Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 15. Apr. 2015 - 6 A 1864/14

published on 15/04/2015 00:00
Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 15. Apr. 2015 - 6 A 1864/14
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Gericht

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Schülerbeförderung bzw. die Erstattung der entsprechenden Kosten für die Strecke von X nach Schwerin zum Besuch des Goethe-Gymnasiums im Schuljahr 2014/2015.

2

Die … Klägerin besuchte bis zum Ende der Jahrgangsstufe 10 die sog. Musikklasse am Johann-Wolfgang-von-Goethe-Gymnasium in Schwerin. Die Schule bezeichnet sich als ein Allgemeinbildendes und Musikgymnasium. Im Schulprofil und Unterrichtsangebot unterscheidet sie zwischen dem Musikgymnasium und dem Gymnasium. So ist für das Musikgymnasium die Bildung von Musikklassen in Klassenstufe 5 (Aufnahme nach Bestehen eines Eignungstests) und erweiterter Musikunterricht in der Stundentafel vorgesehen. Für den Unterricht in den Jahrgangsstufen 11 und 12 ist zwingend Musik als Hauptfach (4 Wochenstunden) vorgeschrieben. Am Gymnasium ist demgegenüber Unterricht nach den gültigen Stundentafeln des Landes vorgesehen. Für die Jahrgangsstufen 11 und 12 kommen am Gymnasium als Hauptfächer Deutsch, Mathematik, 1./2. Fremdsprachen, Naturwissenschaften, Geschichte, Kunst und Informatik in Betracht, Musik dagegen nur als Fach mit 2 Wochenstunden u.a. neben Kunst und Gestaltung, Darstellendes Spiel: Theater und Tanztheater, Jugendchor, Chorus femme, Bigband (vgl. www.goethegymnasium-schwerin.de, www.musikgymnasium-schwerin.de).

3

Die Klägerin besucht seit Beginn des Schuljahres 2014/2015, für sie die Jahrgangsstufe 11, am Goethe-Gymnasium nicht mehr die Musikklasse, d.h. für sie ist damit Musik nicht Hauptfach (mit 4 Wochenstunden). Sie belegt aber weiterhin das erweiterte Musikprofil (JUGGS - Juniororchester am Goethe-Gymnasium Schwerin), das als Unterrichtsfach für die Oberstufe angeboten werde und zusammen mit dem ebenfalls gewählten regulären Fach Musik Bestandteil ihres Oberstufenprofils sei.

4

Örtlich zuständige Schule für die Klägerin ist nach der Schuleinzugsbereichssatzung des Landkreises Nordwestmecklenburg, in dessen Gebiet sie wohnt, das Gymnasium … in A-Stadt.

5

Den Antrag der Klägerin vom 22. Mai 2014 auf Ausstellung eines Schülerfahrausweises für die Strecke von X nach Schwerin zum Besuch des Goethe-Gymnasiums im Schuljahr 2014/2015 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Juni 2014 mit der Begründung ab, dass die Klägerin nicht mehr die Musikklasse besuche und damit § 113 Abs. 4 Nr. 1 SchulG M-V nicht mehr einschlägig sei.

6

Dagegen legte die Klägerin mit der Begründung Widerspruch ein, dass sie ein erweitertes Musikprofil gewählt habe, das am Gymnasium in A-Stadt (als für sie zuständige örtliche Schule) nicht angeboten werde.

7

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2014 wies die Beklagte den Widerspruch aus den bereits im Ausgangsbescheid dargelegten Gründen zurück. Die Wahl des erweiterten Musikprofils genüge für § 113 Abs. 4 Nr. 1 SchulG M-V nicht.

8

Mit der am 21. Oktober 2014 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und vertieft ihre diesbezügliche Begründung. Die Beschulung an einem entsprechenden Gymnasium genüge für das Eingreifen von § 113 Abs. 4 Nr. 1, § 19 Abs. 2 SchulG M-V, der Besuch der betreffenden Spezialklasse sei nicht erforderlich. Insoweit verstoße § 2 Abs. 2 Nr. 1 der hier einschlägigen Schülerbeförderungssatzung mit dem Abstellen auf die entsprechende Spezialklasse gegen höherrangiges Recht. Im Übrigen sei hier § 113 Abs. 4 Nr. 1 SchulG M-V auch deshalb einschlägig, weil die Klägerin insoweit ein „besonderes schulisches Angebot“ in Anspruch nehme.

9

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

10

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2014 zu verpflichten, ihr für das Schuljahr 2014/2015 einen Schülerfahrausweis für die Strecke von X nach Schwerin zum Besuch des Goethe-Gymnasiums in der Klasse 11 auszustellen bzw. die Kosten für die Inanspruchnahme entsprechender öffentlicher Verkehrsmittel zu erstatten, soweit die Ausstellung eines Schülerfahrausweises wegen Zeitablaufs nicht mehr in Betracht kommt.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Die Klägerin besuche keine Spezialklasse im Sinne des § 19 Abs. 2 SchulG M-V mehr. Sie nehme vielmehr am Unterricht der Klasse 11.3 des allgemein bildenden Gymnasiums teil und könne sich daher nicht auf § 113 Abs. 4 Nr. 1 SchulG M-V berufen.

14

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 30. Januar 2014 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten, und den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

I. Die zulässige Verpflichtungsklage (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO) ist unbegründet, weil der Klägern der geltend gemachte Anspruch auf Schülerbeförderung (in Gestalt der Ausstellung eines Schülerfahrausweises) bzw. auf Kostenerstattung weder nach dem Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (SchulG M-V) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2010 (GVOBl. M-V S. 462), geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2012 (GVOBl. M-V S. 555) und Gesetz vom 12. Dezember 2014 (GVOBl. M-V S. 644), noch gemäß der Satzung über die Schülerbeförderung des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 19. April 2012 zusteht und auch im Übrigen keine Rechtsgrundlage ersichtlich ist, auf die sich die Klägerin mit ihrem Begehren stützen könnte (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Die angefochtenen Bescheide sind daher rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

16

1. Nach § 113 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SchulG M-V haben die Landkreise als Träger der Schülerbeförderung (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 SchulG M-V) für die in ihrem Gebiet wohnenden Schüler vom Beginn der Schulpflicht bis zum Ende der Jahrgangsstufe 12 der allgemein bildenden Schulen eine öffentliche Beförderung für Schüler der örtlich zuständigen Schulen - soweit hier maßgeblich - durchzuführen oder für den Fall, dass eine solche nicht durchgeführt wird, die notwendigen Aufwendungen dieser Schüler oder ihrer Erziehungsberechtigten für den Schulweg zur örtlich zuständigen Schule zu tragen. Nach Satz 2 können Schüler, die eine in kommunaler Trägerschaft stehende Schule oder eine Schule in freier Trägerschaft besuchen, die jedoch nicht die örtlich zuständige Schule ist, kostenlos an der öffentlichen Schülerbeförderung zur örtlich zuständigen Schule teilnehmen, sofern eine solche eingerichtet ist.

17

Dementsprechend besteht ein Beförderungs- bzw. Erstattungsanspruch nur dann, wenn ein Schüler die örtlich zuständige (staatliche) Schule besucht. Für die übrigen Schüler sieht die gesetzliche Regelung nur einen eingeschränkten Mitnahmeanspruch vor. § 113 Abs. 4 SchulG M-V durchbricht das Prinzip der Beförderung zur örtlich zuständigen Schule. Nach den dort enumerativ aufgezählten Ausnahmetatbeständen findet auch dann eine kostenfreie Schülerbeförderung statt, wenn der Besuch der örtlich zuständigen Schule aus Kapazitätsgründen nicht möglich ist, die entferntere örtlich unzuständige Schule einen bestimmten schulischen Schwerpunkt oder ein besonderes schulisches Angebot vorhält, welches der Gesetzgeber aus bildungspolitischen Gründen privilegiert hat, oder behinderte Schüler befördert werden müssen. Die Ausnahmevorschrift erweitert zugleich den Beförderungs- bzw. Erstattungsanspruch auch über das Gebiet der Landkreise und kreisfreien Städte hinaus bis zur nächstgelegenen Schule. Die Landkreise haben das Recht, die Schülerbeförderung für andere als die in § 113 Abs. 2 und 4 SchulG M-V genannten Schülergruppen zu regeln und damit über die gesetzlichen Ansprüche hinauszugehen (vgl. für die alte Rechtslage LVerfG M-V, Urt. v. 09.07.1998 - LVerfG 1/97 -, NordÖR 1998, 302 f.; OVG Greifswald, Urt. v. 24.04.2001 - 2 L 199/00 -, LKV 2002, 137 f.).

18

a) Ausgehend davon kann sich die Klägerin nicht auf § 113 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SchulG M-V stützen, weil sie im hier maßgeblichen Zeitraum nicht die örtlich zuständige Schule besuchte bzw. besucht. Der keine Erstattungspflicht vorsehende § 113 Abs. 2 Satz 2 SchulG M-V scheidet als Rechtsgrundlage ebenfalls aus, weil insoweit keine öffentliche Schülerbeförderung zur örtlich zuständigen Schule eingerichtet ist, an der die Klägerin kostenlos teilnehmen könnte.

19

b) Der Klägerin steht auch kein Anspruch aus § 113 Abs. 4 Nr. 1 SchulG M-V zu. Danach besteht abweichend von den Absätzen 1 und 2 in den Landkreisen und den kreisfreien Städten auch über deren Gebiet hinaus die Beförderungs- oder Erstattungspflicht bis zur nächstgelegenen Schule im Sinne der Nummern 1 bis 3, wenn Schüler außerhalb des Ortes, an dem sie wohnen oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, in einer Lerngruppe das besondere schulische Angebot in Anspruch nehmen (Var. 1) oder an einem Gymnasium gemäß § 19 Abs. 2 oder 3 beschult werden (Var. 2).

20

aa) § 113 Abs. 4 Nr. 1 Var. 2 SchulG M-V scheidet deshalb aus, weil die Klägerin im hier maßgeblichen Zeitraum nicht an einem Gymnasium gemäß § 19 Abs. 2 oder 3 SchulG M-V beschult wurde bzw. wird.

21

Zur Schulart Gymnasium ordnet § 19 SchulG M-V u.a. an, dass dort Förderklassen für Schüler mit besonderen Fähigkeiten geführt werden können (Absatz 1 Satz 3). Gymnasien können gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 SchulG M-V als anerkannte Sport- oder Musikgymnasien gestaltet sein. Eine entsprechende Ausgestaltung bedarf der Anerkennung und Zustimmung der Obersten Schulbehörde (§ 19 Abs. 2 Satz 5 SchulG M-V). Demgegenüber betrifft § 19 Abs. 3 SchulG M-V die für ein Schulamtsbereich eingerichteten Gymnasien mit überregionalen Förderklassen für die Beschulung von diagnostiziert kognitiv Hochbegabten.

22

Im vorliegenden Fall kann für das Schuljahr 2014/2015 allerdings von einer im Hinblick auf § 113 Abs. 4 Nr. 1 Var. 2 SchulG M-V allein in Betracht kommenden Beschulung an einem anerkannten Musikgymnasium nicht ausgegangen werden. Zwar wird es nach der gesetzlichen Regelung für den Anspruch auf Schülerbeförderung bzw. auf Kostenerstattung nicht auf den Umfang und die Art der Förderung des Schülers ankommen, der ein Musikgymnasium im Sinne des § 19 Abs. 2 SchulG M-V besucht. Mit der Verweisung auf die vorgenannte Bestimmung knüpft § 113 Abs. 4 Nr. 1 Var. 2 SchulG M-V allein an den Besuch des (nächstgelegenen) Sport- oder Musikgymnasiums an (vgl. auch VG Greifswald, Urt. v. 13.05.2014 – 4 A 974/11 –, juris Rn. 15). Im Gegensatz zu § 19 Abs. 3 SchulG M-V stellt dessen Absatz 2 nämlich nicht auf den Besuch einer entsprechenden Spezial- oder Förderklasse an dem betreffenden Gymnasium ab.

23

Etwas anderes gilt jedoch, wenn ein Gymnasium nur für einen Teilbereich als anerkanntes Sport- oder Musikgymnasium anzusehen ist. Dann ist vom Besuch eines Gymnasiums im Sinne des § 19 Abs. 2 SchulG M-V nur insoweit auszugehen, als Schüler tatsächlich die für diese spezielle Ausgestaltung des Gymnasiums eingerichteten Klassen besuchen. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall.

24

Das Goethe-Gymnasium in Schwerin, das sich als ein Allgemeinbildendes und Musikgymnasium bezeichnet, unterscheidet auch im Schulprofil und Unterrichtsangebot zwischen dem Musikgymnasium und dem Gymnasium. So ist für das Musikgymnasium im Sinne der Verordnung zur Arbeit an den Musikgymnasien vom 10. August 2009 (GVOBl. M-V S. 481), geändert durch Verordnung vom 2. Mai 2014 (GVOBl. M-V S. 267), die Bildung von Musikklassen in der Klassenstufe 5 (Aufnahme nach Bestehen eines Eignungstests) und erweiterter Musikunterricht in der Stundentafel vorgesehen. Nach der spezifischen Stundentafel für den Unterricht am Musikgymnasium ist in den Jahrgangsstufen 11 und 12 zwingend Musik als Hauptfach (4 Wochenstunden) vorgeschrieben. Am Gymnasium ist demgegenüber Unterricht nach den gültigen Stundentafeln des Landes vorgesehen. Für die Jahrgangsstufen 11 und 12 am Gymnasium kommt Musik nur als Fach mit zwei Wochenstunden in Betracht. Dargestellt sind die Einzelheiten, die zwischen den Beteiligten nicht streitig sind, im Internetauftritt der Schule (vgl. www.goethegymnasium-schwerin.de, www.musikgymnasium-schwerin.de).

25

Daraus folgt, dass bezogen auf das Goethe-Gymnasium der Besuch des Musikgymnasiums im Sinne des § 19 Abs. 2 SchulG M-V zwingend mit der Beschulung in der dortigen Musikklasse und der Wahl von Musik als Hauptfach (4 Wochenstunden) in den Jahrgangsstufen 11 und 12 verbunden ist. Danach besucht die Klägerin, die diese Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllt, im Schuljahr 2014/2015 am Goethe-Gymnasium nicht das dort eingerichtete Musikgymnasium. Insoweit genügt es nicht, (weiterhin) das erweiterte Musikprofil zu belegen, das als Unterrichtsfach für die Oberstufe angeboten wird und zusammen mit dem ebenfalls gewählten regulären Fach Musik Bestandteil des Oberstufenprofils der Klägerin ist. Dies erfüllt nicht die Vorgaben der spezifischen Stundentafel für den Unterricht am Musikgymnasium in den Jahrgangsstufen 11, 12 und damit nicht die Voraussetzungen, die am Goethe-Gymnasium für den Besuch des Teilbereichs gelten, der als anerkanntes Musikgymnasium ausgestaltet ist.

26

bb) Der Klägerin steht auch kein Anspruch aus § 113 Abs. 4 Nr. 1 Var. 1 SchulG M-V zu. So liegt auch im Hinblick auf das erweiterte Musikprofil, das als Unterrichtsfach für die Oberstufe angeboten wird und zusammen mit dem ebenfalls gewählten regulären Fach Musik Bestandteil des Oberstufenprofils der Klägerin ist, kein „besonderes schulisches Angebot“ im Sinne dieser Vorschrift vor. Zwar ergibt sich aus dem Schulgesetz kein Hinweis darauf, was der Gesetzgeber mit den Begriffen „besonderes schulisches Angebot“ und „Lerngruppe“ meint. Er hat diese unbestimmten Rechtsbegriffe nicht definiert und den Erlass diesbezüglicher Regelungen dem Verordnungsgeber überlassen, § 69 Nr. 1 und 12 SchulG M-V. Bereits nach dem Wortlaut der Verordnungsermächtigung, aber auch nach der Gesetzessystematik werden Lerngruppen in der Regionalen Schule nach der Jahrgangsstufe 7 im Sinne eines besonderen schulischen Angebots gebildet (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 5 SchulG M-V). Damit ist nur das formal eingerichtete besondere schulische Angebot im Sinne der Verordnungsermächtigung gemeint. Besondere Angebote einzelner Schulen im Rahmen der eigenen Schwerpunktsetzung außerhalb dieser formal ausgestalteten Angebote werden dagegen von § 113 Abs. 4 Nr. 1 Var. 1 SchulG M-V nicht erfasst (vgl. LT-Drucks. 5/2164, S. 122; so auch VG Greifswald, Urt. v. 29.04.2014 - 4 A 93/11 -, juris Rn. 28).

27

In diesem Zusammenhang hilft auch § 113 Abs. 4 Nr. 4 SchulG M-V nicht weiter. Er belegt nur die vorgenommene Auslegung der Nummer 1, und zwar unabhängig davon, ob es sich bei der Nummer 4 um eine eigenständige Ausnahmeregelung handelt. Letztere wurde auf der Grundlage der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung (LT-Drucks. 5/1770) erstmalig in das Gesetzgebungsverfahren einbezogen. Ausweislich der Begründung der Beschlussempfehlung regelt die Nummer 1 die Beförderung von Schülern zu anerkannten Sport- und Musikgymnasien oder zu überregionalen Förderklassen für kognitiv Hochbegabte, während die Nummer 4 die Beförderung derjenigen Schüler normiert, die ein besonderes schulisches Angebot in Anspruch nehmen (vgl. LT-Drucks. 5/2164, S. 122). Unabhängig davon, dass bereits § 113 Abs. 4 Nr. 1 Var. 1 SchulG M-V die Schüler erfasst, die in einer Lerngruppe das besondere schulische Angebot in Anspruch nehmen, führt die Nummer 4 nicht zu einer Erweiterung des Begriffs des „besonderen schulischen Angebots“.

28

Der vorliegende Fall gibt auch keine Veranlassung, auf die Unterschiede der Regelungsbereiche der Nummern 1 und 4 des § 113 Abs. 4 SchulG M-V näher einzugehen. Beiden Ausnahmetatbeständen ist jedenfalls gemeinsam, dass damit das besondere schulische Angebot im Sinne des § 69 Nr. 12 SchulG M-V gemeint ist, welches sich auf das besondere Angebot nach der Jahrgangsstufe 7 an einer Regionalen Schule gemäß § 16 Abs. 2 Satz 5 SchulG M-V bezieht (vgl. LT-Drs. 5/1770 S. 67; so i. E. auch VG Greifswald, Urt. v. 29.04.2014, a.a.O., juris Rn. 28). Ein solches schulisches Angebot nach der Jahrgangsstufe 7 an einer Regionalen Schule nimmt die Klägerin im hier maßgeblichen Schuljahr jedenfalls nicht wahr.

29

Bestätigt werden die vorgenannten Grundsätze durch die Ausnahmevorschrift des § 113 Abs. 4 Nr. 3 SchulG M-V, wonach (nur) denjenigen Schüler, die sich erfolglos um die Aufnahme in die örtlich zuständige Schule bemüht haben, diese aber aus Kapazitätsgründen nicht besuchen können und daher einer örtlich unzuständigen Schule zugewiesen worden sind (§ 45 Abs. 3 oder 5 SchulG M-V), der Beförderungs- bzw. Erstattungsanspruch erhalten bleiben soll. Entscheiden sich Schüler oder ihre Erziehungsberechtigten im Rahmen der Schulwahlfreiheit sogleich für eine örtlich unzuständige Schule oder Ersatzschule – mögen die Beweggründe hierfür noch so verständlich sein – bedeutet dies zwangsläufig, dass sie die Beförderungskosten zu tragen haben (vgl. hierzu LT-Drs. 5/1770, S. 67).

30

Für eine analoge Anwendung der Ausnahmevorschriften auf den vorliegenden Fall ist ebenfalls kein Raum. Es fehlt nämlich an der dazu erforderlichen unbewussten Regelungslücke im Gesetz. Der Gesetzgeber hat die besonderen Angebote einzelner Schulen im Rahmen der dort vorgenommenen Schwerpunktsetzung (beispielsweise im Bereich von Fremdsprachen sowie in der pädagogischen oder konfessionellen Ausrichtung) gesehen, aber bewusst nicht in den Regelungskatalog des § 113 Abs. 4 SchulG M-V aufgenommen, sondern sich auf die Einbeziehung einzelner, im Schulgesetz normierter Fälle beschränkt.

31

2. Die für den hier maßgeblichen Zeitraum einschlägige Schülerbeförderungssatzung des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 19. April 2012 vermittelt der Klägerin keine über die gesetzliche Regelung hinausgehenden Ansprüche. Dabei bedarf es keiner Klärung der Frage, ob deren § 2 Abs. 2 Nr. 1, wonach die Beschulung „an einem Gymnasium gemäß § 19 Abs. 2 oder 3 SchulG M-V in den entsprechenden Spezialklassen“ erfolgen müsse, teilweise gegen höherrangiges Recht verstößt.

32

3. Weitere Rechtsgrundlagen, aus denen sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ergeben könnte, sind nicht ersichtlich.

33

Weder die staatliche Verpflichtung zum besonderen Schutz der Familie gemäß Art. 6 Abs. 1 GG noch das durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Recht der Eltern, den Bil-dungsweg ihrer Kinder zu bestimmen, begründet einen Anspruch auf eine kostenlose Schülerbeförderung; entsprechendes gilt für das Grundrecht der Schüler aus Art. 2 Abs. 1 GG und das in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Sozialstaatsprinzip (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.10.1990 - 7 B 128/90 -, DVBl. 1991, 59 ff.; VGH Mannheim, Beschl. v. 10.06.1991 - 9 S 2111/90 -, juris). Auch zählt die kostenlose Beförderung nicht zu dem in Art. 8 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LV) gewährleisteten Zugang zu den öffentlichen Bildungseinrichtungen (vgl. hierzu auch für das Land Brandenburg VG Potsdam, Urt. v. 17.02.2006 - 12 K 2157/04 -, juris). Art. 15 LV lassen sich insoweit ebenfalls keine Vorgaben entnehmen. Die in § 41 Abs. 1 Satz 1 SchulG M-V als Konkretisierung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrages im Sinne des Art. 7 GG normierte allgemeine Schulpflicht vermittelt ebenso wenig einen Anspruch auf eine kostenlose Schülerbeförderung. Die Erfüllung der Schulpflicht ist traditionell als Bringschuld zu begreifen (vgl. hierzu auch OVG Koblenz, Urt. v. 25.08.2003 - 2 A 10588/03 -, DÖV 2004, 350 ff.). Aus diesem Grund obliegt es grundsätzlich den Eltern, für einen Transport zu und von den Schulen zu sorgen und die damit verbundenen Kosten als Teil des allgemeinen Lebensführungsaufwandes zu tragen. Die Schülerbeförderung nach § 113 SchulG M-V stellt damit eine freiwillige Leistung der öffentlichen Hand dar (vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 02.12.2014 – 2 LB 353/12 –, juris Rn. 66 m.w.N.).

34

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf die unterschiedliche Behandlung der Klägerin gegenüber Schülern, welche die örtlich zuständige Schule besuchen, kann ebenfalls nicht angenommen werden.

35

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es dem Normgeber, gleich liegende Sachverhalte, die aus der Natur der Sache und unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit gleichartige Regelungen verlangen, ungleich zu behandeln. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Dem Willkürverbot ist Genüge getan, wenn sich für die gesetzliche Differenzierung ein sachlich einleuchtender Grund finden lässt. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt darüber hinaus, dass zwischen Normadressaten Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Bei der unterschiedlichen Behandlung von Personengruppen unterliegt der Gesetzgeber grundsätzlich der strengen Verhältnismäßigkeitsbindung, während bei der unterschiedlichen Behandlung von Sachverhalten regelmäßig lediglich die Willkürkontrolle eingreift. Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen, die nicht an personengebundene Merkmale, sondern an Sachverhalte anknüpft, kommt den Besonderheiten des geregelten Lebens- und Sachbereichs für die Frage, ob die Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist, erhebliche Bedeutung zu (vgl. auch BVerfG, Urt. v. 08.04.1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267, 316 f.). Bei der Bestimmung staatlicher Leistungen, wie der Übernahme von Schülerbeförderungskosten, belässt der allgemeine Gleichheitssatz dem Normgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum. Der Gleichheitssatz verbietet aber einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss, indem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 08.06.2004 - 2 BvL 5/00 -, BVerfGE 110, 412, 431 f.; Beschl. v. 11.01.2005 - 2 BvR 167/02 -, BVerfGE 112, 164, 174).

36

Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben lässt sich Folgendes feststellen: § 113 Abs. 2 SchulG M-V unterscheidet zwischen den Schülergruppen, die eine örtlich zuständige Schule einerseits oder aber eine örtlich nicht zuständige staatliche oder private Schule andererseits besuchen. Unabhängig davon, ob diese Schülergruppen überhaupt direkt miteinander vergleichbar sind, beruht die Differenzierung seitens des Gesetzgebers auf einem sachlichen Grund und ist auch insoweit nach Art. 3 Abs. 1 GG rechtlich nicht zu beanstanden.

37

Nach den Gesetzesmaterialien (vgl. LT-Drucks. 5/1770, S. 67; 5/2164, S. 121) ist es das erklärte Ziel des Gesetzgebers, die Abiturientenquote in Mecklenburg-Vorpommern zu steigern und gleichzeitig die Kosten der Landkreise für die auf die Jahrgangsstufen 11 bis 13 (bzw. nunmehr 12) ausgedehnte Schülerbeförderungspflicht zu begrenzen. Dies ist in der Weise geschehen, dass die Verpflichtung zur öffentlichen Schülerbeförderung bzw. zur Kostenerstattung an den Besuch der örtlich zuständigen Schule geknüpft worden ist. Dabei hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen, dass die Beförderungskosten für diejenigen Schüler, die sich gegen die örtlich zuständige Schule entscheiden, von diesen selbst bzw. von ihren Erziehungsberechtigten zu tragen sind. Insofern erscheint es tragfähig und in einem hinreichenden inneren Zusammenhang zum Regelungszweck stehend, diejenigen, die in Ausübung ihres Schulwahlrechts eine Schule in freier Trägerschaft besuchen - und sich mithin dem Anliegen der Kostenbegrenzung verweigert haben -, darauf zu verweisen, die Beförderungskosten selbst zu tragen (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 13.08.2013 - 6 B 33/13 -, juris Rn. 7).

38

Es liegt mit Blick auf die Schulentwicklungsplanung und die festgelegten Schuleinzugsbereiche im öffentlichen Interesse, die Beförderungspflicht bzw. Kostenübernahme an dem Besuch der örtlich zuständigen Schule auszurichten, weil hierdurch eine effiziente kostensparende öffentliche Schülerbeförderung vorgehalten werden kann. Dies dient zugleich der Stärkung der durch die Schulentwicklungsplanung festgelegten Schulstandorte und sichert deren Bestand. Besonders im ländlichen Raum ist das Schülertransportsystem auf die örtlich zuständigen Schulen mit Schulsprengeln und Einzugsbereichen, die sich weitgehend mit dem Gebiet des jeweiligen Aufgabenträgers decken, zugeschnitten (vgl. hierzu auch BayVerfGH, Entsch. v. 07.07.2009 – Vf. 15-VII-08 –, juris Rn. 48). Mit einer weitergehenden Einbeziehung von örtlich nicht zuständigen staatlichen Schulen und staatlich genehmigten Ersatzschulen in die Schülerbeförderung wäre die Organisation und Finanzierung von gegebenenfalls auch weiten und wirtschaftlich aufwendigen, in das herkömmliche System nur schwer integrierbaren Beförderungen verbunden. Dies kann – wie die Altregelung gezeigt hat – teilweise nur durch eine individuell eingerichtete Schülerbeförderung gewährleistet werden. Vom Aufbau entsprechender Beförderungsnetze und von der Finanzierung weiter (individueller) Transportwege zu solchen Schulen konnte der Gesetzgeber willkürfrei absehen. Zu seinem Gestaltungsspielraum gehört im Interesse des Gemeinwohls auch die Befugnis, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel für andere Gemeinschaftsbelange einzusetzen.

39

Damit lässt es der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers auch zu, sich bei der Ausgestaltung der Ausnahmevorschriften des § 113 Abs. 4 SchulG M-V vor allem auf einzelne Fallgruppen zu beschränken, die im Schulgesetz gesondert geregelt sind (vgl. § 19 Abs. 2 und 3, § 69 Nr. 1 und 12 SchulG M-V), und besondere schulische Angebote, beispielsweise auch im Bereich von Fremdsprachen oder der musikalischen Förderung, nicht vollständig einzubeziehen.

40

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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Annotations

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.