Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 31. Juli 2015 - 15 A 2604/14
Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 15.000,- € festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die mit dem Zulassungsbegehren allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.
4Ernstliche Zweifel sind gegeben, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
5Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Antrag,
6den Bescheid der Beklagten vom 4. September 2013 in der Fassung, die er am 4. November 2014 gefunden hat, aufzuheben,
7im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der angefochtene Bescheid finde seine Rechtsgrundlage in den Regelungen der Satzung über die Abwasser-beseitigung der Grundstücke im Stadtgebiet E. (Abwassersatzung) vom 21. Dezember 2011. Die Anschluss- und Benutzungsforderung der Beklagten sei namentlich auch verhältnismäßig.
8Die dagegen von dem Kläger vorgetragenen Rügen haben keinen Erfolg.
9Das Verwaltungsgericht hat ab S. 11 der Entscheidungsgründe ausführlich dargestellt, warum der Anschlusszwang im vorliegenden Fall auch im Lichte des verfassungsrechtlichen Maßstabs des Art. 14 Abs. 1 GG verhältnismäßig sei. Es hat auf S. 20 ff. zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Verfügung, mit der - wie hier - der Anschluss an den öffentlichen Kanal aufgegeben wird, bei hohen Anschlusskosten gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen kann. Die Höhe von Anschlusskosten kann im Einzelfall eine Befreiung von der Anschlusspflicht rechtfertigen. Dies gilt aber nicht schon dann, wenn die Anschlusskosten besonders hoch sind. Darüber hinaus ist erforderlich, dass diese Aufwendungen in keinem tragbaren Verhältnis zum Wert des Grundstücks stehen, bei dessen Bemessung die durch die Erschließung vermittelte Wertsteigerung zu berücksichtigen ist.
10Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Dezember 2014 - 15 A 982/14 -, juris Rn. 16, vom 8. Oktober 2013 - 15 A 1319/13 -, NWVBl. 2014, 229 = juris Rn. 19, und vom 10. Oktober 2012 - 15 A 1505/12 -, juris Rn. 17.
11Dies zugrunde gelegt, hat das Verwaltungsgericht richtig erkannt, dass selbst Anschlusskosten von etwa 25.000,- € für einen Schmutz- und Niederschlagswasseranschluss bei einem Wohnhaus in der Regel noch nicht unzumutbar sind und damit keinen Verzicht auf die Anordnung des Anschlusszwangs erfordern.
12Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Februar 2010 ‑ 15 A 2642/09 -, juris Rn. 12, vom 21. April 2009 ‑ 15 B 416/09 -, juris Rn. 11, und vom 5. Juni 2003 ‑ 15 A 1738/03 -, NWVBl. 2003, 435 = juris Rn. 6.
13Der Einwand des Klägers, die Zumutbarkeitsgrenze sei überschritten, weil es hier nur um einen Anschluss für das Niederschlags(ab)wasser gehe, an dessen ordnungsgemäßer Ableitung ein nicht so gewichtiges öffentliches Interesse bestehe wie an der Ableitung von Schmutzwasser, geht fehl.
14Das Verwaltungsgericht hat eine Gesamtbetrachtung angestellt. Die vom Kläger als unzumutbar hoch bewerteten Anschlusskosten von rund 19.000,- € beinhalten nämlich auch etwa 4.000,- €, die dem Kläger im Jahr 1990 für die Erneuerung des Schmutzwasserkanals in Rechnung gestellt worden sind. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass mit dem Anschlusszwang an die Regenwasserkanalisation gleichfalls ein gewichtiges öffentliches Interesse verfolgt wird. Dieser Anschluss dient nämlich dem Zweck, Niederschlagswasser ordnungsgemäß abzuleiten, um so insbesondere Wasserschäden an fremden Grundstücken oder auch Überschwemmungen etwa von Verkehrsflächen zu vermeiden.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Oktober 2012 ‑ 15 A 1505/12 -, juris Rn. 16; siehe insoweit außerdem nochmals OVG NRW, Beschluss vom 8. Oktober 2013 - 15 A 1319/13 -, NWVBl. 2014, 229 = juris Rn. 18 f.
16Abgesehen von der oben genannten wertmäßigen Betrachtung, die in die Gesamtabwägung eingeht, begründen (bau-)technische Gründe erst dann einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn die Herstellung des Kanalanschlusses technisch unmöglich ist.
17Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. September 2013 - 15 A 15 A 1171/13 -, juris Rn. 10, und vom 10. Februar 2012 - 15 A 2020/11 -, juris Rn. 32.
18Gemessen an diesen Maßstäben zeigt der Zulassungsantrag nicht auf, dass das Verwaltungsgericht die Zumutbarkeit der streitgegenständlichen Anschluss- und Benutzungsforderung fehlerhaft beurteilt hat.
19Das Verwaltungsgericht hat die besagte 25.000,- € Marge nicht als starre Grenze angewandt. Es hat diesen Betrag, der ausweislich der von dem Kläger veranschlagten Anschlusskosten voraussichtlich erheblich unterschritten wird, vielmehr zu Recht als wesentlichen Baustein im Rahmen einer Abwägung der Gesamtumstände berücksichtigt. Das Verwaltungsgericht ist des Weiteren umfänglich auf etwaige Vertrauensschutz- und sonstige Gesichtspunkte eingegangen, die im Fall des Klägers auf eine Unverhältnismäßigkeit führen könnten. In diesem Kontext hat das Verwaltungsgericht auch argumentiert, der Kläger müsse sich das grundstücksbezogene Verhalten seiner Rechtsvorgängerin zurechnen lassen, die es entgegen den Anträgen und Genehmigungen aus den Jahren 1956 und 1970 unterlassen habe, die seinerzeit geschaffenen Flächen wie vorgesehen an den Kanal anzuschließen. Selbst vorhandene Anschlüsse seien wieder beseitigt worden. Überdies - so das Verwaltungsgericht - unterschieden sich die hier anzuschließenden Flächen nicht von vergleichbaren Flächen im Stadtgebiet. Die Flächen lägen mit einem Abstand von ca. 10 m bis 25 m von der Straßenbegrenzungslinie innerhalb eines üblichen Baufensters und könnten bei entsprechender Umgestaltung der Abflussverhältnisse an den Dächern im Freigefälle in den Kanal entwässern. Dass die gegebene Hanglage eine (bau‑)technische Unmöglichkeit des Kanalanschlusses begründet, trägt der Zulassungsantrag nicht vor. Auch dass mit Blick auf die klägerische Grundstückssituation ein deutlich höherer Anschlussaufwand besteht, geht aus dem Vermerk der Beklagten über den Ortstermin vom 25. Februar 2014 nicht hervor, auf den sich der Zulassungsantrag bezieht.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
21Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
22Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
23Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
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(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.