit der Folge verlassen, dass nunmehr eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens zu erfolgen hätte. Zum einen hat die Beigeladene bereits in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 (S. 16) explizit darauf hingewiesen, es könne sich bei der für den 2. Genehmigungsschritt noch durchzuführenden Detailabbauplanung unter Berücksichtigung der Verfahrensökonomie und von technischen Notwendigkeiten ergeben, dass zur Umsetzung der Abbauarbeiten im 2. Abbauschritt mehr als nur ein Genehmigungsantrag erforderlich werde. Aufgrund dieser Angaben im Sicherheitsbericht stand bereits bei Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung des Gesamtvorhabens im Rahmen der 1. SAG fest, dass die vorgesehenen Genehmigungsschritte keine verbindliche Planung darstellen. Zum anderen kann eine geänderte Abfolge der zu beantragenden Genehmigungen und die Zuordnung der Abbauschritte hierzu nicht zu relevanten Umweltauswirkungen führen. Maßgeblich für die Umweltrelevanz ist allein, ob die mit der ursprünglichen Planung vorgesehenen konkreten Abbaumaßnahmen bzw. Abbauschritte eingehalten werden oder ob auch insoweit eine relevante Änderung eingetreten ist. Wie sich der Darstellung der Abbaufolge auf S. 76 f. des Sicherheitsberichts vom 19.05.2006 entnehmen lässt, wird durch die geänderte Aufteilung der Genehmigungsschritte nicht von den technisch vorgesehenen Abbaumaßnahmen abgewichen. Im Übrigen wies die Beigeladene bei der Beschreibung des 2. Abbauschritts (S. 90 f. des Sicherheitsberichts) bereits darauf hin, dass die konkrete Abbaufolge erst im Rahmen der Detailplanung des 2. Abbauschritts festgelegt werden könne. Durch die mit der 2. SAG vorgenommene Modifizierung tritt deshalb keine Änderung der technischen Abbauplanung ein, sondern lediglich eine Verschiebung von Maßnahmen in einen späteren Genehmigungsschritt. Gerade im Hinblick auf die Umweltrelevanz eines Vorhabens ist jedoch unerheblich, in welchem Genehmigungsschritt eine konkrete Einzelmaßnahme erfolgen soll. Entscheidend ist allein, dass sich die Ausführungsmaßnahmen innerhalb der insgesamt geplanten Maßnahmen halten, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der 1. SAG waren. Fehl geht in diesem Zusammenhang auch der Hinweis der Kläger, durch den Abbau des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten stünden das Druckbehälter-Unterteil und die stark aktivierten Kerneinbauten für längere Zeit offen. Dem steht bereits entgegen, dass auch in der ursprünglich geprüften Genehmigungsplanung und dem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 keine zeitlichen Vorgaben für den Abbau des Reaktordruckbehälters enthalten waren. Auch ohne die nunmehr vorgesehene Aufspaltung des Abbaus des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten war deshalb nicht sichergestellt, dass dieser in einem engen zeitlichen Rahmen abgebaut wird. Keiner abschließenden Klärung bedarf die zwischen den Beteiligten kontrovers erörterte Frage, ob der von den Betriebsgenehmigungen gedeckte Zustand einer längeren Öffnung des Reaktordeckels bei umfangreichen Revisionsarbeiten mit der hier in Rede stehenden Situation vergleichbar ist. Dabei spricht jedoch einiges für die Darlegung des Beklagten, dass die Situation eines offen stehenden Reaktordruckbehälters in der Leistungsbetriebsphase in sicherheitstechnischer Hinsicht kritischer zu beurteilen ist als der hier in Rede stehende Zustand.
66 
2.1.2.2.3. Eine wesentliche Änderung ist schließlich nicht dadurch eingetreten, dass eine längere Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager (sog. Notstandsgebäude, Bau 37) erfolgen soll. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass nach der ursprünglichen zeitlichen Planung der Beigeladenen bis ca. 2011 alle bestrahlten Brennelemente in das beantragte Standortzwischenlager verbracht werden sollten, sodass die Anlage bei Beginn des 2. Abbauschrittes brennstofffrei gewesen wäre. Die weitere Lagerung der abgebrannten Brennstäbe im Notstandsgebäude führt jedoch entgegen der Auffassung der Kläger nicht dazu, dass der Rahmen der im Zuge der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung überschritten würde. Zum einen handelt es sich bei der oben dargestellten zeitlichen Abfolge lediglich um eine unverbindliche Planung der Beigeladenen, die unter dem Vorbehalt veränderter Umstände, insbesondere einer Verzögerung der Genehmigungserteilung für das Standortzwischenlager, stand. So wurde bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass möglicherweise der Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage KWO nicht - wie vorgesehen - bis ca. 2011 abgeschlossen sein könne, etwa weil das beantragte BE-Zwischenlager zu diesem Zeitpunkt noch nicht betriebsbereit sei (vgl. S. 70 und 90 des Sicherheitsberichts). In diesem Fall sollte nach der im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 dargelegten Konzeption der Stilllegungsbetrieb unter dem Regime der 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung auch die weitere Lagerung der bestrahlten KWO-Brennelemente im externen Nasslager bis zum vollständigen Abtransport aus der Anlage umfassen. Aufgrund dieser Darstellungen im Sicherheitsbericht war die weitergehende Lagerung von Brennelementen im externen Lager auch zum Zeitpunkt des 2. Abbauschritts Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, die im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführt wurde.
67 
Zum anderen wurde die externe Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit einer der Beigeladenen erteilten Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet, welche bestandskräftig wurde (vgl. hierzu auch den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des Senats vom 15.09.1999 - 10 S 1991/99 - VBlBW 2000, 149). Die Dauer dieser Lagerung wurde weder durch die 1. SAG noch durch die gegenständliche Genehmigung eingeschränkt. Vielmehr erstreckt sich der Genehmigungsumfang der 1. SAG nach dem oben Gesagten auf den Stilllegungsbetrieb, der unter anderem die Lagerung der Brennelemente im externen Brennelementlagerbecken des Notstandsgebäudes umfasst (vgl. A I.1.1 der 1. SAG, Seite 2). Übereinstimmend hiermit wird in der Begründung der 1. SAG davon ausgegangen, dass sich die bestrahlten Brennelemente in der Phase des Stilllegungsbetriebs voraussichtlich noch im externen Brennelementlagerbecken befinden werden; die Genehmigung nimmt den Abbau der Anlage und von Anlagenteilen parallel zu dieser Lagerung in den Blick (vgl. B.I.2.4.4.3 der 1. SAG, S. 43). Etwaige mit der externen Brennelementlagerung verbundenen Umweltauswirkungen waren bei Erteilung der 2. SAG daher nur insoweit zu betrachten, als das Betriebsreglement in Bezug hierauf geändert wurde. Dabei ist auszuschließen, dass sich die geringfügigen Änderungen des Betriebsreglements hinsichtlich der Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager in einer für die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung relevanten Weise auswirken könnten. Ferner sollen nach den Darlegungen im Sicherheitsbericht die mit der 2. SAG beantragten Abbaumaßnahmen dergestalt rückwirkungsfrei erfolgen, dass die Lagerung der Brennelemente und die hierfür erforderlichen Sicherheitseinrichtungen im Notstandsgebäude durch die Maßnahmen nicht beeinträchtigt werden kann. Im Sicherheitsbericht wird näher dargelegt, dass die für die Lagerung und Handhabung der bestrahlten Brennelemente erforderlichen Anlagenteile und Systeme erst nach dem Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage stillgesetzt und abgebaut werden. Eine wesentliche Abweichung durch die längere Lagerung, bezogen auf die insgesamt geplanten Maßnahmen, liegt deshalb nicht vor.
68 
Nach alldem hat der Beklagte die mit der 2. SAG geplanten Einzelmaßnahmen zu Recht keiner weiteren vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen, sondern lediglich rechtsfehlerfrei eine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchgeführt.
69 
2.1.3 Entgegen der Auffassung der Kläger war vor Erteilung der 2. SAG weder eine obligatorische (dazu unter 2.1.3.1) noch eine fakultative (dazu unter 2.1.3.2) Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Hiergegen bestehen auch im Hinblick auf von der Bundesrepublik eingegangene völkerrechtliche Verpflichtungen keine Bedenken (dazu unter 2.1.3.3). Dahingestellt bleibt, ob die Kläger bei einer rechtswidrig unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung in eigenen Rechten verletzt würden (dazu unter 2.1.3.4).
70 
2.1.3.1 Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die von der Beigeladenen im Rahmen der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks Obrigheim nicht einer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung bedurften. Gemäß § 19b Abs. 2 Satz 1 AtVfV kann abweichend von § 4 Abs. 4 AtVfV von einer Bekanntmachung und Auslegung des Vorhabens dann nicht abgesehen werden, wenn für eine ortsfeste Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistung überschreitet, erstmals eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beantragt wird. Bei den von der Beigeladenen beantragten Maßnahmen handelte es sich jedoch nicht um einen erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Stilllegungs- und Abbaugenehmigung im Sinne von § 7 Abs. 3 AtG. Auch wenn es sich bei der 1. und 2. Stilllegungsgenehmigung - wie oben unter 2.1.1.3 näher dargestellt - um selbständige Genehmigungen und nicht um Teilgenehmigungen gemäß § 18 AtVfV handelt, sind die Genehmigungen aufeinander bezogen und gestatten ein einheitliches Vorhaben im Sinne von § 19b Abs. 1 AtVfV. In diesem Zusammenhang kann auf die oben angestellten Erwägungen zu der Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verwiesen werden, da diese auch im hier in Rede stehenden Zusammenhang Geltung beanspruchen. Schließlich war nach dem oben Dargelegten für die mit der 2. SAG beantragten Maßnahmen keine e Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, so dass eine obligatorische Öffentlichkeitsbeteiligung auch nicht nach § 4 Abs. 4 Satz 2 AtVfV geboten war.
71 
2.1.3.2 Der Beklagte hat unter fehlerfreier Betätigung seines Ermessens von einer en fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG abgesehen. Die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Absehen von einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung nach Ermessen gemäß § 19b, § 4 Abs. 4 AtVfV lagen vor. Gemäß § 19b Abs. 2 Satz 1 AtVfV kann nach dem oben unter 2.1.3.1 Ausgeführten im Falle der erstmaligen Erteilung einer Stilllegungs- und Abbaugenehmigung nicht von der Auslegung und Bekanntmachung des Vorhabens abgesehen werden. Für den hier in Rede stehenden weiteren Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG bleibt es dagegen gemäß 19b Abs. 2 AtVfV bei der allgemeinen Bestimmung des § 4 Abs. 4 Satz 1 AtVfV. Danach kann die Genehmigungsbehörde von der Bekanntmachung und Auslegung unter den in § 4 Abs. 2 AtVfV genannten Voraussetzungen absehen. Dies ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AtVfV vor allem dann der Fall, wenn im Sicherheitsbericht keine zusätzlichen oder anderen Umstände darzulegen wären, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen lassen.
72 
Diese Voraussetzungen liegen für das Genehmigungsverfahren der 2. SAG vor. Im Sicherheitsbericht zur 1. SAG ist das Gesamtvorhaben der Stilllegung und des Abbaus des Kernkraftwerks Obrigheim in einer den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV genügenden Weise dargestellt. Nach dieser Bestimmung müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, u.a. Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten. Die Beigeladene hat in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 das von ihr verfolgte Gesamtkonzept zum Abbau und zur Stilllegung der von ihr betriebenen kerntechnischen Anlage in den Grundzügen so konkret beschrieben, dass auch für Dritte eine Beurteilung der insgesamt geplanten Maßnahmen möglich war. Insbesondere hat sie im Sicherheitsbericht die insgesamt geplanten Maßnahmen, die Reihenfolge der einzelnen Abbauschritte und die dabei zu verwendenden Methoden so detailliert dargestellt, dass die interessierte Öffentlichkeit sowohl die mögliche Rückwirkungsfreiheit der Maßnahmen als auch das Vorliegen einer sinnvollen Abbaureihenfolge prüfen konnte. Auch hat die Beigeladene in den Unterlagen den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV entsprechend weiter dargelegt, welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a AtVfV genannten Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung haben werden. Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich der Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission vom 11./12.12.2007 nicht entnehmen, dass die vor Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen nicht den oben dargestellten Anforderungen entsprochen hätten. Zwar führt die Reaktorsicherheitskommission aus, dass auf der Basis der vorliegenden Unterlagen eine detaillierte Beurteilung des Gesamtkonzepts zur Stilllegung und zum Abbau des KWO nicht möglich sei, da über Abbaumaßnahmen, ihre vorgesehene Reihenfolge und über Abbaumethoden während des 2. Genehmigungsschritts nur sehr allgemeine Aussagen vorlägen; auch in dem Genehmigungsentwurf werde über die Zulässigkeit der über den 1. Abbauschritt hinausgehenden Maßnahmen keine Aussage getroffen (vgl. S. 7 der Stellungnahme). Indes hat die Reaktorsicherheitskommission in ihrer abschließenden Stellungnahme ausdrücklich bestätigt, dass die vorgelegten Unterlagen im Hinblick auf § 19b AtVfV ausreichend seien (S. 20 der Stellungnahme vom 11./12.12.2007). Diese Auffassung der Reaktorsicherheitskommission steht mit dem Regelungskonzept von § 19b AtVfV im Einklang. § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV erfordert nicht, dass alle Abbauschritte in den mit dem Erstgenehmigungsantrag vorgelegten Unterlagen genehmigungsfähig beschrieben werden. Die Vorschrift erfordert nur, dass „Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung ... oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen“ in den Antragsunterlagen enthalten sind, die „die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist“.
73 
An der Richtigkeit der Einschätzung der Reaktorsicherheitskommission ändern auch die weiteren Rügen der Kläger nichts, die sich im Kern gegen das vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Verwaltungsverfahren richten. Auch in diesem Zusammenhang sind die Kläger aufgrund der Bestandskraft der 1. SAG mit Einwendungen gegen deren Rechtmäßigkeit ausgeschlossen. Im Übrigen durften die Kläger nicht die von ihnen geltend gemachte Erwartung hegen, etwaige Rügedefizite im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG würden in nachfolgenden Genehmigungsschritten geheilt. Vielmehr wären die Kläger gehalten gewesen, die von ihnen beanstandeten Fehler mit einem Rechtsbehelf gegen die 1. SAG geltend zu machen.
74 
Unabhängig hiervon greifen die Rügen der Kläger auch in der Sache nicht durch. Die Kläger beanstanden vor allem, dem im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der 1. SAG ausgelegten Sicherheitsbericht seien keine konkreten Angaben zu der Strahlenbelastung durch Direktstrahlung am Anlagenzaun und der Umgebungsüberwachung zu entnehmen; Betroffenen sei es deshalb nicht möglich gewesen, ihre Belastung durch Direktstrahlung zu überprüfen. Im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 ist die Strahlenexposition in der Umgebung während des gesamten Vorhabens in Kapitel 9 (S. 176 ff.) ausreichend dargestellt. In Kapitel 9.2.1 wird die Strahlenexposition durch Ableitung radioaktiver Stoffe mit der Luft, in Kapitel 9.2.2 durch Ableitung mit dem Abwasser dargestellt; Kapitel 9.4 (S. 182 f.) erörtert die Begrenzung der Strahlenexposition aus Direktstrahlung und aus Ableitungen radioaktiver Stoffe mit der Luft und dem Abwasser. Die von den Klägern vermissten weiteren Angaben zur Direktstrahlung waren im Sicherheitsbericht nicht zwingend veranlasst. Die Direktstrahlung ist lediglich für die Einhaltung des Dosisgrenzwerts nach § 46 StrlSchV von Bedeutung, der die Gesamtstrahlenexposition aus Direktstrahlung sowie sämtlichen Ableitungen und unter Berücksichtigung der radiologischen Vorbelastung am Standort und der Strahlenexposition infolge des geplanten Standortzwischenlagers erfasst. Die Gesamtstrahlenexposition darf den Grenzwert für die effektive Dosis gemäß § 46 Abs. 1 StrlSchV von 1 mSv im Kalenderjahr an keiner Stelle außerhalb des Betriebsgeländes der Anlage überschreiten; einen eigenständigen Grenzwert für die Direktstrahlung gibt es indes nicht. Da der Dosisgrenzwert nach den Darstellungen im Sicherheitsbericht zur 1. SAG deutlich unterschritten wird, waren weitere Darlegungen im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG nicht veranlasst. Auch hinsichtlich der Umgebungsüberwachung waren im Sicherheitsbericht für die 2. SAG keine zusätzlichen oder anderen Umstände im Sinne von § 4 Abs. 2 AtVfV darzulegen, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen ließen. Die Umgebungsüberwachung wird im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 in Kapitel 5.5 (S. 124) für das Gesamtvorhaben dargestellt. Der Sicherheitsbericht weist darauf hin, dass nach der Richtlinie zur Emissions- und Immissionsüberwachung kerntechnischer Anlagen (REI) ein Überwachungsprogramm sowohl durch den Betreiber der Anlage als auch von unabhängigen Messstellen im Auftrag der zuständigen Behörde durchzuführen ist. Weitergehende Darlegungen waren nicht zwingend veranlasst, insbesondere nicht die von den Klägern vermisste konkrete Darstellung der vorgesehenen Orte von Probeentnahmen.
75 
Fehl geht auch die Rüge der Kläger, die Reihenfolge des Abbaus von Systemen und Komponenten für den 2. Genehmigungsschritt sei in den im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen nur sehr allgemein beschrieben; eine Überprüfung der Wechselwirkungen zwischen dem Abbau von Systemen und Komponenten im Kontrollbereich (einschließlich Notstandsgebäude) und dem Betrieb des Brennelementlagerbeckens sei nicht ausreichend möglich. Vielmehr ist eine Beschreibung sämtlicher Abbauschritte im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 zur 1. SAG erfolgt (vgl. Kapitel 4, S. 76 ff.). Dort wurden auch die einzelnen zur Anwendung gelangenden Zerlege- und Abbauverfahren beschrieben und dargestellt, nach welchen Methoden die weitere Abbauplanung erfolgen wird. Schließlich enthält der Sicherheitsbericht zur 1. SAG in Kapitel 2.4 (S. 48 bis 54) eine überschlägige Beschreibung des radiologischen Ausgangszustands der Anlage. Der Detaillierungsgrad dieser Darstellung genügt den an einen Sicherheitsbericht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AtVfV zu stellenden Anforderungen. Die von den Klägern vermisste Zuordnung von Abbau- und Zerlegemethoden zu den einzelnen Anlagen und Komponenten ist von Rechts wegen nicht zwingend geboten. Entgegen der Auffassung der Kläger waren im Sicherheitsbericht für die 2. SAG auch nicht zusätzliche Störfallszenarien zu betrachten, die eine ergänzende Öffentlichkeitsbeteiligung notwendig gemacht hätten. Die Kläger machen auch in diesem Zusammenhang überwiegend Störfallszenarien geltend, die im Zusammenhang mit der Brennstofflagerung im Notstandsgebäude stehen. Nach dem oben unter 2.1.1.4 Dargelegten ist die Nasslagerung der Brennelemente nicht vom Gestattungsumfang der 2. SAG umfasst. Im Sicherheitsbericht zur Erteilung der 2. SAG war deshalb keine weitergehende Betrachtung von Störfallszenarien erforderlich, die im Zusammenhang mit der Brennstofflagerung im externen Becken stehen. Wie oben unter 2.1.2.2 näher dargestellt, wichen die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen auch nicht in einer Weise von der im Sicherheitsbericht zur 1. SAG beschriebenen Abbauplanung ab, dass der vorgegebene Rahmen der Gesamtmaßnahme überschritten worden wäre. Es stand deshalb im Ermessen des Beklagten, auf eine fakultative Öffentlichkeitsbeteiligung zu verzichten.
76 
Wie sich aus der Begründung der 2. SAG (B.I.2.4.1) ergibt, hat die Genehmigungsbehörde das ihr eröffnete Ermessen erkannt; die im Rahmen der Ermessensbetätigung angestellten Erwägungen leiden nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Mangel. Der Beklagte hat sich bei der Ausübung seines Ermessens im Wesentlichen davon leiten lassen, dass die Durchführung einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung weder relevante neue Informationen für die zu treffende Genehmigungsentscheidung liefern würde noch für die Rechtsschutz suchende Öffentlichkeit erforderlich wäre. In diesem Zusammenhang hat er darauf abgehoben, dass durch die beantragten Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen keine nachteiligen Auswirkungen für Dritte zu erwarten seien. Entgegen der Auffassung der Kläger war in die Ermessensentscheidung nicht mit besonderem Gewicht einzustellen, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung zur 1. SAG zwischen Juli und August 2006 und damit über fünf Jahre vor Erteilung der 2. SAG durchgeführt wurde. Zwar kann sich in einem derartigen Zeitraum der Kenntnisstand der Öffentlichkeit etwa zur eigenen Betroffenheit ändern. Auch im Rahmen der Ermessensausübung war die Genehmigungsbehörde jedoch nicht verpflichtet, das Gesamtabbauvorhaben  in den Blick zu nehmen, sondern durfte sich auf die mit der 2. SAG genehmigten Maßnahmen beschränken. Dies gilt im besonderen Maße vor dem Hintergrund, dass im vor Erteilung der 1. SAG durchgeführten förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren keinerlei Äußerungen aus der Bevölkerung eingegangen sind. Schließlich stellt auch der von den Klägern herausgestellte Umstand, dass im Gestattungsumfang der 2. SAG mit einem gegenüber der 1. SAG deutlich größeren Aktivitätsinventar umgegangen wird, keinen für die Ermessensausübung wesentlichen Gesichtspunkt dar. Die Einschätzung des Beklagten hinsichtlich des von einer en Öffentlichkeitsbeteiligung zu erwartenden Erkenntnisgewinns ist zumindest vertretbar und kann deshalb nicht als ermessensfehlerhaft beanstandet werden. Vor diesem Hintergrund begegnet auch die abschließend von dem Beklagten getroffene Abwägungsentscheidung zwischen den Belangen der interessierten Öffentlichkeit und dem öffentlichen Interesse an einer beschleunigten Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen bzw. der privaten Belange der Beigeladenen keinen Bedenken.
77 
2.1.3.3 Eine e Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG war nicht im Hinblick auf die von der Bundesrepublik Deutschland als Signatarstaat des Übereinkommens vom 25.06.1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention; Gesetz vom 09.12.2006, BGBl. II, S. 1251) geboten. Die Aarhus-Konvention ist nicht nur von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sondern von der Europäischen Union selbst ratifiziert worden; als sogenanntes gemischtes Abkommen ist sie Teil des Unionsrechts. Dabei spricht vieles dafür, dass hinreichend bestimmte und unbedingte Bestimmungen der Aarhus-Konvention unmittelbar anwendbares EU-Recht darstellen und aufgrund der Ratifikation durch die Bundesrepublik Deutschland auch als innerstaatliches Recht gelten (vgl. hierzu näher OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.02.2013 - 1 B 11266/12 - UPR 2013, 233; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.06.2012 - 8 B 38/08.AK - NuR 2012, 722). Darüber hinaus sind die nationalen Gerichte der Signatarstaaten gehalten, Bestimmungen der Aarhus-Konvention, denen wegen des darin enthaltenen Ausgestaltungsvorbehalts zugunsten der nationalen Rechtsordnung keine unmittelbare Wirkung zukommt, im Rahmen ihres nationalen Verwaltungsverfahrensrechts und Verwaltungsprozessrechts soweit wie möglich im Einklang mit den Zielen der Konvention zur Anwendung zu bringen (BVerwG, Urteil vom 05.09.2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312).
78 
Entgegen der Auffassung der Kläger gebieten die Bestimmungen der Aarhus-Konvention in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht die Durchführung einer en Öffentlichkeitsbeteiligung. Die von den Klägern herangezogene, allein einschlägige Bestimmung des Art. 6 Abs. 1a i.V.m. Nr. 1 des Anhangs I der Aarhus-Konvention verlangt, dass die Signatarstaaten unter anderem bei der Demontage oder Stilllegung von Kernkraftwerken oder Reaktoren ein Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren durchführen. Der Aarhus-Konvention liegt die Erkenntnis zugrunde, dass im Umweltbereich ein verbesserter Zugang zu Informationen und eine verbesserte Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren die Qualität und die Umsetzung von Entscheidungen verbessern, zum Bewusstsein der Öffentlichkeit in Umweltangelegenheiten beitragen, der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, ihre Anliegen zum Ausdruck zu bringen, und es den Behörden ermöglichen, diese Anliegen angemessen zu berücksichtigen (Erwägungsgründe, 9. Absatz). Zielsetzung der Konvention ist es, eine breitere Öffentlichkeit für Entscheidungsvorhaben im Umweltbereich zu interessieren und ihre Beteiligungsbereitschaft zu fördern, um hierdurch Vollzugsdefiziten zu Lasten der Umwelt entgegenzuwirken (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 18.07.2013 - 4 CN 3.12 - BVerwGE 147, 206). Zur Erreichung dieser Ziele sehen Art. 6 Abs. 2 und 3 der Aarhus-Konvention vor, dass die betroffene Öffentlichkeit im Rahmen umweltbezogener Entscheidungsverfahren frühzeitig über das Vorhaben informiert wird, damit der Öffentlichkeit ausreichend Zeit zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung während des Entscheidungsverfahrens gegeben wird. Nach Art. 6 Abs. 4 der Konvention sorgt jede Vertragspartei für eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Optionen noch offen sind und eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann. Damit soll der Anforderung von Art. 6 Abs. 8 der Aarhus-Konvention Rechnung getragen werden, wonach die Vertragsparteien sicherstellen, dass das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Entscheidung angemessen berücksichtigt werden kann.
79 
Diesen Vorgaben genügt das in § 19b Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 2, 4 AtVfV vorgesehene Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Stilllegung kerntechnischer Anlagen. Die danach bei Teilgenehmigungen oder - wie hier in Rede stehend - bei aufeinander bezogenen Genehmigungen für ein einheitliches Vorhaben des Abbaus einer kerntechnischen Anlage vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der ersten Genehmigung stellt in besonderem Maße sicher, dass Anregungen der Öffentlichkeit berücksichtigt werden können, bevor durch Beginn der Maßnahme vollendete Tatsachen geschaffen werden. Auch wird durch die entsprechend anwendbare Vorschrift des § 4 Abs. 2 und 4 AtVfV sichergestellt, dass eine e Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung weiterer Genehmigungen dann stattfindet, wenn im Sicherheitsbericht zusätzliche oder andere Umstände darzulegen wären, mithin eine wesentliche umweltrelevante Änderung im Verlaufe des Verfahrens eingetreten ist. Weder Art. 6 noch den übrigen Bestimmungen der Aarhus-Konvention lässt sich etwas für die von den Klägern vertretene Auffassung entnehmen, bei aufeinander bezogenen Genehmigungsschritten eines Abbauvorhabens müsse jeder Antragsgegenstand einem neuen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren zugänglich gemacht werden. Mithin war die Genehmigungsbehörde auch im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung gemäß § 19b, § 4 Abs. 4 AtVfV auch nicht mit Blick auf die Vorgaben der Aarhus-Konvention gehalten, im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG eine e Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.
80 
2.1.3.4 Ob bei einer fehlerhaft unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung die Kläger in eigenen Rechten verletzt würden, kann hiernach dahinstehen. Nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermittelt das atomrechtliche Verfahrensrecht jedenfalls, solange der Gesetzgeber nicht Verfahrensteilhaberechte unabhängig von einer potentiellen materiell- rechtlichen Betroffenheit schafft, Drittschutz nur im Hinblick auf eine bestmögliche Verwirklichung einer materiellen Rechtsposition. Dies hat zur Folge, dass ein auf einen Fehler des Verwaltungsverfahrens gestützter Rechtsbehelf eines Dritten nur Erfolg haben kann, wenn er dartut, dass und inwieweit sich die Nichtbeachtung der Verfahrensvorschrift auf seine materiell-rechtliche Rechtsposition ausgewirkt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie Beschluss vom 12.07.1993 - 7 B 114.92 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 42). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Dritte infolge des Verfahrensfehlers daran gehindert worden ist, Umstände vorzutragen, welche die Behörde nicht beachtet hat, denen sie aber bei einer den Anforderungen des § 7 Abs. 3 und Abs. 2 AtG entsprechenden Ermittlung und Bewertung von Risikofaktoren hätte nachgehen müssen. Eine derartige Beeinträchtigung ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten wird von den Klägern nicht substantiiert dargetan. Im Übrigen ist ihnen von der Genehmigungsbehörde jedenfalls nach Erteilung der 2. SAG umfassende Akteneinsicht gewährt worden.
81 
Nach alledem ist die 2. SAG nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen.
82 
2.2 Die der Beigeladenen erteilte 2. SAG leidet nicht an einem durchgreifenden materiell-rechtlichen Mangel. Der Beklagte hat die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik den Klägern gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG (dazu unter 2.2.1) und einen den Klägern gegenüber erforderlichen Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG (dazu unter 2.2.2) als gewährleistet ansehen dürfen. Auch kann die Klage nicht auf die behauptete fehlende Entsorgungsvorsorge und die unterbliebene Freigabeentscheidung gemäß § 29 StrlSchV gestützt werden (dazu unter 2.2.3).
83 
2.2.1 Der Beklagte durfte die gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen als getroffen ansehen.
84 
2.2.1.1 Ob die erforderliche Vorsorge gegen Schäden im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG gewährleistet ist, kann der Senat nur eingeschränkt überprüfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungs-gerichts ergibt sich aus der Normstruktur des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG, dass die Exekutive die alleinige Verantwortung für die Risikoermittlung und Risikobewertung trägt, also auch für die Entscheidung über Art und Ausmaß von Risiken, die hingenommen oder nicht hingenommen werden müssen (vgl. BVerwG, Urteile vom 14.01.1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115; sowie vom 10.04. 2008 - 7 C 39.07 - BVerwGE 131, 129; BVerfG, Beschluss vom 10.11.2009 - 1 BvR /07 - NVwZ 2010, 114 - jeweils mit weiteren Nachweisen aus der umfassenden Rechtsprechung). Daraus folgt, dass es nicht Sache der nachträglichen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle sein kann, die der Exekutive zugewiesene Wertung wissenschaftlicher Streitfragen einschließlich der daraus folgenden Risikoabschätzung durch eine eigene Bewertung zu ersetzen. Reichweite und Grenzen des sog. exekutiven Funktionsvorbehalts ergeben sich aus dem materiellen Recht, namentlich dessen Sinn und Zweck.
85 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dient der Funktionsvorbehalt der Exekutive einem dynamischen Grundrechtsschutz und rechtfertigt sich auch daraus, dass im Atomrecht die erforderliche Schadensvorsorge am in die Zukunft hinein offenen, die bestmögliche Verwirklichung des Schutzzwecks des § 1 Nr. 2 AtG gewährleistenden Maßstab des Stands von Wissenschaft und Technik zu messen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Es ist insoweit nicht Sache der Gerichte, Prognosen der Genehmigungsbehörde im Hinblick auf Situationen zu korrigieren, die allenfalls im Grenzbereich des nach praktischer Vernunft noch Möglichen liegen können. Dabei erschöpft sich der Funktionsvorbehalt der Genehmigungsbehörde nicht in der Identifikation der vorsorgerelevanten Risikoszenarien, sondern umfasst auch die konkrete Ausgestaltung des im Bereich der Risikovorsorge erforderlichen Schutzes. Allerdings ist das Maß des erforderlichen Schutzes normativ vorgegeben. Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 AtG legt die Exekutive normativ auf den Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge fest und lässt die Genehmigungserteilung nur zu, wenn Gefahren und Risiken durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage „praktisch ausgeschlossen“ erscheinen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12.11.2008 - 1 BvR 2456/06 - DVBl. 2009, 642). Dementsprechend unterliegen die behördliche Risikoermittlung und -bewertung einschließlich des hinzunehmenden Restrisikos nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Die Gerichte sind darauf beschränkt zu überprüfen, ob die der behördlichen Beurteilung zugrunde liegende Risikoermittlung und -bewertung auf einer ausreichenden Datenbasis beruht und dem Stand von Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt der Behördenentscheidung Rechnung trägt, die Behörde also im Hinblick auf die Ergebnisse des von ihr durchgeführten Genehmigungsverfahrens „diese Überzeugung von Rechts wegen haben durfte“ (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; sowie vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - BVerwGE 78, 177; Beschluss vom 02.07.1998 - 11 B 30.97 - NVwZ 1999, 654). Das Gericht ist deshalb auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Genehmigungsbehörde willkürfrei annehmen durfte, dass der erforderliche Schutz gegen die Risiken einer Leben oder Gesundheit Drittbetroffener möglicherweise gefährdenden Freisetzung ionisierender Strahlen nach Maßgabe des insoweit vorgesehenen Sicherungs- und Schutzkonzepts gewährleistet ist und Risiken damit praktisch nicht zu gegenwärtigen sind. Die Behörde darf aber nicht maßgebliche wissenschaftliche Erkenntnisse negieren oder in grober Weise fehl gewichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.08.1996 - 11 C 9.95 - DVBl. 1997, 52). Aus dem Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge folgt, dass die Exekutive im Rahmen ihrer prognostischen Einschätzung alle wissenschaftlich und technisch vertretbaren Erkenntnisse heranzuziehen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - BVerwGE 81, 185). Vorsorge bedeutet zudem, dass bei der Beurteilung von Schadenswahrscheinlichkeiten nicht allein auf das vorhandene ingenieurmäßige Erfahrungswissen zurückgegriffen werden darf, sondern Schutzmaßnahmen auch anhand „bloß theoretischer“ Überlegungen und Berechnungen in Betracht gezogen werden müssen, um Risiken aufgrund noch bestehender Unsicherheiten oder Wissenslücken zuverlässig auszuschließen. Unsicherheiten bei der Risikoermittlung und -bewertung ist nach Maßgabe des sich daraus ergebenden Besorgnispotenzials durch hinreichend konservative Annahmen Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.).
86 
2.2.1.2 Bei Anwendung dieser Grundsätze durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Beeinträchtigungen, die aus einer planmäßigen Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen und des genehmigten Stilllegungsreglements herrühren, getroffen worden ist. Welches Risiko hiernach bei der Erteilung einer atomrechtlichen Genehmigung Drittbetroffenen zugemutet werden darf, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 12 Abs. 1 Nr. 2 AtG die Exekutive dazu ermächtigt, näher zu bestimmen, welche Vorsorge zu treffen ist, damit bestimmte Strahlendosen und Konzentrationen radioaktiver Stoffe in der Luft und im Wasser nicht überschritten werden. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen und bestimmte Konzentrationen radioaktiver Stoffe in Luft und Wasser nicht überschritten werden, wird durch die Bestimmung der Dosisgrenzwerte (§§ 46, 47 StrlSchV) konkretisiert. Dieser Wert konkretisiert die Schutzwirkung zugunsten Dritter, weil er die äußerste, nicht mehr überschreitbare Grenze der erforderlichen Schadensvorsorge bestimmt und damit nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch den Einzelnen vor den Gefahren und Risiken der Kernenergie bewahren soll. Soweit die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Entscheidung die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik dem Einzelnen gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden als getroffen ansehen darf, hat es damit auch für den Drittschutz sein Bewenden. Mehr als die erforderliche Vorsorge, die auf den praktischen Ausschluss eines sich als Grundrechtsverletzung darstellenden Schadens hinausläuft, kann ein Dritter nicht verlangen. Insbesondere gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexpositionen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; vom 19.12.1985 - 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300; sowie vom 22.12.1980 - 7 C 84.78 - BVerwGE 61, 256).
87 
Die Genehmigungsbehörde ist aufgrund der von der Beigeladenen vorgelegten fachkundigen Berechnungen, die von dem gemäß § 20 AtG herangezogenen Sachverständigen geprüft worden sind, zu dem Ergebnis gelangt, dass bei Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen und einem ordnungsgemäßen Stilllegungsbetrieb die gemäß §§ 46, 47 StrlSchV hinzunehmenden Werte bei weitem nicht erreicht werden. Die Kläger sehen Defizite in der Schadensvorsorge dadurch begründet, dass die Beigeladene keine ausreichende radiologische Charakterisierung der Anlage vorgenommen habe und sich zum Zeitpunkt der Abbaumaßnahmen noch Kernbrennstoffe in der Anlage befänden. Indes ist der Beklagte willkürfrei ohne Ermittlungs- und Bewertungsdefizite zu dem Ergebnis gelangt, dass bei einem bestimmungsgemäßen Stilllegungs- und Abbaubetrieb die erforderliche Schadensvorsorge getroffen wird und deshalb nicht die Überschreitung von Grenzwerten droht.
88 
2.2.1.2.1 Vor Erteilung der 2. SAG ist eine ausreichende radiologische Charakterisierung der Anlage zumindest in dem Umfang erfolgt, wie dies für die Gewährleistung der erforderlichen Schadensvorsorge notwendig ist. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die radiologische Charakterisierung der Anlage vor ihrem Abbau nicht lediglich für die Bemessung der Deckungsvorsorge nach Maßgabe von § 13 AtG i.V.m. der Verordnung über die Deckungsvorsorge nach dem Atomgesetz (AtDeckV), sondern auch für die sachgerechte Planung der Abbaumaßnahmen notwendig ist. So ist eine hinreichende Kenntnis der radiologischen Ausgangssituation für die Wahl der Abbau- und Zerlegeverfahren sowie für eine fehlerfreie Störfallbetrachtung unerlässlich. Aus diesem Grund hat eine sachgerechte radiologische Charakterisierung Bedeutung für die Einhaltung der erforderlichen Schadensvorsorge gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 bzw. Nr. 5 AtG. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG ist eine ausreichende radiologische Charakterisierung der abzubauenden Anlage erfolgt.
89 
Grundlage der 2. SAG ist nach A.II. Nr. 15 der Erläuterungsbericht Nr. 13 „Radiologischer Anlagenzustand“ (Index a vom 22.02.2010). Der Bericht beschreibt den radiologischen Zustand des KWO zum Bezugszeitpunkt 01.01.2010, schätzt das radioaktive Gesamtinventar der Anlage ab und ordnet dieses einzelnen Komponenten zu. Der Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission vom 11./12.12.2007 kann entgegen der Auffassung der Kläger nicht entnommen werden, dass die radiologische Charakterisierung der Anlage nicht in ausreichendem Umfang erfolgt wäre. Zwar hat die Reaktorsicherheitskommission in dieser im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG abgegebenen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass eine umfassende und detaillierte radiologische Charakterisierung der gesamten Anlage Basis für das gesamte Stilllegungs- und Abbaukonzept einschließlich der Transport- und Lagerlogistik sei; da eine solche radiologische Charakterisierung detailliert noch nicht für die gesamte Anlage durchgeführt worden sei, könne dieser Punkt aus Sicht der Kommission noch nicht vollständig bewertet werden. Indes hat die Beigeladene als Reaktion auf diese Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission eine ergänzende radiologische Charakterisierung erstellt, deren Detaillierungsgrad über den im Genehmigungsverfahren zur Erteilung der 1. SAG vorgelegten Erläuterungsbericht hinausgeht. Nach dem Vortrag der Beigeladenen hat die Reaktorsicherheitskommission diese nicht in das Verfahren zur Erteilung der 2. SAG eingeführte ergänzende radiologische Charakterisierung im Rahmen des aufsichtlichen Verfahrens geprüft und gebilligt. Unabhängig hiervon hat die Beigeladene im Verfahren zur Erteilung der streitgegenständlichen 2. SAG eine zusammenfassende Darstellung der radiologischen Charakterisierung der Anlage mit Schreiben vom 06.07.2010 der Genehmigungsbehörde vorgelegt. Die zuständige Entsorgungskommission hat sich in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 mit der Untersuchung „radiologische Charakterisierung der Anlage“ vom 06.07.2010 auseinandergesetzt und diese gebilligt. Nach Erkenntnis der Entsorgungskommission entsprächen die in den Unterlagen zusammengestellten Daten im Wesentlichen dem Stand in anderen Stilllegungsverfahren und gäben einen groben Überblick über den radiologischen Zustand der Anlage. Für die konkrete Durchführung der einzelnen Abbaugewerke seien die Daten im Rahmen der Abbauplanung durch weitere Probenahmen zu verifizieren und zu ergänzen. Die in der radiologischen Charakterisierung noch fehlenden Aktivitätsangaben von relevanten Nukliden wie z.B. H-3 und C-14 hätten keinen Einfluss auf die Konzeption der Maßnahmen und seien spätestens im Rahmen der Abbauplanung zu ergänzen. Dies gelte auch für die bisher nur auf Basis von Wischtesten durchgeführte radiologische Charakterisierung der Gebäudestrukturen im Kontrollbereich; für die Festlegung von abdeckenden Nuklidvektoren seien auch hier Materialproben erforderlich. Zusammengefasst führt die Entsorgungskommission aus, dass sie „insgesamt keine Bedenken gegen das geplante und nunmehr weiter konkretisierte Gesamtkonzept zur Stilllegung und den Abbau der Anlage KWO“ habe (S. 7 der Stellungnahme vom 09.06.2011). Entgegen der Auffassung der Kläger hat die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 keine gegenüber den früheren Forderungen der Reaktorsicherheitskommission zurückbleibenden Anforderungen an die radiologische Charakterisierung der Anlage gestellt. Vielmehr hat die Entsorgungskommission dem Umstand Rechnung getragen, dass die Beigeladene im Verlaufe des Verfahrens ergänzende, bei Erteilung der 1. SAG noch nicht vorliegende radiologische Charakterisierungen vorgenommen hat. Auch die von den Klägern beanstandete Formulierung in der Stellungnahme der Entsorgungskommission, wonach für die konkrete Durchführung der einzelnen Abbaugewerke weitere Probenahmen und die Verifizierung der gewonnenen Daten notwendig sei, ist nicht im Sinne eines herabgesetzten Darstellungsniveaus zu bewerten. Vielmehr ist diese Aussage so zu verstehen, dass ergänzende Probenahmen vor Abbaumaßnahmen lediglich in den nicht zugänglichen Anlagenteilen für statthaft gehalten werden. Im Übrigen haben die Kläger kein plausibles Szenario geltend gemacht, bei dem die von ihnen beanstandete unzureichende radiologische Charakterisierung zu einer von Rechts wegen nicht hinzunehmenden Strahlenexposition führen könnte. Zu Recht räumen die Kläger ein, dass selbst bei einer nicht in jeder Hinsicht ausreichenden radiologischen Charakterisierung keine Überschreitung der relevanten Dosisgrenzwerte für den bestimmungsgemäßen Stilllegungsbetrieb zu erwarten ist. Die Kläger sehen vielmehr lediglich einen Verstoß gegen das Strahlenminimierungsgebot des § 6 StrlSchV, das nach dem oben unter 2.2.1.2 Ausgeführten jedoch nicht drittschützend ist.
90 
2.2.1.2.2 Auch der Umstand, dass die Anlage KWO zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG und deren bestimmungsgemäßer Ausnutzung nicht kernbrennstofffrei ist, führt nicht zu einem Schadensvorsorgedefizit zu Lasten der Kläger. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die 2. SAG ebenso wie die 1. SAG keine zeitlichen Vorgaben für die Entfernung der bestrahlten Brennelemente aus dem externen Lagerbecken im Notstandsgebäude enthält. Fehl geht indes ihre Annahme, die Kernbrennstofffreiheit der Anlage sei nach den maßgeblichen Regelwerken Grundvoraussetzung für die Vornahme von Abbauarbeiten. Vielmehr fordert Ziff. 2.1 des Leitfadens zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau von Anlagen oder Anlagenteilen nach § 7 des Atomgesetzes vom 26.06.2009 (Bundesanzeiger 2009, Nr. 162a) in Absatz 4 lediglich, dass „solange sich während des Stilllegungsverfahrens noch Kernbrennstoff über den in § 2 Abs. 3 AtG genannten Massen oder Konzentrationen in der Anlage befindet, die dafür notwendigen Anforderungen zur Gewährleistung der Sicherheit weiterhin zu erfüllen“ sind. In Übereinstimmung hiermit sehen auch die „Empfehlungen der ESK Leitlinien zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen“ vom 09.09.2010 (Bundesanzeiger 2010, Nr. 187) vor, dass nach Beendigung des auslegungsgemäßen Betriebs die erforderliche Vorsorge gegen Schäden nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zu treffen sei. Dazu sei die Einhaltung der Schutzziele Kontrolle der Radioaktivität, Abfuhr der Zerfallswärme, Einschluss der radioaktiven Stoffe und Begrenzung der Strahlenexposition sicherzustellen. Nach Erreichen der Kernbrennstofffreiheit seien nur noch die Schutzziele „Einschluss der radioaktiven Stoffe“ und „Begrenzung der Strahlenexposition“ sicherzustellen. Deshalb sei es zweckmäßig, Kernbrennstofffreiheit möglichst schnell herzustellen. Das Herstellen der Kernbrennstofffreiheit wird dabei ausdrücklich als optionale stilllegungsvorbereitende Maßnahme bezeichnet (vgl. Ziff. 4 der Leitlinien). Auch nach den Empfehlungen der Entsorgungskommission ist die Kernbrennstofffreiheit bzw. der Abtransport der Brennelemente nicht unabdingbare Voraussetzung für die Stilllegung und den Abbau einer kerntechnischen Anlage. In Übereinstimmung hiermit sind sowohl die Reaktorsicherheitskommission in ihrer Stellungnahme vom 11./12.12.2007 zur 1. SAG als auch die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 im Rahmen des gegenständlichen Genehmigungsverfahrens zu der Erkenntnis gelangt, dass der Weiterbetrieb des externen Brennelementlagers keine sicherheitsrelevanten Wechselwirkungen mit den gestatteten Abbaumaßnahmen erwarten lasse. So hat die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 auf die entsprechenden Fragen des Bundesministeriums für Umwelt und Reaktorsicherheit ausgeführt:
91 
„Die ESK ist der Auffassung, dass alle geplanten Schritte und Maßnahmen des Stilllegungs- und Abbaukonzeptes technisch machbar und sachgerecht aufeinander abgestimmt sind und nicht von den allgemeinen Angaben zum Gesamtkonzept der Stilllegung, die im Rahmen des Verfahrens zur 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vorgelegt wurden, abweichen. Vielmehr stellen die geplanten Maßnahmen eine notwendige und sinnvolle Konkretisierung dar…. Die Maßnahmen zu Umgang und Lagerung der bestrahlten Brennelemente im externen Nasslager sowie die spätere Beladung von Transport- und Lagerbehältern und deren Transport in ein Standortzwischenlager wurden nachvollziehbar dargestellt. Durch die Berücksichtigung der Schnittstellen der sicherheitstechnisch relevanten Systeme des externen Nasslagers zu den außerhalb des externen Nasslagers liegenden Teilen dieser Systeme beim Abbau kann eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit dieser Systeme vermieden werden. Damit ist aus Sicht der ESK die Autarkie des externen Nasslagers sichergestellt.“ (S. 6 f. der Stellungnahme vom 09.06.2011).
92 
Die Kläger rügen in diesem Zusammenhang weiter, mit der 2. SAG werde in unzulässiger Weise auch der Abbau von Einrichtungen des Brennelementlagerbeckens genehmigt; dies sei unzulässig, da für das System und die Komponenten keine belastbare radiologische Charakterisierung möglich sei. Auch hierin liegt kein Defizit der Schadensvorsorge zu Lasten der Kläger. Wie oben unter 2.2.1.2.1 näher dargestellt, hat die Beigeladene in ihrem ergänzenden Bericht vom 06.07.2010 eine umfassende radiologische Charakterisierung der Anlage vorgenommen und dabei auch das Notstandsgebäude (Bau 37) in ihre Betrachtung einbezogen. Unschädlich ist der von den Klägern beanstandete Umstand, dass aufgrund der fortdauernden Lagerung der Brennelemente eine weitere Erhöhung der Radioaktivität in Bau 37 möglich erscheint und deshalb noch keine abschließende Charakterisierung des dortigen Aktivitätsinventars möglich war. Es handelt sich dabei um Bereiche, die entsprechend der Stellungnahme der Entsorgungskommission vom 09.06.2011 im Verlaufe der Abbaumaßnahmen weiter zu untersuchen und abschließend zu charakterisieren sind.
93 
2.2.1.3 Die Genehmigungsbehörde durfte auch die erforderliche Vorsorge gegen die Auswirkungen von Störfällen, die in Ausnutzung der mit der 2. SAG genehmigten Einzelmaßnahmen zu betrachten waren, als getroffen ansehen. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen bei den zu betrachtenden Störfallereignissen nicht überschritten werden, wird durch den anwendbaren Störfallplanungswert abschließend konkretisiert; auch insoweit gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexposition bei den zu betrachtenden Störfallereignissen (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie vom 10.04. 2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.). Zutreffend ist die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen, dass der für den Abbau und die Stilllegung von Kernkraftwerken maßgebende Störfallplanungswert gemäß § 117 Abs. 16 StrlSchV i.V.m. § 50 StrlSchV 50 mSv beträgt.
94 
Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Schutzkonzept des § 117 Abs. 16 StrlSchV nicht durch wissenschaftliche Erkenntnisfortschritte dergestalt überholt, dass es der rechtlichen Prüfung nicht mehr zugrunde zu legen wäre. Dabei kann es bei der von Rechts wegen gebotenen Überprüfung, ob der Verordnungsgeber seinem gesetzlichen Auftrag genügt hat, den Störfallplanungswert unter Kontrolle zu halten und notfalls nachzubessern, nicht darum gehen, von Gerichts wegen einen bestimmten Stand der Wissenschaft festzustellen. Im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AtG ist dies vielmehr Aufgabe des Verordnungsgebers, der dabei eine wertende Risikoabschätzung vorzunehmen hat, die nur beschränkt gerichtlich überprüft werden kann. Diese Einschränkung der gerichtlichen Überprüfung folgt dabei schon daraus, dass jede gesetzliche Ermächtigung dem Verordnungsgeber Gestaltungsspielräume eröffnet, in die eine (inzidente) gerichtliche Normenkontrolle nicht eindringen darf. Speziell bei einer Verordnung, die zur Konkretisierung des atomrechtlichen Gebots der Schadensvorsorge gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG dient, darf eine gerichtliche Überprüfung nicht dazu führen, dass sich die politische Verantwortung für die Risikoermittlung und -bewertung von der Exekutive auf die Gerichte verlagert. Dies wäre indes der Fall, wenn die Gerichte hier ihre eigenen Bewertungen an die Stelle der Risikoabschätzung des Verordnungsgebers setzen könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.02.1998 - 11 B 5.98 - DVBl. 1998, 596). Der Verordnungsgeber hat sich in § § 117 Abs. 16 StrlSchV für ein konservatives Schutzkonzept entschieden. Einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich bleibt deswegen im Wesentlichen lediglich, ob aufgrund neuerer Erkenntnisse das Schutzkonzept des Verordnungsgebers überholt ist. Dies ist weder ersichtlich noch haben die Kläger hierfür überzeugende Anhaltspunkte dargelegt. Allein der Umstand, dass das Bundesamt für Strahlenschutz in von den Klägern benannten anderen Genehmigungsverfahren anscheinend geringere Grenzwerte zugrunde gelegt hat, sagt nichts darüber aus, ob der in § 117 Abs. 16 StrlSchV durch den Verordnungsgeber festgelegte Wert nicht mehr dem Stand der Wissenschaft entspricht. Unabhängig hiervon liegen die von dem Gutachter ermittelten Störfallauswirkungen weit unterhalb des maßgeblichen Störfallplanungswertes, sodass sich die von den Klägern aufgeworfene Frage nicht entscheidungserheblich stellt.
95 
Die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Störfallbetrachtung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Beigeladene hat mit ihren Genehmigungsunterlagen die Störfallbetrachtung des Sachverständigenbüros ... vom 31.03.2010 vorgelegt, die von dem amtlich bestellten Sachverständigen (§ 20 AtG) und der Genehmigungsbehörde kritisch gewürdigt wurde. Die Gutachter haben im Rahmen ihrer Störfallbetrachtung sämtliche zu unterstellenden sicherheitstechnisch bedeutsamen Ereignisabläufe des Stilllegungsbetriebes und des Abbaus der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen untersucht. Zutreffend haben die Sachverständigen für die Ermittlung der relevanten Ereignisabläufe den Stilllegungsleitfaden vom 12.08.2009 (Bundesanzeiger 2009, Nr. 162a) sowie ergänzend die Störfall-Leitlinien vom 18.10.1983 (Nr.3.33 des Handbuchs für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz) zugrunde gelegt. In Anwendung dieser Vorgaben haben die Gutachter radiologisch repräsentative Ereignisabläufe für Einwirkungen von Innen (EVI) und Einwirkungen von Außen (EVA) untersucht und sind zu der rechnerischen Prognose gelangt, dass der einzuhaltende Störfallplanungswert von 50 mSv bei Weitem - für die meisten zu betrachtenden Szenarien um mehrere Größenordnungen - unterschritten wird. Entgegen der Auffassung der Kläger bestehen weder Ermittlungsdefizite hinsichtlich der Identifizierung der Störfallszenarien noch Bewertungsdefizite hinsichtlich der Auswirkungen der zu betrachtenden Störfälle. Die Genehmigungsbehörde durfte deshalb die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Schadensvorsorge gegen Störfälle im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG als getroffen ansehen.
96 
2.2.1.3.1 In rechtlich nicht zu beanstandender Weise ist die Genehmigungsbehörde zu der Erkenntnis gelangt, dass die erforderliche Schadensvorsorge gegen den Absturz von Lasten bei dem Stilllegungsbetrieb und Abbau der Anlage gewährleistet ist. In der Störfallbetrachtung des Gutachtensbüros ... vom 31.03.2010 wurden verschiedene Absturzszenarien dargestellt und deren radiologische Auswirkungen ermittelt; die Gutachter legen überzeugend näher dar, warum die von ihnen betrachteten Absturzszenarien radiologisch repräsentativ sind. Dabei wird der Absturz eines Gussbehälters oder eines Fasses mit kontaminierten Schlämmen im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60), der Absturz von Lasten in den Lagergebäuden (Bau 39 und Bau 52) sowie der Absturz von anderweitigen Lasten, insbesondere auch von demontierten Großkomponenten des Primärkreislaufs, in sonstigen Gebäuden untersucht (vgl. Kapitel 3.3 Seite 26 ff. des Technischen Berichts). Damit haben die Sachverständigen im Rahmen der Störfallbetrachtung auch Szenarien betrachtet, die nach dem zutreffenden rechtlichen Ansatz der Genehmigungsbehörde nicht in Ausnutzung der 2. SAG eintreten können. So haben die Gutachter u. a. auch den Absturz von Lagerbehältern in den Gebäuden Bau 39 und 52 untersucht, obwohl die baulichen Änderungsmaßnahmen und die Nutzungsänderung dieser Gebäude zur Lagerung von Abfallgebinden nicht mit der gegenständlichen 2. SAG, sondern bereits mit der bestandskräftigen 1. SAG vom 28.08.2008 genehmigt worden sind. Den Einwendungen der Kläger gegen die Störfallbetrachtung hinsichtlich des Lastenabsturzes in den beiden Lagergebäuden Bau 39 und 52 steht deshalb bereits die Bestandskraft der 1. SAG entgegen.
97 
Unabhängig hiervon gehen die Rügen der Kläger gegen die Störfallbetrachtung des Lastenabsturzes auch in der Sache fehl. Entgegen der Auffassung der Kläger hat der Gutachter ... nicht nur den Absturz eines Gussbehälters im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60) untersucht, sondern auch den Absturz von Lasten in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 in den Blick genommen (vgl. Kapitel 3.3.1.2 des Technischen Berichts vom 31.03.2010, Seite 27 f.). Hinsichtlich des Absturzes eines der 200 l Rollreifenfässer, in denen in Bau 39 verpackte Betriebsabfälle gelagert werden, gelangt der Gutachter in Anbetracht der möglichen Absturzhöhen zu der Erkenntnis, dass eine Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Raumluft nicht zu unterstellen sei. Im Hinblick auf den Absturz eines Abfallbehälters (Container, Gussbehälter) in beiden Lagergebäuden legt der Gutachter nachvollziehbar und überzeugend näher dar, dass nur mit der Freisetzung geringer Mengen radioaktiver Stoffe in den Lagerbereich zu rechnen sei; radiologisch relevante Auswirkungen auf die Umgebung seien nicht zu unterstellen. Gleichwohl untersuchte der Gutachter den Absturz eines mit metallischen radioaktiven Abfällen beladenen Containers im Bedien- und Wartebereich unter konservativen Annahmen und errechnete bei einer maximal möglichen Absturzhöhe von ca. 3,5 m eine Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung von ca. 18 Bq. Zutreffend wenden die Kläger ein, dass bei der Freisetzungsbetrachtung von in besonderen Verfahren qualifizierten Behältern ausgegangen wird. Indes wird durch die Regelungen in der maßgeblichen 1. SAG sichergestellt, dass lediglich derartige Behälter zum Einsatz gelangen. So wird in Kapitel B.2.4.4.1 (Seite 41) der 1. SAG näher dargelegt, dass nicht an eine Landessammelstelle abzuliefernde radioaktive Abfälle in der Anlage KWO oder in externen Einrichtungen nach speziellen Verfahren in der Weise zu behandeln sind, dass physikalisch-chemisch stabile Abfallprodukte entstehen und der sichere Einschluss der radioaktiven Stoffe gewährleistet ist; die Sicherheitsanforderungen an die Zwischenlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle der einschlägigen RSK-Empfehlungen seien zu beachten. Anknüpfend hieran bestimmt die Nebenbestimmung A.III.9.2 der 2. SAG, dass bei Transporten von radioaktiven Stoffen auf dem Anlagengelände technische Sicherheitsmaßnahmen zu treffen sind, die Gefahren für Beschäftigte und die Allgemeinheit vermeiden. Dazu wird Bezug genommen auf die Genehmigungsunterlage A.II.Nr.13, also den Erläuterungsbericht Nr. 11 „Lagerung und Transport von radioaktiven Reststoffen und radioaktiven Abfällen“; dort sind Lagerung und Transport von radioaktiven Reststoffen und radioaktiven Abfällen detailliert beschrieben. Ferner ist nach der Nebenbestimmung A.III.9.3 zur 2. SAG bei der Vorbehandlung und Konditionierung radioaktiver Abfälle nach den von der Aufsichtsbehörde nach § 20 AtG zugezogenen Sachverständigen geprüften Prüffolge- und Ablaufplänen, die die wesentlichen Arbeits- und Prüfschritte enthalten, bzw. nach geprüften Fach- und Arbeitsanweisungen vorzugehen. Des Weiteren sehen die verbindlichen Annahmebedingungen für die beiden Lagergebäude Bau 39 und Bau 52 vor, dass die Abfallgebinde bestimmte Sicherheitsanforderungen zu erfüllen haben. Durch die Gesamtheit dieser Regelungen wird hinreichend sichergestellt, dass Abfälle nur in dazu geeigneten und bestimmten Behältern zwischengelagert werden.
98 
Zu Recht ist die Genehmigungsbehörde davon ausgegangen, dass der Absturz eines Castor-Behälters im externen Brennelementlagerbecken nicht in die Störfallbetrachtung einzubeziehen war. Auch in diesem Zusammenhang verkennen die Kläger, dass - wie oben unter 2.1.1.4 näher dargestellt - die Lagerung von Brennelementen im externen Lagerbecken nicht Genehmigungsinhalt der 2. SAG ist. Die von den Klägern beanstandeten Hebeeinrichtungen werden ebenfalls nicht durch die 2. SAG legalisiert und sind deshalb in diesem Verfahren nicht zu betrachten. Zutreffend dürfte die Beigeladene im Übrigen darauf hinweisen, dass die Hebeeinrichtungen im Notstandsgebäude nach den erhöhten Anforderungen der KTA-Regeln ausgelegt sind und deshalb die Wahrscheinlichkeit eines katastrophalen Versagens dieser Einrichtungen soweit reduziert ist, dass das verbleibende Risiko in willkürfreier Weise dem Restrisiko zugeordnet werden durfte.
99 
2.2.1.3.2 Die Genehmigungsbehörde durfte von Rechts wegen davon ausgehen, dass die erforderliche Schadensvorsorge gegen Erdbeben getroffen ist. Die Kläger machen in diesem Zusammenhang geltend, die Erdbebensicherheit des Notstandsgebäudes und des dortigen Brennelementlagerbeckens sei im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG nicht nachgewiesen worden. Die im Genehmigungsverfahren erfolgte Bezugnahme auf frühere Untersuchungen sei im Hinblick auf die inzwischen eingetretenen Änderungen nicht ausreichend; auch bezüglich der Restanlage sei anzunehmen, dass keine neuen Betrachtungen zum Bemessungserdbeben vorgenommen worden seien. Ferner habe die Genehmigungsbehörde die Möglichkeit eines Folgebrandes nach einem Erdbeben nicht untersucht.
100 
Die Bedenken der Kläger hinsichtlich der Erdbebensicherheit beziehen sich demnach überwiegend auf die Brennstofflagerung im externen Notstandsgebäude. Ob dieses ausreichend gegen Erdbeben ausgelegt ist, ist für die Rechtmäßigkeit der 2. SAG jedoch ohne Belang, da durch diese - wie wiederholt dargelegt - weder Errichtung noch Betrieb des Notstandsgebäudes und des dortigen Brennelementlagerbeckens legalisiert werden. Zutreffend weist die Beigeladene im Übrigen darauf hin, dass eine Stilllegungs- und Abbaugenehmigung den tatsächlich vorhandenen technischen Zustand eines Kernkraftwerks in den Blick nimmt. Ob diese Anlage auch nach derzeitigem Erkenntnisstand ausreichend gegen Erdbeben ausgelegt ist, ist für die Rechtmäßigkeit einer Abbaugenehmigung ohne Belang. Die Erdbebensicherheit ist bei Erteilung der 2. SAG nur insoweit zu untersuchen, als konkrete Anforderungen an die genehmigten Abbauarbeiten oder des geänderten Stilllegungsreglements zu erfüllen sind. Unabhängig hiervon hat das Gutachtensbüro ... in seinem technischen Bericht vom 31.03.2010 den „Störfall Erdbeben“ betrachtet und als radiologisch repräsentative Ereignisse das Leerlaufen des Abwasserverdampfers in Bau 2, das Auslaufen von Verdampferkonzentraten im Abfallbehandlungsgebäude sowie den Einsturz der Lagergebäude (Bau 39 und 52) zu Beginn und Ende des Vorhabens betrachtet. Die Gutachter gelangen dabei zu einem maximalen Wert der effektiven Dosis von 0,17 mSv bei einem Erdbeben gegen Ende des Vorhabens; dieser Wert liegt rund drei Größenordnungen unter dem Störfallplanungswert von 50 mSv. Da der Gutachter damit die im Gestattungsumfang der 2. SAG maximal zu gegenwärtigen Erdbebenauswirkungen zugrunde gelegt und den Einsturz der relevanten Lagergebäude unterstellt hat, stellt sich die von den Klägern aufgeworfenen Problematik des Bemessungserdbebens nicht.
101 
2.2.1.3.3 Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch die erforderliche Schadensvorsorge gegen den zufälligen Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeuges getroffen worden.
102 
Die Kläger kritisieren die Störfallbetrachtung zur 2. SAG im Hinblick auf den Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs und machen geltend, die dort zugrunde gelegten Ermittlungen zur Absturzwahrscheinlichkeit für ein Militärflugzeug aus dem Jahre 2000 seien im Hinblick auf die veränderte Sicherheitslage nicht mehr hinreichend belastbar. Der Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs könne in Anbetracht der Konflikte im Kosovo und Afghanistan und der deutschen Reaktion hierauf nicht mehr ohne Weiteres dem Restrisiko zugeordnet werden. Die Konservativität der vom Gutachter angenommenen Randbedingungen sei den Unterlagen nicht zu entnehmen; nicht nachvollziehbar sei, warum der Gutachter bei seinem Störfallszenario mit Brand geringere Auswirkungen annehme als bei einem Absturz ohne Brand.
103 
Das Szenario zufälliger Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs wird in der 2. SAG  betrachtet. Vielmehr nimmt die Begründung der streitgegenständlichen Genehmigung (B.I.3.3.5, S. 48) im Wesentlichen lediglich auf die entsprechenden Ausführungen in der 1. SAG und das dort bewertete Störfallszenario Bezug. In der 1. SAG wird der zufällige Flugzeugabsturz unter B.II.4.3.9 (S. 99 f.) abgehandelt. Die Genehmigungsbehörde geht davon aus, dass das Risiko eines Flugzeugabsturzes schon für den Leistungsbetrieb der Anlage als vernachlässigbar gering zu bewerten sei. Der unter konservativen Annahmen ermittelte Wert für die Absturzhäufigkeit einer schnell fliegenden Militärmaschine bestätige die Einstufung als sehr seltenes Ereignis; dies gelte auch für die Stilllegung und den Abbau. Die Lage des Kernkraftwerkes und die Wirkung vorgelagerter Gebäude verminderten zudem die Wahrscheinlichkeit, dass ein relevantes Gebäude der Anlage KWO getroffen werde. Unabhängig hiervon weise insbesondere das Notstandsgebäude, in dem die bestrahlten Brennelemente bis zu ihrem Abtransport gelagert würden, eine Auslegung gegen Flugzeugabsturz auf. Weiterhin sei der Flugzeugabsturz auf die bestehenden Lagergebäude (Bau 39 und 52) untersucht worden, in denen die beim Abbau der Anlage anfallenden radioaktiven Reststoffe gelagert werden sollten. Die radiologische Belastung der Umgebung infolge des auslegungsüberschreitenden Ereignisses Flugzeugabsturz wird von der Genehmigungsbehörde als so niedrig bewertet, dass weitere Maßnahmen zur Minimierung der radiologischen Auswirkungen auf die Bevölkerung in der Umgebung nicht erforderlich seien. In den von der Störfallbetrachtung vom 31.03.2010 in Bezug genommenen früheren Untersuchungen wird von einer Absturzhäufigkeit einer schnell fliegenden Militärmaschine auf die relevanten Gebäude am Standort (insbesondere das Notstandsgebäude) von kleiner als 4 * 10 -8 a -1 ausgegangen. Ferner wurden die Auswirkungen eines Absturzes einer Militärmaschine mit vollem und leerem Tank (mit und ohne Brand) auf die Lagergebäude Bau 39 und 52 zu Beginn und Ende des Abbauvorhabens untersucht. Der dabei maximal ermittelte Wert für die effektive Dosis betrug am Anlagenzaun ca. 9,5 mSv und wurde für den Absturz einer Militärmaschine mit leerem Tank auf das Lagergebäude Bau 39 ermittelt; beim Absturz einer Militärmaschine mit vollem Tank auf dieses Gebäude wurde ein Wert für die effektive Dosis am Anlagenzaun von 7,8 mSv ermittelt (vgl. den auf S. 68 der Störfallbetrachtung wiedergegebenen Bericht der ... Systemplanung „Radiologische Auswirkungen eines unterstellten Absturzes eines Militärflugzeugs auf die Lagergebäude ...“).
104 
Keiner abschließenden Klärung bedarf in diesem Zusammenhang, ob der Beklagte das Szenario des zufälligen Absturzes einer schnell fliegenden Militärmaschine willkürfrei und ohne Verstoß gegen Ermittlungs- und Bewertungsfehler dem Restrisiko zuordnen durfte. Unzutreffend dürfte jedenfalls der in der 2. SAG (Begründung S. 48) wohl vertretene Standpunkt sein, auslegungsüberschreitende Ereignisse seien in jedem Fall dem Restrisiko zuzuordnen und weitere Minimierungsmaßnahmen hierfür nicht erforderlich. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.) ist der Drittschutz nicht auf die erforderliche Schadensvorsorge gegen Auslegungsstörfälle beschränkt. Das deterministische Konzept der Auslegungsstörfälle (§ 49 Abs. 1 StrlSchV) regelt nur die Schadensvorsorge gegen - radiologisch relevante - Störfälle und schließt damit die erforderliche Vorsorge gegen auslegungsüberschreitende Ereignisse nicht aus. Die erforderliche Schadensvorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG beschränkt sich nicht auf Auslegungsstörfälle (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - a.a.O.). Dabei sind jedoch auch hinsichtlich des Störfallszenarios eines zufälligen Flugzeugabsturzes weder die Brennelementlagerung im Notstandsgebäude noch die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 in den Blick zu nehmen, da diese nicht vom Genehmigungsumfang der 2. SAG umfasst sind. In überzeugender Weise hat der Gutachter des TÜV Süd H. in der mündlichen Verhandlung näher erläutert, warum bei dem Absturz einer Militärmaschine mit leerem Tank auf das Lagergebäude 39 eine effektive Dosis von 9,5 mSV und mithin ein höherer Wert als bei dem Absturz einer Maschine mit vollem Tank ermittelt worden ist. Der Gutachter hat dies in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend damit erklärt, dass bei dem Absturz eines Flugzeuges mit vollem Tank zwar ein zusätzlicher thermischer Antrieb entstehe, dieser jedoch zu einer weiträumigeren Verteilung des Quellterms führe; an den maßgeblichen Beurteilungspunkten trete daher eine geringere Dosisleistung auf. Damit hat der Gutachter die Einwände der Kläger, wonach regelmäßig ein Störfall mit Brand wegen des damit einhergehenden Eintrags einer zusätzlichen thermischen Last zu einem zusätzlichen Freisetzungsantrieb und damit zu höheren Belastungen führe, in überzeugender Weise widerlegt. Der von den Klägern beauftragte Gutachter Dipl-Phys. N. hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass diese Ausführungen des amtlich bestellten Gutachters aus physikalischer Sicht überzeugend seien.
105 
2.2.2 Zu Recht ist die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen, dass der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG zu Gunsten der Kläger gegeben ist.
106 
In der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG auch dem Schutz individueller Rechte eines in der Nähe einer kerntechnischen Anlage wohnenden Drittbetroffenen gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter dient, sofern diese nicht dem Bereich des Restrisikos zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; sowie vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Zutreffend weisen die Kläger ferner in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die von ihnen befürchteten Anschläge auf eine atomrechtliche Anlage als Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG anzusehen sind. Die Begriffe der „Störmaßnahmen“ und „sonstige(n) Einwirkungen Dritter“ sind denkbar weit gefasst, um entsprechend dem Gebot des dynamischen Grundrechtsschutzes auch gegenüber neuen Bedrohungsformen durch Handeln Dritter den erforderlichen Schutz bei atomrechtlichen Anlagen zu gewährleisten. Der Tatbestand schließt deshalb den Schutz vor Terror- und Sabotageakten sowie anderen Gefahren beispielsweise aus einem Flugzeugabsturz oder aus dem Transport gefährlicher Güter auf an der Anlage vorbeiführenden Verkehrswegen ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - a.a.O.). Auch ist der nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderliche Drittschutz gegen Störeinwirkungen von außen nicht auf die erforderliche Vorsorge gegen Auslegungsstörfälle beschränkt (vgl. näher Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.).
107 
Die Kläger sehen vor allem den erforderlichen Schutz gegen die Einwirkung Dritter durch den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs auf das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude (dazu unter 2.2.2.1) als auch auf die Restanlage (dazu unter 2.2.2.2) als nicht gewährleistet an. Sie beanstanden in diesem Zusammenhang, dass im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG keine eigene Störfallbetrachtung hinsichtlich des Absturzes eines großen Verkehrsflugzeuges, insbesondere eines Airbus A 380, auf das Notstandsgebäude vorgenommen worden sei. Der 2. SAG sei lediglich zu entnehmen, dass ein gezielter Flugzeugabsturz auf das Reaktorgebäude unterstellt werde; aus der Genehmigung sei jedoch nicht ersichtlich, von welchem Radioaktivitätsinventar im Reaktorgebäude für den Zeitpunkt des Absturzes ausgegangen werde sowie welcher Flugzeugtyp betrachtet und welche Lastannahmen getroffen worden seien. Der gezielte Flugzeugabsturz gehöre nicht zum Restrisiko; er müsse nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.) auch für den Airbus A 380 zugrunde gelegt werden.
108 
2.2.2.1 Ohne Erfolg berufen sich die Kläger auf das Störfallszenario des gezielten Absturzes eines großen Verkehrsflugzeugs auf das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude (Bau 37). Im Ansatz zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die Genehmigungsbehörde dieses Szenario vor Erteilung der 2. SAG  betrachtet hat (vgl. Genehmigungsbegründung S. 49). Indes ist diese Vorgehensweise der Genehmigungsbehörde rechtlich nicht zu beanstanden. Dies folgt bereits daraus, dass die Errichtung und der Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude - wie oben unter 2.1.1.4 im Einzelnen dargestellt - nicht Regelungsgegenstand der 2. SAG ist. Vielmehr wurde die Errichtung und der Betrieb der externen Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit bestandskräftiger Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet. Mit der 1. SAG vom 28.08.2008 wurde die externe Brennelementlagerung in den Stilllegungsbetrieb einbezogen und das Stilllegungs- bzw. Betriebsreglement der Lagerung neu geregelt. Die 2. SAG enthält im Hinblick auf die externe Brennelementlagerung nach ihrem eindeutigen Tenor und der von der Behörde gegebenen Begründung dagegen nur eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, nicht jedoch eine umfassende und neue Regelung. Bereits aus Gründen der Bestandskraftpräklusion können die Kläger deshalb der 2. SAG nicht entgegenhalten, dass der erforderliche Schutz gegen Einwirkungen Dritter durch den gezielten Absturz einer großen Verkehrsmaschine auf das externe Brennelementlagerbecken nicht gewährleistet sei.
109 
Im Übrigen könnten die Kläger selbst dann, wenn die 2. SAG eine umfassende Neuregelung des Stilllegungsbetriebes des externen Brennelementlagers enthielte, die Rechtmäßigkeit der 2. SAG nicht mit der Erwägung in Zweifel ziehen, Vorsorge gegen die Auswirkungen eines gezielten Flugzeugabsturzes sei nicht hinreichend getroffen worden. Dem steht die bestandskräftige Genehmigung vom 26.10.1998 entgegen, mit der u.a. der Einbau von Brennelementlagergestellen in das externe Brennelementlagerbecken im Notstandsgebäude genehmigt wurde. Insofern liegt eine bestandskräftige Errichtungsgenehmigung für ein dauerhaftes Lagerbecken im Notstandsgebäude vor. Eine Errichtungsgenehmigung enthält nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die verbindliche Feststellung, dass eine genehmigungskonform errichtete Anlage die atomrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - a.a.O.; sowie vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.). Bei Erteilung einer nachfolgenden Betriebsgenehmigung ist insbesondere auch die Genehmigungsvoraussetzung des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG nur noch bezüglich des Betriebsreglements zu prüfen, nicht jedoch bezüglich der früher bestandskräftig genehmigten Errichtung. Mit der Betriebsgenehmigung wird die Genehmigungsfrage neu lediglich im Hinblick auf den Betrieb aufgeworfen. Nur in diesem Umfang können Drittbetroffene mit einer gegen die Betriebsgenehmigung gerichteten Anfechtungsklage Ermittlungs- und Bewertungsdefizite im Bereich der Schadensvorsorge bzw. dem Schutz vor Einwirkungen Dritter rügen. Für den Drittschutz folgt hieraus insbesondere auch, dass die Betriebsgenehmigung nicht mehr mit materiell-rechtlichen Einwendungen bekämpft werden kann, die thematisch zum Regelungsgehalt einer früheren Errichtungsgenehmigung gehören; solchen Einwendungen ist vielmehr lediglich nach Maßgabe des § 17 AtG im aufsichtlichen Verfahren Rechnung zu tragen. Dies gilt selbst dann, wenn von den Drittbetroffenen Einwendungen aufgrund einer veränderten Sachlage geltend gemacht werden, die erst nach Erlass der vorangegangenen Errichtungsgenehmigung entstanden sind. Auch eine derartige Sachverhaltsänderung kann lediglich Anlass zum aufsichtlichen Einschreiten auf der Grundlage von § 17 AtG bieten, nicht jedoch einredeweise einer Betriebsgenehmigung entgegengehalten werden (vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 -a.a.O.). Bereits aus diesem Verhältnis von bestandskräftig gewordener Errichtungs- zu der hier in Rede stehenden Betriebsgenehmigung folgt, dass die Kläger diese nur mit der Einwendung bekämpfen können, die erforderliche Vorsorge gegen Einwirkungen Dritter im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG sei insoweit nicht gewährleistet, als die Genehmigungsfrage hinsichtlich der Errichtung gerade durch die Änderung des Betriebsreglements neu aufgeworfen wird. Dies wird jedoch von den Klägern nicht behauptet und ist auch fernliegend. Vielmehr machen die Kläger im Kern geltend, das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude sei konstruktiv nicht gegen die Folgen eines gezielten Flugzeugabsturzes ausgelegt. Der Einwand bezieht sich auf die generelle bauliche Eignung des Lagergebäudes, nicht jedoch auf Fragen des (geänderten) Betriebsreglements.
110 
Lediglich zur Ergänzung wird darauf hingewiesen, dass der Beklagte vor Erteilung der 1. SAG die Frage eines gezielten Flugzeugabsturzes im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG geprüft hat (vgl. hierzu B.II.4.5 S. 111 f. der 1. SAG). Die Genehmigungsbehörde gelangte dabei nach Auswertung der Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden zu dem Ergebnis, dass nach dem Maßstab der praktischen Vernunft ein absichtlich herbeigeführter Flugzeugabsturz auf eine Anlage, die den Leistungsbetrieb eingestellt habe und offensichtlich keinen besonderen Symbolwert und kein hohes Gefährdungspotenzial mehr aufweise, nicht zu unterstellen sei; sie hat deshalb dieses Szenario dem Restrisiko zugeordnet. Dahingestellt kann bleiben, ob diese Betrachtung auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch vertretbar ist; zutreffend weisen die Kläger insoweit darauf hin, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Szenario „gezielter Flugzeugabsturz“ in Verfahren zur Erteilung einer Errichtungsgenehmigung nicht dem Restrisiko, sondern dem Bereich der Schadensvorsorge zuzuordnen ist (BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Die Genehmigungsbehörde hat unabhängig hiervon die von der Betreiberin vorgelegte Abschätzung der radiologischen Folgen eines absichtlich herbeigeführten Flugzeugabsturzes für den Nachbetrieb bewertet und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dabei sowohl der Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv als auch der Eingreifrichtwert für Umsiedlungen gemäß ICRP 63 und SSK eingehalten wird. Nach dem Vortrag der Beigeladenen wurden bei dieser Untersuchung als im Hinblick auf das Aktivitätsinventar relevante Gebäude das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude, das Reaktorhilfsanlagengebäude, das Abfallbehandlungsgebäude sowie die Lagergebäude Bau 39 und 52 betrachtet. Da die Ergebnisse der Untersuchungen der Beigeladenen dem Beklagten als Verschlusssache übersandt worden und nicht zu der Genehmigungsakte gelangt sind, kann freilich nicht nachvollzogen werden, von welchen konkreten Lastannahmen diese Prognose ausgeht und ob sie hinreichend konservativ erfolgt ist.
111 
Das Abstellen auf den Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen nach Katastrophenschutzgrundsätzen dürfte rechtlich nicht zu beanstanden sein. Jedenfalls sind die in Rede stehenden Szenarien terroristischer Anschläge durch einen gezielten Flugzeugabsturz nach geltendem Recht nicht dem Bereich der auslegungsbestimmenden Störfälle zuzurechnen. Infolge dessen ist die erforderliche Schadensvorsorge nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier nicht nach den Störfallplanungswerten zu bemessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.08.2006 - 7 B 38.06 - Buchholz 451.171 § 9a AtG Nr. 1). Der in § 49 Abs. 1 StrlSchV für den Anwendungsbereich dieser Vorschrift verwendete Begriff des Störfalls ist in § 3 Abs. 1 Nr. 28 Satz 1 StrlSchV als Ereignisablauf definiert, bei dessen Eintreten der Betrieb der Anlage oder die Tätigkeit aus sicherheitstechnischen Gründen nicht fortgeführt werden kann und für den die Anlage auszulegen ist oder für den bei der Tätigkeit vorsorglich Schutzvorkehrungen vorgesehen sind. Damit knüpft die Vorschrift der Sache nach an die Störfall-Leitlinien vom 18.10.1983 an, deren Gegenstand die Schadensvorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG ist, nicht dagegen näher bestimmte andere Ereignisse, wie etwa Szenarien infolge gezielten Flugzeugabsturzes, die wegen ihres geringen Risikos keine Auslegungsstörfälle mehr sind. Bei der gebotenen Konkretisierung des Rechtsbegriffs des erforderlichen Schutzes gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG muss deshalb das allgemeine Schutzziel maßgeblich sein, dass eine Gefährdung von Leben und Gesundheit infolge erheblicher Direktstrahlung oder infolge der Freisetzung einer erheblichen Menge radioaktiver Stoffe verhindert werden muss. Als Orientierungsmaßstab kommen daher die Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden, verabschiedet von der Strahlenschutzkommission am 17./18.12.1998, in Betracht (vgl. hierzu näher Bay.VGH, Urteil vom 09.01.2006 - 22 A 04.40010 u.a. - juris). Der von der Genehmigungsbehörde herangezogene Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv bei einem Integrationszeitraum von sieben Tagen ist daher rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend hat die Beigeladene darüber hinaus bei ihrer Betrachtung auch die Eingreifrichtwerte im Hinblick auf die Umsiedlung nach den „Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen“ herangezogen (vgl. zu dieser Notwendigkeit OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.06.2013 - 4 KS 3/08 - NordÖR 2014, 67) und deren Unterschreitung festgestellt.
112 
2.2.2.2 Zu Recht durfte die Genehmigungsbehörde auch die erforderliche Schadensvorsorge gegen den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs auf die Restanlage für getroffen ansehen. Dabei sind ähnliche Erwägungen wie oben unter 2.2.1.3.2 hinsichtlich der Erdbebensicherheit der Anlage maßgeblich. Die gegenständliche 2. SAG nimmt das Kernkraftwerk in den Blick, wie es aufgrund der bestandskräftigen Genehmigungen errichtet und tatsächlich vorhanden ist. Für die Rechtmäßigkeit der Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ist deshalb ohne Belang, ob dieses Kernkraftwerk auch nach heutigem Erkenntnisstand die Voraussetzungen für eine Errichtungsgenehmigung unter dem Gesichtspunkt des gezielten Flugzeugabsturzes erfüllt. Das Szenario „gezielter Flugzeugabsturz“ ist für die Rechtmäßigkeit der 2. SAG nur insoweit von Bedeutung, als es spezielle Anforderungen an das Betriebsreglement oder den Abbau von Anlagenteilen stellt, die durch die gegenständliche Genehmigung legalisiert werden. Für das Bestehen derartiger spezifischer Anforderungen im Hinblick auf die Gefahr eines gezielten Flugzeugabsturzes ist jedoch nichts ersichtlich noch von den Klägern vorgetragen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass bei Betrachtung eines gezielten Flugzeugabsturzes auf die Restanlage unter Ausklammerung des externen Brennelementlagerbeckens der nach dem oben Gesagten maßgebliche Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv bei einem Integrationszeitraum von sieben Tagen bzw. die Eingreifrichtwerte im Hinblick auf Umsiedlungsmaßnahmen unterschritten werden. Dies folgt bereits daraus, dass nach der von der Beigeladenen gefertigten radiologischen Charakterisierung sich ein ganz erheblicher Teil des Gesamtaktivitätsinventars (ca. 99 %) in den bestrahlten 342 Brennelementen befindet, die derzeit im externen Lagerbecken im Notstandsgebäude aufbewahrt werden. Auch muss in diesem Zusammenhang konsequenterweise das in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 befindliche Aktivitätsinventar außer Betracht bleiben, da diese Lagerung nach dem unter 2.2.1.3.1 Ausgeführten nicht vom Gestattungsumfang der 2. SAG umfasst ist.
113 
Nach alldem durfte die Genehmigungsbehörde den erforderlichen Schutz vor Schäden im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG und gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG von Rechts wegen als gegeben ansehen.
114 
2.2.3 Die Klage kann nicht mit Erfolg auf die behauptete fehlende Entsorgungsvorsorge (dazu unter 2.2.3.1) oder die unterbliebene Freigabeentscheidung gemäß § 29 StrlSchV (dazu unter 2.2.3.2) gestützt werden.
115 
2.2.3.1 Ohne Erfolg machen die Kläger der Sache nach geltend, der erforderliche Entsorgungsnachweis für die in der Anlage noch vorhandenen Brennelemente sei von der Beigeladenen nicht geführt worden. Die Kläger bringen in diesem Zusammenhang vor, die 2. SAG legalisiere die weitere Lagerung der Brennelemente in dem externen Becken des Notstandsgebäudes; die Beigeladene habe nicht den erforderlichen Nachweis - etwa durch eine sog. Kalthandhabung - geführt, dass die Brennelemente direkt aus dem Nasslager in das geplante Standorttrockenlager verbracht werden könnten. Dabei machen die Kläger mit diesem Vorbringen ein „anlagenimmanentes“ Entsorgungsrisiko geltend, das grundsätzlich als Klagegrund anerkannt ist (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - a.a.O.). Die diesem Vorbringen zugrunde liegende Annahme, die 2. SAG genehmige die Lagerung der bestrahlten Brennelemente in dem externen Becken, trifft jedoch - wie wiederholt dargelegt - nicht zu. Vielmehr wird durch die 2. SAG lediglich das Betriebsreglement des externen Brennelementlagerbeckens in Einzelheiten modifiziert, ohne dieses freilich umfassend und  zu legalisieren. Der von den Klägern aufgeworfenen Frage nach der Auslagerungsmöglichkeit der Brennelemente war deshalb vor Erteilung der bestandskräftigen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 nachzugehen, mit der die Errichtung der neuen Materialschleuse zum Reaktorgebäude genehmigt wurde. Der Beklagte hat in Übereistimmung hiermit vor Erteilung der Errichtungsgenehmigung vom 21.04.2010 sachverständig beraten geprüft, ob der Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlager technisch möglich ist und keine Notwendigkeit für den Rücktransport in das interne Brennelementlagerbecken besteht. Aufgrund der Bestandskraft der Änderungsgenehmigung vom 21.04.2010 können die Kläger mithin nicht mehr geltend machen, dass ein Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlagerbecken nicht gefahrlos möglich sei.
116 
2.2.3.2 Ohne Erfolg rügen die Kläger, die angegriffene 2. SAG sei bereits deshalb rechtswidrig, weil sie die nach § 29 StrlSchV notwendige Freigabeentscheidung für radioaktive Reststoffe nicht enthalte. Die Freigaberegelung werde für KWO nicht - wie in anderen Stilllegungsverfahren üblich - im Rahmen der Stilllegungsgenehmigung vorgenommen, sondern einem separaten Verfahren vorbehalten. Damit werde den Klägern die Möglichkeit genommen, ihre potentielle Betroffenheit prüfen zu können. Die Freigabeentscheidung könne die Anwohner indes direkt betreffen, soweit sie mit den in den konventionellen Stoffkreislauf abgegebenen radioaktiven Stoffen in Kontakt kämen.
117 
Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die Freigabe gemäß § 29 StrlSchV nicht in der gegenständlichen Genehmigung erfolgt. Vielmehr enthält die 2. SAG unter Kapitel D.2.1 (Seite 54) den Hinweis, dass in ihr nicht die Freigabe nach § 29 StrlSchV geregelt werde; die Freigabe sowie das Freigabeverfahren werde gemäß § 29 Abs. 4 StrlSchV in gesonderten Bescheiden des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg geregelt. Gegen diese Verfahrensweise ist nichts zu erinnern. Gemäß § 29 Abs. 4 StrlSchV kann die zuständige Behörde in einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG oder in einem gesonderten Bescheid das Verfahren zur Erfüllung der Anforderungen nach § 29 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie zur Feststellung nach § 29 Abs. 3 StrlSchV festlegen. Es besteht mithin keine rechtliche Verpflichtung, dieses Verfahren in der Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG festzulegen. Der Beklagte hat von der in § 29 Abs. 4 StrlSchV gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Freigabe nicht in der Stilllegungsgenehmigung, sondern in besonderen Bescheiden zu regeln. Unabhängig hiervon dürfte die Freigabe gemäß § 29 StrlSchV nicht den gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 7 Abs. 3 AtG drittschützenden Bereich der Schadensvorsorge, sondern die im Allgemeininteresse liegende und Individualrechte Dritter grundsätzlich nicht berührende Entsorgung betreffen (vgl. hierzu Bay.VGH, Gerichtsbescheid vom 17.08.1994 - 22 A 93.40047 - NVwZ-RR 1995, 136). Im Übrigen legen die Kläger nicht dar, inwieweit sie durch eine fehlerhafte oder unterbliebene Freigabeentscheidung in eigenen schützenswerten Belangen betroffen werden. Ihr Hinweis, sie könnten als Beschäftigte in Abfallverwertungs- oder Deponiebetrieben mit fehlerhaft freigegebenem radioaktiven Material in Betracht kommen, bleibt spekulativ.
118 
Nach alldem erweist sich die 2. SAG auch als materiell rechtmäßig.
119 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 S. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
120 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
121 
Beschluss vom 28.10.2014
122 
Der Streitwert des Klageverfahrens wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nr. 6.2 und Nr. 2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 60.000,-- EUR festgesetzt.
123 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
30 
Die beim sachlich zuständigen Verwaltungsgerichtshof (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) erhobene Klage ist zulässig (dazu unter 1.), sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (dazu unter 2.). Die der Beigeladenen vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg erteilte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen zulässig. Die Kläger sind klagegefugt (dazu unter 1.1), auch steht ihnen das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis zu (dazu unter 1.2). Indes ist die von den Klägern zur Unterstützung ihres Vorbringens vorgelegte fachliche Begründung des Gutachtensbüros I. GmbH vom 11.06.2012 nur eingeschränkt berücksichtigungsfähig (dazu unter 1.3).
32 
1.1 Die Kläger sind klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Eine Verletzung von Rechten der Kläger kann nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteile vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669; sowie vom 22.02.1994 - 1 C 24.92 - BVerwGE 95, 133). Zwar begründet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats die bloße Behauptung, es könne ein Störfall eintreten, der zu der Freisetzung von erheblichen Mengen radioaktiver Stoffe führen könne, noch nicht die Klagebefugnis (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - BVerwGE 88, 286; Senatsurteil vom 07.03.1995 - 10 C 2822/92 - ZUR 1996, 33 - jeweils m.w.N.). Die Kläger machen jedoch noch hinreichend substantiiert geltend, dass bei Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen Störfälle eintreten können, die zur Freisetzung von Radioaktivitätskonzentrationen führen, die erheblich über dem maßgeblichen Störfallplanungswert liegen würden, und es deshalb zu einem Schaden an ihren schützenswerten Rechtsgütern kommen kann. Auch lässt sich ihrem Vorbringen noch hinreichend entnehmen, dass das zu einem solchen Schaden führende Risiko so hinreichend wahrscheinlich ist, dass hiergegen Vorsorge nach § 7 Abs. 2 Nrn. 3 bzw. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG getroffen werden muss und dass diese Vorsorge als Voraussetzung der angefochtenen Genehmigung ihrer Ansicht nach nicht getroffen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.01.1985 - 7 C 74.82 - BVerwGE 70, 365).
33 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Kläger überwiegend Störfallszenarien im Zusammenhang mit der Lagerung der Brennelemente im Notstandsgebäude (Bau 37) anführen und hieraus ihre Schlussfolgerung ziehen, die erforderliche Schadensvorsorge sei nicht getroffen. Zum einen kann nicht mit dem für die Verneinung der Klagebefugnis erforderlichen Offensichtlichkeitsmaßstab ausgeschlossen werden, dass die Lagerung der Brennelemente im Nasslager - wie von den Klägern umfangreich geltend gemacht - von der 2. SAG gedeckt ist; der Frage nach dem Gestattungsumfang der 2. SAG ist deshalb im Rahmen der Begründetheitsprüfung nachzugehen. Zum andern machen die Kläger noch hinreichend substantiiert geltend, dass zumindest im Falle des Absturzes eines Großraumflugzeuges auf die Anlage selbst ohne Berücksichtigung des Notstandsgebäudes die Strahlenbelastung in ihrer Wohnumgebung sehr hoch sein wird und ein Überschreiten des maßgeblichen Störfallplanungswertes bzw. Eingreifrichtwertes dabei nicht auszuschließen ist. Ob die Klagebefugnis auch aus der fehlerhaften Nichtdurchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die mit der 2. SAG gestatteten Maßnahmen folgt, kann offen bleiben. Mit der oben dargestellten Bejahung der Klagebefugnis wegen möglicherweise nicht hinreichender Schadensvorsorge ist die Klage insgesamt zulässig. Die Bestimmung des § 42 Abs. 2 VwGO lässt es nicht zu, die Klage nach unterschiedlichen Klagegründen aufzuspalten mit der Folge, einzelne Klagegründe im Wege einer Art Vorprüfung endgültig auszuscheiden und die sachliche Nachprüfung des klägerischen Vorbringens auf die verbleibenden Klagegründe zu beschränken (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.05.1998 - 11 C 3.97 - Buchholz 402.25 § 41 BImSchG Nr. 18).
34 
1.2 Schließlich kann den Klägern auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage gegen die 2. SAG nicht abgesprochen werden. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann; die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 -BVerwGE 121, 1; Senatsurteil vom 14.02.2012 - 10 S 1115/10 - RdL 2012, 153). Bei Anwendung dieses Maßstabs steht dem allgemeinen Rechtsschutzinteresse entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen nicht entgegen, dass selbst bei Aufhebung der streitgegenständlichen Genehmigung die in Bestandskraft erwachsene 1. SAG fortbestehen würde, die das Stilllegungsreglement legalisierte. In diesem Zusammenhang bedarf die von dem Beklagten aufgeworfene Frage, ob und in welchem Umfang durch die Erteilung der 1. SAG das dabei geprüfte Konzept der Stilllegung in Bestandskraft erwachsen ist, keiner Klärung. Denn jedenfalls werden mit der 2. SAG zusätzliche Abbaumaßnahmen gestattet, gegen deren Gefahrenpotential sich die Kläger wenden. Die Aufhebung der gegenständlichen Genehmigung ist für die Kläger deshalb nicht unter jedem Gesichtspunkt nutzlos, zumal bei einem eventuell notwendig werdenden Neuerlass der Genehmigung zusätzliche Schutzmaßnahmen verfügt werden könnten.
35 
Das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis besteht auch noch bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fort, obwohl die Beigeladene inzwischen einen erheblichen Teil der mit der 2. SAG legalisierten Abbaumaßnahmen durchgeführt und dabei insbesondere die Großkomponenten des Primärkreislaufs in den Anlagenräumen des Reaktorgebäudes komplett beseitigt und zu einem externen Dienstleister verbracht hat. Zwar leiten die Kläger die von ihnen geltend gemachten Defizite der Schadensvorsorge unter anderem aus Störfallszenarien her, die im Zusammenhang mit dem Abbau der Großkomponenten des Primärkreislaufs stehen. Daneben machen die Kläger Defizite der Schadensvorsorge auch im Zusammenhang mit dem Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude (Bau 37) geltend, etwa indem sie auf das Problem der Rückwirkungsfreiheit von Abbaumaßnahmen auf die weitere Lagerung der Brennelemente in diesem Gebäude hinweisen. Indes hat der mit der 2. SAG genehmigte Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude noch nicht begonnen, sodass das von den Klägern geltend gemachte Besorgnispotential weiter besteht. Gerade das von den Klägern zu Recht thematisierte Problem der Rückwirkungsfreiheit zeigt, dass das Rechtsschutzbedürfnis auch nicht bezüglich eines Teils der bereits durchgeführten Abbaumaßnahmen verneint werden kann.
36 
1.3 Die Kläger haben zur Unterstützung ihres Klagevorbringens vollinhaltlich auf eine „fachliche Begründung zur Klage gegen die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für das AKW Obrigheim“ des Gutachtensbüros I. GmbH vom 11.06.2012 verwiesen. Derartige Stellungnahmen und Ausarbeitungen können grundsätzlich nicht als Klagebegründung berücksichtigt werden. Dies folgt aus § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Für die dem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger aufgegebene eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs ist die Bezugnahme auf Ausführungen eines Dritten nicht ausreichend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.12.2012 - 8 B 58.12 - NVwZ-RR 2013, 341; sowie Urteil vom 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1). Das Gebot, sich vor dem Verwaltungsgerichtshof durch einen Rechtsanwalt oder eine sonstige postulationsfähige Person vertreten zu lassen, soll die Sachlichkeit des Verfahrens und die sachkundige Erörterung des Streitfalles, insbesondere der entscheidungserheblichen Rechtsfragen, gewährleisten. Das erfordert, dass der anwaltliche Prozessbevollmächtigte in erkennbarer Weise die Verantwortung für den Sachvortrag übernimmt. Daher stellt es keine formgerechte Klagebegründung dar, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt sich Ausführungen der von ihm vertretenen Partei oder eines Dritten lediglich zu eigen macht, ohne dass erkennbar wird, dass er eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes vorgenommen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.07.1998 - 4 B 140.88 - Buchholz 406.11 § 236 BauGB Nr. 1). Die in der fachlichen Begründung des Gutachters vom 11.06.2012 enthaltenen rechtlichen Erwägungen sind deshalb nur insoweit berücksichtigungsfähig, wie sich der anwaltliche Prozessbevollmächtigte hiermit in der Klagebegründungsschrift, den sonstigen im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Schriftsätzen oder in der mündlichen Verhandlung zumindest ansatzweise auseinandergesetzt und sie sich damit im Einzelnen zu eigen gemacht hat.
37 
2. Die gegenständliche 2. SAG für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 leidet weder an einem durchgreifenden formellen (dazu unter 2.1) noch an einem materiellen (dazu unter 2.2) Fehler, der die Kläger in drittschützenden Rechtspositionen verletzt.
38 
2.1 Entgegen der Auffassung der Kläger ist die 2. SAG nicht formell rechtswidrig, weil eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung überhaupt nicht (dazu unter 2.1.1) bzw. fehlerhaft (dazu unter 2.1.2) durchgeführt worden oder eine notwendige Öffentlichkeitsbeteiligung unterblieben wäre (dazu unter 2.1.3).
39 
2.1.1 Zwar können die Kläger rügen, eine zwingend notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung sei zu Unrecht unterblieben. Diese Rüge ist jedoch unbegründet, da die mit der 2. SAG genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen nicht zwingend einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung nach der allein in Betracht kommenden Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG zu unterziehen waren.
40 
2.1.1.1 Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 -NuR 2013, 184) auch von einem Vorhaben lediglich mittelbar Betroffene eine zu Unrecht unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine zu Unrecht unterbliebene Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit rügen können, ohne dass es darauf ankommt, ob sich der Fehler im Ergebnis auf ihre Rechtsposition ausgewirkt haben kann. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG u.a. dann verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt und nicht in zulässiger Weise nachgeholt worden ist. Nach § 4 Abs. 3 UmwRG gilt dies entsprechend für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO. Diese Regelungen räumen Individualklägern - abweichend von der früheren Rechtslage (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83) - ein subjektives Recht auf Durchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. auf Vorprüfung ein mit der Folge, dass ein diesbezüglicher Verfahrensfehler als beachtlich einzustufen ist. Danach kann die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung bereits dann verlangt werden, wenn die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten Verfahrensverstöße vorliegen, ohne dass es darauf ankommt, ob sich diese Verstöße auf die Entscheidung ausgewirkt haben; es handelt sich insoweit um eine Sonderregelung, welche die Relevanz bestimmter Verfahrensverstöße gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171). Die Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG ist nach ihrem Wortlaut eindeutig in dem Sinne, dass bereits die Nichtdurchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung einen Aufhebungsanspruch begründet. Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt, bringt er zum Ausdruck, dass auch insoweit das Fehlen einer unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer UVP-Vorprüfung unabhängig von den sonst nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geltenden einschränkenden Maßgaben zur Begründetheit der Klage führt. § 4 Abs. 3 UmwRG begründet damit nicht die Klagebefugnis, sondern verändert gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 LVwVfG die Begründetheitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30.10 - DVBl. 2012, 501). Der Verfahrensfehler führt damit zur Begründetheit der Klage, unabhängig von den sonst nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.06.2013 - 4 B 37.12 - BauR 2013, 2041).
41 
2.1.1.2 Zu Recht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die mit der 2. SAG genehmigten einzelnen Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen waren, sondern dass lediglich eine Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen war. Nach der allein in Betracht kommenden einschlägigen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG sind UVP-pflichtig u.a.
42 
„bei ortsfesten Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen; ausgenommen sind ortsfeste Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistungen nicht überschreitet; einzelne Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der in Halbsatz 1 bezeichneten Anlagen oder von Anlagenteilen gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2;“
43 
Danach bestimmt der Wortlaut von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG eindeutig, dass nur die insgesamt geplanten Maßnahmen nach dieser Bestimmung UVP-pflichtig sind; die einzelnen Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau dagegen „gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2“. Bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung folgt, dass lediglich vor der Entscheidung über den erstmaligen, das Gesamtkonzept enthaltenden Antrag auf eine Stilllegungsgenehmigung gemäß § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, auch wenn den Klägern zuzugeben ist, dass die einschlägige Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG das Wort „erstmalig“ nicht verwendet. Der 3. Halbsatz der Bestimmung stellt jedoch klar, dass die einzelnen Maßnahmen nur dann UVP-pflichtig sind, wenn die gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführende Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass die einzelnen Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen haben können, die nicht bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Maßnahme insgesamt beurteilt wurden. Haben die einzelnen Maßnahmen nach der Vorprüfung jedoch keine über die insgesamt geplanten Maßnahmen hinausgehenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen, bedarf es für sie keiner gesonderten Umweltverträglichkeitsprüfung.
44 
Dieser Befund wird durch eine systematische und historische Gesetzesauslegung bestätigt. Die gesetzliche Regelung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG steht im engen systematischen Zusammenhang mit der untergesetzlichen Bestimmung des § 19b der Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes - Atomrechtliche Verfahrensverordnung (AtVfV). Diese Bestimmung enthält die verfahrensrechtlichen Regelungen für die Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG. Nach § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, auch Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten, die insbesondere die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist. Nach § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV ist in den Unterlagen darzulegen, „wie die geplanten Maßnahmen verfahrensmäßig umgesetzt werden sollen und welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben werden“. Die Verfahrensvorschrift des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV bestimmt somit, dass mit dem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die Auswirkungen der insgesamt geplanten Maßnahmen auf die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem jeweiligen Planungsstand darzulegen sind. § 19b Abs. 2 AtVfV stellt klar, dass dann, wenn erstmals eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beantragt wird, von einer Öffentlichkeitsbeteiligung nicht abgesehen werden kann. Anknüpfend an den vorhergehenden Absatz regelt § 19b Abs. 3 AtVfV, dass sich die Umweltverträglichkeitsprüfung im Falle der erstmaligen Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau erstreckt. Die Binnensystematik von § 19b AtVfV ermöglicht deshalb nicht den von den Klägern gezogenen Schluss, Absatz 2 der Bestimmung regele nur die Notwendigkeit einer Öffentlichkeitsbeteiligung und sei damit im Anwendungsbereich von Absatz 3 der Vorschrift nicht aussagekräftig. Das der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 19b AtVfV zugrunde liegende Regelungskonzept bestätigt deshalb bei einer systematischen Betrachtung den Wortlautbefund der gesetzlichen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG, wonach lediglich die insgesamt geplanten Stilllegungsmaßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen, spätere Einzelmaßnahmen jedoch als Änderung gelten und deshalb nur vorprüfungspflichtig im Sinne von § 3e Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG sind.
45 
Fehl geht in diesem Zusammenhang der Einwand der Kläger, dass eine untergesetzliche Verfahrensregelung wie § 19b AtVfV die höherrangige Gesetzesbestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG nicht abändern könne. Die Kläger verkennen dabei, dass die Verfahrensbestimmungen der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung nicht das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz abändern, sondern lediglich zu dessen Auslegung herangezogen werden. Im Übrigen ist die Umweltverträglichkeitsprüfung bei atomrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 2a Abs. 1 Satz 2 AtG vorrangig nach den Verfahrensvorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung durchzuführen; dies ist im Hinblick auf die in § 4 UVPG enthaltene Subsidiaritätsklausel rechtlich nicht bedenklich. Eine derartige systematische Betrachtung ist trotz der unterschiedlichen Normenhierarchie der herangezogenen Bestimmungen hier vor allem deshalb statthaft, weil beide Bestimmungen nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers von einem einheitlichen Regelungskonzept getragen werden. Nach der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz (BT-Drs. 14/4599 vom 14.11.2000, S. 115 f.) trägt die neu eingeführte Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung im weiteren Sinne von Reaktoren der Neuregelung in Anhang I Nr. 2, 2. Anstrich der UVP-Änderungsrichtlinie Rechnung: „Hierzu wird in den geänderten Vorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung eine Umweltverträglichkeitsprüfung im gestuften Verfahren zur Genehmigung von Errichtung und Betrieb vorgesehen, ohne allerdings die einzelnen Genehmigungen nach § 7 Abs. 1 AtG durch ein vorläufiges positives Gesamturteil als feststellenden Regelungsbestandteil zu verbinden. Damit ist vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der 1. Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen. Der letzte Halbsatz in Nr. 11.1 stellt in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht klar, dass unbeschadet dessen - bei Reaktoren zusätzlich - in jedem Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die jeweils beantragten Maßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen“. Auch die Begründung spricht mithin eher für die Vorstellung des Gesetzgebers, dass lediglich vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der 1. Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen ist und die späteren Genehmigungen zugeordneten einzelnen Abbauschritte nur vorbehaltlich einer nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführenden Vorprüfung des Einzelfalles umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig sind.
46 
Dieses Auslegungsergebnis steht mit den einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben der zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der maßgeblichen Fassung der Richtlinie 97/11/EG (sogenannte UVP-Änderungsrichtlinie) im Einklang. In Anhang I Nr. 2, 2. Anstrich der Richtlinie 97/11/EG wird für die Mitgliedstaaten die Verpflichtung zur Durchführung einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung bei Projekten zur Demontage oder Stilllegung von Kernkraftwerken oder Reaktoren eingeführt. Diese Vorgabe ist mit dem Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27.07.2001 (BGBl. I 2001, 1950) ohne Defizite in das nationale Recht umgesetzt worden. Der Gesetzgeber war insbesondere bei Umsetzung der Richtlinie 97/11/EG nicht gehalten, für einzelne Maßnahmen zur Stilllegung von Reaktoren eine eigenständige Umweltverträglichkeitsprüfung vorzusehen. Vielmehr schreibt Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 97/11/EG lediglich vor, dass Projekte des Anhangs I einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach den näheren Bestimmungen der Art. 5 bis 10 zu unterziehen sind. Wie sich bereits der Binnensystematik von Art. 5 der vorgenannten Richtlinie entnehmen lässt, stellt das Unionsrecht als Bezugspunkt der Umweltverträglichkeitsprüfung maßgeblich auf den Begriff des „Projekts“ ab. Insbesondere die in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie gestellten Anforderungen an vom Projektträger beizubringenden Antragsunterlagen zeigen, dass unter dem Begriff des Projekts das technische Vorhaben insgesamt, nicht aber der Gegenstand des einzelnen Antrags zu verstehen ist. Die Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG gewährleistet bei der hier vertretenen Auslegung, dass die unionsrechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung von Vorhaben zur Stilllegung und zur Demontage von Kernkraftwerken und Reaktoren eingehalten werden. Nach dieser Vorschrift sind nach dem oben Gesagten die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau ortsfester Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig. Die darüber hinaus für einzelne Stilllegungsmaßnahmen vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG stellt darüber hinaus sicher, dass umweltrelevante Abweichungen der einzelnen Maßnahmen von der bei der Verträglichkeitsprüfung des Gesamtvorhabens betrachteten Abbaukonzeption einer zusätzlichen Prüfung zugeführt werden. Jedenfalls seit Einführung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG ist auch gewährleistet, dass im Sinne von § 3a Satz 4 UVPG wesentliche Fehler im Verfahren der Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG gerichtlich sanktioniert werden.
47 
2.1.1.3 Vor Erteilung der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vom 28.08.2008 hat der Beklagte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, die sich entsprechend den Vorgaben der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerkes bezogen hat. Die 1. SAG enthält unter B.III. (S. 118 ff.) eine zusammenfassende Darstellung und Bewertung der Umweltauswirkungen, die auf der von der Beigeladenen erarbeiteten Umweltverträglichkeitsuntersuchung zum Vorhaben „Stilllegung und Abbau der Anlage KWO (Gesamtvorhaben)“ beruht. Damit sind die insgesamt geplanten Maßnahmen der Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks - wie von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG gefordert - vor Erteilung der 1. SAG einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung der insgesamt geplanten Maßnahmen fehlerfrei erfolgt ist. Einwendungen gegen die durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung wurden damals weder von Trägern öffentlicher Belange noch von Anwohnern erhoben; auch ist die 1. SAG vom 28.08.2008 in Bestandskraft erwachsen. Damit steht Einwendungen gegen die damals durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung - unabhängig von einer möglichen Präklusion nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AtVfV - bereits die Bestandskraft der 1. SAG entgegen.
48 
Im Übrigen sind die von den Klägern erhobenen Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung auch in der Sache nicht stichhaltig. Fehl geht die Rüge der Kläger, die Beigeladene habe im Genehmigungsantrag für die 1. SAG die geplanten Maßnahmen nur „sehr allgemein und teilweise unbestimmt dargelegt“. Gemäß § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV müssen die bei einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG vorzulegenden Unterlagen lediglich darlegen, welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben werden. Diesem Regelungskonzept ist immanent, dass die mit dem erstmaligen Antrag beizubringenden Unterlagen typischerweise noch nicht den Detaillierungsgrad nachfolgender Genehmigungsschritte aufweisen. Zutreffend dürften die Kläger zwar darauf hinweisen, dass die Darstellungstiefe der „insgesamt geplanten Maßnahmen“ und ihrer Auswirkungen auf die UVP-Schutzgüter gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 AtVfV weniger weitreichend ist als die Darstellungstiefe im Rahmen eines vorläufigen positiven Gesamturteils im Teilgenehmigungsverfahren nach § 18 AtVfV. Wie in den Genehmigungen eindeutig dargestellt ist, handelt es sich bei der 1. SAG und der 2. SAG indes nicht um Teilgenehmigungen im Sinne von § 18 AtVfV, sondern um jeweils selbständige Genehmigungen, die nicht über ein vorläufiges positives Gesamturteil verbunden sind. Die Anforderungen an den Detaillierungsgrad der Unterlagen und die Entscheidung im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG sind deshalb in § 19b Abs. 1 AtVfV abschließend geregelt; die in § 18 AtVfV für Teilgenehmigungen statuierten Anforderungen sind hier nicht einschlägig.
49 
2.1.1.4 Entgegen der Auffassung der Kläger war vor Erteilung der 2. SAG eine e Umweltverträglichkeitsprüfung nicht deshalb erforderlich, weil diese Genehmigung die 1. SAG vollständig ersetzen sollte bzw. nach dem Willen der Beigeladenen ein völlig eigenständiges Genehmigungsverfahren eröffnet worden sei. Die Kläger verkennen in diesem Zusammenhang das Verhältnis der streitgegenständlichen 2. SAG zur bestandskräftig gewordenen 1. SAG vom 28.08.2008. Maßgebend für das Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander ist der Regelungsinhalt der 2. SAG, wie er sich aus dem Empfängerhorizont vor allem von Drittbetroffenen ergibt. Gerade im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren ist es im Hinblick auf den Einwendungsausschluss für Drittbetroffene nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 7 AtVfV), im gestuften Verfahren darüber hinaus auch durch die Bestandskraft vorangegangener Teilgenehmigungen (§ 7b AtG), rechtsstaatlich geboten, bei der Auslegung von Genehmigungsbescheiden maßgeblich auch auf den Empfängerhorizont potentiell Drittbetroffener abzustellen. Denn sonst obläge Drittbetroffenen zwar eine Anfechtungslast mit allen rechtlichen Nachteilen bei Versäumung von Anfechtungsfristen, ohne dass gewährleistet wäre, dass sie der Anfechtungslast auch tatsächlich nachkommen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.; Senatsurteil vom 07.03.1995 - 10 S 2822/92 - a.a.O.). Bei der gerade auch aus Rechtsschutzgründen gebotenen objektiven Auslegung der 2. SAG aus dem Empfängerhorizont eines Drittbetroffenen kann keine Rede davon sein, dass die 2. SAG die 1. SAG vollständig abgelöst habe. Vielmehr hat die 2. SAG nach ihrem eindeutigen Tenor und ihrer Begründung lediglich die Vornahme einzelner Abbaumaßnahmen vor allem im Kontrollbereich genehmigt und darüber hinaus das Stilllegungsreglement teilweise geändert. Fehl geht insbesondere die Grundannahme der Kläger, die 2. SAG habe den Betrieb des externen Brennelementlagers im sog. Notstandsgebäude (Bau 37) insgesamt und umfassend neu genehmigt.
50 
Bei der Ermittlung des Regelungsinhalts der 2. SAG durch Auslegung ist primär auf den Entscheidungstenor, daneben auf die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung abzustellen. Dabei ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Bescheidtenors und seiner Systematik mit der gebotenen Eindeutigkeit, dass die 2. SAG die 1. SAG nicht vollständig ersetzen sollte. So gestattet die 2. SAG ausweislich des Bescheidausspruchs in A.I.1.1 (S. 6) „den Abbau der nachfolgend tabellarisch aufgeführten Anlagenteile der Anlage KWO“; insoweit wurde durch die angegriffene 2. SAG der Regelungsinhalt der 1. SAG vom 28.08.2008 erweitert. Des Weiteren wird gemäß A.I.1.2 (S. 13) der 2. SAG das Betriebsreglement für die Fortführung des Stilllegungsbetriebs dahingehend geändert, dass die in A.II. Nr. 25 bis Nr. 56 dieser Genehmigung genannten Unterlagen die entsprechenden Unterlagen in A.II. Nr. 16 bis Nr. 48 des Stilllegungsreglements der 1. SAG ersetzen. Die 2. SAG enthält deshalb nach ihrem eindeutigen Tenor lediglich eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, ohne diesen insgesamt und  vollständig zu legalisieren.
51 
Für dieses Verständnis spricht auch die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung zum Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander. Der Beklagte umschreibt in der beigegebenen Begründung den Genehmigungsumfang dahingehend, das „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung neben dem Abbau von Anlagenteilen im Kontrollbereich und von weiteren Anlagenteilen im Überwachungsbereich auch die Fortführung des mit der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung genehmigten Stilllegungsbetriebs nach einem geänderten Stilllegungsreglement“ beinhalte (B.I.2 der 2. SAG, S. 32). Übereinstimmend hiermit stellt die Genehmigung unter B.I.2.2 (S. 34 f. der 2. SAG) klar, dass der mit der 1. SAG genehmigte Stilllegungsbetrieb mit der 2. SAG weiter gilt. Unter B.I.2.3 (S. 36 f. der 2. SAG) grenzt der Beklagte den Regelungsumfang der 1. und 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ausdrücklich voneinander ab. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung als eine zur 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung selbständige Genehmigung neben diese“ trete. Sie löse die für das KWO geltende 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für den weiteren Abbau insoweit ab, als in ihr Festlegungen und Gestattungen aus der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung in Teilen angepasst, übernommen und geändert wurden; daneben enthalte sie die gesamten einhüllenden Gestattungen, die bis zum Ende des gesamten Stilllegungs- und Abbauvorhabens gelten sollten. Damit stellt die Genehmigungsbehörde auch in der Begründung klar, dass Gegenstand der 2. SAG im Hinblick auf das Stilllegungsreglement nur die dort ausdrücklich genannten Änderungen sind, nicht jedoch das Stilllegungsreglement insgesamt. Soweit keine Änderungen im Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vorgenommen werden, verbleibt es nach der eindeutigen Regelung im Bescheidtenor und der oben wiedergegebenen Begründung vielmehr bei dem Stilllegungsbetrieb entsprechend den Regelungen der bestandskräftigen 1. SAG.
52 
Ein gegenteiliges Verständnis kann auch nicht den sonstigen Regelungselementen des Bescheidtenors entnommen werden. Zutreffend weisen die Kläger zwar darauf hin, dass sich die 2. SAG gemäß A.I.1.5 ( S. 14 der 2. SAG ) auch auf den Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen nach § 2 Abs. 1 AtG und mit Kernbrennstoffen nach § 2 Abs. 3 AtG erstreckt. Aus dieser Bestimmung kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die 2. SAG das Betriebsreglement und insbesondere den Betrieb des externen Brennelementlagers vollständig neu regele. Bei der von den Klägern herangezogenen Regelung handelt es sich lediglich um die Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung auf einen an sich nach § 7 Abs. 1 StrlSchV genehmigungsbedürftigen Umgang mit Kernbrennstoffen gemäß § 7 Abs. 2 StrlSchV. Soweit eine solche Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung erfolgt, ist eine eigenständige Genehmigung nach § 7 Abs. 1 StrlSchV nicht mehr erforderlich. Bereits aus der Binnensystematik von § 7 StrlSchV und daneben aus dem systematischen Zusammenhang mit den atomrechtlichen Bestimmungen folgt, dass die Erstreckung nur soweit reichen kann, wie die atomrechtliche Genehmigung eine entsprechende Regelung enthält, die erstreckungsfähig ist. Hieraus folgt zugleich, dass die in A.I.1.5 enthaltene Erstreckung gemäß § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StrlSchV nicht weiter reichen kann als die im sonstigen Bescheidtenor enthaltenen atomrechtlichen Gestattungen. Auch in Bezug auf das Stilllegungsreglement kann die Erstreckung deshalb nicht über die durch die 2. SAG genehmigten Änderungen hinausgehen und nicht die Brennelementlagerung im Notstandsgebäude eigenständig regeln.
53 
Entgegen der Auffassung der Kläger kann aus der Systematik der in A.III. des Genehmigungstenors beigegebenen Nebenbestimmungen nicht ein abweichendes Verständnis des Genehmigungsumfangs der 2. SAG hergeleitet werden. Zwar beinhalten die Nebenbestimmungen insbesondere in A.III.3. (S. 22 der 2. SAG) Maßgaben zur Handhabung bestrahlter Brennelemente, die keine Beschränkung auf das Betriebsreglement der 2. SAG erkennen lassen. In der Einleitung zu den verfügten Nebenbestimmungen (S. 18 der 2. SAG) weist die Genehmigungsbehörde aber darauf hin, dass sämtliche Nebenbestimmungen an die Stelle der Nebenbestimmungen der 1. SAG treten und damit für den Gestattungsumfang beider Genehmigungen Geltung beanspruchen sollen. Bereits daraus folgt, dass die Genehmigungsbehörde lediglich aus Gründen der Klarheit sämtliche Nebenbestimmungen teilweise wiederholend zusammengefasst hat, ohne damit eine inhaltlich abweichende Regelung gegenüber der 1. SAG zu treffen. Im Übrigen bezieht sich die von den Klägern herangezogene Nebenbestimmung in A.III.3. auf die Modalitäten des Brennelementtransports, nicht auf den Betrieb des externen Nasslagers im Notstandsgebäude.
54 
Ebenso wenig können aus dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen vom 15.12.2008 Anhaltspunkte für ein abweichendes Verhältnis der beiden Genehmigungen zueinander hergeleitet werden. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass die Beigeladene in ihrem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 selbst von einem anderen Verständnis der beantragten Genehmigung zu der bestandskräftig erteilten 1. SAG ausgegangen ist. So führte die Beigeladene in dem Antragsschreiben vom 15.12.2008 ausdrücklich aus, „dass die vorliegend beantragte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung die 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vollständig ablöst und bis zum Ende des gesamten Vorhabens gelten soll“. Damit hat die Beigeladene ihren Willen zum Ausdruck gebracht, dass sie ein umfassendes und vollständig eigenständiges Genehmigungsverfahren in Gang setzen wollte, mit dem das Stilllegungsreglement für das Kernkraftwerk insgesamt einer neuen genehmigungsrechtlichen Grundlage unterstellt werden sollte. Für einen derartigen Willen der Beigeladenen sprechen auch weitere Ausführungen in der Begründung ihres Genehmigungsantrags. Indes ist das Antragsschreiben der Beigeladenen vom 15.12.2008 nicht für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts der 2. SAG maßgeblich. Wie oben näher dargestellt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Ermittlung des Inhalts einer atomrechtlichen Genehmigung gerade aus Rechtsschutzgründen auf den Inhalt der Genehmigungsurkunde selbst abzustellen, vor allem primär auf den Bescheidtenor und daneben die von der Behörde beigegebene Begründung. Auf Umstände außerhalb der Genehmigungsurkunde kann allenfalls untergeordnet und zur Beseitigung von Auslegungszweifeln abgestellt werden, wobei sich die Auslegung dabei freilich nicht in Widerspruch zu dem ausdrücklichen Bescheidinhalt setzen darf. Im Übrigen hat die Beigeladene ihre Ausführungen in dem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 im Genehmigungsverfahren nicht aufrecht erhalten, sondern mit Schreiben an den Beklagten vom 31.08.2009 berichtigt. Dabei führte die Beigeladene ausdrücklich aus, dass die 2. SAG nunmehr eine zur 1. SAG selbständige Genehmigung darstellen solle; als solche trete die 2. SAG neben die 1. SAG. Regelungen der 1. SAG könnten gegenstandslos und in Teilen angepasst oder übernommen werden (vgl. S. 2 des Schreibens der Beigeladenen vom 31.08.2009). Von diesem geänderten Verständnis der Beigeladenen ist im Übrigen - wie oben dargestellt - auch die Genehmigungsbehörde in der Begründung der 2. SAG ausgegangen (vgl. S. 37). Deshalb war entgegen der Auffassung der Kläger eine teilweise Antragsablehnung bei Erlass der 2. SAG nicht geboten.
55 
Auch der Versuch der Kläger, aus den dem Genehmigungsantrag beigefügten Unterlagen ein abweichendes Verständnis der beiden Genehmigungen zueinander herzuleiten, geht fehl. Zuzugeben ist den Klägern zwar, dass der von der Beigeladenen vorgelegte technische Bericht „Stilllegung und Abbau KWO - 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung - Störfallbetrachtung“ des Gutachters ... vom 31.03.2010 offenbar davon ausgeht, dass das Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vollständig neu geregelt werden soll. Hierfür spricht, dass der Gutachter in seiner Störfallbetrachtung auch Szenarien berücksichtigt hat, die lediglich von der 1. SAG umfasste Maßnahmen beinhalten. Auch hier gilt jedoch die oben angestellte Erwägung, wonach für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts primär auf die Genehmigung selbst, nicht jedoch auf die Antragsunterlagen abzustellen ist. Im Übrigen ist der technische Bericht des Gutachters ... weder Grundlage noch Inhalt der 2. SAG; er ist in A.II. der 2. SAG nicht als Genehmigungsgrundlage erwähnt.
56 
Aus ähnlichen Gründen kann auch aus den der Genehmigung zugrundeliegenden Erläuterungsberichten Nrn. 1, 13 und Nr. 15 nicht entnommen werden, dass die 2. SAG den Betrieb des externen Lagerbeckens neu genehmige. Diese Erläuterungsberichte enthalten im Wesentlichen eine Beschreibung des Anlagenzustandes in verschiedener Hinsicht, etwa eine Charakterisierung des radiologischen Ausgangszustands oder eine Beschreibung des Gesamtvorhabens und der im Betrieb bleibenden Systeme und Anlagen. Es liegt deshalb auf der Hand, dass in diesen Unterlagen technische Beschreibungen enthalten sind, die über den Regelungsinhalt der beantragten 2. SAG hinausgehen. Von diesem Verständnis ist auch der Beklagte ausgegangen, der diese Unterlagen unter A.II. der 2. SAG lediglich als Grundlage der Genehmigung, nicht aber als Genehmigungsinhalt aufgeführt hat. Entgegen der Auffassung der Kläger kann schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass in dem von der Beigeladenen mit dem Genehmigungsantrag vorgelegten Stilllegungshandbuch der Betrieb des externen Brennelementlagers in Bau 37 wiederholt erwähnt wird, geschlossen werden, der Stilllegungsbetrieb solle mit der 2. SAG insgesamt und umfassend neu geregelt werden. Zum einen ist - wie oben näher dargestellt -aus Rechtsschutzgesichtspunkten zur Ermittlung des Genehmigungsinhalts nicht auf technische Unterlagen wie das Stilllegungshandbuch abzustellen. Zum anderen trägt das neu erstellte Stilllegungshandbuch der Beigeladenen lediglich dem Umstand Rechnung, dass durch die 2. SAG der Stilllegungsbetrieb modifiziert wurde, was im Stilllegungshandbuch zu berücksichtigen war. Zutreffend weisen die Kläger zwar darauf hin, dass der Betrieb des externen Brennelementlagers zum Stilllegungsbetrieb gehört. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Betrieb des externen Nasslagers insgesamt durch die 2. SAG neu legalisiert wurde. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob und in welchem Umfang sich der nach § 20 AtG bestellte Gutachter in seinen Ausführungen vom März 2011 mit dem Betrieb des externen Lagerbeckens beschäftigt hat. Schließlich ist bei der hier vorzunehmenden Auslegung der von den Klägern herangezogene Schriftwechsel zwischen dem Beklagten und dem Bundesministerium für Umwelt unergiebig. Das von den Klägern erwähnte E-Mail des Bundesumweltministeriums vom 12.10.2011 ist in anderen, nämlich aufsichtlichen Zusammenhängen ergangen und bezieht sich auf den geplanten Abbau von Elementen des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude. Der - nach dem oben Gesagten für die Auslegung der Genehmigung im Übrigen nicht maßgeblichen - Korrespondenz des Beklagten mit der Aufsichtsbehörde lässt sich deshalb nichts für die hier in Rede stehende Frage des Umfangs des Betriebsreglements der 2. SAG entnehmen.
57 
Nach alldem kann nicht davon ausgegangen werden, dass die 2. SAG den Stilllegungsbetrieb insgesamt  geregelt und dabei den Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude eigenständig gestattet hat. Gegenstand des Antrags auf Erteilung der 2. SAG waren deshalb nur die dort im Einzelnen aufgeführten Änderungen des Stilllegungsreglements, nicht jedoch die „insgesamt geplanten Maßnahmen“ im Sinne von Nr. 11.1.1 der Anlage 1 zum UVPG.
58 
2.1.2 Die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles leidet nicht an einem zur Aufhebung der Genehmigung führenden Verfahrensfehler. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 UmwRG unter anderem verlangt werden, wenn eine nach den Be-stimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Ein solcher Fall liegt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch dann vor, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, die durch das Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfs-gesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21.01.2013 (BGBl. I S. 95) mit Wirkung vom 29.01.2013 erlassen worden ist, ist hier anwendbar, obwohl es für die gerichtliche Überprüfung atomrechtlicher Genehmigungen grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei ihrem Erlass ankommt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - ZNER 2012, 288; sowie vom 19.12.1985 - 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300). Denn die geänderten Vorschriften des Gesetzes gelten nach § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe nach § 2, die am 12.05.2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29.01.2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Zwar handelt es sich hier nicht um den Rechtsbehelf einer anerkannten Vereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG; der Gesetzgeber knüpft in § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG aber an allgemeine Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts an, die gleichfalls eine Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG fordern (vgl. BT-Drs. 17/10957 S. 18; BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669). Auch gilt die neu geschaffene und die bisherige Rechtslage klarstellende (vgl. hierzu BT-Drs. 17/1095 S. 17; sowie BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30.10 - a.a.O.) Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit für die Kläger entsprechend. Sie wird so auf Rechtsbehelfe erstreckt, deren Zulässigkeit von der Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte abhängt. Hat die Behörde eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterlassen oder leidet sie an einem gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gleichgestellten schwerwiegenden Fehler, ist dieser Mangel nach dem oben Gesagten erheblich, ohne dass es nach nationalem Recht darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könnte. Indes leidet die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Vorprüfung der einzelnen Maßnahmen, die Gegenstand der 2. SAG sind, auf ihre Umweltrelevanz gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG nicht an einem gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Verfahrensfehler.
59 
2.1.2.1 Beruht die Entscheidung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG, ist gemäß § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens ausschließlich darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Diese Einschränkung des gerichtlichen Kontrollumfangs gilt auch für alle Fälle der Vorprüfung, in denen auf § 3c UVPG verwiesen wird, mithin auch für die Vorprüfung nach Maßgabe von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG (vgl. hierzu näher Dienes in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3 UVPG Rn. 26.1). Anknüpfend an diese der zuständige Behörde in § 3a Satz 4 UVPG eingeräumte Beurteilungsermächtigung stellt § 4a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren nur darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde, die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, das anzuwendende Recht verkannt wurde oder sachfremde Erwägungen vorliegen. Der Gesetzgeber bestätigt und konkretisiert damit die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung, wonach das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 12 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - a.a.O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 - 5 Bs 24/10 - UPR 2010, 445).
60 
Bei Anwendung dieses Maßstabs leidet die von dem Beklagten durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler. Die Genehmigungsbehörde hat den relevanten Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst, die einschlägigen Verfahrensregeln und rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten, keine sachfremden Erwägungen angestellt und das maßgebliche Recht zutreffend angewandt. Der Beklagte hat die UVP-Vorprüfung insbesondere entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt und damit das einschlägige Recht im Sinne von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG zutreffend angewendet.
61 
Die Beigeladene hat die mit der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen einer Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG unterzogen und das Ergebnis in dem den Antragsunterlagen beigefügten Bericht vom 11.12.2008 festgehalten. Dabei ist die Beigeladene zu dem Ergebnis gelangt, dass die geplanten Einzelmaßnahmen keine wesentlichen Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter des § 1a AtVfV bzw. § 2a UVPG haben. Der Beklagte hat - wie sich einem Aktenvermerk vom 26.01.2009 entnehmen lässt - die Vorprüfung der Beigeladenen dahingehend kritisch gewürdigt, ob die relevanten Auswirkungen des Vorhabens der 2. SAG auf die Schutzgüter durch die Ergebnisse der im Rahmen des Gesamtvorhabens durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig erfasst wurden und abgedeckt sind. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass bei der Ausnutzung der 2. SAG keine umweltrelevanten Wirkungen eintreten, die zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen gegenüber den Umweltauswirkungen führen, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG waren. Dieses Ergebnis hat der Beklagte ordnungsgemäß gemäß § 3a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass der Prüfvermerk des Beklagten vom 26.01.2009 über die Plausibilität der durchgeführten Vorprüfung sehr knapp gehalten ist, weshalb die von der Genehmigungsbehörde in diesem Zusammenhang im Einzelnen angestellten Erwägungen nicht vollständig nachvollzogen werden können. Dies führt gleichwohl nicht zu einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler im oben dargestellten Sinne, da die von der Beigeladenen durchgeführten Vorprüfungen in ihrem Bericht vom 11.12.2008 wesentlich detaillierter dargestellt sind und die Behörde sich ersichtlich diese Erwägungen insgesamt zu eigen gemacht hat.
62 
2.1.2.2. Die 2. SAG enthält entgegen der Meinung der Kläger keine relevanten Änderungen gegenüber der im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung, die eine zumindest teilweise neue Verträglichkeitsprüfung erforderlich gemacht hätten. Vielmehr halten sich der mit der 2. SAG genehmigte Abbau und die Änderungen des Stilllegungsreglements im Rahmen der im Antrag zur 1. SAG dargestellten insgesamt geplanten Maßnahmen, die Gegenstand der durchgeführten Prüfung nach Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG waren.
63 
2.1.2.2.1. Eine wesentliche Abänderung des mit der 2. SAG genehmigten Vorhabens gegenüber der im Rahmen der 1. SAG dargelegten Gesamtmaßnahme kann nicht in der Errichtung der Materialschleuse zum Reaktorgebäude gesehen werden. Der Einbau der neuen Materialschleuse ist nicht Gegenstand der 2. SAG, sondern wurde mit einer bestandskräftigen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 legalisiert. Den von den Klägern geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der Möglichkeit, die Brennstäbe aus dem externen Brennelementlagerbecken störungsfrei abzutransportieren, war deshalb lediglich im Verfahren zur Erteilung der Änderungsgenehmigung zur 1. SAG nachzugehen. Bereits aufgrund der Bestandskraft dieser Änderungsgenehmigung kann die Errichtung der Materialschleuse als solche nicht als eine den Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung überschreitende Änderung angesehen werden. In diesem Zusammenhang ist deshalb lediglich die Umweltrelevanz von Änderungen des Betriebsreglements zu betrachten, die durch die Errichtung der Materialschleuse eingetreten sind. Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass durch die punktuellen und geringfügigen Änderungen des Betriebsreglements durch Errichtung der neuen Materialschleuse keine derartigen umweltrelevanten Auswirkungen eintreten können, die den Rahmen der bei Erteilung der 1. SAG insgesamt geprüften Maßnahmen überschreiten. In Übereinstimmung hiermit wurde bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 davon ausgegangen, dass im Zuge der Abbaumaßnahmen bauliche Änderungen im Reaktorgebäude notwendig werden können (vgl. S. 112 des Sicherheitsberichts zur 1. SAG).
64 
2.1.2.2.2. Auch durch die abweichende Gestaltung der einzelnen Genehmigungsschritte ist keine wesentliche Änderung der insgesamt geplanten Maßnahmen eingetreten, die Gegenstand der 1. SAG und der Umweltverträglichkeitsprüfung vor deren Erteilung waren. Zutreffend weisen die Kläger in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Beigeladene mit ihrem Antrag zur Erteilung der 2. SAG von den Genehmigungsschritten abweicht, welche im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 und dem hierauf bezogenen Genehmigungsantrag dargestellt waren. Insbesondere hat der damalige Genehmigungsantrag vorgesehen, dass in einem umfassenderen 2. Abbauschritt die stärker aktivierten Anlagenteile des Kontrollbereichs vollständig abgebaut werden sollen, vor allem auch der Reaktordruckbehälter nebst Reaktordruckbehältereinbauten und biologischem Schild (vgl. die Darstellung der vorgesehenen Genehmigungsschritte im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006, S. 12, 15 und 16). Von diesem ursprünglich geplanten Verfahrensablauf weicht der Antrag der Beigeladenen auf Erteilung der 2. SAG insoweit ab, als nunmehr ein weiterer Genehmigungsschritt vorgesehen wird und mit der beantragten 2. SAG lediglich ein Teil der aktivierten Anlagenteile im Kontrollbereich abgebaut werden soll. So soll die 2. SAG nur noch den Abbau des Reaktordruckbehälterdeckels, nicht jedoch des stark aktivierten Reaktordruckbehälterunterteils, der Reaktoreinbauten sowie des biologischen Schilds im Kontrollbereich umfassen; diese Abbaumaßnahmen sollen vielmehr einer - am 30.04.2013 erteilten und in Bestandskraft erwachsenen - 3. SAG vorbehalten bleiben.
65 
Durch diese geänderte Genehmigungsabfolge wird indes nicht der mit der 1. SAG geprüfte Gesamtumfang der geplanten Maßnahmen mit der Folge verlassen, dass nunmehr eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens zu erfolgen hätte. Zum einen hat die Beigeladene bereits in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 (S. 16) explizit darauf hingewiesen, es könne sich bei der für den 2. Genehmigungsschritt noch durchzuführenden Detailabbauplanung unter Berücksichtigung der Verfahrensökonomie und von technischen Notwendigkeiten ergeben, dass zur Umsetzung der Abbauarbeiten im 2. Abbauschritt mehr als nur ein Genehmigungsantrag erforderlich werde. Aufgrund dieser Angaben im Sicherheitsbericht stand bereits bei Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung des Gesamtvorhabens im Rahmen der 1. SAG fest, dass die vorgesehenen Genehmigungsschritte keine verbindliche Planung darstellen. Zum anderen kann eine geänderte Abfolge der zu beantragenden Genehmigungen und die Zuordnung der Abbauschritte hierzu nicht zu relevanten Umweltauswirkungen führen. Maßgeblich für die Umweltrelevanz ist allein, ob die mit der ursprünglichen Planung vorgesehenen konkreten Abbaumaßnahmen bzw. Abbauschritte eingehalten werden oder ob auch insoweit eine relevante Änderung eingetreten ist. Wie sich der Darstellung der Abbaufolge auf S. 76 f. des Sicherheitsberichts vom 19.05.2006 entnehmen lässt, wird durch die geänderte Aufteilung der Genehmigungsschritte nicht von den technisch vorgesehenen Abbaumaßnahmen abgewichen. Im Übrigen wies die Beigeladene bei der Beschreibung des 2. Abbauschritts (S. 90 f. des Sicherheitsberichts) bereits darauf hin, dass die konkrete Abbaufolge erst im Rahmen der Detailplanung des 2. Abbauschritts festgelegt werden könne. Durch die mit der 2. SAG vorgenommene Modifizierung tritt deshalb keine Änderung der technischen Abbauplanung ein, sondern lediglich eine Verschiebung von Maßnahmen in einen späteren Genehmigungsschritt. Gerade im Hinblick auf die Umweltrelevanz eines Vorhabens ist jedoch unerheblich, in welchem Genehmigungsschritt eine konkrete Einzelmaßnahme erfolgen soll. Entscheidend ist allein, dass sich die Ausführungsmaßnahmen innerhalb der insgesamt geplanten Maßnahmen halten, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der 1. SAG waren. Fehl geht in diesem Zusammenhang auch der Hinweis der Kläger, durch den Abbau des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten stünden das Druckbehälter-Unterteil und die stark aktivierten Kerneinbauten für längere Zeit offen. Dem steht bereits entgegen, dass auch in der ursprünglich geprüften Genehmigungsplanung und dem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 keine zeitlichen Vorgaben für den Abbau des Reaktordruckbehälters enthalten waren. Auch ohne die nunmehr vorgesehene Aufspaltung des Abbaus des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten war deshalb nicht sichergestellt, dass dieser in einem engen zeitlichen Rahmen abgebaut wird. Keiner abschließenden Klärung bedarf die zwischen den Beteiligten kontrovers erörterte Frage, ob der von den Betriebsgenehmigungen gedeckte Zustand einer längeren Öffnung des Reaktordeckels bei umfangreichen Revisionsarbeiten mit der hier in Rede stehenden Situation vergleichbar ist. Dabei spricht jedoch einiges für die Darlegung des Beklagten, dass die Situation eines offen stehenden Reaktordruckbehälters in der Leistungsbetriebsphase in sicherheitstechnischer Hinsicht kritischer zu beurteilen ist als der hier in Rede stehende Zustand.
66 
2.1.2.2.3. Eine wesentliche Änderung ist schließlich nicht dadurch eingetreten, dass eine längere Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager (sog. Notstandsgebäude, Bau 37) erfolgen soll. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass nach der ursprünglichen zeitlichen Planung der Beigeladenen bis ca. 2011 alle bestrahlten Brennelemente in das beantragte Standortzwischenlager verbracht werden sollten, sodass die Anlage bei Beginn des 2. Abbauschrittes brennstofffrei gewesen wäre. Die weitere Lagerung der abgebrannten Brennstäbe im Notstandsgebäude führt jedoch entgegen der Auffassung der Kläger nicht dazu, dass der Rahmen der im Zuge der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung überschritten würde. Zum einen handelt es sich bei der oben dargestellten zeitlichen Abfolge lediglich um eine unverbindliche Planung der Beigeladenen, die unter dem Vorbehalt veränderter Umstände, insbesondere einer Verzögerung der Genehmigungserteilung für das Standortzwischenlager, stand. So wurde bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass möglicherweise der Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage KWO nicht - wie vorgesehen - bis ca. 2011 abgeschlossen sein könne, etwa weil das beantragte BE-Zwischenlager zu diesem Zeitpunkt noch nicht betriebsbereit sei (vgl. S. 70 und 90 des Sicherheitsberichts). In diesem Fall sollte nach der im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 dargelegten Konzeption der Stilllegungsbetrieb unter dem Regime der 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung auch die weitere Lagerung der bestrahlten KWO-Brennelemente im externen Nasslager bis zum vollständigen Abtransport aus der Anlage umfassen. Aufgrund dieser Darstellungen im Sicherheitsbericht war die weitergehende Lagerung von Brennelementen im externen Lager auch zum Zeitpunkt des 2. Abbauschritts Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, die im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführt wurde.
67 
Zum anderen wurde die externe Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit einer der Beigeladenen erteilten Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet, welche bestandskräftig wurde (vgl. hierzu auch den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des Senats vom 15.09.1999 - 10 S 1991/99 - VBlBW 2000, 149). Die Dauer dieser Lagerung wurde weder durch die 1. SAG noch durch die gegenständliche Genehmigung eingeschränkt. Vielmehr erstreckt sich der Genehmigungsumfang der 1. SAG nach dem oben Gesagten auf den Stilllegungsbetrieb, der unter anderem die Lagerung der Brennelemente im externen Brennelementlagerbecken des Notstandsgebäudes umfasst (vgl. A I.1.1 der 1. SAG, Seite 2). Übereinstimmend hiermit wird in der Begründung der 1. SAG davon ausgegangen, dass sich die bestrahlten Brennelemente in der Phase des Stilllegungsbetriebs voraussichtlich noch im externen Brennelementlagerbecken befinden werden; die Genehmigung nimmt den Abbau der Anlage und von Anlagenteilen parallel zu dieser Lagerung in den Blick (vgl. B.I.2.4.4.3 der 1. SAG, S. 43). Etwaige mit der externen Brennelementlagerung verbundenen Umweltauswirkungen waren bei Erteilung der 2. SAG daher nur insoweit zu betrachten, als das Betriebsreglement in Bezug hierauf geändert wurde. Dabei ist auszuschließen, dass sich die geringfügigen Änderungen des Betriebsreglements hinsichtlich der Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager in einer für die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung relevanten Weise auswirken könnten. Ferner sollen nach den Darlegungen im Sicherheitsbericht die mit der 2. SAG beantragten Abbaumaßnahmen dergestalt rückwirkungsfrei erfolgen, dass die Lagerung der Brennelemente und die hierfür erforderlichen Sicherheitseinrichtungen im Notstandsgebäude durch die Maßnahmen nicht beeinträchtigt werden kann. Im Sicherheitsbericht wird näher dargelegt, dass die für die Lagerung und Handhabung der bestrahlten Brennelemente erforderlichen Anlagenteile und Systeme erst nach dem Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage stillgesetzt und abgebaut werden. Eine wesentliche Abweichung durch die längere Lagerung, bezogen auf die insgesamt geplanten Maßnahmen, liegt deshalb nicht vor.
68 
Nach alldem hat der Beklagte die mit der 2. SAG geplanten Einzelmaßnahmen zu Recht keiner weiteren vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen, sondern lediglich rechtsfehlerfrei eine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchgeführt.
69 
2.1.3 Entgegen der Auffassung der Kläger war vor Erteilung der 2. SAG weder eine obligatorische (dazu unter 2.1.3.1) noch eine fakultative (dazu unter 2.1.3.2) Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Hiergegen bestehen auch im Hinblick auf von der Bundesrepublik eingegangene völkerrechtliche Verpflichtungen keine Bedenken (dazu unter 2.1.3.3). Dahingestellt bleibt, ob die Kläger bei einer rechtswidrig unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung in eigenen Rechten verletzt würden (dazu unter 2.1.3.4).
70 
2.1.3.1 Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die von der Beigeladenen im Rahmen der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks Obrigheim nicht einer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung bedurften. Gemäß § 19b Abs. 2 Satz 1 AtVfV kann abweichend von § 4 Abs. 4 AtVfV von einer Bekanntmachung und Auslegung des Vorhabens dann nicht abgesehen werden, wenn für eine ortsfeste Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistung überschreitet, erstmals eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beantragt wird. Bei den von der Beigeladenen beantragten Maßnahmen handelte es sich jedoch nicht um einen erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Stilllegungs- und Abbaugenehmigung im Sinne von § 7 Abs. 3 AtG. Auch wenn es sich bei der 1. und 2. Stilllegungsgenehmigung - wie oben unter 2.1.1.3 näher dargestellt - um selbständige Genehmigungen und nicht um Teilgenehmigungen gemäß § 18 AtVfV handelt, sind die Genehmigungen aufeinander bezogen und gestatten ein einheitliches Vorhaben im Sinne von § 19b Abs. 1 AtVfV. In diesem Zusammenhang kann auf die oben angestellten Erwägungen zu der Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verwiesen werden, da diese auch im hier in Rede stehenden Zusammenhang Geltung beanspruchen. Schließlich war nach dem oben Dargelegten für die mit der 2. SAG beantragten Maßnahmen keine e Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, so dass eine obligatorische Öffentlichkeitsbeteiligung auch nicht nach § 4 Abs. 4 Satz 2 AtVfV geboten war.
71 
2.1.3.2 Der Beklagte hat unter fehlerfreier Betätigung seines Ermessens von einer en fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG abgesehen. Die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Absehen von einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung nach Ermessen gemäß § 19b, § 4 Abs. 4 AtVfV lagen vor. Gemäß § 19b Abs. 2 Satz 1 AtVfV kann nach dem oben unter 2.1.3.1 Ausgeführten im Falle der erstmaligen Erteilung einer Stilllegungs- und Abbaugenehmigung nicht von der Auslegung und Bekanntmachung des Vorhabens abgesehen werden. Für den hier in Rede stehenden weiteren Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG bleibt es dagegen gemäß 19b Abs. 2 AtVfV bei der allgemeinen Bestimmung des § 4 Abs. 4 Satz 1 AtVfV. Danach kann die Genehmigungsbehörde von der Bekanntmachung und Auslegung unter den in § 4 Abs. 2 AtVfV genannten Voraussetzungen absehen. Dies ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AtVfV vor allem dann der Fall, wenn im Sicherheitsbericht keine zusätzlichen oder anderen Umstände darzulegen wären, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen lassen.
72 
Diese Voraussetzungen liegen für das Genehmigungsverfahren der 2. SAG vor. Im Sicherheitsbericht zur 1. SAG ist das Gesamtvorhaben der Stilllegung und des Abbaus des Kernkraftwerks Obrigheim in einer den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV genügenden Weise dargestellt. Nach dieser Bestimmung müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, u.a. Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten. Die Beigeladene hat in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 das von ihr verfolgte Gesamtkonzept zum Abbau und zur Stilllegung der von ihr betriebenen kerntechnischen Anlage in den Grundzügen so konkret beschrieben, dass auch für Dritte eine Beurteilung der insgesamt geplanten Maßnahmen möglich war. Insbesondere hat sie im Sicherheitsbericht die insgesamt geplanten Maßnahmen, die Reihenfolge der einzelnen Abbauschritte und die dabei zu verwendenden Methoden so detailliert dargestellt, dass die interessierte Öffentlichkeit sowohl die mögliche Rückwirkungsfreiheit der Maßnahmen als auch das Vorliegen einer sinnvollen Abbaureihenfolge prüfen konnte. Auch hat die Beigeladene in den Unterlagen den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV entsprechend weiter dargelegt, welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a AtVfV genannten Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung haben werden. Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich der Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission vom 11./12.12.2007 nicht entnehmen, dass die vor Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen nicht den oben dargestellten Anforderungen entsprochen hätten. Zwar führt die Reaktorsicherheitskommission aus, dass auf der Basis der vorliegenden Unterlagen eine detaillierte Beurteilung des Gesamtkonzepts zur Stilllegung und zum Abbau des KWO nicht möglich sei, da über Abbaumaßnahmen, ihre vorgesehene Reihenfolge und über Abbaumethoden während des 2. Genehmigungsschritts nur sehr allgemeine Aussagen vorlägen; auch in dem Genehmigungsentwurf werde über die Zulässigkeit der über den 1. Abbauschritt hinausgehenden Maßnahmen keine Aussage getroffen (vgl. S. 7 der Stellungnahme). Indes hat die Reaktorsicherheitskommission in ihrer abschließenden Stellungnahme ausdrücklich bestätigt, dass die vorgelegten Unterlagen im Hinblick auf § 19b AtVfV ausreichend seien (S. 20 der Stellungnahme vom 11./12.12.2007). Diese Auffassung der Reaktorsicherheitskommission steht mit dem Regelungskonzept von § 19b AtVfV im Einklang. § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV erfordert nicht, dass alle Abbauschritte in den mit dem Erstgenehmigungsantrag vorgelegten Unterlagen genehmigungsfähig beschrieben werden. Die Vorschrift erfordert nur, dass „Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung ... oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen“ in den Antragsunterlagen enthalten sind, die „die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist“.
73 
An der Richtigkeit der Einschätzung der Reaktorsicherheitskommission ändern auch die weiteren Rügen der Kläger nichts, die sich im Kern gegen das vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Verwaltungsverfahren richten. Auch in diesem Zusammenhang sind die Kläger aufgrund der Bestandskraft der 1. SAG mit Einwendungen gegen deren Rechtmäßigkeit ausgeschlossen. Im Übrigen durften die Kläger nicht die von ihnen geltend gemachte Erwartung hegen, etwaige Rügedefizite im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG würden in nachfolgenden Genehmigungsschritten geheilt. Vielmehr wären die Kläger gehalten gewesen, die von ihnen beanstandeten Fehler mit einem Rechtsbehelf gegen die 1. SAG geltend zu machen.
74 
Unabhängig hiervon greifen die Rügen der Kläger auch in der Sache nicht durch. Die Kläger beanstanden vor allem, dem im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der 1. SAG ausgelegten Sicherheitsbericht seien keine konkreten Angaben zu der Strahlenbelastung durch Direktstrahlung am Anlagenzaun und der Umgebungsüberwachung zu entnehmen; Betroffenen sei es deshalb nicht möglich gewesen, ihre Belastung durch Direktstrahlung zu überprüfen. Im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 ist die Strahlenexposition in der Umgebung während des gesamten Vorhabens in Kapitel 9 (S. 176 ff.) ausreichend dargestellt. In Kapitel 9.2.1 wird die Strahlenexposition durch Ableitung radioaktiver Stoffe mit der Luft, in Kapitel 9.2.2 durch Ableitung mit dem Abwasser dargestellt; Kapitel 9.4 (S. 182 f.) erörtert die Begrenzung der Strahlenexposition aus Direktstrahlung und aus Ableitungen radioaktiver Stoffe mit der Luft und dem Abwasser. Die von den Klägern vermissten weiteren Angaben zur Direktstrahlung waren im Sicherheitsbericht nicht zwingend veranlasst. Die Direktstrahlung ist lediglich für die Einhaltung des Dosisgrenzwerts nach § 46 StrlSchV von Bedeutung, der die Gesamtstrahlenexposition aus Direktstrahlung sowie sämtlichen Ableitungen und unter Berücksichtigung der radiologischen Vorbelastung am Standort und der Strahlenexposition infolge des geplanten Standortzwischenlagers erfasst. Die Gesamtstrahlenexposition darf den Grenzwert für die effektive Dosis gemäß § 46 Abs. 1 StrlSchV von 1 mSv im Kalenderjahr an keiner Stelle außerhalb des Betriebsgeländes der Anlage überschreiten; einen eigenständigen Grenzwert für die Direktstrahlung gibt es indes nicht. Da der Dosisgrenzwert nach den Darstellungen im Sicherheitsbericht zur 1. SAG deutlich unterschritten wird, waren weitere Darlegungen im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG nicht veranlasst. Auch hinsichtlich der Umgebungsüberwachung waren im Sicherheitsbericht für die 2. SAG keine zusätzlichen oder anderen Umstände im Sinne von § 4 Abs. 2 AtVfV darzulegen, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen ließen. Die Umgebungsüberwachung wird im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 in Kapitel 5.5 (S. 124) für das Gesamtvorhaben dargestellt. Der Sicherheitsbericht weist darauf hin, dass nach der Richtlinie zur Emissions- und Immissionsüberwachung kerntechnischer Anlagen (REI) ein Überwachungsprogramm sowohl durch den Betreiber der Anlage als auch von unabhängigen Messstellen im Auftrag der zuständigen Behörde durchzuführen ist. Weitergehende Darlegungen waren nicht zwingend veranlasst, insbesondere nicht die von den Klägern vermisste konkrete Darstellung der vorgesehenen Orte von Probeentnahmen.
75 
Fehl geht auch die Rüge der Kläger, die Reihenfolge des Abbaus von Systemen und Komponenten für den 2. Genehmigungsschritt sei in den im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen nur sehr allgemein beschrieben; eine Überprüfung der Wechselwirkungen zwischen dem Abbau von Systemen und Komponenten im Kontrollbereich (einschließlich Notstandsgebäude) und dem Betrieb des Brennelementlagerbeckens sei nicht ausreichend möglich. Vielmehr ist eine Beschreibung sämtlicher Abbauschritte im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 zur 1. SAG erfolgt (vgl. Kapitel 4, S. 76 ff.). Dort wurden auch die einzelnen zur Anwendung gelangenden Zerlege- und Abbauverfahren beschrieben und dargestellt, nach welchen Methoden die weitere Abbauplanung erfolgen wird. Schließlich enthält der Sicherheitsbericht zur 1. SAG in Kapitel 2.4 (S. 48 bis 54) eine überschlägige Beschreibung des radiologischen Ausgangszustands der Anlage. Der Detaillierungsgrad dieser Darstellung genügt den an einen Sicherheitsbericht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AtVfV zu stellenden Anforderungen. Die von den Klägern vermisste Zuordnung von Abbau- und Zerlegemethoden zu den einzelnen Anlagen und Komponenten ist von Rechts wegen nicht zwingend geboten. Entgegen der Auffassung der Kläger waren im Sicherheitsbericht für die 2. SAG auch nicht zusätzliche Störfallszenarien zu betrachten, die eine ergänzende Öffentlichkeitsbeteiligung notwendig gemacht hätten. Die Kläger machen auch in diesem Zusammenhang überwiegend Störfallszenarien geltend, die im Zusammenhang mit der Brennstofflagerung im Notstandsgebäude stehen. Nach dem oben unter 2.1.1.4 Dargelegten ist die Nasslagerung der Brennelemente nicht vom Gestattungsumfang der 2. SAG umfasst. Im Sicherheitsbericht zur Erteilung der 2. SAG war deshalb keine weitergehende Betrachtung von Störfallszenarien erforderlich, die im Zusammenhang mit der Brennstofflagerung im externen Becken stehen. Wie oben unter 2.1.2.2 näher dargestellt, wichen die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen auch nicht in einer Weise von der im Sicherheitsbericht zur 1. SAG beschriebenen Abbauplanung ab, dass der vorgegebene Rahmen der Gesamtmaßnahme überschritten worden wäre. Es stand deshalb im Ermessen des Beklagten, auf eine fakultative Öffentlichkeitsbeteiligung zu verzichten.
76 
Wie sich aus der Begründung der 2. SAG (B.I.2.4.1) ergibt, hat die Genehmigungsbehörde das ihr eröffnete Ermessen erkannt; die im Rahmen der Ermessensbetätigung angestellten Erwägungen leiden nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Mangel. Der Beklagte hat sich bei der Ausübung seines Ermessens im Wesentlichen davon leiten lassen, dass die Durchführung einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung weder relevante neue Informationen für die zu treffende Genehmigungsentscheidung liefern würde noch für die Rechtsschutz suchende Öffentlichkeit erforderlich wäre. In diesem Zusammenhang hat er darauf abgehoben, dass durch die beantragten Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen keine nachteiligen Auswirkungen für Dritte zu erwarten seien. Entgegen der Auffassung der Kläger war in die Ermessensentscheidung nicht mit besonderem Gewicht einzustellen, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung zur 1. SAG zwischen Juli und August 2006 und damit über fünf Jahre vor Erteilung der 2. SAG durchgeführt wurde. Zwar kann sich in einem derartigen Zeitraum der Kenntnisstand der Öffentlichkeit etwa zur eigenen Betroffenheit ändern. Auch im Rahmen der Ermessensausübung war die Genehmigungsbehörde jedoch nicht verpflichtet, das Gesamtabbauvorhaben  in den Blick zu nehmen, sondern durfte sich auf die mit der 2. SAG genehmigten Maßnahmen beschränken. Dies gilt im besonderen Maße vor dem Hintergrund, dass im vor Erteilung der 1. SAG durchgeführten förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren keinerlei Äußerungen aus der Bevölkerung eingegangen sind. Schließlich stellt auch der von den Klägern herausgestellte Umstand, dass im Gestattungsumfang der 2. SAG mit einem gegenüber der 1. SAG deutlich größeren Aktivitätsinventar umgegangen wird, keinen für die Ermessensausübung wesentlichen Gesichtspunkt dar. Die Einschätzung des Beklagten hinsichtlich des von einer en Öffentlichkeitsbeteiligung zu erwartenden Erkenntnisgewinns ist zumindest vertretbar und kann deshalb nicht als ermessensfehlerhaft beanstandet werden. Vor diesem Hintergrund begegnet auch die abschließend von dem Beklagten getroffene Abwägungsentscheidung zwischen den Belangen der interessierten Öffentlichkeit und dem öffentlichen Interesse an einer beschleunigten Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen bzw. der privaten Belange der Beigeladenen keinen Bedenken.
77 
2.1.3.3 Eine e Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG war nicht im Hinblick auf die von der Bundesrepublik Deutschland als Signatarstaat des Übereinkommens vom 25.06.1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention; Gesetz vom 09.12.2006, BGBl. II, S. 1251) geboten. Die Aarhus-Konvention ist nicht nur von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sondern von der Europäischen Union selbst ratifiziert worden; als sogenanntes gemischtes Abkommen ist sie Teil des Unionsrechts. Dabei spricht vieles dafür, dass hinreichend bestimmte und unbedingte Bestimmungen der Aarhus-Konvention unmittelbar anwendbares EU-Recht darstellen und aufgrund der Ratifikation durch die Bundesrepublik Deutschland auch als innerstaatliches Recht gelten (vgl. hierzu näher OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.02.2013 - 1 B 11266/12 - UPR 2013, 233; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.06.2012 - 8 B 38/08.AK - NuR 2012, 722). Darüber hinaus sind die nationalen Gerichte der Signatarstaaten gehalten, Bestimmungen der Aarhus-Konvention, denen wegen des darin enthaltenen Ausgestaltungsvorbehalts zugunsten der nationalen Rechtsordnung keine unmittelbare Wirkung zukommt, im Rahmen ihres nationalen Verwaltungsverfahrensrechts und Verwaltungsprozessrechts soweit wie möglich im Einklang mit den Zielen der Konvention zur Anwendung zu bringen (BVerwG, Urteil vom 05.09.2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312).
78 
Entgegen der Auffassung der Kläger gebieten die Bestimmungen der Aarhus-Konvention in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht die Durchführung einer en Öffentlichkeitsbeteiligung. Die von den Klägern herangezogene, allein einschlägige Bestimmung des Art. 6 Abs. 1a i.V.m. Nr. 1 des Anhangs I der Aarhus-Konvention verlangt, dass die Signatarstaaten unter anderem bei der Demontage oder Stilllegung von Kernkraftwerken oder Reaktoren ein Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren durchführen. Der Aarhus-Konvention liegt die Erkenntnis zugrunde, dass im Umweltbereich ein verbesserter Zugang zu Informationen und eine verbesserte Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren die Qualität und die Umsetzung von Entscheidungen verbessern, zum Bewusstsein der Öffentlichkeit in Umweltangelegenheiten beitragen, der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, ihre Anliegen zum Ausdruck zu bringen, und es den Behörden ermöglichen, diese Anliegen angemessen zu berücksichtigen (Erwägungsgründe, 9. Absatz). Zielsetzung der Konvention ist es, eine breitere Öffentlichkeit für Entscheidungsvorhaben im Umweltbereich zu interessieren und ihre Beteiligungsbereitschaft zu fördern, um hierdurch Vollzugsdefiziten zu Lasten der Umwelt entgegenzuwirken (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 18.07.2013 - 4 CN 3.12 - BVerwGE 147, 206). Zur Erreichung dieser Ziele sehen Art. 6 Abs. 2 und 3 der Aarhus-Konvention vor, dass die betroffene Öffentlichkeit im Rahmen umweltbezogener Entscheidungsverfahren frühzeitig über das Vorhaben informiert wird, damit der Öffentlichkeit ausreichend Zeit zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung während des Entscheidungsverfahrens gegeben wird. Nach Art. 6 Abs. 4 der Konvention sorgt jede Vertragspartei für eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Optionen noch offen sind und eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann. Damit soll der Anforderung von Art. 6 Abs. 8 der Aarhus-Konvention Rechnung getragen werden, wonach die Vertragsparteien sicherstellen, dass das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Entscheidung angemessen berücksichtigt werden kann.
79 
Diesen Vorgaben genügt das in § 19b Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 2, 4 AtVfV vorgesehene Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Stilllegung kerntechnischer Anlagen. Die danach bei Teilgenehmigungen oder - wie hier in Rede stehend - bei aufeinander bezogenen Genehmigungen für ein einheitliches Vorhaben des Abbaus einer kerntechnischen Anlage vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der ersten Genehmigung stellt in besonderem Maße sicher, dass Anregungen der Öffentlichkeit berücksichtigt werden können, bevor durch Beginn der Maßnahme vollendete Tatsachen geschaffen werden. Auch wird durch die entsprechend anwendbare Vorschrift des § 4 Abs. 2 und 4 AtVfV sichergestellt, dass eine e Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung weiterer Genehmigungen dann stattfindet, wenn im Sicherheitsbericht zusätzliche oder andere Umstände darzulegen wären, mithin eine wesentliche umweltrelevante Änderung im Verlaufe des Verfahrens eingetreten ist. Weder Art. 6 noch den übrigen Bestimmungen der Aarhus-Konvention lässt sich etwas für die von den Klägern vertretene Auffassung entnehmen, bei aufeinander bezogenen Genehmigungsschritten eines Abbauvorhabens müsse jeder Antragsgegenstand einem neuen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren zugänglich gemacht werden. Mithin war die Genehmigungsbehörde auch im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung gemäß § 19b, § 4 Abs. 4 AtVfV auch nicht mit Blick auf die Vorgaben der Aarhus-Konvention gehalten, im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG eine e Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.
80 
2.1.3.4 Ob bei einer fehlerhaft unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung die Kläger in eigenen Rechten verletzt würden, kann hiernach dahinstehen. Nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermittelt das atomrechtliche Verfahrensrecht jedenfalls, solange der Gesetzgeber nicht Verfahrensteilhaberechte unabhängig von einer potentiellen materiell- rechtlichen Betroffenheit schafft, Drittschutz nur im Hinblick auf eine bestmögliche Verwirklichung einer materiellen Rechtsposition. Dies hat zur Folge, dass ein auf einen Fehler des Verwaltungsverfahrens gestützter Rechtsbehelf eines Dritten nur Erfolg haben kann, wenn er dartut, dass und inwieweit sich die Nichtbeachtung der Verfahrensvorschrift auf seine materiell-rechtliche Rechtsposition ausgewirkt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie Beschluss vom 12.07.1993 - 7 B 114.92 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 42). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Dritte infolge des Verfahrensfehlers daran gehindert worden ist, Umstände vorzutragen, welche die Behörde nicht beachtet hat, denen sie aber bei einer den Anforderungen des § 7 Abs. 3 und Abs. 2 AtG entsprechenden Ermittlung und Bewertung von Risikofaktoren hätte nachgehen müssen. Eine derartige Beeinträchtigung ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten wird von den Klägern nicht substantiiert dargetan. Im Übrigen ist ihnen von der Genehmigungsbehörde jedenfalls nach Erteilung der 2. SAG umfassende Akteneinsicht gewährt worden.
81 
Nach alledem ist die 2. SAG nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen.
82 
2.2 Die der Beigeladenen erteilte 2. SAG leidet nicht an einem durchgreifenden materiell-rechtlichen Mangel. Der Beklagte hat die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik den Klägern gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG (dazu unter 2.2.1) und einen den Klägern gegenüber erforderlichen Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG (dazu unter 2.2.2) als gewährleistet ansehen dürfen. Auch kann die Klage nicht auf die behauptete fehlende Entsorgungsvorsorge und die unterbliebene Freigabeentscheidung gemäß § 29 StrlSchV gestützt werden (dazu unter 2.2.3).
83 
2.2.1 Der Beklagte durfte die gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen als getroffen ansehen.
84 
2.2.1.1 Ob die erforderliche Vorsorge gegen Schäden im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG gewährleistet ist, kann der Senat nur eingeschränkt überprüfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungs-gerichts ergibt sich aus der Normstruktur des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG, dass die Exekutive die alleinige Verantwortung für die Risikoermittlung und Risikobewertung trägt, also auch für die Entscheidung über Art und Ausmaß von Risiken, die hingenommen oder nicht hingenommen werden müssen (vgl. BVerwG, Urteile vom 14.01.1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115; sowie vom 10.04. 2008 - 7 C 39.07 - BVerwGE 131, 129; BVerfG, Beschluss vom 10.11.2009 - 1 BvR /07 - NVwZ 2010, 114 - jeweils mit weiteren Nachweisen aus der umfassenden Rechtsprechung). Daraus folgt, dass es nicht Sache der nachträglichen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle sein kann, die der Exekutive zugewiesene Wertung wissenschaftlicher Streitfragen einschließlich der daraus folgenden Risikoabschätzung durch eine eigene Bewertung zu ersetzen. Reichweite und Grenzen des sog. exekutiven Funktionsvorbehalts ergeben sich aus dem materiellen Recht, namentlich dessen Sinn und Zweck.
85 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dient der Funktionsvorbehalt der Exekutive einem dynamischen Grundrechtsschutz und rechtfertigt sich auch daraus, dass im Atomrecht die erforderliche Schadensvorsorge am in die Zukunft hinein offenen, die bestmögliche Verwirklichung des Schutzzwecks des § 1 Nr. 2 AtG gewährleistenden Maßstab des Stands von Wissenschaft und Technik zu messen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Es ist insoweit nicht Sache der Gerichte, Prognosen der Genehmigungsbehörde im Hinblick auf Situationen zu korrigieren, die allenfalls im Grenzbereich des nach praktischer Vernunft noch Möglichen liegen können. Dabei erschöpft sich der Funktionsvorbehalt der Genehmigungsbehörde nicht in der Identifikation der vorsorgerelevanten Risikoszenarien, sondern umfasst auch die konkrete Ausgestaltung des im Bereich der Risikovorsorge erforderlichen Schutzes. Allerdings ist das Maß des erforderlichen Schutzes normativ vorgegeben. Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 AtG legt die Exekutive normativ auf den Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge fest und lässt die Genehmigungserteilung nur zu, wenn Gefahren und Risiken durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage „praktisch ausgeschlossen“ erscheinen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12.11.2008 - 1 BvR 2456/06 - DVBl. 2009, 642). Dementsprechend unterliegen die behördliche Risikoermittlung und -bewertung einschließlich des hinzunehmenden Restrisikos nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Die Gerichte sind darauf beschränkt zu überprüfen, ob die der behördlichen Beurteilung zugrunde liegende Risikoermittlung und -bewertung auf einer ausreichenden Datenbasis beruht und dem Stand von Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt der Behördenentscheidung Rechnung trägt, die Behörde also im Hinblick auf die Ergebnisse des von ihr durchgeführten Genehmigungsverfahrens „diese Überzeugung von Rechts wegen haben durfte“ (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; sowie vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - BVerwGE 78, 177; Beschluss vom 02.07.1998 - 11 B 30.97 - NVwZ 1999, 654). Das Gericht ist deshalb auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Genehmigungsbehörde willkürfrei annehmen durfte, dass der erforderliche Schutz gegen die Risiken einer Leben oder Gesundheit Drittbetroffener möglicherweise gefährdenden Freisetzung ionisierender Strahlen nach Maßgabe des insoweit vorgesehenen Sicherungs- und Schutzkonzepts gewährleistet ist und Risiken damit praktisch nicht zu gegenwärtigen sind. Die Behörde darf aber nicht maßgebliche wissenschaftliche Erkenntnisse negieren oder in grober Weise fehl gewichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.08.1996 - 11 C 9.95 - DVBl. 1997, 52). Aus dem Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge folgt, dass die Exekutive im Rahmen ihrer prognostischen Einschätzung alle wissenschaftlich und technisch vertretbaren Erkenntnisse heranzuziehen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - BVerwGE 81, 185). Vorsorge bedeutet zudem, dass bei der Beurteilung von Schadenswahrscheinlichkeiten nicht allein auf das vorhandene ingenieurmäßige Erfahrungswissen zurückgegriffen werden darf, sondern Schutzmaßnahmen auch anhand „bloß theoretischer“ Überlegungen und Berechnungen in Betracht gezogen werden müssen, um Risiken aufgrund noch bestehender Unsicherheiten oder Wissenslücken zuverlässig auszuschließen. Unsicherheiten bei der Risikoermittlung und -bewertung ist nach Maßgabe des sich daraus ergebenden Besorgnispotenzials durch hinreichend konservative Annahmen Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.).
86 
2.2.1.2 Bei Anwendung dieser Grundsätze durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Beeinträchtigungen, die aus einer planmäßigen Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen und des genehmigten Stilllegungsreglements herrühren, getroffen worden ist. Welches Risiko hiernach bei der Erteilung einer atomrechtlichen Genehmigung Drittbetroffenen zugemutet werden darf, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 12 Abs. 1 Nr. 2 AtG die Exekutive dazu ermächtigt, näher zu bestimmen, welche Vorsorge zu treffen ist, damit bestimmte Strahlendosen und Konzentrationen radioaktiver Stoffe in der Luft und im Wasser nicht überschritten werden. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen und bestimmte Konzentrationen radioaktiver Stoffe in Luft und Wasser nicht überschritten werden, wird durch die Bestimmung der Dosisgrenzwerte (§§ 46, 47 StrlSchV) konkretisiert. Dieser Wert konkretisiert die Schutzwirkung zugunsten Dritter, weil er die äußerste, nicht mehr überschreitbare Grenze der erforderlichen Schadensvorsorge bestimmt und damit nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch den Einzelnen vor den Gefahren und Risiken der Kernenergie bewahren soll. Soweit die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Entscheidung die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik dem Einzelnen gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden als getroffen ansehen darf, hat es damit auch für den Drittschutz sein Bewenden. Mehr als die erforderliche Vorsorge, die auf den praktischen Ausschluss eines sich als Grundrechtsverletzung darstellenden Schadens hinausläuft, kann ein Dritter nicht verlangen. Insbesondere gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexpositionen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; vom 19.12.1985 - 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300; sowie vom 22.12.1980 - 7 C 84.78 - BVerwGE 61, 256).
87 
Die Genehmigungsbehörde ist aufgrund der von der Beigeladenen vorgelegten fachkundigen Berechnungen, die von dem gemäß § 20 AtG herangezogenen Sachverständigen geprüft worden sind, zu dem Ergebnis gelangt, dass bei Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen und einem ordnungsgemäßen Stilllegungsbetrieb die gemäß §§ 46, 47 StrlSchV hinzunehmenden Werte bei weitem nicht erreicht werden. Die Kläger sehen Defizite in der Schadensvorsorge dadurch begründet, dass die Beigeladene keine ausreichende radiologische Charakterisierung der Anlage vorgenommen habe und sich zum Zeitpunkt der Abbaumaßnahmen noch Kernbrennstoffe in der Anlage befänden. Indes ist der Beklagte willkürfrei ohne Ermittlungs- und Bewertungsdefizite zu dem Ergebnis gelangt, dass bei einem bestimmungsgemäßen Stilllegungs- und Abbaubetrieb die erforderliche Schadensvorsorge getroffen wird und deshalb nicht die Überschreitung von Grenzwerten droht.
88 
2.2.1.2.1 Vor Erteilung der 2. SAG ist eine ausreichende radiologische Charakterisierung der Anlage zumindest in dem Umfang erfolgt, wie dies für die Gewährleistung der erforderlichen Schadensvorsorge notwendig ist. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die radiologische Charakterisierung der Anlage vor ihrem Abbau nicht lediglich für die Bemessung der Deckungsvorsorge nach Maßgabe von § 13 AtG i.V.m. der Verordnung über die Deckungsvorsorge nach dem Atomgesetz (AtDeckV), sondern auch für die sachgerechte Planung der Abbaumaßnahmen notwendig ist. So ist eine hinreichende Kenntnis der radiologischen Ausgangssituation für die Wahl der Abbau- und Zerlegeverfahren sowie für eine fehlerfreie Störfallbetrachtung unerlässlich. Aus diesem Grund hat eine sachgerechte radiologische Charakterisierung Bedeutung für die Einhaltung der erforderlichen Schadensvorsorge gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 bzw. Nr. 5 AtG. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG ist eine ausreichende radiologische Charakterisierung der abzubauenden Anlage erfolgt.
89 
Grundlage der 2. SAG ist nach A.II. Nr. 15 der Erläuterungsbericht Nr. 13 „Radiologischer Anlagenzustand“ (Index a vom 22.02.2010). Der Bericht beschreibt den radiologischen Zustand des KWO zum Bezugszeitpunkt 01.01.2010, schätzt das radioaktive Gesamtinventar der Anlage ab und ordnet dieses einzelnen Komponenten zu. Der Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission vom 11./12.12.2007 kann entgegen der Auffassung der Kläger nicht entnommen werden, dass die radiologische Charakterisierung der Anlage nicht in ausreichendem Umfang erfolgt wäre. Zwar hat die Reaktorsicherheitskommission in dieser im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG abgegebenen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass eine umfassende und detaillierte radiologische Charakterisierung der gesamten Anlage Basis für das gesamte Stilllegungs- und Abbaukonzept einschließlich der Transport- und Lagerlogistik sei; da eine solche radiologische Charakterisierung detailliert noch nicht für die gesamte Anlage durchgeführt worden sei, könne dieser Punkt aus Sicht der Kommission noch nicht vollständig bewertet werden. Indes hat die Beigeladene als Reaktion auf diese Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission eine ergänzende radiologische Charakterisierung erstellt, deren Detaillierungsgrad über den im Genehmigungsverfahren zur Erteilung der 1. SAG vorgelegten Erläuterungsbericht hinausgeht. Nach dem Vortrag der Beigeladenen hat die Reaktorsicherheitskommission diese nicht in das Verfahren zur Erteilung der 2. SAG eingeführte ergänzende radiologische Charakterisierung im Rahmen des aufsichtlichen Verfahrens geprüft und gebilligt. Unabhängig hiervon hat die Beigeladene im Verfahren zur Erteilung der streitgegenständlichen 2. SAG eine zusammenfassende Darstellung der radiologischen Charakterisierung der Anlage mit Schreiben vom 06.07.2010 der Genehmigungsbehörde vorgelegt. Die zuständige Entsorgungskommission hat sich in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 mit der Untersuchung „radiologische Charakterisierung der Anlage“ vom 06.07.2010 auseinandergesetzt und diese gebilligt. Nach Erkenntnis der Entsorgungskommission entsprächen die in den Unterlagen zusammengestellten Daten im Wesentlichen dem Stand in anderen Stilllegungsverfahren und gäben einen groben Überblick über den radiologischen Zustand der Anlage. Für die konkrete Durchführung der einzelnen Abbaugewerke seien die Daten im Rahmen der Abbauplanung durch weitere Probenahmen zu verifizieren und zu ergänzen. Die in der radiologischen Charakterisierung noch fehlenden Aktivitätsangaben von relevanten Nukliden wie z.B. H-3 und C-14 hätten keinen Einfluss auf die Konzeption der Maßnahmen und seien spätestens im Rahmen der Abbauplanung zu ergänzen. Dies gelte auch für die bisher nur auf Basis von Wischtesten durchgeführte radiologische Charakterisierung der Gebäudestrukturen im Kontrollbereich; für die Festlegung von abdeckenden Nuklidvektoren seien auch hier Materialproben erforderlich. Zusammengefasst führt die Entsorgungskommission aus, dass sie „insgesamt keine Bedenken gegen das geplante und nunmehr weiter konkretisierte Gesamtkonzept zur Stilllegung und den Abbau der Anlage KWO“ habe (S. 7 der Stellungnahme vom 09.06.2011). Entgegen der Auffassung der Kläger hat die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 keine gegenüber den früheren Forderungen der Reaktorsicherheitskommission zurückbleibenden Anforderungen an die radiologische Charakterisierung der Anlage gestellt. Vielmehr hat die Entsorgungskommission dem Umstand Rechnung getragen, dass die Beigeladene im Verlaufe des Verfahrens ergänzende, bei Erteilung der 1. SAG noch nicht vorliegende radiologische Charakterisierungen vorgenommen hat. Auch die von den Klägern beanstandete Formulierung in der Stellungnahme der Entsorgungskommission, wonach für die konkrete Durchführung der einzelnen Abbaugewerke weitere Probenahmen und die Verifizierung der gewonnenen Daten notwendig sei, ist nicht im Sinne eines herabgesetzten Darstellungsniveaus zu bewerten. Vielmehr ist diese Aussage so zu verstehen, dass ergänzende Probenahmen vor Abbaumaßnahmen lediglich in den nicht zugänglichen Anlagenteilen für statthaft gehalten werden. Im Übrigen haben die Kläger kein plausibles Szenario geltend gemacht, bei dem die von ihnen beanstandete unzureichende radiologische Charakterisierung zu einer von Rechts wegen nicht hinzunehmenden Strahlenexposition führen könnte. Zu Recht räumen die Kläger ein, dass selbst bei einer nicht in jeder Hinsicht ausreichenden radiologischen Charakterisierung keine Überschreitung der relevanten Dosisgrenzwerte für den bestimmungsgemäßen Stilllegungsbetrieb zu erwarten ist. Die Kläger sehen vielmehr lediglich einen Verstoß gegen das Strahlenminimierungsgebot des § 6 StrlSchV, das nach dem oben unter 2.2.1.2 Ausgeführten jedoch nicht drittschützend ist.
90 
2.2.1.2.2 Auch der Umstand, dass die Anlage KWO zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG und deren bestimmungsgemäßer Ausnutzung nicht kernbrennstofffrei ist, führt nicht zu einem Schadensvorsorgedefizit zu Lasten der Kläger. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die 2. SAG ebenso wie die 1. SAG keine zeitlichen Vorgaben für die Entfernung der bestrahlten Brennelemente aus dem externen Lagerbecken im Notstandsgebäude enthält. Fehl geht indes ihre Annahme, die Kernbrennstofffreiheit der Anlage sei nach den maßgeblichen Regelwerken Grundvoraussetzung für die Vornahme von Abbauarbeiten. Vielmehr fordert Ziff. 2.1 des Leitfadens zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau von Anlagen oder Anlagenteilen nach § 7 des Atomgesetzes vom 26.06.2009 (Bundesanzeiger 2009, Nr. 162a) in Absatz 4 lediglich, dass „solange sich während des Stilllegungsverfahrens noch Kernbrennstoff über den in § 2 Abs. 3 AtG genannten Massen oder Konzentrationen in der Anlage befindet, die dafür notwendigen Anforderungen zur Gewährleistung der Sicherheit weiterhin zu erfüllen“ sind. In Übereinstimmung hiermit sehen auch die „Empfehlungen der ESK Leitlinien zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen“ vom 09.09.2010 (Bundesanzeiger 2010, Nr. 187) vor, dass nach Beendigung des auslegungsgemäßen Betriebs die erforderliche Vorsorge gegen Schäden nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zu treffen sei. Dazu sei die Einhaltung der Schutzziele Kontrolle der Radioaktivität, Abfuhr der Zerfallswärme, Einschluss der radioaktiven Stoffe und Begrenzung der Strahlenexposition sicherzustellen. Nach Erreichen der Kernbrennstofffreiheit seien nur noch die Schutzziele „Einschluss der radioaktiven Stoffe“ und „Begrenzung der Strahlenexposition“ sicherzustellen. Deshalb sei es zweckmäßig, Kernbrennstofffreiheit möglichst schnell herzustellen. Das Herstellen der Kernbrennstofffreiheit wird dabei ausdrücklich als optionale stilllegungsvorbereitende Maßnahme bezeichnet (vgl. Ziff. 4 der Leitlinien). Auch nach den Empfehlungen der Entsorgungskommission ist die Kernbrennstofffreiheit bzw. der Abtransport der Brennelemente nicht unabdingbare Voraussetzung für die Stilllegung und den Abbau einer kerntechnischen Anlage. In Übereinstimmung hiermit sind sowohl die Reaktorsicherheitskommission in ihrer Stellungnahme vom 11./12.12.2007 zur 1. SAG als auch die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 im Rahmen des gegenständlichen Genehmigungsverfahrens zu der Erkenntnis gelangt, dass der Weiterbetrieb des externen Brennelementlagers keine sicherheitsrelevanten Wechselwirkungen mit den gestatteten Abbaumaßnahmen erwarten lasse. So hat die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 auf die entsprechenden Fragen des Bundesministeriums für Umwelt und Reaktorsicherheit ausgeführt:
91 
„Die ESK ist der Auffassung, dass alle geplanten Schritte und Maßnahmen des Stilllegungs- und Abbaukonzeptes technisch machbar und sachgerecht aufeinander abgestimmt sind und nicht von den allgemeinen Angaben zum Gesamtkonzept der Stilllegung, die im Rahmen des Verfahrens zur 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vorgelegt wurden, abweichen. Vielmehr stellen die geplanten Maßnahmen eine notwendige und sinnvolle Konkretisierung dar…. Die Maßnahmen zu Umgang und Lagerung der bestrahlten Brennelemente im externen Nasslager sowie die spätere Beladung von Transport- und Lagerbehältern und deren Transport in ein Standortzwischenlager wurden nachvollziehbar dargestellt. Durch die Berücksichtigung der Schnittstellen der sicherheitstechnisch relevanten Systeme des externen Nasslagers zu den außerhalb des externen Nasslagers liegenden Teilen dieser Systeme beim Abbau kann eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit dieser Systeme vermieden werden. Damit ist aus Sicht der ESK die Autarkie des externen Nasslagers sichergestellt.“ (S. 6 f. der Stellungnahme vom 09.06.2011).
92 
Die Kläger rügen in diesem Zusammenhang weiter, mit der 2. SAG werde in unzulässiger Weise auch der Abbau von Einrichtungen des Brennelementlagerbeckens genehmigt; dies sei unzulässig, da für das System und die Komponenten keine belastbare radiologische Charakterisierung möglich sei. Auch hierin liegt kein Defizit der Schadensvorsorge zu Lasten der Kläger. Wie oben unter 2.2.1.2.1 näher dargestellt, hat die Beigeladene in ihrem ergänzenden Bericht vom 06.07.2010 eine umfassende radiologische Charakterisierung der Anlage vorgenommen und dabei auch das Notstandsgebäude (Bau 37) in ihre Betrachtung einbezogen. Unschädlich ist der von den Klägern beanstandete Umstand, dass aufgrund der fortdauernden Lagerung der Brennelemente eine weitere Erhöhung der Radioaktivität in Bau 37 möglich erscheint und deshalb noch keine abschließende Charakterisierung des dortigen Aktivitätsinventars möglich war. Es handelt sich dabei um Bereiche, die entsprechend der Stellungnahme der Entsorgungskommission vom 09.06.2011 im Verlaufe der Abbaumaßnahmen weiter zu untersuchen und abschließend zu charakterisieren sind.
93 
2.2.1.3 Die Genehmigungsbehörde durfte auch die erforderliche Vorsorge gegen die Auswirkungen von Störfällen, die in Ausnutzung der mit der 2. SAG genehmigten Einzelmaßnahmen zu betrachten waren, als getroffen ansehen. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen bei den zu betrachtenden Störfallereignissen nicht überschritten werden, wird durch den anwendbaren Störfallplanungswert abschließend konkretisiert; auch insoweit gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexposition bei den zu betrachtenden Störfallereignissen (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie vom 10.04. 2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.). Zutreffend ist die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen, dass der für den Abbau und die Stilllegung von Kernkraftwerken maßgebende Störfallplanungswert gemäß § 117 Abs. 16 StrlSchV i.V.m. § 50 StrlSchV 50 mSv beträgt.
94 
Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Schutzkonzept des § 117 Abs. 16 StrlSchV nicht durch wissenschaftliche Erkenntnisfortschritte dergestalt überholt, dass es der rechtlichen Prüfung nicht mehr zugrunde zu legen wäre. Dabei kann es bei der von Rechts wegen gebotenen Überprüfung, ob der Verordnungsgeber seinem gesetzlichen Auftrag genügt hat, den Störfallplanungswert unter Kontrolle zu halten und notfalls nachzubessern, nicht darum gehen, von Gerichts wegen einen bestimmten Stand der Wissenschaft festzustellen. Im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AtG ist dies vielmehr Aufgabe des Verordnungsgebers, der dabei eine wertende Risikoabschätzung vorzunehmen hat, die nur beschränkt gerichtlich überprüft werden kann. Diese Einschränkung der gerichtlichen Überprüfung folgt dabei schon daraus, dass jede gesetzliche Ermächtigung dem Verordnungsgeber Gestaltungsspielräume eröffnet, in die eine (inzidente) gerichtliche Normenkontrolle nicht eindringen darf. Speziell bei einer Verordnung, die zur Konkretisierung des atomrechtlichen Gebots der Schadensvorsorge gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG dient, darf eine gerichtliche Überprüfung nicht dazu führen, dass sich die politische Verantwortung für die Risikoermittlung und -bewertung von der Exekutive auf die Gerichte verlagert. Dies wäre indes der Fall, wenn die Gerichte hier ihre eigenen Bewertungen an die Stelle der Risikoabschätzung des Verordnungsgebers setzen könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.02.1998 - 11 B 5.98 - DVBl. 1998, 596). Der Verordnungsgeber hat sich in § § 117 Abs. 16 StrlSchV für ein konservatives Schutzkonzept entschieden. Einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich bleibt deswegen im Wesentlichen lediglich, ob aufgrund neuerer Erkenntnisse das Schutzkonzept des Verordnungsgebers überholt ist. Dies ist weder ersichtlich noch haben die Kläger hierfür überzeugende Anhaltspunkte dargelegt. Allein der Umstand, dass das Bundesamt für Strahlenschutz in von den Klägern benannten anderen Genehmigungsverfahren anscheinend geringere Grenzwerte zugrunde gelegt hat, sagt nichts darüber aus, ob der in § 117 Abs. 16 StrlSchV durch den Verordnungsgeber festgelegte Wert nicht mehr dem Stand der Wissenschaft entspricht. Unabhängig hiervon liegen die von dem Gutachter ermittelten Störfallauswirkungen weit unterhalb des maßgeblichen Störfallplanungswertes, sodass sich die von den Klägern aufgeworfene Frage nicht entscheidungserheblich stellt.
95 
Die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Störfallbetrachtung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Beigeladene hat mit ihren Genehmigungsunterlagen die Störfallbetrachtung des Sachverständigenbüros ... vom 31.03.2010 vorgelegt, die von dem amtlich bestellten Sachverständigen (§ 20 AtG) und der Genehmigungsbehörde kritisch gewürdigt wurde. Die Gutachter haben im Rahmen ihrer Störfallbetrachtung sämtliche zu unterstellenden sicherheitstechnisch bedeutsamen Ereignisabläufe des Stilllegungsbetriebes und des Abbaus der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen untersucht. Zutreffend haben die Sachverständigen für die Ermittlung der relevanten Ereignisabläufe den Stilllegungsleitfaden vom 12.08.2009 (Bundesanzeiger 2009, Nr. 162a) sowie ergänzend die Störfall-Leitlinien vom 18.10.1983 (Nr.3.33 des Handbuchs für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz) zugrunde gelegt. In Anwendung dieser Vorgaben haben die Gutachter radiologisch repräsentative Ereignisabläufe für Einwirkungen von Innen (EVI) und Einwirkungen von Außen (EVA) untersucht und sind zu der rechnerischen Prognose gelangt, dass der einzuhaltende Störfallplanungswert von 50 mSv bei Weitem - für die meisten zu betrachtenden Szenarien um mehrere Größenordnungen - unterschritten wird. Entgegen der Auffassung der Kläger bestehen weder Ermittlungsdefizite hinsichtlich der Identifizierung der Störfallszenarien noch Bewertungsdefizite hinsichtlich der Auswirkungen der zu betrachtenden Störfälle. Die Genehmigungsbehörde durfte deshalb die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Schadensvorsorge gegen Störfälle im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG als getroffen ansehen.
96 
2.2.1.3.1 In rechtlich nicht zu beanstandender Weise ist die Genehmigungsbehörde zu der Erkenntnis gelangt, dass die erforderliche Schadensvorsorge gegen den Absturz von Lasten bei dem Stilllegungsbetrieb und Abbau der Anlage gewährleistet ist. In der Störfallbetrachtung des Gutachtensbüros ... vom 31.03.2010 wurden verschiedene Absturzszenarien dargestellt und deren radiologische Auswirkungen ermittelt; die Gutachter legen überzeugend näher dar, warum die von ihnen betrachteten Absturzszenarien radiologisch repräsentativ sind. Dabei wird der Absturz eines Gussbehälters oder eines Fasses mit kontaminierten Schlämmen im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60), der Absturz von Lasten in den Lagergebäuden (Bau 39 und Bau 52) sowie der Absturz von anderweitigen Lasten, insbesondere auch von demontierten Großkomponenten des Primärkreislaufs, in sonstigen Gebäuden untersucht (vgl. Kapitel 3.3 Seite 26 ff. des Technischen Berichts). Damit haben die Sachverständigen im Rahmen der Störfallbetrachtung auch Szenarien betrachtet, die nach dem zutreffenden rechtlichen Ansatz der Genehmigungsbehörde nicht in Ausnutzung der 2. SAG eintreten können. So haben die Gutachter u. a. auch den Absturz von Lagerbehältern in den Gebäuden Bau 39 und 52 untersucht, obwohl die baulichen Änderungsmaßnahmen und die Nutzungsänderung dieser Gebäude zur Lagerung von Abfallgebinden nicht mit der gegenständlichen 2. SAG, sondern bereits mit der bestandskräftigen 1. SAG vom 28.08.2008 genehmigt worden sind. Den Einwendungen der Kläger gegen die Störfallbetrachtung hinsichtlich des Lastenabsturzes in den beiden Lagergebäuden Bau 39 und 52 steht deshalb bereits die Bestandskraft der 1. SAG entgegen.
97 
Unabhängig hiervon gehen die Rügen der Kläger gegen die Störfallbetrachtung des Lastenabsturzes auch in der Sache fehl. Entgegen der Auffassung der Kläger hat der Gutachter ... nicht nur den Absturz eines Gussbehälters im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60) untersucht, sondern auch den Absturz von Lasten in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 in den Blick genommen (vgl. Kapitel 3.3.1.2 des Technischen Berichts vom 31.03.2010, Seite 27 f.). Hinsichtlich des Absturzes eines der 200 l Rollreifenfässer, in denen in Bau 39 verpackte Betriebsabfälle gelagert werden, gelangt der Gutachter in Anbetracht der möglichen Absturzhöhen zu der Erkenntnis, dass eine Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Raumluft nicht zu unterstellen sei. Im Hinblick auf den Absturz eines Abfallbehälters (Container, Gussbehälter) in beiden Lagergebäuden legt der Gutachter nachvollziehbar und überzeugend näher dar, dass nur mit der Freisetzung geringer Mengen radioaktiver Stoffe in den Lagerbereich zu rechnen sei; radiologisch relevante Auswirkungen auf die Umgebung seien nicht zu unterstellen. Gleichwohl untersuchte der Gutachter den Absturz eines mit metallischen radioaktiven Abfällen beladenen Containers im Bedien- und Wartebereich unter konservativen Annahmen und errechnete bei einer maximal möglichen Absturzhöhe von ca. 3,5 m eine Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung von ca. 18 Bq. Zutreffend wenden die Kläger ein, dass bei der Freisetzungsbetrachtung von in besonderen Verfahren qualifizierten Behältern ausgegangen wird. Indes wird durch die Regelungen in der maßgeblichen 1. SAG sichergestellt, dass lediglich derartige Behälter zum Einsatz gelangen. So wird in Kapitel B.2.4.4.1 (Seite 41) der 1. SAG näher dargelegt, dass nicht an eine Landessammelstelle abzuliefernde radioaktive Abfälle in der Anlage KWO oder in externen Einrichtungen nach speziellen Verfahren in der Weise zu behandeln sind, dass physikalisch-chemisch stabile Abfallprodukte entstehen und der sichere Einschluss der radioaktiven Stoffe gewährleistet ist; die Sicherheitsanforderungen an die Zwischenlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle der einschlägigen RSK-Empfehlungen seien zu beachten. Anknüpfend hieran bestimmt die Nebenbestimmung A.III.9.2 der 2. SAG, dass bei Transporten von radioaktiven Stoffen auf dem Anlagengelände technische Sicherheitsmaßnahmen zu treffen sind, die Gefahren für Beschäftigte und die Allgemeinheit vermeiden. Dazu wird Bezug genommen auf die Genehmigungsunterlage A.II.Nr.13, also den Erläuterungsbericht Nr. 11 „Lagerung und Transport von radioaktiven Reststoffen und radioaktiven Abfällen“; dort sind Lagerung und Transport von radioaktiven Reststoffen und radioaktiven Abfällen detailliert beschrieben. Ferner ist nach der Nebenbestimmung A.III.9.3 zur 2. SAG bei der Vorbehandlung und Konditionierung radioaktiver Abfälle nach den von der Aufsichtsbehörde nach § 20 AtG zugezogenen Sachverständigen geprüften Prüffolge- und Ablaufplänen, die die wesentlichen Arbeits- und Prüfschritte enthalten, bzw. nach geprüften Fach- und Arbeitsanweisungen vorzugehen. Des Weiteren sehen die verbindlichen Annahmebedingungen für die beiden Lagergebäude Bau 39 und Bau 52 vor, dass die Abfallgebinde bestimmte Sicherheitsanforderungen zu erfüllen haben. Durch die Gesamtheit dieser Regelungen wird hinreichend sichergestellt, dass Abfälle nur in dazu geeigneten und bestimmten Behältern zwischengelagert werden.
98 
Zu Recht ist die Genehmigungsbehörde davon ausgegangen, dass der Absturz eines Castor-Behälters im externen Brennelementlagerbecken nicht in die Störfallbetrachtung einzubeziehen war. Auch in diesem Zusammenhang verkennen die Kläger, dass - wie oben unter 2.1.1.4 näher dargestellt - die Lagerung von Brennelementen im externen Lagerbecken nicht Genehmigungsinhalt der 2. SAG ist. Die von den Klägern beanstandeten Hebeeinrichtungen werden ebenfalls nicht durch die 2. SAG legalisiert und sind deshalb in diesem Verfahren nicht zu betrachten. Zutreffend dürfte die Beigeladene im Übrigen darauf hinweisen, dass die Hebeeinrichtungen im Notstandsgebäude nach den erhöhten Anforderungen der KTA-Regeln ausgelegt sind und deshalb die Wahrscheinlichkeit eines katastrophalen Versagens dieser Einrichtungen soweit reduziert ist, dass das verbleibende Risiko in willkürfreier Weise dem Restrisiko zugeordnet werden durfte.
99 
2.2.1.3.2 Die Genehmigungsbehörde durfte von Rechts wegen davon ausgehen, dass die erforderliche Schadensvorsorge gegen Erdbeben getroffen ist. Die Kläger machen in diesem Zusammenhang geltend, die Erdbebensicherheit des Notstandsgebäudes und des dortigen Brennelementlagerbeckens sei im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG nicht nachgewiesen worden. Die im Genehmigungsverfahren erfolgte Bezugnahme auf frühere Untersuchungen sei im Hinblick auf die inzwischen eingetretenen Änderungen nicht ausreichend; auch bezüglich der Restanlage sei anzunehmen, dass keine neuen Betrachtungen zum Bemessungserdbeben vorgenommen worden seien. Ferner habe die Genehmigungsbehörde die Möglichkeit eines Folgebrandes nach einem Erdbeben nicht untersucht.
100 
Die Bedenken der Kläger hinsichtlich der Erdbebensicherheit beziehen sich demnach überwiegend auf die Brennstofflagerung im externen Notstandsgebäude. Ob dieses ausreichend gegen Erdbeben ausgelegt ist, ist für die Rechtmäßigkeit der 2. SAG jedoch ohne Belang, da durch diese - wie wiederholt dargelegt - weder Errichtung noch Betrieb des Notstandsgebäudes und des dortigen Brennelementlagerbeckens legalisiert werden. Zutreffend weist die Beigeladene im Übrigen darauf hin, dass eine Stilllegungs- und Abbaugenehmigung den tatsächlich vorhandenen technischen Zustand eines Kernkraftwerks in den Blick nimmt. Ob diese Anlage auch nach derzeitigem Erkenntnisstand ausreichend gegen Erdbeben ausgelegt ist, ist für die Rechtmäßigkeit einer Abbaugenehmigung ohne Belang. Die Erdbebensicherheit ist bei Erteilung der 2. SAG nur insoweit zu untersuchen, als konkrete Anforderungen an die genehmigten Abbauarbeiten oder des geänderten Stilllegungsreglements zu erfüllen sind. Unabhängig hiervon hat das Gutachtensbüro ... in seinem technischen Bericht vom 31.03.2010 den „Störfall Erdbeben“ betrachtet und als radiologisch repräsentative Ereignisse das Leerlaufen des Abwasserverdampfers in Bau 2, das Auslaufen von Verdampferkonzentraten im Abfallbehandlungsgebäude sowie den Einsturz der Lagergebäude (Bau 39 und 52) zu Beginn und Ende des Vorhabens betrachtet. Die Gutachter gelangen dabei zu einem maximalen Wert der effektiven Dosis von 0,17 mSv bei einem Erdbeben gegen Ende des Vorhabens; dieser Wert liegt rund drei Größenordnungen unter dem Störfallplanungswert von 50 mSv. Da der Gutachter damit die im Gestattungsumfang der 2. SAG maximal zu gegenwärtigen Erdbebenauswirkungen zugrunde gelegt und den Einsturz der relevanten Lagergebäude unterstellt hat, stellt sich die von den Klägern aufgeworfenen Problematik des Bemessungserdbebens nicht.
101 
2.2.1.3.3 Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch die erforderliche Schadensvorsorge gegen den zufälligen Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeuges getroffen worden.
102 
Die Kläger kritisieren die Störfallbetrachtung zur 2. SAG im Hinblick auf den Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs und machen geltend, die dort zugrunde gelegten Ermittlungen zur Absturzwahrscheinlichkeit für ein Militärflugzeug aus dem Jahre 2000 seien im Hinblick auf die veränderte Sicherheitslage nicht mehr hinreichend belastbar. Der Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs könne in Anbetracht der Konflikte im Kosovo und Afghanistan und der deutschen Reaktion hierauf nicht mehr ohne Weiteres dem Restrisiko zugeordnet werden. Die Konservativität der vom Gutachter angenommenen Randbedingungen sei den Unterlagen nicht zu entnehmen; nicht nachvollziehbar sei, warum der Gutachter bei seinem Störfallszenario mit Brand geringere Auswirkungen annehme als bei einem Absturz ohne Brand.
103 
Das Szenario zufälliger Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs wird in der 2. SAG  betrachtet. Vielmehr nimmt die Begründung der streitgegenständlichen Genehmigung (B.I.3.3.5, S. 48) im Wesentlichen lediglich auf die entsprechenden Ausführungen in der 1. SAG und das dort bewertete Störfallszenario Bezug. In der 1. SAG wird der zufällige Flugzeugabsturz unter B.II.4.3.9 (S. 99 f.) abgehandelt. Die Genehmigungsbehörde geht davon aus, dass das Risiko eines Flugzeugabsturzes schon für den Leistungsbetrieb der Anlage als vernachlässigbar gering zu bewerten sei. Der unter konservativen Annahmen ermittelte Wert für die Absturzhäufigkeit einer schnell fliegenden Militärmaschine bestätige die Einstufung als sehr seltenes Ereignis; dies gelte auch für die Stilllegung und den Abbau. Die Lage des Kernkraftwerkes und die Wirkung vorgelagerter Gebäude verminderten zudem die Wahrscheinlichkeit, dass ein relevantes Gebäude der Anlage KWO getroffen werde. Unabhängig hiervon weise insbesondere das Notstandsgebäude, in dem die bestrahlten Brennelemente bis zu ihrem Abtransport gelagert würden, eine Auslegung gegen Flugzeugabsturz auf. Weiterhin sei der Flugzeugabsturz auf die bestehenden Lagergebäude (Bau 39 und 52) untersucht worden, in denen die beim Abbau der Anlage anfallenden radioaktiven Reststoffe gelagert werden sollten. Die radiologische Belastung der Umgebung infolge des auslegungsüberschreitenden Ereignisses Flugzeugabsturz wird von der Genehmigungsbehörde als so niedrig bewertet, dass weitere Maßnahmen zur Minimierung der radiologischen Auswirkungen auf die Bevölkerung in der Umgebung nicht erforderlich seien. In den von der Störfallbetrachtung vom 31.03.2010 in Bezug genommenen früheren Untersuchungen wird von einer Absturzhäufigkeit einer schnell fliegenden Militärmaschine auf die relevanten Gebäude am Standort (insbesondere das Notstandsgebäude) von kleiner als 4 * 10 -8 a -1 ausgegangen. Ferner wurden die Auswirkungen eines Absturzes einer Militärmaschine mit vollem und leerem Tank (mit und ohne Brand) auf die Lagergebäude Bau 39 und 52 zu Beginn und Ende des Abbauvorhabens untersucht. Der dabei maximal ermittelte Wert für die effektive Dosis betrug am Anlagenzaun ca. 9,5 mSv und wurde für den Absturz einer Militärmaschine mit leerem Tank auf das Lagergebäude Bau 39 ermittelt; beim Absturz einer Militärmaschine mit vollem Tank auf dieses Gebäude wurde ein Wert für die effektive Dosis am Anlagenzaun von 7,8 mSv ermittelt (vgl. den auf S. 68 der Störfallbetrachtung wiedergegebenen Bericht der ... Systemplanung „Radiologische Auswirkungen eines unterstellten Absturzes eines Militärflugzeugs auf die Lagergebäude ...“).
104 
Keiner abschließenden Klärung bedarf in diesem Zusammenhang, ob der Beklagte das Szenario des zufälligen Absturzes einer schnell fliegenden Militärmaschine willkürfrei und ohne Verstoß gegen Ermittlungs- und Bewertungsfehler dem Restrisiko zuordnen durfte. Unzutreffend dürfte jedenfalls der in der 2. SAG (Begründung S. 48) wohl vertretene Standpunkt sein, auslegungsüberschreitende Ereignisse seien in jedem Fall dem Restrisiko zuzuordnen und weitere Minimierungsmaßnahmen hierfür nicht erforderlich. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.) ist der Drittschutz nicht auf die erforderliche Schadensvorsorge gegen Auslegungsstörfälle beschränkt. Das deterministische Konzept der Auslegungsstörfälle (§ 49 Abs. 1 StrlSchV) regelt nur die Schadensvorsorge gegen - radiologisch relevante - Störfälle und schließt damit die erforderliche Vorsorge gegen auslegungsüberschreitende Ereignisse nicht aus. Die erforderliche Schadensvorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG beschränkt sich nicht auf Auslegungsstörfälle (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - a.a.O.). Dabei sind jedoch auch hinsichtlich des Störfallszenarios eines zufälligen Flugzeugabsturzes weder die Brennelementlagerung im Notstandsgebäude noch die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 in den Blick zu nehmen, da diese nicht vom Genehmigungsumfang der 2. SAG umfasst sind. In überzeugender Weise hat der Gutachter des TÜV Süd H. in der mündlichen Verhandlung näher erläutert, warum bei dem Absturz einer Militärmaschine mit leerem Tank auf das Lagergebäude 39 eine effektive Dosis von 9,5 mSV und mithin ein höherer Wert als bei dem Absturz einer Maschine mit vollem Tank ermittelt worden ist. Der Gutachter hat dies in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend damit erklärt, dass bei dem Absturz eines Flugzeuges mit vollem Tank zwar ein zusätzlicher thermischer Antrieb entstehe, dieser jedoch zu einer weiträumigeren Verteilung des Quellterms führe; an den maßgeblichen Beurteilungspunkten trete daher eine geringere Dosisleistung auf. Damit hat der Gutachter die Einwände der Kläger, wonach regelmäßig ein Störfall mit Brand wegen des damit einhergehenden Eintrags einer zusätzlichen thermischen Last zu einem zusätzlichen Freisetzungsantrieb und damit zu höheren Belastungen führe, in überzeugender Weise widerlegt. Der von den Klägern beauftragte Gutachter Dipl-Phys. N. hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass diese Ausführungen des amtlich bestellten Gutachters aus physikalischer Sicht überzeugend seien.
105 
2.2.2 Zu Recht ist die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen, dass der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG zu Gunsten der Kläger gegeben ist.
106 
In der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG auch dem Schutz individueller Rechte eines in der Nähe einer kerntechnischen Anlage wohnenden Drittbetroffenen gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter dient, sofern diese nicht dem Bereich des Restrisikos zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; sowie vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Zutreffend weisen die Kläger ferner in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die von ihnen befürchteten Anschläge auf eine atomrechtliche Anlage als Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG anzusehen sind. Die Begriffe der „Störmaßnahmen“ und „sonstige(n) Einwirkungen Dritter“ sind denkbar weit gefasst, um entsprechend dem Gebot des dynamischen Grundrechtsschutzes auch gegenüber neuen Bedrohungsformen durch Handeln Dritter den erforderlichen Schutz bei atomrechtlichen Anlagen zu gewährleisten. Der Tatbestand schließt deshalb den Schutz vor Terror- und Sabotageakten sowie anderen Gefahren beispielsweise aus einem Flugzeugabsturz oder aus dem Transport gefährlicher Güter auf an der Anlage vorbeiführenden Verkehrswegen ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - a.a.O.). Auch ist der nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderliche Drittschutz gegen Störeinwirkungen von außen nicht auf die erforderliche Vorsorge gegen Auslegungsstörfälle beschränkt (vgl. näher Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.).
107 
Die Kläger sehen vor allem den erforderlichen Schutz gegen die Einwirkung Dritter durch den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs auf das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude (dazu unter 2.2.2.1) als auch auf die Restanlage (dazu unter 2.2.2.2) als nicht gewährleistet an. Sie beanstanden in diesem Zusammenhang, dass im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG keine eigene Störfallbetrachtung hinsichtlich des Absturzes eines großen Verkehrsflugzeuges, insbesondere eines Airbus A 380, auf das Notstandsgebäude vorgenommen worden sei. Der 2. SAG sei lediglich zu entnehmen, dass ein gezielter Flugzeugabsturz auf das Reaktorgebäude unterstellt werde; aus der Genehmigung sei jedoch nicht ersichtlich, von welchem Radioaktivitätsinventar im Reaktorgebäude für den Zeitpunkt des Absturzes ausgegangen werde sowie welcher Flugzeugtyp betrachtet und welche Lastannahmen getroffen worden seien. Der gezielte Flugzeugabsturz gehöre nicht zum Restrisiko; er müsse nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.) auch für den Airbus A 380 zugrunde gelegt werden.
108 
2.2.2.1 Ohne Erfolg berufen sich die Kläger auf das Störfallszenario des gezielten Absturzes eines großen Verkehrsflugzeugs auf das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude (Bau 37). Im Ansatz zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die Genehmigungsbehörde dieses Szenario vor Erteilung der 2. SAG  betrachtet hat (vgl. Genehmigungsbegründung S. 49). Indes ist diese Vorgehensweise der Genehmigungsbehörde rechtlich nicht zu beanstanden. Dies folgt bereits daraus, dass die Errichtung und der Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude - wie oben unter 2.1.1.4 im Einzelnen dargestellt - nicht Regelungsgegenstand der 2. SAG ist. Vielmehr wurde die Errichtung und der Betrieb der externen Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit bestandskräftiger Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet. Mit der 1. SAG vom 28.08.2008 wurde die externe Brennelementlagerung in den Stilllegungsbetrieb einbezogen und das Stilllegungs- bzw. Betriebsreglement der Lagerung neu geregelt. Die 2. SAG enthält im Hinblick auf die externe Brennelementlagerung nach ihrem eindeutigen Tenor und der von der Behörde gegebenen Begründung dagegen nur eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, nicht jedoch eine umfassende und neue Regelung. Bereits aus Gründen der Bestandskraftpräklusion können die Kläger deshalb der 2. SAG nicht entgegenhalten, dass der erforderliche Schutz gegen Einwirkungen Dritter durch den gezielten Absturz einer großen Verkehrsmaschine auf das externe Brennelementlagerbecken nicht gewährleistet sei.
109 
Im Übrigen könnten die Kläger selbst dann, wenn die 2. SAG eine umfassende Neuregelung des Stilllegungsbetriebes des externen Brennelementlagers enthielte, die Rechtmäßigkeit der 2. SAG nicht mit der Erwägung in Zweifel ziehen, Vorsorge gegen die Auswirkungen eines gezielten Flugzeugabsturzes sei nicht hinreichend getroffen worden. Dem steht die bestandskräftige Genehmigung vom 26.10.1998 entgegen, mit der u.a. der Einbau von Brennelementlagergestellen in das externe Brennelementlagerbecken im Notstandsgebäude genehmigt wurde. Insofern liegt eine bestandskräftige Errichtungsgenehmigung für ein dauerhaftes Lagerbecken im Notstandsgebäude vor. Eine Errichtungsgenehmigung enthält nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die verbindliche Feststellung, dass eine genehmigungskonform errichtete Anlage die atomrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - a.a.O.; sowie vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.). Bei Erteilung einer nachfolgenden Betriebsgenehmigung ist insbesondere auch die Genehmigungsvoraussetzung des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG nur noch bezüglich des Betriebsreglements zu prüfen, nicht jedoch bezüglich der früher bestandskräftig genehmigten Errichtung. Mit der Betriebsgenehmigung wird die Genehmigungsfrage neu lediglich im Hinblick auf den Betrieb aufgeworfen. Nur in diesem Umfang können Drittbetroffene mit einer gegen die Betriebsgenehmigung gerichteten Anfechtungsklage Ermittlungs- und Bewertungsdefizite im Bereich der Schadensvorsorge bzw. dem Schutz vor Einwirkungen Dritter rügen. Für den Drittschutz folgt hieraus insbesondere auch, dass die Betriebsgenehmigung nicht mehr mit materiell-rechtlichen Einwendungen bekämpft werden kann, die thematisch zum Regelungsgehalt einer früheren Errichtungsgenehmigung gehören; solchen Einwendungen ist vielmehr lediglich nach Maßgabe des § 17 AtG im aufsichtlichen Verfahren Rechnung zu tragen. Dies gilt selbst dann, wenn von den Drittbetroffenen Einwendungen aufgrund einer veränderten Sachlage geltend gemacht werden, die erst nach Erlass der vorangegangenen Errichtungsgenehmigung entstanden sind. Auch eine derartige Sachverhaltsänderung kann lediglich Anlass zum aufsichtlichen Einschreiten auf der Grundlage von § 17 AtG bieten, nicht jedoch einredeweise einer Betriebsgenehmigung entgegengehalten werden (vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 -a.a.O.). Bereits aus diesem Verhältnis von bestandskräftig gewordener Errichtungs- zu der hier in Rede stehenden Betriebsgenehmigung folgt, dass die Kläger diese nur mit der Einwendung bekämpfen können, die erforderliche Vorsorge gegen Einwirkungen Dritter im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG sei insoweit nicht gewährleistet, als die Genehmigungsfrage hinsichtlich der Errichtung gerade durch die Änderung des Betriebsreglements neu aufgeworfen wird. Dies wird jedoch von den Klägern nicht behauptet und ist auch fernliegend. Vielmehr machen die Kläger im Kern geltend, das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude sei konstruktiv nicht gegen die Folgen eines gezielten Flugzeugabsturzes ausgelegt. Der Einwand bezieht sich auf die generelle bauliche Eignung des Lagergebäudes, nicht jedoch auf Fragen des (geänderten) Betriebsreglements.
110 
Lediglich zur Ergänzung wird darauf hingewiesen, dass der Beklagte vor Erteilung der 1. SAG die Frage eines gezielten Flugzeugabsturzes im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG geprüft hat (vgl. hierzu B.II.4.5 S. 111 f. der 1. SAG). Die Genehmigungsbehörde gelangte dabei nach Auswertung der Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden zu dem Ergebnis, dass nach dem Maßstab der praktischen Vernunft ein absichtlich herbeigeführter Flugzeugabsturz auf eine Anlage, die den Leistungsbetrieb eingestellt habe und offensichtlich keinen besonderen Symbolwert und kein hohes Gefährdungspotenzial mehr aufweise, nicht zu unterstellen sei; sie hat deshalb dieses Szenario dem Restrisiko zugeordnet. Dahingestellt kann bleiben, ob diese Betrachtung auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch vertretbar ist; zutreffend weisen die Kläger insoweit darauf hin, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Szenario „gezielter Flugzeugabsturz“ in Verfahren zur Erteilung einer Errichtungsgenehmigung nicht dem Restrisiko, sondern dem Bereich der Schadensvorsorge zuzuordnen ist (BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Die Genehmigungsbehörde hat unabhängig hiervon die von der Betreiberin vorgelegte Abschätzung der radiologischen Folgen eines absichtlich herbeigeführten Flugzeugabsturzes für den Nachbetrieb bewertet und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dabei sowohl der Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv als auch der Eingreifrichtwert für Umsiedlungen gemäß ICRP 63 und SSK eingehalten wird. Nach dem Vortrag der Beigeladenen wurden bei dieser Untersuchung als im Hinblick auf das Aktivitätsinventar relevante Gebäude das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude, das Reaktorhilfsanlagengebäude, das Abfallbehandlungsgebäude sowie die Lagergebäude Bau 39 und 52 betrachtet. Da die Ergebnisse der Untersuchungen der Beigeladenen dem Beklagten als Verschlusssache übersandt worden und nicht zu der Genehmigungsakte gelangt sind, kann freilich nicht nachvollzogen werden, von welchen konkreten Lastannahmen diese Prognose ausgeht und ob sie hinreichend konservativ erfolgt ist.
111 
Das Abstellen auf den Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen nach Katastrophenschutzgrundsätzen dürfte rechtlich nicht zu beanstanden sein. Jedenfalls sind die in Rede stehenden Szenarien terroristischer Anschläge durch einen gezielten Flugzeugabsturz nach geltendem Recht nicht dem Bereich der auslegungsbestimmenden Störfälle zuzurechnen. Infolge dessen ist die erforderliche Schadensvorsorge nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier nicht nach den Störfallplanungswerten zu bemessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.08.2006 - 7 B 38.06 - Buchholz 451.171 § 9a AtG Nr. 1). Der in § 49 Abs. 1 StrlSchV für den Anwendungsbereich dieser Vorschrift verwendete Begriff des Störfalls ist in § 3 Abs. 1 Nr. 28 Satz 1 StrlSchV als Ereignisablauf definiert, bei dessen Eintreten der Betrieb der Anlage oder die Tätigkeit aus sicherheitstechnischen Gründen nicht fortgeführt werden kann und für den die Anlage auszulegen ist oder für den bei der Tätigkeit vorsorglich Schutzvorkehrungen vorgesehen sind. Damit knüpft die Vorschrift der Sache nach an die Störfall-Leitlinien vom 18.10.1983 an, deren Gegenstand die Schadensvorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG ist, nicht dagegen näher bestimmte andere Ereignisse, wie etwa Szenarien infolge gezielten Flugzeugabsturzes, die wegen ihres geringen Risikos keine Auslegungsstörfälle mehr sind. Bei der gebotenen Konkretisierung des Rechtsbegriffs des erforderlichen Schutzes gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG muss deshalb das allgemeine Schutzziel maßgeblich sein, dass eine Gefährdung von Leben und Gesundheit infolge erheblicher Direktstrahlung oder infolge der Freisetzung einer erheblichen Menge radioaktiver Stoffe verhindert werden muss. Als Orientierungsmaßstab kommen daher die Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden, verabschiedet von der Strahlenschutzkommission am 17./18.12.1998, in Betracht (vgl. hierzu näher Bay.VGH, Urteil vom 09.01.2006 - 22 A 04.40010 u.a. - juris). Der von der Genehmigungsbehörde herangezogene Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv bei einem Integrationszeitraum von sieben Tagen ist daher rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend hat die Beigeladene darüber hinaus bei ihrer Betrachtung auch die Eingreifrichtwerte im Hinblick auf die Umsiedlung nach den „Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen“ herangezogen (vgl. zu dieser Notwendigkeit OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.06.2013 - 4 KS 3/08 - NordÖR 2014, 67) und deren Unterschreitung festgestellt.
112 
2.2.2.2 Zu Recht durfte die Genehmigungsbehörde auch die erforderliche Schadensvorsorge gegen den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs auf die Restanlage für getroffen ansehen. Dabei sind ähnliche Erwägungen wie oben unter 2.2.1.3.2 hinsichtlich der Erdbebensicherheit der Anlage maßgeblich. Die gegenständliche 2. SAG nimmt das Kernkraftwerk in den Blick, wie es aufgrund der bestandskräftigen Genehmigungen errichtet und tatsächlich vorhanden ist. Für die Rechtmäßigkeit der Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ist deshalb ohne Belang, ob dieses Kernkraftwerk auch nach heutigem Erkenntnisstand die Voraussetzungen für eine Errichtungsgenehmigung unter dem Gesichtspunkt des gezielten Flugzeugabsturzes erfüllt. Das Szenario „gezielter Flugzeugabsturz“ ist für die Rechtmäßigkeit der 2. SAG nur insoweit von Bedeutung, als es spezielle Anforderungen an das Betriebsreglement oder den Abbau von Anlagenteilen stellt, die durch die gegenständliche Genehmigung legalisiert werden. Für das Bestehen derartiger spezifischer Anforderungen im Hinblick auf die Gefahr eines gezielten Flugzeugabsturzes ist jedoch nichts ersichtlich noch von den Klägern vorgetragen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass bei Betrachtung eines gezielten Flugzeugabsturzes auf die Restanlage unter Ausklammerung des externen Brennelementlagerbeckens der nach dem oben Gesagten maßgebliche Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv bei einem Integrationszeitraum von sieben Tagen bzw. die Eingreifrichtwerte im Hinblick auf Umsiedlungsmaßnahmen unterschritten werden. Dies folgt bereits daraus, dass nach der von der Beigeladenen gefertigten radiologischen Charakterisierung sich ein ganz erheblicher Teil des Gesamtaktivitätsinventars (ca. 99 %) in den bestrahlten 342 Brennelementen befindet, die derzeit im externen Lagerbecken im Notstandsgebäude aufbewahrt werden. Auch muss in diesem Zusammenhang konsequenterweise das in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 befindliche Aktivitätsinventar außer Betracht bleiben, da diese Lagerung nach dem unter 2.2.1.3.1 Ausgeführten nicht vom Gestattungsumfang der 2. SAG umfasst ist.
113 
Nach alldem durfte die Genehmigungsbehörde den erforderlichen Schutz vor Schäden im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG und gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG von Rechts wegen als gegeben ansehen.
114 
2.2.3 Die Klage kann nicht mit Erfolg auf die behauptete fehlende Entsorgungsvorsorge (dazu unter 2.2.3.1) oder die unterbliebene Freigabeentscheidung gemäß § 29 StrlSchV (dazu unter 2.2.3.2) gestützt werden.
115 
2.2.3.1 Ohne Erfolg machen die Kläger der Sache nach geltend, der erforderliche Entsorgungsnachweis für die in der Anlage noch vorhandenen Brennelemente sei von der Beigeladenen nicht geführt worden. Die Kläger bringen in diesem Zusammenhang vor, die 2. SAG legalisiere die weitere Lagerung der Brennelemente in dem externen Becken des Notstandsgebäudes; die Beigeladene habe nicht den erforderlichen Nachweis - etwa durch eine sog. Kalthandhabung - geführt, dass die Brennelemente direkt aus dem Nasslager in das geplante Standorttrockenlager verbracht werden könnten. Dabei machen die Kläger mit diesem Vorbringen ein „anlagenimmanentes“ Entsorgungsrisiko geltend, das grundsätzlich als Klagegrund anerkannt ist (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - a.a.O.). Die diesem Vorbringen zugrunde liegende Annahme, die 2. SAG genehmige die Lagerung der bestrahlten Brennelemente in dem externen Becken, trifft jedoch - wie wiederholt dargelegt - nicht zu. Vielmehr wird durch die 2. SAG lediglich das Betriebsreglement des externen Brennelementlagerbeckens in Einzelheiten modifiziert, ohne dieses freilich umfassend und  zu legalisieren. Der von den Klägern aufgeworfenen Frage nach der Auslagerungsmöglichkeit der Brennelemente war deshalb vor Erteilung der bestandskräftigen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 nachzugehen, mit der die Errichtung der neuen Materialschleuse zum Reaktorgebäude genehmigt wurde. Der Beklagte hat in Übereistimmung hiermit vor Erteilung der Errichtungsgenehmigung vom 21.04.2010 sachverständig beraten geprüft, ob der Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlager technisch möglich ist und keine Notwendigkeit für den Rücktransport in das interne Brennelementlagerbecken besteht. Aufgrund der Bestandskraft der Änderungsgenehmigung vom 21.04.2010 können die Kläger mithin nicht mehr geltend machen, dass ein Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlagerbecken nicht gefahrlos möglich sei.
116 
2.2.3.2 Ohne Erfolg rügen die Kläger, die angegriffene 2. SAG sei bereits deshalb rechtswidrig, weil sie die nach § 29 StrlSchV notwendige Freigabeentscheidung für radioaktive Reststoffe nicht enthalte. Die Freigaberegelung werde für KWO nicht - wie in anderen Stilllegungsverfahren üblich - im Rahmen der Stilllegungsgenehmigung vorgenommen, sondern einem separaten Verfahren vorbehalten. Damit werde den Klägern die Möglichkeit genommen, ihre potentielle Betroffenheit prüfen zu können. Die Freigabeentscheidung könne die Anwohner indes direkt betreffen, soweit sie mit den in den konventionellen Stoffkreislauf abgegebenen radioaktiven Stoffen in Kontakt kämen.
117 
Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die Freigabe gemäß § 29 StrlSchV nicht in der gegenständlichen Genehmigung erfolgt. Vielmehr enthält die 2. SAG unter Kapitel D.2.1 (Seite 54) den Hinweis, dass in ihr nicht die Freigabe nach § 29 StrlSchV geregelt werde; die Freigabe sowie das Freigabeverfahren werde gemäß § 29 Abs. 4 StrlSchV in gesonderten Bescheiden des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg geregelt. Gegen diese Verfahrensweise ist nichts zu erinnern. Gemäß § 29 Abs. 4 StrlSchV kann die zuständige Behörde in einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG oder in einem gesonderten Bescheid das Verfahren zur Erfüllung der Anforderungen nach § 29 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie zur Feststellung nach § 29 Abs. 3 StrlSchV festlegen. Es besteht mithin keine rechtliche Verpflichtung, dieses Verfahren in der Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG festzulegen. Der Beklagte hat von der in § 29 Abs. 4 StrlSchV gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Freigabe nicht in der Stilllegungsgenehmigung, sondern in besonderen Bescheiden zu regeln. Unabhängig hiervon dürfte die Freigabe gemäß § 29 StrlSchV nicht den gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 7 Abs. 3 AtG drittschützenden Bereich der Schadensvorsorge, sondern die im Allgemeininteresse liegende und Individualrechte Dritter grundsätzlich nicht berührende Entsorgung betreffen (vgl. hierzu Bay.VGH, Gerichtsbescheid vom 17.08.1994 - 22 A 93.40047 - NVwZ-RR 1995, 136). Im Übrigen legen die Kläger nicht dar, inwieweit sie durch eine fehlerhafte oder unterbliebene Freigabeentscheidung in eigenen schützenswerten Belangen betroffen werden. Ihr Hinweis, sie könnten als Beschäftigte in Abfallverwertungs- oder Deponiebetrieben mit fehlerhaft freigegebenem radioaktiven Material in Betracht kommen, bleibt spekulativ.
118 
Nach alldem erweist sich die 2. SAG auch als materiell rechtmäßig.
119 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 S. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
120 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
121 
Beschluss vom 28.10.2014
122 
Der Streitwert des Klageverfahrens wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nr. 6.2 und Nr. 2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 60.000,-- EUR festgesetzt.
123 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. September 2015 - 4 K 2620/15 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.250,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO), aber nicht begründet.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Beschwerden gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Danach prüft der Verwaltungsgerichtshof nur die in einer rechtzeitig eingegangenen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe. Allerdings sind nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eintretende jedenfalls offensichtliche entscheidungserhebliche Tatsachen, Rechtsänderungen sowie neue, sowie bislang unverschuldet nicht unterbreitete präsente Beweismittel und der diesbezügliche Vortrag der Beteiligten grundsätzlich berücksichtigungsfähig. Dies gebietet, da der Vortrag des Beschwerdegegners normativ keinen thematischen oder zeitlichen Beschränkungen unterliegt, zugunsten des Beschwerdeführers bereits der Grundsatz der Waffengleichheit, im Übrigen die Amtsermittlungspflicht. Zugleich sprechen prozessökonomische Gründe dafür, da ansonsten ein mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartendes Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO provoziert würde (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 08.03.2011 - 10 S 161/09 -NVwZ-RR 2011, 355). Die in der Beschwerdebegründung einschließlich der nach dem Vorstehenden zulässigerweise nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist vorgetragenen Gründe führen nicht dazu, dass die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den kraft Gesetzes (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LKHG) sofort vollziehbaren Änderungsfeststellungsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.08.2014 anzuordnen ist. Mit diesem Bescheid wurde die Bettenzahl für die neurologische Frührehabilitation der Phase B bei der Beigeladenen um fünf Planbetten auf insgesamt 47 Planbetten erhöht. Auch bei einer Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO hat das Gericht eine Abwägung vorzunehmen zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung und dem Interesse des Betroffenen, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, bei der aber die gesetzgeberische Entscheidung für den grundsätzlichen Vorrang des Vollzugsinteresses zu beachten ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 80 Rn 114, 152a m.w.N.). Der zu berücksichtigende Sachvortrag der Antragstellerin führt nicht dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. i.V.m. § 80a Abs. 3 VwGO vorzunehmende Abwägung zugunsten des Interesses der Antragstellerin ausfällt, vom Vollzug des der Beigeladenen erteilten Änderungsfeststellungsbescheids bis zu einer endgültigen Entscheidung über dessen Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben.
Bei mehrpoligen Rechtsverhältnissen, insbesondere wie hier bei begünstigenden Verwaltungsakten mit belastender Drittwirkung, stehen sich die Rechtspositionen der entsprechend reziprok betroffenen Privaten grundsätzlich gleichrangig gegenüber. Ein Rechtssatz des Inhalts, dass sich der einen krankenhausfinanzierungsrechtlichen Feststellungsbescheid anfechtende Dritte gegenüber dessen Empfänger von vornherein in einer bevorzugten verfahrensrechtlichen Position befinden müsse, wenn es um die sofortige Verwirklichung der Aufnahme in den Krankenhausplan geht, ist weder aus dem geltenden Verwaltungsprozessrecht noch aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleiten. Handelt es sich um ein mehrpoliges Rechtsverhältnis, bei dem ein Verwaltungsakt mit Drittwirkung Gegenstand einer Anfechtungsklage ist (vgl. § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO), kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass Art. 19 Abs. 4 GG den regelmäßigen Eintritt der aufschiebenden Wirkung verlangt. Denn das Postulat von der aufschiebenden Wirkung als Regelfall stößt bei der Anfechtung von Feststellungsbescheiden durch Drittbetroffene schon wegen der dabei zu berücksichtigenden Rechtsposition des begünstigten Bescheidadressaten an Grenzen. Dessen Rechtsposition ist grundsätzlich nicht weniger schützenswert als diejenige des Drittbetroffenen. Die einseitige Bevorzugung des Dritten durch die einstweilige Festschreibung des Status quo liefe vielmehr auf eine ungerechtfertigte, mit den Freiheitsgrundrechten des Begünstigten und dem Gleichheitssatz unvereinbare Privilegierung des Dritten hinaus. Kann mithin nicht von einem prinzipiellen prozessualen Vorrang des einen Aufnahmebescheid anfechtenden Dritten ausgegangen werden, so ist die Frage, wer bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, primär nach dem materiellen Recht zu beantworten, also nach der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.10.2008 - 1 BvR 2466/08 - NVwZ 2009, 240 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 25.11.2014 - 10 S 1920/14 - VBlBW 2015, 253; Schoch, Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht, 1988, S. 1003 ff.). Dem trägt auch § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 2. Alt VwGO Rechnung, wonach auf das „überwiegende Interesse eines Beteiligten“ zur Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung abgestellt werden kann, wenn nicht - wie hier - ein Fall des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs in Rede steht. In beiden Fallgestaltungen ist ein überwiegendes Interesse eines durch den Verwaltungsakt begünstigten Beteiligten dann anzunehmen, wenn das von einem Dritten eingelegte Rechtsmittel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird und zudem die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung dem anderen, begünstigten Beteiligten gegenüber unbillig erscheinen muss.
Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage geht der Senat davon aus, dass die bereits erhobene Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den an die Beigeladene gerichteten Änderungsfeststellungsbescheid vom 29.08.2014 ohne Erfolg bleiben wird (1.). Eine von den Erfolgsaussichten der Hauptsache unabhängige Interessenabwägung führt nicht zu dem Ergebnis, dass dem Interesse der Antragstellerin der Vorrang vor der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehung des Bescheids bzw. den Interessen der Beigeladenen einzuräumen ist (2.).
1. Der Senat teilt bei summarischer Sachverhaltsprüfung im Ergebnis die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Änderungsfeststellungsbescheid vom 29.08.2014 bereits unzulässig ist. Zwar steht der Antragstellerin für ihren Antrag das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis zur Seite (1.1), indes ist die Antragstellerin nicht in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt (1.2).
1.1 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann der Antragstellerin nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für ihren Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Änderungsfeststellungsbescheid vom 29.08.2014 abgesprochen werden. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt nur, wenn die Klage bzw. der Antrag für den Antragsteller offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann; die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1; Senatsurteil vom 30.10.2014 - 10 S 3450/11 -DVBl. 2015, 189). Im Ansatz zutreffend weisen freilich der Antragsgegner und die Beigeladene darauf hin, dass bei Verfahren, die das Begehren der Aufnahme in den Krankenhausplan zum Gegenstand haben, grundsätzlich die Verpflichtungsklage „in eigener Sache“ vollständigen Rechtsschutz bietet (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64; bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 23.04.2009 - 1 BvR 3405/08 - NVwZ 2009, 977). Die gerichtliche Überprüfung wird insbesondere nicht dadurch beschränkt, dass die Auswahlentscheidung nicht nur dem an den unterlegenen Bewerber gerichteten Feststellungsbescheid zugrunde liegt, sondern auch einem weiteren an einen Dritten gerichteten Feststellungsbescheid. Ebenso wenig könnte dem unterlegenen Bewerber entgegengehalten werden, dass die dem Dritten gewährte Begünstigung nicht mehr zurückgenommen werden könne. Sobald die erlangte Planposition des Dritten zugleich von einem Konkurrenten beansprucht wird, ist das Vertrauen des Plankrankenhauses in die Konkurrenzlosigkeit seiner Rechtsstellung zerstört. Zudem ist die Planposition eines Krankenhauses ohnehin kein unentziehbarer Besitzstand, sondern steht unter dem Vorbehalt fortlaufender Überprüfung (vgl. Rennert, GesR 2008, 344 <346>). Vor diesem Hintergrund kommt der Klage gegen den einen Dritten begünstigenden Bescheid lediglich eine Hilfsfunktion zu. Sie soll dem Umstand entgegenwirken, dass die Erfolgsaussichten der Klage gegen den „eigenen“ Feststellungsbescheid durch den zwischenzeitlichen Vollzug des den Dritten begünstigenden Bescheids faktisch geschmälert werden können. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der zurückgesetzte Bewerber die Planaufnahme erstrebt, in eigener Sache also eine Verpflichtungsklage auf Erlass eines begünstigenden Feststellungsbescheides erhebt oder erheben müsste. Denn auch wenn die von der Behörde getroffene Auswahlentscheidung fehlerhaft sein sollte, so führt diese Verpflichtungsklage häufig lediglich zu einer Neubescheidung, bei der die dann gegebene Sach- und Rechtslage einschließlich aller zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen zu berücksichtigen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 25.07.1985 - 3 C 25.84 - BVerwGE 72, 38; und vom 25.09.2008 - 3 C 35.07 - a.a.O.). Dies folgt bereits aus dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen einer auf die Aufnahme in den Krankenhausplan gerichteten Verpflichtungsklage. Dabei kommt es nicht auf den den Antrag ablehnenden Bescheid, sondern vielmehr auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz an (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 16.04.2015 - 10 S 96/13 - DÖV 2015, 757). In einer derartigen Fallgestaltung muss die Planbehörde mithin die tatsächlichen Veränderungen einbeziehen, die sich durch den Vollzug der Planaufnahme des Dritten zwischenzeitlich ergeben haben. Das wird die Erfolgsaussichten der Klage in eigener Sache nur dann nicht erheblich schmälern, wenn der Dritte bereits zuvor in den Plan aufgenommen war und diese Planposition lediglich fortgesetzt wurde. Gemessen hieran kann der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis für eine gegen die Drittbegünstigung gerichtete Anfechtungsklage bzw. einen diesbezüglichen Eilantrag nicht abgesprochen werden.
1.1.1 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Beigeladenen kann keine Rede davon sein, dass hier die Planposition der Beigeladenen lediglich fortgesetzt wird und sich deshalb die Rechtsstellung der Antragstellerin im weiteren Verfahrensverlauf nicht verschlechtern könne. Zwar geht das Verwaltungsgericht im Ansatz zutreffend davon aus, dass die Beigeladene hier - anders als die Antragstellerin - keine Neubewerberin für die Aufnahme in den Krankenhausplan im Fachgebiet der neurologischen Frührehabilitation der Phase B ist, sondern sie lediglich eine Erhöhung ihres Planbettenbestandes anstrebt. Indes wird auch in der hier in Rede stehenden Konstellation, in der durch einen Änderungsfeststellungsbescheid der bisherige Bettenbestand eines in den Krankenhausplan bereits aufgenommenen Konkurrenten erhöht wird, dessen Planposition nicht lediglich fortgesetzt. Denn die ursprüngliche Planaufnahme betraf den Planstatus mit einer bestimmten Bettenzahl; diese soll nunmehr jedoch erhöht werden. Gegenstand des Rechtsschutzbegehrens der Antragstellerin ist ausschließlich diese Bettenerhöhung, die insoweit der Planaufnahme eines Neubewerbers gleichzusetzen ist. Diese Betrachtung ist aus Rechtsschutzgründen unabdingbar und steht im Einklang mit den vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 25.09.2008 (- 3 C 35.07 -a.a.O.) aufgestellten Grundsätzen. Danach ist das Rechtsschutzbedürfnis für eine Drittanfechtungsklage dann gegeben, wenn sie notwendig ist, um den Rechtsschutz des die Planaufnahme begehrenden Krankenhausträgers im Verfahren der Verpflichtungsklage zu verbessern. Das ist im Hinblick auf die kassatorische Wirkung der Anfechtungsklage immer dann zu bejahen, wenn dadurch die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindert werden kann, die für den Erfolg des Verpflichtungsrechtsstreits von Bedeutung sind und in diesem Verfahren nicht oder nur schwer rückgängig gemacht werden können. Eine derartige faktische Schmälerung der Position der Antragstellerin ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und der Beigeladenen jedoch nicht nur in Fällen denkbar, in denen es sich bei dem Begünstigten ebenfalls um einen Neubewerber handelt, sondern auch - wenn wie im hier zu beurteilenden Fall - der Dritte bereits in den Plan mit einer bestimmten Bettenzahl aufgenommen worden ist, jedoch nunmehr eine Erhöhung der Planbettenzahl erstrebt. Denn auch wenn der konkurrierende, begünstigte Krankenhausträger seinen mit der an ihn gerichteten Entscheidung erweiterten Planstatus umsetzt, wird die Bedarfssituation, die Gegenstand des Verpflichtungsrechtsstreits ist, verändert und umgestaltet. Diese Veränderung der Sachlage ist dann im Rahmen einer Neubescheidung zu berücksichtigen und für das Ergebnis des Verpflichtungsrechtsstreits von Relevanz. Von einer bloßen Fortsetzung der Planposition des Dritten kann daher nur dann die Rede sein, wenn dessen Bettenbestand nicht erhöht wird. Dies ist im Krankenhausfinanzierungsrecht durchaus vorstellbar, etwa wenn der um Rechtsschutz nachsuchende Krankenhausbetreiber kein eigenes Versorgungsangebot unterbreitet hat. Insoweit unterscheidet sich der hier vorliegende Sachverhalt maßgeblich von der dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.09.2008 (- 3 C 35.07 - a.a.O.) zugrunde liegenden Fallkonstellation, in der der klagende Krankenhausträger kein mit dem des Konkurrenten vergleichbares Versorgungsangebot unterbreitet hat, sondern mit seiner Klage lediglich den Marktzutritt des neuen Bewerbers verhindern wollte; nur in diesem Zusammenhang ist auch die vom Bundesverwaltungsgericht getroffene Aussage zu verstehen, dass sich bei einer bloßen Fortsetzung der Planposition des Begünstigten die Erfolgsaussichten der Verpflichtungsklage in eigener Sache nicht erheblich schmälern könnten und deshalb kein Rechtsschutzbedürfnis für eine flankierende Drittanfechtungsklage bzw. einen entsprechenden Eilantrag bestünde.
1.1.2 Schließlich kann das allgemeine Rechtsschutzinteresse nicht mit der Erwägung der Beigeladenen verneint werden, die Antragstellerin habe mit dem Senatsurteil vom 16.04.2015 (- 10 S 96/13 - a.a.O.) bereits einen Bescheidungsanspruch zuerkannt bekommen und deshalb ihr Rechtsschutzziel vollständig erreicht. Zwar hat der Senat mit seinem Urteil vom 16.04.2015 den an die Antragstellerin gerichteten Versagungsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.08.2014 aufgehoben und das beklagte Land verpflichtet, über den Antrag der Antragstellerin auf Feststellung der Aufnahme ihres Krankenhauses im Fachgebiet der neurologischen Frührehabilitation der Phase B in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg ab dem 27.12.2013 unter Beachtung der - näher präzisierten - Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Dieser Bescheidungsverpflichtung ist der Beklagte zwischenzeitlich noch nicht nachgekommen. Wie das Regierungspräsidium im vorliegenden Verfahren dargelegt hat, steht der Erfüllung des Bescheidungsanspruchs entgegen, dass die Abgrenzung des maßgeblichen Versorgungsgebiets und die Feststellung des zu versorgenden Bedarfs noch nicht abgeschlossen werden konnten. Bis das beklagte Land seiner - rechtskräftig festgestellten - Bescheidungsverpflichtung nachgekommen ist, muss das Regierungspräsidium jedoch Veränderungen der Bedarfssituation Rechnung tragen. Auch in dieser Fallgestaltung ist deshalb eine Verschlechterung der Position der Antragstellerin zu besorgen, da die veränderte Bedarfslage gegebenenfalls zu ihren Lasten zu berücksichtigen ist.
1.2 Der Antragstellerin steht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts jedoch nicht die Klagebefugnis bzw. die nach den gleichen rechtlichen Maßstäben zu beurteilende Antragsbefugnis in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO zu. Eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin kann offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteile vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669; und vom 22.02.1994 - 1 C 24.92 - BVerwGE 95, 133). Die Antragstellerin begehrt die Aussetzung der Vollziehung des an die Beigeladene gerichteten Änderungsfeststellungsbescheides vom 29.08.2014. Das setzt, da die Antragstellerin nicht Adressat des angefochtenen Bescheides ist, voraus, dass sie die Verletzung einer Vorschrift behauptet, die sie als Dritte zu schützen bestimmt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 3 C 35.07 - a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 20.12.2006 - 9 S 2182/06 - KHR 2007, 76). Ausgehend hiervon kann sich die Antragstellerin nicht auf die Verletzung einer drittschützenden Vorschrift stützen.
10 
1.2.1 Der Senat vermag die Antragsbefugnis hier nicht aus § 8 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.04.1991 (BGBl. I S. 886) herzuleiten. Nach dieser Vorschrift entscheidet die zuständige Landesbehörde bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten gerecht wird. Die Entscheidung über die Aufnahme oder Nichtaufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan erfolgt nicht nur im öffentlichen Interesse. Zwar bestimmt § 8 Abs. 2 Satz 1 KHG, dass auf die Feststellung der Aufnahme in den Krankenhausplan kein Anspruch besteht, und § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG gebietet bei einer Auswahlentscheidung nur die Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger und damit nur die Berücksichtigung öffentlicher Belange. Jedoch hat ein bedarfsgerechtes, leistungsfähiges und kostengünstig wirtschaftendes Krankenhaus nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei verfassungskonformer Auslegung des § 8 Abs. 2 KHG einen Anspruch auf Feststellung der Aufnahme in den Krankenhausplan, wenn es anbietet, einen anderweitig nicht gedeckten Bedarf zu befriedigen. Es besitzt einen Anspruch auf eine fehlerfreie Auswahlentscheidung, wenn es mit anderen Krankenhäusern um einen festgestellten Bedarf konkurriert. Diese Auslegung des § 8 Abs. 2 KHG ist durch die Grundrechte des Krankenhausträgers aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG geboten (vgl. hierzu insbesondere BVerwG, Urteil vom 25.07.1985 - 3 C 25.84 - BVerwGE 72, 38).
11 
Soweit § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG Maßstäbe für die behördliche Auswahlentscheidung aufstellt, handelt es sich um eine drittschützende Norm. Es liegt im Wesen einer Auswahlentscheidung, dass sie den Ausgewählten begünstigt und - als Kehrseite - seine Konkurrenten zurückweist. Wenn die Behörde zwischen mehreren Anbietern auswählt, betrifft ihre Entscheidung zwangsläufig die Rechte all dieser Anbieter (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 3 C 35.07 -a.a.O.; OVG Nordrhein Westfalen, Urteil vom 05.10.2010 - 13 A 2071/09 - KHR 2010, 129). Anders gewendet scheidet die Möglichkeit einer Rechtsverletzung des nicht in den Krankenhausplan aufgenommenen Krankenhausbetreibers durch eine an einen anderen Krankenhausbetreiber gerichtete begünstigende Feststellung regelmäßig aus, wenn zwischen den Konkurrenten keine Auswahlentscheidung im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG getroffen worden ist, sondern der andere Betreiber ohne Durchführung einer Auswahlentscheidung schlicht aufgenommen worden ist. Notwendige (wenngleich nicht hinreichende) Bedingung einer Auswahlentscheidung ist daher, dass der Antrag der Antragstellerin abgelehnt worden ist. Über eine erfolgte Ablehnung hinaus setzt eine Auswahlentscheidung weiter voraus, dass eine Zurücksetzung der Antragstellerin gerade im Hinblick auf die Begünstigung der Beigeladenen erfolgt ist, mithin eine inhaltliche Konnexität zweier Entscheidungen der Planungsbehörde vorliegt. Das Recht auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung nach § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG besteht nur, soweit ein Krankenhaus tatsächlich mit anderen Krankenhäusern konkurriert, also nur innerhalb des maßgeblichen Versorgungsbereichs.
12 
Gemessen hieran kann sich die Antragstellerin entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts im vorliegenden Verfahren nicht auf eine mögliche Verletzung von § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG berufen, da keine einheitliche Auswahlentscheidung zwischen ihr und der Beigeladenen getroffen worden ist. Eine derartige einheitliche Auswahlentscheidung hat der Antragsgegner weder in dem an die Beigeladene gerichteten begünstigenden Bescheid vom 29.08.2014 noch in dem an die Antragstellerin adressierten Ablehnungsbescheid vom gleichen Tage getroffen. In die im Ablehnungsbescheid vom 29.08.2014 hilfsweise durchgeführte Auswahlentscheidung, die zu Ungunsten der Antragstellerin ausging, wurden vier weitere Kliniken mit einbezogen. Das Krankenhaus der Beigeladenen wurde in dieser Auswahlentscheidung nicht in den Blick genommen. Vielmehr wies das Regierungspräsidium darauf hin, dass das Krankenhaus der Antragstellerin nicht mit allen zugelassenen Kliniken in diesem Bereich im Land, sondern, vor allem auch aufgrund eines Einzugsgebiets von 60 Kilometern, mit den nächstgelegenen zugelassenen Einrichtungen (XXX Kliniken XXX, XXX, XXX Klinikum XXX und XXX Rehazentrum XXX) konkurriere (vgl. S. 10 f. des Ablehnungsbescheids). Auch der streitgegenständliche Drittbescheid vom 29.08.2014 enthält keine Anhaltspunkte dahingehend, dass der Antragsgegner von einem gemeinsamen Einzugsbereich der Antragstellerin und der Beigeladenen ausging und im Rahmen einer Auswahlentscheidung beide Antragsteller miteinander verglichen hat. Vielmehr wird in dem Änderungsfeststellungsbescheid (S. 5 f.) ausgeführt, der Antrag der Beigeladenen konkurriere teilweise hinsichtlich des Einzugsgebiets mit dem Antrag der XXX Fachkliniken XXX GmbH, so dass eine Auswahlentscheidung zwischen diesen beiden Antragstellern zu treffen sei. Eine umfassende Auswahlentscheidung habe ergeben, dass die Kliniken XXX leistungsfähiger seien und den krankenhausplanerischen Zielen eher gerecht würden als die sich neu bewerbenden XXX Fachkliniken XXX GmbH. Damit hat der Antragsgegner ausweislich des Ablehnungsbescheids und des Änderungsfeststellungsbescheids vom 29.08.2014 keine einheitliche Auswahlentscheidung zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen getroffen. In Übereinstimmung hiermit hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 16.04.2015 (- 10 S 96/13 - a.a.O. juris Rn 52) festgestellt, dass bei der im an die Antragstellerin gerichteten Ablehnungsbescheid vom 29.08.2014 auf der zweiten Stufe getroffenen Auswahlentscheidung lediglich vier weitere, im Umkreis von 60 Kilometern gelegene Kliniken als konkurrierende Einrichtungen in den Blick genommen worden seien und hat diese Vorgehensweise des Regierungspräsidiums als inkongruent mit der vorgenommenen landesweiten Bedarfsermittlung bezeichnet. Von einer einheitlichen Auswahlentscheidung mit dem hier in Rede stehenden Krankenhaus der Beigeladenen ist der Senat in seinem Urteil nicht ausgegangen.
13 
1.2.2 Jedenfalls bei summarischer Sachverhaltsprüfung war der Antragsgegner hier nicht gehalten, zugunsten der Antragstellerin eine einheitliche Auswahlentscheidung mit der Beigeladenen zu treffen. Dabei kann dahingestellt bleiben, in welchen Fallgestaltungen es aus Rechtschutzgründen zwingend geboten ist, eine einheitliche Auswahlentscheidung zwischen mehreren Klinikbetreibern zu treffen. Vorliegend war die Entscheidung des Antragsgegners, die geplante Klinik der Antragstellerin und das Krankenhaus der Beigeladenen nicht in eine einheitliche Auswahlentscheidung einzubeziehen, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat sich in den beiden Bescheiden vom 29.08.2014 maßgeblich von der Erwägung leiten lassen, dass die Antragstellerin und die Beigeladene aufgrund der räumlichen Entfernung von ca. 80 bis 100 Kilometern (je nach zu fahrender Strecke) nicht um einen einheitlichen Versorgungsbedarf konkurrierten. So wird im Ablehnungsbescheid vom 29.08.2014 (S. 10 f.) näher ausgeführt, dass aufgrund von in der Vergangenheit durchgeführten Erhebungen für neurologische Frührehabilitationseinrichtungen lediglich von einem Einzugsbereich von 60 Kilometern ausgegangen werden könne; die Auswertung habe beispielsweise für die XXX-Kliniken XXX bzw. XXX ergeben, dass 87 Prozent bzw. 100 Prozent aller Patienten der Frührehabilitation Phase B aus einem Einzugsbereich von maximal 60 Kilometern stammten. In Übereinstimmung hiermit hat der Sitzungsvertreter des beklagten Landes in der Berufungsverhandlung am 16.04.2015 näher erläutert, dass Ähnliches für den regionalen Einzugsbereich der anderen in den Krankenhausplan aufgenommenen Phase-B-Einrichtungen gelte. Vor diesem Hintergrund vermochte der Senat in seinem Urteil vom 16.04.2015 (- 10 S 96/13 - a.a.O. juris Rn. 52) nicht von einem landesweiten Einzugsbereich im Fachgebiet der neurologischen Frührehabilitation auszugehen. Diese Betrachtung wird im Übrigen durch die im erstinstanzlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorgelegte Patientenherkunftsstatistik der Beigeladenen für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.05.2015 bestätigt. Ausweislich dieser Aufstellung stammten 89,3 Prozent der Frührehabilitationspatienten der Beigeladenen aus einem Umkreis von 60 Kilometer oder weniger vom Klinikstandort. Auch dieser Herkunftsstatistik lässt sich nichts dafür entnehmen, dass die Antragstellerin und die Beigeladene um einen gemeinsamen Versorgungsbedarf konkurrieren und dass deshalb beide in eine einheitliche Auswahlentscheidung einzubeziehen gewesen wären.
14 
1.2.3 Fehlt es damit an einer Auswahlentscheidung oder einer notwendiger Weise konnex zu treffenden Auswahl, so kann die Antragstellerin ihre Befugnis für den Drittanfechtungsantrag auch nicht unter Verweis darauf begründen, der Antragsgegner habe der Beigeladenen rechtswidrig zu viele Planbetten zugestanden und damit eine Überversorgung herbeigeführt. Aus § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG lässt sich ein Verbot der Überversorgung mit Plankrankenhäusern bzw. Planbetten nicht entnehmen; erst Recht begründet diese Vorschrift kein subjektives öffentliches Recht eines anderen Krankenhausbetreibers auf Einhaltung eines solchen Verbots. Auszugehen ist auch in dem reglementierten Markt der Plankrankenhäuser von dem Grundrecht auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG). Dieses Grundrecht sichert die Teilnahme am Wettbewerb; die Wettbewerber haben aber keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleichbleiben. Insbesondere gewährleistet das Grundrecht keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb oder auf Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten; es verleiht kein Recht darauf, den Marktzutritt eines anderes Konkurrenten abzuwehren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.06.2006 - 1 BvR 1160/03 - BVerwGE 116, 135 <151 f.>). Auch unter Plankrankenhäusern besteht Wettbewerb; hier besteht ein eng umschriebener Markt „der Privilegierten“. Indes bietet Art. 12 Abs. 1 GG kein Recht auf Abwehr eines fremden Marktzutritts; innerhalb des Kreises der Privilegierten gilt vielmehr wieder das Marktprinzip, gelten wieder die Regeln des Wettbewerbs. Durch die Regelungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes ist das Betreiben von Krankenhäusern dem Wettbewerb nicht entzogen worden. Dass seine Bestimmungen über die Aufnahme von Krankenhäusern in den Krankenhausplan auch den beruflichen (Erwerbs-)Interesse der vorhandenen Plankrankenhäuser zu dienen bestimmt wären, lässt sich nicht erkennen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 3 C 35.07 - a.a.O.).
15 
Nach alldem bleiben bei summarischer Sachverhaltsprüfung sowohl der gegenständliche Eilantrag als auch die bei dem Verwaltungsgericht anhängige Drittanfechtungsklage mangels Antrags- bzw. nach den gleichen Maßstäben zu beurteilenden Klagebefugnis ohne Erfolg.
16 
2. Darüber hinaus räumt der Senat bei einer von den als offen unterstellten Erfolgsaussichten der Hauptsache unabhängigen Interessenabwägung dem gesetzlich angeordneten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung den Vorrang vor dem privaten Interesse der Antragstellerin ein, vorläufig vom Vollzug des Änderungsfeststellungsbescheids verschont zu bleiben. Der Senat teilt dabei die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, wonach vorliegend das öffentliche Interesse am Planvollzug so groß ist, dass ein Zuwarten auf eine endgültige Entscheidung in der Hauptsache nicht verantwortet werden kann. Diese Interessenabwägung ist bereits dann geboten, wenn lediglich auf die mit dem gegenständlichen Änderungsfeststellungsbescheid vom 29.08.2014 der Beigeladenen zugesprochenen fünf Planbetten für die neurologische Frührehabilitation der Phase B abgestellt wird. Bei den in dieser Phase behandelten Rehabilitationspatienten handelt es sich um schwerstkranke Patienten, bei denen eine intensivmedizinische Behandlung weiterhin indiziert ist bzw. derartige Behandlungsmöglichkeiten zumindest vorgehalten werden müssen. Auch kann das komplexe Behandlungsangebot der neurologischen Frührehabilitation Phase B weder durch Akutbehandlungseinrichtungen der Phase A ersetzt noch in Rehabilitationseinrichtungen der nachgelagerten Phase C oder Pflegeeinrichtungen erbracht werden. Denn in Einrichtungen der Akutphase A kann der notwendige intensive rehabilitationsmedizinische Behandlungsanteil nicht erbracht werden; Einrichtungen der Phase C oder nachgelagerter Phasen halten keine intensivmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten wie etwa Beatmungsplätze vor. Es besteht deshalb zu besorgen, dass bei der Suspendierung des Änderungsfeststellungsbescheids vom 29.08.2014 die durch die Beigeladene bereits eingerichteten Betten nicht mehr belegt und entsprechende Patienten einer indizierten Behandlung nicht zugeführt werden könnten. Dass es sich dabei nicht um eine lediglich theoretische Befürchtung handelt, belegt der durch ein Mitglied der Geschäftsleitung der Beigeladenen eidesstattlich versicherte Auslastungsgrad der gegenständlichen Rehabilitationseinrichtung. Danach war im Zeitraum von Januar bis Mai 2014 eine Bettenbelegung von 46,7 bei nunmehr 47 Planbetten festzustellen; bezogen auf die ganze Klinikgruppe war in der Phase B in diesem Zeitraum eine Belegung von 174,3 Betten (Planbettenbestand 174) zu verzeichnen. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass eine Kompensation des Wegfalls der gegenständlichen Betten durch andere Einrichtungen - beispielsweise die der Antragstellerin - aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen derzeit nicht möglich ist.
17 
Im Übrigen muss das Gericht bei der ihm im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO obliegenden Interessenabwägung grundsätzlich nicht nur die Interessen der Antragstellerin und des Antragsgegners bzw. der Beigeladenen berücksichtigen, sondern auch alle in der Sache sonst betroffenen öffentlichen oder privaten Interessen, insbesondere hier das öffentliche Interesse an einer geordneten Krankenhausversorgung (vgl. hierzu Kopp/Schenke, a.a.O., § 80, Rn 153). Ausgehend hiervon waren in der Interessenabwägung nicht nur die mit Bescheid vom 29.08.2014 der Beigeladenen zugesprochenen fünf Planbetten der neurologischen Rehabilitationshase B zu betrachten. Da die Antragstellerin - soweit aus den Akten ersichtlich - um einstweiligen Rechtsschutz auch hinsichtlich weiterer und damit sämtlicher 59 bewilligter Planbetten nachsucht, müssen diese in der Interessenabwägung mit einbezogen werden. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass somit insgesamt eine Anzahl von 59 Betten bei 454 von dem Antragsgegner für erforderlich gehaltenen Planbetten in Rede steht. Vor diesem Hintergrund überwiegt das öffentliche Interesse an einer ausreichenden Krankenversorgung für schwerkranke Rehabilitationspatienten der Phase B die privaten Interessen der Antragstellerin.
18 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten der unterliegenden Antragstellerin aufzuerlegen.
19 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren stützt sich auf § 63 Abs. 2 und 3, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. der Empfehlung Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013. Danach ist der im Verfahren 10 S 100/13 anzusetzende Streitwert von 12.500,-- EUR für das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu halbieren.
20 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedarf das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser

1.
für den Haushalt, für den landwirtschaftlichen Hofbetrieb, für das Tränken von Vieh außerhalb des Hofbetriebs oder in geringen Mengen zu einem vorübergehenden Zweck,
2.
für Zwecke der gewöhnlichen Bodenentwässerung landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzter Grundstücke,
soweit keine signifikanten nachteiligen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt zu besorgen sind. Wird in den Fällen und unter den Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 2 das Wasser aus der Bodenentwässerung in ein oberirdisches Gewässer eingeleitet, findet § 25 Satz 2 keine Anwendung.

(2) Keiner Erlaubnis bedarf ferner das Einleiten von Niederschlagswasser in das Grundwasser durch schadlose Versickerung, soweit dies in einer Rechtsverordnung nach § 23 Absatz 1 bestimmt ist.

(3) Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass weitere Fälle von der Erlaubnis- oder Bewilligungspflicht ausgenommen sind oder eine Erlaubnis oder eine Bewilligung in den Fällen der Absätze 1 und 2 erforderlich ist.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin - 3. Kammer - vom 28. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über eine Teilbefreiung der Klägerin vom Benutzungszwang für Trinkwasser.

2

Die Klägerin betreibt als landwirtschaftlicher Betrieb im Einzugsbereich des Beklagten auf rund 1280 ha Feldwirtschaft und Rinderhaltung mit etwa 1.200 Tieren. Sie beabsichtigt, ihre Rinder über selbstgefördertes Brunnenwasser zu tränken. Mit Schreiben vom 09. März 2001 beantragte sie die Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang von der Versorgung mit Brauchwasser "zur Durchführung einer weiteren Probebohrung". Eine zwischenzeitlich durchgeführte Probebohrung war erfolgreich.

3

Der Funktionsvorgänger des Beklagten, der Amtsvorsteher des Amtes L., lehnte den Antrag "zur Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang für die Brauchwasserversorgung Ihrer Stallanlage" mit Bescheid vom 14. März 2001 ab. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin 43% des Trinkwassers des Wasserwerkes S. abnehme. Eine Befreiung mache es erforderlich, dass das Wasserwerk und die Versorgungsleitung zurückgebaut werden müssten, um die Trinkwasserqualität zu erhalten. Gebührenerhöhungen für die verbleibenden Nutzer seien die Folge.

4

Den Widerspruch der Klägerin wies die Behörde mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2001 unter Vertiefung der Begründung des Ausgangsbescheides zurück. Ergänzend wurde ausgeführt, dass eine Befreiung der Klägerin Folgeanträge anderer landwirtschaftlicher Betriebe, die im gesamten Versorgungsgebiet ca. 25% des Trinkwassers abnähmen, zur Folge haben könne.

5

Mit ihrer am 19. Oktober 2001 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, ihr sei als landwirtschaftlicher Betrieb entsprechend § 3 Abs. 1 AVBWasserV im Rahmen des öffentlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Brauchwasserbezug zu beschränken. Eine Ausnahme vom Anschluss- und Benutzungszwang sei zu gestatten, wenn die Befreiung für den Beklagten wirtschaftlich zumutbar sei. Eine Ablehnung des Befreiungsantrags komme nur dann in Betracht, wenn andernfalls die öffentliche Trinkwasserversorgung nicht mehr aufrechterhalten werden könne, weil eine unerträgliche Erhöhung des Wasserpreises die Folge wäre. Dies sei erst dann der Fall, wenn eine Erhöhung um mehr als die Hälfte des bisherigen Preises erfolgen müsse. In der Gebührenkalkulation des Beklagten, die den Trinkwassergebühren zugrunde liege, sei auch für gegebenenfalls erforderliche Rückbaukosten durch die Bildung von Rücklagen Vorsorge getroffen worden. Es könne keinen Unterschied machen, ob die Klägerin von dem Benutzungszwang teilweise befreit werde oder die Viehhaltung an diesem Standort einstelle.

6

Nach einer Fusion der Ämter L. und K. ist mit öffentlich-rechtlichem Vertrag vom 29. April 2004 die Aufgabe der Trinkwasserversorgung auf die Gemeinde L. übertragen worden. Der Vertrag ist von der Rechtsaufsichtsbehörde genehmigt worden. Zugleich hat sie die Fortgeltung der Wasserversorgungssatzung vom 29. November 2001 des Amtes L. (WVS 2001) als Satzung der Gemeinde L. bis längstens 30. Juni 2005 verfügt.

7

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Unter Zugrundelegung der damaligen Annahme, dass die Klägerin über eine 200er-Asbestzement(Az)-Leitung, die weiter zu den Ortsteilen T., Neu Z. und D. führe, mit Trinkwasser versorgt werde, trug er vor, in Folge einer Befreiung der Klägerin vom Benutzungszwang erhöhe sich die Durchlaufzeit in der Leitung auf 13,5 Tage. Der damit einhergehenden Gesundheitsgefährdung für die Abnehmer könne nur mit einem Umbau des Wasserwerks und der Neuverlegung von Rohrleitungen begegnet werden. Bei Teilbefreiung sämtlicher landwirtschaftlicher Betriebe im Versorgungsbereich würde sich insgesamt der Trinkwasserpreis von 2,60 DM/cbm netto auf 3,93 DM/cbm erhöhen. Damit wäre eine beinahe 50%-ige Steigerung erreicht, die für die Abnehmer unerträglich hoch sei und in keiner Weise der Gebührenstruktur in der Region entspräche.

8

Mit dem von dem Beklagten angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, die Klägerin von dem Zwang zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage hinsichtlich des für den landwirtschaftlichen Betrieb benötigten Brauchwassers zu befreien. Gestützt auf die damalige Regelung des § 6 Abs. 2 WVS 2001 hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Behörde durch die Regelung kein Ermessen eingeräumt werde. Den unbestimmten Rechtsbegriff der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit hat es dahingehend ausgelegt, dass eine Unerträglichkeit im Einzelfall bei einer Erhöhung des Netto-Wasserbezugs-Preises von 1,38 EUR auf 1,71 EUR, also um knapp 24% noch lange nicht angenommen werden könne. Eine Erhöhung der Trinkwasseraufenthaltszeiten sei differenziert zu betrachten. Die Überdimensionierung der Hauptleitung bis zu den Ortsteilen T., D. und Neu Z., die nach der Entnahmestelle des klägerischen Betriebs versorgt werden würden - so der damals zugrunde gelegte Sachverhalt -, führe schon ohne die Befreiung der Klägerin zu einem Verbleibezeitraum des Trinkwassers in der Versorgungsleitung von deutlich über 8 Tagen und könne weder in die Kostenberechnung in Folge einer Befreiung der Klägerin vom Benutzungszwang eingerechnet, noch sonst der Klägerin angelastet werden. Folgeanträge anderer landwirtschaftlicher Betriebe seien nicht hinreichend wahrscheinlich.

9

Das Urteil ist dem Beklagten am 09. Februar 2005 zugestellt worden. Auf den am 09. März 2005 eingelegten und am 08. April 2005 begründeten Zulassungsantrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 02. Juli 2008 die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, die sich insbesondere im Hinblick auf die vom Bundesverwaltungsgericht (Urt. vom 11.04.1986 - 7 C 59.83 -, NVwZ 1986, 754 f.) genannten Kriterien einer Unzumutbarkeit der Befreiung vom Benutzungszwang ergaben, zugelassen.

10

Nach Vorlage eines Übersichtsplans "Gruppenwasserversorgung S." und ergänzenden Ausführungen des Beklagten im Berufungsverfahren erfolgt die Wasserversorgung der Ortsteile T., Neu Z. und D. - in Abweichung zu dem erstinstanzlich zugrundegelegten Sachverhalt - über eine gesonderte 200er-Az-Leitung. Die Klägerin wird über eine vom Wasserwerk S. durch das Dorf führende 100er-Az-Leitung versorgt. Die Rohrleitung DIN 100 ist vom Wasserwerk bis zur Einmündung Dorfplatz 341 m lang, hat einen Rohrinhalt von 2.728 l und versorgt 24 Abnehmer. Bei einem für das Versorgungsgebiet durchschnittlichen Bedarfswert von 137 l/E/d errechnet sich auf diesem Teilstück ein Tagesverbrauch von 3.288 l. Der sich anschließende Leitungsstrang bis zum Übergabeschacht der Klägerin ist 712 m lang und hat einen Rohrinhalt von 5.696 l.

11

Der Beklagte macht im Berufungsverfahren geltend, die Klägerin habe mit ihrem Schreiben vom 09. März 2001 lediglich die Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang zur Durchführung einer Probebohrung begehrt. Sie verfolge jedoch mit der zugrundeliegenden Verpflichtungsklage die generelle Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang für Brauchwasser zum Betrieb ihres Brunnens. Es fehle damit an der erforderlichen Durchführung eines Vorverfahrens. Das Verwaltungsgericht habe die mit einer Teilbefreiung verbundenen Gesundheitsgefährdungen nicht berücksichtigt. So sei bereits fraglich, ob die Klägerin eine wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung zum Betrieb eines eigenen Brunnens für die Nahrungsmittelproduktion erhalte. Darüber hinaus führe eine Teilbefreiung der Klägerin vom Anschluss- und Benutzungszwang zu hygienisch nicht zu vertretenden Bedingungen. Der Wasseraustausch bezogen auf die 100er-Az-Leitung, die vom Wasserwerk S. durch das Dorf führend 24 Abnehmer versorge, würde sich bei einem Tageswasserverbrauch der Klägerin unter Zugrundelegung einer Abnahme von 548 l/d (bezogen auf 4 Personen) auf 10,4 Tage belaufen. Bisher habe die Klägerin 20.075 cbm Trinkwasser jährlich abgenommen; der Durchsatz verringere sich damit um 90 %. Der Querschnitt der Versorgungsleitung wäre zur Herstellung hygienischer Bedingungen zu verringern, das Wasserwerk anzupassen. Außerdem sei die wirtschaftliche Unzumutbarkeit für das Versorgungsunternehmen durch das Verwaltungsgericht verkannt worden. Bereits ein "Abschlagen" nicht benötigten Wassers zur Erhöhung des Durchflusses sei unwirtschaftlich und verstieße gegen die Verpflichtung zum Schutz von Grundwasserressourcen nach § 44 LWG. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit sei auch deshalb nicht gegeben, weil der Beklagte im Vertrauen auf die Vollversorgung aller Anschlusspflichtigen die Anlage ausgebaut habe. Unter Inanspruchnahme von öffentlichen Zuwendungen in Höhe von 680.018,20 Euro sei unter anderem die Trinkwasserversorgung in L. erweitert und das Wasserwerk in S. umgebaut worden. Die Klägerin sei aus demselben Grund nicht schutzwürdig. Außerdem sei die Steigerung des Trinkwasserpreises bei Befreiung sämtlicher landwirtschaftlicher Betriebe im Versorgungsgebiet, nach den damaligen Preisen um fast 50%, für die verbleibenden Abnehmer unerträglich hoch und entspreche nicht mehr der Gebührenstruktur im mittleren Teil Mecklenburg-Vorpommerns. Aber auch die Steigerung des Wasserpreises um 25%, die sich aus der Teilbefreiung der Klägerin einschließlich aller Mehrbelastungen für den Beklagten ergäbe, führe dazu, dass der Wasserpreis des Beklagten um diesen Anteil die Preise des Umlandes überstiege. Dies würde erhebliche Nachteile für die Ansiedlungspolitik des Beklagten zur Folge haben.

12

Der Beklagte beantragt,

13

das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin - 3. Kammer - vom 28. Oktober 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

14

Die Klägerin beantragt,

15

die Berufung zurückzuweisen.

16

Sie macht geltend: Ein Vorverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Bereits mit dem Ablehnungsbescheid vom 14. März 2001 sei der Befreiungsantrag der Klägerin zutreffend als Antrag auf Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang für die Brauchwasserversorgung nicht nur zur Durchführung einer Probebohrung, für die es keiner Befreiung bedürfe, ausgelegt worden. Auch der Widerspruchsbescheid umfasse dieses Begehren. Im Übrigen schließt sie sich der Begründung des erstinstanzlichen Urteils, insbesondere zur wirtschaftlichen Zumutbarkeit an und vertieft: Die von ihr begehrte Teilbefreiung könne nicht kausal zu einer Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung in den Ortschaften T., D. und Neu-Z. führen, weil die Wasserleitung - wie sich nunmehr gezeigt habe - an der Hofstelle der Klägerin ende. Zudem führe zu ihrem Betrieb nur eine 100er-Az-Versorgungsleitung. Der Beklagte nehme mit der Wasserführung über die gesondert verlaufende 200er-Az-Leitung über 6 km zu den wenigen Abnehmern in den auswärtigen Ortschaften eine erheblich höhere Verweildauer des Trinkwassers in der Wasserleitung in Kauf. Auch die Klägerin sei in der Lage, einen Brunnen mit angemessener Brauchwasserqualität zu betreiben. Dem Beklagten sei bereits seit Anfang 2001 bekannt gewesen, dass die Klägerin die Teilversorgung über einen eigenen Brunnen beabsichtigte. Hierauf habe er sich durch Änderung des bis dahin nicht beschiedenen Fördermittelantrags einstellen können. Darüber hinaus umfasse der Zuwendungsbescheid vom 18. Mai 2001 nach seinem Zuwendungszweck nicht lediglich den Umbau des Wasserwerkes S., sondern außerdem die Erweiterung des Wasserwerks L. und der Anschlüsse Gremmelin und Reinshagen. Die Instandsetzung des Wasserwerks S. sei ausweislich des Zuwendungsbescheides und der zugrundeliegenden Entwurfs- und Genehmigungsplanung dadurch gekennzeichnet, dass korrodierte Ausrüstungen, zwei Reinwasserbehälter und Verbindungsleitungen ausgewechselt werden sollten. Zusätzlich sollte durch Umzäunung und Herstellung von Außenanlagen die Sicherheit des Wasserwerks S. erhöht werden. Alte Wassererfassungen sollten stillgelegt werden. Die Annahme des Beklagten, der Tageswasserverbrauch der Klägerin sei einem 4-Personenhaushalt gleichzustellen, gehe fehl. Die Klägerin würde mit 17 Nutzern voraussichtlich 2.329 l/d Wasser täglich verbrauchen. Damit würde ein Wasseraustausch in der bestehenden Leitung nach 2,5 Tagen erreicht werden, der hygienisch unproblematisch sei. Eine Steigerung des Wasserpreises um 24 % sei nicht wirtschaftlich unzumutbar. Hinzu komme, dass nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, ohnehin Verschiebungen der Preisstruktur erfolgt seien, die zu einer geringeren Steigerung der Preise führten. Im Übrigen sei es unzutreffend, dass damit zugleich um denselben Prozentsatz die Preise der Wasserversorgung im Umkreis überschritten würden. Folgeanträge anderer landwirtschaftlicher Betriebe seien schon wegen der Höhe der Kosten für die Errichtung eines Brunnens, die sich auf etwa 30.000 EUR beliefen, nicht hinreichend wahrscheinlich. Auch im Rahmen einer Ermessensentscheidung stünden dem Begehren der Klägerin damit weder Gründe der Volksgesundheit noch der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit entgegen.

17

Zwischenzeitlich ist die "Wasserversorgungssatzung der Gemeinde L. für das Gebiet der Gemeinden L. und Langenhagen (WVS)" vom 27. Oktober 2008 (WVS 2008) in Kraft getreten. Deren § 6 "Befreiung vom Anschluss oder Benutzungszwang" lautet auszugsweise:

18

(1) Von der Verpflichtung zum Anschluss oder zur Benutzung kann auf Antrag des Grundstückseigentümers ganz oder zum Teil befreit werden, wenn einerseits für den Grundstückseigentümer der Anschluss oder die Benutzung aus besonderen Gründen nicht zumutbar ist und andererseits der Befreiung dringende öffentliche Bedürfnisse, insbesondere die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Befreiung für den Versorgungsbetrieb, nicht entgegenstehen.

19

(2) Über die Befreiungsanträge wird nach pflichtgemäßen Ermessen und unter besonderer Berücksichtigung des Allgemeinwohls, insbesondere einer wirtschaftlichen Wasserversorgung entschieden.

20

Ein Meditationsverfahren ist erfolglos durchgeführt worden.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

23

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

24

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Befreiung vom Benutzungszwang der öffentlichen Wasserversorgungsanlage hinsichtlich des für ihren landwirtschaftlichen Betrieb benötigten Brauchwassers zum Tränken der Tiere und Reinigung der Stallanlage (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

25

I. Die von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage ist zulässig, insbesondere stehen die §§ 68 ff. VwGO nicht entgegen. Bereits dem Antrag der Klägerin vom 9. März 2001 ist - trotz des Zusatzes "zur Durchführung einer weiteren Probebohrung" - ein Begehrten auf dauerhafte Befreiung vom Benutzungszwang für das für die Tiertränke und die Stallreinigung benötigte Brauchwasser zu entnehmen. Dies ergibt sich bei Zugrundelegung des erforderlichen Auslegungsmaßstabs des objektiven Empfängerhorizonts aus dem eindeutigen Betreff des Antragsschreibens, der Formulierung, "bitten wir um eine Teilbefreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang von der Versorgung mit Brauchwasser" wie auch daraus, dass für eine Probebohrung eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nicht erforderlich ist. Der Beklagte legte diese Sichtweise auch seinem Bescheid vom 14. März 2001 zugrunde. Sämtliche Ausführungen in dem Verwaltungsakt beziehen sich auf ein dauerhaftes Befreiungsbegehren. Dementsprechend hat die Klägerin auch ihr Widerspruchsbegehren mit Schreiben vom 9. April 2001 i.S. eines umfassenden Rechtsschutzziels formuliert. Nichts anderes gilt für die ausdrückliche Tenorierung im Widerspruchsbescheid vom 17. September 2001. Letztlich hat sich der Beklagte mit seiner Klagerwiderung vorbehaltlos auf das umfassende Klagbegehren eingelassen und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er dem Begehren der Klägerin nicht abhelfen will, so dass auch aus prozessökonomischen Gründen die Durchführung eines förmlichen Vorverfahrens hier entbehrlich wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 02.09.1983 - 7 C 97/81 -, zit. nach juris Rn. 9).

26

Unerheblich ist, ob die Klägerin zum Betrieb ihres Brunnens einer wasserrechtlichen Ausnahmegenehmigung bedarf und eine solche auch erhält. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die Klägerin nach § 33 Abs. 1 Satz 1 WHG aus ihrem Brunnen gefördertes Wasser für einen landwirtschaftlichen Hofbetrieb im Sinne der Vorschrift erlaubnisfrei nutzen darf. Selbst wenn die Klägerin eine wasserrechtliche Genehmigung benötigen sollte, eine solche Zulassung jedoch nicht erhielte, würde sie die Beschränkung ihrer Benutzungspflicht lediglich nicht in Anspruch nehmen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.04.1988 - 7 B 54/88 - zit. nach juris Rn. 3). Auch eine ggf. erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis wäre für die Klägerin ohne Nutzen, wenn sie die hier im Streit befindliche Befreiung vom Benutzungszwang nicht erhielte. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin unter keinen Umständen berechtigt sein wird, selbstgefördertes Brunnenwasser zu dem angegebenen Zweck zu verwenden, so dass ihr allgemeines Rechtsschutzbedürfnis entfallen würde, bestehen - auch angesichts der bei den Akten befindlichen Schreiben der unteren Wasserbehörde - nicht. Besondere Vorschriften, die für die Viehtränke und erst recht die Stallreinigung Wasser in Trinkwasserqualität verlangen, sind nicht ersichtlich (vgl. VGH München, Urt. v. 26.04.2007 - 4 B 05.579 -, zit. nach juris Rn. 25).

27

II. Die Klage ist auch begründet.

28

Die Klägerin hat einen Anspruch auf die begehrte Teilbefreiung vom Benutzungszwang für Trinkwasser; insbesondere ist die Befreiung für den Beklagten wirtschaftlich zumutbar.

29

Das Befreiungsbegehren der Klägerin ist hinreichend bestimmt und damit einer Teilbefreiung zugänglich. Die Klägerin hat die Teilbefreiung vom Trinkwasserbezug hinsichtlich des Brauchwassers beantragt, das sie zum Tränken der Tiere und für die Stallreinigung auf ihrem landwirtschaftlichen Hof benötigt. Zusätzlich hat sie sich in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Beklagten verpflichtet, für den Fall der Befreiung 5.000 cbm Trinkwasser/jährlich abzunehmen.

30

1. Anspruchsgrundlage für die begehrte Befreiung ist § 6 WVS 2008.

31

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass bei der Entscheidung über Verpflichtungs- und Bescheidungsklagen grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz maßgeblich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.06.2003 - 4 B 14/03 -, zit. nach juris Rn. 9, m.w.N.). So ist mangels einer abweichenden materiellrechtlichen Regelung auch hier auf die aktuelle Wasserversorgungssatzung abzustellen.

32

Nach § 6 Abs. 1 WVS 2008 kann auf Antrag des Grundstückseigentümers ganz oder zum Teil von der Verpflichtung zum Anschluss oder zur Benutzung befreit werden, wenn einerseits für den Grundstückseigentümer der Anschluss oder die Benutzung aus besonderen Gründen nicht zumutbar ist und andererseits der Befreiung dringende öffentliche Bedürfnisse, insbesondere die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Befreiung für den Versorgungsbetrieb, nicht entgegenstehen. Nach § 6 Abs. 2 WVS 2008 wird nach pflichtgemäßem Ermessen und unter besonderer Berücksichtigung des Allgemeinwohls, insbesondere einer wirtschaftlichen Wasserversorgung über Befreiungsanträge entschieden. § 6 Abs. 3 Satz 2 WVS 2008 schließlich eröffnet die Befugnis, die Befreiung befristet, unter Bedingungen, Auflagen und Widerrufsvorbehalt zu erteilen.

33

2. Die angefochtene Ablehnung des Befreiungsantrags der Klägerin widerspricht diesen entsprechend höherrangigem Bundesrecht auszulegenden Rechtsvorschriften.

34

Die Wasserversorgungssatzung des Beklagten beruht auf der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 15 Abs. 1 KV MV. Hiernach kann die Gemeinde für die Grundstücke ihres Gebiets durch Satzung den Anschluss u.a. an die Wasserversorgung und die Benutzung dieser Einrichtungen vorschreiben, wenn ein dringendes öffentliches Bedürfnis dafür besteht. Ein dringendes öffentliches Bedürfnis kann danach nicht ausschließlich mit der Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Einrichtung begründet werden. Nach § 15 Abs. 2 KV MV kann die Satzung Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang vorsehen. Hiervon hat der Beklagte durch die grundsätzliche Normierung eines Anschluss- und Benutzungszwangs mit Befreiungsmöglichkeit in § 6 Abs. 1 WVS 2008 Gebrauch gemacht. § 6 Abs. 1 sieht auf tatbestandlicher Ebene die Befreiung auch vom Benutzungszwang vor, wenn dringende öffentliche Bedürfnisse, insbesondere die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Befreiung für den Versorgungsbetrieb nicht entgegenstehen. Damit wird zugleich dem Freistellungsanspruch aus §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 35 Abs. 1 AVBWasserV Rechnung getragen. § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV schreibt vor, dass das Wasserversorgungsunternehmen dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen hat, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Entsprechendes gilt nach § 35 Abs. 1 AVBWasserV auch für öffentlich-rechtliche Versorgungsverhältnisse.

35

a) Es kann dahingestellt bleiben, ob die in § 6 Abs. 1 WVS 2008 geregelte Voraussetzung, dass die Benutzung dem Grundstückseigentümer aus besonderen Gründen nicht zumutbar sein darf, mit höherrangigem Recht, insbesondere mit den §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 35 AVBWasserV vereinbar ist, wogegen einiges spricht. Denn mit Rücksicht auf die Kostenersparnis, die sich für die Klägerin aus der Nutzung des eigenen Brunnens ergibt, ist diese Voraussetzung hier jedenfalls erfüllt und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

36

b) Die begehrte Befreiung vom Brauchwasserbezug ist für den Beklagten nicht wirtschaftlich unzumutbar.

37

Wirtschaftlich unzumutbar i.S. des § 3 Abs. 1 AVBWasserV ist jedenfalls eine Befreiung vom Benutzungszwang, die zu für den Verbraucher nicht mehr tragbaren Wasserpreisen führen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.04.1986 - 7 C 50/ 83 -, zit. nach juris Rn. 13). Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass § 3 Abs. 1 AVBWasserV einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer stabilen und kostengünstigen Wasserversorgung und den Individualinteressen des Grundstückseigentümers herstellen soll. Dementsprechend liegt ein dringendes öffentliches Bedürfnis für den Zwang zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgung dann vor, wenn die Trinkwasserversorgung selbst davon abhängt, weil etwa nur auf diese Weise die erforderlichen Durchsatzmengen gewährleistet bleiben oder andernfalls die finanziellen Kapazitäten des Wasserversorgers überschritten werden und eine Wasserversorgung der Allgemeinheit zu erträglichen Preisen nicht mehr möglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.04.1986, a.a.O. Rn. 11). Insoweit kommt es auf die wirtschaftliche Leistungskraft des Wasserversorgers und auf das Verhältnis des infolge der Befreiung zu erwartenden Wasserpreises zum bisherigen Preisniveau an (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.05.1988 - 7 B 84/88 -, zit. nach juris Rn. 6; VGH Mannheim, Urt. v. 28.05.2009 - 1 S 1173/08 -, zit. nach juris Rn. 41). Den Träger der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung trifft insoweit die Darlegungslast (VGH München, Urt. v. 26.04.2007 - 4 B 05.579 -, zit. nach juris Rn. 27; OVG Koblenz, Urt. v. 30.05.1995 - 7 A 12843/94 -, zit. nach juris Rn. 32).

38

aa) Eine hygienisch unvertretbare Durchsatzmenge infolge einer Befreiung der Klägerin vom Brauchwasserbezug kann nicht angenommen werden.

39

Soweit der Beklagte vorgetragen hat, dass die Trinkwasserqualität in den Ortsteilen T., D. und Neu Z. infolge einer Befreiung der Klägerin vom Benutzungszwang leide, lässt sich dieser Vortrag nach dem im Berufungsverfahren offenbar gewordenen Leitungsverlauf nicht mehr nachvollziehen. Die Klägerin wird ausweislich des vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Leitungsplans über eine vom Wasserwerk S. durch den Ort verlaufende 100er-Az-Leitung versorgt. Sie ist letzter Abnehmer an dieser Leitung. Die benannten Ortschaften in einigen Kilometern Entfernung werden über eine gesondert vom Wasserwerk aus geführte 200er-Az-Leitung beliefert. Auswirkungen auf die Trinkwasserqualität in den entfernter gelegenen Ortschaften aufgrund einer Verringerung der Fließgeschwindigkeit in der die Klägerin versorgenden Leitung sind daher nicht ersichtlich.

40

Auch führt die begehrte Befreiung der Klägerin nicht zu hygienisch unverträglichen Bedingungen der Trinkwasserversorgung in der Ortschaft S.. Ausweislich der Entwurfs- und Bedarfsplanung, die dem Antrag auf Bewilligung von Fördermitteln u.a. für den Umbau des Wasserwerks S. zugrunde lag, besteht im Versorgungsbereich des Wasserwerks unter Abzug des Bedarfs für landwirtschaftliche Betriebe ein spezifischer Bedarfswert pro Einwohner von 137 l/d. Unter Zugrundelegung der klägerischen Angaben, dass auf ihrem Hof 17 Personen zu versorgen sind, ergibt sich daraus ein spezifischer Bedarf der Klägerin an Trinkwasser allein für diese Personen von 2329 l/d. Nach den Angaben des Beklagten zum Rohrinhalt der Versorgungsleitung bis zur Abnahmestelle der Klägerin beträgt dieser vom Wasserwerk bis zur Einmündung der Straße Dorfplatz, wo sich die letzten Abnehmer im Dorf befinden, 2728 l und weiter bis zum Übergabeschacht an dem klägerischen Grundstück nochmals 5596 l. Allein die Abnahme von Trinkwasser für die auf dem Hof wohnenden Familienangehörigen des Klägers und die 14 Mitarbeiter, die aufgrund des Einsatzes in der Nahrungsmittelproduktion einen erhöhten Wasserbedarf haben, führt zu einem Wasseraustausch nach 2,4 Tagen auf einer Rohrlänge von 712 m nach dem letzten Abnehmer im Dorf. Nach den rechtlich unverbindlichen Empfehlungen im Arbeitsblatt des Deutschen Verbandes des Gas- und Wasserfachs, Technische Regel, Arbeitsblatt W 400-1 S. 39, das als Richtwert empfiehlt, Fließgeschwindigkeiten von 432 m/d nicht zu unterschreiten, wäre damit zwar der auf einer solchen Streckenlänge empfohlene Wasseraustausch nach 1,65 Tagen überschritten. Dass sich dadurch Trübungen und Verfärbungen, Geschmacksbeeinträchtigungen, Ablagerungen oder Verkeimungen im Einzelfall ergeben können - dies dürfte insbesondere auch von dem Zustand der Rohre, der Verlegungstiefe, der Wasserqualität und weiterer Standortfaktoren abhängen - ist schon nicht hinreichend dargelegt. Vielmehr stellt sich die Trinkwasserqualität nach einem Untersuchungsbericht der Aqua Service Schwerin von Ende 2001 als einwandfrei dar. In dem Bericht heißt es ausdrücklich, dass die entnommenen chemisch-mikrobiologischen Wasserproben sowohl im Wasserwerksausgang wie auch bei Ankunft im landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprechen. Dass ggf. ungünstigen Veränderungen der Trinkwasserqualität durch eine höhere Verweildauer des Wassers in der Versorgungsleitung bis zur Abnahmestelle der Klägerin nicht auch auf anderem (verhältnismäßigem) Wege, insbesondere durch eine Reduzierung des Leitungsquerschnitts auf dem Teilstück nach dem letzten Abnehmer im Dorf begegnet werden könnte, ist nicht ersichtlich und von dem Beklagten auch nicht behauptet. Da schon bei einer Abnahme von 3500 l/d durch die Klägerin exakt die Richtwerte des DVGW zur Fließgeschwindigkeit eingehalten würden, ist dem ohne jegliche Substantiierung durch den Beklagten von diesem aufrechterhaltenen Vortrag bei einer Abnahme von 5000 cbm jährlich nicht weiter nachzugehen.

41

bb) Die Befreiung der Klägerin führt auch nicht zu einer unerträglichen Erhöhung der Verbrauchsgebühr für Trinkwasser.

42

Auf der Grundlage der Ausführungen des Beklagten stünde allenfalls eine Erhöhung der Verbrauchsgebühr um 24 % in Rede.

43

Dass weitere oder gar sämtliche landwirtschaftliche Betriebe im Einzugsbereich des Beklagten gleichfalls Ansprüche auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang geltend machen, ist nicht hinreichend wahrscheinlich dargetan. Zwar ist der Beklagte aus Gründen der Gleichbehandlung gehalten, auch Folgeanträge in die Betrachtung mit einzubeziehen. Es ist aber erforderlich, dass solche Anträge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit absehbar sein müssen (VGH Mannheim, Urt. v. 28.05.2009 -1 S 1173/08 -, zit. nach juris Rn. 38 m.w.N.). Dafür ist - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nichts ersichtlich. Auch das Berufungsvorbringen gibt dafür nicht mehr her.

44

Im Übrigen bestünde bereits satzungsrechtlich für den Beklagten die Möglichkeit, sich für den Fall der Überschreitung der Zumutbarkeitsgrenze in der Zukunft, Handlungsspielräume offen zu halten, indem die Befreiung vom Benutzungszwang gemäß § 6 Abs. 3 WVS 2008 mit einer Nebenbestimmung, insbesondere einem Widerrufsvorbehalt versehen werden kann (VGH München, Urt. v. 26.04.2007 - 4 B 05.579 -, zit. nach juris Rn. 29)

45

Die Verbrauchsgebühr beträgt ausweislich der aktuellen Trinkwassergebührensatzung des Beklagten 1,43 EUR (brutto). Selbst bei einer Erhöhung um 24 % - so sie denn durch die Befreiung der Klägerin vom Benutzungszwang überhaupt erforderlich würde - beliefe sich der Wasserpreis auf 1,77 EUR. Damit würden nicht einmal die Mengengebühren der im Wesentlichen im Landkreis Güstrow versorgenden Wasserverbände in Höhe von 1,80 EUR (WAZ Güstrow-Bützow-Sternberg) und 1,98 EUR (Warnow-Wasser- und Abwasserzweckverband) erreicht.

46

Es kommt damit ersichtlich nicht darauf an, was im Rahmen der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit einzustellen wäre, ob einer wirtschaftlich unzumutbaren Erhöhung der Verbrauchsgebühr nicht ggf. durch einen Ausgleich des Wasserpreises im Rahmen ordnungsgemäßer Kalkulation mittels Verschiebung des Verhältnisses zwischen Grund- und Verbrauchsgebühr zu begegnen wäre (vgl. VGH München, Urt. v. 26.04.2007 - 4 B 05.579 -, zit. nach juris Rn. 32).

47

cc) Schließlich verhilft auch das Vorbringen des Beklagten, es seien im Vertrauen auf den Wasserversorgungsbedarf der Klägerin subventionierte Investitionen in die Erweiterung des Wasserversorgungswerks S. getätigt worden, nicht zum Erfolg des Rechtsmittels.

48

Es kann dahingestellt bleiben, ob ein derartiger Vertrauensschutz über § 242 BGB analog angesichts des Freistellungsanspruchs aus §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 35 Abs. 1 AVBWasserV überhaupt Berücksichtigung finden kann. Denn der Fördermittelbescheid, auf den der Beklagte in diesem Zusammenhang verweist, ist erst unter dem 18. Mai 2001, also zeitlich nach dem von der Klägerin gestellten Teilbefreiungsantrag ergangen. Ein etwaiges Vertrauen des Beklagten war damit jedenfalls erschüttert. Davon unabhängig ist der Teil des geförderten Vorhabens, der sich auf die Wasserversorgung durch das Wasserwerk S. bezieht, ausweislich der Entwurfs- und Genehmigungsplanung nicht als Erweiterung der Kapazität, sondern im Wesentlichen als Umbau zur Erhöhung der Versorgungssicherheit beschrieben, der vornehmlich durch Sanierungsarbeiten an stark korrodierten Ausrüstungen des aus dem Jahr 1965 stammenden Wasserwerks gekennzeichnet ist.

49

3. Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Teilbefreiung in dem begehrten Umfang und nicht lediglich auf Neubescheidung.

50

Soweit in § 6 Abs. 2 WVS 2008 dem Beklagten eine Ermessensentscheidung dergestalt eingeräumt wird, als über die Befreiungsanträge nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls, insbesondere einer wirtschaftlichen Wasserversorgung zu entscheiden ist, läuft diese Regelung hier jedenfalls leer.

51

Denn über die §§ 3, 35 AVBWasserV ergibt sich ein Freistellungsanspruch der Klägerin. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts "muss" die Gemeinde nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 1 AVBWasserV bei der Ausgestaltung des satzungsrechtlichen Benutzungszwangs dem Wunsch des Grundeigentümers, den Wasserbezug auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken, in den Grenzen des wirtschaftlich Zumutbaren Rechnung tragen (BVerwG, Beschl. v. 24.09.1987 - 7 B 49/87 -, zit. nach juris Rn. 3, m.w.N.). Der Grundsatz der gesetzeskonformen Auslegung von Satzungsbestimmungen gebietet hier, die Befreiungsmöglichkeit so zu interpretieren, dass den bundesrechtlichen Anforderungen aus § 3 Abs. 1 AVBWasserV ausreichend Rechnung getragen wird (vgl. auch VGH München, Urt. v. 26.04.2007 - 4 B 05.579 -, zit. nach juris Rn. 31).

52

a) Die Ermessensregelung des § 6 Abs. 2 WVS 2008 ist nicht schon deshalb unanwendbar, weil es sich bei der Befreiungsregelung um eine sog. Kopplungsnorm handelt.

53

Bei den ortsrechtlichen Regelungen des § 6 Abs. 1 und Abs. 2 WVS 2008 handelt es sich um Koppelungsvorschriften. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass die Vorschriften auf der Tatbestandsseite einen unbestimmten Rechtsbegriff und auf der Rechtsfolgenseite eine Ermessensermächtigung enthalten (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2009, § 7 Rn. 48 f.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 40 Rn. 36 m.w.N.). Es ist nicht begriffsnotwendig, diese Ermächtigung dahingehend auszulegen, dass sie die Ermessensausübung der Verwaltung für den Regelfall in eine bestimmte Richtung festlegt. Aus der Qualifizierung einer Norm als Koppelungsvorschrift kann für sich allein nämlich nicht schon auf ein intendiertes, d.h. ein auf ein bestimmtes Ergebnis ausgerichtetes Ermessen geschlossen werden.

54

b) Etwas anderes gilt aber dann, wenn - wie hier - bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs bereits ein großer Teil der Gesichtspunkte zu berücksichtigen ist, die auch Bedeutung für die Ermessensausübung haben, und sich damit bei der Normanwendung Überschneidungen zwischen der Tatbestands- und der Rechtsfolgenseite ergeben. Die Feststellung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm gegeben sind, bedeutet in diesen Fällen zugleich, dass der Behörde für die Ausübung ihres Ermessens nur noch ein entsprechend eingeschränkter Spielraum verbleibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.1988 - 8 C 69.86 -, BVerwGE 79, 274).

55

Dies führt hier jedenfalls dazu, dass die Aspekte der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit, die bereits auf der Tatbestandsseite Eingang in die Prüfung eines Befreiungsanspruchs gefunden haben, nicht erneut im Rahmen einer - nur eingeschränkt überprüfbaren - Ermessensentscheidung und zudem nach milderen Maßstäben Berücksichtigung finden können. Das Ermessen ist hier jedenfalls intendiert.

56

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

57

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 132 Abs. 2 VwGO).

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. April 2015 - 3 K 1285/15 - teilweise geändert und der Antrag insgesamt abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Verfahren im ersten Rechtszug wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - auf 5.000,-- EUR, derjenige für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die von der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe geben dem Senat Veranlassung, den Beschluss des Verwaltungsgerichts teilweise zu ändern und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung beziehungsweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21.01.2015 insgesamt abzulehnen. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich der Nummern 1, 2, 4 und 5 des Bescheids, soweit sich diese auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx erstrecken, wiederhergestellt und hinsichtlich der Nummern 3 und 6 des Bescheids angeordnet.
Die vom Senat im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung fällt zu Ungunsten des Interesses der Antragstellerin aus, vom Vollzug der Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht, soweit diese das Grundstück Flst.-Nr. xxx betreffen, einstweilen verschont zu bleiben. Das Aufschubinteresse der Antragstellerin überwiegt nicht das öffentliche Vollzugsinteresse, weil nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen, aber auch ausreichenden Prüfung der Sach- und Rechtslage (auch) diese Anordnungen voraussichtlich rechtmäßig sind (1.) Auch die Zwangsgeldandrohungen dürften rechtlich nicht zu beanstanden sein (2.).
1. Die Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht für das Grundstück Flst.-Nr. xxx dürften auf Grundlage von § 3 Abs. 1 und 3 der Satzung der Antragsgegnerin über die öffentliche Abwasserbeseitigung - Abwassersatzung (AbwS) - vom 10.12.2012, geändert durch Satzung vom 09.12.2014, rechtmäßig ergangen sein. Danach sind die Eigentümer von Grundstücken, auf denen Abwasser anfällt, nach näherer Bestimmung der Satzung berechtigt und verpflichtet, ihre Grundstücke an die öffentlichen Abwasseranlagen anzuschließen, diese zu benutzen und das gesamte auf den Grundstücken anfallende Abwasser der Antragsgegnerin im Rahmen des § 45b Abs. 1 und 2 WG (a.F.) zu überlassen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AbwS). Bebaute Grundstücke sind anzuschließen, sobald die für sie bestimmten öffentlichen Abwasseranlagen betriebsfertig hergestellt sind (§ 3 Abs. 3 Satz 1 AbwS). Diese Voraussetzungen dürften hinsichtlich des Grundstücks der Antragstellerin Flst.-Nr. xxx erfüllt sein.
a) Die Regelungen in § 3 Abs. 1 und 3 AbwS sind gültig und dürften rechtlich nicht zu beanstanden sein. Sie dürften ihre Grundlage in § 11 GemO und § 45b Abs. 4 WG a.F. (jetzt § 46 Abs. 4 und 5 WG) finden.
§ 11 Abs. 1 Satz 1 GemO ermächtigt die Gemeinden, bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebiets unter anderem den Anschluss an der Abwasserbeseitigung dienende gemeindliche Einrichtungen (Anschlusszwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen (Benutzungszwang) vorzuschreiben; die Satzung kann bestimmte Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zulassen und ihn auf bestimmte Teile des Gemeindegebiets oder auf bestimmte Gruppen von Grundstücken, Gewerbetrieben oder Personen beschränken (§ 11 Abs. 2 GemO). § 11 GemO ist eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Spezialermächtigung, die als landesrechtliche Eingriffsgrundlage aus Gründen der Volksgesundheit Eingriffe in die Grundrechte der Grundstückseigentümer oder der sonst zur Nutzung des Grundstücks Berechtigten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG legitimieren kann (Senat, Urt. v. 20.09.2013 - 1 S 3072/11 -, VBlBW 2013, 73 m.w.N.). Im vorliegenden Zusammenhang ermöglicht sie den nach Wasserrecht grundsätzlich zur Abwasserbeseitigung verpflichteten Körperschaften (§ 56 WHG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 WG), diese Verpflichtung zu erfüllen (vgl. zu Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayGemO: BayVfGH, Entsch. v. 10.11.2008 - Vf. 4-VII-06 -, NVwZ 2009, 298). Der Anschluss- und Benutzungszwang wird durch die Überlassungspflicht desjenigen, bei dem das Abwasser anfällt, gegenüber dem Beseitigungspflichtigen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WG) ergänzt (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 1a; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 28.10.1994 - 23 N 90.2272 -, NVwZ-RR 1995, 345). Nach § 46 Abs. 4 Satz 1 WG gestalten die Gemeinden die Überlassungspflicht durch Satzung aus, indem sie regeln, unter welchen Voraussetzungen Abwasser als angefallen gilt und in welcher Weise und Zusammensetzung ihr das Abwasser zu überlassen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.05.1995 - 2 S 2568/92 -, juris). Darüber hinaus können sie Ausschlüsse von der Abwasserbeseitigung festlegen (§ 46 Abs. 4 Satz 2 WG) sowie Ausnahmen von der Überlassungspflicht vorsehen (§ 46 Abs. 5 Satz 1 WG).
Die der geordneten Abwasserbeseitigung dienenden Ermächtigungen in § 11 GemO und § 46 Abs. 4 und 5 WG beziehen sich im Grundsatz nicht nur auf Schmutzwasser, also durch Gebrauch in seinen Eigenschaften verändertes und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG), sondern auch auf Niederschlagswasser, das aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließt (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG). Für die Überlassungspflicht folgt dies bereits daraus, dass § 46 WG zur Ausführung und Ergänzung des § 56 WHG an den in § 54 Abs. 1 WHG definierten Begriff „Abwasser“ anknüpft, ohne diesem einen abweichenden Bedeutungsgehalt zuzuweisen; zudem besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die durch Art. 1 des Gesetzes vom 03.12.2013 (GBl. S. 389) neugefassten Regelungen der Abwasserbeseitigung auf einen anderen Gegenstand beziehen wollte als die das Niederschlagswasser aus bebauten oder befestigten Flächen ausdrücklich einbeziehenden (§ 45a Abs. 3 WG a.F.) bisherigen Vorschriften (vgl. LT-Drs. 15/3760, S. 142 ff.). Aber auch der Begriff „Abwasserbeseitigung“ in § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO umfasst neben den üblichen Arten von Schmutzwasser das Niederschlagswasser von bebauten und befestigten Flächen. Angesichts des vom Normgeber vorgefundenen Erscheinungsbilds kommunaler Abwasserbeseitigungsanlagen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 3 m.w.N.) hätte es eines ausdrücklichen Ausschlusses des Niederschlagswassers als Gegenstand des Anschluss- und Benutzungszwangs bedurft, wenn dieses von vornherein hätte außer Betracht bleiben sollen (vgl. zu Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayGemO: BayVGH, Urt. v. 28.10.1994, a.a.O.). Gegen die prinzipielle Einbeziehung des Niederschlagswassers in den Anschluss- und Benutzungszwang bestehen keine rechtlichen Bedenken, soweit durch das Erfordernis des öffentlichen Bedürfnisses im Sinn des § 11 Abs. 1 GemO sichergestellt ist, dass die Einleitung des Niederschlagswassers in eine Sammelkanalisation nicht den Vorrang vor anderen Arten seiner schadlosen Beseitigung, etwa der Versickerung oder der Einleitung in oberirdische Gewässer, genießt (vgl. BayVfGH, Entsch. v. 10.11.2008, a.a.O.).
Allerdings nimmt § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WG Niederschlagswasser, welches dezentral beseitigt wird, von der Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden aus, es sei denn die Gemeinde hat den Anschluss an Anlagen der dezentralen Beseitigung oder der öffentlichen Abwasserbeseitigung für nach dem - am 01.01.2014 erfolgten - Inkrafttreten dieses Gesetzes bebaute Grundstücke angeordnet. Soweit die Gemeinde nicht zur Beseitigung verpflichtet ist, hat derjenige das Abwasser zu beseitigen, bei dem es anfällt (§ 46 Abs. 2 Satz 2 WG). Der eine Beseitigungspflicht der Gemeinde notwendig voraussetzenden Überlassungspflicht nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WG wird dadurch die Grundlage entzogen. Auch für einen Anschluss- und Benutzungszwang nach § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO ist in diesem Umfang kein Raum (mehr). Denn mit dem Wegfall der Beseitigungspflicht entfällt nicht nur die Pflichtaufgabe der Gemeinde (zur Abwasserbeseitigung), sondern auch die Aufgabe der Abwasserbeseitigung überhaupt als öffentliche Aufgabe der Gemeinde (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 1a; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.11.2007 - 12 B 32.07 -, juris).
Die Abwassersatzung der Antragsgegnerin trägt dem Rechnung, indem trotz genereller Einbeziehung des Niederschlagswassers in den Anwendungsbereich der Satzung (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwS) Anschlusszwang sowie Benutzungs- und Überlassungspflicht nach § 3 Abs. 1 AbwS nur „im Rahmen des § 45b Abs. 2 WG (a.F.)“ bestehen, dessen Satz 1 Nr. 3 ebenfalls vorgesehen hatte, dass für dezentral beseitigtes Niederschlagswasser die Pflicht der Gemeinden zur Abwasserbeseitigung entfällt. Ob die Antragsgegnerin eine Anschlussanordnung im Sinn des § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 WG getroffen hat, ist demgegenüber unerheblich, da das streitgegenständliche Grundstück vor dem 01.01.2014 bebaut worden ist.
b) Nach diesen rechtlichen Vorgaben dürften die Voraussetzungen des Anschluss- und Benutzungszwangs und der Abwasserüberlassungspflicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AbwS (auch) für das Grundstück Flst.-Nr. xxx erfüllt sein (vgl. zur grundstücksbezogenen Anknüpfung des Anschluss- und Benutzungszwangs Senat, Urt. v. 28.05.2009 - 1 S 1173/08 -, VBlBW 2009, 338).
10 
Bei dem Grundstück Flst.-Nr. xxx handelt es sich entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts um ein bebautes Grundstück, auf dem Abwasser anfällt. Die Antragsgegnerin hat mit der Beschwerde dargelegt und durch Vorlage eines aktuellen Lageplans und von Lichtbildern glaubhaft gemacht, dass sich auf dem Grundstück eine Scheune befindet; die Antragstellerin ist dem nicht entgegengetreten. Auf dem Grundstück fällt somit jedenfalls von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließendes Wasser (Niederschlagswasser) nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwS an; auch dies hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 07.10.2015 nicht (mehr) in Frage gestellt.
11 
Die Abwasserüberlassungspflicht und der Anschluss- und Benutzungszwang für das Grundstück Flst.-Nr. xxx dürften nicht wegen Wegfalls der Beseitigungspflicht der Antragsgegnerin nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WG entfallen. Denn nach Aktenlage ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen für eine erlaubnisfreie dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers erfüllt.
12 
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der auf Grundlage von § 45b Abs. 3 Satz 3 WG a.F. (jetzt § 46 Abs. 3 WG) erlassenen Verordnung des Umweltministeriums über die dezentrale Beseitigung von Niederschlagswasser (NiedSchlWasBesV) vom 22.03.1999 (GBl. S. 157) wird Niederschlagswasser dezentral eingeleitet, wenn es versickert oder ortsnah in ein oberirdisches Gewässer eingeleitet wird. Für das dezentrale Einleiten von Niederschlagswasser in ein Gewässer zum Zweck seiner schadlosen Beseitigung ist eine Erlaubnis nicht erforderlich, soweit die Bestimmungen der §§ 2 und 3 NiedSchlWasBesV eingehalten werden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 NiedSchlWasBesV), oder wenn die dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers in bauplanungsrechtlichen oder bauordnungsrechtlichen Vorschriften vorgesehen ist (§ 1 Abs. 1 Satz 3 NiedSchlWasBesV). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 NiedSchlWasBesV darf Niederschlagswasser unter anderem erlaubnisfrei versickert werden, wenn es von Dachflächen stammt, mit Ausnahme von Dachflächen in Gewerbegebieten und Industriegebieten sowie Sondergebieten mit vergleichbaren Nutzungen. Schadlos beseitigt wird Niederschlagswasser von Dachflächen, wenn es flächenhaft oder in Mulden auf mindestens 30 cm mächtigem Boden oder über Mulden-Rigolen-Elemente in das Grundwasser versickert wird (§ 2 Abs. 2 Satz 1 NiedSchlWasBesV); Niederschlagswasser von nicht beschichteten oder in ähnlicher Weise behandelten kupfer-, zink- oder bleigedeckten Dächern darf nicht ohne Erlaubnis dezentral beseitigt werden (§ 3 Satz 2 NiedSchlWasBesV). Sind die Anforderungen an die erlaubnisfreie Beseitigung nach den §§ 2 und 3 NiedSchlWasBesV nicht erfüllt, ist das Niederschlagswasser nicht generell von der dezentralen Beseitigung ausgeschlossen; vielmehr ist dann im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren über die Zulassung zur dezentralen Beseitigung zu entscheiden, soweit ein wasserrechtlicher Benutzungstatbestand (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG; § 14 Abs. 1 Nr. 5 WG) verwirklicht ist (vgl. Begründung zur Niederschlagsverordnung vom 22. März 1999, S. 2).
13 
Die Antragstellerin hat nach Hinweis des Berichterstatters auf die vorgenannten Regelungen der Niederschlagswasserverordnung nicht dargetan oder gar glaubhaft gemacht, dass vorliegend die Voraussetzungen für eine erlaubnisfreie dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers erfüllt wären. Der pauschale Vortrag im Schriftsatz vom 07.10.2015, dass das von den Dachflächen des Scheunentrakts abfließende Niederschlagswasser direkt auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx versickern könne, genügt hierfür ersichtlich nicht. Denn es fehlt jede Angabe dazu, ob und gegebenenfalls wie den Anforderungen an eine schadlose Versickerung des Niederschlagswassers nach § 2 Abs. 2 Satz 1 NiedSchlWasBesV Rechnung getragen wird, und dass etwaige hierzu errichtete Anlagen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik hergestellt worden sind und betrieben werden (§ 2 Abs. 3 NiedSchlWasBesV). Insbesondere dem erstinstanzlichen Vortrag, dass die Abwässer aus dem auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx befindlichen Wohnhaus seit vielen Jahren in eine Fäkaliengrube entsorgt würden, lässt sich in dieser Hinsicht nichts entnehmen. Eine wasserrechtliche Erlaubnis zur dezentralen Beseitigung des auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx anfallenden Niederschlagswassers, die Feststellungen zu Art und Weise von dessen Versickerung entbehrlich machte, ist der Antragstellerin nicht erteilt worden. Für eine Verzichtbarkeit der wasserrechtlichen Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Satz 3 NiedSchlWasBesV ist ebenfalls nichts erkennbar.
14 
c) Auch der im Verwaltungsverfahren erhobene Einwand, dass das Grundstück Flst.-Nr. xxx nicht an die xxx angrenze und deshalb nicht erschlossen werden müsse, führt voraussichtlich nicht zu einem Wegfall des Anschluss- und Benutzungszwangs und der Abwasserüberlassungspflicht. Zwar ist Voraussetzung für die Auferlegung eines Anschluss- und Benutzungszwangs für eine Abwasseranlage, dass das Grundstück überhaupt von dieser Anlage erschlossen wird, was wiederum voraussetzt, dass der Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Abwasseranlage der Gemeinde tatsächlich und rechtlich möglich ist (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004 - 1 S 2121/03 - und v. 20.09.2012, a.a.O. , jeweils m.w.N.). Dies dürfte indes hier der Fall sein.
15 
Dass ein Anschluss des Grundstücks Flst.-Nr. xxx an die öffentliche Abwasseranlage aus tatsächlichen Gründen scheitern könnte, ist nicht erkennbar. Bei leitungsgebundenen Einrichtungen besteht eine tatsächliche Anschlussmöglichkeit für ein Grundstück dann, wenn es nahe genug bei der öffentlichen Einrichtung liegt, um unter gewöhnlichen Umständen an diese angeschlossen zu werden; maßgeblich für die Frage, ob eine Anschlussmöglichkeit „unter gewöhnlichen Umständen“ besteht, sind die örtlichen Verhältnisse in der betreffenden Gemeinde (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004 und v. 20.09.2012, jeweils a.a.O.). Hiernach dürfte die tatsächliche Anschlussmöglichkeit für das Grundstück Flst.-Nr. xxx gegeben sein. Denn die betriebsbereite öffentliche Abwasseranlage ist unmittelbar vor dem an die kanalisierte xxx angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. xxx hergestellt, und das weniger als 15 m von der xxx entfernt liegende Hinterliegergrundstück dürfte technisch ohne Weiteres an diese Leitung anschließbar sein. Soweit die Antragstellerin in der Beschwerdeerwiderung pauschal behauptet, der Grundstücksanschluss sei allenfalls zur Aufnahme des Niederschlagswassers der auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx befindlichen Scheune geeignet, sowie die technische Anschlussmöglichkeit des Wohnhauses an die Abwasseranlage in Abrede stellt, hat sie diesen Vortrag weder substantiiert noch gar glaubhaft gemacht.
16 
Auch die rechtliche Anschlussmöglichkeit dürfte im Fall des (Hinterlieger-) Grundstücks Flst.-Nr. xxx gegeben sein, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob die Grundstücke Flst.-Nrn. xxx und xxx eine wirtschaftliche Einheit bilden (vgl. dazu Senat, Urt. v. 20.09.2012, a.a.O.). Ein Hinterliegergrundstück ist rechtlich nur dann an die öffentliche Abwasseranlage anschließbar, wenn das Durchleitungsrecht durch das Zwischengrundstück auf Dauer dinglich gesichert ist, sei es öffentlich-rechtlich in Gestalt einer Baulast oder zivilrechtlich durch eine Grunddienstbarkeit (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004, a.a.O. m.w.N.). Stehen - wie hier - Vorderlieger- und Hinterliegergrundstück im selben Eigentum, ist beim bebauten Hinterliegergrundstück dieses Recht gesichert, wenn im Fall der Veräußerung des Vorderliegergrundstücks an einen Dritten zulasten des Erwerbers ein Notleitungsrecht kraft Gesetzes entsteht (§ 918 Abs. 2 BGB), was voraussetzt, dass die benötigte Entsorgung auf andere Weise nicht erlangt werden kann (vgl. ausf. Senat, Urt. v. 20.09.2012, a.a.O. m.w.N.). Dies dürfte hier der Fall sein. Nach Aktenlage ist das Grundstück Flst.-Nr. xxx wegemäßig auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx angewiesen, da es über keine eigene Verbindung zu einem öffentlichen Weg verfügt.
17 
d) Sonstige Umstände, die dem Anschluss- und Benutzungszwang und der Abwasserüberlassungspflicht für das Grundstück Flst.-Nr. xxx entgegenstehen könnten, sind weder von der Antragstellerin dargetan noch ersichtlich. Soweit sie sinngemäß geltend macht, der Anschluss des Grundstücks Flst.-Nr. xxx an den öffentlichen Abwasserkanal sei ihr wegen der höheren Kosten infolge der Lage des Grundstücksanschlusses in der äußersten Ecke des Grundstücks beim Schuppen wirtschaftlich unzumutbar, berührt dies nicht ihre grundsätzliche Verpflichtung, den Anschluss herzustellen und die öffentliche Abwasserbeseitigung zu benutzen. Gesichtspunkte der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit sind allein bei der Frage zu prüfen, ob eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nach § 5 AbwS zu gewähren ist (vgl. Senat, Urt. v. 20.06.1994 - 1 S 2393/93 -, BWGZ 1995, 33). Ein Befreiungsantrag ist indes nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; im Gegenteil hat die Antragstellerin nach Aktenlage einen solchen Antrag bislang nicht gestellt.
18 
2. Die Zwangsgeldandrohungen in den Nummern 3 und 6 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 21.01.2015 dürften auf Grundlage von § 2 Nr. 2, §§ 19, 20 und 23 LVwVfG ebenfalls rechtmäßig ergangen sein. Insbesondere sind sie voraussichtlich hinreichend bestimmt und hinsichtlich der Höhe der angedrohten Zwangsgelder als verhältnismäßig anzusehen.
19 
§ 20 Abs. 4 LVwVG verlangt, dass die Androhung eines Zwangsgelds „in bestimmter Höhe“ erfolgt. Dem Bestimmtheitsgrundsatz ist genügt, wenn für den Vollstreckungsschuldner erkennbar ist, für welchen Fall der Nichterfüllung einer Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht ihm ein Zwangsgeld in welcher Höhe droht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1995 - 5 S 71/95 -, VBlBW 1996, 65 m.w.N.; vgl. auch OVG Saarland, Beschl. v. 06.10.2014 - 2 B 348/14 -, NVwZ-RR 2015, 101). Diese Voraussetzungen dürften hier erfüllt sein, obgleich die Antragsgegnerin zur Durchsetzung der sich auf beide Grundstücke der Antragstellerin beziehenden Handlungsgebote in den Nummern 1 (Anschlusszwang) und 4 (Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht) des angefochtenen Bescheids jeweils nur ein einheitliches Zwangsgeld in Höhe von 3.500,-- EUR beziehungsweise 250,-- EUR angedroht hat. Denn der Wortlaut der Zwangsgeldandrohungen und die Höhe der angedrohten Zwangsgelder lassen die Auslegung zu, dass die Antragsgegnerin das volle Zwangsgeld jeweils für jeden einzelnen Verstoß gegen den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht androhen wollte, für beide Grundstücke zusammen aber auch nicht mehr als 3.500,-- EUR beziehungsweise 250,-- EUR. Eine solche „gebündelte“ Zwangsgeldandrohung ist mit dem Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar, wenn der angedrohte Betrag für jede einzelne der umstrittenen Handlungspflichten und besonders im Fall weitgehender Teilerfüllung für die letzte, noch nicht erfüllte Handlungspflicht nicht unangemessen hoch ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.02.1980 - III 1381/79 -, juris). So liegt der Fall hier. Was Nummer 3 des angefochtenen Bescheids angeht, ist nicht erkennbar, dass das angedrohte Zwangsgeld von 3.500,-- EUR zu den voraussichtlichen Kosten des Anschlusses nur eines der beiden Grundstücke an die öffentliche Abwasseranlage außer Verhältnis stünde (zur Maßgeblichkeit des mutmaßlichen wirtschaftlichen Interesses an einer Nichtbefolgung der Anordnung vgl. Sächs. OVG, Urt. v. 16.04.2013 - 4 A 260/12 -, DVBl 2013, 867). Soweit es Nummer 6 des angefochtenen Bescheids betrifft, bestehen gegen die Androhung eines Zwangsgelds von 250,-- EUR für die Nichterfüllung der Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht mit nur einem der beiden Grundstücke schon im Hinblick auf die geringe Höhe des angedrohten Betrages keine Bedenken.
20 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
21 
Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 39 Abs. 1 GKG. Hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht ist für jedes der Grundstücke Flst.-Nrn. xxx und xxx mangels konkreter Anhaltspunkte für die Höhe der der Antragstellerin hieraus entstehenden Kosten jeweils der Auffangwert anzusetzen, wobei dieser Betrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu halbieren ist. Die unselbstständigen Zwangsgeldandrohungen sind bei der Bemessung des Streitwerts außer Ansatz zu lassen (vgl. Senat, Beschl. v. 12.04.2011 - 1 S 2849/10 -, VBlBW 2011, 425). Danach ergibt sich für das erstinstanzliche Verfahren ein Gesamtstreitwert von 5.000,-- EUR, während für das seinem Umfang nach auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx beschränkte Beschwerdeverfahren 2.500,-- EUR festzusetzen sind.
22 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Verpflichtung zur Duldung des Notwegs tritt nicht ein, wenn die bisherige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Wege durch eine willkürliche Handlung des Eigentümers aufgehoben wird.

(2) Wird infolge der Veräußerung eines Teils des Grundstücks der veräußerte oder der zurückbehaltene Teil von der Verbindung mit dem öffentlichen Wege abgeschnitten, so hat der Eigentümer desjenigen Teils, über welchen die Verbindung bisher stattgefunden hat, den Notweg zu dulden. Der Veräußerung eines Teils steht die Veräußerung eines von mehreren demselben Eigentümer gehörenden Grundstücken gleich.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. April 2015 - 3 K 1285/15 - teilweise geändert und der Antrag insgesamt abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Verfahren im ersten Rechtszug wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - auf 5.000,-- EUR, derjenige für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die von der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe geben dem Senat Veranlassung, den Beschluss des Verwaltungsgerichts teilweise zu ändern und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung beziehungsweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21.01.2015 insgesamt abzulehnen. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich der Nummern 1, 2, 4 und 5 des Bescheids, soweit sich diese auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx erstrecken, wiederhergestellt und hinsichtlich der Nummern 3 und 6 des Bescheids angeordnet.
Die vom Senat im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung fällt zu Ungunsten des Interesses der Antragstellerin aus, vom Vollzug der Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht, soweit diese das Grundstück Flst.-Nr. xxx betreffen, einstweilen verschont zu bleiben. Das Aufschubinteresse der Antragstellerin überwiegt nicht das öffentliche Vollzugsinteresse, weil nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen, aber auch ausreichenden Prüfung der Sach- und Rechtslage (auch) diese Anordnungen voraussichtlich rechtmäßig sind (1.) Auch die Zwangsgeldandrohungen dürften rechtlich nicht zu beanstanden sein (2.).
1. Die Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht für das Grundstück Flst.-Nr. xxx dürften auf Grundlage von § 3 Abs. 1 und 3 der Satzung der Antragsgegnerin über die öffentliche Abwasserbeseitigung - Abwassersatzung (AbwS) - vom 10.12.2012, geändert durch Satzung vom 09.12.2014, rechtmäßig ergangen sein. Danach sind die Eigentümer von Grundstücken, auf denen Abwasser anfällt, nach näherer Bestimmung der Satzung berechtigt und verpflichtet, ihre Grundstücke an die öffentlichen Abwasseranlagen anzuschließen, diese zu benutzen und das gesamte auf den Grundstücken anfallende Abwasser der Antragsgegnerin im Rahmen des § 45b Abs. 1 und 2 WG (a.F.) zu überlassen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AbwS). Bebaute Grundstücke sind anzuschließen, sobald die für sie bestimmten öffentlichen Abwasseranlagen betriebsfertig hergestellt sind (§ 3 Abs. 3 Satz 1 AbwS). Diese Voraussetzungen dürften hinsichtlich des Grundstücks der Antragstellerin Flst.-Nr. xxx erfüllt sein.
a) Die Regelungen in § 3 Abs. 1 und 3 AbwS sind gültig und dürften rechtlich nicht zu beanstanden sein. Sie dürften ihre Grundlage in § 11 GemO und § 45b Abs. 4 WG a.F. (jetzt § 46 Abs. 4 und 5 WG) finden.
§ 11 Abs. 1 Satz 1 GemO ermächtigt die Gemeinden, bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebiets unter anderem den Anschluss an der Abwasserbeseitigung dienende gemeindliche Einrichtungen (Anschlusszwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen (Benutzungszwang) vorzuschreiben; die Satzung kann bestimmte Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zulassen und ihn auf bestimmte Teile des Gemeindegebiets oder auf bestimmte Gruppen von Grundstücken, Gewerbetrieben oder Personen beschränken (§ 11 Abs. 2 GemO). § 11 GemO ist eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Spezialermächtigung, die als landesrechtliche Eingriffsgrundlage aus Gründen der Volksgesundheit Eingriffe in die Grundrechte der Grundstückseigentümer oder der sonst zur Nutzung des Grundstücks Berechtigten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG legitimieren kann (Senat, Urt. v. 20.09.2013 - 1 S 3072/11 -, VBlBW 2013, 73 m.w.N.). Im vorliegenden Zusammenhang ermöglicht sie den nach Wasserrecht grundsätzlich zur Abwasserbeseitigung verpflichteten Körperschaften (§ 56 WHG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 WG), diese Verpflichtung zu erfüllen (vgl. zu Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayGemO: BayVfGH, Entsch. v. 10.11.2008 - Vf. 4-VII-06 -, NVwZ 2009, 298). Der Anschluss- und Benutzungszwang wird durch die Überlassungspflicht desjenigen, bei dem das Abwasser anfällt, gegenüber dem Beseitigungspflichtigen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WG) ergänzt (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 1a; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 28.10.1994 - 23 N 90.2272 -, NVwZ-RR 1995, 345). Nach § 46 Abs. 4 Satz 1 WG gestalten die Gemeinden die Überlassungspflicht durch Satzung aus, indem sie regeln, unter welchen Voraussetzungen Abwasser als angefallen gilt und in welcher Weise und Zusammensetzung ihr das Abwasser zu überlassen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.05.1995 - 2 S 2568/92 -, juris). Darüber hinaus können sie Ausschlüsse von der Abwasserbeseitigung festlegen (§ 46 Abs. 4 Satz 2 WG) sowie Ausnahmen von der Überlassungspflicht vorsehen (§ 46 Abs. 5 Satz 1 WG).
Die der geordneten Abwasserbeseitigung dienenden Ermächtigungen in § 11 GemO und § 46 Abs. 4 und 5 WG beziehen sich im Grundsatz nicht nur auf Schmutzwasser, also durch Gebrauch in seinen Eigenschaften verändertes und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG), sondern auch auf Niederschlagswasser, das aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließt (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG). Für die Überlassungspflicht folgt dies bereits daraus, dass § 46 WG zur Ausführung und Ergänzung des § 56 WHG an den in § 54 Abs. 1 WHG definierten Begriff „Abwasser“ anknüpft, ohne diesem einen abweichenden Bedeutungsgehalt zuzuweisen; zudem besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die durch Art. 1 des Gesetzes vom 03.12.2013 (GBl. S. 389) neugefassten Regelungen der Abwasserbeseitigung auf einen anderen Gegenstand beziehen wollte als die das Niederschlagswasser aus bebauten oder befestigten Flächen ausdrücklich einbeziehenden (§ 45a Abs. 3 WG a.F.) bisherigen Vorschriften (vgl. LT-Drs. 15/3760, S. 142 ff.). Aber auch der Begriff „Abwasserbeseitigung“ in § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO umfasst neben den üblichen Arten von Schmutzwasser das Niederschlagswasser von bebauten und befestigten Flächen. Angesichts des vom Normgeber vorgefundenen Erscheinungsbilds kommunaler Abwasserbeseitigungsanlagen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 3 m.w.N.) hätte es eines ausdrücklichen Ausschlusses des Niederschlagswassers als Gegenstand des Anschluss- und Benutzungszwangs bedurft, wenn dieses von vornherein hätte außer Betracht bleiben sollen (vgl. zu Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayGemO: BayVGH, Urt. v. 28.10.1994, a.a.O.). Gegen die prinzipielle Einbeziehung des Niederschlagswassers in den Anschluss- und Benutzungszwang bestehen keine rechtlichen Bedenken, soweit durch das Erfordernis des öffentlichen Bedürfnisses im Sinn des § 11 Abs. 1 GemO sichergestellt ist, dass die Einleitung des Niederschlagswassers in eine Sammelkanalisation nicht den Vorrang vor anderen Arten seiner schadlosen Beseitigung, etwa der Versickerung oder der Einleitung in oberirdische Gewässer, genießt (vgl. BayVfGH, Entsch. v. 10.11.2008, a.a.O.).
Allerdings nimmt § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WG Niederschlagswasser, welches dezentral beseitigt wird, von der Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden aus, es sei denn die Gemeinde hat den Anschluss an Anlagen der dezentralen Beseitigung oder der öffentlichen Abwasserbeseitigung für nach dem - am 01.01.2014 erfolgten - Inkrafttreten dieses Gesetzes bebaute Grundstücke angeordnet. Soweit die Gemeinde nicht zur Beseitigung verpflichtet ist, hat derjenige das Abwasser zu beseitigen, bei dem es anfällt (§ 46 Abs. 2 Satz 2 WG). Der eine Beseitigungspflicht der Gemeinde notwendig voraussetzenden Überlassungspflicht nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WG wird dadurch die Grundlage entzogen. Auch für einen Anschluss- und Benutzungszwang nach § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO ist in diesem Umfang kein Raum (mehr). Denn mit dem Wegfall der Beseitigungspflicht entfällt nicht nur die Pflichtaufgabe der Gemeinde (zur Abwasserbeseitigung), sondern auch die Aufgabe der Abwasserbeseitigung überhaupt als öffentliche Aufgabe der Gemeinde (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 1a; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.11.2007 - 12 B 32.07 -, juris).
Die Abwassersatzung der Antragsgegnerin trägt dem Rechnung, indem trotz genereller Einbeziehung des Niederschlagswassers in den Anwendungsbereich der Satzung (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwS) Anschlusszwang sowie Benutzungs- und Überlassungspflicht nach § 3 Abs. 1 AbwS nur „im Rahmen des § 45b Abs. 2 WG (a.F.)“ bestehen, dessen Satz 1 Nr. 3 ebenfalls vorgesehen hatte, dass für dezentral beseitigtes Niederschlagswasser die Pflicht der Gemeinden zur Abwasserbeseitigung entfällt. Ob die Antragsgegnerin eine Anschlussanordnung im Sinn des § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 WG getroffen hat, ist demgegenüber unerheblich, da das streitgegenständliche Grundstück vor dem 01.01.2014 bebaut worden ist.
b) Nach diesen rechtlichen Vorgaben dürften die Voraussetzungen des Anschluss- und Benutzungszwangs und der Abwasserüberlassungspflicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AbwS (auch) für das Grundstück Flst.-Nr. xxx erfüllt sein (vgl. zur grundstücksbezogenen Anknüpfung des Anschluss- und Benutzungszwangs Senat, Urt. v. 28.05.2009 - 1 S 1173/08 -, VBlBW 2009, 338).
10 
Bei dem Grundstück Flst.-Nr. xxx handelt es sich entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts um ein bebautes Grundstück, auf dem Abwasser anfällt. Die Antragsgegnerin hat mit der Beschwerde dargelegt und durch Vorlage eines aktuellen Lageplans und von Lichtbildern glaubhaft gemacht, dass sich auf dem Grundstück eine Scheune befindet; die Antragstellerin ist dem nicht entgegengetreten. Auf dem Grundstück fällt somit jedenfalls von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließendes Wasser (Niederschlagswasser) nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwS an; auch dies hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 07.10.2015 nicht (mehr) in Frage gestellt.
11 
Die Abwasserüberlassungspflicht und der Anschluss- und Benutzungszwang für das Grundstück Flst.-Nr. xxx dürften nicht wegen Wegfalls der Beseitigungspflicht der Antragsgegnerin nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WG entfallen. Denn nach Aktenlage ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen für eine erlaubnisfreie dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers erfüllt.
12 
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der auf Grundlage von § 45b Abs. 3 Satz 3 WG a.F. (jetzt § 46 Abs. 3 WG) erlassenen Verordnung des Umweltministeriums über die dezentrale Beseitigung von Niederschlagswasser (NiedSchlWasBesV) vom 22.03.1999 (GBl. S. 157) wird Niederschlagswasser dezentral eingeleitet, wenn es versickert oder ortsnah in ein oberirdisches Gewässer eingeleitet wird. Für das dezentrale Einleiten von Niederschlagswasser in ein Gewässer zum Zweck seiner schadlosen Beseitigung ist eine Erlaubnis nicht erforderlich, soweit die Bestimmungen der §§ 2 und 3 NiedSchlWasBesV eingehalten werden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 NiedSchlWasBesV), oder wenn die dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers in bauplanungsrechtlichen oder bauordnungsrechtlichen Vorschriften vorgesehen ist (§ 1 Abs. 1 Satz 3 NiedSchlWasBesV). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 NiedSchlWasBesV darf Niederschlagswasser unter anderem erlaubnisfrei versickert werden, wenn es von Dachflächen stammt, mit Ausnahme von Dachflächen in Gewerbegebieten und Industriegebieten sowie Sondergebieten mit vergleichbaren Nutzungen. Schadlos beseitigt wird Niederschlagswasser von Dachflächen, wenn es flächenhaft oder in Mulden auf mindestens 30 cm mächtigem Boden oder über Mulden-Rigolen-Elemente in das Grundwasser versickert wird (§ 2 Abs. 2 Satz 1 NiedSchlWasBesV); Niederschlagswasser von nicht beschichteten oder in ähnlicher Weise behandelten kupfer-, zink- oder bleigedeckten Dächern darf nicht ohne Erlaubnis dezentral beseitigt werden (§ 3 Satz 2 NiedSchlWasBesV). Sind die Anforderungen an die erlaubnisfreie Beseitigung nach den §§ 2 und 3 NiedSchlWasBesV nicht erfüllt, ist das Niederschlagswasser nicht generell von der dezentralen Beseitigung ausgeschlossen; vielmehr ist dann im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren über die Zulassung zur dezentralen Beseitigung zu entscheiden, soweit ein wasserrechtlicher Benutzungstatbestand (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG; § 14 Abs. 1 Nr. 5 WG) verwirklicht ist (vgl. Begründung zur Niederschlagsverordnung vom 22. März 1999, S. 2).
13 
Die Antragstellerin hat nach Hinweis des Berichterstatters auf die vorgenannten Regelungen der Niederschlagswasserverordnung nicht dargetan oder gar glaubhaft gemacht, dass vorliegend die Voraussetzungen für eine erlaubnisfreie dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers erfüllt wären. Der pauschale Vortrag im Schriftsatz vom 07.10.2015, dass das von den Dachflächen des Scheunentrakts abfließende Niederschlagswasser direkt auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx versickern könne, genügt hierfür ersichtlich nicht. Denn es fehlt jede Angabe dazu, ob und gegebenenfalls wie den Anforderungen an eine schadlose Versickerung des Niederschlagswassers nach § 2 Abs. 2 Satz 1 NiedSchlWasBesV Rechnung getragen wird, und dass etwaige hierzu errichtete Anlagen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik hergestellt worden sind und betrieben werden (§ 2 Abs. 3 NiedSchlWasBesV). Insbesondere dem erstinstanzlichen Vortrag, dass die Abwässer aus dem auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx befindlichen Wohnhaus seit vielen Jahren in eine Fäkaliengrube entsorgt würden, lässt sich in dieser Hinsicht nichts entnehmen. Eine wasserrechtliche Erlaubnis zur dezentralen Beseitigung des auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx anfallenden Niederschlagswassers, die Feststellungen zu Art und Weise von dessen Versickerung entbehrlich machte, ist der Antragstellerin nicht erteilt worden. Für eine Verzichtbarkeit der wasserrechtlichen Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Satz 3 NiedSchlWasBesV ist ebenfalls nichts erkennbar.
14 
c) Auch der im Verwaltungsverfahren erhobene Einwand, dass das Grundstück Flst.-Nr. xxx nicht an die xxx angrenze und deshalb nicht erschlossen werden müsse, führt voraussichtlich nicht zu einem Wegfall des Anschluss- und Benutzungszwangs und der Abwasserüberlassungspflicht. Zwar ist Voraussetzung für die Auferlegung eines Anschluss- und Benutzungszwangs für eine Abwasseranlage, dass das Grundstück überhaupt von dieser Anlage erschlossen wird, was wiederum voraussetzt, dass der Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Abwasseranlage der Gemeinde tatsächlich und rechtlich möglich ist (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004 - 1 S 2121/03 - und v. 20.09.2012, a.a.O. , jeweils m.w.N.). Dies dürfte indes hier der Fall sein.
15 
Dass ein Anschluss des Grundstücks Flst.-Nr. xxx an die öffentliche Abwasseranlage aus tatsächlichen Gründen scheitern könnte, ist nicht erkennbar. Bei leitungsgebundenen Einrichtungen besteht eine tatsächliche Anschlussmöglichkeit für ein Grundstück dann, wenn es nahe genug bei der öffentlichen Einrichtung liegt, um unter gewöhnlichen Umständen an diese angeschlossen zu werden; maßgeblich für die Frage, ob eine Anschlussmöglichkeit „unter gewöhnlichen Umständen“ besteht, sind die örtlichen Verhältnisse in der betreffenden Gemeinde (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004 und v. 20.09.2012, jeweils a.a.O.). Hiernach dürfte die tatsächliche Anschlussmöglichkeit für das Grundstück Flst.-Nr. xxx gegeben sein. Denn die betriebsbereite öffentliche Abwasseranlage ist unmittelbar vor dem an die kanalisierte xxx angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. xxx hergestellt, und das weniger als 15 m von der xxx entfernt liegende Hinterliegergrundstück dürfte technisch ohne Weiteres an diese Leitung anschließbar sein. Soweit die Antragstellerin in der Beschwerdeerwiderung pauschal behauptet, der Grundstücksanschluss sei allenfalls zur Aufnahme des Niederschlagswassers der auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx befindlichen Scheune geeignet, sowie die technische Anschlussmöglichkeit des Wohnhauses an die Abwasseranlage in Abrede stellt, hat sie diesen Vortrag weder substantiiert noch gar glaubhaft gemacht.
16 
Auch die rechtliche Anschlussmöglichkeit dürfte im Fall des (Hinterlieger-) Grundstücks Flst.-Nr. xxx gegeben sein, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob die Grundstücke Flst.-Nrn. xxx und xxx eine wirtschaftliche Einheit bilden (vgl. dazu Senat, Urt. v. 20.09.2012, a.a.O.). Ein Hinterliegergrundstück ist rechtlich nur dann an die öffentliche Abwasseranlage anschließbar, wenn das Durchleitungsrecht durch das Zwischengrundstück auf Dauer dinglich gesichert ist, sei es öffentlich-rechtlich in Gestalt einer Baulast oder zivilrechtlich durch eine Grunddienstbarkeit (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004, a.a.O. m.w.N.). Stehen - wie hier - Vorderlieger- und Hinterliegergrundstück im selben Eigentum, ist beim bebauten Hinterliegergrundstück dieses Recht gesichert, wenn im Fall der Veräußerung des Vorderliegergrundstücks an einen Dritten zulasten des Erwerbers ein Notleitungsrecht kraft Gesetzes entsteht (§ 918 Abs. 2 BGB), was voraussetzt, dass die benötigte Entsorgung auf andere Weise nicht erlangt werden kann (vgl. ausf. Senat, Urt. v. 20.09.2012, a.a.O. m.w.N.). Dies dürfte hier der Fall sein. Nach Aktenlage ist das Grundstück Flst.-Nr. xxx wegemäßig auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx angewiesen, da es über keine eigene Verbindung zu einem öffentlichen Weg verfügt.
17 
d) Sonstige Umstände, die dem Anschluss- und Benutzungszwang und der Abwasserüberlassungspflicht für das Grundstück Flst.-Nr. xxx entgegenstehen könnten, sind weder von der Antragstellerin dargetan noch ersichtlich. Soweit sie sinngemäß geltend macht, der Anschluss des Grundstücks Flst.-Nr. xxx an den öffentlichen Abwasserkanal sei ihr wegen der höheren Kosten infolge der Lage des Grundstücksanschlusses in der äußersten Ecke des Grundstücks beim Schuppen wirtschaftlich unzumutbar, berührt dies nicht ihre grundsätzliche Verpflichtung, den Anschluss herzustellen und die öffentliche Abwasserbeseitigung zu benutzen. Gesichtspunkte der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit sind allein bei der Frage zu prüfen, ob eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nach § 5 AbwS zu gewähren ist (vgl. Senat, Urt. v. 20.06.1994 - 1 S 2393/93 -, BWGZ 1995, 33). Ein Befreiungsantrag ist indes nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; im Gegenteil hat die Antragstellerin nach Aktenlage einen solchen Antrag bislang nicht gestellt.
18 
2. Die Zwangsgeldandrohungen in den Nummern 3 und 6 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 21.01.2015 dürften auf Grundlage von § 2 Nr. 2, §§ 19, 20 und 23 LVwVfG ebenfalls rechtmäßig ergangen sein. Insbesondere sind sie voraussichtlich hinreichend bestimmt und hinsichtlich der Höhe der angedrohten Zwangsgelder als verhältnismäßig anzusehen.
19 
§ 20 Abs. 4 LVwVG verlangt, dass die Androhung eines Zwangsgelds „in bestimmter Höhe“ erfolgt. Dem Bestimmtheitsgrundsatz ist genügt, wenn für den Vollstreckungsschuldner erkennbar ist, für welchen Fall der Nichterfüllung einer Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht ihm ein Zwangsgeld in welcher Höhe droht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1995 - 5 S 71/95 -, VBlBW 1996, 65 m.w.N.; vgl. auch OVG Saarland, Beschl. v. 06.10.2014 - 2 B 348/14 -, NVwZ-RR 2015, 101). Diese Voraussetzungen dürften hier erfüllt sein, obgleich die Antragsgegnerin zur Durchsetzung der sich auf beide Grundstücke der Antragstellerin beziehenden Handlungsgebote in den Nummern 1 (Anschlusszwang) und 4 (Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht) des angefochtenen Bescheids jeweils nur ein einheitliches Zwangsgeld in Höhe von 3.500,-- EUR beziehungsweise 250,-- EUR angedroht hat. Denn der Wortlaut der Zwangsgeldandrohungen und die Höhe der angedrohten Zwangsgelder lassen die Auslegung zu, dass die Antragsgegnerin das volle Zwangsgeld jeweils für jeden einzelnen Verstoß gegen den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht androhen wollte, für beide Grundstücke zusammen aber auch nicht mehr als 3.500,-- EUR beziehungsweise 250,-- EUR. Eine solche „gebündelte“ Zwangsgeldandrohung ist mit dem Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar, wenn der angedrohte Betrag für jede einzelne der umstrittenen Handlungspflichten und besonders im Fall weitgehender Teilerfüllung für die letzte, noch nicht erfüllte Handlungspflicht nicht unangemessen hoch ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.02.1980 - III 1381/79 -, juris). So liegt der Fall hier. Was Nummer 3 des angefochtenen Bescheids angeht, ist nicht erkennbar, dass das angedrohte Zwangsgeld von 3.500,-- EUR zu den voraussichtlichen Kosten des Anschlusses nur eines der beiden Grundstücke an die öffentliche Abwasseranlage außer Verhältnis stünde (zur Maßgeblichkeit des mutmaßlichen wirtschaftlichen Interesses an einer Nichtbefolgung der Anordnung vgl. Sächs. OVG, Urt. v. 16.04.2013 - 4 A 260/12 -, DVBl 2013, 867). Soweit es Nummer 6 des angefochtenen Bescheids betrifft, bestehen gegen die Androhung eines Zwangsgelds von 250,-- EUR für die Nichterfüllung der Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht mit nur einem der beiden Grundstücke schon im Hinblick auf die geringe Höhe des angedrohten Betrages keine Bedenken.
20 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
21 
Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 39 Abs. 1 GKG. Hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht ist für jedes der Grundstücke Flst.-Nrn. xxx und xxx mangels konkreter Anhaltspunkte für die Höhe der der Antragstellerin hieraus entstehenden Kosten jeweils der Auffangwert anzusetzen, wobei dieser Betrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu halbieren ist. Die unselbstständigen Zwangsgeldandrohungen sind bei der Bemessung des Streitwerts außer Ansatz zu lassen (vgl. Senat, Beschl. v. 12.04.2011 - 1 S 2849/10 -, VBlBW 2011, 425). Danach ergibt sich für das erstinstanzliche Verfahren ein Gesamtstreitwert von 5.000,-- EUR, während für das seinem Umfang nach auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx beschränkte Beschwerdeverfahren 2.500,-- EUR festzusetzen sind.
22 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 15.000,- € festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23

(1) Rechtsvorschriften, die das Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich regeln, sind den Bestimmungen dieser Verordnung entsprechend zu gestalten; unberührt bleiben die Regelungen des Verwaltungsverfahrens sowie gemeinderechtliche Vorschriften zur Regelung des Abgabenrechts.

(2) Bei Inkrafttreten dieser Verordnung geltende Rechtsvorschriften, die das Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich regeln, sind bis zum 1. Januar 1982 anzupassen.

(1) Das Wasserversorgungsunternehmen hat dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Der Kunde ist verpflichtet, seinen Wasserbedarf im vereinbarten Umfange aus dem Verteilungsnetz des Wasserversorgungsunternehmens zu decken.

(2) Vor der Errichtung einer Eigengewinnungsanlage hat der Kunde dem Wasserversorgungsunternehmen Mitteilung zu machen. Der Kunde hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß von seiner Eigenanlage keine Rückwirkungen in das öffentliche Wasserversorgungsnetz möglich sind.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger ein mit einem Schweinestall bebautes Grundstück an die öffentliche Wasserversorgung der Beklagten anschließen und das zur Verfügung gestellte Wasser nutzen muss.
Der Kläger ist Vollerwerbslandwirt. Seine Hofstelle auf dem Grundstück Flst. Nr. ... am Ortsausgang des Ortsteils Nesselbach der Beklagten ist über eine in der St. Straße verlegte Versorgungsleitung an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen; diese nutzt er nur für die Wasserversorgung des Wohnhauses, während er den übrigen Wasserbedarf mit Zustimmung der Beklagten seit 1989 durch einen eigenen Brunnen deckt. Für die Brauchwasserversorgung eines Schweinestalls auf einem Pachtgrundstück, das daneben noch mit einem an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossenen Wohnhaus bebaut ist, wurde der Kläger mit Bescheid vom 04.02.1998 widerruflich vom Anschluss- und Benutzungszwang befreit. Am 22.08.2007 wurde dem Kläger vom Landratsamt Schwäbisch Hall eine Baugenehmigung für die Errichtung eines neuen Schweinestalls mit 530 Mast- und 480 Ferkelaufzuchtplätzen auf dem Grundstück Flst. Nr. ... erteilt. Dieses Grundstück liegt schräg gegenüber der Hofstelle auf der anderen Straßenseite und ist ebenfalls von der öffentlichen Wasserleitung erschlossen. Der Bauplatz befindet sich etwa 320 bis 350 m von der Hofstelle entfernt im Außenbereich. Bereits am 16.04.2007 hatte der Kläger beantragt, die Bohrung eines neuen Brunnens auf dem Baugrundstück zu genehmigen und mitgeteilt, dass er sich nicht an die städtische Wasserversorgung anschließen werde. Das Wasser und die Erschließung seien zu teuer. Im Übrigen sei auch der Druck mit 2,0 bis 2,6 bar für seine Zwecke zu gering. Für die anderen Wasserabnehmer ändere sich nichts.
Die Beklagte sah in diesem Schreiben einen Antrag auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang, den sie mit Bescheid vom 27.04.2007 ablehnte. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass in den vergangenen Jahren Befreiungsanträge abgelehnt worden seien, weil die gemeindliche Wasserversorgung als Ganzes den Interessen der Allgemeinheit diene und sie nur dann „preisgünstig“ gestaltet werden könne, wenn grundsätzlich alle Bewohner ihren gesamten Wasserbedarf aus ihr deckten; wegen der Gleichbehandlung müsse ein strenger Maßstab angelegt werden. Es müsse auch die künftige Entwicklung in die Entscheidung einbezogen werden; denn auch in Zukunft müsse die Wasserversorgung wirtschaftlich geführt werden können und für die verbleibenden Anschlussnehmer bezahlbar bleiben. Der Anschluss des Stalles an die öffentliche Trinkwasserversorgung sei dem Kläger auch finanziell zumutbar. Die Anschlusskosten hatte die Beklagte schon zuvor auf einen Betrag von etwa 16.000 bis 17.000 EUR geschätzt.
Gegen diesen Bescheid, der nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, erhob der Kläger am 05.06.2007 Widerspruch. Er machte geltend, dass für die beantragte Teilbefreiung vom Benutzungszwang allein entscheidend sei, ob die übrigen Anschlussnehmer dadurch in unzumutbarer Weise belastet würden; das sei aber nicht zu erwarten. Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und wies darauf hin, dass die Beklagte mit den Gebühren ihres Wasserwerks, das als Eigenbetrieb nicht mit Gewinnerzielungsabsicht arbeite, mit einem Betrag von 2,54 EUR/m³ Wasser 40,33% über dem Durchschnitt der Wassergebühren im Landkreis Schwäbisch Hall liege. Die Grenze der Zumutbarkeit sei damit erreicht. Bei einer verkauften Jahresmenge von rund 124.000 m³ Trinkwasser wirke sich der Rückgang der Abnahmemenge um einige 1.000 m³ erheblich auf die Höhe der Wassergebühren aus. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2007 wies das Landratsamt Schwäbisch Hall den Widerspruch unter Hinweis u.a. auf die wirtschaftliche Betriebsführung der öffentlichen Einrichtung in der Zukunft zurück.
Mit seiner zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klage hat der Kläger die Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang begehrt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat insbesondere geltend gemacht, dass bei einer Teilbefreiung des Klägers mit weiteren Folgeanträgen zu rechnen wäre. In den letzten zweieinhalb Jahren seien drei Anträge abgelehnt worden. Zusammen mit dem vom Kläger prognostizieren Wasserverbrauch von 2.000 m³/Jahr ergebe sich ein Gesamtvolumen von 16.700 m³/Jahr, was bei positiver Bescheidung zu einem Wasserpreis von 2,88 EUR/m³ zuzüglich MWSt geführt hätte. Damit wäre der durchschnittliche Wasserpreis um 60% überschritten. Auch sei davon auszugehen, dass insgesamt 10 landwirtschaftliche Betriebe mit einer Verbrauchsmenge von ca. 35.000 m³ Wasser einen Befreiungsantrag stellen würden.
Mit Urteil vom 12.03.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Regelungen über den Anschluss- und Benutzungszwang in § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 der Wasserversorgungssatzung der Beklagten - WVS - beruhten auf § 11 Abs. 1 GemO; die öffentliche Wasserversorgung diene der Erhaltung und Förderung der Volksgesundheit. Auch die Bestimmungen in § 4 Abs. 2 WVS über die Befreiung von der Verpflichtung zum Anschluss und in § 5 Abs. 2 WVS über die vollständige Befreiung von der Verpflichtung zur Benutzung wegen Unzumutbarkeit - diese sei vom Abnehmer darzulegen - begegneten keinen rechtlichen Bedenken. Die Teilbefreiung vom Benutzungszwang sei in § 5 Abs. 3 WVS geregelt. Danach räume die Beklagte dem Wasserabnehmer im Rahmen des ihr wirtschaftlich Zumutbaren auf Antrag die Möglichkeit ein, den Wasserbezug auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Auf diese Vorschrift, mit der die Beklagte ihrer Pflicht zur Anpassung des Satzungsrechts an die Bestimmungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV - nachkomme, könne sich der Kläger aber nicht berufen. Die Wassernutzung beim Betrieb des Schweinestalls sei kein bloßer vom Haushalts-Wasserverbrauch auf der Hofstelle abgrenzbarer Verbrauchszweck. Vielmehr seien sowohl der Anschluss- als auch der Benutzungszwang grundstücksbezogen. Denn das Anschluss- und Benutzungsrecht sei nach § 3 Abs. 1 WVS ebenfalls auf ein bestimmtes Grundstück bezogen. Auch aus der AVBWasserV ergebe sich, dass Grundlage jeder Wasserversorgung der grundstücksbezogene Wasserverbrauch sei; denn eine Versorgungsleitung setze immer ein Grundstück voraus, an das sie angeschlossen werden könne. Für die Frage, ob ganz oder teilweise vom Benutzungszwang zu befreien sei, sei deshalb maßgeblich, ob auf dem Grundstück Wasser für unterschiedliche Zwecke verwendet oder nur - wie hier - eine einzige Nutzungsart angestrebt werde. Dann bedürfe der Wasserabnehmer der vollständigen Befreiung vom Benutzungszwang. Der Kläger sei grundsätzlich verpflichtet, das Baugrundstück an die Wasserversorgungsanlage anzuschließen. Es fehle derzeit aber noch am Wasserverbrauch. Dessen ungeachtet könne wegen des bevorstehenden Baubeginns über eine Befreiung für den Fall entschieden werden, dass ein Anschlusszwang wegen eines beabsichtigten Wasserverbrauchs entstehe. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Befreiung nach § 4 Abs. 2 WVS nicht zu. Er habe nicht dargelegt, dass der Anschluss für ihn unzumutbar sei. Der Hinweis darauf, dass die städtische Wasserversorgung zu teuer sei, kennzeichne gerade nicht den Einzelfall. Auch müssten die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Anschlusspflichtigen wegen der Grundstücksbezogenheit außer Betracht bleiben. Es komme vielmehr auf Gründe an, die sich aus einer besonderen und außergewöhnlichen Lage oder Situation des Grundstücks ergäben und den Einzelfall daher untypisch erscheinen ließen. Hier entsprächen die hohen Anschlusskosten dem Regelfall bei Außenbereichsvorhaben. Der Mehraufwand werde nicht durch die topografische Lage des Grundstücks oder Besonderheiten der Bodenbeschaffenheit mit verursacht, sondern sei allein dadurch bedingt, dass der Kläger wegen der Geruchsbelästigung eines Schweinemastbetriebs einen Mindestabstand zur Wohnbebauung einhalten müsse. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf vollständige Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 Abs. 2 WVS. Die Unzumutbarkeit der Benutzung sei nicht dargelegt. Hier könnten auch wirtschaftliche Gesichtspunkte des Wasserabnehmers eine Rolle spielen. Die hohen Kosten der öffentlichen Wasserversorgung träfen aber alle angeschlossenen Grundstückseigentümer. Die Kosten durch den prognostizierten Wasserverbrauch würden nicht ins Verhältnis zu den Gesamtkosten des Klägers gesetzt. Schließlich genüge der Wasserdruck den Anforderungen des § 6 Abs. 1 Satz 2 WVS. Höhere Anforderungen fielen grundsätzlich in die Risikosphäre des Wasserabnehmers und könnten die Unzumutbarkeit nicht begründen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt und innerhalb der auf Antrag verlängerten Begründungsfrist begründet. Er trägt vor: Das Baugrundstück, auf dem der Schweinestall mittlerweile errichtet und in Betrieb genommen worden sei, unterliege nicht dem Anschlusszwang. Aus § 4 Abs. 1 Satz 2 WVS ergebe sich, dass der Anschlusszwang nur für Grundstücke bestehe, auf denen sich mindestens ein zum dauernden Aufenthalt von Menschen dienendes Gebäude befinde. Auch diene die Wasserversorgung nach § 1 Abs. 1 WVS der Lieferung von Trinkwasser. Nur insoweit sei die Satzungsregelung von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage nach § 11 Abs. 1 GemO gedeckt. Denn Gründe der Volksgesundheit könnten einen Anschluss- und Benutzungszwang nur für den Trinkwasserbedarf rechtfertigen; einen solchen Bedarf gebe es nur auf den genannten Grundstücken. Für eine ausnahmsweise Ausdehnung auf den Brauchwasserbereich spreche hier nichts. Das Grundstück sei nur mit einem Stall bebaut, für den lediglich Brauchwasser benötigt werde. Mangels Anschlusszwang bestehe auch kein Benutzungszwang. Da dies im angefochtenen Bescheid aber vorausgesetzt werde, habe er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass ein Anschlusszwang nicht bestehe. Ein Anschlusszwang sei unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch deswegen nicht gegeben, weil er vom Benutzungszwang zu befreien sei; das setze keinen tatsächlichen Wasseranschluss voraus. Der Anspruch auf Beschränkung des Wasserbezugs auf einen Verbrauchszweck oder einen Teilbedarf nach § 5 Abs. 3 WVS sei unter Berücksichtigung von § 3 Abs. 1 AVBWasserV nämlich personenbezogen; er bestehe für den jeweiligen Wasserabnehmer, unabhängig davon, auf welchem Grundstück das Wasser verbraucht werde. Der Verbrauchszweck Brauchwasser auf dem Grundstück Flst. Nr. ... sei schon durch die Grundstücksverschiedenheit abgrenzbar. Die Beschränkung des Wasserbezugs auf das Trinkwasser für das Wohngebäude sei für die Beklagte auch zumutbar, denn die Teilbefreiung führe zu keiner Veränderung der verkauften Wassermenge und damit zu keiner Veränderung der Kosten der Beklagten. Nicht zu berücksichtigen seien hierbei in der Vergangenheit bestandskräftig beschiedene Befreiungsanträge und lediglich mögliche Folgeanträge. Da er demnach auf dem Grundstück Flst Nr. ... kein Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung verbrauche, bestehe für dieses Grundstück kein Anschlusszwang. Jedenfalls habe er bei bestehendem Anschlusszwang Anspruch auf die Beschränkung des Wasserbezugs auf einen Verbrauch, der nicht die Versorgung des Schweinestalls bezwecke. Bei einer grundstücksbezogenen Betrachtungsweise könne die Wasserversorgung auch der Versorgung der auf dem Grundstück arbeitenden Menschen mit Trinkwasser dienen; auf diese abgrenzbare Möglichkeit solle die Nutzung beschränkt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - zu ändern und festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, das Grundstück Flst. Nr. ... an die öffentliche Wasserversorgung der Beklagten anzuschließen,
10 
hilfsweise,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 27.04.2007 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 25.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bezug von Wasser für die Grundstücke Flst. Nr. ... und Nr. ... auf den Trinkwasserbedarf des Wohngebäudes des Klägers zu beschränken,
12 
höchsthilfsweise,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 27.04.2007 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 25.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Benutzungszwang für das Grundstück Flst. Nr. ... auf den Trinkwasserbedarf zu beschränken.
14 
Die Beklagte beantragt.
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Für das Grundstück des Klägers gelte der Anschlusszwang nach § 4 WVS. Dieser bestehe für alle Grundstücke, auf denen Wasser verbraucht werde. Es sei unerheblich, ob das Grundstück bebaut sei oder anderweitig genutzt werde und für welchen Zweck das Wasser verwendet werden solle; folglich werde auch das Brauchwasser umfasst. Die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 WVS lägen nicht vor. Es fehle schon am tatsächlichen Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage. Im Übrigen müssten sowohl der Anschluss- als auch der Benutzungszwang grundstücks- und nicht personenbezogen betrachtet werden. Im Interesse der Rechtsklarheit müsse jeweils vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff ausgegangen werden. Es komme dann darauf an, ob für das Grundstück Wasser für unterschiedliche Zwecke verwendet oder nur eine einzige Nutzungsart - hier durch den Schweinemastbetrieb - angestrebt werde.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und die Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor. Sie waren Gegen- stand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
I.
18 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung ist auch im Übrigen mit den jetzt gestellten Anträgen zulässig.
19 
Erstmals in der Berufungsinstanz macht der Kläger im Hauptantrag zusätzlich zu dem hilfsweise aufrecht erhaltenen Verpflichtungsantrag nebst Anfechtungsannex ein Feststellungsbegehren geltend. Er möchte nunmehr an erster Stelle festgestellt wissen, dass der Brauchwasserverbrauch von vornherein nicht zum Anschlusszwang führt. Darin liegt eine Klageänderung nach § 91 VwGO. Denn der Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens wird damit erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.08.2005 – 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 <135>). Im Übergang zu einer anderen Klageart liegt nicht lediglich eine Präzisierung des Klagebegehrens, was nach dem Rechtsgedanken des § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen wäre (vgl. hierzu Ortloff/Riese in: Schoch u.a. , VwGO, § 91 Rn. 24, 29); denn der Klagegrund wird ausgewechselt, wenn anders als bisher die Reichweite des Anschlusszwangs in Zweifel gezogen und folglich eine Befreiung für entbehrlich erachtet wird. Diese Klageänderung in Gestalt einer nachträglichen objektiven Klagehäufung (§ 44 VwGO), die auch im Berufungsverfahren gem. § 125 VwGO grundsätzlich möglich ist, ist nach § 91 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 VwGO zulässig. Denn die Beklagte hat durch rügelose Einlassung in die Klageänderung eingewilligt.
20 
Bei den Hilfsanträgen handelt es sich demgegenüber nicht um eine Klageänderung; vielmehr ist insoweit das bereits im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachte Klagebegehren nur klarstellend und präzisierend in neue Klageanträge gefasst worden.
II.
21 
Die Berufung ist nicht begründet. Der Hauptantrag hat keinen Erfolg. Das mit den Hilfsanträgen verfolgte Klagebegehren ist bereits vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.
22 
1. a) Der Feststellungsantrag ist nach Maßgabe der auch für die geänderte Klage grundsätzlich zu beachtenden Zulässigkeitsvoraussetzungen zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.10.1980 - 6 C 39.80 -, BVerwGE 61, 45 <51>). Die Beteiligten streiten um die Reichweite des Anschlusszwangs und damit um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.1996 – 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 <264 f.>). Der Kläger ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog), da er geltend machen kann, durch die Anwendung der streitigen Vorschriften in seinem Eigentumsgrundrecht verletzt zu sein. Er kann sich auf ein Feststellungsinteresse berufen, da die begehrte Feststellung geeignet ist, den Rechtsstreit zwischen den Beteiligten abschließend zu klären. Es fehlt auch nicht an der instanziellen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs. Zwar zählt die nun erhobene Feststellungsklage nicht zu den Verfahren, die dem Oberverwaltungsgericht nach § 48 VwGO zur Entscheidung im ersten Rechtszug zugewiesen sind, sodass gem. § 45 VwGO grundsätzlich das Verwaltungsgericht zur Entscheidung berufen ist. Durch die Möglichkeit der Klageänderung in einem anhängigen Berufungsverfahren werden indessen diese Zuständigkeitsregelungen modifiziert und erstinstanzliche Zuständigkeiten der Berufungsgerichte begründet. Dies gilt in Anlehnung an die zur Sachdienlichkeit einer Klageänderung entwickelten Grundsätze (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.04.1999 - 4 C 4.98 -, BVerwGE 109, 74 <78 f.>) jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Klageänderung den Prozess nicht auf ganz neue Grundlagen stellt, also auch die geänderte Klage einen schon bisher zwischen den Beteiligten vorhandenen Streitstoff zum Gegenstand hat und sich deshalb das "Gesicht des Rechtsstreits“ nicht ändert (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.02.1979 - II 697/78 -, juris Rz. 21; Urteil vom 19.09.2002 - 14 S 1429/02 -, juris Rz. 36, jeweils m.w.N.).
23 
Schließlich steht dem Feststellungsantrag die Subsidiaritätsregel des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen. Auf eine isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid, mit dem die zunächst beantragte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang abgelehnt worden ist, kann der Kläger nicht vorrangig verwiesen werden, da ihm insoweit die Klagebefugnis fehlt. Diesem Bescheid liegt zwar die vom Kläger angegriffene Rechtsauffassung über die Reichweite des Anschlusszwangs zugrunde. Als bloßes Begründungselement des Bescheids nimmt die bestrittene Rechtsauffassung jedoch nicht an dem der Bestandskraft fähigen Regelungsgehalt des Bescheids teil (vgl. hierzu U. Stelkens in: Stelkens u.a. , VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 143 f., m.N.); die Rechtsfigur eines inzidenten Feststellungsbescheids gibt es nicht.
24 
b) Der Hauptantrag ist unbegründet. Der Anschlusszwang nach der Satzung der Beklagten über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung – WVS) vom 04.07.2000 erstreckt sich grundsätzlich auf die gesamte Wasserversorgung und beschränkt sich nicht auf das für den Bedarf des Menschen bestimmte Wasser. Mit diesem Inhalt ist die Satzung von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt.
25 
(1) Nach § 4 Abs. 1 WVS sind Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wasser verbraucht wird, bei gegebener Anschlussmöglichkeit verpflichtet, diese Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen. Eine Beschränkung auf einen bestimmten Verbrauchszweck ist nicht vorgesehen. Das Brauchwasser ist nicht ausgenommen. Das wird insbesondere bestätigt durch die Regelung in § 5 Abs. 1 WVS. Nach Satz 1 haben auf Grundstücken, die an die öffentliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen sind, die Wasserabnehmer ihren gesamten Wasserbedarf aus dieser zu decken. Aus Satz 2, der die Nutzung von Niederschlagswasser für Zwecke der Gartenbewässerung vom Benutzungszwang ausnimmt, folgt im Gegenschluss, dass ohne diese ausdrückliche Regelung diese Brauchwassernutzung ebenfalls vom Benutzungszwang erfasst wäre (vgl. auch die Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auch § 8 Abs. 2 WVS geht von einem umfassenden Verständnis des Anschluss- und Benutzungszwangs aus; denn danach darf das Wasser - vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen - für alle Zwecke verwendet werden. Der daraus folgenden Erstreckung des Anschlusszwangs auch auf die Brauchwasserversorgung steht § 1 Abs. 1 Satz 1 WVS nicht entgegen. Danach dient die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Lieferung von Trinkwasser. Die Beklagte hat damit eine Formulierung im Satzungsmuster des Gemeindetags Baden-Württemberg übernommen (BWGZ 1996, 642 <644>), während andere Mustersatzungen das Brauchwasser ausdrücklich erwähnen (siehe etwa § 1 Satz 1 des Arbeitsmusters einer Wasserversorgungssatzung, abgedruckt in: Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Bd. 3, III. Teil, AVBWasserV/Anh.). Für den Umfang des Benutzungszwangs ist die von der Beklagten gewählte Formulierung indessen unerheblich. Denn die Regelung bringt lediglich zum Ausdruck, dass die Beklagte Wasser insgesamt in entsprechender Qualität liefert; eine getrennte Lieferung von Trinkwasser und von Brauchwasser ist nämlich wegen des einheitlichen Leitungsnetzes nicht möglich.
26 
Vor diesem Hintergrund trifft § 4 Abs. 1 Satz 2 WVS, wonach auf einem Grundstück alle Gebäude anzuschließen sind, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, lediglich eine ausdrückliche Sonderregelung für diesen Verbrauchszweck, ohne indessen andere auszuschließen. Im Übrigen wird entgegen der Auffassung des Klägers Wasser, das für den menschlichen Bedarf bestimmt ist, nicht lediglich in Gebäuden verbraucht, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Dies gilt nicht nur für Trinkwasser i.S. der Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Verbrauch (TrinkwasserverordnungTrinkwV) vom 21.05.2001 (BGBl. I S. 959, i.d.F. der Verordnung vom 31.10.2006, BGBl. I S. 2467) – z.B. Wasser zur Körperreinigung etwa in Industriebetrieben (§ 3 Nr. 1 Buchst. a TrinkwV) -, sondern insbesondere für Wasser für Lebensmittelbetriebe - etwa in der Milchwirtschaft Wasser, das zur Reinigung von Gegenständen dient, die bestimmungsgemäß mit Lebensmitteln in Berührung kommen (§ 3 Nr. 1 Buchst. b TrinkwV).
27 
(2) Die Wasserversorgungssatzung der Beklagten ist mit diesem Regelungsinhalt von der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 1 GemO gedeckt. Danach kann die Gemeinde bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung den Anschluss- und Benutzungszwang für die Wasserversorgung als eine der Volksgesundheit dienenden Einrichtung vorschreiben. Bei Wasser für den menschlichen Gebrauch ist die Ausrichtung an diesem Gesetzeszweck ohne weiteres gegeben.
28 
Die grundsätzliche Erstreckung auch auf das Brauchwasser, für die sich die Beklagte auf einen Beurteilungsspielraum nicht berufen kann (vgl. auch Urteil des erk. Senats vom 18.03.2004 – 1 S 2261/02 -, VBlBW 2004, 337 <338> m.w.N.; a.A. etwa OVG NRW; Urteil vom 28.11.1986 – 22 A 1206/81 -, NVwZ 1987, 727 und Kunze/Bonner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 10; siehe auch Seewald in: Steiner , Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2006, Kap. 1 Rn. 171, m.N.), lässt sich demgegenüber weder allein mit dem Interesse an einem wirtschaftlichen Betrieb der Wasserversorgung noch mit dem bloßen Hinweis rechtfertigen, dass die gemeindliche Wasserversorgung als Ganzes dem Interesse der Allgemeinheit und in diesem Rahmen vor allem der Volksgesundheit dient (vgl. etwa Urteile des erk. Senats vom 13.03.1972 - I 192/71 -, KStZ 1972, 158 <159> und vom 19.03.1990 - 1 S 1991/89 -, NVwZ-RR 1990, 499; Kunze/Bonner/Katz, a.a.O., § 11 Rn. 8). Ein hinreichender Bezug zum und eine Rechtfertigung durch den Gesetzeszweck des Gesundheitsschutzes ist insoweit aber dann gegeben, wenn entweder festgestellt werden kann, dass für die Erstreckung auf den Brauchwasserbereich selbst Gründe der Volksgesundheit sprechen oder wenn die Trinkwasserversorgung selbst hiervon abhängt - sei es, weil erst auf diese Weise die erforderlichen Durchsatzmengen gewonnen werden können, sei es, weil eine nur das Trinkwasser betreffende Versorgung den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren verlässt, weil sie die finanziellen Kapazitäten des Versorgungsträgers überfordert oder zu erträglichen Preisen nicht möglich ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>; Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO, LKrO, BezO für den Freistaat Bayern, Art. 24 GO Erl. I 5.1). Die danach gebotene Prüfung, ob eine Beschränkung des Benutzungszwangs angezeigt ist, muss die Beklagte allerdings nicht mit dem Ziel einer generellen Satzungsregelung vornehmen. Vielmehr kann sie dieser Pflicht im Rahmen ihres Satzungsermessens in zulässiger Weise Einzelfall bezogen nachkommen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.11.1991 - 7 B 56.91 –, juris Rz. 3). Das hat die Beklagte durch die Normierung der Möglichkeit einer Teilbefreiung in § 5 Abs. 3 WVS getan. Damit setzt sie zugleich und in erster Linie die in § 35 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV – vom 20.06.1980 (BGBl. I S. 750, 1067 i.d.F. des Gesetzes vom 09.12.2004, BGBl. I S. 3214) vorgeschriebene Anpassung ihrer Satzung an § 3 Abs. 1 AVBWasserV um, wodurch ein absoluter Vorrang des Interesses an einer preisgünstigen öffentlichen Wasserversorgung nicht mehr anerkannt werden soll. Dieser Freistellungsanspruch ist indessen beschränkt, wenn eine konkrete Beeinträchtigung von Belangen der Volksgesundheit zu besorgen ist (vgl. Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/89 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>).
29 
2. Der erste Hilfsantrag ist ebenso wenig begründet. Er zielt letztlich darauf ab, den Kläger für das Baugrundstück von der Benutzungspflicht völlig freizustellen und zugleich als notwendige Folge den Anschlusszwang zu Fall zu bringen, der mangels Benutzung ins Leere ginge. Dabei macht der Kläger nicht geltend, dass entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 Abs. 2 WVS gegeben seien. Er fasst vielmehr der Sache nach die beiden in seinem Eigentum stehenden und seinem landwirtschaftlichen Betrieb zugeordneten Grundstücke Flst. Nr. ... und ... personen- bzw. betriebsbezogen zu einer Einheit zusammen und beruft sich auf dieser Grundlage – auf der Hofstelle wird bereits Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bezogen - allein auf den Beschränkungsanspruch nach § 5 Abs. 3 WVS. Danach räumt die Stadt dem Wasserabnehmer im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren auf Antrag die Möglichkeit ein, den Bezug auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Diese Regelung ist hier indessen schon nach der Systematik der Satzungsbestimmungen über den Benutzungszwang nicht geeignet, die begehrten Rechtsfolgen zu begründen.
30 
§ 5 Abs. 1 WVS normiert als Grundsatz den umfassenden Benutzungszwang zugunsten der gemeindlichen Wasserversorgungsanlage. Dieser ist dabei auf das jeweils angeschlossene Grundstück bezogen und bildet so die Fortsetzung des Anschlusszwangs, der ebenfalls – grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse - an das Grundstück anknüpft (§ 4 Abs. 1 Satz 1 WVS, § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO). In § 5 Abs. 2 WVS folgt sodann der Anspruch auf Befreiung, die nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen gewährt werden kann. Mit der in § 5 Abs. 3 WVS geregelten Beschränkung des Wasserbezugs auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf wird, wie in § 5 Abs. 4 WVS ausdrücklich benannt, eine Teilbefreiung gewährt. Nach dieser auf das jeweilige Grundstück bezogenen Systematik ist zwischen Befreiung und Teilbefreiung im Sinne einer Alternativität streng zu trennen. Einen fließenden Übergang von der Teil- zur Vollbefreiung kann es schon wegen der voneinander abweichenden tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 und § 5 Abs. 3 WVS nicht geben. Während die Befreiung nach § 5 Abs. 2 WVS den Nachweis seitens des Abnehmers fordert, dass die Nutzung des Wassers ihm nicht zumutbar ist, hängt die Teilbefreiung – neben der hygienischen und gesundheitlichen Unbedenklichkeit – von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Wasserversorger ab. Es ginge nicht an, dieselbe Rechtsfolge, nämlich die vollständige Befreiung vom Benutzungszwang für ein Grundstück, auf der Grundlage gänzlich verschiedener Normen zu gewähren.
31 
§ 5 Abs. 3 WVS muss nicht etwa deswegen anders verstanden werden, weil diese Vorschrift, abgesehen von der Bezeichnung der Beteiligten, mit § 3 Abs. 1 AVBWasserV übereinstimmt. Auch diese Bestimmung setzt nämlich eine fortbestehende Wasserbelieferung voraus, da ansonsten der privatrechtliche Vertrag mit dem Wasserversorgungsunternehmen aufzulösen wäre. An die Stelle einer vertraglichen und insoweit personenbezogenen Begründung der Lieferverpflichtungen tritt beim öffentlich-rechtlichen Wasserversorgungsverhältnis der hoheitlich auferlegte Benutzungszwang. Dieser muss dann aber bei der Teilbefreiung mit der Verpflichtung fortbestehen, die Grundbelieferung mit Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage entgegenzunehmen, (vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 25.01.1989 - 22 A 1249/86 -, RdL 1989, 146). Denn die Bestimmungen der AVBWasserV können nur mit der Maßgabe Anwendung finden, dass die Grundentscheidung für den Anschluss- und Benutzungszwang nicht leerläuft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.01.1986 – 7 CB 51 und 52.85 -, NVwZ 1986, 483; vom 15.07.1988 - 7 B 195.87 -, NVwZ 1988, 1126 <1127>; vom 12.07.1991 - 7 B 17 und 18.91 -, NVwZ-RR 1992, 37 <39>).
32 
Hiernach muss sich der Umfang der Benutzungspflicht eines landwirtschaftlichen Betriebs nach unterschiedlichen rechtlichen Kriterien messen lassen je nachdem, ob ein abgrenzbarer Wasserbedarf auf dem Grundstück der Hofstelle oder auf einem anderen entsteht, das - anders als im vorliegenden Fall - nicht einmal äußerlich erkennbar deutlich abgegrenzt sein muss. Diese zwingende Folge aus der vom Gesetz vorgegebenen strikt grundstücksbezogenen Betrachtungsweise hat durch das Abstellen auf ein formales Kriterium den Vorteil der Rechtsklarheit und der Beständigkeit für sich, während ein personen- bzw. betriebsbezogener Ansatz jeweils auf Änderungen in den Eigentumsverhältnissen bzw. im Betriebskonzept reagieren müsste. Im Übrigen ist auch bei einer grundstücksbezogenen Betrachtungsweise eine Prüfung am Maßstab des § 5 Abs. 3 WVS nicht ausgeschlossen.
33 
3. Schließlich bleibt auch der auf der Grundlage der grundstücksbezogenen Betrachtungsweise gestellte zweite Hilfsantrag erfolglos. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Wasserbezug für das Grundstück Flst. Nr. ... auf den Trinkwasserbezug beschränkt und ihn damit für das im Schweinestall benötigte Brauchwasser vom Benutzungszwang befreit (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
34 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 WVS liegen nicht vor. Es fehlt schon an der Beschränkung auf einen Verbrauchszweck. Darüber hinaus erweist sich die begehrte Teilbefreiung jedenfalls als wirtschaftlich unzumutbar.
35 
a) Die Möglichkeit einer Beschränkung des Wasserbezugs nach § 5 Abs. 3 WVS ist dem Kläger nicht von vornherein abgeschnitten. Er kann grundsätzlich geltend machen, den Wasserbezug auf Trinkwasser bzw. Wasser für den menschlichen Gebrauch zu beschränken. Dass ein solcher Bedarf in einem Gebäude besteht, in dem sich Menschen längere Zeit zur Arbeit aufhalten, liegt nicht fern. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Nachfrage indessen angegeben, dass nach einem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage Trinkwasser für das Händewaschen und für das Waschen der für die veterinärmedizinische Versorgung benötigten Spritzen verwendet würde; die Installation einer Hygieneschleuse hat er demgegenüber lediglich als Option für die Zukunft bezeichnet. Der so umschriebene aktuelle Bedarf fällt dann aber im Vergleich zum Wasserbezug für das Tränken der Tiere und die Stallreinigung nicht ins Gewicht. Einen (absoluten oder relativen) Mindestbezug sieht die Satzung zwar nicht ausdrücklich vor. Der in § 5 Abs. 4 WVS verwendete Begriff der Teilbefreiung setzt indessen voraus, dass auch nach der Bezugsbeschränkung weiterhin ein nennenswerter Wasserbezug zu verzeichnen ist. Davon kann hier jedoch insbesondere deswegen nicht ausgegangen werden, weil der Kläger ausweislich des Haupt- und des ersten Hilfsantrags den jetzt bezeichneten Bedarf für sein Betriebskonzept nicht als solchen identifiziert hat. Deshalb liegt bei realistischer Betrachtungsweise der Schluss nahe, dass der Kläger der Sache nach immer noch auf eine vollständige Befreiung abzielt.
36 
b) Mit seinem Antrag kann der Kläger aber auch dann nicht durchdringen, wenn von einer rechtlich beachtlichen Teilbefreiung auszugehen ist. Denn die Auswirkungen einer Beschränkung auf den angegebenen „Restzweck“ überschreiten den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren.
37 
Wegen des kostenrechnenden Charakters der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung, die durch Gebühren und Beiträge als spezielle Entgelte finanziert wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), kann die insoweit darlegungspflichtige Beklagte allerdings in aller Regel keine eigenen finanziellen Interessen geltend machen. Vielmehr kommt es regelmäßig auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit für die übrigen Wasserabnehmer an, die einen Gebührenausfall infolge von Teilbedarfsbeschränkungen angesichts des hohen Fixkostenanteils bei der Wasserversorgung über erhöhte Gebühren mitfinanzieren müssen. Erst wenn solche Beschränkungen zu für den Verbraucher nicht mehr tragbaren Wasserpreisen führen würden, kann der Ausschlussgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit einem Beschränkungsbegehren entgegengehalten werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>).
38 
Der Beklagten ist es nicht verwehrt, bei dieser Beurteilung nicht nur die Auswirkungen des konkret zu prüfenden Antrags auf die Gebührenkalkulation in den Blick zu nehmen. Vielmehr ist sie aus Gründen der Gleichbehandlung gehalten, auch weitere anstehende Beschränkungsbegehren in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei darf sie sich nicht allein auf anhängige Beschränkungsanträge beschränken (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ; im Anschluss daran Sächs. OVG, Urteil vom 08.04.2008 - 4 B 403/07 -, juris Rz. 23). Denn dies entspricht nicht einer wirklichkeitsnahen Betrachtungsweise; es reicht aus, wenn solche Anträge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit abzusehen sind (so schon Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/88 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>; Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 – 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>). Bloße vage Spekulationen genügen demgegenüber nicht. Nach diesen Maßstäben durfte die Beklagte die in den zurückliegenden Jahren verbeschiedenen Beschränkungsanträge in ihre Erwägungen einbeziehen; denn ein neuerlicher Antrag läge ungeachtet der Bestandskraft eines Ablehnungsbescheids bei einer Entscheidung zugunsten des Klägers durchaus nahe. Demgegenüber beruhen die Vermutungen der Beklagten über weitere zu erwartende Anträge auf Teilbefreiung mit einem beträchtlichen mengenmäßigen Umfang auf keiner verlässlichen Tatsachengrundlage. Unter dem Aspekt der gebotenen Gleichbehandlung sind allerdings nur die Anträge von Landwirten auf Teilbefreiung für ihre Betriebe zu berücksichtigen. Der Antrag der Freibadfreunde Langenburg e.V. (Teilbefreiung für das Beckenwasser) in einem Umfang von 6.500 m³/Jahr ist nicht auf eine wirtschaftliche Betätigung bezogen und somit nicht vergleichbar. Demnach verbleibt ein Rückgang der verkauften Trinkwassermenge pro Jahr von 8.200 m³; der vom Kläger prognostizierte Verbrauch von 2.000 m³/Jahr ist nicht hinzuzurechnen, weil diese Menge in der zugrunde gelegten Verkaufsmenge von 124.000 m³/Jahr noch nicht enthalten war. Ausgehend von der vom Klägervertreter mit Schriftsatz vom 15.01.2008 an das Verwaltungsgericht vorgelegten nachvollziehbaren Vergleichsberechnung ergäbe sich dann eine Erhöhung der Wassergebühren, die nach Anhebung der Zählergebühr nunmehr auf 2,50 EUR/m³ ermäßigt worden sind, um 0,18 EUR/m³ - dies entspricht 7,2% - auf 2,68 EUR/m³. Damit ist hier die Grenze des wirtschaftlich Zumutbaren überschritten.
39 
Bei der Bestimmung der Höhe des Wasserpreises, der den Abnehmern noch zugemutet werden kann, ist nicht (allein) auf das Äquivalenzprinzip als gebührenrechtliche Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips abzustellen (hierzu neigend BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Denn dieser Grundsatz bildet nur die allgemeine und absolute Grenze der Gebührenbemessung, die hier ersichtlich noch nicht erreicht ist.
40 
Der in den Zuwendungsrichtlinien des Umweltministeriums für die Förderung wasserwirtschaftlicher Vorhaben (Förderrichtlinien Wasserwirtschaft 2009 - FrWw 2009) vom 23.06.2008 genannte Schwellenwert kann hier ebenso wenig herangezogen werden (so aber - jedenfalls im Sinne einer Negativabgrenzung - Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auf der Grundlage dieser Förderrichtlinien gewährt das Land Zuwendungen für wasserwirtschaftliche Vorhaben von öffentlichem Interesse. U.a. werden die notwendigen Vorhaben zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung gefördert, „um insbesondere unzumutbar hohe Gebühren- und Beitragsleistungen für die Bürger zu vermeiden“ (Abschnitt I. vor 1). Nach den Fördergrundsätzen können Zuwendungsempfänger Zuwendungen erhalten, deren Wasser- und Abwasserentgelt die Antragsschwelle von 5,90 EUR/m³ erreicht (Abschnitt II., 7.1); diese wird von der Beklagten mit dem Betrag von 6,26 EUR/m³ überschritten. Es fehlt indessen an jeglichem Hinweis, nach welchen rechtlichen Maßstäben dieser Schwellenwert - ungeachtet der Zielvorgabe - festgesetzt wird. Eine Anwendung im Regelungsbereich des § 3 Abs. 1 AVBWasserV bzw. § 5 Abs. 3 WVS scheidet deswegen aus.
41 
Bei der Konkretisierung des Begriffs des wirtschaftlich Zumutbaren ist vielmehr von der Zweckbestimmung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 27 Abs. 3 AGBG auszugehen, auf der § 3 Abs. 1 AVBWasserV beruht. Danach soll ein Ausgleich geschaffen werden zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung einerseits und den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an einer Berücksichtigung ihrer jeweils besonderen Bedürfnisse und Wünsche andererseits (vgl. BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschluss vom 02.11.1981 - 2 BvR 671/81 -, NVwZ 1982, 306 <307>). Hiernach kommt es vorrangig auf das Verhältnis des zu erwartenden Wasserpreises zum bisherigen Preisniveau an.
42 
Für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit kann bereits ein deutlicher Gebührensprung sprechen. Demgegenüber rechtfertigt der hier mit 7,2% nur mäßige prozentuale Anstieg der Wassergebühren für sich genommen noch nicht den umgekehrten Schluss auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit. Denn die Verhältnisse im Bereich des betroffenen Wasserversorgers sind nicht allein ausschlaggebend. Die Wasserversorgung ist zwar wegen ihrer örtlichen Radizierung eine gemeindliche Selbstverwaltungsangelegenheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.1981 - 2 BvL 14/79 -, BVerfGE 58, 45 <62>). Deren Kosten werden demnach durch originär kommunalpolitische Entscheidungen maßgeblich beeinflusst; hierzu mag bei der Beklagten die auch vom Wasserhaushaltsrecht grundsätzlich erwünschte Betonung der Eigenversorgung (Ortsnäheprinzip; § 1a Abs. 3 WHG, § 43 Abs. 1 Satz 1 WG) zählen, im Gegensatz etwa zur benachbarten Stadt Gerabronn, die sich einem überörtlichen Zweckverband (§ 43 Abs. 1 Satz 2 WG) angeschlossen hat und mit einem Betrag von 1,71 EUR/m³ (inkl. MwSt.; Stand 2008 ) auf deutlich niedrigere Wassergebühren verweisen kann. Daneben hängen die Kosten von vielfältigen objektiven Umständen - wie Verfügbarkeit der Wasserressourcen nach geologischen und hydrologischen Gegebenheiten, Qualität der Ressourcen, Topografie und Siedlungsstruktur - ab, die aber jedenfalls einen regionalen Vergleich erlauben (vgl. hierzu Heitzmann/Schmauz in: Statistische Monatshefte Baden-Württemberg 8/2008 S. 5 <8 f.>). Demnach muss auch das Ausgangs- und Zielniveau verglichen mit den Preisen anderer Wasserversorger in der Umgebung berücksichtigt werden (so auch Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 - 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Danach kann ungeachtet einer nur geringen prozentualen Erhöhung von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit dann ausgegangen werden, wenn die Beschränkung der Benutzungspflicht zu einer Gebühr führen würde, deren Höhe das Preisniveau in der Region deutlich übersteigt. Bei einer erheblichen Spreizung der Gebührenhöhe im Vergleichsgebiet setzt diese Feststellung nicht zwingend die Überschreitung des - gegebenenfalls um offensichtliche „Ausreißer“ bereinigten - Rahmens voraus (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Vielmehr kann dann schon das Ausmaß der Abweichung von der durchschnittlichen Gebührenhöhe ausreichen. Nach der vorgelegten Übersicht der Wassergebühren in den Gemeinden des Landkreises Schwäbisch Hall aus dem Jahr 2007 beläuft sich die Höhe der Wassergebühren im Durchschnitt auf 1,81 EUR/m³. Dabei reicht die Spanne von 1,15 EUR/m³ bis zu dem von der Beklagten verlangten Spitzenwert von - damals - 2,54 EUR/m³. Bei einer zu erwartenden Erhöhung dieses Betrags auf nunmehr 2,68 EUR/m³ wäre der Durchschnitt um nahezu 50% überschritten. Eine solche Belastung ist den übrigen Wasserabnehmern auch bei der Würdigung der Interessen des Klägers nicht mehr zuzumuten. Dieser Einschätzung kann hier nicht entgegengehalten werden, dass die Beklagte zunächst verpflichtet sei, alle ihr zu Gebote stehenden Mittel einzusetzen, um die Auswirkungen einer Beschränkung der Benutzungspflicht etwa durch die Anpassung der Gebührenstruktur aufzufangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <756>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Denn die Beklagte hat, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, bereits letztes Jahr die Zählergebühr erhöht und im Gegenzug die verbrauchsabhängige Wassergebühr gesenkt, und damit die Großverbraucher auf Kosten der Kleinverbraucher entlastet.
III.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
44 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
45 
Beschluss vom 28. Mai 2009
46 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 45 Abs. 1 Satz 3 und § 63 Abs. 2 GKG).
47 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
18 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung ist auch im Übrigen mit den jetzt gestellten Anträgen zulässig.
19 
Erstmals in der Berufungsinstanz macht der Kläger im Hauptantrag zusätzlich zu dem hilfsweise aufrecht erhaltenen Verpflichtungsantrag nebst Anfechtungsannex ein Feststellungsbegehren geltend. Er möchte nunmehr an erster Stelle festgestellt wissen, dass der Brauchwasserverbrauch von vornherein nicht zum Anschlusszwang führt. Darin liegt eine Klageänderung nach § 91 VwGO. Denn der Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens wird damit erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.08.2005 – 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 <135>). Im Übergang zu einer anderen Klageart liegt nicht lediglich eine Präzisierung des Klagebegehrens, was nach dem Rechtsgedanken des § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen wäre (vgl. hierzu Ortloff/Riese in: Schoch u.a. , VwGO, § 91 Rn. 24, 29); denn der Klagegrund wird ausgewechselt, wenn anders als bisher die Reichweite des Anschlusszwangs in Zweifel gezogen und folglich eine Befreiung für entbehrlich erachtet wird. Diese Klageänderung in Gestalt einer nachträglichen objektiven Klagehäufung (§ 44 VwGO), die auch im Berufungsverfahren gem. § 125 VwGO grundsätzlich möglich ist, ist nach § 91 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 VwGO zulässig. Denn die Beklagte hat durch rügelose Einlassung in die Klageänderung eingewilligt.
20 
Bei den Hilfsanträgen handelt es sich demgegenüber nicht um eine Klageänderung; vielmehr ist insoweit das bereits im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachte Klagebegehren nur klarstellend und präzisierend in neue Klageanträge gefasst worden.
II.
21 
Die Berufung ist nicht begründet. Der Hauptantrag hat keinen Erfolg. Das mit den Hilfsanträgen verfolgte Klagebegehren ist bereits vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.
22 
1. a) Der Feststellungsantrag ist nach Maßgabe der auch für die geänderte Klage grundsätzlich zu beachtenden Zulässigkeitsvoraussetzungen zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.10.1980 - 6 C 39.80 -, BVerwGE 61, 45 <51>). Die Beteiligten streiten um die Reichweite des Anschlusszwangs und damit um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.1996 – 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 <264 f.>). Der Kläger ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog), da er geltend machen kann, durch die Anwendung der streitigen Vorschriften in seinem Eigentumsgrundrecht verletzt zu sein. Er kann sich auf ein Feststellungsinteresse berufen, da die begehrte Feststellung geeignet ist, den Rechtsstreit zwischen den Beteiligten abschließend zu klären. Es fehlt auch nicht an der instanziellen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs. Zwar zählt die nun erhobene Feststellungsklage nicht zu den Verfahren, die dem Oberverwaltungsgericht nach § 48 VwGO zur Entscheidung im ersten Rechtszug zugewiesen sind, sodass gem. § 45 VwGO grundsätzlich das Verwaltungsgericht zur Entscheidung berufen ist. Durch die Möglichkeit der Klageänderung in einem anhängigen Berufungsverfahren werden indessen diese Zuständigkeitsregelungen modifiziert und erstinstanzliche Zuständigkeiten der Berufungsgerichte begründet. Dies gilt in Anlehnung an die zur Sachdienlichkeit einer Klageänderung entwickelten Grundsätze (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.04.1999 - 4 C 4.98 -, BVerwGE 109, 74 <78 f.>) jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Klageänderung den Prozess nicht auf ganz neue Grundlagen stellt, also auch die geänderte Klage einen schon bisher zwischen den Beteiligten vorhandenen Streitstoff zum Gegenstand hat und sich deshalb das "Gesicht des Rechtsstreits“ nicht ändert (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.02.1979 - II 697/78 -, juris Rz. 21; Urteil vom 19.09.2002 - 14 S 1429/02 -, juris Rz. 36, jeweils m.w.N.).
23 
Schließlich steht dem Feststellungsantrag die Subsidiaritätsregel des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen. Auf eine isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid, mit dem die zunächst beantragte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang abgelehnt worden ist, kann der Kläger nicht vorrangig verwiesen werden, da ihm insoweit die Klagebefugnis fehlt. Diesem Bescheid liegt zwar die vom Kläger angegriffene Rechtsauffassung über die Reichweite des Anschlusszwangs zugrunde. Als bloßes Begründungselement des Bescheids nimmt die bestrittene Rechtsauffassung jedoch nicht an dem der Bestandskraft fähigen Regelungsgehalt des Bescheids teil (vgl. hierzu U. Stelkens in: Stelkens u.a. , VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 143 f., m.N.); die Rechtsfigur eines inzidenten Feststellungsbescheids gibt es nicht.
24 
b) Der Hauptantrag ist unbegründet. Der Anschlusszwang nach der Satzung der Beklagten über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung – WVS) vom 04.07.2000 erstreckt sich grundsätzlich auf die gesamte Wasserversorgung und beschränkt sich nicht auf das für den Bedarf des Menschen bestimmte Wasser. Mit diesem Inhalt ist die Satzung von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt.
25 
(1) Nach § 4 Abs. 1 WVS sind Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wasser verbraucht wird, bei gegebener Anschlussmöglichkeit verpflichtet, diese Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen. Eine Beschränkung auf einen bestimmten Verbrauchszweck ist nicht vorgesehen. Das Brauchwasser ist nicht ausgenommen. Das wird insbesondere bestätigt durch die Regelung in § 5 Abs. 1 WVS. Nach Satz 1 haben auf Grundstücken, die an die öffentliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen sind, die Wasserabnehmer ihren gesamten Wasserbedarf aus dieser zu decken. Aus Satz 2, der die Nutzung von Niederschlagswasser für Zwecke der Gartenbewässerung vom Benutzungszwang ausnimmt, folgt im Gegenschluss, dass ohne diese ausdrückliche Regelung diese Brauchwassernutzung ebenfalls vom Benutzungszwang erfasst wäre (vgl. auch die Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auch § 8 Abs. 2 WVS geht von einem umfassenden Verständnis des Anschluss- und Benutzungszwangs aus; denn danach darf das Wasser - vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen - für alle Zwecke verwendet werden. Der daraus folgenden Erstreckung des Anschlusszwangs auch auf die Brauchwasserversorgung steht § 1 Abs. 1 Satz 1 WVS nicht entgegen. Danach dient die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Lieferung von Trinkwasser. Die Beklagte hat damit eine Formulierung im Satzungsmuster des Gemeindetags Baden-Württemberg übernommen (BWGZ 1996, 642 <644>), während andere Mustersatzungen das Brauchwasser ausdrücklich erwähnen (siehe etwa § 1 Satz 1 des Arbeitsmusters einer Wasserversorgungssatzung, abgedruckt in: Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Bd. 3, III. Teil, AVBWasserV/Anh.). Für den Umfang des Benutzungszwangs ist die von der Beklagten gewählte Formulierung indessen unerheblich. Denn die Regelung bringt lediglich zum Ausdruck, dass die Beklagte Wasser insgesamt in entsprechender Qualität liefert; eine getrennte Lieferung von Trinkwasser und von Brauchwasser ist nämlich wegen des einheitlichen Leitungsnetzes nicht möglich.
26 
Vor diesem Hintergrund trifft § 4 Abs. 1 Satz 2 WVS, wonach auf einem Grundstück alle Gebäude anzuschließen sind, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, lediglich eine ausdrückliche Sonderregelung für diesen Verbrauchszweck, ohne indessen andere auszuschließen. Im Übrigen wird entgegen der Auffassung des Klägers Wasser, das für den menschlichen Bedarf bestimmt ist, nicht lediglich in Gebäuden verbraucht, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Dies gilt nicht nur für Trinkwasser i.S. der Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Verbrauch (TrinkwasserverordnungTrinkwV) vom 21.05.2001 (BGBl. I S. 959, i.d.F. der Verordnung vom 31.10.2006, BGBl. I S. 2467) – z.B. Wasser zur Körperreinigung etwa in Industriebetrieben (§ 3 Nr. 1 Buchst. a TrinkwV) -, sondern insbesondere für Wasser für Lebensmittelbetriebe - etwa in der Milchwirtschaft Wasser, das zur Reinigung von Gegenständen dient, die bestimmungsgemäß mit Lebensmitteln in Berührung kommen (§ 3 Nr. 1 Buchst. b TrinkwV).
27 
(2) Die Wasserversorgungssatzung der Beklagten ist mit diesem Regelungsinhalt von der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 1 GemO gedeckt. Danach kann die Gemeinde bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung den Anschluss- und Benutzungszwang für die Wasserversorgung als eine der Volksgesundheit dienenden Einrichtung vorschreiben. Bei Wasser für den menschlichen Gebrauch ist die Ausrichtung an diesem Gesetzeszweck ohne weiteres gegeben.
28 
Die grundsätzliche Erstreckung auch auf das Brauchwasser, für die sich die Beklagte auf einen Beurteilungsspielraum nicht berufen kann (vgl. auch Urteil des erk. Senats vom 18.03.2004 – 1 S 2261/02 -, VBlBW 2004, 337 <338> m.w.N.; a.A. etwa OVG NRW; Urteil vom 28.11.1986 – 22 A 1206/81 -, NVwZ 1987, 727 und Kunze/Bonner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 10; siehe auch Seewald in: Steiner , Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2006, Kap. 1 Rn. 171, m.N.), lässt sich demgegenüber weder allein mit dem Interesse an einem wirtschaftlichen Betrieb der Wasserversorgung noch mit dem bloßen Hinweis rechtfertigen, dass die gemeindliche Wasserversorgung als Ganzes dem Interesse der Allgemeinheit und in diesem Rahmen vor allem der Volksgesundheit dient (vgl. etwa Urteile des erk. Senats vom 13.03.1972 - I 192/71 -, KStZ 1972, 158 <159> und vom 19.03.1990 - 1 S 1991/89 -, NVwZ-RR 1990, 499; Kunze/Bonner/Katz, a.a.O., § 11 Rn. 8). Ein hinreichender Bezug zum und eine Rechtfertigung durch den Gesetzeszweck des Gesundheitsschutzes ist insoweit aber dann gegeben, wenn entweder festgestellt werden kann, dass für die Erstreckung auf den Brauchwasserbereich selbst Gründe der Volksgesundheit sprechen oder wenn die Trinkwasserversorgung selbst hiervon abhängt - sei es, weil erst auf diese Weise die erforderlichen Durchsatzmengen gewonnen werden können, sei es, weil eine nur das Trinkwasser betreffende Versorgung den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren verlässt, weil sie die finanziellen Kapazitäten des Versorgungsträgers überfordert oder zu erträglichen Preisen nicht möglich ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>; Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO, LKrO, BezO für den Freistaat Bayern, Art. 24 GO Erl. I 5.1). Die danach gebotene Prüfung, ob eine Beschränkung des Benutzungszwangs angezeigt ist, muss die Beklagte allerdings nicht mit dem Ziel einer generellen Satzungsregelung vornehmen. Vielmehr kann sie dieser Pflicht im Rahmen ihres Satzungsermessens in zulässiger Weise Einzelfall bezogen nachkommen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.11.1991 - 7 B 56.91 –, juris Rz. 3). Das hat die Beklagte durch die Normierung der Möglichkeit einer Teilbefreiung in § 5 Abs. 3 WVS getan. Damit setzt sie zugleich und in erster Linie die in § 35 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV – vom 20.06.1980 (BGBl. I S. 750, 1067 i.d.F. des Gesetzes vom 09.12.2004, BGBl. I S. 3214) vorgeschriebene Anpassung ihrer Satzung an § 3 Abs. 1 AVBWasserV um, wodurch ein absoluter Vorrang des Interesses an einer preisgünstigen öffentlichen Wasserversorgung nicht mehr anerkannt werden soll. Dieser Freistellungsanspruch ist indessen beschränkt, wenn eine konkrete Beeinträchtigung von Belangen der Volksgesundheit zu besorgen ist (vgl. Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/89 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>).
29 
2. Der erste Hilfsantrag ist ebenso wenig begründet. Er zielt letztlich darauf ab, den Kläger für das Baugrundstück von der Benutzungspflicht völlig freizustellen und zugleich als notwendige Folge den Anschlusszwang zu Fall zu bringen, der mangels Benutzung ins Leere ginge. Dabei macht der Kläger nicht geltend, dass entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 Abs. 2 WVS gegeben seien. Er fasst vielmehr der Sache nach die beiden in seinem Eigentum stehenden und seinem landwirtschaftlichen Betrieb zugeordneten Grundstücke Flst. Nr. ... und ... personen- bzw. betriebsbezogen zu einer Einheit zusammen und beruft sich auf dieser Grundlage – auf der Hofstelle wird bereits Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bezogen - allein auf den Beschränkungsanspruch nach § 5 Abs. 3 WVS. Danach räumt die Stadt dem Wasserabnehmer im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren auf Antrag die Möglichkeit ein, den Bezug auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Diese Regelung ist hier indessen schon nach der Systematik der Satzungsbestimmungen über den Benutzungszwang nicht geeignet, die begehrten Rechtsfolgen zu begründen.
30 
§ 5 Abs. 1 WVS normiert als Grundsatz den umfassenden Benutzungszwang zugunsten der gemeindlichen Wasserversorgungsanlage. Dieser ist dabei auf das jeweils angeschlossene Grundstück bezogen und bildet so die Fortsetzung des Anschlusszwangs, der ebenfalls – grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse - an das Grundstück anknüpft (§ 4 Abs. 1 Satz 1 WVS, § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO). In § 5 Abs. 2 WVS folgt sodann der Anspruch auf Befreiung, die nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen gewährt werden kann. Mit der in § 5 Abs. 3 WVS geregelten Beschränkung des Wasserbezugs auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf wird, wie in § 5 Abs. 4 WVS ausdrücklich benannt, eine Teilbefreiung gewährt. Nach dieser auf das jeweilige Grundstück bezogenen Systematik ist zwischen Befreiung und Teilbefreiung im Sinne einer Alternativität streng zu trennen. Einen fließenden Übergang von der Teil- zur Vollbefreiung kann es schon wegen der voneinander abweichenden tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 und § 5 Abs. 3 WVS nicht geben. Während die Befreiung nach § 5 Abs. 2 WVS den Nachweis seitens des Abnehmers fordert, dass die Nutzung des Wassers ihm nicht zumutbar ist, hängt die Teilbefreiung – neben der hygienischen und gesundheitlichen Unbedenklichkeit – von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Wasserversorger ab. Es ginge nicht an, dieselbe Rechtsfolge, nämlich die vollständige Befreiung vom Benutzungszwang für ein Grundstück, auf der Grundlage gänzlich verschiedener Normen zu gewähren.
31 
§ 5 Abs. 3 WVS muss nicht etwa deswegen anders verstanden werden, weil diese Vorschrift, abgesehen von der Bezeichnung der Beteiligten, mit § 3 Abs. 1 AVBWasserV übereinstimmt. Auch diese Bestimmung setzt nämlich eine fortbestehende Wasserbelieferung voraus, da ansonsten der privatrechtliche Vertrag mit dem Wasserversorgungsunternehmen aufzulösen wäre. An die Stelle einer vertraglichen und insoweit personenbezogenen Begründung der Lieferverpflichtungen tritt beim öffentlich-rechtlichen Wasserversorgungsverhältnis der hoheitlich auferlegte Benutzungszwang. Dieser muss dann aber bei der Teilbefreiung mit der Verpflichtung fortbestehen, die Grundbelieferung mit Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage entgegenzunehmen, (vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 25.01.1989 - 22 A 1249/86 -, RdL 1989, 146). Denn die Bestimmungen der AVBWasserV können nur mit der Maßgabe Anwendung finden, dass die Grundentscheidung für den Anschluss- und Benutzungszwang nicht leerläuft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.01.1986 – 7 CB 51 und 52.85 -, NVwZ 1986, 483; vom 15.07.1988 - 7 B 195.87 -, NVwZ 1988, 1126 <1127>; vom 12.07.1991 - 7 B 17 und 18.91 -, NVwZ-RR 1992, 37 <39>).
32 
Hiernach muss sich der Umfang der Benutzungspflicht eines landwirtschaftlichen Betriebs nach unterschiedlichen rechtlichen Kriterien messen lassen je nachdem, ob ein abgrenzbarer Wasserbedarf auf dem Grundstück der Hofstelle oder auf einem anderen entsteht, das - anders als im vorliegenden Fall - nicht einmal äußerlich erkennbar deutlich abgegrenzt sein muss. Diese zwingende Folge aus der vom Gesetz vorgegebenen strikt grundstücksbezogenen Betrachtungsweise hat durch das Abstellen auf ein formales Kriterium den Vorteil der Rechtsklarheit und der Beständigkeit für sich, während ein personen- bzw. betriebsbezogener Ansatz jeweils auf Änderungen in den Eigentumsverhältnissen bzw. im Betriebskonzept reagieren müsste. Im Übrigen ist auch bei einer grundstücksbezogenen Betrachtungsweise eine Prüfung am Maßstab des § 5 Abs. 3 WVS nicht ausgeschlossen.
33 
3. Schließlich bleibt auch der auf der Grundlage der grundstücksbezogenen Betrachtungsweise gestellte zweite Hilfsantrag erfolglos. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Wasserbezug für das Grundstück Flst. Nr. ... auf den Trinkwasserbezug beschränkt und ihn damit für das im Schweinestall benötigte Brauchwasser vom Benutzungszwang befreit (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
34 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 WVS liegen nicht vor. Es fehlt schon an der Beschränkung auf einen Verbrauchszweck. Darüber hinaus erweist sich die begehrte Teilbefreiung jedenfalls als wirtschaftlich unzumutbar.
35 
a) Die Möglichkeit einer Beschränkung des Wasserbezugs nach § 5 Abs. 3 WVS ist dem Kläger nicht von vornherein abgeschnitten. Er kann grundsätzlich geltend machen, den Wasserbezug auf Trinkwasser bzw. Wasser für den menschlichen Gebrauch zu beschränken. Dass ein solcher Bedarf in einem Gebäude besteht, in dem sich Menschen längere Zeit zur Arbeit aufhalten, liegt nicht fern. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Nachfrage indessen angegeben, dass nach einem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage Trinkwasser für das Händewaschen und für das Waschen der für die veterinärmedizinische Versorgung benötigten Spritzen verwendet würde; die Installation einer Hygieneschleuse hat er demgegenüber lediglich als Option für die Zukunft bezeichnet. Der so umschriebene aktuelle Bedarf fällt dann aber im Vergleich zum Wasserbezug für das Tränken der Tiere und die Stallreinigung nicht ins Gewicht. Einen (absoluten oder relativen) Mindestbezug sieht die Satzung zwar nicht ausdrücklich vor. Der in § 5 Abs. 4 WVS verwendete Begriff der Teilbefreiung setzt indessen voraus, dass auch nach der Bezugsbeschränkung weiterhin ein nennenswerter Wasserbezug zu verzeichnen ist. Davon kann hier jedoch insbesondere deswegen nicht ausgegangen werden, weil der Kläger ausweislich des Haupt- und des ersten Hilfsantrags den jetzt bezeichneten Bedarf für sein Betriebskonzept nicht als solchen identifiziert hat. Deshalb liegt bei realistischer Betrachtungsweise der Schluss nahe, dass der Kläger der Sache nach immer noch auf eine vollständige Befreiung abzielt.
36 
b) Mit seinem Antrag kann der Kläger aber auch dann nicht durchdringen, wenn von einer rechtlich beachtlichen Teilbefreiung auszugehen ist. Denn die Auswirkungen einer Beschränkung auf den angegebenen „Restzweck“ überschreiten den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren.
37 
Wegen des kostenrechnenden Charakters der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung, die durch Gebühren und Beiträge als spezielle Entgelte finanziert wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), kann die insoweit darlegungspflichtige Beklagte allerdings in aller Regel keine eigenen finanziellen Interessen geltend machen. Vielmehr kommt es regelmäßig auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit für die übrigen Wasserabnehmer an, die einen Gebührenausfall infolge von Teilbedarfsbeschränkungen angesichts des hohen Fixkostenanteils bei der Wasserversorgung über erhöhte Gebühren mitfinanzieren müssen. Erst wenn solche Beschränkungen zu für den Verbraucher nicht mehr tragbaren Wasserpreisen führen würden, kann der Ausschlussgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit einem Beschränkungsbegehren entgegengehalten werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>).
38 
Der Beklagten ist es nicht verwehrt, bei dieser Beurteilung nicht nur die Auswirkungen des konkret zu prüfenden Antrags auf die Gebührenkalkulation in den Blick zu nehmen. Vielmehr ist sie aus Gründen der Gleichbehandlung gehalten, auch weitere anstehende Beschränkungsbegehren in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei darf sie sich nicht allein auf anhängige Beschränkungsanträge beschränken (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ; im Anschluss daran Sächs. OVG, Urteil vom 08.04.2008 - 4 B 403/07 -, juris Rz. 23). Denn dies entspricht nicht einer wirklichkeitsnahen Betrachtungsweise; es reicht aus, wenn solche Anträge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit abzusehen sind (so schon Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/88 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>; Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 – 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>). Bloße vage Spekulationen genügen demgegenüber nicht. Nach diesen Maßstäben durfte die Beklagte die in den zurückliegenden Jahren verbeschiedenen Beschränkungsanträge in ihre Erwägungen einbeziehen; denn ein neuerlicher Antrag läge ungeachtet der Bestandskraft eines Ablehnungsbescheids bei einer Entscheidung zugunsten des Klägers durchaus nahe. Demgegenüber beruhen die Vermutungen der Beklagten über weitere zu erwartende Anträge auf Teilbefreiung mit einem beträchtlichen mengenmäßigen Umfang auf keiner verlässlichen Tatsachengrundlage. Unter dem Aspekt der gebotenen Gleichbehandlung sind allerdings nur die Anträge von Landwirten auf Teilbefreiung für ihre Betriebe zu berücksichtigen. Der Antrag der Freibadfreunde Langenburg e.V. (Teilbefreiung für das Beckenwasser) in einem Umfang von 6.500 m³/Jahr ist nicht auf eine wirtschaftliche Betätigung bezogen und somit nicht vergleichbar. Demnach verbleibt ein Rückgang der verkauften Trinkwassermenge pro Jahr von 8.200 m³; der vom Kläger prognostizierte Verbrauch von 2.000 m³/Jahr ist nicht hinzuzurechnen, weil diese Menge in der zugrunde gelegten Verkaufsmenge von 124.000 m³/Jahr noch nicht enthalten war. Ausgehend von der vom Klägervertreter mit Schriftsatz vom 15.01.2008 an das Verwaltungsgericht vorgelegten nachvollziehbaren Vergleichsberechnung ergäbe sich dann eine Erhöhung der Wassergebühren, die nach Anhebung der Zählergebühr nunmehr auf 2,50 EUR/m³ ermäßigt worden sind, um 0,18 EUR/m³ - dies entspricht 7,2% - auf 2,68 EUR/m³. Damit ist hier die Grenze des wirtschaftlich Zumutbaren überschritten.
39 
Bei der Bestimmung der Höhe des Wasserpreises, der den Abnehmern noch zugemutet werden kann, ist nicht (allein) auf das Äquivalenzprinzip als gebührenrechtliche Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips abzustellen (hierzu neigend BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Denn dieser Grundsatz bildet nur die allgemeine und absolute Grenze der Gebührenbemessung, die hier ersichtlich noch nicht erreicht ist.
40 
Der in den Zuwendungsrichtlinien des Umweltministeriums für die Förderung wasserwirtschaftlicher Vorhaben (Förderrichtlinien Wasserwirtschaft 2009 - FrWw 2009) vom 23.06.2008 genannte Schwellenwert kann hier ebenso wenig herangezogen werden (so aber - jedenfalls im Sinne einer Negativabgrenzung - Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auf der Grundlage dieser Förderrichtlinien gewährt das Land Zuwendungen für wasserwirtschaftliche Vorhaben von öffentlichem Interesse. U.a. werden die notwendigen Vorhaben zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung gefördert, „um insbesondere unzumutbar hohe Gebühren- und Beitragsleistungen für die Bürger zu vermeiden“ (Abschnitt I. vor 1). Nach den Fördergrundsätzen können Zuwendungsempfänger Zuwendungen erhalten, deren Wasser- und Abwasserentgelt die Antragsschwelle von 5,90 EUR/m³ erreicht (Abschnitt II., 7.1); diese wird von der Beklagten mit dem Betrag von 6,26 EUR/m³ überschritten. Es fehlt indessen an jeglichem Hinweis, nach welchen rechtlichen Maßstäben dieser Schwellenwert - ungeachtet der Zielvorgabe - festgesetzt wird. Eine Anwendung im Regelungsbereich des § 3 Abs. 1 AVBWasserV bzw. § 5 Abs. 3 WVS scheidet deswegen aus.
41 
Bei der Konkretisierung des Begriffs des wirtschaftlich Zumutbaren ist vielmehr von der Zweckbestimmung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 27 Abs. 3 AGBG auszugehen, auf der § 3 Abs. 1 AVBWasserV beruht. Danach soll ein Ausgleich geschaffen werden zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung einerseits und den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an einer Berücksichtigung ihrer jeweils besonderen Bedürfnisse und Wünsche andererseits (vgl. BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschluss vom 02.11.1981 - 2 BvR 671/81 -, NVwZ 1982, 306 <307>). Hiernach kommt es vorrangig auf das Verhältnis des zu erwartenden Wasserpreises zum bisherigen Preisniveau an.
42 
Für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit kann bereits ein deutlicher Gebührensprung sprechen. Demgegenüber rechtfertigt der hier mit 7,2% nur mäßige prozentuale Anstieg der Wassergebühren für sich genommen noch nicht den umgekehrten Schluss auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit. Denn die Verhältnisse im Bereich des betroffenen Wasserversorgers sind nicht allein ausschlaggebend. Die Wasserversorgung ist zwar wegen ihrer örtlichen Radizierung eine gemeindliche Selbstverwaltungsangelegenheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.1981 - 2 BvL 14/79 -, BVerfGE 58, 45 <62>). Deren Kosten werden demnach durch originär kommunalpolitische Entscheidungen maßgeblich beeinflusst; hierzu mag bei der Beklagten die auch vom Wasserhaushaltsrecht grundsätzlich erwünschte Betonung der Eigenversorgung (Ortsnäheprinzip; § 1a Abs. 3 WHG, § 43 Abs. 1 Satz 1 WG) zählen, im Gegensatz etwa zur benachbarten Stadt Gerabronn, die sich einem überörtlichen Zweckverband (§ 43 Abs. 1 Satz 2 WG) angeschlossen hat und mit einem Betrag von 1,71 EUR/m³ (inkl. MwSt.; Stand 2008 ) auf deutlich niedrigere Wassergebühren verweisen kann. Daneben hängen die Kosten von vielfältigen objektiven Umständen - wie Verfügbarkeit der Wasserressourcen nach geologischen und hydrologischen Gegebenheiten, Qualität der Ressourcen, Topografie und Siedlungsstruktur - ab, die aber jedenfalls einen regionalen Vergleich erlauben (vgl. hierzu Heitzmann/Schmauz in: Statistische Monatshefte Baden-Württemberg 8/2008 S. 5 <8 f.>). Demnach muss auch das Ausgangs- und Zielniveau verglichen mit den Preisen anderer Wasserversorger in der Umgebung berücksichtigt werden (so auch Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 - 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Danach kann ungeachtet einer nur geringen prozentualen Erhöhung von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit dann ausgegangen werden, wenn die Beschränkung der Benutzungspflicht zu einer Gebühr führen würde, deren Höhe das Preisniveau in der Region deutlich übersteigt. Bei einer erheblichen Spreizung der Gebührenhöhe im Vergleichsgebiet setzt diese Feststellung nicht zwingend die Überschreitung des - gegebenenfalls um offensichtliche „Ausreißer“ bereinigten - Rahmens voraus (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Vielmehr kann dann schon das Ausmaß der Abweichung von der durchschnittlichen Gebührenhöhe ausreichen. Nach der vorgelegten Übersicht der Wassergebühren in den Gemeinden des Landkreises Schwäbisch Hall aus dem Jahr 2007 beläuft sich die Höhe der Wassergebühren im Durchschnitt auf 1,81 EUR/m³. Dabei reicht die Spanne von 1,15 EUR/m³ bis zu dem von der Beklagten verlangten Spitzenwert von - damals - 2,54 EUR/m³. Bei einer zu erwartenden Erhöhung dieses Betrags auf nunmehr 2,68 EUR/m³ wäre der Durchschnitt um nahezu 50% überschritten. Eine solche Belastung ist den übrigen Wasserabnehmern auch bei der Würdigung der Interessen des Klägers nicht mehr zuzumuten. Dieser Einschätzung kann hier nicht entgegengehalten werden, dass die Beklagte zunächst verpflichtet sei, alle ihr zu Gebote stehenden Mittel einzusetzen, um die Auswirkungen einer Beschränkung der Benutzungspflicht etwa durch die Anpassung der Gebührenstruktur aufzufangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <756>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Denn die Beklagte hat, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, bereits letztes Jahr die Zählergebühr erhöht und im Gegenzug die verbrauchsabhängige Wassergebühr gesenkt, und damit die Großverbraucher auf Kosten der Kleinverbraucher entlastet.
III.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
44 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
45 
Beschluss vom 28. Mai 2009
46 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 45 Abs. 1 Satz 3 und § 63 Abs. 2 GKG).
47 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Wasserversorgungsunternehmen hat dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Der Kunde ist verpflichtet, seinen Wasserbedarf im vereinbarten Umfange aus dem Verteilungsnetz des Wasserversorgungsunternehmens zu decken.

(2) Vor der Errichtung einer Eigengewinnungsanlage hat der Kunde dem Wasserversorgungsunternehmen Mitteilung zu machen. Der Kunde hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß von seiner Eigenanlage keine Rückwirkungen in das öffentliche Wasserversorgungsnetz möglich sind.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Juni 2013 wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 9. März 2005 und des Widerspruchsbescheids des Landratsamts T1 vom 24. September 2012 verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Teilbefreiung vom Benutzungszwang für das in seinem landwirtschaftlichen Anwesen (T. 5) benötigte Brauchwasser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger erstrebt hinsichtlich des für seinen landwirtschaftlichen Betrieb benötigten Brauchwassers eine Teilbefreiung von der Pflicht zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung. Als Inhaber eines Hofgrundstücks im Gemeindegebiet des Beklagten entnimmt er bisher trotz eines bestehenden Anschlusses an das öffentliche Versorgungsnetz das für die Tierhaltung in seinem Betrieb (derzeit 55 Großvieheinheiten [GVE]) benötigte Wasser einer eigenen Brunnenanlage.

Mit Schreiben vom 10. Februar 2005 beantragte der Kläger die Befreiung vom Benutzungszwang für das Brauchwasser in seinem landwirtschaftlichen Betrieb. Seine Hausbrunnenanlage entspreche allen Anforderungen, insbesondere den Hygienevorschriften. Die Befreiung sei der öffentlichen Wasserversorgung wirtschaftlich zumutbar, da die im Raum stehende Wassermenge keinen für die öffentliche Wasserversorgung nicht mehr zu verkraftenden Gebührenausfall nach sich ziehen könne.

Mit Bescheid vom 9. März 2005 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Da mehrere Anträge der gleichen Art vorlägen und diesen aus Gründen der Gleichbehandlung ebenfalls stattgegeben werden müsste, sei der dadurch entstehende Gebührenausfall der öffentlichen Wasserversorgung des Beklagten wirtschaftlich nicht zumutbar, da die insoweit nach der Rechtsprechung geltende Zumutbarkeitsgrenze von 12% überschritten würde. Zudem sei zu berücksichtigen, dass nach Anschluss der Ortsteile B. und T. an die öffentliche Wasserversorgungsanlage die durch Herstellungsbeiträge nicht gedeckten Investitionskosten bereits die Verbrauchsgebühr erheblich belasteten. Der Beklagte habe bisher noch keiner (Teil-)Befreiung zugestimmt.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies das Landratsamt T1 mit Bescheid vom 24. September 2012 zurück. Ein Anspruch auf Teilbeschränkung nach § 7 Abs. 1 der Satzung für die öffentliche Wasserversorgungsanlage des Beklagten (Wasserabgabesatzung - WAS) bestehe auch im Lichte der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung und der auf dieser Basis durchgeführten Berechnungen und Erhebungen wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit nicht. Zudem stünden Gründe der Volksgesundheit der Befreiung entgegen, da die Gefahr einer Verkeimung der Leitungen bei sich vermindernder Wasserabnahmemenge bestehe.

Der Kläger erhob daraufhin - gleichzeitig mit vier weiteren Landwirten im Ort - Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg mit dem Antrag, ihn von der Verpflichtung zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung auszunehmen, soweit das Wasser der Viehtränke, dem Waschen des Viehstalls und der Maschinen sowie dem Pflanzenschutz diene. Wirtschaftliche Unzumutbarkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 WAS könne dem Antrag nicht entgegengehalten werden. Der Beklagte habe bei seiner Prüfung neben den bei Gericht anhängigen Verfahren weitere 13 Befreiungsanträge berücksichtigt, wobei auffallend sei, dass die Mehrzahl dieser Anträge datumsgleich bzw. in enger zeitlicher Nähe gestellt worden seien. Nach Informationen des Klägers seien die Anträge von Vertretern des Beklagten „eingesammelt“ worden. Ihre Ernsthaftigkeit werde in Zweifel gezogen, zumal viele der Antragsteller über keine eigene Brunnenanlage verfügten. Der Beklagte versuche, mit einer sog. fiktiven Wassergebühr den Wasserpreis „hochzurechnen“; diese Berechnung sei aber nicht nachvollziehbar und von der Rechtsprechung nicht gedeckt. Ein Hochrechnen durch Abschreibungen und Verzinsung des Anlagekapitals sei unzulässig; maßgebend sei der Wasserpreis für den Abnehmer in seiner absoluten Höhe im Verhältnis zu den Preisen anderer Versorger im Landkreis. Da der aktuelle Wasserpreis bei nur 0,87 Euro/m³ (netto) liege, könne von einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit aufgrund der anhängigen Befreiungsanträge auch im Vergleich zum durchschnittlichen Wasserpreis im Landkreis T1 nicht ausgegangen werden. Die Fixkosten würden durch die Grundgebühr abgedeckt. Soweit sich der Beklagte ergänzend auf Gründe der Volksgesundheit für die Ablehnung berufe, seien diese nicht belegt.

Der Beklagte beantragte Klageabweisung. Neben den beim Verwaltungsgericht anhängigen fünf Befreiungsanträgen seien noch 13 Anträge von Landwirten mit einem geschätzten Wasserausfall von insgesamt 22.397 m³ anhängig. Da der Kläger seit dem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung im Jahr 2005 für den Viehstall weiter eigenes Wasser verwende, müsse sein diesbezüglicher Verbrauch anhand der Großvieheinheiten geschätzt werden, wobei ein Verbrauch von jährlich 15 m³/GVE zugrunde gelegt werde; dies führe zu einem geschätzten Verbrauch von 825 m³. Der geschätzte Verbrauch aller bei Gericht anhängigen Verfahren betrage insgesamt 3660 m³. Davon ausgehend sei die begehrte Beschränkung der Benutzungspflicht wirtschaftlich unzumutbar. Zum Zweck des regionalen Vergleichs habe man die Wasserpreise der benachbarten Gemeinden vergleichbar machen müssen und sog. fiktive Gebühren ermittelt, wobei der Beklagte mit einer fiktiven Gebühr (ohne Beitragseinnahmen und Grundgebühr) von 2,00 Euro/m³ im Jahr 2012 bereits über der fiktiven Durchschnittsgebühr im Landkreis T1 von 1,87 Euro/m³ liege. Bei Stattgabe aller anhängigen Beschränkungsanträge würde sich die fiktive Gebühr auf 3,08 Euro/m³ erhöhen. Im Übrigen könnten die örtlichen Verhältnisse nicht unberücksichtigt bleiben. Der Beklagte sei durch landwirtschaftliche Betriebe geprägt; im Jahr 2012 hätten die Landwirte im Versorgungsgebiet rund 31.500 m³ und damit fast die Hälfte des gesamten gelieferten Wassers (64.147 m³) verbraucht. Der Ausfall des Wasserbezugs für die Viehställe müsste von den Kleinabnehmern aufgefangen werden, wodurch der Rechtsfriede zwischen Landwirten und Kleinabnehmern erheblich gestört würde. Ein Widerrufsvorbehalt wäre angesichts der konkreten Umstände nicht praktikabel. Ob wegen der Gefahr einer Verkeimung der Leitungen auch Gründe der Volksgesundheit dem Antrag entgegenstünden, könne dahinstehen. Jedoch müsse nach Auskunft eines Ingenieurbüros gewährleistet sein, dass innerhalb von sieben Tagen der 1,5-fache Leitungsinhalt ausgetauscht werde; dies wäre bei Stattgabe aller Beschränkungsanträge nicht mehr der Fall, so dass durch unvermeidliche Spülungen weitere Kosten entstehen würden.

Mit Urteil vom 24. Juni 2013 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage ab. Die Klage sei insgesamt unbegründet, da die begehrte Beschränkung der Benutzungspflicht gemäß § 7 Abs. 1 WAS wirtschaftlich unzumutbar sei. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs komme es dabei im Regelfall auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit für die Wasserabnehmer an, die den durch Teilbefreiungen entstehenden Gebührenausfall über erhöhte Gebühren mitfinanzieren müssten. Der Beklagte habe der Ermittlung des maßgeblichen Verbrauchsausfalls alle anhängigen Beschränkungsanträge zugrunde legen dürfen, da ihnen im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aus Gründen der Gleichbehandlung ebenfalls stattgegeben werden müsste; für die Anwendung des Prioritätsprinzips bestehe hier kein Raum. Soweit der Kläger Zweifel an der inneren Motivation der 13 weiteren Antragsteller hege, seien diese unbeachtlich; es komme allein auf die förmliche Stellung eines Antrags beim Beklagten an. Dass die Anträge wort- und teilweise auch datumsgleich gestellt seien, reiche noch nicht aus, um sie für nicht ernsthaft zu halten. Ebenfalls irrelevant sei die Frage nach bestehenden Brauchwasserversorgungen auf den in Rede stehenden Grundstücken; ein Brunnen könne auch erst nach der möglichen Stattgabe des Antrags und der gegebenenfalls erforderlichen Erteilung einer wasserrechtlichen Gestattung gebohrt werden. Der nach den Daten des Jahres 2012 bei Stattgabe aller Anträge zu erwartende Verbrauchsausfall betrage ca. 22.397 m³; damit vermindere sich der jährliche Gesamtverbrauch von 64.147 m³ auf 41.750 m³. Der sich daraus ergebende Gebührensprung sei für die übrigen Wasserabnehmer auch bei einem Vergleich der Gebühren mit denen anderer Wasserversorger der Region wirtschaftlich nicht zumutbar. Die derzeit satzungsmäßig bestimmte Verbrauchsgebühr von 0,87 Euro/m³ wäre bei Stattgabe aller Beschränkungsanträge auf 1,38 Euro/m³ anzuheben; dies übersteige die durchschnittliche Verbrauchsgebühr im Landkreis von 1,27 Euro/m³ um knapp 8%. Da der Beklagte mit einer Grundgebühr von mindestens 120 Euro pro Jahr bereits heute mit weitem Abstand an der Spitze der Wasserversorger im Landkreis stehe, bestünden für das Gericht keine Zweifel, dass die gewünschte Beschränkung der Benutzungspflicht im Ergebnis zu einer Gebührensituation beim Beklagten führen würde, die den in der weiteren Umgebung üblichen Rahmen spürbar überschreite. Dies werde durch einen Vergleich anhand typischer Haushaltssituationen verdeutlicht. Die Mehrbelastung der übrigen Wasserabnehmer sei nicht mehr zumutbar auch im Hinblick auf die für die meisten anderen Verbraucher nicht bestehende Möglichkeit einer einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Wasserkosten als Betriebsausgaben. Nachdem schon auf Basis der satzungsmäßig festgelegten Gebührensätze eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit festzustellen sei, komme es auf die zwischen den Beteiligten erörterte Frage, ob ein Gebührenvergleich auf Basis einer sog. fiktiven Vergleichsgebühr erfolgen müsste und welche Berechnungsmethode dabei anzuwenden wäre, nicht entscheidungserheblich an. Ein Vergleich allein der satzungsmäßigen Festsetzungen würde aber nach Auffassung des Gerichts zu kurz greifen, weil die Gestehungskosten für Wasser sich kalkulatorisch nicht nur auf Verbrauchsgebühren, sondern auch auf Grundgebühren und Beiträge verteilen ließen. Eine vordergründig niedrige Wasserverbrauchsgebühr sage noch nichts über die Gesamtbelastung der Wasserverbraucher mit Kosten aus der öffentlichen Wasserversorgung aus, sondern könne beispielsweise einer hohen Beitragsfinanzierungsquote und/oder einer hohen Grundgebühr geschuldet sein. Nachdem das Beschränkungsverlangen bereits aus Gründen der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit keinen Erfolg habe, könne ebenfalls offen bleiben, ob auch Gründe der Volksgesundheit dem klägerischen Begehren entgegenzuhalten wären.

Gleichzeitig mit dem Urteil im Verfahren des Klägers wies das Verwaltungsgericht auch die Verpflichtungsklagen der vier weiteren damaligen Kläger ab. Gegen diese Urteile wurden keine Rechtsmittel eingelegt.

Mit der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Juni 2013 den Bescheid des Beklagten vom 9. März 2005 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts T1 vom 24. September 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Antrag des Klägers auf Befreiung von der Benutzungspflicht für das im landwirtschaftlichen Anwesen in T. ... benötigte Brauchwasser (Viehtränke, Stallwäsche, Maschinenwäsche, Wasser für Pflanzenschutzmittel) stattzugeben.

Der vom Verwaltungsgericht angeführte Umstand, dass bei einer Stattgabe aller anhängigen Brauchwasserbefreiungsanträge der Wasserpreis der Beklagten um 0,11 Euro/m³ bzw. 8% über den durchschnittlichen Wasserpreis im Landkreis T1 ansteigen würde, führe bei weitem nicht dazu, dass der in der weiteren Umgebung übliche Rahmen spürbar überschritten wäre; dies sei aber nach der Rechtsprechung Voraussetzung für eine Ablehnung des Befreiungsantrags. Die relativ geringe finanzielle Mehrbelastung der übrigen Wasserverbraucher bei einem Jahresverbrauch von ca. 40 m³ pro Jahr und Person müsse mit der Belastung des Klägers durch die Benutzungspflicht hinsichtlich des landwirtschaftlichen Brauchwassers verglichen werden. Bei einem Durchschnittsverbraucher ergebe sich eine Mehrbelastung von etwa vier Euro pro Jahr über dem Landkreisdurchschnitt im Vergleich zur Mehrbelastung für den Kläger von mehreren 1000 Euro pro Jahr. Da der Beklagte mit derzeit 0,87 Euro/m³ den geringsten Wasserpreis im Landkreis habe, sei eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit für die Wasserabnehmer auch bei Stattgabe aller anhängigen Befreiungsanträge nicht ersichtlich. Die vom Verwaltungsgericht errechnete Steigerung der absoluten Verbrauchsgebühr im Bereich des Beklagten um 0,51 Euro/m³ ändere nichts daran, dass der Wasserpreis auch dann nur um 8% über dem Landkreisdurchschnitt liege. Das Verwaltungsgericht habe zwar Tabellen für den Wasserpreis bei 1-, 2-, 3- und 4-Personen-Haushalten aufgestellt, dabei aber nicht ermittelt, wie viele solcher Haushalte im Versorgungsgebiet der Beklagten vorhanden seien. Tatsächlich gebe es dort überwiegend Haushalte mit vier und mehr Personen, so dass die Belastung durch die Grundgebühr für jeden einzelnen Abnehmer entsprechend niedrig sei. Die erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegten weiteren 13 Befreiungsanträge seien Scheinanträge; keiner dieser neuen Antragsteller habe während der letzten neun Jahre Interesse an einer Brauchwasserbefreiung bekundet. Selbst wenn bei Stattgabe aller Teilbefreiungsanträge die wirtschaftliche Zumutbarkeitsgrenze überschritten sein sollte, hätte der Beklagte die Anträge nicht vollständig ablehnen dürfen, sondern eine ermessensfehlerfreie Verteilung der verfügbaren Kapazitäten vornehmen müssen. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb Teilbefreiungsanträge nicht bis zur wirtschaftlichen Zumutbarkeitsgrenze ausgeschöpft werden könnten. Dabei hätte zugunsten des Klägers berücksichtigt werden müssen, dass sein Befreiungsantrag schon im Jahr 2005 gestellt, aber erst im Jahr 2012 von der Widerspruchsbehörde abschließend geprüft und entschieden worden sei. Da die übrigen 13 Verfahrensanträge erst Ende 2012 vorgelegt worden seien, hätte sich dem Beklagten eine Ermessensentscheidung dahingehend aufdrängen müssen, dass der Kläger mit seinem früheren Antrag vorrangig zu berücksichtigen sei.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf eine spürbare Überschreitung des durchschnittlichen Wasserpreises im Landkreis allein komme es nicht an; vielmehr sei eine Gesamtbetrachtung der Auswirkungen der Befreiung im Gemeindegebiet anzustellen. Es sprächen gute Gründe dafür, bei der Bestimmung der Grenze der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit ausschließlich auf die Verbrauchsgebührensteigerung beim jeweiligen Einrichtungsträger abzustellen. Beschränkungen der Benutzungspflicht könnten insbesondere bei kleineren Gemeinden eine massive Erhöhung der Verbrauchsgebühr zur Folge haben; dies zeige der vorliegende Fall mit einer Erhöhung um 59%. Das Vertrauen der Wasserabnehmer in die langfristige Stabilität der Verbrauchsgebühren werde erschüttert, wenn unter Hinweis auf hohe Verbrauchsgebühren bei anderen Einrichtungsträgern die Gebühren erheblich erhöht werden könnten. Ein Vergleich der Verbrauchsgebühr eines konkreten Versorgers mit den Gebühren anderer Einrichtungsträger sei nicht sachgerecht, weil die Gebührenhöhe oftmals von örtlichen Gegebenheiten und betriebswirtschaftlichen Besonderheiten wie z. B. unterschiedlichen Beitragsdeckungsquoten, Grundgebühren und Kalkulationszeiträumen abhänge, die Abgrenzung der maßgeblichen Region Schwierigkeiten bereite und regionale Durchschnittspreise wenig aussagekräftig seien. Die konkreten örtlichen Verhältnisse wie etwa die Prägung durch landwirtschaftliche Betriebe könnten nicht unberücksichtigt bleiben. Die Teilbefreiungsbescheide mit einer Befristung oder einem Widerrufsvorbehalt zu versehen, erscheine angesichts der mit der Brunnenerstellung verbundenen erheblichen Investitionen nicht zumutbar und daher nicht sachgerecht. Für den Prioritätsgrundsatz sei nur Raum, wenn keine weiteren Anträge vorlägen. Ansonsten sei es weder sachgerecht noch praktikabel, den Beschränkungsanträgen nach dem Zeitpunkt des Eingangs bis zum Erreichen der Zumutbarkeitsschwelle stattzugeben, zumal dann in jedem Einzelfall geprüft werden müsste, ob es dem Antragsteller rechtlich möglich sei, das benötigte Wasser über einen zu errichtenden eigenen Brunnen zu beziehen. Aus ökologischer Sicht sei nicht davon auszugehen, dass bei Errichtung eines eigenen Brunnens im Ergebnis Ressourcen gespart würden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Juni 2013 hat teilweise Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage des Klägers zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Zwar besteht kein strikter Rechtsanspruch des Klägers auf Befreiung von der Pflicht zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung hinsichtlich des für seinen landwirtschaftlichen Betrieb benötigten Brauchwassers (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Beklagte ist aber verpflichtet, über den Teilbefreiungsantrag des Klägers im Ermessenswege unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

I.

Der Kläger, dessen Hofgrundstück seit dem Jahr 2005 an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten angeschlossen ist, hat keinen unmittelbaren Anspruch darauf, von der in § 5 Abs. 3 Satz 1 WAS normierten Verpflichtung, seinen gesamten Wasserbedarf aus dieser Einrichtung zu decken, für den in seinem Antrag genannten Verbrauchszweck (landwirtschaftlich benötigtes Brauchwasser) teilweise befreit zu werden.

1. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS wird die Benutzungspflicht auf Antrag auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf beschränkt, soweit das für die öffentliche Wasserversorgung wirtschaftlich zumutbar ist und andere Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Mit dieser Regelung hat der Satzungsgeber den nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 GO angeordneten, prinzipiell umfassenden Benutzungszwang an die bundesrechtliche Vorgabe des § 3 Abs. 1 i. V. m. § 35 Abs. 1 AVBWasserV (VO über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser v. 20.6.1980, BGBl I S. 750, ber. S. 1067) angepasst. Mit der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS soll das Allgemeininteresse an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung mit den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an einer Berücksichtigung ihrer besonderen Bedürfnisse zum Ausgleich gebracht werden (vgl. BVerfG, B.v. 2.11.1981 - 2 BvR 671/81 - NVwZ 1982, 306/308; BVerwG, U.v. 11.4.1986 - 7 C 50.83 - NVwZ 1986, 754/755). Da die von der Satzung ermöglichte Beschränkung des Benutzungszwangs eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darstellt, mit der im Einzelfall auftretende Härten abgemildert werden können, ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS - durch Bundesrecht vorgezeichnet - für die einzelnen Antragsteller bei Vorliegen der dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen ein Rechtsanspruch auf entsprechende Teilbefreiung und nicht nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (BayVGH, U.v. 26.4.2007 - 4 BV 05.1037 - DÖV 2007, 935).

Der Kläger erstrebt mit seinem Antrag eine Beschränkung des Benutzungszwangs auf einen „bestimmten Verwendungszweck oder Teilbedarf“ im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS. Es geht ihm erkennbar darum, das für seinen landwirtschaftlichen Betrieb benötigte Brauchwasser in vollem Umfang - die Aufzählung „Viehtränke, Stallwäsche, Maschinenwäsche, Wasser für Pflanzenschutzmittel“ ist insoweit nicht als abschließend zu verstehen - aus seinem eigenen Brunnen beziehen zu dürfen. Das hätte zur Folge, dass er nur noch hinsichtlich des Wohnbereichs seines Anwesens verpflichtet wäre, die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten in Anspruch zu nehmen.

Maßgebend für die Prüfung dieses Verpflichtungsbegehrens sind, da es um eine Beschränkung des Benutzungszwangs für die Zukunft geht, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Gerichtsverfahren (BayVGH, U.v. 5.7.1991 - 23 B 89.03718 - VGH n. F. 44, 106 = BayVBl 1992, 20), insbesondere also die derzeit geltenden örtlichen und regionalen Gebührensätze und die für das letzte Abrechnungsjahr (2013) ermittelten Wasserverbrauchsmengen. Ob dem schon im Jahr 2005 gestellten Antrag des Klägers nach der damaligen Sach- und Rechtslage hätte stattgegeben werden müssen, kann daher offenbleiben.

2. Nach den heute gegebenen Umständen scheitert der geltend gemachte Rechtsanspruch auf Teilbefreiung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS am Tatbestandsmerkmal der „wirtschaftlichen Zumutbarkeit für die öffentliche Wasserversorgung“. Die Schwelle zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit ist insbesondere dann überschritten, wenn als Folge der beantragten Beschränkung der Benutzungspflicht die Trinkwasserversorgung in der betroffenen Gemeinde zu erträglichen Preisen nicht (mehr) möglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 11.4.1986 - 7 C 50.83 - NVwZ 1986, 754; B.v. 30.12.2010, RdL 2011, 233), wofür dem Träger der öffentlichen Versorgungseinrichtung die Darlegungslast obliegt (vgl. BayVGH, U.v. 26.4.2007 - 4 B 05.576 - VGH n. F. 60, 111/113 = BayVBl 2008, 274). Dabei ist nicht nur das konkret zur Entscheidung stehende Beschränkungsverlangen mit seiner Auswirkung auf die Gebührenhöhe in den Blick zu nehmen, sondern neben den bereits früher positiv verbeschiedenen auch etwaige weitere anhängige Beschränkungsanträge, denen aus Gründen der Gleichbehandlung ebenfalls stattgegeben werden müsste (BayVGH, a. a. O.). Nicht als mögliche „Berufungsfälle“ zu berücksichtigen sind dagegen bloße Interessebekundungen, die noch nicht in schriftlich begründeten Anträgen (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 2 WAS) zum Ausdruck gekommen, sondern dem Einrichtungsträger nur auf anderem Wege bekannt geworden sind (BayVGH, a. a. O., 113 f.).

a) Im Falle des Klägers sind demnach in die Prüfung des Ausschlussgrundes der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit auch die bisher nicht verbeschiedenen 13 weiteren Beschränkungsanträge einzubeziehen, die ebenfalls eine Teilbefreiung hinsichtlich des zur Viehhaltung benötigten landwirtschaftlichen Brauchwassers zum Gegenstand haben. Dass diese Anträge erst mehr als sieben Jahre nach Anschluss der Ortsteile B. und T. an die öffentliche Wasserversorgung gestellt wurden, innerhalb einer auffällig kurzen Zeitspanne (11. bis 27. 12. 2012) beim Beklagten eingingen und zumeist identische Formulierungen aufweisen, reicht entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus, um sie als bloße Scheinanträge anzusehen und bei der Prognose der künftigen Gebührenentwicklung außer Betracht zu lassen. Zwar lässt sich nicht ausschließen, dass es zumindest einigen Antragstellern ausschließlich darum gehen könnte, den Beschränkungsanspruch des Klägers zunichte zu machen und so einem andernfalls drohenden Gebührenanstieg entgegenzuwirken. Solange eine solche alleinige Verhinderungsabsicht nicht nachgewiesen ist, muss jedoch davon ausgegangen werden, dass die betreffenden Landwirte sich den Antrag des Klägers lediglich zum Vorbild genommen haben und somit aus den gleichen (wirtschaftlichen) Gründen wie er eine Beschränkung des Benutzungszwangs für ihren Betrieb anstreben. Dass diese 13 weiteren Antragsteller bisher entweder noch gar keine oder - seit dem Anschluss ihrer Hofgrundstücke an das öffentliche Versorgungsnetz - allenfalls eine seit Jahren stillgelegte eigene Wasserversorgungseinrichtung besitzen und daher die wasserrechtliche Zulässigkeit der beabsichtigten Selbstversorgung ungewiss erscheint (vgl. § 18 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 WHG), steht der Berücksichtigung ihrer Anträge nicht entgegen. Denn die Beschränkung der Benutzungspflicht nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS wird unabhängig von der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeit einer anderweitigen Bedarfsdeckung erteilt (BayVGH, U.v. 13.2.1997 - 23 B 94.2319 - GK 1997 RdNr. 185); sie kann eine dafür erforderliche wasserrechtliche Gestattung weder ersetzen noch setzt sie diese voraus (BayVGH, U.v. 26.4.2007 - 4 B 05.576 - VGH n. F. 60, 111/113 = BayVBl 2008, 274; OVG RhPf, U.v. 30.5.1995 - 7 A 12843/94 - NVwZ-RR 1996, 193).

Neben den 13 derzeit im Verwaltungsverfahren anhängigen Beschränkungsanträgen müssen in die Beurteilung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit auch jene vier älteren Anträge einfließen, die nach Ablehnung durch den Beklagten und nach Zurückweisung des Widerspruchs im Klagewege weiterverfolgt und vom Verwaltungsgericht aus den selben Gründen wie das Begehren des Klägers abgewiesen wurden. Zwar haben diese erstinstanzlichen Urteile mangels Rechtsmitteleinlegung mittlerweile Rechtskraft erlangt, so dass das Nichtbestehen eines Befreiungsanspruchs zwischen den Prozessbeteiligten feststeht (§ 121 Nr. 1 VwGO). Die Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft entfällt aber bei entscheidungserheblichen Änderungen der Sachlage (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, § 121 Rn. 46 m. w. N.). Die am 24. Juni 2013 ergangenen Urteile bezogen sich auf die Verbrauchsverhältnisse im damals vorangegangenen Abrechnungszeitraum 2012 und nicht auf die nunmehr maßgebenden Werte des Jahres 2013. Einem neuen Beschränkungsverlangen der damaligen vier Kläger könnte daher heute nicht mehr der Einwand der Rechtskraft entgegengehalten werden. Da diese ehemaligen Antragsteller mit ihrem Verhalten, insbesondere mit dem nach wie vor nicht erfolgten Anschluss ihrer Stallanlagen an die öffentliche Wasserversorgung, die deutliche Absicht erkennen lassen, das Begehren auf Teilbefreiung vom Benutzungszwang zumindest bis zum Abschluss des vom Kläger - gleichsam als Musterprozess - weiterbetriebenen Klageverfahrens weiter zu verfolgen, sind sie ausnahmsweise so zu behandeln, als hätten sie ebenfalls bereits einen (nochmaligen) Antrag beim Beklagten eingereicht.

b) Ob bei gleichzeitiger Stattgabe aller zu berücksichtigenden Teilbefreiungsanträge die Wassergebühren im Versorgungsgebiet des Beklagten für die Verbraucher noch als wirtschaftlich zumutbar im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV anzusehen wären und der streitgegenständliche Antrag des Klägers somit Erfolg haben muss, hängt insbesondere von dem Gebührenniveau ab, das sonst in vergleichbaren Lagen für den Wasserbezug gilt (BVerwG, B.v. 30.12.2010 - 8 B 40/10 - RdL 2011, 233 m. w. N.). Nach der Rechtsprechung des Senats bedarf es daher - trotz der naturgemäß unterschiedlich hohen Gestehungskosten - eines Abgleichs mit den Wasserpreisen anderer Versorger in der Region, wobei von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit erst gesprochen werden kann, wenn die Beschränkung der Benutzungspflicht zu einer Gebühr führen würde, deren Höhe den in der weiteren Umgebung üblichen Rahmen spürbar überschreitet (BayVGH, U.v. 26.4.2007 - 4 B 05.576 - VGH n. F. 60, 111/115 f. = BayVBl 2008, 274 m. w. N.). Ungeachtet dieses vorrangig gebotenen regionalen Vergleichs kann jedoch ein deutlicher Gebührensprung gegebenenfalls auch für sich genommen bereits den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren verlassen (BVerwG, a. a. O.). In der Rechtsprechung des Senats ist bisher allerdings nicht geklärt, ab welchem (prozentualen) Anstieg die Zumutbarkeitsschwelle schon bei rein lokaler Betrachtung überschritten ist. Aus den früheren Entscheidungen ergeben sich auch keine eindeutigen Aussagen dazu, wie die regionalen Vergleichswerte ermittelt werden können, welche Bedeutung dabei dem Nebeneinander von Verbrauchs- und Grundgebühren zukommt und wie sich der regional übliche „Rahmen“ als Grenze der wirtschaftlichen Zumutbarkeit in konkreten Zahlenwerten bestimmen lässt.

aa) Um diese Fragen beantworten zu können, muss als Ausgangspunkt zunächst die für das örtliche Versorgungsgebiet maßgebliche Höhe der bisherigen Wassergebühr bestimmt werden, wie sie sich ohne Teilbefreiungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS darstellt bzw. darstellen würde. Da es um die Gebührenbelastung aus Sicht der Anschlussnehmer geht, kommt es hier im Ausgangspunkt nicht auf die für die Einrichtung tatsächlich anfallenden bzw. kalkulatorisch ermittelten Gestehungskosten pro Kubikmeter Wasser an, sondern auf die satzungsrechtlich festgelegte aktuelle Verbrauchsgebühr (hier: 0,87 Euro/m³) unabhängig von dem damit erreichten Kostendeckungsgrad. Wurden allerdings bereits in der Vergangenheit bei einzelnen Anschlussnehmern Teilbefreiungen zugelassen oder faktisch geduldet, so war der daraus resultierende Einnahmeausfall nur durch eine entsprechende Erhöhung des Gebührensatzes auszugleichen; dieser befreiungsbedingte Anteil ist daher zunächst wieder abzuziehen.

Vorliegend bedeutet dies, dass für die trotz des Benutzungszwangs auf eigenes Brauchwasser zurückgreifenden landwirtschaftlichen Betriebe des Klägers und der vier weiteren ursprünglichen Kläger jeweils fiktive Verbrauchswerte anzusetzen sind. Da die genannten Betriebe nach der vom Beklagten vorgelegten Auflistung einen Bestand von insgesamt 244 Großvieheinheiten aufweisen und je Großvieheinheit ein durchschnittlicher Jahreswasserverbrauch in einer Größenordnung von ca. 20 m³ als realistisch angesehen werden kann (vgl. die Broschüre „Wasserverbrauch und Wasserbedarf - Literaturstudie: Einflussfaktoren, Entwicklung und Prognosen“, 2010; http://www.b...gv.at/p...html S. 67), hat sich durch diese bisherigen Selbstversorger das Abgabevolumen um insgesamt (244 x 20 =) 4880 m³ verringert. Hätte der Beklagte im Jahr 2013 demnach statt der tatsächlich gelieferten 65.082 m³ eine Gesamtmenge von 69.962 m³ Wasser abgeben können, so wären ihm die in diesem Jahr erzielten Einnahmen aus Verbrauchsgebühren in Höhe von 56.578 Euro schon bei einer um 6 Cent geringeren Gebühr von (56.578 : 69.962 =) 0,8078, aufgerundet 0,81 Euro/m³ zugeflossen.

Dieser aus einer (unterstellt) größeren Abgabemenge sich ergebende gebührenmindernde Effekt hätte allerdings nicht in vollem Umfang an die Verbraucher weitergegeben werden können, da sich mit dem höheren Gesamtverbrauch auch der Kostenaufwand für den Einrichtungsträger erhöht hätte. Bei einer gemeindlichen Trinkwasserversorgung machen die verbrauchsabhängigen Kosten aber lediglich ca. 20% der Gesamtkosten aus, während sich die Fixkosten auf ca. 80% belaufen (vgl. Verband kommunaler Unternehmen e.V., Kommunale Wasserwirtschaft. Fragen und Antworten: Wasserpreise und -gebühren, www.v...de/f...pdf, S. 2). Der oben errechnete Absenkungseffekt von 6 Cent ist daher um 20% bzw. ein Fünftel (ca. 1 Cent) zu kürzen, so dass sich ohne die faktischen Teilbefreiungen (bei gleichem Kostendeckungsgrad) eine Verbrauchsgebühr in Höhe von ca. 0,82 Euro/m³ ergeben hätte. Von dieser „teilbefreiungsbereinigten“ örtlichen Gebühr muss - anstelle der in der Satzung bestimmten 0,87 Euro/m³ - ausgegangen werden, wenn der bei Stattgabe sämtlicher Beschränkungsanträge zu erwartende prozentuale Gebührenanstieg ermittelt werden soll.

bb) Hätten im Jahr 2013 - neben den schon bisher nicht angeschlossenen Hofstellen des Klägers und der vier früheren Kläger - auch noch die 13 weiteren Antragsteller kein landwirtschaftliches Brauchwasser aus der öffentlichen Einrichtung entnommen, so wären nach den vom Beklagten vorgelegten aktuellen Verbrauchszahlen dieser Betriebe die jährlichen Entnahmen aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage um insgesamt 24.026 m³ zurückgegangen, so dass die gelieferte Menge nur noch (65.082 - 24.026 =) 41.056 m³ betragen hätte. Um trotz dieses Absatzrückgangs Gebühreneinnahmen im bisherigen Umfang (56.578 Euro) erzielen zu können, wäre demnach eine Verbrauchsgebühr von (56.578 : 41.056 =) 1,378, aufgerundet 1,38 Euro/m³ und damit eine Erhöhung gegenüber der „bereinigten“ örtlichen Ausgangsgebühr von 0,82 Euro/m³ um 0,56 Euro notwendig gewesen. Dabei ist allerdings wiederum zu berücksichtigen, dass sich eine geänderte Abgabemenge auch auf die laufenden Betriebskosten der Einrichtung auswirkt; bei geringerem Gesamtverbrauch bedarf es nicht des vollen bisherigen Einnahmevolumens, um den gleichen Kostendeckungsgrad wie bisher zu erreichen. Da die verbrauchsabhängigen Kosten, wie oben gezeigt, ca. 20% der Gesamtkosten ausmachen, ist auch hier der errechnete Änderungsbetrag um ein Fünftel zu kürzen, so dass sich bei Erteilung aller beantragten Teilbefreiungen ein Gebührenanstieg um (0,56 x 0,8 =) 0,448, aufgerundet 0,45 Euro ergeben würde, d. h. von bisher 0,82 Euro/m³ um 54,87% auf 1,27 Euro/m³.

Mit diesem deutlichen Gebührensprung, der den Ausgangswert um mehr als 50% übersteigt, ist schon bei einer rein lokalen Betrachtung die Zumutbarkeitsschwelle des § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS überschritten, ohne dass es insoweit noch auf einen Vergleich mit den Wasserpreisen der übrigen Versorger in der Region ankäme. Selbst wenn die örtliche Verbrauchsgebühr nach Stattgabe aller Teilbefreiungsanträge noch unter dem regionalen Durchschnitt bliebe, wäre den sonstigen Anschlussnehmern ein isolierter Anstieg um mehr als die Hälfte nicht mehr zuzumuten; sie würden dann in unerträglich hohem Ausmaß zum finanziellen Ausgleich des befreiungsbedingten Lieferausfalls herangezogen (zur 50%-Grenze als maximalem Steigerungssatz vgl. OVG Lüneburg, U.v. 12.2.1991 - 9 L 349/89 - n. v.; OVG SH, U.v. 26.3.1992 - 2 L 15/91 - AgrarR 1993, 407). Dieser absoluten Erhöhungsobergrenze kommt - neben der vorrangig geforderten regionalen Vergleichsbetrachtung - besondere Bedeutung vor allem deshalb zu, weil es nur in diesem Rahmen möglich ist, die aus früheren (ausdrücklichen oder faktischen) Teilbefreiungen resultierenden Gebührenausfälle bei der Prüfung der Zumutbarkeit eines teilbefreiungsbedingten Gebührenanstiegs zu berücksichtigen.

cc) Unabhängig von der Überschreitung der ortsbezogenen 50%-Grenze wäre die hier zu erwartende Erhöhung der Verbrauchsgebühr aber auch gemessen am allgemeinen Gebührenniveau in der Region für die betroffenen Wasserverbraucher unzumutbar, so dass der Kläger aus diesem weiteren Grund keinen Rechtsanspruch auf Teilbefreiung vom Benutzungszwang hat.

Zur Bestimmung der regionalen Vergleichswerte bedarf es keiner aufwändigen und fehleranfälligen Umfragen bei den benachbarten Gemeinden. Im Regelfall kann vielmehr auf die im Drei-Jahres-Turnus veröffentlichten Berichte des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung über „Wasser- und Abwasserentgelte in Bayern“ zurückgegriffen werden, in denen für sämtliche Landkreise und kreisfreien Städte nach den Einwohnerzahlen gewichtete Durchschnittsentgelte für die Trinkwasserversorgung aufgeführt sind. Nach dem aktuellen Bericht vom September 2013 war in den 26 Gemeinden des hier maßgeblichen Landkreises T1 (74.483 Einwohner) im Jahr 2013 im Durchschnitt eine Verbrauchsgebühr von 1,54 Euro/m³ sowie eine jährliche Grundgebühr (Zählergröße Qn=2,5 m³/h oder Pauschale) von 26,21 Euro zu entrichten (Bericht Q1300C 201351, https://www.s...de/v...html, S. 7 u. 13).

Mit diesen gemittelten Zahlenwerten lassen sich die Gebührensätze des Beklagten allerdings nicht unmittelbar vergleichen. Dies folgt zwar nicht schon daraus, dass in die regionale Durchschnittsberechnung auch vom Beklagten gemeldete Einzelzahlen eingegangen sind, denn auf das Gesamtergebnis kann sich dieses sehr kleine Versorgungsgebiet (>1.000 Einwohner) allenfalls marginal ausgewirkt haben. Anders als bei der Ermittlung des Gebührenanstiegs auf örtlicher Ebene (s.o., aa) kann und muss hier auch nicht zunächst ein um alle früheren Teilbefreiungen bereinigter Ausgangswert der Verbrauchsgebühr ermittelt werden, da davon auszugehen ist, dass in den anderen Gemeinden des Landkreises in der Vergangenheit ebenfalls (in unterschiedlichem, im Einzelnen kaum mehr aufklärbarem Umfang) Teilbefreiungen vom Benutzungszwang zugelassen oder faktisch geduldet wurden. Einer direkten Vergleichbarkeit der in der Satzung festgelegten örtlichen Gebühren mit den statistisch ermittelten regionalen Durchschnittspreisen stehen jedoch die erheblichen Unterschiede im Verhältnis der jeweiligen Grund- und Verbrauchsgebühren entgegen, wie der vorliegende Fall besonders anschaulich vor Augen führt.

Für die Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten ist im Regelfall (Zählergröße Qn bis 2,5 m³) eine jährliche Grundgebühr von 120 Euro zu entrichten (§ 9a Abs. 2 Buchst. a WAS) und damit mehr als das Viereinhalbfache der Durchschnittsgebühr von 26,21 Euro auf Landkreisebene. Dementsprechend hat der Beklagte im Jahr 2013 neben den aus Verbrauchsgebühren (0,87 Euro/m³) erzielten Einnahmen von 56.578 Euro immerhin weitere 37.066 Euro Einnahmen aus Grundgebühren (120 Euro/Jahr) erzielt. Dieser im Vergleich zur durchschnittlichen Landkreisgemeinde ungewöhnlich hohe Grundgebührenanteil hat zur Folge, dass die Verbrauchsgebühren im Versorgungsgebiet des Beklagten relativ gering ausfallen konnten. Effektiv vergleichen lässt sich die Gesamtgebührenbelastung daher nur über eine rechnerische Nivellierung im Bereich der Grundgebühren. Würde auch vom Beklagten eine Grundgebühr in Höhe des Landkreis-Durchschnitts (26,21 Euro) gefordert, so hätten seine entsprechenden Einnahmen im Jahr 2013 nur noch (37.066 : 120 x 26,21 =) 8.095,83 Euro betragen. Um gleichwohl den bisherigen Kostendeckungsgrad wieder zu erreichen, hätte die Differenz von (37.066 - 8.096 =) 28.970 Euro zusätzlich aus den Verbrauchsgebühren erwirtschaftet werden müssen. Der entsprechende Sollbetrag von (56.578 + 28.970 =) 85.548 Euro wäre im Jahr 2013 bei dem damaligen Gesamtwasserverbrauch nur bei einer Verbrauchsgebühr von (85.548 : 65.082 =) 1,31 Euro/m³ eingenommen worden. Nur diese „grundgebührnivellierte“ fiktive Gebühr lässt sich mit der Landkreisdurchschnittsgebühr von 1,54 Euro/m³ vergleichen.

Zwar erweist sich damit, dass die Gebührenbelastung im Versorgungsgebiet des Beklagten bisher insgesamt unter dem Landkreisniveau liegt. Würde den weiteren 13 Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe, die ihr Brauchwasser bisher aus der öffentlichen Einrichtung bezogen haben, insoweit antragsgemäß eine Teilbefreiung vom Benutzungszwang erteilt, so wäre diese Schwelle aber deutlich überschritten. Da in einem solchen Fall, wie oben gezeigt, der jährliche Wasserverbrauch der öffentlichen Einrichtung auf (65.082 - 24.026 =) 41.056 m³ zurückginge, könnten mit einer Verbrauchsgebühr von 1,31 Euro/m³ nur noch 53.783 Euro erlöst werden, so dass ein Einnahmeausfall von 31.765 Euro zu verzeichnen wäre. Auch wenn insoweit wiederum wegen der gleichzeitigen Einsparung bei den verbrauchsabhängigen Produktionskosten ein Abschlag von 20% bzw. einem Fünftel vorzunehmen ist, bliebe eine Deckungslücke von (31.765 x 0,8 =) 25.412 Euro, die durch eine entsprechende Gebührenerhöhung ausgeglichen werden müsste. Die örtlichen Anschlussnehmer hätten daher am Ende - grundgebührnivelliert - eine Verbrauchsgebühr in Höhe von (53.783 + 25.412 : 41.056 =) 1,93 Euro/m³ zu entrichten, die damit um 47,33% über dem nivellierten Ausgangswert von 1,31 Euro/m³ und um 25,32% über dem Landkreisdurchschnitt von 1,54 Euro/m³ läge.

Diese deutliche Überschreitung des regionalen Durchschnittswerts kann den Gebührenzahlern im Versorgungsgebiet des Beklagten nicht mehr zugemutet werden. Generell gilt insoweit der Grundsatz, dass der prozentuale Anstieg gegenüber dem (grundgebührnivellierten) örtlichen Ausgangswert umso stärker beschränkt werden muss, je weiter sich die am Ende erreichte Gebühr vom regionalen Durchschnittswert entfernt. Profitieren die Anschlussnehmer eines Wasserversorgers von dessen - im Vergleich zu anderen Kommunen - geringen Gestehungskosten, so kann ihnen ein relativ hoher Gebührensprung als Folge der Absenkung des Gesamtwasserverbrauchs durch vermehrte Beschränkungen von der Benutzungspflicht eher zugemutet werden. Werden dagegen aufgrund einer ungünstigeren Ausgangslage bereits bisher vergleichsweise hohe Gebühren erhoben, so kann schon eine geringere Steigerung die Grenze des Tragbaren überschreiten (BayVGH, U.v. 26.4.2007 - 4 B 05.576 - VGH n. F. 60, 111/116 = BayVBl 2008, 274). Danach müssen, sobald die für den Fall der Erteilung aller beantragten Teilbefreiungen prognostizierte örtliche Verbrauchsgebühr die durchschnittliche Gebühr im Landkreis überschreitet, fünf verschiedene Zumutbarkeitsstufen unterschieden werden: Wird der regionale Durchschnitt nur vergleichsweise geringfügig um bis zu 10% überschritten, so erscheint eine Steigerung der örtlichen Verbrauchsgebühr gegenüber dem nivellierten Ausgangswert von maximal 40% als zumutbar. Liegt die nivellierte örtliche Verbrauchsgebühr nach der Erhöhung um bis zu 20% über dem regionalen Durchschnitt, kann dagegen nur ein Gebührensprung von 30%, bei einer Überschreitung des regionalen Durchschnitts um bis zu 30% ein Anstieg von 20% und bei einer Überschreitung von bis zu 40% eine Anhebung um höchstens 10% hingenommen werden. Liegt die nivellierte Vergleichsgebühr in der betreffenden Gemeinde schon bisher um mehr als 40% über dem regionalen Durchschnittswert, so kommt eine teilbefreiungsbedingte weitere Anhebung nicht mehr in Frage.

Im vorliegenden Fall sind diese den Zumutbarkeitsbegriff konkretisierenden Obergrenzen ersichtlich nicht eingehalten. Die o. g. Überschreitung des Landkreisdurchschnitts um 25,32% wäre den Gebührenzahlern nur zuzumuten, wenn zugleich der Anstieg der bisherigen nivellierten Verbrauchsgebühr nicht mehr als 20% betrüge; tatsächlich beträgt dieser aber 47,33%. Eine solch massive Erhöhung des örtlichen Ausgangswerts um mehr als 40% wäre unter dem Blickwinkel der regionalen Vergleichsbetrachtung nur zulässig, wenn selbst dieser erhöhte Wert noch unter dem Landkreisdurchschnitt bliebe. Das ist hier aber bei einer prognostizierten nivellierten Verbrauchsgebühr von 1,93 Euro/m³ nicht der Fall.

II. Die Feststellung, dass der Kläger keinen unmittelbaren Anspruch auf Teilbefreiung vom Benutzungszwang hat, rechtfertigt allein aber noch nicht, seinen Antrag vollständig abzulehnen. Wie der Senat bereits in früheren Entscheidungen dargelegt hat, schwächt sich der Anspruch aus § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS mit dem Überschreiten der Grenze zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit zu einem subjektiv-öffentlichen Recht auf sachgerechte und fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens ab (BayVGH, U.v. 26.4.2007 - 4 B 05.576 - VGH n. F. 60, 111/114 = BayVBl 2008, 274; vgl. auch HessVGH, U.v. 27.2.1997 - 5 UE 2017/94 - juris). Dieser Anspruch kann im Wege einer Bescheidungsklage nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO verfolgt werden, die in der erhobenen Verpflichtungsklage als „minus“ regelmäßig mit enthalten ist (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.1994 - 3 C 30/93 - NVwZ 1996, 66).

Im vorliegenden Fall war der Beklagte daher zu verpflichten, über den Beschränkungsantrag des Klägers vom 10. Februar 2005 im Rahmen des gegenwärtig verfügbaren Verteilungsspielraums ermessensfehlerfrei zu entscheiden. Die insoweit maßgebende Kapazität ergibt sich aus den oben aufgeführten prozentualen Obergrenzen für Erhöhungen einer örtlichen Verbrauchsgebühr. Um die bei rein örtlicher Betrachtung geltende absolute Schwelle von 50% nicht zu überschreiten, dürfte die „teilbefreiungsbereinigte“ Verbrauchsgebühr von 0,82 Euro/m³ höchstens um 0,41 Euro auf 1,23 Euro/m³ ansteigen, was nur dann der Fall ist, wenn die gewährten Teilbefreiungen jährlich nicht mehr als ca. 19.000 m³ betragen. Zugleich müssen allerdings die für den regionalen Vergleich maßgebenden relativen Obergrenzen eingehalten werden. Welches Befreiungsvolumen nach den vorgenannten Zumutbarkeitsstufen gegenwärtig maximal verfügbar ist, lässt sich entsprechend dem oben dargestellten Rechenweg auf einfache Weise mittels einer Tabellenkalkulation jedenfalls näherungsweise ermitteln. Danach verläuft hier die Obergrenze bei einer Minderung des Wasserverbrauchs um insgesamt ca. 17.500 m³ pro Jahr. Würden in diesem Umfang Teilbefreiungen gewährt, so ergäbe sich daraus für das Versorgungsgebiet des Beklagten eine (grundgebührnivellierte) Verbrauchsgebühr in Höhe von 1,70 Euro/m³, so dass die für den Landkreis angegebene Durchschnittsgebühr von 1,54 Euro/m³ um ca. 10,4% und der örtliche Ausgangswert von 1,31 Euro/m³ um knapp 30% überschritten wären und daher die zweite Stufe der oben dargestellten Zumutbarkeitsskala soeben noch eingehalten würde.

Auf welche Weise der Beklagte diese freie Kapazität unter den Antragstellern verteilt, bleibt seiner willkürfreien Entscheidung überlassen. Eine schematische prozentuale Kürzung aller Befreiungsanträge scheidet dabei allerdings aus, da an einer bloß partiellen Nutzung des eigenen Brauchwassers keiner der antragstellenden Landwirte ernsthaft interessiert sein dürfte; auch wären insoweit kaum ausräumbare Vollzugs- und Überwachungsprobleme zu erwarten. Der Beklagte kann aber z. B. nach dem Prioritätsprinzip vorgehen, Gruppen von Verbrauchszwecken bilden oder andere legitime Auswahlkriterien aufstellen (BayVGH, a. a. O.). So wäre auch denkbar, danach zu differenzieren, ob ein Antragsteller bereits über eine wasserrechtliche Gestattung für einen eigenen Hausbrunnen verfügt, ob und in welchem Umfang er insoweit schon wirtschaftliche Aufwendungen getätigt hat und inwieweit diese ggf. bereits als abgeschrieben anzusehen sind (vgl. HessVGH, U.v. 27.2.1997 - 5 UE 2017/94 - juris). Da sich sowohl die Verhältnisse dessen, dem eine Teilbefreiung gewährt wurde, als auch der regionale Gebührenvergleich und die Nachfrage nach weiteren Befreiungen im Laufe der Zeit ändern können, darf ein stattgebender Bescheid auch befristet ergehen und mit Bedingungen, Auflagen oder einem Widerrufsvorbehalt versehen werden (§ 7 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 6 Abs. 2 WAS). Eine zwingende Verpflichtung, das jeweils bestehende Befreiungsvolumen in regelmäßigen Abständen neu zu verteilen und damit auch jenen Antragstellern, die zunächst leer ausgegangen sind, später eine neue Chance zu eröffnen, besteht allerdings nicht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Das Wasserversorgungsunternehmen hat dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Der Kunde ist verpflichtet, seinen Wasserbedarf im vereinbarten Umfange aus dem Verteilungsnetz des Wasserversorgungsunternehmens zu decken.

(2) Vor der Errichtung einer Eigengewinnungsanlage hat der Kunde dem Wasserversorgungsunternehmen Mitteilung zu machen. Der Kunde hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß von seiner Eigenanlage keine Rückwirkungen in das öffentliche Wasserversorgungsnetz möglich sind.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. April 2015 - 3 K 1285/15 - teilweise geändert und der Antrag insgesamt abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Verfahren im ersten Rechtszug wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - auf 5.000,-- EUR, derjenige für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die von der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe geben dem Senat Veranlassung, den Beschluss des Verwaltungsgerichts teilweise zu ändern und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung beziehungsweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21.01.2015 insgesamt abzulehnen. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich der Nummern 1, 2, 4 und 5 des Bescheids, soweit sich diese auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx erstrecken, wiederhergestellt und hinsichtlich der Nummern 3 und 6 des Bescheids angeordnet.
Die vom Senat im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung fällt zu Ungunsten des Interesses der Antragstellerin aus, vom Vollzug der Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht, soweit diese das Grundstück Flst.-Nr. xxx betreffen, einstweilen verschont zu bleiben. Das Aufschubinteresse der Antragstellerin überwiegt nicht das öffentliche Vollzugsinteresse, weil nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen, aber auch ausreichenden Prüfung der Sach- und Rechtslage (auch) diese Anordnungen voraussichtlich rechtmäßig sind (1.) Auch die Zwangsgeldandrohungen dürften rechtlich nicht zu beanstanden sein (2.).
1. Die Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht für das Grundstück Flst.-Nr. xxx dürften auf Grundlage von § 3 Abs. 1 und 3 der Satzung der Antragsgegnerin über die öffentliche Abwasserbeseitigung - Abwassersatzung (AbwS) - vom 10.12.2012, geändert durch Satzung vom 09.12.2014, rechtmäßig ergangen sein. Danach sind die Eigentümer von Grundstücken, auf denen Abwasser anfällt, nach näherer Bestimmung der Satzung berechtigt und verpflichtet, ihre Grundstücke an die öffentlichen Abwasseranlagen anzuschließen, diese zu benutzen und das gesamte auf den Grundstücken anfallende Abwasser der Antragsgegnerin im Rahmen des § 45b Abs. 1 und 2 WG (a.F.) zu überlassen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AbwS). Bebaute Grundstücke sind anzuschließen, sobald die für sie bestimmten öffentlichen Abwasseranlagen betriebsfertig hergestellt sind (§ 3 Abs. 3 Satz 1 AbwS). Diese Voraussetzungen dürften hinsichtlich des Grundstücks der Antragstellerin Flst.-Nr. xxx erfüllt sein.
a) Die Regelungen in § 3 Abs. 1 und 3 AbwS sind gültig und dürften rechtlich nicht zu beanstanden sein. Sie dürften ihre Grundlage in § 11 GemO und § 45b Abs. 4 WG a.F. (jetzt § 46 Abs. 4 und 5 WG) finden.
§ 11 Abs. 1 Satz 1 GemO ermächtigt die Gemeinden, bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebiets unter anderem den Anschluss an der Abwasserbeseitigung dienende gemeindliche Einrichtungen (Anschlusszwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen (Benutzungszwang) vorzuschreiben; die Satzung kann bestimmte Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zulassen und ihn auf bestimmte Teile des Gemeindegebiets oder auf bestimmte Gruppen von Grundstücken, Gewerbetrieben oder Personen beschränken (§ 11 Abs. 2 GemO). § 11 GemO ist eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Spezialermächtigung, die als landesrechtliche Eingriffsgrundlage aus Gründen der Volksgesundheit Eingriffe in die Grundrechte der Grundstückseigentümer oder der sonst zur Nutzung des Grundstücks Berechtigten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG legitimieren kann (Senat, Urt. v. 20.09.2013 - 1 S 3072/11 -, VBlBW 2013, 73 m.w.N.). Im vorliegenden Zusammenhang ermöglicht sie den nach Wasserrecht grundsätzlich zur Abwasserbeseitigung verpflichteten Körperschaften (§ 56 WHG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 WG), diese Verpflichtung zu erfüllen (vgl. zu Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayGemO: BayVfGH, Entsch. v. 10.11.2008 - Vf. 4-VII-06 -, NVwZ 2009, 298). Der Anschluss- und Benutzungszwang wird durch die Überlassungspflicht desjenigen, bei dem das Abwasser anfällt, gegenüber dem Beseitigungspflichtigen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WG) ergänzt (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 1a; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 28.10.1994 - 23 N 90.2272 -, NVwZ-RR 1995, 345). Nach § 46 Abs. 4 Satz 1 WG gestalten die Gemeinden die Überlassungspflicht durch Satzung aus, indem sie regeln, unter welchen Voraussetzungen Abwasser als angefallen gilt und in welcher Weise und Zusammensetzung ihr das Abwasser zu überlassen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.05.1995 - 2 S 2568/92 -, juris). Darüber hinaus können sie Ausschlüsse von der Abwasserbeseitigung festlegen (§ 46 Abs. 4 Satz 2 WG) sowie Ausnahmen von der Überlassungspflicht vorsehen (§ 46 Abs. 5 Satz 1 WG).
Die der geordneten Abwasserbeseitigung dienenden Ermächtigungen in § 11 GemO und § 46 Abs. 4 und 5 WG beziehen sich im Grundsatz nicht nur auf Schmutzwasser, also durch Gebrauch in seinen Eigenschaften verändertes und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG), sondern auch auf Niederschlagswasser, das aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließt (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG). Für die Überlassungspflicht folgt dies bereits daraus, dass § 46 WG zur Ausführung und Ergänzung des § 56 WHG an den in § 54 Abs. 1 WHG definierten Begriff „Abwasser“ anknüpft, ohne diesem einen abweichenden Bedeutungsgehalt zuzuweisen; zudem besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die durch Art. 1 des Gesetzes vom 03.12.2013 (GBl. S. 389) neugefassten Regelungen der Abwasserbeseitigung auf einen anderen Gegenstand beziehen wollte als die das Niederschlagswasser aus bebauten oder befestigten Flächen ausdrücklich einbeziehenden (§ 45a Abs. 3 WG a.F.) bisherigen Vorschriften (vgl. LT-Drs. 15/3760, S. 142 ff.). Aber auch der Begriff „Abwasserbeseitigung“ in § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO umfasst neben den üblichen Arten von Schmutzwasser das Niederschlagswasser von bebauten und befestigten Flächen. Angesichts des vom Normgeber vorgefundenen Erscheinungsbilds kommunaler Abwasserbeseitigungsanlagen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 3 m.w.N.) hätte es eines ausdrücklichen Ausschlusses des Niederschlagswassers als Gegenstand des Anschluss- und Benutzungszwangs bedurft, wenn dieses von vornherein hätte außer Betracht bleiben sollen (vgl. zu Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayGemO: BayVGH, Urt. v. 28.10.1994, a.a.O.). Gegen die prinzipielle Einbeziehung des Niederschlagswassers in den Anschluss- und Benutzungszwang bestehen keine rechtlichen Bedenken, soweit durch das Erfordernis des öffentlichen Bedürfnisses im Sinn des § 11 Abs. 1 GemO sichergestellt ist, dass die Einleitung des Niederschlagswassers in eine Sammelkanalisation nicht den Vorrang vor anderen Arten seiner schadlosen Beseitigung, etwa der Versickerung oder der Einleitung in oberirdische Gewässer, genießt (vgl. BayVfGH, Entsch. v. 10.11.2008, a.a.O.).
Allerdings nimmt § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WG Niederschlagswasser, welches dezentral beseitigt wird, von der Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden aus, es sei denn die Gemeinde hat den Anschluss an Anlagen der dezentralen Beseitigung oder der öffentlichen Abwasserbeseitigung für nach dem - am 01.01.2014 erfolgten - Inkrafttreten dieses Gesetzes bebaute Grundstücke angeordnet. Soweit die Gemeinde nicht zur Beseitigung verpflichtet ist, hat derjenige das Abwasser zu beseitigen, bei dem es anfällt (§ 46 Abs. 2 Satz 2 WG). Der eine Beseitigungspflicht der Gemeinde notwendig voraussetzenden Überlassungspflicht nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WG wird dadurch die Grundlage entzogen. Auch für einen Anschluss- und Benutzungszwang nach § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO ist in diesem Umfang kein Raum (mehr). Denn mit dem Wegfall der Beseitigungspflicht entfällt nicht nur die Pflichtaufgabe der Gemeinde (zur Abwasserbeseitigung), sondern auch die Aufgabe der Abwasserbeseitigung überhaupt als öffentliche Aufgabe der Gemeinde (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 1a; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.11.2007 - 12 B 32.07 -, juris).
Die Abwassersatzung der Antragsgegnerin trägt dem Rechnung, indem trotz genereller Einbeziehung des Niederschlagswassers in den Anwendungsbereich der Satzung (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwS) Anschlusszwang sowie Benutzungs- und Überlassungspflicht nach § 3 Abs. 1 AbwS nur „im Rahmen des § 45b Abs. 2 WG (a.F.)“ bestehen, dessen Satz 1 Nr. 3 ebenfalls vorgesehen hatte, dass für dezentral beseitigtes Niederschlagswasser die Pflicht der Gemeinden zur Abwasserbeseitigung entfällt. Ob die Antragsgegnerin eine Anschlussanordnung im Sinn des § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 WG getroffen hat, ist demgegenüber unerheblich, da das streitgegenständliche Grundstück vor dem 01.01.2014 bebaut worden ist.
b) Nach diesen rechtlichen Vorgaben dürften die Voraussetzungen des Anschluss- und Benutzungszwangs und der Abwasserüberlassungspflicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AbwS (auch) für das Grundstück Flst.-Nr. xxx erfüllt sein (vgl. zur grundstücksbezogenen Anknüpfung des Anschluss- und Benutzungszwangs Senat, Urt. v. 28.05.2009 - 1 S 1173/08 -, VBlBW 2009, 338).
10 
Bei dem Grundstück Flst.-Nr. xxx handelt es sich entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts um ein bebautes Grundstück, auf dem Abwasser anfällt. Die Antragsgegnerin hat mit der Beschwerde dargelegt und durch Vorlage eines aktuellen Lageplans und von Lichtbildern glaubhaft gemacht, dass sich auf dem Grundstück eine Scheune befindet; die Antragstellerin ist dem nicht entgegengetreten. Auf dem Grundstück fällt somit jedenfalls von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließendes Wasser (Niederschlagswasser) nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwS an; auch dies hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 07.10.2015 nicht (mehr) in Frage gestellt.
11 
Die Abwasserüberlassungspflicht und der Anschluss- und Benutzungszwang für das Grundstück Flst.-Nr. xxx dürften nicht wegen Wegfalls der Beseitigungspflicht der Antragsgegnerin nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WG entfallen. Denn nach Aktenlage ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen für eine erlaubnisfreie dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers erfüllt.
12 
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der auf Grundlage von § 45b Abs. 3 Satz 3 WG a.F. (jetzt § 46 Abs. 3 WG) erlassenen Verordnung des Umweltministeriums über die dezentrale Beseitigung von Niederschlagswasser (NiedSchlWasBesV) vom 22.03.1999 (GBl. S. 157) wird Niederschlagswasser dezentral eingeleitet, wenn es versickert oder ortsnah in ein oberirdisches Gewässer eingeleitet wird. Für das dezentrale Einleiten von Niederschlagswasser in ein Gewässer zum Zweck seiner schadlosen Beseitigung ist eine Erlaubnis nicht erforderlich, soweit die Bestimmungen der §§ 2 und 3 NiedSchlWasBesV eingehalten werden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 NiedSchlWasBesV), oder wenn die dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers in bauplanungsrechtlichen oder bauordnungsrechtlichen Vorschriften vorgesehen ist (§ 1 Abs. 1 Satz 3 NiedSchlWasBesV). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 NiedSchlWasBesV darf Niederschlagswasser unter anderem erlaubnisfrei versickert werden, wenn es von Dachflächen stammt, mit Ausnahme von Dachflächen in Gewerbegebieten und Industriegebieten sowie Sondergebieten mit vergleichbaren Nutzungen. Schadlos beseitigt wird Niederschlagswasser von Dachflächen, wenn es flächenhaft oder in Mulden auf mindestens 30 cm mächtigem Boden oder über Mulden-Rigolen-Elemente in das Grundwasser versickert wird (§ 2 Abs. 2 Satz 1 NiedSchlWasBesV); Niederschlagswasser von nicht beschichteten oder in ähnlicher Weise behandelten kupfer-, zink- oder bleigedeckten Dächern darf nicht ohne Erlaubnis dezentral beseitigt werden (§ 3 Satz 2 NiedSchlWasBesV). Sind die Anforderungen an die erlaubnisfreie Beseitigung nach den §§ 2 und 3 NiedSchlWasBesV nicht erfüllt, ist das Niederschlagswasser nicht generell von der dezentralen Beseitigung ausgeschlossen; vielmehr ist dann im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren über die Zulassung zur dezentralen Beseitigung zu entscheiden, soweit ein wasserrechtlicher Benutzungstatbestand (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG; § 14 Abs. 1 Nr. 5 WG) verwirklicht ist (vgl. Begründung zur Niederschlagsverordnung vom 22. März 1999, S. 2).
13 
Die Antragstellerin hat nach Hinweis des Berichterstatters auf die vorgenannten Regelungen der Niederschlagswasserverordnung nicht dargetan oder gar glaubhaft gemacht, dass vorliegend die Voraussetzungen für eine erlaubnisfreie dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers erfüllt wären. Der pauschale Vortrag im Schriftsatz vom 07.10.2015, dass das von den Dachflächen des Scheunentrakts abfließende Niederschlagswasser direkt auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx versickern könne, genügt hierfür ersichtlich nicht. Denn es fehlt jede Angabe dazu, ob und gegebenenfalls wie den Anforderungen an eine schadlose Versickerung des Niederschlagswassers nach § 2 Abs. 2 Satz 1 NiedSchlWasBesV Rechnung getragen wird, und dass etwaige hierzu errichtete Anlagen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik hergestellt worden sind und betrieben werden (§ 2 Abs. 3 NiedSchlWasBesV). Insbesondere dem erstinstanzlichen Vortrag, dass die Abwässer aus dem auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx befindlichen Wohnhaus seit vielen Jahren in eine Fäkaliengrube entsorgt würden, lässt sich in dieser Hinsicht nichts entnehmen. Eine wasserrechtliche Erlaubnis zur dezentralen Beseitigung des auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx anfallenden Niederschlagswassers, die Feststellungen zu Art und Weise von dessen Versickerung entbehrlich machte, ist der Antragstellerin nicht erteilt worden. Für eine Verzichtbarkeit der wasserrechtlichen Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Satz 3 NiedSchlWasBesV ist ebenfalls nichts erkennbar.
14 
c) Auch der im Verwaltungsverfahren erhobene Einwand, dass das Grundstück Flst.-Nr. xxx nicht an die xxx angrenze und deshalb nicht erschlossen werden müsse, führt voraussichtlich nicht zu einem Wegfall des Anschluss- und Benutzungszwangs und der Abwasserüberlassungspflicht. Zwar ist Voraussetzung für die Auferlegung eines Anschluss- und Benutzungszwangs für eine Abwasseranlage, dass das Grundstück überhaupt von dieser Anlage erschlossen wird, was wiederum voraussetzt, dass der Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Abwasseranlage der Gemeinde tatsächlich und rechtlich möglich ist (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004 - 1 S 2121/03 - und v. 20.09.2012, a.a.O. , jeweils m.w.N.). Dies dürfte indes hier der Fall sein.
15 
Dass ein Anschluss des Grundstücks Flst.-Nr. xxx an die öffentliche Abwasseranlage aus tatsächlichen Gründen scheitern könnte, ist nicht erkennbar. Bei leitungsgebundenen Einrichtungen besteht eine tatsächliche Anschlussmöglichkeit für ein Grundstück dann, wenn es nahe genug bei der öffentlichen Einrichtung liegt, um unter gewöhnlichen Umständen an diese angeschlossen zu werden; maßgeblich für die Frage, ob eine Anschlussmöglichkeit „unter gewöhnlichen Umständen“ besteht, sind die örtlichen Verhältnisse in der betreffenden Gemeinde (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004 und v. 20.09.2012, jeweils a.a.O.). Hiernach dürfte die tatsächliche Anschlussmöglichkeit für das Grundstück Flst.-Nr. xxx gegeben sein. Denn die betriebsbereite öffentliche Abwasseranlage ist unmittelbar vor dem an die kanalisierte xxx angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. xxx hergestellt, und das weniger als 15 m von der xxx entfernt liegende Hinterliegergrundstück dürfte technisch ohne Weiteres an diese Leitung anschließbar sein. Soweit die Antragstellerin in der Beschwerdeerwiderung pauschal behauptet, der Grundstücksanschluss sei allenfalls zur Aufnahme des Niederschlagswassers der auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx befindlichen Scheune geeignet, sowie die technische Anschlussmöglichkeit des Wohnhauses an die Abwasseranlage in Abrede stellt, hat sie diesen Vortrag weder substantiiert noch gar glaubhaft gemacht.
16 
Auch die rechtliche Anschlussmöglichkeit dürfte im Fall des (Hinterlieger-) Grundstücks Flst.-Nr. xxx gegeben sein, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob die Grundstücke Flst.-Nrn. xxx und xxx eine wirtschaftliche Einheit bilden (vgl. dazu Senat, Urt. v. 20.09.2012, a.a.O.). Ein Hinterliegergrundstück ist rechtlich nur dann an die öffentliche Abwasseranlage anschließbar, wenn das Durchleitungsrecht durch das Zwischengrundstück auf Dauer dinglich gesichert ist, sei es öffentlich-rechtlich in Gestalt einer Baulast oder zivilrechtlich durch eine Grunddienstbarkeit (vgl. Senat, Urt. v. 18.03.2004, a.a.O. m.w.N.). Stehen - wie hier - Vorderlieger- und Hinterliegergrundstück im selben Eigentum, ist beim bebauten Hinterliegergrundstück dieses Recht gesichert, wenn im Fall der Veräußerung des Vorderliegergrundstücks an einen Dritten zulasten des Erwerbers ein Notleitungsrecht kraft Gesetzes entsteht (§ 918 Abs. 2 BGB), was voraussetzt, dass die benötigte Entsorgung auf andere Weise nicht erlangt werden kann (vgl. ausf. Senat, Urt. v. 20.09.2012, a.a.O. m.w.N.). Dies dürfte hier der Fall sein. Nach Aktenlage ist das Grundstück Flst.-Nr. xxx wegemäßig auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx angewiesen, da es über keine eigene Verbindung zu einem öffentlichen Weg verfügt.
17 
d) Sonstige Umstände, die dem Anschluss- und Benutzungszwang und der Abwasserüberlassungspflicht für das Grundstück Flst.-Nr. xxx entgegenstehen könnten, sind weder von der Antragstellerin dargetan noch ersichtlich. Soweit sie sinngemäß geltend macht, der Anschluss des Grundstücks Flst.-Nr. xxx an den öffentlichen Abwasserkanal sei ihr wegen der höheren Kosten infolge der Lage des Grundstücksanschlusses in der äußersten Ecke des Grundstücks beim Schuppen wirtschaftlich unzumutbar, berührt dies nicht ihre grundsätzliche Verpflichtung, den Anschluss herzustellen und die öffentliche Abwasserbeseitigung zu benutzen. Gesichtspunkte der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit sind allein bei der Frage zu prüfen, ob eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nach § 5 AbwS zu gewähren ist (vgl. Senat, Urt. v. 20.06.1994 - 1 S 2393/93 -, BWGZ 1995, 33). Ein Befreiungsantrag ist indes nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; im Gegenteil hat die Antragstellerin nach Aktenlage einen solchen Antrag bislang nicht gestellt.
18 
2. Die Zwangsgeldandrohungen in den Nummern 3 und 6 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 21.01.2015 dürften auf Grundlage von § 2 Nr. 2, §§ 19, 20 und 23 LVwVfG ebenfalls rechtmäßig ergangen sein. Insbesondere sind sie voraussichtlich hinreichend bestimmt und hinsichtlich der Höhe der angedrohten Zwangsgelder als verhältnismäßig anzusehen.
19 
§ 20 Abs. 4 LVwVG verlangt, dass die Androhung eines Zwangsgelds „in bestimmter Höhe“ erfolgt. Dem Bestimmtheitsgrundsatz ist genügt, wenn für den Vollstreckungsschuldner erkennbar ist, für welchen Fall der Nichterfüllung einer Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht ihm ein Zwangsgeld in welcher Höhe droht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1995 - 5 S 71/95 -, VBlBW 1996, 65 m.w.N.; vgl. auch OVG Saarland, Beschl. v. 06.10.2014 - 2 B 348/14 -, NVwZ-RR 2015, 101). Diese Voraussetzungen dürften hier erfüllt sein, obgleich die Antragsgegnerin zur Durchsetzung der sich auf beide Grundstücke der Antragstellerin beziehenden Handlungsgebote in den Nummern 1 (Anschlusszwang) und 4 (Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht) des angefochtenen Bescheids jeweils nur ein einheitliches Zwangsgeld in Höhe von 3.500,-- EUR beziehungsweise 250,-- EUR angedroht hat. Denn der Wortlaut der Zwangsgeldandrohungen und die Höhe der angedrohten Zwangsgelder lassen die Auslegung zu, dass die Antragsgegnerin das volle Zwangsgeld jeweils für jeden einzelnen Verstoß gegen den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht androhen wollte, für beide Grundstücke zusammen aber auch nicht mehr als 3.500,-- EUR beziehungsweise 250,-- EUR. Eine solche „gebündelte“ Zwangsgeldandrohung ist mit dem Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar, wenn der angedrohte Betrag für jede einzelne der umstrittenen Handlungspflichten und besonders im Fall weitgehender Teilerfüllung für die letzte, noch nicht erfüllte Handlungspflicht nicht unangemessen hoch ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.02.1980 - III 1381/79 -, juris). So liegt der Fall hier. Was Nummer 3 des angefochtenen Bescheids angeht, ist nicht erkennbar, dass das angedrohte Zwangsgeld von 3.500,-- EUR zu den voraussichtlichen Kosten des Anschlusses nur eines der beiden Grundstücke an die öffentliche Abwasseranlage außer Verhältnis stünde (zur Maßgeblichkeit des mutmaßlichen wirtschaftlichen Interesses an einer Nichtbefolgung der Anordnung vgl. Sächs. OVG, Urt. v. 16.04.2013 - 4 A 260/12 -, DVBl 2013, 867). Soweit es Nummer 6 des angefochtenen Bescheids betrifft, bestehen gegen die Androhung eines Zwangsgelds von 250,-- EUR für die Nichterfüllung der Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht mit nur einem der beiden Grundstücke schon im Hinblick auf die geringe Höhe des angedrohten Betrages keine Bedenken.
20 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
21 
Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 39 Abs. 1 GKG. Hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen über den Anschlusszwang und die Benutzungs- und Abwasserüberlassungspflicht ist für jedes der Grundstücke Flst.-Nrn. xxx und xxx mangels konkreter Anhaltspunkte für die Höhe der der Antragstellerin hieraus entstehenden Kosten jeweils der Auffangwert anzusetzen, wobei dieser Betrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu halbieren ist. Die unselbstständigen Zwangsgeldandrohungen sind bei der Bemessung des Streitwerts außer Ansatz zu lassen (vgl. Senat, Beschl. v. 12.04.2011 - 1 S 2849/10 -, VBlBW 2011, 425). Danach ergibt sich für das erstinstanzliche Verfahren ein Gesamtstreitwert von 5.000,-- EUR, während für das seinem Umfang nach auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx beschränkte Beschwerdeverfahren 2.500,-- EUR festzusetzen sind.
22 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger ein mit einem Schweinestall bebautes Grundstück an die öffentliche Wasserversorgung der Beklagten anschließen und das zur Verfügung gestellte Wasser nutzen muss.
Der Kläger ist Vollerwerbslandwirt. Seine Hofstelle auf dem Grundstück Flst. Nr. ... am Ortsausgang des Ortsteils Nesselbach der Beklagten ist über eine in der St. Straße verlegte Versorgungsleitung an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen; diese nutzt er nur für die Wasserversorgung des Wohnhauses, während er den übrigen Wasserbedarf mit Zustimmung der Beklagten seit 1989 durch einen eigenen Brunnen deckt. Für die Brauchwasserversorgung eines Schweinestalls auf einem Pachtgrundstück, das daneben noch mit einem an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossenen Wohnhaus bebaut ist, wurde der Kläger mit Bescheid vom 04.02.1998 widerruflich vom Anschluss- und Benutzungszwang befreit. Am 22.08.2007 wurde dem Kläger vom Landratsamt Schwäbisch Hall eine Baugenehmigung für die Errichtung eines neuen Schweinestalls mit 530 Mast- und 480 Ferkelaufzuchtplätzen auf dem Grundstück Flst. Nr. ... erteilt. Dieses Grundstück liegt schräg gegenüber der Hofstelle auf der anderen Straßenseite und ist ebenfalls von der öffentlichen Wasserleitung erschlossen. Der Bauplatz befindet sich etwa 320 bis 350 m von der Hofstelle entfernt im Außenbereich. Bereits am 16.04.2007 hatte der Kläger beantragt, die Bohrung eines neuen Brunnens auf dem Baugrundstück zu genehmigen und mitgeteilt, dass er sich nicht an die städtische Wasserversorgung anschließen werde. Das Wasser und die Erschließung seien zu teuer. Im Übrigen sei auch der Druck mit 2,0 bis 2,6 bar für seine Zwecke zu gering. Für die anderen Wasserabnehmer ändere sich nichts.
Die Beklagte sah in diesem Schreiben einen Antrag auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang, den sie mit Bescheid vom 27.04.2007 ablehnte. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass in den vergangenen Jahren Befreiungsanträge abgelehnt worden seien, weil die gemeindliche Wasserversorgung als Ganzes den Interessen der Allgemeinheit diene und sie nur dann „preisgünstig“ gestaltet werden könne, wenn grundsätzlich alle Bewohner ihren gesamten Wasserbedarf aus ihr deckten; wegen der Gleichbehandlung müsse ein strenger Maßstab angelegt werden. Es müsse auch die künftige Entwicklung in die Entscheidung einbezogen werden; denn auch in Zukunft müsse die Wasserversorgung wirtschaftlich geführt werden können und für die verbleibenden Anschlussnehmer bezahlbar bleiben. Der Anschluss des Stalles an die öffentliche Trinkwasserversorgung sei dem Kläger auch finanziell zumutbar. Die Anschlusskosten hatte die Beklagte schon zuvor auf einen Betrag von etwa 16.000 bis 17.000 EUR geschätzt.
Gegen diesen Bescheid, der nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, erhob der Kläger am 05.06.2007 Widerspruch. Er machte geltend, dass für die beantragte Teilbefreiung vom Benutzungszwang allein entscheidend sei, ob die übrigen Anschlussnehmer dadurch in unzumutbarer Weise belastet würden; das sei aber nicht zu erwarten. Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und wies darauf hin, dass die Beklagte mit den Gebühren ihres Wasserwerks, das als Eigenbetrieb nicht mit Gewinnerzielungsabsicht arbeite, mit einem Betrag von 2,54 EUR/m³ Wasser 40,33% über dem Durchschnitt der Wassergebühren im Landkreis Schwäbisch Hall liege. Die Grenze der Zumutbarkeit sei damit erreicht. Bei einer verkauften Jahresmenge von rund 124.000 m³ Trinkwasser wirke sich der Rückgang der Abnahmemenge um einige 1.000 m³ erheblich auf die Höhe der Wassergebühren aus. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2007 wies das Landratsamt Schwäbisch Hall den Widerspruch unter Hinweis u.a. auf die wirtschaftliche Betriebsführung der öffentlichen Einrichtung in der Zukunft zurück.
Mit seiner zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klage hat der Kläger die Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang begehrt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat insbesondere geltend gemacht, dass bei einer Teilbefreiung des Klägers mit weiteren Folgeanträgen zu rechnen wäre. In den letzten zweieinhalb Jahren seien drei Anträge abgelehnt worden. Zusammen mit dem vom Kläger prognostizieren Wasserverbrauch von 2.000 m³/Jahr ergebe sich ein Gesamtvolumen von 16.700 m³/Jahr, was bei positiver Bescheidung zu einem Wasserpreis von 2,88 EUR/m³ zuzüglich MWSt geführt hätte. Damit wäre der durchschnittliche Wasserpreis um 60% überschritten. Auch sei davon auszugehen, dass insgesamt 10 landwirtschaftliche Betriebe mit einer Verbrauchsmenge von ca. 35.000 m³ Wasser einen Befreiungsantrag stellen würden.
Mit Urteil vom 12.03.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Regelungen über den Anschluss- und Benutzungszwang in § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 der Wasserversorgungssatzung der Beklagten - WVS - beruhten auf § 11 Abs. 1 GemO; die öffentliche Wasserversorgung diene der Erhaltung und Förderung der Volksgesundheit. Auch die Bestimmungen in § 4 Abs. 2 WVS über die Befreiung von der Verpflichtung zum Anschluss und in § 5 Abs. 2 WVS über die vollständige Befreiung von der Verpflichtung zur Benutzung wegen Unzumutbarkeit - diese sei vom Abnehmer darzulegen - begegneten keinen rechtlichen Bedenken. Die Teilbefreiung vom Benutzungszwang sei in § 5 Abs. 3 WVS geregelt. Danach räume die Beklagte dem Wasserabnehmer im Rahmen des ihr wirtschaftlich Zumutbaren auf Antrag die Möglichkeit ein, den Wasserbezug auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Auf diese Vorschrift, mit der die Beklagte ihrer Pflicht zur Anpassung des Satzungsrechts an die Bestimmungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV - nachkomme, könne sich der Kläger aber nicht berufen. Die Wassernutzung beim Betrieb des Schweinestalls sei kein bloßer vom Haushalts-Wasserverbrauch auf der Hofstelle abgrenzbarer Verbrauchszweck. Vielmehr seien sowohl der Anschluss- als auch der Benutzungszwang grundstücksbezogen. Denn das Anschluss- und Benutzungsrecht sei nach § 3 Abs. 1 WVS ebenfalls auf ein bestimmtes Grundstück bezogen. Auch aus der AVBWasserV ergebe sich, dass Grundlage jeder Wasserversorgung der grundstücksbezogene Wasserverbrauch sei; denn eine Versorgungsleitung setze immer ein Grundstück voraus, an das sie angeschlossen werden könne. Für die Frage, ob ganz oder teilweise vom Benutzungszwang zu befreien sei, sei deshalb maßgeblich, ob auf dem Grundstück Wasser für unterschiedliche Zwecke verwendet oder nur - wie hier - eine einzige Nutzungsart angestrebt werde. Dann bedürfe der Wasserabnehmer der vollständigen Befreiung vom Benutzungszwang. Der Kläger sei grundsätzlich verpflichtet, das Baugrundstück an die Wasserversorgungsanlage anzuschließen. Es fehle derzeit aber noch am Wasserverbrauch. Dessen ungeachtet könne wegen des bevorstehenden Baubeginns über eine Befreiung für den Fall entschieden werden, dass ein Anschlusszwang wegen eines beabsichtigten Wasserverbrauchs entstehe. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Befreiung nach § 4 Abs. 2 WVS nicht zu. Er habe nicht dargelegt, dass der Anschluss für ihn unzumutbar sei. Der Hinweis darauf, dass die städtische Wasserversorgung zu teuer sei, kennzeichne gerade nicht den Einzelfall. Auch müssten die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Anschlusspflichtigen wegen der Grundstücksbezogenheit außer Betracht bleiben. Es komme vielmehr auf Gründe an, die sich aus einer besonderen und außergewöhnlichen Lage oder Situation des Grundstücks ergäben und den Einzelfall daher untypisch erscheinen ließen. Hier entsprächen die hohen Anschlusskosten dem Regelfall bei Außenbereichsvorhaben. Der Mehraufwand werde nicht durch die topografische Lage des Grundstücks oder Besonderheiten der Bodenbeschaffenheit mit verursacht, sondern sei allein dadurch bedingt, dass der Kläger wegen der Geruchsbelästigung eines Schweinemastbetriebs einen Mindestabstand zur Wohnbebauung einhalten müsse. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf vollständige Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 Abs. 2 WVS. Die Unzumutbarkeit der Benutzung sei nicht dargelegt. Hier könnten auch wirtschaftliche Gesichtspunkte des Wasserabnehmers eine Rolle spielen. Die hohen Kosten der öffentlichen Wasserversorgung träfen aber alle angeschlossenen Grundstückseigentümer. Die Kosten durch den prognostizierten Wasserverbrauch würden nicht ins Verhältnis zu den Gesamtkosten des Klägers gesetzt. Schließlich genüge der Wasserdruck den Anforderungen des § 6 Abs. 1 Satz 2 WVS. Höhere Anforderungen fielen grundsätzlich in die Risikosphäre des Wasserabnehmers und könnten die Unzumutbarkeit nicht begründen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt und innerhalb der auf Antrag verlängerten Begründungsfrist begründet. Er trägt vor: Das Baugrundstück, auf dem der Schweinestall mittlerweile errichtet und in Betrieb genommen worden sei, unterliege nicht dem Anschlusszwang. Aus § 4 Abs. 1 Satz 2 WVS ergebe sich, dass der Anschlusszwang nur für Grundstücke bestehe, auf denen sich mindestens ein zum dauernden Aufenthalt von Menschen dienendes Gebäude befinde. Auch diene die Wasserversorgung nach § 1 Abs. 1 WVS der Lieferung von Trinkwasser. Nur insoweit sei die Satzungsregelung von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage nach § 11 Abs. 1 GemO gedeckt. Denn Gründe der Volksgesundheit könnten einen Anschluss- und Benutzungszwang nur für den Trinkwasserbedarf rechtfertigen; einen solchen Bedarf gebe es nur auf den genannten Grundstücken. Für eine ausnahmsweise Ausdehnung auf den Brauchwasserbereich spreche hier nichts. Das Grundstück sei nur mit einem Stall bebaut, für den lediglich Brauchwasser benötigt werde. Mangels Anschlusszwang bestehe auch kein Benutzungszwang. Da dies im angefochtenen Bescheid aber vorausgesetzt werde, habe er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass ein Anschlusszwang nicht bestehe. Ein Anschlusszwang sei unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch deswegen nicht gegeben, weil er vom Benutzungszwang zu befreien sei; das setze keinen tatsächlichen Wasseranschluss voraus. Der Anspruch auf Beschränkung des Wasserbezugs auf einen Verbrauchszweck oder einen Teilbedarf nach § 5 Abs. 3 WVS sei unter Berücksichtigung von § 3 Abs. 1 AVBWasserV nämlich personenbezogen; er bestehe für den jeweiligen Wasserabnehmer, unabhängig davon, auf welchem Grundstück das Wasser verbraucht werde. Der Verbrauchszweck Brauchwasser auf dem Grundstück Flst. Nr. ... sei schon durch die Grundstücksverschiedenheit abgrenzbar. Die Beschränkung des Wasserbezugs auf das Trinkwasser für das Wohngebäude sei für die Beklagte auch zumutbar, denn die Teilbefreiung führe zu keiner Veränderung der verkauften Wassermenge und damit zu keiner Veränderung der Kosten der Beklagten. Nicht zu berücksichtigen seien hierbei in der Vergangenheit bestandskräftig beschiedene Befreiungsanträge und lediglich mögliche Folgeanträge. Da er demnach auf dem Grundstück Flst Nr. ... kein Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung verbrauche, bestehe für dieses Grundstück kein Anschlusszwang. Jedenfalls habe er bei bestehendem Anschlusszwang Anspruch auf die Beschränkung des Wasserbezugs auf einen Verbrauch, der nicht die Versorgung des Schweinestalls bezwecke. Bei einer grundstücksbezogenen Betrachtungsweise könne die Wasserversorgung auch der Versorgung der auf dem Grundstück arbeitenden Menschen mit Trinkwasser dienen; auf diese abgrenzbare Möglichkeit solle die Nutzung beschränkt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - zu ändern und festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, das Grundstück Flst. Nr. ... an die öffentliche Wasserversorgung der Beklagten anzuschließen,
10 
hilfsweise,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 27.04.2007 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 25.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bezug von Wasser für die Grundstücke Flst. Nr. ... und Nr. ... auf den Trinkwasserbedarf des Wohngebäudes des Klägers zu beschränken,
12 
höchsthilfsweise,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. März 2008 - 7 K 4725/07 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 27.04.2007 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 25.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Benutzungszwang für das Grundstück Flst. Nr. ... auf den Trinkwasserbedarf zu beschränken.
14 
Die Beklagte beantragt.
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Für das Grundstück des Klägers gelte der Anschlusszwang nach § 4 WVS. Dieser bestehe für alle Grundstücke, auf denen Wasser verbraucht werde. Es sei unerheblich, ob das Grundstück bebaut sei oder anderweitig genutzt werde und für welchen Zweck das Wasser verwendet werden solle; folglich werde auch das Brauchwasser umfasst. Die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 WVS lägen nicht vor. Es fehle schon am tatsächlichen Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage. Im Übrigen müssten sowohl der Anschluss- als auch der Benutzungszwang grundstücks- und nicht personenbezogen betrachtet werden. Im Interesse der Rechtsklarheit müsse jeweils vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff ausgegangen werden. Es komme dann darauf an, ob für das Grundstück Wasser für unterschiedliche Zwecke verwendet oder nur eine einzige Nutzungsart - hier durch den Schweinemastbetrieb - angestrebt werde.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und die Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor. Sie waren Gegen- stand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
I.
18 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung ist auch im Übrigen mit den jetzt gestellten Anträgen zulässig.
19 
Erstmals in der Berufungsinstanz macht der Kläger im Hauptantrag zusätzlich zu dem hilfsweise aufrecht erhaltenen Verpflichtungsantrag nebst Anfechtungsannex ein Feststellungsbegehren geltend. Er möchte nunmehr an erster Stelle festgestellt wissen, dass der Brauchwasserverbrauch von vornherein nicht zum Anschlusszwang führt. Darin liegt eine Klageänderung nach § 91 VwGO. Denn der Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens wird damit erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.08.2005 – 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 <135>). Im Übergang zu einer anderen Klageart liegt nicht lediglich eine Präzisierung des Klagebegehrens, was nach dem Rechtsgedanken des § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen wäre (vgl. hierzu Ortloff/Riese in: Schoch u.a. , VwGO, § 91 Rn. 24, 29); denn der Klagegrund wird ausgewechselt, wenn anders als bisher die Reichweite des Anschlusszwangs in Zweifel gezogen und folglich eine Befreiung für entbehrlich erachtet wird. Diese Klageänderung in Gestalt einer nachträglichen objektiven Klagehäufung (§ 44 VwGO), die auch im Berufungsverfahren gem. § 125 VwGO grundsätzlich möglich ist, ist nach § 91 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 VwGO zulässig. Denn die Beklagte hat durch rügelose Einlassung in die Klageänderung eingewilligt.
20 
Bei den Hilfsanträgen handelt es sich demgegenüber nicht um eine Klageänderung; vielmehr ist insoweit das bereits im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachte Klagebegehren nur klarstellend und präzisierend in neue Klageanträge gefasst worden.
II.
21 
Die Berufung ist nicht begründet. Der Hauptantrag hat keinen Erfolg. Das mit den Hilfsanträgen verfolgte Klagebegehren ist bereits vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.
22 
1. a) Der Feststellungsantrag ist nach Maßgabe der auch für die geänderte Klage grundsätzlich zu beachtenden Zulässigkeitsvoraussetzungen zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.10.1980 - 6 C 39.80 -, BVerwGE 61, 45 <51>). Die Beteiligten streiten um die Reichweite des Anschlusszwangs und damit um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.1996 – 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 <264 f.>). Der Kläger ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog), da er geltend machen kann, durch die Anwendung der streitigen Vorschriften in seinem Eigentumsgrundrecht verletzt zu sein. Er kann sich auf ein Feststellungsinteresse berufen, da die begehrte Feststellung geeignet ist, den Rechtsstreit zwischen den Beteiligten abschließend zu klären. Es fehlt auch nicht an der instanziellen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs. Zwar zählt die nun erhobene Feststellungsklage nicht zu den Verfahren, die dem Oberverwaltungsgericht nach § 48 VwGO zur Entscheidung im ersten Rechtszug zugewiesen sind, sodass gem. § 45 VwGO grundsätzlich das Verwaltungsgericht zur Entscheidung berufen ist. Durch die Möglichkeit der Klageänderung in einem anhängigen Berufungsverfahren werden indessen diese Zuständigkeitsregelungen modifiziert und erstinstanzliche Zuständigkeiten der Berufungsgerichte begründet. Dies gilt in Anlehnung an die zur Sachdienlichkeit einer Klageänderung entwickelten Grundsätze (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.04.1999 - 4 C 4.98 -, BVerwGE 109, 74 <78 f.>) jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Klageänderung den Prozess nicht auf ganz neue Grundlagen stellt, also auch die geänderte Klage einen schon bisher zwischen den Beteiligten vorhandenen Streitstoff zum Gegenstand hat und sich deshalb das "Gesicht des Rechtsstreits“ nicht ändert (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.02.1979 - II 697/78 -, juris Rz. 21; Urteil vom 19.09.2002 - 14 S 1429/02 -, juris Rz. 36, jeweils m.w.N.).
23 
Schließlich steht dem Feststellungsantrag die Subsidiaritätsregel des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen. Auf eine isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid, mit dem die zunächst beantragte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang abgelehnt worden ist, kann der Kläger nicht vorrangig verwiesen werden, da ihm insoweit die Klagebefugnis fehlt. Diesem Bescheid liegt zwar die vom Kläger angegriffene Rechtsauffassung über die Reichweite des Anschlusszwangs zugrunde. Als bloßes Begründungselement des Bescheids nimmt die bestrittene Rechtsauffassung jedoch nicht an dem der Bestandskraft fähigen Regelungsgehalt des Bescheids teil (vgl. hierzu U. Stelkens in: Stelkens u.a. , VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 143 f., m.N.); die Rechtsfigur eines inzidenten Feststellungsbescheids gibt es nicht.
24 
b) Der Hauptantrag ist unbegründet. Der Anschlusszwang nach der Satzung der Beklagten über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung – WVS) vom 04.07.2000 erstreckt sich grundsätzlich auf die gesamte Wasserversorgung und beschränkt sich nicht auf das für den Bedarf des Menschen bestimmte Wasser. Mit diesem Inhalt ist die Satzung von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt.
25 
(1) Nach § 4 Abs. 1 WVS sind Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wasser verbraucht wird, bei gegebener Anschlussmöglichkeit verpflichtet, diese Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen. Eine Beschränkung auf einen bestimmten Verbrauchszweck ist nicht vorgesehen. Das Brauchwasser ist nicht ausgenommen. Das wird insbesondere bestätigt durch die Regelung in § 5 Abs. 1 WVS. Nach Satz 1 haben auf Grundstücken, die an die öffentliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen sind, die Wasserabnehmer ihren gesamten Wasserbedarf aus dieser zu decken. Aus Satz 2, der die Nutzung von Niederschlagswasser für Zwecke der Gartenbewässerung vom Benutzungszwang ausnimmt, folgt im Gegenschluss, dass ohne diese ausdrückliche Regelung diese Brauchwassernutzung ebenfalls vom Benutzungszwang erfasst wäre (vgl. auch die Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auch § 8 Abs. 2 WVS geht von einem umfassenden Verständnis des Anschluss- und Benutzungszwangs aus; denn danach darf das Wasser - vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen - für alle Zwecke verwendet werden. Der daraus folgenden Erstreckung des Anschlusszwangs auch auf die Brauchwasserversorgung steht § 1 Abs. 1 Satz 1 WVS nicht entgegen. Danach dient die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Lieferung von Trinkwasser. Die Beklagte hat damit eine Formulierung im Satzungsmuster des Gemeindetags Baden-Württemberg übernommen (BWGZ 1996, 642 <644>), während andere Mustersatzungen das Brauchwasser ausdrücklich erwähnen (siehe etwa § 1 Satz 1 des Arbeitsmusters einer Wasserversorgungssatzung, abgedruckt in: Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Bd. 3, III. Teil, AVBWasserV/Anh.). Für den Umfang des Benutzungszwangs ist die von der Beklagten gewählte Formulierung indessen unerheblich. Denn die Regelung bringt lediglich zum Ausdruck, dass die Beklagte Wasser insgesamt in entsprechender Qualität liefert; eine getrennte Lieferung von Trinkwasser und von Brauchwasser ist nämlich wegen des einheitlichen Leitungsnetzes nicht möglich.
26 
Vor diesem Hintergrund trifft § 4 Abs. 1 Satz 2 WVS, wonach auf einem Grundstück alle Gebäude anzuschließen sind, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, lediglich eine ausdrückliche Sonderregelung für diesen Verbrauchszweck, ohne indessen andere auszuschließen. Im Übrigen wird entgegen der Auffassung des Klägers Wasser, das für den menschlichen Bedarf bestimmt ist, nicht lediglich in Gebäuden verbraucht, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Dies gilt nicht nur für Trinkwasser i.S. der Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Verbrauch (TrinkwasserverordnungTrinkwV) vom 21.05.2001 (BGBl. I S. 959, i.d.F. der Verordnung vom 31.10.2006, BGBl. I S. 2467) – z.B. Wasser zur Körperreinigung etwa in Industriebetrieben (§ 3 Nr. 1 Buchst. a TrinkwV) -, sondern insbesondere für Wasser für Lebensmittelbetriebe - etwa in der Milchwirtschaft Wasser, das zur Reinigung von Gegenständen dient, die bestimmungsgemäß mit Lebensmitteln in Berührung kommen (§ 3 Nr. 1 Buchst. b TrinkwV).
27 
(2) Die Wasserversorgungssatzung der Beklagten ist mit diesem Regelungsinhalt von der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 1 GemO gedeckt. Danach kann die Gemeinde bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung den Anschluss- und Benutzungszwang für die Wasserversorgung als eine der Volksgesundheit dienenden Einrichtung vorschreiben. Bei Wasser für den menschlichen Gebrauch ist die Ausrichtung an diesem Gesetzeszweck ohne weiteres gegeben.
28 
Die grundsätzliche Erstreckung auch auf das Brauchwasser, für die sich die Beklagte auf einen Beurteilungsspielraum nicht berufen kann (vgl. auch Urteil des erk. Senats vom 18.03.2004 – 1 S 2261/02 -, VBlBW 2004, 337 <338> m.w.N.; a.A. etwa OVG NRW; Urteil vom 28.11.1986 – 22 A 1206/81 -, NVwZ 1987, 727 und Kunze/Bonner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 10; siehe auch Seewald in: Steiner , Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2006, Kap. 1 Rn. 171, m.N.), lässt sich demgegenüber weder allein mit dem Interesse an einem wirtschaftlichen Betrieb der Wasserversorgung noch mit dem bloßen Hinweis rechtfertigen, dass die gemeindliche Wasserversorgung als Ganzes dem Interesse der Allgemeinheit und in diesem Rahmen vor allem der Volksgesundheit dient (vgl. etwa Urteile des erk. Senats vom 13.03.1972 - I 192/71 -, KStZ 1972, 158 <159> und vom 19.03.1990 - 1 S 1991/89 -, NVwZ-RR 1990, 499; Kunze/Bonner/Katz, a.a.O., § 11 Rn. 8). Ein hinreichender Bezug zum und eine Rechtfertigung durch den Gesetzeszweck des Gesundheitsschutzes ist insoweit aber dann gegeben, wenn entweder festgestellt werden kann, dass für die Erstreckung auf den Brauchwasserbereich selbst Gründe der Volksgesundheit sprechen oder wenn die Trinkwasserversorgung selbst hiervon abhängt - sei es, weil erst auf diese Weise die erforderlichen Durchsatzmengen gewonnen werden können, sei es, weil eine nur das Trinkwasser betreffende Versorgung den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren verlässt, weil sie die finanziellen Kapazitäten des Versorgungsträgers überfordert oder zu erträglichen Preisen nicht möglich ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>; Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO, LKrO, BezO für den Freistaat Bayern, Art. 24 GO Erl. I 5.1). Die danach gebotene Prüfung, ob eine Beschränkung des Benutzungszwangs angezeigt ist, muss die Beklagte allerdings nicht mit dem Ziel einer generellen Satzungsregelung vornehmen. Vielmehr kann sie dieser Pflicht im Rahmen ihres Satzungsermessens in zulässiger Weise Einzelfall bezogen nachkommen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.11.1991 - 7 B 56.91 –, juris Rz. 3). Das hat die Beklagte durch die Normierung der Möglichkeit einer Teilbefreiung in § 5 Abs. 3 WVS getan. Damit setzt sie zugleich und in erster Linie die in § 35 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV – vom 20.06.1980 (BGBl. I S. 750, 1067 i.d.F. des Gesetzes vom 09.12.2004, BGBl. I S. 3214) vorgeschriebene Anpassung ihrer Satzung an § 3 Abs. 1 AVBWasserV um, wodurch ein absoluter Vorrang des Interesses an einer preisgünstigen öffentlichen Wasserversorgung nicht mehr anerkannt werden soll. Dieser Freistellungsanspruch ist indessen beschränkt, wenn eine konkrete Beeinträchtigung von Belangen der Volksgesundheit zu besorgen ist (vgl. Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/89 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>).
29 
2. Der erste Hilfsantrag ist ebenso wenig begründet. Er zielt letztlich darauf ab, den Kläger für das Baugrundstück von der Benutzungspflicht völlig freizustellen und zugleich als notwendige Folge den Anschlusszwang zu Fall zu bringen, der mangels Benutzung ins Leere ginge. Dabei macht der Kläger nicht geltend, dass entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 Abs. 2 WVS gegeben seien. Er fasst vielmehr der Sache nach die beiden in seinem Eigentum stehenden und seinem landwirtschaftlichen Betrieb zugeordneten Grundstücke Flst. Nr. ... und ... personen- bzw. betriebsbezogen zu einer Einheit zusammen und beruft sich auf dieser Grundlage – auf der Hofstelle wird bereits Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bezogen - allein auf den Beschränkungsanspruch nach § 5 Abs. 3 WVS. Danach räumt die Stadt dem Wasserabnehmer im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren auf Antrag die Möglichkeit ein, den Bezug auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Diese Regelung ist hier indessen schon nach der Systematik der Satzungsbestimmungen über den Benutzungszwang nicht geeignet, die begehrten Rechtsfolgen zu begründen.
30 
§ 5 Abs. 1 WVS normiert als Grundsatz den umfassenden Benutzungszwang zugunsten der gemeindlichen Wasserversorgungsanlage. Dieser ist dabei auf das jeweils angeschlossene Grundstück bezogen und bildet so die Fortsetzung des Anschlusszwangs, der ebenfalls – grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse - an das Grundstück anknüpft (§ 4 Abs. 1 Satz 1 WVS, § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO). In § 5 Abs. 2 WVS folgt sodann der Anspruch auf Befreiung, die nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen gewährt werden kann. Mit der in § 5 Abs. 3 WVS geregelten Beschränkung des Wasserbezugs auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf wird, wie in § 5 Abs. 4 WVS ausdrücklich benannt, eine Teilbefreiung gewährt. Nach dieser auf das jeweilige Grundstück bezogenen Systematik ist zwischen Befreiung und Teilbefreiung im Sinne einer Alternativität streng zu trennen. Einen fließenden Übergang von der Teil- zur Vollbefreiung kann es schon wegen der voneinander abweichenden tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 und § 5 Abs. 3 WVS nicht geben. Während die Befreiung nach § 5 Abs. 2 WVS den Nachweis seitens des Abnehmers fordert, dass die Nutzung des Wassers ihm nicht zumutbar ist, hängt die Teilbefreiung – neben der hygienischen und gesundheitlichen Unbedenklichkeit – von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Wasserversorger ab. Es ginge nicht an, dieselbe Rechtsfolge, nämlich die vollständige Befreiung vom Benutzungszwang für ein Grundstück, auf der Grundlage gänzlich verschiedener Normen zu gewähren.
31 
§ 5 Abs. 3 WVS muss nicht etwa deswegen anders verstanden werden, weil diese Vorschrift, abgesehen von der Bezeichnung der Beteiligten, mit § 3 Abs. 1 AVBWasserV übereinstimmt. Auch diese Bestimmung setzt nämlich eine fortbestehende Wasserbelieferung voraus, da ansonsten der privatrechtliche Vertrag mit dem Wasserversorgungsunternehmen aufzulösen wäre. An die Stelle einer vertraglichen und insoweit personenbezogenen Begründung der Lieferverpflichtungen tritt beim öffentlich-rechtlichen Wasserversorgungsverhältnis der hoheitlich auferlegte Benutzungszwang. Dieser muss dann aber bei der Teilbefreiung mit der Verpflichtung fortbestehen, die Grundbelieferung mit Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage entgegenzunehmen, (vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 25.01.1989 - 22 A 1249/86 -, RdL 1989, 146). Denn die Bestimmungen der AVBWasserV können nur mit der Maßgabe Anwendung finden, dass die Grundentscheidung für den Anschluss- und Benutzungszwang nicht leerläuft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.01.1986 – 7 CB 51 und 52.85 -, NVwZ 1986, 483; vom 15.07.1988 - 7 B 195.87 -, NVwZ 1988, 1126 <1127>; vom 12.07.1991 - 7 B 17 und 18.91 -, NVwZ-RR 1992, 37 <39>).
32 
Hiernach muss sich der Umfang der Benutzungspflicht eines landwirtschaftlichen Betriebs nach unterschiedlichen rechtlichen Kriterien messen lassen je nachdem, ob ein abgrenzbarer Wasserbedarf auf dem Grundstück der Hofstelle oder auf einem anderen entsteht, das - anders als im vorliegenden Fall - nicht einmal äußerlich erkennbar deutlich abgegrenzt sein muss. Diese zwingende Folge aus der vom Gesetz vorgegebenen strikt grundstücksbezogenen Betrachtungsweise hat durch das Abstellen auf ein formales Kriterium den Vorteil der Rechtsklarheit und der Beständigkeit für sich, während ein personen- bzw. betriebsbezogener Ansatz jeweils auf Änderungen in den Eigentumsverhältnissen bzw. im Betriebskonzept reagieren müsste. Im Übrigen ist auch bei einer grundstücksbezogenen Betrachtungsweise eine Prüfung am Maßstab des § 5 Abs. 3 WVS nicht ausgeschlossen.
33 
3. Schließlich bleibt auch der auf der Grundlage der grundstücksbezogenen Betrachtungsweise gestellte zweite Hilfsantrag erfolglos. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Wasserbezug für das Grundstück Flst. Nr. ... auf den Trinkwasserbezug beschränkt und ihn damit für das im Schweinestall benötigte Brauchwasser vom Benutzungszwang befreit (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
34 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 WVS liegen nicht vor. Es fehlt schon an der Beschränkung auf einen Verbrauchszweck. Darüber hinaus erweist sich die begehrte Teilbefreiung jedenfalls als wirtschaftlich unzumutbar.
35 
a) Die Möglichkeit einer Beschränkung des Wasserbezugs nach § 5 Abs. 3 WVS ist dem Kläger nicht von vornherein abgeschnitten. Er kann grundsätzlich geltend machen, den Wasserbezug auf Trinkwasser bzw. Wasser für den menschlichen Gebrauch zu beschränken. Dass ein solcher Bedarf in einem Gebäude besteht, in dem sich Menschen längere Zeit zur Arbeit aufhalten, liegt nicht fern. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Nachfrage indessen angegeben, dass nach einem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage Trinkwasser für das Händewaschen und für das Waschen der für die veterinärmedizinische Versorgung benötigten Spritzen verwendet würde; die Installation einer Hygieneschleuse hat er demgegenüber lediglich als Option für die Zukunft bezeichnet. Der so umschriebene aktuelle Bedarf fällt dann aber im Vergleich zum Wasserbezug für das Tränken der Tiere und die Stallreinigung nicht ins Gewicht. Einen (absoluten oder relativen) Mindestbezug sieht die Satzung zwar nicht ausdrücklich vor. Der in § 5 Abs. 4 WVS verwendete Begriff der Teilbefreiung setzt indessen voraus, dass auch nach der Bezugsbeschränkung weiterhin ein nennenswerter Wasserbezug zu verzeichnen ist. Davon kann hier jedoch insbesondere deswegen nicht ausgegangen werden, weil der Kläger ausweislich des Haupt- und des ersten Hilfsantrags den jetzt bezeichneten Bedarf für sein Betriebskonzept nicht als solchen identifiziert hat. Deshalb liegt bei realistischer Betrachtungsweise der Schluss nahe, dass der Kläger der Sache nach immer noch auf eine vollständige Befreiung abzielt.
36 
b) Mit seinem Antrag kann der Kläger aber auch dann nicht durchdringen, wenn von einer rechtlich beachtlichen Teilbefreiung auszugehen ist. Denn die Auswirkungen einer Beschränkung auf den angegebenen „Restzweck“ überschreiten den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren.
37 
Wegen des kostenrechnenden Charakters der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung, die durch Gebühren und Beiträge als spezielle Entgelte finanziert wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), kann die insoweit darlegungspflichtige Beklagte allerdings in aller Regel keine eigenen finanziellen Interessen geltend machen. Vielmehr kommt es regelmäßig auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit für die übrigen Wasserabnehmer an, die einen Gebührenausfall infolge von Teilbedarfsbeschränkungen angesichts des hohen Fixkostenanteils bei der Wasserversorgung über erhöhte Gebühren mitfinanzieren müssen. Erst wenn solche Beschränkungen zu für den Verbraucher nicht mehr tragbaren Wasserpreisen führen würden, kann der Ausschlussgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit einem Beschränkungsbegehren entgegengehalten werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>).
38 
Der Beklagten ist es nicht verwehrt, bei dieser Beurteilung nicht nur die Auswirkungen des konkret zu prüfenden Antrags auf die Gebührenkalkulation in den Blick zu nehmen. Vielmehr ist sie aus Gründen der Gleichbehandlung gehalten, auch weitere anstehende Beschränkungsbegehren in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei darf sie sich nicht allein auf anhängige Beschränkungsanträge beschränken (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ; im Anschluss daran Sächs. OVG, Urteil vom 08.04.2008 - 4 B 403/07 -, juris Rz. 23). Denn dies entspricht nicht einer wirklichkeitsnahen Betrachtungsweise; es reicht aus, wenn solche Anträge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit abzusehen sind (so schon Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/88 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>; Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 – 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>). Bloße vage Spekulationen genügen demgegenüber nicht. Nach diesen Maßstäben durfte die Beklagte die in den zurückliegenden Jahren verbeschiedenen Beschränkungsanträge in ihre Erwägungen einbeziehen; denn ein neuerlicher Antrag läge ungeachtet der Bestandskraft eines Ablehnungsbescheids bei einer Entscheidung zugunsten des Klägers durchaus nahe. Demgegenüber beruhen die Vermutungen der Beklagten über weitere zu erwartende Anträge auf Teilbefreiung mit einem beträchtlichen mengenmäßigen Umfang auf keiner verlässlichen Tatsachengrundlage. Unter dem Aspekt der gebotenen Gleichbehandlung sind allerdings nur die Anträge von Landwirten auf Teilbefreiung für ihre Betriebe zu berücksichtigen. Der Antrag der Freibadfreunde Langenburg e.V. (Teilbefreiung für das Beckenwasser) in einem Umfang von 6.500 m³/Jahr ist nicht auf eine wirtschaftliche Betätigung bezogen und somit nicht vergleichbar. Demnach verbleibt ein Rückgang der verkauften Trinkwassermenge pro Jahr von 8.200 m³; der vom Kläger prognostizierte Verbrauch von 2.000 m³/Jahr ist nicht hinzuzurechnen, weil diese Menge in der zugrunde gelegten Verkaufsmenge von 124.000 m³/Jahr noch nicht enthalten war. Ausgehend von der vom Klägervertreter mit Schriftsatz vom 15.01.2008 an das Verwaltungsgericht vorgelegten nachvollziehbaren Vergleichsberechnung ergäbe sich dann eine Erhöhung der Wassergebühren, die nach Anhebung der Zählergebühr nunmehr auf 2,50 EUR/m³ ermäßigt worden sind, um 0,18 EUR/m³ - dies entspricht 7,2% - auf 2,68 EUR/m³. Damit ist hier die Grenze des wirtschaftlich Zumutbaren überschritten.
39 
Bei der Bestimmung der Höhe des Wasserpreises, der den Abnehmern noch zugemutet werden kann, ist nicht (allein) auf das Äquivalenzprinzip als gebührenrechtliche Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips abzustellen (hierzu neigend BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Denn dieser Grundsatz bildet nur die allgemeine und absolute Grenze der Gebührenbemessung, die hier ersichtlich noch nicht erreicht ist.
40 
Der in den Zuwendungsrichtlinien des Umweltministeriums für die Förderung wasserwirtschaftlicher Vorhaben (Förderrichtlinien Wasserwirtschaft 2009 - FrWw 2009) vom 23.06.2008 genannte Schwellenwert kann hier ebenso wenig herangezogen werden (so aber - jedenfalls im Sinne einer Negativabgrenzung - Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auf der Grundlage dieser Förderrichtlinien gewährt das Land Zuwendungen für wasserwirtschaftliche Vorhaben von öffentlichem Interesse. U.a. werden die notwendigen Vorhaben zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung gefördert, „um insbesondere unzumutbar hohe Gebühren- und Beitragsleistungen für die Bürger zu vermeiden“ (Abschnitt I. vor 1). Nach den Fördergrundsätzen können Zuwendungsempfänger Zuwendungen erhalten, deren Wasser- und Abwasserentgelt die Antragsschwelle von 5,90 EUR/m³ erreicht (Abschnitt II., 7.1); diese wird von der Beklagten mit dem Betrag von 6,26 EUR/m³ überschritten. Es fehlt indessen an jeglichem Hinweis, nach welchen rechtlichen Maßstäben dieser Schwellenwert - ungeachtet der Zielvorgabe - festgesetzt wird. Eine Anwendung im Regelungsbereich des § 3 Abs. 1 AVBWasserV bzw. § 5 Abs. 3 WVS scheidet deswegen aus.
41 
Bei der Konkretisierung des Begriffs des wirtschaftlich Zumutbaren ist vielmehr von der Zweckbestimmung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 27 Abs. 3 AGBG auszugehen, auf der § 3 Abs. 1 AVBWasserV beruht. Danach soll ein Ausgleich geschaffen werden zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung einerseits und den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an einer Berücksichtigung ihrer jeweils besonderen Bedürfnisse und Wünsche andererseits (vgl. BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschluss vom 02.11.1981 - 2 BvR 671/81 -, NVwZ 1982, 306 <307>). Hiernach kommt es vorrangig auf das Verhältnis des zu erwartenden Wasserpreises zum bisherigen Preisniveau an.
42 
Für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit kann bereits ein deutlicher Gebührensprung sprechen. Demgegenüber rechtfertigt der hier mit 7,2% nur mäßige prozentuale Anstieg der Wassergebühren für sich genommen noch nicht den umgekehrten Schluss auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit. Denn die Verhältnisse im Bereich des betroffenen Wasserversorgers sind nicht allein ausschlaggebend. Die Wasserversorgung ist zwar wegen ihrer örtlichen Radizierung eine gemeindliche Selbstverwaltungsangelegenheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.1981 - 2 BvL 14/79 -, BVerfGE 58, 45 <62>). Deren Kosten werden demnach durch originär kommunalpolitische Entscheidungen maßgeblich beeinflusst; hierzu mag bei der Beklagten die auch vom Wasserhaushaltsrecht grundsätzlich erwünschte Betonung der Eigenversorgung (Ortsnäheprinzip; § 1a Abs. 3 WHG, § 43 Abs. 1 Satz 1 WG) zählen, im Gegensatz etwa zur benachbarten Stadt Gerabronn, die sich einem überörtlichen Zweckverband (§ 43 Abs. 1 Satz 2 WG) angeschlossen hat und mit einem Betrag von 1,71 EUR/m³ (inkl. MwSt.; Stand 2008 ) auf deutlich niedrigere Wassergebühren verweisen kann. Daneben hängen die Kosten von vielfältigen objektiven Umständen - wie Verfügbarkeit der Wasserressourcen nach geologischen und hydrologischen Gegebenheiten, Qualität der Ressourcen, Topografie und Siedlungsstruktur - ab, die aber jedenfalls einen regionalen Vergleich erlauben (vgl. hierzu Heitzmann/Schmauz in: Statistische Monatshefte Baden-Württemberg 8/2008 S. 5 <8 f.>). Demnach muss auch das Ausgangs- und Zielniveau verglichen mit den Preisen anderer Wasserversorger in der Umgebung berücksichtigt werden (so auch Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 - 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Danach kann ungeachtet einer nur geringen prozentualen Erhöhung von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit dann ausgegangen werden, wenn die Beschränkung der Benutzungspflicht zu einer Gebühr führen würde, deren Höhe das Preisniveau in der Region deutlich übersteigt. Bei einer erheblichen Spreizung der Gebührenhöhe im Vergleichsgebiet setzt diese Feststellung nicht zwingend die Überschreitung des - gegebenenfalls um offensichtliche „Ausreißer“ bereinigten - Rahmens voraus (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Vielmehr kann dann schon das Ausmaß der Abweichung von der durchschnittlichen Gebührenhöhe ausreichen. Nach der vorgelegten Übersicht der Wassergebühren in den Gemeinden des Landkreises Schwäbisch Hall aus dem Jahr 2007 beläuft sich die Höhe der Wassergebühren im Durchschnitt auf 1,81 EUR/m³. Dabei reicht die Spanne von 1,15 EUR/m³ bis zu dem von der Beklagten verlangten Spitzenwert von - damals - 2,54 EUR/m³. Bei einer zu erwartenden Erhöhung dieses Betrags auf nunmehr 2,68 EUR/m³ wäre der Durchschnitt um nahezu 50% überschritten. Eine solche Belastung ist den übrigen Wasserabnehmern auch bei der Würdigung der Interessen des Klägers nicht mehr zuzumuten. Dieser Einschätzung kann hier nicht entgegengehalten werden, dass die Beklagte zunächst verpflichtet sei, alle ihr zu Gebote stehenden Mittel einzusetzen, um die Auswirkungen einer Beschränkung der Benutzungspflicht etwa durch die Anpassung der Gebührenstruktur aufzufangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <756>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Denn die Beklagte hat, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, bereits letztes Jahr die Zählergebühr erhöht und im Gegenzug die verbrauchsabhängige Wassergebühr gesenkt, und damit die Großverbraucher auf Kosten der Kleinverbraucher entlastet.
III.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
44 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
45 
Beschluss vom 28. Mai 2009
46 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 45 Abs. 1 Satz 3 und § 63 Abs. 2 GKG).
47 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
18 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung ist auch im Übrigen mit den jetzt gestellten Anträgen zulässig.
19 
Erstmals in der Berufungsinstanz macht der Kläger im Hauptantrag zusätzlich zu dem hilfsweise aufrecht erhaltenen Verpflichtungsantrag nebst Anfechtungsannex ein Feststellungsbegehren geltend. Er möchte nunmehr an erster Stelle festgestellt wissen, dass der Brauchwasserverbrauch von vornherein nicht zum Anschlusszwang führt. Darin liegt eine Klageänderung nach § 91 VwGO. Denn der Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens wird damit erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.08.2005 – 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 <135>). Im Übergang zu einer anderen Klageart liegt nicht lediglich eine Präzisierung des Klagebegehrens, was nach dem Rechtsgedanken des § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen wäre (vgl. hierzu Ortloff/Riese in: Schoch u.a. , VwGO, § 91 Rn. 24, 29); denn der Klagegrund wird ausgewechselt, wenn anders als bisher die Reichweite des Anschlusszwangs in Zweifel gezogen und folglich eine Befreiung für entbehrlich erachtet wird. Diese Klageänderung in Gestalt einer nachträglichen objektiven Klagehäufung (§ 44 VwGO), die auch im Berufungsverfahren gem. § 125 VwGO grundsätzlich möglich ist, ist nach § 91 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 VwGO zulässig. Denn die Beklagte hat durch rügelose Einlassung in die Klageänderung eingewilligt.
20 
Bei den Hilfsanträgen handelt es sich demgegenüber nicht um eine Klageänderung; vielmehr ist insoweit das bereits im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachte Klagebegehren nur klarstellend und präzisierend in neue Klageanträge gefasst worden.
II.
21 
Die Berufung ist nicht begründet. Der Hauptantrag hat keinen Erfolg. Das mit den Hilfsanträgen verfolgte Klagebegehren ist bereits vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.
22 
1. a) Der Feststellungsantrag ist nach Maßgabe der auch für die geänderte Klage grundsätzlich zu beachtenden Zulässigkeitsvoraussetzungen zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.10.1980 - 6 C 39.80 -, BVerwGE 61, 45 <51>). Die Beteiligten streiten um die Reichweite des Anschlusszwangs und damit um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.1996 – 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 <264 f.>). Der Kläger ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog), da er geltend machen kann, durch die Anwendung der streitigen Vorschriften in seinem Eigentumsgrundrecht verletzt zu sein. Er kann sich auf ein Feststellungsinteresse berufen, da die begehrte Feststellung geeignet ist, den Rechtsstreit zwischen den Beteiligten abschließend zu klären. Es fehlt auch nicht an der instanziellen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs. Zwar zählt die nun erhobene Feststellungsklage nicht zu den Verfahren, die dem Oberverwaltungsgericht nach § 48 VwGO zur Entscheidung im ersten Rechtszug zugewiesen sind, sodass gem. § 45 VwGO grundsätzlich das Verwaltungsgericht zur Entscheidung berufen ist. Durch die Möglichkeit der Klageänderung in einem anhängigen Berufungsverfahren werden indessen diese Zuständigkeitsregelungen modifiziert und erstinstanzliche Zuständigkeiten der Berufungsgerichte begründet. Dies gilt in Anlehnung an die zur Sachdienlichkeit einer Klageänderung entwickelten Grundsätze (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.04.1999 - 4 C 4.98 -, BVerwGE 109, 74 <78 f.>) jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Klageänderung den Prozess nicht auf ganz neue Grundlagen stellt, also auch die geänderte Klage einen schon bisher zwischen den Beteiligten vorhandenen Streitstoff zum Gegenstand hat und sich deshalb das "Gesicht des Rechtsstreits“ nicht ändert (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.02.1979 - II 697/78 -, juris Rz. 21; Urteil vom 19.09.2002 - 14 S 1429/02 -, juris Rz. 36, jeweils m.w.N.).
23 
Schließlich steht dem Feststellungsantrag die Subsidiaritätsregel des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen. Auf eine isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid, mit dem die zunächst beantragte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang abgelehnt worden ist, kann der Kläger nicht vorrangig verwiesen werden, da ihm insoweit die Klagebefugnis fehlt. Diesem Bescheid liegt zwar die vom Kläger angegriffene Rechtsauffassung über die Reichweite des Anschlusszwangs zugrunde. Als bloßes Begründungselement des Bescheids nimmt die bestrittene Rechtsauffassung jedoch nicht an dem der Bestandskraft fähigen Regelungsgehalt des Bescheids teil (vgl. hierzu U. Stelkens in: Stelkens u.a. , VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 143 f., m.N.); die Rechtsfigur eines inzidenten Feststellungsbescheids gibt es nicht.
24 
b) Der Hauptantrag ist unbegründet. Der Anschlusszwang nach der Satzung der Beklagten über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung – WVS) vom 04.07.2000 erstreckt sich grundsätzlich auf die gesamte Wasserversorgung und beschränkt sich nicht auf das für den Bedarf des Menschen bestimmte Wasser. Mit diesem Inhalt ist die Satzung von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt.
25 
(1) Nach § 4 Abs. 1 WVS sind Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wasser verbraucht wird, bei gegebener Anschlussmöglichkeit verpflichtet, diese Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen. Eine Beschränkung auf einen bestimmten Verbrauchszweck ist nicht vorgesehen. Das Brauchwasser ist nicht ausgenommen. Das wird insbesondere bestätigt durch die Regelung in § 5 Abs. 1 WVS. Nach Satz 1 haben auf Grundstücken, die an die öffentliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen sind, die Wasserabnehmer ihren gesamten Wasserbedarf aus dieser zu decken. Aus Satz 2, der die Nutzung von Niederschlagswasser für Zwecke der Gartenbewässerung vom Benutzungszwang ausnimmt, folgt im Gegenschluss, dass ohne diese ausdrückliche Regelung diese Brauchwassernutzung ebenfalls vom Benutzungszwang erfasst wäre (vgl. auch die Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auch § 8 Abs. 2 WVS geht von einem umfassenden Verständnis des Anschluss- und Benutzungszwangs aus; denn danach darf das Wasser - vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen - für alle Zwecke verwendet werden. Der daraus folgenden Erstreckung des Anschlusszwangs auch auf die Brauchwasserversorgung steht § 1 Abs. 1 Satz 1 WVS nicht entgegen. Danach dient die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Lieferung von Trinkwasser. Die Beklagte hat damit eine Formulierung im Satzungsmuster des Gemeindetags Baden-Württemberg übernommen (BWGZ 1996, 642 <644>), während andere Mustersatzungen das Brauchwasser ausdrücklich erwähnen (siehe etwa § 1 Satz 1 des Arbeitsmusters einer Wasserversorgungssatzung, abgedruckt in: Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Bd. 3, III. Teil, AVBWasserV/Anh.). Für den Umfang des Benutzungszwangs ist die von der Beklagten gewählte Formulierung indessen unerheblich. Denn die Regelung bringt lediglich zum Ausdruck, dass die Beklagte Wasser insgesamt in entsprechender Qualität liefert; eine getrennte Lieferung von Trinkwasser und von Brauchwasser ist nämlich wegen des einheitlichen Leitungsnetzes nicht möglich.
26 
Vor diesem Hintergrund trifft § 4 Abs. 1 Satz 2 WVS, wonach auf einem Grundstück alle Gebäude anzuschließen sind, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, lediglich eine ausdrückliche Sonderregelung für diesen Verbrauchszweck, ohne indessen andere auszuschließen. Im Übrigen wird entgegen der Auffassung des Klägers Wasser, das für den menschlichen Bedarf bestimmt ist, nicht lediglich in Gebäuden verbraucht, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Dies gilt nicht nur für Trinkwasser i.S. der Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Verbrauch (TrinkwasserverordnungTrinkwV) vom 21.05.2001 (BGBl. I S. 959, i.d.F. der Verordnung vom 31.10.2006, BGBl. I S. 2467) – z.B. Wasser zur Körperreinigung etwa in Industriebetrieben (§ 3 Nr. 1 Buchst. a TrinkwV) -, sondern insbesondere für Wasser für Lebensmittelbetriebe - etwa in der Milchwirtschaft Wasser, das zur Reinigung von Gegenständen dient, die bestimmungsgemäß mit Lebensmitteln in Berührung kommen (§ 3 Nr. 1 Buchst. b TrinkwV).
27 
(2) Die Wasserversorgungssatzung der Beklagten ist mit diesem Regelungsinhalt von der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 1 GemO gedeckt. Danach kann die Gemeinde bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung den Anschluss- und Benutzungszwang für die Wasserversorgung als eine der Volksgesundheit dienenden Einrichtung vorschreiben. Bei Wasser für den menschlichen Gebrauch ist die Ausrichtung an diesem Gesetzeszweck ohne weiteres gegeben.
28 
Die grundsätzliche Erstreckung auch auf das Brauchwasser, für die sich die Beklagte auf einen Beurteilungsspielraum nicht berufen kann (vgl. auch Urteil des erk. Senats vom 18.03.2004 – 1 S 2261/02 -, VBlBW 2004, 337 <338> m.w.N.; a.A. etwa OVG NRW; Urteil vom 28.11.1986 – 22 A 1206/81 -, NVwZ 1987, 727 und Kunze/Bonner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 11 Rn. 10; siehe auch Seewald in: Steiner , Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2006, Kap. 1 Rn. 171, m.N.), lässt sich demgegenüber weder allein mit dem Interesse an einem wirtschaftlichen Betrieb der Wasserversorgung noch mit dem bloßen Hinweis rechtfertigen, dass die gemeindliche Wasserversorgung als Ganzes dem Interesse der Allgemeinheit und in diesem Rahmen vor allem der Volksgesundheit dient (vgl. etwa Urteile des erk. Senats vom 13.03.1972 - I 192/71 -, KStZ 1972, 158 <159> und vom 19.03.1990 - 1 S 1991/89 -, NVwZ-RR 1990, 499; Kunze/Bonner/Katz, a.a.O., § 11 Rn. 8). Ein hinreichender Bezug zum und eine Rechtfertigung durch den Gesetzeszweck des Gesundheitsschutzes ist insoweit aber dann gegeben, wenn entweder festgestellt werden kann, dass für die Erstreckung auf den Brauchwasserbereich selbst Gründe der Volksgesundheit sprechen oder wenn die Trinkwasserversorgung selbst hiervon abhängt - sei es, weil erst auf diese Weise die erforderlichen Durchsatzmengen gewonnen werden können, sei es, weil eine nur das Trinkwasser betreffende Versorgung den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren verlässt, weil sie die finanziellen Kapazitäten des Versorgungsträgers überfordert oder zu erträglichen Preisen nicht möglich ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>; Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO, LKrO, BezO für den Freistaat Bayern, Art. 24 GO Erl. I 5.1). Die danach gebotene Prüfung, ob eine Beschränkung des Benutzungszwangs angezeigt ist, muss die Beklagte allerdings nicht mit dem Ziel einer generellen Satzungsregelung vornehmen. Vielmehr kann sie dieser Pflicht im Rahmen ihres Satzungsermessens in zulässiger Weise Einzelfall bezogen nachkommen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.11.1991 - 7 B 56.91 –, juris Rz. 3). Das hat die Beklagte durch die Normierung der Möglichkeit einer Teilbefreiung in § 5 Abs. 3 WVS getan. Damit setzt sie zugleich und in erster Linie die in § 35 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV – vom 20.06.1980 (BGBl. I S. 750, 1067 i.d.F. des Gesetzes vom 09.12.2004, BGBl. I S. 3214) vorgeschriebene Anpassung ihrer Satzung an § 3 Abs. 1 AVBWasserV um, wodurch ein absoluter Vorrang des Interesses an einer preisgünstigen öffentlichen Wasserversorgung nicht mehr anerkannt werden soll. Dieser Freistellungsanspruch ist indessen beschränkt, wenn eine konkrete Beeinträchtigung von Belangen der Volksgesundheit zu besorgen ist (vgl. Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/89 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>).
29 
2. Der erste Hilfsantrag ist ebenso wenig begründet. Er zielt letztlich darauf ab, den Kläger für das Baugrundstück von der Benutzungspflicht völlig freizustellen und zugleich als notwendige Folge den Anschlusszwang zu Fall zu bringen, der mangels Benutzung ins Leere ginge. Dabei macht der Kläger nicht geltend, dass entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Benutzungszwang nach § 5 Abs. 2 WVS gegeben seien. Er fasst vielmehr der Sache nach die beiden in seinem Eigentum stehenden und seinem landwirtschaftlichen Betrieb zugeordneten Grundstücke Flst. Nr. ... und ... personen- bzw. betriebsbezogen zu einer Einheit zusammen und beruft sich auf dieser Grundlage – auf der Hofstelle wird bereits Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bezogen - allein auf den Beschränkungsanspruch nach § 5 Abs. 3 WVS. Danach räumt die Stadt dem Wasserabnehmer im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren auf Antrag die Möglichkeit ein, den Bezug auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Diese Regelung ist hier indessen schon nach der Systematik der Satzungsbestimmungen über den Benutzungszwang nicht geeignet, die begehrten Rechtsfolgen zu begründen.
30 
§ 5 Abs. 1 WVS normiert als Grundsatz den umfassenden Benutzungszwang zugunsten der gemeindlichen Wasserversorgungsanlage. Dieser ist dabei auf das jeweils angeschlossene Grundstück bezogen und bildet so die Fortsetzung des Anschlusszwangs, der ebenfalls – grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse - an das Grundstück anknüpft (§ 4 Abs. 1 Satz 1 WVS, § 11 Abs. 1 Satz 1 GemO). In § 5 Abs. 2 WVS folgt sodann der Anspruch auf Befreiung, die nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen gewährt werden kann. Mit der in § 5 Abs. 3 WVS geregelten Beschränkung des Wasserbezugs auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf wird, wie in § 5 Abs. 4 WVS ausdrücklich benannt, eine Teilbefreiung gewährt. Nach dieser auf das jeweilige Grundstück bezogenen Systematik ist zwischen Befreiung und Teilbefreiung im Sinne einer Alternativität streng zu trennen. Einen fließenden Übergang von der Teil- zur Vollbefreiung kann es schon wegen der voneinander abweichenden tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 und § 5 Abs. 3 WVS nicht geben. Während die Befreiung nach § 5 Abs. 2 WVS den Nachweis seitens des Abnehmers fordert, dass die Nutzung des Wassers ihm nicht zumutbar ist, hängt die Teilbefreiung – neben der hygienischen und gesundheitlichen Unbedenklichkeit – von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Wasserversorger ab. Es ginge nicht an, dieselbe Rechtsfolge, nämlich die vollständige Befreiung vom Benutzungszwang für ein Grundstück, auf der Grundlage gänzlich verschiedener Normen zu gewähren.
31 
§ 5 Abs. 3 WVS muss nicht etwa deswegen anders verstanden werden, weil diese Vorschrift, abgesehen von der Bezeichnung der Beteiligten, mit § 3 Abs. 1 AVBWasserV übereinstimmt. Auch diese Bestimmung setzt nämlich eine fortbestehende Wasserbelieferung voraus, da ansonsten der privatrechtliche Vertrag mit dem Wasserversorgungsunternehmen aufzulösen wäre. An die Stelle einer vertraglichen und insoweit personenbezogenen Begründung der Lieferverpflichtungen tritt beim öffentlich-rechtlichen Wasserversorgungsverhältnis der hoheitlich auferlegte Benutzungszwang. Dieser muss dann aber bei der Teilbefreiung mit der Verpflichtung fortbestehen, die Grundbelieferung mit Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage entgegenzunehmen, (vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 25.01.1989 - 22 A 1249/86 -, RdL 1989, 146). Denn die Bestimmungen der AVBWasserV können nur mit der Maßgabe Anwendung finden, dass die Grundentscheidung für den Anschluss- und Benutzungszwang nicht leerläuft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.01.1986 – 7 CB 51 und 52.85 -, NVwZ 1986, 483; vom 15.07.1988 - 7 B 195.87 -, NVwZ 1988, 1126 <1127>; vom 12.07.1991 - 7 B 17 und 18.91 -, NVwZ-RR 1992, 37 <39>).
32 
Hiernach muss sich der Umfang der Benutzungspflicht eines landwirtschaftlichen Betriebs nach unterschiedlichen rechtlichen Kriterien messen lassen je nachdem, ob ein abgrenzbarer Wasserbedarf auf dem Grundstück der Hofstelle oder auf einem anderen entsteht, das - anders als im vorliegenden Fall - nicht einmal äußerlich erkennbar deutlich abgegrenzt sein muss. Diese zwingende Folge aus der vom Gesetz vorgegebenen strikt grundstücksbezogenen Betrachtungsweise hat durch das Abstellen auf ein formales Kriterium den Vorteil der Rechtsklarheit und der Beständigkeit für sich, während ein personen- bzw. betriebsbezogener Ansatz jeweils auf Änderungen in den Eigentumsverhältnissen bzw. im Betriebskonzept reagieren müsste. Im Übrigen ist auch bei einer grundstücksbezogenen Betrachtungsweise eine Prüfung am Maßstab des § 5 Abs. 3 WVS nicht ausgeschlossen.
33 
3. Schließlich bleibt auch der auf der Grundlage der grundstücksbezogenen Betrachtungsweise gestellte zweite Hilfsantrag erfolglos. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Wasserbezug für das Grundstück Flst. Nr. ... auf den Trinkwasserbezug beschränkt und ihn damit für das im Schweinestall benötigte Brauchwasser vom Benutzungszwang befreit (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
34 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 WVS liegen nicht vor. Es fehlt schon an der Beschränkung auf einen Verbrauchszweck. Darüber hinaus erweist sich die begehrte Teilbefreiung jedenfalls als wirtschaftlich unzumutbar.
35 
a) Die Möglichkeit einer Beschränkung des Wasserbezugs nach § 5 Abs. 3 WVS ist dem Kläger nicht von vornherein abgeschnitten. Er kann grundsätzlich geltend machen, den Wasserbezug auf Trinkwasser bzw. Wasser für den menschlichen Gebrauch zu beschränken. Dass ein solcher Bedarf in einem Gebäude besteht, in dem sich Menschen längere Zeit zur Arbeit aufhalten, liegt nicht fern. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Nachfrage indessen angegeben, dass nach einem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage Trinkwasser für das Händewaschen und für das Waschen der für die veterinärmedizinische Versorgung benötigten Spritzen verwendet würde; die Installation einer Hygieneschleuse hat er demgegenüber lediglich als Option für die Zukunft bezeichnet. Der so umschriebene aktuelle Bedarf fällt dann aber im Vergleich zum Wasserbezug für das Tränken der Tiere und die Stallreinigung nicht ins Gewicht. Einen (absoluten oder relativen) Mindestbezug sieht die Satzung zwar nicht ausdrücklich vor. Der in § 5 Abs. 4 WVS verwendete Begriff der Teilbefreiung setzt indessen voraus, dass auch nach der Bezugsbeschränkung weiterhin ein nennenswerter Wasserbezug zu verzeichnen ist. Davon kann hier jedoch insbesondere deswegen nicht ausgegangen werden, weil der Kläger ausweislich des Haupt- und des ersten Hilfsantrags den jetzt bezeichneten Bedarf für sein Betriebskonzept nicht als solchen identifiziert hat. Deshalb liegt bei realistischer Betrachtungsweise der Schluss nahe, dass der Kläger der Sache nach immer noch auf eine vollständige Befreiung abzielt.
36 
b) Mit seinem Antrag kann der Kläger aber auch dann nicht durchdringen, wenn von einer rechtlich beachtlichen Teilbefreiung auszugehen ist. Denn die Auswirkungen einer Beschränkung auf den angegebenen „Restzweck“ überschreiten den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren.
37 
Wegen des kostenrechnenden Charakters der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung, die durch Gebühren und Beiträge als spezielle Entgelte finanziert wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), kann die insoweit darlegungspflichtige Beklagte allerdings in aller Regel keine eigenen finanziellen Interessen geltend machen. Vielmehr kommt es regelmäßig auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit für die übrigen Wasserabnehmer an, die einen Gebührenausfall infolge von Teilbedarfsbeschränkungen angesichts des hohen Fixkostenanteils bei der Wasserversorgung über erhöhte Gebühren mitfinanzieren müssen. Erst wenn solche Beschränkungen zu für den Verbraucher nicht mehr tragbaren Wasserpreisen führen würden, kann der Ausschlussgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit einem Beschränkungsbegehren entgegengehalten werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <755>).
38 
Der Beklagten ist es nicht verwehrt, bei dieser Beurteilung nicht nur die Auswirkungen des konkret zu prüfenden Antrags auf die Gebührenkalkulation in den Blick zu nehmen. Vielmehr ist sie aus Gründen der Gleichbehandlung gehalten, auch weitere anstehende Beschränkungsbegehren in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei darf sie sich nicht allein auf anhängige Beschränkungsanträge beschränken (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ; im Anschluss daran Sächs. OVG, Urteil vom 08.04.2008 - 4 B 403/07 -, juris Rz. 23). Denn dies entspricht nicht einer wirklichkeitsnahen Betrachtungsweise; es reicht aus, wenn solche Anträge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit abzusehen sind (so schon Urteil des erk. Senats vom 23.10.1989 - 1 S 2484/88 -, NVwZ-RR 1990, 239 <240>; Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 – 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>). Bloße vage Spekulationen genügen demgegenüber nicht. Nach diesen Maßstäben durfte die Beklagte die in den zurückliegenden Jahren verbeschiedenen Beschränkungsanträge in ihre Erwägungen einbeziehen; denn ein neuerlicher Antrag läge ungeachtet der Bestandskraft eines Ablehnungsbescheids bei einer Entscheidung zugunsten des Klägers durchaus nahe. Demgegenüber beruhen die Vermutungen der Beklagten über weitere zu erwartende Anträge auf Teilbefreiung mit einem beträchtlichen mengenmäßigen Umfang auf keiner verlässlichen Tatsachengrundlage. Unter dem Aspekt der gebotenen Gleichbehandlung sind allerdings nur die Anträge von Landwirten auf Teilbefreiung für ihre Betriebe zu berücksichtigen. Der Antrag der Freibadfreunde Langenburg e.V. (Teilbefreiung für das Beckenwasser) in einem Umfang von 6.500 m³/Jahr ist nicht auf eine wirtschaftliche Betätigung bezogen und somit nicht vergleichbar. Demnach verbleibt ein Rückgang der verkauften Trinkwassermenge pro Jahr von 8.200 m³; der vom Kläger prognostizierte Verbrauch von 2.000 m³/Jahr ist nicht hinzuzurechnen, weil diese Menge in der zugrunde gelegten Verkaufsmenge von 124.000 m³/Jahr noch nicht enthalten war. Ausgehend von der vom Klägervertreter mit Schriftsatz vom 15.01.2008 an das Verwaltungsgericht vorgelegten nachvollziehbaren Vergleichsberechnung ergäbe sich dann eine Erhöhung der Wassergebühren, die nach Anhebung der Zählergebühr nunmehr auf 2,50 EUR/m³ ermäßigt worden sind, um 0,18 EUR/m³ - dies entspricht 7,2% - auf 2,68 EUR/m³. Damit ist hier die Grenze des wirtschaftlich Zumutbaren überschritten.
39 
Bei der Bestimmung der Höhe des Wasserpreises, der den Abnehmern noch zugemutet werden kann, ist nicht (allein) auf das Äquivalenzprinzip als gebührenrechtliche Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips abzustellen (hierzu neigend BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Denn dieser Grundsatz bildet nur die allgemeine und absolute Grenze der Gebührenbemessung, die hier ersichtlich noch nicht erreicht ist.
40 
Der in den Zuwendungsrichtlinien des Umweltministeriums für die Förderung wasserwirtschaftlicher Vorhaben (Förderrichtlinien Wasserwirtschaft 2009 - FrWw 2009) vom 23.06.2008 genannte Schwellenwert kann hier ebenso wenig herangezogen werden (so aber - jedenfalls im Sinne einer Negativabgrenzung - Erläuterungen zum Muster einer Wasserversorgungssatzung, BWGZ 1996, 642, 658). Auf der Grundlage dieser Förderrichtlinien gewährt das Land Zuwendungen für wasserwirtschaftliche Vorhaben von öffentlichem Interesse. U.a. werden die notwendigen Vorhaben zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung gefördert, „um insbesondere unzumutbar hohe Gebühren- und Beitragsleistungen für die Bürger zu vermeiden“ (Abschnitt I. vor 1). Nach den Fördergrundsätzen können Zuwendungsempfänger Zuwendungen erhalten, deren Wasser- und Abwasserentgelt die Antragsschwelle von 5,90 EUR/m³ erreicht (Abschnitt II., 7.1); diese wird von der Beklagten mit dem Betrag von 6,26 EUR/m³ überschritten. Es fehlt indessen an jeglichem Hinweis, nach welchen rechtlichen Maßstäben dieser Schwellenwert - ungeachtet der Zielvorgabe - festgesetzt wird. Eine Anwendung im Regelungsbereich des § 3 Abs. 1 AVBWasserV bzw. § 5 Abs. 3 WVS scheidet deswegen aus.
41 
Bei der Konkretisierung des Begriffs des wirtschaftlich Zumutbaren ist vielmehr von der Zweckbestimmung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 27 Abs. 3 AGBG auszugehen, auf der § 3 Abs. 1 AVBWasserV beruht. Danach soll ein Ausgleich geschaffen werden zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung einerseits und den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an einer Berücksichtigung ihrer jeweils besonderen Bedürfnisse und Wünsche andererseits (vgl. BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschluss vom 02.11.1981 - 2 BvR 671/81 -, NVwZ 1982, 306 <307>). Hiernach kommt es vorrangig auf das Verhältnis des zu erwartenden Wasserpreises zum bisherigen Preisniveau an.
42 
Für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit kann bereits ein deutlicher Gebührensprung sprechen. Demgegenüber rechtfertigt der hier mit 7,2% nur mäßige prozentuale Anstieg der Wassergebühren für sich genommen noch nicht den umgekehrten Schluss auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit. Denn die Verhältnisse im Bereich des betroffenen Wasserversorgers sind nicht allein ausschlaggebend. Die Wasserversorgung ist zwar wegen ihrer örtlichen Radizierung eine gemeindliche Selbstverwaltungsangelegenheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.1981 - 2 BvL 14/79 -, BVerfGE 58, 45 <62>). Deren Kosten werden demnach durch originär kommunalpolitische Entscheidungen maßgeblich beeinflusst; hierzu mag bei der Beklagten die auch vom Wasserhaushaltsrecht grundsätzlich erwünschte Betonung der Eigenversorgung (Ortsnäheprinzip; § 1a Abs. 3 WHG, § 43 Abs. 1 Satz 1 WG) zählen, im Gegensatz etwa zur benachbarten Stadt Gerabronn, die sich einem überörtlichen Zweckverband (§ 43 Abs. 1 Satz 2 WG) angeschlossen hat und mit einem Betrag von 1,71 EUR/m³ (inkl. MwSt.; Stand 2008 ) auf deutlich niedrigere Wassergebühren verweisen kann. Daneben hängen die Kosten von vielfältigen objektiven Umständen - wie Verfügbarkeit der Wasserressourcen nach geologischen und hydrologischen Gegebenheiten, Qualität der Ressourcen, Topografie und Siedlungsstruktur - ab, die aber jedenfalls einen regionalen Vergleich erlauben (vgl. hierzu Heitzmann/Schmauz in: Statistische Monatshefte Baden-Württemberg 8/2008 S. 5 <8 f.>). Demnach muss auch das Ausgangs- und Zielniveau verglichen mit den Preisen anderer Wasserversorger in der Umgebung berücksichtigt werden (so auch Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1997 - 5 UE 2017/94 -, RdL 1997, 230 <232>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Danach kann ungeachtet einer nur geringen prozentualen Erhöhung von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit dann ausgegangen werden, wenn die Beschränkung der Benutzungspflicht zu einer Gebühr führen würde, deren Höhe das Preisniveau in der Region deutlich übersteigt. Bei einer erheblichen Spreizung der Gebührenhöhe im Vergleichsgebiet setzt diese Feststellung nicht zwingend die Überschreitung des - gegebenenfalls um offensichtliche „Ausreißer“ bereinigten - Rahmens voraus (so aber BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 BV 05.1037 -, DÖV 2007, 935 ). Vielmehr kann dann schon das Ausmaß der Abweichung von der durchschnittlichen Gebührenhöhe ausreichen. Nach der vorgelegten Übersicht der Wassergebühren in den Gemeinden des Landkreises Schwäbisch Hall aus dem Jahr 2007 beläuft sich die Höhe der Wassergebühren im Durchschnitt auf 1,81 EUR/m³. Dabei reicht die Spanne von 1,15 EUR/m³ bis zu dem von der Beklagten verlangten Spitzenwert von - damals - 2,54 EUR/m³. Bei einer zu erwartenden Erhöhung dieses Betrags auf nunmehr 2,68 EUR/m³ wäre der Durchschnitt um nahezu 50% überschritten. Eine solche Belastung ist den übrigen Wasserabnehmern auch bei der Würdigung der Interessen des Klägers nicht mehr zuzumuten. Dieser Einschätzung kann hier nicht entgegengehalten werden, dass die Beklagte zunächst verpflichtet sei, alle ihr zu Gebote stehenden Mittel einzusetzen, um die Auswirkungen einer Beschränkung der Benutzungspflicht etwa durch die Anpassung der Gebührenstruktur aufzufangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1986 - 7 C 50.83 -, NVwZ 1986, 754 <756>; BayVGH, Urteil vom 26.04.2007 - 4 B 05.576 -, BayVBl 2008, 274 ). Denn die Beklagte hat, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, bereits letztes Jahr die Zählergebühr erhöht und im Gegenzug die verbrauchsabhängige Wassergebühr gesenkt, und damit die Großverbraucher auf Kosten der Kleinverbraucher entlastet.
III.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
44 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
45 
Beschluss vom 28. Mai 2009
46 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 45 Abs. 1 Satz 3 und § 63 Abs. 2 GKG).
47 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedarf das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser

1.
für den Haushalt, für den landwirtschaftlichen Hofbetrieb, für das Tränken von Vieh außerhalb des Hofbetriebs oder in geringen Mengen zu einem vorübergehenden Zweck,
2.
für Zwecke der gewöhnlichen Bodenentwässerung landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzter Grundstücke,
soweit keine signifikanten nachteiligen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt zu besorgen sind. Wird in den Fällen und unter den Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 2 das Wasser aus der Bodenentwässerung in ein oberirdisches Gewässer eingeleitet, findet § 25 Satz 2 keine Anwendung.

(2) Keiner Erlaubnis bedarf ferner das Einleiten von Niederschlagswasser in das Grundwasser durch schadlose Versickerung, soweit dies in einer Rechtsverordnung nach § 23 Absatz 1 bestimmt ist.

(3) Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass weitere Fälle von der Erlaubnis- oder Bewilligungspflicht ausgenommen sind oder eine Erlaubnis oder eine Bewilligung in den Fällen der Absätze 1 und 2 erforderlich ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.