Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 01. Sept. 2016 - 7 B 176/16

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2016:0901.7B176.16.0A
bei uns veröffentlicht am01.09.2016

Tenor

Der Antrag wird auf Kosten der Antragstellerin abgelehnt.

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt die vorläufige weitere Gestattung der Jagd im Forstort „...“.

2

Sie ist als Eigentümerin und Jagdausübungsberechtigte Betreiberin des Forstortes „...“ mit einer Größe von ca. 800 ha im ...., Kreis Herzogtum-Lauenburg (Gemeinde … Gemarkung … ), das sich dort seit über 40 Jahren befindet.

3

Durch Bescheid der obersten Jagdbehörde vom 04.09.1972 erhielt die Antragstellerin erstmals die Erlaubnis zur Eingatterung der Fläche als Wildpark (...) und zur Jagd in den eingegatterten Flächen.

4

Seit 1973 wurde ihr parallel dazu die Genehmigung zur Sperrung der entsprechenden Waldflächen nach Landeswaldgesetz erteilt.

5

Mit Bescheiden vom 14.02.2008, 11.02.2013 und 19.03.2015 wurde diese Genehmigung nach § 20 Abs. 1 LWaldG jeweils unter dem Vorbehalt einer wirksamen jagdrechtlichen Genehmigung, zuletzt durch Bescheid vom 19.03.2015 bis zum 31.10.2016 verlängert. Gegen den Bescheid vom 19.03.2015 legte die Antragstellerin Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 6.11.2015 zurückgewiesen wurde. Insoweit ist unter dem Aktenzeichen 1 A 149/15 eine Klage bei der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts anhängig, die sich im Wesentlichen gegen die Befristung bis zum 31.10.2016 richtet und mit der eine Waldsperrung für 5 Jahre begehrt wird.

6

Am 22.06.2016 beantragte die Antragstellerin bei der Unteren Forstbehörde, die be-stehende Sperrung zumindest um ein Jahr zu verlängern. Mit Bescheid vom 12.08.2016 wurde die weitere Sperrung der maßgeblichen Waldfläche bis zum 31.10.2017 genehmigt, und zwar erneut unter dem Vorbehalt einer wirksamen jagdrechtlichen Genehmigung.

7

Durch das Gesetz zur Neufassung des Jagdgesetzes des Landes Schleswig-Holstein (Landesjagdgesetz-LJagdG) vom 13.10.1999 (GVOBl. 1999 Nr. 14, S. 300 ff) wurde § 29 Abs. 4 Nr. 4 LJagdG dahingehend gefasst, dass es verboten ist, Jagdbezirke oder Teile von Jagdbezirken zum Zwecke der Jagd oder der Hege einzugattern. § 39 Abs. 3 LJagdG wurde dahingehend gefasst, dass Eingatterungen zum Zwecke der Jagd oder der Hege, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes genehmigt waren, für die Dauer ihrer Genehmigung, längstens jedoch für 15 Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehen bleiben. Das Gesetz trat am 29.10.1999 in Kraft.

8

Aufgrund von Änderungen des Landesjagdgesetzes in den Folgejahren ist das Verbot von Jagdgattern - bei gleichbleibendem Wortlaut - seit dem 24.02.2012 in § 29 Abs. 5 Nr.4 LJagdG und seit dem 01.04.2015 in § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG normiert.

9

Vor Ablauf der 15 Jahre, mit Schreiben vom 18.11.2013 wies der Antragsgegner die Antragstellerin darauf hin, dass die Frist für die Eingatterung am 28.10.2014 auslaufe und bat um Vorlage eines Konzeptes zur Regulierung des Wildbestandes im Rahmen der erforderlich werdenden Gatterbeseitigung.

10

Am 30.01.2014 fand eine diesbezügliche Besprechung mit verschiedenen Behördenvertretern zur Festlegung der weiteren Vorgehensweise statt. Am 24.03.2014 fand eine weitere Besprechung, dieses Mal mit den anderen Behördenvertretern und dem Prozessbevollmächtigen der Antragstellerin zu dem Thema „Beseitigung der Gatter“ statt. Anschließend wurde ein mit den Beteiligten abgestimmtes Gesprächsprotokoll zu den Akten genommen.

11

Da sich nach diesem Gesprächsprotokoll keine einverständliche Regelung abzeichnete, ordnete der Antragsgegner mit Bescheid vom 26.01.2015 die Beseitigung des streitigen ........ unter Beifügung eines Lageplanes, in den der Verlauf des Gatters rot und die Lage der Tore gelb eingezeichnet ist, an. Ferner wurde die Ersatzvornahme angedroht für den Fall, dass die Antragstellerin der sukzessiven Beseitigung der Tore bis 01.04.2016 bzw. der Zaunelemente bis zum 31.10.2016 nicht nachkomme. Die Kosten der Ersatzvornahme wurden mit 46.000 € veranschlagt und die Kostenermittlung wurde dem Bescheid beigefügt. Ein Sofortvollzug des Bescheides wurde nicht angeordnet.

12

Gegen diesen, der Antragstellerin am 5.02.2015 zugestellten Bescheid legte diese am 11.02.2015 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2015 zurückgewiesen wurde. Die hiergegen am 24.12.2015 erhobene Klage ist hier unter dem Aktenzeichen - 7 A 224/15 - anhängig.

13

Durch das Gesetz zur Änderung des Landesjagdgesetzes in der Fassung vom 27.05.2016 wurde u.a. § 29 LJagdG erneut geändert und in § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG nunmehr nicht nur bestimmt, dass es verboten ist, Jagdbezirke oder Teile von Jagdbezirken zum Zwecke der Jagd oder der Hege einzugattern, sondern dass auch verboten ist, „in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen“. Desweiteren wurde § 29 Abs. 8 eingefügt. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann die Jagdbehörde Ausnahmen von dem Jagdverbot in § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG zulassen, wenn dies erforderlich ist, um bestehende Jagdgatter aufzulösen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt § 27 Bundesjagdgesetz entsprechend. Diese Änderungen traten zum 24.06.2016 in Kraft.

14

Am 06.06.2016 beantragte die Antragstellerin deshalb beim Antragsgegner die Gestattung der Jagd. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die Jagden im ..... einer langen Vorbereitung bedürften. Dies gelte für die Termine der Treiber und Hundeführer, vor allem jedoch für die der Gäste und die Belegung von Hotels. Die Klägerin
plane die erste Gästejagd für den 29.10.2016. Deren Ertrag liege bei ca. .... € bis ... € bezogen auf den Forstort „...“ und den benachbarten Forstort „...“ (7 B 174/16). Es sollen Ende November die Geburtstagsjagd von .... folgen sowie zwei Gästejagden im Dezember und Januar. Diese Planungen seien nicht nur rein privater Natur. Sie dienten notwendig dazu, den jährlichen Zuwachs von ca. 450-500 Stück Schwarzwild und von ca. 40-50 Stück Rotwild abzuschöpfen. Eine derartige Reduzierung des Bestandes diene insofern zwingend auch der Beendigung des Rechtsstreites, sofern dieser nicht zugunsten der Antragstellerin verlaufen sollte. Über den Antrag hat der Antragsgegner trotz Nachfristsetzung bis zum 30.06.2016 nicht entschieden.

15

Am 13.07.2016 stellte die Antragstellerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und am 18.07.2016 erhob sie eine weitere Klage unter dem Aktenzeichen 7 A 233/16 mit dem Hauptantrag auf Feststellung, dass es zulässig ist, im Forstort „..., d.h. konkret innerhalb des dortigen Jagdgatters, die Jagd auszuüben und/oder ausüben zu lassen.

16

Zur Begründung des Antrages beruft sie sich auf die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches gegen die Beseitigungsanordnung vom 26.01.2015 und ist der Auffassung, dass der Landesgesetzgeber mit der zum 24.06.2016 in Kraft getretenen Änderung des Landesjagdgesetzes unter Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gewaltenteilung und des verfassungsrechtlichen Verbots des Erlasses von Einzelfallgesetzen hier unmittelbar, d.h. faktisch als Ersatzverwaltungsbehörde exekutiv tätig geworden sei. Diese Änderungen dienten ausdrücklich und ausschließlich dem Zwecke, die Nutzung unter anderem im Bereich des Forstortes „...“ mit sofortiger Wirkung zu unterbinden. Da es sich bei den von Seiten der Antragstellerin in diesem Zusammenhang eingeleiteten Klageverfahren um die verfassungsmäßige Inanspruchnahme bundesgesetzlich geregelter Rechtsbehelfe handele, habe der Gesetzgeber in Reaktion auf die eingeleiteten verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren den dadurch ausgelösten gesetzlichen und insbesondere verfahrensrechtlich zwingenden Folgen durch eine konterkarierende Landesgesetzgebung Rechnung getragen und faktisch anstelle der gesetzlich zuständigen Verwaltungsbehörde einzelfallbezogen gehandelt, und dies eben nicht im Wege der gesetzlich allein der Verwaltung zustehenden exekutiven Maßnahmen, sondern durch den Erlass einzelfallbezogener landesgesetzlicher Gesetzesänderungen, was einen Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG bedeute und darüber hinaus in vielfältiger Hinsicht verfassungswidrig sei.

17

Diese Gesetzesänderung verstoße nicht nur gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gewaltenteilung gemäß Art. 20 Abs. 2 G, sondern auch gegen das verfassungsrechtliche Verbot des Erlasses eines Einzelgesetzes gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG, zumal es im Gebiet des Landes Schleswig Holstein insgesamt nur drei vergleichbare Jagdgatter gebe und gegen den Vorrang des Bundesrechts nach Art. 31 GG, da das gesetzliche Jagdverbot mit § 27 BJagdG und mit § 28 BJagdG unvereinbar sei, da in bestimmten Gebieten die Jagd vollständig verboten werde.

18

Ferner liege ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG vor, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Gatter der vorliegenden Art fast in allen anderen Bundesländern sowie auch im gesamten europäischen Ausland zulässig seien sowie ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG und gegen die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG sowie ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 Zusatzprotokoll der EU-Menschenrechtskonvention.

19

Das zum 26.06.2016 eingetretene gesetzliche Jagdverbot führe insbesondere auch aus tierschutzrechtlichen Gesichtspunkten zu untragbaren Zuständen im Forstort „...“. Die Fortführung der Jagd sei sicherzustellen, um die Tierpopulation in einem ökologisch vertretbaren Gleichgewicht zu halten. Die Jagd in der Zeit von Oktober bis Dezember in dieser über 800 ha großen Fläche erfordere erhebliche organisatorische Maßnahmen (Einladungen an die betreffenden Jagdgäste pp). Dennoch habe der Antragsgegner auf ihren Antrag vom 06.06.2016 trotz Nachfristsetzung bis zum 30.06.2016 nicht reagiert.

20

Eine Eilbedürftigkeit sei gegeben, da die Antragstellerin Maßnahmen zur Organisation der erforderlichen Jagden ergreifen müsse und es ihr nicht zumutbar sei, den rechtskräftigen Abschluss der anhängig gemachten Klagen abzuwarten.

21

Der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung sei unter Berücksichtigung der Interessen der Antragstellerin sowie des öffentlichen Interesses geboten. Im Rahmen der einstweiligen Anordnung könne zwar keine Entscheidung dahingehend getroffen werden, ob die landesgesetzliche Neuregelung in § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG verfassungswidrig sei oder nicht. Die begehrte Anordnung sei aber schon im öffentlichen Interesse geboten, da jede andere Entscheidung mit den bestehenden Verpflichtungen zum Arten-, Tier- und Landschaftsschutz nicht vereinbar sei und verheerende Folgen für die im Gatter des Forstortes „...“ befindlichen Tiere und die dortige Ökologie hätte. Die sofortige Ausübung der Jagd sei der Antragstellerin auch im Hinblick auf ihr Eigentumsrecht zu gestatten, weil jeder Aufschub eine verfassungswidrige entschädigungslose Enteignung darstellen würde, zumal auch nach § 27 BJagdG die Hege und Pflege zur Pflicht des Jagdausübungsberechtigten gehöre. Die beantragte Gestattung führe auch nicht zu einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache, da sie nur zur Aussetzung einer belastenden Maßnahme führen würde. Die diesbezügliche Entscheidung sei jederzeit rückgängig machbar. Das generelle Jagdverbot sei auch in sich widersprüchlich, da es sich auch auf andere Tierarten wie Enten und weiteres Flugwild beziehe, deren Bewegungsfreiheit durch das Gatter nicht eingeschränkt würde.

22

Die Antragstellerin beantragt,

23

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin zu gestatten, im Forstort „...“, d. h. innerhalb des dortigen Jagdgatters, die Jagd auszuüben und/oder ausüben zu lassen,

24

hilfsweise

25

den Antragsgegner zu verpflichten, der Antragstellerin zu gestatten, im Forstort „...“, innerhalb des dortigen Jagdgatter, die Jagd auszuüben und/oder ausüben zu lassen, befristet auf die Dauer vom Erlass der einstweiligen Anordnung bis zum Ende eines Jahres nach Vorliegen einer bestandskräftigen Entscheidung zur Auflösung des im Forstort „...“ bestehenden Jagdgatters.

26

Der Antragsgegner beantragt,

27

den Antrag abzulehnen.

28

Er ist der Auffassung, dass ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch nicht dargetan seien. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 29 Absatz 5 Nr. 5 LJagdG sei die Jagd in Jagdgattern untersagt. Ein Ausnahmegrund nach § 29 Absatz 8 LJagdG sei weder vorgetragen noch ersichtlich.

 II.

29

Der Antrag der Antragstellerin hat weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.

30

Das Begehren der Antragstellerin stellt einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO dar. Gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Erforderlich ist danach das
Vorliegen eines Anordnungsgrundes und eines Anordnungsanspruchs. Dabei sind die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Anordnungsanspruches und eines Anordnungsgrundes gemäß 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend, kann das Gericht aber nur vorläufige Regelungen treffen und der Antragstellerin nicht schon in vollem Umfange, wenn auch nur unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, dasjenige gewähren, was sie nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Im Hinblick auf Artikel 19 Abs. 4 GG gilt das Verbot einer Vorwegnahme in der Hauptsache jedoch dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h. wenn sonst die zu erwartenden Nachteile unzumutbar wären (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl., § 123 Rnr. 13f). Würde danach der Erlass einer Regelungsanordnung die Hauptsache vorwegnehmen, setzt der ausnahmsweise Erlass der einstweiligen Anordnung im Regelfall auch voraus, dass eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit eines Obsiegens in der Hauptsache besteht (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 30.07.1991 - 4 M 116/91 in SchlHAnz 1991, 221 f.).

31

Ausgehend davon hat die Antragstellerin einen Anspruch auf die begehrte Gestattung weder in Bezug auf den zeitlich unbefristeten Hauptantrag noch in Bezug auf den zeitlich befristeten Hilfsantrag glaubhaft gemacht. Ein Anspruch auf die Gestattung, im Forstort „...“ die Jagd auszuüben und/oder ausüben zu lassen, besteht derzeit - weder zeitlich unbefristet noch zeitlich befristet - nicht.

32

Nach der Bestimmung des § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG in der seit dem 24.06.2016 geltenden Fassung ist es (sogar ausdrücklich) verboten, in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen. Aus der in Bezug auf den Forstort „...“ erteilten waldrechtlichen Genehmigung zur Sperrung des Waldes bis zum 31.10.2017 ergibt sich ebenfalls kein Anspruch, da sie nicht jagdrechtliche Belange regelt, sondern vielmehr unter dem Vorbehalt erteilt worden ist, dass die Sperrung jagdrechtlich weiterhin erforderlich ist.

33

Die Gerichte sind bei der Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Regelungen des vorläufigen Rechtsschutzes gehalten, der besonderen Bedeutung der betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Es ist aber aufgrund der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage nicht geboten, die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 29 Abs. 5 Nr. 5 Satz 2 LJagdG im einstweiligen Rechtsschutzverfahren abschließend zu prüfen. Denn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache hängen maßgeblich von der Verfassungsgemäßheit des Jagdverbotes ab. Das Gericht sieht indes keine evidente Verfassungswidrigkeit des landesrechtlichen Jagdverbotes, die es gebieten würde, der Antragstellerin vorläufig die weitere Jagdausübung im bisherigen Umfang und in der bisherigen Art und Weise zu gestatten. Das Gatterjagdverbot kann sich grundsätzlich vor dem Hintergrund der weiten Regelungs- und Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 11 der Landesverfassung SH und Art. 20 a GG als verfassungsgemäß erweisen. Ob die von der Antragstellerin angeführten, möglicherweise beachtlichen verfassungsrechtlichen Bedenken durchgreifen, kann indes nicht in diesem Verfahren geklärt werden, zumal dem Verwaltungsgericht keine Verwerfungskompetenz im Hinblick auf ein Gesetz zukommt.

34

Die Entscheidung über eine vorläufige Regelung hat hier im Wesentlichen daher im Wege einer Interessenabwägung zu erfolgen. In diese Abwägung gehen die unmittelbar berührten öffentlichen Interessen und privaten Interessen sowie die Folgen einer stattgebenden oder ablehnenden Entscheidung ein.

35

Diese Interessenabwägung verhilft dem Antrag aber vorliegend nicht zum Erfolg. Das Interesse der Antragstellerin an der Nutzung ihres Grundeigentums durch die Jagd in einem Jagdgatter muss hinter dem öffentlichen Interesse an dem generellen Verbot im Jagdgatter zurückstehen.

36

Durch das Verbot der Jagd in den Gattern werden der Antragstellerin keine unzumutbaren und irreparablen Nachteile auferlegt. Sollte sich die Regelung in einem Verfassungsrechtsstreit als verfassungswidrig erweisen, sind die von der Antragstellerin temporär hinzunehmenden Nachteile wirtschaftlich ausgleichbar.

37

Der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, die Erteilung der Gestattung sei derzeit schon im öffentlichen Interesse geboten, weil alles andere mit den bestehenden Verpflichtungen zum Arten-, Tier- und Landschaftsschutz und dem insofern bestehenden öffentlichen Interesse nicht vereinbar sei, folgt das Gericht nicht.

38

Die öffentlichen Interessen sind hinreichend durch die neuen Bestimmungen in § 29 Abs. 8 LJagdG gewahrt. Die Jagdbehörde kann nach Satz 1 dieser Vorschrift Ausnahmen von dem Jagdverbot in § 29 Abs. 5 Nr. 5 zulassen, wenn dies erforderlich ist, um bestehende Jagdgatter aufzulösen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt § 27 BJagdG entsprechend.

39

§ 29 Abs. 8 LJagdG regelt nach seinem Wortlaut zwar nur den Fall der Bejagung bei Auflösung bestehender Jagdgatter. Ob die Antragstellerin verpflichtet ist, das Jagdgatter des Forstortes „...“ aufzulösen, ist zwischen den Beteiligten aber gerade streitig und Gegenstand des Verfahrens 7 A 224/15.

40

Eine direkte Anwendung dieser Vorschrift kommt (jedenfalls beim derzeitigen Verfahrensstand und auf der Grundlage der Rechtsauffassung der Antragstellerin) daher nicht in Betracht. Nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift, die Bejagung in den Fällen des Verbots der Gatterjagd nach § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG n.F. bis zur Auflösung bestehender Gatter zu regeln, ist seine Anwendung im Wege des „Erst-Recht-Schlusses“ hier aber im öffentlichen Interesse für den Zeitraum bis zur endgültigen Beendigung der zwischen den hiesigen Beteiligten anhängigen Verfahren 7 A 224/16 und 7 A 233/16 möglich und geboten.

41

Die daraus folgende entsprechende Anwendung des § 27 BJagdG ist aber auch ausreichend, um die von der Antragstellerin angeführten öffentlichen Interessen effektiv zu wahren. Die Anordnung der Verringerung des Wildbestandes kommt in entsprechender Anwendung des § 27 Abs. 1 BJagdG u.a. nur in Betracht, wenn dies mit Rücksicht auf das allgemeine Wohl, insbesondere auf die Interessen der Forstwirtschaft und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege notwendig ist. Nach § 27 Abs. 2 BJagdG kann die zuständige Behörde den Wildbestand für Rechnung des Verpflichteten sogar im Wege des Selbsteintrittsrechts vermindern lassen. Diese Reduzierung des Wildbestandes setzt aber voraus, dass diese Wildbestände als Folge der entfallenden Bejagung übermäßig anwachsen. Gesichtspunkte bzw. konkrete Zahlen dafür, dass diese Voraussetzungen derzeitig gegeben sind und eine diesbezügliche einstweilige Anordnung derzeit erfordern, hat die Antragstellerin nicht genügend glaubhaft gemacht und sind auch seitens des Antragsgegners nicht vorgetragen worden.

42

Auf Grund der bisherigen Nutzung des Jagdgatters ist aber wohl von einer zu hohen Population von Rotwild auszugehen, so dass nicht für die gesamte Dauer bis zur Klärung der streitigen Rechtsfragen von einer Bejagung abgesehen werden dürfte. Indes ist dies eine Frage der Kooperation der Antragstellerin mit den zuständigen Behörden, gibt ihr aber keinen Anspruch auf die Aufrechterhaltung der tatsächlichen Bejagungspraxis vor der Gesetzesänderung.

43

Ferner steht die Entscheidung im Ermessen der zuständigen Behörde. Das Gericht kann insofern nicht eigene Ermessenserwägungen an Stelle der Behörde treffen. Der pau-schale Verweis auf eine drohende Überpopulation reicht ohne Nennung konkreter Fakten und Daten nicht aus, um eine Grundlage für eine adäquate Entscheidung zu bieten.

44

Das öffentliche Interesse am Verbot der Gatterjagd um die Ziele des LJagdG, insbesondere des § 1 Abs. 3 Nr. 1 LJagdG (naturnahe Reviergestaltung), zu erreichen überwiegt das Interesse der Antragstellerin an einer Beibehaltung der bisherigen Jagdausübung, auch durch Gesellschafts- und Gästejagden.

45

Dabei ist es nicht Sache des einstweiligen Rechtsschutzes, die aufgeworfenen Fragen der Verfassungsmäßigkeit der Gesetzesänderungen in § 29 Abs. 5 Nr. 5 und Abs. 8 LJagdG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu prüfen. Das Verfahren des einstwei-ligen Rechtsschutzes kann nur gewährleisten, im jetzigen Zeitpunkt drohende, schwere und existentielle Nachteile von der Antragstellerin abzuwenden.

46

Derartige schwere und existentielle Nachteile sind - derzeit - ohne die begehrte Gestattung nicht zu erwarten und von der Antragstellerin auch nicht geltend gemacht worden. Ihr verbleiben auch die nach § 27 BJagdG obliegenden Rechte (und Pflichten) auf Hege und Pflege eines Jagdausübungsberechtigten über § 29 Abs. 5 und 8 Satz 1 und 2 LJagdG i.V.m. einer entsprechenden Anwendung des § 27 BJagdG. Soweit Wildbestände als Folge der entfallenden Bejagung übermäßig anwachsen und irreparable Schäden in Form von Wildschäden oder im Interesse des Artenschutzes und der Natur zu befürchten sind und wenn die Jagdbehörde eine Reduzierung der Tierbestände im Interesse der naturnahen Jagd für erforderlich hält, kann die Jagdbehörde daher entsprechende Anordnungen erlassen. Damit stehen der Antragstellerin die Wilderträge des Forstortes „...“ weiterhin zu. Sie werden nur zwecks Herstellung landschaftsökologisch angepasster Wildbestände und entsprechend dem Grundsatz einer naturnahen Jagd reduziert.

47

Die begehrte Anordnung ist derzeit auch nicht zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes erforderlich. Der Antragstellerin wird durch das Verbot der Gatterjagd auch der Rechtsschutz gegen die Beseitigungsverfügung des Jagdgatters nicht unzulässig verkürzt. Insbesondere wird dadurch nicht der durch den Antragsgegner nicht angeordnete Sofortvollzug der Beseitigungsanordnung unterlaufen, da ein Sofortvollzug die sofortige Beseitigung der Jagdgatter ermöglichen würde, es hier aber nicht um die Beseitigung der Jagdgatter, sondern nur um eine Einschränkung der Rechte des Jagdausübungsberechtigten bei bestehenden Jagdgattern geht. Auch unter diesem Gesichtspunkt erfordert Art. 19 Abs. 4 GG zum derzeitigen Zeitpunkt daher nicht die von der Antragstellerin begehrten Regelungen.

48

§ 29 Abs. 5 und Abs. 8 LJagdG verbietet generell Jagdgatter und die Gatterjagd in Schleswig-Holstein. Dass es nur 3 vergleichbare Fälle von Jagdgattern in Schleswig-Holstein gibt, macht die neuen Vorschriften nicht per se zum Einzelfallgesetz, sondern dies muss einer verfassungsrechtlichen Prüfung vorbehalten bleiben.

49

Auch ein Anordnungsgrund hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Eine Eilbedürftigkeit ist wegen der oben beschriebenen vorläufigen Regelungsmöglichkeit nach
§ 29 Abs. 5 und 8 LJagdG i.Vm. § 27 BJagdG, die - wie oben ausgeführt - sowohl die
öffentlichen als auch die privaten Interessen hinreichend berücksichtigt, nicht ersichtlich.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO.

51

Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr.1, 63 Abs. 2 GKG.


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Tenor

Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt, ihm im einstweiligen Rechtsschutzverfahren weiter zu gestatten, im Forstort „..." innerhalb des dortigen Jagdgatters die Jagd weiter auszuüben.

2

Der Antragsteller ist Eigentümer des so genannten Forstortes „...“ im Gebiet des ........ Es handelt sich um einen seit 1841 durch den dänischen König eingegatterten Wildpark mit einer Größe von über 400 ha.

3

Seit 1973 erhielt der Antragsteller befristete waldrechtliche Erlaubnisse zum Sperren dieser Waldfläche. Mit Schreiben vom 30.03.1978 bestätigte der Antragsgegner, dass Gehege, die vor dem Inkrafttreten des Landschaftspflegegesetzes von 1973 bereits existiert hätten, Bestandsschutz genießen. Der Bestandsschutz beziehe sich lediglich auf die Zahl und Arten der dort bis zum 01.05.1973 gehaltenen wildlebenden Tiere, jede zahlen- und artmäßige Vermehrung des gehaltenen Wildtierbestandes bedürfe grundsätzlich einer Genehmigung. Nach § 14 a Abs. 4 LJagdG i.d.F. von Art. 1 Nr. 17 des Gesetzes zur Anpassung des Jagdgesetzes des Landes Schleswig- Holstein vom 17.03.1978 (GVOBl. 1978, S. 56, später § 27 Abs. 4 LJagdG i.d.F. vom 13.04.1978, GVOBl. 1978 S. 129) galten bei Inkrafttreten des Gesetzes vorhandene Jagdgatter mit mindestens 75 ha als genehmigt.

4

Im Hinblick auf die weitere Waldsperrung ist ein Klagverfahren unter dem Az. 1 A 150/15 beim Gericht anhängig. Mit Bescheid vom 12.08.2016 genehmigte das Landesamt für Landwirtschaft etc., Untere Forstbehörde, nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 Landeswaldgesetz SH die Sperrung der streitgegenständlichen Waldfläche bis zum 31.10.2017.

5

Durch das Gesetz zur Neufassung des Jagdgesetzes des Landes Schleswig-Holstein (Landesjagdgesetz-LJagdG) vom 13.10.1999 (GVOBl. 1999 Nr. 14, S. 300 ff) wurde § 29 Abs. 4 Nr. 4 LJagdG dahingehend gefasst, dass es verboten ist, Jagdbezirke oder Teile von Jagdbezirken zum Zwecke der Jagd oder der Hege einzugattern. § 39 Abs. 3 LJagdG wurde dahingehend gefasst, dass Eingatterungen zum Zwecke der Jagd oder der Hege, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes genehmigt waren, für die Dauer ihrer Genehmigung, längstens jedoch für 15 Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehen bleiben. Das Gesetz trat am 29.10.1999 in Kraft.

6

Vor Ablauf der 15-jährigen Übergangsfrist, mit Schreiben vom 18.11.2013, wies der Antragsgegner den Antragsteller darauf hin, dass die Frist für die Eingatterung am 28.10.2014 auslaufe und bat um Vorlage eines Konzeptes zur Regulierung des Wildbestandes im Rahmen der erforderlich werdenden Gatterbeseitigung.

7

Am 30.01.2014 fand eine diesbezügliche Besprechung mit verschiedenen Behördenvertretern zur Festlegung der weiteren Vorgehensweise statt. Am 06.02.2014 wurde der Antragsteller zu einer gemeinsamen Besprechung eingeladen, die am 24.03.2014 zum Thema „Auflösung der beiden Gatter“ mit den anderen Behördenvertretern und dem Prozessbevollmächtigen des Antragstellers stattfand und in der das Thema „Beseitigung der Gatter“ mit anschließender Übersendung eines mit allen Beteiligten abgesprochenen Gesprächsprotokolls besprochen worden ist.

8

Mit Bescheid vom 26.01.2015 ordnete der Antragsgegner die Auflösung des streitigen Jagdgatters („...“) unter Beifügung eines Lageplanes, in dem der Verlauf des Gatters rot und die Lage der Tore gelb eingezeichnet ist, an. Ferner wurde die Ersatzvornahme angedroht für den Fall, dass der Antragsteller der sukzessiven Beseitigung der Tore bis 01.04.2016 bzw. der Zaunelemente bis zum 31.10.2016 nicht nachkomme. Die Kosten der Ersatzvornahme wurden mit ca. 40.000 € veranschlagt und die Kostenermittlung wurde dem Bescheid beigefügt. Ein Sofortvollzug des Bescheides wurde nicht angeordnet.

9

Gegen diesen, dem Antragsteller am 05.02.2015 zugestellten, Bescheid legte dieser am 12.02.2015 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2015 zurückgewiesen wurde. Die hiergegen am 05.01.2016 erhobene Klage ist unter dem Aktenzeichen - 7 A 3/16 - anhängig.

10

Durch das Gesetz zur Änderung des Landesjagdgesetzes in der Fassung vom 27.05.2016 (Art. 3 Nr. 3 des Gesetzes vom 27.05.2016, GVOBl. 20016 S. 161ff) wurde § 29 LJagdG geändert und in § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG nicht nur bestimmt, dass es verboten ist, Jagdbezirke oder Teile von Jagdbezirken zum Zwecke der Jagd oder der Hege einzugattern, sondern dass es auch verboten ist, in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen. Desweiteren wurde § 29 Abs. 8 LJagdG eingefügt. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann die Jagdbehörde Ausnahmen von dem Jagdverbot in Absatz 5 Nr. 5 zulassen, wenn dies erforderlich ist, um bestehende Jagdgatter aufzulösen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt § 27 Bundesjagdgesetz - BJagdG - entsprechend. Diese Änderungen traten zum 24.06.2016 in Kraft.

11

Mit Schreiben vom 27.05.2016 beantragte der Antragsteller deshalb beim Antragsgegner die weitere Gestattung der Jagd. Über den Antrag hat der Antragsgegner trotz Nachfristsetzung bislang nicht entschieden.

12

Am 11.07.2016 stellte der Antragsteller den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und erhob am 11.07.2016 eine weitere Klage unter dem Aktenzeichen 7 A 228/16 mit dem Hauptantrag auf Feststellung, dass es zulässig ist, im Forstort „...“, d.h. konkret innerhalb des dortigen Jagdgatters, die Jagd auszuüben und/oder ausüben zu lassen.

13

Zur Begründung des Antrages beruft sich der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers im Wesentlichen darauf, dass das Jagdgatter „...“ von § 29 Abs. 5 Nr. 4 LJagdG in der Fassung von 1999 nicht umfasst sei, da es sich um ein Gatter vorkonstitutioneller Art handele, das mindestens seit 1841 bestehe und sich daher die im Verfahren 7 A 3/16 angeordnete Beseitigungsverfügung als verfassungswidriger erweise. Es bestünde eine Genehmigung zur Sperrung dieser Waldfläche, die zwischenzeitlich verlängert worden sei. In dem Bescheid werde ausdrücklich darauf abgestellt, dass durch die Waldsperrung bis zum 31.10.2017 die Zielsetzung der unteren Jagdbehörde unterstützt werden und dem Waldbesitzenden die Möglichkeit einer von Waldbesuchern ungestörten Reduzierung der Wildbestände in dem Gatter gegeben werden solle.

14

Die Klage gegen die Beseitigungsverfügung habe aufschiebende Wirkung und die zum 24.06.2016 in Kraft getretene Änderung des Landesjagdgesetzes (Verbot der Jagd in Gattern) sei unter verschiedenen Gesichtspunkten verfassungswidrig. Es liege ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 2 GG vor, da die Ausübung von Verwaltungsmaßnahmen durch die Legislative unzulässig sei. Die Gesetzesänderung verstoße gegen das verfassungsrechtliche Verbot des Erlasses von Einzelfallgesetzen gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG, da das Gesetz zielgerichtet auf den Forstort „...“ ausgelegt sei. Auch die Garantie des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG sei verletzt, da durch die Reaktion des Gesetzgebers auf anhängige Klagverfahren dem Klagegegenstand faktisch der Kern genommen werde.

15

Das Gesetz verstoße weiter gegen den Vorrang des Bundesrechts gemäß Art. 31 GG, da das Jagdverbot mit § 27 BJagdG unvereinbar sei. § 27 BJagdG sei Ausdruck der Verpflichtung eines Jagdausübungsberechtigten, tatsächlich auch die Jagd auszuüben. Hintergrund hierfür seien insbesondere natur- und tierschutzrechtliche Gesichtspunkte, die sich aus den Gefahren von Überpopulationen und damit aus den Gefahren ergäben, wenn die Jagd nicht in dem erforderlichen Umfang ausgeübt werde. Außerdem handele es sich um eine Einfriedung nach § 28 Abs. 1 BJagdG.

16

Ferner liege ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG vor, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Gatter der vorliegenden Art fast in allen anderen Bundesländern, sowie auch im gesamten europäischen Ausland zulässig seien, sowie ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG und gegen die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG sowie ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 Zusatzprotokoll der EU-Menschenrechtskonvention.

17

Das zum 26.06.2016 eingetretene gesetzliche Jagdverbot führe insbesondere auch aus tierschutzrechtlichen Gesichtspunkten zu untragbaren Zuständen im Forstort „...“. Die Fortführung der Jagd sei sicherzustellen, um die Tierpopulation in einem ökologisch vertretbaren Gleichgewicht zu halten. Die Jagd in der Zeit von Oktober bis Dezember in dieser über 400 ha großen Fläche erfordere erhebliche organisatorische Maßnahmen. Dennoch habe der Antragsgegner auf den Antrag vom 27.05.2016 trotz Nachfristsetzung nicht reagiert.

18

Eine Eilbedürftigkeit sei gegeben, da der Antragsteller Maßnahmen zur Organisation der erforderlichen Jagden ergreifen müsse und es ihm nicht zumutbar sei, den rechtskräftigen Abschluss der anhängig gemachten Klagen abzuwarten. Der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung sei unter Berücksichtigung der Interessen des Antragstellers sowie des öffentlichen Interesses geboten. Im Rahmen der einstweiligen Anordnung könne zwar keine Entscheidung dahingehend getroffen werden, ob die landesgesetzliche Neuregelung in § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG verfassungswidrig sei oder nicht. Es bestehe aber ein Anspruch, dem Antragsteller vorläufig im Wege der einstweiligen Anordnung die Ausübung der Jagd im Bereich des Forstortes „...“ und dabei insbesondere in dem Gatter zu gestatten. Die Folgen für die im Gatter des Forstortes befindlichen Tiere und die dortige Ökologie wäre für den Fall, dass eine Jagdausübung dort nicht mehr erfolgen würde, verheerend und stünde in keinem Verhältnis zu den Folgen einer jedenfalls vorläufigen Gestattung der Fortführung der Jagdausübung im bisherigen Umfang bis zum Abschluss der parallel beim Gericht anhängigen Klagverfahren, gerade und ausschließlich dies sei auch im öffentlichen Interesse geboten. Dies ergebe sich auch aus den Regelungen des § 27 BJagdG, wonach der Wildbestand im notwendigen Umfang zu verringern sei. Dem Antragsteller stehe daher ein Anspruch auf die sofortige und uneingeschränkte Erteilung einer entsprechenden Genehmigung zu. Im Übrigen sei die Jagdausübung dem Antragsteller im Hinblick auf sein Eigentumsrecht zu gestatten, weil jeder Aufschub eine verfassungswidrige entschädigungslose Enteignung darstellen würde. Die generelle Untersagung der Jagdausübung sei bereits in sich wiedersinnig, weil es innerhalb des 400 ha großen Gatters auch eine Vielzahl von Wildarten gebe, die durch das Gatter überhaupt nicht in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt würden. Das generelle Verbot der Jagdausübung würde beispielsweise Entenjagden verbieten und auch die Bejagung sämtlichen weiteren Flugwildes und sonstigen Raubwildes.

19

Der Antragsteller stellt den Antrag,

20

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller zu gestatten, im Forstort „...“, d. h. innerhalb des dortigen Jagdgatters, die Jagd auszuüben und/oder ausüben zu lassen,

21

hilfsweise

22

den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller zu gestatten, im Forstort „...“, innerhalb des dortigen Jagdgatter, die Jagd auszuüben und/oder ausüben zu lassen, befristet auf die Dauer eines Jahres nach Vorliegen einer bestandskräftigen Entscheidung zur Auflösung des im Forstort „...“ bestehenden Jagdgatters.

23

Der Antragsgegner beantragt,

24

den Antrag abzulehnen.

II.

25

Der Antrag des Antragstellers hat weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.

26

Das Begehren des Antragstellers stellt einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO dar. Gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Erforderlich ist danach das Vorliegen eines Anordnungsgrundes und eines Anordnungsanspruchs. Dabei sind die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Anordnungsanspruches und eines Anordnungsgrundes gemäß 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend, kann das Gericht aber nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfange, wenn auch nur unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, dasjenige gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Im Hinblick auf Artikel 19 Abs. 4 GG gilt das Verbot einer Vorwegnahme in der Hauptsache jedoch dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h. wenn sonst die zu erwartenden Nachteile unzumutbar wären (vgl. Kopp/Schenke , VwGO, 22. Aufl., § 123 Rnr. 13f ). Würde danach der Erlass einer Regelungsanordnung die Hauptsache vorwegnehmen, setzt der ausnahmsweise Erlass der einstweiligen Anordnung im Regelfall auch voraus, dass eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit eines Obsiegens in der Hauptsache besteht (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 30.07.1991 - 4 M 116/91 in SchlHAnz 1991, 221 f.).

27

Ausgehend davon hat der Antragsteller einen Anspruch auf die begehrte Gestattung weder in Bezug auf den Hauptantrag noch in Bezug auf den Hilfsantrag glaubhaft gemacht. Ein Anspruch auf die Gestattung, im Forstort „...“ die Jagd auszuüben und/oder ausüben zu lassen, besteht derzeit - weder zeitlich unbefristet noch zeitlich befristet - nicht. Nach der Bestimmung des § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG in der seit dem 24.06.2016 geltenden Fassung ist es (sogar ausdrücklich) verboten, in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen. Aus den in Bezug auf den Forstort „...“ erteilten waldrechtlichen Genehmigungen, einem Bestandsschutz nach früherem Jagdrecht oder aus Naturschutzrecht ergibt sich nichts Anderes, da sie sich nicht mit dem Jagdrecht befassen, sondern andere Rechtsmaterien regeln.

28

Die Gerichte sind bei der Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Regelungen des vorläufigen Rechtsschutzes gehalten, der besonderen Bedeutung der betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Es ist aber aufgrund der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage nicht geboten, die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 29 Abs. 5 Nr. 5 Satz 2 LJagdG im einstweiligen Rechtsschutzverfahren abschließend zu prüfen. Denn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache hängen maßgeblich von der Verfassungsgemäßheit des Jagdverbotes ab. Das Gericht sieht indes keine evidente Verfassungswidrigkeit des landesrechtlichen Jagdverbotes, die es gebieten würde, dem Antragsteller vorläufig die weitere Jagdausübung im bisherigen Umfang und in der bisherigen Art und Weise zu gestatten. Das Gatterjagdverbot kann sich grundsätzlich vor dem Hintergrund der weiten Regelungs- und Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 11 der Landesverfassung SH und Art. 20 a GG als verfassungsgemäß erweisen. Ob die vom Antragsteller angeführten möglicherweise beachtlichen verfassungsrechtlichen Bedenken durchgreifen, kann indes nicht in diesem Verfahren geklärt werden, zumal dem Verwaltungsgericht keine Verwerfungskompetenz im Hinblick auf ein Gesetz zukommt.

29

Die Entscheidung über eine vorläufige Regelung hat hier im Wesentlichen daher im Wege einer Interessenabwägung zu erfolgen. In diese Abwägung gehen die unmittelbar berührten öffentlichen Interessen und privaten Interessen sowie die Folgen einer stattgebenden oder ablehnenden Entscheidung ein.

30

Diese Interessenabwägung verhilft dem Antrag aber vorliegend nicht zum Erfolg. Das Interesse des Antragstellers an der Nutzung seines Grundeigentums durch die Jagd in einem Jagdgatter muss hinter dem öffentlichen Interesse an dem generellen Verbot im Jagdgatter zurückstehen.

31

Durch das Verbot der Jagd in den Gattern werden dem Antragsteller keine unzumutbaren und irreparablen Nachteile auferlegt. Sollte sich die Regelung in einem Verfassungsrechtsstreit als verfassungswidrig erweisen, sind die vom Antragsteller temporär hinzunehmenden Nachteile wirtschaftlich ausgleichbar.

32

Der von dem Antragsteller vertretenen Auffassung, die Erteilung der Gestattung sei derzeit schon im öffentlichen Interesse geboten, weil alles andere mit den bestehenden Verpflichtungen zum Arten-, Tier- und Landschaftsschutz und dem insofern bestehenden öffentlichen Interesse nicht vereinbar sei, folgt das Gericht nicht. Die öffentlichen Interessen sind hinreichend durch die neuen Bestimmungen in § 29 Abs. 8 LJagdG gewahrt. Die Jagdbehörde kann nach Satz 1 dieser Vorschrift Ausnahmen von dem Jagdverbot in § 29 Abs. 5 Nr. 5 zulassen, wenn dies erforderlich ist, um bestehende Jagdgatter aufzulösen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt § 27 BJagdG entsprechend.

33

§ 29 Abs. 8 LJagdG regelt nach seinem Wortlaut zwar nur den Fall der Bejagung bei Auflösung bestehender Jagdgatter. Ob der Antragsteller verpflichtet ist, das Jagdgatter des Forstortes „...“ aufzulösen, ist zwischen den Beteiligten aber gerade streitig und Gegenstand des Verfahrens 7 A 3/16.

34

Eine direkte Anwendung dieser Vorschrift kommt (jedenfalls beim derzeitigen Verfahrensstand und auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Antragstellers) daher nicht in Betracht. Nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift, die Bejagung in den Fällen des Geltungsbereichs des Verbots nach § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG n.F. zu regeln, ist seine Anwendung im Wege des „Erst-Recht-Schlusses“ hier aber im öffentlichen Interesse für den Zeitraum bis zur endgültigen Beendigung der zwischen den hiesigen Beteiligten anhängigen Verfahren 7 A 3/16 und 7 A 228/16 möglich und geboten.

35

Die daraus folgende entsprechende Anwendung des § 27 BJagdG ist aber auch ausreichend, um die von dem Antragsteller angeführten öffentlichen Interessen effektiv zu wahren. Die Anordnung der Verringerung des Wildbestandes kommt in entsprechender Anwendung des § 27 Abs. 1 BJagdG u.a. nur in Betracht, wenn dies mit Rücksicht auf das allgemeine Wohl, insbesondere auf die Interessen der Forstwirtschaft und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege notwendig ist. Nach § 27 Abs. 2 BJagdG kann die zuständige Behörde den Wildbestand für Rechnung des Verpflichteten sogar im Wege des Selbsteintrittsrechts vermindern lassen. Diese Reduzierung des Wildbestandes setzt aber voraus, dass diese Wildbestände als Folge der entfallenden Bejagung übermäßig anwachsen. Gesichtspunkte bzw. konkrete Zahlen dafür, dass diese Voraussetzungen derzeit gegeben sind und eine diesbezügliche einstweilige Anordnung derzeit erfordern, hat der Antragsteller bislang nicht genügend glaubhaft gemacht und sind auch seitens des Antragsgegners nicht vorgetragen worden.

36

Auf Grund der bisherigen Nutzung des Jagdgatters ist aber wohl von einer zu hohen Population von Schwarzwild auszugehen, so dass nicht für die gesamte Dauer bis zur Klärung der streitigen Rechtsfragen von einer Bejagung abgesehen werden dürfte. Indes ist dies eine Frage der Kooperation des Antragstellers mit den zuständigen Behörden, gibt ihm aber keinen Anspruch auf die Aufrechterhaltung der tatsächlichen Bejagungspraxis vor der Gesetzesänderung.

37

Ferner steht die Entscheidung im Ermessen der zuständigen Behörde. Das Gericht kann insofern nicht eigene Ermessenserwägungen an Stelle der Behörde treffen. Der pauschale Verweis auf eine drohende Überpopulation reicht ohne Nennung konkreter Fakten und Daten nicht aus, um eine Grundlage für eine adäquate Entscheidung zu bieten.

38

Das öffentliche Interesse am Verbot der Gatterjagd um die Ziele des LJagdG, insbesondere des § 1 Abs. 3 Nr. 1 LJagdG (naturnahe Reviergestaltung), zu erreichen überwiegt das Interesse des Antragstellers an einer Beibehaltung der bisherigen Jagdausübung, auch durch Gesellschafts- und Gästejagden.

39

Dabei ist es nicht Sache des einstweiligen Rechtsschutzes, die aufgeworfenen Fragen der Verfassungsmäßigkeit der Gesetzesänderungen in § 29 Abs. 5 Nr. 5 und Abs. 8 LJagdG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu prüfen. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann nur gewährleisten, im jetzigen Zeitpunkt drohende, schwere und existentielle Nachteile von dem Antragsteller abzuwenden.

40

Derartige schwere und existentielle Nachteile sind - derzeit - ohne die begehrte Gestattung nicht zu erwarten und von dem Antragsteller auch nicht geltend gemacht worden. Ihm verbleiben auch die nach § 27 BJagdG obliegenden Rechte (und Pflichten) auf Hege und Pflege eines Jagdausübungsberechtigten über § 29 Abs. 5 und 8 Satz 1 und 2 LJagdG i.V.m. einer entsprechenden Anwendung des § 27 BJagdG. Soweit Wildbestände als Folge der entfallenden Bejagung übermäßig anwachsen und irreparable Schäden in Form von Wildschäden oder im Interesse des Artenschutzes und der Natur zu befürchten sind und wenn die Jagdbehörde eine Reduzierung der Tierbestände im Interesse der naturnahen Jagd für erforderlich hält, kann die Jagdbehörde daher entsprechende Anordnungen erlassen. Damit stehen dem Antragsteller die Wilderträge des Forstortes „...“ weiterhin zu. Sie werden nur zwecks Herstellung landschaftsökologisch angepasster Wildbestände und entsprechend dem Grundsatz einer naturnahen Jagd reduziert.

41

Die begehrte Anordnung ist derzeit auch nicht zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes erforderlich. Dem Antragsteller wird durch das Verbot der Gatterjagd auch der Rechtsschutz gegen die Beseitigungsverfügung des Jagdgatters nicht unzulässig verkürzt. Insbesondere wird dadurch nicht der durch den Antragsgegner nicht angeordnete Sofortvollzug der Beseitigungsanordnung unterlaufen, da ein Sofortvollzug die sofortige Beseitigung der Jagdgatter ermöglichen würde, es hier aber nicht um die Beseitigung der Jagdgatter, sondern nur um eine Einschränkung der Rechte des Jagdausübungsberechtigten bei bestehenden Jagdgattern geht. Auch unter diesem Gesichtspunkt erfordert Art. 19 Abs. 4 GG zum derzeitigen Zeitpunkt daher nicht die von dem Antragsteller begehrten Regelungen.

42

§ 29 Abs. 5 und Abs. 8 LJagdG verbietet generell Jagdgatter und die Gatterjagd in Schleswig-Holstein. Dass es nur 3 vergleichbare Fälle von Jagdgattern in Schleswig-Holstein gibt, macht die neuen Vorschriften nicht per se zum Einzelfallgesetz, sondern dies muss einer verfassungsrechtlichen Prüfung vorbehalten bleiben.

43

Auch einen Anordnungsgrund hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Eine Eilbedürftigkeit ist wegen der oben beschriebenen vorläufigen Regelungsmöglichkeit nach § 29 Abs. 5 und 8 LJagdG i.Vm. § 27 BJagdG, die - wie oben ausgeführt - sowohl die öffentlichen als auch die privaten Interessen hinreichend berücksichtigt, nicht ersichtlich.

44

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO.

45

Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr.1, 63 Abs. 2 GKG.


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt, festzustellen, dass es zulässig ist, im Forstort „A.“ die Jagd auszuüben und/ oder ausüben zu lassen, hilfsweise, dass der Beklagte ihr diese Jagd unbefristet oder weiter hilfsweise befristet weiterhin gestattet und weiter hilfsweise eine befristete weitere Gestattung der Jagd auf bestimmte jagdbare Tiere, die nicht von der Sperrwirkung des Gatters betroffen sind.

2

Sie ist Eigentümerin, Jagdausübungsberechtigte und Betreiberin des Forstortes „A.“ mit einer Größe von ca. 860 ha im 58,49 km² großen A., Kreis … (Gemeinde A. Gemarkung A..)

3

Durch Bescheid der obersten Jagdbehörde vom 04.09.1972 erhielt die Klägerin – unbefristet - die Erlaubnis zur Eingatterung der Fläche als Wildpark (Rotwildgatter) sowie zur Jagd in den eingegatterten Flächen.

4

Seit 1973 wurde der Klägerin parallel dazu jeweils befristet die Genehmigung zur Sperrung der entsprechenden Waldflächen nach Landeswaldgesetz erteilt unter dem Vorbehalt einer wirksamen jagdrechtlichen Genehmigung, zuletzt mit Bescheid vom 12.08.2016 befristet bis zum 31.10.2017.

5

Durch das Gesetz zur Neufassung des Jagdgesetzes des Landes Schleswig-Holstein (Landesjagdgesetz-LJagdG) vom 13.10.1999 (GVOBl. 1999 Nr. 14, S. 300 ff) wurde § 29 Abs. 4 Nr. 4 LJagdG dahingehend gefasst, dass es verboten ist, Jagdbezirke oder Teile von Jagdbezirken zum Zwecke der Jagd oder der Hege einzugattern. § 39 Abs. 3 LJagdG wurde dahingehend gefasst, dass Eingatterungen zum Zwecke der Jagd oder der Hege, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes genehmigt waren, für die Dauer ihrer Genehmigung, längstens jedoch für 15 Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehen bleiben. Das Gesetz trat am 29.10.1999 in Kraft.

6

Aufgrund von Änderungen des Landesjagdgesetzes in den Folgejahren ist das Verbot von Jagdgattern - bei gleichbleibendem Wortlaut - seit dem 24.02.2012 in § 29 Abs. 5 Nr. 4 LJagdG und seit dem 01.04.2015 in § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG (heute § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG) normiert.

7

Vor Ablauf der 15 Jahre, mit Schreiben vom 18.11.2013 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass die Frist für die Eingatterung am 28.10.2014 auslaufe und bat um Vorlage eines Konzeptes zur Regulierung des Wildbestandes im Rahmen der erforderlich werdenden Gatterbeseitigung.

8

Die Klägerin lehnte die geforderte Beseitigung des Gatters ab, da eine entschädigungslose Beseitigung mit der Eigentumsgarantie nicht vereinbar sei.

9

Daraufhin ordnete der Beklagte mit Bescheid vom 26.01.2015 die Beseitigung des streitigen Wildgatters unter Beifügung eines Lageplanes, in den der Verlauf des Gatters rot und die Lage der Tore gelb eingezeichnet ist, an. Ferner wurde die Ersatzvornahme angedroht für den Fall, dass die Klägerin der sukzessiven Beseitigung der Tore bis 01.04.2016 bzw. der Zaunelemente bis zum 31.10.2016 nicht nachkomme. Die Kosten der Ersatzvornahme wurden mit 46.000 € veranschlagt und die Kostenermittlung wurde dem Bescheid beigefügt. Ein Sofortvollzug des Bescheides wurde nicht angeordnet.

10

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 11.02.2015 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2015 zurückgewiesen wurde. Hiergegen richtet sich die am 24.12.2015 erhobene Klage 7 A 224/15.

11

Durch das Gesetz zur Änderung des Landesjagdgesetzes in der Fassung vom 27.05.2016 wurde u.a. § 29 LJagdG erneut geändert und § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG eingefügt. Danach ist es nun nicht nur verboten, Jagdbezirke oder Teile von Jagdbezirken zum Zwecke der Jagd oder der Hege einzugattern, sondern auch, „in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen“. Des Weiteren wurde § 29 Abs. 8 LJagdG eingefügt. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann die Jagdbehörde Ausnahmen von dem Jagdverbot in § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG zulassen, wenn dies erforderlich ist, um bestehende Jagdgatter aufzulösen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt § 27 Bundesjagdgesetz entsprechend. Diese weiteren Änderungen traten zum 24.06.2016 in Kraft.

12

Am 06.06.2016 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Bestätigung, dass im Forstort „A.“ die Jagd weiterhin möglich sei bzw. die allgemeine – unbefristete oder befristete - Gestattung der Jagd. Zur Begründung führte sie aus, dass die Jagden im A. einer langen Vorbereitung bedürften. Dies gelte für die Termine der Treiber und Hundeführer, vor allem jedoch für die der Gäste und die Belegung von Hotels. Die erste Gästejagd sei für den 29.10.2016 geplant. Deren Ertrag liege bei ca. … € bis … € bezogen auf den Forstort „A.“ und den benachbarten Forstort „A.“. Es sollten Ende November 2017 die Geburtstagsjagd von A. folgen sowie zwei Gästejagden im Dezember 2016 und Januar 2017. Diese Planungen seien nicht nur rein privater Natur. Sie dienten notwendig dazu, den jährlichen Zuwachs an Schwarzwild und Rotwild abzuschöpfen.

13

Da der Beklagte auf den Antrag nicht reagierte, stellte die Klägerin am 13.07.2016 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (7 B 176/16). Dieser Antrag wurde mit Beschluss der Kammer vom 01.09.2016 abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 11.01.2017 – 4 MB 44/16 zurück.

14

Laut Gutachten der Wildbiologin Dr. … vom 27.09.2016 lag der Bestand im Herbst 2016 bei 680 – 730 adulten Wildschweinen und 470 bis 550 Frischlingen, sodass auf 100 ha 140 Stück Schwarzwild sowie ca.12 Stück Rotwild kamen. Nach Bekanntwerden dieser Zahlen erließ der Beklagte mit Bescheid vom 10.10.2016 eine Abschussanordnung zur Wildbestandsreduzierung durch Abschuss von 930 Stück Schwarzwild, davon mindestens 500 Frischlinge und von 4 Stück Rotwild bis zum 31.03.2017 nach § 29 Abs. 8 Satz 2 LJagdG i.V.m. § 27 Abs.1 BJagdG und ordnete die sofortige Vollziehung unter Androhung eines Zwangsgeldes an. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Absenkung des Tierbestandes im angeordneten Umfang sei zum Erreichen einer angemessenen Wilddichte geboten. Außerdem wurde die Klägerin aufgefordert, zum Nachweise der erlegten Tiere Fotokopien der Übergangsbestätigungen an die Endverwerter/-verbraucher vorzulegen und zur Erfolgskontrolle einen Bestandsaufnahmetermin mitzuteilen. Hiergegen legte die Klägerin am 31.10.2016 Widerspruch ein. Da die Klägerin in der Folgezeit den Anordnungen nicht vollständig nachkam, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 24.03.2017 ein Zwangsgeld von insgesamt 6.816,13 € fest und drohte für den Fall der weiteren nicht fristgerechten Mitwirkung der Klägerin weitere Zwangsgelder an. Gegen diese weitere Zwangsgeldandrohung erhob die Klägerin am 29.03.2017 ebenfalls Widerspruch und teilte als Begehungs- und Zähltermin den 30.04.2017 mit. Über diese Widersprüche ist bisher nicht entschieden worden.

15

Außerdem wurde die Klägerin aufgefordert, zum Nachweis der erlegten Tiere Strecklisten und Fotokopien der Übergangsbestätigungen an die Endverwerter/-verbraucher vorzulegen und zur Erfolgskontrolle einen Bestandsaufnahmetermin mitzuteilen. Hiergegen legte die Klägerin am 31.10.2016 Widerspruch ein. Da die Klägerin in der Folgezeit den Anordnungen nicht vollständig nachkam, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 24.03.2017 ein Zwangsgeld von insgesamt 6.816,13 € fest und drohte für den Fall der weiteren nicht fristgerechten Mitwirkung der Klägerin weitere Zwangsgelder an. Gegen diese weitere Zwangsgeldandrohung erhob die Klägerin am 29.03.2017 ebenfalls Widerspruch und teilte als Begehungs- und Zähltermin den 30.04.2017 mit. Über diese Widersprüche ist bisher nicht entschieden worden.

16

Über den Antrag vom 06.06.2016 hat der Beklagte bis heute nicht entschieden.

17

Die Klägerin erhob am 18.07.2016 die vorliegende Klage.

18

Sie erhebt verfassungsrechtliche Einwände gegen das gesetzliche Verbot in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen.

19

Sie ist der Auffassung, mit der zum 24.06.2016 in Kraft getretenen Änderung des Landesjagdgesetzes in Form des Einfügens der Worte „sowie in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen“ in § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG verstoße der Landesgesetzgeber gegen den in Art. 20 Abs. 3 GG enthaltenen verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gewaltenteilung. Der Landesgesetzgeber sei faktisch als Ersatzverwaltungsbehörde exekutiv tätig geworden. Diese Änderungen dienten ausdrücklich und ausschließlich dem Zweck, die Nutzung unter anderem im Bereich des Forstortes „Rotwildgatter“ mit sofortiger Wirkung zu unterbinden und damit zu verhindern, dass die bestehenden Gatter während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens gegen die Beseitigungsanordnung - trotz fehlender Anordnung des Sofortvollzuges - weiterbetrieben werden.

20

Es liege auch ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Verbot des Erlasses von Einzelfallgesetzen nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG vor, da es in Schleswig Holstein insgesamt nur drei vergleichbare Jagdgatter gebe und da hier ein „A.“ geschaffen worden sei, wofür es keinen sachlichen Grund gebe.

21

Ferner liege ein Verstoß gegen die in Art. 19 Abs. 4 GG normierte Garantie des effektiven Rechtsschutzes in Bezug auf die Beseitigungsanordnung vor.

22

Es liege ein Verstoß gegen Art. 72 Abs. Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 2 BJagdG vor. Die Länder dürften wegen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach § 20 Abs. 2 BJagdG nur die „Ausübung“ der Jagd in Wildparken regeln, also nur das „Wie“ der Jagdausübung, nicht hingegen das „Ob“. Dies setze voraus, dass eine Jagd als solche überhaupt stattfinden dürfe. § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG verbiete die Jagd aber vollständig.

23

Das gesetzliche Jagdverbot in Jagdgattern verstoße gegen vorrangiges Bundesrecht gemäß Art. 31 GG i.V.m. §§ 1 und 3 BJagdG, weil in bestimmten Gebieten die Jagd vollständig verboten werde, obwohl es eine Pflicht zur Jagdausübung gebe und das Jagdrecht untrennbar mit Grund und Boden verbunden sei.

24

Es liege ferner ein Verstoß gegen Art. 31 GG i.V.m. § 28 Abs. 1 und 2 BJagdG vor, wonach Schwarzwild nur in solchen Einfriedungen gehegt werden dürfe, die ein Ausbrechen des Schwarzwildes verhüten und wonach das Aussetzen von Schwarzwild verboten sei. Damit schreibe der Bundesgesetzgeber eine entsprechende Einfriedung für die Hege von Schwarzwild zwingend vor. Es sei nicht damit vereinbar, dass der Landesgesetzgeber dann die Jagd innerhalb einer solchen, zwingend vorgeschriebenen Einfriedung verbiete.

25

Es liege mit dem Jagdverbot in Jagdgattern nicht nur eine neue Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums vor, sondern eine Enteignung in Bezug auf die Rechtsposition des Jagd- und Jagdausübungsrechts. Das generelle Jagdverbot sei mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Eine Bejagung des Gatters sei – dies sei unstreitig – notwendig, um eine Überpopulation und damit wildbiologisch untragbare Zustände zu verhindern. Das gesetzliche Jagdverbot hindere die Klägerin jedoch daran, ihr verfassungsrechtlich geschütztes Jagdrecht auszuüben und schaffe damit gerade untragbare Zustände. Die Gatterhaltung sei auch weder physiologisch und biologisch/ ethologisch noch aus wildbrethygienischen Gründen bedenklich. Damit liege kein sachlicher Grund für ein generelles Jagdverbot vor. Außerdem sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt, weil der Klägerin schwere ökonomische Schäden drohten, ohne dass es eine entsprechende Entschädigungsregelung gebe.

26

Es liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor, da der Gesetzgeber bei ähnlichen Wildtiernutzungen in künstlichen Einrichtungen anderen Eigentümern die jagdliche Nutzung ihrer Flächen zu anderen privatnützigen Zwecken gestatte, was insbesondere ein Vergleich mit landwirtschaftlichen Produktionsgattern zeige, die gleiche Merkmale aufweisen würden (Zerschneidung der Landschaft, Landschaftsbild, Betretungsrecht, Freiheit des Wildzuges, Abschuss einzelner Wildtiere). Bei dieser Art der Wildtierhaltung werde das Gatterwild nach erfolgtem Abschuss auch verwertet und in den Verkauf gegeben.

27

Die Jagd und die Fischerei würden ohne sachliche Grund ungleich behandelt. Das Angeln an Angelteichen in künstlich angelegten und mit Besatzfischen versehenen Teichen diene ebenfalls neben der wirtschaftlichen Nutzung der Freizeitgestaltung und die Gäste zahlten Geld, um innerhalb künstlicher Einrichtungen eingesetzte, gefütterte, ansonsten aber frei lebende Wildtierarten zu angeln und zu töten. Es bestehe kein Unterschied zwischen einem Angelteich und dem Jagdgatter.

28

Das Jagen in Jagdgattern sei in anderen Bundesländern auch erlaubt.

29

Es liege ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG vor.

30

Es liege ein Verstoß gegen das Übermaßverbot des Art. 20 Abs. 3, 28 Abs. 1 GG vor, weil sich ein generelles Jagdverbot auch auf Enten, Raubwild und Hasen beziehe, obwohl diese durch das Gatter durchwechseln könnten.

31

Es liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 20 der EU-Grundrechte Charta vor.

32

Es liege ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 Zusatzprotokoll der EU-Menschenrechtskonvention vor.

33

Wegen der Verfassungsverstöße sei vorab eine Vorlage des § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG (gesetzliches Jagdverbot in Jagdgattern) nach Art. 100 GG an das Bundesverfassungsgericht erforderlich.

34

Die Klägerin beantragt,

35

festzustellen, dass es zulässig ist, im Forstort „A.“, d.h. konkret innerhalb des dortigen Jagdgatters, die Jagd auszuüben und/ oder ausüben zu lassen,

36

hilfsweise,

37

den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin zu gestatten, im Forstort „A.“, d.h. konkret innerhalb des dortigen Jagdgatters die Jagd auszuüben und/ oder ausüben zu lassen,

38

weiter hilfsweise,

39

den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin zu gestatten, im Forstort „A.“, d.h. konkret innerhalb des dortigen Jagdgatters, die Jagd auszuüben und/ oder ausüben zu lassen, befristet bis zum Ende eines Jahres nach Vorliegen einer bestandskräftigen Entscheidung zur Auflösung des im Forstort „A.“ bestehenden Jagdgatters,

40

weiter hilfsweise,

41

den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin zu gestatten, im Forstort „A.“, d.h. konkret innerhalb des dortigen Jagdgatters, die Jagd auf sämtliche jagbaren Wildarten, die nicht von der Sperrwirkung des Gatters betroffen sind, namentlich Flugwild, Feldhasen, Raubwild auszuüben und/ oder ausüben zu lassen, befristet auf die Dauer vom Erlass der einstweiligen Anordnung bis zum Ende eines Jahres nach Vorliegen einer bestandskräftigen Entscheidung zur Auflösung des im Forstort „A.“ bestehenden Jagdgatters.

42

Der Beklagte beantragt,

43

die Klage abzuweisen.

44

Er ist der Auffassung, für die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche gebe es keine rechtliche Grundlage. Eine allgemeine Gestattung der Jagdausübung sehe das Gesetz nicht vor. Nach § 29 Abs. 5 Nr.5 Fall 2 LJagdG sei es vielmehr verboten, in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin werden nicht geteilt.

45

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten im vorliegenden Verfahren und im Verfahren 7 A 224/15 Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

46

Die Klage hat keinen Erfolg, weder mit ihrem Hauptantrag auf Feststellung der uneingeschränkten Zulässigkeit der Jagd noch mit den Hilfsanträgen auf unbefristete oder befristete Gestattung noch befristet in Bezug auf die von der Sperrwirkung des Gatters nicht betroffenen Tiere.

47

Der Hauptantrag in Form einer Feststellungsklage ist unzulässig.

48

Effektiver Rechtsschutz ist nicht im Wege der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zu erreichen. Zum einen findet prinzipiell keine Normenkontrolle durch eine verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage statt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage, § 47 Rdnr. 9 ff). Zum anderen kann die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses nur begehrt werden, wenn ein Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Dabei ist aber die Subsidiarität gegenüber der Verpflichtungsklage nach § 43 Abs. 2 VwGO zu beachten. Danach kann das Bestehen eines Rechtsverhältnisses nicht mit der Feststellungsklage begehrt werden, soweit ein Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann, § 43 Abs. 2 S. 2 VwGO. Die Klägerin kann ihr Klageziel, die (uneingeschränkte) Jagd im Jagdgatter „nach eigenem Ermessen“ ausüben zu dürfen, auch mit einer Klage auf allgemeine Gestattung der Jagd erreichen. Sie ist daher vorrangig auf die Klageart der allgemeinen Leistungsklage auf Gestattung der (uneingeschränkten) Jagd „nach eigenem Ermessen“ als zulässige Klageart zu verweisen.

49

Die Hilfsanträge auf allgemeine oder beschränkte, unbefristete oder befristete Gestattung der Jagd nach eigenem Ermessen sind folglich als Leistungsklagen zulässig, und zwar in der Form von Untätigkeitsklagen nach § 75 S. 2 VwGO, da der Beklagte ohne zureichenden Grund nicht über den Antrag vom 06.06.2016 auf Gestattung der Jagd nach eigenem Ermessen der Klägerin entschieden hat.

50

Die Hilfsanträge führen in der Sache aber auch nicht zum Erfolg. Insoweit ist die Klage unbegründet.

51

Das Gesetz sieht keine allgemeine Gestattung der Jagdausübung durch den Beklagten - weder unbefristet noch befristet - vor.

52

Nach § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG ist es seit dem 24.06.2016 vielmehr verboten, in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen.

53

Nach § 29 Abs. 8 S. 1 LJagdG i.V.m. § 27 BJagdG kann die Jagdbehörde lediglich Ausnahmen von dem Jagdverbot in Jagdgattern zulassen, wenn dies erforderlich ist, um bestehende Jagdgatter aufzulösen. Das Begehren der Klägerin wird von dieser Norm nicht erfasst.

54

§ 29 Abs. 8 LJagdG kann analog zwar auf Fälle angewandt werden, in denen – wie hier - die Pflicht zur Auflösung des Jagdgatters zwischen den Beteiligten streitig ist, um Überpopulationen zu vermeiden, solange nicht rechtskräftig über die Beseitigungsanordnung der Jagdgatter entschieden worden ist (vgl. VG Schleswig, Beschluss vom 01.09.2016, 7 B 176/16; im Ergebnis bestätigt durch das OVG Schleswig, Beschluss vom 11.01.2017 - 4 MB 44/16 -).

55

Die Klägerin erstrebt aber mit ihren Hilfsanträgen auf allgemeine Gestattung der Jagd weder eine Ausnahme vom Jagdverbot in dem für die Auflösung des Jagdgatters erforderlichen Umfang noch eine Ausnahme vom Jagdverbot zur Überbrückung des Schwebezustandes bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Beseitigungsanordnung, sondern sie begehrt die allgemeine unbefristete oder befristete Gestattung der umfänglichen Jagd im Jagdgatter „nach eigenem Ermessen“. Eine solche allgemeine Gestattung der Jagdausübung nach eigenem Ermessen sieht das Gesetz nicht vor. Nach § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG ist es vielmehr verboten, in Jagdgattern die Jagd (allgemein und nach eigenem Ermessen) auszuüben oder die Jagdausübung (allgemein und nach eigenem Ermessen) zuzulassen.

56

Das gesetzliche Verbot in Jagdgattern die Jagd (allgemein und nach eigenem Ermessen) auszuüben oder die Jagdausübung (allgemein und nach eigenem Ermessen) zuzulassen, ist nicht verfassungswidrig, sodass eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG nicht in Betracht kommt.

57

§ 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG ist verfassungsgemäß.

58

Er verstößt nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art. 20 Abs. 3 GG, da der Landesgesetzgeber abstrakt und mit allgemeiner Wirkung regelt, dass die Jagd generell in Gattern verboten ist. Der Landesgesetzgeber ist somit nicht faktisch als Ersatzverwaltungsbehörde exekutiv tätig geworden.

59

Es handelt sich bei der Vorschrift des § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG nicht um ein verfassungswidriges Einzelfallgesetz. Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG enthält eine Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes. Dem Gesetzgeber ist es danach verboten, aus einer Reihe gleichgelagerter Sachverhalte einen Fall herauszugreifen und zum Gegenstand einer Sonderregel zu machen. Die Anforderung, dass das Gesetz allgemein zu sein hat, ist erfüllt, wenn sich wegen der abstrakten Fassung des gesetzlichen Tatbestandes nicht absehen lässt, auf wie viele und welche Fälle das Gesetz Anwendung findet (BVerwG, Beschluss vom 17.02.2017, - 5 B 12.16 – zitiert nach juris). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Zum einen gibt es derzeit in Schleswig-Holstein zumindest 3 miteinander vergleichbare Fälle (und eben nicht nur einen Fall) der Gatterjagd, für die diese Vorschrift zur Anwendung kommt, wie die parallel anhängigen Verfahren 7 A 309/16 und 7 A 228/16 zeigen. Zum anderen wird das Jagen in Gattern für alle – auch für künftige Jagdgatter – verboten, sodass nicht absehbar ist, auf wie viele und welche Fälle die Vorschrift Anwendung findet.

60

Der Klägerin wird durch das Verbot der Gatterjagd auch der Rechtsschutz gegen die Beseitigungsverfügung des Jagdgatters (7 A 224/15) nicht unzulässig verkürzt, sodass kein Verstoß gegen die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG in Bezug auf die Beseitigungsanordnung (7 A 224/15) vorliegt. Insbesondere wird der durch den Beklagten nicht angeordnete Sofortvollzug der Beseitigungsanordnung nicht gezielt unterlaufen. Ein Sofortvollzug der Beseitigungsanordnung hätte in der Tat die sofortige Beseitigung der Jagdgatter ermöglicht. In dem hiesigen Streit um das Jagdverbot in Gattern geht es aber nicht um die Beseitigung der Jagdgatter, sondern nur um das Recht, in Gattern zu jagen, also um eine Einschränkung der Rechte des Jagdausübungsberechtigten bei bestehenden Jagdgattern. Im Übrigen ist zu bedenken, dass das Eingatterungsverbot in Form des § 29 Abs. 5 Nr. 4 LJagdG a.F. bereits zum 29.10.1999 in Kraft trat und dass die Klägerin die 15-jährige Übergangsfrist zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieser Norm nicht genutzt hat.

61

Trotz der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 72 Abs. 1 und 3 GG ergibt sich aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 BJagdG „die Ausübung …wird durch die Länder geregelt“ keine Unterteilung in „Ob“ und „Wie“. Die Überschrift „Örtliche Verbote“ im Bundesjagdgesetz spricht vielmehr für eine umfassende Regelungsbefugnis der Länder für die aufgezählten Flächen. § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG verbietet die Jagd auch nicht vollständig, sondern nur eine solche in Gattern. Dies stellt eine zulässige Regelung der Jagdausübung dar. Das landesrechtliche Verbot der Jagd in Gattern liegt somit innerhalb der Regelungsbefugnis des Landes nach § 20 Abs. 2 BJagdG.

62

Die Vorschrift des § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG verstößt auch nicht gegen den Vorrang von Bundesrechts nach Art. 31 GG. Das gesetzliche Verbot, in Jagdgattern zu jagen, ist mit den §§ 1 und 3 BJagdG vereinbar, da nicht in den Schutzbereich dieser Normen nicht eingegriffen wird. Verboten werden nicht das Jagdrecht und die Pflicht zur Hege als solche, sondern nur diejenigen Rechte und Pflichten bezogen auf das Jagen im Jagdgatter. Das Jagdrecht und die Pflicht zur Hege stehen der Klägerin als Eigentümerin und Jagdausübungsberechtigte weiterhin zu.

63

Das Verbot des Jagens in Gattern ist auch mit § 28 Abs. 1 und 2 BJagdG vereinbar, da er keine Einzelfallregelung enthält, sondern nur unmittelbar ein Verbot der Gatterjagd allgemein ausspricht, ohne dass es darauf ankommt, ob in einem Gatter Schwarzwild vorhanden ist oder nicht.

64

Es liegt keine Verletzung der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG vor.

65

Der Schutzbereich dieses Grundrechts ist eröffnet. Art. 14 GG unterfallen sowohl das Grundeigentum als auch das Jagd- und Jagdausübungsrecht (vgl. Papier in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 75. EL September 2015, Art. 14 Rdnr. 204 m.w.N.).

66

Da bereits insofern der Schutzbereich eröffnet ist, bedarf die Frage, ob auch das Unternehmen der Klägerin, also ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb unter Art. 14 Abs. 1 GG fällt (vgl. Axer in BeckOK, Grundgesetz, Epping/ Hillgruber, 28. Edition, Stand: 01.03.2015, Art. 14 Rdnr. 51 ff m.w.N.), keiner Entscheidung.

67

Durch die Verbotsnormen der §§ 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 i.V.m. 39 Abs. 3 LJagdG wird in diesen Schutzbereich auch eingegriffen. Entgegen der Ausführungen in der Klagbegründung stellt dies jedoch eine rechtmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und keine Enteignung i.S.v. Art. 14 Abs. 3 GG dar.

68

Eine Enteignung ist auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter, subjektiver durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteter Rechtspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gerichtet. Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen von Eigentümerbefugnissen können daher keine Enteignung sein, selbst wenn sie die Nutzung des Eigentums nahezu völlig entwerten (BVerfG, Urteil vom 06.12.2016, 1 BvR 2821/11, 1 BvR 321/12 und 1 BvR 1456/12 -, zitiert nach juris).

69

Die Vorschriften im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bestimmen daher generell und abstrakt, wie weit die geschützte Rechtsposition überhaupt reicht (vgl. BVerfGE, Beschluss vom 10. Oktober 1997 - 1 BvR 310/84 -, zitiert nach juris). Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Normgeber durch eine inhaltsbestimmende Regelung bestehende Rechte oder Befugnisse abschafft oder beschränkt (vgl. BVerfG a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 24.06.1993 - 7 C 26/92 -, NJW 1993, 2949). Wenn mit dem Verbot der Jagd in Gattern die Wilderträge der Klägerin reduziert werden, stellt dies nach den obigen Maßstäben keine Enteignung dar. Selbst wenn hierin eine teilweise Abschaffung/Beseitigung ihres Jagdausübungsrechts zu sehen sein sollte, entzieht die öffentliche Hand weder dieses Recht noch überträgt sie das Grundeigentum auf sich selbst. Vielmehr verbleibt das Jagd- und Jagdausübungsrecht grundsätzlich bei der Klägerin. Es werden lediglich die Modalitäten der Ausübung dieses Rechts dadurch verändert, dass der Klägerin der bestehende Vorteil der Jagd in Gattern entzogen wird und damit eine bloße Gewinn- und Erwerbschance beschränkt wird.

70

Die neue Inhalts- und Schrankenbestimmung ist verfassungsrechtlich unbedenklich, da sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet.

71

Hinsichtlich der Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit hat der Gesetzgeber einen erheblichen Beurteilungs- und Prognosespielraum (Jarass/ Pieroth, GG Kommentar, 13. Auflage, Art. 14 Rdnr. 36 ff). Im Einzelnen muss die betreffende Regelung im Hinblick auf das entsprechende Ziel geeignet sein und muss es fördern. Die Einschränkung der Eigentümerbefugnisse muss vom jeweiligen Sachbereich her geboten sein. Weiter darf die Inhalts- und Schrankenbestimmung den Eigentümer nicht mehr beeinträchtigen, als es der gesetzgeberische Zweck erfordert. Es darf keine mildere, gleich geeignete Alternative zur Verfügung stehen und die Belastung des Eigentümers muss in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Regelung verfolgten Interessen stehen und damit zumutbar sein. Die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers sowie die Belange des Gemeinwohls müssen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden.

72

Diesen Anforderungen genügt das gesetzliche Verbot der Jagd in Jagdgattern.

73

Als zu erreichender Zweck des Jagdverbots in Gattern findet sich in der Begründung des maßgeblichen Änderungsantrages der Fraktion der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen sowie der Abgeordneten des SSW im Gesetzesentwurf (vgl. SH Landtag Umdruck 18/5716 (neu) 2. Fassung, S. 11), dass in Anlehnung an die Grundsätze der „naturnahen Jagd“ des § 1 Abs. 2 LJagdG so wenig wie möglich in die natürlichen Abläufe eingegriffen werden soll. Die Jagd in Gattern nutze künstlich erhöhte Wildbestände, um Abschüsse zu erleichtern. Sie laufe daher der Zielsetzung des § 1 Abs. 3 Nr. 3 LJagdG, landschaftsökologische angepasste Wildbestände herzustellen, entgegen, da sie auf überhöhte Wildbestände angewiesen sei. Sinn des Verbots des Jagens in Jagdgattern ist es also, eine durch Art. 20a GG gedeckte Verbesserung des natürlichen Lebensraums wilder Tiere zu erreichen und somit so wenig wie möglich in die natürlichen Abläufe einzugreifen.

74

Es liegt in der Einschätzungsprärogative des Landesgesetzgebers, welche Ziele er wie im Rahmen der naturnahen Jagd erreichen will. Das von ihm angestrebte Ziel der (Wieder-)herstellung landschaftsökologisch angepasster Wildbestände stellt im Rahmen des Art. 20a GG einen legitimen Gesetzeszweck dar. Einer weiteren sachlichen Rechtfertigung, die die Klägerin fordert und vermisst, bedarf es in diesem Zusammenhang nicht. Das Argument der Klägerin, die in Jagdgattern noch stattfindende historische Form der Jagdausübung entspreche eher einer „naturnahen Jagd“ als die modernen Methoden zur Aufspürung des Wildes mit Laserentfernungsmessern, Leuchtvisieren, Wilduhren und Wildkameras, geht daher an der Sache vorbei, da die verschiedenen Arten des Aufspürens von Wild nicht vom Regelungszweck des Gatterverbotes erfasst werden.

75

Aus diesem Grunde ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich, ob ein Jagdgatter und die Gatterjagd – wie von der Klägerin umfänglich diskutiert - einen negativen Einfluss auf den physiologischen und ethologischen Zustand der darin gehaltenen Wildtiere hat und ob die Tiere in dem Gatter in ihrem Bewegungstrieb behindert würden oder Hunger leiden würden und ob die Gatterhaltung aus wildbrethygienischen Gründen bedenklich ist.

76

Legitimer Zweck der weiteren neuen Regelung ist allein die (Wieder-)herstellung landschaftsökologisch angepasster Wildbestände.

77

Bezogen auf dieses Ziel ist der Eingriff verhältnismäßig.

78

Das Verbot der Jagd in Gattern ist zur Zweckerreichung geeignet und erforderlich. Alternative Maßnahmen, die gleich geeignet wären, aber für die Eigentümer von Gatterjagden mit einer geringeren Rechtsbeeinträchtigung verbunden wären, waren und sind nicht ersichtlich. Das Jagdgatter derzeit von der Klägerin weiterhin betrieben, obwohl es seit dem 28.10.2014 verboten ist. Wann die Beseitigung der Gatter erfolgt, ist ungewiss.

79

Auch die Angemessenheit des Verbots ist gegeben. Der Eingriff ist nur als gering zu bewerten, da andere Jagdformen weiter möglich bleiben und allenfalls eine Erleichterung der Jagd aufgrund der Gatter, und damit nur eine Jagdmethode unter vielen genommen wird, die auch durch andere technische Hilfsmittel erreicht werden kann.

80

Entgegen der Ausführungen der Kläger bedarf es keiner Entschädigung bzw. einer Junktim-Klausel. Es liegt, wie oben dargelegt, keine Enteignung vor, so dass die Entschädigungsregelungen des Art. 14 Abs. 3 GG nicht eingreifen. Bei einer Inhalts- und Schrankenbestimmung muss aber die Umgestaltung und Beseitigung eines Rechts nicht durchweg mit einer Entschädigungs- oder Übergangsregelung abgemildert werden (vgl. BVerfGE, Beschluss vom 10. Oktober 1997 - 1 BvR 310/84 -, zitiert nach juris). Wenn, wie oben dargelegt, bereits die entschädigungslose Maßnahme aufgrund eines überwiegenden öffentlichen Interesses verhältnismäßig ist, bedarf es keiner zusätzlichen Entschädigungsregelung. Der in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verankerte Bestandsschutz des Eigentums verlangt im Rahmen des Möglichen vorrangig, eigentumsbelastende Regelungen ohne kompensatorische Ausgleichszahlungen verhältnismäßig auszugestalten, etwa durch Ausnahmen und Befreiungen oder durch langfristige Übergangsreglungen (vgl. BVerfG, Urteil vom 06.12.2016, a.a.O., zitiert nach juris). Die aus Gründen des Vertrauensschutzes eingeräumte 15-jährige Übergangsfrist des § 39 Abs. 3 LJagdG ist am 28.10.2014 abgelaufen.

81

Die Normen verstoßen auch nicht den gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG.

82

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Die Abstufung der Anforderungen folgt aus Wortlaut und Sinn des Art. 3 Abs. 1 GG sowie aus seinem Zusammenhang mit anderen Verfassungsnormen. Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte verschiedene Behandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung (BVerfG, Beschluss vom 26.01.1993 – 1 BvL 38/92 -, NJW 1993, 1517 m.w.N.).

83

Geht es nicht um eine Ungleichbehandlung von Personengruppen, sondern von Sachverhalten und sind auch keine Freiheitsrechte betroffen, genügt eine Willkürprüfung (BVerfG, Beschluss vom 07.10.1980 – 1 BvL 50/79 -, zitiert nach juris).

84

Die Ungleichbehandlung der verschiedenen eingegatterten Flächen stellt keine Ungleichbehandlung von Personengruppen dar. Insbesondere liegt keine Annäherung an die Merkmale des Art. 3 Absatz 3 GG vor. Eine strenge Prüfung ist auch nicht aufgrund einer schweren nachteiligen Auswirkung auf grundrechtlich geschützte Freiheiten erforderlich. Zwar wird mit dem Verbot der Gatterjagd in das Jagdausübungsrecht und damit in Art. 14 Abs. 1 GG eingegriffen. Da aber ansonsten alle anderen Jagdformen weiterhin zulässig sind, ist dieser Eingriff nicht schwer genug, um eine strenge Prüfung im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigen.

85

Aufgrund dieser Maßstäbe ist hier nur eine Kontrolle nach der Willkürformel vorzunehmen Jarass/ Pieroth, GG, Kommentar, 13. Auflage, Art. 3 Rdnr.19).

86

Den in der Klagbegründung als Vergleichsgruppen aufgeführten landwirtschaftlichen Produktionsgattern ist gemein, dass die Jagd innerhalb von Jagdgattern stattfindet. Den übrigen genannten Beispielen (Forstschutzgatter, Golfplätze und Segelflugplätze) ist mit den Jagdgattern nur gemein, dass ein bestimmtes Gelände (zumindest teilweise) eingezäunt wird. Bei Forstschutzgattern, Golfplätzen und Segelflugplätzen findet neben der unbeabsichtigten Tötung von Insekten und anderen Kleintieren durch Pflegemaßnahmen schon keine gezielte Tötung von größeren wildlebenden Säugetieren statt. Zudem kommen auf diesen Flächen schon gar keine größeren Wildtiere nachhaltig vor. Insofern stellen sich hier schon die mit der Jagd verbundenen Ziele eines günstigen Erhaltungszustandes der Wildarten nicht.

87

Im Rahmen der Willkürkontrolle bestehen in Bezug auf die landwirtschaftlichen Produktionsgatter sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung dieser angeführten Fallgruppe. Bei der Jagd in landwirtschaftlichen Produktionsgattern steht allein die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund. Die Jagd in landwirtschaftlichen Gattern soll eine entsprechende Produktion sichern. Im Gegensatz dazu spielt bei der Jagd in einem Jagdgatter neben solchen wirtschaftlichen Aspekten durch einen eventuellen Verkauf des Fleisches auch der Aspekt der Freizeitgestaltung der jagenden Personen (Gesellschaftsjagden) eine herausragende Rolle. Da wirtschaftliche Aspekte bei der hier streitigen Jagdform somit nicht allein im Vordergrund stehen, ist eine Erschwerung dieser Jagdausübung durch das Verbot der Jagd in Gattern eher gerechtfertigt, was eine Ungleichbehandlung beider Fallgruppen rechtfertigt.

88

Eine verschiedene Behandlung des Jagens in Jagdgattern und des Angelns in Angelteichen ist ebenfalls gerechtfertigt, da das Jagdrecht mit dem Fischereirecht nicht vergleichbar ist und da beides einem unterschiedlichen Rechtsregime unterliegt.

89

Entgegen der Annahme der Klägerin geht es dabei nicht um die unterschiedliche Behandlung der Gruppe der Sportfischer zu der Gruppe der Jäger und somit nicht um die Differenzierung bei personenbezogenen Merkmalen. Aus dem von der Klägerin zitierten Urteil (OVG Lüneburg, Urteil vom 08.07.2004 – 8 KN 43/02 – Rdnr. 45, juris) ergeben sich damit keine Rückschlüsse für das hiesige Verfahren.

90

Das Jagdrecht regelt die Ausübung der Jagd bezogen auf die jagdbaren Tierarten (§ 2 BJagdG). Fische zählen hingegen nicht zu den jagdbaren Tierarten. Das ergibt sich aus § 2 Abs. 1 LFischG, in dem aufgezählt wird, welche Tiere zu den Fischen im Sinne dieses Gesetzes gehören und wonach Säugetiere und dem Jagdrecht unterliegende Tierarten explizit ausgenommen werden. Schon aufgrund dieser Differenzierung zwischen jagdbaren Tieren und Fischen kommt eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht in Betracht, da das Jagen in Jagdgattern aufgrund der beschriebenen Differenzierung mit dem Angeln in Angelteichen nicht verglichen werden kann.

91

Auch der Hinweis der Klägerin auf anders lautende Regelungen in Bezug auf das Jagen in Jagdgattern in anderen Bundesländern ist unbeachtlich. Der Gleichbehandlungsanspruch ist auf den Kompetenzbereich des jeweiligen Trägers öffentlicher Gewalt beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.11.1988 - 2 BvR 1619/83, 2 BvR 1628/83 -, BVerfGE 79, 127). Aus Art. 3 Abs. 1 GG kann daher kein Recht abgeleitet werden, von einem Träger öffentlicher Gewalt so behandelt zu werden wie ein anderer Grundrechtsträger von einem anderen Träger öffentlicher Gewalt. Insbesondere folgt aus der unterschiedlichen Behandlung desselben Sachverhaltes durch zwei verschiedene Hoheitsträger kein Indiz für die Verfassungswidrigkeit einer der gewählten Regelungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.03.2010 - 1 BvR 2584/06 -, juris).

92

Des Weiteren ist Art. 2 Abs. 1 GG nicht verletzt. Soweit der Eingriff in das Jagdausübungsrecht der Klägerin geltend gemacht wird, ist dies bereits durch Art. 14 Abs.1 GG geschützt und Art. 2 Abs.1 GG wird verdrängt. Soweit hingegen die Ausübung der Jagd durch andere Personen aufgrund des Ausschlusses der Jagd in Gattern betroffen ist, wird zwar der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG eröffnet. Entsprechend der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bei Art. 14 Abs. 1 GG ist aber auch dieser Eingriff gerechtfertigt.

93

Die Norm verstößt auch nicht gegen EU-Recht, insbesondere nicht gegen Art. 20 EU-Grundrechte Charta. Dieser Grundsatz verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. EUGH, Urteil 14.09.2010 - C-550/07 P -, juris). Dieser Prüfungsmaßstab entspricht weitgehend dem des Art. 3 Abs. 1 GG, sodass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann. Zudem dürfte schon der Anwendungsbereich der EU-Grundrechte Charta nach Art. 51 EU-Grundrechte Charta nicht eröffnet sein, da das allein landesrechtlich geregelte Verbot der Jagd in Jagdgattern keine Durchführung des Rechts der Union bewirkt. Insofern ist auch die in der Klagbegründung dargelegte unterschiedliche Regelung in anderen Mitgliedsstaaten unbeachtlich.

94

Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 1 ZP EMRK vor. Diese Norm steht aufgrund des Zustimmungsgesetzes nach Art. 59 Abs. 2 GG im Rang einfachen Bundesrechts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2007 - 2 BvR 126/04 -, juris). Der in dieser Norm gewährleistete Schutz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Vielmehr ist entsprechend der Ausführungen bei Art. 14 Abs. 1 GG eine Rechtfertigung des verhältnismäßigen Eingriffs nach Art. 1 Abs. 2 ZP EMRK möglich. Auch die Berücksichtigung der Rechtsprechung der EGMR (vgl. BVerfG a.a.O.) führt hierbei zu keinem anderen Ergebnis. Das in der Klagbegründung angeführte Urteil des EGMR (EGMR, A. ./. Bundesrepublik Deutschland, Urteil vom 26.06.2012 - 9300/07, - zitiert nach juris) bestätigt lediglich allgemein das Erfordernis eines verhältnismäßigen Eingriffs, macht aber für die hier zu betrachtende Fallkonstellation des Verbotes von Jagdgattern keine speziellen präjudiziellen Vorgaben. Auch nach Art. 1 ZP EMRK kann ein Eigentümer nicht nach Belieben mit seinem Eigentum verfahren, sondern hat die Sozialbindung seines Eigentums zu beachten. Die zu Art. 14 GG gemachten Ausführungen gelten hier entsprechend.

95

Eine befristete Gestattung kommt allerdings auch in Bezug auf den letzten Hilfsantrag bezogen auf bestimmte jagdbare Tierarten, die nicht von der Sperrwirkung des Gatters betroffen sind, insbesondere bezogen auf Flugwild, Feldhasen, Raubwild, nicht in Betracht.

96

Das Jagdverbot in Jagdgattern bzw. das Verbot, die Jagdausübung in Jagdgattern zuzulassen, könnte zwar gegen das in Art. 20 Abs. 3 und Art. 28 Abs. 1 GG enthaltene Übermaßverbot verstoßen, wenn man es auch auf jagbare Tiere anwenden würde, die nicht von der Sperrwirkung des Jagdgatters erfasst werden, wenn eine verfassungskonforme Auslegung nicht möglich ist. Der legitime Gesetzeszweck des Erreichens landschaftsökologisch angepasster Wildbestände kann nämlich keine Geltung haben für solche Wildarten, die vom Gatter gar nicht betroffen werden, dort nicht gehegt werden und auch nicht in Überzahl vorkommen, wie es bei den oben namentlich genannten Wildtierarten der Fall ist.

97

In dem Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis90/Die Grünen sowie der Abgeordneten des SSW (Schl.-H. Landtag, Umdruck 18/5716 (neu) 2. Fassung) heißt es, dass die Jagd in Gattern „künstlich erhöhte Wildbestände nutzt, um Abschüsse zu erleichtern“. Sie sei damit entgegen der Zielsetzung in § 1 Abs. 3 Nr. 3 LJagdG landschaftsökologisch angepasste Wildbestände herzustellen, auf überhöhte Wildbestände angewiesen und entspreche nicht den Grundsätzen einer naturnahen Jagd.

98

Hieraus ergibt sich, dass Ziel des Jagdverbotes in Gattern nur solche jagbaren Tiere sein können, deren Bestand künstlich –d.h. aufgrund der Eingatterung nicht natürlich - innerhalb des Jagdgatters erhöht wird, um entsprechende Abschüsse zu erleichtern.

99

Flugwild wie z.B. Enten, Raubwild und Feldhasen, die durch das Gatter durchwechseln können, werden daher schon von der Sperrwirkung des Jagdgatters nicht erfasst, da durch die Gatter keine „künstlich erhöhten Wildbestände“ dieser Tierarten geschaffen werden noch diese Tierarten vom Jagdgatter in ihren natürlichen Wildeinstandsverhältnissen behindert werden.

100

Insoweit ist aber eine verfassungskonforme Auslegung des Jagdverbots möglich (Jarass/Pieroth, GG, 13. Auflage, Art. 100 GG, Rdnr. 10 ff) und dahingehend geboten, dass diese jagdbaren Tierarten schon nicht vom Regelungsgehalt des § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG erfasst werden.

101

Dies hat allerdings nicht zur Folge, dass insoweit die Jagd dem Grunde nach – befristet oder unbefristet - gestattet werden müsste. Vielmehr ist insoweit die Jagd mangels wirksamer Beschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG schon ohne behördliche Gestattung grundsätzlich erlaubt, sodass es einer diesbezüglichen Gestattung nicht bedarf.

102

Damit ist die Klage insgesamt abzuweisen.

103

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

104

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die zuständige Behörde kann anordnen, daß der Jagdausübungsberechtigte unabhängig von den Schonzeiten innerhalb einer bestimmten Frist in bestimmtem Umfange den Wildbestand zu verringern hat, wenn dies mit Rücksicht auf das allgemeine Wohl, insbesondere auf die Interessen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, notwendig ist.

(2) Kommt der Jagdausübungsberechtigte der Anordnung nicht nach, so kann die zuständige Behörde für dessen Rechnung den Wildbestand vermindern lassen. Das erlegte Wild ist gegen angemessenes Schußgeld dem Jagdausübungsberechtigten zu überlassen.

(1) Schwarzwild darf nur in solchen Einfriedungen gehegt werden, die ein Ausbrechen des Schwarzwildes verhüten.

(2) Das Aussetzen von Schwarzwild und Wildkaninchen ist verboten.

(3) Das Aussetzen oder das Ansiedeln fremder Tiere in der freien Natur ist nur mit schriftlicher Genehmigung der zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle zulässig.

(4) Das Hegen oder Aussetzen weiterer Tierarten kann durch die Länder beschränkt oder verboten werden.

(5) Die Länder können die Fütterung von Wild untersagen oder von einer Genehmigung abhängig machen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die zuständige Behörde kann anordnen, daß der Jagdausübungsberechtigte unabhängig von den Schonzeiten innerhalb einer bestimmten Frist in bestimmtem Umfange den Wildbestand zu verringern hat, wenn dies mit Rücksicht auf das allgemeine Wohl, insbesondere auf die Interessen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, notwendig ist.

(2) Kommt der Jagdausübungsberechtigte der Anordnung nicht nach, so kann die zuständige Behörde für dessen Rechnung den Wildbestand vermindern lassen. Das erlegte Wild ist gegen angemessenes Schußgeld dem Jagdausübungsberechtigten zu überlassen.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Die zuständige Behörde kann anordnen, daß der Jagdausübungsberechtigte unabhängig von den Schonzeiten innerhalb einer bestimmten Frist in bestimmtem Umfange den Wildbestand zu verringern hat, wenn dies mit Rücksicht auf das allgemeine Wohl, insbesondere auf die Interessen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, notwendig ist.

(2) Kommt der Jagdausübungsberechtigte der Anordnung nicht nach, so kann die zuständige Behörde für dessen Rechnung den Wildbestand vermindern lassen. Das erlegte Wild ist gegen angemessenes Schußgeld dem Jagdausübungsberechtigten zu überlassen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wehrt sich gegen eine Beseitigungsanordnung mit Androhung der Ersatzvornahme in Bezug auf ein Jagdgatter eines Wildparkes.

2

Sie ist Eigentümerin, Jagdausübungsberechtigte und Betreiberin des Forstortes „…“ mit einer Größe von ca. 860 ha im 58,49 km² großen A., Kreis Herzogtum-Lauenburg (Gemeinde … Gemarkung …).

3

Durch Bescheid der obersten Jagdbehörde vom 04.09.1972 erhielt die Klägerin – unbefristet - die Erlaubnis zur Eingatterung der Fläche als Wildpark (Rotwildgatter) sowie zur Jagd in den eingegatterten Flächen.

4

Seit 1973 wurde der Klägerin parallel dazu jeweils befristet die Genehmigung zur Sperrung der entsprechenden Waldflächen nach Landeswaldgesetz erteilt unter dem Vorbehalt einer wirksamen jagdrechtlichen Genehmigung, zuletzt mit Bescheid vom 12.08.2016 befristet bis zum 31.10.2017.

5

Durch das Gesetz zur Neufassung des Jagdgesetzes des Landes Schleswig-Holstein (Landesjagdgesetz - LJagdG) vom 13.10.1999 (GVOBl. 1999 Nr. 14, S. 300 ff) wurde § 29 Abs. 4 Nr. 4 LJagdG dahingehend gefasst, dass es verboten ist, Jagdbezirke oder Teile von Jagdbezirken zum Zwecke der Jagd oder der Hege einzugattern. § 39 Abs. 3 LJagdG wurde dahingehend gefasst, dass Eingatterungen zum Zwecke der Jagd oder der Hege, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes genehmigt waren, für die Dauer ihrer Genehmigung, längstens jedoch für 15 Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehen bleiben. Das Gesetz trat am 29.10.1999 in Kraft.

6

Aufgrund von Änderungen des Landesjagdgesetzes in den Folgejahren ist das Verbot von Jagdgattern - bei gleichbleibendem Wortlaut - seit dem 24.02.2012 in § 29 Abs. 5 Nr. 4 LJagdG und seit dem 01.04.2015 in § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG normiert.

7

Vor Ablauf der 15 Jahre, mit Schreiben vom 18.11.2013, wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass die Frist für die Eingatterung am 28.10.2014 auslaufe und bat um Vorlage eines Konzeptes zur Regulierung des Wildbestandes im Rahmen der erforderlich werdenden Gatterbeseitigung.

8

Die Klägerin lehnte die geforderte Beseitigung des Gatters ab, da eine entschädigungslose Beseitigung mit der Eigentumsgarantie nicht vereinbar sei.

9

Daraufhin ordnete der Beklagte mit Bescheid vom 26.01.2015 die Beseitigung des streitigen Wildgatters unter Beifügung eines Lageplanes, in den der Verlauf des Gatters rot und die Lage der Tore gelb eingezeichnet ist, an. Ferner wurde die Ersatzvornahme angedroht für den Fall, dass die Klägerin der sukzessiven Beseitigung der Tore bis 01.04.2016 bzw. der Zaunelemente bis zum 31.10.2016 nicht nachkomme. Die Kosten der Ersatzvornahme wurden mit 46.000 € veranschlagt und die Kostenermittlung wurde dem Bescheid beigefügt. Ein Sofortvollzug des Bescheides wurde nicht angeordnet.

10

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 11.02.2015 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2015 zurückgewiesen wurde.

11

Hiergegen richtet sich die hiesige, am 24.12.2015 erhobene Klage.

12

Durch das Gesetz zur Änderung des Landesjagdgesetzes in der Fassung vom 27.05.2016 wurde u.a. § 29 LJagdG erneut geändert und in § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG dahingehend ergänzt, dass es nicht nur verboten ist, Jagdbezirke oder Teile von Jagdbezirken zum Zwecke der Jagd oder der Hege einzugattern, sondern auch, dass es verboten ist, „in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen“. Des Weiteren wurde § 29 Abs. 8 LJagdG eingefügt. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann die Jagdbehörde Ausnahmen von dem Jagdverbot in § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG zulassen, wenn dies erforderlich ist, um bestehende Jagdgatter aufzulösen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt § 27 Bundesjagdgesetz entsprechend. Diese weiteren Änderungen traten zum 24.06.2016 in Kraft.

13

Am 06.06.2016 beantragte die Klägerin beim Beklagten die allgemeine Gestattung der Jagd. Zur Begründung führte sie aus, dass die Jagden im … einer langen Vorbereitung bedürften. Dies gelte für die Termine der Treiber und Hundeführer, vor allem jedoch für die der Gäste und die Belegung von Hotels. Die erste Gästejagd sei für den 29.10.2016 geplant. Deren Ertrag liege bei ca. … € bis … € bezogen auf den Forstort „…“ und den benachbarten Forstort „…“. Es sollten Ende November 2017 die Geburtstagsjagd von A. folgen sowie zwei Gästejagden im Dezember 2016 und Januar 2017. Diese Planungen seien nicht nur rein privater Natur. Sie dienten notwendig dazu, den jährlichen Zuwachs an Schwarzwild und Rotwild abzuschöpfen.

14

Da der Beklagte auf den Antrag nicht reagierte, stellte die Klägerin am 13.07.2016 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (7 B 176/16) und erhob am 18.07.2016 eine weitere Klage unter dem Aktenzeichen 7 A 233/16 mit dem Hauptantrag auf Feststellung, dass es zulässig ist, im Forstort „…“, d.h. konkret innerhalb des dortigen Jagdgatters, die Jagd auszuüben und/oder ausüben zu lassen.

15

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde mit Beschluss der Kammer vom 01.09.2016 abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 11.01.2017 – 4 MB 44/16 zurück.

16

Laut Gutachten der Wildbiologin Dr. … vom 27.09.2016 lag der Bestand im Herbst 2016 bei 680 – 730 adulten Wildschweinen und 470 bis 550 Frischlingen, sodass auf 100 ha 140 Stück Schwarzwild sowie ca.12 Stück Rotwild kamen. Nach Bekanntwerden dieser Zahlen erließ der Beklagte mit Bescheid vom 10.10.2016 eine Abschussanordnung zur Wildbestandsreduzierung durch Abschuss von 930 Stück Schwarzwild, davon mindestens 500 Frischlinge und von 4 Stück Rotwild bis zum 31.03.2017 nach § 29 Abs. 8 Satz 2 LJagdG i.V.m. § 27 Abs.1 BJagdG und ordnete die sofortige Vollziehung unter Androhung eines Zwangsgeldes an. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Absenkung des Tierbestandes im angeordneten Umfang sei zum Erreichen einer angemessenen Wilddichte geboten. Außerdem wurde die Klägerin aufgefordert, zum Nachweise der erlegten Tiere Fotokopien der Übergangsbestätigungen an die Endverwerter/-verbraucher vorzulegen und zur Erfolgskontrolle einen Bestandsaufnahmetermin mitzuteilen. Hiergegen legte die Klägerin am 31.10.2016 Widerspruch ein. Da die Klägerin in der Folgezeit den Anordnungen nicht vollständig nachkam, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 24.03.2017 ein Zwangsgeld von insgesamt 6.816,13 € fest und drohte für den Fall der weiteren nicht fristgerechten Mitwirkung der Klägerin weitere Zwangsgelder an. Gegen diese weitere Zwangsgeldandrohung erhob die Klägerin am 29.03.2017 ebenfalls Widerspruch und teilte als Begehungs- und Zähltermin den 30.04.2017 mit. Über diese Widersprüche ist bisher nicht entschieden worden.

17

Die Klägerin erhebt verfassungsrechtliche Einwände gegen das gesetzliche Eingatterungsverbot.

18

Sie ist der Auffassung, dass das in § 29 Abs. 5 Ziffer 5 Fall 1 LJagdG seit dem Jahr 1999 enthaltene Eingatterungsverbot schon formell nicht verfassungsgemäß sei und gegen den Vorrang von Bundesrecht nach Art. 72 Abs. 1 GG a.F. i.V.m. § 20 Abs. 2 BJagdG verstoße. Es überschreite die Grenzen der im Jahre 1999 geltenden Ausfüllungskompetenz der Länder gegenüber der jagdrechtlichen Rahmenkompetenz des Bundes. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Bundesjagdgesetzes sei der Landesgesetzgeber nur ermächtigt gewesen, das „Wie“ der Jagdausübung in Wildparks zu regeln, nicht hingegen das „Ob“ der Jagdausübung.

19

Es liege ein Verstoß gegen Art. 31 GG i.V.m. § 28 Abs. 1 und 2 BJagdG vor, wonach Schwarzwild nur in solchen Einfriedungen gehegt werden dürfen, die ein Ausbrechen des Schwarzwildes verhüten und wonach das Aussetzen von Schwarzwild verboten sei. Damit schreibe der Bundesgesetzgeber eine entsprechende Einfriedung für die Hege von Schwarzwild zwingend vor. Es sei nicht damit vereinbar, dass der Landesgesetzgeber dann die Jagd innerhalb einer solchen, zwingend vorgeschriebenen Einfriedung verbiete.

20

Es liege eine Enteignung, und zwar in Bezug auf die Rechtsposition des Eigentums und Jagd- bzw. Jagdausübungsrechts sowie in Bezug auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor und nicht nur eine neue Inhalts- und Schrankenbestimmung. Die Einstellung des Gatterbetriebes beschränke nicht nur generell und abstrakt die Nutzungsmöglichkeit des Grundstückes, sondern entziehe konkrete Eigentums- und Nutzungspositionen. Bei einem ungefähren Verkehrswert von 10.000 Euro pro Hektar für einen einfachen Forst- und Jagdbetrieb ohne Gatter errechne sich ein Betriebswert von ca. 8.000.000,00 Euro für Forstflächen ohne Gatter. Der Betriebswert der eingegatterten Forstfläche betrage das Zwei- bis Vierfache dieser Summe, da derartige Sondernutzungen außerordentlich selten seien, insbesondere in der Nähe zur Metropolregion B-Stadt. Durch die Eingatterung unterliege dieses Revier keinerlei Prädatorendruck durch den sich ausbreitenden Wolf. Rot- und Schwarzwildbestände blieben konstant. Diese Schutzwirkung des Gatters werde durch die Beseitigungsanordnung vollständig aufgehoben, sodass eine Enteignung vorliege, die zum einen nur zulässig sei, wenn ein erheblicher Nachteil für das Gemeinwohl drohe. Hierfür gebe es keinerlei Anhaltspunkte.

21

Der im Gesetzesentwurf der Landesregierung (Drs. 14/1942) vom 09.02.1999 angegebene Normzweck der „naturnahen Jagd“ sei generalklauselartig und stelle keine ausreichende Rechtfertigung für die erfolgte Gesetzesänderung dar.

22

Die Jagd in Gattern stehe dem Gesetzeszweck der „naturnahen Jagd“ nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 LJagdG nicht entgegen. Es gebe daher keinen sachlichen „guten“ Grund für ein gesetzliches Eingatterungsverbot. Die Jagd in Jagdgattern sei weit natürlicher, historisch gerechtfertigt und weniger technikgeprägt als die „modernen“ Jagdformen mit Laserentfernungsmessern, Leuchtvisieren, Wilduhren und Wildkameras.

23

Jagdgatter hätten auch keinen negativen Einfluss auf den physiologischen und biologisch/ ethologischen Zustand von Wildtieren in Gattern, da die Tiere weder in ihrem Bewegungstrieb behindert würden noch Hunger leiden würden. Die Gatterhaltung sei auch aus wildbrethygienischen Gründen unbedenklich.

24

Zum anderen sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt, weil der Klägerin schwere ökonomische Schäden drohten, ohne dass es eine entsprechende Entschädigungsregelung gebe.

25

Es liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor, da der Gesetzgeber bei ähnlichen Wildtiernutzungen in künstlichen Einrichtungen anderen Eigentümern die Einzäunung ihrer Flächen zu anderen privatnützigen Zwecken gestatte, was ein Vergleich mit landwirtschaftlichen Produktionsgattern, Forstschutzgattern Golfplätzen und Segelflugplätzen und anderen Freizeiteinrichtungen zeige und da Jagd und Fischerei ohne sachlichen Grund ungleich behandelt würden. Das Angeln in künstlich angelegten und mit Besatzfischen versehenen Teichen diene ebenfalls neben der wirtschaftlichen Nutzung der Freizeitgestaltung. Die Gäste zahlten Geld, um innerhalb künstlicher Einrichtungen eingesetzte, gefütterte, ansonsten aber frei lebende Wildtierarten zu angeln und zu töten. Es bestehe kein Unterschied zwischen einem Jagdgatter und einem Angelteich.

26

Außerdem seien Jagdgatter auch in anderen Bundesländern erlaubt.

27

Es liege ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG vor.

28

Die Normen würden gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 20 Abs. 3 GG verstoßen, da sie nicht regelten, was nach Ablauf der Übergangsfrist mit den Gattern zu geschehen habe.

29

Es liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 20 der EU-Grundrechte Charta vor, da in anderen europäischen Staaten die Jagd in Jagdgatter erlaubt sei, was dort zu Wettbewerbsvorteilen führe.

30

Es liege ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 Zusatzprotokoll der EU-Menschenrechtskonvention.

31

Die Beseitigungsanordnung selbst sei aber auch rechtswidrig.

32

Es fehle schon an einer Rechtsgrundlage für ein Einschreiten der Jagdbehörde. Außerdem sei das Rotwildgatter ein Kulturdenkmal, dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten sei. Die Beseitigungsanordnung sei schon deshalb unverhältnismäßig, da es mildere abgestufte Maßnahmen gegeben hätte, um die Nutzung von Jagdgattern einzuschränken, wie die Einrichtung von Überstiegen zur Sicherung der Betretungsmöglichkeit, Regelung von Höchstabschusszahlen oder Höchstwildbeständen oder besondere Schonzeiten oder Verbot von bestimmten Jagdmethoden wie Verbot von Einzelabschüssen.

33

Wegen der Verfassungsverstöße sei vorab eine Vorlage des § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 LJagdG (Jagdgatter) nach Art. 100 GG an das Bundesverfassungsgericht erforderlich.

34

Die Klägerin beantragt,

35

den Bescheid vom 26.01.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2015 aufzuheben.

36

Der Beklagte beantragt,

37

die Klage abzuweisen.

38

Sie verweist auf die angefochtenen Bescheide und hält die Verbotsregelung insbesondere für eine rechtmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG, die mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei. Auch die übrigen verfassungsmäßigen Bedenken der Klägerin werden nicht geteilt.

39

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten in dem vorliegenden Verfahren sowie in dem Verfahren 7 A 233/16 Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

40

Die Beseitigungsanordnung vom 26.01.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1, Satz 1 VwGO).

41

Rechtsgrundlage für die angegriffenen Bescheide sind die §§ 29 Abs. 5 Nr. 5, 39 Abs. 3 i.V.m. 33 Abs. 1 LJagdG.

42

Nach § 29 Abs. 5 Nr. 5 (vormals Nr. 4) LJagdG in der hier maßgeblichen Alternative des § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 ist es verboten, Jagdbezirke oder Teile von Jagdbezirken zum Zweck der Jagd oder der Hege einzugattern. Nach § 39 Abs. 3 LJagdG dürfen Eingatterungen zum Zwecke der Jagd oder der Hege, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes genehmigt waren, für die Dauer ihrer Genehmigung, längstens jedoch für 15 Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehen bleiben. Das LJagdG trat am 29.10.1999 in Kraft. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 LJagdG haben die Jagdbehörden u.a. darüber zu wachen, dass die Bestimmungen nach diesem Gesetz erfüllt werden und nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 LJagdG haben sie zu diesem Zweck die nach pflichtgemäßem Ermessen notwendigen Anordnungen zu treffen.

43

Das Eingatterungsverbot ist nicht verfassungswidrig, sodass eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG nicht in Betracht kommt.

44

Im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Normen im Jahr 1999 (vgl. GVOBL SH 1999, S. 300 ff.) galt für die Länder nach Art. 75 Abs. 1, Nr. 3 i.V.m. Art. 72 Abs. 1 GG a.F. der Rechtsrahmen des § 20 Abs. 2 BJagdG. Nach § 20 Abs. 2 BJagdG durften die Länder u.a. „die Ausübung“ der Jagd in „Wildparken“ regeln.

45

Das Verbot in § 29 Abs.5 Nr. 5 i.V.m. § 39 Abs. 3 LJagdG bewegt sich in diesem Rahmen. Jagdgatter stellen dabei „Wildparke“ i.S.d. Vorschrift dar. Entgegen der Ausführungen der Klägerin folgt aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 BJagdG nicht, dass die Regelungsbefugnis der Länder nicht zu Verboten von Jagdgattern führen kann. Aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 BJagdG „die Ausübung … wird durch die Länder geregelt“ ist die seitens der Klägerin vorgetragene Unterteilung in "Ob" und "Wie" nicht ersichtlich. Die Überschrift der Vorschrift "Örtliche Verbote" spricht vielmehr für eine umfassende Regelungsbefugnis der Länder für die aufgezählten Flächen.

46

Das landesrechtliche Verbot in § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 LJagdG verbietet hier zudem nicht die Jagdausübung insgesamt, sondern nur die Jagdausübung in Form der Gatterjagd. Auch wird nicht jede Form der Eingatterung eines Grundstücks verboten, sondern nur die Eingatterung zum Zweck der Jagd. Damit erfolgt eine Regelung der Jagdausübung. Das landesrechtliche Verbot von Jagdgattern liegt somit innerhalb des Rahmens von § 20 Abs. 2 BJagdG.

47

Die Norm verstößt nicht gegen Bundesrecht, das gem. Art. 31 GG vorgehen würde. In der Klagbegründung wird insoweit ein Verstoß gegen § 28 Abs. 1, 2 BJagdG gesehen, als durch die Befolgung der Beseitigungsanordnung Schwarzwild ausgesetzt werden würde.

48

Nach § 28 Abs. 1 und 2 BJagdG darf Schwarzwild nur in Einfriedungen gehegt werden, die ein Ausbrechen verhindern und es ist u.a. verboten, Schwarzwild auszusetzen. Der Regelungsinhalt des § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 LJagdG beschränkt sich aber auf ein allgemeines Eingatterungsverbot, ohne dass es darauf ankommt, ob im Einzelfall in einem Jagdgatter Schwarzwild überhaupt vorhanden ist oder nicht. Beide Normen haben damit völlig unterschiedliche Regelungsinhalte, sodass die Norm des § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 LJagdG nicht gegen § 28 Abs. 1 und 2 BJagdG verstößt.

49

Es liegt keine Verletzung der Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG vor.

50

Der Schutzbereich dieses Grundrechts ist eröffnet. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unterfallen sowohl das Grundeigentum als auch das Jagd- und Jagdausübungsrecht (vgl. Papier in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 75. EL September 2015, Art. 14 Rdnr. 204 m.w.N.).

51

Da bereits insofern der Schutzbereich eröffnet ist, bedarf die Frage, ob auch das Unternehmen der Klägerin, also ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb unter Art. 14 Abs. 1 GG fällt (vgl. Axer in BeckOK, Grundgesetz, Epping/ Hillgruber, 28. Edition, Stand: 01.03.2015, Art. 14 Rdnr. 51 ff m.w.N.), keiner Entscheidung.

52

Durch die Verbotsnormen der §§ 29 Abs. 5, Nr. 5 Fall 1, 39 Abs. 3 LJagdG wird in diesen Schutzbereich auch eingegriffen. Entgegen der Ausführungen in der Klagbegründung stellt dies jedoch eine rechtmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und keine Enteignung i.S.v. Art. 14 Abs. 3 GG dar.

53

Eine Enteignung ist auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter, subjektiver durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteter Rechtspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gerichtet. Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen von Eigentümerbefugnissen können daher keine Enteignung sein, selbst wenn sie die Nutzung des Eigentums nahezu völlig entwerten (BVerfG, Urteil vom 06.12.2016, 1 BvR 2821/11, 1 BvR 321/12 und 1 BvR 1456/12 - zitiert nach juris).

54

Die Vorschriften im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bestimmen daher generell und abstrakt, wie weit die geschützte Rechtsposition überhaupt reicht (vgl. BVerfGE, Beschluss vom 10. Oktober 1997 - 1 BvR 310/84 -, zitiert nach juris). Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Normgeber durch eine inhaltsbestimmende Regelung bestehende Rechte oder Befugnisse abschafft oder beschränkt (vgl. BVerfG a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 24.06.1993 - 7 C 26/92 -, NJW 1993, 2949). Wenn mit dem Verbot der Jagdgatter die Wilderträge der Klägerin reduziert werden, stellt dies nach den obigen Maßstäben keine Enteignung dar. Selbst wenn hierin eine teilweise Abschaffung/Beseitigung ihres Jagdausübungsrechts zu sehen sein sollte, entzieht die öffentliche Hand weder dieses Recht noch überträgt sie das Grundeigentum auf sich selbst. Vielmehr verbleibt das Jagd- und Jagdausübungsrecht grundsätzlich bei der Klägerin. Es werden lediglich die Modalitäten der Ausübung dieses Rechts dadurch verändert, dass der Klägerin der bestehende Vorteil der Gatterjagd, der aufgrund des Jagdgatters besteht, entzogen wird und damit eine bloße Gewinn- und Erwerbschance beschränkt wird.

55

Eine Enteignung ist auch nicht in Bezug auf die Jagdgatter „per se“ anzunehmen. Ein Substanzverlust ist nicht gegeben. Der Klägerin verbleibt die Möglichkeit einer anderweitigen Nutzung des Gatters, z.B. durch Nutzung als landwirtschaftliches Produktionsgatter.

56

Die neue Inhalts- und Schrankenbestimmung ist verfassungsrechtlich unbedenklich, da sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet.

57

Hinsichtlich der Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit hat der Gesetzgeber einen erheblichen Beurteilungs- und Prognosespielraum (Jarass/ Pieroth, GG Kommentar, 13. Auflage, Art. 14 Rdnr. 36 ff). Im Einzelnen muss die betreffende Regelung im Hinblick auf das entsprechende Ziel geeignet sein und muss es fördern. Die Einschränkung der Eigentümerbefugnisse muss vom jeweiligen Sachbereich her geboten sein. Weiter darf die Inhalts- und Schrankenbestimmung den Eigentümer nicht mehr beeinträchtigen, als es der gesetzgeberische Zweck erfordert. Es darf keine mildere, gleich geeignete Alternative zur Verfügung stehen und die Belastung des Eigentümers muss in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Regelung verfolgten Interessen stehen und damit zumutbar sein. Die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers sowie die Belange des Gemeinwohls müssen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden.

58

Diesen Anforderungen genügt das gesetzliche Verbot der Jagdgatter.

59

Als zu erreichender Zweck des Jagdgatterverbots findet sich in der Gesetzesbegründung (vgl. SH Drucksache 14/1942 S. 26), dass in Anlehnung an die Grundsätze der „naturnahen Jagd“ des § 1 Abs. 2 LJagdG einer ständigen Behinderung der natürlichen Wildeinstandsverhältnisse und der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes entgegengewirkt werden soll. Sinn des Verbots von Jagdgattern ist es also, eine durch Art. 20a GG gedeckte Verbesserung des natürlichen Lebensraums wilder Tiere zu erreichen und somit so wenig wie möglich in die natürlichen Abläufe einzugreifen.

60

Es liegt in der Einschätzungsprärogative des Landesgesetzgebers, welche Ziele er im Rahmen der naturnahen Jagd erreichen will. Die von ihm angestrebten Ziele des Verhinderns der ständigen Behinderung der natürlichen Wildeinstandsverhältnisse und des Verhinderns einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes stellen im Rahmen des Art. 20a GG legitime Gesetzeszwecke dar. Einer weiteren sachlichen Rechtfertigung, die die Klägerin fordert und vermisst, bedarf es in diesem Zusammenhang nicht. Das Argument der Klägerin, die in Jagdgattern noch stattfindende historische Form der Jagdausübung entspreche eher einer „naturnahen Jagd“ als die modernen Methoden zur Aufspürung des Wildes mit Laserentfernungsmessern, Leuchtvisieren, Wilduhren und Wildkameras, geht an der Sache vorbei, da die verschiedenen Arten des Aufspürens von Wild nicht vom Regelungszweck des Gatterverbotes erfasst werden. Die Klägerin rügt mit diesem Vorbringen im Wesentlichen die das Gesetz tragenden Gründe. Indes ist der Gesetzgeber im Rahmen seiner Befugnisse dazu berufen, seine gesetzgeberischen Ziele umzusetzen.

61

Aus diesem Grunde ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich, ob ein Jagdgatter – wie von der Klägerin umfänglich diskutiert - einen negativen Einfluss auf den physiologischen und biologisch/ ethologischen Zustand der darin gehaltenen Wildtiere hat und ob die Tiere in dem Gatter in ihrem Bewegungstrieb behindert würden oder Hunger leiden würden und ob die Gatterhaltung aus wildbrethygienischen Gründen bedenklich ist.

62

Legitimer Zweck der neuen Regelung ist allein ein Verhindern der ständigen Behinderung der natürlichen Wildeinstandsverhältnisse und ein Verhindern einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes.

63

Bezogen auf diese Ziele ist der Eingriff auch verhältnismäßig.

64

Das Verbot der Jagdgatter erscheint zur Zweckerreichung geeignet. Alternative Maßnahmen, die gleich geeignet wären, aber für die Eigentümer von Jagdgattern mit einer geringeren Rechtsbeeinträchtigung verbunden wären, waren und sind nicht ersichtlich.

65

Dasselbe gilt auch für die Erforderlichkeit der Maßnahme.

66

Die Klägerin macht insoweit zwar geltend, dass aufgrund angrenzender Straßen eine Erweiterung des Lebensraums des jagdbaren Wildes gar nicht möglich sei. Mangels Ausnahmeregelungen und ohne eine verfassungsrechtlich gebotene verfassungskonforme Auslegung der §§ 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1, 39 Abs. 3 LJagdG durch den eindeutigen Wortlaut könnte das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles zwar zur Verfassungswidrigkeit der streitigen Normen insgesamt führen, wenn das gesetzgeberische Ziel von vornherein nicht erreichbar wäre. Dafür, dass für die wildlebenden Tiere gar keine Erweiterung ihres Lebensraums nach Entfernung der Gatter möglich ist, ist vorliegend aber nichts ersichtlich, da das Rotwildgatter Teil des für die heutige Kulturlandschaft weitläufigen Waldgebietes … mit einer Größe von 58,49 km² ist. Des Weiteren ist das Problem des begrenzten Lebensraumes für wilde Tiere durch menschliche Einflüsse und Gestaltung der Landschaft aufgrund geeigneter Maßnahmen steuerbar (z.B. Wildschutzzäune, Duftzäune).

67

Auch die Angemessenheit des Verbots ist gegeben. Der Eingriff ist nur als gering zu bewerten, da andere Jagdformen weiter möglich bleiben und allenfalls eine Erleichterung der Jagd aufgrund der Gatter, und damit nur eine Jagdmethode unter vielen, genommen wird, die auch durch andere technische Hilfsmittel erreicht werden kann.

68

Auch in Bezug auf das Grundeigentum stellt sich das Verbot nur als geringer Eingriff dar, da nicht generell die Umzäunung eines Grundstücks untersagt wird, sondern nur Gatter zum Zweck der Jagd. Durch das Verbot werden zwar auch Investitionen entwertet, die für die Erhaltung der Gatter im Vertrauen auf deren Fortbestand von den Betreibern erbracht worden sind. Dem Schutz dieses Vertrauens wurde vom Gesetzgeber jedoch durch das Einräumen einer sehr langen Übergangsfrist von 15 Jahren in § 39 Abs. 3 LJagdG Rechnung getragen. Für bereits bestehende Jagdgatter verringert diese lange Übergangsfrist von 15 Jahren die Schwere des Eingriffs.

69

Die oben dargelegten Zwecke sind daher gewichtig genug, um den Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG zu rechtfertigen. Soweit im Einzelfall zusätzlich die Verkehrssicherheit auf benachbarten Straßen beeinträchtigt sein kann, kann dies ebenfalls bei der Wahl der nach § 33 LJagdG zu treffenden Maßnahmen, etwa durch teilweise Abzäunungen an den Straßen, Verringerung des Bestands bzw. allgemein durch die zukünftige Schaffung von Wildübergängen berücksichtigt werden, weswegen ebenfalls nicht von einer unangemessen abstrakt generellen Regelung gesprochen werden kann.

70

Entgegen der Ausführungen der Klägerin bedarf es folglich keiner Entschädigung bzw. keiner Junktim-Klausel. Es liegt, wie oben dargelegt, keine Enteignung vor, so dass die Entschädigungsregelungen des Art. 14 Abs. 3 GG nicht eingreifen. Bei einer Inhalts- und Schrankenbestimmung muss aber die Umgestaltung und Beseitigung eines Rechts nicht durchweg mit einer Entschädigungs- oder Übergangsregelung abgemildert werden (vgl. BVerfGE, Beschluss vom 10. Oktober 1997 - 1 BvR 310/84 -, zitiert nach juris). Wenn, wie oben dargelegt, bereits die entschädigungslose Maßnahme aufgrund eines überwiegenden öffentlichen Interesses verhältnismäßig ist, bedarf es keiner zusätzlichen Entschädigungsregelung. Der in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verankerte Bestandsschutz des Eigentums verlangt im Rahmen des Möglichen vorrangig, eigentumsbelastende Regelungen ohne kompensatorische Ausgleichszahlungen verhältnismäßig auszugestalten, etwa durch Ausnahmen und Befreiungen oder durch langfristige Übergangsreglungen (vgl. BVerfG, Urteil vom 06.12.2016, a.a.O., zitiert nach juris). Die aus Gründen des Vertrauensschutzes eingeräumte 15-jährige Übergangsfrist des § 39 Abs. 3 LJagdG ist am 28.10.2014 abgelaufen.

71

Die Normen verstoßen auch nicht den gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG.

72

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Die Abstufung der Anforderungen folgt aus Wortlaut und Sinn des Art. 3 Abs. 1 GG sowie aus seinem Zusammenhang mit anderen Verfassungsnormen. Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte verschiedene Behandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung (BVerfG, Beschluss vom 26.01.1993 – 1 BvL 38/92 -, NJW 1993, 1517 m.w.N.).

73

Geht es nicht um eine Ungleichbehandlung von Personengruppen, sondern von Sachverhalten und sind auch keine Freiheitsrechte betroffen, genügt eine Willkürprüfung (BVerfG, Beschluss vom 07.10.1980 – 1 BvL 50/79 -, zitiert nach juris).

74

Die Ungleichbehandlung der verschiedenen eingegatterten Flächen stellt keine Ungleichbehandlung von Personengruppen dar. Insbesondere liegt keine Annäherung an die Merkmale des Art. 3 Absatz 3 GG vor. Eine strenge Prüfung ist auch nicht aufgrund einer schweren nachteiligen Auswirkung auf grundrechtlich geschützte Freiheiten erforderlich. Zwar wird mit dem Verbot der Gatterjagd in das Jagdausübungsrecht und damit in Art. 14 Abs. 1 GG eingegriffen. Da aber ansonsten alle anderen Jagdformen weiterhin zulässig sind, ist dieser Eingriff nicht schwer genug, um eine strenge Prüfung im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigen.

75

Aufgrund dieser Maßstäbe ist hier nur eine Kontrolle nach der Willkürformel vorzunehmen.

76

Den in der Klagbegründung als Vergleichsgruppen aufgeführten landwirtschaftlichen Produktionsgattern ist gemein, dass die Jagd innerhalb von Jagdgattern stattfindet. Den übrigen genannten Beispielen (Forstschutzgatter, Golfplätze und Segelflugplätze) ist mit den Jagdgattern nur gemein, dass ein bestimmtes Gelände (zumindest teilweise) eingezäunt wird. Bei Forstschutzgattern, Golfplätzen und Segelflugplätzen findet neben der unbeabsichtigten Tötung von Insekten und anderen Kleintieren durch Pflegemaßnahmen schon keine gezielte Tötung von größeren wildlebenden Säugetieren statt. Zudem kommen auf diesen Flächen schon gar keine größeren Wildtiere nachhaltig vor. Insofern stellen sich hier schon die mit der Jagd verbundenen Ziele eines günstigen Erhaltungszustandes der Wildarten nicht.

77

Im Rahmen der Willkürkontrolle bestehen in Bezug auf die Produktionsgatter sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung dieser angeführten Fallgruppe. Bei der Jagd in landwirtschaftlichen Produktionsgattern steht allein die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund. Die Eingatterung und damit die Jagd in landwirtschaftlichen Gattern soll eine entsprechende Produktion sichern. Im Gegensatz dazu spielt bei der Jagd in einem Jagdgatter neben solchen wirtschaftlichen Aspekten durch einen eventuellen Verkauf des Fleisches auch der Aspekt der Freizeitgestaltung der jagenden Personen (Gesellschaftsjagden) eine herausragende Rolle. Da wirtschaftliche Aspekte bei der hier streitigen Form der Gatterjagd somit nicht allein im Vordergrund stehen, ist eine Erschwerung dieser Jagdausübung durch das Verbot der Eingatterung eher gerechtfertigt, was eine Ungleichbehandlung der Jagdgatter zu den landwirtschaftlichen Produktionsgattern rechtfertigt.

78

Eine verschiedene Behandlung von Jagdgattern und Angelteichen ist ebenfalls gerechtfertigt, da das Jagdrecht mit dem Fischereirecht nicht vergleichbar ist und da beides einem unterschiedlichen Rechtsregime unterliegt.

79

Entgegen der Annahme der Klägerin geht es dabei nicht um die unterschiedliche Behandlung der Gruppe der Sportfischer zu der Gruppe der Jäger und somit nicht um die Differenzierung bei personenbezogenen Merkmalen. Aus dem von der Klägerin zitierten Urteil (OVG Lüneburg, Urteil vom 08.07.2004 – 8 KN 43/02 – Rdnr. 45, juris) ergeben sich damit keine Rückschlüsse für das hiesige Verfahren.

80

Das Jagdrecht regelt die Ausübung der Jagd bezogen auf die jagdbaren Tierarten (§ 2 BJagdG). Fische zählen hingegen nicht zu den jagdbaren Tierarten. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 1 LFischG, wonach aufgezählt wird, welche Tiere zu den Fischen im Sinne dieses Gesetzes gehören und wonach Säugetiere und dem Jagdrecht unterliegende Tierarten explizit ausgenommen werden. Schon aufgrund dieser Differenzierung zwischen jagdbaren Tieren und Fischen kommt eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht in Betracht, da die Einrichtung von Jagdgattern aufgrund der beschriebenen Differenzierung mit dem Betrieb von Angelteichen nicht verglichen werden kann.

81

Auch der Hinweis der Klägerin auf anders lautende Regelungen in Bezug auf Jagdgatter in anderen Bundesländern ist unbeachtlich. Der Gleichbehandlungsanspruch ist auf den Kompetenzbereich des jeweiligen Trägers öffentlicher Gewalt beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.11.1988 - 2 BvR 1619/83, 2 BvR 1628/83 -, BVerfGE 79, 127). Aus Art. 3 Abs. 1 GG kann daher kein Recht abgeleitet werden, von einem Träger öffentlicher Gewalt so behandelt zu werden wie ein anderer Grundrechtsträger von einem anderen Träger öffentlicher Gewalt. Insbesondere folgt aus der unterschiedlichen Behandlung desselben Sachverhaltes durch zwei verschiedene Hoheitsträger kein Indiz für die Verfassungswidrigkeit einer der gewählten Regelungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.03.2010 - 1 BvR 2584/06 -, juris).

82

Des Weiteren ist Art. 2 Abs. 1 GG nicht verletzt. Soweit der Eingriff in das Jagdausübungsrecht der Klägerin geltend gemacht wird, ist dies bereits durch Art. 14 Abs.1 GG geschützt und Art. 2 Abs.1 GG wird verdrängt. Soweit hingegen die Ausübung der Jagd durch andere Personen aufgrund des Ausschlusses der Gatterjagd betroffen ist, wird zwar der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG eröffnet. Entsprechend der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bei Art. 14 Abs. 1 GG ist aber auch dieser Eingriff nach Art. 2 Abs. 1 GG gerechtfertigt.

83

§ 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 LJagdG verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot nach Art. 20 Abs. 3 GG. Gesetzliche Vorschriften müssen dabei so bestimmt sein, wie dies nach der Eigenart der zu regelnden Sachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Es genügt, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können (vgl. BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 -, BVerfGE 87, 234 (263)). Aus § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 LJagdG ergibt sich für den Normadressaten eindeutig das Verbot der Jagdgitter. I.V.m. § 39 Abs. 3 LJagdG ist dabei ebenfalls erkennbar, dass dieses Verbot nach Ablauf einer eventuellen Übergangsfrist auch für bereits bestehende Jagdgatter gilt. Der jeweilige Normadressat kann damit die Rechtslage, nämlich das Verbot sämtlicher Jagdgatter, auch der bestehenden, erkennen.

84

Entgegen der Ausführungen der Klägerin ist es im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot nicht erforderlich, dass eine klar erkennbare Verbotsnorm neben dem verbotenen Verhalten bzw. Zustand zugleich regelt, durch welche von mehreren jeweils zulässigen Handlungsalternativen (hier etwa Abbau, Umwandlung in landwirtschaftliches Gatter oder Forschungsgatter) der verbotene Zustand abgestellt werden soll.

85

Erst wenn sich der einzelne Normadressat nicht an das Verbot der §§ 29 Abs. 5, Nr. 5 Fall 1, 39 Abs. 3 LJagdG hält, hat die Jagdbehörde nach § 33 Abs. 1 LJagdG die Befugnis nach pflichtgemäßem Ermessen notwendige Anordnungen zu treffen. Auch diese Eingriffsnorm verstößt nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Mit diesem Gebot ist es vereinbar, Ermessen einzuräumen, wenn der der Verwaltung eingeräumte Entscheidungsspielraum durch Gesetzeszwecke, Maßstäbe für Abwägungsentscheidungen und tatbestandliche Bindungen hinreichend deutlich eingegrenzt wird (vgl. Grzeszick in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 75. EL September 2015, Art. 20 Rdnr. 63 m.w.N.). Eine solche Eingrenzung ist hier dadurch gegeben, als § 33 Abs. 1 LJagdG entsprechend des Wortlauts jeweils nur dem Zweck dienen soll, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um einen Verstoß gegen eine Vorschrift des LJagdG zu verhindern. Zudem hat die Behörde die Ziele des § 1 Abs. 3 LJagdG bei ihrer Ermessenentscheidung zu berücksichtigen.

86

Die Normen verstoßen auch nicht gegen EU-Recht, insbesondere nicht gegen Art. 20 EU-Grundrechte Charta der Grundrechte. Dieser Grundsatz verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. EUGH, Urteil 14.09.2010 - C-550/07 P -, juris). Dieser Prüfungsmaßstab entspricht weitgehend dem des Art. 3 Abs. 1 GG, sodass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann. Zudem dürfte schon der Anwendungsbereich der EU-Grundrechte Charta nach Art. 51 EU-Charta nicht eröffnet sein, da das allein landesrechtlich geregelte Jagdgatterverbot keine Durchführung des Rechts der Union zum Gegenstand hat. Insofern ist auch die in der Klagbegründung dargelegte unterschiedliche Regelung in anderen Mitgliedsstaaten unbeachtlich.

87

Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 1 ZP EMRK vor. Diese Norm steht aufgrund des Zustimmungsgesetzes nach Art. 59 Abs. 2 GG im Rang einfachen Bundesrechts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2007 - 2 BvR 126/04 -, juris). Der in dieser Norm gewährleistete Schutz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Vielmehr ist entsprechend der Ausführungen bei Art. 14 Abs. 1 GG eine Rechtfertigung des verhältnismäßigen Eingriffs nach Art. 1 Abs. 2 ZP EMRK möglich. Auch die Berücksichtigung der Rechtsprechung der EGMR (vgl. BVerfG a.a.O.) führt hierbei zu keinem anderen Ergebnis. Das in der Klagbegründung angeführte Urteil des EGMR (EGMR, … ./. Bundesrepublik Deutschland, Urteil vom 26.06.2012 - 9300/07, - zitiert nach juris) bestätigt lediglich allgemein das Erfordernis eines verhältnismäßigen Eingriffs, macht aber für die hier zu betrachtende Fallkonstellation des Verbotes von Jagdgattern keine speziellen präjudiziellen Vorgaben. Auch nach Art. 1 ZP EMRK kann ein Eigentümer nicht nach Belieben mit seinem Eigentum verfahren, sondern hat die Sozialbindung seines Eigentums zu beachten. Die zu Art. 14 GG gemachten Ausführungen gelten hier entsprechend.

88

Die Beseitigungsanordnung selbst ist ebenfalls nicht zu beanstanden und rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Beseitigungsanordnung ist § 33 Abs. 1 Nr. 1 LJagdG. Danach haben die Jagdbehörden darüber zu wachen, dass die Bestimmungen nach diesem Gesetz oder anderen auf die ordnungsgemäße Ausübung des Jagdrechts gerichteten Vorschriften erfüllt werden und zu diesem Zweck die nach pflichtgemäßem Ermessen notwendigen Anordnungen zu treffen.

89

Die Voraussetzungen für den Erlass einer Beseitigungsanordnung liegen vor. Jagdgatter sind nach § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG i.V.m. § 39 Abs. 3 LJagdG verboten. Die Jagdgatter sind seit dem Ablauf der Übergangsfrist, also seit dem 29.10.2014, sowohl formell als auch materiell illegal, da sie spätestens seit diesem Zeitpunkt nicht mehr genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig sind.

90

Sollten Teile des bestehenden Jagdgatters einen besonderen kulturellen Wert haben, könnte ein Schutz über das Denkmalschutzgesetz erreicht werden, das durch das LJagdG nicht außer Kraft gesetzt wird.

91

Die in der Anordnung geforderten Maßnahmen der sukzessiven Verminderung des Wildbestandes in den Gattern und die sukzessive Öffnung der Tore sowie Entfernung der Gatterzaunelemente sind geeignet, erforderlich und verhältnismäßig. Trotz der in § 39 Abs. 3 LJagdG eingeräumten 15-jährigen Übergangsfrist war die Klägerin bisher nicht bereit, den im Jagdgatter vorhandenen Tierbestand im Hinblick auf eine Gatterbeseitigung freiwillig entsprechend zu verringern und das Gatter freiwillig zu entfernen. Damit stellen die angeordneten Maßnahmen nach Ablauf der 15-jährigen Übergangsfrist eine adäquate Möglichkeit dar, einen rechtskonformen Zustand unter Beachtung sämtlicher zu beachtender öffentlichen und privaten Interessen zu schaffen.

92

Entgegen der Ansicht des Klägers haben diese Anordnungen aufgrund der gewählten Öffnungszeiträume auch keinen Verstoß gegen § 28 Abs. Abs.1 und 2 BJagdG zur Folge.

93

Die Zeiträume 01.04. und 31.10. in Tz. 2 der Beseitigungsanordnung sind so gewählt, dass aufgrund zuvor verringerter Wildbestände Wildschäden auf den angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen möglichst gering gehalten werden. Außerdem ist Zweck des § 28 Abs. 1 und 2 BJagdG, besonders schadensintensive Wildarten wie Schwarzwild und Wildkaninchen nicht durch künstliche Besatzzuflüsse zu stärken, um Wildschäden dieser Tierarten nach Möglichkeit zu vermeiden. Mit den in der Gatterbeseitigungsanordnung einhergehenden Anordnungen soll gerade auf eine Auflösung des künstlichen Besatzes innerhalb des Gatters hingewirkt werden, um – durch anschließende Gatterbeseitigung – weitgehend natürliche Wildeinstandsverhältnisse zu schaffen. Durch die der Klägerin gegebene Möglichkeit der sukzessiven Verminderung des Wildbestandes (10 Stück Schwarzwild auf 100 Hektar) vor Öffnung der Gatter wird den Regelungszwecken des § 28 Abs. 1 und 2 BJagdG Genüge getan.

94

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beseitigungsanordnung auch nicht deshalb unverhältnismäßig, da es mildere abgestufte Maßnahmen gegeben hätte, um die Nutzung von Jagdgattern einzuschränken. Das Gesetzesziel, die Behinderung der natürlichen Wildeinstandsverhältnisse und die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch das Gatter zu erreichen, ist durch andere Maßnahmen als durch das angeordnete Verbot von Jagdgattern nicht zu erreichen. Die von der Klägerin insoweit aufgezählten Maßnahmen wie die Errichtung von Überstiegen zur Sicherung der Betretungsmöglichkeit, Regelung von Höchstabschusszahlen oder Höchstwildbeständen oder besondere Schonzeiten oder Verbot von bestimmten Jagdmethoden wie Verbot von Einzelabschüssen stellen keine geeigneten Maßnahmen zur Erreichung des Gesetzeszwecks der Wiedererreichung natürlicher Wildeinstandsverhältnisse und Beseitigung der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dar.

95

Die Beseitigungsanordnung ist damit rechtmäßig.

96

Die Androhung der Ersatzvornahme unter Angabe der veranschlagten Kosten entspricht den §§ 236 und 238 LVwG und ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

97

Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

98

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt, festzustellen, dass es zulässig ist, im Forstort „A.“ die Jagd auszuüben und/ oder ausüben zu lassen, hilfsweise, dass der Beklagte ihr diese Jagd unbefristet oder weiter hilfsweise befristet weiterhin gestattet und weiter hilfsweise eine befristete weitere Gestattung der Jagd auf bestimmte jagdbare Tiere, die nicht von der Sperrwirkung des Gatters betroffen sind.

2

Sie ist Eigentümerin, Jagdausübungsberechtigte und Betreiberin des Forstortes „A.“ mit einer Größe von ca. 860 ha im 58,49 km² großen A., Kreis … (Gemeinde A. Gemarkung A..)

3

Durch Bescheid der obersten Jagdbehörde vom 04.09.1972 erhielt die Klägerin – unbefristet - die Erlaubnis zur Eingatterung der Fläche als Wildpark (Rotwildgatter) sowie zur Jagd in den eingegatterten Flächen.

4

Seit 1973 wurde der Klägerin parallel dazu jeweils befristet die Genehmigung zur Sperrung der entsprechenden Waldflächen nach Landeswaldgesetz erteilt unter dem Vorbehalt einer wirksamen jagdrechtlichen Genehmigung, zuletzt mit Bescheid vom 12.08.2016 befristet bis zum 31.10.2017.

5

Durch das Gesetz zur Neufassung des Jagdgesetzes des Landes Schleswig-Holstein (Landesjagdgesetz-LJagdG) vom 13.10.1999 (GVOBl. 1999 Nr. 14, S. 300 ff) wurde § 29 Abs. 4 Nr. 4 LJagdG dahingehend gefasst, dass es verboten ist, Jagdbezirke oder Teile von Jagdbezirken zum Zwecke der Jagd oder der Hege einzugattern. § 39 Abs. 3 LJagdG wurde dahingehend gefasst, dass Eingatterungen zum Zwecke der Jagd oder der Hege, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes genehmigt waren, für die Dauer ihrer Genehmigung, längstens jedoch für 15 Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehen bleiben. Das Gesetz trat am 29.10.1999 in Kraft.

6

Aufgrund von Änderungen des Landesjagdgesetzes in den Folgejahren ist das Verbot von Jagdgattern - bei gleichbleibendem Wortlaut - seit dem 24.02.2012 in § 29 Abs. 5 Nr. 4 LJagdG und seit dem 01.04.2015 in § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG (heute § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG) normiert.

7

Vor Ablauf der 15 Jahre, mit Schreiben vom 18.11.2013 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass die Frist für die Eingatterung am 28.10.2014 auslaufe und bat um Vorlage eines Konzeptes zur Regulierung des Wildbestandes im Rahmen der erforderlich werdenden Gatterbeseitigung.

8

Die Klägerin lehnte die geforderte Beseitigung des Gatters ab, da eine entschädigungslose Beseitigung mit der Eigentumsgarantie nicht vereinbar sei.

9

Daraufhin ordnete der Beklagte mit Bescheid vom 26.01.2015 die Beseitigung des streitigen Wildgatters unter Beifügung eines Lageplanes, in den der Verlauf des Gatters rot und die Lage der Tore gelb eingezeichnet ist, an. Ferner wurde die Ersatzvornahme angedroht für den Fall, dass die Klägerin der sukzessiven Beseitigung der Tore bis 01.04.2016 bzw. der Zaunelemente bis zum 31.10.2016 nicht nachkomme. Die Kosten der Ersatzvornahme wurden mit 46.000 € veranschlagt und die Kostenermittlung wurde dem Bescheid beigefügt. Ein Sofortvollzug des Bescheides wurde nicht angeordnet.

10

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 11.02.2015 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2015 zurückgewiesen wurde. Hiergegen richtet sich die am 24.12.2015 erhobene Klage 7 A 224/15.

11

Durch das Gesetz zur Änderung des Landesjagdgesetzes in der Fassung vom 27.05.2016 wurde u.a. § 29 LJagdG erneut geändert und § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG eingefügt. Danach ist es nun nicht nur verboten, Jagdbezirke oder Teile von Jagdbezirken zum Zwecke der Jagd oder der Hege einzugattern, sondern auch, „in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen“. Des Weiteren wurde § 29 Abs. 8 LJagdG eingefügt. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann die Jagdbehörde Ausnahmen von dem Jagdverbot in § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG zulassen, wenn dies erforderlich ist, um bestehende Jagdgatter aufzulösen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt § 27 Bundesjagdgesetz entsprechend. Diese weiteren Änderungen traten zum 24.06.2016 in Kraft.

12

Am 06.06.2016 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Bestätigung, dass im Forstort „A.“ die Jagd weiterhin möglich sei bzw. die allgemeine – unbefristete oder befristete - Gestattung der Jagd. Zur Begründung führte sie aus, dass die Jagden im A. einer langen Vorbereitung bedürften. Dies gelte für die Termine der Treiber und Hundeführer, vor allem jedoch für die der Gäste und die Belegung von Hotels. Die erste Gästejagd sei für den 29.10.2016 geplant. Deren Ertrag liege bei ca. … € bis … € bezogen auf den Forstort „A.“ und den benachbarten Forstort „A.“. Es sollten Ende November 2017 die Geburtstagsjagd von A. folgen sowie zwei Gästejagden im Dezember 2016 und Januar 2017. Diese Planungen seien nicht nur rein privater Natur. Sie dienten notwendig dazu, den jährlichen Zuwachs an Schwarzwild und Rotwild abzuschöpfen.

13

Da der Beklagte auf den Antrag nicht reagierte, stellte die Klägerin am 13.07.2016 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (7 B 176/16). Dieser Antrag wurde mit Beschluss der Kammer vom 01.09.2016 abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 11.01.2017 – 4 MB 44/16 zurück.

14

Laut Gutachten der Wildbiologin Dr. … vom 27.09.2016 lag der Bestand im Herbst 2016 bei 680 – 730 adulten Wildschweinen und 470 bis 550 Frischlingen, sodass auf 100 ha 140 Stück Schwarzwild sowie ca.12 Stück Rotwild kamen. Nach Bekanntwerden dieser Zahlen erließ der Beklagte mit Bescheid vom 10.10.2016 eine Abschussanordnung zur Wildbestandsreduzierung durch Abschuss von 930 Stück Schwarzwild, davon mindestens 500 Frischlinge und von 4 Stück Rotwild bis zum 31.03.2017 nach § 29 Abs. 8 Satz 2 LJagdG i.V.m. § 27 Abs.1 BJagdG und ordnete die sofortige Vollziehung unter Androhung eines Zwangsgeldes an. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Absenkung des Tierbestandes im angeordneten Umfang sei zum Erreichen einer angemessenen Wilddichte geboten. Außerdem wurde die Klägerin aufgefordert, zum Nachweise der erlegten Tiere Fotokopien der Übergangsbestätigungen an die Endverwerter/-verbraucher vorzulegen und zur Erfolgskontrolle einen Bestandsaufnahmetermin mitzuteilen. Hiergegen legte die Klägerin am 31.10.2016 Widerspruch ein. Da die Klägerin in der Folgezeit den Anordnungen nicht vollständig nachkam, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 24.03.2017 ein Zwangsgeld von insgesamt 6.816,13 € fest und drohte für den Fall der weiteren nicht fristgerechten Mitwirkung der Klägerin weitere Zwangsgelder an. Gegen diese weitere Zwangsgeldandrohung erhob die Klägerin am 29.03.2017 ebenfalls Widerspruch und teilte als Begehungs- und Zähltermin den 30.04.2017 mit. Über diese Widersprüche ist bisher nicht entschieden worden.

15

Außerdem wurde die Klägerin aufgefordert, zum Nachweis der erlegten Tiere Strecklisten und Fotokopien der Übergangsbestätigungen an die Endverwerter/-verbraucher vorzulegen und zur Erfolgskontrolle einen Bestandsaufnahmetermin mitzuteilen. Hiergegen legte die Klägerin am 31.10.2016 Widerspruch ein. Da die Klägerin in der Folgezeit den Anordnungen nicht vollständig nachkam, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 24.03.2017 ein Zwangsgeld von insgesamt 6.816,13 € fest und drohte für den Fall der weiteren nicht fristgerechten Mitwirkung der Klägerin weitere Zwangsgelder an. Gegen diese weitere Zwangsgeldandrohung erhob die Klägerin am 29.03.2017 ebenfalls Widerspruch und teilte als Begehungs- und Zähltermin den 30.04.2017 mit. Über diese Widersprüche ist bisher nicht entschieden worden.

16

Über den Antrag vom 06.06.2016 hat der Beklagte bis heute nicht entschieden.

17

Die Klägerin erhob am 18.07.2016 die vorliegende Klage.

18

Sie erhebt verfassungsrechtliche Einwände gegen das gesetzliche Verbot in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen.

19

Sie ist der Auffassung, mit der zum 24.06.2016 in Kraft getretenen Änderung des Landesjagdgesetzes in Form des Einfügens der Worte „sowie in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen“ in § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG verstoße der Landesgesetzgeber gegen den in Art. 20 Abs. 3 GG enthaltenen verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gewaltenteilung. Der Landesgesetzgeber sei faktisch als Ersatzverwaltungsbehörde exekutiv tätig geworden. Diese Änderungen dienten ausdrücklich und ausschließlich dem Zweck, die Nutzung unter anderem im Bereich des Forstortes „Rotwildgatter“ mit sofortiger Wirkung zu unterbinden und damit zu verhindern, dass die bestehenden Gatter während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens gegen die Beseitigungsanordnung - trotz fehlender Anordnung des Sofortvollzuges - weiterbetrieben werden.

20

Es liege auch ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Verbot des Erlasses von Einzelfallgesetzen nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG vor, da es in Schleswig Holstein insgesamt nur drei vergleichbare Jagdgatter gebe und da hier ein „A.“ geschaffen worden sei, wofür es keinen sachlichen Grund gebe.

21

Ferner liege ein Verstoß gegen die in Art. 19 Abs. 4 GG normierte Garantie des effektiven Rechtsschutzes in Bezug auf die Beseitigungsanordnung vor.

22

Es liege ein Verstoß gegen Art. 72 Abs. Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 2 BJagdG vor. Die Länder dürften wegen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach § 20 Abs. 2 BJagdG nur die „Ausübung“ der Jagd in Wildparken regeln, also nur das „Wie“ der Jagdausübung, nicht hingegen das „Ob“. Dies setze voraus, dass eine Jagd als solche überhaupt stattfinden dürfe. § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG verbiete die Jagd aber vollständig.

23

Das gesetzliche Jagdverbot in Jagdgattern verstoße gegen vorrangiges Bundesrecht gemäß Art. 31 GG i.V.m. §§ 1 und 3 BJagdG, weil in bestimmten Gebieten die Jagd vollständig verboten werde, obwohl es eine Pflicht zur Jagdausübung gebe und das Jagdrecht untrennbar mit Grund und Boden verbunden sei.

24

Es liege ferner ein Verstoß gegen Art. 31 GG i.V.m. § 28 Abs. 1 und 2 BJagdG vor, wonach Schwarzwild nur in solchen Einfriedungen gehegt werden dürfe, die ein Ausbrechen des Schwarzwildes verhüten und wonach das Aussetzen von Schwarzwild verboten sei. Damit schreibe der Bundesgesetzgeber eine entsprechende Einfriedung für die Hege von Schwarzwild zwingend vor. Es sei nicht damit vereinbar, dass der Landesgesetzgeber dann die Jagd innerhalb einer solchen, zwingend vorgeschriebenen Einfriedung verbiete.

25

Es liege mit dem Jagdverbot in Jagdgattern nicht nur eine neue Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums vor, sondern eine Enteignung in Bezug auf die Rechtsposition des Jagd- und Jagdausübungsrechts. Das generelle Jagdverbot sei mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Eine Bejagung des Gatters sei – dies sei unstreitig – notwendig, um eine Überpopulation und damit wildbiologisch untragbare Zustände zu verhindern. Das gesetzliche Jagdverbot hindere die Klägerin jedoch daran, ihr verfassungsrechtlich geschütztes Jagdrecht auszuüben und schaffe damit gerade untragbare Zustände. Die Gatterhaltung sei auch weder physiologisch und biologisch/ ethologisch noch aus wildbrethygienischen Gründen bedenklich. Damit liege kein sachlicher Grund für ein generelles Jagdverbot vor. Außerdem sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt, weil der Klägerin schwere ökonomische Schäden drohten, ohne dass es eine entsprechende Entschädigungsregelung gebe.

26

Es liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor, da der Gesetzgeber bei ähnlichen Wildtiernutzungen in künstlichen Einrichtungen anderen Eigentümern die jagdliche Nutzung ihrer Flächen zu anderen privatnützigen Zwecken gestatte, was insbesondere ein Vergleich mit landwirtschaftlichen Produktionsgattern zeige, die gleiche Merkmale aufweisen würden (Zerschneidung der Landschaft, Landschaftsbild, Betretungsrecht, Freiheit des Wildzuges, Abschuss einzelner Wildtiere). Bei dieser Art der Wildtierhaltung werde das Gatterwild nach erfolgtem Abschuss auch verwertet und in den Verkauf gegeben.

27

Die Jagd und die Fischerei würden ohne sachliche Grund ungleich behandelt. Das Angeln an Angelteichen in künstlich angelegten und mit Besatzfischen versehenen Teichen diene ebenfalls neben der wirtschaftlichen Nutzung der Freizeitgestaltung und die Gäste zahlten Geld, um innerhalb künstlicher Einrichtungen eingesetzte, gefütterte, ansonsten aber frei lebende Wildtierarten zu angeln und zu töten. Es bestehe kein Unterschied zwischen einem Angelteich und dem Jagdgatter.

28

Das Jagen in Jagdgattern sei in anderen Bundesländern auch erlaubt.

29

Es liege ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG vor.

30

Es liege ein Verstoß gegen das Übermaßverbot des Art. 20 Abs. 3, 28 Abs. 1 GG vor, weil sich ein generelles Jagdverbot auch auf Enten, Raubwild und Hasen beziehe, obwohl diese durch das Gatter durchwechseln könnten.

31

Es liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 20 der EU-Grundrechte Charta vor.

32

Es liege ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 Zusatzprotokoll der EU-Menschenrechtskonvention vor.

33

Wegen der Verfassungsverstöße sei vorab eine Vorlage des § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG (gesetzliches Jagdverbot in Jagdgattern) nach Art. 100 GG an das Bundesverfassungsgericht erforderlich.

34

Die Klägerin beantragt,

35

festzustellen, dass es zulässig ist, im Forstort „A.“, d.h. konkret innerhalb des dortigen Jagdgatters, die Jagd auszuüben und/ oder ausüben zu lassen,

36

hilfsweise,

37

den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin zu gestatten, im Forstort „A.“, d.h. konkret innerhalb des dortigen Jagdgatters die Jagd auszuüben und/ oder ausüben zu lassen,

38

weiter hilfsweise,

39

den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin zu gestatten, im Forstort „A.“, d.h. konkret innerhalb des dortigen Jagdgatters, die Jagd auszuüben und/ oder ausüben zu lassen, befristet bis zum Ende eines Jahres nach Vorliegen einer bestandskräftigen Entscheidung zur Auflösung des im Forstort „A.“ bestehenden Jagdgatters,

40

weiter hilfsweise,

41

den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin zu gestatten, im Forstort „A.“, d.h. konkret innerhalb des dortigen Jagdgatters, die Jagd auf sämtliche jagbaren Wildarten, die nicht von der Sperrwirkung des Gatters betroffen sind, namentlich Flugwild, Feldhasen, Raubwild auszuüben und/ oder ausüben zu lassen, befristet auf die Dauer vom Erlass der einstweiligen Anordnung bis zum Ende eines Jahres nach Vorliegen einer bestandskräftigen Entscheidung zur Auflösung des im Forstort „A.“ bestehenden Jagdgatters.

42

Der Beklagte beantragt,

43

die Klage abzuweisen.

44

Er ist der Auffassung, für die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche gebe es keine rechtliche Grundlage. Eine allgemeine Gestattung der Jagdausübung sehe das Gesetz nicht vor. Nach § 29 Abs. 5 Nr.5 Fall 2 LJagdG sei es vielmehr verboten, in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin werden nicht geteilt.

45

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten im vorliegenden Verfahren und im Verfahren 7 A 224/15 Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

46

Die Klage hat keinen Erfolg, weder mit ihrem Hauptantrag auf Feststellung der uneingeschränkten Zulässigkeit der Jagd noch mit den Hilfsanträgen auf unbefristete oder befristete Gestattung noch befristet in Bezug auf die von der Sperrwirkung des Gatters nicht betroffenen Tiere.

47

Der Hauptantrag in Form einer Feststellungsklage ist unzulässig.

48

Effektiver Rechtsschutz ist nicht im Wege der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zu erreichen. Zum einen findet prinzipiell keine Normenkontrolle durch eine verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage statt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage, § 47 Rdnr. 9 ff). Zum anderen kann die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses nur begehrt werden, wenn ein Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Dabei ist aber die Subsidiarität gegenüber der Verpflichtungsklage nach § 43 Abs. 2 VwGO zu beachten. Danach kann das Bestehen eines Rechtsverhältnisses nicht mit der Feststellungsklage begehrt werden, soweit ein Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann, § 43 Abs. 2 S. 2 VwGO. Die Klägerin kann ihr Klageziel, die (uneingeschränkte) Jagd im Jagdgatter „nach eigenem Ermessen“ ausüben zu dürfen, auch mit einer Klage auf allgemeine Gestattung der Jagd erreichen. Sie ist daher vorrangig auf die Klageart der allgemeinen Leistungsklage auf Gestattung der (uneingeschränkten) Jagd „nach eigenem Ermessen“ als zulässige Klageart zu verweisen.

49

Die Hilfsanträge auf allgemeine oder beschränkte, unbefristete oder befristete Gestattung der Jagd nach eigenem Ermessen sind folglich als Leistungsklagen zulässig, und zwar in der Form von Untätigkeitsklagen nach § 75 S. 2 VwGO, da der Beklagte ohne zureichenden Grund nicht über den Antrag vom 06.06.2016 auf Gestattung der Jagd nach eigenem Ermessen der Klägerin entschieden hat.

50

Die Hilfsanträge führen in der Sache aber auch nicht zum Erfolg. Insoweit ist die Klage unbegründet.

51

Das Gesetz sieht keine allgemeine Gestattung der Jagdausübung durch den Beklagten - weder unbefristet noch befristet - vor.

52

Nach § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG ist es seit dem 24.06.2016 vielmehr verboten, in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen.

53

Nach § 29 Abs. 8 S. 1 LJagdG i.V.m. § 27 BJagdG kann die Jagdbehörde lediglich Ausnahmen von dem Jagdverbot in Jagdgattern zulassen, wenn dies erforderlich ist, um bestehende Jagdgatter aufzulösen. Das Begehren der Klägerin wird von dieser Norm nicht erfasst.

54

§ 29 Abs. 8 LJagdG kann analog zwar auf Fälle angewandt werden, in denen – wie hier - die Pflicht zur Auflösung des Jagdgatters zwischen den Beteiligten streitig ist, um Überpopulationen zu vermeiden, solange nicht rechtskräftig über die Beseitigungsanordnung der Jagdgatter entschieden worden ist (vgl. VG Schleswig, Beschluss vom 01.09.2016, 7 B 176/16; im Ergebnis bestätigt durch das OVG Schleswig, Beschluss vom 11.01.2017 - 4 MB 44/16 -).

55

Die Klägerin erstrebt aber mit ihren Hilfsanträgen auf allgemeine Gestattung der Jagd weder eine Ausnahme vom Jagdverbot in dem für die Auflösung des Jagdgatters erforderlichen Umfang noch eine Ausnahme vom Jagdverbot zur Überbrückung des Schwebezustandes bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Beseitigungsanordnung, sondern sie begehrt die allgemeine unbefristete oder befristete Gestattung der umfänglichen Jagd im Jagdgatter „nach eigenem Ermessen“. Eine solche allgemeine Gestattung der Jagdausübung nach eigenem Ermessen sieht das Gesetz nicht vor. Nach § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG ist es vielmehr verboten, in Jagdgattern die Jagd (allgemein und nach eigenem Ermessen) auszuüben oder die Jagdausübung (allgemein und nach eigenem Ermessen) zuzulassen.

56

Das gesetzliche Verbot in Jagdgattern die Jagd (allgemein und nach eigenem Ermessen) auszuüben oder die Jagdausübung (allgemein und nach eigenem Ermessen) zuzulassen, ist nicht verfassungswidrig, sodass eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG nicht in Betracht kommt.

57

§ 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG ist verfassungsgemäß.

58

Er verstößt nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art. 20 Abs. 3 GG, da der Landesgesetzgeber abstrakt und mit allgemeiner Wirkung regelt, dass die Jagd generell in Gattern verboten ist. Der Landesgesetzgeber ist somit nicht faktisch als Ersatzverwaltungsbehörde exekutiv tätig geworden.

59

Es handelt sich bei der Vorschrift des § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG nicht um ein verfassungswidriges Einzelfallgesetz. Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG enthält eine Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes. Dem Gesetzgeber ist es danach verboten, aus einer Reihe gleichgelagerter Sachverhalte einen Fall herauszugreifen und zum Gegenstand einer Sonderregel zu machen. Die Anforderung, dass das Gesetz allgemein zu sein hat, ist erfüllt, wenn sich wegen der abstrakten Fassung des gesetzlichen Tatbestandes nicht absehen lässt, auf wie viele und welche Fälle das Gesetz Anwendung findet (BVerwG, Beschluss vom 17.02.2017, - 5 B 12.16 – zitiert nach juris). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Zum einen gibt es derzeit in Schleswig-Holstein zumindest 3 miteinander vergleichbare Fälle (und eben nicht nur einen Fall) der Gatterjagd, für die diese Vorschrift zur Anwendung kommt, wie die parallel anhängigen Verfahren 7 A 309/16 und 7 A 228/16 zeigen. Zum anderen wird das Jagen in Gattern für alle – auch für künftige Jagdgatter – verboten, sodass nicht absehbar ist, auf wie viele und welche Fälle die Vorschrift Anwendung findet.

60

Der Klägerin wird durch das Verbot der Gatterjagd auch der Rechtsschutz gegen die Beseitigungsverfügung des Jagdgatters (7 A 224/15) nicht unzulässig verkürzt, sodass kein Verstoß gegen die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG in Bezug auf die Beseitigungsanordnung (7 A 224/15) vorliegt. Insbesondere wird der durch den Beklagten nicht angeordnete Sofortvollzug der Beseitigungsanordnung nicht gezielt unterlaufen. Ein Sofortvollzug der Beseitigungsanordnung hätte in der Tat die sofortige Beseitigung der Jagdgatter ermöglicht. In dem hiesigen Streit um das Jagdverbot in Gattern geht es aber nicht um die Beseitigung der Jagdgatter, sondern nur um das Recht, in Gattern zu jagen, also um eine Einschränkung der Rechte des Jagdausübungsberechtigten bei bestehenden Jagdgattern. Im Übrigen ist zu bedenken, dass das Eingatterungsverbot in Form des § 29 Abs. 5 Nr. 4 LJagdG a.F. bereits zum 29.10.1999 in Kraft trat und dass die Klägerin die 15-jährige Übergangsfrist zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieser Norm nicht genutzt hat.

61

Trotz der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 72 Abs. 1 und 3 GG ergibt sich aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 BJagdG „die Ausübung …wird durch die Länder geregelt“ keine Unterteilung in „Ob“ und „Wie“. Die Überschrift „Örtliche Verbote“ im Bundesjagdgesetz spricht vielmehr für eine umfassende Regelungsbefugnis der Länder für die aufgezählten Flächen. § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG verbietet die Jagd auch nicht vollständig, sondern nur eine solche in Gattern. Dies stellt eine zulässige Regelung der Jagdausübung dar. Das landesrechtliche Verbot der Jagd in Gattern liegt somit innerhalb der Regelungsbefugnis des Landes nach § 20 Abs. 2 BJagdG.

62

Die Vorschrift des § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG verstößt auch nicht gegen den Vorrang von Bundesrechts nach Art. 31 GG. Das gesetzliche Verbot, in Jagdgattern zu jagen, ist mit den §§ 1 und 3 BJagdG vereinbar, da nicht in den Schutzbereich dieser Normen nicht eingegriffen wird. Verboten werden nicht das Jagdrecht und die Pflicht zur Hege als solche, sondern nur diejenigen Rechte und Pflichten bezogen auf das Jagen im Jagdgatter. Das Jagdrecht und die Pflicht zur Hege stehen der Klägerin als Eigentümerin und Jagdausübungsberechtigte weiterhin zu.

63

Das Verbot des Jagens in Gattern ist auch mit § 28 Abs. 1 und 2 BJagdG vereinbar, da er keine Einzelfallregelung enthält, sondern nur unmittelbar ein Verbot der Gatterjagd allgemein ausspricht, ohne dass es darauf ankommt, ob in einem Gatter Schwarzwild vorhanden ist oder nicht.

64

Es liegt keine Verletzung der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG vor.

65

Der Schutzbereich dieses Grundrechts ist eröffnet. Art. 14 GG unterfallen sowohl das Grundeigentum als auch das Jagd- und Jagdausübungsrecht (vgl. Papier in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 75. EL September 2015, Art. 14 Rdnr. 204 m.w.N.).

66

Da bereits insofern der Schutzbereich eröffnet ist, bedarf die Frage, ob auch das Unternehmen der Klägerin, also ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb unter Art. 14 Abs. 1 GG fällt (vgl. Axer in BeckOK, Grundgesetz, Epping/ Hillgruber, 28. Edition, Stand: 01.03.2015, Art. 14 Rdnr. 51 ff m.w.N.), keiner Entscheidung.

67

Durch die Verbotsnormen der §§ 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 i.V.m. 39 Abs. 3 LJagdG wird in diesen Schutzbereich auch eingegriffen. Entgegen der Ausführungen in der Klagbegründung stellt dies jedoch eine rechtmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und keine Enteignung i.S.v. Art. 14 Abs. 3 GG dar.

68

Eine Enteignung ist auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter, subjektiver durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteter Rechtspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gerichtet. Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen von Eigentümerbefugnissen können daher keine Enteignung sein, selbst wenn sie die Nutzung des Eigentums nahezu völlig entwerten (BVerfG, Urteil vom 06.12.2016, 1 BvR 2821/11, 1 BvR 321/12 und 1 BvR 1456/12 -, zitiert nach juris).

69

Die Vorschriften im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bestimmen daher generell und abstrakt, wie weit die geschützte Rechtsposition überhaupt reicht (vgl. BVerfGE, Beschluss vom 10. Oktober 1997 - 1 BvR 310/84 -, zitiert nach juris). Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Normgeber durch eine inhaltsbestimmende Regelung bestehende Rechte oder Befugnisse abschafft oder beschränkt (vgl. BVerfG a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 24.06.1993 - 7 C 26/92 -, NJW 1993, 2949). Wenn mit dem Verbot der Jagd in Gattern die Wilderträge der Klägerin reduziert werden, stellt dies nach den obigen Maßstäben keine Enteignung dar. Selbst wenn hierin eine teilweise Abschaffung/Beseitigung ihres Jagdausübungsrechts zu sehen sein sollte, entzieht die öffentliche Hand weder dieses Recht noch überträgt sie das Grundeigentum auf sich selbst. Vielmehr verbleibt das Jagd- und Jagdausübungsrecht grundsätzlich bei der Klägerin. Es werden lediglich die Modalitäten der Ausübung dieses Rechts dadurch verändert, dass der Klägerin der bestehende Vorteil der Jagd in Gattern entzogen wird und damit eine bloße Gewinn- und Erwerbschance beschränkt wird.

70

Die neue Inhalts- und Schrankenbestimmung ist verfassungsrechtlich unbedenklich, da sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet.

71

Hinsichtlich der Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit hat der Gesetzgeber einen erheblichen Beurteilungs- und Prognosespielraum (Jarass/ Pieroth, GG Kommentar, 13. Auflage, Art. 14 Rdnr. 36 ff). Im Einzelnen muss die betreffende Regelung im Hinblick auf das entsprechende Ziel geeignet sein und muss es fördern. Die Einschränkung der Eigentümerbefugnisse muss vom jeweiligen Sachbereich her geboten sein. Weiter darf die Inhalts- und Schrankenbestimmung den Eigentümer nicht mehr beeinträchtigen, als es der gesetzgeberische Zweck erfordert. Es darf keine mildere, gleich geeignete Alternative zur Verfügung stehen und die Belastung des Eigentümers muss in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Regelung verfolgten Interessen stehen und damit zumutbar sein. Die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers sowie die Belange des Gemeinwohls müssen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden.

72

Diesen Anforderungen genügt das gesetzliche Verbot der Jagd in Jagdgattern.

73

Als zu erreichender Zweck des Jagdverbots in Gattern findet sich in der Begründung des maßgeblichen Änderungsantrages der Fraktion der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen sowie der Abgeordneten des SSW im Gesetzesentwurf (vgl. SH Landtag Umdruck 18/5716 (neu) 2. Fassung, S. 11), dass in Anlehnung an die Grundsätze der „naturnahen Jagd“ des § 1 Abs. 2 LJagdG so wenig wie möglich in die natürlichen Abläufe eingegriffen werden soll. Die Jagd in Gattern nutze künstlich erhöhte Wildbestände, um Abschüsse zu erleichtern. Sie laufe daher der Zielsetzung des § 1 Abs. 3 Nr. 3 LJagdG, landschaftsökologische angepasste Wildbestände herzustellen, entgegen, da sie auf überhöhte Wildbestände angewiesen sei. Sinn des Verbots des Jagens in Jagdgattern ist es also, eine durch Art. 20a GG gedeckte Verbesserung des natürlichen Lebensraums wilder Tiere zu erreichen und somit so wenig wie möglich in die natürlichen Abläufe einzugreifen.

74

Es liegt in der Einschätzungsprärogative des Landesgesetzgebers, welche Ziele er wie im Rahmen der naturnahen Jagd erreichen will. Das von ihm angestrebte Ziel der (Wieder-)herstellung landschaftsökologisch angepasster Wildbestände stellt im Rahmen des Art. 20a GG einen legitimen Gesetzeszweck dar. Einer weiteren sachlichen Rechtfertigung, die die Klägerin fordert und vermisst, bedarf es in diesem Zusammenhang nicht. Das Argument der Klägerin, die in Jagdgattern noch stattfindende historische Form der Jagdausübung entspreche eher einer „naturnahen Jagd“ als die modernen Methoden zur Aufspürung des Wildes mit Laserentfernungsmessern, Leuchtvisieren, Wilduhren und Wildkameras, geht daher an der Sache vorbei, da die verschiedenen Arten des Aufspürens von Wild nicht vom Regelungszweck des Gatterverbotes erfasst werden.

75

Aus diesem Grunde ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich, ob ein Jagdgatter und die Gatterjagd – wie von der Klägerin umfänglich diskutiert - einen negativen Einfluss auf den physiologischen und ethologischen Zustand der darin gehaltenen Wildtiere hat und ob die Tiere in dem Gatter in ihrem Bewegungstrieb behindert würden oder Hunger leiden würden und ob die Gatterhaltung aus wildbrethygienischen Gründen bedenklich ist.

76

Legitimer Zweck der weiteren neuen Regelung ist allein die (Wieder-)herstellung landschaftsökologisch angepasster Wildbestände.

77

Bezogen auf dieses Ziel ist der Eingriff verhältnismäßig.

78

Das Verbot der Jagd in Gattern ist zur Zweckerreichung geeignet und erforderlich. Alternative Maßnahmen, die gleich geeignet wären, aber für die Eigentümer von Gatterjagden mit einer geringeren Rechtsbeeinträchtigung verbunden wären, waren und sind nicht ersichtlich. Das Jagdgatter derzeit von der Klägerin weiterhin betrieben, obwohl es seit dem 28.10.2014 verboten ist. Wann die Beseitigung der Gatter erfolgt, ist ungewiss.

79

Auch die Angemessenheit des Verbots ist gegeben. Der Eingriff ist nur als gering zu bewerten, da andere Jagdformen weiter möglich bleiben und allenfalls eine Erleichterung der Jagd aufgrund der Gatter, und damit nur eine Jagdmethode unter vielen genommen wird, die auch durch andere technische Hilfsmittel erreicht werden kann.

80

Entgegen der Ausführungen der Kläger bedarf es keiner Entschädigung bzw. einer Junktim-Klausel. Es liegt, wie oben dargelegt, keine Enteignung vor, so dass die Entschädigungsregelungen des Art. 14 Abs. 3 GG nicht eingreifen. Bei einer Inhalts- und Schrankenbestimmung muss aber die Umgestaltung und Beseitigung eines Rechts nicht durchweg mit einer Entschädigungs- oder Übergangsregelung abgemildert werden (vgl. BVerfGE, Beschluss vom 10. Oktober 1997 - 1 BvR 310/84 -, zitiert nach juris). Wenn, wie oben dargelegt, bereits die entschädigungslose Maßnahme aufgrund eines überwiegenden öffentlichen Interesses verhältnismäßig ist, bedarf es keiner zusätzlichen Entschädigungsregelung. Der in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verankerte Bestandsschutz des Eigentums verlangt im Rahmen des Möglichen vorrangig, eigentumsbelastende Regelungen ohne kompensatorische Ausgleichszahlungen verhältnismäßig auszugestalten, etwa durch Ausnahmen und Befreiungen oder durch langfristige Übergangsreglungen (vgl. BVerfG, Urteil vom 06.12.2016, a.a.O., zitiert nach juris). Die aus Gründen des Vertrauensschutzes eingeräumte 15-jährige Übergangsfrist des § 39 Abs. 3 LJagdG ist am 28.10.2014 abgelaufen.

81

Die Normen verstoßen auch nicht den gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG.

82

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Die Abstufung der Anforderungen folgt aus Wortlaut und Sinn des Art. 3 Abs. 1 GG sowie aus seinem Zusammenhang mit anderen Verfassungsnormen. Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte verschiedene Behandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung (BVerfG, Beschluss vom 26.01.1993 – 1 BvL 38/92 -, NJW 1993, 1517 m.w.N.).

83

Geht es nicht um eine Ungleichbehandlung von Personengruppen, sondern von Sachverhalten und sind auch keine Freiheitsrechte betroffen, genügt eine Willkürprüfung (BVerfG, Beschluss vom 07.10.1980 – 1 BvL 50/79 -, zitiert nach juris).

84

Die Ungleichbehandlung der verschiedenen eingegatterten Flächen stellt keine Ungleichbehandlung von Personengruppen dar. Insbesondere liegt keine Annäherung an die Merkmale des Art. 3 Absatz 3 GG vor. Eine strenge Prüfung ist auch nicht aufgrund einer schweren nachteiligen Auswirkung auf grundrechtlich geschützte Freiheiten erforderlich. Zwar wird mit dem Verbot der Gatterjagd in das Jagdausübungsrecht und damit in Art. 14 Abs. 1 GG eingegriffen. Da aber ansonsten alle anderen Jagdformen weiterhin zulässig sind, ist dieser Eingriff nicht schwer genug, um eine strenge Prüfung im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigen.

85

Aufgrund dieser Maßstäbe ist hier nur eine Kontrolle nach der Willkürformel vorzunehmen Jarass/ Pieroth, GG, Kommentar, 13. Auflage, Art. 3 Rdnr.19).

86

Den in der Klagbegründung als Vergleichsgruppen aufgeführten landwirtschaftlichen Produktionsgattern ist gemein, dass die Jagd innerhalb von Jagdgattern stattfindet. Den übrigen genannten Beispielen (Forstschutzgatter, Golfplätze und Segelflugplätze) ist mit den Jagdgattern nur gemein, dass ein bestimmtes Gelände (zumindest teilweise) eingezäunt wird. Bei Forstschutzgattern, Golfplätzen und Segelflugplätzen findet neben der unbeabsichtigten Tötung von Insekten und anderen Kleintieren durch Pflegemaßnahmen schon keine gezielte Tötung von größeren wildlebenden Säugetieren statt. Zudem kommen auf diesen Flächen schon gar keine größeren Wildtiere nachhaltig vor. Insofern stellen sich hier schon die mit der Jagd verbundenen Ziele eines günstigen Erhaltungszustandes der Wildarten nicht.

87

Im Rahmen der Willkürkontrolle bestehen in Bezug auf die landwirtschaftlichen Produktionsgatter sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung dieser angeführten Fallgruppe. Bei der Jagd in landwirtschaftlichen Produktionsgattern steht allein die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund. Die Jagd in landwirtschaftlichen Gattern soll eine entsprechende Produktion sichern. Im Gegensatz dazu spielt bei der Jagd in einem Jagdgatter neben solchen wirtschaftlichen Aspekten durch einen eventuellen Verkauf des Fleisches auch der Aspekt der Freizeitgestaltung der jagenden Personen (Gesellschaftsjagden) eine herausragende Rolle. Da wirtschaftliche Aspekte bei der hier streitigen Jagdform somit nicht allein im Vordergrund stehen, ist eine Erschwerung dieser Jagdausübung durch das Verbot der Jagd in Gattern eher gerechtfertigt, was eine Ungleichbehandlung beider Fallgruppen rechtfertigt.

88

Eine verschiedene Behandlung des Jagens in Jagdgattern und des Angelns in Angelteichen ist ebenfalls gerechtfertigt, da das Jagdrecht mit dem Fischereirecht nicht vergleichbar ist und da beides einem unterschiedlichen Rechtsregime unterliegt.

89

Entgegen der Annahme der Klägerin geht es dabei nicht um die unterschiedliche Behandlung der Gruppe der Sportfischer zu der Gruppe der Jäger und somit nicht um die Differenzierung bei personenbezogenen Merkmalen. Aus dem von der Klägerin zitierten Urteil (OVG Lüneburg, Urteil vom 08.07.2004 – 8 KN 43/02 – Rdnr. 45, juris) ergeben sich damit keine Rückschlüsse für das hiesige Verfahren.

90

Das Jagdrecht regelt die Ausübung der Jagd bezogen auf die jagdbaren Tierarten (§ 2 BJagdG). Fische zählen hingegen nicht zu den jagdbaren Tierarten. Das ergibt sich aus § 2 Abs. 1 LFischG, in dem aufgezählt wird, welche Tiere zu den Fischen im Sinne dieses Gesetzes gehören und wonach Säugetiere und dem Jagdrecht unterliegende Tierarten explizit ausgenommen werden. Schon aufgrund dieser Differenzierung zwischen jagdbaren Tieren und Fischen kommt eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht in Betracht, da das Jagen in Jagdgattern aufgrund der beschriebenen Differenzierung mit dem Angeln in Angelteichen nicht verglichen werden kann.

91

Auch der Hinweis der Klägerin auf anders lautende Regelungen in Bezug auf das Jagen in Jagdgattern in anderen Bundesländern ist unbeachtlich. Der Gleichbehandlungsanspruch ist auf den Kompetenzbereich des jeweiligen Trägers öffentlicher Gewalt beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.11.1988 - 2 BvR 1619/83, 2 BvR 1628/83 -, BVerfGE 79, 127). Aus Art. 3 Abs. 1 GG kann daher kein Recht abgeleitet werden, von einem Träger öffentlicher Gewalt so behandelt zu werden wie ein anderer Grundrechtsträger von einem anderen Träger öffentlicher Gewalt. Insbesondere folgt aus der unterschiedlichen Behandlung desselben Sachverhaltes durch zwei verschiedene Hoheitsträger kein Indiz für die Verfassungswidrigkeit einer der gewählten Regelungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.03.2010 - 1 BvR 2584/06 -, juris).

92

Des Weiteren ist Art. 2 Abs. 1 GG nicht verletzt. Soweit der Eingriff in das Jagdausübungsrecht der Klägerin geltend gemacht wird, ist dies bereits durch Art. 14 Abs.1 GG geschützt und Art. 2 Abs.1 GG wird verdrängt. Soweit hingegen die Ausübung der Jagd durch andere Personen aufgrund des Ausschlusses der Jagd in Gattern betroffen ist, wird zwar der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG eröffnet. Entsprechend der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bei Art. 14 Abs. 1 GG ist aber auch dieser Eingriff gerechtfertigt.

93

Die Norm verstößt auch nicht gegen EU-Recht, insbesondere nicht gegen Art. 20 EU-Grundrechte Charta. Dieser Grundsatz verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. EUGH, Urteil 14.09.2010 - C-550/07 P -, juris). Dieser Prüfungsmaßstab entspricht weitgehend dem des Art. 3 Abs. 1 GG, sodass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann. Zudem dürfte schon der Anwendungsbereich der EU-Grundrechte Charta nach Art. 51 EU-Grundrechte Charta nicht eröffnet sein, da das allein landesrechtlich geregelte Verbot der Jagd in Jagdgattern keine Durchführung des Rechts der Union bewirkt. Insofern ist auch die in der Klagbegründung dargelegte unterschiedliche Regelung in anderen Mitgliedsstaaten unbeachtlich.

94

Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 1 ZP EMRK vor. Diese Norm steht aufgrund des Zustimmungsgesetzes nach Art. 59 Abs. 2 GG im Rang einfachen Bundesrechts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2007 - 2 BvR 126/04 -, juris). Der in dieser Norm gewährleistete Schutz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Vielmehr ist entsprechend der Ausführungen bei Art. 14 Abs. 1 GG eine Rechtfertigung des verhältnismäßigen Eingriffs nach Art. 1 Abs. 2 ZP EMRK möglich. Auch die Berücksichtigung der Rechtsprechung der EGMR (vgl. BVerfG a.a.O.) führt hierbei zu keinem anderen Ergebnis. Das in der Klagbegründung angeführte Urteil des EGMR (EGMR, A. ./. Bundesrepublik Deutschland, Urteil vom 26.06.2012 - 9300/07, - zitiert nach juris) bestätigt lediglich allgemein das Erfordernis eines verhältnismäßigen Eingriffs, macht aber für die hier zu betrachtende Fallkonstellation des Verbotes von Jagdgattern keine speziellen präjudiziellen Vorgaben. Auch nach Art. 1 ZP EMRK kann ein Eigentümer nicht nach Belieben mit seinem Eigentum verfahren, sondern hat die Sozialbindung seines Eigentums zu beachten. Die zu Art. 14 GG gemachten Ausführungen gelten hier entsprechend.

95

Eine befristete Gestattung kommt allerdings auch in Bezug auf den letzten Hilfsantrag bezogen auf bestimmte jagdbare Tierarten, die nicht von der Sperrwirkung des Gatters betroffen sind, insbesondere bezogen auf Flugwild, Feldhasen, Raubwild, nicht in Betracht.

96

Das Jagdverbot in Jagdgattern bzw. das Verbot, die Jagdausübung in Jagdgattern zuzulassen, könnte zwar gegen das in Art. 20 Abs. 3 und Art. 28 Abs. 1 GG enthaltene Übermaßverbot verstoßen, wenn man es auch auf jagbare Tiere anwenden würde, die nicht von der Sperrwirkung des Jagdgatters erfasst werden, wenn eine verfassungskonforme Auslegung nicht möglich ist. Der legitime Gesetzeszweck des Erreichens landschaftsökologisch angepasster Wildbestände kann nämlich keine Geltung haben für solche Wildarten, die vom Gatter gar nicht betroffen werden, dort nicht gehegt werden und auch nicht in Überzahl vorkommen, wie es bei den oben namentlich genannten Wildtierarten der Fall ist.

97

In dem Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis90/Die Grünen sowie der Abgeordneten des SSW (Schl.-H. Landtag, Umdruck 18/5716 (neu) 2. Fassung) heißt es, dass die Jagd in Gattern „künstlich erhöhte Wildbestände nutzt, um Abschüsse zu erleichtern“. Sie sei damit entgegen der Zielsetzung in § 1 Abs. 3 Nr. 3 LJagdG landschaftsökologisch angepasste Wildbestände herzustellen, auf überhöhte Wildbestände angewiesen und entspreche nicht den Grundsätzen einer naturnahen Jagd.

98

Hieraus ergibt sich, dass Ziel des Jagdverbotes in Gattern nur solche jagbaren Tiere sein können, deren Bestand künstlich –d.h. aufgrund der Eingatterung nicht natürlich - innerhalb des Jagdgatters erhöht wird, um entsprechende Abschüsse zu erleichtern.

99

Flugwild wie z.B. Enten, Raubwild und Feldhasen, die durch das Gatter durchwechseln können, werden daher schon von der Sperrwirkung des Jagdgatters nicht erfasst, da durch die Gatter keine „künstlich erhöhten Wildbestände“ dieser Tierarten geschaffen werden noch diese Tierarten vom Jagdgatter in ihren natürlichen Wildeinstandsverhältnissen behindert werden.

100

Insoweit ist aber eine verfassungskonforme Auslegung des Jagdverbots möglich (Jarass/Pieroth, GG, 13. Auflage, Art. 100 GG, Rdnr. 10 ff) und dahingehend geboten, dass diese jagdbaren Tierarten schon nicht vom Regelungsgehalt des § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG erfasst werden.

101

Dies hat allerdings nicht zur Folge, dass insoweit die Jagd dem Grunde nach – befristet oder unbefristet - gestattet werden müsste. Vielmehr ist insoweit die Jagd mangels wirksamer Beschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG schon ohne behördliche Gestattung grundsätzlich erlaubt, sodass es einer diesbezüglichen Gestattung nicht bedarf.

102

Damit ist die Klage insgesamt abzuweisen.

103

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

104

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.


(1) Die zuständige Behörde kann anordnen, daß der Jagdausübungsberechtigte unabhängig von den Schonzeiten innerhalb einer bestimmten Frist in bestimmtem Umfange den Wildbestand zu verringern hat, wenn dies mit Rücksicht auf das allgemeine Wohl, insbesondere auf die Interessen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, notwendig ist.

(2) Kommt der Jagdausübungsberechtigte der Anordnung nicht nach, so kann die zuständige Behörde für dessen Rechnung den Wildbestand vermindern lassen. Das erlegte Wild ist gegen angemessenes Schußgeld dem Jagdausübungsberechtigten zu überlassen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die zuständige Behörde kann anordnen, daß der Jagdausübungsberechtigte unabhängig von den Schonzeiten innerhalb einer bestimmten Frist in bestimmtem Umfange den Wildbestand zu verringern hat, wenn dies mit Rücksicht auf das allgemeine Wohl, insbesondere auf die Interessen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, notwendig ist.

(2) Kommt der Jagdausübungsberechtigte der Anordnung nicht nach, so kann die zuständige Behörde für dessen Rechnung den Wildbestand vermindern lassen. Das erlegte Wild ist gegen angemessenes Schußgeld dem Jagdausübungsberechtigten zu überlassen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.